Skip to main content

Full text of "Lukas der Arzt [microform] : der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte"

See other formats


BEITEAGE 

I _ ; "- " ' 

ZUR 

EINLEITUNG IN DAS HUE TESTAMENT 

VON 

ADOLF HARNACK 



LUKAS DER ARZT 

DEE VERFASSER DES DRITTEN EVANGELIUMS 
UND 1)ER APOSTELGESCHICHTE 




LEIPZIG 

J. C. HINElCHS'scHE BUCHHANDLUNG 

1906 



Brack von August Pries in Leipzig. 



Vorwort. 

Die nachstehende Abhandlung war ursprunglich fiir den 
dritten Teil der w Greschichte der altchristlichen Literatur" be- 
stimmt; aber sie wurde zu umfangreich. So lasse ich sie als 
besondere Schrift ausgehen. Es werden ihr noch ein paar Ab- 
bandlungen zur Einleitung in das Neue Testament folgen mussen ; 
denn einige Hauptprobleme dieser Disciplin sind noch immer 
nicht in ein so belles Licht gestellt, daB sie eine kurze Dar- 
stellung gestatten. 

, Die echten Briefe des Paulus, die Scbriffcen des Lukas und 
Eusebs Kirchengeschichte sind die Pfeiler fiir die Erkenntnis 
der Grescbichte des altesten Cbristentums. In bezug anf die 
lukaniscben Schriften ist das noch nicht geniigend anerkannt. 
Das liegt zum Teil daran, daC die Kritik diese Schriften dem 
Lukas enjlziehen zu mussen glaubt. Selbst wenn sie damit recht 
hatte, b^ebe die Bedeutung namentlich der Apostelgeschichte 
noch immer eine fundamental. Ich hoffe aber anf den folgen- 
den Bogen gezeigt zu haben, dafi die Kritik in die Irre ge- 
gangen ist und die Tradition recht hat. In dem Momente aber 
erhalten die lukanischen Schriften einen ganz eigenaiiigen Wert 
zurtick; denn sie sind von einem Griechen geschrieben, der ein 
Mitarbeiter des Paulus war und mit Markus_, Silas,, Philippus 
und Jakobus, dem Bruder des Herrn, verkehrt hat. 

In der Vorrede zum 1. Bande des 2. Teiles der ,,Literatur- 
geschichte" schrieb ich vor zehn Jahren, wir seien in der Kritik 
der Quellen des altesten Christentums in einer riicklaufigen Be- 
wegung zur Tradition. Yon Freunden ist dieses Wort . libel 
vermerkt worden, obgleich ich es durch meine Darstellung zum 
Teil bereits erwiesen hatte. Sie erhalten nunmehr einen' neuen 
Beweis, und ich bitte um vorurteilslose Priifung. Viel schlimmer 



IV Vorwort. 

freilich ist es dem Worte seitens der Gegner ergangen. Ich 
sail mich plotzlich zum Zeugen dafur gemacht, daG wir uns in 
der Sachkrrtik in einer riicklaufigen Bewegung befanden. Fiir 
dieses Mifiverstandnis bin ion nicht verantwortlich, ja ich habe 
mich in jener Vorrede im voraus gegen dasselbe geschiitzt; es 
hat aber nichts geholfen. So sei denn jetzt ausdriicklich aus- 
gesprochen, dafi in der Sachkritik viele iiberlieferten Positionen 
m. E. immer unhaltbarer erscneinen und iiberraschenden Er- 
kenntnissen Platz machen mtissen. Einiges wird allerdings 
dadurch znriickgewonnen, dafi wir den Boden und die Zeit der 
altesten, grundlegenden Traditionsbildung genauer zu umschreiben 
vermogen; nicht wenige wilde Hypothesen werden dadurch aus- 
geschlossen. In den Jahren 30 7.0 und zwar in Pa- 
lastina, nahe'r in Jerusalem ist eigentlich Alles ge- 
worden und geschehen, was sich nachher entfaltet hat. Nur 
das jiidisch stark durchsetzte Phrygien und Asien hat daneben 
noch eine wichtige Rolle gespielt. Diese Erkenntnis wird immer 
deutlicher und setzt sich an die Stelle der friiheren .,kritischen" 
Meinung, die grundlegende Entwicklung habe sich iiber einen 
Zeitrauni von etwa^ hundert Jahren erstreckt und fur sie komme 
fast die ganze Diaspora ebenso in Betracht wie das heilige 
Land und die Urgem'einden daselbst. 

In bezug auf den chronologischen Rahmen, die Mehrzahl 
der leitenden Personen, die genannt werden, und den Boderi ist die 
alte tiberlieferung wesentlich im Rechte; aber dariiber hinaus, 
d. h. im Verstandnis der Sache, sind wir auf unser eigenes 
tastendes TJrteil angewiesen und konnen die Vorstellungen und 
^Erklarungen der ersten Berichterstatter haufig nicht annehmen. 
Die Probleme sind durch die zeitliche Verkiirzung und das Ge- 
wicht der noch der ersten Generation angehorigen Personen viel 
schwieriger geworden. Ist z. B. Lukas und nicht irgendein 
spaterer f unfafibarer Anonymus und Compilator der Autor des 
grofien Geschichtswerks, so ist das psych ologische und ge- 
schichtliche Problem, welches dadurch gegeben ist, auBerordent- 
lich grojL Es ist kaum geringer als jenes, welches derVerfasser 
des 4. Evangeliums bietet, wenn er sowohl das Wunder von 
Kana als auch die Abschiedsreden erzahlt. 

Der impressionistischen Art, welche die herrschende Mode 
in der biblischen Kritik heute bevorzugt, wird die hier befolgte 



Vorwort. V 

Mefchode der Beweisfuhrung wenig zusagen. Ich bin auch weit 
davon entfernt, sie iiberall empfehlen zu wollen; aber das vor- 
liegende Problem ob der Verfasser der sog. ,,Wir"stiicke mit 
dem Verfasser des ganzen Werk-s identiscli ist lafit sicli 
durch lexikalisch-statistische und stilkritische Beobachtungen 
wirklich bezwingen. Man kann diese Beobaentungen noch welter 
fiihren als ieh getan habe man untersuehe z. B. den Gebrauch 
von )Jyuv und lahslv oder von 6vv und fierce in den Wir- 
stiicken und ini ganzen Werk , und man wird stets zu den 
gleichen Ergebnissen gelangen, namlich dafi hier nur ein Autor 
redet. 

Berlin, d. 17. Mai 1906. 

A. H. 



Inhaltsyerzeiclmis. 



Seite 
Vorwort ( Ill 

I. Cap.: Allgemeine Untersuchung 1 

II. Cap. : Specielle Untersuchungen iiber den sog. Wir-Bericht der Apg. 19 

III. Cap.: "Ober die angebliche'Unnioglichkeifc, das 3. Evangelium 

und die Apg. dem Lukas zu vindicieren 86 

IV. Cap.: Consequenzen 104 

Anil. I: Der Verfasser des 3. Evangeliuins und der Apg. ein Arzt . 122 

Anh. II : Sprachlich-lexikalische Untersuckung von Luk. 1 , 39 56. 68 bis 

79; 2, 1520. 4152 138 

Ann. Ill: Der jerusaleniiscne Brief, Act. 15, 23 29 153 

Anh. IV: Lukas und Johannes 157 



Verbesserungen: S. 13 Z. 2 Verkiindigung S. 27 Z. 2 v. u. 

S. 71 Z. 19 %al S. 103 Z. 9 wirklich S. 123 Z. 14 
S. 128 Z. 1 v. u. 



Erstes Oapitel: Allgemeine Untersuclmng. 

Das groBe zweiteilige Geschichtswerk, das dritte Evangelium 
und die Apostelgeschichte, nennt semen Verfasser nicht; aber 
die einstimmige kirchliche Tradition, die es einem Manne namens 
Lukas zuschreibt, kann bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts zuriick- 
verfolgt werden. Es besteht namlich kein begriindeter Zweifel* 
dagegen, daB schon Justin das dritte Evangelium als em Werk 
des Lukas gelesen hat (s. Dial. 103). Man darf noch um einen 
Schritt weiter gehen. Diejenigen, -welche- die . vier Evangelien 
zusammengeordnet haben ' un;d das geschah noch vor der Mitte 
des 2. Jahrhunderts, wenn auch nicht lange vorher , haben 
jenem Evangelium die Aufschrift KATA AOYKAN gegeben. 
Daher ist es wahrscheinlich, daB auch schon Marcion, der die 
ubngeft Evangelien bekampfte ; da's dritte Evangelium aber aug- 
wahlte und bearbeitete, den Namen ,,Lukas^'' gekannt hat. In- 
dessen lafit sich ,das nicht streng beweisen 1 , und man muB 
sich deshaib mit der Erkerintnis begniigen, daB unser Werk seit 
dd. JJ. 140150 als lukanisch gegolten hat. 

Notwendigerweise muB das Evangelium,, welches mit einem 
Prolog beginnt, urspriinglich in der Aufschrift seinen Verfasser 
genannt haben. 1st also ,,Lukas" nicht der wahre Yerfasser, so 
ist sein Name absichtlich unterdriickt worden ; sei es bei der 
Zusammenstellung des Buches mit den drei andern Evangelien, 



1) Fiir die Kenntnis des Namens bei Marcion kann die Tatsache 
angefiihrt werden, daB Marcion in seinem Text von Koloss. 4, 14 die 
Worte 6 largoq 6 ayanijToq getilgt hat, also an Lukas ein Interesse hatte 
(er sollte kein Arzt sein, de^n die Sorge fiir den Leib ist irreligios); 
allein ein sicheres Argument ist das nicht.. Wenn Iren. Ill, 1 aufPapias 
zuriickgeht, so hatte auch dieser das 3. Evangelium als lukanisch be- 
zeichnet, aber die Annahme ist ungewiB. 

Harnack, Lukas. 1 



2 Cap. 1: Allgern. Untersuchung. 

sei es schon fruher. Eine solche Unterdriickung und Vertau- 
scliung ist natiirlich sehr wohl moglich, aber doch eine keines- 
wegs einfache Annahuie. Anonyme Compilationen erhalten aller- 
dings in der Tradition lei cht einen determinierenden Nanien, und 
daB jemand unter einem Pseudonym schreibt, ist auch niclit auf- 
fallend; aber urn die Hygothese einer Namens ( vertauschung (ein 
Menschenalter nacb der Veroffentlichungj bei einer durch einen 
Prolog und eine Widmung determinierten Schrift glaublich zu 
rnachen, bedarf es besonderer Grande. 1 ^ 

DaB unter dem Namen ,,Lukas", der an dem dritten Evan- 
gelium und der Apostelgeschichte baftet, der in den pauliniscnen 
Briefen erwahnte Lukas zu rerstenen ist, ist nie bezweifelt wor- 
den. 'Nach diesen Briefen (Koloss. 4, 14; Pbileui. 24; II Tim. 
4, 11) war er 1) ein geborener Hellene 2 , 2) Arzt 3 , 3) Begleiter 
des Paulus, 4) Mitarbeiter des Paulus. 4 Erst die in Rom (oder 
Casarea?) verfaCten Briefe des Apostels erwahnen diesen Lukas; 
aber damit ist nicht ausgescblossen ; daC er scKbn frtiber in Be- 
ziebungen zu Paulus getreten ist. Doch ist es nicbt wahrscbein- 
licb, da6 er bei ibm war, als der Apostel die Thessalonicberbriefe, 
die Korintberbriefe und den Eomerbrief verfafite; denn in diesem 
Falle wtirde man eine Er-wabnung erwarten. Ebendesbalb ist 
es auch nicht wahrscheiulich,' dafi er den Gemeinden von Thessa- 



1) Es bedarf dazu vor allein des Nauiens einer anerkannten Auto- 
ritat, die nun eingefiihrfc wird. Das war aber ,,Lukas", soviel wirwissen. 
nicht. Man hat sich deshalb auch seit dem Ende des 2. Jahztlunderts 
beniiiht, das Geschichtswerk so nahe an den Apostel Paulus heranzu- 
rucken, daB der Name ,,Lukas" fast bedeutungslos fur dasselbe wurde. 
Er geniigte also dauials nicht mehr. 

2) S. das Verhaltnis von Koloss. 4, lOffi zu 4, 12ff. 

3) Und zwar auch Arzt des Paulus; denn das besagen die Worte: 
Aovxaq 6 larQoq 6 ayanriToq. Wie ,,der geliebte Sohn" = ,,naein Sohn" 
ist, so auch der geliebte Arzt = naein Arzt. Paulus wurde auch die 
besondere Profession dieses seines Gefahrten nicht hervorgehoben haben, 
wenn sie ihm nicht selbst zu gut gekonimen ware. 

4) Das folgt aus Philemon 24, wo Lukas neb en Markus, Aristarchus 
und Demas voni Apostel als ,,mein Synergos" bezeichnet wird. Er hat 
sich also an der Missionsarbeit mitbeteiligt. Dagegen ist er niemals 
,,Mitgefangener" des Paulus genannt, wie Aristarch (Koloss. 4, 30) und 
Epaphras (Phileni. 23); er war also in Rom auf freieni FuB. 



Lukas bei Paulus und in der Tradition. 3 

lonicli, Korinth und Roin (vor der Ankunft Pauli daselbst) per- 
sonlich bekannt bez. vertraut gewesen ist,. 1 Nach II Tim. 
4, 11 hat er bis zuletzt in der "Begleitung des Apostels aus- 
geliarrt, wahrend Demas, Crescens un'd Titus ihn verlassen 
haiten. ~ ' - h 

^ Was die Tradition auCer diesen bei Paulus sich findenden 

i * , V , * 

Nachrichten iiber Lukas zu erzahleu weifi, ist vielleicht m'cht 
durchWeg unglaubwurdig, mag jedoch liier auf sich beruhen. 2 
Aber erne Nachricht verdient als zuverlassig hervottgehoben zu 
werden. Sowohl Eusebius 3 , als auch' das alte Argumentum evan- 
gehi secundum Lucan bezeichnen ihn als Antiochener. Die Stili- 
sierung der Aussage ist bei beiden dieselbe (Aovxag to fisv 
yevoq cav ra>v a.3t 'AvTio^slag, rrjv sjtiOr^firjv 6s iargoq, ra 
jtleitira 6vvyyov<D$ tcp IIav2.cQ, xal rolq Zotjcolg 6s ov ytaQEQ- 
ycoq TCOV ajtoOroZcov wfiityxcog ,,Lucas. Syrus natione Antio- 
chensis, arte medicus, discipulus apostolorum, postea Paulum 
se^utus"); aber Eusebius ist doch schwerlich von dem Argu- 
mentum" abhangig, da er das Verhaltnis des Lukas zu den Ur- 
aposteln anders, und zwar richtiger, bestimmt als diese"s. Viel- 
mehr ist hier eine gemeinsame Quelle anzunehmen, die hoch 
hinaufgehen muB. 4 Eben der tJmstand, dafi die Nachricht nichts 
tiber den Ort der Abfassung des Ges'chichtswerks 'sagt, sondern 
lediglich die Heimat des Lukas bestimmt, ist ihr giln^tig; denn 
die Herkunffc eines namhaften Mannes ist im Altertuna in der 
Regel vermerkt worden, wahrend Nachrichten iiber den Ort, wo 



1) Aus dem Galater- und Philipperbrief darf man keine Schliisse 
ziehen, weil Paulus in diesen Briefen einzelne Griifiende uberhaupt nicht 
erwannt. 

2) Das spatestens dem Anfang des 3. Jahrhunderts angehorige ,,Argu- 
nientum evangelii secundum Lucan" (Corssen, Monarchianische Prologe, 
Teste u. Unters. Bd. 15, 1 S. 7f.) will wissen, daB er ehelos geblieben, 
74 Jahre alt in Bithynien gestorben ist und sein Evangelum in Achaja 
verfaBt hat. Das ist vielleicht richtig. G-anz unglaubwurdig ist die Nach- 
richt, Lukas sei einer der 70 Jiinger Jesu gewesen. 

3) H. e. Ill, 4, 6. 

4) S. auch Julius Africanus (Mai, Nova Patr. Bibl. IV, I p. 270): 
<5 ds Aovxag TO fj.sv yevoq ano rfjq ^oco^svrjg ^Avuo%eiaQ i\v. Ganz sicher 
ist es nicht, daB diese Worte und die folgende Mitteilung, daB Lukas der 
griechischen Wissenschaften kundiger war als des Hebraischen, auf Africa- 
nus zuriickgehen; es kann auch Eusebius hier sprechen. 

I* 



4 Cap. 1: Allgem. TJntersuchung. 

er seine Scliriften verfafit hat, viel sparlicher sind. Ebendes- 
lialb rnochte ich aucli auf die spate Nachricht der pseudocle- 
mentinisclien Recdgnitionen (X, 7 1) nichts geben, die jlen Theo- 
philus, den Adressaten des Lukas, den vornehmsten Mann in 
Antiochien nennen; denn die'Angabe konnte leicht aus einer 
Combination des Prologs des 3. Evangeliums init der Tradition, 
Lukas sei Antiochener, herausjpjesponnen werden. Diese Tradi- 
tion selbst aber ist sehwerlich ~aus der Apostelgescjiichte ab- 
strahiert; denn'wenu sich auch in diesem Buche, wie wir sehen 
werden, ein besonderes Interesse fiir Antiochien zeigt, so konnte 
roan aus dernselben doch nicht die ahtiochenische Herkunft des 
Verfassers einfach folgern. 1 Diese darf also als eine zuverlassige, 
weil tendenzlose Nachricht gelten. 

Kann der aus Antiochien gebiirtige, griechische Arzt Lukas, 
der Begleiter und Mitarbeiter des Paulus, das dritte Evangelium 
und die Apostelgeschichte verfaBt haben? ,,Wenn das Evangelium 
die einzige Schrift ware, die auf ihn zuriickgefiihrt wird", schreibt 
ein neuerer Kritiker 2 , ; ,wiirden wir wahrscheinlich gegen diese 
Angabe der alten tJberlieferung keinen Zweifel erheben; denn 
wir hatten keine gentigenden Griinde_, um zu behaupten, daB ein 
Schiiler des Paulus dies Werk nicht verfafit haben konne/' 
Also in der Apostelgeschichte sollen die Schwierigkeiten liegen. 
Sie mufi als.o, so verlangt es die JKritik, besonders geprlift wer- 
den; aber diese Priifung, so heifit es, ist bereits vollzogen und 
hat zu dem sicheren Urteil gefiihrt, daB die Tra'dition im CFnrecht 
ist: die Apostelgeschichte kann nicht von einem Begleiter und 
Mitarbeiter des Paulus abgefafit sein. Nach dem Vorgang von 
Konigsmann, De Wette, Baur und Zeller urteilen ' sp 
Hilgenfeld, Holtzmann, Overbeck, Hausrath, Weiz- 
sacker, Wendt, Schiirer, Pfleiderer^ von Soden, Spitta, 
Jiilicher, Joh. WeiJB, Knopf, Clemen u. andre. Trotz des 
Widerspruchs von Credner 3 , B. Weiss, Klosterinann, Zahn, 



1) Moglich aber ist es, daB die beriikmfce Glosse in Act. 11, 27 
(GWEGTQa^ivwv ^fjiiav) die Ubeiiiefemng, Lukas sei Antiochener, bereits 
zu ihrer Voraussetzung hat. Doch ist diese Annahme nicht notwendig. 

2) Joh. WeiB, die Schriften des N.T.'s, das Lukas-Ev. (1906,8.378). 

3) Credner, Einleit. in d. N. T. 1 S. 153 f: ,,Es ist kein hini-eiehen- 
der Grund vorhanden, init De Wette die einstimmige tJberlieferung der 



Lukas angeblich nur Verfasser der Wirstiicke. 5 

Renan, Hobart, Ramsay, Hawkins, Plummer, Vogel, 
Blass u. a. gilt die Unbaltbarkeit der Tradition fur so aus- 
gemacht, daB man sicb heute kaum mehr die Mtilie nimmt, 
sie zu erw.eisen und die Argumente der Gfegner iiberbaupt nnr 
zu beacbten. 1 So gar. daB es solche Argumente .gibt, scheint 
man niclit mebr anerkennen zu wollen. v> Jiilicher (Einleitung,, 
5. AufL S. 406) glaubt in der Zuweisung des Bucbes an Lukas 

ledistficb einen ..abenteuerlicben Wunscb" erblick'en zu miissen. 2 

-' " _ -\ ' i .1 

So schnell vergifit die Kritik, und' so parteiiscli ver^teift sie sich 
in ibren Hypothesenl 3 



Kirche, welche den Lukas zum Verf. unsers Evangeliurns macht, in 
Z-weifel zu zieL,en; wenigstens recMferfcigen die von dem Verfasser ge- 
rugten Mangel einen solch.en Zweifel- nicht. Jedenfalls war der Verfasser 
ein Pauliner, jedenfalls war er langere Jahre ein Begleiter des Paulus 
die Annahme, daB (die Wirstiicke) einer freniden, von ihni eingescLalteten 
Deiikschrift angehoren, wird durch die stei/e Gleichheit des Ausdrucks 
und der Darstellung unzulassig ; daraus erhellt scnon das Unhaltbare 
jener Zweifel, welche dureh einen Tausch der Namen gar nicht gehoben 
werden." 

1) Meine Stellung zu dem Problem habe icli i. J. 1892 (Texte u. 
Unters. Bd. 8, H. 4 S. 37 S.) angedeutet. Seitdem haben rair meine forfc- 
gesetzten Studien eine zuversicb-tlichere Haltung ermogliclit. 

2) Umgekelirt meint Plummer (Commentar zuui Luk.-Ev. p. XII): 
,,Es isfc vielleicht keine Ubertreibung zu sagen, daB nichts in der biblischen 
Kritik sicherer ist als die Abfassung der ApostelgescHclite durch einen 
Begleiter des Paulus." Das ist wohl zuviel gesagt, aber die Ubertreibung 
bleibt doch der Wirklichkeit naher als Jiilichers Urteil. 

3) Auch die Kritik hat Generationen hindurch ihre Marotten und 
Pradilectionen. Am haufigsten gewahrt man, daB aus einern kritischen 
Zusamnienhang, der langere Zeit hindurch geherrscht hat, dann aber 
wiederlegt worden ist, einzelne Trijmmerstiicke sich mit zaher Kraft be- 
hau.pten, obgleich ihnen nun die Basis fehlt. Die Baursche Kritik 
brauchte nur ein Argument, urn den Namen des Lukas bei dem groBen 
Geschichtswerk fur eine Falschung zu erklaren das Werk hat keine 
paulinische, sondern eine ,,conciliatorische" Tendenz; also gehort es tief 
in das 2. Jahrhundert. Diese Betrachtung ist wiederlegt; aber auf der 
Flut, die das Gebaude der Kritik hinweggeschwemmt hat, schwinimen 
noch einige Balken. Bei der Art, wie ein Kritiker sich auf den andern 
veiiaBt, konnen wir uns gliicklich preisen, daB nicht durch irgend einen 
3 ,Zufall" die Scholtensche Hypothese, das 3. Ev. und die Apostelgesch. 
hatten verschiedene Verfasser, in den groBen Strom der Kritik gekom- 
nien und nun zu einern Dogma geworden ist. Das hatte sehr leicht ge- 
schehen konnen; denn es laBt sich die Verschiedenheit der Verfasser des 



6 Cap. 1: Allgem. Untersuchung. 

Doch eben diese Kritik kommt der Tradition trotz dem 
Verdikt nocli immer bedeutend entgegen. In der Apostelge- 
schichte finden sich Abschnitte, die mit einem ,,~Wir" erzahlen. 
Die tollkiihne Annahme, dieses ,,Wir" sei eine schriftstellerische 
Falschung, ist seit lahgem verstummt 1 , und auch gegen die An- 
nahme erhebt sich kaum noch eine Stimme, hinter diesem ,,Wir" 
stehe und schreibe der Paulnsbegleiter Lukas. 2 

Die Timotlieus-, Titus-, Silas- und andre Hypothesen sind 
verschollen. Man geht noch einen Schritt weiter: auch groCere 
Abschnitte in solchen Kapiteln des 2. Teils der Apostelgeschichte, 
in denen das ; ,Wir" nicht steht ; sollen von Lukas stammen. 
Ein Einverstandnis unter den Kritikern ist hier freilich nicht 
erzielt; aber es besteht ganz deutlich eine wachsende Tendenz, 
sehr vieles aus den cc. 16 28 (bez. auch schon cc. 11 15) der 
Lukasquelle zuzuweisen. 3 Aber eben nur um eine ,,Quelle" soil 
es sich handeln. 4 Ein Anonymus, der Verfasser des Evangeliums. 
hat diese ausgezeichnete und inhaltreiche Quelle, die Schrift 
eines Augenzeugen, fur den zweiten Teil seiner Greschichte ver- 



3. Ev.s und der Apostelgesch. mit viel scheinbareren Griinden beweisen 
als die Verschiedenlieit des Verfassers der Apostelgeschichte und der 
Wirstiicke. 

1) So Schrader, B. Bauer, Havet. Verstummt ist auch die Be- 
hauptung, die Overbeck zu empfehlen versucht hat, das ,,Wir" sei zwar 
in der Regel authentisch, an einigen Stellen aber habe es der Yerfasser 
des ganzen Buches trugerisch copiert. Ferner wird, soviel ich sehe, auch 
die Meinung Zellers nicht mehr aufrechterhalten, der Verf. habe das 
,,Wir" in der Absicht stehen gelassen, uni far einen Begleiter des Apostels 
Paulus zu gelten. 

2) Zuruckhaltend ist hier Jiilicher (a. a. 0. S. 408); nach ihui kommt 
der Annahme, Lukas sei der Verfasser der ,,Wirquelle", nui- eine gewisse 
Probabilitat zu; ebenso Weizacker. Bestimmt hat sich z. B. Holtz- 
mann (Einl. 1892 S. 395) fur Lukas ausgesprochen. 

3) DaB der Wirbericht, wenn er eine Quelle darstellt, sich init der 
Summe der Yerse nicht deckt, die das ,,Wir" aufweisen, sondern weiter 
reicht, ist unzweifelhaft. 

4) Wie prekar die ganze Hypothese wird, wenn man (z. B. mit 
Pfleiderer und von Soden) beinahe alles aus c. 11. 13. 14 u. 1628 
ihr zuweist, scheint noch nicht empfunden zu werden. Fiir den Anonymus 
ad Theophilum und Verfasser des Evangeliums bleibt dann nur der Unter- 
bau der Apostelgeschichte , die jerusalemisch-palastinische Missions- 
geschichte. 



Lukas angeblicli nur Verfasser ' der Wirstiicke. 7 

wertet und sie dabei z. T. nach seinen Zwecken unigestaltet. 
Halt man dieser Hypothese zunachst die Unwahrscheinlichkeit 
entgegen ; daC ein so verfahrender Schriftsteller das ,,Wir", 
welches er in seiner Quelle fand, stehen gelassen haben soil, 
so wird geantwortet, daB das Yerfahren eines Autors nicht min- 
der auffallend sei, der mitten in semen referierenden Erzahlungen 
plotzlich sich selbst mit ein em undeterminierten ,,Wir a einfuhrt, 
dann wieder referiert, nm hierauf ebenso plotzlich aufs neuV in 
deni ,,Wir" selbst zu erscheinen. Das Paradoxon ist freilich dort 
und hier nicht gleich groB, und es ist ganz unstatthaft, die bei- 
den Annahmen fiir gleich schwierig auszugeben. Der Yerfasser, 
der zunachst fiir den vornehmen Theophilus geschrieben hat, war 
diesem nicht unbekannt. Wenn er sich daher mitten in seinem 
Texte mit einem ,,~Wir tc einfuhrte, nachdem er sein Buch 
(c. 1, 1) mit einem ,,Ich" begonnen hatJte, so wuCte Theo- 
philus, we/ran er war; es war ihm auch schwerlich etwas Neues, 
daC der Mann, der ihm dies Buch widmete_, friiher selbst ein 
Begleiter des Paulus gewesen ist. Die schriftstellerische Nach- 
lassigkeit, sich an der gegebenen Stelle nicht besonders als 
solchen einzufiihren \ war also in diesem Fall eine recht ver- 
zeihliche; ja man darf sagen, dafi die bescheidene Selbstein- 
schiebung des Verfassers im Laufe seiner Erzahlung gut mit der 
objektiven Gesamthaltung seiner Geschichtsdarstellung harmo- 
niert. War dagegen der Yerfasser kein Begleiter des Paulus 
und erzahlte er trotzdem plotzlich mit einem ,,Wir", so ist die 
^Nachlassigkeit" so grofi, da6 man schwer um den Yerdacht 
herumkommt, der Yerfasser habe damit irgendwelehe unstatt- 
hafte Absichten verfolgt (so Zeller, s. o.)- Da dies indefi mog- 

1) Man hat iibrigens zu beachten, da,6 der Verf. der Apostelge- 
schiclite auch. sonst bei der Einfiihrung von Personen sorglos ist. In 
17, 5 spricht er von eineni Jason ; als ware er bereits bekannt. Unge- 
schickt ist die Einfuhrnng von Sosthenes in 18, 17, noch viel ungeschickter 
aber die von zwei Beschworern aus der Zahl der sieben S5hne des Skeuas 
in 19, 16. Warum Gajus und Aristarch (19, 29) uberhaupt erwahnt sind, ist 
nicht sofort klar Wei 6 u. a. vemmten scharfsinnig, daU sie die Gewahrs- 
manner des Erzahlers sind ; ganz schlecht ist auch Alexander (19, 33) 
in die Scene gesetzt. Beispiele, da6 auch andere Schriftsteller plotz- 
lich in ihrem Text mit ,,Wir" erzahlen, weil sie die Schrifl eines Augen- 
zeugen ausschreiben, sind in der ganzen Weltlitteratur gesucht worden. 
Man hat ein paar Beispiele gefunden, die aber nur zur Not passen. 



8 Cap. 1: Allgeni. Untersuchung. 

licli ist, so diirfen wir die Annahrne einer selir geringen ' Nach- 
lassigkeit gegeniiber der sehr viel grofieren an dieser Stelle, nocli 
nicbt bevorzugen das Unwabrscheinlicbere ist ja niancbrnal 
das, was wirklich gewesen ist , wohl aber mufiten wir- den 
Finger auf eine Schwierigkeit legen, tiber die man allzu rascli 
hinweg zu gehen pflegt. 1 Es sind 'somit zwei literarhistorisehe 
Scbwierigkeiten, welche die ,,Kritik" in den Kauf nehmen niufi 
und die sich nicht oline weiteres heben lassen erstlich daR 
der Autor dieses Bucbes, sonst ein trefflicher Scbriffcsteller, aus 
einer seiner Quellen ein ,,Wir" fur grofie Abscbnitte seiner Dar- 
stellung uncorrigiert beriiber genomrnen und damit, volens 
oder nolens, den Scbein eigener Augenzeugenschaft erweckt 
bat, sodann dafi in der Tradition nach weni^en Jabrzebnten sein 
Name getilgt und dafiir der Name des Aiitors jener Quelle ein- 
gesetzt worden ist, obgleicb der wirklicbe Verfasser diesen 
Namen nie genannt bat und demselben auch, soviel wir wissen, 
keine besondere Autoritat zukara. Zwei literaturgeschichtlicbe 
Paradoxa auf einmal das ist etwas viel! 

Aber wo liegen denn die Scbwierigkeiten, die es scblecbt- 
bin verbieten sollen, der Uberlieferung zu folgen und Lukas als 
Verfasser der Apostelgescbicbte zu acceptieren? Die Kritik 
findet sie in einem Doppelten. Sie bait es fiir unmoglicb, dafi 
ein Begleiter des Apostels Paulus das von ibm gesagt und nicbt 
gesagt bat, was in der Apostelgescbicbte zu lesen und nicbt zu 
lesen steht, und sie . bait es fur ebenso unglaublich, dafi ein 
Mann, der im apostoliscben Zeitalter gelebt bat, \ so liber die 
Urapostel und die Urgescbicbte der Gemeinde von Jerusalem 
bericbten konnte wie dieser Autor. Dazu kommen mebrere 
f gescbichtlicbe Unebenheiten , Unklarbeiten und VerstoiSe. Die 
Frage ist also eine solcbe der hoberen geschichtlicben 
Kritik. Denigegeniiber ist erstlicb zu untersucben, ob nicbt 
die ,,Diedere" Kritik die Identitat des Verfassers der Wirquelle 



1) Die richtige Einsicht bei Ren an (Die Apostel, deutsche Aus- 
gabe S. 10): ,,Man wiirde hochstens in einer groben Compilation eine 
solche Nachlassigkeit (das ,,Wir" stehen zu lassen) begreifen konnen; 
allein das 3. Evangeliuni und die Acta bilden ein sehr gut verfaBtes 
Werk . . . Bin so auffalliger Redactionsfehler ware unerklarlich. . . . 
der ErzaMer ist derselbe, welcher das ,,Wir" an (mehreren) Stellen ge- 
brauclit," 



Der Lukas des Paulus und die Apostelgeschichte. 9 

und des ganzen Werkes so evident macht, daC die ,,hohere" zu 
schweigen hat, sodann ob sich die Anstofie, welche die hohere 
Kritik zu finden meint, nicht durch cine umsichtigere und freiere 
Wtirdigung des Tatbestandes entfernen lassen. Auf die Ge- 
schichte der Kritik der Apostelgeschichte eine entsetzKche 
Leidensgeschichte! ' einzugehen, muB ich mir versagen. Icli 
lioffe aber.in der folgenden Untersuchung nichts iiberselien zu 
haben, was zur Sache gehort. 

' 

Priift man die Angaben, die wir tiber Lukas besitz-en (s. p. 
S. 2) an dem Geschichtswerk, das seinen Namen tragt, so er- 
gibt sick folgendes: 1) Lukas wird nirgendwo in der Apostel- 
geschichte genannt, was zu erwarten ist, wenn er selbst der 
Verfasser des Buches gewesen ist. Dagegen wird Aristarch dreimal 
in den Act. genannt, der in den Paulusbriefen neben Lukas er- 
scheint! Warum also nicht Lukas? 1 2) Lukas war geborener 
Grieche Evangelium und Acta zeigen, was eines Beweises 
nicht erst bedarf, dafi sie nicht von einem geborenen Juden, 
sondern von einem Griechen verfaCt sind. 2 3) Lukas war Arzt 
und gehorte als solcher der mittleren oder hoheren Bildungs- 
schicht an eben in dieser Schicht haben wir den Verfasser 
des Geschichtswerks zu suchen, nicht nur nach dem Prolog 
zum Evangelium, sondern nach derHohenlage des ganzen Werkes. 



1) Die Erwakrning des Aristarch in der Apostelgeschichte darf bereit-s 
als ein nicht unbedeutendes Argument fiir ihren' lukanischen Ursprung 
geltend geniacht werden. In den Paulusbriefen komint er zweimal vor 
(nur in Griifeen), und zwar ne\en Lukas. Die Apostelgeschichte erwahnfc 
einen so bedeutenden Gefahrten des'Paiilus -wie Titus iiberhaupt nicht, 
aber sie erwahnt den Aristarch, und" zyrar dreimal! Aus der letzten Stelle 
geht hervor, daB auBer ihni Paulus auf der letzten groBen Seereise nur 
noch einen Gefahrfcen hatte, eben den Verfasser der Apostelgeschichte 
(oder der Wirberichte, was zunachst noch offen bleiben muB). Wer ist 
also dieser Verfasser? D'emas doch sclrweiiich, der in den Act. zwar 
auch nicht erwahnt ist, von % dem 'es aber II Tim. 4,10 heiBt, er habe 
,,diese Welt" lieb gewonnen. 

2) Ob der Verfasser, bevor er Christ wurde, judischer Proselyt ge- 
wesen ist, laBt sich nicht entscheiden. Seine Erwahnung der Proselyten 
in der Apostelgeschichte laBt keinen SchluB zn. Seine virtuose Kenntnis 
der griechischen Bibel kann er sich sehr wohl erst als Christ angeeignet 
haben. Fiir seinen griechischen Ursprung zeugt ubrigens allein schon 
das ,,ol pd.Q{ia$oi" in c. 28, 2. 4. 



10 Cap. 1 ; Allgein. Untersuchung. 

Wer solche Reden zu entwerfen vermochte wie die des Paulus 
in der Apostelgeschichte urn nur das Wichtigste zu nennen ? 
wer ferner so erzahlen und so stilisieren konnte wie dieser Schrift- 
steller, und wer sich so zu beschranken und wiederum so pro- 
grammatisch seine Sadie zu verkiinden veriiLo.chte, der besaC die 
hohere Bildung in reichem Mafie. Aber noch mehr: daB der 
Yerfasser des groCen Geschichtswerks von Beruf ein Arzt war, 
ist aus Gfrunden des Inhalts und namentlich des Stils so gut wie 
gewiC. Man setzt sich freilich noch heute bei den Kritikern 
fast dem Spott aus, wenn man das behauptet 1 ; allein die Argu- 
mente, die hier beigebracht worden sind, sind durchschlagend. 
>Sie hatten wohl starker gewirkt, wenn nicht der Mann, der sich 
eine Lebensaufgabe daraus gemacht hat, aus dem Geschichts- 
werk den arztlichen Beruf seines Verfassers nachzuweisen, in 
diesen seinen Beweisen zu weit gegangen ware unff viel In- 
differentes beigemischt hatte. So hat das Buch 2 , zumal bei 
solchen, die es nur angeblattert haben, fast den entgegengesetzten 
Erfolg gehabt. Wer es aber griindlich durchstudiert, der kann 
sich dem Eindrucke m. E. unmoglich entziehen 3 , daiJ es sich 
hier nicht nur um zufallige Sprachkolorierung handelt, sondern 
daC dieses Geschichtswerk von einem Schriftsteller, der Arzt ge- 
wesen oder mit der medizinischen Sprache und Kunst ganz be- 

1) S. Jiiliclier, a. a. 0. S. 407f.: ,,Auf die Entdeckung, daB die Ap.- 
Gesch. und stellenweise das Ev., am. meisten aber die Wirabschnitte iiber- 
reicii an medizinischen termini technici seien, so daB sich der Arzt 
Lukas schon dadurch als Yerfasser verrate, wird der wenig Gewicht legen, 
der diese termini technici in ihrer Harmlosigkeit erkannt hat oder 
sollte iPaulus wegen I Thess. 5, 3 Gynakologe gewesen sein?" Diese 
Frage ist angesichts des Tatbestandes im dritten Evangelium und der 
Apostelgeschichte auffallend schnell ferfcig. 

2) Hobart, The medical language of St. Luke. A proof from 
internal evidence that ,,the Gospel according to St. Luke" and ,,the Acts 
of the apostles" were written by the same person, and that the writer 
was a medical man. Dublin, 1882 (305 pp.). Zu vgl. ist auch Campbell, 
Grit, studies in St. Lukes gospel, its demonology and Ebionitism. Edin- 
burgh, 1891. 

3) So Zahn und Hawkins. Ich unterschreibe die Worte Zahns 
(Einleitung II S. 427): ,,Hobart hat fur Jeden, dem iiberhaupt etwas zu 
beweisen ist, bewiesen, daB der Verfasser des luk. Werkes ein mit der 
Kunstprache der griechischen Medizin vertrauter Mann, ein griechischer 
Arzt gewesen ist." 



Der Lukas des Paulus und die Ap. Gesch.: der Arzt. H 

senders vertraut war, abgefafit ist. Und zwar gilt dieses Urteil 
nicht nur von den ,,Wirstiicken", sondern vom ganzen Werke. 
Indem ich zur Begriindung auf den Anhang I verweise, mochte 
ich hier auf Folgendes aufmerksam machen, was auch Hobart 
entgangen ist. In den ,,Wirstiicken" unterscheidet der Verfasser 
bekanntlich sehr genau zwischen dem ,,Wir" und Paulus. Wo 
er nur immer kann, laCt er das ,,Wir" bescheiden zuriicktreten 
und gibt Paulus die Ehre ; wodurch das ,,Wir" hin und her 
sogar etwas Schattenhaftes bekommt und anderseits die Ab- 
grenzung (wie weit der Erzahler Augenzeuge gewesen ist) ofters 
dunkel bleibt. C. 28, 8 10 schreibt er aber : SJSVBTO tbv zia- 
TOV IIojtAlov jfVQsroiq xal dvtievTsoiq) GVVB^O^BVOV xara- 
JtQoq ov o HavZog sldsZ&obv xal ytQoGsvt-afisvoc. 
rag %iQac, avrco, iatiaro avrov. TOVTOV 6s yevoftevov 
%qi ol loiJtol oi sv vy wrjGcp e%ovrg aG&Evsiaq JtQocir}Q%ovTO 
xal &Qa3ievovTO, oi %al xoZZalg ti^alq erifit]0av rmac,. In 
dieser Erzahlung, die sich auch durch das pracise medicinische 
,,jtvQeroig xal dvtisvTSQicp auszeichnet 1 , fallt auf,, dafi es am 
Schlusse heifit: ,,wir wurden mit ' mancherlei Ehrengeschenken 
beschenkt". Hieraus folgt, daC die zahlreichen Kranken (um 
Damonische handelt es sich nicht) nicht nur von Paulus, sondern 
auch von seinem Begleiter, dem Schriftsteller, geheilt worden 
sind. . Ware Paulus der einzige Heifer > hier gewesen, . so hatte 
der Verfasser auch nicht nur , } e&Qajc8vovTo c ' geschrieben, son- 
dern hatte vjtb Ilav/iov hinzugefugt. Das unbestimmte ^s&sQa- 
JZSVOVTO" bereitet das folgende ^aag vor. Nun kann man frei- 



1) Der Plural nvperoi (nur Her iin N. T.) in seiner Verbindung mit 
Dysenterie gibt ein genaues Zrankbeitsbild, dessen Angabe einem Laien 
kauru zuzutrauen ist. Hobart zeigt aber auch, dafl awsxeod-cci nier 
medicinisch-technisch ist (S. 3f.). Zum Plural nvgerol hat Hob art (p. 52) 
Material aus Hippokrates, Aretaeus und Galen beigebracht, zu 
xal SvGVTQiu) vergleicht er; Hippocr. ludicat. 55: oootg av sv 
TOtq TK cbr %a)<p(o&fl rovrsoiOL (ify to&svTOc, TOV nvpetov (j.avfjvai 
l.vei d' ex rtbv pivcbv OL^GL gvev r} dvaevTSQiij EJtiytvopsvq. 1. e. 56: I.VEL 
ds xal nvQerbz 77. dvoevTeQir}. Hippocr. Praedic. 104: al dvasvreQiai vv 
nvQSTo) IJLBV rjv sn'uoaw. Hippocr. Aer. 283: TOV yag &$oq dvoevreoicu 
T TroAAat HfiTtiTiTOVGiv %al . . . TtvQSzoL Hippocr. Epid. 1056 : Avet tis xal 

oq xal dvasvTeoir] avev oSvvriq. 1. c. 1207: 6 ^ 

xal TIVQ.TO<; ei%e. 1. c. 1247: avayxy TOV Q-SQZOVI; nvgsTovq 
xal dgtO-atylas xal dvaevreglac yi 



12 Cap. 1: Allgem. Untersuchung. 

icli einwenden, der Yerf. brauche deshalb kein Arzt von Beruf 
gewesen zu sein; er tonne ebenso wie Paulus durch Gebete 
geheilt liaben. Siclier zu widerlegen ist dieser Einwurf nicht, 
aber im Zusammenhang mit dem pracisen Krankheitsbild ist er 
nicht gewichtig. Die Gebetsheilkiinstler pflegen sich um die 
wirkliche Natur der Krankheit selten zu kiimniern. Philo- 
soph von Beruf ist der Verfasser gewifi nicht gewesen, auch 
nicht Rhetor oder Sach waiter 1 mit alien diesen Berufen zeigt 
er uur so viel Beriihrung wie sie ein gebildeter Mann besitzt. 
In Bezug anf die Schiffahrt bekundet er nur die Freude und 
das Interesse des Griechen. Wenn man ihn, der gewiC einen 
liberalen Beruf hatte, klassificieren will, liegt es daher sehr nahe, 
einen Arzt in ihm zu erkennen. Dazu sei bereits an dieser 
Stelle noch auf ein anderes hingewiesen. Wie sich der Verf. 
des groCen Geschichtswerks am Ende deutlich, aber ungesucht, 
als Arzt documentiert, so beginnt er auch am Anfang, namlich 
am Anfang seiner Darstellung der Verkiindigung Jesu (vom Pro- 
log sehe ich noch ab), mit einem medicinischen Bilde. Hier 
legt nur er Jesus das Wort in den Mund (c. 4, 23): 
SQSLTS fioi rrjjj Jtaga^o^v ravr^v IO.TQS, - 
deavTOV. Ist das schon an sich auffallig, so wird dieses Wort 
noch auffallender, wenn man sieht, daC es gar nicht in den 
Zusammenhang pafit, sondern gleichsam an den Haaren herbei- 
gezogen ist (vgl. Vogel, Charakteristik des Lukas 2 , 1899,8.28: 
,,Die Form der Einfuhrung des Sprichworts Avird als eine glxick- 
liche kaum gelten konnen"). Es wird wohl dem Autor ge- 
laufiger gewesen sein als Jesus, und schwerlich hat es der Ver- 
fasser am wenigsten, an dieser Stelle und' in dieser Form 
iiberliefert erhalten. Es ist eine Vorwegnahme von Mark. 15, 31: 
allovg sciwGev, savrbv ov dvvarai Cmoat, (s. auch Luk. 23, 35; 
Matth; 27,42), ist fur die schlielHiche Stimmung des un- 



1) Reflexiouen oder philosopliisclie Darlegungen, dialektisehe Beweis- 
fiitirungeii und dergl. sind nicht seine Sache. In Bezug auf letzere zeigt 
Lukas eine Anspruchslosigkeit, die bei einem gebildeten Griechen auf- 
fallend ist. Literarische Interessen und Kenntnisse schinimern nur schwach 
durch und bildeten jedenfalls kein geistiges Lebenselenient des Verfassers. 
Am meisten erscheint noch das ' Interesse fur das Eechtliche ausgepragt, 
aber das hangt sowohl im Ev. wie in den Acta rnit dem Zweck zasanimen, 
und tiefere technische Kenntnisse verrat Lukas auch hier nicht. 



Der Lukas des Paulus und die Apostelgeschichte. 13 

glaubigen Judenvolkes Jesus gegeniiber allerdings besonders 
charakteristisch, hat aber mit dem Anfang der Verkiindung Jesu 
nichts zu tun. Der Gedanke hat bei Galen (Comm. IV, 9, 
Epid. VI [XVII B 151]) eine deutliche Parallele: SXQ^V TOV laryov 
tavrov JCQCQTOV ia<3&ai TO <jv(ijcTco(ia %al ovrcog ju%LQelv 



4) Lukas war Begleiter des Paulus in der Apostel- 
geschichte erzahlt der Verfasser, wenn er yon Paulus handelt, 
vom 16. Kapitel an lange Strecken hindurch und bis zura SchluB 
als Augenzeuge (mit einem ,,Wir"). Die bereits beruhrte Ein- 
wendung, er habe sich hier fremden Materials bedient und 
sorglos oder ten$enzios das ,,Wir" stehen gelassen, wird iin 
nachsten Kapitel zu priifen sein. Das Nachstliegende ist (s. o.). 
daB in dem ,,Wir" der Verfasser des ganzen Werkes stecikt. Dazu 
kommt noch ein anderes: wem, wenn nicht eineiri Begleiter des 
Paulus, ist der VerstoJB so darf man es wohl nennen in 
der Okonomie eines solchen Werkes zuzutrauen, dai] er sieh, von 
einer breiteren Grundlage ausgehend und in dem Fortschritt des 
Evangeliums Von Jerusalem bis Eom (durch die in den Aposteln 
rnachtige Kraft Gottes) seinen Zweck sehend, im letzten Viertel 
ganz in die Geschichte des Paulus und ' innerhalb dieser Ge- 
schichte wiederum in die Seereise Yerliert? Dieser Verstofi ist 
selbst bei einem Begleiter des Apostels immer noch sehr auf- 
fallend; bei einem spater schreibenden, mit Paulus personlich 
unbekannten Autor von hohen schriftstellerischen Gaben ist er 
geradezu unbegreiflich. Weiter es ist oben (S. 2) bemerkt 
worden, daB Lukas wahrscheinlich nicht bei Paulus war, als 
dieser die Thessalonicherbriefe , die Korintherbriefe und den 
Komerbrief geschrieben hat, und daB er den Gemeinden von 
Thessalonich und Korinth personlich nicht bekannt, bez. nicht 
vertraut gewesen ist. In der Apostelgeschichte ist das ,,Wir" 
weder in den Abschnitten, die von Thessalonich, noch in denen 7 
die von Korinth handeln, zu finden. Dagegen war Lukas in 
Rom bei Paulus, und eben dort treffen wir auch den Verfasser 
der Apostelgeschichte (bez. der Wirstticke) bei dem Apostel, da 
er die Reise mit ihm zusammen dorthin gemacht hat. Endlich 
wo in den Briefen des Paulus Lukas erwahnt ist, steht auch 
Markus. Wir werden also erwarten, daB sich der Verfasser des 
3. Ev.s und der Acta mit Markus vertraut zeigt. Nun, das 



14 Cap. 1: Allgem. Untersuchung. 

Markus-Er. hat er in seinem Ev. fast ganz ausgeschrieben und 
mit Markus selbst zeigt er sich so vertraut, daft er sogar den 
Namen der Magd im Hause seiner Mutter kennt! 

5) Lukas war nicht nur Begleiter, sondern auch ,.Mithelfer" 
des Paulus der Verfasser der Apostelgeschichte sehreibt 
c. 16, 10: dm xQo<j%%l7]rai t]{iag 6 #0g ev 
avrovq und c. 16, 13: yca&ioapreq slaloupsv ralq 
Gaiq yvvca&v. Er selbst ist also auch neben Paulus 
predigender Missionar gewesen. 1 

1) Noeh deutlicher geht das aus den in den A eta verstreuten groBen 
Rcden hervor. Solche Reden (s. namentlich in c. 13 u. 17) kann nur 
ein in der Evangelisation geiibter Missionar verfassen. DaB dieser Missio- 
nar aber ein Pauliner war, dafiir geniigt die eine Stelle c. 13, 38f.: yvco- 
GTOV saroi v[uv, on dia 'Iqaov XQLGZOV v[uv aysoiq ajtaQTiiav xarayyeMs- 
Tai, [aal] arto navtwv &v ovx ijSvvi'j&yTe sv voftco M&voewq Si- 
%aiu>&fjvai, sv TOVVCO nag 6 UIGTEVCOV ditcaiovrai (dazu die'Rede 
zu Milet 20, 28: ... trjr sxxhriaittv rov &eov, tfr nsQisnoiijoaTO dia rov 
alf/MToq tov Idlov}, Ob der Paulinisnms hier vollig correct wiedergegeben 
ist, ob sich. sonst in dern Buche Theologuuiena finden, die von den pau- 
linischen abweichen, ist ganz gleichgiiltig wer das niederschreiben 
konnte, der ist ein dern Paulus nane stehender Schiller gewesen. Den 
relativen Paulinisnaus des Verfassers der Apostelgeschichte rnehr darf 
man nicht fordern kann man aber schlieBlich auch. noch durch das 
Vocabular beweisen (vgl. Hawkins, Horae Synopticae, 1899, p. 154ff.). 
Die sehr viel zahlreicheren Vei'wandtschaflen zwischen den 10 Paulus- 
briefen und der Apostelgeschichte kann man fur den Beweis beiseite 
lassen, wenn man den lexikalischen Beweis aus dem Lukas-Ev. fiihrt: 

Matth. und Paulus haben 29 Worte gemeinsain, die sich sonst in 
den Evv. nicht finden, Mark, und Paulus haben 20 solcher Worte gemein- 
sain, Joh. und Paulus 17 Worte, Luk. (Ev.) und Paulus aber haben 
84 solcher Worte genieinsam, die sich sonst in denEw. nicht finden. 
Paulus und Matth.: axaQ-aQGia, atceQccioq, tixQaola, afta, 
aTtdvzrjaiq, anivavn, SsiynaxiCpiv, dfjkoq, sxroq, 

stspa/tevq, [AVQIOL, [twgoq, vTzoq, oSriyoq, oSvQ(j.6q, oa 
utpsl^f^a, naQexroq, n^arvveiv, ratpoq, 
(also nur 4 Verba). 
Paulus und Markus: aftpd, aKaX&^eiv, a[id()W](J.a, anoGiQiv, ntpgo- 
avvi], a.y^iQonoi^roq, zfyijveveiv, e^avrfjq, ^O^VGGSIV, svxaigeTv, 
ijSscog, TtQi(pigeiv, TtgoXafifidvetv, TtQOGxaQTEQetv, n&QWGiq, 
, ZQOfioq, vnoSelG&ai, vat/i^aiq (also 10 Verba). 
Paulus und Johannes: dvarpeyieiv, avsQxeGQ'ai, SiSaxroq, 
ftalve&ai, dSoinogia, o(t(oq, onXov, oGfi 
rj, nykoq, noaiq, avvri&sia, tyv%oq (also 5 Verba). 



Lukas, der Antiochener, und die ApostelgescMclite. . 15 

6) Lukas war hoehst wahrscheinlich aus Antiochien ge- 
biirtig in der Apostelgeschichte bezeichnet sich der Verfasser 
direct nirgendwo als Antiochener (denn von der Glosse c. 11, 27 
ist abzusehen, s. o. S. 4 und Sitzungsber. d. K. Preufi. Akad. 
d. Wissensch. 1899, 6. April), aber das Buch beweist doch eine 
besondere Affinitat zu dieser Stadt. Bei der Lektiire des ersten 
Teils der Apostelgeschichte atmet der prfifende. Historiker an 
einigen Stellen frei auf und fiihlt sicheren Bdden unter den 
FiiBen. Fast jedesmal, wo das geschieht (c. 12 ausgenom- 
men), sieht er sich in Antiochien oder in einer Ge- 
schichtserzahlung, die auf diese Stadt hinweist. Erst- 
malig geschieht das in c. 6 bei der Erzahlung von der Wahl 
der Armenpfleger. Die sieben Hellenisten werden rait Namen 
angefuhrt, aber nur von einem wird mitgeteilt, "woher er stammt 
selbst bei Stephanus fehlt eine solche Mitteilung : Nixo- 
2aog jtQoGri^vToc, \4vTio%ev$. Aber. dariiber hinaus hat der 
ganze Bericht, der mit c. 6, 1 beginnt, -eine entscheidende Spitze, 
und diese weist nach Antiochien; denn die Wahl der Sieben 



Paulus und Luk.-Ev.: <%/lo, alyvldtog, cti%/j,ah(OTit,eiv, avatfiv, dva- 
, avalvstv, avanspneiv, avotjToq, avTcnt66o(*a, avtanoxQivsGO-ai, 
avTiKa^av^aQ-ai, KTtet&jjq, dnoxQvnretv, anohoyslaQ-ai, aga, 
G.QOTQIO.V, Kffgidheia, drevi^eiv, axonoq, PICOTIXOQ, SEXTOS, SiayyeXXeiv, 6iai- 
, di()(tT]vevi,v, Soyita, vyQct(peoQ-ai, svdogoq, evxccxeTv, 

, enauvslv, snavanavG&cci, sn%tv, egyaoia, Evysvtfg, 
xardyEiv, xaTa&ovG&ai, XCCTSV&VVELV, xaT7]%iv, x 



, oixovoftia, dmaGia, oGid'uijg, dipwvtov, Ttccylg, Ttavonkla, 
yia, nhriQocpOQEiv, 7tQG^vrriq, n^oxonrsiv, Giyav, oxontfv, GnovdatcDg, 
pog, ovvctvTikccfj.fidvEo&ai, GVVEG&IZLV, GvvevSozetv, 

GVVO%fj, GVV%aLQiV, OCOTIJQIOV, V7tOffT()<peiV, VTtCOm 

<pQ6vi]Gig, zaQi^EG&ai, ^a^vtovv^ yatyog. Hierunter sind nicht weniger 
als 49 Verba, die sich nur bei Paulus und Lukas, nicht aber bei Matth., 
Mark, und Johannes finden. Man darf also unzweifelhaffe auch 
wenn man von der Apostelgeschichte, wie Her geschehen, absieht (von 
den 84 oben aufgefuhrten Worten stehen 33 auch in der Apostelgesch. ; 
sie hat aber auSerdem noch viele andere mit Paulus genieinsam, und 
namentlich .zeigen Koloss. u. Ephes. eine gewisse Ver-wandt- 
schaft mit dem Vokabular der Acta) von einer lexikalischen Ver- 
wandtschaft zwischen Paulus und deni Lukas-Ev. sprechen. Am nachsten 
koinmt dem Paulus von den Evangelisten dann Markus, aber der AT> 
stand von Lukas ist noch ein groUer. 



16 Cap. 1: Allgem. Untersuchung. 

und was init ibr zusaminenhangt, wird um des Stepbanus willen 
erzablt; die Stepbanus- Grescbicbte fiibrt zur Verfolgung, die Ver- 
folgung zur Zerstreuung, die Zerstreuung zur Mission, die Mission 
zur Pflanzung des Christentums in Antiocliien, nnd bier in 
Antiocbien wird gleicbsam ein zweites Jerusalem gewoanen. 
So beiBt es in c. 11, 19 ff: ol [ikv ovv diaGjiaQzvTec, ctJtb ttjg 
&2itycog rvjg ysvofitvijc, sxl 2t8<pavcp dtyjZ-O-ov ecog <Poivl%t]g 
xal KvjtQov xal ^Avtioy^lac,, fjttjdsvl IM)MVVTEQ rbv Xoyov si 
,/) HQVQV 'lovdaloig. i]6av 6d XLVKC, eg O.VTCQV avdQsq KvjtQioi 
xal KvQijvaloi, otnveq s^&ovrsc sig 'AvTio%Lav sAaZovv xal 
jrQog rovg 'Elfajvag, svayysfa^onsvoL TOV XVQIOV 'itjtiovv. xal 
i\v yj-\Q XVQLOV fier* O.VTGJV, ctol-vq rs O.QI&HQC, o jciCTevaag 
ex(>T()tyV sjtl TOP xvQiov. GewiiS ei'klart sicb das Interesse 
fiir Autiocbien aucb aus der Sacbe 1 ; allein dafi es Cyprier und 
Cjrenaer waren, die dort zuerst den Heiden gepredigt baben, 
ist eine Nacbricbt, die locale Kunde voraussetzt. Dazu folgen 
nun mebrere ahnlicb detaillierte Angaben in c. 11, 22 27 (u. a. 
daB in Antiochien zuerst die Jesusglaubigen Christen genannt 
worden sind). In c. 13, If setzt sicb das fort. Hier werden 
die fiinf antiocbeniscben Gemeindepropbeten und -Lebrer auf- 
gezablt. Durcb ,,xara rrjv ovGav exxtyaiav" 1 werden sie be- 
stimmt von den Propbeten unterscbieden, die aus Jerusalem nacb 
Antiocbien gekommen waren (c. 11, 27). Die namentlicbe Auf- 
zahlung aller Fiinfe (zumal mit den unterscbeidenden Zusatzen 
bei den Namen) bat nur fiir Antiocbener Interesse oder ei'klart 
sicb nur aus dem Interesse eines Antiocbeners; denn Symeon 
genannt Niger, der Cyrenaer Lucius und Manaen, des Tetrarcben 
Herodes Vertrauter, sind obscure Leute geblieben. 2 Der grofie 



1) Doch darf man nicht vergessen, daB in den Briefen des Paulus 
die Gemeinde von AntiocMen keine Rolle spielt, ja uberhaupt nur einmal 
(Gal. 2, 11) allerdings an wichtiger Stelle erw'ahnt wird. Der Accent, 
der in der Apostelgesch. auf sie fallt, ist also doch nicM lediglich aus 
den Tatsachen zu erklaren. 

2) Ein Cyprier wird nicht genannt und doch sollen cyprische 
xind cyrenaische Manner als Missionare die antioclienische Gemeinde be- 
griindet haben. Aber c. 21, 16 (Wirstuck) wird ein Cyprier Mnason, bei 
dem Paulus und sein Begleiter in Jerusalem Wohnung hahmen, als ,,alter 
Jtinger" und als Vertrauensmann der casareensischen Bruder bezeich- 
iiet. Ist das nicht vielleicht der cyprische Missionar Antiochiens? Das 
Interesse, das Lukas an ihm nimmt, wiirde sich von hier aus gut erkla.- 



Lukas, der Antiocliener, und die ApostelgescMchte. 17 

Missionszug des Paulus und Barnabas (c. 13 f.) erscheint als 
antiochenische Unternehmung, und ebenso isfc es diese Gemeinde 
(15, 2), welche die Beschneidungsfrage zur Krisis bringt und 
ihre Vertrauensmanner nach Jerusalem sendet. In c. 14, 19 
wird mitgeteilt, daG aufier ikonischen auch antiochenische Juden 
das Volk in Lystra gegen Paulus aufgehetzt haben; man ver- 
gleiche weiter c. 14, 26 (sic; *AvTi6%iav, o&ev qtiav jtaQa6s6o- 
(tevoi T# yj&Qiti rov ti-sov slg ro eQyov o ejtlrjQwoav), c. 15, 23 
(xara rr]v 3 AvTLO%iav xal 2vQiav xal Kikixiav], c. 15, 35 (man 
beachte das [isia trsQoov zcolJMV, wozu sich sonst in dem 
Buch keine Parallele findet) und die Erwahnung Antiochiens in 
c. 18, 23. 1 Nach dem alien darf man wohl sagen, daB die 
Apostelgeschichte die Tradition, ihr Verfasser sei ein Antiochener 
von Geburt, nicht Liigen straffc, sonddrn sich trefflich zu ihr 
fiigt. Nicht dafi der Verfasser ein Mitglied der antiochenischen 
Gemeinde gewesen ist, geht aus dem Buche hervor (aber das 
behauptet auch die Tradition nicht), w0hl aber ein besonderes 
Interesse fiir diese Gemeinde und besondare Kenntnisse. Negativ 
aber lafit sich auf Grund des Evangeliums und der Apostel- 
geschichte sagen: der Verfasser ist sicher kein Palastinenser und 
schreibt nicht fiir solche, denn die geographischen Verhaltnisse 
Palastinas sind ihm unklar (s. das Evangelium); er schreibt auch 
nicht fiir Macedonier (s. Act. 16, 11). Dagegen kennt er auCer 
Antiochien und der phonicisch-palastinischen Kiiste (vor allem 
Casarea) Asien gut (vgl. dariiber Ramsay). Nach Jerusalem ist 
er als Fremder gekonimen; wie lange er dort verweilt hat 
(c. 21,15. 17), ist unbekannt.) 2 



ren. Nach c. 13, 1 hatte jedenfalls der cyprisclie Missionar Antiochiens 
die Gemeinde schon wieder verlassen, als Barnabas und Saulus ausge- 
sandt wurden, wahrend der cyrenaische noch in ihr weilte. 

1) Nur beilaufig sei erwahnt, da!3 Wellhausen das nur einmal iniN.T., 
bei Luk. 15, 25, sich findende avfupatvia fiir ein Instmment ,,antiochenischer 
Mode" erklart. Worauf sich diese Erklarung stiitzt, weiB ich allerdings nicht. 

2) Lokalnotizen iiber Jemsalem Act. 1, 12; Act. 3, 2. 10; s. auch Ev. 
24, 13. Nicht zu ubersehen ist, daB in, der programmatischen Rede 
zu Nazareth, init der der Verf. des Evangeliums die Verkiindigung Jesu 
beginnen laBt, die Erwahnung des Syrers Naiman den sollicitierenden 
Hohepunkt bildet. Mit einem arztlichen Gleichnis beginnt diese Rede 
und mit dein Hinweis auf den Syrer, der dem erwahlten Volke vorge- 
zogen worden ist, schlieBfc sie. Sollte das Zufall sein? 

Harnack, Lukas. 2 



IS Abfassungszeit des lukanischen Geschichtswerks. 

J 7) Die Abfassungszeit des grofien Geschichtswerks 1st (Chro- 
nologie Bel I S. 246 ff.) ohne Beriicksichtigimg der Verfasser- 
frage festgestellt und auf ca. 78 93 bestimmfc worden (vor der 
domitianischen Verfolgung, vor der weiteren Verbreitung der 
Paulusbriefe, vor der Einbiirgerung des Namens ,,Christen a jm 
christlichen Sprachgebrauch [s. I Petr. und die Ignatianen], 
vor der Kanonisierung des Begriffs sxxJiqciia (s. u.), vor dem 
Gebrauch des Worts fiaQrvq als Blutzeuge, aber einige Zeit 
nacli der Zerstorung Jerusalems). * Die Tradition, der Begleiter 
des Paulus, Lukas, sei der Verfasser, fiigt sich zu dieser An- 
nahme. Er mag ein Fiinfziger oder Sechziger gewesen sein, ,als 
er das Werk niederschrieb. 

Nach alien Regeln der Kritik erscheint durch diese Be- 
obachtungen die Tradition bereits in hohem Mafie beglaubigt. 
Sie beziehen sich auch keineswegs blofi auf die Wirstiicke, son- 
dern fast gleichniafiig auf alle Teile des Greschichtswerks. In- 
dessen niuC noch gefragt werden: 1) lassen sich die ,,Wirstucke" 
(sammt grofierem oder geringerem Zubehor) nicht doch aus der 
Apostelgeschichte als Quelle ausscheiden? 2 , 2) setzt der Inhalt 
der Apostelgeschichte (bes. c. 1 12. 15) der Annahme, das Werk 
sei von Lukas, nicht uniiberwindliche Schwierigkeiten entgegen? 

1) Die Zeit des Josephus brauclit man nicht zu beriicksichtigen; denn 
die Behauptung, der Verfasser der Apostelgeschichte habe ihn gelesen, 
schwebt in der Luft. Aus Luk. 21, 32 folgt bestimnit, daB man fiber die 
Zeit Domitians nicht hinausgehen darf. Wellhausen behauptet freilich, 
der aus Markus einfach ubernommene Spruch passe gar nicht inehr zur 
Gegenwart des Lukas. Nun, das fragt sich eben. Die im Texte ange- 
fiihrten Arguinente man kann ihnen noch die Beobachtung hinzufugen, 
daB bei Luk. ol ayioi als term, techn. fur die Christen zwar noch ein 
paarinal (4 nial) gebraucht, aber offenbar im Sdrwiiiden begriffen ist 
lassen es schlechthin unmoglich erscheinen, die Abfassung des Evangeliums 
und der Apostelgeschichte ins 2. Jahrhundert zu riicken. Mir ist es sogar 
angesichts dieser Argumente sehr unwahrscheinlich, daB man sich vom. Jahre 
c. 80 abwarts weit entfernen darf. Wer das Geschichtswerk am d. J. 80 
ansetzt, wird wohl das Richtige freffen. 

2) In diesem Falle miiBte man die Beobachtungen, die fiir Lukas als 
Verfasser des ganzen Werks sprechen, als tauschende Zufalligkeiten be- 
urfceilen, was freilich schwierig genug ist. 



Zweites Capitel: Specielle Untersuclmngen liber den 
sog. Wir-BericM der ApostelgescMchte. 

DaB die Wirstticke durch das Vocabular, die Syntax und 
den Stil aufs innigste mit dem ganzen Werk verbunden sind, 
daB sich iiberhaupt dieses Werk (einschliefilich des Evangeliums) 
trotz aller Verschiedenheiten der einzelnen Partieen durch eine 



groGe Einheitlichkeit der schriftstellerischen Fortngebung aus- 
zeichnet, ist drft behauptet und nachgewiesen worden. 1 Speciell 
die Wirstucke \anlangend, hat Klostermann 2 ausgezeichnete 
Nachweisungen gegeben. Fiir das ganze Werk hat B. Wei'B 
in seinem knapp gefaCten, lehrreichen Commentar (1893) in Hin- 
sichjfc auf die Beweisfuhrung der schriftstellerischon Einheit das 
Beste getan. Treffliche Nachweisungen gab Yogel (ZurCha- 
rakteristik des Lukas, 2. Aufl. 1899). Endlich hat Hawkins (Honae 
Synopticae, 1899) in einer noch minutibseren Weise die Identitat 
des Verfassers der Wirstucke und des ganzen Werks naeh- 
gewiesen. Aber diese forderliehen Bemuhungen haben ihren 
Zweck deshalb nicht erreicht, weil sie noch nicht genau geniag 
waren und weil sie zuviel zu beweisen schienen. 3 . Steht es nach 
dem Prolog des Evangeliums und noch mehr .nach dem Ver- 
haltnis des Buchs zum Markus Ev. fest, daC in ihm schriftliche 
Quellen verwertet sind, und ist a priori vorauszusetzen, daC auch 
der ApostelgescMchte solche zugrunde liegen, so ist der all- 
gemeine Nachweis, daB das Werk eine schriftstellerische Einheit 
bildet, die Quellenfrage anlangend, irrelevant. Es muC in jedem 
Falle, d. h. bei jedem groBeren Abschnitt, untersucht werderr. 

1) Stark betont von Zeller, Die Apostelgesch., 1854. 

2) Vindiciae Lucanae, 1866. 

3) Von Hawkins gilt das nicht; aber er scheint bei uns kaum ge- 
lesen worden zu sein. 

2* 



20 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

ob er trotz solclier Wendungen, die die Feder des Verfassers 
d'es Ganzen verrate'n nicht doch aus einer Quelle stammt. 
Zum Gliick besitzen wir ja das Markus-Ev., und wir vermogen 
daher in Bezug auf eine umfangreiche Quelle genau festzustellen, 
wie der Verfasser des Ganzen sie verwertet hat 

Bevor wir aber in die sprachliche Untersuchung in Bezug 
auf die Wirstiicke eintreten, haben wir zu vergieichen,-wie sich 
die von dem Verfasser der Wirstucke erzahlten Tatsachen und 
wie sich seine Interessen zu denen des Verfassers des ganzen 
Werks verhalten: 

In den Wirstiicken ist erzahlt: 
j 

I. Aufenthalt und Evangelisation in Philippi (16, 
1017). 

a) ein ,,Gesicht" in Troas, wodurch wir zur Ubersiedelung 
nach Europa veranlaGt wurden, 

b) Stationenverzeichnis von Troas bis Pliilippi, 

c) Gang am Sabbath, zum jiidischen Betplatz (der judische 
Betplatz ist die Statte der "Wirksamkeit der Evangeli- 
sten, zu denen auch der Erzahler selbst gehort, der 
nicht nur Begleiter ist), 

d) Bekehrung und Taufe der Purpurkramerin Lydia aus 
Thyatira, einer jiidischen Proselytin, samt ibrem 
Hause, 

e) Wir werden von der Lydia genotigt, bei ihr zu wohnen, 

f) Beschworung des ,,Geistes" einer bauchrednerischen, 
von ihren Herrn als Weissagerin ausgenutzten Sklavin 
durch Paulus, nachdem dieser ,,Geist" die Evange- 
listen (Uav2ov xal ^{iaq) erkannt und als Boten 
des hochsten Gottes, die den ,,Weg des Heils" ver- 
kfindigen, bezeichnet hatte. 

II. Aufenthalt und Wirksamkeit in Troas (20, 5 [4] 15). 

a) Angabe iiber die Begleiter des Paulus, 

b) Fahrt vonPhilippi nacH Troas mit genauen Zeitangaben, 

c) Erbauungsversammlung (nachster Zweck: yclatiai aQrov) 
in dem Oberstock eines Hauses, die vom Abend bis 
zur Mitternacht, ja bis zum Morgengrauen danert; 



Inhalt des Wir-Berichts. 21 

Paulus 1st der Redner; der Erzabler erscheint als 
Zuborer wie die anderen, 1 

d) Der aus dem Oberstock im Schlaf abgestiirzte jugend- 
liche Zuhorer Eutychus wird von Paulus, der sich 
iiber ibn legte, vom Tode erweckt. Paulus tut dann, 
als ob nichts gescbehen sei, und setzt seine Predigt fort, 

e) Reise von Troas nacb Milet mit genauen Angaben. * 

III. Reise von Milet nacb Jerusalem (21, 118). 

a) Reise von Milet bis Tyrus mit genauen Angaben, 

b) Aufentbalt bei den ,,Jungern" (Jesu) in Tyrus; sie war- 
nen den Paulus ,,dia JtvsvficiTog", nach Jerusalem zu 
gehen, 

c) Aufentbalt in ,,Ptolemais" bei den Briidern, 

d) Ankunft in Casarea; wir nabmeu in dem Hause des 
Evangelisten Philippus, ,,eines von den Sieben", der vier 
weissagende jungfrauliche Tocbter hatte, Wobnung. 
Weiteres wird aber weder vom Yater nocb von den 
Tocbtern erzahlt, 

e) Der Propbet Agabus kommt aus Judaa nacb. Casarea 
und weissagt, dabei eine symbolische Handlung voll- 
ziebend, die Fesselung des Paulus durcb die Juden in 
Jerusalem und seine Auslieferung an die Heiden, 

f) Sowohl die Reisebegleiter als aucb die casareensischen 
Brtider sucben den Paulus zu bereden, niclit nacb 
Jerusalem zu geben; aber Paulus la&t sicb nicbt er- 



1) Ob es in Troas uberhaupt schon eine fomiliche Gemeinde gab, 
ob also die Erbauungsversammlung sich niclit ganz wesentlicb. auf die 
zahlreiche Begleitung des Paulus und ein paar Glaubige und Neugierige 
beschrankte, kann man mit Grund fragen; denn Briider in Troas sind 
uicht ausdriicklich erwahnt, sind aber in dena jjfttitv 20, 7 eingescnlossen 
[fta&tjT&v haben zahlreiche, aber nicht verferauenswiirdige Zeugen aus 
begreiflichen Griinden fiir rjfiibv geschrieben], zunial da ein afaoiq folgt. 
Das Fehlen einer Verabschiedung in Troas (20, 11) ist auch zu beachten. 
Die ganze Situation empfangt ihr Licht aus II Kor. 2, 12: 'EAStbv ds slg 
tijv TQ(pa6a etg TO svayysfaov rov XQIGTOV, y.al &vpag fiOi avscoy^sv^g 
sv xvQio), ovx ^G^rixa aveoiv ru> nvsvftati //ou rip fif] evgecv (t Tirov 
rbv adsX<pov /uov, AA' anora^dftsvoq avtolq egffi&ov siq MaxeSoviav. 
Paulus hatte also seine Missionstatigkeit in Troas, kaum angefangen, 
unterbrochen. Die beiden Stellen bestatigen sich aufs beste. 



22 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

bitten; er erklart bereit zu sein, sogar zu sterben in 
Jerusalem flir den JSFamen des Herrn Jesus. Die Brii- 
der der Erzahler fafit sieh und seine Begleiter mit 
den casareensischen Christen zusammen geben das 
Bitten auf mit den Worten: ,,des Herrn Wille ge- 
schehe", 

g) Reise nach Jerusalem; mit uns ziehen einige casareen- 
sische Jiinger, die in Jerusalem den (ihnen also als 
besonders vertrauenswiirdig bekannten) alten Junger 
Mnason, einen Cyprier, herbeiholen, bei dem wir Unter- 
kunft fin den, 

h) Die Briider in Jerusalem nehmen uns freundlich auf, 
i) Gleich am folgenden Tage geht Paulus mit uns zu 
Jakobus, bei dem alle Presbyter (zum Zweck einer 
Aussprache) anwesend sind. 

IV. Reise von Casarea bis Rom (c. 27, 1 28, 16). 

a) Paulus und einige andere Gefangene [im ganzen waren 

es 276 Personen] werden dem Hekatontarchen Julius 
Ton der OJIELQO. JZsftaOTrj zum Transport nach Italien 
iibergeben (auf einem nach Asien bestimmten hadrarnyt- 
tenischen Schiff), 

b) ; ,Mit uns" war der aus Thessalonich gebiirtige Mace- 
donier Aristarch (,,wir" bedeutet hier lediglich Paulus 
und den Erzahler), 

. c) In Sidon gestattet der' den Paulus freundlich behan- 
delnde Offieier Julius dem Apostel sich von den Freun- 
den pflegen zu lassen, 

d) Beschreibung der Fahrt bis Myrrha; dort wird ein fur 
Italien bestiinmtes alexandrinisches Schiff bestiegen 
(Christen fehlen dort noch, ebenso in Lasea auf Kreta, 
Malta, Syrakus und Reggio), 

e) Ausfiihrliche Beschreibung der widrigen Fahrt und der 
Seesturme bis zur volligen Vernichtung des Schiffs 
(dabei, wie schon vorher, geographische Angaben), 

f) Paulus erweist sich als erfahrener Seereisender, der 
eine schlimme Fahrt vor'aussagt (vielleicht ist schon 
hier an eine Weissagung gedacht; doch ist es nicht 
wahrscheinlich), 



Inhalt des Wir-Berichts. 23 

g) Paulus weissagt den Untergang des Schiffs und die 
Erhaltung aller Personen auf Grund einer Erscheinung 
des Engels des Herrn, der ihm nachts gesagt hat, er 
werde vor den Kaiser treten und Gott habe ihm das 
Leben aller Mitreisenden geschenkt, 

h) Paulus hindert die Matrosen, das sinkende Schiff zu 
verlassen, durch den Hinweis, daB dann sie und alle 
andern untergehen wtirden, 

i) Paulus starkt den Mut aller und bricht und genieBt, 
urn die Zuversicht herzustellen, mitten im Sturm mit 
einem Dankgebet Brot; seinena Beispiel folgeu die 
anderen, 

k) Die Soldaten wollen im Moment, wo das Schiff zu 
scheitern droht, die Gefangenen todten, urn sie an der 
Flucht zu verhindern; aber Julius verbietet es, weil er 
Paulus retten will; alle retten sich sch\viminend oder 
auf Brettern zur Insel (Malta), 

1) die ,,Barbaren" nehrnen alle freundlich auf und ziinden 
ihnen ein Feuer am Strande zur Erwarmung an, 

m) eine aus dern Reisig hervorgekrochene Schlange beiBt in 
die Hand des Paulus [ringelt sich um sie?]; er schiittelt 
sie ab, ohne daB sie ihm Schaden getan; die Malteser 
halten ihn ihn erst fur einen Morder, den die Dike 
yerfolgt, dann fur einen Gott, 

n) Paulus heilt den an gastrischen Fieberanf alien leiden- 
den Vater des Publius, der die erste Magistratsperson 
auf der Insel war und uns freundlich in sein Haus auf- 
genommen hatte, durch Handauflegung, 

o) auch die anderen Kranken auf der Insel kamen, wur- 
den geheilt und schenkten uns Ehrengeschenke und 
verproviantierten uns fiir die Weiterreise, 

p) Fahrt von Malta nach Puteoli auf einem alexandrini- 
schen Schiff, das den Namen der Dioskuren trug (tiber 
Syrakus und Reggio); in Puteoli fanden wir Brtider, 
die uns aufnahmen, 

q) FuBreise nach Rom; die romischen Brtider, von unserer 
nahen Ankunft benachrichtigt, kamen uns bis Forum 
Appii und Tres Tabernae entgegen; ihr Anblick erfullt 
Paulus mit Dank gegen Gott und Mut. 



24 fap- 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

r) Paulus darf in Rom eine Privatwohnung beziehen unter 
Bewachung durch einen Soldaten. 

Die Wirstticke enthalten also eine Exorcismus-Erzahlung,, 
eine Heilung eines Fieberkranken durch. Handauflegung, eine 
wunderbare Errettung vom SchlangenbiB, die summarische Er- 
zahlung vieler Heilungen, eine Totenerweckung, Weissagungen 
von Jiingern in Tyrus, eine Weissagung des Propheten Agabus, 
die weissagenden Tochter des Pliilippus, mehrere Weissagungen 
des Paulus, eine Engelerscheinung vor Paulus auf der Seereise 
und ein Gesicht in Troas. Mehr Wunder in wenigen Versen 
kann man wohl doch nicht wiinschen 1 ! Der Verfasser zeigt 
sich also genau so wundersiichtig und speziell fair 
Wunderheilungen, fur den ,,Geist" und fiir Engel- 
erscheinungen so stark interessiert wie der Verfasser 
des 3. Evangeliums und der Apostelgeschichte. Enger 
kann die sachliche Verwandtschaft gar nicht sein, als sie sich 
in dieser Ubereinstimmung ausspricht; man denke besonders an 
die Bedeutung des Geistes! Vergebens hat man sich auch be- 
miiht zu zeigen, dafi der Verfasser der Wirstiicke die Wunder 
,,rninder wunderbar" schildert als der Verfasser der Apostel- 
geschichte und des Evangeliums. Eutychus ist im Sinne des 
Verfassers wirklich tot gewesen (nicht bios scheintot) 2 , und 
wenn auch die Schlange den Paulus nicht gebissen hat (was 
iibrigens keineswegs sicher, vielmehr unwahrscheinlich) 3 , so ist 
die Bewahrung vor dern BiB in der Meinung des Verfassers ge- 
wifi kein geringeres Wunder als die Bewahrung vor seinen tot- 
lichen Folgen. Auch darin zeigt sich eine merkwiirdige Uber- 
einstimmung, daG der bose Geist, wie er im Evangelium friiher . 
als die Menschen Jesus als den Sohn des hochsten Gottes erkennt 
(s. Luk. 8, 28: ri sfiol xal Goi, 'lijdov vis TOV -Osov rov vtyi- 
OTOV), so auch hier die Evangelisten als dovlot rov -9-eov vipiorov 
zuerst kenntlich macht. 



1) Die Ubereinstimmung mit deni ganzen "Werk in einzelnen Ziigen 
mag man selbst aufsuchen. Man vgl. z. B. 20, 12 mit 9, 41. 

2) Da6 Paulus sich iiber ihn legt, ist nur ein starkeres Mittel als 
die Handauflegung, die bei Krankenheilungen bei Lukas nie feh.lt. In 
Luk. 7, 14 wird der Sarg angeriihrfc, was dieselben Dienste tut. Nur 
Act. 9, 40 ist es anders. 

3) Hob art, a. a. 0. p. 288 und unten im ersten Anhang. 



Cbarakteristik des Wir-Bericbts im Vergleieb init der Apg. 25 

An wichtigen Einzelheiten sei noch Folgendes bemerkt: wie 
in der Apostelgeschichte (bzw. mutat. mutand. im Bv.) begibt 
sich Paulus mit seinen Begleitern zunachst zur Synagoge (zum Bet- 
platz), werden Bekehrte ,,mit ihrem Hause" getauft, lehrt Paulus 
,,den Weg des Heils" oder ,,den Weg", wird in den christlichen 
Versammlungen das Brot gebrochen, findet sich in der Gremeinde 
zu Jerusalem ein Presby terrain, erscheint Jakobus als an der 
Spitze dort stehend (12, 17, schlagender als 15, 13), sprechen 
die Christen ,,Gottes Wille geschehe (s. Luk. 22, 42), ist Paulus 
bereit, ,,fiir den Namen des Herrn Jesus" zu sterben, findet sich 
eine Jdassische Reminiscenz (28, 4: rj A'MY] Qr\v ovz dacsv} und 
ein homerisches (aGfiEVCog), sowie ein homerisches- und Tragiker- 
Wort (&aQGog) i , heilt Paulus durch Handauflegung 2 und ist kein 
starkes Jnteresse fur das Kirchliche nachweisbar 3 . Wo nur 



1) Aucli an v/S^tq, {tdgfiaQOi ist zu erinnern. Die klassiselien Remi- 
niscenzen, die sich in den Act. auBerhalb der "Wirstiicke finden, sind be- 
kannt (das Citat aus Aratus [Cleanthes] , detatda/^wv , dtOTtersq, Zsvg, 
"ApTSfjiiQ, Stoiker, Bpicureer nnd mancb.es andre). Aucb das Ev. bat etwas 
davon, s. z. B. Wellbausen zu Luk. 16,3. 

2) Aucb das etwas sentiinentale Wort (21, 13) : XL noisTrs xhalovrsq 
y.al ovv&Qi-nxovTei; t uov rfyv xagdiav, fiigt sicb frappant zu den Sentimen- 
talitaten des 3. Ev.s und der Apostelgescbicbte (s. c. 9, 39: naQsarrjaav 
Tiaaac. al yjJQai xhaiovaat, xal eTtideutvvftevai %i.riavaq xal iftd-cia ooa enolei 
fj dogxdq. c. 20, 19. 23. 25. 31. 37. 38). Diese Ubereinsfcitmnungen in der 
Einpfindungsweise scbeinen ' mir von besonderer Bedeutung. Mark, und 
Mattb. kennen nur die bittren BuBtranen des Petrus; aber bei Luk. wird 
viel geweint; aucb Jesus selbst weint iiber Jerusalem und preist die Wei- 
nenden selig. Aucb bei Job. "wird geweint, aber weniger. Dorfc und bier 
sind die Tranen belleniscbe. 

3) DaB dieses dem Verf. des 3. Evangeliums feblt, darauf bat Well - 
h aus en mit Recbt den Finger gelegt (Luk. S. 72). Hierzu fiigt es sicb 
trefflie'b, daB der Verf. der Wirstiicke iiberbaupt niemals von ,,Kircbe" 
spricbt. Die Cbristen in Tyrus, Ptolemais, Casarea, Jerusalem, Sidon und 
Puteoli individualisiert er und nennt sie ,,die J linger", ,,die Briider", ,,die 
Preunde" (wenn bier nicbt specielle Freunde gemeint sind, was aber min- 
der wabrscbeinlicb ist; denn dann waren sie wobl mit Nanien genannt). 
Im Luk.-Ev. findet sicb bekanntlich sx^rjaia nie, in der Apostelgescbicbte 
dagegen allerdings 23 mal; allein 1. die Apostelgescb. braucbt das Wort 
aucb fur die jiidiscbe und beidniscbe Gemeinde (7, 38; 19, 32. 39, 41) und 
zeigt schon dadurcb, daB fur sie das Wort nocb nicbt sakral ist, 2. von 
den ubrigen 19 Stellen bezieben sicb 15 auf die Gesamtkircbe und die 
Gemeinden von Jerusalem und Antiocbien. Sonst wird (fur Asien und 



26 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

immer eine Vergleichung moglich 1st, da ist also eine 
vollkomrnene Ubereinstimmung gegeben 1 . 

Eine nennenswerte Verschiedenheit findet sich iiberhaupt 
nicht. Gew5B tritt die Gestalt des Paulus friseher, lebendiger 
und imponierender auf der Seereise hervor, als sonst irgendwo 
im Buch; aber ist das auffallend? Hier war der Verfasser Augen- 
zeuge und sah den Apostel als Helden in langwieriger und ge- 
fahrvollster Situation! Wir konnen fur die von ihm gegebene 
Schilderung nicht dankbar genug sein; denn es ist die einzige, 
die wir auCer der Selbstschilderung des Apostels besitzen, und 
sie zeigt uns, wie der Apostel durcli unablassige Selbstzucht 
innere und aufiere Rune und daher Gewalt iiber die Menschen 
gewonnen hat. Doch das gehort bereits in einen spateren Ab- 
schniti Hier ist nock das Eine zu erwahnen, dafi das Interesse, 
welches in den Wirstiicken an Reise und Stationen hervortritt 
doch auch dem Verfasser der Apostelgeschichte nicht fehlt. Er 



Europa) 3 nial pluralisch von denKirchen gesprochen (14, 23; 15, 41; 16, 5) 
und 1 nial von der Kirche in Ephesus. Einen beachtenswerten Unterschied 
der Apostelgeschichte von den Wirstiicken kann man deshalb hier nicht 
constatieren, weil auch jene dd&yoi und (j.a&rjrai und nicht sxxtyola 
als die term, techn. benutzt, s. aSetyol c. 1, 15; 9, 30; 10, 23; 11, 1 
(01 a.-noGro'koi %al ol dS&yoi ol ovrsq "/.ma rfjv 'lovdaiav); 11, 29 (01 sv 
xy "lovdaLa. .); 12, 17 I^IatKa^oq x. ol .); 14, 2; 15, 1; 15, 3; 15, 22; 15, 23 
(bis; 01 a.' 01 e s&vwv); 15, 32; 15, 33; 15, 36; 15, 40; 16, 2; 16, 40; 17, 6. 
10. 14; IS, 18. 27, und ^a^ral c. 6, 1. 2. 7; 9, 1. 10. 19. 25. 26. 38; 11, 26 
[hier sieht man, daft es der eigentliche technische Ausdruck ist]; 11, 29; 
13, 52; 14, 20. 22. 28; 15, 10; 16, 1; 18, 23. 27; 19, 1. 9. 30; 20, 1. 30. Ol 
ayioi heiBen die Christen in der Apostelgesch. nur in c. 9 (3 nial) und 
c. 26, 10; das Fehlen dieser Bezeichnung in den Wirstiicken kann also 
nicht befremden. Fur ol itLGToi (ntaroo) = die Christen gibt es in den 
Act. drei Beispiele. Eines steht in der 1. H'alfte (10, 45), eines in der 2. 
(16, 1) und eines in den Wirstiicken (16, 15)! 

1) Man vgl. auch solche Ziige, wie das Interesse fur die Personen, 
bei denen Paulus in den verschiedenen Stadten gewohnt hat. Die Wu> 
stucke nennen die Lydia in Philippi, den Philippus in Casarea, den Mnason 
in Jerusalem, den Publius auf Malta; die zahlreichen Stellen der Apostel- 
geschichte anzufiihren, wo ahnliches steht, ist unnotig; man erinnere sich 
nur des Simon in Joppe, des Jason in Thessalonich, etc. Vor allem 
schlagend ist, dafi die Wirstiicke an demselben, nicht zufalligen Wechsel 
von 'lepoaoXv/Acc und 'legovacdrfft teilnehmen, welches die Acta eharak- 
terisiert. In c. 21, 4. 15. 17 steht 'ifpocroAu/m und in c. 21, 11. 12. 13 
steht aus guten sachlichen Griinden ' 



Cbarakteristik des Wir-Berichts im Vergleich mat der Apg. 27 

konnte es hier nur nicht so befriedigen, weil er in den andern 
Abschnitten eben nicht als Begleiter und Augenzeuge, sondern 
auf Grrund von Mitteilungen schreibt. Aber man darf wohl auf 
Act. 14, 2126 u. 8, 26. 40, auch 9, 32. 35. 36. 43; 10, 1 hin- 
weisen, um zu erkennen, dafi auch bier eine Verwandtschaft nicht 
ganz fehlt. 

Schliefilich: wir haben oben S. 2ff. untersucht, was zu for- 
dern ist, wenn das 3. Ev. und die Apostelgeschichte von dem 
bei Paulus genannten und charakterisierten Lukas verfaBt sein 
soil, und wir "haben diese Forderungen in dem Greschichtswerk 
,,hohere" Kritik vorbehalten eriullt gefunden. In derselben 
Weise kann man, unter der Voraussetzung der Identitat des Ver- 
fassers des ganzen Werks und der Wirstiicke auch von dieseu 
aus (auBer den eben nachgewiesenen Conformitaten) noch einige 
Forderungen erheben und zusehen, ob sie in dem groBen Werk 
erfullt sind. Aber um Wiederholungen zu vermeiden, verzichte ich 
darauf (s. die im folgenden gegebenen zahlreichen jSFachweise) und 
beschranke mich auf zwei Punkte. 1. Man hat auf eine Stelle in 
den Wirstiicken hinweisen konnen, die es nahe legt, ihren Verf. 
und den des ganzen Werks zu unterscheiden. In c. 21, 10 narn- 
lich wird Agabus eingefuhrt, als ware er bisher im Buch nicht 
schon genannt worden, und doch ist er 11, 28 (in ganz ahnlicher 
Situation) bereits erwahnt. Man schlieBt daraus, dafi der Verf. 
des ganzen Werks an jener Stelle sorglos seine Quelle ausge- 
schrieben hat, die natiirlich von einem ftuheren Auftreten des 
Agabus nichts weiB. Darauf ist Folgendes zu erwidern: Erstlich 
c. 27, 2 ist Aristarch so eingefuhrt, daB man glauben konnte, er 
werde hier zum ersten Male genannt, und doch steht er schon 
c. 19, 19 und 20, 4 [die letztere 'Stelle lafit sich aber von dem 
Wirbericht unmoglich abtrennen]. Zweitens hiervon abge- 
sehen die Erwahnung des Namens Agabus" in 11, 28 ist 
verdachtig und wahrscheinlich eine alte Interpolation nach 
c. 21, 10. Auf die Nennung eines einzelnen Propheten ist man 
namlich 11,28 gar nicht gefafit: xaryjlftov ajco 
JiQo<pr]Ta.i sig AvTt6%eiav avacrag 6s siq e^ 
Ayafioq-sofyaivev dia r. xvsvfiaroi; XT^.. In c. 21, 10 liest man 
aber: xaTrjl&ev nc, ajto TJJG ^lovdalaq [also gewiB nicht 
aus Jerusalem] xQotyTjTiis avo^an "Ayafioq xal elael&cav JtQoe 
ycal aQaq -tfyv t^covijv x. Ilavlov xtZ. Wie nahe lag es, 



28 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

aus der zweiten Stelle den Nam en an der ersten zu erganzen! 
Jedenfalls lafit sich aber aus einem leicbten AnstoB, der mehrere 
Erklarungen zulafit, nicbt arguinentieren, wenn sonst kein RiG 
und keine Fuge zwischen den Wirstiicken und dem ganzen Werk 
nachweisbar ist. 2. Urngekehrt aber gibt es eine schlagende 
innere Beziehung zwischen den Wirstiicken und der 1. Halfte 
der Acta. In den Wirstiicken erzablt der Verf. (c. 21, 8), dafi 
er in Casarea den Evangelisten Philippus angetroffen babe, mit 
deutlicber Riickbeziehung auf das 6. Capitel; er sagt namlich: 
ovra ex TWV sjtra. Diese Riickbeziehung ist natiirlich nicht 
auffallend, sondern sachgemaK. Aber bochst auffallend^oder viel- 
niehr lediglich aus der Identitat des Verfassers der Wirstiicke 
und des ganzen Werks ist es zu erklaren, dafi in c. 8, 40 der 
Bericht iiber diesen Philippus mit den Worten scblieBt: 
ds svQ&7] eig "A^corov, teal 6iQ%6 { uevog Bvr^yE^Lfyrb rag 
jzaGac, ecoq rov el&siv slg EaiGaQslav [mebr wird von 
ihm nicbt gesagt]. Wenn die beiden Verfasser nicht identisch 
waren, wie in aller Welt laCt es sich erklaren, ,,daG der Verf. des 
ganzen Werks dieses Interesse an Philippus 'in Casarea nimmt, 
ohne doch zu erzahlen, was er dort getan bat? Die Erzahlung 
lafit schlechterdings nur die Erganzung zu: ,,Dort bin ich spater 
mit ibm zusammengetroffen" (nicht: ,,dort ist Jemand mit imn 
zusammengetrofi'en, dessen Reisebericht ich spater ausschreiben 
werde"). Es wird ja auch c. 21, 8 nichts weiter von diesem 
Philippus erzahlt, als dafi er (nebst 4 Tochtern) in Casarea wohnt. 
Die Bernerkung tiber ibn in c. 8, 40 verlauft also vollig ins 
Nichts, wenn in c. 21, 8 nicht der Verfasser des ganzen Bucbes 
spricht. In diesem Falle dagegen ist sie ganz verstandlich; denn 
es steckt hinter ihr eine personliche (in Casarea gemachte) Be- 
kanntschaft des Verfassers des ganzen Werks und der Wirstiicke. 

Wir gehen nun zu der sprachlichen Untersuchung uber. 
Ich babe den ersten und den letzten Abschnitt der Wirstiicke 
(16, 10 17; 28, 1 16) zu genauer Betrachtung ausgewahlt. In 
derselben Weise alle 97 Verse durchzugehen, ware eine unnutze 
Beschwerung des Lesers. Ubrigens bat fur das 27. Capitel 
Klostermann schlagende Nachweisungen, wenn auch nicht 
vollstandige, gegeben. 



Sprachliche Untersuchung des "Wir-Bericlits. 29 

rag 6e TO Dies temporale cog findet sich bei Matth. 

, sv- und Mark, niemals, bei Lukas (Ev. und Act.) 

tyscog s^r^aa^sv dagegen etwa 48 mal, und zwar in alien Tei- 

gl&lvlg(T'r]v?} len der beiden Werke. 

Maxedoviav, Gv { u- TO oQa { ua steht in den Act. 11 mal (c. 7; 

@i@at,opTSc; OTL 5 12; 16; 18), sonst findet es sich im ganzen 

jioo6%XA.7]Ttti 77- N.T. nur noch einmal (Matth. 1.7, 9). TO 

[tag o &og (o xv- oQafia sidsv heiCt es auch 10, 17 und 11, 5, 

oiog?') svayyell- (ttsjisiv 12, 9, cb(p&r] 16, 9, (sldsv] ev oQa- 

avtovq. pan 9, 10; 9, 12; 10, 3. 

ist kein 



. 

TJ x . , charakteristisches, weil in alien vier Evv. und 

Recension nacn ' 

Blass ist es die den f Act - naufiges Wort; doch s. Luk. 13, 24: 
fruhere lautete ^rjrrjtiovGtv eltisl&siv. Matth. schreibt a. d. St. 
etwa 80(6^88,1896): anders. Zu Qqrslv mit dem Infinit. s. Act. 
dieyEg&els otv Si n yn- 13j g. 17? 5. 2 1, 31. tgel&Elv slg] Act. 11, 25; 
Garo TO opa/Acc rj/ATv, IA^O 

y.al votfffa/.iv on ' ~ " A , _ ., , , . , -,-, 

n eomt toh I c< u * t p&s& ovpfitfaGwres] fehlt m den Evv, aber 
3-edg evayysMGaod-ai i n dei1 Ac ^ s ^ht es noch zweimal: 9,22: 
rovg sv ty Maxedo- Ovfifapa^Gov on ovroq SOTLV 6 XQLGTOC, 
via- 19, 33: 6vv$ifta.Gav 'A^avtiQov. Auch sfi- 

NoeTv findet sich p t p% lp (27,6) und txifrpa&iv (Luk. 10,34; 
wohl bei Matth. , 1Q 35 Ad; 23 2 , findet sich nur bei Lukas. 
Mark, Jok,mcht aber ' ; c , 

bei Luk; Steyeipeiv xQOOXBxtyTai (o $oq)] Von Gott wird 
kommt sonst in den 3tciQtt%a2,l6&ai nur in den Act. gebraucht; 
Act. nicht vor (ein- s. Act. 13. 2: dq TO IsQyov o Jioo6%%3,r][icu 
malbeiLuk.c.8,24). avrovg u. 2, 39. Auch das Perfect. Med. 

findet sich nur 13, 2 und an unserer Stelle. 
svayyEUGati&ai avrovg] Dieser Gebrauch 
kommt bei Matth., Mark, Joh. nicht vor, aber 
irn Luk.-Ev. findet er sich 8 mal, in den Act. 
15 mal. EvaYJ^<j-9-at nva: Act. S, 25. 
40; 13, 32; 14, 15. 21. 

Fiir die Construction cog ddsv .... eC?/- 
Tr/Gapsv k^cW-slv .... Gvfiflifia^ovTsg gibt es 
in alien Teilen der Acta zahlreiche Belege. 
[Zur Sache ist zu bemerken_, daB nach 
diesem Verse der Begleiter des Paulus, der 
hier schreibt, nicht nur Begleiter, sondern 



30 



Cap. 2: Der sog. Wir-Berichfc der Apg. 



auch Missionar ziisamnien mit dem Apostel 
gewesen ist, cf. v. 13]. 



av- 



(16, 11) 

CC/j)-VTq 6s. (OVV?) 

v- 



elg 



Die interpolirte 
Recension lautete 
efcwa so (B 1 a s s 1. c.) : 
rtj 6e STCKVQLOV &v.- 
ax&svrsq a. 1. ev. SLQ 
.. xal Tj? STtiovay 
1/f.iSQa elq N. n. 
Der Ausdruck zy 
1st in den 



Actis haufig. 



eq 
y']TLc, 



rrg 
Maxsdoviaq no- 



6s Iv 

o 
rec, 



TIVO.C,. 



Der sachlichen 
Scawierigkeitwegen 
will B 1 a s s nach dem 
YorgangAltererjtpcb- 
r>/c [iSQitioq lesen. 

Interpolationen : 
x(paKri fiir TT^COT?/ 
(D), diebus multis 
(Gigas). 



= navem solvere ist ausschlieC- 
lich lukanisch; es steht in den Wirstticken 
llmal und sonst Luk. 8, 22 u. Act. 13, 13; 
18, 21. 

T# JtiovG'fl kommt im N. T. ausschliefi- 
lich in den Act. vor (5mal), s. c. 7, 26; 20, 
15; 21, 18; 23, 11; an der ersten Stelle steht 
q(.ioa dabei, an der letzten VVXTL. 

[Es ist nicht so, daC das Interesse fur 
Reisestationen nur in den ,,Wirstiicken" her- 
vortritt; auch anderswo findet es sich; s. c. 
13, 4; 13, 13; 14, 19-26; (16, 68); 18, 
18 23; aber so genaue Zeitbestimmungen 
wie in den Wirstucken finden sich natiirlich 
nicht]. 

xaxl&sv s. Act. 7, 4; 13. 21; 14, 26; 20, 
15; 21, 1; 27, 4; 28, 15. Es kommt sonst 
im ganzen N. T. nicht vor. 

?JTiq] Aus demselben Grande (attisch?) fiir 
?j gesetzt wie v. 16. 17 u. c. 7, 53; 10, 41; 
13, 31. Luk. liebt diese Pracisierungen des 
Relativums. Zu dem Femin. vgl. 5, 28. 

ytQ(OTTj] JtQcoTog im libertragenen Sinne 
ist nur bei Luk. beliebt, s. Ev. c. 19, 47: ol 
jtQwroi t. 2.aov : Act. 13, 50: Tovg jtQWTovg 
T. jtotecog, 17, 4: yvvaixwv JCQCOTOOV, 25,2: 
ol JIQWTOL rcov 'lovdaicov, 28, 7: o jtocovog 
T. wrjtfov [Wirstiick]; 28, 17: TCOV *lov6aicov 
jrQcorovg. Sonst nur einnial, Mark. 6, 21: 
ol JCQWTOI rrjg Palilaiag. 

t uQi6og] fehlt bei Matth., Mark. u. Joh., 
^agegen findet es sich Luk. 10,42; Act. 8, 21. 

6taTQij3ovTg] Das Wort ist specifisch lu- 
kanisch; es kommt in den Act. 8mal vor, 
sonst im ganzen N. T. nur ein einziges Mai 



Sprachliche Untersuchung des Wir-Berichts. 31 

(Joh. 3, 22). Die Zeitbestimmung steht auch 
sonst iin Ace. dabei, s. 14, 3 (ixavbv ygovov), 
20, 6 (tjfisgag SJITO), 25, 6 (^{j,SQag ov jilsiovg 
OXTW), 25, 14 (ytlBiovg tffieQac). Die Kon- 
structiou von i]v (i]Gav etc.) mit dem Particip 
findet sicli bei Luk. (Ev. u. Act.) gegen 100 mal, 
in alien iibrigen Schriften des N. T.s zusammen 
ca. 60m-al. 

^{isQaq TLVCL<:\ Specifischer Ausdruck der 
Acta, s. 9, 19; 10, 48; 15, 36; 24, 24; 25, 
13; fehlt bei Matth. u. Mark. Auch ^epea 
jtlsiovsg ist ein specifischer Ausdruck der 
Acta und findet sich in den Wirstiicken 2 mal 
(21, 10; 27, 20), in den iibrigen Capiteln 
2mal (13,31; 24,11), sonst nirgends imN.T. 
Endlich ist auch fysQai ixaval den Acta 
eigentiimlich. Es steht in den Wirstiicken 
einmal (27, 7), sonst nur noch Act. 9, 23; 
9, 43; 18, 18. 

[Der Erzahler setzt bei den Lesern keine 
Kenntnis Macedoniens voraus; daB er selbst 
kein Macedonier ist, zeigt c. 27, 2]. 



(,16, 13) rfj TS t^\ r^iiQa. ta>v (japftarcov] fehlt bei Mattb. 

ra>v <jaft- u. Mark., dagegen steht es Luk. 4, 16; 13, 

$OLTCQV sgfa&o- 14; 14, 5 (an diesen beiden Stellen rov 6afl~ 

ego? T7)q jtv~ ftarov). Act. 13, 14. 

]S JtaQa Jtora- Tf] Dieser Grebrauch von rs findet sich 

v, ov-svofiiCo- bei Matth., Mark. u. im Luk.-Ev. gar nicht, 

{.lev xQotevyjjv wohl. aber Act. 1, 15; 2, 33. 37. 40; 4, 13. 

sivai, %al xa&l~ 14. 33; 5. 19; 13, 52 und noch sehr oft. 
GttVTSq eJLaZovfisv JiaQa xozafibv] ganz wie c. 10, 6: olxia 

ralg 6vvsl&ov~ Jtaga fralaGdav, 10, 32: gevi&tai sv olxia 

oatq yvvai^iv. l(icovo$ xaQa d-alaGGav. 

- o-u] fehlfc bei Mark. u. Joh., bei Matth. 

Blass conjiciert, steM eg 2 (3)mal bei Luk 14mal (daYOn in 

in.E.olinezureiclien- A 4 n i n m -i j D T N 

den Grand evo- n 9 mal, m alien Teilen des Buches). 

/ut,ov sv KQoaevxfi svofii&fiev] vo{iit,siv fehlt bei Mark. u. 

ilvai. Job.; bei Matth. findet es sich 3 mal, bei 



32 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

Interpolationen: Luk. (Ev. u. Act.) 10(9)mal. Aber bei Matth. 
sdofcsL TtQoosvxri si- foigt s tets OTI, bei Lukas der Ace. c. Infinit.; 
l Kt > (D) , avV W' v ~ nur Act. 21, 29 stebt (der Attraction wegen) 

a,,, rm o v o ' 

OTl. 

s. Act. 13, 14: elfrovTsg slg 



TCQV 



objectlos (mit dem Dativ der 
Person) wie c. 7, 38. 44-; 9, 27; 10. 7; (10, 
32); 11, 20 etc. 

T. (jweZ-O-ovdaig 7.] den Act. eigentiini- 
lich, s. c. 1, 6: 01 GvvsZ&ovTsg, 1, 21: T<Z>V 
6vvh&6vTO)v avdQcov, 10, 27: tivvstyZv- 
d-OTag Jto22ovg, dazu vgl. 2, 6; 5, 16; 19 r 
32; 21, 22; -25, 17; 28, 17. 

[In Bezug auf elalovftsv s. d. ScbluCbe- 
merkung zu v. 10]. 

[Man beachte den correcten Wecbsel von 
Iniperf., Aorist und Perfect in v. 12 15, wie 
er sicb abnlicb aucb in andern Teilen der 
Act. findet]. 

(16. 14) xai Tig xai Tig yvv?] ovoy.ari A.] s. c. 9, 10: f/v 

Tig [la&rjTrig ovofiaTi ^Avavlag, 14, 8: xai 
6ia, jtoQtyVQOJtco- Tig a.vr\Q. Luk. 11, 27: sjtaQaOa Tig cpcovqv 

yvv?], Act. 18, 7: faQ-sv dg oixiav Tivog 

OVOflttTl TlTlOV 'lovGTOV 6S@0(J.SVOV TOV 

Tov&tov, rjxovBv, &EOV. Der Ausdruck Tig awqo bzw. avt]Q 

f}g 6 xvQiog dir}- (jvvrf) Tig findet sicb bei Mattb., Mark., Job, 

T?]V xaQ- nicbt, dagegen ist er bei Lukas baufig (s, 

HQoGiysiv auCer den genannten Stellen nocb Luk. 8, 27* 

Toig Zalovfisvoig Act. 3, 2; 5, 1; 8, 9; 10, 1; 16, 9; 21, 10; 

vxb Ilav^ov. 25, 14). Bei Mattb. und Mark, findet sicb 

dieses ovoftaTi nur je einmal, bei Lukas (Ev. 

n -> e ^v!^ inn U. Act.) gegen 30mal, und mebrere Stellen 
rvjc TtoL (D), faovaev J 8 => ' 

(D%1) audiebat Sln( l " er unsrigen genau gleicbgebildet. 
verbum (gpw). jtolsmg .] So bei Luk. ofters, bei Mattb. 

u. Mark, niemals, cf. Act. 11, 5: sv jiotet 
11, 27, 8: Jiolig AaGsa. 

T. -0-.] tispeG&ai kommt in den 



Sprachliche Untersuchung des Wir-Bericlits. 33 

Evv. nur im Citat vor; in den Act. findet es 
sich 7mal, und zwar wie hier im techniscben 
Sinn, s. 13, 43: rcov ^lovdaicov xal TOOV tiepo- 
{livcov jtQCHjqlvTcnv, 13, 50: rag 6e{3o t usvag 
yvvalxac,, 17, 4: TCOV <jefto(isvw 

17, 17: roig : 'fovdaioig xcd roig 

18, 7: 'IOVOTOV Geftofi&ov TOV &eov, 18, 3: 
Gsfao&ai rov &sov (dazu noch einmal in 
anderem Sinn, c. 19, 27). 

tfxovsv] S. die SchluCbemerkung zu v. 13; 
lukanisch. Das Imperf. tjjcovsv findet sich 
bei Matth. und Joh. niemals; bei Luk. (Ev. 
u. Act.) 8mal (bei Mark. 3mal). 

7]q\ Die Portfiihrang der Rede durch das 
Relativum ist charakteristisch lukanisch und 
im Griechischen nicht so gewohnlich wie im 
Lateinischen, s. z. B. Act, 2, 24; 3, 3; 11, 6; 
23, 29; 25, 16 u. sonst. 

6 XVQLOC;] DaB der erhohte Christus in 
solchen Fallen der Handelnde ist und 6 xv- 
Qiog genannt wird, ist lukanisch, s. Act. 9, 10 ff. 
u. sonst. 

dirjvoL^sv] Fehlt bei Matth. u. Joh., steht 
einmal bei Mark. (7, 34), bei Lukas dagegen 
7 Dial, cf. Luk. 24, 31: Siqvoi'x&'iiGav ot 6(p&al- 
i, 24, 32: ov%i r\ x 



]v, cog eZaZsi fyiv, we, 



Tag yQa<paq, 24,45: dirivoi^sv CCVTCOV rov 
vovv rov (jvvisvai rag yQagxxq, Act. 7, 56; 
17,3. 

jtQO(j%siv\ fehlt bei Mark. u. Joh., bei 
Matth. steht es nur im Sinne von ,,sich in 
Acht nehmen"; in diesem Sinne mehrnials 
auch bei Luk., aber dazu im Sinne von ,,Acht 
geben" (wie hier) Act. 8, 6: xQooel'xpv ot 
o%loi rotg teyofisvoiq u. 8, 10: 3iQ06el%ov 



roiq laAovpevocg v.H.] genau so Act. 13, 45 : 
roig vjtb Ilavlov Aa2ov[ievoi.g, s. auch c. 17, 19 : 

Ilaruack, Lukas. 3 



34 



Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 



(16, 15) o5g 6s 



i, xa 
oixog ctVTrjg, JtaQ- 



2eyov- 
6a' si xsxQixaTe 
(is jiiGTrjv TCQ xv- 
Qifp eivai, slosl- 
&6vrsg slg TOP 
oixov fiov fisvsTe' 



xa 



. 

_ ^ er ? a 1 / ^ en ,' 

naq o oixoq (Dw), 
[naozxateGEv] Pau- 
luin et nos (pV), 
&eoj far XVQLCO (D), 
fur steel- 
(D). 



r\ vjto 6ov JLaJtovftsvq diSayr}, c. 13, 42: sig 
TO fisra^v oaftftarov la^rj^-rjvai avrolg ra 
Qrjfiara ravTa, cf. Luc. 2, 33: ra 2aZov t usva 
ytsol avrov, 1, 45; es kommt in den Evv. sonst 
nicht vor. 

cog 6k] s. zu v. 10. 

xal 6 olxog] dieselbe Konstruktion \vie 
c. 18, 2. 

olxog] die Erwahnung des ,,Hauses", und 
zwar im Sinne von Familie, 1st fur Lukas 
charakteristisch, s. c. 10, 2; 11, 14; 16, 31: 
jo^ ov xal 6 oixoq aov, 18, 8. 

ateGsv leyovaa] s. 2, 40: xaQsxalsi 
. HaQaxalelv ohne Objekt auch 9,38; 
13, 42; 14, 22; 19, 31; 21, 12; 24, 4; 27, 33. 
jtaQaxalslv = zuredend bitten, wie 16, 9. 

ft .... XEXQ.] dieses si fast = sjtei, die 
Konstruktion sanz wie c. 4. 9; 11, 17. 

, ^ ' ' .. 

xEZQixars] kommt in dem abgeschwachten 

Sinn bei Matth., Mark, und Joh. niclit vor, 
dagegen s. Luk. 7, 43 (oQ&cog sxQivag); 12, 57 
un( j i n d e n Act. an menreren Stellen, s. z. B. 



20, 16 (xexglxei o Havlog); 26, 8; 13, 46 
(at-iovg XQLVSTS lavrovg r?jg alwviov ^ar^g). 
jtLOTTjv rep xvQicp] s. c. 10, 1: vtog yvvatxbg 
'Iov6aiag jtLdTrjg^ 10, 45: ol ix JceQiTOfitjg 
jtiGToi. Nur diese beiden Stellen aus dem 
Ev. und Act. sind zu vgl. Zu rep XVQIQJ s. 
c. 18, 8: KQlOjiog SJCIGTSVGSV TOT XVQ'LCO Gvv 
olcp rep (fixco avrov. Paulus sagt: jnarog 

EV XVQLCp. 

eiaeZ&ovrsg eig r. olxov] s. c. 9, 17: 
siavjlftsv sig rrjv oixiav, 11, 12: siatf 2.9-0 [lev 
sic, rov olxov. Fiir Haus im eigentlichen 
Sinn des Worts wechselt Luk. zwischen oixog 
und olxia. 

(isvsrB\ = nebuit euren Wohnsitz, 
c. 9, 43: ^lelvac sv 'loJinq JtaQa nvi 



Sprachliche Untersuchung des Wir-Berichts. 



35 



(16, 16) syevsro 
Evo 
sig 



tiav 



jcai- 
two. %ov- 



av 



%V TOlg XVQLOIC 

avrrjg 



nv&ovoq, artav- 
T ?j oat einige alte 
Zeugen. Interpola- 
tion : Jtcc rovrov [LOLVT. 



u. c. 18, 3: dia TO ofioTszvov elvai 

jiaQ avrotq. Meveiv findet sick bei Matth. 

3mal, bei Mark. 2mal, bei Lukas 21mal. 

jraQsfliaGaTo] das Wort findet sich im 
N. T. nnr noch Luk. 24, 29, welche Stelle 
iiberhaupt an unsern Satz bemerkenswert 
anklingt: xctl JtaQefitaGavro avrov 1s- 
g' (islvov [t& rjftcov . . . xal slo- 
rov (t&ivae, ovv avtoig. 



' tJber die verschiedenen Konstruktionen niit 
sysvsro, wie sie nur Lukas bietet, s. den Kom- 
mentar Plummers zum Ev. Luk. p. 45 f. 
Die Konstruktion mit dem Ace. c. Inf., die 
bei Luk. recht liaufig ist (in den Act. 12mal) } 
fehlt bei Matth., Mark. u. Joh. Zur Zeitbe- 
stimmung im Genit. abs. s. Luk. 11, 14 
sysvEro rov daiftoviov s&Z&ovToq, Act. 22, 
17: 1/eVsro 6s . . . xf)oGev%o(iVOv fiov .../- 

VEGd-ai t U EV %<jTa.CSl,. 

3ioQvo{ivcov\ ein von Luk. bevorzugtes 
Wort; bei Mark, fehlt es. Luk. sagt 
6&ai Elg T. OVQO.VOV (Act. 1, 10. 11), 6ta 
avrcnv SJCOQEVSTO (Luk. 4, 31), JCOQEVOV slg 
TOV olxov (Luk. 5, 24), etc. 

xaidiaxqv] s. Act. 12, 13. 

%ovaav xvEVfia] bei Lukus ini Ev. und 
den Act. ofters, s. Luk. 4, 33; 13, 11; Act. 8, 7; 
19 : 13; fehlt bei Matth. u. Joh. 

vjtavriJGcu] fehlt in den Act. sonst, aber 
s. Luk. 8. 27'; 14, 31. 

wie v. 12 fur ?/, lukanisch. 

JtohZrjv 3ia.Qly[V\ sQyaGia (s. 
auch v. 19) findet sich bei Matth., Mark., 
Joh. nicht, dagegen s. Act. 19, 24: xaQi%TO 
TOlg T%viTcug EQyaGiav ovxoliyrjv, 19, 25: 
EX ravTrjq T?jg sQyaGiaq. Auch im Ev. findet 
es sich einmal (aber in einem anderen Sinn), 

s. 12, 58: dog zQyaGiav. Wenn dies em 

3* 



36 



Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 



axolov&ovGa T<X> 
JJavlcp xal rinlv 
v ZsyovGa' 



OVTOI ot 



JtOL ovOL TOV 
TOV VlpLGTOV 

eiGiv, oiTivsgxaT- 



oaoa: gute Zeugen 
xind vielleicht rich- 
tig (Blass). 
Interpolation: 

statt 
(D). 



D 1'aBt auch a 
not aus. 



Latinismus 1st (,,da operam", Wellhausen), 
so steht er bei Luk. nicht allein. Als Lati- 
nisrnen darf man wohl die haufigen relativen 
Ankniipfungen beurteilen (s. oben z. v. 14), 
ebenso vielleicht den Gebrauch yon XQija&ai 
27, 3. 17. Zu jia.Ql%v s. jtaQ^iv XOJCGV 
(Luk. 11, 7; 18, 5), niomv (Act. 17, 31), yciv- 
%iav (Act. 22, 2), yaav&gmxlav (Act. 28, 2). 
rolg xvQioig] Auch Luk. 19, 33 wird mit 
seltsamer Grenauigkeit hervorgehoben, daB der 
xcoloq mebreren Herrn gehorte. 

avrrf] die Wiederaufnahme des Subjects 
durch ovrog istinden Act. sehr haufig, s. 8, 26; 
9,36; 10,6.32. 36; 13,7; 14, 9; 18, 25. 26 etc. 

xaraxolov&ovcia] Das Wort findet sich nur 
noch einmal im N. T., namlich Luk. 23, 55: 
xaTaxoA.ov&'tfGaGai al yvvalxeg (NB. bei 
ist Paulus nier ausgeschlossen). 

v keyovoa] s. Luk. 4, 41: 
xal JLd-yovra. Act. 19, 28: s 
Isyovrsg. 

OVTOI, ot avQQCDJioi] s. Act. 4, 16: rolg 
av&Qoojtoig rovroig, 5, 25. 38 (ebenso), 16, 
20: OVTOI ol av&Qcoxoi, 6, 13: o av&Qcoxog 
ovrog, 26, 31, 32 (ebenso), 28, 4 (ebenso). 

r. -0-sov] s. Act. 4, 29: 6bg rolg 
Gov, Luk. 2, 29: rbv dovlov GOV 
scil. Gottes. Fehlt sonst in den Evv. 

TOV &eov T.vtyiGTov] AuBer einerunsicheren 
Stelle bei Mark. (5, 7) und Hebr. 7, 1 findet 
sich dieser Ausdruck im N. T. nur bei Lukas 
(Ev. 5mal, Act. 2inal), in der Regel ohne 
o -d-sog, aber s. Luk. 8, 28: vis TOV &sov TOV 
vipiGTOv. Auch TO vtyog als Ort der Grott- 
heit und vipovG&ai, von Christus findet sich 
(je zweimal) nur bei Lukas. 

ohiveg] s. z. v. 12 u. 16. Zur Sache vgl. zu 
diesern Verse den ganz ahnlichen 19, 15. 



Sprachliche Untersucliung des Wir-Bericlits. 37 



] Das Wort kommt in den 
Evv. nicht vor, aber in den Act. 11 mal, und 
zwar in alien Teilen, s. z. B. 4, 2 (avaora- 
titv), 13, 5 u. 15, 36 (rov loyov), 13, 38 
(apsotv apctQr.}, 16, 21 (#??), 17, 3. 23 ('/>/- 

GOVV). 

o6bv ocorrjQiaq] s. Luk. 1, 79: odbg 
WTJQ [das ist dasselbe], 20, 21: odbq r. 
Act. 2, 28: odovg co?j?, 9, 2; 13, 10; 18, 25: 
066? rov XVQLOV, 18, 26: odbc, rov &sov, 19, 
9. 23; 22, 4; 24, 22. Georgia fehlt bei 
Mattb. u. Mark., bei Job. findet es sich ein- 
mal; bei Luk (Ev. u. Act.) 10 mal, s. z. B. 
Act. 13, 26: e 2o/o rrjg 6corrjQiaq ravri]q. 
Luk. 1, 69: xsgaq 6corr]Qiaq, Luk. 1, 77: 
yvoKiiq GcorriQiaq. Dazu TO GwrriQiov r. &sov 
Luk. 2, 30; 3, 6; Act. 28, 28. l 

Wer nach diesen Nachweisungen bebauptet, daB dieser Ab- 
scbnitt (16, 10 17) aus einer Quelle geflossen, also nicbt vom 
Verfasser des ganzen Werkes entworfen ist, der bat einen 
schweren Stand. Was sollte denn der Verfasser der Quelle un- 
rerandert entnommen baben.? Lediglich das ^fiel^ Mebr bleibt 
in der Tat nicbt nach! Alles Ubrige miifite er nacb Vokabular, 
Syntax und Stilisierung in seine eigene Spracbe uragegossen 

1) Da8 in dent uninittelbar Vorlaergehenden und Folgenden dieselben 
stilistischen und lexikalischen Verhaltnisse obwalten, dafiir seien noch 
v. 9 u. IS (wo kein ,/Wir" steht) verglichen. Y. 9: %ai OQUfta (s. zuv. 10) 
dia, [rf/g] vvxrdq (nur Act. 5, 19; 17, 10; 23, 31) ru> Ilav^o) axp&rj (s. zu 
v. 10), dvf]Q MaxeStov nq (dies ist die lukanische Ausdrucksweise, s. z. 
v. 14) i\v fcrrws (s. z. v. 12) %dl na^axa^Cov (s. z. v.'lo) avtov xal kkywv' 
diafiaq (nur noch Luk. 16, 26) potf&qGov rjfuv. v. 18: TOVTO 6s snoiei enl 
7roAA5 rifjiSQaq (Zeitbestimmung .dutch snl c. Ace. Luk. 4, 25; 10, 35; 18, 4; 
Act. 3,,1 ; 4, 5; 13, 31; 17, 2; 18, 20; 19, S. 10. 34; 20, 11; 27,20, bei Mark. u. 
Joh. nie, bei Matth. einrnal [aber nur s<p-oaov c. 9, 15]), Stanovrj&slq (ini N. T. 
nur noch Act. 4, 2) xal ema-c^eipaq (gebraucht wie Act. 15, 36) TO> nvev- 
fian siTtEV naQayyi^fo (s. Luk. 8, 29: naQ^yy. r. 7tvev^.axi s^.&stv 
djco, bei Joh. nie, bei Mattb. u. Mark, je 1 mal oder 2 mal, bei Luk. 
15nial) &v ovo^aTi 'Irjaov XQIGTOV e^ek&elv an avrqq' xai sgrjl&ev avry 
vfi SiQa ([sv] awfi T% toga findet sich im N. T. nur noch bei Luk. 2, 38; 
7, 21; 10, 21; 12, 12; 13, 31; 20, 19; Act. 22, 13). 



38 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

haben! Da ein solches Verfahren schlechthin unvorstellbar ist, 
so bleibt lediglich die Annahme iibrig, dafi er hier selbst spricht. 
Man darf noch einen Schritt weiter g.ehen: es ist wenigstens 
in Bezug auf die Erzahlung dieser Geschichte ganz unwahr- 
scheinlich, daC sie bereits seit Jahren fertig in einem ,,Tage- 
buche" des Verfassers gestanden hat und von ihm lediglich ab- 
geschrieben worden ist. Sollte er, als er urn 20 bis 30 Jahre 
jtinger war soviele Jahre etwa mogen zwischen dieser Ge- 
schichte und der Abfassung der Apostelgeschichte liegen 
nach Art und MaB, Stil und "Wortgebrauch genau so geschrieben 
haben wie spater? Nein, dieses Stuck ist erst bei der Nieder- 
schrift des Ganzen und iin Zusammenhang mit ihm niederge- 
geschrieben. Anders vermag kein Verstandiger zu urteilen. Vor- 
behalten ist dabei, daB der Verfasser kurze Aufzeichnungen be- 
saG, die sein Gedachtnis unterstiitzten. Doch ist selbst diese 
Annahme hier noch unnotig; sie kommt fur spatere Stucke der 
.,"Wirberichte" in Betracht. 

Ich lasse nun den Abschnitt c. 28, 1 16 folgen. Er hat 
sachlich so wenige Parallelen zu dem friiher Erzahlten, dafi 
man auf keine oder wenige Conformitaten mit dem Fruheren 
gefafit sein muB. Um so uberraschender und wichtiger sind 
sie hier. 

(28. 1) xal dia- 610.6 cod- evre g] s. Luk. 7, 3 : 6ia<ja>aq rov 

TOTE 6ovl.ov avrov, Act. 23, 24: 6iaGa><ja>Gi rov 
on Ilavlov, 27, 43. 44; 28, 4. Fehlt bei Mark. 
vi^Goc. n. Joh., bei Matth. findet es sich einmal 
(14, 36). 

TOTS] Zu diesem Gebrauch siehe Luk. 21, 
10; Act. 1, 12; 6, 11; 25, 12; 26, 1. 

83iyvo)(j,ev) fehlt in dieser Konstruktion 
bei Matth. und Joh., steht bei Mark, einmal, 
bei Luk. (Ev. u. Act.) 9 mal, s. z. B.: Act. 19, 
34: ejuyvoovTsg OTL 'lovdalog, 22, 19: SJIL- 
yvovq OTL 3 Pco k ualoQ, etc. 

(28. 2) oirsflao- TS] Uber die lukanische Ankmipfung durch 
ftaQoi3iaQl%av ov TS s. z. c. 16, 13. 

Tv%ovoav cpt- jcaQBtyav] s. zu c. 16, 16. 

ov TTJV TV%OV<J(XV] s. c. 19, 11: dvvapscq 



Sprachliclie Untersuehtmg des Wir-Berichts. 



atyavreg ya.Q xv- 

oav 

TO xavrag 

6ia rbv vsrov 



6ia TO 



Sk fur re bei gu- 
ten Zeugen, ebenso 



ndvzaq fehlt bei eini- 
gen Zeugen. 



(28, 3) GVGTQS- 
tyavTog 6s tov 
IJavAov 



vwv ri 

xal e 

xrjv JIVQCCV, 



srii 



ov rat; Tv^ovdag. Tvy%aviv fehlt beiMatth., 
Marc., Job., findet sicti bei Luk. (Ev. u. Act.) 
aber 6 mal. Zum negativen Ausdruck s. Act. 
12, 18 u. 19, 23: raQa^oc, ovx oliyos, 19, 24: 
ov% oliyqv EQyaGiav, 14, 28: yj^bvov ovx 
Qlijov, 15, 2: GvLfliriGewc, ovx oUyqg, 17, 
4: yvvaixcov ovx ol//, 17, 12: 
ovx ol'iyoi, 27, 20: %i[i<x)vog ovx 
Auch sonst in den Act., die iiberhaupt solclie 
negative Ausdriicke bevorzugen, s. z. B. 20, 12: 
v ov [isrQicoq, 21, 39: ovx 
jiolecog, 14, 17; Luk. 15, 13 (ov 
3io2.v}\ Luk. 7, 6 (ov { uaxQav); Act. 1, 5: ov 
(tsra Jtofaac, tavraq fyeoaq, 14, 17: ovx 
a[iaQTVQov, 27, 14: [IET* ov JEO%.V. Diese 
Litotes, die also bei Lukas inindestens 17 mal 
vorkomrnt (darunter in den Wirstticken 4 mal), 
fehlt sonst irn N. T. so gut wie ganz. 

atyavTeg JIVQO.V] s. Luk. 22, 25: atyavxcov 
6s jtvo. 

jtooGEJlapovTo] kommt in den Evv. in die- 
sem Sinne nicht vor, s. dagegen Act. 18, 26: 
HQiGxiZZa xal ^Axv^aq 3zQo6s3.a$owto avxov. 

VETOV] fehlt in den Evv. (das vulgare 
PQS'XSIV, $Qoyj] dafiir), s. aber Act. 14, 17. 

scpsGtcora] e<pi6Tavai findet sich bei 
Matth., Mark., Joh. nicht, dagegen bei Luk. 
(Ev. u. Act.) 18 mal; Act. 22, 20: sysG-zcbq. 

csvGTQstyavtog] Das Wort kommt imN.T. 
(von zwei Interpolationen in den Act. abge- 
sehen) nur noch Matth. 17, 22 (aber unsicher) 
vor; dagegen findet sich 6vo'TQO<pr] Act. 19, 
40 u. 23, 12. 

jr^#og] sonst immer nur von Menschen 
aufier hier u. Luk. 5, 6: Jt^-9-og iy&vwv. 
Zu diesem Gebrauch von n vgl. Luk. 23, 8 ; 24, 
41; Act. 5, 2; 8, 36; 11, 5; 18, 14; 25, 19; es 
ist innerhalb des N. T. fur Lukas charak- 
teristisch. 



40 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

cbro] WeiB u. Andere erklaren hier 
=att. UJTO, s.Luk.21, 26; Act- 11,19; 12, 14; 
20, 9; 22, 11; allein 0.316 kann sehr wohl 
hier seinem Grrundsinne nacli verstanden wer- 
den. kgeQxeG&ai axo 1st bei Mark., Matth., 
Job. sehr selten (zus. ca. 6mal); im Luk.-Ev. 
findet es sich 12mal; s. dazuAct. 16, 18. 



(28, 4) cog <? fl>S <?] s. z. 16, 10. 

oi (3aQ@aQOt navTcac] findet sich bei Matth., Mark., 
xQEfia[i8i>ov TO Job. nicht; s. dagegen Luk. 4, 23: xavzwg 
ex T?jg SQSLTS {lot (Act. 18, 21: del fis Jiavrcog rrjv 
avrov, soQrrjv JtoirjOai), Act. 21, 22: yiavroog 6u 
aM.rj3.ovq Jtlrjfrog GVVS^ELV. 
elsyov' JtavTcog o av&QOMioc, ovroq] s. z. 16, 17 (Act. 5, 
povsvg sGnv- o 28; 6, 13; 22, 26; 26, 31). 
av&Qcojtoc, ovroq, Zum Satz vgl. 26, 32: sZaAovv jiooq a/L- 
ov diatico&EVTa Zqlovg hsyovTsq QTL ovdev d-avarov 
ex Ttjg &a]la<jGr]g at-iov JtQaGGei 6 av & Q to Jt o g ovrog. 
TI Aixq ^v ovx ?jv] s. 25, 19: ov epaGxsv IlavZog tfiv, 

25, 24: ^r\ delv avrbv ^jjv. Luk. 24, 23: 
oi leyovGiv avrbv tfiv, Act. 22, 22: ov 
%a&?]%ev avxbv ijv. Deni Lukas eigen- 
tiiinlich. 

eiaGev] findet sich in Mark. u. Job. nicht, 
bei Matth. einmal (c. 24, 43), bei Luk. (Ev. 
u. Act.) lOmal (darunter ovx eav 4nial). 



(28 , 5) o (lev (tsv ovv und fiev ovv 6e finden sich in der 
ovv ajtorivagag Apostelgesch. ca, 28 mal, im Ev. einmal (3, 18), 
TO -0-^Qiov elg rb fehlen bei Matth., Mark. u. Job. Man beachte 
JtvQ IJIO.&EV ov- die Gleichmafiigkeit der Verteilung dieser er- 
6ev xaxov. zahlenden Partikeln in den Act. 

ajtOTiva,aq\ das Wort findet sich ini 
N. T.nur noch Luk. 9, 5; Matth. u. Mark, bie- 
ten hier sxrivaGGev. 

ovdsv xaxov] ahnlich im N. T. nur Act. 
16, 28: pridsv xQagyg Got xaxov. 



Sprachliche Untersuchung des Wir-Bericiits. 



28,G)ol6exQo<S- 
sdoxcov avTov 
3ti[ixQa.- 
?] xarajtiJt- 
acpva) vs- 
XQOV. sjil noli) 
6s avrojv JIQOG- 
doxcovToov xal &s- 
COQOVVTCOV urjdsv 
arojtov sig avrbv 
yivb[isvov, fisra- 
fiaZofisvoi eZeyov 
avTov sivai fteov. 



ol 6s] wie c. 21, 20. 32. 

XQOGsdbxcov] fehlt bei Mark. u. Job., steht 
bei Matth. nur zweimal (11, 3; 24, 50), bei 
Luk. (Ev. u. Act.) llmal. 

[teZZetv] Konstruktionen mit {islZeiv sind 
in alien Teilen der Acta sehr haufig (35 mal). 

xarajrixTSiv} Im N. T. nur hieru. c. 26, 14. 

a<pva)] Im N. T. nur hier und Act. 2, 2; 

16, 26. 

VSXQOV] wie c. 5, 10: EVQOV avrfyv 
u. 20, 9: JJQ&IJ vsxQoq. 

kftl jroZv] s. c. 16, 18: e^rt xoH 
gaq, 13, 31: snl ^usgaq xZeiovg, 18, 20: 
Jilsiova %QOVOV, 27,20: ejrl xhdovac, tff 

17, 2: em Gafifiara TQICC, 19, 8: sxl 
TQSlg, 19, 10: km err] 6vo, 19, 34: sjd cogac, 
6vo, 20, 9: sm nlslov dialzyofievov, 20, 11: 
scp 3 Ixavbv OfiLArjGag, 24, 4: sjtl xfalov os 

Von den N. T.lichen Schriftstellern 



wendet nur Lukas ejtl zeitlich an. 

arojtov] fehlt bei Matth., Mark., Joh. (da- 
fur xaxov), findet sich aber noch Luk. 23, 41 
und Act. 25, 5 (u. zwar genau wie hier: TO 
CCTOJIOV). Die Konstruktion des Satzes ist 
dern Sinne nach u. grammatisch so schlecht 
wie c. 22, 17 f. und 21, 34: firj 6vvafievov 
avTov exelsvosv. 

sig avr. Jiv?\ yiyvzG&cu slg nur bei Luk., 
s. Ev. 4, 23: ysvofisva dc, rr}v KapaQvaovfi, 
s. auch Luk. 5, 17: 6vva[ttq ^v elg TO la- 
avTov. Der participiale Gebrauch von 
i, abgesehen von Zeitbestimmungen, 
ist auch lukanisch. 

(28, 7)e^ 6eTol<s Tolq xsgl] fehlt bei Matth., s. Luk. 22, 49; 

jteol TOV TOXOV Act. 13, 13. 

sxslvov vjtTiQysv TOJt. sxslvov] s. c. 16, 3: ovrag ev role, 

ICOQLO. rep JIQCOTO) TOXOIC exsivoig. 

wqtiov, ovb- vnr\Q^v\ vjia.Q%BLV fehlt bei Matth., Mark., 



42 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 






ia), og Job., stebt bei Luk. (Ev. u. Act.) 33rnal; mit 
og r\- dem Dativ steht es nur nocb Act. 3, 6; 4, 37. 
(tag r^isoag TQEIC, T. JIQCQTCO] s. c. 13, 50: rovg ycowTovg r. yio- 
(piZotyQovwg l^g- Zswg, 25, "2: ol JIQWTOL ratv ^lovdaieov, s. aucli 

zu c. 16, 12. Dock ist bier zu erinnern, dafi 
der jtQWTog M&itcdcov (auch. ,,raunicipii 
Melitensium primus omnium") inschriftlich 
bezeut ist. 

11] s. zu 16, 14. 

j-evi&iv kommt in den Evv. nicht 
vor, aber s. Act. 10, 6. 18.23 (avTovg egeviGe). 
32; 17, 20; 21, 16. 

(28, 8) l/eVero Zu syeveTO mit Ace. c. Inf. (lukanisch) s. 
6s TOV xarsQa das z. 16, 16 Bemerkte. 

TOV IIojt2.iov 3iv- 6vvE%6[iVov\ mit JCVQE ro5 verbunden findet 
Qsrolq xal dvGEV- es sich nur nocb Luk. 4, 38. Der ganze Aus- 
rsQLG) ovvsyppE- druck ist streng medicinisch s. S. 11. GVVS- 
vov %aTa%El6&ai, y^iv steht bei Lukas 9mal. bei Mark. u. Job. 
jiQoq ov o Jlav- nie, bei Mattb. einmal. 

2og siGsl&cbv xal xaTaxElo&cu] s. Act. 9, 33: xaTaxsifievov 
jcQOGsvgafisvog, e- exi xQapa-urcp. 

jri&slg rag %slQaq Jtpbg ov] die Erzablung wird in einem 
avrw, laoaro av- Relativsatz fortgefubrt (lukaniscb), s. zuc.16,14. 
TOV. EiGt]2.^v xQog] so aucb Luk. 1,28; Act.10,3; 

11, 3; 16, 40; 17, 2; feblt bei Matth. u. Job. 
u. findet sicb bei Mark, nur einmal (15, 43). 
sjti&slg rag %lQag] Wie Campbell (Grit. 
studies in St. Luke's Gospel. 1891, p. 56) ge- 
zeigt hat, unterscbeidet Lukas scbarf : Kranke 
werden durcb Handaaflegung, Damoniscbe 
durcb das Bescbworungswort geheilt. So aucb 
bier. Der Gflaube seitens des zu Heilenden 
ist nicbt erforderlicb, ist vielmebr erst die 
Folge des Wunders. 

laGaro] das aktiviscbe Medium feblt bei 
Mark. u. Mattb. (bei letzterem stebt es nur 
einmal in einem LXX-Citat); bei Luk. findet 
es sicb (Ev. u. Act.) Umal (s. aucb Job.). 



Sprachliche Untersuchung des Wir-Berichts. 43 

(28, 9) TOVTOV oi Zouroi] feblt bei Mark. u. Job., steht 

$ yvo(ivov xal bei Mattb. 3mal, bei Luk. (Ev. u. Act.) llmal. 

oi Aoutol oi kv a.G&evlaq] feblt bei Mark, u, Mattb. (bei 

T# wrjGcp %%ovTg letztereffl stebt es einmal im LXX-Citat); im 

TiooG- Luk. findet es sicb 4mal, s. 13, 11: 3tvvua 

x . * / j 

xal s&- %ovGa aG&Viag; 5, 15; 8, 2; 13, 12. 
Luk. 13, 14: IQ%O[J,VOI -9-QajeVG&-, Luk. 5, 

f yt . / 

15: Gwrftyovto o%2.ot Jtohhoi &QajiVGi)-ai 
ajco ra>v O.G&SVEICQV avrcov, 6, 18; 7, 21 
das Passiv d-QajtVG&ai findet sicb bei Mark, 
nicbt, bei Matth. einmal_, bei Luk. lOmal. An 
eine einzelne Heilung scblieBt sicb auch im 
Ev. ofters ein solcb allgemeiner Satz. 



(28, 10) oi xal 
Jtollalq 



&SVTO TO, 

rag %Qiaq. 

Fur 
ccvrov. 



oi] die Erzahlung wird in einem Relativ- 
satz fortgefiihrt (lukaniscb), s. z. v. S u. 
c. 16, 14. Zu oi xal s. Act. 10, 30: o xal 
, 26, 10: o xal jioir)Ga, Luk. 10, 30: 



xa 



. sri^Gav] diese Ausdrucksweise ist 
-, , t lukaniscb, s. Act. 4, 17: ajtiln ajiEiliiGcQUEd-a, 

J-J-tJo u \J 

5, 28: Jtaoayy3.ia jtaorii"ylZa.Uv. Luk. 22, 15: 

' \ 1 I 4 ^t I t I |7 I 

xi&v(jia ji&v[ir}Ga, 23,46: fpo3Vf]Gag (pcov^ 
(ebenso Act. 16, 28); vgl. aucb Luk. 6, 8: 
avaGrag SGTT], Act. 5, 4: [tsvov (JVV. Luk. 
2, 8: (pvjLaGGovTBg (pvZaxag. 

avayopevoiq] s. z. c. 16, 11. 

TO. JtQoq] s. Luk. 14, 32: EQCOTO. TO. 



%Qiag] im Plur. findet es sicb bei Mattb. 
Mark., Job. nicbt, wobl aber Act. 20, 34. 

[Nicbt nur Paulus, sondern aucb seine Be- 
gleiter wurden geebrt (oder erhielten Hono- 
rare?); bieraus folgt, daC aucb sie geheilt 
haben (s. S. llff.), und das wird durch die 
Fassung des 9. Verses nicht ausgescblossen, 
sondern vielmebr nahegelegt. Blass halt es 
ohne zureicbenden Grund fur wabrscbeinlicb, 
daB in v. 10 ein Wechsel des Subjekts anzu- 



44 



Cap. 2: Der sog. Wir-Bericlit der Apg. 



nehmen ist und die Ehrungen von der Kom- 
mune ausgingen. Der einfache Sinn ist: die 
Geheilten ehrten uns mit vielen Geschenken, 
weil wir sie geheilt hatten]. 

(28, 11) { UTa 6s avfa&viiiev} s. zu 16, 11 (28, 10). 



Blass halt die 
Konstruktion TtaQao. 
A LOOK, fiir unertrag- 
licli und conjiciert 
daher: o) i]v 



AlOGXOVQWV. 

(28, 12) xal xar- 
LQ 2v- 
sjifiL- 

vasv 



Zeueu. 



(28, 13) o&sv 
jiQisl.&6vTq xa- 
Ti]i>T?]<j(X[isv sit:; 
ov, xal fira 
r}[iQa.v em- 
vorov 
dvcQaloL 



v 

%6t&V KQttV- 

c fiir uQ-ev neQieL 

GlgaS? TtBQLE^OV- 

reg alte Zeugen. 



fehlt bei Matth., Mark., Job.; 
bei Luk. (Ev. u. Act.) findet es sichSmal; ver- 
bunden mit e^g Act. 9, 30; 21, 3; 23, 28; 27, 3. 

Sjcefistvaiisv] Jti ( usvstv fehlt bei Matth., 
Mark. u. Job., findet sich aber in den Act. 
noch 6mal (verbunden mit rj^Qai c. 10, 48; 
21, 4. 10; 28, 14). 

rj[iQaiq\ Dativ der Zeitbestimmung, wie 
Luk. -8, 29; Act. 8, 11; 13,20. 

nsQil&6vTg] fehlt bei Matth., Mark., 
Job., aber s. Act. 19, 13. 

xaravrav] fehlt bei Matth., Mark., Job., 
steht aber in den Act. 9mal (rait dq fast stets 
verbunden, s. c. 16, 1; 18, 19. 24; 21, 7; 25, 13; 
26, 7; 27, 12). 

6VTQatot] s. c. 20, 6: 3tfijtralot (aber 
unsichere LA); zur Konstruktion s. Luk. 24, 
22: yvb.UvaL oo&oival . . . rik&ov. 



Sprachliche TJntersuchimg des Wir-Berichts. 45 

(28, 14) ov EVQOV- ov] s. z. c. 16, 13. 
Tga62cpovgjEao- jcaoexZ'rj&ijfisv] s. z. c. 16, 15. 
syc^&rjfisv JIO.Q xaQ avrotg sjcifiecvai] s. z. v. 12; psvsiv 

avTOig 3tLfislvaL jtaQa tivi findet sicli bei Matth. u. Mark. 

7](j,Qag exra' xcd und ini Luk.-Ev. nicht; s. aber Act. 9, 43; 

ovTcog Big rr\v 10, 46 (ytaQa TIVL 2i(icovL)\ 18, 3. 20; 21, 7. 

^Pcoiirjv rjZ&aftsv. 8 (JIUQ* avrolg, avrcp). 

- TT , (0 owro? s ] s. Act. 7, 8; 17, 33; 20, 11; 

nag avtotg, rtt- ^ ^ 

(jieivavreq^ (einige w ' 
Zeugen, Blass). 

(28, 15) xdxsl- xaxsl&sv s. zu c. 16, 12. 

ot adsJiqpol ra jcepl rjficov] s. Act. 1, 3; 8, 12; 19, 8: 
ra TO. jtSQi fiaGLteiag. 18, 25; 28, 31: ra jtsgl 
JCSQL fycov 7]l.&av rov XVQ'IOV, 23, 11: ra JIBQL sfiov, 23, 15: TO. 
dg ajiavr^tv q- JIBQI avxov, 24, 10: ra xeQi spavrov, Luk. 22, 
{ilv a%Qi ^Aytyclov 37: ra JCSQI l^ov, 24, 19: TO. jtQt ^Iqaov, 
(poQov xal TQLWV 24, 17: ra JteQi &O.VTOV. Diese Redensart fehlt 
rafiegvcnv, ovg I- bei Matth., Mark. u. Job. An drei Stellen 
datv o Uav/iog also in c. 28, 7 15 stebt ra vor einer Pra- 
tvyaQiGTrjGag TOO position (7. 10. 15), was fur Lukas gegen- 
&CQ sZaftev &CCQ- iiber dem Stil der Andern so cbarakteri- 
Oog. stiscb ist. 

a%Qi] fehlt bei Mark. u. Job.; bei Matth. 
stebt es einmal, bei Luk. (Ev. u. Act.) 
20mal in alien Teilen der Biicber. 

I6o)v . . . evxaQiGrriciag . . . slaftsv] luka- 
niscb, s. z. B. Act. 16, 19: idovrsg . . . sjti- 
2ccp6[tvoi. sitevtiav; 14, 29; 17, 6; 18, 23: 



. 20, 22. 37. Viele solcbe Beispiele ge- 
sammelt von Klostermann p. 59f. 



(28, 16) ore <$ OTS xrL] s. c. 1, 13: ycal OTB 
dg dGV]l&o[iv slq] s. c. 23, 33: d 

dg r. KaiGaQsiav, 9, 6: st(Je2^e slg r. 
tea Ilav^cp [tViv 14, 20: dGql&EV slg -crjv 3ibl.iv. 

savTov GVV jtiTQjtG&-ai] in den Evv. u. Act. nur nocb 
(pvlaGGovTL Act. 26, 1. 



46 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericlit. der Apg. 



GTQaTico- fievsLv] s. die Bemerkung zu c. 16, 15. 

cpvlaGGovTi] s. c. 12, 4: xctQadovg oxga- 
(pvlatitieiv avrov, 23, 35. L 



v 
OT 6s ifi.Q-Ofj.ev 

flq i P<J!)[M]V ) 6 SXaTOVT- 

ap%oq TtaQsSwxs xovq 
T& CTQK- 

[-/], TW 

6s Ilavl.o) enetQcmtj 
[jiivEiv xaQ- 1 savrov 
(ego) zrjq naQenfio^fjq) 
GVV %rL Uber diese 
andere Fassung s. 
Sitzungsber. d. K. 
Preufi. Akad. d. W. 
1895 p. 491 ff. 



1) Da die, welche den Wirbericht aus dem ganzen Werk als Quelle 
ausgliedern, behaupten, der Hauptabstand und der sicherste Beweis der 
A r erscMedenheit liege zwischen 28, 1 16 und 28, 17 SchluB (s. dariiber 
spater), so seien Her die spracb.lich.en, sachlicben und stilistischen Be- 
ziehungen zwischen 28, 17 ff. und den Wirstiicken zusanamengestellt. Man 
vergesse dabei nicht, daB es sicb 28, 17 ff. nur uni ein paar Verse handelt, 
daB auch die Wirsfciicke nur aus 97 Versen bestehen, und daB die Stoffe 
bier und dorfc ganz verschieden sind: 

V. 17 fjiera rjf^sQaq TQSiq wie 28, 7. 12. sysvero c. Ace. c. Inf. wie 
28, 8. OL T&V 'lovdaicav TIQ&TOI wie 28, 7 (16, 12). avveX&ovrujv wie 
16,13. 7ta()e669r]v sic; TO.Q %iQaq T. ''Pcaftalwv wie 21, 11: Ttapadcoaovoiv 
zlq '/^LQq e&vti>v (nur hier). 

V. 18 <5ia ro c. Infinit. wie 27, 4. 9 (sonst nocb 5 mal i. d. Act.). 
in den Wirstiicken viermal. 

V. 19 o>s mit dem Part, wie 27, 30. e%a)v n y.a.xi]yo^lv wie 21, 13 
<o ano&aveiv. 

V. 20 naQt-xateca (bitten) wie 16, 15; 21, 12; 28,14. &nlq wie 
16, 19 u. 27, 20 (in den Act. sonst noch 5 nial). 

V. 21 ol 8s wie Act. 28, 6. nccQayevoftevoq wie Act. 21, 18. 

V. 22 ftsv ohne is, wie Act. 27, 21. 

V. 23 ij^Q-ov Ttgbq ambv slq, so nur 20, 6: 'ijA.&OftEV ngbq avxovq slq. 
Zu gevlav s. 28, 7 (tjjsvurev); 21, 16. nteloveq wie 27, 12 (ol nteioveq), 
sonst nur 19, 32. Zur Fortfubrung der Erzahlung durch einen Relativ- 
satz (oiq] s. 16, 14. Zur Fortfubrung der Rede durch re s. 16, 13. 
Zu re-aal s. 21, 12; 27,1. 

V. 24 snei&ovTO rolq l.eyopsvoiq genau wie 27, 11 (und nur bier): 
snei&ero rolq J.eyoftevotq. 

V. 25 TCQoq aMfaovq wie 28, 4 (sonst nocb 3 naal in d. Act.). TO 
nvv(j.a TO ayiov eXd^rjoev s. 21, 11. Nun folgt das lange Citat und die 



Lexikalische Untersuchung des Wir-Berichts. 47 

Man sieht, es steht in diesem Absehnitt wie in 16, lOff: es 
bleibt schlechterdings nichts tibrig, was der Yerfasser, wenn er 
hier eine Quelle ab- oder ausgeschrieben hat, ihr entnommen 
haben konnte. Er miite den Inhalt der Quelle vollig neu er- 
zahlt haben; denn iiberall, wo der Stoff tiberhaupt nur eine 
Moglichkeit zulaBt, horen wir die Stimme desseD, der das ganze 
Werk verfaGt hat, sehen seine Hand und spiiren seine schrift- 
stellerische Art. Fremdes fallt hier nirgendwo auf; denn die 
ajcag-leyofteva erklaren sich ungezwungen aus der Besonderheit 
des Stoffs. DaK er aber anschaulicher und zuverlassiger erzahlt 
als in den Partien, in denen sich das ,,Wir" nicht findet, wer 
wollte sich dariiber wundern? Fur manche Abschnitte, so fur 
28, 1114; 20, 5. 6. 1315; 21, 18, besonders aber far c. 27 
rnuB er Notizen besessen habec. die sein Gedachtnis unter- 
stiitzten 1 , aber mehr laCt sich auch nicht sagen. 

Urn aber den Beweis fur die Identitat des Verfassers der 
Wirstiicke mit dem des ganzen Werkes zum Abschlufi zu bringen, 
ist die Untersuchung des lexikalischen Bestandes notig. Mit 
Worterstatistik kann ein tauschender Unfug getrieben werden, 
wenn man sie bei Objekten geringen Umfangs tmternimmt oder 
unter falschen Gesichtspunkten arbeitet oder sich mit zweifel- 
haften Ergebnissen begnugt; hier aber sind die auf einer breiten 
Grundlage gewonnenen Ergebnisse so wuchtige, dafi man sie 
geradezu entscheidend nennen darf. 2 



Anwendung in v. 28 (das Evangelium als TO GCOT^QLOV TOV &eov 

16, 17 als odb<; Gfarrigiaq}. V. 29 ist eine Interpolation, die in den besseren 

Ausgaben nicht inehr abgedruckt wird. 

V. 30 v ldl<p f.ii(j&(j}(taTi s. 21, 6. an^Siy^xo wie 21, 17. 

V. 31 rcc nsQi xvoiov wie 28, 15: T Ttegi JiftoJv. 

Das ist nicht wenig in einer so geringen Zahl von Versen; aber eiu 
schlagender Beweis fiir die Identitat der Yerfasser ist es an und fur sich 
noch nicht. 

1) Am nachsten lage es freilich, von solchen supponierten Zetteln 
abzusehen und die ,,Wirstucke", damit aber auch das ganze Werk bald 
nach der Ankunft des Paulus in Rom geschrieben sein zu lassen (c. 28, 30 f. 
ware dann eine bei der Edition vom Verf. hinzugefiigte Notiz). Allein 
dieser auch sonst verlockende Ansatz, den manche Kritiker noch heute 
empfehlen, verbietet sich aus Riicksicht auf das Evangeliurn, welches 
nicht wohl vor dem J. 70 geschrieben sein kann, und auch in Hinblick 
auf Act. 20, 25, wo der Tod des Apostels doch wohl vorausgesetzt ist. 

2) In groBem TJmfang hat sie bereits Hawkins gefiihrt (s. beson- 



48 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

Man hat im Folgenden im Auge zu bahalten, dali es sich 
nur um 97 Verse soviel betragen die Wirstiicke handelt. 1 

I. Worte, die sich in den Wirstiicken und der Apostel- 
geschichte finden, bei Matth., Mark., Lukas und Jo- 
hannes aber fehlen. 

a) In den Wirstiicken 2 und nur in der 2. Halfte der 

Apostelgesch.: c. 13; c. 14; cc. 16 28. 3 
afia c. Partic. [27, 40]; 24, 26. 
dvievat [27, 40]; 16, 26. 
axoxlelv [20, 15; 27, 1]; 13, 4; 14, 26. 4 

i* [20, 7. 9J; 17, 2. 17; 18, 4; 19, 8- 9; 24, 12. 25. 
XQOVOV oder fifteqaq [16, 12; 20,6]; 14, 3. 28; 25, 6. 14. 
6iafpeQS6&cu [27, 27]; 13, 49. 
dtxrj, xaradixij [28, 4]; 25, 15. 

d mit Optat. [27, 12. 39]; 17, 11. 27; 24, 19; 25, 20. 
KXSTOS [21, 3]; 22, 5. 

[20, 7; 27, 43]; 13, 42; 17, 15. 

[21, 2. 4; 27, 2]; 20, 18; 25, 1. 
[27, 36]; 24, 10; s. auch ev&vpetv [nur 27, 22. 25]. 
[27, 29]; 26, 29. 
i] fyoptvy [20, 15]; 21, 26. 

[20, 15; 21, 7; 27, 12; 28, 13]; 16, 1; 18, 19. 24; 25 r 
13; 26, 7. 



ders S. 13fi'., 148fF.) ich "werde tmten z. T. iiber sie berichten ; ich 
liabe sie erst berucksichtigt, nachdem ich meine anders angelegten Studien 
beendigfc hatte. 

1) Die Wirstiicke bilden ein knappes Zehntel der Apostelgeschiclite 
(97:1007). 

2) Die Stellen aus den Wirstucken sind stets in eckige Klammern 
gesetzt. 

3) Ich teile so, weit c. 15 enger niit c. 1 12 zusaninienzugehoren 
scheint. 

4) Das Particip aOTtaadf^evog findet sich in den Evv. nicht, sondern 
nur in den Wirstucken [20,1; 21, 7J und in der 2. Halfte derActa (18,22; 
21, 19; 25, 13). 

5) Von der Form 6ie?.%&7] (d^Xe^Q-riaav}, die sich bei Mark. (9, 34) 
einrnal und vielleicht in Act. (18, 19) eininal findet, ist hier abgesehen. 

6) Ini Sinne von ,,reiten" kommt emfialvetv einmal bei Matth. (21, 5) 7 
aber nur in einem LXX-Citat vor. 



Lexikalisclie Untersuchung des Wir-Berichts. 49 



[28, 6]; 26, 14. 
[20, 9 bis]; 25, 7; 26, 10. 
= erwarten [20, 5]; 20, 23. 
(vijoog) [27, 26; 28, 1. 7. 9. 11]; 13, 6. 

[28 ; 13]; 19, 13. 
tr<# #e<5 [27, 25]; 16, 34. 
xldovac, qpsQaq [21, 10; 27, 20]; 24, 11. 
jr()0(j2 1 tf/9^(7^i = recipere [28, 2]; 18, 26. 
ol oepopevoi [16, 14]; 13, 43. 50; 17, 4. 17; 18, 7. 

xviovoav [28, 2]; 19, 11. 
[28, 2]; 14, 17 (bei Matth. pgdirj). 
vxovoslv [27, 27]; 13, 25; 25, 18. 
al iQelaL [28, 10]; 20, 34. 

Hierzu ist noch zu bemerken, dafi der Aufenthalt des Paulus 
in Athen genau mit denselben Worten vom Erzahler abge- 
schlossen wird, wie der in Troas (s. 17, 33: our cog o Uavloq 
eSfll&sv, und [20, 11]: ovrcog [6 Havloq] sgrj/tfrsv), ferner daB 
616 cum Imper. nur [27, 25] n. 20, 31 steht, endlich daC sich nur 
[27, 35]; 22, 24 uud 24, 22 das Particip elstag findet. 

b) In den Wirstlicken und nur in der 1. Halfte der 
Apostelgesch., Act. 1 12; 15. 

g) [21, 17]; 2, 41 (dock ist die LA hier zweifelhaft). 
(von einer friiheren Periode der Geschichte des Evange- 
liums) [21, 16]; 15, 7. 

el im Sinne von exel [16, 15]; 4, 9; 11, 17. * 
exxixreiv [27, 17. 26. 29. 32]; 12, 7. 
egco&elv [27, 39]; 7, 45. 

[21, 4. 10; 28, 12. 14]; 10, 48; 12, 16; 15, 34. 
rig [27, 1]; 8, 34. 
at rifisQai T. aQvfiwv [20, 6]; 12, 3. 
lv [27, 21]; 5, 29. 32. 

[21, 4]; 1, 2; 4, 25; 11, 28. 
= Vorhaben [27,13]; 11, 23. 
* ov tQoxov [27, 25]; 15, 11. 



1) In 21, 13 ist auch das ano&aveTv elq 'legovGahrju (mit ausge- 
lassenem ^A-9-cbv) ganz parallel zu 8, 40: <t?tt.imtoq evpe&t] sig "At,u>Tov. 
ID.tfv nvog findet sich (abgesehen von einem LXX-Citat bei Mark.) nur 
[27,22]; 8,1; 15,28. 

Harnaek, Lukas. 4 



50 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

VJCSQ TOV ovopaTos [21, 13]; 5, 41; 9, 16; 15, 26. 



VXSQCOOV [20, 8]; Act. 1, 13; 9, 37. 39. 

[27, 37J; 2, 41. 43; 7, 14. 



i 
fiB 



c) In den Wirstiicken und nur in beiden Halften der 
Apostelgeschichte zugleicb. 1 

a<pv<D [28, 6]; 2, 2; 16, 26. 
0ia [27, 41]; 5, 26; 21, 35; 24, 7. 
elatdvai [21, 18]; 3, 3; 21,26. 
exntteiv [20, 6]; 15, 39; 18, 18. 

&xtg [27, 20]; 2, 26; 16, 19; 23, 6; 24, 15; 26, 6. 7; 28, 20. 
y SJCLOVW [16, 11; 21, 18]; 7, 26; 20, 15; 23, 11. 
LYMVO.I [27, 7]; 9, 23. 43; 18, 18. 
nvaq [16, 12]; 9, 19; 10, 48; 15, 36; 24, 24. 

xaxsl&ev [16, 12; 20, 15; 21,1; 27,4; 28, 15]; 7,4; 13,21; 14,26. 
[16, 17]; 3, 24; 4, 2; 13, 5. 38; 15, 36; 16, 21; 17, 3. 
13. 23; 26, 23. 

eoeo&ai [2T, 10]; 11, 28; 24, 15. 

[27, 33.34]; 2,46; 24, 25 (an den 3 ersten Stellen 
mit rgofprjc, verbunden). 

vsaviag [20, 9]; 7, 58; 23, 17 (sonst veavl(>xoq). 
za vvv [27, 22]; 4, 29; 5, 38; 17, 30; 20, 32. 
&VI&LV [21, 16; 28, 7]; 10, 6. 18. 23. 32; 17, 20. 
tnl jtlelov [20, 9]; 4, 17; 24, 4. 
yle'/et (oder ahnlich) TO xvsvfia (TO ajiov) [20, 23; 21, 11]; 8, 

29; 10, 19; 11, 12; 13, 2; 28, 25. 

oi yiQeaftv-tsQOi (christliche Beamte) [21, 18]; 11, 30; 14, 23; 15, 
2. 4. 6. 22. 23; 16, 4; 20, 17. 

[21, 5]; 15, 3; 20, 38. 

(von Grott) [16, 10]; 2, 39; 13, 2. 
[16, 10]; 9, 22; 19, 33. 
Es sind also c. 67 Worte bzw. Redensarten, die die 
Wirstiicke mit der Apostelgeschichte gemeinsani haben, 

1] Hier sind alle die ziemlich. zahlreiclien Worfce weggelassen, die 
in den Wirstiicken und der Apostelgeschichte sich ofters finden, in den 
Evv. aber selten vovkomnaen. So steht fiovksoQ-ai in den 4 Evv. zu- 
sanimen nur 6 nial (2 nial bei Lukas); aber in den Act. findet es sich 
14 nial, und zwar 4 nial in der ersten Halfte, 10 inal in der zweiten Halfte 
(darunter Inial in den Wirstiicken: 27, 43). Bei Paulus ist es auch selten. 



Lexikalische Untersuchung des Wir-Berichts. 5t 

wahrend sie in den vier Evangelien fehlen! GrewiS kann 
ein Teil derselben als zufallige Ubereinstimnmng beurteilt wer- 
den; aber mindestens die grofiere Halfte wobei noch die 
Haufigkeit der einzelnen Falle in Anschlag zu bringen ist 
failt als hochst charakteristisch schwer ins Grewicht. 

II. Worte, die sich in den Wirstiicken, in der Apostel- 

geschichte und im Lukasevangelium finden, aber bei 

Mattb., Mark, und Job. fehlen. 



(vom Scbiff) [16,11; 20,13; 21,1.2; 27,4.12.21; 
28, 10. 11]; Luk. 8, 22; Act. 13, 13; 18, 21; 20, 3. 
deiMd-ai [21, 17]; Luk. 8, 40; 9, 11; Act. 2, 41; 18, 27; 24, 3; 
28, 30. 

[27, 20]; Luk. 21, 25; Act. 7, 43. 
aroxov [28, 6]; Luk. 23, 41; Act. 25, 5. 
a%Qtg ov [27, 33]; Luk. 21, 24; Act, 7, 18. * 

[27, 12. 42]; Luk. 7, 30; 23, 51; Act. 2, 23; 4, 28; 5, 38; 
13, 36; 20, 27. 

[27, 43]; Luk. 7, 3; Act. 23, 24 (das Passivum stebt 
nocb 3mal in den Wirstiicken und einmal bei Mattb.). 
diaraGasa&ai [20, 13]; Luk. 3, 13; 17, 9. 10; Act. 7, 44; 18, 2; 

23,31; 24, 23. 

svcoxiov (jtavrcov) [27, 35]; iin Luk.-Ev. 20 mal; in den Act. 
auBer den Wirstiicken 14 mal; svcoxiov jtavrcov nur noch 
Act. 19, 19), allerdings Imal bei Job. 
sgijq [21, 1; 27, 18]; Luk. 1, 11; 9, 37; Act. 25, 17. 
sjri mit Ace. zeitlich [20, 11; 27, 20]; Luk. 4, 25; 10, 35; 18, 4; 
Act. 3, 1; 4, 5; 13, 31; 16, 18; 17, 2; 18, 20; 19, 8. 10. 34. 
ia [16, 16]; Luk. 12, 58; Act, 16, 19; 19, 24. 25. 

&ai rt, nva [16, 10]; Luk. 1, 19; 2, 10; 3, 18; 4, 18. 
43;' 8, 1; 9, 6; 20, 1; Act. 5, 42; 8, 4. 12. 25. 35. 40; 10, 36; 
11, 20; 13, 32; 14, 7. 15. 21; 15, 35; 17, 18. 

[28, 2]; Luk. 2, 9. 38; 4, 39; 10, 40; 20, 1; 21, 34; 
24, 4; Act. 4, 1; 6, 12; 10, 17; 11, 11; 12, 7; 17, 5; 22, 13, 
20; 23, 11. 27 (%>(mog 22, 20 u. [28, 2]). 



1) Es ist betnerkenswerfc, daS. a%Qiq bei Mark. u. Joh. fehlt, bei 
Matth. 1 mal steht (24, 38), bei Luk. aber (Ev. u. Act.) 20 mal, darunter 
in den Wirstiicken 4nial. 

4* 



52 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

qpdqa c. -yiyvea&ai [27, 29. 33. 39]; Luk. 4, 42; Act. 12, 18; 16, 
35; 23, 12. al qpfyai avrai [21, 15]; Luk. 6, 12; 23, 7; 24, 
18; 1, 24; Act. 1, 15; 6, 1; 11, 27; 1, 5; 21, 15; 5, 36; 21, 38; 
3,24. 

[21, 14]; Luk. 14, 4; 23, 56; Act. 11, 18. 
[27, 3; -28, 12]; Luk. 5, 11; Act. 9, 30; 22, 30; 23, 15. 
20. 28. 

[21, 3. 10; 27, 5]; Luk. 4, 31; 9, 37; Act, 8, 5; 9, 32; 
11, 27; 12, 19; 13, 4; 15, 1. 30; 18, 5. 22. 

xglvsiv (im weitern Sinn) [16, 15; 27, 1]; Luk. 7, 43; 12, 57; 
Act. 4, 19; 13, 46; 15, 19; 16, 4; 20, 16; 21, 25; 25, 25; 26, 8. 
ra lalovfisva [16, 14]; Luk. 1, 45; 2, 33; Act. 13, 45; (17, 19). 
laTQevstv [27, 23]; Luk. 1, 74; 2, 37; 4, 8; Act. 7, 7. 42; 24, 14; 

26, 7. 1 

fisv ovv [28, 5]; Luk. 3, 18; Act. 8, 4. 25; 9, 31; 11, 19; 12, 5; 
14, 3; 15, 3. 30; 16, 5; 17, 12. 17; 18, 14; 19, 38; 23, 18. 31;. 
25, 4, 

i? [16, 12]; Luk. 10, 42; Act. 8, 21. 

V [28, 11]; Luk. 1, 24. 26. 36. 56; 4, 25; Act. 7, 20; 18, 11; 
19, 8; 20, 3. 

hg [27, 7. 8. 16]; Luk. 9, 39; Act. 14, 18. 
ofidslv [20, 11]; Luk. 24, 14. 15; Act. 24, 26. 
jtavrcog [28, 4]; Luk. 4, 23; Act. 18, 21; 21, 22. 
nEi&sa&cu [21, 14; 27, 11]: Luk. 16, 31; 20, 6; Act. 5, 36. 37. 40; 

17,4; 23,21; 26,26; 28,24. 
ra JIEQL rivoc, [28, 15]; Luk. 22, 37; 24, 19. 27; Act. 1, 3; 8, 12;. 

18, 25; 19, 8; 23, 11. 15; 24, 10. 22; 28, 23. 31. 
ol xtetovsg (TO Jtletov) [27, 12]; Luk. 7, 43; Act. 19, 32. 

= noiElv [27, 18]; Luk. 5, 33; 13, 22; Act. 1, 1; 20, 24; 
25, 17. 

olLc, zum Stadtnamen gesetzt [16, 14; 27, 8]; Luk. 2, 4; Act. 11, 5. 
' ov xoJlv ([isr* ov jcol2.ag fysQas) [27, 14]; Luk. 15, 13; 
Act. 1, 5. 

[27, 27]; Luk. 9, 41; Act. 16, 20. 

is [27, 21]; Luk. 18, 11. 40; 19, 8; Act. 2, 14; 5, 20; 11, 13; 
17, 22; 25, 18. 

[27, 15]; Luk. 8, 29; Act. 6, 12; 19, 29. 



1) Bei Matth. einmal (4, 10) im Citat (LXX). 



Lexikalische Untersuclmng des Wir-Berichts. 53 

[20, 14]; Luk. 2, 19; 14, 31; Act. 4, 15; 17, 18; 18, 27. 
ftevreq (&e\g) ra yovaxa [21, 5]; Luk. 22, 41; Act. 7, 60; 9, 40; 
20, 36. 1 

[27, 3; 28, 2]; Luk. 20, 35; Act. 19, 11; 24, 3; 26, 22. 
[27, 12. 21. 34; 28, 7]; Luk. 7, 25; 8, 41; 9, 48; 11, 13; 
16, 14. 23; in den Act. c. 22mal auBerhalb der Wirstucke. 
GTQscpsiv [21, 6]; im Luk.-Ev. c. 22mal; Act. 1, 12; 8, 25. 28; 
13, 13. 34; 14, 21; 20, 3; 22, 17; 23, 32. 

[27, 24]; Luk. 7, 21. 42. 43; Act. 3, 14; 25, 11. 16. 
ixavov [27, 9]; Luk. 8, 27; 20, 9; 23, 8; Act. 8, 11; 14, 3. 2 
Diese Gruppe von c. 43 Worten bzw. Redensarten ist noeh 
wichtiger als die vorige; denn hier ist das Luk.-Ev. mitein- 
begriffen. Zugleich erkennt man, dafi die Wirstucke zwar der 
zweiten Halfte der Apostelgescb. etwas naber stehen als der 
ersten, daC sie aber auch mit der ersten eng verbunden sind. 
Mit der ersten Halfte der Apostelgeschichte haben sie c. 67 Worte 
genieinsani, die bei Mattb., Mark, und Job. fehlen, mit der 
zweiten aber c. 88 (von diesen sind 45 identiscb). 

III. Worte, die sich in den Wirstiicken und im Lukas- 
evangelium finden, aber beiMatth., Mark., Job. und in 
der Apostelgescbicbte feblen. 

An die Spitze ist bier eine Beobacbtung ersten Ranges zu 
stellen. In dem ersten Wirstiick c. 27, 35 beifit es: sijcaq (scil. 
o IlavZog) 6s ravra xal laficbv O.QTOV sv^apttfT^tfsv rco -9-6(5 
SVCDJCIOV Jtavrwv xal xlatiaq TJQt-aro eo&ieiv. Das ist eine ab- 
sicbtlicbe Nacbbildung von Luk. 22, 19: xal Zafiav O.QTOV 
sv^aQiOT^Gag exladsv (cf. 24, 30: lafiwv TOV agrov 
xal xlaOac, xr2..] cf. I Kor. 11, 23: sjiafisv agtov xal 
Gac, exlaOsv). Die Meinung von Wellhausen und andern, die 
Verse 22, 19. 20 seien unecht, wird also scbwerlicb baltbar sein. 
Zu eti&ieiv ist nocb zu bemerken, daC es in den Act. nur bier 
steht, wahrend es sich im Luk.-Ev. 12mal findet. 



1) tLQ-evteq ra yovara findet sich. einmal bei Markus (15, 19). 

2) sav [27, 32. 40; 28, 4] steht in den Act. noch fiinfmal, im Ev. 
Luk. zweirnal; fehlt bei Mark. u. Joh. und findet sich bei Matth. nur 
einraal. s&og [28, 17] steht in den Act. noch sechsmal, bei Luk. drei- 
mal; fehlt bei Matth. und Mark. u. findet sich bei Job., einnial; ra. s&rj 
steht nur in den Wirstiicken u. dreimal in den Act. 



54 Cap. 2: Der sog, Wir-Bericht der Apg. 

ava<paiviv [21, 3]; Luk. 19, 11. 
[21, 4]; Luk. 2, 16. 

dxo [21, 1]; Luk. 22, 41. 
[28, 5]; Luk. 9,5. 

oder jrt;(> [28, 2]; Luk. 8, 16; 11, 33; 15, 8; 22, 55. 
tiuaxdvai [27, 28]; Luk. 22, 59; 24, 51. 

(sjiipsZsia) [27, 3]; nur Luk. 10, 34. 35; 15, 8 findet sich sxi- 
(t?.i<j&ai und sjtifis^aiQ. 

[27, 20]; Luk. 1, 7,9. 
g, avtv&erog [27, 12]; Luk. 9, 62; 14, 35. 

[16, 17]; Luk. 23, 55. 
xaxfyeiv [27, 40]; Luk. 4, 42; 8, 15; 14, 9. 

iB, EX xyjg xs<pal7]Q ajtotelrai [27, 34]; Luk. 21, 18. 
[27, 13 bis]; Luk. 11, 31; 12, 55; 13, 29. 1 

[16, 15]; Luk. 24, 29. 
[27, 41]; Luk. 10, 30. 
Jtlsiv [21, 3; 27, 2. 6. 24]; Luk. 8, 23. 

(von Gegenstanden) [28, 3]; Luk. 5, 6. 
vs [27,29]; Luk. 3, 5 2 . 
(iri yopoi (mit Anrede) [27, 24]; Luk. 1, 13. 30; 12, 32. 2 

Diese Gruppe von c. 20 Worten, zusamnien mit der vorigen, 
ist die wichtigste. In den Wirstticken finden si.ch, wie 
man sieht, nichtweniger als c. 63 Wort e bzw. Redensarten, 
die aucb im Lukasevangel. steben, wabrend sie bei 
Mattb., Mark, und Jobannes feblen! 

Es sind also c. 130 Worte (Redensarten) 3 an c. 190 Stellen 
(in den 97 Versen), welcbe die Wirstiicke mit der Apostel- 
gescbicbte oder mit dem Lukas-Bv. oder mit beiden gemeinsam 
baben 4 , die bei Mattb., Mark, und Johannes feblen; d. b. in 
jedem Vers begegnen durcbschnittlicb zwei solcbe 
Worte (Redensarten) in den Wirstiicken. 

Sebr instruktiv ist schliefilicb nocb die Gregenprobe: 
Die Wirstiicke baben mit Acta und 

Luk. > Mattb., Mark. u. Job. 43 Worte 

1) Hier uberall als Wind; bei Matth. einmal (12, 42) (JaG&iGOa vorov. 

2) Docb nur ira LXX-Citat. 

3) Eigennamen u. Zahhvorte sind nattirlich -weggelassen. 

4) Mit der Apostelgeschichte sind c. 67, mit, dem Lukasev. c. 20 und 
sowohl mit diesem wie mit jenem sind c. 43 gemeinsam. 



Lexikalische Unfcersuchung des Wir-Berichts. 55 

Die Wirstucke haben mit Luk. > 

Matfch., Mark., Job. u. Acta 20 Worte (an 23 Stellen) 

63 Worte 
Die Wirstucke haben mit Acta und 

Matth. > Mark., Luk. u. Job. 3 Worte * 

Die Wirstucke baben mit Matth. > 

Mark., Luk., Job. u. Acta 3 2 (an 3 Stellen) 

6 Worte 
Die Wirstucke baben mit Acta und 

Mark. > Matth., Luk. u. Job. 2 Worte 3 

Die Wirstucke baben mit Mark. > 

Matth., Luk., Job. u. Acta 1 4 (an 1 Stelle) 

3 Worte 
Die Wirstucke baben mit Acta und 

Job. > Matth., Mark. u. Luk. 2 Worte 5 

Die Wirstucke baben mit Job. > 

Matth., Mark., Luk. und Acta 2 G (an 2 Stellen) 

4 Worte. 

Aufierdem haben die Wirstucke mit Mark, und Johannes 
gegen Luk., Matth. und Acta noch das Wort aJtoxojtTSiv., mit 
Mattb. und Mark, gegen Luk. und Acta xvpa, und mit Acta und 
den 3 Evv. gegen Lukas GJISIQCC gemein. 

Erwagt man nun noch, daB unter den 63 mit Lukas ge- 
meinsamen Worten 35 verba sind (unter den 110 mit den Acta 
gemeinsamen 55) die verba sind stet-s besonders entscheidend 
unter den 16 mit Matth., Mark, und Job. gemeinsamen dagegen 
nur 2 + 2 + 2 + 1 = 7; erwagt man ferner, daB bier alle die 
zahlreichen Worte und Redensarten fortgelassen sind, die in den 
Wirstticken und in den beiden Werken des Lukas baufig sind, 
wahrend sie bei Matth., Mark, und Job. nur selten vorkommen, 
erwagt man endlich, daft die Constructiouen 7 und zablreiche 



u.fj.a. 

2) dttdvz'rjaig, rt&ccyoq, ovoTQEcpsiv (aber in anderer Bedeutung). 

3) diaylyveod'CCL u. diaksyec&ai. 

4) 7tQv^.va. 

5) diavQlfieiv u. das aktivisohe Medium icia&ai. 

6) a%oivt.ov, ipv%o(;. 

7) Man wird entschuldigen. daB ich auf sie und auf die Constanz in 



56 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

Partikeln gleich sind, die man in jenen Schriften vergebens oder 
fast vergebens sucht (Haufung der Participia, cog temper., el im 
Sinne von sjtei, si mit dem Optativ, (lev ovv, re einen neuen 
Satz anschliefiend, Fortfiihrung der Erzahlung durch einen Re- 
lativsatz, exeZde, tcad-' ov TQOJIOV, cupvco, xaxet&ev, TO, vvv, 
ayjQLc, ov, ejti c. Ace. zeitlich, [toZi,g, ztavrcoq, TO. yregi rivog etc. 
etc.), so ist das Urteil m. E. unumstofilich: Die Wir stuck e 
und die Apostelgeschichte haben einen und denselben 
Verfasser; denn weder an ein zufalliges Zusammentreffen lafit 
sich denken, noch an eine Umarbeitung einer Quelle. Sie miiCte 
ja Zeile fur Zeile urngearbeitet und sprachlich umgegossen sein; 
dabei aber rnufite der Redaktor das ,,Wir" stehen gelassen 
haben ! Aber auch die Hypothese la Gt sich nicht halten, daB die 
.,Wirquelle" den groGten Teil von c. 13; 14; 1628 umfaCt 
hat; denn die Verwandtschaft mit c. 1 12; 15 und dem Lukas- 
Evangelium (die zwar nicht so grofi ist \vie die mit c. 13; 14; 
1628, aber noch groB genug [88:67 ist das Verhaltnis]) bliebe 
unerklart. 1 

Der Beweis ist geliefert 2 ; eine Vergleichung der Wirstiicke 



der Bedeutung der Worfce nicht eingehe, urn diese Untersudmngen nicht 
noch mehx zu beschweren. Sollte aber eine Untersuchung hieriiber noch 
fur notwendig erachtet werden m. E. ist das brutale Gewicht der 
stunipfen Wortstatistik schwer genug , so bin ich bereit zu zeigen, daB 
auch von dieser Seite her nicht Einwiirfe diohen, sondern lediglich Be- 
statigungen winken. Einstweilen mogen die Nachweise geniigen, die ich 
den Anmerkungen zu den Abschnitten aus deni 16. u. 28. Cap. und die 
Klosterniann, a. a. 0., zuni 27. Capitel in Bezug auf die Satzbildungen 
gegeben hat. 

1) DaB sie mit der 2. Halfte der Act. groBer ist als mit der ersten 
und mit dem Lukas-Ev., ist nicht aufi'allend, da sich dort das Stoffliche 
naher steht. 

2) Die inneren Griinde werden sp'ater zur Sprache kommen. Kurz 
sei hier noch skizziert. wie Hawkins den sprachlichen Beweis fur die 
Identitat gefuhrt hat. 1. Im Anfang seiner Arbeit hat er 86 Worte und 
Phrasen fur Matthaus, 37 fur Markus und 140 fur Lukas festgestellt, die 
bei ihnen sehr haufig sind, namlich 841 nial, bzw. 314 mal, bzw. 1435 u. 
1235 mal (letzteres in den Act. ohne Wirstiicke) bei ihnen vorkommen, 
wahrend sie bei den anderen viel seltener sind. In den Wirstiicken kom- 
men nun jene ,,lukanischen" Phrasen an 110 Stellen vor, d. h. genau so 
oft wie im Markusev., obgleich dieses fast siebenmal langer ist. Im 
Matth. komnien sie nur 207 mal vor, obgleich es elfrnal so groB ist wie 



Lexikalische Untersucliung des Wir-Bericlits. 57 

und der iibrigen Teile der Apostelgeschichte rait dem Lexikon 
des Paulas vermag ihn nicht zu erschiittern; denn die Verwandt- 



die Wirstiicke. Anderseits konimen die fur Matth. charakteristischen 
Phrasen in den Wirstucken uur 18 mal vor, die fur Mark, charakteristi- 
schen nur 8 nial welche ein Contrast zu dem 110 inaligen Vorkomnien 
der Lukas-Phrasen! Sieht man aber von der Haufigkeit ab und nirnnit 
nur die Phrasen selbst, so finden sich von den 86 Matth.-Phrasen 10 in 
den Wirstucken, von den 37 Mark.-Phrasen 6, von den 140 Luk.-Phrasen 
aber 43! Also dort kaum Vs (Matth.), bez. Vc (Mark.), hier fast Vs! Mit 
Recht sagt Hawkins (p. 150): ,,Such evidence of unity of authorship, 
drawn from a comparison of the language of the three Synoptic Gospels, 
appears to me irresistible. Is it not utterly improbable that the language 
of the original writer of the ,/We"-Sections should have chanced to have 
so very many more correspondences with the language of the subsequent 
,,compiler" than with that of Matth. or Mark?" 

Sodann stellt Hawkins eine Liste der Worte des ganzen N. T.s 
auf (nicht nur der Evv. und Acta, wie wir oben), die sich nur in den 
Wirstucken und in den Act. finden. Es sind 21 Worte (28 mal in den 
Wirstucken, 46 mal in den tibrigen Capp. der Act.). Ferner eine Liste 
der Worte, die sich nur in den Wirstucken und in dem Luk.-Ev. finden 
(,,with or without the rest of Acts"). Es sind 16 Worte (29 inal in den 
Wirstucken, 25 mal bei Luk., 23 mal in den ubrigen Capp. der Act.). Er 
schliefit diesen Abschnitt, nachdern er noch eine grofie Anzahl von Worten 
(Phrasen) aufgefuhrt hat, die fur die Wirstiicke und die luk. Schriften charak- 
teristisch sind (wahrend sie sich sonst im N. T. selten finden), mit der 
Bemerkung: ,,0n the whole, then, there is an immense balance of internal 
and linguistic evidence in favour of the view that the original writer of 
these sections was the same person as the main author of the Acts and 
of the third Gospel, and, consequently, that the date of those books lies 
within the life-time of a companion of St. Paul." Eine Bestatigung 
dieser Nachweise bietet ungesucht auch Vogel (Charakteristik des Lukas, 
2. AufL, S. 61 68). Er hat Yergleichungen des Wortschatzes des Evan- 
geliums des Lukas u. der Acta angestellt, ohne sichdabei urn die 
Wirstiicke zu kummern. Er hebt hervor: 

I. 57 Worte (an 92 Stellen der Act.), die im N. T. nur noch im 

Luk.-Ev. vorkommen, 
JL 41 Worte (an 85 Stellen der Act.) die im Luk.-Ev., sonst aber 

nur ganz vereinzelt im N. T. vorkommen, 

ITI. 33 Worte (an 50 Stellen der Act.), die far das Luk.-Ev. u. die 
Act. besonders charakteristisch sind. 

Also im Ganzen 131 Worte an 227 Stellen. In den Wirstucken 
finden sich von eben diesen Worten zu I 13 Worte an 14 Stellen, zu II 
5 Worte an 8 Stellen, zu III 4 Worte an 5 Stellen; zusammen also 22 
Worte an 27 Stellen. Da die Wirstiicke ein knappes Zehntel der 



58 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

sell aft mit dem paulinischen Vokabular ist in den Wirstiicken 
nicht grofier, sondern geringer als in den anderen Capiteln der 
Apostelgeschiehte. Ich verzichte daher auf detaillierte Nach- 
weisungen. 1 

Gregen den Beweis der Identitat des Verfassers der Wir- 
stticke niifc dem Verfasser des ganzen Werkes 2 konnen, soviel 
ich sehe, folgende Einwendungen erhoben werden 3 : 1. In den 



Apostelgeschichte umfassen, so wiirde man 12 (13) Worte an 22 Stellen 
ertvarten. Die Wirstiicke stehen also dem Luk.-Ev. lexikalisch 
sogar naher als die tibrigen Teile der Apostelgeschiehte. 
SchlieBlich hat Vogel noch eine Anzahl von 20 ,,Lieblingsausdriicken" 
des Lukas zusammengestellt, die sich in beiden Schriften finden (an -weit 
fiber 100 Stellen in jeder), wahrend sie in den anderen N.Tlichen Schriften 
spaiiich sind. Wieder hat er bei dieser Zusarnnienstellung an die Frage der 
Wirstiicke schlechtlich nicht gedacht, nnd doch stehen von diesen 20 
ausgezeichneten Worten nicht weniger als 12 anch in ihnen! 
Ich bin durch eine Zahlung zu einem noch schlagenderen Ergebnis ge- 
kommen. Das Luk.-Ev. und die Apostelgeschiehte haben ca. 203 ver- 
schiedene Worte (unter ihnen sind ein paar Redensarten) gemeinsam, die bei 
Matth., Mark, und Joh. fehlen; von diesen c. 203 Worten stehen aber 
nicht -weniger als 63 in den Wirstucken (und darunter 20 ausschlieBlich 
in ihnen), obgleich sie nur ein knappes Zehntel der Apostelgeschiehte 
bilden. Nun leugnet niemand die Identitat des Verfassers des Luk.-Ev.s 
mit dem der Apostelgesch. ; aber die lesikalische und sprachliche 
Yerwandtschaft der Wirstiicke mit dern Luk.-Ev. trittdoppelt 
starker hervor als die Verwandtschaft der iibrigen Teile der 
Apostelgesch. mit diesem Evangelium! Wie darf man also 
leugne n, daB der V erf. der Wirstiicke und der Apostelgeschiehte 
identisch sind! In den 480 Versen Act. 1 12 u. 15 stehen ca. 132 
Worte mit Luk. gemeinsam, die sich nicht bei Matth., Mark. u. Joh. fin- 
den, und in den 527 Versen Act. 13; 14; 16 28 ca. 141. Aber in den 
97 Versen der Wirstiicke sind es c. 63, wahrend man nach 
jenen Zahlen nur c. 26 erwartet! 

1) Oben S. 14f. ist das Verhaltnis des Lukas-Ev.s zu Paulus im Ver- 
gleich niit dern der iibrigen Evv. zu ihin (in lexikalischer Hinsicht) zur 
Darstellung gebracht. Um das der Wirstiicke zu dem Apostel zu be- 
leuchten, rnoge der Hinweis geniigen, das von den c. 105 Worten der Wir- 
stiicke, die sieh nicht in der iibrigen Apostelgesch. und im Luk.-Ev. fin- 
den, nur 11 in den paulinischen Briefen vorkommen. 

2) Versuche, zu oftenkundige Ubereinstiinnmngen der Wirstiicke mit 
den iibrigen Partieen des Werks durch die Annahme von Interpolierungen 
zii beseitigen, sind ganz vergeblich; denn man miiBte dann mehr als drei 
Viertel, wenn nicht alle Verse der Wirstiicke fiir interpoliert erklaren. 

3) Von den Einwendungen der hoheren Kritik sehe ich hier noch ab. 



Lexikalische Untersucliung des Wir-Berichts. 59 

Wirstticken seien die cbrccg Zey6 t ueva zahlreicher als in anderen 
Teilen der Apostelgeschiehte, 2. der Verfasser des 3. Evangeliums 
und der Apostelgescliichte habe fur andere Abschnitte seines 
groflen Werkes nachweisbar sehriftliche Quellen benutzt und 
diese in seine eigene Schreibweise umgegossen; also konne das 
auch trotz Allern bei den sog. Wirstiicken der Fall sein. 

Was den ersten Einwurf betrifft, so ist die Zabl der aJtaS, 
Zeyofjsva in den Wirstiicken allerdings sehr groB. Es sind in 
ihnen c. Ill Worte nachweisbar, die sich sonst in der Apostel- 
gesch. und dem Lukas-Ev. nicht finden. Das ist verhaltnismaBig 
viel mehr als in den iibrigen Teilen des Werkes. Es finden 
sich in den 480 Versen der cc. 1 12; 15 z. B. nur 188 Worte, 
die in der Apostelgescliichte und dem Lukas-Ev. fehlen. 1 Nach 
diesem Verhaltnis diirften in den Wirstiicken nur 38 ax. key. 
stehen; es sind aber fast dreimal niehr. Zu demselben Resultate 
gelangt man, wenn man folgende Vergleictmng anstellt: in der 
ganzen Apostelgeschichte sind ca. 657 Worte (ohne die Eigen- 
namen), die im Lukas-Ev. fehlen. Darnach diirften in den Wir- 
stiicken, welche etwa ein Zehntel der Apostelgeschichte bilden, 
etwa 62 solcher Worte sein; es sind aber 162, also 2 ! /2 ma l 
mehr als zu erwarten. 

Aber diese Statistik erweist sich als vollig triigerisch, so- 
bald man auf den Stoff sieht. Das 27. Capitel der Apostel- 
geschichte, welches fast die Halfte der Wirstiicke umfafit (44 Verse), 
und dazu noch einige andere Verse haben einen ganz eigenartigen 
Stoff, der im ganzen Buch keine Parallele hat die Erzahlung 
der Seereisen und des Schiffbruchs. Drei Piinftel der an. ley. 
gehoren dieser Schilderung an 2 , und man hat sich nicht dariiber 

1) Ein kleiner Irrtum muB hier vorbehalten bleiben; icli lioffe aber 
wesentlich. richtig gezalilt zu haben. 

2) Nanilich c. 69. Es sind folgende: ayxvpa, alyial.oq, avnxQv, dvr- 
CHpS-KkftsTv [TM &ve{tw], aTtofiobtf, anozoTtTSLV, a-noQQLTtzeiv, 

oQ-at,, apTe/j.<jJV, aadtevTOt; , KOGOV, aovtla, aairoq, amo'^e 
floll^eiv, [3()a6vnhoeTv, yd/tog, diarvsiv [rov nkovv], dianhelv, 



, speldeiv, evS-vdpOftEtv, evQaxti.&r, ^evxrypia, tyftlcc, a 

vqalov, 



ta, n&.ayoq, ne^LXQax^q \rfjc, Gxdfpijq], TtyddXiov, nXovg, ngoGeav, 



60 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

zu wundern, dafi die Zahl derselben bier so groO ist, sondern 
vielmehr dariiber, daG trotz dieses neuen Stoffs doch Yers 
fur Vers auch in dem 27. Capitel der gewohnte Stil und 
das bekannte Vokabular des Schriftstellers aufs deut- 
lichste ersichtlich ist. 

Zieht man diese termini technici ab, so bleiben folgende cut. /If/. 
indenWirstiicken: avads^sG^-aL, ajtavzrjGig, ajta6JiaCe6&ai, (a(j t u- 
vcoc), avyr}, ot @a.Q@a.Qoi, fiovl^fta, dsoficor^g, devrsQalog, 6ia- 
/?y, diacpsvystv, dvosvTSQia, oi EVTOJIIOL, Egaozl&tv, rfj STZQCC, 



3tQlCUQlV, 

, JtQoc, c. Genit., (JIV&CQV), JtvQa, 



Diese Zabl (39 45) ist im Verhaltnis zur Zahl der an. 
im ganzen Werk nicht inehr zu grofi. Auffallende Singularitaten 
bleibeu allerdings nacb. Dabin rechne icb oi fiaQfiaQOi, ftov- 
r^q, oi kvToztioi, -daoGoq, cpiZav&Qcojtia, sodann 
und GyodQcbc, und von Verben diareteiv, Toi[ico$ %tv, 
, XOQSVVVVCU, jcaQac.Viv, JtaQaTSiViv, %Qri6&ai, endlich 
T^ srsoa und jtgoq c. Grenit. 1 Aber die Zabl dieser Singulari- 
taten ist docb kaum groBer, als uns solcbe in jedem Capitel der 
Apostelgescbicbte begegnen. Es ist daher aussichtslos, auf sie 
die Hypotbese einer besonderen scbriftlicben Quelle zu grunden, 
zumal da eine Stilverscbiedenbeit (Construction und Partikeln) 
zwiscben den Wirstucken und den iibrigen Capiteln der Apostel- 
gescbicbte nicbt bestebt. 

Was die Frage der ,,Quellen" des 3. Evangeliums und der 
Apostelgescbicbte anlangt, so ist das bekanntlicb ein sebr um- 
strittenes Capitel. Allein eine Tatsacbe stebt fest : der dritte Evange- 
list bat das Werk des z weiten ausgeschrieben. Genau drei Viertel des 
Textes des Markus finden sicb bei Lukas wieder, auch fast durcb- 
weg in der Anordnung des Markus. Hier also besitzen wir eine 



vnon7.LV, vnonveeiv, vnorgszeiv, zeiftd&G&ai, ^tb^og, yvzog. Ein paar 
von ihnen, obgleich von Schifi'sangelegenheiten handelnd, seheinen aus 
der ruedicinischen Sprache iiberfcragen zu sein, s. dariiber spater. 

1) So construiert kortnnt jrpog im ganzen N. T. sonsfc nichfc vor. 



Untersuchungen uber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. gj 

umfaugreiche Quelle und konnen das Original und das Plagiat 
neb en einander legen. Mit welchem Ergebnis? Nun trotz 
aller Freiheit, die sich der Verfasser des 3. Evangeliums seiner 
Quelle gegentiber genommen hat 1 , leuchtet ihr Stil, ihre Syntax 
und auch ihr Wortschatz doch noch iiberall hervor (s. die Arbei- 
ten iiber die Synoptiker yon Wernle u. Wellhausen), obgleich 
die Vergleichung dadurch erschwert ist, daC die Gracitat und 
stilistische Art des Markus der des Lukas viel naher steht als 
z. B. die des Paulns oder gar des Johannes. Ich greife zwei 
Abschnitte heraus: 

Mark. 1, 21: xal sio- Luk. 4, 30f.:xf %T- xarrjld-ev] weil Jesus 
jiOQSVovrai etq Ka- TjZ-d-sv siq Ka.tpa.Q- von Nazareth kommt, 
<paQvaov[i. xal ev- vaovfi Jtohiv ryjg auch der Singular 
roig Gaft@a<jtv ralilaiat;. xal i]v war durch das Vor- 
slg xv\v didaOxwv avrovq sv hergehende gefordert. 
ovvaycoyrjv. role, GafipaCiv. xoL r. Fal.] Luk.. 

stetzt keine Kenntnis 
Palastinas bei seiner 

Lesern voraus. svfrve] die Wiederholung dieses Lieb- 
lingsworts des Mark, findet Luk. storend, s. auch 
V. 33. 37. avrovq] Luk. vermeidet hier, 6i6a6%iv 
ohne Object zu lassen. rjv dtdaGxcov] Luk. nimmt 

das aus Mark. 1, 22 
hier auf. 



(22) xal s,Jtlrj6- (^)xals^S3t^.rj60oi>- Stilistische Verein- 

GOVTO sxl T^J 6i- to sill ty 6i6a%ifl fachung; Verbesse- 

6a%f] avrov, rp JO.Q avTov, OTL sv s,ov- rung durch Einfiih- 

didaGxcov avTOvg aia ?jr 6 hoyoc, rung des Begriffs 6 



cog B^ovGiav ^yjmv avrov. 
xal ov% cog oi 



(23) xal sv&vg i]v (33) xal sv ry 6vv- Das unklare avrcov 
sv rf] Gvvaywyq aycoyflfjvav&QWJKx; ist gestrichen, das 

1) Der Text des Markus ist YOU Lukas sprachlicb. im Interesse ernes 
besseren Griecbiscb. erbeblicb. utngearbeitet, auch ist er teilweise com- 
mentiert (glossiert) und nach Ermessen ,,verbessert", endlich ist er ia 
zahlreichen Absclinitten init Fremdem combiniert. 



62 



Cap. 2: Der'sog. Wir-Bericht der Apg. 



V 3ivv t uaTi axa- 



avdQcojtog e%oiv jtvsvfia dai- hebraisierende av 

xal di'EXQa- durcli 8%a)v ersetzt, 
&aQTco, xal avXQa- sv y>o3vy fieya^y das unbestimmte dxa- 

durcli 6cu- 
das matte 
durch 



(24) Ti r^lv %al (34) [I'ct], ri i]yLiv -xal 
Na^a- 6oi, Yr;(Jov Na^a- 



o 



axo- 



; olda 

rig si, o afioc, TOV 68 rig ei, o ayioq, 

&sov. TOV &EOV. 

(25) xal sytTL t uf](jev (35) xal sJtsTi^Gev ditb fiir eg: Ver- 

avrw o 'fyciovg [Zs- O.VTCQ o 'fyoovg Is- besserung. 

ya>v]' <Ptioy&rTLxal cov' <P(ta>&JTi xal 



avrov. 



an avrov. 



(26) xal (jJiaQa^av xal Qityav avrbv TO Fiir das vulgare 6jta- 

avTOV TO xvsvfia Sai^oviov dc, TO {i- Qa^av setzt Luk. Q'L- 

TO axa&aQTOV xal oov s^rjlfrev ax av- tyav, fur <pcov. <pcor. 

fpmvy ^- TOV {irjdlv (ttatyav [isy. das bessere dva- 

sgijl&sv l| avTov. '- xgavy.; der Zusatz t ur]- 

avTov. [stattftg TO fieGov dsv @laty. avT. er- 

wohl urspr. ava- scheint deni Arzt not- 

xQavyaGav re], wendig. 



(27) xal e 



- (36) 



6av 



SOTS 



yovTaq' Ti sdTiv 



xaT e^ovoiav xal 
Tolg JtVV[ia6L Tolg 
axa&aoTOig sjtiTaG- 
GSI, xal vjtaxovov- 



Giv avTj. 



xal sysvsTO 
sxl xav- 
Tag, xal GvvsZalovv 

dllfaovq ).e- 
Tig 6 2.6- 
yoq ovTog, on sv 
s^ovoia xal dvvaftsi 
sxiTaGGsi Totg axa- 
&aQToig 3iv8V[ia6iv 
xal s-()%ovTai,; 



braucht 
Luk. nie, d-aftftog ein 
paar Mai. Das fei- 
nere ajcavTsq steht 
vielleicht zweimal bei 
Mark., bei Luk. findet 
es sich etwa 36 mal. 
GvllaZslv ist pra- 
ciser als GV^TJTSIV. 
s&aftfi. Stirs ist un- 
gelenkund daher cor- 
rigiert. Im Folgen- 



Untersuehungen fiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 



den hat Luk. Einiges 
praciser und klarer 
gestaltet. 

(28) xcd sgTJI&ev 1} (37) '/MI sgejtoQevsTo Man gewahrt, wie 

axoi] avrov ev&vg t]yoc. Jisgl avrov slg vulgar sich Mark, aus- 

Jtavra%ov elq oZiyv Jiavxa TQJIQV xr\q gedrtickt hat, wenn 

tr\v xeg'r/jCDQov rvjg jreQr/^QOv. man die Correcturen 

Fahbaiaq. iiberschlagt. 

Die Quelle 1st, wie man sieht, im Ganzen nur wenig ver- 
andert (doch sind einige specifische Arten und Unarten des 
Markus getilgt); auch hebt sich ihre stilistische Eigenart gegen- 
iiber den Partien, in denen Lukas freier schalten konnte, deut- 
lich ab, da er bekanntlich sich in c. 3ff. moglichst dem schon 
bestehenden Erzahlungstypus der evangelischen Geschichte an- 
geschlossen hat. Man vgl. die 10 einen neuen Satz beginnenden 
xai (ganz nach der Quelle und im Widerspruch zu seinem 
eigenen Stil) *, ferner die Ausdrucke o aytog TOV &sov und 99^- 
die sich sonst bei Lukas nicht finden. 



on 



Mark. 2, 1 : xal slds^- 
&a>v Jtal.iv eiq Ka- 
(pa.Qvaov^.i 6i ?] k us- 
QQ3V rizovo&t] 
ev owo) 86TLV. 
(2) xal 

jtollol &6T8 
xs'rt yjcoQ&v 
to, Jtgbq Trjv&VQav, 



Luk. 5, 17: 

t ULa 



/e- 



VSTO 



sv 



rcov 
xa avrbq 



i]v didadxcov, xal 
i]Gav xafr^usvoi <Pa- 
QLGaioi xal vo t uo<5c- 
datixaloL OL ffiav 
slqlvd-orec; s% xa- 
6i]c, xatftriq rr\c, Fa- 



Dies xal Eysvzro ist, 
obgleich nicht schrift- 
griech., doch luka- 
nisch. Lukas hatdiesen 
Bibelstil absichtlich 
iibernommen. Eine 
Vergleichung ist hier 
sonst nicht moglich; 
nur beachte, daG Teile 



1) tiber die Satzanfaoge bei Lukas liafc Vogel (Cbarakteristik des 
Lukas, 2. Aufl., 1899, S. 32) gehandelt, aber den letzten SchluB nicht 
gezogeu. Vergleicht man mit ihni 100 Satzanfange im Ev. init ebenso- 
vielen aus dera 2. Teil der Acta, so ergibt sicn: 

xal de TB and. Part, ohne Part. 

Ev. 50 36 1 6 7 

Act. 16 51 9 16 8 

Hiernach uberwiegt das xa.1 ini Ev. um das Dreifacne. Zieht man 
aber alle die Falle ab, in denen das xai im Ev. aus Markus stamint, so 
wird das Verhaltnis von xai und 6s in beiden Schriften ein sehr ahnlicbes. 



64 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

xal eZalei avTOlg AiZaiag xal'lovdalag aus Mark. 2, 6 ganz 

TOV %6yov. xal'lEQovGaZrjfi' xal passend hierher ver- 

dvvapic, XVQ'LOV i]v setzt sind und daher 

sig TO laG&at. avTOv. Luk. 5, 21 fehlen. 

[Die Struktur des Lukas hat also die 

Satzes ist wohl in ganze Perikope er- 

der Uberlieferung wogen, bevor er Ein- 

verdorben], zelnes umgestaltete. 

(3) zalEQ%ovTai(p8- (18) xal Idov avtiQec, %al I6ov fehlt bei 

vTOv (peQOVTEc, sxi x?,L- Mark. vollstandig; 

aiQO- vr)g av&QWJiov og bei Luk. stehen xal 

vjcb Tsooa- r\v jzaQalslvftevog, Idov und Idov /() im 

QCOV. xal etflTOvv avxbv Ev. etwa 30mal, in 

(4) xal (IT] 6vva- zl(>VyxZv xal -0-el- den Act. auch ein 
fievoi jtQOGevE-y- vai evcoxtov avrov. Dutzendmal, u. zwar 
xai avrqj 6ia TOV (19) xal firj EVQOV- in c. 1; 5; 8; 9; 10; 
oy^ov aJiEOTsya- TEC, xolag dosvsy- 11; 12; 13; 16; 20; 
Gav ii]v GTEyriv xatoiv avxov 6ta 27 (Wirstiick). cps- 
OJTOV i]v, xal so- TOV o%hov, ava- QOVTEQ\ solche sub- 

LT:bv ftavTEg sxl TO 6<x>[ia jektlose Verba liebt 
OJTOV o 6ia TCOV xEQafiwv Luk. nicht u. schiebt 
jtaoaZvTixbg xaTe- xa&rjxav avTOV Gvv ein Subjekt (avdQi-g) 
XSITO. TW xhividiq) Eig TO ein, ebenso ein Subst. 

LLEGOV EfMcQoa&EV als Objekt (av&Qoi- 
TOV 'iqGov. xov\ jtaQalsL] so 

immer fiir jraQalvn- 
xog, das vulgar ist. 

In v. 18 u. 19 hat Luk. den Text fast ganz umge- 
schrieben (den Grund dafiir hat Wellhausen vielleicht 
richtig gesehen); die "Dbereinstimmungen, die stehen 

geblieben sind, sind 
gesperrfc gedruckt. 

(5) xal Idcov o ('20) xal idwv TTJV o 'frjOovg als iiber- 
'itjGovg TI]V ziiGTLV JiiGxiv avToiv ELJtsv ' fliissig getilgt, ebenso 
avTotv Mysi TCQ Jta- "Av&Qmns, acpscov- TCQ JiaQaZvTixm. TE- 
Qa)*VTix(p ' TEXVOV, Tai GOL al aftaoTiai xvov schien wohl zu 
a<piVTalGovala[iaQ- Gov. familiar. Die flinzu- 
Tiai. fiigung "des GOL ist 



Untersuchungen fiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 55 



(6) r\6av 6s riveg 



svrcug 
%a()6iaig avrcov 
(7) ri ovrog ovroog 






o 



rig dvvarai 

si ,?} slg 



geschoben 



(8) xal svtf-vg sjtt- 
yvovq, 6 'irjtiovq rat 



avrov on 



OVTOJQ 6ialoyiC>ov- 
xai kv zavtoig 
avrolg' XL 



rale, 



(9) TI kdriv tvxo- 



ixcp ' acpisv- 
rai 6ov at afiaoriai, 
t] slxslv sysios xai 
O.QOV rov %Qa(3ar- 



TOV 6ov y.a 



schwer erklarbar (s. 
auch v. 23). 

S. die Bemerkung zu 
ol ygap- v. 17. sv r. xaod. 
xal ol <PaQi- 1st tier weggelassen, 
6aloL Zsyovrsq' rig weil es v. 8 = v. 22 
s6nv ovrog og Za- noch einmal steiit. 
^.gf @l.a6<priniaQ\ rig Die gehackten Satze 
dvvaraL apaQriaq sind verschmolzen ; 
a<pslvai si fir] [lovoc, das nachlassig ge- 
6 -O-eog; brauchte sig 1st in 

das richtigere fiovog 
verwandelt. Am An- 
fang ist r}Q,avro ein- 

(gegen den eigenen Stil des Lukas, aber mit 

dem Bibelstil, den er 
nacb.ab.mt). 

(22) exiyvovg 6s 6 xal sv&vg gestrichen 
3 Iq<jovg rovq dialo- (s. o.), ebenso T. Jtpsv t u. 

avrwv ajto- avr. als ganz iiber- 
EiJtsv JtQoq fliissig; fiir den Ob- 
avTovg' ri 6ia2.oyi- jektssatz ist das kiir- 
s6&s ev ralq xaQ- zere Substantiy ein- 
diaiq v k ua>i>; gesetzt; axoxQi&sig 

(feierlich) ist nach Ge- 
wobnbeit des Luk. 
eingescboben; das un- 
geschickte ravra ist 
gestrichen. 

(23) ri s6nv svxo- rm JtaoaZvr. alsuber- 
JIGOTSQOV , sijistv fliissig gestrichen, 
acpscovrai oot al ebenso xtu O.Q. r. xQaft. 

6ov , 1} 6ov. Das Wort Jesu 
sysiQS ycal wird durch die Kiirze 
energischer;aufierdeni 
stehen die Worte ja 
im folgenden Vers, 
wo sie passender sind. 



H a r n a c t , Lukas. 



66 Cap. 2: Der sog, Wir-Bericht der Apg. 

(10. 11) ivads el6?]Ts (24) tva 6s dd'fjrs Yoranstellung des 
OIL et-ovGiav e%L 6 on 6 vibe, TOV av- Subjekts, wie so oft 
vibg TOV av&Qoojcov &QCOXOV sgovGiav bei Luk. AmScklufi 
sjtl Ttjg yijq acpis- %i sjtl trie, y?Jg Participialconstr., wie 
vat afiaQTLag., ley si acpievat a{iaQTiaq, so oft. xgaftaTTOV 
' ool zijisv TCQ 3zaQa%%.v- vermeidet Luk. ini Ev. 
agov [ivor Got .^e'yco, als vulgar. Auch 
TOV y.QaftaTTOV Oov eyeige xal aQaq TO vziaye liebt er uiclit; 
xal vitals sic TOV %hvi6t6v Gov jco~ in den Act. fehlt es 
oixov Gov. QSVOV tg TOV oi- ganz, im Ev. steht es 

xov 6ov. selten, wakrend es 

sicli bei Matfcli. 20 mal 
und bei Mark. 1 5 mal 
findet. 

Auch hier siud die Haufungen des y.al in den Satzanfangen 
fiir jeden aufmerksamen Leser der Apostelgeschichte eiu deut- 
licher Beweis ; dafi ihr Verfasser einer Quelle folgt und nicht 
selbst redet. Sonst ist in der Erzahlung im einzelnen (im Stil) 
soviel verandert und geglattet, dali man die besondere Art der 
Quelle nicht sofort erkennt; aber die breite Erzahlung erleich- 
terte die Durchfiihrung der Absicht stilistischer Correcturen. 
Insofern ist die Perikope mit den knappen ..Wirstiicken" der 
Apostelgeschichte kaum vergleichbar; aber dennoch wird wohl 
jedem klar sein, daC der Autor^ welcher Luk. 1, 1 ff. oder die 
Wirstiieke oder die Rede auf dem Areopag geschrieben hat, 
c. 5,17 24 so nicht geschrieben katte, wenn er nicht einer Quelle 
gefolgt ware. 

Sehr lehrreich ist, und an Dutzenden von Stellen zu belegen, 
dafi Lukas bei seinen Correcturen und Umforniungen des Mar- 
kustextes den Bibelstil bzw. den Stil des Markus zu kopieren 
sich bemiibt. Er setzt nach Kraften einen Lappen ahnlichen 
Zeugs auf die Risse. 

AuBer dem Markus laGt sich noch eine zweite Quelle fur 
das 3. Evangelium (aus den mit Matth. sich sachlich deckenden 
Abschuitten) ausschalen. Sie laBt sich zwar weder ihrem Um- 
fange uoch ihrem Wortlaut nach mit Sicherheit ermitteln, 
aber fiir eine Anzahl von Abschnitten ist sie dock ganz evident 
und fafibar. Wie hat Lukas diese Quelle es sind hauptsach- 
lich Herrn-Worte und -Gesprache benutzt? 



Untersucbungen iiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 57 

(Matth. 7, 3) TL 6s (Luk. 6, 41) TL 6s Fast alle Abweichun- 

@)Jjtsiq TO xdgcpog (ttsxeLg TO xdoqtog gen des Luk. voa 

TO sv TCO ocp&al{icQ TO sv T<5 ocp&aZficp Matth. hier sind ein- 

TOV d6slcpov 6ov, TOV d6slcpov GOV, leuchtendestilistische 

6s sv TCQ Goo Tr\v 6s 6oxov Trjv sv Verbesserungen. 

doKOV ov T& Idioo 

ov xctTavoslq; 

(4) rj Jtcoc, SQSIC; TW (42) Jtcog 
a6eZ(pq}<jOV'a<peqf-x- HysiV TCQ 

fiasco TO xaQcpog s% Gov' d6sZcps, acpsgex- 

TOV 0(p&a7[iov dov, fiasco TO xaocpog TO 

xai I6ov i] 6oxoq sv sv TCO ocp&-al t ucp GOV, 

TCQ ocp&alficp Gov, avToq T^V sv TCO 

(5) vjioxoiTa, sxftate ocpd-aZftcp 6ov 6oxov 

JTOCQTOV SX TOV 0- OV fiksJlCOV, VJEOXOl- 

cp&alfiov GOV T-TJV TO., %@a2.s JZQCOTOV 

6oxov, yMiTOTsdia- TTJV 6oxov s% TOV 

ex(3a2.elv TO ocp&aZfiov Gov, xal 

sx TOV 6- TOTS diafilMpsiq TO 

cp&alfiov TOV d~ xctQyioq TO sv TCO 

6slcpov Gov. 6g>-d-a2.icp TOV ddsh- 

cpov Gov sxftaZslv. 

Das dcpisvai kommt in den Act. nur zweimal vor (c. 5, 38 
ist wohl saGaTs zu lesen) und 1st also als ein Wort zu be- 
trachten, welches im Ev., wo es haufig steht, in der Regel aus 
den Quellen geflossen ist. Auch sxfiaM.Siv TO xagcpog hatte Luk. 
schwerlich geschrieben, wenn er es nicht in einer Vorlage fand. 
'FjtoxQiT-rjg ist ebenfalls den Act. ganz fremd, und das sehr auf- 
fallende diafiksjtsiv findet sich im Ev. u. den Act. niemals 
wieder. Auch ohne daK Matth. vorhanden ware, wurde man also 
hier auf eine schriftliche Quelle schliefien. 

Verglichen sei noch ein zweites Stuck: 

(Matth. 8, 8) dxoxQi- (Luk. 7, 6) o sxaTov- Das ,w/} GxvM.ov wie 

&slg 6s 6 sxaTOVTctQ- TaQ%i]g )Jycov avTco' Mark. 5, 35 = Luk. 

Xogsyirj' XVQIS, ovx XVQIS, t ut] Gxvllov 8, 49. 

slfil Ixavog iva fiov ov yao ixavog 

vxb TTJV GT&yriv sic- Iva V3tb TT]V 

tfc,' dlla fiovov fiov 



Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 



eljts loyco, xal lady- (7) aMa sixs loycp, 
osxca 6 Jtalg [iov. xal la^r]T(D o 



(9) xal JO.Q e/c? av- (8) xal jaQ &y<b av- raGGopsvog] Verbes- 
d-Qcojtog sl t ui vxo &QG)Jc6(; slfii vjto serung des Stils. 
k^ovoiav, e%cov vx e- s^ovGiav 



orQaTLCoraq, voq, ^ycov vjt sfiav- 



xai Zsyco TOVTOJ' JCQ- rov OTQaTLcotaq, xal 

QV&7]Tl, Xal JlOQSV- hsyCfl TO Vrcp ' JtOQSV- 

srai, xai aJLlcp' 



y.al TCQ 8ovl*(p fiov' SQxerai, xal rep 
3ioi?]<jov TOVTO, xal dovkcp t uov' JIO'LTJGOV 

TOVTO, xal Jtotsl. 



(10) axovtiag 6s 6 (tydxovGagdsTavra Die Einschiebung der 
'fyoovq e&avftaaev o ItjGovq s&av[ia6ev Objekte ist lukanisch. 
xaleixevTolqdxo2o> avrov xal Grgacpelc; Das GrQacpeig fehlt 
ftovGiv dfiqv l.tym rq> dxolo&ovvTi av- bei Matth. u. Mark.; 
V'lilv, JIO.Q ovdsvl TCO o%lq> stjzsv Izyo) beiLuk. findet es sich 
TOOavTijp jt'iGTiv Iv vfilv, ovds kv rw im Ev. achtmal (und 
TCO 3 /<jp?}2 EVQOV. 'iGQafaTOGavTtiv JCL- Ahnliches noch of- 

GTLV 8VQOV. ters). Das fremde 

ist auch sonst von Luk. getilgt. ovds. Iv T. 
. ist einfacher, wirksamer und besseres Griechisch. 



Die von Lukas vorgenomraenen Yerbesserungen haben die 
Besonderheiten der Quelle doch nicht verwischt. 'ixavbg tva 
sagt Lukas in den Act. niemals, und auch in dem Ev. steht 
(3, 16) nur ixavbc, Ivtiai. EloQ%(>&ai vjto findet sich in dem 
Ev. und den Act. sonst nirgends, obgleich sldsQ^so&ai. c. 86mal 
gebraucht wird. Auch sijtslv mit dem Dativ ^.070? ist Lukas 
fremd, desgleichen vjto e^ovolav. Kal JO.Q kommt in den Act. 
nur einmal vor (c. 19, 40); in dem Ev. ist es, weil den Quellen 
entnommen, haufiger. 

Einer Vergleichung weiterer Herrnworte, die Luk. und Matth. 
gemeinsam sind. bedarf es nicht. Wernle (a. a. 0. S. 81) hat 
richtig gesehen, daB alle Veranderungen in bezug auf einen 



Untersuchungen ubev die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. (39 

bestimmten, ziemlicb groBen Complex von Herrnworten l bei 
Luk. nur ganz leicbter Art sind und weniger besagen als die 
Treue, mit der sie im ganzen wiedergegeben sind 2 . Ebendes- 
halb ist auch der Sprachcharakter bewahrt: daft bier eine scbrift- 
licbe Quelle zugrunde liegt, kann niemand verkennen. 

Aber sagt man mag aucb in dem Evangeb'um 
(c. 3 24) der Spracbcbarakter der benutzten Quellen deutlich 
gewabrt sein, so liegen doch Ev. c. 1 u. 2 und Apostelgescb. 
1 12. 15 sicher scbriftliehe Quellen zugrunde, trotzdem sei 
aber der Stil dieser Capp. und ihr Wortscbatz ganz und gar 
lukanisch; also konne aucb den Wirstiicken trotz ibrer luka- 
niscben Haltung eine schriftlicbe Quelle zugrunde liegen. 
Untersucben wir zuerst Luk. 1 u. 2. Icb stelle das Ergebnis 
voran: 

Der den cc. 1 u. 2 des Evangeliums eigentiimlicbe Wort- 
scbatz, Spracbcharakter und Stil ist so total lukaniscb, daB trotz 
allem, was man vermutet bat, die Annabme einer griecbiscben 
Quelle unmoglicb ist; denn es bliebe fast nicbts fiir sie iibrig. 
Es gibt daher nur die doppelte Moglicbkeit: entweder bat Luk. 
bier eine aramaiscbe Quelle iibersetzt oder er besaC fiir diesen 
Stoff iiberbaupt keine schriftlicbe Quelle, sondern folgte miind- 
licben Bericbten, die er ganz frei gestaltet bat. Docb sind die 
beiden Annabmen nicbt gleicb wabrscbeinlicb; denn nur die 
zweite lafit sicb obne Scbwierigkeiten durcbfiibren, die erste ist 
von solcben in bobem Malta gedriickt. Mindestens die beiden 
grofien Psalmen in Luk. 1. 2 sind ibm nicbt iiberliefert (weder 
griecbiscb nocb aramaiscb), sondern von ihm selbst komponiert. 

Icb untersucbe c. 1, 5 15: 

(5) eyevero sv Wie cbarakteristiscb das eysvsxo fiir den 

raigtffisQaig'HQop- Stil des Luk. ist, ist bekannt. Mattb. 

<5"ov ^aoilscog trie, scbreibt ev qfisQcuq 'ffQcodov, Luk. aber setzt 

'lovdaiac, IsQsvg bier u. 4, 25 (ev raig ^(iiQaic, 'Httov) u. 17, 

ovopaxi Za- 26 (1^ talc, r^isQ. Na>s) u. 17, 28 (sv ralq 



1) Bei anderen steht es allerdings anders, aber ob diese derselben 
Quelle entstammen ist mir zweifelhaft. Ich vemiute, z. T. auf die Nach- 
weisungen Wellhausens hin, daB Luk. auch eine araniaische Quelle 
besessen, die er selbst iibersetzt hat. 

2) Vgl. auch Vogel, a. a. 0. S. 38. 



70 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

/ragtag l equals- rjfi. ACOT} u. Act. 7, 45 (SCDQ TWV r^i. Aaveid) 

oiag 'Aftia, xal den. Artikel. iOvg Tig 6v6[iaTi] so hat 

yvvrj am) EX Luk. im Ev. u. den Act. ein dutzendrnal sti- 

TCOV &vyaTQCQV lisiert und nur er. -O-vyareQcov 'Aagcov wie 

*AaQcav, xal TO -frvyaTSQa *A@Qaa[ (13, 16), ohne Artikel. Zur 

ovofia avTrjc 'Eli,- Stilisierung vgl. Act. 18, 2: SVQCOV Tiva 'lov- 

oaftsT. dalov ovofian 'Axvlav . . . xal UQiGxiHav 

yvvalxa avTOv. 

(6) i]6v.v 6s 61- aficpOTEQOi fehlt bei Mark. u. Job., steht 

xatoi aficpoTS- bei Luk. 9mal (bei Mattb. 3mal). evavxlov 

QOL evavriov TOV u. evavn finden sich im N. T. nur bei Luk. 

&sov,xoQv6(tevoi (6mal), s. Ev. 20,26; 24, 19; Act. 7, 10; 8, 21; 

kv jia.6a.ic, Taig 8, 32. 3iOQevG&at ist ein von Luk. bevor- 

h'ToZalg xal 6t- zugtes Wort. dixaiaifta und afisfUtTog 

xaicoftatitvTOvxv- finden sicb in den Evaugelien nicht (s. aber 

QLOV afJSfiJtToi. Paulus). 



(7) xal ovx rjv xa&OTi kommt im N. T. nur bei Luk. vor, 

avTOlgrExvov,xa- s. 19, 9; Act. 2, 24; 2, 45; 4, 35; 17, 31 (hier 

i]v TI 'Eli- in der Rede zu Atben, die sicber von Luk. 

c>Tloa, xal selbst komponiert ist). 17, 24: kv T 

JCQO- aVTOV, S. Z. V. 5. 



V TttlC, 



rfiav. 

(8. 9) yVTo $ jVTO sv TO) . . . %)M%S . . . ElGeh&CQV ist 

kv TCQ iQaTViv im N. T. eine spezifisch lukaniscbe, aber auf 

avTOV v T^I Ta,i das Evangelium bescbrankte Konstraktion. 

TTJC, ecptjftegiac; av- Tiber evavTi s. z. v. 6 (ausscbliefilicb lukanisch). 

TOV wavTi TOV '/MTa TO &og ist ebenfalls ausscblieBlich 

,xaTaTO&og lukanisch, s. 2, 42 u. 22, 39; aber auch das 

iQaTiag e- Wort e&og findet sich bei Luk. im ganzen 

la% TOV frvfu doai lOmal, sonst nur noch Job. 19,40 u. Hebr. 

lol-&-(bv do, TOV 10, 25. Auch xaTa TO dcoftoq findet sich nur 

vaov TOV XVQIOV. bei Luk. (4, 16 u. Act. 17, 2) u. xaTa TO 

id-i6(ivov nur Luk. 2, 27. 

(10) xal jtav TO i]v jrQoOv^6 t usvov] eine bekanntlich von 

i]v TOV Luk. bevorzugte Konstruktion ; die in man- 



Untersuclmngen iiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 71 



JtQo6v%6[t- chen Capiteln 5 mal vorkommt. jtl 
vov figco T# woa bei Luk. 25 mal, sonst in den Evv. nur 2 mal 
TOV &V(iLa{iazoQ. bei Markus und 2 mal bei Joh. oiav (aotav) 

r. jclrj&og bei Luk. 8, 37; 19, 37; 23, 1; Act. 
6,5; 15, 12; 25, 24. nMi&oq TOV laov] 
Diese charakteristiscbe Verbindung auch Ev. 
6, 17 (nlfj&oq Jtolv TOV laov), 23, 27 (jtolv 
jtlfj&oq TOV laov), Act. 21, 36 (TO jtZi 
TOV ?MOV), sonst nirgends. 



(1 1) axp&t] 6s coy&t} steht bei Mattb. u. Mark, je ein- 
w ayysloc, xv- nial ; bei Luk. (Bv. u. Akt.) 13 mal. Der 
Q'LOV BGTCOQ sx 6s- //^og xvoiov findet sich aucn in den Act., 
gimv TOV -0-voia- s. 5, 19; 7, 30; 8, 26; 12, 7. 23; 27, 23. Bei 
6Tt]Qiov TOV -Ov- Mark. u. Joh. fehlt er; bei Matth. findet er 
faa t uaToq. sich am Anfang und am Schlufi des Buchss. 

Er ist also fast eine Specialitat des Lukas 
und wird mitten in glaubhafter Geschichte 
aufgeboten. 

(12) xal era- sTaQa^vj I6cov lukanisch. y>6@oq EJtejt. 

Qay^Tj ZaxaQiaq ssi CIVTOV] so nur noch Act. 19, 17: sxe- 

I6cov, xal 9oo/3os jcs6s (pofioc, sjtl jtavTaq. Auch 

sjtEJtso'EV sjt av~ sjil findet sich nur bei Luk. 
rov. 



(13) SIJTSV 6s sijzsv 6s und sijtsv XQoq sehr haufig bei 
jtQog avTOV 6 ay- Luk.; letzteres ist geradezu ein Charakteristi- 
/e^oe* fitj yiopov, kum seines Stils, und eljiev 6s braucht er 
Zay_a.Qia, 616x1 offcers, wo man statt dessen xai erwartet. 
rj rj 6s- fj,7j (po(3ov steht bei Matth. nie, bei Mark. 
6ov, xal rf einmal, bei Luk. 7nial, s. 1, 30; 2, 10; 8, 50; 
r) dov 'EliGa- 12, 32; Act. 18, 9; 27, 24 (Wirstiick!). DaB 
/?T yvwf]6si viov der Name des Angeredeten hinzugesetzt wird, 
OOL, xal xalsdsiq ist ausschliefilich lukanisch, s. 1, 30; 12, 32; 
TO ovo t ua amov Act. 27, 24. 6ioTi kommt im N. T. nur 

bei Luk. vor, s. 2, 7; 21, 28; Act. (10, 20); 
(17, 31); 18, 10 (zweimal); 22, 18. slOTj- 
xovo&T] kommt von Grebeten nur noch Act. 
10^ 31 vor: slGf]zovo&i] 6ov r) CIQOGSVX^ 
(sonst findet es sich in den Evv. nur einmal 



72 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 



noch, Matth. 6, 7). der^Giq fehlt bei Matth., 
Mark. ; Job., s. aber Lukas 2, 37; 5, 33; 
Act. 1, 14 (nicht sicher). kyivvr\QBV findet 
sicb, von der Mutter gesagt, nur noch Luk. 
1, 35. 57 u. 23, 29: tcoiZiat at ovx eyevvT]- 
6av. 6ov . . . ooi] wie Luk. 5, 20. 23. 

(14) xal etirai aycdllaOig fehlt beiMatth., Mark., Job., aber 
%aQa<joixalayal- s. Luk. 1, 44; Act. 2, 46; ayaHLav viermal 
xal jtoZ- bei Luk. (darunter Act. 16, 34), fehlt bei 
8Jtl T% ysvs- Mark., steht einmal bei Matth. laigziv 
avrov xaoT}- sjcl findet sich auch c. 13, 17 u. Act. 15, 31 
(einrnal bei Matth.). 



(15) serai. yaQ ftfya?] vgl. Act. 8, 9: sivai tiva eavrbv 
evcojiLOv [isyav. svcojuov] fehlt bei Matth. u. Mark., 
XVQIOV, xal olvov findet sich einmal bei Joh., steht bei Luk. 
xal dlxsQa ov [if] c. 36 mal, darunter auch einmal in den ,,Wir- 
jiiy, xal zivevfia- stiicken" (27, 35: SVGOJIIQV Jiavrcov, genau 
Toqayiovnl'r]6&7]- so Act. 19, 9). ov [ir[\ kommt, wie .hier, in 
as rat STL ex xoi- den Act. ausschlieClich in LXX-Citaten vor. 
Hag jLiijTobq av- 3cVV[i. ay. nto]^. ist ausschlieClich luka- 
rov. nisch, s. 1, 41; 1, 67; Act. 4, 8; 4, 31; 9, 17; 

13, 9 (jilqd&TJvai, bei Luk. 22 mal, bei Mark. 
und Joh. niemals, bei Matth. Imal; xvevfta 
ayiov bei Luk. ca. 53 mal, bei den iibrigen 
selten). ex xoiZ. ^TJTQ. findet sich bei Matth. 
einmal, bei Mark. u. Joh. nie, bei Luk. 3 mal 
(s. Act. 3, 2; 14, 8). 

Ich brauche nach diesen Beraerkungen wohl nicht erst nach- 
zuweisen, daC Lukas hier nicht eine griechische Quelle ab- 
geschrieben, sondern daC er entweder iibersetzt oder ganz frei 
miindliche Kunde schriftstellerisch gestaltet hat. Letzteres ist, 
wie jeder aufmerksam Priifende zugestehen wird, wahrschein- 
licher. 

In meiner Abhandlung uber das Magnifikat der Elisabet 
(Sitzungsber. 1900, 17. Mai) habe ich aber bereits nach derselben 
Methode und ausfiihrlich gezeigt, daB er auch fur c. 1, 39 56; 
1, 6879; 2, 1520; 2, 4152, die Vers fur Vers seinen Stil 



Untersuchungen liber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 73 

und sein Vokabular zeigen, keine griecbiscbe Quelle ausgeschrie- 
ben haben kann, specie]! aber fur die beiden Lobgesange dar- 
getan, da6 mindestens hier aueb die Moglicbkeit einer aramaischen 
Quelle wegfallt, vielmehr Alles abgeseben von der entscbei- 
denden Unterlage, welche zahlreiche alttestamentliche Yerse der 
Septuaginta botea von Lukas selbst gescbaffen ist. 1 Da dies 
nun an 59 Versen von 128 nachgewiesen ist, so darf man mit 
Fug das gewonnene Ergebnis auf die ganze Vorgescbichte des 
Lukas (c. 1 u. 2) ausdehnen: die Annahme einer griechiscben 
Quelle ist unmoglich 2 und die Annabme einer aramaiscben wobl 
moglich, aber nicbt wabrscbeinlicb, weil durch keine sicbefen 
Beobacbtungen nahegelegt. 3 Es ist wie in den Wirstiicken : der 

1) Iin Anhang II babe ich diesen Nachweis in noch ausgefiihrterer 
Form wiederholt. 

2) Man darf nicht einwenden, daB die Stucke, welche Lukas aus 
Markus iibernommen hat, von ihni so sehr in seinen eigenen Stil einge- 
taucht sind, daB die Quelle kaum noch hervortritt, daB also auch den 
Abschnitten c. 1 u. 2 eine Quelle zu Grunde liegen konne. Die Verhalt- 
nisse liegen doch ganz verschieden. Der eigentliche Markustext schim- 
niert noch deutlich durch, wahrend in c. 1 u. 2 nichts durchschimmert. 
Die in diesen Capiteln etwas haufigeren aita% l.sydfteva erklaren sich 
samintlich aus der LXX, mit Ausnahrue von nsQia^vitTeLv 1, 27, -wozu zu 
notieren, daB sich in den Evv. und Act. auch neQiaigetv, nsQLaoxQa.nrs.iv, 



v, neQi[j,eviv,TtQioi.%elv, 

o&cu, iiGQLQQYiyvvvai, nsQiOTtaoQ-ca, TtSQiTQeneiv finden, die in den anderen 
Evv. fehlen. Die erste Halfte des Lobgesangs des Zacharias ist, wie 
ich a. a. 0. gezeigt habe, trotz des Parallelismus niembrorum eine regel- 
recht gebaute, umfangreiche, griechische Periode und zeigt in dieser 
Koniposition zweier ganz verschiedener Stilgattungen sowie in den kon- 
stanten Versschliissen (amov-ilfj-iav) eine noch groBere stilistische Kunst 
als der Prolog. 

3) Also ruhen diese Abschnitte wahrscheinlich auf miindlicher Uber- 
lieferung und freier Gestaltung. Naher auf die Frage einzugehen, ob Luk. in 
c.lu 2 eine aramaische Quelle benutzt (so z. B. Resch) oder aufmiindlichen 
Nachrichten fuBt, darf ich mir versagen, da die Entscheidung fur die 
Kritik der Wirstiicke nichts austragt. Fiir diese hat nur die Frage ein 
Interesse, ob der Erzahlung Luk 1. 2 eine griechische Quelle zu Grande 
liegt. Erwahnt sei ubrigens noch, daB sich in Luk. 1, 52, 52 nicht 
weniger als 25 Worte finden, die weder in den iibrigen Capiteln des Lukas 
noch bei Matth., Mark, und Job.., wohl aber in der Apostelgeschichte 
vorkommen, n'amlich die Yerba avsvQiGxeiv, avrdaftpdveG&ai, diaxi]- 
, emfeiv, sTtupaivsiv, neQLt.anneiv, nQOTtopsveotyca und dazu ayaM.ia- 



74 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

Stil und der Sprachcharakter des Schriftstellers tritt so unver- 
kennbar hervor und bestirnint so sehr bis aufs Kleinste Alles, 
daC eine griechisclie Quelle ausgeschlossen ist. 1 

Und doch ist es zugleich ganz anders als in den Wirstiicken; 
denn die Erzahlung in c. 1 u. 2 ist, sprachlich betrachtet, ein 
Produkt des Bibel(Septuaginta) - Griechisch rait dem eigenen 
Griechisch des Verfassers. Jenes Element aber fehlt den ., Wir- 
stiicken" (und liberhaupt dem 2. Teile der Acta) in hohem MaCe. 
Sprachlich betrachtet und es wird nicht viele Schriftsteller 
geben, die so sichere sprachliche Unterscheidungen zulassen wie 
Lukas zeigt das Evangelium folgende Elemente: 1. den mit 
leiser Hand korrigierten Sprachtypus einer groBen Gruppe (nicht 
aller!) iibeiiieferter Herrnworte und Reden [er liest sich wie eine 
Ubersetzung aus dem Aramaischen und ist es auch; aber die 
Ubersetzung ist nicht von Lukas]; 2. die star}*: (sprachlich und 
z. T. auch dem Gedanken nach) korrigierten, leicht biblisch 
(LXX) gefarbten Erzahlungen vornehmlich des Markus 2 [sie lesen 
sich, dank der Korrekturen, z. T. wie der eigene Text des Schrift- 
stellers; aber die fremde Grundlage schimmert doch an sehr 
vielen Stellen noch ganz deutlich durch, und in einigen Korrek- 
turen ist der evangelische Erzahlungsstil des Markus nachge- 
ahmt]; 3. die Legendengeschichte in c. 1 u. 2 und in einigen 
anderen Partien in einem Stil und Erzahlungscharakter, der dern 



aiq, c'.7tet.Q"fjc, aitoyQacpri, ^Qayjwv, dsonor^c, Soy/tec, tiovty, Swdor^q, SV 

xQaroq, TO. hcchovfieva, nazgid, GTcl.ayytya, Guyana, ovyyeveta, xa- 
sowie STtznsos <po(log snl. Da sich im Luk.-Ev. und in den Acta 

ini ganzen c. 203 Worte finden, die bei Matth., Mark. u. Joh. fehlen, so ist 

die Zahl von 25 mehr als was man fiir die Capp. 1 und 2 erwartet, d. h. 

lexikalisch sind die Capp. 1 u. 2 niindestens ebenso niit den Acta ver- 

wandt, wie das iibrige Evangelium. 

1) Wellhausen behauptet, daB Luk. 2 ohne Riicksicht auf c. 1 
coiicipiert sei. Daraus miiBte man auf eine oder zwei schriftliche Quellen 
schlieBen. Allein ich kann die Wiederholungen in c. 2 (v. 4. 5) auf 
sie allein kann sich, soviel ich. sehe, die Behauptung stiitzen nicht so 
beurfceilen. Die Wiederholung erklart sich m. E. leicht aus der Bedeu- 
tung der Angaben. Und jener Hypothese steht eine vollige Grleichartig- 
keit der Erzahlung und ein trefflicher Forfcschritt von c. 1, 52, 52 ent- 
gegen. 

2) Dazu 'komtnt noch manches andere, ahnlich Behandelte (auch 
Herrnworte). 



Untersuchungen fiber die Art der Quellenbemitzung bei Lukas. 75 

Septuaginta-Griechisch kunstvoll und gliicklich nachgebildet ist, 
aber als zweites Element fast Vers fur Vers die Elemente und 
das Vokabular des eigenen Stils des Verfassers beigemischt auf- 
weist schriftliche griechische Quellen sind bier ausgeschlossen 
; 4. der Stil des Prologs und eben jene Elemente, die wir 
sub 1 schwach, sub 2 und 3 stark vertreten fanden. Sie konnen 
durcb die Vergleichung mit dem Stil und Vokabular der Apostel- 
gescbichte (2. Halfte, namentlich aber der langen Reden und 
Briefe dort) zu einer Einheit zusammengefafit, zur Klarbeit ge- 
bracht und als ein fur diesen Schriftsteller konstahtes Element 
seinen Stil und sein Vokabular 1 erkannt werden. Obne 
die Apostelgeschichte bliebe alles unsicber und unklar. 

Aber und das mag die letzte Untersucbung in diesem 
Zusammenbang sein sind nicht in der ersten Halfte der 
Apostelgeschichte schriftlicbe griecbiscbe Quellen (bez. eine 
Quelle) benutzt, und trotzdem ist das Spracbgewand dieser Ab- 
scbnitte ganz lukanisch? Ist dem aber so, so konnen aucb die 
Wirstiicke auf eine scbriffclicbe griecbiscbe Quelle zuriickgeben 
trotz ibrern ausgesprocben lukaniscben Spracbcbarakter. 

Ob diese Folgerung nacb dem, was oben nacbgewiesen ist, 
nocb moglicb ist, moge bier dabingestellt bleiben. Sind schrift- 
licbe griechische Quellen oder eine Quelle fur " die erste Halfte 
der Act. iiberhaupt nacbweisbar? Von den fast unzahligen Seifen- 
blasen, mit denen die Kritiker bier- ernstbaft gespielt haben, 
sehe ich ab den einzigen wirklicb beacntenswerte'n Versuch, 
eine Quelle nachzuweisen, bat m. E. Bernhard WeiC gemacht- 
WeiB sucht mit grofiem Scharfsinn zu zeigen, dafi von c. 1 bis 
c. 15 eine, wie es scheint, zusammenbangende scbriffcliche Grund- 
lage durchschimmerfc; zahlreiche Unstimmigkeiten und Wider- 
spriiche in jedeni grofieren ABscbnitt sollen sie beweisen; Lukas 
sei bier nur Redaktor gewesen; ein ahnlicbes Verhaltnis sei also 



1) Dieses GriecHscli ist vortrefflich, s. Hieron. ep. 19: ,,Inter ornnes 
evangelistas Lucas Graeci sermonis eruditissimus fait". Es nimrnt eine 
Mittelstellung ein zwischen der Koiv>] und dem attisahen Griechisch (der 
Literatursprache) ; dem. der Makkabaerbiieher, namentlich des zrweiten 
(vgl. Vogel S. 53 f.) ist es nahe verwandt und beriinrt sicn auch ziem- 
licli stark rnit dem des Josepnus. Semitismen feHen nicht und sind auch 
nicht nur eine Folge der Semitismen der LXX; aber zahlreich sind sie 
nicht und schwerlich unabsichtliche. 



76 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

hier anzunehmen, wie es ira Evangelium in bezug auf Markus 
obwaltet. 

Zunachst ist demgegenuber festzustellen, daB, sprachlich be- 
trachtet, diese Parallels nicht zutrifft, denn der Stil und Sprach- 
charakter der Erzahlungen des Markus und der Herrnspriiche 
Semitismus im griechischen Gewand schimmert stark und 
deutlich im Luk.-Ev. trotz der sprachlichen Korrekturen durcb, 
wahrend sich sprachlich und stilistisch m. E. Nichts aus 
Act. 1 15 ausgliedern laBt. Richtig ist, daB im Allgemeinen 
der Stil der ersten Halfte der Act. dem LXX-Stil und damit deni 
hebraischen Stil naher steht als der der zweiten Halfte und so- 
mit gewissermaBen in der Mitte liegt zwischen diesem 1 und dem 
Stil des Evangeliums. Allein in jedem der drei Teile des groBen 
Geschichtswerkes (Ev., Act. I, Act. II), die sich sprachlich so 
charakteristisch von einander abheben, finden sich Abschnitte, 
in denen der Stil der anderen Teile hervortritt. So hat das 
Evangelium den klassisch stilisierten Prolog, der sprachlich den 
besten Abschnitten von Act. II nahe steht, ferner die cc. 1 u. 2 
und 24, die z. T. an Act. I erinnern. In, Act. I steht es nicht 
anders. Was aber den Wortschatz betrifft, so laBt sich auch 
von ihni aus fiir schriftliche griechische Quellen nicht argumen- 
tieren. In den cc. 1 12 u. 15 finden sich allerdings ca. 183 Worte 
(unter ihnen 83 Verba), die weder in den 4 Evangelien, jib%li 
in der 2. Halfte der Act. vorkommen; allein in c. 13. 14. 16 28 
finden sich ca. 352 Worte, die in den 4 Evv. und in der 1. Halfte 
der Act. fehlen, also nahezu das Doppelte. 2 Zu demselben ne- 
gativen Ergebnis wird man gefiihrt, wenn man das positive Ver- 
haltnis zum Luk.-Ev. lexikalisch feststellt. Das Luk.-Ev. hat 
mit c. 1 12 u. 15 ca. 62 Worte gemeinsam, die sich bei Matth., 
Mark., Joh. und in der 2. Halfte der Act. nicht finden; mit der 
zweiten Halfte der Act. hat eben jenes Ev. aber ca. 70 Worte 
gemeinsam, die bei Matth., Mark., Joh. und in der ersten Halfte 



1) Er zeigfc den Sprachcharakfcer der Koivi] in literarischer Be- 
handlung. 

2) 117 Worte, die in den 4 Ew. fehlen, stehen sowohl in der ersten 
wie in der zweiten Halfte; sie sind also den beiden Halften ausschlieBlich 
gemeinsam. Man niiifite vom Lexikon aus eher fiir die 2. Halffce auf 
schriftliche Quelleu schlieBen, erhielte sie nicht viel zahlreichere und ver- 
schiedenere Stoft'e als die erste. 



Untersuchungen uber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 77 

nicht stehen. 1 Es waltet also hier kein Unterschied (zumal die 
erste Halfte 480, die zweite 527 Verse zahlt), vielmehr die groBt- 
mogliche Grleichheit _olj, Endlich kann aucli die Beobachtung, daft 
eine Reihe wichtiger Worte nur je in der einen und in der 
and eren Halfte vorkommt, nicht entscheiden; derm erstlich finden 
sie sich offcers auch im Evangelium des Lukas, zweitens ist schon 
von Anderen beobachtet worden, daB Lukas gern ein Wort fest- 
halt, wenn er es eininal gebraucht bat, um es nacb einiger Zeit 
wieder fallen zu lassen, drittens forderte der ,,lialbe" Evangelien- 
stil in den ersten Capiteln der Acta ein etwas anderes Vokabu- 
lar als in der zweiten Halfte. So findet sich das Wort 6r)(iia 
hier nicht, aber in der ersten Halfte 13 mal und in den Evv. 
45mal, rsqaxa. ebenfalls nicht, aber in der 1. Halfte 9 mal und 
in den Evv. 3mal (nicht im Luk.-Ev.). ffQoGxaQTSQSiv steht 
in der ersten Halfte 6 mal; es fehlt in der zweiten, aber es findet 
sich auch bei Markus. "E^iGxavai findet sich in der ersten 
Halfte 8 mal; es fehlt in der zweiten, aber es findet sich in den 
Evv. 8 mal (3 mal bei Luk.). 'AQveTG&ai findet sich in der ersten 
Halfte 4 mal (3 mal?), in der zweiten nicht, aber in den Evv. 
14 mal (bei Luk. 4 mal). Sehr auffallend erscheint zunachst, daB 
das Wortchen OGOI (060) in Act. 1 15 nicht weniger als 17 mal 
steht, wahrend es von c. 16 bis zum SchluB fehlt; allein es 
findet sich in den Evv. 54 mal (10 mal im Luk.-Ev.), gehort also 
zum Evv.-Stil, den Luk. in der ersten Halfte der Act. mit leiser 
Hand festgehalten hat.' 2 Findet sich dagegen GsfteGfrai rov 



1) Sowob.! in der ersten wie in der zweiten Halfte finden sich c. 71 
Worte, die bei Matth., Mark. u. Joh. fenlen. 

2) Man vgl. aucb. alvslv. In der ersten Halfte der Acta steht es ein 
paar Mal; in der zweiten nie, aber im Luk.-Ev. 3 (4) mal, ferner npoae- 
&r}%e (TCQO&Q-SXO) mit deni Inf. nur bei Luk. u. in Act. 12. DaB es ein 
besonderes Evv.-Yokabular gibt, kann man an Worten wie x@&\teiv, 
xagnoQ, oxavSaM^SLV und a<j)t,eiv studieren. 'EstfidMeiv steht bei Matth. 
28 rnal, bei Mark. 16 mal [im unechten SchluB 2 mal], bei Luk. 20 mal, aber 
in der Apostelgesch. nur 5 rnal (7,58; 9,40; 13,50; 16,37; 27,38 [Wir- 
stiick!]). KaQitbq steht in Matth. 19 mal, bei Mark. 5 mal, bei Luk. 12 
mal, bei Joh. 10 mal, in der Apostelgesch. aber nur 1 mal (2, 30: xagnoq 
Trjc, dacpvoq, parallel nur zu Luk. 1, 42: xagnoq, rfjs ttodtaq). Kagrtdv 
noielv findet sich also in den Act. gar nicht. 'Zxa.vda'kiCf.iv steht bei 
Matth. 14 mal, bei Mark. 8 mal, bei Luk. doch noch 2 mal, fehlt aber in 
den Act. ganz. ~ZiaiCf.iv steht in den 4 Evv. gegen 50 mal, in den Act. 



78 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der" Apg. 



v[iTQog, anooysiOai ans- 
schlieBlich oder fast ausschlieBlich in der zweiten Halfte l , so 
bemerkt man sofort, daB diese Worte den synoptischen Evv. 
fremd oder fast fremd sind. 2 

WeiB stiitzt schlieBlich auch nicht (doch s. den Versuch, 
Einl. i. d. N. T. 3 S. 546) seine Quellenhypothese auf das Lexikon 
und den Stil, sondern auf saehliche Beobachtungen, auf die Un- 
stimmigkeiten und Widerspriiche und auf die in der ersten 
Halfte sich wiederholenden abschlieBenden Bemerkungen des 
Schriftstellers, die wie Zusatze zu einem fremd en Text klingen. 
Zunachst ist Folgendes, die Composition der ersten Halfte an- 
langend, zu sagen. Alles ; was in der ersten Halfte auf Anti- 
ocliien abzweckt bez. dort spielt oder von dort ausgeht, gehort 
sicher dem Scbriftsteller selbst an, denn es hebt sich in der Er- 
zahlung kraftig und zu seinem Vorteil Heraus und ist mit der 
zweiten Halfte des Bucks aufs innigste verbunden (s. o. S. 3. 15ff.). 
Die Frage der Quellen bezieht sich demgernaB auf die Petrus- 
und Philippus-Abscknitte c. 1, 155,42; 8,5-40; 9,3211,18; 
12, 1 24; 15, 1 33. 3 Hier sind nun wirklich in jedem Capitel 



bis zuin 16. Cap. incl. 11 mal, dann nur noch 2 mal, und zwar in den 
Wirstiicken (c. 27), aber in profanem Sinn. DaB SiSovai im Evv.- 
Griechiscli einen weitscbiclitigen Gebraucb liaben niufi, kann man sofort 
daraus schlieBen, daB es nacb c. 15 in den Acta nur onial noch vorkommt, 
dagegen bis dabin 30 mal und bei Luk. 60 mal. 

1) 'HpsTEQoq (vfx.szeQoq) findet sich in der 2. Halffce der Acta 3 mal 
(darunter 1 mal in den Wirstiicken: 27, 34!), in der 1. Halfte 1 rnal; in 
den synoptischen Evv. 2 mal (bei Luk.). 

2) Von einer Constanz kann freilich keine Rede sein. So findet sich 
norrjQoq erst von c. 17 der Act. an (8 mal), wahrend es bei Luk. 11 mal 
steht [das seltene xaxoq ist merkwiirdig gleichmaBig verteilt; es steht bei 
Matth. 3 nial, bei Mark, und Luk. je 2 rnal, bei Job. 1 rnal, in der ersten 
Halfte der Act. 1 mal und in der zweiten dreimal, darunter 1 mal in 
einem Wirstiick]. As %ai, welches im Luk.-Ev. so h'aufig ist (25 ma), 
darunter einnial in c. 2) und bei Matth. u. Mark, so gut wie ganz fehlt 
(1 + 2 mal) , ist merkwiirdigerweise auch in den Act. sparlich (9 mal, 
wenn ich recht gezab.lt habe, darunter auch in den Wirstiicken). 

3) Den Paulus-Abschnitt c. 9, 131 lasse ich bei Seite. Nur das 
will ich bemerken: ich halte den Beweis durch Zimmer (Ztschr. f. wiss. 
Theol. 25. Bd., 1882, S. 465 ff.) fiir erbracht, daB die Erzahlung an den 
Berichten c. 22. 26 ihre Grundlage hat, d. h. daB sie sie, wesentlich in 
der dort gegebenen Form, voraussetzt und historisiert. Damit ist natiir- 



Untersuchungen fiber die Art der Quell enbenufczung bei Lukas. 79 

mehrere auffallende Widerspriiche und paradoxe Tatsachen, die 
auf zwei Hande zu fiihren sclieinen. 1 Allein die Erklarung 
clieser Tatsache ist nicht einfach; denn (1.) besitzen wir weder den 
Text der Apostelgeschichte no.ch den des Luk.-Ev.s aus erster 
Hand. Wie das EvaDgelium in c. 1. 3 und 24 sicher inter- 
poliert ist dort sind die Verse 1, 34. 35; 3, 23, die die 
Widersprtiche rrrit dera 2. Capitel verschuldet haben, sowie das 
MctQta t u in c. 1, 46 2 sicher interpoliert; hier sind mehrere Ein- 
griffe zu konstatieren , so hat die Apostelgeschichte von An- 
fang an Correcturen erfahren. Das folgt nicht nur aus dern 
uralten sog. (S-Text (in Wahrheit kein einheitlicher Text, sondern 
ein Complex von Korrekturen und Gr loss en, der bereits der 
ersten Halfte des 2. Jahrhunderts angehort), sondern eben dieser 
Text zeigt auch, daB die Eingriffe in den sog. a-Text hinein- 
reichen. In deni Momente aber ist nicht nur mit der Moglich- 
keit, sondern vielmehr niit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen, 
daG es in der Apostelgeschichte Stellen gibt, an denen weder 
der a-Text noch der /?-Text genuin sind, vielmehr beide bereits 
die Hand eines Interpolators erfahren haben. Ob viele solcher 
Stellen noch sicher nachgewiesen werden konnen, das ist erne 
zweite Frage 3 ; aber jedenfalls hat man in der Annahme sehr 



licli nicht erwiesen. daB die zweite Halfte der Acta vor der ersten ge- 
schrieben ist, aber aucb. nicht, daB c. 22. 26 eine Quelle des Lukas dar- 
stellt; vielnaebr ist letzteres nur eine Moglichkeit. Das Phanomen ist 
bereits erklart, wenn Lukas die Erzahlung fiber die Bekehrung des Pau- 
lus auf Grund einer eigenen, alteren Aufzeichnung redigiert hat, die sich 
an die Darstellung des Paulus, wie er sie selbst gegeben, anschlofi. Diese 
altere Aufzeichnung liegt den Darstellungen in c. 22 und 26 zugrande und 
ist in c. 9 frei benutzt. So erklart sich der sekundare Charakter der 
Darstellung in c. 9. DaB Lukas Aufzeichnungen besaB, haben wir libri- 
gens auch bei der Betrachtung der ,,Wirstucke" fur wahrscheinlich halten 
miissen. 

1) Doch ist WeiB m. E. an einigen Stellen zu scharfsichtig und 
nimnit niehr unertragliche Widerspriiche an als notig ist. 

2) S. nieine Abhandlg. in den Sitzungsber. 17. Mai 1900. Ich habe 
dort noch Iren'aus zu den Zeugen fur ,,Maria" gerechnet; allein Barkitt 
(Journ. of Theol. Studies 1906 p. 220 S.) hat mich uberzeugt, daB auch 
Irenaus ,,Elisabeth" gelesen hat. 

3) Ganz sicher scheint wir zu sein, daB der Text von c. 1, 1 6 
korrigiert ist; man muB aber auch vemiuten, daB zwischen v. 5 u. 6 eine 
Streichung stattgefunden hat. 



SO Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

alter Eingriffe und Glossen ein loyales Mittel, Schwierigkeiten 
in dem Text der Apostelgesehichte, die sich sonst nicht heben 
lassen, zu beseitigen. Der Rekurs auf Quellen, die sjchlecht 
oder nachlassig verwertet sind, ist also nicht das einzige und in 
vielen Fallen gewifi nicht das nachstliegende Mittel, um groBe 
AnstoISe zu entfernen. 

(2.) Lukas ist ein Schriftsteller, der sich glatt liest, aber, 
sobald man nur etwas naher zuschaut, als Erzahler so sorglos 
geschrieben hat,, wie kauni ein anderer JST.T.licher Schrift- 
steller. Auf seinen Stil und alle Formalien ein echter 
Grieche! hat er sorgfaltig geachtet: man muC ihn einen 
Sprachkunstler nennen; aber in bezug auf den Inhalt ist er 
Capitel fur Capitel, wo er nicht selbsfc Augenzeuge war, recht 
nachlassig verf'ahren und hat haufig ganz verworren berichtet. 
Das gilt sowohl vom Evangelram wie von der Apostelgesehichte, 
Zwar hat Over beck in seinem Commentar zu letzterer in schul- 
meisterlicher Kritik und vom Standpunkt einer sproden Logik 
die Zahl der hierher gehorigen Falle stark iibertrieben \ aber es 
bleibt nach Abzug dieser Ubertreibungen noch eine erstaunlich 
grofie Zahl von Unstimmigkeiten nacb, ebenso wie im Evange- 
lium. Es finden sich solche aber auch in der zweiten Halfte 
des Buchs. In dieser Hinsicht sei nicht nur an die Wider- 
spriiche erinnert, die zwischen den drei Erzahlungen von der 
Bekehrung des Paulus obwalten hier tragt doch unzweifel- 
haft lediglich der Erzahler die Schuld, denn er besafi nur einen 
Bericht . sondern auch z. B. an die Geschichte von dem ein- 
gekerkerten Paulus in Philippi oder an die Rede in Ephesus, 
Was jene Erzahlung betrifft, so konnte man zunachst geneigt 
sein, die Verse 24 34 einfach als spatere Interpolation oder als 
aus einer besonderen Quelle stammend, auszugliedern; denn der 
EntschluC der Strategen, den Apostel freizulassen, wird gar nicht 
durch das wunderbare Erdbeben niotiviert, vielmehr scheint es 
so. als hielten sie eine eintagige Gefangnishaft fur genugend, 
Allein jene Verse verraten so unwidersprechlich deutlich den 
Stil des Lukas, daC an eine Interpolation nicht gedacht werden 
kann. Irn Eiuzelnen finden sich aber noch folgende Unstimmig- 



1) Die Erklarungen sind dazu ineistens falseh, indem Tendenzen ge- 
\vittert werden, wo es sich um Nachlassigkeiten handelt. 



Untersucliungen uber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. gl 

keiten. In v. 23 heifit es: ,,Die Strategen warfen sie ins Ge- 
fangnis", in v. 24: ,,Der Kerkermeister warf sie ins Gefangnis." 
Nach v. 27 hat der Kerkermeister das groCe Erdbeben gar nicht 
bemerkt, sondern nur seinen 'Erfolg, die geoffneten Tiiren ! Nach 
v. 28 soil Paulus die Veranstaltungen des Kerkermeisters, sich 
das Leben zu nehmen, gesehen oder erkannt haben, obgleich er 
ihn von seiner Zelle doch gar nicht sehen konnte. Nach dem- 
selben Vers ruft er dem Kerkermeister _zu, daB alle Gefangenen 
noch da sind, obgleich er das gar nicht wissen konnte. Nach 
v. 32 predigt Paulus dem Kerkermeister und alien seinen 
Angehorigen und tauft sie, wird aber erst v. 34 in das Haus 
des Kerkermeisters gefiihrt. Nach v. 36 meldet dieser dem 
Paulus die vpn den Strategen durch die Liktoren gesandte Bot- 
schaft; nach v. 37 redet Paulus. diese aber sofort an. Nach dem- 
selben Verse beruffc sich der Apostel auf "sein romisches Biirger- 
recht; man fragt'sich erstaunt, warum er das erst jetzt tut. Diese 
Ungenauigkeiten und Widerspriiche sind genau solche 
wie in zahlreichen Erzablungen der ersten Halfte 1 und 
die rneisten von ihnen erkennt auch Weifi an. Mit Recht 
schliefit er aber hier nicht auf eine schlecht verarbeitete schrift- 
liche Quelle, sondern auf Nachlassigkeiten des 'Schriftstellers; 
dann aber ist auch in jenen Fallen die Annahme eiher schrift- 
lichen Quelle keineswegs gesichert. Nicht anders steht es mit 
der Rede in Milefc. Gleich im Eingang lafit Lukas den Paulus 
die Ephesier daran erinnern, welche Thranen, Versuchungen und 
jiidische 'Nachstellungen er in der langen Zeit seines Aufenthalts 
erlitten habe (20, 19), aber in der vorhergehenden Erzahlung ist 
nichts dariiber zu lesen. Das erinnert an 'das Evangelium des- 
selben Schriftstellers; dort laBt er Jesus bei seinem Auftreten in 



1) Speziell solclie Hystera-Protera wie in v. 32 in seinem Verhaltnis 
zu v. 34 oder solche Duplicitaten wie v. 23 u. 24 finden sich in der ersten 
Halfte ofters. Man hat iibrigens zn beachten, daB sich auch in den Wir- 
stiicken zwei Protera-Hystera finden. Der Vers 12 im 20. Cap. gehort 
sachlich vor Vers 11, und in c. 28 gehort y. 15 strenggenommen vor v. 14. 
Ebendort begegnet auch eine groKe ,,Unstimmigkeit". Den Verf. stort 
es nicht, daB Paulus, vorn Geist getrieben, nach Jerusalem geht, und daB 
die Jiinger in Tyrus durch eben diesen Geist ihn von dieser Reise 
abzuhalten suchen (c. 21, 4). Endlich die Prophezeiung des Agabus in 
den Wirstiicken (21, 11) wird nicht genau so erfullt, wie sie lautet. 
Harnack, Lukas. to 



82 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

Nazareth, von den groCen Taten in Kapernaum reden (4, 23), 
aber diese Taten sind vorher gar nicht erwahnt. ' In v. 23 sagt 
dann Paulus, daC der hi. Geist ihm in jeder Stadt bezeuge, daB 
Fesseln und Triibsal seiner in Jerusalem warten; aber auch da- 
von war noch nicht die Rede, vielmehr wird das erst im folgen- 
den Abschnitt (21, 4. 10 ff) erzahlt. Endlich steht der Hinweis 
auf sein Beispiei bei der Ermahnung zu selbstloser Liebestatig- 
keit doch nur in einem ganz losen Zusammenhang mit der Ab- 
schiedsrede. ' 

Durch diese Parallelen fallt auf die paradoxen Erscheinungen 
in der ersten Halfte des Buches vielleicht doch ein andres Licht 
als das ist, unter welches WeiB sie gestellt hat. Wenn man 
erst in 1, 12 erfabrt, dafi die Scene 1, 6ff. sich auf dem Olberg 
abgespielt hat und nicht in Jerusalem selbst, wie man erwartet 
(ja man muBte glauben, I, 6 ff. sei dieselbe Scene wie 1, 4 f.) ; 
wenn in 1, 17 20 eine Verwirrung daruber herrscht, was die 
Exavltq des Judas Ischarioth sei, ob sein Grundstiick oder sein 
Amt; wenn fur die einem Apostel notwendige Zeugenqualitat 
(1, 21. 22) Unmogliches verlangt wird; wenn das Zungenreden 
(2, 4) widerspruchsvoll, mindestens unklar beschrieben wird, des- 
gleichen die Giitergememschaft (2, 44 f. u. sonst); wenn sich in 
der Doppelerzahlung (c. 10 u. 11) kleine Yerschiedenheiten finden; 
wenn (12, 3. 4) das jtQoGsd-ero 6vlla@eiv ungeschickt das niaCac. 
vorwegnimmt, so laCt sich das alles zur Not aus derselben 
schriffcstellerischen Nachlassigkeit, die das zu Berichtende nicht 
wirklich durchdenkt, erklaren, die auch in dem Evangelium und 
der zweiten Halfte der Acta waltet. 

Aber es bleibt einiges und nicht weniges naeh: 1. schon 
bei dem Zungenreden ist die Erklarung, welche auf einen mifi- 
verstandenen Bericht schliefit, die leichte,re, und solche Falle sind 
nicht ganz selten; 2. die oben bemerkten, in einem Satz zu- 
sammengefaBten Gruppenabschliisse verlangen eine Erklarung, 
und die nachstliegende ist die Annahrne einer Quelle, deren Be- 
nutzung unterbrochen wird; 3. die stereotype Nennung des Jo- 
hannes neben Petrus an mehreren Stellen, wahrend von ihm 



1) Aucli die AVeissagung von Irrlehrern. fv. 29. 30), die tells von 
auBen, t-eils aus der Gemeinde selbst komroen werden, ist auff'allend und 
weist jedenfalls auf ein Interesse des Verfassers an dieser Gemeinde und 
auf eine Kenntnis ihrer spateren Geschichte hin. 



Untersuehungen fiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 3 

doch schlechterdings nichts berichtet wird, deutet auf eine Quelle, 
die diesen Apostel ftberhaupt nicht erwahnt hat; 4. die nur fltich- 
tige Erwahnung der Hinrichtung des Jakobus erklart sich niclit 
aus dera Pragmatismus des Verfassers; 5. man hat zwei Stellen 
nachgewiesen, aus denen hervorgehen soil, da6 in der ersten 
Halfte der Apostelgeschichte eine aramaische Quelle benutzt sei. 

Hier ist folgendes zu sagen: 1. Die Annahme einer schrift- 
lichen griechischen Quelle ist von den groCten Schwierig- 
keiten gedriickt. Ich berufe rnich fur die Ablehnung einer solchen 
nicht auf das Vocabular jener Capitel, obgleich es in seiner Ver- 
wandtschaft mit dem lukanischen Vocabular schwer ins Gewicht 
fallt (s. o.), sondern ich kehre zu dem Stil zuruck. Gerade der 
Commentar von WeiC (Text u. Unters. Bd. 9) hat gezeigt 
anderswo findet man nur ungeniigende Nachweise , dafi sich 
fast Vers um Vers die lukanische Stileigenart wiederfindet. Sind 
doch manchmal die Verse, die WeiB als den gegebenen Text 
der Quelle von den Zusatzen des Bearbeiters unterscheidet, mehr 
lukanisch im Stil als diese Zusatze! Man miiBte also eine voll- 
kommene Umarbeitung oder richtiger UmgieBung der Quelle 
zugleich annehmen. Aber so ist Lukas im Evangelium mit seinen 
Quellen doch nicht verfahren, und wie unwahrscheinlich ist eine 
solche Benutzung! Weifi warnt daher auch ganz folgerichtig 
davor, den Wortlaut der Quelle in der Apostelgeschichte irgend- 
wo wirklich feststellen zu wollen. 2. Die seltsame Nennung des 
Johannes neben Petrus in stummer Rolle am auffallendsten 
ist c. 4, ( 19 1 ist sicher nicht urspriinglich; aber sie la'fit zwei 
Erklarungen zu: entweder hat Lukas selbst den Johannes einern 
iiberlieferten Bericht, der von Petrus allein handelte, eingefiigt 
oder ein spaterer Redactor hat es getan. Beides ist an sich 
gleich moglich 2 ; aber dafi es Lukas selbst gewesen und somit 



1) Man vgl. 1, 13; 3, 1. 3. 4. 11; 4, 13. 19; 8, 14 (in 1, 13 ist das TE- 
xal zu beachten). 'Spater komnit Johannes im Buch nicht mehr vor, ab- 
gesehen davon, da6 Jakobus als sein Bruder (12, 2) bezeichnet wird, urn 
ihn vom Herrnbruder zu unterscheiden. Die Beobachtung, daB Johannes 
in die Apostelgeschichte sei es vom Verfasser, sei es von einern Spateren 
lediglich eingeschmuggelt ist, niacht den Einfall von E. Schwartz, daB 
der gewaltsame Tod des Johannes aus den Acta gestrichen sei, .vollends 
xinwahrscheinlich. 

2) Vgl. wie in c. 24 des Evangeliums (v. 12) Petrus eiugeschoben ist. 

6* 



84 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg. 

eine Qaelle anzunehmen 1st, dafiir spricht allerdings die auf- 
fallende Behandlung , der Ermordung des -Jakobusr War Lukas 
hier nicht von einer Quelle, die es wesentlich mit Petrus zu tun 
hatte, abhangig, konnte er vielmehr seinen Text ganz frei auf 
Grand von Erkundigungen gestalten, so ware er schwerlich so 
schnell iiber ein Er'eignis hinweggegangen (c. 12, 2)y welches ihm 
nach dem Zweck seiner Darstellung ganz besonders wjchtig sein 
niufite. Also ist es um dieser Stelle, ferner um mancher 
einzelnen ahnlichen Stellen, endlich um der Grruppenabschliisse 
willen iiberwiegend wahrscheinlich, wenn aucli keineswegs 
gewiB, daI3 er fiir die Petrusperikopen eine Quelle benutzte, die 
aber nur eine aramaische, von ihm selbst ubersetzte 
gewesen sein kann. Die beiden direkten Beweise freilich fiir 
eine solche Quelle, die Nestle gefunden haben will, sind keines- 
wegs einleuchtend. Wenn Cod. D und Iren. in c. 3, 14 efiaQvvaxe 
bieten, die fibrigen Zeugen aber fyvfoati&s , so ist jenes die 
richtige, weil schwierigere LA, fiir die man sehr bald das im 
Vers vor.her stehende iJQwrjGao&s eingesetzt hat. Also braucht 
man eine Verwechselung von D)n"lS3 und DiniiD nicht. anzu- 
nehmen. 1 Und wenn c. 2, 47 in D e%ovTe<; yagiv JCQOC olov 
TOV xoGfiov steht, so ist das ein einfacher Schreibfehler fiir oliov 
xbv laov (die Gfedankenlosigkeit schrieb mechaniseh nach o2ov 
TOV das Wort xotiftov 2 ), so daO die Annahme einer Verwechse- 
lung von tfftby und tfay sich erubrigt. 

Unser Ergebnis ist also zweideutig; es spricht Wichtiges da- 
fiir, daC Lukas in der ersten Halfte der Acta eine aramaische 
Quelle iibersetzt und benutzt hat 3 , aber schlagend kann die An- 
nahme nicht widerlegt werden, daC er lediglich auf miindlichen 
Mitteilungen fuBt. Vollends unsicher ist es, welchen Umfang 

1) Bagvvo) findet sich auch Luk. 21, 34 ^(s. iibrigens die LXX z. d. 
W.), und in Act. 20, 19 ist von l.vxoi jiaQtlq die Rede. 

2) "OAoc d xoOftoq -koiamt 6 mal ini N. T. vor. 

3) Ini Evangelium hat Lukas fiir seine griechischen Leser die 
araniaischen und heidnischen Worte (selbst die Ortsbezeichnungen) in der 
Regel fortgelassen, aber ein paar Mal auch richtig iibersetzt. In den 
Act. schreibt er c. 1, 19: wars xhriQfjvai ro XWQLOV sxeTvo xy tiialsxra) 
avtiav 'A%/.6a{d%, rovr 3 eativ %a)Qiov aiftarog, c. 9, 36: ovo/tari Ta{3i9d, 
)/ dLEQf^jjvsvofj.svr] AeyfTCi AoQ'/.aq. Kenntnis des Aramaischen und die 
Fahigkeit, einen leichten araniaischen Text zu iibersetzen, ist einem An- 
tiochener und mehrjahrigen Begleiter des Paulus wohl zuzutrauen. 



Untersuclmngen uber die Art der .Quellenbenutzung bei Lukas. 85 

die Quelle gehabt hat und ob es iiberhaupt eine einzige Quelle 
gewesen ist. Letzteres ist deshalb ganz unwahrseheinlich, weil 
5, 19ff. offenfaar dieselbe Greschichte erzahlt wie 12, 3ff., ol^ne dafi 
das Lukas selbst bemerkt hat. Nur eines dieser beiden Stiicke 

v. / 

hat in seiner ,,Quelle" gestanden, also das erste (wenn eine 
schriftliche Quelle iiberhaupt anzunehmen ist). Umgekehrt sind 
die Petrus- und Phili^puserzahlungen durch die Simon-Magus- 
geschichte miteinander yerklammert, aber vielleicht nur kiinstlich. 
Man liahn nur soviel sagen, daC die Petrusgeschichten, die niit 
den Schilderungen der Gremeinde von Jerusalem identisch sind, 
eine Einheit bilden. Fiir die Frage der ,,Wirstucke" aber laCt 
sich aus der Untersuchung der ersten Halfte der Acta nichts ge- 
winnen; denn sie fuhrt im giinstigsten Fall zur Annahme einer 
ode Inehrerer aramaischer Quellen. Das ist aber fiir das 
Problem" der Wirstiicke ganz irrelevant. Da niemand hier an 
eine aramaische Quelle je denken konnte, so bleiben alle Beob- 
achtungen in Bezug auf das Vocabular, den Stil und den Inhalt 
in Kraft, die eine Abtrennung der Wirstiicke von dem ganzen 
Werk ganz unmoglich machen. 



Drittes Capitel: Uber die angebliche Uiunogliclikeit, 
das dritte Eyangelium imd die ApostelgescMchte dein 

Lukas zu ymdicieren, 

Nachdeni gezeigt worden ist, daJB sich aus der Art der 
Quellenbehandlung des Verfassers des, grolSen Gescbicbtswerks 
nichts geltend naachen lafit, was gegen seine nachgewiesene 
Identitat mit dein Verfasser des' Wirberichts spricbfr, 1st diese 
Identitat nuninebr gesicbert. Allein es erbebt sicli bier doch 
noch ein Widerspruch. !Er lautet etwa so: mag jene Identitat 
noch so wahrscneinlicb sein, sie kann doch nicbt zu Recbt be- 
stehen, sondern muC fiir eine Tauscbung erklart werden; denn 
die Apostelgescbicbte kann aus sacblicben Griinden nicbt von 
einem Begleiter und Mitarbeiter des Paulus abgefafit sein. 1 



1) Von detn Evangeliurn sclieint man das nicht zu behaupten (s. o. 
das Urteil von Johannes Wei 6); in der Tat -wer das 2. Evangeliuin 
deni Markus beilegt, der darf keine Sckwierigkeit in der Zuweisung des 
3. Evangeliunis an Lukas finden. Man iiberzeugt sich nicht leicht, zumal 
nach den Nachweisungeii Wellhausens, daB ein altes Mitglied der Ge- 
meinde von Jemsalem, ein Schiller und Freund des Petrus, ein Mann, in 
dessen Mutterhause die Apostel und die Heiligen zusanmienkanien, jenes 
Werk geschrieben hat. Indessen hat man doch nicht hinreichenden 
Grand, die Tradition zu bestreiten, und es laBt sich auch nianches zu 
ihren Gunsten geltend machen. Halt man sie aber fesb, so darf man 
fordern, daB die Kritiker auch bei der Beurteilung der Apostelgeschichte 
ihrem Verfasser einen grQBeren Spielraum gonnen. Hat derJerusalem.it 
Markus hauptsachlich vom Wirken Jesu in Galilaa erzahlt; liegen bereits 
ein paar Traditionsschichten hinter ihm, die sich also in drei, hochstens 
vier Jahrzehnten gebildet haben miissen; hat bereits er aus Jesus nahezu 
ein gottliches Gespenst gemacht oder eine solche Auffassung schon vor- 
gefunden; haben endlich bereits er und seine Gewahrsnianner die Uber- 
lieferung von Jesus nach den Brfahrungen der christlichen Gemeinde mo- 



Einleitend.es. 87 

,,Kann nicht" warum nicbt? Woher haben wir so sicbere 
Kenntnis vom apostolischen und nachapostoliscben Zeitalter, daC 
wir unser ,,Wissen" einer sicber nacbgewiesenen Tatsacbe ent- 
gegensetzen diirfen? Icb betracbte die folgende Untersuchung 
lediglicb als opus supererogatorium; aber sie soil gefiihrt werden, 
als ware sie es nicbt. 

Doch wo soil man beginnen? Wie soil man alles wider- 
legen, was hier diviniert und bebauptet worden 1st? Icb mufi 
raieb auf Hauptpunkte besebranken. 



dificiert wie nachsichtig nruB sich dann das Urteil gestalten in Bezug 
auf Lukas als Evangeiisten und als Geschichtsschreiber, der, ein griechi- 
scher Arzt aus Antiochien, erst etwa 15 20 Jahre naeh deni Tode Jesu 
der Gemeinde irgendwo im roinischen Eeiche beigetreten sein mag, der 
Palastina gar nicht und Jerusalem fliichtig kennen gelernt, der von den 
Uraposteln keinen gesehen hat (nur mit deni Herrnbruder Jakobus hat er 
sich beruhrt), und der erst etwa 20 Jahre nach der Zeit seiner grofien 
Erfahmngen diese aufgezeichnet haben mag. Aber kein andres Buch 
des N.T.s hat so viel leiden niiissen wie die Apostelgeschichte, obgleich 
sie, trotz ihrer offenkundigen Schwachen, in mehr als einer Hinsicht das 
wichtigste und beste Buch im N.T. ist. Alle Fehler, die in der NTlichen 
Kritik gemacht worden sind, haben sich in der Kritik der Apostelge- 
sehichte wie in einem Brennpunkt gesamnielt. Sie vor allem hat leiden 
niiissen, weil man den Paulus und den Paulinismus einseitig darstellte 
und sie zugleich maBlos iiberschatzte. Sie hat leiden miissen, weil man 
sich ein unrichtiges Bild von der Art und vom Verhaltnis des Juden- und 
Heidenchristentums maehte. Sie hat leiden niiissen, weil man von einem 
Begleiter des Paulus der seltsame Rest einer ungerechtfertigten Ver- 
ehrung des apostolicus! das Hochste forderte: sicheres Verstandnis des 
Paulus, Congenialitat, Freiheit von jeder selbstandigen Tendenz, absolute 
Zuverlassigkeit und ein nie versagendes Gedachtnis! Sie hat noch urn 
ein Dutzend andrer, ebenso sinnloser oder iibertriebener Forderangen 
willen leiden miissen vor allem aber weil die Eritiker bald sich in der 
Rolle des sublimen ,,Psychologen" gefielen, bald sich in den Mantel eines 
boswillig verfahrenden Staatsanwalts steckten und nun den Verfasser 
meisterten, anklagten und zerteilten. Mit saubernder Logik und unaus- 
stehlicher Pedanterie drang man in das Werk ein und richtete durch 
beides nicht geringeren Schaden an als durch die Kolonnen scharf- 
sinniger, aber luftiger Einfalle, die man gegen das Werk dirigierte. 
Selbst zwei Kritiker von besonderer Intelligenz, Overbeck und Weiz- 
sacker beide uin die Apostelgeschichte verdient haben sich bei 
ihrer Kritik den schwersten Irrtiimern hingegeben. Die Ergebnisse dieser 
Bemtihungen konnen sich mit denen von WeiB und Wendt, Ranisay 
und Re nan nicht messen. 



gg Cap. 3: Tiber die angebliclie Unnioglichkeit etc. 

1. Gescbichtlicbe VerstoCe, wie das Hysteron-Proteron in 
bezug auf Theudas (5, 36) 1 kann naturlich der Paulusschiiler 
Lukas so gut wie irgend ein anderer begangen haben. Er glaubt 
zwar (nach dem Prolog), ein Historiker zu sein; er ist es auch; 
aber seine Fahigkeiten sind begrenzte, denn er steht seineii 
Quellen von einem bestimmten Punkte an ebenso kritiklos gegen- 
tiber wie seinen eigenen Erfahrungen, wenn sie eine wunderbare 
Deufcung zulieBen. 

2. Das Bild der Gemeinde von Jerusalem in den ersten fiinf 
Capiteln und die Petrusgeschichten lassen an Durchsichtigkeit 
und Glaubwurdigkeit viel zu wunscben iibrig 2 ; aber der Haupt- 
pnnkt in jenem Bilde, der durchaus noch jiidiscbe Charakter der 
Gemeinde, die eigentlich gar keine besondere Gemeinde noch ist, 
sondern ein den auferstebungsglaubigen Juden nahestehender Con- 
ventikel, das Verhaltnis zur Judenscbaft bis zur Stephanus- 
gescbichte und die Motivierung der ersten grofien Verfolgung 3 
halt die geschichtliche Probe aus soweit von einer solcben 
die Rede sein kann, wenn docb nur eine Quelle existiert (docb 
vgl. das Mattb^-Ev., welcbes fur die Scbilderung in Act. 1 5 
eintritt). Das Legendariscbe aber ist gewiC nicbt auifallender 
und starker als in dern Evangelium und kann sich ebenso schnell 
niedergeschlagen baben wie die Scbicbten der evangeliscben 
Tradition. Lukas braucbt es iibrigens nicbt scbon damals kennen 
gelernt zu baben, als er mit Paulus nacb Jerusalem kam. Wissen 
wir docb gar nicbt, wie lange er damals dort verweilt bat. Die 
Stoffe oder wenn es sicb um eine oder mebrere aramaische 
Quellen bandelte(?) die Quellen konnen erst in den sechziger 
oder siebziger Jabren zu ihm gelangt sein. Aber selbst wenn 
man das nicbt annehmen will und aus guten Grunden an Mar- 
kus (wie fur das Evangelium) und den Evangelisten Philippus 
(bez. an dessen weissagende Tochter) als die Gewabrsmanner 4 



1) Uber jeden Z\veifel erhaben ist iibrigens das Hysteron-Proteron 
nicht; auch bei Josephus ist ein Irrtum moglich. 

2) Docb. sind die Unglaubwiirdigkeiten von der Kritik stark iiber- 
trieben worden. 

3) Speciell, daft es sich um den Tenapel gehandelt hat, ist hochst 
glaubwiirdig. 

4) Jenen hat er in Rom, diesen in Casarea getroft'en (s. oben S. 28). 



Angebliche AnstoBe in Act. 1 15. 89 

denkt, 1st nicht abzusehen, warum das alles nicht schon um 
d. J. 55 60 erzahlt worden sein soil? Die Verehrung fur die 
Gemeinde von Jerusalem sie ist eben lange Zeit hindurch 
die Gemeinde gewesen teilt Lukas mit Paulus, und auch die 
(indirekte) Darstellung, dafi die Christglaubigen in Jerusalem 
zuerst sich um die Zwolfe und ihren Anhang scharten, dann 
aber, j5obal4 sie wirklich eine Gemeinde wurden, den Bruder 
Jesu zum Oberhaupt hatten, hat mchts gegen sich. DaB aber 
Lukas diesen Urnschwung gar nicht berichtet, erweckt ein gutes 
Vertrauen. Er hat nichts erzahlt, was ihm nicht iiberliefert 
worden ist, und hier besafi er keine Uberlieferung. Er ist 
uberhaupt glaubwtirdig, soweit nicht seine Wunderreligion. ins 
Spiel kornmt und seine Eigensehaft als pneumatlscher Medi- 
cinrnann. f 

3. Man tadelt im grofien und einzelnen vieles, wie er den ProzeC 
der Entstehung heidenchristlicher und gesetzesfreier Gemeinden und 
damit der groBen Kirche geschildert hat; aber man vergifit, dafi 
man sich nur wenige Jahrzehnte spater Vorstellungen von diesem 
Prozefi gemacht hat, die ihn vollkommen aufhoben. Demgegen- 
iiber ist die Darstellung des Lukas in bemerkenswerter Weise 
gesehichtstreu. Wenn er das jerusalemisehe Presbyter-Collegiuni 
unter der Leitung des Jakobus noch zur Zeit des Nero zu Pau- 
lus sprechen laCt (21, 20): #G?(>e?g, Jtotiai [tvQiadsq elolv ev 
TOLC, 'lovdaioiq TCOV JtexiGTevxoTcov, xal JIO.VTSC, tyZcoTal TOV 



Die Art, wie er von diesem spricht, bzw. c. 21 nicht spriclit, sondem ihn 
nur bedeutungsvoll erwahnt, legt es nahe, daB er ihn als Gewahrsmann 
schatzte. Philippus muB ein Ekstafciker par excellence gewesen sein, 
wenn alle seine Tochter ,,prophetisch" \9Tirden. Aber das wird von 
Lukas auch ausdriicklich bezeugt (8, 6f.)'- ngoaefyov oi o%2.oi TOIQ ).eyo- 
[jiKvoiq VTCO TOV <Pi),i7t7i;ov dfjioQ-vfjiaSov sv rfa axovsiv avzovq %al 
TO. GTjfteia a ettolai' noM.ol yaQ x&v %6vT(uv rcvsv^ara axaB-aQTa 
qxuvy {teyaky ^^OVTO ' nokKol 6s TtccQatekvftsvoi xal %a>hol ^Q-Q 
aav. Philippus war also ein von Lukas bewunderter Wunderdoktor wie 
er selbst. Ein solcher ist naturlich als Berichterstatter zu allem fahig, 
und die Philippusgeschichte c. 8, 26 ff. gibt davon eine sprechende Probe. 
Ein Engel redet zu Philippus und der Geist redet zu ihm (ayyshoq XVQLOV 
und 7tvsi\ua sind hier also identisch!), ja ,,der Geist des Herrn" entriickt 
den Philippus (a^nd^siv) von der Seite des Athiopiers. Was aber Markus 
betrifft, so ist er, mindestens als teilweiser Gewahrsmann, durch c. 12 
gentigend gesichert. 



90 Cap. 3: Tiber die angebliche Unmoglichkeit etc. 

voftov vjta@%ov6iv, und wenn er dann den Paulus in seinem 
Procefi in Jerusalem und Ca'sarea alien Accent auf seine Einheit 
mit dena auferstehungsglaubigen Judentum legen laflt 1 was 
will man mehr? Und wiederum die Art, wie er die Convention 
in c. 15 vorbereitet hat (die Samaritanerbekehrungen, die Taufe 
des Athiopiers and die Taufe des Hauptmanns von Casarea 
durch Petrus 2 ), ist doch keineswegs so plump, dafi nicht das 
Hauptverdienst, den Heiden das Evangelium gebracht zu haben, 
nach ihm den cyprischen und cyrenaischen Judenchristen und 
dein Barnabas und Paulus zufallt. 3 Wenn er hier dem Paulus 
weniger Ehre angetan haben sollte als ihm nach seinen eigeneu 
Briefen zuzukommen scheint, und wenn er ihn in c. 2 Iff. jiidi- 
scher erscheinen lafit, als wir nach denselben Briefen annehmen 
zu niiissen rueinen, so fragt es sich rnindestens, wer recht hat, 
jener Schein oder die Darstellung der Apostelgeschichte. Aber 
selbst wenn sie im Unrecht ware warum konnte ein Begleiter 
des Paulus, der den Petrus liber alles verehrte (und das tat 
augenscheinlich alle Welt in der Christenheit und Paulus, wenn 
er nicht gerade gereizt war, nolens volens ebenfalls), sich nicht 
in Jerusalem erzahlen lassen, schon Petrus habe ,,in grauerVor- 
zeit" 4 einen Heiden getauft? Und warum konnte er, der als ge- 
borener Heidenchrist die haarscharfe' Linie, auf der Paulus als 
Jude und Christ wandelte, iiberhaupt nicht zu begreifen und 
wiederzugeben verinochte, ihn nicht an einer Stelle judischer 
und an einer anderen Stelle freier darsteHen, als er wirklich war? 



1) C. 23, 6 ft', etc. DaB Lukas dabei seinen Lesern auseinandersetzt, 
wer die Pharisaer und die Sadducaer seien, ist der starkste Beweis dafiir, 
daB er nur an heidenchristliche Leser denkt. 

2) Ob die Erzahlung von der Taufe des Athiopiers hierher gehort, 
kann man bezweifeln; denn sie wird nicht in diesem Sinne ausgebeutet. 
Die Bekehrung in Saniarien (s. besonders 8, 25) wird es freilich auch 
nicht, und doch ist es (s. auch das Ev.) gewiB, daB sie im Interesse der 
Heiden erzahlt ist. 

3) Petrus beginnt nicht wirklich die Heidenmission, sondern sie wird 
in einem einzelnen Fall vom h. Geist durch ihn vorbereitet und legiti- 
miert. Die Geschichte selbst, die groBes Aufsehen gemacht haben muB, ist 
ihrem Kerne nach gewiB nicht aus der Luft gegriffen. Die Lichter hat 
natiiiiich erst Lukas aufgesetzt. 

4) So lautet der Ausdruck c. 15, 7 in jenen Tagen muB jedes Jahr 
wie ein Menschenalter empfunden worden sein. 



Angebliche AnstoBe in Act. 1 15. 91 

Nach allem, was wir in dieser Beziehung von Paulus wissen und 
ahnen konnen, mufi er seinen heidenchristlichen sowohl wie 
judenchristlichen Begleitern mehr als einmal sehr unverstand- 
licli gewesen sein. Es kommt aber binzu, daG Lukas als ,,Theo- 
loge", wie alle Heidenchristen, ,,alttestamentlicher" gewesen ist 
als Paulus, weil er praktiseh mit der Sache nichts zu tun hatte. 1 
Seine Judenfeindschaft sofern das Volk das Evangelium ab- 
lehnte war gewifi nicht zu iibertreffen; aber ebenso gewiC 
hatte er (s. auch das Ev., namentl. c. 1 u. 2) eine theoretiscke 
Verehrung fiir die A. T.lichen Ordnungen und A. T.liche Frommig- 
keit, die von dem Problem, das Paulus bewegte, zwar stark be- 
riihrt war (s. c. 13, 38 f.) 2 , aber es nicht durchgedacht hat. 3 
Wie er es in dem Evangelium ganz in der Ordnung findet, daC 
derselbe Jesus, der den Samaritern und jeglichem Sunder das 
Heil bringt, fiir seine Person das A. T.liche "Gesetz respektiert 
(s. c. 17, 14 u. sonst), so sind gesetzlich fromme Juden, die 
zugleich Christglaubige sind, augenscheinlich die Christen ge- 
wesen, die ihm am meisten imponierten. Sie sind eben nicht 
nur Christen, sondern auch homines antiquae religionis; die 
Heidenchristen aber sind als die zweiten hinzugetreten. Wie soil 
ihn nun Paulus, der selbst den Fortbestand der jiidischen Ver- 
heifiungen anerkahnte (Rom. 11), in solcher Beurteilnng gestort 
haben? Und wenn er die Consequenzen etwas anders zog als 
Paulus, soil man sich den grofien Apostel als Schulhaupt denken, 
der ein historisch-theologisches System vorgetragen hat? Was 
aber die Krisis und Losung in Act. 15 betrifft, so haben, nach den 
Ubertreibungen der Tiibinger Schule, Keim und Pfleiderer 
selbst anerkannt, dafi zwischen dieser Erzahlung und der leiden- 
schaftlichen Darstellung in Gal. 2 mehr tlbereinstimmung herrscht 
als Widerspruch. Die VerstoCe, vor allem die falsche Datierung 
des sog. Aposteldekrets, sind einem friihen Berichterstatter, der 
aber nicht zugegen war, wohl zuzutrauen. Wenn er c. 16, 4 er- 



1) S. Luk. 16, 17. 

2) Ich liabe schon oben S. 14 auf diese Stelle hingewiesen. Bei 
scharfer Interpretation der Worte: anb rcavTuiv wv ovx tfdvvtf&rjTe ev 
voftcp Mwijaewg 6ixaia)9-f}vai, sv TQVTW naq 6 Ttiorevov foxatovzai, zeigt 
sich eine erhebliche Dift'erenz mit dem Paulinismus, aber docb. mir eine 
solche, die einem Scniiler sebr -wohl zuzutrauen ist. 

' 3) Aber bat es Paulus ganz durcbgedacbt? 



92 Cap. 3.: Uber die angebliche Unmb'glichkeit etc. 

zahlt, dafi Paulus in den lykaonischen Stadteu tiberall jenes De- 
kret eingescharft habe, so hat man zu beachten, daC er anch 
hier nicht zugegen gewesen 1st 1 , und wenn er c. 21, 25 noch 
einmal auf das Dekret zuriickkommt, so kann inzwischen wirk- 
lich etwas Ahnliches erlassen worden sein. 2 Die Reden wie der 
Brief (15, 23 29) sind Conceptionen des Lukas ; aber man hat 
bei jenen Reden, wie uberhaupt bei den groGen Reden, doch in 
Anschlag zu. bringen, daS Lukas ein BewuBtsein davon gehabt 
hat, daC er Petrus anders sprechen lassen rntisse als Paulus. 
Wir mogen dabei noch allerlei mit Recht vermissen; aber die 
Tatsache, dafi er eine Verschiedenheit noch voraussetzt, ja sogar 
den Standpunkt des Petrus von dera des Jakobus unterscheidet, 
fallt doch viel starker ins Gewicht als jene Mangel. Endlich 
es wird dem Lukas besonders streng vorgehalten, dafi er bei der 
Schilderung der Mission des Paulus auf seine Kampfe mit den 
Judenchristen nicht eingegangen ist, sondern immer nur von 
den bosen Juden redet 3 , und daC fur ihn iiberhaupt die inner- 



1) Das geht aus dein ganz summarisclien Bericht (oder vielmehr aus 
dera Sclrweigen) iiber die wichtige Wirksainkeit des Paulus in Phrygien 
und Galatien (16, 6) schlagend hervor. Die Annahrae Ram says, Lukas 
sei wahrend der schweren Krankheit des Paulus in Galatien von dieseru 
als Arzt angenomraen worden, ist also unhaltbar. Erst zu Troas haben 
sich die beiden Manner getroft'en. 

2) Doch erweckt die Stelle den Yerdaeht einer spateren Interpolation. 
Sie nimmt auf c. 15 keine Biicksicht, und der Vers steht auch mit dem 
Vorhergehenden in keiner naheren Verbindung. 

3) In bezug auf die Erzahlungen voni Yerhaltnis der Juden zu den 
Aposteln und zur Mission (und unigekehrt) in den Act. hat die Kritik 
fast alle fruheren Ausstellungen zuriickgezogen (von kleinen VerstoBen 
abgesehen) ; aber um so sicherer hat sie die totale Unglaubwiirdigkeit der 
letzten Zusaninienkunft des Paulus mit den Juden (in Rom) behauptet und 
daraus mit besonderer Zuversicht geschlossen, der gute Bericht brache 
mit c. 28, 16 ab und sei sornit unzweifelhaft eine Quelle, nicht aber das 
Werk des Verfassers des Ganzen. Ich kann ihr auch hier nicht Recht 
geben; sie hat nicht genau genug zugesehen (iiber den guten sprachlichen und 
stilistischen Zusanirnenhang des SchluBabschnitts mit den Wirstiicken s. o. 
S. 46 f.). Zunachst ist klar, daB das Stuck 28, 17-31 als SchluBstuck fur 
das ganze Werk ausgestaltet ist; das Acumen liegt in dem Citat Jesaj. 6,9f. 
und der daran gehangten Folgerung: yvcoavov ovv eata) vfuv on rolq 
S&VSGIV fateardhr] rovto TO GCOTI'JQLOV rov &EOV' avrol stal dutovoovraL. 
Die Juden sind verstockt und verworfen, die 'Heiden sind angenoinrnen: 
das war ja das thema probationis des ganzen Werks. Als Schriftsteller 



Der Absclmitt Act. 28, 17-31. 93 

cbristliclien Spannungen mit dem. Apostelconcil beseitigt sind. 
Diesem ernsten Einwurf gegeniiber wird man sich nicht auf die 



hatte der Verf. das Recht gehabt, eine Scene, die das illustriert, zu er- 
finden; allein von ihna erfunden ist die Verhandlung mit den roinischen 
Juden gewiB nieht; denn sie paBt sehr schlecht zu jener SchluBfolgerung : 
Paulus legt den roinischen Juden, die zahlreich in seine Wohnung ge- 
korumen sind, das Evangeliuni dar, und der Erfolg ist: oi JASV Unel&ovro 
rolq keyoftsvoig, oi 6e tfnlcTOW. Das ist doch eine Wirkung, mit welcher 
die furchtbare Yerfluchung des Jesaja-Citats nur schlecht stimmt; sie 
kommt wie aus der Pistole geschossen. Also beruht die vorangegangene 
Erzahlung nicht auf freier Erfindung, sondern auf tJberlieferung. Um so 
schlimruer, wird man sagen, und um so unmb'glicher fiir Lukas. Was 
enthalt die Erzahlung? Sie sagt, daB Paulus in Bom die jiidischen Vor- 
steher zu sich eingeladen und ihnen alles das zu seiner Apologie vor- 
getragen hat, was er auch in Jerusalem und Casarea dem Judentum 
gegeniiber geltend gemacht hatte. Will man das beanstanden, so inuB 
man axich jene Abschnitte beanstanden; aber daB Paulus, wo es ihni 
niitzlich und geboten erschien, sich als auferstehungsglaubigen Juden ge- 
geben hafc nur daB er die Auferweckung von dem Messias Jesus er- 
wartete , ist sehr glaublich, und daB seine Beteuerungen (er habe nichts 
gegen sein Volk unternommen, er komme nicht, um anzuklagen, und er 
trage seine Kette um der Hoffnung Israels willen), historisch sind, ist 
auch nicht zu bezweifeln. Hier ist also noch nichts Anstb'IJiges. Aber 
hochst aufi'allend ist es nun, daB die Vorsteher erwidern, daB sie von 
Judaa weder eine (officielle) schriftliche Mitteilung iiber Paulus erhalten 
hatten, noch auch durch einen reisenden Bruder orientiert oder vorein- 
genommen worden seien; sie wollten ihn daher nun selber horen; denn 
bisher wuBten sie von dieser Sekte nur, daB ihr iiberall widersprochen 
werde. Das Ausbleiben einer officiellen Nachricht ist gerade noch mog- 
lich; der fehlende reisende Bruder ist bereits recht unwahrscheinlich ; die 
indirekte Behauptung aber, daB es in Rom keine Christen gibt oder doch, 
daB sie nichts von ihnen am Ort wissen so muB es nahezu scheinen , 
ist eine UnmSglichkeit. WeiB sucht ihr durch den Hinweis darauf zu 
entgehen, daB der Streit um die Messianitat Jesu in der Judengemeinde 
Roms weit hinter den gegenwartigen Vorstehern lag und sich die gegen- 
warbige Christengemeinde in Rom als eine wesentlich heidenchrisfeliche 
ganzlich von der Synagoge getrennt hielt. Allein diese Auskunft ist 
offenbar ganz ungentigend. Der Streit um die Messianitat Jesu, einmal 
in der Judenschaft Roms begonnen, hat doch nie aufgehort, und selbst 
wenn er aufgehort hatte, ist es undenkbar, daB die Vorsteher in dieser 
Hinsicht nicht orientiert geblieben waren; im Folgenden wird aber nahezu 
so erzahlt, als verkiindige Paulus ihnen nun die evangelische Botschaft 
als etwas ihnen Unbekanntes. Unzweifelhaft steht also eine groBe Tor- 
heit im Texte; aber wird sie dadurch besser, daB man sie auf einen 



94 Qap. 3: Uber die angebliche Unmb'glichkeit etc. 

Beobachtung berufen durfen, daB aufier der ersten kurzen Be- 
ruhrung in Troas uud Philippi (auf der sog. 2. Missionsreise) 



Dritten, Spateren schiebt, nachdeni der Romerbrief langst "bekannt war? 
Wie ist also zu helfen? Wir erkannten oben, daB die Erzahlung nicht 
von Lukas erfunden sein konne. Was war ihni darnach berichtet und 
bekannt? Natiirlich nicht die Reden, welche Paulus und die jiidischen 
Vorsteher niiteinander gefiihrt haben denn da war er nicht zugegen 
und gibt sich aucli niclit den Anschein der Augenzeugenschaft , sondern 
die Tatsache einer Verhandlung des Paulus mit den Vorstehern auf seine 
Einladung in seiner Mietswohnung, und weiter eine zweite Scene eben- 
falls in seiner Wohnung, bei der er Gelegenheit hatte, einer ziernlichen 
Anzahl von Juden (ob aucli den Vorstehern?) das Evangelium darzulegen 
und einen Teil derselben fur Christus zu gewinnen. Beides hat nichts 
gegen sich. DaB er den Vorstehern, deren Verhalten bei dem ProceB vor 
dem Kaiser von hochster Bedeutung war, zu sich eingeladen hat (natiir- 
lich nicht, um sie sofort zu bekehren, sondern uni sie fur seinen ProceB 
giinstig zu stiuinien, was iibrigens mit durren Worten gesagt ist) und 
daB sie zu ihm, dem roniischen Burger, gekommen sind, ist glaublich. 
Die nachste Scene hat vollends nichts gegen sich. Auch das ist uoch 
glaublich, daB die Vorsteher zungiChst Bedenken trugen, sich in die Sache 
zu mischen, und eine diplomatiscne Haltung einnahnien. Sich in eine 
Anklage gegen einen roniischen Burger mischen mit der Aussicht als 
Calumniator hingestellt zu werden, war nicht verlockend, zunial da Pau- 
lus auch den SpieB umkehren konnte (was er ja selbst andeutet). Diese 
diplomatische Haltung, die ihni bekannt war, hat Lukas wiedergeben 
wollen. Dabei hat er sich schwer vergrifl'en, indem er sorglos und 
unbedacht, wie er oft geschrieben hat, wenn er nicht als Augenzeuge 
schrieb die Zuriickhaltung der Vorsteher: ,,wir wissen bisher nichts 
von Dir" auf die Sache selbst ausdehnte, beinahe als hatten sie bisher 
nur von auswarts vorn Christentum gehort. Doch bleibt es wichtig, daB 
das nicht rn.it klaren Worten im Texte steht, wenn er auch fast so lautet. 
Zusarnrnenfassend darf man sagen: alles Tatsachliche in 28, 17f. er- 
weist sich an sich und weil die gesuchte Nutzanwendung nur 
mit Miihe angehangt werden konnte, durchaus als glaub- 
wiirdig; ja ein Berichterstatter, der hier zwei Scenen (die eine 
mit den Vorstehern, die andere mit jiidischen Besuchern) auseinander 
gehalten hat, verdient alien Glauben und verliert seinen An- 
spruch, als ortsanwesender Zeitgenosse zu gelten, nicht. Glaubwiirdig ist 
auch, daB beide Scenen mit einem gewissen Erfolge geendet haben: 
die Vorsteher behandelten den Fall diplomatisch , und einige Juden 
wurden fur das Evangelium gewonnen. Unglaubwiirdig ist ledig- 
lich ein den Vorstehern in den Mund gelegter miBgliickter 
Satz. Nun aus einem solchen Satz darf man doch nach alien Regeln 
der Kritik iiberhaupt nichts schlieBen, zumal wenn er dadurch nicht ver- 



Yerschweigen der innerchristlichen Spannungen. 95 

Lukas erst beim Antritt der letzten Reise des Paulus nach Jeru- 
salem zu dein Apostel in Troas gestofien ist und daB damals 
die Zeit der brennenden inneren Kampfe voriiber war. tiber 
sein Verhaltnis zu den Judenchristen muB sich Paulus haufig 
auch Lukas gegeniiber geauBert haben. Aber ein Dreifaches 
kornmt in Betracht: 1. Lukas hat die gesetzliche Haltung der 
jerusalemischen Gremeinde und des Jakobus, wie wir gesehen, 
noch in der Zeit Neros nicht rersehwiegen, aber er nabm an 
ihr so wenig AnstoB wie Paulus selbst, da jene_ eben geborene 
Juden waren; 2. der Plan, den er mit der Apostelgeschiehte 
verfolgte, notigte ihn nicht, auf die innerchristlichen Spannungen 
naher einzugehen, ja muBte ihmjlavon abraten. Er wollte zeigen, 
wie durch die Kraft des hi. Geistes, der in den Aposteln und 
erwahlten Mannern wirksani war, sich das Evangelium von Je- 
rusalem bis Roin verbreitet, und wie es auf diesem Siegeszuge 
die Heiden gewonnen hat, wahrend das jiidische Volk einer stei- 
genden und schlieBlich definitiven Verstockung anheimgefallen 
ist. Was sollten da die innerchristlichen Spannungen, zumal sie 
sich nach deni J. 70 sehr anders ausnahmen als vorher? Der 
groBe Optiniismus, m welchem Lukas erzahlt und durch den er 
bereits ein Vorlaufer der Apologeten und des Eusebius geworden 
ist, erlaubte es nicht, storende Kleinigkeiten zu buchen. Dar.u 
3.: im Verschweigen hat er auch in seinem Evangelium manches 
geleistet; deutlich springt das in die Augen, sobald man ihn 
mit seiner Quelle, deni Markus, vergleicht. 1 Warum soil aber 



standliclier oder verstandiger wird, daB man ihn dem bekannten ano- 
nymen Sundenbock, der alle VerstoBe der homines noti zu tragen hat, 
zuschiebt. 

1) S. die Nachweisungen in Wellhausens Commentar, so z. B. S. 42. 
45. 134. Wie er im Evangelium AnstSBiges in bezug auf Jesus (z. B. das 
Eli Eli) und Ungiinstiges in bezug auf Petrus und die Jiinger, ferner Un- 
bequemes, wie den Befehl, die Jiinger sollten sich nach Galilaa begeben, 
unterdriickt hat, so wird er auch in der Apostelgeschiehte manches fur 
Paulus oder Petrus Ungiinstige absichtlich "weggelassen haben. So kann 
ihrn die Scene in Antiochien zwischen den beiden Aposteln (Gal. 2) 
schweiiich unbekannt geblieben sein. Urn so auft'allender ist es, da8 er 
den Streit des Paulus und Barnabas Tiber Markus berichtet und dabei 
augenscheinlich gegen die beiden letzteren Partei nimmt. Es ist das 
bei den Grenzen, die er sonst in seiner Erzahlung einhalt, hochst auf- 
fallend und kann nur aus einer gewissen Animositat gegen Markus er- 



96 Cap. 3: Uber die angebliche TJmnoglichkeit etc. 

ein Apostelschiiler nicbts absichtlich verscbwiegen baben, warum 
mufi er desbalb dieser seiner Qualitat entkleidet werden? Hatte 
nicbt die von Gott geleitete Gescbicbte selbst durch. ihren ehernen 
Gang gezeigt, was ein Erzahler uni das Jahr 80 erzablen muBte 
und was er zu iibergehen hatte? Was aber dabei das Verbalt- 
nis znr romiscben Obrigkeit betrifft, so bat sicb alles als nicbtig 
erwiesen, was man in dieser Beziehnng dem Lukas vorwerfen zu 
niiissen gemeint bat. GewiB folgte er in seiner Darstellung 
einer Tendenz: die romiscbe Obrigkeit ist dem jugendlicben 
Cbristentum viel freundlicber gewesen als die jiidiscbe Obrigkeit 
und die Juden, die jene unermiidlicb aufzustacheln versucbt 
baben. Aber diese Tendenz entspracb der Wirklicbkeit, 
Und mag sie Lukas auch .ajijBinigen Stellen iibertrieben baben 1 , 
wie er im Evangelium den Pilatus iiber Gebiibr entlastet bat, 
so ware darin immer nocb kein Beweis zu seben, dai$ er kein 
Begleiter des Paulus gewesen sein kann. 2 

4. In dem Abscbnitt c. 17 19 hat man allerlei Unebenbeiten 



Mart -werden; denn den Barnabas verehrt er. Naheres s. u. Zu dem 
von Lukas Unterdriickten gehort auch die Weissagung Mark. 10, 39 mit- 
samt der ganzen Perikope. Er hat sie unterdriickt, well sie sich in bezug 
auf Johannes nicht erfullt hat. DaB die Jstelle ein vaticinium post even- 
turn, sei und Johannes wirklich den Martyrertod er-litten habe, davon ver- 
mag ich mich nicht zu uberzeugen. Das negative Zeugnis des Irenaus 
und Eusebius ist m. E. viel starker als das, was nach Anderen angeblich 
bei Papias gestanden hat. Mark. 10, 35 ff. ist eine Weissagung Jesu, die 
sich zur Halfte nicht erfiillt hat. Zu ihrer Correctur und Verdrangung 
ist dann die andere Weissagung erfunden worden (Joh. 21, 23), Johannes 
werde iiberhaupt nicht sterben. 

1) Ich vernaag tibrigens solche Ubertreibungen in den Act. nicht zu 
finden, es sei denn was allerdings wahrscheinlich daB die Dar- 
stellung des Verlaufs des Processes in Casarea (s. auch 28, 17 19) etwas 
zu ronierfreundlich ist. 

2) Er hat tibrigens auch Ungunstiges von der Obrigkeit erzahlt (so 
in Philippi) und umgekehrt den Gamaliel-Rat und seinen giinstigen Er- 
folg im Synedrium nicht verschwiegen. Das groBe Problem, welches die 
beiden SchluBverse der Apostelgeschichte bilden, weiB ich nicht zu losen 
(Absicht eines dritten Buchs? man legt auf das jrptorov [statt itQOTSQOv] 
in Act. 1, 1 Gewicht). Aber ein schlechter Einfall war es, zu vermuten, 
daB er das Martyrium des Apostels nicht erzahlt habe, um den Eindruck 
der Freundlichkeit der rb'mischen Obrigkeit nicht zu verwischen. Wie 
stellt man sich einen alten Christen vor, der die Erzahlung eines aposto- 
lischen Martyriuras einer politischen Absichfc wegen unterdruckt hat! 



Das Verhaltnis des Wir-Bericlits zuni ganzen Werk. 97 

und kleine Abweichungen von den in den Paulusbriefen erzahlten 
Tatsachen aufgewiesen, einige nrit Recht; andere sind nur an- 
gebliche. Im allgemeinen darf man sagen, daB diese drei Ca- 
pitel ein glanzender Abschnitt in der Apostelgeschichte sind, 
obgleich der Verfasser hier nicht Augenzeuge gewesen ist *. Die 
geschichtlichen Angaben in den Paulusbriefen bestatigen die 
Lukanische Erzabhmg in geradezu iiberraschender Weise und 
inachen es deutlich, daB Lukas hier einen oder mehrere gute 
Beriehterstatter gehabt hat. Einen oder zwei hat man wohl mit 
Recht in c. 19, 29 gefunden, Aristarch und Gajus (s. S. 9); ilire 
Erwahnung hier ist schwer verstandlich, wenn sie nicht die Gre- 
wahrsinanner des Lukas gewesen sind, und mit Aristarch hat er 
ja spater die lange Reise nach Casarea und von -dort nach Rom 
zusammen gemacht. Wundert man sich aber dariiber, daiJ man 
in der Aposte]geschichte in den Abschnitten, in denen der Yerf. 
nicht als Augenzeuge spricht, Grehaltvolleres von Paulus erfahrt 
als in den anderen, so vergiBt man, dafi im Sinne des Lukas und 
jener Zeit GroBerjgs von dem Apostel nicht erzahlt werden konnte, 
als was in den Wirstiicken erzahlt ist. Wir haben oben (S. 24) 
diese Stiicke zusammengestellt (Beschworung einer Bauchrednerin, 
eine Totenerweckung, Heilung eines gastrischen Fiebers, vor 
allem aber Pauli Yerhalten im Seesturm mit der Engelerscheinung 
und der Weissagung); sie geben mindestens dem nichts nach, was 
Lukas auf Berichte hin mitgeteilt hat. Bieten aber die Wirstiicke 
in dem, was sie enthalten und nicht enthalten, ein Problem, so 
wird di'eses Problem sicher dadurch nicht geringer, daB man sie 
als eine besondere Urkunde betrachtet. Noch niemand hat sie 
mit einiger Wahrscheinlichkeit als solche abzugrenzen ver- 
standen. Einige greifen bis c. 11 zuriick und beziehen auch die 
Capp. 21 26 ein, wahrend andere den Bestand der 97 Verse 
noch durch Abztige schmalern. Was der angebliche Verfasser 
hat bieten wollen, ein Tagebuch oder eine Biographic des Paulus, 
dariiber herrscht Ratlosigkeit. Sie schwindet wenn auch nicht 
alles klar wird bei der Einsicht, daB, Lukas, der den Apostel 
als Arzt und Mithelfer begleitet und viel spater sein Geschichts- 
werk ausgearbeitet hat, erst auf den letzten beiden groBen Reisen 



1) Also konnen FeHer in der Darstelhmg nicht sofort gegen Lukas 
als Autor geltend gernacht werden. 

Harnack, Lukas. 7 



98 Cap. 3: Uber die angebliche Unnib'glichkeit etc. 

(von Troas nach Jerusalem mid von Casarea nach Eom) der 
Gresellschafter und Heifer des Apostels gewesen ist, wahrend er 
ihm vorlier nur einmal von Troas bis Philippi und kurz 
zur Seite gestanden hat. Sobalcl man scharf im Auge behalt, 
dafi, eben nacli den Wirstucken, Lukas auf dern Hohepunkt der 
Wirksainkeit des Paulus und das sind die Jahre von dern 
Aufenthalt in Philippi bis zur letzten Reise nacb Jerusalem 
niclit in der Begleitung des Apostels gewesen ist, finden die 
meisten kleinen AnstoBe ihre Erklarung. Das Bild aber, welcbes 
er von Paulus entworfen bat, ist im Sinne des Altertums nicbt 
ein solcbes, wie es der Panegyriker zeicbnet, sondern es ist ein 
Greschichtsbild. Alle panegyriscben Zuge fehlen, wahrend da- 
gegen die Grenieinde von Jerusalem und das Wirken der Apostel 
in ibr mit solcben ausgestattet ist 1 . GewiC die Apostel- 
gescbicbte ist kein Spiegel, durch den wir in die Seele des 
Paulus zu blicken verrnogen; aber rnuB ein Apostelscbiiler 2 die 
Fahigkeit besessen baben, den Verfasser des Galaterbriefes und 
der beiden Korintherbriefe zu durchschauen und zu charakte- 
risieren? Anderseits aber ist doch das, was Lukas in der Cba- 
rakteristik des Paulus durch die drei groBen Reden (in Antiochien. 
Athen und Epbesus) geleistet hat, aller Anerkennung wert. Nicht 
nur spricht nacb den Briefen alles dafiir, daC der Apostel in den 
Grundzugen wirklicb so zu empfanglicben Juden geredet hat wie 
in Antiochien, und so zu Heiden wie in Athen, und so seine 
Gemeinden ermahnt hat wie zu Milet, sondern die letzte Rede 
enthalt auch neben den dem Lukas eigentiimlichen weichen 
Ziigen 3 niehrere einzelne Aussagen, deren Echtheit (dem In- 
halt nach) durch die Briefe beglaubigt wird 4 . Man denke 
nur an den Selbstruhm, an die Konstatierung der eigenen Un- 



1) Doch fehlen auch hier dunkle Ziige nicht (die Ananiasgeschichte ; 
der Streit der Hellenisten und Hebraer, der Gegensatz zwischen den 
Christen aus den Pharisaern und den anderen). 

2) Ubrigens wissen wir nicht, ob Lukas ein Schiller des Paulus im 
eigentlichen Sinn gewesen ist. Die Art, wie er sich c. 16, 13 neben ihn 
stellt, obgleich er ihni dann in 16, 14 alle Ehre gibt, spricht nicht dafiir. 

3) Doch konnte auch Paulus gelegentlich ahnlich empfinden; aber 
das Riihrende ist stets schnell dern Heroischen gewichen. 

4) Zu Milet ist Lukas zugegen gewesen, zu Antiochien und Athen 
nicht ; was wohl zu beachten ist. 



Paulus in der Aposfcelgeschichte. 99 

eigenniitzigkeit und an den merkwurdigen Ausdruck (20, 28): 
irjv sx%2.?]Giav TOV -8-sov, T\V jreQisxoi'rjGaTo dia TOV aifiaroq 
TOV idiov 1 . 1st man durck J 3, 38. 39 an Galater- und Ronier- 
brief, so 1st man durch jenen Ausdruck an Ephes. und Koloss. 
erinnert; die ganze ephesinisehe Rede aber ruft die Thessalonicher- 
briefe ins Gedachtnis. Der Verfasser der Apostelgeschichte doch 
kein Apostelschiiler ich mb'ehte umgekehrt fragen: wer anders 
als ein personlicher Kenner des Paulus kounte ihn so schildern, 
wie dieses Bucli ihn schildert? Am Anfang des 2. Jahrhunderts 
sollte es einem Verehrer des Apostels noch rnoglich gewesen sein, 
so konkret zu erzahlen und in diesem MaBe den Panegyrikus zu 
vermeiden? Man diirfte, auch wenn kein ,,Wir" in dem ganzen 
Buche stande, kauni zweifeln, daB der Verfasser die Missions- 
wirksamkeit des Paulus von c. 13 bis zuni SchluC anlangend 
auf Grund von Augenzeugenberichten geschrieben hat und Zeit- 
genosse dieser Augenzeugen gewesen ist. In Walirneit hat aucn 
noch niemand einen glaubhaften Paulus nur nacli seinen Briefen 
gezeichnet. Die Versuche in dieser Richtung haben zu grotesken 
Einseitigkeiten gefiihrt, liber welche die Geschichtschreibung 
hinweggegangen ist. Das Bild, welches die Apostelgeschichte 
gibt, ist stets ein konkurrierender Faktor geblieben, weil die 
Fiille des Tatsachlichen doch die Mbglichkeit gewahrt, aus dern 
AuBerliehen zum Innerlichen vorzudringen. 

Aber der ,,Paulmisrnus" des Lukas man hat ihn ebenso 
oft behauptet wie bestritten. Einiges ist dariiber schon ange- 
deutet worden, auch daB er im Vocabular (nicht nur in Wortern, 
sondern auch in Worten) dem Paulus sehr viel naher steht als 
Markus oder gar Matthaus (s. o. S. 14f.)- Allein schon Act. 27, 35 
u. Luk. 22, 19 geniigt, urn den Paulinismus des Luka v s im auCer- 
lichen Sinn zu erweisen. -Lukas ist noch universalistischer als 
Paulus, weil dem Hellenisten der Universalismus nie eine Frasre 

' O 

gewesen ist welch eine Eiusicht daher, daB er die Schwierig- 
keit theoretisch doch lioch so begreiffc, wie das in der Geschichte 
der Bekehrung des Hauptmanns in Casarea hervortfitt- 2 ! Lukas 
ist den verstockten Juden geg'entiber fast paulinischer ais Paulus; er 



1) Der Satz ist um so merkwiirdiger, als sicli diese Schatzung der 
ICirclie sonst bei Lukas niclit findet (s. o. S. 25 f.)- 

2) Freilich. half ihin dabei sein Respekt vor der ,,religio antiqua" (s. o.). 



100 Cap. 3: Uber die angebliche Unmoglichkeit etc. 

deukt iiber Gesetz und ATliche Ordnungen anders als Paulus *, 
und die Siinden- und Gnadentbeorie des Paulus liegt ilim ganz 
fern. Er hat eine grenzenlose, ja paradoxe Liebe zu den Siindern 
und die sicberste Zuversicht zu Vergebung und Besserung 2 , die 
nur auf der Folie seiner allgeineinen Menscbenliebe ertraglicb 
ist 3 . Das ist ganz unpaulinisch; aber niclit nur um Temperaments- 
unterschiede bandelt es sicb, sondern Lukas ist in dieser Hin- 
sicbt uberbaupt kein Pauliner 4 , und weil er in bezug auf die Siinde 
nicbt in die Tiefe geht, tut er es aucb nicbt in Bezug auf die 
Erlosung. Seine ,,Soteriologie" ist trotz allem Reicben und Tiefen, 
was er von Cbristus erzablt, das Scblimmste. Der Verdacbt isfc 
an einigen Stellen nicbt zu unterdrucken, dafi sicb fur ihn nabe- 
zu alles in die zauberiscben Wirkungen des Namens Cbristi zu- 
sammendrangt: Cbristus der tibermenscblicbe Medizinmann und 
Exorcist; darum aucb die Wunderbeilung die eigentlicbe Funk- 
tion und Probe der neuen Religion. Glaube ist zunacbst gar 
nicbt notig. Erst das Wunder und sein Effekt, dann der Glaube: 
das ist die Meinung des Lukas. Wie tief und wertvoll erscbeint 
die so bescbweiiicbe Gnosis des Kreuzes Cbristi, in der Paulus 
sicb abgenmbt bat, erscbeint seine miibsame Tbeorie von Glaube 
und Recbtfertigung, von Recbtfertigung, Geist und neuem Leben, 
wenn man sie mit diesen bellenistiscben Oberflacblicbkeiten ver- 
gleicbt! Aucb Paulus glaubt an das magiscbe Sakrament, aucb 
er kennt den Christusgeist, der als Naturkraft wirkt, aber er 
begniigt sich nicbt damit. Weil er in der Tiefe des sitt- 
licben Gerniits erfaBt ist, strebt er aus der Zauberwelt heraus. 
Lukas scbeint sicb mit ibr zu begniigen; aber er vermag daneben 



1) Selir riclitig macht Wellhausen (Luk. S. 134) darauf aufinerk- 
sarn, daB nach Lukas die Tempellasterung Jesu niclit der Grund zu seiner 
Verurteilung gewesen ist. 

2) S. Welihausen, Einl. S. 69. 

3) Herder hat ihn mit Eecht den Evangelisten der Philanthropie 
genannt. 

4) Wie Paulus iiber Siinde und Sunder denkt, ist bekannt; Lukas' 
Standpunkt ist einerseits nach der Auswahl der Parabeln, die Sunder an- 
langend, zu beurteilen, andererseits nach Act. 10, 35: ova sativ 
?.^u7tT^q 6 8-Eog, AA 3 ' ev Jtavxl %&vei 6 (poftovftevoc; avrov teal 

voq SixatoGvvJiv [s. dazu Born. 2, 10; 4, 4f.; Gal. Q, 10; Eph. 4, 28] 

avro) Gnv, und Act. 17, 29 ff. (die Heiden werden jetzt yon der Unwissen- 

heit, d. h. deni Gotzendienst, befreit). Damit vergleiche man Eom. 1 u. 2.. 



Das Christentum des Lukas. 101 

Tieferes, was er von anderen, Jesus und Paulus, gelernt, zu re- 
produzieren. Er 1st kein Pauliner 1 , aber er zeigt ganz deut- 
lich, daB er den Paulinismus kennt und aus ihm schopft. Kann 
er in dieser geistigen Verfassung ein Begleiter des Paulus ge- 
wesen und geblieben sein? Man 'kann mit der Gegenfrage ant- 
worfcen: Wie denkt man sich die griechischen Begleiter und 
Freunde des Paulus? Wenn sie samtlicE oder auch nur der 
Mehrzahl nach Pauliner im . strengen Sinn gewesen sind wie 
ist dann die Heidenkirche in Asien, Griechenland und Rom so 
ganz unpaulinisch geworden? Wo ist denn der Paulinismtis, 
aufier bei Marcion, geblieben, und was ist bei Marcion aus ihm 
geworden? Man wird sich doch entschliefien mussen, sich nicht 
nur den Paulinismus elastischer zu denkeu, sondern vor allem 
sich eine andere Vorstellung davon zu niachen, was Paulus in 
seiner nachsten Nahe ertragen hat. Wer Christus als den Kyrios 
bekannte, die Giiter und die Laster der Welt floh, in dem A. T. 
die Gottesoffenbarung sah, die Auferstehung erwartete und den 
Griechen dies verkiindete, ohne ihnen die Beschneidung und das 
Ceremonialgesetz aufzuerlegen, der war Pauliner. In diesem Sinn 
war es auch Lukas 2 . Dazu kam noch sein Respekt und seine 
Verehrung dem Apostel gegeniiber, die ihn in Paulus eine Auto- 



1) Auch nicht in seiner Ethik; sein ,,Ebionismus" ist hellenistische 
"Weltflucht und Siinderliebe, obgleich das Worfc aydnrj in der Apostel- 
geschichte nie, iin Evangelium nur einmal vorkomnit (11, 42: Liebe zu 
Gott) unfi auch ayanav in der Apostelgeschichte fehlt. Seine Abneigung 
gegen die Reichen triffb mit der Stimniung der Arnien in Palastina zu- 
sammen, ist aber anders motiviert. 

2) Das Problem, welches in Hinsicht des Verhaltnisses des Lukas zu 
den paulinischen Briefen besteht (s. o. S. 18), ist in bezug auf die Frage, 
ob er der Verfasser des groBen Geschichtswerks sein kann, indifferent. 
Glaubt man Spuren der Lekture dieser Briefe bei ihm zu finden, so ware 
das nicht auffallend; meint man, daB sie trugerisch sind, so ^Lllt das auch 
nicht ins Gewicht. Doch wird die Nicht-Benutzung dieser Briefe ratsel- 
hafter, je weiter man mit dem Buche glaubt herabsteigen zu mussen. 
Meines Erachtens kann von keinem einzelnen Paulusbrief behauptet 
werden, daB der Verfasser der Apostelgeschichte ihn gelesen haben miisse 
(gegen Weizsacker und Jacobsen) an I. Thess., Coloss. u. Ephes. 
konnte man noch am ehesten denken , andererseits aber sind Beobach- 
tungen genug vorhanden, die beweisen, daB der Autor der Apostel- 
geschichte von der Gedankenwelt und Sprache des Verfassers jener Briefe 
Kenntnis hat. 



102 ^ a P- 3 ; tJber die angebliche Unnioglichkeit etc. 



ritat zu sehen lehrten fast so groJi wie die des Petrus l 
imd ihn anleiteten, sich an . der Predigfc des Paulus zu bilden, 
soweit ihm das nach seiner Nationalitat und Eigenart moglich 
war. Die letztere ist bei aller Weitherzigkeit scharf und ein- 
heitlich ausgepragt. Wenn man die Apostelgeschichte nach der 
literarkritischen Chrie behandelt, kann man sie in ein halb 
Dutzend Sehichten zerblattern; wenn man sie mit Vernunft liest, 
wird man einen Geist und eine Hand auch in dem Ange- 
eigneten finden 2 . 

Als Christ ist Lukas von Paulus durch eine Kluffc zu seinen 
Ungunsten getrennt; aber seine Biicher bieten uns doch noch 
eine andere Seite. Neben der hellenischen religiosen Magie und 
dem Exorcismus steht bei ilim der hellenische Logos und 
die hellenische Form; durch beides ist er in seinen Schriften 
ein Baumeister jener Heidenkirche geworden, welche die Welt 
erobert und die Religion spiritualisiert und individualisiert hat. 
Derselbe Mann, der ein Geisterseher und Exorcist war wie 
Philippus, hat das Evangelium zuerst in hellenische Form ge- 
gossen und hat die evangelische Verkiindigung durch hellenischen 
Geist geklart. Hatte er nichts anderes geschrieben als die Rede 
des Paulus zu Athen, so ware das bereits offenbar; aber er hat 
in seinem Evangelium formell und inhaltlich die Predigt von 
Christus mit kleinen, aber wirksamen Mitteln hellenisiert, und er 
ist in seiner Apostelgeschichte der erste Geschichtschreiber der 
Kirche geworden. Durch dieses Kunstwerk denn das ist die 
Apostelgeschichte, ja eine schriftstellerische Leistung ersten 
Ranges im Aufbau 3 nicht minder wie im Stil hat er etwas 
ganz Eigenartiges und Bleibendes geschaffen. Wir kennen die 
Wirkungen des Buches nicht, aber wir wissen, daB es kanonisiert 
worden ist, und das sagt genug. Lukas ist der Erste und Grund- 

1) Uber Lukas und Petrus s. Wellhausen, Luk. S. 124. 

2) Die -willkurlicb-e und glossatorische Uberlieferung ist naturlich 
vorzubehalten. 

3) Gegen den Aufbau, wie er sich erst zur Geschichte des Paulus, 
dann zuletzt zur Schiffbruchserzahlung verengt, la(St sich nach der Schul- 
lehre viel einwenden, aber psychologisch betrachtet ist er uniibertrefflich. 
Das Buch beginnt niit Orgelton und Glockenklang, mit der Schilderung 
einer himmlischen neuen Welt; allmahlich wird man in die Wirklichkeit 
gefiihrt und am SchluB erlebt man an der Seite des grofien Apostels den 
Seesturm mit, blickt ihrn ins Auge und hort seine Worte. 



Lukas der Enthusiast und Hellenist. 103 

legende in der Reihe, die durch Clemens Romanus (die Tatigkeit 
der romischen Gemeinde *), die Apologeten, Clemens Alex., Ori- 
geoes und Eusebius bezeichnet ist. Der grofie ProzeB der 
Ernuchterung und Hellenisierung ist durch denselben Mann be- 
gonnen worden, der daneben noch tief in der doppelten Wunder- 
welt, der palastinischen und der griechischen, steckte, und der in 
seiner gliihenden und sturmischen Sehnsucht nach dem Ende 
und .dem Rachetage 2 keinem Judenchristen nachstand. Eben 
dieser Punkt 3 aber zeigt noch eimnal, dafi wir es wirlich mit 
einem Maun der ersten griechischen Generation in der Geschichte 
des Christentums zu tun haben. Er hat mit Urchristen, mit 
Paulus, personlich verkehrt. Wie ganz anders die empfanden, 
die nichts als Hellenisten waren und die Urzeit nicht selbst er- 
lebt batten, kann man an dem wenig jiingeren Clemens Romanus 
und an Ignatius studieren. Paulus und Lukas sind Gegenbilder. 
Wie jener nur verstandlich ist als Jude, der aber personlich in 
den engsten Kontakt mit dem Hellenismus gekommen ist, so 
dieser nur als Hellene, der aber personlich mit dem jtidischen 
Urchristentum noch Fiihlung gehabt hat. Nur aus einer solchen 
Fuhlung konnte ein Hellene den ungeheuren Mut schopfen, ein 
Evangelium und die alteste Greschichte des Christentums zu 
schreiben. Die anderen Evangelisten sind samtlich, einschlieB- 
lich des Verfassers des Hebraerevangeliums, geborene Juden. 

1) Die Bedeutung der xomischen Gemeinde in dieser Hinsiclit ist 
noch nicht geniigend beachtet -worden. Sie kann aus dem 1. Clemens- 
brief abgelesen werden, den man, so lange ^nian diese Seite in ihm nicht 
wiirdigt, notwendig unterschatzt. 

2) Da6 die Parusie sich verzb'gerte, konnte nicht mehr verkannt 
werden; aber noch stieg kein Zweifel daran auf, daB sie kommen -werde. 

3) Mit Recht stark betont von Wellhausen (Luk. S. 97f. und sonst). 



Viertes Capitel: Consegueuzeu. 

Name ist Schall und Kauch fiir die Geschichte gilt dieses 
Wort nur teilweise. Kein Name vermag freilich eine unglaub- 
liche Greschichte glaubhaft oder wahrscheinlich zu machen, aber 
der Name eines Zeitgenossen und Augenzeugen verbiirgt die 
Tatsachlichkeit einer moglichen Geschichte, wenn sonst keine 
Einwendungen zu machen sind. Und dariiber hinaus der 
Name sagt uns in der Regel, wo, unter welchen Umstanden und 
zu welchem Zwecke die tJberlieferung fixiert worden ist. Zu- 
nachst aber mussen wir uns die Person verdeutlichen, die hinter 
dem Namen ,,Lukas" steht. 

Ist der Lukas, den Paulus dreimal in seinen Briefen erwahnt 
hat, mit dem Verfasser des grofien Geschichtswerks identisch, so 
bleibt er fur uns nicht mehr imDunklen, und der Kritik seiner 
Erzahlungen sind bestimmteGrenzen gezogen. Aufdersog. 
2. Missionsreise in Troas (oder kurz vorher) ist der aus Antiochien 
gebiirtige, griechische Arzt Lukas mit Paulus zusammengetroffen. 
Wann und durch wen er Christ geworden, ob er vorher in der 
Diaspora Fuhlung mit dem Judentum gehabt hat, wissen wir 
nicht; nur das ist gewifi, daC er in Jerusalem und Palastina nicht 
gewesen ist. Er verfugte iiber eine mittlere Bildung und besafi 
eine mehr als gewohnliche schriftstellerische Fahigkeit. Zu dem 
Christentum scheint ihn sein arztlicher Beruf gefiihrt zu haben; 
denn er ergriff es in der Zuversicht, durch dasselbe noch in ganz 
anderer Weise als bisher Krankheiten heilen, bose Geister aus- 
treiben, vor allem aber auch als Seelenarzt wirksam sein zu 
konnen. Durch seinen Beruf auf die Elenden und Schwachen 
gewi_esen, steigerten sich seine sozialen Empfindungen ftir die 
Klasse der Miserablen, indem er die Kraft und die Wirkungen 



Consequenzen. 105 

des Namens Jesu und des Evangeliums aufnahm, anwandte mid 
verkiindete. Zu Paulus ist er sofort in das Verhaltnis eines Mit- 
ar belters getreten, indem er mit ihm und Silas nacli Philippi 
hiniiberfuhr und dort pre^digte (16, 13). Aber das Zusammensein 
war nur von kurzer Dauer. Noch in Philippi die Grande 
sind unbekannt hat er sich von dem Apostel getrennt 1 , um 
sich erst nach einigen Jahren wieder, und zwar abernials in Troas. 
ihm zuzugesellen. Nun begleitete er Paulus auf der letzten Reise 
von Troas liber Milet und Casarea nach Jerusalem zusammen 
mit zahlreichen Gefahrten, unter denen sich auch der thessalo- 
nische Judenchrist Aristarch befand. In Jerusalem, wo er den 
Jakobus und die Presbyter, aber keinen Apostel gesehen hat 
(also auch nicht Petrus), scheint er nur kurz verweilt zu haben ; 
denn er gibt sich nicht als Augenzeuge dessen, was dem Apostel 
hier und in Casarea widerfahren ist 2 . Aber als Paulus als Ge- 
fangener die lange Reise nach Rom antrat, linden wir ihn wieder' 
in seiner Begleitung. AuBer ihm fuhr von den Freunden des 
Apostels nur Aristarch mit. Paulus hat die Reise als kranker 
Mann gemacht (daher wohl die arztliche Begleitung). Schon 
nach dem ersten Tage mufite er in Sidon ans Land gehen und 
die besondere Pflege der Freunde in Anspruch nehmen, was ihm 
der menschenfreundliche kommandierende Offizier gestattete. In 
Malta, wo man einen langeren Aufenthalt zu nehmen gezwungen 
war, hat Lukas (mit dem Apostel) seine arztliche Kunst (mit 
Christian Science) auszuiiben Gelegenheit gehabt (Act. 28, 2 f.). 
In Rom ist er langere Zeit bei Paulus als sein Arzt geblieben 
(s. Koloss. u. Philem.) und hat sich an der Evangelisation be- 
teiligt (Philem. 24). Doch hat er nicht, wie Aristarch (Koloss. 4> 
10), den Hansarrest des Apostels geteilt. Neben Jesus -Justus, 
Epaphras, Demas u. a. hat er dort den Markus, den Vetter des 
Barnabas, personlich kennen gelernt (Koloss. 4, 10) 3 . ,,Lukas 



1) Es ist daher nichfa wahrscheinlich (gegen Origenes und Pseudo- 
Ignatius), daB er der ungenannte Bruder ist (II. Cor. 8, 18), ov snaivoq 
sv TO) evayyeMq) 8ia naa&v iSbv axxhqaiiov, oder der andere, der 1. c. v. 22 
auch onne Namen eingefuhrfc ist. 

2) Mindestens ist seine Augenzeugenschaft nicht sicher. 

3) Lukas hat also aus der Zahl der hervorragenden Manner der 
jerusalemischen Urgemeinde vier: Silas, Markus, Philippus und Jakobus 
kennen gelernt. Mit den beiden ersteren war er langer zusammen. 



106 Cap. 4: Consequenzen. 

allein 1st bei mir" (II Tim. 4, 1 1) das ist das Letzte, was wir 
yon ihm horen. Aber aus seinem Geschiehtswerk erkennen wir, 
dafi er die Zerstorung Jerusalems iiberlebt hat und noch geraume 
Zeit nachher tatig gewesen ist. Wohin er gegangen, das konnen 
wir niclit sicher ermitteln; jedenfalls nicht nacli Jerusalem und 
Palastina, auch nicht nach Antiochien oder Macedonien (beides 
ist durch die Art, wie er in der Apostelgeschichte von ihnen 
erzahlt, ausgeschlossen). Schwerlich ist er auch in Kom ge- 
blieben (auch das scheint durch die Apostelgeschichte zwar nicht 
geradezu ausgeschlossen, aber nicht wahrscheinlich). Also haben 
wir ihn wohl in Achaja (so die fruheste Tradition) oder in Asien 
zu suchen. Fin* Asien und speziell fur Bphesus spricht die Art, 
wie er diese Stadt ausgezeichnet und die Abschiedsrede des 
Paulus an die Gemeinde dieser Stadt zu einer Abschiedsrede 
iiberhaupt ausgestaltet hat (s. bes. 20, 25: vfislg xavTsg sv otq 
6'i?]l&ov y.?iQv<j(j<DV rqv fiaOileiav'). Noch deutlicher scheint 
mir sein besonderes Interesse fur diese Stadt aus dem herzlichen 
Ton und aus der grofien Besorgnis, welche er bekundet, hervor- 
zugehen, vor allem aber daraus, dafi er die spatere Geschichte 
der Gemeinde daselbst kennt und beriicksichtigt 1 . Das 
findet sich sonst nirgendwo im Buch in bezug auf eine andere 
Gremeinde 2 . ISTotwendig ist es bei der Bedeutung von Ephesus 
nicht,, dalS er in der Stadt selbst geschrieben hat, wohl aber in 
einer Gegend, fur die Ephesus eine centrale Bedeutung hatte 
(Achaja bleibt moglich). Aus dem Evangelium und ebenso aus 
der Apostelgeschichte geht hervor, da$ die Gemeinde der Jtinger 
Johannes' des Taufers die christliche Gemeinde noch immer 
irritierte, und auch dieses Interesse ist in dem Buche mit Ephesus 
verbunden (19, Iff.) 3 . Hier haben wir die erste, sehr deut- 



1) S. die detaillierte Warming 20, 29 f.: jE'ycb ol6a on eloetevaovcai 
rfjv ayi&v (Heimgang? Weggang?) ftov kvxoi fiaQetg elg 

{*}) <pi66/Avoi TOV noipvlov, teal eg v[tu>v avruov avaar^aovTcci a 
?.a?.ovvTq dieorQapneva TOV anooTtav zovq /jKx&qzaq dniGco eccvribv. Damit 
ist Apok. Jolt. 2, 2 zu vergleichen. 

2) Da6 die Stiffcung der Gemeinde zu Korinth der Haupterfolg des 
Paulus auf der sog. 2. Missionsreise gewesen ist, daruber lafit Lukas seine 
Leser nicht im Zweifel; aber er selbst hat kein Verhaltnis zu dieser 
Kirche. 

3) Nach Wei B u. a. waren es keine Johannesjiinger, und auch Apollo 
soil kein solcher gewesen sein (18, 25 f.). Auf diese weitschichtige Frage 



Consequenzen. 107 

liche Beziehung zwischen Lukas und dem Johannes-Ev. 
Aber auch fur Philippus und seine weissagenden Tochter zeigt 
sich Lukas interessiert (21, 9); von diesen Personen wissen 
wir, dafi sie spater in Hierapolis in Phrygien gewohnt 
haben 1 . Das spricht wiederum dafiir, dafi er selbst spater in 
Asien geweilfc hat. In diesem Zusammenhang muB ferner darauf 
hingewiesen werden, dafi er in seine Quelle, welche die Petrus- 
geschichten enthielt, den Johannes gleichsam als blinden Passagier 
siebenmal eingeschwarzt hat (s. o. S. 83). Notwendig ist es nattir- 
lich nicht, diese Tatsache mit seinem Interesse fiir Ephesus zu 
verbinden, ja es ist nicht einmal wahrscheinlich, da er bei Ephe- 
sus selbst durch nichts an Johannes erinnert. Sein Interesse fur 
inn kann also sehr wohl anders motiviert sein. Aber es ist 
doch in bezug auf die Frage nach der spateren Gre- 
schichte des Zebedaiden Johannes von hoherBedeutung, 
dafi Lukas unter den Aposteln aufier fiir Petrus nur noch 
fiir Johannes ein Interesse zeigt 2 . Dieses Interesse erklart 
sich nicht leicht anders als durch die Annahme, daC er von einer 
Missionstatigkeit des Johannes in spaterer Zeit gewuUt hat. Hat 
er ihn doch ganz kiinstlich an der Mission in Samarien beteiligt. 
Nach ihm ist Johannes der nachste nach Petrus, und er denkt 
ihn sich in der Urgemeinde als unzertrennlich vom Apostel- 
fiirsten. Da er das nicht aus seinem Yerhaltnis zu Jesus ge- 
folgert haben kann denn sonst hatte er den Jakobus, Zebed. 
(lediglich sein Martyrium erwahnt er kurz) ebenso neben Petrus 
stellen miissen wie den Johannes und da er iiber ein beson- 
deres Hervortreten des Johannes in der Urgemeinde zu Jerusalem 



kann ich. mich. hier nicht einlassen; m. E. muB man sie als Johannes- 
jiinger bezeichnen. Hochst befremdlich ist es aber der Fall steht 
leider nicht allein , dafi die Kritiker soforfc an der sachlichen Charak- 
teristik, die Lukas von deni Standpunkt des Apollo und der anderen Jo- 
hannesjiinger gegeben hat, korrigieren, zwei Hande annehmen usw., als 
waxen sie iiber die Gemeinde dieser Jiinger vollkommen orientiert. Sie 
zerstoren damit eine Nachricht, die zu dem Kostbarsten gehorfc, was wir 
iiber das Urchristentum besitzen, und die, so! kurz sie ist, einen ganzen 
Zweig der altesten christlichen Bewegung reprasentiert. 

l).Papias bei Euseb., h. e. Ill, 39. 

2) Merkwurdig, daB er ihn Act. .15 iibergangen hat! Schon diese 
Tatsache allein beweist, daB er den Galaterbrief nicht gelesen hat. 



108 Cap. 4: Consequenzen. 

schlechter dings keine Quelle besaB ; so 1st die Annahme schwer 
zu umgehen, daK er ihn um seiner spateren Tatigkeit willen ; von 
der er wufite, als eine wichtige Person in die Urgeschiclite ein- 
geschrnuggelt hat. 

Kehren wir zu Lukas zuriick. In Ephesus oder irgendwo 
in Asien oder in Achaja hat er um das Jahr 80 sein Geschichts- 
werk fur den vornehmen Theophilus verfaGt. Fur das Evange- 
lium benutzte er als Hauptquelle das Werk seines einstigen 
romischen Genossen Markus, dazu eine zweite Quelle einer Herrn- 
geschichte, die er mit Matthaus teilte 1 , drittens besondere jeru- 
salemische oder judaische Traditionen, deren Glaubwurdigkeit fast 
durchweg fragwiirdig ist und die grofitenteils als Legenden be- 
zeichnet werden rniissen. Dafi er sie bei seinem, vielleicht nur 
sehr kurzen Aufenthalt in Jerusalem in den ersten Jahren des 
Nero gesammelt hat, ist ganz unwahrscheinlich, dann miiBten 
sie auch bei Markus stehen; aber sie iibertrumpfen und korri- 
gieren diesen. Also sind diese Stoffe erst spater zu Lukas gelangt. 
DaJS sie mit den Unterlagen des 4. Evangeliums sich beriihren 
bzw. zu diesem hinuberfiibren, ist oft und zuletzt noch von 
Wellhausen 2 betont worden. 3 Sie sind aller Wahrscheinlich- 
keit nach weder zu Lukas noch zu ,,Johannes" in schriftlicher 
Form gelangt 4 , sondern gehen auf jerusalemische bzw. judaische 
Christen zuriick, die zur Zeit des groEen Kriegs oder nach ihni 
aus Palastina bzw. Jerusalem ausgewandert sind. An ekstatische, 
von aller Niichternheit und Glaubwurdigkeit verlassene Personen, 
wie Philippus und seine vier weissagenden Tochter, die nach 
Asien kamen, wird man zu denken haben. Sind sie es nicht 
wirklich? Lukas hat sie nachweisbar in Casarea kennen gelernt, 
und es ist sehr wohl moglich, dafi er sie^" spater noch eininal in 
Asien getroffen hat. DaB sie Geschichten iiberliefert 
haben, sagt Papias, der die Tochter noch gesehen hat, 



1) Durch Heinricis und Wellhausens Untersuclmngen ist die 
Abgrenzung der Quelle schwieriger geworden; iah zweifle nicht, dafi 
Manches, was Matth. und Luk. gemeinsam ist und daher aus dieser Quelle 
stammen konnte, nicht auf sie zuriickgeht, sondern einen anderen Ur- 
sprung hat. 

2) Wellhausen, Luk. S. 8. 11. 20. 45 f. 53. 123, Einl. S. 65. 

3) "Ober Lukas u. Johannes s. Anhang IV. 

4) Wenn in schriftlicher, dann aramaisch. 



Consequenzen. 109 

ausdriicklich 1 . Unzweifelhaffc mufi man sich. die Leute, von 
denen die rnit den Stoffen des 4. Ev.s sich. beriihrende B Sonder- 
quelle" stammt, die Lukas so wundervoll stilisiert hat, etwa so 
denken,- wie Philippus in Act. 8 charakterisiert ist und wie wir 
uns seine Tochter nach ihrer Qualitat als Prophetinnen und nach 
den Andeutungen des Papias vorzustellen haben. Nun aber fallt 
es sehr auf, dafi nicht nur die Weissagung (der hi. Greist) in der 
,,Sonderquelle" des Lukas so stark hervortritt, sondern noch 
viel mehr das weibliche Element, worauf, soviel ich mich 
erinnere, bisher noch nie aufmerksam gemacht worden ist 2 . 
Markus und auch Matthaus lassen Frauen in der evangelischen 
Geschichte noch sehr zurucktreten. Erst Lukas hat sie so 
stark in die evangelische Greschichte eingefuhrt. Wir 
finden bei ihm (auBer Maria, der Mutter Jesu): 

1. Die weissagende Elisabeth, 

2. Die Prophetin Hanna, 

3. Die Witwe zu JSTain, 

4. Die grofie Siinderin, 

5. Die Mitteilung in c. 8, Iff.: oi dcodexa dvv avxcp xal 
yvvatxsg nvsq at i]Gav re&gQajtsvfisvai ajco Jtvevfiarajp jcovrj- 
Qaiv xal aG&sveicov, MaQia q xalovftsvr] Majda^rivri, aq? t\ 

SJITCC sj-sZiiA.v&'Si, xal 'icoavva jv>vr\ Xov^a. SXLTQOJIOV 
xai SovGavva xal ersQai xolhai, aixivsq diqxo- 
vovv avrotg ex TG>V vjtaQiovrwv avralg. Diese Frauen 



1) Papias bei Euseb., h. e. Ill, 39, 9: TO [tsv ovv xaxh. r?)v ^I 

).iv 3>ik.ntTtov rov anoGrokov af.ia raiq QvyaxQaGLV diaiQlipai diet, tibv 
TtQooQ-ev SsdrfhioTcci. o>g 6s Kara rovg amovg 6 Uartlag ysvdfjievoq, 
aiv mxpsdypevai -9-avftaalav vno r&v rov <&iUmtov d-vyaregcov 
vsvet, TO, vvv ai][jiL(oTGOv' vsxpov yct.Q avdataGtv xaT avTov ysyovviav 
larooel teal av ndfav steoov napddoljov negl lovarov xbv ^7t 
BaQffccftav yeyovog, jw? 6rj^TijoiOv (paQpaxov e^ntovxoq xal (trj6ev 

diet rfyv rov XVQIOV %6.()iv vnopzivavroq xal AA 6s 6 a"vToq wg 

8% TtKoccSoaecaq aygdpov elq avrov ijxovra TtagaTsQ-swai gevag re xivttq 
nG.Qafio'k.Q.q rov cwrfjooq %. SidaaxaMaq avrov xai rivet aAAa fiv&ixwreQa' 

2) Bei Johannes tritfc das weibliche Element auch mehr hervor als 
bei Mark, und Matth., aber lange nicht so stark ~wie bei Lukas (s. die 
Mutter in c. 2, die Samariterin, Maria und Martha, die Maria unter dem 
Kreuze, das Wort an Maria vom Kreuze, Magdalena als die erste, 
welche den Auferstandenen gesehen hat). 

3) Man vgl. dazu Mavafjv ''HQtaSov rov rerodoxov avvrgoyoq (Act. 13, 1). 



Cap. 4: Consequenzen. 

haben. also nach Lukas (der iibrigens mehr von ihnen weifi, als 
er sagfc, s. Wellhausen z. d. St.) zum Unterhalt nicht nur Jesu, 
sondern des ganzen naheren Jungerkreises 1 angeblich oder 
wirklich beigetragen (das Wesentliche steht iibrigens schon 
bei Markus, 15, 40 f.), 

6. Maria und Martha, 

7. Das Weib, welches die Mutter Jesu selig preist (11, 27), 

8. Die Frau, die 18 Jahre verkriinimt war (13, lOff.), 
[9. Die Witwe und der Richter (18, Iff.)], 

10. Das Scherflein der Witwe (21, If.), 

11. Die um das Leiden Jesu wehklagenden Tochter Jerusa- 
lerns (23, 27 ff.), 

12. Die Fraueii aus Galilaa unter dem Kreuze (23, 49), 

13. Die Prauen als die ersten Evangelisten in bezug 
auf die Auferstehung Jesu (24, 10) gegen Markus, dazu 
vielleicht 

14. Die Gfeschichte von der Ehebrecherin. 

Ein groBer Teil des Sonderguts des Lukas ist also 
weiblich bestimrnt. Es ist claher vielleicht nicht zu kiihn, 
fur diese TJberlieferungen an Philippus uud seine vier weissagen- 
den Tochter zu denken 2 . Zugleich erinnere man sich, daB ein 
anderer Geschichtskomplex bei Lukas durch ein Interesse fin* 
die Samariter bestimmt ist, welches bei Mark, und Matth. fehlt 3 , 
und daB nach der Apostelgeschichte die eigentliche GrroB- 
tat des Philippus die Evangelisierung Sarnariens ge- 
wesen ist (8, 14: axovdavrsq oi sv c lQodolv { uoe.g axoGroloi 
on dEdexrai q 2a.na.Qla [scil. durch die Predigt des Philippus] 
tov Zoyov TOV -Osov). Von Dorfern Samarias, in denen das 
Evangelium verklindigt worden, spricht nur das Evangelium 



1) AvroTQ ist zu lesen; Wellliausen folgt der ungeniigend be- 
zeugten LA amw. 

2) Auch in der ApostelgescMchte hat sicli Lukas stark fur die be- 
kehrfcen Frauen interessiert, was die in D vorliegende Ubeiiieferung ab- 
sichtlich abgeschwacM hat, s. meine Abhandlung iiber Prisca und Aquila 
in den Sitzungsbor. der PreuB. Akad. 1900, 11. Januar. Aber dieses In- 
teresse war hier durch die Sache gegeben und erscheint nirgendwo tiber- 
trieben. 

3) Auch dieses Tnteresse wird voni 4. Evangelisten geteilt. 



Consequenzen. 

(9, 52. 56) und die Apostelgeschichte (9, 25) des Lukas 1 . Das 
Zusammentreffen des Interesses fur das weibliche Element, fur 
die Weissagung (den hi. Geist) und fiir die Samariter, sowie der 
jerusalemische Standpunkt der Sender quelle" machen es 
wahrscheinlich, daB wir in ihr Uberlieferungen von Philippus 
und seinen Tochtern zu erkennen haben 2 . 

Dies aber bestatigt sich durch die Apostelgeschichte. 
Haben wir (auBer der sog. Quelle Q) das Markus-Ev. und Phi- 
lippusuberlieferungen als die beiden Hauptquellen des Lukas 
festgestellt bzw. mit Grand verinutet, so wird dieses Ergebnis 
dadurch bekraftigt, daB es sich zwanglos auf die Apostel- 
geschichte ubertragen laBt. Zwar fur die zweite Halfte des 
Buchs standen dem Verfasser seine eigenen Erinnerungen und 
Berichte der anderen Begleiter des Paulus zur Verfiigung (fur 
den Sturm in Ephesus z. B. nach 19, 29 wohl die Erzahlung 
des Aristarch, s. o. S. 97), aber fiir die erste Halfte ein 
Blick zeigt das fuBt er lediglich (von der Bekehrung des 
Paulus und Antiochenischem abgesehen) auf "Uberlieferungen 
liber Petrus und Philippus. DaB ihni die ersteren durch 
Markus zugekommen sind, ist deshalb wahrscheinlich, weil nur 
Markus dem Petrus und Barnabas als seineni Verwandten 
(Coloss. 4, 10: o avetytbq BaQvafta} nahestand, Barnabas aber 
in der Apostelgeschichte ueben Petrus stark hervortritt, und 
weil sich Lukas (Act. 12) iiber das Haus der Mutter des Markus 
in Jerusalem wohl orientiert zeigt, ja selbst den Eamen einer 
Haussklavin (Rhode) kennt. Was aber Philippus betrifffc, so 
bedarf es nicht vieler Worte, um zu erweisen, daB Lukas iiber 
ihn und von ihin "Uberlieferungen besessen hat. Moglich, daB 
er sie nur in Casarea empfangen hat, wo er bei ihm wohnte 
(9, 30 u. 21, 9. s. o. S. 28), wahrscheinlicher, daB er die weissa- 
genden Tochter auch spater in Asien gesprochen hat. Wie dem 
aber sein mag in bezug auf friiher empfangene Nachrichteu, 



1) Aber ina 4. Ev. vgl. man zu den Worfcen der Act. (9, 25: 
re HCDftag -cfbv Saf.ia^8Lribv evriyyeki^ovTo} die Mitteilung c. 4, 39: 
Ttotewq Kxzivriq nolJ.ol zniGTZvaav ecg avrbv z&v 2tt[jiaQix&v. 

2) Zu den spateren Berichten uber Philippus (und seine Tochter) ist 
auch Clemens, Strom. Ill, 4, 25 zu rechnen. Hier wird, als ob es ini 
Evangelium stiinde, behauptet, Luk. 9, 60 sei zu ihni gesprochen. Oder 
hat Clemens Confusion gemacht? 



112 Cap. 4: Consequenzen. 

sei es von Philippus und seinen Tochtern in Casarea, sei es von 
Markus in Rom, darf man nicht vergessen, dafi Lukas sein Gre- 
schichtswerk erst geraume Zeit spater abgefafit und die z. T. 
fragwiirdigen Angaben seinerseits noch stilisiert hat *. 

Aber das Verhaltnis zu Markus verlangt noch eine Be- 
merkung. Lukas hat das Evangelium zu drei Viertel in sein Buch 
aufgenornmen; aber einen groflen Respekt vor seinem Wortlaut 
zeigt er nicht. Weder hat er es in der Einleitung genannt, 
uoch hat er sich in ihr tiber seine Vorganger, unter denen er 
doch Markus in erster Linie gemeint haben mufi, unumwunden 
anerkennend ausgesprochen 2 . Man darf doch noch rnehr sagen: 
Lukas hat sein Evangelium geschrieben, um das Markus-Ev. zu 
verdrangen mindestens in dem Sinne, in welchem jeder Autor, 
der nach einem anderen liber denselben Gregenstand schreibt, 
das Werk des Vorgangers antiquieren will. In der Hauptsache 
hat er es fur eine glaubwiirdige Uberlieferung gehalten, aber 
abgesehen von den zahlreichen Stilverbesserungen und kleineren 
Correcturen hat er es in wichtigen Einzelheiten als unrichtig 
geordnet (falsche Taxis), zu wenig pneumatisch, unvollstandig 
und irrig taxiert, auf Grund vermeintlich besserer Kunde 3 . Das 



1) Die Unterscheidung dessen, was Lukas von Markus und was er 
von Philippus bzw. dessen Tochtern hat, scheint mir in der Hauptsache 
nielit schwierig zu sein. In der Samariter-Mission fliefien beide Berichte 
zusainmen; hier bleiben Zweifel iiber das MaB des Anteils eines jeden 
von ihnen bzw. iiber das MaB der Redaktion des Lukas bestehen. 

2) Vielrnehr hat er sie indirekt kritisiert. Eusebius, der sich doch 
wohl auf griechischen Stil und schriftstellerische Andeutungen verstanden 
hat, paraphrasiert (h. e. Ill, 24, 15) den Prolog des Lukas also : 6 Ss Aov- 

i; xal amoq TOV '/.ax 1 avrov avyyaftnaroq rfv ahiav ngov- 

to? O.QO. nok'kiav xal 

ti)v avrbq 

hoycav, avaynalwq ttjta).l.a.xx(uv rj^aq tfjq Ttsgl rovg ahkovq af 
vTCOArjipeajq, rov aG(pa).?j ).6yov tor airtoq ixavfoq rfjv ahtf&eiav xax- 
a zov Idiov TtaQsdcoxsv evayysklov. 

3) DaB Lukas das Mark.-Ev. unter diesen Gesichtspunkten kritisiert 
hat, dafiir lassen sich zahlreiche Beispiele aus der Yergleichung beider 
Evangelien beibringen. Einige dieser Gesichtspunkte stimmen merkwiirdig 
iiberein niit denen, unter welchen der Presbyter Johannes bei Papias das 
Buch kritisiert, aber augenscheinlich gegen eine noch herbere Beurteilung 
in Schutz genomnien hat. Der Presbyter gibt zu 1. die TJnvollstandig- 
keit, 2. die mangelnde Ordnung; aber er behauptet die Akribie, die 



Consequenzen. __ H3 

ist am deutlichsten in der Passions- und Auferstehungsgeschichte. 
Die letztere anlangend, hat er, seiner Sonderquelle folgend, 
spatere jerusalemische Legenden an die Stelle des Markusberiehts 
gesetzt und die erste Verkiindigung der Auferstehung, in schnei- 
dendem Gegensatz zu Markus, Frauen in den Mund gelegt. Aber 
sein Verhaltnis zu Markus empfangt durch die Apostelgeschiehte 
noch eine besondere Beleuchtung. Der einzige Apostolicus, von 
clem etwas Unerfreuliches dort erzahlt wird, ist Markus, worauf 
oben (S. 95) hingedeutet worden ist. Eine Treulosigkeit wird 
ihm schuld gegeben (13, 13, vgl. 15, 37 ff.), und er wird dafur 
verantwortlich gemacht, daft Paulus und Barnabas sich getrennt 
haben. Das ist ein bittrer Vorwurf, den Lukas zu verewigen 
sich nicht geseheut hat 1 . Die Kirche aber es ist die Asiens, 
der die anderen gefolgt sind hat das Werk des Judenchristen 
und Jerusalem ers nicht abgewiesen, als es zu ihr kam; sie hat 
es zwar kritisiert, aber doch als trefflich anerkannt und friedlich 
neben das Werk des Griechen gestellt. 



Die tiberlieferungen von Jesus, die bei Markus und Lukas 
voiiiegen, sind alter als man gewohnlich annimmt. Das macht 
sie nicht glaubwiirdiger, ist aber doch fur ihre Kritik nicht 
gleichgiiltig. Bei Markus haben wir den Niederschlag mehrerer 
Traditionsschichten, samtlich aus Jerusalem. DaC sie zuerst 
aramaisch niedergeschrieben worden sind, dafur hat Well- 
hausen gute Grande beigebracht. Ich selbst gestatte mir kein 
eigenes Urteil in dieser schwierigen Frage. Der Presbyter Jo- 
hannes behauptet, daft die Mission spredigten des Petrus dem 
Evangelium zugrunde lagen; allein es ist schwer verstandlich, 
weshalb ein Jerusalemit wie Markus, dessen mtitterliches Haus 
einen Mittelpunkt der Urgemeinde gebildet hat und der die 
ganze Gemeinde kannte, die Missionspredigten des Petrus 
und zwar ausschlieBlichl zu seiner Unterlage gemacht haben 
soil. Das sieht nicht wie eine znverlassige Nachricht aus, son- 



Walirhaffcigkeit und das Streben nach vollstandiger Wiedergabe der ihin 
gewordenen Mitteilungen. 

1) Dafi Lukas in der ^postelgeschlchte den Markus als Begleiter des 
Paulus ablest, ist schon dem Irenaus aufgefallen. 

Harnacli, Lukas. S 



114 Cap. 4: Consequenzen. 

dern wie zuin Zwecke der Entschuldigung der Mangel und 
Liicken dieses Evangeliums supponiert. Es ist auch dann nicht 
glaubwiirdig, wenn Markus in den 12 Jahren, in denen Petrus 
wahrscheinlich in der Urgemeinde geweilt hat 1 , noch ein Knabe 
und angehender Jiingling gewesen sein sollte, was nach der Art 
seines Verhaltnisses zu seinem Vetter Barnabas und zu Paulus 
wahrscheinlich ist. Die starke Betonung in der Tradition 
(Presb. Johannes, Murat. Fragment), dafi er den Herrn nicht ge- 
sehen und gehort hat, fiigt sich dazu. DaB er, nachdem er erst 
kurze Zeit, dann langere (in Rom) Begleiter des Paulus ge- 
wesen war, auch dem Petrus als Hermeneut Dienste geleistet 
und daher auch Einiges von ihm gehort hat, wird man der 
alten Tradition gerade noch glauben diirfen. Aber daraus 
folgt fiir das Verhaltnis des Evangeliums zu Petrus wenig 
oder nichts, wenn Markus doch erst nach dessen Tode den 
EntschluC gefafit hat, eine schriffcliche Darstellung des Evan- 
geliums von Jesus Christus zu geben (s. Iren.). Da hat er 
zusamrnengefafit, was er bekornmen konnte 2 und was sich zu 
seinem Zwecke fugte, Jesus als den Christus aus seinen Macht- 
taten und Worten zu erweisen. Liegen verschiedene Traditions- 
schichten neben und durcheinander, so dienen sie doch dem- 
selben Zwecke, und auf den allein kam es ihm an. Alles aber, 
was hier steht, ist bereits vor d. J. 70 (oder, wie Andre meinen, 
bald nach dem J. 70) in Kurs gewesen. Sich widersprechende 
oder disparate Historien kreuzten sich damals in den Kopfen 
und Gfernutern wie heute die Gredanken. Derselbe Markus aber 
hat auch wahrscheinlich sei es miindlich, sei es in einer 
arainaischen Schrift ,,klassische" Geschichten aus der Ur- 
gemeinde zur Zeit, als Petrus die Briider leitete und Jakobus 
noch nicht am Ruder war, erzahlt. Den Anfang der schrift- 
lichen Fixierung in Bezug auf Jesus und die klassische Zeit hat 



1) Spater ist er, wie es scheint, nur noch vorubergehend nach Jeru- 
salem gekominen. 

2) Mit Recht sagt Wellhausen, Einl. S. 53: ,,Es scheint, daB die 
erzahlende "Oberlieferung in Markus nicht vorzugsweise von den Ver- 
trauten Jesu ausgegangen ist. Sie hat groBtenteils eine etwas derb volks- 
tiirnliche Art, wie sie denn auch erst durch langeres Umlaufen in der 
Leute Mund zu der ungemacht drastischen Ausgestaltung gekonimen sein 
wird, in der sie uns vorliegt." 



Consequenzen. 115 

also ein Petrus- und Paulusschuler gemacht 1 ; aber weder darf 
man Petrus nock Paulus hinter seinem Werke als Autoritaten 
slacken. 1st uus das befremdlich, daB sich in diesem Evangelium 
des Apostelschiilers weder der Verkehr Jesu mit seinen Jiingern 
noch die Theologie des Paulus wirklich spiegelt, so darf man 
nicht vergessen, daB Markus eine Sicherheit in der Beurteilung 
Jesu besaB, die ihn, so paradox es klingen mag, der Aufgabe 
iiberhob, das geschichtliche Bild moglichst treu oder gar intim 
zu gestalten oder die geschlossene Einfachheit der Christotheologie 
durch ,,Theologie" zu beschweren 2 . Weder die Lehre noch die 
Heilandstatigkeit als solche interessierten ihn besonders; urn 
gottliche Machttaten und Machtworte handelte es sich- ihm, und 
die jiingere Tradition bot zweifellos schlagendere als die alfcere. 
Fiir wen Markus geschrieben hat, ist nicht ganz sicher zu sagen. 
Nicht fur Judenchristen, sehr wahrscheinlich fur romische 
Christen, jedenfalls fur solche, die den Alexander und Rufus, die 
Sohne des Simeon von Kyrene kannten, und in Rom wissen wir 
von einem Christen Rufus und seiner glaubigen Mutter (Rom. 
16, 13) 3 . 

Ihm folgt Lukas, der zweite Paulusschtiler. Es ist doch 
nicht gleichgiiltig, daB Manner aus der Umgebung des Paulus, 
wenn auch nicht als die einzigen, die schriftliche Fixierung 
unternommen haben. Den groBen innern Abstand des Lukas 
von Markus darf man nicht nach Jahren bemessen; denn weit 
von dem Jahre 80 kann man Luk. nicht herunterriicken. Er 
war Grieche und Antiochener, Markus Jude und Jerusalernit. 



1) DaB bereits Markus schriffcliche Quellen gehabt hat, lafit sich. 
nicht sicher nachweisen. 

2) Sogar der "Weissagungsbeweis fehlt fast ganz, der Anfang aller Theo- 
logie. Markus steht ubrigens unter den Synoptikern Paulus am nachsten. 

3) DaB Markus in Italien (damit ist Rom nicht aus-, sondem ein- 
geschlossen) sein Evangelium geschrieben hat, sagt das alte ,,Argumen- 
tum" aus der Zeit um 220 (Corssen, Texte und Unters. Bd. 15 H. 1 S. 9) 
ausdriicklich. Br sagt auch, daB Markus Levit gewesen sei und sich den 
Daumen abgeschnitten habe, um nicht Priester -werden zu miissen. DaB 
dies eine romische Nachricht ist und daB Markus in Rom den Beinanien 
6 xoho{)oSaxrv}.OG gefiihi-t hat, geht daraus hervor, daB es auch von 
Hippolyt (Philos. VII, 30) bezeugt wird. Naheres s.'in meiner Abhand- 
lung ,,Pseudopapianisches" i. d. Ztschr. f. N.T.liche Wissensch. Ill, 1902 
S. 159 ff. 

8* 



Cap. 4: Consequenzen. 

Die universalistischen und hurnanen, die socialen und individua- 
listischen Tendenzen des Griechentunis, griechische Ekstatik und 
Magie, aber auch Logos und Form bemachtigen sich des ge- 
schichtlichen Stoffs bei groBem Respekt fur die alttestamentliche 
religio antiqua, wie Lukas sie z. B. in Zacharias und Elisabeth 
^schildert. Er begriindet die zweite Stufe der Fixierung und 
nimmt sofort die Ausbreitungs- und Siegesgescbichte der jugend- 
lichen Religion hinzu 1 . Er fulSt in beiden Teilen auf Markus, 
im Evangelium aber mindestens nocb auf zwei Quellen (Q = die 
mit Matth. gemeinsame, P = die jerusalemische, die mit Job. 
Verwandtschaft hat), von denen die letztere, dureh mancherlei 
verschiedene Tendenzen entstellt, im Zusarnmenhang mit den 
Philippustraditionen der Apostelgeschichte zu stehen scheint. 
Es liefi sich Erhebliches dafiir anfiihren, daft Philippus und seine 
weissagenden Tochter diesen recht umfangreichen Stoff fiir beide 
Teile beigesteuert haben. Die Hauptsache ist, daft alles (den 
Grundlagen nach), auf jerusalemischem (jiidischem) Boden ent- 
standen ist, daft wir bei Markus und Lukas gewiC nur wenige 
Uberlieferungen und Legenden haben, die als Nachbliite auf 
heidenchristlichem Boden gewachsen sind 2 , und daC der ganze 
Stoff bei Lukas schon urn d. J. 80 fertig vorliegt. IJberschlagt 
man den Abstand der jiingsten Berichte bei Lukas von den 
altesten bei Markus, so ist man erstaunt, in wie kurzer Zeit sich 
das alles auf einem und demselben Boden, namlich auf dem je- 
rusalemisch-jiidischen, gebildet hat. Immer ist es, sowohl bei 



1) Welch "ein Zug von Freude, des Muts und des Siegs gekfc vom 
ersten bis zuni letzten Blatt durch das lukanisehe Geschichtswerk ! Vexilla 
regis prodeunt! Vergebens sucht man diesen Ton aus den andern Evange- 
lien herauszuhoren. Sie alle sind mit Sorgen, Gedanken und Schullehren 
viel starker belastet als dieser von Christus begeisterte, iiber - alle 
Schwierigkeiten mutig hinwegschreitende, Hellene. Eeichlich entsch'adigt 
er fiir seine Magie, seine kolossale Leichtglaubigkeit und theologische 
Oberflachlichkeit durch die ihm eigene Zuversicht, Freudigkeit und 
die eclit griechische Lust am Fabulieren. Als Erzahler ist er wie eine 
Mlihle: er vennag Alles zu bearbeiten. 

2) Aber das ist naturlich nicht gleichgultig, daB die schriftstellerische 
Fisiemng dieses Stofi's (auBer in Q) durchweg auBerhalb Palastinas (in 
Rom und Asien) stattgefunden bat. Beriicksicbtigung von Zustanden in 
der Diaspora ist bei Lukas in bezug auf die Job annesj linger und vielleicht 
fiir einige Parabeln nachweisbar. 



Consequenzen. 117 

Markus wie bei Lukas, fast nur die Urgemeinde bzw. die judai- 
schen Gemeinden, deren Geschichte sich in den Uberliefertmgen 
spiegelt 1 . Heidenchristliche Geschichte, soweit sie nicht durch 
den Schauplatz ausdrticklich als solche bezeichnet ist, ist in dem 
Evangeliuna und der ersten Halfte der Apostelgeschichte kaum 
zu finden. Aber in der zweiten Halfte, wo sie zu finden ist, 
hat Lukas teils als Augenzeuge, teils als Keferent von Augen- 
zeugenberichten etwas Ausgezeichnetes geschaffen und eine 
geschichtliche Darstellung gegeben, die zwar Vieles vermissen 
lafit, aber nur wenige Correcturen verlangt und die paulinischen 
Briefe trefflieh erganzt. Was steht nicht Alles in diesen 
beiden Biichern friedlich bei einander! Die Stoffe sind noch viel 
bunter als die Ausdrucksformen! An dieser deutlichen Tatsache 
mag man ermessen und beherzigen, was damals Alles in einen 
Kopf ging und sich miteinander vertrug. Lukas schreibt ganz 
ohne Tendenz, oder vielmehr, er hat nur eine Tendenz, Jesum 
als den gottlichen Heiland zu erweisen und seine Heilandsmacht 
an seiner Geschichte und an dem Fortwirken seines Geistes 
(durch die Apostel in der Heidenwelt im Gegensatz zum ver- 
stockten Judentum) darzutun. Wie Markus verschmaht auch 
er die Theologie, den Weissagungsbeweis, in dem Evangelium 
fast ganz, in den Act. (I. Halfte) macht er reichlichen Gebrauch 
von ihm. Dieses in Asien oder Achaja entstandene Geschichts- 
werk propagiert den Paulinismus noch weniger wie das des Mar- 
kus. Nur in seiner allgemeinsten Wirkung lebt Paulus in beiden 
fort; aber die allgemeinste war auch seine groBte. 

DaG Q und ,,Matthaus" ausschlieBlich auf palastinischen 
bzw. jerusalemischen Uberlieferungen fuCen, bedarf keines 
Beweises; denn der Horizont des ,,Matthaus" ist Palastina, und 
dieses Evangelium ist das Werk der gesetzesfreien, heidenfreund- 
lichen palastinischen Kirche 2 . DaJS auch ihm Markus zu- 



1) Neben dem Bilde Jesu ist es also das Bild der Urgemeinde von 
Jerusalem (der judaischen Gemeinden), welches, aus den Evangelien her- 
vorleuchtend, die Heidenkirchen bis auf den heutigen Tag erbaut hat. 
In diesem Sinne lebfc das Judenchristentum fort: vfteTg {M./M]zal 

rtbv exxhijGiibv TOV &eov T&V ova&v sv xy ^lovdalq. ev Xgtozu) 
I. Thess. 2, 14). 

2) Am wahrscheinliclisten ist es, das Werk dem hellenistischen Teile 
der Urgemeinde, also den Ereisen zuzuweisen, die sich in und neben der 



118 Cap. 4: Conseguenzen. 

grunde liegt, beweist an sich schon die Gesetzesfreiheit, 1st aber 
zugleich ein starker Beweis fur die Abfassung des zweiten 
Evangeliuins durch den Jerusalemiten Markus; denn hatte sich 
wohl die palastinische Kirche so leicht ein nicht durch einen 
Jerusalemiten legitimiertes Evangelium gefallen lassen? Un- 
widersprechlich 1st somit, daft die ganze synoptische Tradition 
palastinisch-jerusalemisch ist und nichts mit heidenchristlichen 
Kreisen, auBer in der Redaktion des Lukas, zu tun hat. Der 
Spielraum, den das Griechische in den Evangelien hat, soweit 
es dem Judentum nicht schon im Blute steckte, ist damit ab- 
gegrenzt 1 . 

DaC das Matthaus-Ev. die beiden andern Evangelien schnell 
in den Heidenkirchen in den Hintergrund gedrangt hat, ist eine 
bekannte Tatsache. Ohne die Kanonisierung ware Markus ge- 
wifi, Lukas vielleicht untergegangen. Worin liegt das Manko 
bei Markus und Lukas und die Kraft des Matthaus? Das Ev. 
des Matth. ist eine Rechtfertigungsschrift gegeniiber 
jiidischen Einwiirfen und Verleumdungen, die bald 
auch heidnische wurden; er allein hat fiir die Lehre 
Jesu ein selbstandiges Interesse; er lehrt, er beweist, 
und ihm steht dabei die Gemeinde im Vordergrund 2 . 
Dies war bereits in der nachsten Folgezeit wichtiger als alles 
Andere. Hier stofien wir zuni SchluB auf eine paradoxe Tat- 
sache. Das Evangelium, welches inhaltlich und seinen Ten- 
denzen nach den Griechen am fernsten steht denn das ganze 
Evangelium ist eine scharfe und aktuelle Auseinandersetzung 
rnit dem unglaubigen palastinischen Judentum ist von ihnen 
bald als das begehrteste ergriffen worden (neben Johannes, 
der in dieser Hinsicht dem Matthaus aufs nachste verwandt, ja 
ein verklarter Matthaus ist 3 ), weil es den Bediirfnissen der Apo- 



Urgemeinde aus den Act. 6 geschilderten Diaspora-Juden, die in Jerusalem 
lebten (Stephanus!), entwickelt haben. 

1) Es folgt also z.-B. sofort, daB die Legende von der Jungfrauen- 
geburfc, die Matthaus zuerst fur uns bezeugt, auf judenchristlicliem, naher 
jerusalemischem Boden entstanden ist. 

2) Mit Recht besonders stark betont von Wellhausen. Man be- 
achte, wie Matthaus alles Novellistische beschrarikt oder tilgt, dafiir aber 
ein feierlich-hieratisches Element in die Erzahlungsweise einfuhrt. 

3) Auch ,,Johannes" ist Jude und zwar wie v Matthaus" palastini- 
scher; aber er beriicksichtigt auch die Verhaltnisse der Diaspora, in der 



Consequenzen. 119 

logetik und der Auseinandersetzung mit dem Ju den turn ent- 
gegenkam, kurz um seines theologischen, lehrhaften und urn 
seines feierlichen Charakters willen. Die weitere Folge davon 
ist, dafi dieses Evangelium sich an die Stelle des Pau- 
linismus in der Heidenkirche setzt, d. h. soweit diese 
Kirche iiber den Universalismus hinaus auf paulinische Gedanken 
eingeht, schiebt sie ihnen die des Matthaus unter. Letztlich ist 
das auch nicht verwunderlich. Zwar wenn man das alte Schema 
gelten lafit, Paulinismus == Heidenchristentum, verwirrt man hier 
Alles. Sobald man sich aber klar macht, was der Paulinis- 
mus wirklich gewesen ist, namlich die universalistische Doktrin 
und Dialektik eines Judenchristen, ist es wohl verstandlich, daft 
man ihn durch Matthaus ersetzte, der ihm im Positiven und 
Negativen, im Zweck und in den Mitteln viel verwandter ist 
als Markus und Lukas (im Bvangelium). Dafi aber Paulus hinter 
Matthaus zuriicktrat, lag an seiner Dialektik, die sich sehr bald 
als gefahrlich erwies, ferner daran, dafl bei ihm die Erfiillung 
des Alten Testaments hinter die Abrogierung des Gesetzes zu- 
riickzutreten schien, endlich an der Schwierigkeit, mit seiner 
Theologie den freien Willen zu behaupten. So ist das ganz 
jerusalemische, in der Controverse zwischen Juden und Juden- 
christen steckende Evangelium das Hauptevangelium der Heiden- 
kirche geworden. Aber auf ihren Stoff gesehen, sind alle drei 
Evangelien, das des Lukas so gut wie die anderen, nur Spiel- 
arten, weil samtlich auferbaut auf Uberlieferungen und Legenden, 
die eine und dieselbe Heimat haben und sich ihrem Alter nach 
nur durch wenige Jahrzehnte unterscheiden. Zwei Autoren stehen 
im Lichte der Greschichte, die Paulus -Begleiter Markus und 
Lukas. Dafi wir den wahren Namen des dritten nicht kennen, 



er lebfc. Haben wir Johannes einen verklarten Matthaus genannt, weil 
er den lehrhaften und apologetischen Zweck mit ihm teilt, so kann man 
ihn ebensowohl auch einen verklarten Markus und Lukas nennen; denn 
mit jenem stimmt er in der dominierenden Absicht iiberein, die Gottes- 
sohnschaft Jesu ans Licht zu stellen, und wie dieser will er Jesus als den 
Heiland (der Welt) durch eine geschichtliche Erzahlung gegenuber den 
unglaubigen Juden und Johannesjiingern dartun. Die drei Hauptzwecke 
der Synoptiker finden sich also samtlich bei Johannes wieder. Das kann 
nicht zufallig sein. Von hier aus erklart sich eines der groBen Pro- 
bleme, welche das Buch bietet. 



120 Cap. 4: Consequenzen. 

ist nicht verwunderlicb; denn das Matthaus-Ev. 1st am wenigsten 
eine Privatarbeii Als Gemeindebuch 1st es kompiliert und wahr- 
sclieinlicli mehrfach redigiert worden. 1 Man kann es als das 
erste liturgisclie Buch der christlichen Kirclie, ztmachst der 
palastinischen bezeiclinen, sofern sie, dem gesetzlichen Juden- 
christentimi entwachsen, kein jiidischer Conventikel mehr war, 
also aucli der Heidenkirche etwas zu bieten vermocbte. 2 Diese 



1) In seiner ersten Gestalt ist es alter als Lukas. Wie es uns vor- 
liegt, ist es wohl das jiingste der synoptischen Evangelien. Eine ganze 
Reihe spaterer Zusatze sind rnit Handen zu greifen. 

2) Der eigentumliche Charakter und die Ursprungsverhaltnisse der 
synoptischen Evangelien, wie sie hier skizziert sind, erhalten eine wich- 
tige Bestatigung, wenn man in bezug auf ihre Sprache die griecliische 
Bibel zum Vergleiche heranzieht und zugleich. die ,,unklassischen" Worte 
bei ihnen beachtet (unter diesen sind solche Worte zu verstehen, welche 
vor den Evv. nicht bezeugt sind; das ist freilich ein unsicherer MaBstab, 
znnial wir jetzt die Papyri haben). Hieriiber findet man die besten Nach- 
\veise in Moultons und Gedens Concordanz und bei Hawkins, a.a.O. 
S. 162 171. Es ergibt sich aus ihnen, dafi Lukas der LXX- Bibel in 
seiner Sprache weitaus am nachsten steht und auch relativ die Tvenigsten 
unklassischen Worte hat (von den 319 Worten, die ihm ini N. T. eigen- 
tiimlich sind von den Acta ist dabei abgesehen , finden sich 239 in 
der LXX, d. h. drei Viertel, und nur 40 von jenen 319 Worten, also ein 
Achtel, sind ,,unklassisch"). In der Mitte, also dem Lukas naher, steht 
Matthaus (von den 112 Worten, die ihm ini N. T. eigentiimlich sind, 
finden sich 76 in der LXX, d. h. weniger als zwei Drittel, und 18 von. 
jenen 112 Worten, also etwa ein Siebentel, sind ,,unklassisch"). Markus 
ist von der LXX am weitesten entfernt (von den 71 Worten, die ihm im 
N. T. eigentiimlich sind, finden sich nur 40 in der LXX, d. h. -wenig mehr 
als die Halfte, und 20 von jenen 71 Worten, also mehr als ein Viertel, 
sind ,,unklassisch"). Das Verhaltnis des Markus zur LXX wird aber ein 
noch loseres, wenn man die Nicht-LXX- Worte hinzunimnit, welche ihm 
und Matth., und ihm und Luk., und alien dreien gemeinsam. sind; denn 
sie kommen alle auf seine Rechnung. Auch im Einzelnen bestatigt 
sich dieses Ergebnis. So ist z. B. der Plural ovgavoi in der LXX nicht 
haufig (auf 12 Stellen mit ovgavoq kommt eine mit ovQavoi), DemgemaB 
ist er auch bei Lukas nicht haufig (auf 9 Stellen mit ovgavoq kommt eine 
mit ovQavoi). Aber bei Markus kommt auf 2 Stellen rn.it ovgavoq bereits 
eine mit ovgavol und bei Matthaus hier entfernt er sich also am 
meisten von der LXX ist das Verhaltnis sogar umgekehrt. Wie ist 
dieser Tatbestand zu deuten? Er schlieBt sich an unsere Ergebnisse an, 
die sich wesentlich mit denen von Wellhausen decken. Hinter Markus, 
dem jerusalemischen Judenchristen, liegt nicht die LXX-Bibel, sondem 
das Aramaische, welches in ein selbstandiges, rauhes Griechisch iibersetzt 



Consequenzen. 

hat, sobald sie selbst lehrhaft wurde und das ist bald ge- 
schehen , den Matthaus bevorzugt und den Lukas zuriicktreten 
lassen. Aber als das Evangelium vom Siinderheiland hat es 
doch fortgewirkt und seine besondre Mission in der Kirche be- 
halten, und Paulus lebt in der katholischen Kirche mehr im 
Bilde der Apostelgeschichte als in seinen Briefen fort. 



1st. Der Autor ist also kein Diaspora-Judenchrist, der in der griechischen 
Bibel lebte, wenn er sie auch kannte, sondern er ist ein palastinischer 
Jude (das stimmt mit dera, "was wir von der Person des Markus wissen, 
tiberein). Im Gegensatz zu ihm lebt der Verfasser des 3. Evangeliums 
man ziehe alles ab, was er von Markus iibernommen hat in der 
LXX-Bibel; er ist also enfrweder von Hans aus ein Diaspora- Jude oder 
ein geborener Heide. Letzteres trifft far Lukas zu. Die mittlere Stellung 
(abgesehen von ovQavoi), die Matthaus einnimmt (bei dem man auch das 
dem Markus Entlehnte abzuziehen hat), erklart sich vortrefflich unter 
der Voraussetzung, daB er ein in Jerusalem oder Palastina wohnender 
Diaspora- Jude ist. 



Anliang I (zu S, 11), 

Der Verfasser des 3. Evangeliums und der Apostel- 

geschichte ein Arzt 1 . 

Nach Paulus war Lukas Arzt. Aus einem Geschichtswerke r 
welches ein Arzt verfafit hat, braucht sein Beruf nicht notwendig 
hervorzuleuchten; aber es liegt doch nahe, nach Spuren des arzt- 
lichen Berufes in einem solchen Werke zu suchen. Diese Spuren 
konnen verschiedener Art sein. Es kann 1. die ganze Darstelhmg 
mehr oder weniger durch arztliche Gesichtspunkte, Zwecke und 
Ideale (Krankheit und Heilung) bestimmt sein; 2. es konnen 
Heilungen reichlich und mit besonderer Vorliebe erzahlt sein;. 
3. es kann die Sprache durch die Sprache der Arzte koloriert 
sein (medicinische termini technici, niedicinische Bilder usw.). Alle 
diese drei Gruppen von Merkmalen finden sich, wie sich 
zeigen wird, in dem Geschichtswerk, welches den Namen 
des Lukas tragt. Dem gegeniiber laCt sich aber einwenden, 
daB der Stoff selbst sie nahe legte, dafi sie also fur den arzt- 
lichen Beruf des Autors nicht entscheidend sind. Jesus ist als 
Arzt und Heiland aufgetreten; da das Alle berichten, so ist e& 
nicht auffallend, dafi es Einer unter ihnen in den Vordergrund 
geschoben und diese Tatigkeit Jesu fur die wichtigste gehalten 
hat; er braucht deshalb noch kein Arzt gewesen zu sein, zumal 
wenn er Grrieche war, da die religios interessierten Griechen da- 
mals die Religion : mit Vorliebe unter den Gresichtspunkt der 
Heilung und Erlosung stellten. Das ist richtig; aber jener Com- 



1) Das Material aus den Medicinern verdankt man durchweg Ho- 
bart, The medical language of St. Luke, 1882. Er hat nur zu viel bewiesen. 
Eine gute Ubersicht nach Hobart bei Zahn, Einl. i. d. N. T. II, S. 435 ff. 



Auk I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 

plex von Merkmalen wird doch die Annahme, daB hier ein Arzt 
geschrieben hat, fordern, wenn 4. die Schilderung der einzelnen 
Krankheitsfalle besondere arztliche Beobachtung und Kenntnis 
zeigt, 5. wenn die Sprache, auch wo es sich niclit uni Medi- 
cinisches und uni Heilung handelt, mediciniseh koloriert ist, 
und 6. wenn dort, wo der Autor als Augenzeuge spriclit, das 
Medicinische besonders deutlich hervortritt. Auch diese drei 
Merkmale finden sich bei dem Verfasser des Geschichts- 
werkes. Also ist erwiesen, dafi es von einem Arzte stammt. 

i 

Belege: 

1. Ich beginne nait dem letzten Punkt (Arztliches in den 
,,Wirstiicken"). Hier ist bereits im Texte (S. 11) gezeigt worden, 
daft die Angabe der Diagnose in 28, 8: nvQe-uoic; xal dvGsvreQicp 
<jovs%6{tevog exakt (,,gastrische Fieberanfalle") und nur aus der 
medicinischen Literatur zu belegen ist, ferner, daB aus c. 28, 9 f. 
mit grofier Wahrscheinlichkeit hervorgeht, daC der Verfasser 
selbst auf Malta als Arzt fungiert hat. Aber das sind nicht die 
einzigen Steilen, die aus den Wirstiicken in Betracht kominen. 
Kurz vorher wird die Geschichte von Paulus und der Schlange 
erzahlt. Hier heiBt es von der Schlange, die auch ,,&r]()iov" ge- 
nannt wird und von der es heifit, sie sei n axb ryjq B-e()(i'r]q" 
hervorgekommen: xa&rjfysv ir\v yslQa avrov, und sodann: oi 6s 
jtQQGEdoxcov avxov (teZZeiv jtiftjrQaofrai tf xaTccjiijtrsiv acpvco 
VSXQOV, endlich: enl xoZv 6s avraiv JtQOGdoxcoPTCOV xal 
&CQQOVVT;COV ftiydsv atoxov dq avxov yivopsvov. Die Aus- 
leger erklaren fast samtlich das xa.&rjfyev 1 als ,,ergriff" 2 ; die 
meisten meinen, man miisse den SchlagenbiB supplieren; allein 
Hobart (p. 288 f.) hat gezeigt, daB xad-ametv bei den Arzten 
ein terminus technicus ist und daB Dioskorides das Wort fur 
giftige Stofife braucht, die in den Korper gelangen. S. Animal. Ven. 
Proem.: 61 vAvjQ cp&oQOJtotov xa&ajiTOfiEvqg rwv oco^iaroDV 
(lovmv axb [iSQso? GVVJIIJITUV, vgl. Galen., Medicusl3 (XIV 754): 
ovds OVTCOG %Q7](JT80V role, rQO%ic>xoi(; [gewisse Pillen]' ov 
sxl xa jiejtov&OTa st-ixvslcs&ai' ra>v 



1) Es kommfc im N. T. nur bei Lukas vor. 

2) Richtig Blass: ,,momordit". 



124 Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 



sQ-ya^ovtat, avcorsQixolg 6s cpctQ- 
iQ?]6&aL Hiernach hat also die Schlange den Apostel 
wirklich gebissen und das Gift ist in seine Hand gedrungen. 
Erst durch die Beachtung des medicinischen Sprachgebrauchs 
kann die Stelle richtig erklart werden. "Weiter, dafi die Viper 
(e%i6va) ,,#??o/oz>" genannt wird, ist auch nicht gleichgiiltig; 
denn das ist die medicinische Bezeichnung gerade fur sie und 
derngema'B heiBt das aus dem Fleische der Viper gemactite Gegen- 
gift n&TjQiax'r]". Es ist genau dieselbe Medicin gemeint, wenn 
man bei Aret., Cur. Diuturn. Morb. 138: TO dia rwv &IJQLO)V 
[Vipern] <paQ{ia%ov liest, Do. 144: r\ Sta. twv ftriQicov , Do. 146: 
?] 6ta TGOV s%idva)V, Aret., Cur. Morb. Diuturn. 147: TO 6ia 
TCOV Q-riQicov, TWV s%i6vcov. Weiter bemerkt Hobart (1. c. 
p. 51): ,,Dioscorides uses &^Qt66rjXTO^ to signify, ,bitten by a 
serpent'". Mat. Med. IV, 24: ^TJQLO^^^XOLC, fioqfrelv [taliora 
6s %io6?]%Toe.q. Galen., Natural. Facnl. I, 14 (II 53): ooa 
xovc, love, TWV &7]Qia>v avsfasi xaiv rove, tovg "kfaovrcnv, 
ra [lev TOV rrjg 8%i6v}](;. Galen., Anim. Mores 3 (IV 779): 
xal ol ratv -O-rjQicov lot. Galen., Metb. Med. XIV, 12 (X 986): 

TO T $LO. TCOV e^idvwV OJTEQ OVO[tO.C,OV(Jl 

dorov, ebenso noch an mebreren Stellen (6ia ti 6 ^ 
rrjv %%i8vav [taZZov q aHov rtva otpiv rf] fry QL a xfj gjre' 
dta TO %%LV avTt]v r?]g GaQxbq roov s%idv<DV 
avTTjV &i]Qiaxqv). Aucli das ist nicht gleichgiiltig, daB die Hitze 
als ,,&8Q[i?]" bezeichnet ist; denn dieses rn. W. ini allgemeinen 
seltene, im N. T. nur hier sich fmdende Wort ist bei den Medi- 
cinern die gebrauchliche Bezeichnung fur &sQ{iOT7]c;, wofiir 
p . 287 f.) sehr zahlreiche Beispiele beibringt. HeiBt es 
nun ferner, die Eingeborenen erwarteten, Paulus werde entweder 
anschwellen oder plotzlich tot hinfallen, so sind damit auCer- 
ordentlich pracis die beiden moglichen Wirkungen eines Schlangen- 
bisses angegeben. Ein Laie, der hier erzahlt, wiirde doch wohl 
nur die letztere, vom Pragmatismus allein geforderte Wirkung 
genannt haben. Aber auch die Ausdrucksweise ist medicinisch; 
denn jiifixQaG&ai (nur hier im N. T.) ist term, techn. fur das 
Anschwellen und xaTaJiixrsLV (xataJiTwGis) nur hier irn 
N. T. ist auch aus der medicinischen Sprache zu belegen 
(Hobart p. 50 f.). Endlich ist auch das ni urjdsv arojcov" zu be- 
achten, welches in den Evv. ausschlieClich lukanisch ist. Es 



Anh, I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 125 

wird von den Arzten nicht nur fur etwas Ungewohnliches, son- 
dern aueh fur etwas Fatales, Todliches gebraucht; so sagfc Galen, 
Antid. II, 15 (XIV, 195), daB die, welche nach dem BiB eines 
tollen Hundes ein gewisses Gegenmittel trinken, slg ovdsv arojtov 
([ijiEtiovvTai Qadicog, cf. in einem ahnlichen Fall II, 5 (XIV 134): 
[trjdi-v aronov, [*,rj6e drj^TjrrjQiov (jvvxarajteytrcoxcog (beide Stellen 
allerdings nach Demokrit; aber s. auch Hippocr., Aph. 1251: 

OXOGOl SV TOltilV JCVQSTOltiLV 7) SV T%6lV altyjGlV 

y.axa nQoaiQsGiv 6a/tQvov6iv, ovdev O.TOJCOV oxocfoi 6s fir} K 
xQoa'iQstiiv, arojt(DTQov, Galen., Comni. II, 50, Progn. [XVIII B 
185]: ev 6s tq> {laxQco IQOVCO jtolZa (tsv xal TCOV aUcov 
O.TOJICQV sico&e tivfix fare iv, 6oa rs 6ia rbv xapvovra xal rovg 
vxrjQetovvTaq avrcp. Hobart fiihrt noch zalilreiche Stellen an). 
Es ist also zweifellos das ganze Stuck 28, 3 6 medicinisch tin- 
giert, und da es die Verse 7 10 erst reclit sind, so ist der 
Aufenthalt des Erzahlers auf Malta durchweg medicinisch 
illustriert. 

Die Wirstucke bieten sonst wenig Gelegenheit, Medicinisches 
hervortreten zu lassen; doch ist noch Folgendes bemerkenswert. 
Das Geschichtswerk handelt bekanntlich viel von Damonischen 
(s. u.), aber nur eine Exorcisierungs-Geschichte erzahlt der Ver- 
fasser als Augenzeuge (im 1. Wirstiick. Act. 16, 16 ff.). Hier hat 
er sich nun nicht damit begniigt, einfach von einer Damonischen 
zu sprechen, sondern er charakterisiert die Kranke genau als 
s%ovc>av Jtvv t ua ztv&oova. Nur hier kommt das tiberhaupt 
nicht haufige Wort im N. T. vor, welches den Fall bestimmt 
prazisiert. Ferner ist bei der Erweckungsgeschichte des Euty- 
chus im 2. Wirstiick zu beachten, daC der Schlafzustand des 
Jiinglings in c. 20, 9 zweimal durch dasselbe Verbum bezeichnet 
wird: %arag)e()6 t usvog VJCVCD fta&el und xarevs^O-slg axb TOV 
vxvov. Hobart hat (p. 48 ff.) darauf hingewiesen, daC dieses im 
N. T. dem Lukas eigentiimliche Wort in der medicinischen 
Sprache (und nur in ihr) fiir ,,in Schlaf versenkt" so gebrauch- 
lich ist, daB ,,Schlaf " haufig gar nicht hinzugefiigt wird, und daB 
Galen von zwei Arten von %arag)OQa spricht (De Comate secund. 
Hippocr. 2 [VII 652]: [IT] yiyvwGxovtsc, on dvo zlolv eWrj 
xaracpoQag, cog ol' rs doxifiicoraroi XCDV larQ&v yeyQacpaGi xal 
avra ra yuyvoiLtva [laQTVQsl). Auch Passow kennt fiir xara- 
<ptQGQ-ai } xaracpOQa im Sinue von Schlaf nur medicinische Bei- 



126 Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 

spiele; man vgl. die Fiille derselben bei Hob art (von Hippokrates 
bis Galen), die sich z. T. eng mit unserer Stelle beriihren *. Bei 
der Schilderung der Seereise endlich, die mit Medicinischem an 
sich gar nichts zu tun liat, fallen zwei Stellen auf. Erstens findet 
sich hier ejcifisleia (27, 3, nur hier im N. T.) und das erinnerfc 
an das sjtifis/teta&at. in der Geschichte vom barmherzigeu Sama- 
riter (Luk. 10, 34. 35; nur hier in den Evv. u. den Act.). In 
beiden Fallen handelt es sich urn arztliche Pflege, und dafiir sind 
die Worte, wie Hob art (p. 29. 269 f.) zeigt, termini technici; 
auch sjiifisZcoq (nur einmal im N. T., namlich Luk. 15, 8) ist von 
den Arzten viel gebraucht. Zweitens in 27, 17 steht der selt- 
same Ausdruck vfiorj&Eiaic, S%QCOVTO VJCO^CDVVVVTSC, TO yiloZov" 
Nirgendwo wird vom Untergiirten der Schiffe dieser Ausdruck 
gebraucht 2 ; aber auch ,,^07]&iaiq SXQWVTO" (,,sie benutzten 
Hilfsapparate") ist auffallend. Dagegen macht es nun Hob art 
(p. 273 f.) wahrscheinlich, daC dies eine "Ubertragung aus dem 
medicinischen Sprachgebrauch ist. 'Yjio^covvvni war dort ein 
besonders gebrauchliches Wort fiir ,,Unterbinden", wie sehr zahl- 
reiche Beispiele beweisen. Botf&sia aber (sonst nicht in den 
Evv. u. den Act.) ist ein ganz gelaufiger medicinischer Begriff, 
der auf alles Mogliche (Ligamente, Muskeln, Peritonaum, Pan- 
kreas) angewendet wird 3 . 

2. Ich lasse nun solche Heilungsgeschichten folgen, die der 
Verfasser des dritten Evangeliums aus Markus geschopffc hat, und 
und untersuche, wie er sie wiedergegeben hat. 

a) In der Geschichte vom Damonischen in der Synagoge zu 



1) Hob art suclit nock die Worte Ttagareiveiv, 

fta&vq und <i%Qi avyfJQ als spezifisch medicinisch zu belegen; aber 
ich lasse das beiseite. 

2) Bei Polybius (XXVII, 3. 3) wird vnot,u>vvvvaL zwar aucfa. von 
Schiffen, aber in einem andern Sinn gebraucht. 

3) Hob art weist auch auf den naedicinischen Gebrauch der Worte 
TtaQcuvzLV, eftpifta^eiv, avev&eroq (a&szoq], ^i^.aC l oQ-aL, aal.oq etc. hin, die 
sich in diesem Capitel finden, aber das erscheint mir unerheblich. Mehr 
will vielleicht dcrizla und aaiToq besagen, die sich im N. T. und der LXX 
nur hier finden (27, 21. 33), aber begreiflicherweise in der arztlichen 
Sprache haufig vorkonimen. Bei Galen findet sich sogar ,$.atroq 

<}v" (Ven. Sect. 9; XI 242); ganz "wie 27, 33*. ,$01x01, 6iar steers". 



Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 127 

Kapernaum (Luk. 4, 35 = Mark. 1, 26) ist fur Gxaoagav vQityav" 
eingesetzt und der Zusatz gemaclit ,,fir]6ev {ttatyav avrov". 

b) In der Greschichte von der Heilung der Schwiegermutter 
des Petrus (Luk. 4, 38 = Mark. 1, 30) ist fur xarsxsiro 
jcvoeGGovGa i]v Gvvsyppsvri jivQsrcp ps-yalco" gesetzt und fur 
jtQOGeZ&cbv riysigev avrrjv xQarrjGaq rijq ysiQoq ,,%al sjtiGrag 
F.jtavco avr^g EJtsri^Gsv TOO xvQSTq)" . 

c) In der Geschichte vom Aussatzigen (Luk. 5, 12 = Mark. 
1, 40) wird derselbe nichfc als ZSXQOQ, sondern als ^JT^Q^C 

bezeichnet. 

d) Der Grichtbruehige wird nicht JtaQa/Lvrucog, sondern 

h}[j,evos"' genannt (Luk. 5, 18 = Mark. 2, 3). 

e) Bei der Geschichte von dem Mann mit der verdorrten 
Hand (Luk. 6, 6 = Mark. 3, 1) fiigt Luk. hinzu, dafi es die 
rechte Hand war. 

f) In der Greschichte vom Damonischen zu Gradara (Luk. 8, 
27 = Mark. 5, 2) findet sich der Zusatz in bezug auf den Kranken 



ovx 



g) Bei der Blutfliissigen heiCt es (Luk. 8, 43 = Mark. 5, 26) 
[iaTQoig jtQoGavalcotiaGa olov rov fiiov 1 ] ovx i6%vGev an 
ovdevbg O-SQaJcsv&'fjvai 1 '' , wahrend man bei Mark, liest: jtoHa 
jtafrovda vjtb jtoZZwv IO.TQCQV xcd daxavrjdaGa TO. JIO.Q avrijc 
jtavra, xal fiydsv cotyefaj-d-eiGa, a/l/l (taMov slg TO %IQOV 
Ferner schreibt Lukas (8, 44): S(JT?] q QVOiq rov ai- 
t^g", wahrend man bei Mark. (5, 29) liest: e^rjQavQ-ri fj 
}] rov al'fiarog avrrjq, %al syva> roj> Ocopan ore larac ano 



h) Bei der Erweckungsgeschichte der Tochter des Jairus 
(Luk. 8, 55 = Mark. 5, 42) sind die Worte des Markus: xai 
ev&vg aveGrr} rb XOQO.GLOV y.al JcsQisjtarei. durch die anderen 
ersetzt: ,,xcd ezteGrostysv rb xvsvfia avrqg, xal aveGrt] uiaQa- 
ygru/La., und SLJTSV do&rjvai avrfi cpayelv ist vor die Bemerkung 
u'ber das Verhalten der Eltern gestellt. 

i) In der Geschichte der Heilung des epileptischen Knaben 
(Luk. 9, 38 ff. = Mark. 9, 17 ff.) hat Lukas in die Worte des 



1) Diese 5 Worte sind woM ein spaterer Zusatz; denn sie fehlen bei 
einigen Zeugen (so bei D). 



123 Anh. J: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 

Vaters eingeschoben: ,,exi(:tt.tyai exl TOP viov fiov, on 
vrjc, (Mo/ eOTiv", ferner bei der Schilderung des Krankeri e 

i (soil, der bose Greist) . . . %al ftoyig anoycQQgl an avrov 



k) In der Geschichte von Malchus (Luk. 22, 50. 51 = Mark. 
14, 47) sagt Lukas, das Olir sei das rechte gewesen, und sehiebt 
dann noch die Worte ein: aJtoxQL&slq 6s 6 'irjaovc; slnsv' ears 
8O)g rovrov' xal atyafisvog rov oorlov ia6a.ro avrov 1 . 

Von diesen Zusatzen erledigt sich nur ein sehr kleiner Teil 
durcb Hinweis auf das bekannte Bestreben des Lukas, den 
Markustext sprachlich zu verbessern; die grofie Menge der- 
selben zeigt deutlich die Feder eines Mannes, der ent- 
weder selbst Arzt ist oder doch ein besonderes arzt- 
liches Interesse hat 2 . Zu a): QLJCTSIV ist nicbt nur eine 
sprachliche Verbesserung,, sondern es ist zugleicn der term, techn. 
fur die betreffende Ersclieinung bei Epileptiscnen, und der Zu- 
satz, daB der ausfabrende Geist dem Manne nichts getan hat, 
zeigt das Interesse des Arztes und ist zugleich auch technisch 
bei den Arzten: coyelrjGs (tev ixavcog, sftkatye 6' ovdev (so oder 
ahnlich sehr oft) 3 . Zu b): Die Arzte unterschieden zwischen 
.,kleinem" und ,,grofiem" Fieber 4 ; der Zusatz ,,grofi" bei Luk. ist 
also kein miiBiger; weiter, wahrend sich Markus mit der Angabe 
begniigt, dafi Jesus sie aufstehen hiefi, indem er sie bei der 
Hand fafite, gibt Lukas die Heilungsmethode an: ,,er ging iiber 
sie stehen und schalt das Fieber". Er hat also fur die Heilungs- 



1) D liest: %al exreivaQ rf/v %iQa tfiparo avtov teal 

TO ovq avtov. Wellhausen scheint diese LA bevorzugen zu wollen, 
atier sie ist besonders verraterisch. fiir das oft durchtriebene und mut- 
willige Verfahren in D; denn sie isfc ganz deutlich nacli 6, 10 gebildet, 
TVO das surelvsiv tfyv %etQa seine gute Stelle hat, wahrend es hier ganz- 
lich uberfliissig ist. 

2) Durch Vergleichung kann man sich leicht davon uberzeugen, 
daB sich iiberall hier Lukas und Matthaus dem Markustest gegenuber 
diametral entgegenstehen; denn Matthaus hat umgekehrt alle nicht ab- 
solut notwendigen arztlichen Ziige im Markustext in diesen Perikopen 
getilgt. 

3) S. die Stellen bei Hob art, p. 2f. 

4) Galen., Different. Febr. T, 1 (VII, 275) : %al ovvy&sq iqSri xolq laTQolq 
ovoftd^siv sv Tovrw TO> yevei rrjq Sicupogaq xbv fjisyav re xal yuxgbv nv- 
QBTOV. Auch Gvve%GQ-ai ist technisch. S. Hob art, p. 3f. 



Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 129 



inetbode ein Interesse. Ad c): wabrsebeinlicb ist aucb ^ 
HejcQas" nicbt eine gleicbgiiltige Variante zu lexQog, denn die 
starkeren Grade der Krankheiten werden bei den Arzten durch 
n &Jl7}()7ig u bezeichnet; s. Hippocr., De Arte 5: Jt^QEsg Ttjg 
vooov 1 . Ad d): ,,JtaQa2.lvfievog" ist eine sprachlicbe Ver- 
besserung, aber zugleich term, tecbn. der Arzte, die jtaoalvTixog 
nicbt braucben. Ad e) u. k): die Hinzufiigung in diesen beiden 
Fallen, daC es sicb urn die rechte Hand und das rechte Ohr ge- 
nandelt bat, bezeicbuet eine Grenauigkeit, die bei einem Arzte 
besonders verstandlich ist. Ad f): der Zusatz, daB der Damo- 
nische seit langer Zeit keine Kleider auf sicb geduldet, entspricbt 
der genauen Beobacbtung in bezug auf eine bestimnite Art von 
"Wabnsinn, die das Altertum ebenso gemacht bat, wie wir sie 
nocb macben; vgl. die Aussage des Arztes Aretaus um das J. 160 
(Sign. Morb. Diuturn. 37): Jtsol paving' eo>#' ore etifriJTag rs 
sQQrjgaTO\ .Ad g): Hier ist die mediciniscbe Haltung des 
Verfassers besonders deutlicb: er streicbt die bose Be- 
merkung des Markus liber die Arzte einfach weg 3 
wie verstandlich, wenn er selbst Arzt war, und wie unverstand- 
licb, wenn er zum Publikum gebortel Die laienbafte Ausdrucks- 
weise des Markus: ^s^rjQavQ-Tj rj nyy?] rov aitiaTog" ersetzt er 
durcb den term, tecbh.: SOTIJ q QVGIQ rov cufiarog (man vgl. 
Hippocr. Praedic. 80: olaiv sg aQiijc, ai[ioQQayiai. ZaflQai, Qlyog 
iGrrjGi QVGIV, Hippocr., Morb. Sacr. 306: Harriot TO aifia, Hippocr., 
Morb. Mul. 639: ejti,6av 6e TO Qsvfia tiTy, Dioscor., Mat. Med. I 
132: Jr??(ft xal QOVV yvvaixelov 3iooOTi&e[isvov } 148: i'6Tt]Gi 6s 
xal aifiOQQoidag und andere Stellen bei Hobart p. 14 ff.) und die 
unfeinen Worte, die Markus noch binzugefugt bat, bat er dis- 
kret unterdriickt. Ad b) In der Greschichte von der Erweckung 
der Tochter des Jairus ist das aveGTrj beibebalten, aber das so- 
fort folgende jtSQiexaTsi als gegen die verstandige Ordnung der 
Dinge verstoBend weggelassen. Dafiir denkt der Arzt sofort 



1) Hobart p. 5f. bietet noch andere Stellen. 

2) Hobart, p. 13f. 

3) Dafi sie auch bei Matth. fehlt, ist unerheblich; denn er hat Her 
wie in den anderen Perikopen uberhaupt alles ^Unnotige" getilgt. Zahn 
nennt diese Deutung des Verhaltens des Lukas (Einl. II, S. 437) eine un- 
wiirdige ,,Insinuation"; aber seine eigene Erklarung ist gezwungen und 
beachtet den Hauptpunkt nicht. 

Harnacb, Lukas. 9 



130 Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 

daran, daB die Erweckte essen miisse, wahrend Markus zuersfc 
erzahlt, daB Jesus verboten habe, die Tat zu verbreiten und dann 
erst das Gebot, dem Madchen etwas zu essen zu geben, folgen 
lafit, wodurch es seine Bedeutung so ziemlicli verliert. DaB man 
bei Genesenden zunachst an die Zufuhr von Nahrnng denken 
intisse, hat Lukas auch Act. 9, 18 bei der Heilung des Saulus 
zuiu Ausdruck gebracht: avaorac, k^ajirio&rj xal lafiwv TQO^P 
svioyvoev. Hatte ein Laie das vermerkt? Moglieh ist, daB TO 
jivsvfia (avrrjg sjtsGTQStyBv) als q jzvorj zu verstehen ist; doch 
ist das nicht sicber. Ad i): Der bier gemacbte zweite und 
dritte Zusatz verdeutlicbt das Krankbeitsbild in einer fur die 
Epilepsie cbarakteristiscben Weise *, und aucb das n eju@jLejteiv u 
ist nicht indifferent 2 (Zusatz 1); denn Hobart belebrt uns 3 , daB 
dieses Verbum tecbnisch ist fur die arztliche Beobachtung. ,"A 
dst xbv larQov sjiifi).ejieiv, sagt Galen, und ,,ejtL{3Zsjtiv ds %Qrivai 
y.al siq ra poo^ara %al rrjv dvvapiv rov xa[ivovTo$, etc. 
Ad k): alle vier Evangelisten bericbten von dem Abhauen des 
Ohrs, aber nur Lukas laBt es von Jesus wieder angebeilt werden; 
nur er hat also daran AnstoB genoinmen, dafi der arme Teufel 
sein Ohr verloren hat. Wie er (ad g) den arztlichen Stand uber- 
haupt in Schutz genommen hat, so tritt er hier fiir Jesus, den 
Arzt, ein; unverantwortlich ware es gewesen, wenn er als Wunder- 
arzt nicht geheilt hatte 4 . 

In diesen Nachweisungen ist gezeigt, daB sich so gut wie 
alle Veranderungen und Zusatze, die der dritte Evangelist am 
Markustext vorgenonimen hat, aus dem Interesse des Arztes am 
einfachsten und sichersten erklaren; ja ich sehe nicht, daB irgend 
eiue andere Erklarung auch nur moglich ware. Hinzuzufiigen 
ist noch, daB der 3. Evangelist populare medicinische Ausdriicke 
vermeidet, s. oben S. 129 zu Punkt g. Dazu: fiaGavoq braucht 
er nicht wie Matth. von Krankheiten, sondern nur in der Parabel 



1) S. die Belege bei Hobart, p. 17ff. 

2) Der ,,einzige" Sohn ist ein Zusatz, der fiir die Riihrseligkeit des 
Yerfassers charakteristiscli ist. 

3) P. ISf. 

4) Man kann liier iibrigens init Handen greifen, wie eine Wunder- 
geschictite entstanden ist und was sich Lukas erlaubt hat. Eine Sonder- 
quelle besaB er sicher nicht; weil es so sein muIJte, ist es so ge- 
wesen. 



Anli. I: Verfasser des 3. Ey. u. der Apg. ein Arzt. 131 



c. 16 von Hollenqualen; ftaGavL^sGd-ai steht bei ihm aucli nur 
einmal (c, 8, 28); [lalMxia fehlt ganz. 



3. Lukas hat im Ev. noch drei Heilimgsgeschichten, die er 
allein erzahlt (der Jungling von Nain, das gichtische Weib und 
der Wassersiichtige), auGerdem zwei einschlagende Parabeln 
(der barmherzige Samariter und der arine Lazarus), in der 
Apostelgesch. abgesehen von den Wirstiicken die Heilung 
des Lahmen in Jerusalem, des Aeneas, der Tabitha, des blinden 
Saulus, des Elymas, des Labmen in Lystra; dazu kommen noch 
hierher gehorige Notizen in der Geschichte des Ananias und der 
Sapphira und in der Vision des Petrus. Uberall in diesen Ge- 
schichten, die iibrigens scbon durch ihre Fiille bemerkenswert 
sind, zeigen sich Ziige, die das Interesse oder die scbarfe Be- 
obachtung oder die Sprache des Arztes aufweisen. 

In den G-esehichten der Erweckung des Jiinglings von Nain 
und der Tabitha (Luk. 7, 15; Act. 9, 40) wird die erste Regung 
der Erweckten tibereinstimmend durch ,,avsxci{):iGev" bezeichnet. 
Dieses Wort 1 scheint ini intransitiven Sinn fast nur bei den 
medicinischen Schriftstellern zu begegnen 2 , und zwar meinen sie 
das ,,sich wieder aufsetzen" im Bett; s. z. B. Hippocr., Praenot. 37: 
avaxa&i&iv Povteo&ai rov voGsovra rrjq VOGOV azfza^ovat^. 

In der Geschichte vom gichtischen Weib (Luk. 13, 11 13) 
fallt erstlich die genaue Beschreibung von Krankheit und Heilung 
iiberhaupt auf, da die Pointe (Heilung am Sabbath) sie nicht 
veiiangt; i]v GvvxvjtTOvGq xal fit] dvvaftevt] avaxvipcu sig TO 
jiavTeles 3 ; ajtoZvsG&ai und avoQ&ovGfrai lauten ganz fachmaCig, 
s. die Parallelen bei Hob art (p. 20 ff.). Sowohl dvaxvjtTsiv als 
axolveiv (nur hier im N. T. in bezug auf eine Krankheit) sind 
die entsprechenden termini technici, und ebenso ist avoQ&ovv 
das solenne medicinische Wort fur das Zuriickbringen der Glieder 
oder Teile in die natiirliche Position; man beachte aber auch, 
wie erst die Losung der Krummung bernerkt wird und dann die 
Einrichtung. Wer hat fur solche Genauigkeit ein Interesse? 



1) Nur hier im N. T. 

2) S. die Belege bei Hobart, p. 11 f. 

3) Vgl. die Parallels bei der Beschreibung des scHLafenden Eutychus 
(oben S. 125): aarcccps^d^evog, xa.Tve%Q-eiq. 

9* 



132 Anh. I: "Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 

Ein ,,v6Qa)jti%6q" (Luk. 14, 2) kommt sonst im N. T. nicht 
vor, dagegen haufig (u. ebenso das Adj. pro Subst.) bei Hippo- 
krates, Dioskorides, Galen 1 . Die Krankheiten Wassersucht, 
,,groBes" Fieber, hochstes Stadium des Aussatzes, Dysenteric mit 
Fieberanfallen finden sich nur bei Lukas. 

Die Parabel vom barmherzigen Samariter (Luk. 10, 30 ff.) 
lautefc wie ein arztliches Schulbeispiel, keinem Hilflosen die 
Hilfe zu versagen. Hobart (p. 27) bat erne sebr merkwiirdige 
Parallele aus Galen beigebracht, in der sicb sogar auch das 
Wort nqiu&avTjg 11 (Luk. 10, 30, u. im N. T. nur hier) findet. 
De Morb. Different. 5 (VI 850): ol'a roiq o6outoQ^6a6iv sv 
XQVSL xaQTEQq) yiyvsTCti' jco2Zol JO.Q rovrcov ol [iv ev avraig 
ralg 060 iq, aniQ-avov , oi 6s siq 3cavdo%Zov, JTQIV ?/ 
olxa6s jiaQayzvsG&aL (pQ-atiavTSc, tjfii&vTJTeg TS xal 
xaTstyvyfisvoi cpaivovrat 2 . Arztliche Ausdriicke begegnen 
mebrfach in dieser Erzablung; aber sie konnte doch nicht von 
einem Arzte gescbrieben sein, wenn Wellhausen Recbt mit der 
Bemerkung hatte: ,,In Wunden tut man 01, aber nicht 01 und 
Wein. In dem Beispiel Land Anecd. Syr. 2, 46, 24 stammt 01 
und Wein wohl aus unsrer Stelle." Allein er irrt sich; die 
Arzte behandelten im Altertum nicbt nur innerlich mit 01 und 
Wein, sondern salbten auch damit (Hobart p. 28f.);'s. Hippocr. 
Morb. Mul. 656: ?]v 6s al {ifJTQai ^i6yco6i., nsQivityas avrag 
v6an %liQO) xal ateityaq slaicp xal olvcp, u. a. St. 

In der Parabel von Lazarus kommen die sonst in den Evv. 
fehlenden Worte sAxog, lxov<j&ai } xaraipv%siv, 66vvaC&ai und 
%a<j(t,a (sorriQixrai) vor (c. 16, 21 26). Die ersten beiden Worte 
sind die term, techn. fur Geschwiire; ebenso sind die relativ sel- 
tenen Worte odvvaG&ai und xaraipv^siv von Hippokrates an bei 
den Medicinern technisch 3 , und vielleicht darf man das auch von 
und GrriQi^eiv sagen 4 . Der Arzt denkt an die fehlende 



1) S. Hobart, p. 24. 

2) Fast sollte man uieinen, Galen liabe den Lukas gelesen. Umnog- 
lich ware es nictit; er hat sich mit Christen beschaftigt. Eine minder 
ahnliche Stelle steht auch bei Galen, De Rigore 5 (VII 602): fag %GOI ye 
Zeiftibvog odomoQovvTsq, slta ev ZQVEI stctQTSQa) xaral.rjcpd-EVTec;, 

re xal xgo^Ssiq oixaSe naQeyevovro. 

3) S. Hobart, p. 32 f. 

4) S. Hobart, p. 33 f. 



Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 133 

arztliche Hilfe: die Hunde leckten ihm seine Geschwiire. Natiir- 
licli braucht nicht nur ein Arzt so zu denken; aber es ist der- 
selbe Schriftsteller, der die Geschichte vom barmherzigen Samariter 
erzahlt. 

In der Geschichte vom Lahmen (Act. 3, 7 f.) fallt die Ge- 
nauigkeit auf: ijysiQsv avtov, ytaQa^Qrffia 6s 
at fiaosig avTOV xai TO, o<pv6Q<x, xcti e 
xal ytsQLSjtatSL. Kann man ausfiihrlieher und zugleich kiirzer 
den HeilungsprozeB schildern? Wer hat ein Interesse an den 
Stadien desselben? Was der Arzt sonst in Monaten beobachtet 
denn geschildert wird, wie ein Lahmer sonst allmaklieh 
gesund wird , das drangt sich hier in Augenblicke zusanimen. 
Nun beachte man noch die Anamnese %00l.bc, % xoiliag firjrQoq 
(3, 2), STCQV i]v jtteLovwv t(>6aQa%ovTa (4, 22, ein Alter, in dem 
solche Heilungen nicht mehr vorkommen). 2<pvdg6v ist ein ganz 
seltenes (bei Passow z. B. nicht verzeichnetes) Wort, der term, 
techn. fiir die Knochenkopfe am Bein, s. Galen., Medicus 10 
(XIV 708): TCC 6s jtsQara rcov t^c, xv7J{?]<; oGtcov slq rs TO 
svSov fisQOQ %al slg TO egos s^s^ovra, ocpvdQa jiooGccfoaevsTGi, 
TO, 6s ajtb TCOV 6g)v6od)v xvQiwg jtodsq liyovxai. 

Bei Aneas (Act. 9, 33) fallt wieder die genaue Zeitangabe 
fiir die Krankheit auf (8 Jahre) 1 , und zugleich erinnert man sich, 
wie verschiedene Ausdriicke der Verfasser des groBen Geschichts- 
werks fiir ,,Krankenbett" hat: es sind vier, namlich xoafictTTOv, 
xtivri, xltvi6iov, xhvaQiov. Die beiden letzteren sind ihm 
eigentmnlich im N. T. 2 . Zeigt sich da nicht wieder der Arzt? 

Das avsxa&ujsv in der Tabitha-Geschichte wurde bereits 
oben beriihrt; auffallend realistisch ist der Ausdruck (von Petrus, 
als er sich zur Erweckung der Frau anschickt): ExidTosipaQ nobg 
TO 6(5/Lia sljtsv Taftt&a, avaOTrjO-i. 2(5 t aa = Leichnarn. 

Bei der Heilung des erblindeten Saulus (Act. 9, 17 ff.) heifit 



1) Markus und Matthaus erwahnen nur beiin blutfliissigen Weib die 
Krankheitsdauer, aber Lukas hat nicht nur bier, sondern in noch zwei Fallen 
erwahnt, daB das Leiden congenital gewesen sei (Act. 3, 2; 14, 8); 
das gichtbrfichige Weib war 18 Jahre krank, der Lahine in Jerusalem 
inehr als 40 Jahre, Aeneas 8 Jahre. 

2) Er unterscheidet sie auch, s. Act. 5, 15: ri&evat enl z).iva<)i(ov 
xal 



134 Anh. I: Verfasser des 3. Bv. u. der Apg. ein Arzt. 



es: ajtejteoav avTov ajtb TWV ocp&alftcov cog lejtidsg. Dazu 
Hob-art p. 39: 'AjtonlxTSiv [im N. T. nur hier] is used of the 
falling off of scales from the cuticle and particles from diseased 
parts of the body or bones, etc., and in one instance, by Hippo- 
crates, of the scab, caused by burning in a medical operation, 
from the eyelid; and Zsxig [nur hier im N. T.] is the medical 
term for the particles or scaly substance thrown off from the 
body; it and anojtijtTEiv are met with in conjunction. Hippocr., 
De Videndi Acie 689: TO ftZsgxxQov sjiixavtiai ?] T<D av&st 
OJITCQ IEJCTW 3tQo6Ti3.ai, oTav 6s aftOJisfy] q kti^aQa, ir)TQVEiv 
Ta ioura. Galen., Comm. II, 23, Offic. (XVIII, B 781): JtoUaxig 
yaQ ajto6%i6sg odTcov xal Zsjiidsq ajtojtijiTOvGiv, Galen., * 
Med. Defin. 295 (XIX 428): e&' OTS [lev xal fajtid 
Galen., De Atra Bile 4 (V 115): TO Ccofia Jiav 
{.ithaGiv sgav-9-iqf.iaGiv oftoloic;, SVIOTS 6s xal olov henlc, 
JIIJITS flQaivo[iV(X)v TE xal 6ia<poQOV[ivcov avrcov, Galen., 
Med. Temper, et Faculfc. XI, 1 (XII 319): xal TOV 
a(pic>TaTai TS xal ajcojiijiTsi xa&ajtSQ TS Zsjcog r\ 



In der Geschichte von Elymas (Act. 13, 11) 1st die Erblin- 
dung also beschrieben: JiaQa%Q?][ta EJIZGEV (sjzsjreGev?) sx avTov 
a%lvg xal oxoToq, xal jiEQLaycov s^rjTsi y^LQaycoyovq. Hobart 
zeigt (p. 44 f.), dafi a%lvg nach Galen eine bestimmte Augen- 
krankheit ist (Medicus 16, XIY 774: a&vc, 6s IGTL XSQL olov 
TO [tsZav ajto slxcodECog exixolaiov, ovlr] ZsztTOTaTi] O.EQL 
a%Zvco6i jtaQaxlrjdia, s. auch die zahlreichen anderen Stellen, 
z. B. V<psli6v SOTIV a%lvg i] slxcoGtq EJtiTtolaioq exl TOV ( us- 
Aavog); aber auch was er iiber oxoTog bemerkt, ist beachtens- 
wert. Der Zusatz: er suchte solche, die ihn fiihren konnteu, ist 
das, woran der Arzt denkt, der sich sofort die traurigen Folgen 
des Falles yorstellig raacht. 

Der yon Mutterleib Lahme in Lystra wird als ein avi](> 
advvaTog TOtg JCQGIV (Act. 14, 8) bezeichnet; s. die rnedicinischen 
Beispiele fur a6vvaTog bei Hobart p. 46. 

In der Geschichte von Ananias und Sapphira linden sich 
(Act. 5, 5. 6) die Worte sxipv^stv und GvOTelZeiv. Jenes scheint 
fast ganz auf die medicinische Literatur beschrankt gewesen zu 
sein. Vor Luk. (1. c. u. Act. 12, 23) werden nur Belege aus 
Hippokrates beigebracht, sodann aus Aretaus und Galen (s. Ho- 



Anb. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 135 



bart p. 37) *. Zu avarsUsi-v- bemerkt Hobart (1. c.): ,,This 
word is met with in one other passage in the N. T. (IKor. 7,29): 
o xaiQog GWEGTcdfiepog, and is found only once in classical 
Greek in the sense it bears in this passage ,.to shroud", Eurip., 
Troad. 378: nljcloic, (iyveciTcd'rjGav. In medical language the 
word is very fEagtaeat [hierzu Beispiele aus Hippokr., Galen,, 
Dioscor.] and its use varied: one use was almost identical with 
that here, viz., ,,to bandage a limb", ,,to compress by bandaging". 
In der Geschichte von der Vision des Petrus wird das Wort 
: ,x6TaGiq" gebraucht (Act. 10, 10: eysvero ETC avrov sxGraGcg). 
Obgleich visionare Zustande im N. T. haufig vorkommen, braucht 
doch nurLnk. (hiern. Act. 11, 5; 22, 17) fur sie dieses Wort. Es 
ist in der medizinischen Sprache technisch nnd haufig (Hobart 

P- 41). 

Diese tjbersicht iiber die dem dritten Evangelisten eigen- 
tiimlichen Krankheitsgeschichten und Verwandtes bestatigt die 
Ziige und Interessen, die uns bei seinen Korrekturen der von 
Markus erzahlten Geschichten entgegentreten 3 . 

4 DaB die Darstellung Jesu im dritten Evangelium von 
dem Gesichtspunkt beherrscht ist, dafi er der groBe, wunderbare 



1) Einmal steht es in der'LXX (Ezecli. 21, 7) und auch bei Jam- 
bliclius. 

2) Nicht = sie bedeckten inn. (Weiss), sondern sie wickelten ihn ein. 

3) Sind die Verse Luk. 22, 43. 44 echt und ich glaube das in den 
Sitzungsber. d. PreuB. Akad. 1901 3 28. Febr. sehr wahrscheinlicb. gemacht 
zu haben , so hat Lukas in ihnen die sonst ini N. T. feblenden termini 
tech. SVK>XVEIV, aya>vla, 6 irfptbe (aael Q-QOftpoi afyarog xa-cafialvovTEq ge- 
braucbt, : s. die scblagenden Belege bei Hobart, p. 79ff. Es ist derselbe 
niedicinische Schriftsteller, der ear?/ ?] (tvaiq TOV ca^aroq und Q-QOfjifioi 
ai(j.c'.roq zaTapalvovTec scnreibt und der ev aycavlq yevdftevog und eneoev 
s'yt 5 avtov sxaraGiq sagt. Tin Unterscbied von der aywvla Jesu wird 
v. 45 nur von einer ^vmj der Jiinger gesprocben und dieses sonst bei den 
Synoptikern feblende Wort (,,&TCO rffq Av?r?/?") ausdrucklicb den Markus- 
sticbworten (,,scblafend" "bzw. ,,ibre Augen waren besebwert") binzuge- 
fugt. Was es rnediciniscb mit "kvnri fur eine Bewandtnis bat, zeigt Ho- 
bart, p. 84. Endlich sei erwahnt, daB bier wieder ein Beispiel dafiir 
vorliegt (s. o.), daB Lukas laienbafte Ausdriicke in medicinische verwan- 
delt: Markus batte von Jesus gescbrieben: VjQ^cao zx&a/jfietG&aL (un- 
klassisch; aacb Mattb. bat das Wort getilgt) y.ol adyftoveiv, dafiir setzt 
Lukas das pracise ye.v6fj.evoq sv aycovla. 



136 Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 

Heiland der Kranken gewesen und iiberbaupt der Heiland ist, 
braucht nicht erst nacbgewiesen zu werden. Aber wicbtig ist, 
daB Lukas, wo er die ganze Tatigkeit Jesu zusammenfaBt und 
er tut das ofters, lediglicli die Heilungen erwahnt und 
dabei sebr scharf L zwischen natiiiiichen Krankheiten und damo- 
nischen unterscheidet (weil sie eine ganz verschiedene arztlicbe 
Bebandlung verlangen). S.'c. 4, 40 f.: Havreq oGoi etyov a- 
Gd-svovvrag votioig jcoixiZaig 7\yajov avrovg Jtobg avrbv 6 6s 
avrcov rag %eiQag s Jtiri,& slg s&QajiVv avrovg. 
6s xal 6ai[i6via axo xoM.cov, xQaCovra xal Zsyovra 
on 6v si o vtbg rov -S-sov, xal snLTiiicov ovx ela avra hatelv. 
C. 6, 18 f.: fy&ov axovdai avrov xal lafrfjvai axb twv vbowv 
O.VTCQV, xal oi svo%hov[ievoi ajto JivevftaTwv axa&aQTCov s&EQa- 
' xal xaq o o%loc e^rovv ajtrsti&ai avrov, on 6vvafiig 
avTov st-rjQiETO xal laro xavxaq. C. 7, 21: 



ajt votiwv xa laG-tcov xa 



xal Tvg)A.olg xoMolq %aoiGaro pAexEiv. C. 13, 32: I6ov 
6aL[i6viaxal latisic ajtorsla) orjfieQov xal avQiov, In der Apostel- 
gescb. ist es nicbt anders (in bezug auf die Apostel), s. c. 5, 16: 
6s xal TO ftlrj&oq ra>v JCSQI^, nolecov ' 
aG-9-svslg xal o%Zov[isvovg vjcb 
axa&aQrcov, oinvsg &QaJiVOVTo ajtavrsq. Act. 19, 11: 
6vi>a{itg T ov rag rv^ovGag 6 &og sjtoiei 6ia rcov %IQOOV 
IIav).ov, SCT xal Jtl rovg aG&svovvrag aftO(pQ6&ai. ajtb 
rov XQwrbg avrov Gov6aoia ij difiixlv&ia xal axaHaGGM&at 
ax avrcov rag vodovg, ra rs jcvsvftara ra 3iovr\Qa sxjto- 
QVG&ai. Diese unverbriicbliche Konstanz, die in den Heilungen 
die Hauptsacbe in den grofien Wirkungen der neuen Religion 
siebt und es zugleich jedesmal fiir notwendig bait, Kranke und 
Danionische zu unterscbeiden, deutet auf den Arzt als Verfasser. 

5. DaC die Sprache des Lukas aucb sonst von mediciniscben 
Ausdriicken und Worten koloriert ist, das batHobart nur zu 
reicblicb auf 200 Seiten zur Darstellung gebracbt. Zwingende 
Beweise sind bier scbwer zu geben. Von nicbt geringer Be- 
deutung ist gewiC, dafi nur nocb Lukas Jesus in seine Predigt 
in Nazaretb das Spricbwort einflicbt: ,,Arzt, heile dicb selber" 

1) Anders als die anderen Evangelisten. 

2) Das sind schwere akute Krankheiten im Unterschied von voaoi. 



Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. em Arzt. 137 

(c. 4, 23, s. o. S. 12). Einiges sei noch hervorgehoben. JJaQa- 
%Qrj(ta (bei Luk. 17mal, sonst im N. T. nur 2nial bei Matth.)"ist 
in der arztlichen Sprache technisch fiir prompte Wirkungen in 
utrainque partem. Hobart (p. 97 f.) belegt es aus einerSchrift 
des Hippokrates (Intern. Affect.) IGmal und fiilirt aus Dioskorides 
und Galen eine Uberfulle von Belegen an. Mit Zahn fuhre ich 
noch an xQotidoxav (Hob. p. 162), avaJceiQoq (Hob. p. 148), 
(p. 193), anoipv%iv, xa,Tatyv%eiv, avatyvfyq neben 

(p. 166. 32. 37), jivor), evnvesiv, exxvssiv (p. 236), 
L,<noyovBlv (p. 155), ft fiaviav jtSQiTQSJietv (p. 267 f.), xQautal.?} 
(p. 167), %QG>s (p. 242); selbst das ovx aGrj(ioq Jibfac, in Act. 21, 
39 ist aus Hippokrates (Hob. p. 249) zu belegen. DaB der Prolog, 
so wenig sich das auf den ersten Blick verrat, mit dem medi- 
cinischen Stil Verwandtschaft hat, hat zuerst Lagarde behauptet 
(Psalter. Hieron. 187 4p. 165) und aus Dioskorides zu belegen ver- 
sucht (und zwar auch aus einem Prolog). Etwas besser bat es Ho- 
bart begriindet (p.87ff.229.250f.) unter besonderer Beziehung auf 
zahlreiche Stellen bei Galen. Eine derselben lautet (ein Prolog! 
Theriac. ad Pis. 1, XIV 210): xal tovrov Got tov JCSQL xric, 

Zoyov, axQiftcog egsratiag ajtavra, aQiors IliocDV, 
sjioirjoa [s. Act. 1, 1: sjcoL^oa^tjv]. Endlich, mit 
Recht scbreibt Zahn (H, 436): ,,Wenn die zu chirurgiscben 
Zwecken dienende Nadel regelmafiig nicht gacplg, sondern jtslovri 
und das gebohrte Loch von den Arzten nicht rQvjr^^a oder 
TQVfiaMa, sondern TQtjfia genannt zu werden pflegt, und wenn 
man bei Galen liest: TOV xara tr\v $&lbvi]v rg^^aroq oder TOV 
6tarQri(iaroQ ryjq @l6vr}g (H o b. p. 60 f.) , so charakterisiert 
Luk. 18, 25 im Vergleich mit Matth. 19, 24; Mark. 10, 25 den 
Verfasser als Arzt. Wenn Galen ausdrucklich iiber den ihna 
selbst wie schon dem Hippokrates gelaufigen Gebrauch von 
,aQ%ai' zur Bezeichnung der Enden (jzsQara) des Verbandzeugs 
(ol ejiidsGfiioL, oft auch o&ovia und o&ovrf) reflektiert, so ist 
klar, daC Act. 10, 11; 11, 5 von einem Arzt geschrieben ist." 

Die in dem Eingange dieser Abhandlung aufgestellten sechs 
Gesichtspunkte treffen samtlich fiir den dritten Evangelisten zu. 
Die Belege sind uberreichlich. Es kann m. E. kein Zweifel bestehen : 
das dritte Evangelium und die Apostelgeschichte sind 
von einem Arzte verfalH. 



Auliang II (zu S. 73). 



Sprachlich-lexikalische Untersuchung von 
Luk. I, 3956. 68-79; 2, 1520. 4152. 



(I, 39) 'Avacxa- 
tia 6s MaQLa.fi sv 
xalq, r/fisQaig tav- 

TO.LQ, SJtOQv9-7] 1$ 



ra 6Jtov6rjq 
lovda, 



(40) xal 

sic, TOP oi- 
xov Za%aQiov xal 



Dieses pleonastische avitiTavai findet sich 
bei Matth. 1 oder 2 mal, bei Mark. 4 mal, 
bei Job. nie, bei Luk. (Ev. und Act.) ein paar 
Dutzend rnal. Zu avaGraGa ejcoQv&"r] s. 
Luk. 15, 18: avaOraq noQsvGoftcu., 17, 19: 
avaGxac, jtoQsvov, Act. 8, 26: avaGTtjQ-L y.al 
JCOQSVOV, 9, 11: avad-taq JIOQSV&TJTI, 22, 10: 
dvadrag XOQSVOV. sv talc, q t uQaic rav- 
raig (oder ahnlich) felilt bei Matth., Mark., 
Joh., findet sich aber bei Luk. noch 12 nial 
(6 mal so wie Her, s. c. 6, 12; 23, 7; 24, 18; 
Act. 1, 15; 6, 1; 11, 27; dazu [IETO. 6e rav- 
rac, rag fysQctc, c. 1,24; Act. 1, 5; 21, 15 ; 
jtQo TovTcovT.rjft. Act.5, 36; 21, 38 raq^u. 
ravrag Act. 3, 24. TVJV OQELV^V} s. c. 1, 65, 
fehlt sonst ini N. T., steht aber im Buch 
Judith. - [izra GJtovdJjg] kommt ini N. T. 
nur noch Mark. 6, 25 vor. xoliv 'lovda 
wie jtoliq Aavsid, Luk. 2, 4. 11, ist dem 



LXX-Stil nachgebildet (7^, olxog, 
3 fov6ct). Oder ist 'lovda verderbter Eigennarne, 
wie bei Luk. jto2ig Na^aQsx 

Aaaticd? 



Zu olzoc, s. d. Bernerkung zu Act. 16, 15; 
es ist bei Luk. viel haufiger als bei den 
anderen Evangelisten, die oizia bevorzugen. 
rjtjjcaGaTo} s. c. 10, 4; Act. 18, 22; 20, 1; 
21, 7; 21, 19 (L6i>]L %al a<jjta(ja{ivoq ^ 
); 25, 13. 



Luk. 1, 39-44. 



139 



(41) xcd syeve- Zur Konstruktion mit kysveTO s. die Be- 

TO cog vjxovdsv rnerkung zu c. 1, 8 (oben S. 70). cog temp. 

TOvd6Jia<j t ubvT?jg fehlt bei Mattb. u. Mark., findet sich aber 

Maoiag i] 'EfaGa- bei Luk. (Ev. u. Act.) c. 48 mal, s. z. B. Act. 

^>T" ^(J^CtQ'C^lOcV 2i \.y .I 2i CO Q WsCQIJuCtiiSJJi < -~~~ SQ'/CtQt'yjQ 2^1 Q.1GS6S 

TO Pyedog sv Ty Wort findet sicb im N. T. nur nocb Luk. 
xoiZia 



ayov 



:, xai 1, 44 und 6, 23! ftQsyog] fehlt bei Mattb., 
Mark., Job., stebt aber bei Luk. auCer in c. 
ij 1 u. 2 auch c. 18, 15 (bier bat es Luk. fiir 
TU xaidla des Mark.-Textes eingesetzt!) und 
Act. 7, 19. sjiL xv. ay] s. die Note z. 
c..l, 15 oben S. 72. 



(42) xal av<pcD- 



xa 

ri Gv 
sv yvvait~iv , xal 







xaong tvjg xoi- 
ttaq 



findet sicb im N. T. nur 
nocb Act. 23, 9 und Apoc. 14,18. Zu avscp. xo. 
,/. s. das von Luk. in den Markustexfc 
(Mark. 1,26 = Luk. 4,35) gesetzte avaxQavya- 
Gav. Lukas liebt in beiden Werken starke 
Ausdriicke. Zu 6 xaQJtog T. xoiL lafit 
sicb aus den Evv. nicbts, aus den Act. aber 
(2, 30) o xaojtbg Tv\q, oGyvoc, avrov ver- 
gleicben. 



(43) %al 3io 



[101 TOVTO LVtt 
c / ~ 

TOV 



[toi TOVTO wie Matth. 13, 54; 13, 
56; 15,33; Mark. 6,2 (jto&ev TOVTCO TavTa;}. 

iva} dieser Gebraucb der Koivr\ fiir den 
XVQLOV fiov ztQoq Infinit. ist bei Luk. sonst m. W. nicht zu 

belegen, im N. T. aber doch schon haufiger. 

Dafi bei Luk. o xvQLog fiir Cbristus baufig 
ist, ist bekannt. 



(44) tdov yaQ cog S. z. v. 40. Idov yaQ feblt bei Matth., 
Mark., Job., stebt aber bei Luk. 5 mal und 
(Jot) in Act. 1 mal. syevsTo r\ cpcovrj] feblt bei 
TO, coTCi [tov, Matth., Job., Mark, (bier ist es c. 1, 11 nach- 
traglicb aus Luk. eingesetzt); dagegen stebt 
es bei Luk. noch 7 mal, namlich c. 3, 22; 9, 
35. 36; Act. 2, 6; 7, 31; 10, 13; 19, 34. 
dg TO. coTCf [tov] feblt bei Mattb., Mark. u. 
Job., aber s. Luk. 9, 44: -d-ECj&s dq T. coTa 



ei TO 



sv 



140 Ank II: Sprachlich-lexikalisclie TJntersudmng. 

vficov und Act. 11, 22: tjxovo&r] 6 loyoq slg 
ra coxa T. sxxlTjtiiag. sv ayal.faa6i\ s. die 
Note zu c. 1, 14 (oben S. 72). Das Wort 
fehlt bei Matth., Mark., Joh = , steht aber Luk. 
1, 14 u. Act 2, 46. 

(45) xcd (taxa- fiaxaQioq fehlt bei Mark. u. steht bei 
Q'IO. TI niGTEvGaCa Mattb., abgeseben von den ,,Seligpreisungen", 
OTL EOT at rsHsico- nur 4mal, bei Luk. aber llmal (im Ev.). 
610, Tolg tela-lt}- rslsLcoo'ig im N. T. nur Hebr. 7, 11. rolg 
[isvoiq avry jiccQa Zsl.cd'rjft.] so (bzw. ra Zcdovfisva) nur c. 2, 
xvglov. ' 33; Act. 13, 45 (17, 19). Das Passiv la- 

leia&ai findet sich bei Luk. (Ev. u. Act.) 
12 mal, bei Job. gar nicbt und bei Matth. u. 
Mark. Imal (an derselben Stelle). Merk- 
wfirdig parallel Judith 10, 9: e 
sig TsfalcoGiv twv koywv, cov 

[tST* SflOV. 

(46) %al sixev ,,not a change of speaker, but of the 

mode of speech", s. Joh. 1, 50f.; Mark. 7,' 8. 
9 (Burkitt). 

Im Folgenden stelle ich die biblischen (LXX) Satze, aus 
denen das Magnifikat compiliert ist, neben den Text. Auf die 
vielen stilistischen Verbesserungen, die Luk. vorgenommen hat, 
mache ich nicht besonders aufmerksam. 

(46. 47) Msyalvvsi (1) ISam. 2, 1: SOTS- fisyal vvsi v findet sich 
ri tyv%7] [tov TOV QSCO&?] q xaQdia [iov bei Mark. u. Joh. 
xai ^/a>l- sv XVQIG), vipw&v] nicht, bei Matth. ein- 
TO Jtvevfia xsQag [tov kv &sq) mal (23, 5) und in 
ftov sjtl rep &cp TCO [iov. einem ganz -andern 

fiov. Sinn, bei Luk. da- 

gegen 5 mal (c. 1,58; 
Act. 5, 13; 10, 46; 19, 

17). ayalHaOiq fehlt in den andern Evv v steht aber 
bei Luk. 3 mal (c. 1, 14. 44; Act. 2, 46); ayaV.iav steht 
bei Luk. 4 mal, fehlt bei Mark, und steht bei Mattb. 
Imal, bei Joh. 2 mal. ^COTTJQ fur Grott (u. Christus) 
findet sich in den synopt. Evv. nur noch Luk. 2, 11, 



Luk. 1, 4551. 



141 



aber in den Aci2mal 
(5, 31; 13, 23). 



rajisivajGtv rrg 
avrov' tdov 
JO.Q axb 



(48) or i sjttstyev SJCL (2) I Sam. 1, 11: sap 

s^i^sjtmv sjiiftls- 
tyyg r^v raxsivcoGiv 
rov vvv rrjg 6ovl?]g Gov, 
Genes. 30, 13: fia- 
nagta e/o?, on fia- 
xctQil^ovoiv [is jcaGai 
at yvvaixsq. 



[is jra 
oai at yew sal- 



(49) on kxoiTjosv [tot (3)Deut.lO,21: oOrcg 

[isyala [fisya/leia] 6 sytoLi^dEv sv Ool TO. 

dvvaroq, xal ayiov [leyala, Ps. Ill, 9: 

rb ovofia avrov' ayiov ... TO ovopa 



ayiov . 
avrov. 



SKI findet 

sich in den synop- 
tischen Evv. nur noch 
Luk. 9, 38. Uber 
das ausschlieBlieh lu- 
kanische I6ov yag s. 
oben z. v. 44. anb 
rov vvv findet sick 
im N. T. ausschliefi- 
lich bei Luk., namlich 
noch 5, 10; 12, 52; 
22, 18; 22, 69 und 
Act. 18, 6. 

[tsyalsla findet sich 
im N. T. nur noch 
Act. 2, 11. dvvaTog 
kommt in den Evv. 
nur bei Luk. person- 
lich gebraucht vor (14, 
31; 24, 19 [von Jesus]); 
dazuAct. 7, 22; 11, 
17; 18, 24. 

(50) xal rb steog (4) Ps. 103, 17: TO TO eZsoc; in den Evv. 
avrov dq ysvsaq xal oe slsog rov XVQI- nur bei Luk., s. c. 1, 
ysvsag roig <po@ov- ov axb rov aiwvog 54. 58. 72. 78; 10, 37. 
avrov. xal scog rov al&vog ol g)o@ov[isvoi r. 

rovg y>o@ov[ie- &sov will Luk. wahr- 
scheinlich technisch 
(v. Prommen iiberall) 
verstandenwissen,wie 
so oft in den Act. 

(51) 3ioir\6v xQa- (5) Ps. 89, 11: xQarog findet sich 

rog sv ^Qa^iovL av- ov sraxslvcoGag cag in den 4 Evv. und 

TOV, dtetixoQttiOev rgavpariav VJCSQ^- der Apostelgesch. nur 

dia~ (pavov, xal sv rq> noch Act. 19, 20 und 



vovg amv. 



142 



Anli. II: SpracHich-lexikaliscke Untersuclmng. 



voia xaQdiag av- 



(52) xa&eltev 6vva- 
Grag ajto -9-QOPCOV 
xal vtyooGv rajtei- 
vovq, 



icovi rrjg 6vva- 

60V 6tGXOQ- 

ctiGag rovg s%d-Qovc, 
Gov. 

(6) Hiob 12, 19: <5v- 
vaGrag yr\q, xars- 
GTQetysv, 5, 11: rov 



ebenso gebraucht wie 
hier. 



sig vipog. 



fmdet sich 
bei Luk. noch 5mal, 
sonst in den Evv. nur 
Mark. 15 ,36. 46 (aber 
in derBedeutung ,,her- 
abnehmen"). Hier und 
im folgenden Yers tritfc 
derbekannte ,,Ebioni- 
tismus" des Lukas 
hervor. 



(53) Jtsivcovrag svs- 
xl?]Gei> aya&cbv xal 
jtlovrovvrag sj-axe- 
6-ceLlsv xsvovg. 



(7) I Sain. 2, 7: xv- 
giog jtTcoxi&i xal 



xal avvipol, Ps. 107, 
9: ipv%7}v jiEivaiGav 
i>jtl7]Gev aya&cov, 
Hiob 12, 19: l- 

lQlg 



(54) a 



3 lG- (8) Jes. 41, 8: Gv 6s, 
avTOV, Toga?]},, Jtaig fiov, ov 
avT)Mft6{j,rjV, Ps. 98, 



3: sfivrjG&r] rov I- 
avrov re 



in d. Evv. 
nur noch Luk. 6, 25 
u. Job. 6 ; 25, aber auch 
Act. 14, 17. Das 
Yerbum st-axoGTsl- 
liv findet sicb bei 
Luk. lOmal, sonst im 
K T. nur noch im 
GaL-Brief. Die so 
singulare Redens- 
art egajroGr. %- 
v ovg b eg egn et 
noch 2malbeiLuk., 
namlich 20, 10. 11, 
sonst nirgends. 

dvTila t u@ai>G{)-ai, fin- 
det sich in den Evv. 
sonst nicht, wohl aber 
Act. 20, 35: avri- 
r. 



TCQV. 



(55) xafrcbg sla- 
JtQog rovg 



(9) Micha7,20: 6co- 

Gl . . . lOV TO) ^A- 

@Qaa[i, xa&ori co^uo- 



fehlt in 
den anderen Evv. (auch 
Zalelv dg fehlt); da- 



Luk. 1, 52-56. 68. 69. 



143 



TOV ccova. 



A@Qaa.fi xal TCO Gaq Totg jtargaGiv gegen findet es sicb 
avTov dq rjficov, II Sam. 22,51: im Ev. nocb 5 mal, in 
xal jcoicov s2.oq den Act. 9 mal, s. z. B. 

. . . TCQ Aav\6 xal 28,25: lA/ 

- '/ > ~ * 

scog alcovog. 

(56) "Efiivv SE Ma- fisveiv Gvv findet sicb 

Qia t u Gvv avTy cog im 1ST. T. nur nocb 

TQig, xal Luk. 24, 29: sictrj^-O-EV 

"; TOV TOV fiivai Gvv av- 

Tolg. cog = circiter 
bei Luk. (Ev. u. Act.) 
nocb 7 mal, bei Mattb. 

nirgends, bei Mark. 2 mal. vJtodTQCpiv stebt bei 
Luk. (Ev.) 22 mal, in den Act. 11 mal u. fehlt in den 
anderen Evv. Aucb vjtotiTQg)iv dq TOV ofaov findet 

sicb Luk. 7, 10; 8, 39; 
11, 24. 



oxov 



(68) Evlo^Tog (zv- (1) Ps. 41, 14 (72, 18; 

o &og TOV 106, 48): euio/^ros 

i> ' ' c n^ > r 

t, OTL Ji6x- xvoiog o irog ItiQa- 

xal SJIO'UIGEV fa, Ps. Ill, 9: Zv- 
ZvTQwGiv TCO l.aco 

^1 * t 1 

avTov, TCO 



6xeij}aTO (absolut, wie Act. 15, 
im N. T. dies Wort von Gott, s. c. 



Das unsicberbezeugte 
xvQtog ist wobl zu 
tilgen; Luk. empfand 
das artikellose Wort 
vor o -9-og als bar- 
bariscb. TOV ist 
eine grammatiscbe 
Verbesserung. i-jt- 
14); nur Luk. braucht 
1,78; 7, 16; Act. 15, 14. 
spracb- 



(69) xal rtfsiQev XE- (2) Ps. 132, 17: e- 

Qag GcQTtjQiac, rjfjlv vaTskco xQag TCO 

v OLXCO Aavi6 Jtai- Aave.16, Ps. 18, 3: 

r \ } ~ / , 

ftfif^ WHT /~ltl 'V11/1 1 f\ /*"* 'V f\ fY f* / fY\~ 

\J{J^ iA\Jt,UU yvt/OCU^ /CcyWU UUJ 

iag, I Sam. 2,10: 



liche Verbesserung. 

rjfziQsv mitRiicksicht 
auf die Auf erweckung 
Christi gesagt. Zu 
f/ftiv s. Act. 2,39; 13, 
26: TI^LV olbyoq T. tfco- 



vtycofei %Qag 



144 



Anh. II: Sprachlich-lexikalisclieUntersxiclnrng. 



6rov avrov, Ezecb. sdralr]. Zu xai- 
29,21: avaretel xs- dog avrov s. v. 54. 
jtavrl TO) olxo) ^corria ist Lieb- 



lingsausdruckdesLuk. 
(fehlt bei Mattb. u. 
Mark., steht bei Job. 
nurlmal); Luk. 19,9: 



TCQ oxc 



rOVTO) 



(70) xa&cbg ela- 
6ia 



alcovog JtQO(p?]- 



TCQV avrov 



(71) 



Diese Parentbese (wie 
v. 55) ist ganz luka- 
niscb. Aia Grofiarog 
stebt im N. T. nur bei 
ibm (Act. 1, 16; 3, 18; 
3, 21; 4, 25; 15, 7). 
Der Zusatz ayiog ist 

aucb lukaniscb, s. v. 72 u. die ganze wortliche Parallele 
in Act. 3, 21: ElalqGw 6 &og 6ta Grofiarog T. ayicov 
am aloavog avrov xoofprjrcov. Aucb aye alcovog 
findet sich nur bei Luk. (Act. 15, 18: yvwGra ax 

aicovog). 

Gcort]Qiav eg (4) Ps. 106, 10: Gco- Gcor^Qiav] kraftvolle 
r^i&v xal Gsv avrovg X ysi- Apposition zu XQag 
x %ELQOC, Jiavrcov QCOV [iiGovvrmv xal 

^ t C ~\ t 3 \ 

rcov [iiGovvrcov r\- /.vrQw6aro avrovc, 
flag, x %siQog Ey&Qov 

(vgl. Ps. 18, 18). 

(7275) Jtoiijoai - (5 8) Zablreicbe 

a rcov jta- ATliche Stellen, s. istimN.T. ausscbliefi- 

xal Micba 7, 20: 6coGi licb lukaniscb, s. c. 

rep 'AfiQaafi, 10,37: o JtoirjGag rb 

ayiac, avrov, xa&on cofioGag rolg log per avrov. 

OQXOV ov G)[ioGv jtarQaGiv r^icov. Ps. ayiaq ist specifiscli 

rov 105,8; 106, 45; Exod. lukaniscber Zusatz, s. 

*, rov 2, 24; Lev. 26, 42; z. v. 70. Der Ge- 

Jerem. 11, 5; Ps. 18, braucb von jtQog ist 

%&Qci)v 18; Jerem. 32, 39: lukaniscb; JCQOC c. 

fis Jta- Ace. stebt bei Mattb. 



6ovvai 






Luk. 1, 70-79. 



145 



8LV avrcQ sv 0616x7]- 6ac, T. fysQa<;. Alle 44 mal, im Luk.-Ev. 
n xal dixaiotivvy Elemente der Verse 1.66 mal, in den Act. 
svcbxiov avrov jta- sind Her gegeben. 140 mal, s. oben zu 1, 
Gaq raq fysQag vj- 13 (S. 71). Zu 

dovvai mit dem Inf. 
s. Act. 4, 29: dog T. 
dovhoiq 6ov 

Zalslv. Der Wecbsel r^ilv u. 
1st nicht ungriecbiscb. largeveiv feblt bei Mark. u. 
Job. u. findet sicb bei Mattb. nur in einem Citat 
(4, 10); s. dagegen Luk. 2, 37; 4, 8; Act. 7, 7. 42; 24, 14; 
26, 7; 27, 23. sv 06. x. fox.] s. Sap. Sal. 9, 3 
u. Epbes. 4, 24. SVCOXLOV fehlt bei Mattb. u. 
Mark., stebt bei Job: Imal, bei Luk. (Ev. u. Act.) 

c. 3 6 mal. 

(76. 77) xal ov 6s, (9, 10) Maleacb. 3,1: viptotov] s. z. Act. 16, 

jtcutiiov, XQcxp'rJTqq odoc, JtQO xgoGcaxov 17 (oben S. 36); es 

[tov, Jes. 40,3: STOI- ist lukaniscb. JIQO- 

I- [laGate TQV odbv jro^fivecJ^-atfindetsicb 

VCOXLOV XVQLOV sToi- xvQiov. Deut. 31, 3: im N. T. nur noch 

paoai 66ovg avrov, %vQioq..3tQOJi;oQv6- Act. 7,40. EVCOXLOV] 

TOV dovvai yvaxjiv fisvog JIQO JIQOGCO- s. z. v. 75. 6ovvai\ 

GcoTTjQiag rm Aaoo xov dov. Jerem. 31, s. v. 74. yvcotiiv] 

avTov sv a<ps(jt a- 34. kommt in den Evv. 

UVTCOV. nur bier und Luk. ll r 

52 vor (T. xlsl6a r. 



s. v. 69; Act. 16, 17: odbv acorrjQtaq. acpsoig 
. bei Luk. 8 mal, feblt bei Job., bei Mattb. u. Mark. 

je einmal. 



(78.79) diaoxlawva (11. 12) Test. Levi: dnla-fiva] feblt i. d. 

sZeovq &sov tfficov, scogsjiiGxetyijTaixv- Evv., s. Koloss. 3,12: 

sv oiq sjuaxstysrai Qiog Jtavxa TO. e&vrj <jJiZay%va 

ava.ro7.ri Ig v- sv dziZayyvois vlov 

, sxicpavai role, avrov, Ps. 107, 10: 

sv CXOTSI. xal dxia jca&rjtievovg sv 6x6- 

Qavarov xaQ-rie- zsi xal Oxia ftava- 



Zu l 



. s. v. 68. 
vtyovg s. 



^ vipovg 6vva/uiv, 
votq, rov xatsv&v- rov. Ps. 40, 3: e- kommt sonst in den 



Harnaek, Lukas. 



10 



146 Anli. II: Sprachlich-lexikalische Untersuchung. 

vai rove, zcodag q- <jTr\C)SV..TOvgjtb6ag Evv. u. Act. nicht vor. 
eig odov sip?]- fiovycalxa^v&vvsp sjtifyavai] fehlt 
TO. SiaftrmaTa { uov. sonst i. d. Evv., aber 

s. Act. 27,20: aGTQCov 

SttlCpaiVOVTCOV. Act. 

16,17: odbv ocoTf]Qiag [das ist dasselbe wie 06. do.], 2, 28: 
odovg coyjg. Die Konstruktion ist genau so wie v. 72 
(jcoi.rjGai) in seinem Verhaltnis zu v. 74 (TOV dovvat), und 
wie in v. 76 u. 77 (TOi t uaoai u. TOV dovvai). Man 
sieht also, ein wie feiner Stilist Lukas ist: dreimal gibt 
er einen Zwecksatz im Infin. ohne Artikel, wenn dieser 
Zwecksatz selbst, als Mittel, einem weiteren Zwecksatz 
untergeordnet ist; diesen letzteren markiert er durch 

ein dem Infin. voran- 
gestelltes TOV. 



(2, 15) xaleyevsTO cogdxrjl&ov Uber die luk. Konstruktion 

slg TOV ovQavbv oi ay- mit iysvsto s. z. Act. 16, 17 

/ Zoi, oi jiOL^iEVsg %.a)*ovv xobg (oben S. 35). aziriZdov ot 

61] scog //.] Einzige Parallele Act. 10, 

\c~ c _r J ~in cjr 

TO QYI^LO. 1: cog oe a^/trei' o a] 
TOVTO TO ysyovbg o b xvQtog (anders Luk. 7, 24: at 

T. a//.). lalslv JtQog ist 
ausschlieClich lukanisch, s. z. 1, 
55 (oben S. 142). dte'c^eotfm 
steht bei Luk. 30 ma], sonst in 
den Evv. 6mal (aber nicht alle 
Stellen sind sicher); in dem ab- 
geschliffenen Sinn findet es sich 
lediglich bei Luk. 07] beina 
Iroperat. findet sich noch Act. 
13, 2 und 15, 36, sonst iin gan- 
zen N, T. nur noch I Kor. 6, 
20, wo es aber nicht ganz sicher 
ist. f)LB^. scog BqfrL s. Act. 
9, 38: tiisZ&elv ecog avxcov, Act. 
11, 9: diijl&ov ecog (poivixqg, 
Act, 11, 22: tiieWelv scog "Av- 
(nur bei Luk.). Q^U 



Luk. 1, 79; 2, 1519. 147 

im Sinne von res quaedam fin- 
det sick noch c. 1, 37 u. Act. 5, 
32; 10, 37; sonst im ganzen 
N. T. nirgends. T. Q^a 
TOVTO] Luk. liebt das pleona- 
stische Demonstrativpronomen 
(s. auch v. 17. 19). TO ys- 
yovog] steht bei Mark, einmal, 
bei Matth. u. Job. nie, bei Luk. 
noch 8, 34 (IdovTzq, oi POGXOV- 
Tsq T. yeyovoq). 35 (idelv TO 
/f yoyos). 8, 56; [24, 12]; Acfc. 4, 
21; 5, 7 ((?] eldvca ro ysy.); 
13, 12 (idatv TO ysy.). 

(16) xal ijl&av GxsvGavTec, axevSeiv intr. findet sicb im 
%ai avsvgav TTJV re Magiaft xal N. T. ausscblieBlich bei Luk. 
TOV 3 Ia>o"r](p xal TO $Q<poq xsi- (19, 5. 6; Act. 20, 16; 22, 18); 
ftevov kv tri cpaTvy sonst stebt es i. N. T. nur noch 

einmal (II Petr. 3, 12 trans.). - 
avsvQiGxeiv kommt im N. T. 
nur noch einmal vor, namlich 
irn Wirstuck Act. 21, 4. Uber 
das luk. flgscpoq s. oben zu c. 1, 
41. (pa.Tvrj\ i. N. T. aufier in 
Luk. 1. 2 nur noch Luk. 13, 15. 

(17. 18) idovTsg 6s kyvcoQLGav Zu dem Pass. Icdscd&ai u. 
JCSQL TOV QTjfiaTog TOV Zal.7]- TO, Jlal.'rj&svTa s. die Bemer- 
&SVTSC; avToig xsol TOV xaitii- kungen zu Act. 16, 14 (oben 
ov TOVTOV. xal xavTsq oi axov- S. 33 f.) u. Luk. 1, 45. TOVTOV] 
e&avfiaciav xeQl TOJV s. z. v. 15. jtavTsq oi axov- 
vxb TOJV jrotfts- oavTsq] nur 1, 66; 2, 47 u. Act. 
vwv JiQog avTovg. 9, 21 (jtavT^q oi axovovTsc). 

sQ-avfiaoav jzeoi ist singular. 
Zu Zahelv JtQog s. zu 1, 55. 

(19) rj ds MaQia xavTa ovv- GvvfiaMsiv ist im N. T. aus- 
TO. QfyaTa TavTa 6vv- schlieClich lukanisch, s. c. 14,31 
sv Ty xapdia avTTJg. u. Act. 4,15; 17, 18; 18, 27; 20, 

14 (Wirstuck). 

10* 



J4S 



Anli. II: Sprachlicli-lexikalische Untersuehung. 



(2tyxalvx(jTQyavoijtoi,[is- "Uber das luk. 
vsg do^ovtsg xal alvovvreg s. zu 1, 56. alvowreg] dieses 
TOV Q-sbv sjd JtaGiV olc,rixovoav Wort findet sicli bei Luk. 7 mal 
xal iidov xa&cb? slatf&r) xobg (2, 13, 19, 37; 24, 53 [zweifel- 
avrovc. haft]; Act. 2, 47; 3, 8. 9), sonst 

nur noch Rom. 15, 11 (LXX) u. 
Apoc. 19, 5. olo] Die Attrak- 
tion ist dem Luk. (niclit den 
andern Evangelisten) gelaufig ; 
s. 3, 19; 5, 9; 9, 43; 12, 46; 15, 
16; 19, 37; 24, 25; Act. 3, 21; 
10, 39; 13, 39; 22, 10; 26, 2. 
Zu slalq&r] jtQoq s. v. 18. 



(2, 41) xal sjtOQSvovro ot 
yovtfc, avTOv xar 3 STOC, slg Is- 
ry zoQT'fi rov jia6%a. 



(42. 43) xal ors eysvsro STWV 
//?', avafiaivovTcov avTwv xara 
TO e&oq rrfc, zoQTqg xal rsfaico- 



zaq rtfiBQaq, -v rat 
avTOvg vjzspsivsv 
6 jialc, ev 'ispovGalyfa 
xal ovx zyvcotiav ot yovelc, 
avrov. 



ein Lieblings- 
wort des Luk. e'rog] bei 
Mattk 1 inal, bei Mark. 2 mal, 
bei Joh. 3 mal, bei Luk. 27 mal; 
xar* srog nur hier. T^ SOQ. 
T. jt.] s. 22, 1: f-OQTrj T. at,v- 
(icov. Bei Mattb. u. Mark, fin- 
det sich der Ausdruck nicht. 
Der Dativ der Zeit ist bei Luk. 
kaufig. 

eysvETO KT. i@'] so auch 3, 23 ; 
8, 42; Act. 4, 22. xara T. 
s&oq] nur noch 1, 9 u. 22, 39, 
sonst nirgends im JSL T., s. z. 
1, 8 oben S. 70. vxoGrQS- 
y>siv] lukanisch, s. zu 1, 56. 
vxepsivev] im Sinne von ,,blei- 
ben" nur noch Act. 17, 14. 
Die ganze Periode ist echt lu- 
kanisch, auch in dem Wechsel 
des Tempus avafiaivovxcov und 



(44. 45) vofiioavreq 6s avTOv vo t uiOavTq] bei Luk. 9 mal, 
slvcu V T% Gwotita rjZ&ov rj(j.s- fehlt bei Mark. u. Joh., steht 



Luk. 2, 20; 4151. 



149 



QO.C, bdbv xal ave^rovv avrov 
sv rolg Gvyyevsdiv xal rolq 
xal fiTj Bvgbvxec, vxe- 
ig c Foov6al7] { ii a 
rovvxec, avrov. 



bei Matth. 3 mal. 6vvo6ia ist 
ajt. le/. im K T., aber 9, 7 
steht ovvodevsiv. avaCflrelv 
findet sich im N. T. nur noch 
Luk. 2, 45 u. Act. 11, 25. 
6vyyevBL$ findet sicb. bei Luk. 
6 mal, bei Mark. u. Joh. je ein- 
mal, feblt bei Matth. ^} 
lukaniscbe Feinheit (causal), s. 
c. 3, 9, ebenso das Part. Imp. 
avat?]T. yvcoGroc, findet sich 
noch 11 mal bei Luk., im gan- 
zen N. T. nur noch 3 mal; oi 
yvcoGroi steht nur noch Luk. 
23, 49. vjtsGTQStyav] luka- 
nisch, s. zu 1, 56. 



(46. 47) xal e/eVero (leta fj(iK- 
f>aq Y SVQOV avrov ev ro5 ieQca 
xa&s^ofisitov ev {isGcp x&v 61- 
tiaoxalcov %al axovovra avrcov 
xal sjcBQcarwvra avrovq' s^i- 
GTO.VXO 6s xavTec; ol axovovreg 
avrov sjtl T% ovvsosi xal rale, 
ajco%oi66i,v avTOV. 

(48. 49) xal idbvrsc, avrov 
, xal iJtev jtQog 



avrov ? 



avrov' rxvov, 



ri sjiotyaac, rifilv ovrcog] I6ov 
o JiarqQ oov jca/co odvvcofisvoi 
s^rovfisv 6s. xal ixv jtQoq 
avrovg' ri ori i-^rtfrs (IE; ovx 
qtitirs OTL ev rolq rov jtarQoq 
fiov 6sl sival ^e; 

(50.51) xal avrol ov Gvvfjxav 



kyV.to lukanisch. 
^6^} s. Act. 20, 9. 
bei Luk. 11 mal, sonst im N. T. 
nur 6 mal; mit sstl nur hier 
(nach Q-avfia^iv}. x.avrtc, ol 
ax.] s. z. 2, 18 u. Act. 9, 21: 
et-LdravTO 6s Jtavtsg ol axov- 
OVTEC,. 

{-Jtlay7]6av] s. 9, 43; Act. 
13, 12. odvvc6fj,voi] im N.T. 
nur noch Luk. 16, 24. 25 u. 
Act. 20, 38, ri on] im N.T. 
nur noch Act. 5, 4. 9. ra 
rov nargoq] solche Verbin- 
dungen liebt Lukas, s. zu Act. 
28, 15 (oben S. 45 u. sonst). 



TO 
xal 



o 



v avrolg. 
(isr avrcov xal 



Mark., Joh. u. in d. Act., findet 
sich aber Luk. 10, 17. 20. 
siq JVaC l ao&, xal ijv r^v mit Partic. ist besonders 
avrolq. xal t] haufig bei Lukas und ein Cha- 



150 Anh. II: Sprachlich-lexikalische Untersucliung. 

(M]r?]Q avrov SLSTTJQEI jtavra rakteristikum seines Stils. 
ra Q?][tara kv rfi xagdla avr^g. diar^Qslv steht im N. T. nur 

noch Act. 15, 29. 

(52) %ai 'irjGovc; jiQoexoxrev ztQOSxoxrsv] nur hier in den 
jla xal r[/Lixiq xal %aQin Evv., aber s. Paulus. %a0iri] 

Qa &eq> xal av&owxoiQ. fehlt bei Matth. u. Mark., steht 

bei Joh. nur im Prolog, findet 
sich bei Luk. 25 mal. Zu den 
letzten Worten s. als Vorlage 
I. Sam. 2, 26: %al TO xai6aoi.ov 

2a[40V7)l SJlOOSVtrO XOL 

frbv xal (AST a XVQIOV y.ca 



Aus denvorstehendenNachweisungen(zus. mit den S. 69 72 
gegebenen) geht deutlich hervor, dafi eine griechische Quelle den 
cc. 1 u. 2 des Luk.-Ev.s niclit zu Grunde liegen kann; die Uber- 
einstimmung des Stils mit dem des Lukas ist zu grofi; die Quelle 
miifite Satz fiir Satz umgeschrieben sein i . Moglicn ist, daB fiir 
die Geschichtserzahlung eine aramaische tibersetzt ist, aber wahr- 
scheinlicli ist es niclit. Jedenfalls sind das Magnificat und das 
Benedictus Arbeiten des Lukas selbst. 

Das Magnificat zerfallt in 9 Verse zu je 2 Satzen; die 9 Verse 
sind aber so gegliedert, dafi 1, 2 4, 5 7, 8 u. 9 sachlich zu- 
sammengeboren -. Von den 18 Satzen schlieBen 6 mit avrov 
(avxov., avTcav), welches auCerdem noch 2 mal steht; dazu be- 
achte man das dreimalige pov im 1. Verse, das nun folgende 
avTOv in 2 a u. 3 b , ferner das avtov in 4 a Mitte, welches auf 
3b zuriickgreift und das avrov avrwv in 5, welches dem 
avrov avrov in 4 entspricht. Somit ist der 1. Vers durch 

1) Aber die Verse c. 1, 34. 35 sind ein spaterer Einschub; s. meine 
Abhandlung in d. Ztschr. f. N. T.liche Wissenschaft 1901, S. 53 ff. 

2) So stellt sich die Anordnung deni Jheutigen Beschauer dar; auf 
die Mysterien der alten Verskunst lasse ich niich nicht ein. Eine An- 
zahl von Gelehrfcen nimrnt 4 Strophen zu je 3 Versen an und schlieBt den 
1. Vers in der Mitte von v. 48, den zweiten nach v. 50, den dritten nach 
v. 53. Diese Einteilung ist kunstlicher als die in 4 Strophen mit je 
4 Versen (4648, 4950, 5153, 5455), wobei die Verse 52 und 53 als 
je einer (nicht als je zwei) gezahlt warden. Ich vermute, daB Lukas selbst 
die letztere gewollt hat. 



Das Magnificat und Benedicfcus. 151 

das IJLOV, die Verse 25 durcli avrov in sieh enger zusammen- 
gefafit (man beachte auch die Wiederholung des eztolrjasv in 
v. 5 zu v. 3). Wie aber das fur den 1. Vers charakteristische 
fiov in v. 2 (fis) u. v. 3 (ftoi) noch nachklingt, obgleich hier 
schon das avrov regiert. so wird dieses noch in v. 5 festgehalten, 
obgleich dieser Vers dem Gedanken und der Form nach bereits 
zu v. 6 u. 7 gehort, also eine Doppelstellung hat. Die 3 Verse 
5 7 sind durch den Parallelismus ihrer Konstruktion aufs engste 
verbunden, v. 6 u. 7 auch noch durch den Reim (6 a ti-Qovwv, 
7 a afa&CQV, 6 b raxscvovg, 7 b xevovc). In v. 8 u. 9 tritt wieder 
das avrov Gottes hervor, zugleich aber wird das { aov des Ein- 
gangsverses nun durch das qficov des Schlufiverses wieder auf- 
genommen und erweitert; das ganze schlieBt mit dem solennen 
elg rov aicova. Die ausbiindige Kunst des Lukas tritt erst 
dann vollig zu Tage, wenn man erkennt, daG er dieses Gedicht 
aus lauter ATlichen Reminiscenzen (LXX) znsammengestellt und 
doch so einheitlich und grofi gestaltet hat. Wie er Vorlagen in 
lexikalischer, stilistischer und poetischer Hinsicht bearbeitet und 
in besseres Griechisch gefafit hat, ohne doch den hebraischen 
bzw. LXX-Charakter zu verwischen, davon kann man sich iiber- 
zeugen, wenn man Vers fur Vers genau untersucht. Das habe 
ich in den Sitzungsber. a. a. 0. S. 8 ff. dargetan. Es ist aber 
ferner aus der oben gegebenen Zusammenstellung deutlich, dafi 
nahezu alle Worte im Magnificat, die von dem Wortlaut der 
ATlichen Verse abweichen, spezifisches Eigentum des Lukas sind, 
d. h. seinem Vocabular angehoren (es handelt sich lediglich um 
die Worte [iSYalvvsiv, ayahfaav, 6 (JOOT^Q, ejuplsjtsiv kxi, Idov 
ya.Q, anb TOV vvv, ysveai, [ieyatela, o dvvarog, xQaroq, diavoia 
xagdiaq, xa&aiQiv, s^ajtoors^eip xsvovq, latelv JiQog). 

Ganz dasselbe gilt vom Benedictus, werin auch hier die 
Grundlage, ein Cento aus der griechischen Bibel, starker bear- 
beitet und dadurch das Lied wertvoller als das Magnificat ge- 
worden ist. DaG derselbe Verfasser beide Lobgesange kompo- 
niert hat, zeigt sich auGer mehreren wichtigen "Ubereinstimmungen 
und derselben diskreten Beziehung auf den Messias im einzelnen 
auch in dem avroq und fi{t&l%, welche fur das Benedictus eben- 
so charakteristisch sind, wie das avroq und pov fur das Magni- 
ficat; es zeigt sich aber vor allem darin, daC auch im Benedictus 
die eigentumlich lukanische Sprache ganz unverkennbar ist. 



152 Anli. II: Sprachlich-lexikalisclie Untersuchung. 

Endlich die drei ersten Strophen des Benedictus (v. 6875; 
im ganzen sind es 5 Strophen zu je 4 Yersen) sind nur auBer- 
lich in die Form des hebraischen Psalmstils gebracht; sieht man 
genauer zu, so stellen sie sich als eine einzige, kompli- 
zierte, gut griechische Periode dar_, die dera Verfasser des 
Prologs (Luk. 1, 1) und zahlreicher anderer vortrefflicher grie- 
chischer Perioden alle Ehre macht. Die Periode ist in das 
liebraisierende Gewand lediglich eingezwangt: die Hande sind 
Esaus Hande, aber die Stinmie ist Jakobs Stimme. Ist dem aber 
so, so ist deutlich, daC Lukas diese Gesange absichtlich in der 
Sprache der Psalmen und Propheten (LXX) gehalten hat: die 
Hebraismen, so viele ihrer aus dem A. T. stehen geblieben oder 
eingefiigt sind, sind gewollte, der ganze Stil Kunststiel, um 
einen altertiimliclien Eindruck zu erwecken, was ihm auch wirk- 
licn gelungen ist. Eine Fortsetzung der von Vogel und Norden 
(Antike Kunstprosa S. 483) unternommenen Untersuchung des 
Stils des Lukas fuhrt zu dem Ergebnis, daB er ein Meister in 
der Nachbildung von Stilarten gewesen ist (im Ev. c. 323 weiC 
er den Stil des Markus, d. h. den evangelischen Erzahlungstypus, 
trefflich nachzubilden, auch wo er ihn korrigiert) und daC er 
dabei doch verstanden hat, durch MaBhalten, Ablehnung jeder 
Ubertreibung sowie durch Einftihrung seines eigenen Lexikons 
und seiner Stilistik seinem Werke eine nicht geringe Einheit- 
lichkeit und wirklich hellenische Klangfarbe zu geben. 



Anhaiig III (zu. S. 92), 

Der jerusalemisclie Brief, Act. 15, 2329. 

Die Echtheit des jerusalemischen Briefs er ware das 
alteste christliche Schriftstiick, das wir besitzen hat Z all n 
(Einl. II, S. 344 f. 353 f. 397. 418. 43 If. 438) bestimmt behauptet: 
,,Der Stil tragt nicht den Stempel des Lukas, und auch die welt- 
lich klingende Eingangs- und SchluBformel empfiehlt nicht die 
Annabme, daC der Verf. das Schreiben aus der Phantasie oder 
aus einer unbestimmten Erinnerung heraus geschafi ? en habe." 
1st die ,,weltlich klingende" Eingangsformel, die sich iibrigens 
auch Jacob. 1, 1 findet, fur die jerusalemischen Apostel und 
Presbyter passender als fur den griechischen Arzt? Zahn fiihrt 
aber noch eine Reihe von azt. /ley. in dem Briefe an, die bei 
Luk. fehlen (die, welche auch sonst im N. T. fehlen, sind mit 
einem Stern bezeichnet), namlich avacbcsvat^eiv*, PaQoc, diaoxs^- 
Zso&ai, EJtavayxsc* , sv JIQUTTBLV*, oi ayaytrjTol rj^wv [ohne 
adslgioi], das appositionelle aflsZcpoi* [hinter jiQE6@vrsQOi\. 

Mit dem vorschnellen Urteil, Briefe seien in solchen Gre- 
schichtserzahlurigen des Altertums stets gefalscht, darf man 
nicht kommen; die Verhaltnisse liegen hier anders. Da6 sich 
Lukas getraut hat, einen solchen entscheidenden Brief (eine 
Urkunde) zu konrponieren, darf man nicht von vornherein an- 
nehmen. Ebensowenig darf man aus dem dem Brief voran- 
gehenden Text, der sich haufig und stark mit dem Briefe be- 
riihrt, auf die Unechtheit schlieCen; denn der Erzahler konnte 
die ihm vorliegende Urkunde fur seinen Bericht benutzen, bevor 
er sie selbst zur Veroffentlichung brachte. Man hat also vor- 
urteilslos zu priifen. Das ist z. B. von Weifi in griindlichster 



154 Anli. Ill: Dei- Jerusalem. Brief, Acta 15, 2329. 

Weise gescbehen. Er hat in seinem Commentar sowohl in 
sachlicher als in sprachlicher Hinsicht den Brief untersucbt nnd 
ist zu dem Ergebnis gelangt, daB der Brief eine Compilation 
des Lukas sei. Die sachlichen Grande, obgleieh sie vielleicht 
die wichtigeren sind, will ich nicht wiederholen, aber auf das 
Sprachlicbe nocb genauer eingehen als WeiB unter besonderer 
Beriicksichtigung der Argumente von Zahn. 

V. 23. Die LA ist zweifelhaft (ol axoGro/Loi xal ol jroeGfiv- 
TSQOI [xat ol?] adefopoi). %al ol" ist jedenfalls die schwie- 
rigere LA, da von der Genaeinde vorher nicht die Rede war. 
Der rnerkwiirdige Ausdruck ol Jtoetiflvreooi-adslgioi ist also 
niindestens unsicher. ol adslcpol ol eg eS-vwv fur die Heiden- 
cbristen ist eine Bezeicbnung, die man bei Lukas erwartet. 
Zu ol Kara T. Avno%. x. SvQiav vgl. c. 11, 1: ol ovrsg xara 

'lovSalav, auch 8, 1: 6i(jjtaQi]aav xara rag 
,, 2, 10: Aifivqq rtjg xaza KvQV}wr}v. 

V. 24. 3 Ejteidrj .... <5o,&v r^lv wie Luk. 1, lif. ' 
findet sich bei Mark., Matth., Job. nicbt, dagegen Luk. 7, 1; 
11, 6; Act. 13, 46; 14, 12. TIVSQ eg rmcav, so nur c. 11, 20: 
ijaav 6s ILVEC, eg CIVTGJV (rig und uvsq spielen bei Luk. eine 
groBe Rolle). i-gsWovTsg wie c. 12, 17; 16, 36. 40. Die 
folgenden Worte: eraQa^av v[iag. jtoyoiq ava(jXvat,ovTq rag 
tpvyjcg v t ucov, in denen Zabn das avacticEvaCovreq als unluka- 
niscb bezeichnet bat, sind mediciniscb. gefarbt. Lukas bietet in 
seinem Werke raoa%og, raoaGtieiv, 6iaraoa6(>iv [nur er im 
N. T.], exragaotisiv [nur er im N". T.]. Diese Worte und ra- 
oaxnxog, raQa^codrjq, exraQafyq, sjziraoaGOsiv, GwraQadGsiv., 
vjtoraQaOGsv sind von Hob art (p. 93 f.) als in der Arzte- 
Spracbe baufig nacbgewiesen ,,to express disturbance of body 
or mind". Dasselbe gilt von avaoxsva&iv. Es stebt bei Luk. 
allerdings nur an unserer Stelle, aber x\ct. 21, 15 findet sich 
bei ibm (sonst nirgends im N. T.) ajtoGxevaoafievoi. Hob art 
(p. 232) zeigt, wie oft avatixeva&tv bei Galen, aber aucb bei 
Dioskorides vorkommt im Sinue von ,,subvertere" ; es ist fur 
die Zerstorung (in der Regel einer krankbaften Erscheinung) tech- 
niscb. Zu dem pleonastiscben ,,eure Seelen" statt ,,euch" 
s. c. 14 ; 22: rag tyv%ag TOZV fia&qrcov, auch 20, 24; 27, 10. 22. 

komnit bei Lukas allerdings nur bier vor; 



Anli. Ill: Der Jerusalem. Brief, Acta 15, 2329. 155 

Attraktionen (oig disc/reel.') sind bei Lukas sehr beliebt (s. z. B. 
Act. 1, 1 und sonst). 

V. 25. Zu edo&v s. v. 22. Das Particip yzvoyLsvoc, steht 
bei Mark. u. Matth. fast nur in Zeitbestimmungen (nur einmal 
findet es sich bei Markus personlich gebraucht), dagegen s. 
Luk. 22, 40. 44; Act. 1, 16. 18; (4, 11); 7, 32. 38; 10, 4; 12, 
11. 23; 13, 5; 16, 27. 29; 19, 26. 28; 21, 17; 24, 25; 25, 15; 
27, 7. 36. o[io$"V[iad6v kommt in den Act. llmal vor, 
sonst nur noch einmal im N. T. (Rom. 15, 6); man vgl. beson- 
ders Act. 5, 12: v\6av o[io&v[j.adbv djiavTeq, auch 12, 20. 
%Zilga<j&aL feblt bei Mark, und Matth., findet sich bei Lukas 
llnaal. avdgag, wie Act. 6, 3: sjutfxsipao&s avtigag eg vficov, 
6, 11: vjts@cd.ov avdQag, 10, 5: Jtsptyov avdQag slg 'lojtJC'qv. 
jzsfifyac, s. die eben citierte Stelle. ol ayattrjTol fycov fehlt 
sonst bei Luk. 

V. 26. *AV&QCQJIOIC } dieser Gebrauch von dv&Q. ist luka- 
nisch (zahlreiche Beispiele). rag tyv%ag, genieint ist das 
Leben, wie Luk. 6, 9; 12, 20. VJCSQ r. ovoftarog xrL, s. 
Act. 21, 13: KToiftcog %o ajto&avElv VJCEQ rov ovo^axog TOV 
XVQLOV tyoov (5, 41; 9, 16), Act. 20, 21: niting slg rbv 
tfficov ^fydovv XQLGTOV (sonst nirgends mehr in den Act.). 

V. 27. 3 Ajt0ralxaiJ,V, ; ,das dxeGTal. wechselt mit 
v. 25 wie in Act. 10, 5. 8" (WeiB). Das Perf. von 
findet sich bei Mark, und Matth. nicht, bei Luk. steht es 5 mal. 
Das ,,jcal avrovg" ist ein specifisches Merkmal des luka- 
nischen Stils, wofur Beispiele unnotig. a.Jtayji'kl.uv findet 
sich bei Mark. u. Joh. je 2 mal, bei Luk. 25 (26) mal. Wenn 
ich nichts iibersehen habe, so findet sich in den Evv. und den 
Act. TO. avra nur noch Luk. 6, 23. 26. 

V. 28. Tco JivsvftaTi TOO aylcp, das ist die lukanische Auf- 
fassung vom hi. Geist, s. z. B. 5, 3. t uq<5ev xliov ist nur 
noch Luk. 3, 13 zu finden. (3aQog bei Luk. nur hier, aber 
sonst im N. T. jrZrjv mit dem Genitiv findet sich bei Matth. 
und Joh. nicht, bei Mark, einmal, in den Act. noch c. 8, 1; 27, 
22. XOVTCOV TCQV eftdvayxsg, dieser Gebrauch von ovrog ist 
lukanisch; exavayxsg findet sich nur hier im N. T. 

V. 29. Aia.xi}QZlv kommt im N. T. nur noch Luk. 2, 51 
vor; Hobart macht es iibrigens (p. 1536.) sehr wahrscheinlich, 



156 Anh. Ill: Der Jerusalem. Brief, Act. 15, 2329. 



daft die lukanischen Worte jtaQaTTJQrjaig (auch nur bei ihm im 
1ST. T.), xaQaTriQslv , diar^Qslv, Tt]Q?]6ig medicinisch-technisch 
sind. Die Schlufiformeln (unsicher iiberliefert) sind, weil wir 
ini N. T. kein Material zum Vergleich zur YerftigUDg haben, 
irrelevant. 

Die Untersuchung hat ergeben, dafi der Brief nach. Stil 
(gegen Zahn).und Wortschatz lukanisch ist. Die wenigen. ax. 
Zey., die sich dazu noch zum Teil aus der raedicinischen Sprache 
erklaren lassen, konnen gegen diesen Eindruck nicht auf kommen. 
Also hat Lukas dieses Schreiben angefertigt. 



Anhang IY (zu S. 108). 

Lukas und Johannes. 

Grundlegend fur die Untersuchung der Prage nach dem Ver- 
haltnis des Johannes zu Lukas sind die betreffenden Abschnitte 
in Holtzmanns Abhandlung: ,,Das schriftstellerische Verhaltnis 
des Johannes zu den Synoptikern" (Ztschr. f. wissensch. Theol.1869 
Bd. 12 S. 62 ff.). Seitdem sind von manchen Seiten Beobach- 
tungen hinzugefiigt worden; abschliefiend hat niemand die Frage 
behandelt. Auch im Folgenden ist Vollstandigkeit nicht beab- 
sichtigt. 

1. Lukas und Johannes haben jerusalemische bzw. siid- 
palastinische Erzahlungen und Correcturen der evangelischen 
Geschichte hinzugefiigt. Die wichtigste ist die Erzahlung, daft 
die ersten Erscheinungen Jesu in Jerusalem stattgefunden haben 
und dalS Frauen (eine Fran) ihn zuerst gesehen haben 1 . Fast 
ebenso wichtig sind die neuen, die altere Uberlieferung corrigieren- 
denBerichte tiber das Verhalten Jesu am Kreuze, sowie andere 
Ziige in der Passion (auf die diaxovla den Jiingern gegentiber 
macht Wellhausen zu Luk. 22^ 26 f. aufmerksam; vgl. die 
FuBwaschung bei Joh.). Auch den Hohenpriester Hannas kennen 
nur Lukas und Johannes (Luk. 3, 2; Act. 4, 6; Joh. 18, 13. 24). 
Weiter gehoren die Erzahlungen von Maria und Martha hier- 
her 2 , der Durchzug durch Samarien und das Interesse fiir die 
Samariter; bei Lukas noch die jerusalernisch-bethlehemitische 
Vorgeschichte 3 , bei Johannes noch vieles andere. 



1) Matth. 28, 9. 10 ist m. E. ein spaterer Zusatz. 

2) Johannes will wissen, dafl sie in Bethanien gewobnt haben. 

3) DaB bei beiden etwas von Siloam erz'ahlt wird, ist eine zufallige 
Ub ereinstimninng. 



158 Anli. IV: Lukas und Johannes. 



2. Erst Lukas nnd Johannes fiihren 

'iGQarifaxai, [Asvlrai] in die heilige Geschichte ein und 
bezeichnen an einigen Stellen das jlidische Volk als TO efrvog. 

3. In bezug auf Johannes den Taufer beriicksichtigen beide 
(s. Luk. 3, 15) die Johannesjiinger als eine die christliche Ge- 
meinde irritierende Erscheinung und gehen auf die Frage po- 
lemisch ein, ob nicht der Taufer der VerheiBene sei (s. Luk. 1. c. 
und die iibrigen Abschnitte im Ev. und den Act. iiber die Jo- 
hannesjiinger). 

4. In der Christologie nahert sich Lukas dem Typus der 
Auffassung bei Johannes: (a) Jesus ist 6 GCOXTIQ (Luk. 2, 11; 
Act. 5, 31; 13, 23; Job. 4, 42; 1 Job. 4, 14; fehlt bei Mark. 
und Matth.); er bringt xrjv acort]Qiav (Luk. 1, 69. 71. 77; 
Act. 4, 12; [7, 25]; 13, 26; 16, 17; Job. 4, 22; fehlt bei Mark. 
und Matth.) 1 ; (b) der Zielpunkt der irdischen Geschichte Jesu 
ist auch fiir Lukas seine Aufnahme in den Himmel (9, 51); 
(c) Jesus wird auch bei Lukas dem Teufel als dem entgegen- 
gestellt, dem die Welt iiberlassen ist, der also o aQycov rov 
xoctftov ist (4, 6f.); (d) Jesus erkennt auch bei Luk. die Ge- 
danken, bevor sie ausgesprochen sind (6, 8); (e) Jesus schreitet 
auch bei ihni mitten durch seine Feinde hindurch, ohne daC sie 
ihm etwas anhaben konnen (4, 29 f.); (f) Jesus bereitet bei beiden 
dem Petrus einen wunderbaren Fischzug (5, Iff. mit Joh. 21) 
und wird zum Menschenfischer, bzw. zum Hirten der Grlaubigen 
eingesetzt 2 . 



1) FvCbOLQ OforriQlaq (Luk. 1, 77) pafit fast besser zu Joh. als zu Luk. 

2) DaB Luk. 5, Iff. die Vorlage von Joh. 21 sei (Wellhausenu. a.), 
davon kann ich mich nicht uberzeugen (das aus Luk. 5, 6, Joh. 21, 11 
entnonimene Argument ist keineswegs schlagend, weil das Netz zwar bei 
Johannes die Kirche bedeutet, aber dieser Zug sekundar ist). Die Ge- 
schichte Joh. 21 zeigt noch in dieser Gestalt, daB diese Legende, 
bevor sie Johannes aufgenomroen und ausgestaltet hat, als erste 
Erscheinung des Auferstandenen erzahlt worden ist, und daB dies so 
ist, lehrt der SchluB des jiingst entdeckten Fragments des Petrusevange- 
liums, der bei dem Anfang der Erscheinung des Auferstandenen (und 
zwar als der ersten) auf dem See Genezareth abbricht. Johannes hat die 
Erscheinung emphatisch fur die dritte Erscheinung erklart und damit 
energisch gegen ihre Auffassung als erste Erscheinung polemisiert (21, 14: 
TOVTO rjSri XQ'LXOV (pavQU>&r] tyaovq roiq (ta&qTaTQ eye/J&e tg s% VZXQWV)', 
Lukas oder schon sein Gewahrsmann hat sie kiihn als Erscheinung des 



Lukas und Johannes. 159 

5. Der hi. Geisfc (der Paraklet) spielt bei beiden eine grofie 
Bolle (bei Mark, und Matth. fehlt das noch). 

Es spricht Einiges dafiir, daC Job. den Luk. gelesen bat, 
aber mebr laCt sicb nicbt sagen. Es ist moglicb, dafi sie nur 
eine gemeinsame Quelle baben. Die lexikaliscbe Untersucbung 
spricbt mebr gegen eine direkte Benutzung, denn ibre Ergeb- 
nisse sind hocbst gering. Icb gebe iin folgenden eine Zusammen- 
stellung aller Worte, die Jobannes mit Lukas gemeinsam bat, 
wabrend sie bei Markus und Mattbaus feblen. Worte, 
die sicb. auch in den 10 pauliniscben Briefen finden, sind ein- 
geklammert. Weggelassen sind die bereits oben erwahnten 
wicbtigen Eigeimamen 1 . 

(1.) Das Jobannes-Evangelium bat mit 'dem Lukas-Evange- 



Auferstandenen beseitigt und in das irdische Leben Jesu versetzt; aber 
daB sie den Fall des Petrus voraussetzt, zeigt m. E. der 8. Vers: e&h&e 
CUT? Sfj.ov, OTI av^Q afjLaQTwkdq elftt, KVQIS, und auch die VerheiBung des 
Menschenfangs, zn der das ,,Weide meine Schafe" parallel ist, paBt besser 
in den Mund des Auferstandenen als an eine, zumal friihe Stelle der 
irdischen Geschichte. Ich halte es daher noch inamer fur reeht wahr- 
scheinlich, dafi sie den echten SchluB des Markus gebildet hat, wie ja 
auch der Verfasser des Petrasevangeliums Mark. 16, 1 8 reproduzierfc 
und dann, ohne j^ede Naht und jeden Bruch, von der Flucht der Jiinger 
nach Galilaa und dem See Genezareth erzahlt hat, auch in diesem Zu- 
sammenhang des Levi, Sohn des Aiphaus, gedenkt, den nur Markus 
nennt (2, 14). Jene erst-e Erscheinung des Auferstandenen vor Petrus, 
die historisch ist und von Paulus und Lukas (von dieseni abrupt, 24, 34) 
bezeugt wird, die man aber spater in Jerusalem als erste (oder iiberhaupt) 
auszutilgen versucht hat, ist am See Genezareth erfolgt, als Petrus wieder 
zu seinem Gewerbe zuriickgekehrt war (so ausdriicklich das Petrusev. 
v. 59 ff. Diese unbequerne Nachricht des Markus muBte natiirlich 
getilgt werden). Durch sie ist Petrus wieder in seinen Jiingerberuf ein- 
gesetzt und der Menschenfischer und das Haupt der Apostel geworden. 
Luk. hat natiirlich nicht den Joh. zn seiner Quelle gehabt, sondern geht 
auf die Vorlage des Johannes, wahrscheinlich den MarkusschluB, zuriick. 
Zu den Ubereinstinamungen zwischen Lukas und Johannes gehort 
(tovoyev/ig nicht; denn bei Lukas ist es nicht auf Christus angewendet. 
Bemerkenswert ist aber, daG sich TO evayy&iov bei Luk. und Joh. nicht 
findet, wahrend Mark, und Matth. es bieten (aber es steht auch 2 mal in 
den A ct.), daft beide tdelv ini iibertragenen Sinne brauchen (den Tod, das 
Leben usw.) und daB beide von einer ,,Auswahl" der Apostel sprechen 
(weder dieses noch jenes findet sich bei Mark, und Matth.). 
1) Dazu 6 awTrjQ und rj awn] glee. 



150 Anhang IV: Lukas und Johannes. 

Hum (iiber Mark, und Matth. hinaus) folgende Worte gemein- 
sam: (ayoyvi&o&at), (afoj&ivog), O.QIGTO.V, ficutrsiv, (@ovg), sx- 
[taGGELV, xqjzog, (Ivjiif), [lovoyEvriq, (vixav), o&oviov, (jtors), 

jtQOTQ%LV, JICOXOTS, (6Ta6LOV), Gtfjfrog, (r &%(*)<;), VjCO(J,l{lVr)- 
G-/.8LV, (pQKCtQ, (qXDTL&LV). 

(2.) Das Johannes-Evangelium hat mit der Apostelgeschichte 
(iiber Mark, und Matth. hinaus) folgende Worte gemeinsam: 

og, 6iaTQL@siv, 
.i, xaixoi, 

), (loLdoQscv), Zovstv, (naivso&ai), fia.' 
vcu, (jizQiTOfiri), 
GyjOLv'iQV, (TWTOC), 

(3.) Das Johannes-Evangelium hat mit dem Lukas-Evange- 
lium und der Apostelgeschichte (liber Mark, und Matth. hinaus} 
nur folgende Worte gemeinsam: (a.vTL7.sjeLv}, (ajtoQstv], (a 



), diadidovaL, e&oq, EiGayetv, (e 

ev&ade, (spiavTog), (evcoxiov), flyEl<j&ai, (i-xtxeto&ai), 
act., xoZjrog, xvxlovv, ha.yya.vsiv, (fiijvvsHS) 
(jtQaGGsiv), 6ov6aQiov, GWTi&Evai,, (rsAetovv), (vpsrEgog), 01 
(pilot, (x&Qiq). 

Diese 80 Worte, von denen 36 sich auch bei Paulus finden 1 , 
wiirden gar nichts besagen, wenn Johannes nicht so sehr wort- 
arm ware; aber auch wenn man das in Anschlag bringt, kann 
das Urteil kaum anders lauten: Spuren einer Lekttire der 
lukanischen Schriften bei Johannes lassen sich mit 
den Mitteln des Lexikons nicht nachweisen. Es besteht 
im Vokabular kein Zusainmenhang kaum dafi ein fiir Lukas 
charakteristisches Wort sich bei Johannes nachweisen lafifc. Auch 
der Stil des Joh. zeigt sich nirgendwo durch den lukanischen 
Stil beeinfluCt. Dennoch muC aus anderen Grriinden die 
Mb'glichkeit offen gelassen werden, daB Joh. die lukanischen 
Werke gelesen hat. 



1) Von den 44 iibrig bleibenden finden sich 

, (pgeag, apvoq, fiaaifatiog, 6^9-eg, xahoi, lovew, 



, zvxhovv, Xay%aveiv, 6 <piKoq auch in anderen neutestamentlichen 
Schriften (hauptsachlich Helbr. und Apok.), so daB iiberhaupt nur 22 Worte 
im N.T. deni Luk. und Joh. ausschlieBlich gemeinsam sind. 



' 



UNIVERSITY OF CHICAGO