BEITEAGE
I _ ; "- " '
ZUR
EINLEITUNG IN DAS HUE TESTAMENT
VON
ADOLF HARNACK
LUKAS DER ARZT
DEE VERFASSER DES DRITTEN EVANGELIUMS
UND 1)ER APOSTELGESCHICHTE
LEIPZIG
J. C. HINElCHS'scHE BUCHHANDLUNG
1906
Brack von August Pries in Leipzig.
Vorwort.
Die nachstehende Abhandlung war ursprunglich fiir den
dritten Teil der w Greschichte der altchristlichen Literatur" be-
stimmt; aber sie wurde zu umfangreich. So lasse ich sie als
besondere Schrift ausgehen. Es werden ihr noch ein paar Ab-
bandlungen zur Einleitung in das Neue Testament folgen mussen ;
denn einige Hauptprobleme dieser Disciplin sind noch immer
nicht in ein so belles Licht gestellt, daB sie eine kurze Dar-
stellung gestatten.
, Die echten Briefe des Paulus, die Scbriffcen des Lukas und
Eusebs Kirchengeschichte sind die Pfeiler fiir die Erkenntnis
der Grescbichte des altesten Cbristentums. In bezug anf die
lukaniscben Schriften ist das noch nicht geniigend anerkannt.
Das liegt zum Teil daran, daC die Kritik diese Schriften dem
Lukas enjlziehen zu mussen glaubt. Selbst wenn sie damit recht
hatte, b^ebe die Bedeutung namentlich der Apostelgeschichte
noch immer eine fundamental. Ich hoffe aber anf den folgen-
den Bogen gezeigt zu haben, dafi die Kritik in die Irre ge-
gangen ist und die Tradition recht hat. In dem Momente aber
erhalten die lukanischen Schriften einen ganz eigenaiiigen Wert
zurtick; denn sie sind von einem Griechen geschrieben, der ein
Mitarbeiter des Paulus war und mit Markus_, Silas,, Philippus
und Jakobus, dem Bruder des Herrn, verkehrt hat.
In der Vorrede zum 1. Bande des 2. Teiles der ,,Literatur-
geschichte" schrieb ich vor zehn Jahren, wir seien in der Kritik
der Quellen des altesten Christentums in einer riicklaufigen Be-
wegung zur Tradition. Yon Freunden ist dieses Wort . libel
vermerkt worden, obgleich ich es durch meine Darstellung zum
Teil bereits erwiesen hatte. Sie erhalten nunmehr einen' neuen
Beweis, und ich bitte um vorurteilslose Priifung. Viel schlimmer
IV Vorwort.
freilich ist es dem Worte seitens der Gegner ergangen. Ich
sail mich plotzlich zum Zeugen dafur gemacht, daG wir uns in
der Sachkrrtik in einer riicklaufigen Bewegung befanden. Fiir
dieses Mifiverstandnis bin ion nicht verantwortlich, ja ich habe
mich in jener Vorrede im voraus gegen dasselbe geschiitzt; es
hat aber nichts geholfen. So sei denn jetzt ausdriicklich aus-
gesprochen, dafi in der Sachkritik viele iiberlieferten Positionen
m. E. immer unhaltbarer erscneinen und iiberraschenden Er-
kenntnissen Platz machen mtissen. Einiges wird allerdings
dadurch znriickgewonnen, dafi wir den Boden und die Zeit der
altesten, grundlegenden Traditionsbildung genauer zu umschreiben
vermogen; nicht wenige wilde Hypothesen werden dadurch aus-
geschlossen. In den Jahren 30 7.0 und zwar in Pa-
lastina, nahe'r in Jerusalem ist eigentlich Alles ge-
worden und geschehen, was sich nachher entfaltet hat. Nur
das jiidisch stark durchsetzte Phrygien und Asien hat daneben
noch eine wichtige Rolle gespielt. Diese Erkenntnis wird immer
deutlicher und setzt sich an die Stelle der friiheren .,kritischen"
Meinung, die grundlegende Entwicklung habe sich iiber einen
Zeitrauni von etwa^ hundert Jahren erstreckt und fur sie komme
fast die ganze Diaspora ebenso in Betracht wie das heilige
Land und die Urgem'einden daselbst.
In bezug auf den chronologischen Rahmen, die Mehrzahl
der leitenden Personen, die genannt werden, und den Boderi ist die
alte tiberlieferung wesentlich im Rechte; aber dariiber hinaus,
d. h. im Verstandnis der Sache, sind wir auf unser eigenes
tastendes TJrteil angewiesen und konnen die Vorstellungen und
^Erklarungen der ersten Berichterstatter haufig nicht annehmen.
Die Probleme sind durch die zeitliche Verkiirzung und das Ge-
wicht der noch der ersten Generation angehorigen Personen viel
schwieriger geworden. Ist z. B. Lukas und nicht irgendein
spaterer f unfafibarer Anonymus und Compilator der Autor des
grofien Geschichtswerks, so ist das psych ologische und ge-
schichtliche Problem, welches dadurch gegeben ist, auBerordent-
lich grojL Es ist kaum geringer als jenes, welches derVerfasser
des 4. Evangeliums bietet, wenn er sowohl das Wunder von
Kana als auch die Abschiedsreden erzahlt.
Der impressionistischen Art, welche die herrschende Mode
in der biblischen Kritik heute bevorzugt, wird die hier befolgte
Vorwort. V
Mefchode der Beweisfuhrung wenig zusagen. Ich bin auch weit
davon entfernt, sie iiberall empfehlen zu wollen; aber das vor-
liegende Problem ob der Verfasser der sog. ,,Wir"stiicke mit
dem Verfasser des ganzen Werk-s identiscli ist lafit sicli
durch lexikalisch-statistische und stilkritische Beobachtungen
wirklich bezwingen. Man kann diese Beobaentungen noch welter
fiihren als ieh getan habe man untersuehe z. B. den Gebrauch
von )Jyuv und lahslv oder von 6vv und fierce in den Wir-
stiicken und ini ganzen Werk , und man wird stets zu den
gleichen Ergebnissen gelangen, namlich dafi hier nur ein Autor
redet.
Berlin, d. 17. Mai 1906.
A. H.
Inhaltsyerzeiclmis.
Seite
Vorwort ( Ill
I. Cap.: Allgemeine Untersuchung 1
II. Cap. : Specielle Untersuchungen iiber den sog. Wir-Bericht der Apg. 19
III. Cap.: "Ober die angebliche'Unnioglichkeifc, das 3. Evangelium
und die Apg. dem Lukas zu vindicieren 86
IV. Cap.: Consequenzen 104
Anil. I: Der Verfasser des 3. Evangeliuins und der Apg. ein Arzt . 122
Anh. II : Sprachlich-lexikalische Untersuckung von Luk. 1 , 39 56. 68 bis
79; 2, 1520. 4152 138
Ann. Ill: Der jerusaleniiscne Brief, Act. 15, 23 29 153
Anh. IV: Lukas und Johannes 157
Verbesserungen: S. 13 Z. 2 Verkiindigung S. 27 Z. 2 v. u.
S. 71 Z. 19 %al S. 103 Z. 9 wirklich S. 123 Z. 14
S. 128 Z. 1 v. u.
Erstes Oapitel: Allgemeine Untersuclmng.
Das groBe zweiteilige Geschichtswerk, das dritte Evangelium
und die Apostelgeschichte, nennt semen Verfasser nicht; aber
die einstimmige kirchliche Tradition, die es einem Manne namens
Lukas zuschreibt, kann bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts zuriick-
verfolgt werden. Es besteht namlich kein begriindeter Zweifel*
dagegen, daB schon Justin das dritte Evangelium als em Werk
des Lukas gelesen hat (s. Dial. 103). Man darf noch um einen
Schritt weiter gehen. Diejenigen, -welche- die . vier Evangelien
zusammengeordnet haben ' un;d das geschah noch vor der Mitte
des 2. Jahrhunderts, wenn auch nicht lange vorher , haben
jenem Evangelium die Aufschrift KATA AOYKAN gegeben.
Daher ist es wahrscheinlich, daB auch schon Marcion, der die
ubngeft Evangelien bekampfte ; da's dritte Evangelium aber aug-
wahlte und bearbeitete, den Namen ,,Lukas^'' gekannt hat. In-
dessen lafit sich ,das nicht streng beweisen 1 , und man muB
sich deshaib mit der Erkerintnis begniigen, daB unser Werk seit
dd. JJ. 140150 als lukanisch gegolten hat.
Notwendigerweise muB das Evangelium,, welches mit einem
Prolog beginnt, urspriinglich in der Aufschrift seinen Verfasser
genannt haben. 1st also ,,Lukas" nicht der wahre Yerfasser, so
ist sein Name absichtlich unterdriickt worden ; sei es bei der
Zusammenstellung des Buches mit den drei andern Evangelien,
1) Fiir die Kenntnis des Namens bei Marcion kann die Tatsache
angefiihrt werden, daB Marcion in seinem Text von Koloss. 4, 14 die
Worte 6 largoq 6 ayanijToq getilgt hat, also an Lukas ein Interesse hatte
(er sollte kein Arzt sein, de^n die Sorge fiir den Leib ist irreligios);
allein ein sicheres Argument ist das nicht.. Wenn Iren. Ill, 1 aufPapias
zuriickgeht, so hatte auch dieser das 3. Evangelium als lukanisch be-
zeichnet, aber die Annahme ist ungewiB.
Harnack, Lukas. 1
2 Cap. 1: Allgern. Untersuchung.
sei es schon fruher. Eine solche Unterdriickung und Vertau-
scliung ist natiirlich sehr wohl moglich, aber doch eine keines-
wegs einfache Annahuie. Anonyme Compilationen erhalten aller-
dings in der Tradition lei cht einen determinierenden Nanien, und
daB jemand unter einem Pseudonym schreibt, ist auch niclit auf-
fallend; aber urn die Hygothese einer Namens ( vertauschung (ein
Menschenalter nacb der Veroffentlichungj bei einer durch einen
Prolog und eine Widmung determinierten Schrift glaublich zu
rnachen, bedarf es besonderer Grande. 1 ^
DaB unter dem Namen ,,Lukas", der an dem dritten Evan-
gelium und der Apostelgeschichte baftet, der in den pauliniscnen
Briefen erwahnte Lukas zu rerstenen ist, ist nie bezweifelt wor-
den. 'Nach diesen Briefen (Koloss. 4, 14; Pbileui. 24; II Tim.
4, 11) war er 1) ein geborener Hellene 2 , 2) Arzt 3 , 3) Begleiter
des Paulus, 4) Mitarbeiter des Paulus. 4 Erst die in Rom (oder
Casarea?) verfaCten Briefe des Apostels erwahnen diesen Lukas;
aber damit ist nicht ausgescblossen ; daC er scKbn frtiber in Be-
ziebungen zu Paulus getreten ist. Doch ist es nicbt wahrscbein-
licb, da6 er bei ibm war, als der Apostel die Thessalonicberbriefe,
die Korintberbriefe und den Eomerbrief verfafite; denn in diesem
Falle wtirde man eine Er-wabnung erwarten. Ebendesbalb ist
es auch nicht wahrscheiulich,' dafi er den Gemeinden von Thessa-
1) Es bedarf dazu vor allein des Nauiens einer anerkannten Auto-
ritat, die nun eingefiihrfc wird. Das war aber ,,Lukas", soviel wirwissen.
nicht. Man hat sich deshalb auch seit dem Ende des 2. Jahztlunderts
beniiiht, das Geschichtswerk so nahe an den Apostel Paulus heranzu-
rucken, daB der Name ,,Lukas" fast bedeutungslos fur dasselbe wurde.
Er geniigte also dauials nicht mehr.
2) S. das Verhaltnis von Koloss. 4, lOffi zu 4, 12ff.
3) Und zwar auch Arzt des Paulus; denn das besagen die Worte:
Aovxaq 6 larQoq 6 ayanriToq. Wie ,,der geliebte Sohn" = ,,naein Sohn"
ist, so auch der geliebte Arzt = naein Arzt. Paulus wurde auch die
besondere Profession dieses seines Gefahrten nicht hervorgehoben haben,
wenn sie ihm nicht selbst zu gut gekonimen ware.
4) Das folgt aus Philemon 24, wo Lukas neb en Markus, Aristarchus
und Demas voni Apostel als ,,mein Synergos" bezeichnet wird. Er hat
sich also an der Missionsarbeit mitbeteiligt. Dagegen ist er niemals
,,Mitgefangener" des Paulus genannt, wie Aristarch (Koloss. 4, 30) und
Epaphras (Phileni. 23); er war also in Rom auf freieni FuB.
Lukas bei Paulus und in der Tradition. 3
lonicli, Korinth und Roin (vor der Ankunft Pauli daselbst) per-
sonlich bekannt bez. vertraut gewesen ist,. 1 Nach II Tim.
4, 11 hat er bis zuletzt in der "Begleitung des Apostels aus-
geliarrt, wahrend Demas, Crescens un'd Titus ihn verlassen
haiten. ~ ' - h
^ Was die Tradition auCer diesen bei Paulus sich findenden
i * , V , *
Nachrichten iiber Lukas zu erzahleu weifi, ist vielleicht m'cht
durchWeg unglaubwurdig, mag jedoch liier auf sich beruhen. 2
Aber erne Nachricht verdient als zuverlassig hervottgehoben zu
werden. Sowohl Eusebius 3 , als auch' das alte Argumentum evan-
gehi secundum Lucan bezeichnen ihn als Antiochener. Die Stili-
sierung der Aussage ist bei beiden dieselbe (Aovxag to fisv
yevoq cav ra>v a.3t 'AvTio^slag, rrjv sjtiOr^firjv 6s iargoq, ra
jtleitira 6vvyyov<D$ tcp IIav2.cQ, xal rolq Zotjcolg 6s ov ytaQEQ-
ycoq TCOV ajtoOroZcov wfiityxcog ,,Lucas. Syrus natione Antio-
chensis, arte medicus, discipulus apostolorum, postea Paulum
se^utus"); aber Eusebius ist doch schwerlich von dem Argu-
mentum" abhangig, da er das Verhaltnis des Lukas zu den Ur-
aposteln anders, und zwar richtiger, bestimmt als diese"s. Viel-
mehr ist hier eine gemeinsame Quelle anzunehmen, die hoch
hinaufgehen muB. 4 Eben der tJmstand, dafi die Nachricht nichts
tiber den Ort der Abfassung des Ges'chichtswerks 'sagt, sondern
lediglich die Heimat des Lukas bestimmt, ist ihr giln^tig; denn
die Herkunffc eines namhaften Mannes ist im Altertuna in der
Regel vermerkt worden, wahrend Nachrichten iiber den Ort, wo
1) Aus dem Galater- und Philipperbrief darf man keine Schliisse
ziehen, weil Paulus in diesen Briefen einzelne Griifiende uberhaupt nicht
erwannt.
2) Das spatestens dem Anfang des 3. Jahrhunderts angehorige ,,Argu-
nientum evangelii secundum Lucan" (Corssen, Monarchianische Prologe,
Teste u. Unters. Bd. 15, 1 S. 7f.) will wissen, daB er ehelos geblieben,
74 Jahre alt in Bithynien gestorben ist und sein Evangelum in Achaja
verfaBt hat. Das ist vielleicht richtig. G-anz unglaubwurdig ist die Nach-
richt, Lukas sei einer der 70 Jiinger Jesu gewesen.
3) H. e. Ill, 4, 6.
4) S. auch Julius Africanus (Mai, Nova Patr. Bibl. IV, I p. 270):
<5 ds Aovxag TO fj.sv yevoq ano rfjq ^oco^svrjg ^Avuo%eiaQ i\v. Ganz sicher
ist es nicht, daB diese Worte und die folgende Mitteilung, daB Lukas der
griechischen Wissenschaften kundiger war als des Hebraischen, auf Africa-
nus zuriickgehen; es kann auch Eusebius hier sprechen.
I*
4 Cap. 1: Allgem. TJntersuchung.
er seine Scliriften verfafit hat, viel sparlicher sind. Ebendes-
lialb rnochte ich aucli auf die spate Nachricht der pseudocle-
mentinisclien Recdgnitionen (X, 7 1) nichts geben, die jlen Theo-
philus, den Adressaten des Lukas, den vornehmsten Mann in
Antiochien nennen; denn die'Angabe konnte leicht aus einer
Combination des Prologs des 3. Evangeliums init der Tradition,
Lukas sei Antiochener, herausjpjesponnen werden. Diese Tradi-
tion selbst aber ist sehwerlich ~aus der Apostelgescjiichte ab-
strahiert; denn'wenu sich auch in diesem Buche, wie wir sehen
werden, ein besonderes Interesse fiir Antiochien zeigt, so konnte
roan aus dernselben doch nicht die ahtiochenische Herkunft des
Verfassers einfach folgern. 1 Diese darf also als eine zuverlassige,
weil tendenzlose Nachricht gelten.
Kann der aus Antiochien gebiirtige, griechische Arzt Lukas,
der Begleiter und Mitarbeiter des Paulus, das dritte Evangelium
und die Apostelgeschichte verfaBt haben? ,,Wenn das Evangelium
die einzige Schrift ware, die auf ihn zuriickgefiihrt wird", schreibt
ein neuerer Kritiker 2 , ; ,wiirden wir wahrscheinlich gegen diese
Angabe der alten tJberlieferung keinen Zweifel erheben; denn
wir hatten keine gentigenden Griinde_, um zu behaupten, daB ein
Schiiler des Paulus dies Werk nicht verfafit haben konne/'
Also in der Apostelgeschichte sollen die Schwierigkeiten liegen.
Sie mufi als.o, so verlangt es die JKritik, besonders geprlift wer-
den; aber diese Priifung, so heifit es, ist bereits vollzogen und
hat zu dem sicheren Urteil gefiihrt, daB die Tra'dition im CFnrecht
ist: die Apostelgeschichte kann nicht von einem Begleiter und
Mitarbeiter des Paulus abgefafit sein. Nach dem Vorgang von
Konigsmann, De Wette, Baur und Zeller urteilen ' sp
Hilgenfeld, Holtzmann, Overbeck, Hausrath, Weiz-
sacker, Wendt, Schiirer, Pfleiderer^ von Soden, Spitta,
Jiilicher, Joh. WeiJB, Knopf, Clemen u. andre. Trotz des
Widerspruchs von Credner 3 , B. Weiss, Klosterinann, Zahn,
1) Moglich aber ist es, daB die beriikmfce Glosse in Act. 11, 27
(GWEGTQa^ivwv ^fjiiav) die Ubeiiiefemng, Lukas sei Antiochener, bereits
zu ihrer Voraussetzung hat. Doch ist diese Annahme nicht notwendig.
2) Joh. WeiB, die Schriften des N.T.'s, das Lukas-Ev. (1906,8.378).
3) Credner, Einleit. in d. N. T. 1 S. 153 f: ,,Es ist kein hini-eiehen-
der Grund vorhanden, init De Wette die einstimmige tJberlieferung der
Lukas angeblich nur Verfasser der Wirstiicke. 5
Renan, Hobart, Ramsay, Hawkins, Plummer, Vogel,
Blass u. a. gilt die Unbaltbarkeit der Tradition fur so aus-
gemacht, daB man sicb heute kaum mehr die Mtilie nimmt,
sie zu erw.eisen und die Argumente der Gfegner iiberbaupt nnr
zu beacbten. 1 So gar. daB es solche Argumente .gibt, scheint
man niclit mebr anerkennen zu wollen. v> Jiilicher (Einleitung,,
5. AufL S. 406) glaubt in der Zuweisung des Bucbes an Lukas
ledistficb einen ..abenteuerlicben Wunscb" erblick'en zu miissen. 2
-' " _ -\ ' i .1
So schnell vergifit die Kritik, und' so parteiiscli ver^teift sie sich
in ibren Hypothesenl 3
Kirche, welche den Lukas zum Verf. unsers Evangeliurns macht, in
Z-weifel zu zieL,en; wenigstens recMferfcigen die von dem Verfasser ge-
rugten Mangel einen solch.en Zweifel- nicht. Jedenfalls war der Verfasser
ein Pauliner, jedenfalls war er langere Jahre ein Begleiter des Paulus
die Annahme, daB (die Wirstiicke) einer freniden, von ihni eingescLalteten
Deiikschrift angehoren, wird durch die stei/e Gleichheit des Ausdrucks
und der Darstellung unzulassig ; daraus erhellt scnon das Unhaltbare
jener Zweifel, welche dureh einen Tausch der Namen gar nicht gehoben
werden."
1) Meine Stellung zu dem Problem habe icli i. J. 1892 (Texte u.
Unters. Bd. 8, H. 4 S. 37 S.) angedeutet. Seitdem haben rair meine forfc-
gesetzten Studien eine zuversicb-tlichere Haltung ermogliclit.
2) Umgekelirt meint Plummer (Commentar zuui Luk.-Ev. p. XII):
,,Es isfc vielleicht keine Ubertreibung zu sagen, daB nichts in der biblischen
Kritik sicherer ist als die Abfassung der ApostelgescHclite durch einen
Begleiter des Paulus." Das ist wohl zuviel gesagt, aber die Ubertreibung
bleibt doch der Wirklichkeit naher als Jiilichers Urteil.
3) Auch die Kritik hat Generationen hindurch ihre Marotten und
Pradilectionen. Am haufigsten gewahrt man, daB aus einern kritischen
Zusamnienhang, der langere Zeit hindurch geherrscht hat, dann aber
wiederlegt worden ist, einzelne Trijmmerstiicke sich mit zaher Kraft be-
hau.pten, obgleich ihnen nun die Basis fehlt. Die Baursche Kritik
brauchte nur ein Argument, urn den Namen des Lukas bei dem groBen
Geschichtswerk fur eine Falschung zu erklaren das Werk hat keine
paulinische, sondern eine ,,conciliatorische" Tendenz; also gehort es tief
in das 2. Jahrhundert. Diese Betrachtung ist wiederlegt; aber auf der
Flut, die das Gebaude der Kritik hinweggeschwemmt hat, schwinimen
noch einige Balken. Bei der Art, wie ein Kritiker sich auf den andern
veiiaBt, konnen wir uns gliicklich preisen, daB nicht durch irgend einen
3 ,Zufall" die Scholtensche Hypothese, das 3. Ev. und die Apostelgesch.
hatten verschiedene Verfasser, in den groBen Strom der Kritik gekom-
nien und nun zu einern Dogma geworden ist. Das hatte sehr leicht ge-
schehen konnen; denn es laBt sich die Verschiedenheit der Verfasser des
6 Cap. 1: Allgem. Untersuchung.
Doch eben diese Kritik kommt der Tradition trotz dem
Verdikt nocli immer bedeutend entgegen. In der Apostelge-
schichte finden sich Abschnitte, die mit einem ,,~Wir" erzahlen.
Die tollkiihne Annahme, dieses ,,Wir" sei eine schriftstellerische
Falschung, ist seit lahgem verstummt 1 , und auch gegen die An-
nahme erhebt sich kaum noch eine Stimme, hinter diesem ,,Wir"
stehe und schreibe der Paulnsbegleiter Lukas. 2
Die Timotlieus-, Titus-, Silas- und andre Hypothesen sind
verschollen. Man geht noch einen Schritt weiter: auch groCere
Abschnitte in solchen Kapiteln des 2. Teils der Apostelgeschichte,
in denen das ; ,Wir" nicht steht ; sollen von Lukas stammen.
Ein Einverstandnis unter den Kritikern ist hier freilich nicht
erzielt; aber es besteht ganz deutlich eine wachsende Tendenz,
sehr vieles aus den cc. 16 28 (bez. auch schon cc. 11 15) der
Lukasquelle zuzuweisen. 3 Aber eben nur um eine ,,Quelle" soil
es sich handeln. 4 Ein Anonymus, der Verfasser des Evangeliums.
hat diese ausgezeichnete und inhaltreiche Quelle, die Schrift
eines Augenzeugen, fur den zweiten Teil seiner Greschichte ver-
3. Ev.s und der Apostelgesch. mit viel scheinbareren Griinden beweisen
als die Verschiedenlieit des Verfassers der Apostelgeschichte und der
Wirstiicke.
1) So Schrader, B. Bauer, Havet. Verstummt ist auch die Be-
hauptung, die Overbeck zu empfehlen versucht hat, das ,,Wir" sei zwar
in der Regel authentisch, an einigen Stellen aber habe es der Yerfasser
des ganzen Buches trugerisch copiert. Ferner wird, soviel ich sehe, auch
die Meinung Zellers nicht mehr aufrechterhalten, der Verf. habe das
,,Wir" in der Absicht stehen gelassen, uni far einen Begleiter des Apostels
Paulus zu gelten.
2) Zuruckhaltend ist hier Jiilicher (a. a. 0. S. 408); nach ihui kommt
der Annahme, Lukas sei der Verfasser der ,,Wirquelle", nui- eine gewisse
Probabilitat zu; ebenso Weizacker. Bestimmt hat sich z. B. Holtz-
mann (Einl. 1892 S. 395) fur Lukas ausgesprochen.
3) DaB der Wirbericht, wenn er eine Quelle darstellt, sich init der
Summe der Yerse nicht deckt, die das ,,Wir" aufweisen, sondern weiter
reicht, ist unzweifelhaft.
4) Wie prekar die ganze Hypothese wird, wenn man (z. B. mit
Pfleiderer und von Soden) beinahe alles aus c. 11. 13. 14 u. 1628
ihr zuweist, scheint noch nicht empfunden zu werden. Fiir den Anonymus
ad Theophilum und Verfasser des Evangeliums bleibt dann nur der Unter-
bau der Apostelgeschichte , die jerusalemisch-palastinische Missions-
geschichte.
Lukas angeblicli nur Verfasser ' der Wirstiicke. 7
wertet und sie dabei z. T. nach seinen Zwecken unigestaltet.
Halt man dieser Hypothese zunachst die Unwahrscheinlichkeit
entgegen ; daC ein so verfahrender Schriftsteller das ,,Wir",
welches er in seiner Quelle fand, stehen gelassen haben soil,
so wird geantwortet, daB das Yerfahren eines Autors nicht min-
der auffallend sei, der mitten in semen referierenden Erzahlungen
plotzlich sich selbst mit ein em undeterminierten ,,Wir a einfuhrt,
dann wieder referiert, nm hierauf ebenso plotzlich aufs neuV in
deni ,,Wir" selbst zu erscheinen. Das Paradoxon ist freilich dort
und hier nicht gleich groB, und es ist ganz unstatthaft, die bei-
den Annahmen fiir gleich schwierig auszugeben. Der Yerfasser,
der zunachst fiir den vornehmen Theophilus geschrieben hat, war
diesem nicht unbekannt. Wenn er sich daher mitten in seinem
Texte mit einem ,,~Wir tc einfuhrte, nachdem er sein Buch
(c. 1, 1) mit einem ,,Ich" begonnen hatJte, so wuCte Theo-
philus, we/ran er war; es war ihm auch schwerlich etwas Neues,
daC der Mann, der ihm dies Buch widmete_, friiher selbst ein
Begleiter des Paulus gewesen ist. Die schriftstellerische Nach-
lassigkeit, sich an der gegebenen Stelle nicht besonders als
solchen einzufiihren \ war also in diesem Fall eine recht ver-
zeihliche; ja man darf sagen, dafi die bescheidene Selbstein-
schiebung des Verfassers im Laufe seiner Erzahlung gut mit der
objektiven Gesamthaltung seiner Geschichtsdarstellung harmo-
niert. War dagegen der Yerfasser kein Begleiter des Paulus
und erzahlte er trotzdem plotzlich mit einem ,,Wir", so ist die
^Nachlassigkeit" so grofi, da6 man schwer um den Yerdacht
herumkommt, der Yerfasser habe damit irgendwelehe unstatt-
hafte Absichten verfolgt (so Zeller, s. o.)- Da dies indefi mog-
1) Man hat iibrigens zu beachten, da,6 der Verf. der Apostelge-
schiclite auch. sonst bei der Einfiihrung von Personen sorglos ist. In
17, 5 spricht er von eineni Jason ; als ware er bereits bekannt. Unge-
schickt ist die Einfuhrnng von Sosthenes in 18, 17, noch viel ungeschickter
aber die von zwei Beschworern aus der Zahl der sieben S5hne des Skeuas
in 19, 16. Warum Gajus und Aristarch (19, 29) uberhaupt erwahnt sind, ist
nicht sofort klar Wei 6 u. a. vemmten scharfsinnig, daU sie die Gewahrs-
manner des Erzahlers sind ; ganz schlecht ist auch Alexander (19, 33)
in die Scene gesetzt. Beispiele, da6 auch andere Schriftsteller plotz-
lich in ihrem Text mit ,,Wir" erzahlen, weil sie die Schrifl eines Augen-
zeugen ausschreiben, sind in der ganzen Weltlitteratur gesucht worden.
Man hat ein paar Beispiele gefunden, die aber nur zur Not passen.
8 Cap. 1: Allgeni. Untersuchung.
licli ist, so diirfen wir die Annahrne einer selir geringen ' Nach-
lassigkeit gegeniiber der sehr viel grofieren an dieser Stelle, nocli
nicbt bevorzugen das Unwabrscheinlicbere ist ja niancbrnal
das, was wirklich gewesen ist , wohl aber mufiten wir- den
Finger auf eine Schwierigkeit legen, tiber die man allzu rascli
hinweg zu gehen pflegt. 1 Es sind 'somit zwei literarhistorisehe
Scbwierigkeiten, welche die ,,Kritik" in den Kauf nehmen niufi
und die sich nicht oline weiteres heben lassen erstlich daR
der Autor dieses Bucbes, sonst ein trefflicher Scbriffcsteller, aus
einer seiner Quellen ein ,,Wir" fur grofie Abscbnitte seiner Dar-
stellung uncorrigiert beriiber genomrnen und damit, volens
oder nolens, den Scbein eigener Augenzeugenschaft erweckt
bat, sodann dafi in der Tradition nach weni^en Jabrzebnten sein
Name getilgt und dafiir der Name des Aiitors jener Quelle ein-
gesetzt worden ist, obgleicb der wirklicbe Verfasser diesen
Namen nie genannt bat und demselben auch, soviel wir wissen,
keine besondere Autoritat zukara. Zwei literaturgeschichtlicbe
Paradoxa auf einmal das ist etwas viel!
Aber wo liegen denn die Scbwierigkeiten, die es scblecbt-
bin verbieten sollen, der Uberlieferung zu folgen und Lukas als
Verfasser der Apostelgescbicbte zu acceptieren? Die Kritik
findet sie in einem Doppelten. Sie bait es fiir unmoglicb, dafi
ein Begleiter des Apostels Paulus das von ibm gesagt und nicbt
gesagt bat, was in der Apostelgescbicbte zu lesen und nicbt zu
lesen steht, und sie . bait es fur ebenso unglaublich, dafi ein
Mann, der im apostoliscben Zeitalter gelebt bat, \ so liber die
Urapostel und die Urgescbicbte der Gemeinde von Jerusalem
bericbten konnte wie dieser Autor. Dazu kommen mebrere
f gescbichtlicbe Unebenheiten , Unklarbeiten und VerstoiSe. Die
Frage ist also eine solcbe der hoberen geschichtlicben
Kritik. Denigegeniiber ist erstlicb zu untersucben, ob nicbt
die ,,Diedere" Kritik die Identitat des Verfassers der Wirquelle
1) Die richtige Einsicht bei Ren an (Die Apostel, deutsche Aus-
gabe S. 10): ,,Man wiirde hochstens in einer groben Compilation eine
solche Nachlassigkeit (das ,,Wir" stehen zu lassen) begreifen konnen;
allein das 3. Evangeliuni und die Acta bilden ein sehr gut verfaBtes
Werk . . . Bin so auffalliger Redactionsfehler ware unerklarlich. . . .
der ErzaMer ist derselbe, welcher das ,,Wir" an (mehreren) Stellen ge-
brauclit,"
Der Lukas des Paulus und die Apostelgeschichte. 9
und des ganzen Werkes so evident macht, daC die ,,hohere" zu
schweigen hat, sodann ob sich die Anstofie, welche die hohere
Kritik zu finden meint, nicht durch cine umsichtigere und freiere
Wtirdigung des Tatbestandes entfernen lassen. Auf die Ge-
schichte der Kritik der Apostelgeschichte eine entsetzKche
Leidensgeschichte! ' einzugehen, muB ich mir versagen. Icli
lioffe aber.in der folgenden Untersuchung nichts iiberselien zu
haben, was zur Sache gehort.
'
Priift man die Angaben, die wir tiber Lukas besitz-en (s. p.
S. 2) an dem Geschichtswerk, das seinen Namen tragt, so er-
gibt sick folgendes: 1) Lukas wird nirgendwo in der Apostel-
geschichte genannt, was zu erwarten ist, wenn er selbst der
Verfasser des Buches gewesen ist. Dagegen wird Aristarch dreimal
in den Act. genannt, der in den Paulusbriefen neben Lukas er-
scheint! Warum also nicht Lukas? 1 2) Lukas war geborener
Grieche Evangelium und Acta zeigen, was eines Beweises
nicht erst bedarf, dafi sie nicht von einem geborenen Juden,
sondern von einem Griechen verfaCt sind. 2 3) Lukas war Arzt
und gehorte als solcher der mittleren oder hoheren Bildungs-
schicht an eben in dieser Schicht haben wir den Verfasser
des Geschichtswerks zu suchen, nicht nur nach dem Prolog
zum Evangelium, sondern nach derHohenlage des ganzen Werkes.
1) Die Erwakrning des Aristarch in der Apostelgeschichte darf bereit-s
als ein nicht unbedeutendes Argument fiir ihren' lukanischen Ursprung
geltend geniacht werden. In den Paulusbriefen komint er zweimal vor
(nur in Griifeen), und zwar ne\en Lukas. Die Apostelgeschichte erwahnfc
einen so bedeutenden Gefahrten des'Paiilus -wie Titus iiberhaupt nicht,
aber sie erwahnt den Aristarch, und" zyrar dreimal! Aus der letzten Stelle
geht hervor, daB auBer ihni Paulus auf der letzten groBen Seereise nur
noch einen Gefahrfcen hatte, eben den Verfasser der Apostelgeschichte
(oder der Wirberichte, was zunachst noch offen bleiben muB). Wer ist
also dieser Verfasser? D'emas doch sclrweiiich, der in den Act. zwar
auch nicht erwahnt ist, von % dem 'es aber II Tim. 4,10 heiBt, er habe
,,diese Welt" lieb gewonnen.
2) Ob der Verfasser, bevor er Christ wurde, judischer Proselyt ge-
wesen ist, laBt sich nicht entscheiden. Seine Erwahnung der Proselyten
in der Apostelgeschichte laBt keinen SchluB zn. Seine virtuose Kenntnis
der griechischen Bibel kann er sich sehr wohl erst als Christ angeeignet
haben. Fiir seinen griechischen Ursprung zeugt ubrigens allein schon
das ,,ol pd.Q{ia$oi" in c. 28, 2. 4.
10 Cap. 1 ; Allgein. Untersuchung.
Wer solche Reden zu entwerfen vermochte wie die des Paulus
in der Apostelgeschichte urn nur das Wichtigste zu nennen ?
wer ferner so erzahlen und so stilisieren konnte wie dieser Schrift-
steller, und wer sich so zu beschranken und wiederum so pro-
grammatisch seine Sadie zu verkiinden veriiLo.chte, der besaC die
hohere Bildung in reichem Mafie. Aber noch mehr: daB der
Yerfasser des groCen Geschichtswerks von Beruf ein Arzt war,
ist aus Gfrunden des Inhalts und namentlich des Stils so gut wie
gewiC. Man setzt sich freilich noch heute bei den Kritikern
fast dem Spott aus, wenn man das behauptet 1 ; allein die Argu-
mente, die hier beigebracht worden sind, sind durchschlagend.
>Sie hatten wohl starker gewirkt, wenn nicht der Mann, der sich
eine Lebensaufgabe daraus gemacht hat, aus dem Geschichts-
werk den arztlichen Beruf seines Verfassers nachzuweisen, in
diesen seinen Beweisen zu weit gegangen ware unff viel In-
differentes beigemischt hatte. So hat das Buch 2 , zumal bei
solchen, die es nur angeblattert haben, fast den entgegengesetzten
Erfolg gehabt. Wer es aber griindlich durchstudiert, der kann
sich dem Eindrucke m. E. unmoglich entziehen 3 , daiJ es sich
hier nicht nur um zufallige Sprachkolorierung handelt, sondern
daC dieses Geschichtswerk von einem Schriftsteller, der Arzt ge-
wesen oder mit der medizinischen Sprache und Kunst ganz be-
1) S. Jiiliclier, a. a. 0. S. 407f.: ,,Auf die Entdeckung, daB die Ap.-
Gesch. und stellenweise das Ev., am. meisten aber die Wirabschnitte iiber-
reicii an medizinischen termini technici seien, so daB sich der Arzt
Lukas schon dadurch als Yerfasser verrate, wird der wenig Gewicht legen,
der diese termini technici in ihrer Harmlosigkeit erkannt hat oder
sollte iPaulus wegen I Thess. 5, 3 Gynakologe gewesen sein?" Diese
Frage ist angesichts des Tatbestandes im dritten Evangelium und der
Apostelgeschichte auffallend schnell ferfcig.
2) Hobart, The medical language of St. Luke. A proof from
internal evidence that ,,the Gospel according to St. Luke" and ,,the Acts
of the apostles" were written by the same person, and that the writer
was a medical man. Dublin, 1882 (305 pp.). Zu vgl. ist auch Campbell,
Grit, studies in St. Lukes gospel, its demonology and Ebionitism. Edin-
burgh, 1891.
3) So Zahn und Hawkins. Ich unterschreibe die Worte Zahns
(Einleitung II S. 427): ,,Hobart hat fur Jeden, dem iiberhaupt etwas zu
beweisen ist, bewiesen, daB der Verfasser des luk. Werkes ein mit der
Kunstprache der griechischen Medizin vertrauter Mann, ein griechischer
Arzt gewesen ist."
Der Lukas des Paulus und die Ap. Gesch.: der Arzt. H
senders vertraut war, abgefafit ist. Und zwar gilt dieses Urteil
nicht nur von den ,,Wirstiicken", sondern vom ganzen Werke.
Indem ich zur Begriindung auf den Anhang I verweise, mochte
ich hier auf Folgendes aufmerksam machen, was auch Hobart
entgangen ist. In den ,,Wirstiicken" unterscheidet der Verfasser
bekanntlich sehr genau zwischen dem ,,Wir" und Paulus. Wo
er nur immer kann, laCt er das ,,Wir" bescheiden zuriicktreten
und gibt Paulus die Ehre ; wodurch das ,,Wir" hin und her
sogar etwas Schattenhaftes bekommt und anderseits die Ab-
grenzung (wie weit der Erzahler Augenzeuge gewesen ist) ofters
dunkel bleibt. C. 28, 8 10 schreibt er aber : SJSVBTO tbv zia-
TOV IIojtAlov jfVQsroiq xal dvtievTsoiq) GVVB^O^BVOV xara-
JtQoq ov o HavZog sldsZ&obv xal ytQoGsvt-afisvoc.
rag %iQac, avrco, iatiaro avrov. TOVTOV 6s yevoftevov
%qi ol loiJtol oi sv vy wrjGcp e%ovrg aG&Evsiaq JtQocir}Q%ovTO
xal &Qa3ievovTO, oi %al xoZZalg ti^alq erifit]0av rmac,. In
dieser Erzahlung, die sich auch durch das pracise medicinische
,,jtvQeroig xal dvtisvTSQicp auszeichnet 1 , fallt auf,, dafi es am
Schlusse heifit: ,,wir wurden mit ' mancherlei Ehrengeschenken
beschenkt". Hieraus folgt, daC die zahlreichen Kranken (um
Damonische handelt es sich nicht) nicht nur von Paulus, sondern
auch von seinem Begleiter, dem Schriftsteller, geheilt worden
sind. . Ware Paulus der einzige Heifer > hier gewesen, . so hatte
der Verfasser auch nicht nur , } e&Qajc8vovTo c ' geschrieben, son-
dern hatte vjtb Ilav/iov hinzugefugt. Das unbestimmte ^s&sQa-
JZSVOVTO" bereitet das folgende ^aag vor. Nun kann man frei-
1) Der Plural nvperoi (nur Her iin N. T.) in seiner Verbindung mit
Dysenterie gibt ein genaues Zrankbeitsbild, dessen Angabe einem Laien
kauru zuzutrauen ist. Hobart zeigt aber auch, dafl awsxeod-cci nier
medicinisch-technisch ist (S. 3f.). Zum Plural nvgerol hat Hob art (p. 52)
Material aus Hippokrates, Aretaeus und Galen beigebracht, zu
xal SvGVTQiu) vergleicht er; Hippocr. ludicat. 55: oootg av sv
TOtq TK cbr %a)<p(o&fl rovrsoiOL (ify to&svTOc, TOV nvpetov (j.avfjvai
l.vei d' ex rtbv pivcbv OL^GL gvev r} dvaevTSQiij EJtiytvopsvq. 1. e. 56: I.VEL
ds xal nvQerbz 77. dvoevTeQir}. Hippocr. Praedic. 104: al dvasvreQiai vv
nvQSTo) IJLBV rjv sn'uoaw. Hippocr. Aer. 283: TOV yag &$oq dvoevreoicu
T TroAAat HfiTtiTiTOVGiv %al . . . TtvQSzoL Hippocr. Epid. 1056 : Avet tis xal
oq xal dvasvTeoir] avev oSvvriq. 1. c. 1207: 6 ^
xal TIVQ.TO<; ei%e. 1. c. 1247: avayxy TOV Q-SQZOVI; nvgsTovq
xal dgtO-atylas xal dvaevreglac yi
12 Cap. 1: Allgem. Untersuchung.
icli einwenden, der Yerf. brauche deshalb kein Arzt von Beruf
gewesen zu sein; er tonne ebenso wie Paulus durch Gebete
geheilt liaben. Siclier zu widerlegen ist dieser Einwurf nicht,
aber im Zusammenhang mit dem pracisen Krankheitsbild ist er
nicht gewichtig. Die Gebetsheilkiinstler pflegen sich um die
wirkliche Natur der Krankheit selten zu kiimniern. Philo-
soph von Beruf ist der Verfasser gewifi nicht gewesen, auch
nicht Rhetor oder Sach waiter 1 mit alien diesen Berufen zeigt
er uur so viel Beriihrung wie sie ein gebildeter Mann besitzt.
In Bezug anf die Schiffahrt bekundet er nur die Freude und
das Interesse des Griechen. Wenn man ihn, der gewiC einen
liberalen Beruf hatte, klassificieren will, liegt es daher sehr nahe,
einen Arzt in ihm zu erkennen. Dazu sei bereits an dieser
Stelle noch auf ein anderes hingewiesen. Wie sich der Verf.
des groCen Geschichtswerks am Ende deutlich, aber ungesucht,
als Arzt documentiert, so beginnt er auch am Anfang, namlich
am Anfang seiner Darstellung der Verkiindigung Jesu (vom Pro-
log sehe ich noch ab), mit einem medicinischen Bilde. Hier
legt nur er Jesus das Wort in den Mund (c. 4, 23):
SQSLTS fioi rrjjj Jtaga^o^v ravr^v IO.TQS, -
deavTOV. Ist das schon an sich auffallig, so wird dieses Wort
noch auffallender, wenn man sieht, daC es gar nicht in den
Zusammenhang pafit, sondern gleichsam an den Haaren herbei-
gezogen ist (vgl. Vogel, Charakteristik des Lukas 2 , 1899,8.28:
,,Die Form der Einfuhrung des Sprichworts Avird als eine glxick-
liche kaum gelten konnen"). Es wird wohl dem Autor ge-
laufiger gewesen sein als Jesus, und schwerlich hat es der Ver-
fasser am wenigsten, an dieser Stelle und' in dieser Form
iiberliefert erhalten. Es ist eine Vorwegnahme von Mark. 15, 31:
allovg sciwGev, savrbv ov dvvarai Cmoat, (s. auch Luk. 23, 35;
Matth; 27,42), ist fur die schlielHiche Stimmung des un-
1) Reflexiouen oder philosopliisclie Darlegungen, dialektisehe Beweis-
fiitirungeii und dergl. sind nicht seine Sache. In Bezug auf letzere zeigt
Lukas eine Anspruchslosigkeit, die bei einem gebildeten Griechen auf-
fallend ist. Literarische Interessen und Kenntnisse schinimern nur schwach
durch und bildeten jedenfalls kein geistiges Lebenselenient des Verfassers.
Am meisten erscheint noch das ' Interesse fur das Eechtliche ausgepragt,
aber das hangt sowohl im Ev. wie in den Acta rnit dem Zweck zasanimen,
und tiefere technische Kenntnisse verrat Lukas auch hier nicht.
Der Lukas des Paulus und die Apostelgeschichte. 13
glaubigen Judenvolkes Jesus gegeniiber allerdings besonders
charakteristisch, hat aber mit dem Anfang der Verkiindung Jesu
nichts zu tun. Der Gedanke hat bei Galen (Comm. IV, 9,
Epid. VI [XVII B 151]) eine deutliche Parallele: SXQ^V TOV laryov
tavrov JCQCQTOV ia<3&ai TO <jv(ijcTco(ia %al ovrcog ju%LQelv
4) Lukas war Begleiter des Paulus in der Apostel-
geschichte erzahlt der Verfasser, wenn er yon Paulus handelt,
vom 16. Kapitel an lange Strecken hindurch und bis zura SchluB
als Augenzeuge (mit einem ,,Wir"). Die bereits beruhrte Ein-
wendung, er habe sich hier fremden Materials bedient und
sorglos oder ten$enzios das ,,Wir" stehen gelassen, wird iin
nachsten Kapitel zu priifen sein. Das Nachstliegende ist (s. o.).
daB in dem ,,Wir" der Verfasser des ganzen Werkes stecikt. Dazu
kommt noch ein anderes: wem, wenn nicht eineiri Begleiter des
Paulus, ist der VerstoJB so darf man es wohl nennen in
der Okonomie eines solchen Werkes zuzutrauen, dai] er sieh, von
einer breiteren Grundlage ausgehend und in dem Fortschritt des
Evangeliums Von Jerusalem bis Eom (durch die in den Aposteln
rnachtige Kraft Gottes) seinen Zweck sehend, im letzten Viertel
ganz in die Geschichte des Paulus und ' innerhalb dieser Ge-
schichte wiederum in die Seereise Yerliert? Dieser Verstofi ist
selbst bei einem Begleiter des Apostels immer noch sehr auf-
fallend; bei einem spater schreibenden, mit Paulus personlich
unbekannten Autor von hohen schriftstellerischen Gaben ist er
geradezu unbegreiflich. Weiter es ist oben (S. 2) bemerkt
worden, daB Lukas wahrscheinlich nicht bei Paulus war, als
dieser die Thessalonicherbriefe , die Korintherbriefe und den
Komerbrief geschrieben hat, und daB er den Gemeinden von
Thessalonich und Korinth personlich nicht bekannt, bez. nicht
vertraut gewesen ist. In der Apostelgeschichte ist das ,,Wir"
weder in den Abschnitten, die von Thessalonich, noch in denen 7
die von Korinth handeln, zu finden. Dagegen war Lukas in
Rom bei Paulus, und eben dort treffen wir auch den Verfasser
der Apostelgeschichte (bez. der Wirstticke) bei dem Apostel, da
er die Reise mit ihm zusammen dorthin gemacht hat. Endlich
wo in den Briefen des Paulus Lukas erwahnt ist, steht auch
Markus. Wir werden also erwarten, daB sich der Verfasser des
3. Ev.s und der Acta mit Markus vertraut zeigt. Nun, das
14 Cap. 1: Allgem. Untersuchung.
Markus-Er. hat er in seinem Ev. fast ganz ausgeschrieben und
mit Markus selbst zeigt er sich so vertraut, daft er sogar den
Namen der Magd im Hause seiner Mutter kennt!
5) Lukas war nicht nur Begleiter, sondern auch ,.Mithelfer"
des Paulus der Verfasser der Apostelgeschichte sehreibt
c. 16, 10: dm xQo<j%%l7]rai t]{iag 6 #0g ev
avrovq und c. 16, 13: yca&ioapreq slaloupsv ralq
Gaiq yvvca&v. Er selbst ist also auch neben Paulus
predigender Missionar gewesen. 1
1) Noeh deutlicher geht das aus den in den A eta verstreuten groBen
Rcden hervor. Solche Reden (s. namentlich in c. 13 u. 17) kann nur
ein in der Evangelisation geiibter Missionar verfassen. DaB dieser Missio-
nar aber ein Pauliner war, dafiir geniigt die eine Stelle c. 13, 38f.: yvco-
GTOV saroi v[uv, on dia 'Iqaov XQLGZOV v[uv aysoiq ajtaQTiiav xarayyeMs-
Tai, [aal] arto navtwv &v ovx ijSvvi'j&yTe sv voftco M&voewq Si-
%aiu>&fjvai, sv TOVVCO nag 6 UIGTEVCOV ditcaiovrai (dazu die'Rede
zu Milet 20, 28: ... trjr sxxhriaittv rov &eov, tfr nsQisnoiijoaTO dia rov
alf/MToq tov Idlov}, Ob der Paulinisnms hier vollig correct wiedergegeben
ist, ob sich. sonst in dern Buche Theologuuiena finden, die von den pau-
linischen abweichen, ist ganz gleichgiiltig wer das niederschreiben
konnte, der ist ein dern Paulus nane stehender Schiller gewesen. Den
relativen Paulinisnaus des Verfassers der Apostelgeschichte rnehr darf
man nicht fordern kann man aber schlieBlich auch. noch durch das
Vocabular beweisen (vgl. Hawkins, Horae Synopticae, 1899, p. 154ff.).
Die sehr viel zahlreicheren Vei'wandtschaflen zwischen den 10 Paulus-
briefen und der Apostelgeschichte kann man fur den Beweis beiseite
lassen, wenn man den lexikalischen Beweis aus dem Lukas-Ev. fiihrt:
Matth. und Paulus haben 29 Worte gemeinsain, die sich sonst in
den Evv. nicht finden, Mark, und Paulus haben 20 solcher Worte gemein-
sain, Joh. und Paulus 17 Worte, Luk. (Ev.) und Paulus aber haben
84 solcher Worte genieinsam, die sich sonst in denEw. nicht finden.
Paulus und Matth.: axaQ-aQGia, atceQccioq, tixQaola, afta,
aTtdvzrjaiq, anivavn, SsiynaxiCpiv, dfjkoq, sxroq,
stspa/tevq, [AVQIOL, [twgoq, vTzoq, oSriyoq, oSvQ(j.6q, oa
utpsl^f^a, naQexroq, n^arvveiv, ratpoq,
(also nur 4 Verba).
Paulus und Markus: aftpd, aKaX&^eiv, a[id()W](J.a, anoGiQiv, ntpgo-
avvi], a.y^iQonoi^roq, zfyijveveiv, e^avrfjq, ^O^VGGSIV, svxaigeTv,
ijSscog, TtQi(pigeiv, TtgoXafifidvetv, TtQOGxaQTEQetv, n&QWGiq,
, ZQOfioq, vnoSelG&ai, vat/i^aiq (also 10 Verba).
Paulus und Johannes: dvarpeyieiv, avsQxeGQ'ai, SiSaxroq,
ftalve&ai, dSoinogia, o(t(oq, onXov, oGfi
rj, nykoq, noaiq, avvri&sia, tyv%oq (also 5 Verba).
Lukas, der Antiochener, und die ApostelgescMclite. . 15
6) Lukas war hoehst wahrscheinlich aus Antiochien ge-
biirtig in der Apostelgeschichte bezeichnet sich der Verfasser
direct nirgendwo als Antiochener (denn von der Glosse c. 11, 27
ist abzusehen, s. o. S. 4 und Sitzungsber. d. K. Preufi. Akad.
d. Wissensch. 1899, 6. April), aber das Buch beweist doch eine
besondere Affinitat zu dieser Stadt. Bei der Lektiire des ersten
Teils der Apostelgeschichte atmet der prfifende. Historiker an
einigen Stellen frei auf und fiihlt sicheren Bdden unter den
FiiBen. Fast jedesmal, wo das geschieht (c. 12 ausgenom-
men), sieht er sich in Antiochien oder in einer Ge-
schichtserzahlung, die auf diese Stadt hinweist. Erst-
malig geschieht das in c. 6 bei der Erzahlung von der Wahl
der Armenpfleger. Die sieben Hellenisten werden rait Namen
angefuhrt, aber nur von einem wird mitgeteilt, "woher er stammt
selbst bei Stephanus fehlt eine solche Mitteilung : Nixo-
2aog jtQoGri^vToc, \4vTio%ev$. Aber. dariiber hinaus hat der
ganze Bericht, der mit c. 6, 1 beginnt, -eine entscheidende Spitze,
und diese weist nach Antiochien; denn die Wahl der Sieben
Paulus und Luk.-Ev.: <%/lo, alyvldtog, cti%/j,ah(OTit,eiv, avatfiv, dva-
, avalvstv, avanspneiv, avotjToq, avTcnt66o(*a, avtanoxQivsGO-ai,
avTiKa^av^aQ-ai, KTtet&jjq, dnoxQvnretv, anohoyslaQ-ai, aga,
G.QOTQIO.V, Kffgidheia, drevi^eiv, axonoq, PICOTIXOQ, SEXTOS, SiayyeXXeiv, 6iai-
, di()(tT]vevi,v, Soyita, vyQct(peoQ-ai, svdogoq, evxccxeTv,
, enauvslv, snavanavG&cci, sn%tv, egyaoia, Evysvtfg,
xardyEiv, xaTa&ovG&ai, XCCTSV&VVELV, xaT7]%iv, x
, oixovoftia, dmaGia, oGid'uijg, dipwvtov, Ttccylg, Ttavonkla,
yia, nhriQocpOQEiv, 7tQG^vrriq, n^oxonrsiv, Giyav, oxontfv, GnovdatcDg,
pog, ovvctvTikccfj.fidvEo&ai, GVVEG&IZLV, GvvevSozetv,
GVVO%fj, GVV%aLQiV, OCOTIJQIOV, V7tOffT()<peiV, VTtCOm
<pQ6vi]Gig, zaQi^EG&ai, ^a^vtovv^ yatyog. Hierunter sind nicht weniger
als 49 Verba, die sich nur bei Paulus und Lukas, nicht aber bei Matth.,
Mark, und Johannes finden. Man darf also unzweifelhaffe auch
wenn man von der Apostelgeschichte, wie Her geschehen, absieht (von
den 84 oben aufgefuhrten Worten stehen 33 auch in der Apostelgesch. ;
sie hat aber auSerdem noch viele andere mit Paulus genieinsam, und
namentlich .zeigen Koloss. u. Ephes. eine gewisse Ver-wandt-
schaft mit dem Vokabular der Acta) von einer lexikalischen Ver-
wandtschaft zwischen Paulus und deni Lukas-Ev. sprechen. Am nachsten
koinmt dem Paulus von den Evangelisten dann Markus, aber der AT>
stand von Lukas ist noch ein groUer.
16 Cap. 1: Allgem. Untersuchung.
und was init ibr zusaminenhangt, wird um des Stepbanus willen
erzablt; die Stepbanus- Grescbicbte fiibrt zur Verfolgung, die Ver-
folgung zur Zerstreuung, die Zerstreuung zur Mission, die Mission
zur Pflanzung des Christentums in Antiocliien, nnd bier in
Antiocbien wird gleicbsam ein zweites Jerusalem gewoanen.
So beiBt es in c. 11, 19 ff: ol [ikv ovv diaGjiaQzvTec, ctJtb ttjg
&2itycog rvjg ysvofitvijc, sxl 2t8<pavcp dtyjZ-O-ov ecog <Poivl%t]g
xal KvjtQov xal ^Avtioy^lac,, fjttjdsvl IM)MVVTEQ rbv Xoyov si
,/) HQVQV 'lovdaloig. i]6av 6d XLVKC, eg O.VTCQV avdQsq KvjtQioi
xal KvQijvaloi, otnveq s^&ovrsc sig 'AvTio%Lav sAaZovv xal
jrQog rovg 'Elfajvag, svayysfa^onsvoL TOV XVQIOV 'itjtiovv. xal
i\v yj-\Q XVQLOV fier* O.VTGJV, ctol-vq rs O.QI&HQC, o jciCTevaag
ex(>T()tyV sjtl TOP xvQiov. GewiiS ei'klart sicb das Interesse
fiir Autiocbien aucb aus der Sacbe 1 ; allein dafi es Cyprier und
Cjrenaer waren, die dort zuerst den Heiden gepredigt baben,
ist eine Nacbricbt, die locale Kunde voraussetzt. Dazu folgen
nun mebrere ahnlicb detaillierte Angaben in c. 11, 22 27 (u. a.
daB in Antiochien zuerst die Jesusglaubigen Christen genannt
worden sind). In c. 13, If setzt sicb das fort. Hier werden
die fiinf antiocbeniscben Gemeindepropbeten und -Lebrer auf-
gezablt. Durcb ,,xara rrjv ovGav exxtyaiav" 1 werden sie be-
stimmt von den Propbeten unterscbieden, die aus Jerusalem nacb
Antiocbien gekommen waren (c. 11, 27). Die namentlicbe Auf-
zahlung aller Fiinfe (zumal mit den unterscbeidenden Zusatzen
bei den Namen) bat nur fiir Antiocbener Interesse oder ei'klart
sicb nur aus dem Interesse eines Antiocbeners; denn Symeon
genannt Niger, der Cyrenaer Lucius und Manaen, des Tetrarcben
Herodes Vertrauter, sind obscure Leute geblieben. 2 Der grofie
1) Doch darf man nicht vergessen, daB in den Briefen des Paulus
die Gemeinde von AntiocMen keine Rolle spielt, ja uberhaupt nur einmal
(Gal. 2, 11) allerdings an wichtiger Stelle erw'ahnt wird. Der Accent,
der in der Apostelgesch. auf sie fallt, ist also doch nicM lediglich aus
den Tatsachen zu erklaren.
2) Ein Cyprier wird nicht genannt und doch sollen cyprische
xind cyrenaische Manner als Missionare die antioclienische Gemeinde be-
griindet haben. Aber c. 21, 16 (Wirstuck) wird ein Cyprier Mnason, bei
dem Paulus und sein Begleiter in Jerusalem Wohnung hahmen, als ,,alter
Jtinger" und als Vertrauensmann der casareensischen Bruder bezeich-
iiet. Ist das nicht vielleicht der cyprische Missionar Antiochiens? Das
Interesse, das Lukas an ihm nimmt, wiirde sich von hier aus gut erkla.-
Lukas, der Antiocliener, und die ApostelgescMchte. 17
Missionszug des Paulus und Barnabas (c. 13 f.) erscheint als
antiochenische Unternehmung, und ebenso isfc es diese Gemeinde
(15, 2), welche die Beschneidungsfrage zur Krisis bringt und
ihre Vertrauensmanner nach Jerusalem sendet. In c. 14, 19
wird mitgeteilt, daG aufier ikonischen auch antiochenische Juden
das Volk in Lystra gegen Paulus aufgehetzt haben; man ver-
gleiche weiter c. 14, 26 (sic; *AvTi6%iav, o&ev qtiav jtaQa6s6o-
(tevoi T# yj&Qiti rov ti-sov slg ro eQyov o ejtlrjQwoav), c. 15, 23
(xara rr]v 3 AvTLO%iav xal 2vQiav xal Kikixiav], c. 15, 35 (man
beachte das [isia trsQoov zcolJMV, wozu sich sonst in dem
Buch keine Parallele findet) und die Erwahnung Antiochiens in
c. 18, 23. 1 Nach dem alien darf man wohl sagen, daB die
Apostelgeschichte die Tradition, ihr Verfasser sei ein Antiochener
von Geburt, nicht Liigen straffc, sonddrn sich trefflich zu ihr
fiigt. Nicht dafi der Verfasser ein Mitglied der antiochenischen
Gemeinde gewesen ist, geht aus dem Buche hervor (aber das
behauptet auch die Tradition nicht), w0hl aber ein besonderes
Interesse fiir diese Gemeinde und besondare Kenntnisse. Negativ
aber lafit sich auf Grund des Evangeliums und der Apostel-
geschichte sagen: der Verfasser ist sicher kein Palastinenser und
schreibt nicht fiir solche, denn die geographischen Verhaltnisse
Palastinas sind ihm unklar (s. das Evangelium); er schreibt auch
nicht fiir Macedonier (s. Act. 16, 11). Dagegen kennt er auCer
Antiochien und der phonicisch-palastinischen Kiiste (vor allem
Casarea) Asien gut (vgl. dariiber Ramsay). Nach Jerusalem ist
er als Fremder gekonimen; wie lange er dort verweilt hat
(c. 21,15. 17), ist unbekannt.) 2
ren. Nach c. 13, 1 hatte jedenfalls der cyprisclie Missionar Antiochiens
die Gemeinde schon wieder verlassen, als Barnabas und Saulus ausge-
sandt wurden, wahrend der cyrenaische noch in ihr weilte.
1) Nur beilaufig sei erwahnt, da!3 Wellhausen das nur einmal iniN.T.,
bei Luk. 15, 25, sich findende avfupatvia fiir ein Instmment ,,antiochenischer
Mode" erklart. Worauf sich diese Erklarung stiitzt, weiB ich allerdings nicht.
2) Lokalnotizen iiber Jemsalem Act. 1, 12; Act. 3, 2. 10; s. auch Ev.
24, 13. Nicht zu ubersehen ist, daB in, der programmatischen Rede
zu Nazareth, init der der Verf. des Evangeliums die Verkiindigung Jesu
beginnen laBt, die Erwahnung des Syrers Naiman den sollicitierenden
Hohepunkt bildet. Mit einem arztlichen Gleichnis beginnt diese Rede
und mit dein Hinweis auf den Syrer, der dem erwahlten Volke vorge-
zogen worden ist, schlieBfc sie. Sollte das Zufall sein?
Harnack, Lukas. 2
IS Abfassungszeit des lukanischen Geschichtswerks.
J 7) Die Abfassungszeit des grofien Geschichtswerks 1st (Chro-
nologie Bel I S. 246 ff.) ohne Beriicksichtigimg der Verfasser-
frage festgestellt und auf ca. 78 93 bestimmfc worden (vor der
domitianischen Verfolgung, vor der weiteren Verbreitung der
Paulusbriefe, vor der Einbiirgerung des Namens ,,Christen a jm
christlichen Sprachgebrauch [s. I Petr. und die Ignatianen],
vor der Kanonisierung des Begriffs sxxJiqciia (s. u.), vor dem
Gebrauch des Worts fiaQrvq als Blutzeuge, aber einige Zeit
nacli der Zerstorung Jerusalems). * Die Tradition, der Begleiter
des Paulus, Lukas, sei der Verfasser, fiigt sich zu dieser An-
nahme. Er mag ein Fiinfziger oder Sechziger gewesen sein, ,als
er das Werk niederschrieb.
Nach alien Regeln der Kritik erscheint durch diese Be-
obachtungen die Tradition bereits in hohem Mafie beglaubigt.
Sie beziehen sich auch keineswegs blofi auf die Wirstiicke, son-
dern fast gleichniafiig auf alle Teile des Greschichtswerks. In-
dessen niuC noch gefragt werden: 1) lassen sich die ,,Wirstucke"
(sammt grofierem oder geringerem Zubehor) nicht doch aus der
Apostelgeschichte als Quelle ausscheiden? 2 , 2) setzt der Inhalt
der Apostelgeschichte (bes. c. 1 12. 15) der Annahme, das Werk
sei von Lukas, nicht uniiberwindliche Schwierigkeiten entgegen?
1) Die Zeit des Josephus brauclit man nicht zu beriicksichtigen; denn
die Behauptung, der Verfasser der Apostelgeschichte habe ihn gelesen,
schwebt in der Luft. Aus Luk. 21, 32 folgt bestimnit, daB man fiber die
Zeit Domitians nicht hinausgehen darf. Wellhausen behauptet freilich,
der aus Markus einfach ubernommene Spruch passe gar nicht inehr zur
Gegenwart des Lukas. Nun, das fragt sich eben. Die im Texte ange-
fiihrten Arguinente man kann ihnen noch die Beobachtung hinzufugen,
daB bei Luk. ol ayioi als term, techn. fur die Christen zwar noch ein
paarinal (4 nial) gebraucht, aber offenbar im Sdrwiiiden begriffen ist
lassen es schlechthin unmoglich erscheinen, die Abfassung des Evangeliums
und der Apostelgeschichte ins 2. Jahrhundert zu riicken. Mir ist es sogar
angesichts dieser Argumente sehr unwahrscheinlich, daB man sich vom. Jahre
c. 80 abwarts weit entfernen darf. Wer das Geschichtswerk am d. J. 80
ansetzt, wird wohl das Richtige freffen.
2) In diesem Falle miiBte man die Beobachtungen, die fiir Lukas als
Verfasser des ganzen Werks sprechen, als tauschende Zufalligkeiten be-
urfceilen, was freilich schwierig genug ist.
Zweites Capitel: Specielle Untersuclmngen liber den
sog. Wir-BericM der ApostelgescMchte.
DaB die Wirstticke durch das Vocabular, die Syntax und
den Stil aufs innigste mit dem ganzen Werk verbunden sind,
daB sich iiberhaupt dieses Werk (einschliefilich des Evangeliums)
trotz aller Verschiedenheiten der einzelnen Partieen durch eine
groGe Einheitlichkeit der schriftstellerischen Fortngebung aus-
zeichnet, ist drft behauptet und nachgewiesen worden. 1 Speciell
die Wirstucke \anlangend, hat Klostermann 2 ausgezeichnete
Nachweisungen gegeben. Fiir das ganze Werk hat B. Wei'B
in seinem knapp gefaCten, lehrreichen Commentar (1893) in Hin-
sichjfc auf die Beweisfuhrung der schriftstellerischon Einheit das
Beste getan. Treffliche Nachweisungen gab Yogel (ZurCha-
rakteristik des Lukas, 2. Aufl. 1899). Endlich hat Hawkins (Honae
Synopticae, 1899) in einer noch minutibseren Weise die Identitat
des Verfassers der Wirstucke und des ganzen Werks naeh-
gewiesen. Aber diese forderliehen Bemuhungen haben ihren
Zweck deshalb nicht erreicht, weil sie noch nicht genau geniag
waren und weil sie zuviel zu beweisen schienen. 3 . Steht es nach
dem Prolog des Evangeliums und noch mehr .nach dem Ver-
haltnis des Buchs zum Markus Ev. fest, daC in ihm schriftliche
Quellen verwertet sind, und ist a priori vorauszusetzen, daC auch
der ApostelgescMchte solche zugrunde liegen, so ist der all-
gemeine Nachweis, daB das Werk eine schriftstellerische Einheit
bildet, die Quellenfrage anlangend, irrelevant. Es muC in jedem
Falle, d. h. bei jedem groBeren Abschnitt, untersucht werderr.
1) Stark betont von Zeller, Die Apostelgesch., 1854.
2) Vindiciae Lucanae, 1866.
3) Von Hawkins gilt das nicht; aber er scheint bei uns kaum ge-
lesen worden zu sein.
2*
20 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
ob er trotz solclier Wendungen, die die Feder des Verfassers
d'es Ganzen verrate'n nicht doch aus einer Quelle stammt.
Zum Gliick besitzen wir ja das Markus-Ev., und wir vermogen
daher in Bezug auf eine umfangreiche Quelle genau festzustellen,
wie der Verfasser des Ganzen sie verwertet hat
Bevor wir aber in die sprachliche Untersuchung in Bezug
auf die Wirstiicke eintreten, haben wir zu vergieichen,-wie sich
die von dem Verfasser der Wirstucke erzahlten Tatsachen und
wie sich seine Interessen zu denen des Verfassers des ganzen
Werks verhalten:
In den Wirstiicken ist erzahlt:
j
I. Aufenthalt und Evangelisation in Philippi (16,
1017).
a) ein ,,Gesicht" in Troas, wodurch wir zur Ubersiedelung
nach Europa veranlaGt wurden,
b) Stationenverzeichnis von Troas bis Pliilippi,
c) Gang am Sabbath, zum jiidischen Betplatz (der judische
Betplatz ist die Statte der "Wirksamkeit der Evangeli-
sten, zu denen auch der Erzahler selbst gehort, der
nicht nur Begleiter ist),
d) Bekehrung und Taufe der Purpurkramerin Lydia aus
Thyatira, einer jiidischen Proselytin, samt ibrem
Hause,
e) Wir werden von der Lydia genotigt, bei ihr zu wohnen,
f) Beschworung des ,,Geistes" einer bauchrednerischen,
von ihren Herrn als Weissagerin ausgenutzten Sklavin
durch Paulus, nachdem dieser ,,Geist" die Evange-
listen (Uav2ov xal ^{iaq) erkannt und als Boten
des hochsten Gottes, die den ,,Weg des Heils" ver-
kfindigen, bezeichnet hatte.
II. Aufenthalt und Wirksamkeit in Troas (20, 5 [4] 15).
a) Angabe iiber die Begleiter des Paulus,
b) Fahrt vonPhilippi nacH Troas mit genauen Zeitangaben,
c) Erbauungsversammlung (nachster Zweck: yclatiai aQrov)
in dem Oberstock eines Hauses, die vom Abend bis
zur Mitternacht, ja bis zum Morgengrauen danert;
Inhalt des Wir-Berichts. 21
Paulus 1st der Redner; der Erzabler erscheint als
Zuborer wie die anderen, 1
d) Der aus dem Oberstock im Schlaf abgestiirzte jugend-
liche Zuhorer Eutychus wird von Paulus, der sich
iiber ibn legte, vom Tode erweckt. Paulus tut dann,
als ob nichts gescbehen sei, und setzt seine Predigt fort,
e) Reise von Troas nacb Milet mit genauen Angaben. *
III. Reise von Milet nacb Jerusalem (21, 118).
a) Reise von Milet bis Tyrus mit genauen Angaben,
b) Aufentbalt bei den ,,Jungern" (Jesu) in Tyrus; sie war-
nen den Paulus ,,dia JtvsvficiTog", nach Jerusalem zu
gehen,
c) Aufentbalt in ,,Ptolemais" bei den Briidern,
d) Ankunft in Casarea; wir nabmeu in dem Hause des
Evangelisten Philippus, ,,eines von den Sieben", der vier
weissagende jungfrauliche Tocbter hatte, Wobnung.
Weiteres wird aber weder vom Yater nocb von den
Tocbtern erzahlt,
e) Der Propbet Agabus kommt aus Judaa nacb. Casarea
und weissagt, dabei eine symbolische Handlung voll-
ziebend, die Fesselung des Paulus durcb die Juden in
Jerusalem und seine Auslieferung an die Heiden,
f) Sowohl die Reisebegleiter als aucb die casareensischen
Brtider sucben den Paulus zu bereden, niclit nacb
Jerusalem zu geben; aber Paulus la&t sicb nicbt er-
1) Ob es in Troas uberhaupt schon eine fomiliche Gemeinde gab,
ob also die Erbauungsversammlung sich niclit ganz wesentlicb. auf die
zahlreiche Begleitung des Paulus und ein paar Glaubige und Neugierige
beschrankte, kann man mit Grund fragen; denn Briider in Troas sind
uicht ausdriicklich erwahnt, sind aber in dena jjfttitv 20, 7 eingescnlossen
[fta&tjT&v haben zahlreiche, aber nicht verferauenswiirdige Zeugen aus
begreiflichen Griinden fiir rjfiibv geschrieben], zunial da ein afaoiq folgt.
Das Fehlen einer Verabschiedung in Troas (20, 11) ist auch zu beachten.
Die ganze Situation empfangt ihr Licht aus II Kor. 2, 12: 'EAStbv ds slg
tijv TQ(pa6a etg TO svayysfaov rov XQIGTOV, y.al &vpag fiOi avscoy^sv^g
sv xvQio), ovx ^G^rixa aveoiv ru> nvsvftati //ou rip fif] evgecv (t Tirov
rbv adsX<pov /uov, AA' anora^dftsvoq avtolq egffi&ov siq MaxeSoviav.
Paulus hatte also seine Missionstatigkeit in Troas, kaum angefangen,
unterbrochen. Die beiden Stellen bestatigen sich aufs beste.
22 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
bitten; er erklart bereit zu sein, sogar zu sterben in
Jerusalem flir den JSFamen des Herrn Jesus. Die Brii-
der der Erzahler fafit sieh und seine Begleiter mit
den casareensischen Christen zusammen geben das
Bitten auf mit den Worten: ,,des Herrn Wille ge-
schehe",
g) Reise nach Jerusalem; mit uns ziehen einige casareen-
sische Jiinger, die in Jerusalem den (ihnen also als
besonders vertrauenswiirdig bekannten) alten Junger
Mnason, einen Cyprier, herbeiholen, bei dem wir Unter-
kunft fin den,
h) Die Briider in Jerusalem nehmen uns freundlich auf,
i) Gleich am folgenden Tage geht Paulus mit uns zu
Jakobus, bei dem alle Presbyter (zum Zweck einer
Aussprache) anwesend sind.
IV. Reise von Casarea bis Rom (c. 27, 1 28, 16).
a) Paulus und einige andere Gefangene [im ganzen waren
es 276 Personen] werden dem Hekatontarchen Julius
Ton der OJIELQO. JZsftaOTrj zum Transport nach Italien
iibergeben (auf einem nach Asien bestimmten hadrarnyt-
tenischen Schiff),
b) ; ,Mit uns" war der aus Thessalonich gebiirtige Mace-
donier Aristarch (,,wir" bedeutet hier lediglich Paulus
und den Erzahler),
. c) In Sidon gestattet der' den Paulus freundlich behan-
delnde Offieier Julius dem Apostel sich von den Freun-
den pflegen zu lassen,
d) Beschreibung der Fahrt bis Myrrha; dort wird ein fur
Italien bestiinmtes alexandrinisches Schiff bestiegen
(Christen fehlen dort noch, ebenso in Lasea auf Kreta,
Malta, Syrakus und Reggio),
e) Ausfiihrliche Beschreibung der widrigen Fahrt und der
Seesturme bis zur volligen Vernichtung des Schiffs
(dabei, wie schon vorher, geographische Angaben),
f) Paulus erweist sich als erfahrener Seereisender, der
eine schlimme Fahrt vor'aussagt (vielleicht ist schon
hier an eine Weissagung gedacht; doch ist es nicht
wahrscheinlich),
Inhalt des Wir-Berichts. 23
g) Paulus weissagt den Untergang des Schiffs und die
Erhaltung aller Personen auf Grund einer Erscheinung
des Engels des Herrn, der ihm nachts gesagt hat, er
werde vor den Kaiser treten und Gott habe ihm das
Leben aller Mitreisenden geschenkt,
h) Paulus hindert die Matrosen, das sinkende Schiff zu
verlassen, durch den Hinweis, daB dann sie und alle
andern untergehen wtirden,
i) Paulus starkt den Mut aller und bricht und genieBt,
urn die Zuversicht herzustellen, mitten im Sturm mit
einem Dankgebet Brot; seinena Beispiel folgeu die
anderen,
k) Die Soldaten wollen im Moment, wo das Schiff zu
scheitern droht, die Gefangenen todten, urn sie an der
Flucht zu verhindern; aber Julius verbietet es, weil er
Paulus retten will; alle retten sich sch\viminend oder
auf Brettern zur Insel (Malta),
1) die ,,Barbaren" nehrnen alle freundlich auf und ziinden
ihnen ein Feuer am Strande zur Erwarmung an,
m) eine aus dern Reisig hervorgekrochene Schlange beiBt in
die Hand des Paulus [ringelt sich um sie?]; er schiittelt
sie ab, ohne daB sie ihm Schaden getan; die Malteser
halten ihn ihn erst fur einen Morder, den die Dike
yerfolgt, dann fur einen Gott,
n) Paulus heilt den an gastrischen Fieberanf alien leiden-
den Vater des Publius, der die erste Magistratsperson
auf der Insel war und uns freundlich in sein Haus auf-
genommen hatte, durch Handauflegung,
o) auch die anderen Kranken auf der Insel kamen, wur-
den geheilt und schenkten uns Ehrengeschenke und
verproviantierten uns fiir die Weiterreise,
p) Fahrt von Malta nach Puteoli auf einem alexandrini-
schen Schiff, das den Namen der Dioskuren trug (tiber
Syrakus und Reggio); in Puteoli fanden wir Brtider,
die uns aufnahmen,
q) FuBreise nach Rom; die romischen Brtider, von unserer
nahen Ankunft benachrichtigt, kamen uns bis Forum
Appii und Tres Tabernae entgegen; ihr Anblick erfullt
Paulus mit Dank gegen Gott und Mut.
24 fap- 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
r) Paulus darf in Rom eine Privatwohnung beziehen unter
Bewachung durch einen Soldaten.
Die Wirstticke enthalten also eine Exorcismus-Erzahlung,,
eine Heilung eines Fieberkranken durch. Handauflegung, eine
wunderbare Errettung vom SchlangenbiB, die summarische Er-
zahlung vieler Heilungen, eine Totenerweckung, Weissagungen
von Jiingern in Tyrus, eine Weissagung des Propheten Agabus,
die weissagenden Tochter des Pliilippus, mehrere Weissagungen
des Paulus, eine Engelerscheinung vor Paulus auf der Seereise
und ein Gesicht in Troas. Mehr Wunder in wenigen Versen
kann man wohl doch nicht wiinschen 1 ! Der Verfasser zeigt
sich also genau so wundersiichtig und speziell fair
Wunderheilungen, fur den ,,Geist" und fiir Engel-
erscheinungen so stark interessiert wie der Verfasser
des 3. Evangeliums und der Apostelgeschichte. Enger
kann die sachliche Verwandtschaft gar nicht sein, als sie sich
in dieser Ubereinstimmung ausspricht; man denke besonders an
die Bedeutung des Geistes! Vergebens hat man sich auch be-
miiht zu zeigen, dafi der Verfasser der Wirstiicke die Wunder
,,rninder wunderbar" schildert als der Verfasser der Apostel-
geschichte und des Evangeliums. Eutychus ist im Sinne des
Verfassers wirklich tot gewesen (nicht bios scheintot) 2 , und
wenn auch die Schlange den Paulus nicht gebissen hat (was
iibrigens keineswegs sicher, vielmehr unwahrscheinlich) 3 , so ist
die Bewahrung vor dern BiB in der Meinung des Verfassers ge-
wifi kein geringeres Wunder als die Bewahrung vor seinen tot-
lichen Folgen. Auch darin zeigt sich eine merkwiirdige Uber-
einstimmung, daG der bose Geist, wie er im Evangelium friiher .
als die Menschen Jesus als den Sohn des hochsten Gottes erkennt
(s. Luk. 8, 28: ri sfiol xal Goi, 'lijdov vis TOV -Osov rov vtyi-
OTOV), so auch hier die Evangelisten als dovlot rov -9-eov vipiorov
zuerst kenntlich macht.
1) Die Ubereinstimmung mit deni ganzen "Werk in einzelnen Ziigen
mag man selbst aufsuchen. Man vgl. z. B. 20, 12 mit 9, 41.
2) Da6 Paulus sich iiber ihn legt, ist nur ein starkeres Mittel als
die Handauflegung, die bei Krankenheilungen bei Lukas nie feh.lt. In
Luk. 7, 14 wird der Sarg angeriihrfc, was dieselben Dienste tut. Nur
Act. 9, 40 ist es anders.
3) Hob art, a. a. 0. p. 288 und unten im ersten Anhang.
Cbarakteristik des Wir-Bericbts im Vergleieb init der Apg. 25
An wichtigen Einzelheiten sei noch Folgendes bemerkt: wie
in der Apostelgeschichte (bzw. mutat. mutand. im Bv.) begibt
sich Paulus mit seinen Begleitern zunachst zur Synagoge (zum Bet-
platz), werden Bekehrte ,,mit ihrem Hause" getauft, lehrt Paulus
,,den Weg des Heils" oder ,,den Weg", wird in den christlichen
Versammlungen das Brot gebrochen, findet sich in der Gremeinde
zu Jerusalem ein Presby terrain, erscheint Jakobus als an der
Spitze dort stehend (12, 17, schlagender als 15, 13), sprechen
die Christen ,,Gottes Wille geschehe (s. Luk. 22, 42), ist Paulus
bereit, ,,fiir den Namen des Herrn Jesus" zu sterben, findet sich
eine Jdassische Reminiscenz (28, 4: rj A'MY] Qr\v ovz dacsv} und
ein homerisches (aGfiEVCog), sowie ein homerisches- und Tragiker-
Wort (&aQGog) i , heilt Paulus durch Handauflegung 2 und ist kein
starkes Jnteresse fur das Kirchliche nachweisbar 3 . Wo nur
1) Aucli an v/S^tq, {tdgfiaQOi ist zu erinnern. Die klassiselien Remi-
niscenzen, die sich in den Act. auBerhalb der "Wirstiicke finden, sind be-
kannt (das Citat aus Aratus [Cleanthes] , detatda/^wv , dtOTtersq, Zsvg,
"ApTSfjiiQ, Stoiker, Bpicureer nnd mancb.es andre). Aucb das Ev. bat etwas
davon, s. z. B. Wellbausen zu Luk. 16,3.
2) Aucb das etwas sentiinentale Wort (21, 13) : XL noisTrs xhalovrsq
y.al ovv&Qi-nxovTei; t uov rfyv xagdiav, fiigt sicb frappant zu den Sentimen-
talitaten des 3. Ev.s und der Apostelgescbicbte (s. c. 9, 39: naQsarrjaav
Tiaaac. al yjJQai xhaiovaat, xal eTtideutvvftevai %i.riavaq xal iftd-cia ooa enolei
fj dogxdq. c. 20, 19. 23. 25. 31. 37. 38). Diese Ubereinsfcitmnungen in der
Einpfindungsweise scbeinen ' mir von besonderer Bedeutung. Mark, und
Mattb. kennen nur die bittren BuBtranen des Petrus; aber bei Luk. wird
viel geweint; aucb Jesus selbst weint iiber Jerusalem und preist die Wei-
nenden selig. Aucb bei Job. "wird geweint, aber weniger. Dorfc und bier
sind die Tranen belleniscbe.
3) DaB dieses dem Verf. des 3. Evangeliums feblt, darauf bat Well -
h aus en mit Recbt den Finger gelegt (Luk. S. 72). Hierzu fiigt es sicb
trefflie'b, daB der Verf. der Wirstiicke iiberbaupt niemals von ,,Kircbe"
spricbt. Die Cbristen in Tyrus, Ptolemais, Casarea, Jerusalem, Sidon und
Puteoli individualisiert er und nennt sie ,,die J linger", ,,die Briider", ,,die
Preunde" (wenn bier nicbt specielle Freunde gemeint sind, was aber min-
der wabrscbeinlicb ist; denn dann waren sie wobl mit Nanien genannt).
Im Luk.-Ev. findet sicb bekanntlich sx^rjaia nie, in der Apostelgescbicbte
dagegen allerdings 23 mal; allein 1. die Apostelgescb. braucbt das Wort
aucb fur die jiidiscbe und beidniscbe Gemeinde (7, 38; 19, 32. 39, 41) und
zeigt schon dadurcb, daB fur sie das Wort nocb nicbt sakral ist, 2. von
den ubrigen 19 Stellen bezieben sicb 15 auf die Gesamtkircbe und die
Gemeinden von Jerusalem und Antiocbien. Sonst wird (fur Asien und
26 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
immer eine Vergleichung moglich 1st, da ist also eine
vollkomrnene Ubereinstimmung gegeben 1 .
Eine nennenswerte Verschiedenheit findet sich iiberhaupt
nicht. Gew5B tritt die Gestalt des Paulus friseher, lebendiger
und imponierender auf der Seereise hervor, als sonst irgendwo
im Buch; aber ist das auffallend? Hier war der Verfasser Augen-
zeuge und sah den Apostel als Helden in langwieriger und ge-
fahrvollster Situation! Wir konnen fur die von ihm gegebene
Schilderung nicht dankbar genug sein; denn es ist die einzige,
die wir auCer der Selbstschilderung des Apostels besitzen, und
sie zeigt uns, wie der Apostel durcli unablassige Selbstzucht
innere und aufiere Rune und daher Gewalt iiber die Menschen
gewonnen hat. Doch das gehort bereits in einen spateren Ab-
schniti Hier ist nock das Eine zu erwahnen, dafi das Interesse,
welches in den Wirstiicken an Reise und Stationen hervortritt
doch auch dem Verfasser der Apostelgeschichte nicht fehlt. Er
Europa) 3 nial pluralisch von denKirchen gesprochen (14, 23; 15, 41; 16, 5)
und 1 nial von der Kirche in Ephesus. Einen beachtenswerten Unterschied
der Apostelgeschichte von den Wirstiicken kann man deshalb hier nicht
constatieren, weil auch jene dd&yoi und (j.a&rjrai und nicht sxxtyola
als die term, techn. benutzt, s. aSetyol c. 1, 15; 9, 30; 10, 23; 11, 1
(01 a.-noGro'koi %al ol dS&yoi ol ovrsq "/.ma rfjv 'lovdaiav); 11, 29 (01 sv
xy "lovdaLa. .); 12, 17 I^IatKa^oq x. ol .); 14, 2; 15, 1; 15, 3; 15, 22; 15, 23
(bis; 01 a.' 01 e s&vwv); 15, 32; 15, 33; 15, 36; 15, 40; 16, 2; 16, 40; 17, 6.
10. 14; IS, 18. 27, und ^a^ral c. 6, 1. 2. 7; 9, 1. 10. 19. 25. 26. 38; 11, 26
[hier sieht man, daft es der eigentliche technische Ausdruck ist]; 11, 29;
13, 52; 14, 20. 22. 28; 15, 10; 16, 1; 18, 23. 27; 19, 1. 9. 30; 20, 1. 30. Ol
ayioi heiBen die Christen in der Apostelgesch. nur in c. 9 (3 nial) und
c. 26, 10; das Fehlen dieser Bezeichnung in den Wirstiicken kann also
nicht befremden. Fur ol itLGToi (ntaroo) = die Christen gibt es in den
Act. drei Beispiele. Eines steht in der 1. H'alfte (10, 45), eines in der 2.
(16, 1) und eines in den Wirstiicken (16, 15)!
1) Man vgl. auch solche Ziige, wie das Interesse fur die Personen,
bei denen Paulus in den verschiedenen Stadten gewohnt hat. Die Wu>
stucke nennen die Lydia in Philippi, den Philippus in Casarea, den Mnason
in Jerusalem, den Publius auf Malta; die zahlreichen Stellen der Apostel-
geschichte anzufiihren, wo ahnliches steht, ist unnotig; man erinnere sich
nur des Simon in Joppe, des Jason in Thessalonich, etc. Vor allem
schlagend ist, dafi die Wirstiicke an demselben, nicht zufalligen Wechsel
von 'lepoaoXv/Acc und 'legovacdrfft teilnehmen, welches die Acta eharak-
terisiert. In c. 21, 4. 15. 17 steht 'ifpocroAu/m und in c. 21, 11. 12. 13
steht aus guten sachlichen Griinden '
Cbarakteristik des Wir-Berichts im Vergleich mat der Apg. 27
konnte es hier nur nicht so befriedigen, weil er in den andern
Abschnitten eben nicht als Begleiter und Augenzeuge, sondern
auf Grrund von Mitteilungen schreibt. Aber man darf wohl auf
Act. 14, 2126 u. 8, 26. 40, auch 9, 32. 35. 36. 43; 10, 1 hin-
weisen, um zu erkennen, dafi auch bier eine Verwandtschaft nicht
ganz fehlt.
Schliefilich: wir haben oben S. 2ff. untersucht, was zu for-
dern ist, wenn das 3. Ev. und die Apostelgeschichte von dem
bei Paulus genannten und charakterisierten Lukas verfaBt sein
soil, und wir "haben diese Forderungen in dem Greschichtswerk
,,hohere" Kritik vorbehalten eriullt gefunden. In derselben
Weise kann man, unter der Voraussetzung der Identitat des Ver-
fassers des ganzen Werks und der Wirstiicke auch von dieseu
aus (auBer den eben nachgewiesenen Conformitaten) noch einige
Forderungen erheben und zusehen, ob sie in dem groBen Werk
erfullt sind. Aber um Wiederholungen zu vermeiden, verzichte ich
darauf (s. die im folgenden gegebenen zahlreichen jSFachweise) und
beschranke mich auf zwei Punkte. 1. Man hat auf eine Stelle in
den Wirstiicken hinweisen konnen, die es nahe legt, ihren Verf.
und den des ganzen Werks zu unterscheiden. In c. 21, 10 narn-
lich wird Agabus eingefuhrt, als ware er bisher im Buch nicht
schon genannt worden, und doch ist er 11, 28 (in ganz ahnlicher
Situation) bereits erwahnt. Man schlieBt daraus, dafi der Verf.
des ganzen Werks an jener Stelle sorglos seine Quelle ausge-
schrieben hat, die natiirlich von einem ftuheren Auftreten des
Agabus nichts weiB. Darauf ist Folgendes zu erwidern: Erstlich
c. 27, 2 ist Aristarch so eingefuhrt, daB man glauben konnte, er
werde hier zum ersten Male genannt, und doch steht er schon
c. 19, 19 und 20, 4 [die letztere 'Stelle lafit sich aber von dem
Wirbericht unmoglich abtrennen]. Zweitens hiervon abge-
sehen die Erwahnung des Namens Agabus" in 11, 28 ist
verdachtig und wahrscheinlich eine alte Interpolation nach
c. 21, 10. Auf die Nennung eines einzelnen Propheten ist man
namlich 11,28 gar nicht gefafit: xaryjlftov ajco
JiQo<pr]Ta.i sig AvTt6%eiav avacrag 6s siq e^
Ayafioq-sofyaivev dia r. xvsvfiaroi; XT^.. In c. 21, 10 liest man
aber: xaTrjl&ev nc, ajto TJJG ^lovdalaq [also gewiB nicht
aus Jerusalem] xQotyTjTiis avo^an "Ayafioq xal elael&cav JtQoe
ycal aQaq -tfyv t^covijv x. Ilavlov xtZ. Wie nahe lag es,
28 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
aus der zweiten Stelle den Nam en an der ersten zu erganzen!
Jedenfalls lafit sich aber aus einem leicbten AnstoB, der mehrere
Erklarungen zulafit, nicbt arguinentieren, wenn sonst kein RiG
und keine Fuge zwischen den Wirstiicken und dem ganzen Werk
nachweisbar ist. 2. Urngekehrt aber gibt es eine schlagende
innere Beziehung zwischen den Wirstiicken und der 1. Halfte
der Acta. In den Wirstiicken erzablt der Verf. (c. 21, 8), dafi
er in Casarea den Evangelisten Philippus angetroffen babe, mit
deutlicber Riickbeziehung auf das 6. Capitel; er sagt namlich:
ovra ex TWV sjtra. Diese Riickbeziehung ist natiirlich nicht
auffallend, sondern sachgemaK. Aber bochst auffallend^oder viel-
niehr lediglich aus der Identitat des Verfassers der Wirstiicke
und des ganzen Werks ist es zu erklaren, dafi in c. 8, 40 der
Bericht iiber diesen Philippus mit den Worten scblieBt:
ds svQ&7] eig "A^corov, teal 6iQ%6 { uevog Bvr^yE^Lfyrb rag
jzaGac, ecoq rov el&siv slg EaiGaQslav [mebr wird von
ihm nicbt gesagt]. Wenn die beiden Verfasser nicht identisch
waren, wie in aller Welt laCt es sich erklaren, ,,daG der Verf. des
ganzen Werks dieses Interesse an Philippus 'in Casarea nimmt,
ohne doch zu erzahlen, was er dort getan bat? Die Erzahlung
lafit schlechterdings nur die Erganzung zu: ,,Dort bin ich spater
mit ibm zusammengetroffen" (nicht: ,,dort ist Jemand mit imn
zusammengetrofi'en, dessen Reisebericht ich spater ausschreiben
werde"). Es wird ja auch c. 21, 8 nichts weiter von diesem
Philippus erzahlt, als dafi er (nebst 4 Tochtern) in Casarea wohnt.
Die Bernerkung tiber ibn in c. 8, 40 verlauft also vollig ins
Nichts, wenn in c. 21, 8 nicht der Verfasser des ganzen Bucbes
spricht. In diesem Falle dagegen ist sie ganz verstandlich; denn
es steckt hinter ihr eine personliche (in Casarea gemachte) Be-
kanntschaft des Verfassers des ganzen Werks und der Wirstiicke.
Wir gehen nun zu der sprachlichen Untersuchung uber.
Ich babe den ersten und den letzten Abschnitt der Wirstiicke
(16, 10 17; 28, 1 16) zu genauer Betrachtung ausgewahlt. In
derselben Weise alle 97 Verse durchzugehen, ware eine unnutze
Beschwerung des Lesers. Ubrigens bat fur das 27. Capitel
Klostermann schlagende Nachweisungen, wenn auch nicht
vollstandige, gegeben.
Sprachliche Untersuchung des "Wir-Bericlits. 29
rag 6e TO Dies temporale cog findet sich bei Matth.
, sv- und Mark, niemals, bei Lukas (Ev. und Act.)
tyscog s^r^aa^sv dagegen etwa 48 mal, und zwar in alien Tei-
gl&lvlg(T'r]v?} len der beiden Werke.
Maxedoviav, Gv { u- TO oQa { ua steht in den Act. 11 mal (c. 7;
@i@at,opTSc; OTL 5 12; 16; 18), sonst findet es sich im ganzen
jioo6%XA.7]Ttti 77- N.T. nur noch einmal (Matth. 1.7, 9). TO
[tag o &og (o xv- oQafia sidsv heiCt es auch 10, 17 und 11, 5,
oiog?') svayyell- (ttsjisiv 12, 9, cb(p&r] 16, 9, (sldsv] ev oQa-
avtovq. pan 9, 10; 9, 12; 10, 3.
ist kein
.
TJ x . , charakteristisches, weil in alien vier Evv. und
Recension nacn '
Blass ist es die den f Act - naufiges Wort; doch s. Luk. 13, 24:
fruhere lautete ^rjrrjtiovGtv eltisl&siv. Matth. schreibt a. d. St.
etwa 80(6^88,1896): anders. Zu Qqrslv mit dem Infinit. s. Act.
dieyEg&els otv Si n yn- 13j g. 17? 5. 2 1, 31. tgel&Elv slg] Act. 11, 25;
Garo TO opa/Acc rj/ATv, IA^O
y.al votfffa/.iv on ' ~ " A , _ ., , , . , -,-,
n eomt toh I c< u * t p&s& ovpfitfaGwres] fehlt m den Evv, aber
3-edg evayysMGaod-ai i n dei1 Ac ^ s ^ht es noch zweimal: 9,22:
rovg sv ty Maxedo- Ovfifapa^Gov on ovroq SOTLV 6 XQLGTOC,
via- 19, 33: 6vv$ifta.Gav 'A^avtiQov. Auch sfi-
NoeTv findet sich p t p% lp (27,6) und txifrpa&iv (Luk. 10,34;
wohl bei Matth. , 1Q 35 Ad; 23 2 , findet sich nur bei Lukas.
Mark, Jok,mcht aber ' ; c ,
bei Luk; Steyeipeiv xQOOXBxtyTai (o $oq)] Von Gott wird
kommt sonst in den 3tciQtt%a2,l6&ai nur in den Act. gebraucht;
Act. nicht vor (ein- s. Act. 13. 2: dq TO IsQyov o Jioo6%%3,r][icu
malbeiLuk.c.8,24). avrovg u. 2, 39. Auch das Perfect. Med.
findet sich nur 13, 2 und an unserer Stelle.
svayyEUGati&ai avrovg] Dieser Gebrauch
kommt bei Matth., Mark, Joh. nicht vor, aber
irn Luk.-Ev. findet er sich 8 mal, in den Act.
15 mal. EvaYJ^<j-9-at nva: Act. S, 25.
40; 13, 32; 14, 15. 21.
Fiir die Construction cog ddsv .... eC?/-
Tr/Gapsv k^cW-slv .... Gvfiflifia^ovTsg gibt es
in alien Teilen der Acta zahlreiche Belege.
[Zur Sache ist zu bemerken_, daB nach
diesem Verse der Begleiter des Paulus, der
hier schreibt, nicht nur Begleiter, sondern
30
Cap. 2: Der sog. Wir-Berichfc der Apg.
auch Missionar ziisamnien mit dem Apostel
gewesen ist, cf. v. 13].
av-
(16, 11)
CC/j)-VTq 6s. (OVV?)
v-
elg
Die interpolirte
Recension lautete
efcwa so (B 1 a s s 1. c.) :
rtj 6e STCKVQLOV &v.-
ax&svrsq a. 1. ev. SLQ
.. xal Tj? STtiovay
1/f.iSQa elq N. n.
Der Ausdruck zy
1st in den
Actis haufig.
eq
y']TLc,
rrg
Maxsdoviaq no-
6s Iv
o
rec,
TIVO.C,.
Der sachlichen
Scawierigkeitwegen
will B 1 a s s nach dem
YorgangAltererjtpcb-
r>/c [iSQitioq lesen.
Interpolationen :
x(paKri fiir TT^COT?/
(D), diebus multis
(Gigas).
= navem solvere ist ausschlieC-
lich lukanisch; es steht in den Wirstticken
llmal und sonst Luk. 8, 22 u. Act. 13, 13;
18, 21.
T# JtiovG'fl kommt im N. T. ausschliefi-
lich in den Act. vor (5mal), s. c. 7, 26; 20,
15; 21, 18; 23, 11; an der ersten Stelle steht
q(.ioa dabei, an der letzten VVXTL.
[Es ist nicht so, daC das Interesse fur
Reisestationen nur in den ,,Wirstiicken" her-
vortritt; auch anderswo findet es sich; s. c.
13, 4; 13, 13; 14, 19-26; (16, 68); 18,
18 23; aber so genaue Zeitbestimmungen
wie in den Wirstucken finden sich natiirlich
nicht].
xaxl&sv s. Act. 7, 4; 13. 21; 14, 26; 20,
15; 21, 1; 27, 4; 28, 15. Es kommt sonst
im ganzen N. T. nicht vor.
?JTiq] Aus demselben Grande (attisch?) fiir
?j gesetzt wie v. 16. 17 u. c. 7, 53; 10, 41;
13, 31. Luk. liebt diese Pracisierungen des
Relativums. Zu dem Femin. vgl. 5, 28.
ytQ(OTTj] JtQcoTog im libertragenen Sinne
ist nur bei Luk. beliebt, s. Ev. c. 19, 47: ol
jtQwroi t. 2.aov : Act. 13, 50: Tovg jtQWTovg
T. jtotecog, 17, 4: yvvaixwv JCQCOTOOV, 25,2:
ol JIQWTOL rcov 'lovdaicov, 28, 7: o jtocovog
T. wrjtfov [Wirstiick]; 28, 17: TCOV *lov6aicov
jrQcorovg. Sonst nur einnial, Mark. 6, 21:
ol JCQWTOI rrjg Palilaiag.
t uQi6og] fehlt bei Matth., Mark. u. Joh.,
^agegen findet es sich Luk. 10,42; Act. 8, 21.
6taTQij3ovTg] Das Wort ist specifisch lu-
kanisch; es kommt in den Act. 8mal vor,
sonst im ganzen N. T. nur ein einziges Mai
Sprachliche Untersuchung des Wir-Berichts. 31
(Joh. 3, 22). Die Zeitbestimmung steht auch
sonst iin Ace. dabei, s. 14, 3 (ixavbv ygovov),
20, 6 (tjfisgag SJITO), 25, 6 (^{j,SQag ov jilsiovg
OXTW), 25, 14 (ytlBiovg tffieQac). Die Kon-
structiou von i]v (i]Gav etc.) mit dem Particip
findet sicli bei Luk. (Ev. u. Act.) gegen 100 mal,
in alien iibrigen Schriften des N. T.s zusammen
ca. 60m-al.
^{isQaq TLVCL<:\ Specifischer Ausdruck der
Acta, s. 9, 19; 10, 48; 15, 36; 24, 24; 25,
13; fehlt bei Matth. u. Mark. Auch ^epea
jtlsiovsg ist ein specifischer Ausdruck der
Acta und findet sich in den Wirstiicken 2 mal
(21, 10; 27, 20), in den iibrigen Capiteln
2mal (13,31; 24,11), sonst nirgends imN.T.
Endlich ist auch fysQai ixaval den Acta
eigentiimlich. Es steht in den Wirstiicken
einmal (27, 7), sonst nur noch Act. 9, 23;
9, 43; 18, 18.
[Der Erzahler setzt bei den Lesern keine
Kenntnis Macedoniens voraus; daB er selbst
kein Macedonier ist, zeigt c. 27, 2].
(,16, 13) rfj TS t^\ r^iiQa. ta>v (japftarcov] fehlt bei Mattb.
ra>v <jaft- u. Mark., dagegen steht es Luk. 4, 16; 13,
$OLTCQV sgfa&o- 14; 14, 5 (an diesen beiden Stellen rov 6afl~
ego? T7)q jtv~ ftarov). Act. 13, 14.
]S JtaQa Jtora- Tf] Dieser Grebrauch von rs findet sich
v, ov-svofiiCo- bei Matth., Mark. u. im Luk.-Ev. gar nicht,
{.lev xQotevyjjv wohl. aber Act. 1, 15; 2, 33. 37. 40; 4, 13.
sivai, %al xa&l~ 14. 33; 5. 19; 13, 52 und noch sehr oft.
GttVTSq eJLaZovfisv JiaQa xozafibv] ganz wie c. 10, 6: olxia
ralg 6vvsl&ov~ Jtaga fralaGdav, 10, 32: gevi&tai sv olxia
oatq yvvai^iv. l(icovo$ xaQa d-alaGGav.
- o-u] fehlfc bei Mark. u. Joh., bei Matth.
Blass conjiciert, steM eg 2 (3)mal bei Luk 14mal (daYOn in
in.E.olinezureiclien- A 4 n i n m -i j D T N
den Grand evo- n 9 mal, m alien Teilen des Buches).
/ut,ov sv KQoaevxfi svofii&fiev] vo{iit,siv fehlt bei Mark. u.
ilvai. Job.; bei Matth. findet es sich 3 mal, bei
32 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
Interpolationen: Luk. (Ev. u. Act.) 10(9)mal. Aber bei Matth.
sdofcsL TtQoosvxri si- foigt s tets OTI, bei Lukas der Ace. c. Infinit.;
l Kt > (D) , avV W' v ~ nur Act. 21, 29 stebt (der Attraction wegen)
a,,, rm o v o '
OTl.
s. Act. 13, 14: elfrovTsg slg
TCQV
objectlos (mit dem Dativ der
Person) wie c. 7, 38. 44-; 9, 27; 10. 7; (10,
32); 11, 20 etc.
T. (jweZ-O-ovdaig 7.] den Act. eigentiini-
lich, s. c. 1, 6: 01 GvvsZ&ovTsg, 1, 21: T<Z>V
6vvh&6vTO)v avdQcov, 10, 27: tivvstyZv-
d-OTag Jto22ovg, dazu vgl. 2, 6; 5, 16; 19 r
32; 21, 22; -25, 17; 28, 17.
[In Bezug auf elalovftsv s. d. ScbluCbe-
merkung zu v. 10].
[Man beachte den correcten Wecbsel von
Iniperf., Aorist und Perfect in v. 12 15, wie
er sicb abnlicb aucb in andern Teilen der
Act. findet].
(16. 14) xai Tig xai Tig yvv?] ovoy.ari A.] s. c. 9, 10: f/v
Tig [la&rjTrig ovofiaTi ^Avavlag, 14, 8: xai
6ia, jtoQtyVQOJtco- Tig a.vr\Q. Luk. 11, 27: sjtaQaOa Tig cpcovqv
yvv?], Act. 18, 7: faQ-sv dg oixiav Tivog
OVOflttTl TlTlOV 'lovGTOV 6S@0(J.SVOV TOV
Tov&tov, rjxovBv, &EOV. Der Ausdruck Tig awqo bzw. avt]Q
f}g 6 xvQiog dir}- (jvvrf) Tig findet sicb bei Mattb., Mark., Job,
T?]V xaQ- nicbt, dagegen ist er bei Lukas baufig (s,
HQoGiysiv auCer den genannten Stellen nocb Luk. 8, 27*
Toig Zalovfisvoig Act. 3, 2; 5, 1; 8, 9; 10, 1; 16, 9; 21, 10;
vxb Ilav^ov. 25, 14). Bei Mattb. und Mark, findet sicb
dieses ovoftaTi nur je einmal, bei Lukas (Ev.
n -> e ^v!^ inn U. Act.) gegen 30mal, und mebrere Stellen
rvjc TtoL (D), faovaev J 8 => '
(D%1) audiebat Sln( l " er unsrigen genau gleicbgebildet.
verbum (gpw). jtolsmg .] So bei Luk. ofters, bei Mattb.
u. Mark, niemals, cf. Act. 11, 5: sv jiotet
11, 27, 8: Jiolig AaGsa.
T. -0-.] tispeG&ai kommt in den
Sprachliche Untersuchung des Wir-Bericlits. 33
Evv. nur im Citat vor; in den Act. findet es
sich 7mal, und zwar wie hier im techniscben
Sinn, s. 13, 43: rcov ^lovdaicov xal TOOV tiepo-
{livcov jtQCHjqlvTcnv, 13, 50: rag 6e{3o t usvag
yvvalxac,, 17, 4: TCOV <jefto(isvw
17, 17: roig : 'fovdaioig xcd roig
18, 7: 'IOVOTOV Geftofi&ov TOV &eov, 18, 3:
Gsfao&ai rov &sov (dazu noch einmal in
anderem Sinn, c. 19, 27).
tfxovsv] S. die SchluCbemerkung zu v. 13;
lukanisch. Das Imperf. tjjcovsv findet sich
bei Matth. und Joh. niemals; bei Luk. (Ev.
u. Act.) 8mal (bei Mark. 3mal).
7]q\ Die Portfiihrang der Rede durch das
Relativum ist charakteristisch lukanisch und
im Griechischen nicht so gewohnlich wie im
Lateinischen, s. z. B. Act, 2, 24; 3, 3; 11, 6;
23, 29; 25, 16 u. sonst.
6 XVQLOC;] DaB der erhohte Christus in
solchen Fallen der Handelnde ist und 6 xv-
Qiog genannt wird, ist lukanisch, s. Act. 9, 10 ff.
u. sonst.
dirjvoL^sv] Fehlt bei Matth. u. Joh., steht
einmal bei Mark. (7, 34), bei Lukas dagegen
7 Dial, cf. Luk. 24, 31: Siqvoi'x&'iiGav ot 6(p&al-
i, 24, 32: ov%i r\ x
]v, cog eZaZsi fyiv, we,
Tag yQa<paq, 24,45: dirivoi^sv CCVTCOV rov
vovv rov (jvvisvai rag yQagxxq, Act. 7, 56;
17,3.
jtQO(j%siv\ fehlt bei Mark. u. Joh., bei
Matth. steht es nur im Sinne von ,,sich in
Acht nehmen"; in diesem Sinne mehrnials
auch bei Luk., aber dazu im Sinne von ,,Acht
geben" (wie hier) Act. 8, 6: xQooel'xpv ot
o%loi rotg teyofisvoiq u. 8, 10: 3iQ06el%ov
roiq laAovpevocg v.H.] genau so Act. 13, 45 :
roig vjtb Ilavlov Aa2ov[ievoi.g, s. auch c. 17, 19 :
Ilaruack, Lukas. 3
34
Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
(16, 15) o5g 6s
i, xa
oixog ctVTrjg, JtaQ-
2eyov-
6a' si xsxQixaTe
(is jiiGTrjv TCQ xv-
Qifp eivai, slosl-
&6vrsg slg TOP
oixov fiov fisvsTe'
xa
.
_ ^ er ? a 1 / ^ en ,'
naq o oixoq (Dw),
[naozxateGEv] Pau-
luin et nos (pV),
&eoj far XVQLCO (D),
fur steel-
(D).
r\ vjto 6ov JLaJtovftsvq diSayr}, c. 13, 42: sig
TO fisra^v oaftftarov la^rj^-rjvai avrolg ra
Qrjfiara ravTa, cf. Luc. 2, 33: ra 2aZov t usva
ytsol avrov, 1, 45; es kommt in den Evv. sonst
nicht vor.
cog 6k] s. zu v. 10.
xal 6 olxog] dieselbe Konstruktion \vie
c. 18, 2.
olxog] die Erwahnung des ,,Hauses", und
zwar im Sinne von Familie, 1st fur Lukas
charakteristisch, s. c. 10, 2; 11, 14; 16, 31:
jo^ ov xal 6 oixoq aov, 18, 8.
ateGsv leyovaa] s. 2, 40: xaQsxalsi
. HaQaxalelv ohne Objekt auch 9,38;
13, 42; 14, 22; 19, 31; 21, 12; 24, 4; 27, 33.
jtaQaxalslv = zuredend bitten, wie 16, 9.
ft .... XEXQ.] dieses si fast = sjtei, die
Konstruktion sanz wie c. 4. 9; 11, 17.
, ^ ' ' ..
xEZQixars] kommt in dem abgeschwachten
Sinn bei Matth., Mark, und Joh. niclit vor,
dagegen s. Luk. 7, 43 (oQ&cog sxQivag); 12, 57
un( j i n d e n Act. an menreren Stellen, s. z. B.
20, 16 (xexglxei o Havlog); 26, 8; 13, 46
(at-iovg XQLVSTS lavrovg r?jg alwviov ^ar^g).
jtLOTTjv rep xvQicp] s. c. 10, 1: vtog yvvatxbg
'Iov6aiag jtLdTrjg^ 10, 45: ol ix JceQiTOfitjg
jtiGToi. Nur diese beiden Stellen aus dem
Ev. und Act. sind zu vgl. Zu rep XVQIQJ s.
c. 18, 8: KQlOjiog SJCIGTSVGSV TOT XVQ'LCO Gvv
olcp rep (fixco avrov. Paulus sagt: jnarog
EV XVQLCp.
eiaeZ&ovrsg eig r. olxov] s. c. 9, 17:
siavjlftsv sig rrjv oixiav, 11, 12: siatf 2.9-0 [lev
sic, rov olxov. Fiir Haus im eigentlichen
Sinn des Worts wechselt Luk. zwischen oixog
und olxia.
(isvsrB\ = nebuit euren Wohnsitz,
c. 9, 43: ^lelvac sv 'loJinq JtaQa nvi
Sprachliche Untersuchung des Wir-Berichts.
35
(16, 16) syevsro
Evo
sig
tiav
jcai-
two. %ov-
av
%V TOlg XVQLOIC
avrrjg
nv&ovoq, artav-
T ?j oat einige alte
Zeugen. Interpola-
tion : Jtcc rovrov [LOLVT.
u. c. 18, 3: dia TO ofioTszvov elvai
jiaQ avrotq. Meveiv findet sick bei Matth.
3mal, bei Mark. 2mal, bei Lukas 21mal.
jraQsfliaGaTo] das Wort findet sich im
N. T. nnr noch Luk. 24, 29, welche Stelle
iiberhaupt an unsern Satz bemerkenswert
anklingt: xctl JtaQefitaGavro avrov 1s-
g' (islvov [t& rjftcov . . . xal slo-
rov (t&ivae, ovv avtoig.
' tJber die verschiedenen Konstruktionen niit
sysvsro, wie sie nur Lukas bietet, s. den Kom-
mentar Plummers zum Ev. Luk. p. 45 f.
Die Konstruktion mit dem Ace. c. Inf., die
bei Luk. recht liaufig ist (in den Act. 12mal) }
fehlt bei Matth., Mark. u. Joh. Zur Zeitbe-
stimmung im Genit. abs. s. Luk. 11, 14
sysvEro rov daiftoviov s&Z&ovToq, Act. 22,
17: 1/eVsro 6s . . . xf)oGev%o(iVOv fiov .../-
VEGd-ai t U EV %<jTa.CSl,.
3ioQvo{ivcov\ ein von Luk. bevorzugtes
Wort; bei Mark, fehlt es. Luk. sagt
6&ai Elg T. OVQO.VOV (Act. 1, 10. 11), 6ta
avrcnv SJCOQEVSTO (Luk. 4, 31), JCOQEVOV slg
TOV olxov (Luk. 5, 24), etc.
xaidiaxqv] s. Act. 12, 13.
%ovaav xvEVfia] bei Lukus ini Ev. und
den Act. ofters, s. Luk. 4, 33; 13, 11; Act. 8, 7;
19 : 13; fehlt bei Matth. u. Joh.
vjtavriJGcu] fehlt in den Act. sonst, aber
s. Luk. 8. 27'; 14, 31.
wie v. 12 fur ?/, lukanisch.
JtohZrjv 3ia.Qly[V\ sQyaGia (s.
auch v. 19) findet sich bei Matth., Mark.,
Joh. nicht, dagegen s. Act. 19, 24: xaQi%TO
TOlg T%viTcug EQyaGiav ovxoliyrjv, 19, 25:
EX ravTrjq T?jg sQyaGiaq. Auch im Ev. findet
es sich einmal (aber in einem anderen Sinn),
s. 12, 58: dog zQyaGiav. Wenn dies em
3*
36
Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
axolov&ovGa T<X>
JJavlcp xal rinlv
v ZsyovGa'
OVTOI ot
JtOL ovOL TOV
TOV VlpLGTOV
eiGiv, oiTivsgxaT-
oaoa: gute Zeugen
xind vielleicht rich-
tig (Blass).
Interpolation:
statt
(D).
D 1'aBt auch a
not aus.
Latinismus 1st (,,da operam", Wellhausen),
so steht er bei Luk. nicht allein. Als Lati-
nisrnen darf man wohl die haufigen relativen
Ankniipfungen beurteilen (s. oben z. v. 14),
ebenso vielleicht den Gebrauch yon XQija&ai
27, 3. 17. Zu jia.Ql%v s. jtaQ^iv XOJCGV
(Luk. 11, 7; 18, 5), niomv (Act. 17, 31), yciv-
%iav (Act. 22, 2), yaav&gmxlav (Act. 28, 2).
rolg xvQioig] Auch Luk. 19, 33 wird mit
seltsamer Grenauigkeit hervorgehoben, daB der
xcoloq mebreren Herrn gehorte.
avrrf] die Wiederaufnahme des Subjects
durch ovrog istinden Act. sehr haufig, s. 8, 26;
9,36; 10,6.32. 36; 13,7; 14, 9; 18, 25. 26 etc.
xaraxolov&ovcia] Das Wort findet sich nur
noch einmal im N. T., namlich Luk. 23, 55:
xaTaxoA.ov&'tfGaGai al yvvalxeg (NB. bei
ist Paulus nier ausgeschlossen).
v keyovoa] s. Luk. 4, 41:
xal JLd-yovra. Act. 19, 28: s
Isyovrsg.
OVTOI, ot avQQCDJioi] s. Act. 4, 16: rolg
av&Qoojtoig rovroig, 5, 25. 38 (ebenso), 16,
20: OVTOI ol av&Qcoxoi, 6, 13: o av&Qcoxog
ovrog, 26, 31, 32 (ebenso), 28, 4 (ebenso).
r. -0-sov] s. Act. 4, 29: 6bg rolg
Gov, Luk. 2, 29: rbv dovlov GOV
scil. Gottes. Fehlt sonst in den Evv.
TOV &eov T.vtyiGTov] AuBer einerunsicheren
Stelle bei Mark. (5, 7) und Hebr. 7, 1 findet
sich dieser Ausdruck im N. T. nur bei Lukas
(Ev. 5mal, Act. 2inal), in der Regel ohne
o -d-sog, aber s. Luk. 8, 28: vis TOV &sov TOV
vipiGTOv. Auch TO vtyog als Ort der Grott-
heit und vipovG&ai, von Christus findet sich
(je zweimal) nur bei Lukas.
ohiveg] s. z. v. 12 u. 16. Zur Sache vgl. zu
diesern Verse den ganz ahnlichen 19, 15.
Sprachliche Untersucliung des Wir-Bericlits. 37
] Das Wort kommt in den
Evv. nicht vor, aber in den Act. 11 mal, und
zwar in alien Teilen, s. z. B. 4, 2 (avaora-
titv), 13, 5 u. 15, 36 (rov loyov), 13, 38
(apsotv apctQr.}, 16, 21 (#??), 17, 3. 23 ('/>/-
GOVV).
o6bv ocorrjQiaq] s. Luk. 1, 79: odbg
WTJQ [das ist dasselbe], 20, 21: odbq r.
Act. 2, 28: odovg co?j?, 9, 2; 13, 10; 18, 25:
066? rov XVQLOV, 18, 26: odbc, rov &sov, 19,
9. 23; 22, 4; 24, 22. Georgia fehlt bei
Mattb. u. Mark., bei Job. findet es sich ein-
mal; bei Luk (Ev. u. Act.) 10 mal, s. z. B.
Act. 13, 26: e 2o/o rrjg 6corrjQiaq ravri]q.
Luk. 1, 69: xsgaq 6corr]Qiaq, Luk. 1, 77:
yvoKiiq GcorriQiaq. Dazu TO GwrriQiov r. &sov
Luk. 2, 30; 3, 6; Act. 28, 28. l
Wer nach diesen Nachweisungen bebauptet, daB dieser Ab-
scbnitt (16, 10 17) aus einer Quelle geflossen, also nicbt vom
Verfasser des ganzen Werkes entworfen ist, der bat einen
schweren Stand. Was sollte denn der Verfasser der Quelle un-
rerandert entnommen baben.? Lediglich das ^fiel^ Mebr bleibt
in der Tat nicbt nach! Alles Ubrige miifite er nacb Vokabular,
Syntax und Stilisierung in seine eigene Spracbe uragegossen
1) Da8 in dent uninittelbar Vorlaergehenden und Folgenden dieselben
stilistischen und lexikalischen Verhaltnisse obwalten, dafiir seien noch
v. 9 u. IS (wo kein ,/Wir" steht) verglichen. Y. 9: %ai OQUfta (s. zuv. 10)
dia, [rf/g] vvxrdq (nur Act. 5, 19; 17, 10; 23, 31) ru> Ilav^o) axp&rj (s. zu
v. 10), dvf]Q MaxeStov nq (dies ist die lukanische Ausdrucksweise, s. z.
v. 14) i\v fcrrws (s. z. v. 12) %dl na^axa^Cov (s. z. v.'lo) avtov xal kkywv'
diafiaq (nur noch Luk. 16, 26) potf&qGov rjfuv. v. 18: TOVTO 6s snoiei enl
7roAA5 rifjiSQaq (Zeitbestimmung .dutch snl c. Ace. Luk. 4, 25; 10, 35; 18, 4;
Act. 3,,1 ; 4, 5; 13, 31; 17, 2; 18, 20; 19, S. 10. 34; 20, 11; 27,20, bei Mark. u.
Joh. nie, bei Matth. einrnal [aber nur s<p-oaov c. 9, 15]), Stanovrj&slq (ini N. T.
nur noch Act. 4, 2) xal ema-c^eipaq (gebraucht wie Act. 15, 36) TO> nvev-
fian siTtEV naQayyi^fo (s. Luk. 8, 29: naQ^yy. r. 7tvev^.axi s^.&stv
djco, bei Joh. nie, bei Mattb. u. Mark, je 1 mal oder 2 mal, bei Luk.
15nial) &v ovo^aTi 'Irjaov XQIGTOV e^ek&elv an avrqq' xai sgrjl&ev avry
vfi SiQa ([sv] awfi T% toga findet sich im N. T. nur noch bei Luk. 2, 38;
7, 21; 10, 21; 12, 12; 13, 31; 20, 19; Act. 22, 13).
38 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
haben! Da ein solches Verfahren schlechthin unvorstellbar ist,
so bleibt lediglich die Annahme iibrig, dafi er hier selbst spricht.
Man darf noch einen Schritt weiter g.ehen: es ist wenigstens
in Bezug auf die Erzahlung dieser Geschichte ganz unwahr-
scheinlich, daC sie bereits seit Jahren fertig in einem ,,Tage-
buche" des Verfassers gestanden hat und von ihm lediglich ab-
geschrieben worden ist. Sollte er, als er urn 20 bis 30 Jahre
jtinger war soviele Jahre etwa mogen zwischen dieser Ge-
schichte und der Abfassung der Apostelgeschichte liegen
nach Art und MaB, Stil und "Wortgebrauch genau so geschrieben
haben wie spater? Nein, dieses Stuck ist erst bei der Nieder-
schrift des Ganzen und iin Zusammenhang mit ihm niederge-
geschrieben. Anders vermag kein Verstandiger zu urteilen. Vor-
behalten ist dabei, daB der Verfasser kurze Aufzeichnungen be-
saG, die sein Gedachtnis unterstiitzten. Doch ist selbst diese
Annahme hier noch unnotig; sie kommt fur spatere Stucke der
.,"Wirberichte" in Betracht.
Ich lasse nun den Abschnitt c. 28, 1 16 folgen. Er hat
sachlich so wenige Parallelen zu dem friiher Erzahlten, dafi
man auf keine oder wenige Conformitaten mit dem Fruheren
gefafit sein muB. Um so uberraschender und wichtiger sind
sie hier.
(28. 1) xal dia- 610.6 cod- evre g] s. Luk. 7, 3 : 6ia<ja>aq rov
TOTE 6ovl.ov avrov, Act. 23, 24: 6iaGa><ja>Gi rov
on Ilavlov, 27, 43. 44; 28, 4. Fehlt bei Mark.
vi^Goc. n. Joh., bei Matth. findet es sich einmal
(14, 36).
TOTS] Zu diesem Gebrauch siehe Luk. 21,
10; Act. 1, 12; 6, 11; 25, 12; 26, 1.
83iyvo)(j,ev) fehlt in dieser Konstruktion
bei Matth. und Joh., steht bei Mark, einmal,
bei Luk. (Ev. u. Act.) 9 mal, s. z. B.: Act. 19,
34: ejuyvoovTsg OTL 'lovdalog, 22, 19: SJIL-
yvovq OTL 3 Pco k ualoQ, etc.
(28. 2) oirsflao- TS] Uber die lukanische Ankmipfung durch
ftaQoi3iaQl%av ov TS s. z. c. 16, 13.
Tv%ovoav cpt- jcaQBtyav] s. zu c. 16, 16.
ov TTJV TV%OV<J(XV] s. c. 19, 11: dvvapscq
Sprachliclie Untersuehtmg des Wir-Berichts.
atyavreg ya.Q xv-
oav
TO xavrag
6ia rbv vsrov
6ia TO
Sk fur re bei gu-
ten Zeugen, ebenso
ndvzaq fehlt bei eini-
gen Zeugen.
(28, 3) GVGTQS-
tyavTog 6s tov
IJavAov
vwv ri
xal e
xrjv JIVQCCV,
srii
ov rat; Tv^ovdag. Tvy%aviv fehlt beiMatth.,
Marc., Job., findet sicti bei Luk. (Ev. u. Act.)
aber 6 mal. Zum negativen Ausdruck s. Act.
12, 18 u. 19, 23: raQa^oc, ovx oliyos, 19, 24:
ov% oliyqv EQyaGiav, 14, 28: yj^bvov ovx
Qlijov, 15, 2: GvLfliriGewc, ovx oUyqg, 17,
4: yvvaixcov ovx ol//, 17, 12:
ovx ol'iyoi, 27, 20: %i[i<x)vog ovx
Auch sonst in den Act., die iiberhaupt solclie
negative Ausdriicke bevorzugen, s. z. B. 20, 12:
v ov [isrQicoq, 21, 39: ovx
jiolecog, 14, 17; Luk. 15, 13 (ov
3io2.v}\ Luk. 7, 6 (ov { uaxQav); Act. 1, 5: ov
(tsra Jtofaac, tavraq fyeoaq, 14, 17: ovx
a[iaQTVQov, 27, 14: [IET* ov JEO%.V. Diese
Litotes, die also bei Lukas inindestens 17 mal
vorkomrnt (darunter in den Wirstticken 4 mal),
fehlt sonst irn N. T. so gut wie ganz.
atyavTeg JIVQO.V] s. Luk. 22, 25: atyavxcov
6s jtvo.
jtooGEJlapovTo] kommt in den Evv. in die-
sem Sinne nicht vor, s. dagegen Act. 18, 26:
HQiGxiZZa xal ^Axv^aq 3zQo6s3.a$owto avxov.
VETOV] fehlt in den Evv. (das vulgare
PQS'XSIV, $Qoyj] dafiir), s. aber Act. 14, 17.
scpsGtcora] e<pi6Tavai findet sich bei
Matth., Mark., Joh. nicht, dagegen bei Luk.
(Ev. u. Act.) 18 mal; Act. 22, 20: sysG-zcbq.
csvGTQstyavtog] Das Wort kommt imN.T.
(von zwei Interpolationen in den Act. abge-
sehen) nur noch Matth. 17, 22 (aber unsicher)
vor; dagegen findet sich 6vo'TQO<pr] Act. 19,
40 u. 23, 12.
jr^#og] sonst immer nur von Menschen
aufier hier u. Luk. 5, 6: Jt^-9-og iy&vwv.
Zu diesem Gebrauch von n vgl. Luk. 23, 8 ; 24,
41; Act. 5, 2; 8, 36; 11, 5; 18, 14; 25, 19; es
ist innerhalb des N. T. fur Lukas charak-
teristisch.
40 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
cbro] WeiB u. Andere erklaren hier
=att. UJTO, s.Luk.21, 26; Act- 11,19; 12, 14;
20, 9; 22, 11; allein 0.316 kann sehr wohl
hier seinem Grrundsinne nacli verstanden wer-
den. kgeQxeG&ai axo 1st bei Mark., Matth.,
Job. sehr selten (zus. ca. 6mal); im Luk.-Ev.
findet es sich 12mal; s. dazuAct. 16, 18.
(28, 4) cog <? fl>S <?] s. z. 16, 10.
oi (3aQ@aQOt navTcac] findet sich bei Matth., Mark.,
xQEfia[i8i>ov TO Job. nicht; s. dagegen Luk. 4, 23: xavzwg
ex T?jg SQSLTS {lot (Act. 18, 21: del fis Jiavrcog rrjv
avrov, soQrrjv JtoirjOai), Act. 21, 22: yiavroog 6u
aM.rj3.ovq Jtlrjfrog GVVS^ELV.
elsyov' JtavTcog o av&QOMioc, ovroq] s. z. 16, 17 (Act. 5,
povsvg sGnv- o 28; 6, 13; 22, 26; 26, 31).
av&Qcojtoc, ovroq, Zum Satz vgl. 26, 32: sZaAovv jiooq a/L-
ov diatico&EVTa Zqlovg hsyovTsq QTL ovdev d-avarov
ex Ttjg &a]la<jGr]g at-iov JtQaGGei 6 av & Q to Jt o g ovrog.
TI Aixq ^v ovx ?jv] s. 25, 19: ov epaGxsv IlavZog tfiv,
25, 24: ^r\ delv avrbv ^jjv. Luk. 24, 23:
oi leyovGiv avrbv tfiv, Act. 22, 22: ov
%a&?]%ev avxbv ijv. Deni Lukas eigen-
tiiinlich.
eiaGev] findet sich in Mark. u. Job. nicht,
bei Matth. einmal (c. 24, 43), bei Luk. (Ev.
u. Act.) lOmal (darunter ovx eav 4nial).
(28 , 5) o (lev (tsv ovv und fiev ovv 6e finden sich in der
ovv ajtorivagag Apostelgesch. ca, 28 mal, im Ev. einmal (3, 18),
TO -0-^Qiov elg rb fehlen bei Matth., Mark. u. Job. Man beachte
JtvQ IJIO.&EV ov- die Gleichmafiigkeit der Verteilung dieser er-
6ev xaxov. zahlenden Partikeln in den Act.
ajtOTiva,aq\ das Wort findet sich ini
N. T.nur noch Luk. 9, 5; Matth. u. Mark, bie-
ten hier sxrivaGGev.
ovdsv xaxov] ahnlich im N. T. nur Act.
16, 28: pridsv xQagyg Got xaxov.
Sprachliche Untersuchung des Wir-Bericiits.
28,G)ol6exQo<S-
sdoxcov avTov
3ti[ixQa.-
?] xarajtiJt-
acpva) vs-
XQOV. sjil noli)
6s avrojv JIQOG-
doxcovToov xal &s-
COQOVVTCOV urjdsv
arojtov sig avrbv
yivb[isvov, fisra-
fiaZofisvoi eZeyov
avTov sivai fteov.
ol 6s] wie c. 21, 20. 32.
XQOGsdbxcov] fehlt bei Mark. u. Job., steht
bei Matth. nur zweimal (11, 3; 24, 50), bei
Luk. (Ev. u. Act.) llmal.
[teZZetv] Konstruktionen mit {islZeiv sind
in alien Teilen der Acta sehr haufig (35 mal).
xarajrixTSiv} Im N. T. nur hieru. c. 26, 14.
a<pva)] Im N. T. nur hier und Act. 2, 2;
16, 26.
VSXQOV] wie c. 5, 10: EVQOV avrfyv
u. 20, 9: JJQ&IJ vsxQoq.
kftl jroZv] s. c. 16, 18: e^rt xoH
gaq, 13, 31: snl ^usgaq xZeiovg, 18, 20:
Jilsiova %QOVOV, 27,20: ejrl xhdovac, tff
17, 2: em Gafifiara TQICC, 19, 8: sxl
TQSlg, 19, 10: km err] 6vo, 19, 34: sjd cogac,
6vo, 20, 9: sm nlslov dialzyofievov, 20, 11:
scp 3 Ixavbv OfiLArjGag, 24, 4: sjtl xfalov os
Von den N. T.lichen Schriftstellern
wendet nur Lukas ejtl zeitlich an.
arojtov] fehlt bei Matth., Mark., Joh. (da-
fur xaxov), findet sich aber noch Luk. 23, 41
und Act. 25, 5 (u. zwar genau wie hier: TO
CCTOJIOV). Die Konstruktion des Satzes ist
dern Sinne nach u. grammatisch so schlecht
wie c. 22, 17 f. und 21, 34: firj 6vvafievov
avTov exelsvosv.
sig avr. Jiv?\ yiyvzG&cu slg nur bei Luk.,
s. Ev. 4, 23: ysvofisva dc, rr}v KapaQvaovfi,
s. auch Luk. 5, 17: 6vva[ttq ^v elg TO la-
avTov. Der participiale Gebrauch von
i, abgesehen von Zeitbestimmungen,
ist auch lukanisch.
(28, 7)e^ 6eTol<s Tolq xsgl] fehlt bei Matth., s. Luk. 22, 49;
jteol TOV TOXOV Act. 13, 13.
sxslvov vjtTiQysv TOJt. sxslvov] s. c. 16, 3: ovrag ev role,
ICOQLO. rep JIQCOTO) TOXOIC exsivoig.
wqtiov, ovb- vnr\Q^v\ vjia.Q%BLV fehlt bei Matth., Mark.,
42 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
ia), og Job., stebt bei Luk. (Ev. u. Act.) 33rnal; mit
og r\- dem Dativ steht es nur nocb Act. 3, 6; 4, 37.
(tag r^isoag TQEIC, T. JIQCQTCO] s. c. 13, 50: rovg ycowTovg r. yio-
(piZotyQovwg l^g- Zswg, 25, "2: ol JIQWTOL ratv ^lovdaieov, s. aucli
zu c. 16, 12. Dock ist bier zu erinnern, dafi
der jtQWTog M&itcdcov (auch. ,,raunicipii
Melitensium primus omnium") inschriftlich
bezeut ist.
11] s. zu 16, 14.
j-evi&iv kommt in den Evv. nicht
vor, aber s. Act. 10, 6. 18.23 (avTovg egeviGe).
32; 17, 20; 21, 16.
(28, 8) l/eVero Zu syeveTO mit Ace. c. Inf. (lukanisch) s.
6s TOV xarsQa das z. 16, 16 Bemerkte.
TOV IIojt2.iov 3iv- 6vvE%6[iVov\ mit JCVQE ro5 verbunden findet
Qsrolq xal dvGEV- es sich nur nocb Luk. 4, 38. Der ganze Aus-
rsQLG) ovvsyppE- druck ist streng medicinisch s. S. 11. GVVS-
vov %aTa%El6&ai, y^iv steht bei Lukas 9mal. bei Mark. u. Job.
jiQoq ov o Jlav- nie, bei Mattb. einmal.
2og siGsl&cbv xal xaTaxElo&cu] s. Act. 9, 33: xaTaxsifievov
jcQOGsvgafisvog, e- exi xQapa-urcp.
jri&slg rag %slQaq Jtpbg ov] die Erzablung wird in einem
avrw, laoaro av- Relativsatz fortgefubrt (lukaniscb), s. zuc.16,14.
TOV. EiGt]2.^v xQog] so aucb Luk. 1,28; Act.10,3;
11, 3; 16, 40; 17, 2; feblt bei Matth. u. Job.
u. findet sicb bei Mark, nur einmal (15, 43).
sjti&slg rag %lQag] Wie Campbell (Grit.
studies in St. Luke's Gospel. 1891, p. 56) ge-
zeigt hat, unterscbeidet Lukas scbarf : Kranke
werden durcb Handaaflegung, Damoniscbe
durcb das Bescbworungswort geheilt. So aucb
bier. Der Gflaube seitens des zu Heilenden
ist nicbt erforderlicb, ist vielmebr erst die
Folge des Wunders.
laGaro] das aktiviscbe Medium feblt bei
Mark. u. Mattb. (bei letzterem stebt es nur
einmal in einem LXX-Citat); bei Luk. findet
es sicb (Ev. u. Act.) Umal (s. aucb Job.).
Sprachliche Untersuchung des Wir-Berichts. 43
(28, 9) TOVTOV oi Zouroi] feblt bei Mark. u. Job., steht
$ yvo(ivov xal bei Mattb. 3mal, bei Luk. (Ev. u. Act.) llmal.
oi Aoutol oi kv a.G&evlaq] feblt bei Mark, u, Mattb. (bei
T# wrjGcp %%ovTg letztereffl stebt es einmal im LXX-Citat); im
TiooG- Luk. findet es sicb 4mal, s. 13, 11: 3tvvua
x . * / j
xal s&- %ovGa aG&Viag; 5, 15; 8, 2; 13, 12.
Luk. 13, 14: IQ%O[J,VOI -9-QajeVG&-, Luk. 5,
f yt . /
15: Gwrftyovto o%2.ot Jtohhoi &QajiVGi)-ai
ajco ra>v O.G&SVEICQV avrcov, 6, 18; 7, 21
das Passiv d-QajtVG&ai findet sicb bei Mark,
nicbt, bei Matth. einmal_, bei Luk. lOmal. An
eine einzelne Heilung scblieBt sicb auch im
Ev. ofters ein solcb allgemeiner Satz.
(28, 10) oi xal
Jtollalq
&SVTO TO,
rag %Qiaq.
Fur
ccvrov.
oi] die Erzahlung wird in einem Relativ-
satz fortgefiihrt (lukaniscb), s. z. v. S u.
c. 16, 14. Zu oi xal s. Act. 10, 30: o xal
, 26, 10: o xal jioir)Ga, Luk. 10, 30:
xa
. sri^Gav] diese Ausdrucksweise ist
-, , t lukaniscb, s. Act. 4, 17: ajtiln ajiEiliiGcQUEd-a,
J-J-tJo u \J
5, 28: Jtaoayy3.ia jtaorii"ylZa.Uv. Luk. 22, 15:
' \ 1 I 4 ^t I t I |7 I
xi&v(jia ji&v[ir}Ga, 23,46: fpo3Vf]Gag (pcov^
(ebenso Act. 16, 28); vgl. aucb Luk. 6, 8:
avaGrag SGTT], Act. 5, 4: [tsvov (JVV. Luk.
2, 8: (pvjLaGGovTBg (pvZaxag.
avayopevoiq] s. z. c. 16, 11.
TO. JtQoq] s. Luk. 14, 32: EQCOTO. TO.
%Qiag] im Plur. findet es sicb bei Mattb.
Mark., Job. nicbt, wobl aber Act. 20, 34.
[Nicbt nur Paulus, sondern aucb seine Be-
gleiter wurden geebrt (oder erhielten Hono-
rare?); bieraus folgt, daC aucb sie geheilt
haben (s. S. llff.), und das wird durch die
Fassung des 9. Verses nicht ausgescblossen,
sondern vielmebr nahegelegt. Blass halt es
ohne zureicbenden Grund fur wabrscbeinlicb,
daB in v. 10 ein Wechsel des Subjekts anzu-
44
Cap. 2: Der sog. Wir-Bericlit der Apg.
nehmen ist und die Ehrungen von der Kom-
mune ausgingen. Der einfache Sinn ist: die
Geheilten ehrten uns mit vielen Geschenken,
weil wir sie geheilt hatten].
(28, 11) { UTa 6s avfa&viiiev} s. zu 16, 11 (28, 10).
Blass halt die
Konstruktion TtaQao.
A LOOK, fiir unertrag-
licli und conjiciert
daher: o) i]v
AlOGXOVQWV.
(28, 12) xal xar-
LQ 2v-
sjifiL-
vasv
Zeueu.
(28, 13) o&sv
jiQisl.&6vTq xa-
Ti]i>T?]<j(X[isv sit:;
ov, xal fira
r}[iQa.v em-
vorov
dvcQaloL
v
%6t&V KQttV-
c fiir uQ-ev neQieL
GlgaS? TtBQLE^OV-
reg alte Zeugen.
fehlt bei Matth., Mark., Job.;
bei Luk. (Ev. u. Act.) findet es sichSmal; ver-
bunden mit e^g Act. 9, 30; 21, 3; 23, 28; 27, 3.
Sjcefistvaiisv] Jti ( usvstv fehlt bei Matth.,
Mark. u. Job., findet sich aber in den Act.
noch 6mal (verbunden mit rj^Qai c. 10, 48;
21, 4. 10; 28, 14).
rj[iQaiq\ Dativ der Zeitbestimmung, wie
Luk. -8, 29; Act. 8, 11; 13,20.
nsQil&6vTg] fehlt bei Matth., Mark.,
Job., aber s. Act. 19, 13.
xaravrav] fehlt bei Matth., Mark., Job.,
steht aber in den Act. 9mal (rait dq fast stets
verbunden, s. c. 16, 1; 18, 19. 24; 21, 7; 25, 13;
26, 7; 27, 12).
6VTQatot] s. c. 20, 6: 3tfijtralot (aber
unsichere LA); zur Konstruktion s. Luk. 24,
22: yvb.UvaL oo&oival . . . rik&ov.
Sprachliche TJntersuchimg des Wir-Berichts. 45
(28, 14) ov EVQOV- ov] s. z. c. 16, 13.
Tga62cpovgjEao- jcaoexZ'rj&ijfisv] s. z. c. 16, 15.
syc^&rjfisv JIO.Q xaQ avrotg sjcifiecvai] s. z. v. 12; psvsiv
avTOig 3tLfislvaL jtaQa tivi findet sicli bei Matth. u. Mark.
7](j,Qag exra' xcd und ini Luk.-Ev. nicht; s. aber Act. 9, 43;
ovTcog Big rr\v 10, 46 (ytaQa TIVL 2i(icovL)\ 18, 3. 20; 21, 7.
^Pcoiirjv rjZ&aftsv. 8 (JIUQ* avrolg, avrcp).
- TT , (0 owro? s ] s. Act. 7, 8; 17, 33; 20, 11;
nag avtotg, rtt- ^ ^
(jieivavreq^ (einige w '
Zeugen, Blass).
(28, 15) xdxsl- xaxsl&sv s. zu c. 16, 12.
ot adsJiqpol ra jcepl rjficov] s. Act. 1, 3; 8, 12; 19, 8:
ra TO. jtSQi fiaGLteiag. 18, 25; 28, 31: ra jtsgl
JCSQL fycov 7]l.&av rov XVQ'IOV, 23, 11: ra JIBQL sfiov, 23, 15: TO.
dg ajiavr^tv q- JIBQI avxov, 24, 10: ra xeQi spavrov, Luk. 22,
{ilv a%Qi ^Aytyclov 37: ra JCSQI l^ov, 24, 19: TO. jtQt ^Iqaov,
(poQov xal TQLWV 24, 17: ra JteQi &O.VTOV. Diese Redensart fehlt
rafiegvcnv, ovg I- bei Matth., Mark. u. Job. An drei Stellen
datv o Uav/iog also in c. 28, 7 15 stebt ra vor einer Pra-
tvyaQiGTrjGag TOO position (7. 10. 15), was fur Lukas gegen-
&CQ sZaftev &CCQ- iiber dem Stil der Andern so cbarakteri-
Oog. stiscb ist.
a%Qi] fehlt bei Mark. u. Job.; bei Matth.
stebt es einmal, bei Luk. (Ev. u. Act.)
20mal in alien Teilen der Biicber.
I6o)v . . . evxaQiGrriciag . . . slaftsv] luka-
niscb, s. z. B. Act. 16, 19: idovrsg . . . sjti-
2ccp6[tvoi. sitevtiav; 14, 29; 17, 6; 18, 23:
. 20, 22. 37. Viele solcbe Beispiele ge-
sammelt von Klostermann p. 59f.
(28, 16) ore <$ OTS xrL] s. c. 1, 13: ycal OTB
dg dGV]l&o[iv slq] s. c. 23, 33: d
dg r. KaiGaQsiav, 9, 6: st(Je2^e slg r.
tea Ilav^cp [tViv 14, 20: dGql&EV slg -crjv 3ibl.iv.
savTov GVV jtiTQjtG&-ai] in den Evv. u. Act. nur nocb
(pvlaGGovTL Act. 26, 1.
46 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericlit. der Apg.
GTQaTico- fievsLv] s. die Bemerkung zu c. 16, 15.
cpvlaGGovTi] s. c. 12, 4: xctQadovg oxga-
(pvlatitieiv avrov, 23, 35. L
v
OT 6s ifi.Q-Ofj.ev
flq i P<J!)[M]V ) 6 SXaTOVT-
ap%oq TtaQsSwxs xovq
T& CTQK-
[-/], TW
6s Ilavl.o) enetQcmtj
[jiivEiv xaQ- 1 savrov
(ego) zrjq naQenfio^fjq)
GVV %rL Uber diese
andere Fassung s.
Sitzungsber. d. K.
Preufi. Akad. d. W.
1895 p. 491 ff.
1) Da die, welche den Wirbericht aus dem ganzen Werk als Quelle
ausgliedern, behaupten, der Hauptabstand und der sicherste Beweis der
A r erscMedenheit liege zwischen 28, 1 16 und 28, 17 SchluB (s. dariiber
spater), so seien Her die spracb.lich.en, sachlicben und stilistischen Be-
ziehungen zwischen 28, 17 ff. und den Wirstiicken zusanamengestellt. Man
vergesse dabei nicht, daB es sicb 28, 17 ff. nur uni ein paar Verse handelt,
daB auch die Wirsfciicke nur aus 97 Versen bestehen, und daB die Stoffe
bier und dorfc ganz verschieden sind:
V. 17 fjiera rjf^sQaq TQSiq wie 28, 7. 12. sysvero c. Ace. c. Inf. wie
28, 8. OL T&V 'lovdaicav TIQ&TOI wie 28, 7 (16, 12). avveX&ovrujv wie
16,13. 7ta()e669r]v sic; TO.Q %iQaq T. ''Pcaftalwv wie 21, 11: Ttapadcoaovoiv
zlq '/^LQq e&vti>v (nur hier).
V. 18 <5ia ro c. Infinit. wie 27, 4. 9 (sonst nocb 5 mal i. d. Act.).
in den Wirstiicken viermal.
V. 19 o>s mit dem Part, wie 27, 30. e%a)v n y.a.xi]yo^lv wie 21, 13
<o ano&aveiv.
V. 20 naQt-xateca (bitten) wie 16, 15; 21, 12; 28,14. &nlq wie
16, 19 u. 27, 20 (in den Act. sonst noch 5 nial).
V. 21 ol 8s wie Act. 28, 6. nccQayevoftevoq wie Act. 21, 18.
V. 22 ftsv ohne is, wie Act. 27, 21.
V. 23 ij^Q-ov Ttgbq ambv slq, so nur 20, 6: 'ijA.&OftEV ngbq avxovq slq.
Zu gevlav s. 28, 7 (tjjsvurev); 21, 16. nteloveq wie 27, 12 (ol nteioveq),
sonst nur 19, 32. Zur Fortfubrung der Erzahlung durch einen Relativ-
satz (oiq] s. 16, 14. Zur Fortfubrung der Rede durch re s. 16, 13.
Zu re-aal s. 21, 12; 27,1.
V. 24 snei&ovTO rolq l.eyopsvoiq genau wie 27, 11 (und nur bier):
snei&ero rolq J.eyoftevotq.
V. 25 TCQoq aMfaovq wie 28, 4 (sonst nocb 3 naal in d. Act.). TO
nvv(j.a TO ayiov eXd^rjoev s. 21, 11. Nun folgt das lange Citat und die
Lexikalische Untersuchung des Wir-Berichts. 47
Man sieht, es steht in diesem Absehnitt wie in 16, lOff: es
bleibt schlechterdings nichts tibrig, was der Yerfasser, wenn er
hier eine Quelle ab- oder ausgeschrieben hat, ihr entnommen
haben konnte. Er miite den Inhalt der Quelle vollig neu er-
zahlt haben; denn iiberall, wo der Stoff tiberhaupt nur eine
Moglichkeit zulaBt, horen wir die Stimme desseD, der das ganze
Werk verfaGt hat, sehen seine Hand und spiiren seine schrift-
stellerische Art. Fremdes fallt hier nirgendwo auf; denn die
ajcag-leyofteva erklaren sich ungezwungen aus der Besonderheit
des Stoffs. DaK er aber anschaulicher und zuverlassiger erzahlt
als in den Partien, in denen sich das ,,Wir" nicht findet, wer
wollte sich dariiber wundern? Fur manche Abschnitte, so fur
28, 1114; 20, 5. 6. 1315; 21, 18, besonders aber far c. 27
rnuB er Notizen besessen habec. die sein Gedachtnis unter-
stiitzten 1 , aber mehr laCt sich auch nicht sagen.
Urn aber den Beweis fur die Identitat des Verfassers der
Wirstiicke mit dem des ganzen Werkes zum Abschlufi zu bringen,
ist die Untersuchung des lexikalischen Bestandes notig. Mit
Worterstatistik kann ein tauschender Unfug getrieben werden,
wenn man sie bei Objekten geringen Umfangs tmternimmt oder
unter falschen Gesichtspunkten arbeitet oder sich mit zweifel-
haften Ergebnissen begnugt; hier aber sind die auf einer breiten
Grundlage gewonnenen Ergebnisse so wuchtige, dafi man sie
geradezu entscheidend nennen darf. 2
Anwendung in v. 28 (das Evangelium als TO GCOT^QLOV TOV &eov
16, 17 als odb<; Gfarrigiaq}. V. 29 ist eine Interpolation, die in den besseren
Ausgaben nicht inehr abgedruckt wird.
V. 30 v ldl<p f.ii(j&(j}(taTi s. 21, 6. an^Siy^xo wie 21, 17.
V. 31 rcc nsQi xvoiov wie 28, 15: T Ttegi JiftoJv.
Das ist nicht wenig in einer so geringen Zahl von Versen; aber eiu
schlagender Beweis fiir die Identitat der Yerfasser ist es an und fur sich
noch nicht.
1) Am nachsten lage es freilich, von solchen supponierten Zetteln
abzusehen und die ,,Wirstucke", damit aber auch das ganze Werk bald
nach der Ankunft des Paulus in Rom geschrieben sein zu lassen (c. 28, 30 f.
ware dann eine bei der Edition vom Verf. hinzugefiigte Notiz). Allein
dieser auch sonst verlockende Ansatz, den manche Kritiker noch heute
empfehlen, verbietet sich aus Riicksicht auf das Evangeliurn, welches
nicht wohl vor dem J. 70 geschrieben sein kann, und auch in Hinblick
auf Act. 20, 25, wo der Tod des Apostels doch wohl vorausgesetzt ist.
2) In groBem TJmfang hat sie bereits Hawkins gefiihrt (s. beson-
48 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
Man hat im Folgenden im Auge zu bahalten, dali es sich
nur um 97 Verse soviel betragen die Wirstiicke handelt. 1
I. Worte, die sich in den Wirstiicken und der Apostel-
geschichte finden, bei Matth., Mark., Lukas und Jo-
hannes aber fehlen.
a) In den Wirstiicken 2 und nur in der 2. Halfte der
Apostelgesch.: c. 13; c. 14; cc. 16 28. 3
afia c. Partic. [27, 40]; 24, 26.
dvievat [27, 40]; 16, 26.
axoxlelv [20, 15; 27, 1]; 13, 4; 14, 26. 4
i* [20, 7. 9J; 17, 2. 17; 18, 4; 19, 8- 9; 24, 12. 25.
XQOVOV oder fifteqaq [16, 12; 20,6]; 14, 3. 28; 25, 6. 14.
6iafpeQS6&cu [27, 27]; 13, 49.
dtxrj, xaradixij [28, 4]; 25, 15.
d mit Optat. [27, 12. 39]; 17, 11. 27; 24, 19; 25, 20.
KXSTOS [21, 3]; 22, 5.
[20, 7; 27, 43]; 13, 42; 17, 15.
[21, 2. 4; 27, 2]; 20, 18; 25, 1.
[27, 36]; 24, 10; s. auch ev&vpetv [nur 27, 22. 25].
[27, 29]; 26, 29.
i] fyoptvy [20, 15]; 21, 26.
[20, 15; 21, 7; 27, 12; 28, 13]; 16, 1; 18, 19. 24; 25 r
13; 26, 7.
ders S. 13fi'., 148fF.) ich "werde tmten z. T. iiber sie berichten ; ich
liabe sie erst berucksichtigt, nachdem ich meine anders angelegten Studien
beendigfc hatte.
1) Die Wirstiicke bilden ein knappes Zehntel der Apostelgeschiclite
(97:1007).
2) Die Stellen aus den Wirstucken sind stets in eckige Klammern
gesetzt.
3) Ich teile so, weit c. 15 enger niit c. 1 12 zusaninienzugehoren
scheint.
4) Das Particip aOTtaadf^evog findet sich in den Evv. nicht, sondern
nur in den Wirstucken [20,1; 21, 7J und in der 2. Halfte derActa (18,22;
21, 19; 25, 13).
5) Von der Form 6ie?.%&7] (d^Xe^Q-riaav}, die sich bei Mark. (9, 34)
einrnal und vielleicht in Act. (18, 19) eininal findet, ist hier abgesehen.
6) Ini Sinne von ,,reiten" kommt emfialvetv einmal bei Matth. (21, 5) 7
aber nur in einem LXX-Citat vor.
Lexikalisclie Untersuchung des Wir-Berichts. 49
[28, 6]; 26, 14.
[20, 9 bis]; 25, 7; 26, 10.
= erwarten [20, 5]; 20, 23.
(vijoog) [27, 26; 28, 1. 7. 9. 11]; 13, 6.
[28 ; 13]; 19, 13.
tr<# #e<5 [27, 25]; 16, 34.
xldovac, qpsQaq [21, 10; 27, 20]; 24, 11.
jr()0(j2 1 tf/9^(7^i = recipere [28, 2]; 18, 26.
ol oepopevoi [16, 14]; 13, 43. 50; 17, 4. 17; 18, 7.
xviovoav [28, 2]; 19, 11.
[28, 2]; 14, 17 (bei Matth. pgdirj).
vxovoslv [27, 27]; 13, 25; 25, 18.
al iQelaL [28, 10]; 20, 34.
Hierzu ist noch zu bemerken, dafi der Aufenthalt des Paulus
in Athen genau mit denselben Worten vom Erzahler abge-
schlossen wird, wie der in Troas (s. 17, 33: our cog o Uavloq
eSfll&sv, und [20, 11]: ovrcog [6 Havloq] sgrj/tfrsv), ferner daB
616 cum Imper. nur [27, 25] n. 20, 31 steht, endlich daC sich nur
[27, 35]; 22, 24 uud 24, 22 das Particip elstag findet.
b) In den Wirstlicken und nur in der 1. Halfte der
Apostelgesch., Act. 1 12; 15.
g) [21, 17]; 2, 41 (dock ist die LA hier zweifelhaft).
(von einer friiheren Periode der Geschichte des Evange-
liums) [21, 16]; 15, 7.
el im Sinne von exel [16, 15]; 4, 9; 11, 17. *
exxixreiv [27, 17. 26. 29. 32]; 12, 7.
egco&elv [27, 39]; 7, 45.
[21, 4. 10; 28, 12. 14]; 10, 48; 12, 16; 15, 34.
rig [27, 1]; 8, 34.
at rifisQai T. aQvfiwv [20, 6]; 12, 3.
lv [27, 21]; 5, 29. 32.
[21, 4]; 1, 2; 4, 25; 11, 28.
= Vorhaben [27,13]; 11, 23.
* ov tQoxov [27, 25]; 15, 11.
1) In 21, 13 ist auch das ano&aveTv elq 'legovGahrju (mit ausge-
lassenem ^A-9-cbv) ganz parallel zu 8, 40: <t?tt.imtoq evpe&t] sig "At,u>Tov.
ID.tfv nvog findet sich (abgesehen von einem LXX-Citat bei Mark.) nur
[27,22]; 8,1; 15,28.
Harnaek, Lukas. 4
50 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
VJCSQ TOV ovopaTos [21, 13]; 5, 41; 9, 16; 15, 26.
VXSQCOOV [20, 8]; Act. 1, 13; 9, 37. 39.
[27, 37J; 2, 41. 43; 7, 14.
i
fiB
c) In den Wirstiicken und nur in beiden Halften der
Apostelgeschichte zugleicb. 1
a<pv<D [28, 6]; 2, 2; 16, 26.
0ia [27, 41]; 5, 26; 21, 35; 24, 7.
elatdvai [21, 18]; 3, 3; 21,26.
exntteiv [20, 6]; 15, 39; 18, 18.
&xtg [27, 20]; 2, 26; 16, 19; 23, 6; 24, 15; 26, 6. 7; 28, 20.
y SJCLOVW [16, 11; 21, 18]; 7, 26; 20, 15; 23, 11.
LYMVO.I [27, 7]; 9, 23. 43; 18, 18.
nvaq [16, 12]; 9, 19; 10, 48; 15, 36; 24, 24.
xaxsl&ev [16, 12; 20, 15; 21,1; 27,4; 28, 15]; 7,4; 13,21; 14,26.
[16, 17]; 3, 24; 4, 2; 13, 5. 38; 15, 36; 16, 21; 17, 3.
13. 23; 26, 23.
eoeo&ai [2T, 10]; 11, 28; 24, 15.
[27, 33.34]; 2,46; 24, 25 (an den 3 ersten Stellen
mit rgofprjc, verbunden).
vsaviag [20, 9]; 7, 58; 23, 17 (sonst veavl(>xoq).
za vvv [27, 22]; 4, 29; 5, 38; 17, 30; 20, 32.
&VI&LV [21, 16; 28, 7]; 10, 6. 18. 23. 32; 17, 20.
tnl jtlelov [20, 9]; 4, 17; 24, 4.
yle'/et (oder ahnlich) TO xvsvfia (TO ajiov) [20, 23; 21, 11]; 8,
29; 10, 19; 11, 12; 13, 2; 28, 25.
oi yiQeaftv-tsQOi (christliche Beamte) [21, 18]; 11, 30; 14, 23; 15,
2. 4. 6. 22. 23; 16, 4; 20, 17.
[21, 5]; 15, 3; 20, 38.
(von Grott) [16, 10]; 2, 39; 13, 2.
[16, 10]; 9, 22; 19, 33.
Es sind also c. 67 Worte bzw. Redensarten, die die
Wirstiicke mit der Apostelgeschichte gemeinsani haben,
1] Hier sind alle die ziemlich. zahlreiclien Worfce weggelassen, die
in den Wirstiicken und der Apostelgeschichte sich ofters finden, in den
Evv. aber selten vovkomnaen. So steht fiovksoQ-ai in den 4 Evv. zu-
sanimen nur 6 nial (2 nial bei Lukas); aber in den Act. findet es sich
14 nial, und zwar 4 nial in der ersten Halfte, 10 inal in der zweiten Halfte
(darunter Inial in den Wirstiicken: 27, 43). Bei Paulus ist es auch selten.
Lexikalische Untersuchung des Wir-Berichts. 5t
wahrend sie in den vier Evangelien fehlen! GrewiS kann
ein Teil derselben als zufallige Ubereinstimnmng beurteilt wer-
den; aber mindestens die grofiere Halfte wobei noch die
Haufigkeit der einzelnen Falle in Anschlag zu bringen ist
failt als hochst charakteristisch schwer ins Grewicht.
II. Worte, die sich in den Wirstiicken, in der Apostel-
geschichte und im Lukasevangelium finden, aber bei
Mattb., Mark, und Job. fehlen.
(vom Scbiff) [16,11; 20,13; 21,1.2; 27,4.12.21;
28, 10. 11]; Luk. 8, 22; Act. 13, 13; 18, 21; 20, 3.
deiMd-ai [21, 17]; Luk. 8, 40; 9, 11; Act. 2, 41; 18, 27; 24, 3;
28, 30.
[27, 20]; Luk. 21, 25; Act. 7, 43.
aroxov [28, 6]; Luk. 23, 41; Act. 25, 5.
a%Qtg ov [27, 33]; Luk. 21, 24; Act, 7, 18. *
[27, 12. 42]; Luk. 7, 30; 23, 51; Act. 2, 23; 4, 28; 5, 38;
13, 36; 20, 27.
[27, 43]; Luk. 7, 3; Act. 23, 24 (das Passivum stebt
nocb 3mal in den Wirstiicken und einmal bei Mattb.).
diaraGasa&ai [20, 13]; Luk. 3, 13; 17, 9. 10; Act. 7, 44; 18, 2;
23,31; 24, 23.
svcoxiov (jtavrcov) [27, 35]; iin Luk.-Ev. 20 mal; in den Act.
auBer den Wirstiicken 14 mal; svcoxiov jtavrcov nur noch
Act. 19, 19), allerdings Imal bei Job.
sgijq [21, 1; 27, 18]; Luk. 1, 11; 9, 37; Act. 25, 17.
sjri mit Ace. zeitlich [20, 11; 27, 20]; Luk. 4, 25; 10, 35; 18, 4;
Act. 3, 1; 4, 5; 13, 31; 16, 18; 17, 2; 18, 20; 19, 8. 10. 34.
ia [16, 16]; Luk. 12, 58; Act, 16, 19; 19, 24. 25.
&ai rt, nva [16, 10]; Luk. 1, 19; 2, 10; 3, 18; 4, 18.
43;' 8, 1; 9, 6; 20, 1; Act. 5, 42; 8, 4. 12. 25. 35. 40; 10, 36;
11, 20; 13, 32; 14, 7. 15. 21; 15, 35; 17, 18.
[28, 2]; Luk. 2, 9. 38; 4, 39; 10, 40; 20, 1; 21, 34;
24, 4; Act. 4, 1; 6, 12; 10, 17; 11, 11; 12, 7; 17, 5; 22, 13,
20; 23, 11. 27 (%>(mog 22, 20 u. [28, 2]).
1) Es ist betnerkenswerfc, daS. a%Qiq bei Mark. u. Joh. fehlt, bei
Matth. 1 mal steht (24, 38), bei Luk. aber (Ev. u. Act.) 20 mal, darunter
in den Wirstiicken 4nial.
4*
52 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
qpdqa c. -yiyvea&ai [27, 29. 33. 39]; Luk. 4, 42; Act. 12, 18; 16,
35; 23, 12. al qpfyai avrai [21, 15]; Luk. 6, 12; 23, 7; 24,
18; 1, 24; Act. 1, 15; 6, 1; 11, 27; 1, 5; 21, 15; 5, 36; 21, 38;
3,24.
[21, 14]; Luk. 14, 4; 23, 56; Act. 11, 18.
[27, 3; -28, 12]; Luk. 5, 11; Act. 9, 30; 22, 30; 23, 15.
20. 28.
[21, 3. 10; 27, 5]; Luk. 4, 31; 9, 37; Act, 8, 5; 9, 32;
11, 27; 12, 19; 13, 4; 15, 1. 30; 18, 5. 22.
xglvsiv (im weitern Sinn) [16, 15; 27, 1]; Luk. 7, 43; 12, 57;
Act. 4, 19; 13, 46; 15, 19; 16, 4; 20, 16; 21, 25; 25, 25; 26, 8.
ra lalovfisva [16, 14]; Luk. 1, 45; 2, 33; Act. 13, 45; (17, 19).
laTQevstv [27, 23]; Luk. 1, 74; 2, 37; 4, 8; Act. 7, 7. 42; 24, 14;
26, 7. 1
fisv ovv [28, 5]; Luk. 3, 18; Act. 8, 4. 25; 9, 31; 11, 19; 12, 5;
14, 3; 15, 3. 30; 16, 5; 17, 12. 17; 18, 14; 19, 38; 23, 18. 31;.
25, 4,
i? [16, 12]; Luk. 10, 42; Act. 8, 21.
V [28, 11]; Luk. 1, 24. 26. 36. 56; 4, 25; Act. 7, 20; 18, 11;
19, 8; 20, 3.
hg [27, 7. 8. 16]; Luk. 9, 39; Act. 14, 18.
ofidslv [20, 11]; Luk. 24, 14. 15; Act. 24, 26.
jtavrcog [28, 4]; Luk. 4, 23; Act. 18, 21; 21, 22.
nEi&sa&cu [21, 14; 27, 11]: Luk. 16, 31; 20, 6; Act. 5, 36. 37. 40;
17,4; 23,21; 26,26; 28,24.
ra JIEQL rivoc, [28, 15]; Luk. 22, 37; 24, 19. 27; Act. 1, 3; 8, 12;.
18, 25; 19, 8; 23, 11. 15; 24, 10. 22; 28, 23. 31.
ol xtetovsg (TO Jtletov) [27, 12]; Luk. 7, 43; Act. 19, 32.
= noiElv [27, 18]; Luk. 5, 33; 13, 22; Act. 1, 1; 20, 24;
25, 17.
olLc, zum Stadtnamen gesetzt [16, 14; 27, 8]; Luk. 2, 4; Act. 11, 5.
' ov xoJlv ([isr* ov jcol2.ag fysQas) [27, 14]; Luk. 15, 13;
Act. 1, 5.
[27, 27]; Luk. 9, 41; Act. 16, 20.
is [27, 21]; Luk. 18, 11. 40; 19, 8; Act. 2, 14; 5, 20; 11, 13;
17, 22; 25, 18.
[27, 15]; Luk. 8, 29; Act. 6, 12; 19, 29.
1) Bei Matth. einmal (4, 10) im Citat (LXX).
Lexikalische Untersuclmng des Wir-Berichts. 53
[20, 14]; Luk. 2, 19; 14, 31; Act. 4, 15; 17, 18; 18, 27.
ftevreq (&e\g) ra yovaxa [21, 5]; Luk. 22, 41; Act. 7, 60; 9, 40;
20, 36. 1
[27, 3; 28, 2]; Luk. 20, 35; Act. 19, 11; 24, 3; 26, 22.
[27, 12. 21. 34; 28, 7]; Luk. 7, 25; 8, 41; 9, 48; 11, 13;
16, 14. 23; in den Act. c. 22mal auBerhalb der Wirstucke.
GTQscpsiv [21, 6]; im Luk.-Ev. c. 22mal; Act. 1, 12; 8, 25. 28;
13, 13. 34; 14, 21; 20, 3; 22, 17; 23, 32.
[27, 24]; Luk. 7, 21. 42. 43; Act. 3, 14; 25, 11. 16.
ixavov [27, 9]; Luk. 8, 27; 20, 9; 23, 8; Act. 8, 11; 14, 3. 2
Diese Gruppe von c. 43 Worten bzw. Redensarten ist noeh
wichtiger als die vorige; denn hier ist das Luk.-Ev. mitein-
begriffen. Zugleich erkennt man, dafi die Wirstucke zwar der
zweiten Halfte der Apostelgescb. etwas naber stehen als der
ersten, daC sie aber auch mit der ersten eng verbunden sind.
Mit der ersten Halfte der Apostelgeschichte haben sie c. 67 Worte
genieinsani, die bei Mattb., Mark, und Job. fehlen, mit der
zweiten aber c. 88 (von diesen sind 45 identiscb).
III. Worte, die sich in den Wirstiicken und im Lukas-
evangelium finden, aber beiMatth., Mark., Job. und in
der Apostelgescbicbte feblen.
An die Spitze ist bier eine Beobacbtung ersten Ranges zu
stellen. In dem ersten Wirstiick c. 27, 35 beifit es: sijcaq (scil.
o IlavZog) 6s ravra xal laficbv O.QTOV sv^apttfT^tfsv rco -9-6(5
SVCDJCIOV Jtavrwv xal xlatiaq TJQt-aro eo&ieiv. Das ist eine ab-
sicbtlicbe Nacbbildung von Luk. 22, 19: xal Zafiav O.QTOV
sv^aQiOT^Gag exladsv (cf. 24, 30: lafiwv TOV agrov
xal xlaOac, xr2..] cf. I Kor. 11, 23: sjiafisv agtov xal
Gac, exlaOsv). Die Meinung von Wellhausen und andern, die
Verse 22, 19. 20 seien unecht, wird also scbwerlicb baltbar sein.
Zu eti&ieiv ist nocb zu bemerken, daC es in den Act. nur bier
steht, wahrend es sich im Luk.-Ev. 12mal findet.
1) tLQ-evteq ra yovara findet sich. einmal bei Markus (15, 19).
2) sav [27, 32. 40; 28, 4] steht in den Act. noch fiinfmal, im Ev.
Luk. zweirnal; fehlt bei Mark. u. Joh. und findet sich bei Matth. nur
einraal. s&og [28, 17] steht in den Act. noch sechsmal, bei Luk. drei-
mal; fehlt bei Matth. und Mark. u. findet sich bei Job., einnial; ra. s&rj
steht nur in den Wirstiicken u. dreimal in den Act.
54 Cap. 2: Der sog, Wir-Bericht der Apg.
ava<paiviv [21, 3]; Luk. 19, 11.
[21, 4]; Luk. 2, 16.
dxo [21, 1]; Luk. 22, 41.
[28, 5]; Luk. 9,5.
oder jrt;(> [28, 2]; Luk. 8, 16; 11, 33; 15, 8; 22, 55.
tiuaxdvai [27, 28]; Luk. 22, 59; 24, 51.
(sjiipsZsia) [27, 3]; nur Luk. 10, 34. 35; 15, 8 findet sich sxi-
(t?.i<j&ai und sjtifis^aiQ.
[27, 20]; Luk. 1, 7,9.
g, avtv&erog [27, 12]; Luk. 9, 62; 14, 35.
[16, 17]; Luk. 23, 55.
xaxfyeiv [27, 40]; Luk. 4, 42; 8, 15; 14, 9.
iB, EX xyjg xs<pal7]Q ajtotelrai [27, 34]; Luk. 21, 18.
[27, 13 bis]; Luk. 11, 31; 12, 55; 13, 29. 1
[16, 15]; Luk. 24, 29.
[27, 41]; Luk. 10, 30.
Jtlsiv [21, 3; 27, 2. 6. 24]; Luk. 8, 23.
(von Gegenstanden) [28, 3]; Luk. 5, 6.
vs [27,29]; Luk. 3, 5 2 .
(iri yopoi (mit Anrede) [27, 24]; Luk. 1, 13. 30; 12, 32. 2
Diese Gruppe von c. 20 Worten, zusamnien mit der vorigen,
ist die wichtigste. In den Wirstticken finden si.ch, wie
man sieht, nichtweniger als c. 63 Wort e bzw. Redensarten,
die aucb im Lukasevangel. steben, wabrend sie bei
Mattb., Mark, und Jobannes feblen!
Es sind also c. 130 Worte (Redensarten) 3 an c. 190 Stellen
(in den 97 Versen), welcbe die Wirstiicke mit der Apostel-
gescbicbte oder mit dem Lukas-Bv. oder mit beiden gemeinsam
baben 4 , die bei Mattb., Mark, und Johannes feblen; d. b. in
jedem Vers begegnen durcbschnittlicb zwei solcbe
Worte (Redensarten) in den Wirstiicken.
Sebr instruktiv ist schliefilicb nocb die Gregenprobe:
Die Wirstiicke baben mit Acta und
Luk. > Mattb., Mark. u. Job. 43 Worte
1) Hier uberall als Wind; bei Matth. einmal (12, 42) (JaG&iGOa vorov.
2) Docb nur ira LXX-Citat.
3) Eigennamen u. Zahhvorte sind nattirlich -weggelassen.
4) Mit der Apostelgeschichte sind c. 67, mit, dem Lukasev. c. 20 und
sowohl mit diesem wie mit jenem sind c. 43 gemeinsam.
Lexikalische Unfcersuchung des Wir-Berichts. 55
Die Wirstucke haben mit Luk. >
Matfch., Mark., Job. u. Acta 20 Worte (an 23 Stellen)
63 Worte
Die Wirstucke haben mit Acta und
Matth. > Mark., Luk. u. Job. 3 Worte *
Die Wirstucke baben mit Matth. >
Mark., Luk., Job. u. Acta 3 2 (an 3 Stellen)
6 Worte
Die Wirstucke baben mit Acta und
Mark. > Matth., Luk. u. Job. 2 Worte 3
Die Wirstucke baben mit Mark. >
Matth., Luk., Job. u. Acta 1 4 (an 1 Stelle)
3 Worte
Die Wirstucke baben mit Acta und
Job. > Matth., Mark. u. Luk. 2 Worte 5
Die Wirstucke baben mit Job. >
Matth., Mark., Luk. und Acta 2 G (an 2 Stellen)
4 Worte.
Aufierdem haben die Wirstucke mit Mark, und Johannes
gegen Luk., Matth. und Acta noch das Wort aJtoxojtTSiv., mit
Mattb. und Mark, gegen Luk. und Acta xvpa, und mit Acta und
den 3 Evv. gegen Lukas GJISIQCC gemein.
Erwagt man nun noch, daB unter den 63 mit Lukas ge-
meinsamen Worten 35 verba sind (unter den 110 mit den Acta
gemeinsamen 55) die verba sind stet-s besonders entscheidend
unter den 16 mit Matth., Mark, und Job. gemeinsamen dagegen
nur 2 + 2 + 2 + 1 = 7; erwagt man ferner, daB bier alle die
zahlreichen Worte und Redensarten fortgelassen sind, die in den
Wirstticken und in den beiden Werken des Lukas baufig sind,
wahrend sie bei Matth., Mark, und Job. nur selten vorkommen,
erwagt man endlich, daft die Constructiouen 7 und zablreiche
u.fj.a.
2) dttdvz'rjaig, rt&ccyoq, ovoTQEcpsiv (aber in anderer Bedeutung).
3) diaylyveod'CCL u. diaksyec&ai.
4) 7tQv^.va.
5) diavQlfieiv u. das aktivisohe Medium icia&ai.
6) a%oivt.ov, ipv%o(;.
7) Man wird entschuldigen. daB ich auf sie und auf die Constanz in
56 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
Partikeln gleich sind, die man in jenen Schriften vergebens oder
fast vergebens sucht (Haufung der Participia, cog temper., el im
Sinne von sjtei, si mit dem Optativ, (lev ovv, re einen neuen
Satz anschliefiend, Fortfiihrung der Erzahlung durch einen Re-
lativsatz, exeZde, tcad-' ov TQOJIOV, cupvco, xaxet&ev, TO, vvv,
ayjQLc, ov, ejti c. Ace. zeitlich, [toZi,g, ztavrcoq, TO. yregi rivog etc.
etc.), so ist das Urteil m. E. unumstofilich: Die Wir stuck e
und die Apostelgeschichte haben einen und denselben
Verfasser; denn weder an ein zufalliges Zusammentreffen lafit
sich denken, noch an eine Umarbeitung einer Quelle. Sie miiCte
ja Zeile fur Zeile urngearbeitet und sprachlich umgegossen sein;
dabei aber rnufite der Redaktor das ,,Wir" stehen gelassen
haben ! Aber auch die Hypothese la Gt sich nicht halten, daB die
.,Wirquelle" den groGten Teil von c. 13; 14; 1628 umfaCt
hat; denn die Verwandtschaft mit c. 1 12; 15 und dem Lukas-
Evangelium (die zwar nicht so grofi ist \vie die mit c. 13; 14;
1628, aber noch groB genug [88:67 ist das Verhaltnis]) bliebe
unerklart. 1
Der Beweis ist geliefert 2 ; eine Vergleichung der Wirstiicke
der Bedeutung der Worfce nicht eingehe, urn diese Untersudmngen nicht
noch mehx zu beschweren. Sollte aber eine Untersuchung hieriiber noch
fur notwendig erachtet werden m. E. ist das brutale Gewicht der
stunipfen Wortstatistik schwer genug , so bin ich bereit zu zeigen, daB
auch von dieser Seite her nicht Einwiirfe diohen, sondern lediglich Be-
statigungen winken. Einstweilen mogen die Nachweise geniigen, die ich
den Anmerkungen zu den Abschnitten aus deni 16. u. 28. Cap. und die
Klosterniann, a. a. 0., zuni 27. Capitel in Bezug auf die Satzbildungen
gegeben hat.
1) DaB sie mit der 2. Halfte der Act. groBer ist als mit der ersten
und mit dem Lukas-Ev., ist nicht aufi'allend, da sich dort das Stoffliche
naher steht.
2) Die inneren Griinde werden sp'ater zur Sprache kommen. Kurz
sei hier noch skizziert. wie Hawkins den sprachlichen Beweis fur die
Identitat gefuhrt hat. 1. Im Anfang seiner Arbeit hat er 86 Worte und
Phrasen fur Matthaus, 37 fur Markus und 140 fur Lukas festgestellt, die
bei ihnen sehr haufig sind, namlich 841 nial, bzw. 314 mal, bzw. 1435 u.
1235 mal (letzteres in den Act. ohne Wirstiicke) bei ihnen vorkommen,
wahrend sie bei den anderen viel seltener sind. In den Wirstiicken kom-
men nun jene ,,lukanischen" Phrasen an 110 Stellen vor, d. h. genau so
oft wie im Markusev., obgleich dieses fast siebenmal langer ist. Im
Matth. komnien sie nur 207 mal vor, obgleich es elfrnal so groB ist wie
Lexikalische Untersucliung des Wir-Bericlits. 57
und der iibrigen Teile der Apostelgeschichte rait dem Lexikon
des Paulas vermag ihn nicht zu erschiittern; denn die Verwandt-
die Wirstiicke. Anderseits konimen die fur Matth. charakteristischen
Phrasen in den Wirstucken uur 18 mal vor, die fur Mark, charakteristi-
schen nur 8 nial welche ein Contrast zu dem 110 inaligen Vorkomnien
der Lukas-Phrasen! Sieht man aber von der Haufigkeit ab und nirnnit
nur die Phrasen selbst, so finden sich von den 86 Matth.-Phrasen 10 in
den Wirstucken, von den 37 Mark.-Phrasen 6, von den 140 Luk.-Phrasen
aber 43! Also dort kaum Vs (Matth.), bez. Vc (Mark.), hier fast Vs! Mit
Recht sagt Hawkins (p. 150): ,,Such evidence of unity of authorship,
drawn from a comparison of the language of the three Synoptic Gospels,
appears to me irresistible. Is it not utterly improbable that the language
of the original writer of the ,/We"-Sections should have chanced to have
so very many more correspondences with the language of the subsequent
,,compiler" than with that of Matth. or Mark?"
Sodann stellt Hawkins eine Liste der Worte des ganzen N. T.s
auf (nicht nur der Evv. und Acta, wie wir oben), die sich nur in den
Wirstucken und in den Act. finden. Es sind 21 Worte (28 mal in den
Wirstucken, 46 mal in den tibrigen Capp. der Act.). Ferner eine Liste
der Worte, die sich nur in den Wirstucken und in dem Luk.-Ev. finden
(,,with or without the rest of Acts"). Es sind 16 Worte (29 inal in den
Wirstucken, 25 mal bei Luk., 23 mal in den ubrigen Capp. der Act.). Er
schliefit diesen Abschnitt, nachdern er noch eine grofie Anzahl von Worten
(Phrasen) aufgefuhrt hat, die fur die Wirstiicke und die luk. Schriften charak-
teristisch sind (wahrend sie sich sonst im N. T. selten finden), mit der
Bemerkung: ,,0n the whole, then, there is an immense balance of internal
and linguistic evidence in favour of the view that the original writer of
these sections was the same person as the main author of the Acts and
of the third Gospel, and, consequently, that the date of those books lies
within the life-time of a companion of St. Paul." Eine Bestatigung
dieser Nachweise bietet ungesucht auch Vogel (Charakteristik des Lukas,
2. AufL, S. 61 68). Er hat Yergleichungen des Wortschatzes des Evan-
geliums des Lukas u. der Acta angestellt, ohne sichdabei urn die
Wirstiicke zu kummern. Er hebt hervor:
I. 57 Worte (an 92 Stellen der Act.), die im N. T. nur noch im
Luk.-Ev. vorkommen,
JL 41 Worte (an 85 Stellen der Act.) die im Luk.-Ev., sonst aber
nur ganz vereinzelt im N. T. vorkommen,
ITI. 33 Worte (an 50 Stellen der Act.), die far das Luk.-Ev. u. die
Act. besonders charakteristisch sind.
Also im Ganzen 131 Worte an 227 Stellen. In den Wirstucken
finden sich von eben diesen Worten zu I 13 Worte an 14 Stellen, zu II
5 Worte an 8 Stellen, zu III 4 Worte an 5 Stellen; zusammen also 22
Worte an 27 Stellen. Da die Wirstiicke ein knappes Zehntel der
58 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
sell aft mit dem paulinischen Vokabular ist in den Wirstiicken
nicht grofier, sondern geringer als in den anderen Capiteln der
Apostelgeschiehte. Ich verzichte daher auf detaillierte Nach-
weisungen. 1
Gregen den Beweis der Identitat des Verfassers der Wir-
stticke niifc dem Verfasser des ganzen Werkes 2 konnen, soviel
ich sehe, folgende Einwendungen erhoben werden 3 : 1. In den
Apostelgeschichte umfassen, so wiirde man 12 (13) Worte an 22 Stellen
ertvarten. Die Wirstiicke stehen also dem Luk.-Ev. lexikalisch
sogar naher als die tibrigen Teile der Apostelgeschiehte.
SchlieBlich hat Vogel noch eine Anzahl von 20 ,,Lieblingsausdriicken"
des Lukas zusammengestellt, die sich in beiden Schriften finden (an -weit
fiber 100 Stellen in jeder), wahrend sie in den anderen N.Tlichen Schriften
spaiiich sind. Wieder hat er bei dieser Zusarnnienstellung an die Frage der
Wirstiicke schlechtlich nicht gedacht, nnd doch stehen von diesen 20
ausgezeichneten Worten nicht weniger als 12 anch in ihnen!
Ich bin durch eine Zahlung zu einem noch schlagenderen Ergebnis ge-
kommen. Das Luk.-Ev. und die Apostelgeschiehte haben ca. 203 ver-
schiedene Worte (unter ihnen sind ein paar Redensarten) gemeinsam, die bei
Matth., Mark, und Joh. fehlen; von diesen c. 203 Worten stehen aber
nicht -weniger als 63 in den Wirstucken (und darunter 20 ausschlieBlich
in ihnen), obgleich sie nur ein knappes Zehntel der Apostelgeschiehte
bilden. Nun leugnet niemand die Identitat des Verfassers des Luk.-Ev.s
mit dem der Apostelgesch. ; aber die lesikalische und sprachliche
Yerwandtschaft der Wirstiicke mit dern Luk.-Ev. trittdoppelt
starker hervor als die Verwandtschaft der iibrigen Teile der
Apostelgesch. mit diesem Evangelium! Wie darf man also
leugne n, daB der V erf. der Wirstiicke und der Apostelgeschiehte
identisch sind! In den 480 Versen Act. 1 12 u. 15 stehen ca. 132
Worte mit Luk. gemeinsam, die sich nicht bei Matth., Mark. u. Joh. fin-
den, und in den 527 Versen Act. 13; 14; 16 28 ca. 141. Aber in den
97 Versen der Wirstiicke sind es c. 63, wahrend man nach
jenen Zahlen nur c. 26 erwartet!
1) Oben S. 14f. ist das Verhaltnis des Lukas-Ev.s zu Paulus im Ver-
gleich niit dern der iibrigen Evv. zu ihin (in lexikalischer Hinsicht) zur
Darstellung gebracht. Um das der Wirstiicke zu dem Apostel zu be-
leuchten, rnoge der Hinweis geniigen, das von den c. 105 Worten der Wir-
stiicke, die sieh nicht in der iibrigen Apostelgesch. und im Luk.-Ev. fin-
den, nur 11 in den paulinischen Briefen vorkommen.
2) Versuche, zu oftenkundige Ubereinstiinnmngen der Wirstiicke mit
den iibrigen Partieen des Werks durch die Annahme von Interpolierungen
zii beseitigen, sind ganz vergeblich; denn man miiBte dann mehr als drei
Viertel, wenn nicht alle Verse der Wirstiicke fiir interpoliert erklaren.
3) Von den Einwendungen der hoheren Kritik sehe ich hier noch ab.
Lexikalische Untersucliung des Wir-Berichts. 59
Wirstticken seien die cbrccg Zey6 t ueva zahlreicher als in anderen
Teilen der Apostelgeschiehte, 2. der Verfasser des 3. Evangeliums
und der Apostelgescliichte habe fur andere Abschnitte seines
groflen Werkes nachweisbar sehriftliche Quellen benutzt und
diese in seine eigene Schreibweise umgegossen; also konne das
auch trotz Allern bei den sog. Wirstiicken der Fall sein.
Was den ersten Einwurf betrifft, so ist die Zabl der aJtaS,
Zeyofjsva in den Wirstiicken allerdings sehr groB. Es sind in
ihnen c. Ill Worte nachweisbar, die sich sonst in der Apostel-
gesch. und dem Lukas-Ev. nicht finden. Das ist verhaltnismaBig
viel mehr als in den iibrigen Teilen des Werkes. Es finden
sich in den 480 Versen der cc. 1 12; 15 z. B. nur 188 Worte,
die in der Apostelgescliichte und dem Lukas-Ev. fehlen. 1 Nach
diesem Verhaltnis diirften in den Wirstiicken nur 38 ax. key.
stehen; es sind aber fast dreimal niehr. Zu demselben Resultate
gelangt man, wenn man folgende Vergleictmng anstellt: in der
ganzen Apostelgeschichte sind ca. 657 Worte (ohne die Eigen-
namen), die im Lukas-Ev. fehlen. Darnach diirften in den Wir-
stiicken, welche etwa ein Zehntel der Apostelgeschichte bilden,
etwa 62 solcher Worte sein; es sind aber 162, also 2 ! /2 ma l
mehr als zu erwarten.
Aber diese Statistik erweist sich als vollig triigerisch, so-
bald man auf den Stoff sieht. Das 27. Capitel der Apostel-
geschichte, welches fast die Halfte der Wirstiicke umfafit (44 Verse),
und dazu noch einige andere Verse haben einen ganz eigenartigen
Stoff, der im ganzen Buch keine Parallele hat die Erzahlung
der Seereisen und des Schiffbruchs. Drei Piinftel der an. ley.
gehoren dieser Schilderung an 2 , und man hat sich nicht dariiber
1) Ein kleiner Irrtum muB hier vorbehalten bleiben; icli lioffe aber
wesentlich. richtig gezalilt zu haben.
2) Nanilich c. 69. Es sind folgende: ayxvpa, alyial.oq, avnxQv, dvr-
CHpS-KkftsTv [TM &ve{tw], aTtofiobtf, anozoTtTSLV, a-noQQLTtzeiv,
oQ-at,, apTe/j.<jJV, aadtevTOt; , KOGOV, aovtla, aairoq, amo'^e
floll^eiv, [3()a6vnhoeTv, yd/tog, diarvsiv [rov nkovv], dianhelv,
, speldeiv, evS-vdpOftEtv, evQaxti.&r, ^evxrypia, tyftlcc, a
vqalov,
ta, n&.ayoq, ne^LXQax^q \rfjc, Gxdfpijq], TtyddXiov, nXovg, ngoGeav,
60 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
zu wundern, dafi die Zahl derselben bier so groO ist, sondern
vielmehr dariiber, daG trotz dieses neuen Stoffs doch Yers
fur Vers auch in dem 27. Capitel der gewohnte Stil und
das bekannte Vokabular des Schriftstellers aufs deut-
lichste ersichtlich ist.
Zieht man diese termini technici ab, so bleiben folgende cut. /If/.
indenWirstiicken: avads^sG^-aL, ajtavzrjGig, ajta6JiaCe6&ai, (a(j t u-
vcoc), avyr}, ot @a.Q@a.Qoi, fiovl^fta, dsoficor^g, devrsQalog, 6ia-
/?y, diacpsvystv, dvosvTSQia, oi EVTOJIIOL, Egaozl&tv, rfj STZQCC,
3tQlCUQlV,
, JtQoc, c. Genit., (JIV&CQV), JtvQa,
Diese Zabl (39 45) ist im Verhaltnis zur Zahl der an.
im ganzen Werk nicht inehr zu grofi. Auffallende Singularitaten
bleibeu allerdings nacb. Dabin rechne icb oi fiaQfiaQOi, ftov-
r^q, oi kvToztioi, -daoGoq, cpiZav&Qcojtia, sodann
und GyodQcbc, und von Verben diareteiv, Toi[ico$ %tv,
, XOQSVVVVCU, jcaQac.Viv, JtaQaTSiViv, %Qri6&ai, endlich
T^ srsoa und jtgoq c. Grenit. 1 Aber die Zabl dieser Singulari-
taten ist docb kaum groBer, als uns solcbe in jedem Capitel der
Apostelgescbicbte begegnen. Es ist daher aussichtslos, auf sie
die Hypotbese einer besonderen scbriftlicben Quelle zu grunden,
zumal da eine Stilverscbiedenbeit (Construction und Partikeln)
zwiscben den Wirstucken und den iibrigen Capiteln der Apostel-
gescbicbte nicbt bestebt.
Was die Frage der ,,Quellen" des 3. Evangeliums und der
Apostelgescbicbte anlangt, so ist das bekanntlicb ein sebr um-
strittenes Capitel. Allein eine Tatsacbe stebt fest : der dritte Evange-
list bat das Werk des z weiten ausgeschrieben. Genau drei Viertel des
Textes des Markus finden sicb bei Lukas wieder, auch fast durcb-
weg in der Anordnung des Markus. Hier also besitzen wir eine
vnon7.LV, vnonveeiv, vnorgszeiv, zeiftd&G&ai, ^tb^og, yvzog. Ein paar
von ihnen, obgleich von Schifi'sangelegenheiten handelnd, seheinen aus
der ruedicinischen Sprache iiberfcragen zu sein, s. dariiber spater.
1) So construiert kortnnt jrpog im ganzen N. T. sonsfc nichfc vor.
Untersuchungen uber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. gj
umfaugreiche Quelle und konnen das Original und das Plagiat
neb en einander legen. Mit welchem Ergebnis? Nun trotz
aller Freiheit, die sich der Verfasser des 3. Evangeliums seiner
Quelle gegentiber genommen hat 1 , leuchtet ihr Stil, ihre Syntax
und auch ihr Wortschatz doch noch iiberall hervor (s. die Arbei-
ten iiber die Synoptiker yon Wernle u. Wellhausen), obgleich
die Vergleichung dadurch erschwert ist, daC die Gracitat und
stilistische Art des Markus der des Lukas viel naher steht als
z. B. die des Paulns oder gar des Johannes. Ich greife zwei
Abschnitte heraus:
Mark. 1, 21: xal sio- Luk. 4, 30f.:xf %T- xarrjld-ev] weil Jesus
jiOQSVovrai etq Ka- TjZ-d-sv siq Ka.tpa.Q- von Nazareth kommt,
<paQvaov[i. xal ev- vaovfi Jtohiv ryjg auch der Singular
roig Gaft@a<jtv ralilaiat;. xal i]v war durch das Vor-
slg xv\v didaOxwv avrovq sv hergehende gefordert.
ovvaycoyrjv. role, GafipaCiv. xoL r. Fal.] Luk..
stetzt keine Kenntnis
Palastinas bei seiner
Lesern voraus. svfrve] die Wiederholung dieses Lieb-
lingsworts des Mark, findet Luk. storend, s. auch
V. 33. 37. avrovq] Luk. vermeidet hier, 6i6a6%iv
ohne Object zu lassen. rjv dtdaGxcov] Luk. nimmt
das aus Mark. 1, 22
hier auf.
(22) xal s,Jtlrj6- (^)xals^S3t^.rj60oi>- Stilistische Verein-
GOVTO sxl T^J 6i- to sill ty 6i6a%ifl fachung; Verbesse-
6a%f] avrov, rp JO.Q avTov, OTL sv s,ov- rung durch Einfiih-
didaGxcov avTOvg aia ?jr 6 hoyoc, rung des Begriffs 6
cog B^ovGiav ^yjmv avrov.
xal ov% cog oi
(23) xal sv&vg i]v (33) xal sv ry 6vv- Das unklare avrcov
sv rf] Gvvaywyq aycoyflfjvav&QWJKx; ist gestrichen, das
1) Der Text des Markus ist YOU Lukas sprachlicb. im Interesse ernes
besseren Griecbiscb. erbeblicb. utngearbeitet, auch ist er teilweise com-
mentiert (glossiert) und nach Ermessen ,,verbessert", endlich ist er ia
zahlreichen Absclinitten init Fremdem combiniert.
62
Cap. 2: Der'sog. Wir-Bericht der Apg.
V 3ivv t uaTi axa-
avdQcojtog e%oiv jtvsvfia dai- hebraisierende av
xal di'EXQa- durcli 8%a)v ersetzt,
&aQTco, xal avXQa- sv y>o3vy fieya^y das unbestimmte dxa-
durcli 6cu-
das matte
durch
(24) Ti r^lv %al (34) [I'ct], ri i]yLiv -xal
Na^a- 6oi, Yr;(Jov Na^a-
o
axo-
; olda
rig si, o afioc, TOV 68 rig ei, o ayioq,
&sov. TOV &EOV.
(25) xal sytTL t uf](jev (35) xal sJtsTi^Gev ditb fiir eg: Ver-
avrw o 'fyciovg [Zs- O.VTCQ o 'fyoovg Is- besserung.
ya>v]' <Ptioy&rTLxal cov' <P(ta>&JTi xal
avrov.
an avrov.
(26) xal (jJiaQa^av xal Qityav avrbv TO Fiir das vulgare 6jta-
avTOV TO xvsvfia Sai^oviov dc, TO {i- Qa^av setzt Luk. Q'L-
TO axa&aQTOV xal oov s^rjlfrev ax av- tyav, fur <pcov. <pcor.
fpmvy ^- TOV {irjdlv (ttatyav [isy. das bessere dva-
sgijl&sv l| avTov. '- xgavy.; der Zusatz t ur]-
avTov. [stattftg TO fieGov dsv @laty. avT. er-
wohl urspr. ava- scheint deni Arzt not-
xQavyaGav re], wendig.
(27) xal e
- (36)
6av
SOTS
yovTaq' Ti sdTiv
xaT e^ovoiav xal
Tolg JtVV[ia6L Tolg
axa&aoTOig sjtiTaG-
GSI, xal vjtaxovov-
Giv avTj.
xal sysvsTO
sxl xav-
Tag, xal GvvsZalovv
dllfaovq ).e-
Tig 6 2.6-
yoq ovTog, on sv
s^ovoia xal dvvaftsi
sxiTaGGsi Totg axa-
&aQToig 3iv8V[ia6iv
xal s-()%ovTai,;
braucht
Luk. nie, d-aftftog ein
paar Mai. Das fei-
nere ajcavTsq steht
vielleicht zweimal bei
Mark., bei Luk. findet
es sich etwa 36 mal.
GvllaZslv ist pra-
ciser als GV^TJTSIV.
s&aftfi. Stirs ist un-
gelenkund daher cor-
rigiert. Im Folgen-
Untersuehungen fiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas.
den hat Luk. Einiges
praciser und klarer
gestaltet.
(28) xcd sgTJI&ev 1} (37) '/MI sgejtoQevsTo Man gewahrt, wie
axoi] avrov ev&vg t]yoc. Jisgl avrov slg vulgar sich Mark, aus-
Jtavra%ov elq oZiyv Jiavxa TQJIQV xr\q gedrtickt hat, wenn
tr\v xeg'r/jCDQov rvjg jreQr/^QOv. man die Correcturen
Fahbaiaq. iiberschlagt.
Die Quelle 1st, wie man sieht, im Ganzen nur wenig ver-
andert (doch sind einige specifische Arten und Unarten des
Markus getilgt); auch hebt sich ihre stilistische Eigenart gegen-
iiber den Partien, in denen Lukas freier schalten konnte, deut-
lich ab, da er bekanntlich sich in c. 3ff. moglichst dem schon
bestehenden Erzahlungstypus der evangelischen Geschichte an-
geschlossen hat. Man vgl. die 10 einen neuen Satz beginnenden
xai (ganz nach der Quelle und im Widerspruch zu seinem
eigenen Stil) *, ferner die Ausdrucke o aytog TOV &sov und 99^-
die sich sonst bei Lukas nicht finden.
on
Mark. 2, 1 : xal slds^-
&a>v Jtal.iv eiq Ka-
(pa.Qvaov^.i 6i ?] k us-
QQ3V rizovo&t]
ev owo) 86TLV.
(2) xal
jtollol &6T8
xs'rt yjcoQ&v
to, Jtgbq Trjv&VQav,
Luk. 5, 17:
t ULa
/e-
VSTO
sv
rcov
xa avrbq
i]v didadxcov, xal
i]Gav xafr^usvoi <Pa-
QLGaioi xal vo t uo<5c-
datixaloL OL ffiav
slqlvd-orec; s% xa-
6i]c, xatftriq rr\c, Fa-
Dies xal Eysvzro ist,
obgleich nicht schrift-
griech., doch luka-
nisch. Lukas hatdiesen
Bibelstil absichtlich
iibernommen. Eine
Vergleichung ist hier
sonst nicht moglich;
nur beachte, daG Teile
1) tiber die Satzanfaoge bei Lukas liafc Vogel (Cbarakteristik des
Lukas, 2. Aufl., 1899, S. 32) gehandelt, aber den letzten SchluB nicht
gezogeu. Vergleicht man mit ihni 100 Satzanfange im Ev. init ebenso-
vielen aus dera 2. Teil der Acta, so ergibt sicn:
xal de TB and. Part, ohne Part.
Ev. 50 36 1 6 7
Act. 16 51 9 16 8
Hiernach uberwiegt das xa.1 ini Ev. um das Dreifacne. Zieht man
aber alle die Falle ab, in denen das xai im Ev. aus Markus stamint, so
wird das Verhaltnis von xai und 6s in beiden Schriften ein sehr ahnlicbes.
64 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
xal eZalei avTOlg AiZaiag xal'lovdalag aus Mark. 2, 6 ganz
TOV %6yov. xal'lEQovGaZrjfi' xal passend hierher ver-
dvvapic, XVQ'LOV i]v setzt sind und daher
sig TO laG&at. avTOv. Luk. 5, 21 fehlen.
[Die Struktur des Lukas hat also die
Satzes ist wohl in ganze Perikope er-
der Uberlieferung wogen, bevor er Ein-
verdorben], zelnes umgestaltete.
(3) zalEQ%ovTai(p8- (18) xal Idov avtiQec, %al I6ov fehlt bei
vTOv (peQOVTEc, sxi x?,L- Mark. vollstandig;
aiQO- vr)g av&QWJiov og bei Luk. stehen xal
vjcb Tsooa- r\v jzaQalslvftevog, Idov und Idov /() im
QCOV. xal etflTOvv avxbv Ev. etwa 30mal, in
(4) xal (IT] 6vva- zl(>VyxZv xal -0-el- den Act. auch ein
fievoi jtQOGevE-y- vai evcoxtov avrov. Dutzendmal, u. zwar
xai avrqj 6ia TOV (19) xal firj EVQOV- in c. 1; 5; 8; 9; 10;
oy^ov aJiEOTsya- TEC, xolag dosvsy- 11; 12; 13; 16; 20;
Gav ii]v GTEyriv xatoiv avxov 6ta 27 (Wirstiick). cps-
OJTOV i]v, xal so- TOV o%hov, ava- QOVTEQ\ solche sub-
LT:bv ftavTEg sxl TO 6<x>[ia jektlose Verba liebt
OJTOV o 6ia TCOV xEQafiwv Luk. nicht u. schiebt
jtaoaZvTixbg xaTe- xa&rjxav avTOV Gvv ein Subjekt (avdQi-g)
XSITO. TW xhividiq) Eig TO ein, ebenso ein Subst.
LLEGOV EfMcQoa&EV als Objekt (av&Qoi-
TOV 'iqGov. xov\ jtaQalsL] so
immer fiir jraQalvn-
xog, das vulgar ist.
In v. 18 u. 19 hat Luk. den Text fast ganz umge-
schrieben (den Grund dafiir hat Wellhausen vielleicht
richtig gesehen); die "Dbereinstimmungen, die stehen
geblieben sind, sind
gesperrfc gedruckt.
(5) xal Idcov o ('20) xal idwv TTJV o 'frjOovg als iiber-
'itjGovg TI]V ziiGTLV JiiGxiv avToiv ELJtsv ' fliissig getilgt, ebenso
avTotv Mysi TCQ Jta- "Av&Qmns, acpscov- TCQ JiaQaZvTixm. TE-
Qa)*VTix(p ' TEXVOV, Tai GOL al aftaoTiai xvov schien wohl zu
a<piVTalGovala[iaQ- Gov. familiar. Die flinzu-
Tiai. fiigung "des GOL ist
Untersuchungen fiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 55
(6) r\6av 6s riveg
svrcug
%a()6iaig avrcov
(7) ri ovrog ovroog
o
rig dvvarai
si ,?} slg
geschoben
(8) xal svtf-vg sjtt-
yvovq, 6 'irjtiovq rat
avrov on
OVTOJQ 6ialoyiC>ov-
xai kv zavtoig
avrolg' XL
rale,
(9) TI kdriv tvxo-
ixcp ' acpisv-
rai 6ov at afiaoriai,
t] slxslv sysios xai
O.QOV rov %Qa(3ar-
TOV 6ov y.a
schwer erklarbar (s.
auch v. 23).
S. die Bemerkung zu
ol ygap- v. 17. sv r. xaod.
xal ol <PaQi- 1st tier weggelassen,
6aloL Zsyovrsq' rig weil es v. 8 = v. 22
s6nv ovrog og Za- noch einmal steiit.
^.gf @l.a6<priniaQ\ rig Die gehackten Satze
dvvaraL apaQriaq sind verschmolzen ;
a<pslvai si fir] [lovoc, das nachlassig ge-
6 -O-eog; brauchte sig 1st in
das richtigere fiovog
verwandelt. Am An-
fang ist r}Q,avro ein-
(gegen den eigenen Stil des Lukas, aber mit
dem Bibelstil, den er
nacb.ab.mt).
(22) exiyvovg 6s 6 xal sv&vg gestrichen
3 Iq<jovg rovq dialo- (s. o.), ebenso T. Jtpsv t u.
avrwv ajto- avr. als ganz iiber-
EiJtsv JtQoq fliissig; fiir den Ob-
avTovg' ri 6ia2.oyi- jektssatz ist das kiir-
s6&s ev ralq xaQ- zere Substantiy ein-
diaiq v k ua>i>; gesetzt; axoxQi&sig
(feierlich) ist nach Ge-
wobnbeit des Luk.
eingescboben; das un-
geschickte ravra ist
gestrichen.
(23) ri s6nv svxo- rm JtaoaZvr. alsuber-
JIGOTSQOV , sijistv fliissig gestrichen,
acpscovrai oot al ebenso xtu O.Q. r. xQaft.
6ov , 1} 6ov. Das Wort Jesu
sysiQS ycal wird durch die Kiirze
energischer;aufierdeni
stehen die Worte ja
im folgenden Vers,
wo sie passender sind.
H a r n a c t , Lukas.
66 Cap. 2: Der sog, Wir-Bericht der Apg.
(10. 11) ivads el6?]Ts (24) tva 6s dd'fjrs Yoranstellung des
OIL et-ovGiav e%L 6 on 6 vibe, TOV av- Subjekts, wie so oft
vibg TOV av&Qoojcov &QCOXOV sgovGiav bei Luk. AmScklufi
sjtl Ttjg yijq acpis- %i sjtl trie, y?Jg Participialconstr., wie
vat afiaQTLag., ley si acpievat a{iaQTiaq, so oft. xgaftaTTOV
' ool zijisv TCQ 3zaQa%%.v- vermeidet Luk. ini Ev.
agov [ivor Got .^e'yco, als vulgar. Auch
TOV y.QaftaTTOV Oov eyeige xal aQaq TO vziaye liebt er uiclit;
xal vitals sic TOV %hvi6t6v Gov jco~ in den Act. fehlt es
oixov Gov. QSVOV tg TOV oi- ganz, im Ev. steht es
xov 6ov. selten, wakrend es
sicli bei Matfcli. 20 mal
und bei Mark. 1 5 mal
findet.
Auch hier siud die Haufungen des y.al in den Satzanfangen
fiir jeden aufmerksamen Leser der Apostelgeschichte eiu deut-
licher Beweis ; dafi ihr Verfasser einer Quelle folgt und nicht
selbst redet. Sonst ist in der Erzahlung im einzelnen (im Stil)
soviel verandert und geglattet, dali man die besondere Art der
Quelle nicht sofort erkennt; aber die breite Erzahlung erleich-
terte die Durchfiihrung der Absicht stilistischer Correcturen.
Insofern ist die Perikope mit den knappen ..Wirstiicken" der
Apostelgeschichte kaum vergleichbar; aber dennoch wird wohl
jedem klar sein, daC der Autor^ welcher Luk. 1, 1 ff. oder die
Wirstiieke oder die Rede auf dem Areopag geschrieben hat,
c. 5,17 24 so nicht geschrieben katte, wenn er nicht einer Quelle
gefolgt ware.
Sehr lehrreich ist, und an Dutzenden von Stellen zu belegen,
dafi Lukas bei seinen Correcturen und Umforniungen des Mar-
kustextes den Bibelstil bzw. den Stil des Markus zu kopieren
sich bemiibt. Er setzt nach Kraften einen Lappen ahnlichen
Zeugs auf die Risse.
AuBer dem Markus laGt sich noch eine zweite Quelle fur
das 3. Evangelium (aus den mit Matth. sich sachlich deckenden
Abschuitten) ausschalen. Sie laBt sich zwar weder ihrem Um-
fange uoch ihrem Wortlaut nach mit Sicherheit ermitteln,
aber fiir eine Anzahl von Abschnitten ist sie dock ganz evident
und fafibar. Wie hat Lukas diese Quelle es sind hauptsach-
lich Herrn-Worte und -Gesprache benutzt?
Untersucbungen iiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 57
(Matth. 7, 3) TL 6s (Luk. 6, 41) TL 6s Fast alle Abweichun-
@)Jjtsiq TO xdgcpog (ttsxeLg TO xdoqtog gen des Luk. voa
TO sv TCO ocp&al{icQ TO sv T<5 ocp&aZficp Matth. hier sind ein-
TOV d6slcpov 6ov, TOV d6slcpov GOV, leuchtendestilistische
6s sv TCQ Goo Tr\v 6s 6oxov Trjv sv Verbesserungen.
doKOV ov T& Idioo
ov xctTavoslq;
(4) rj Jtcoc, SQSIC; TW (42) Jtcog
a6eZ(pq}<jOV'a<peqf-x- HysiV TCQ
fiasco TO xaQcpog s% Gov' d6sZcps, acpsgex-
TOV 0(p&a7[iov dov, fiasco TO xaocpog TO
xai I6ov i] 6oxoq sv sv TCO ocp&-al t ucp GOV,
TCQ ocp&alficp Gov, avToq T^V sv TCO
(5) vjioxoiTa, sxftate ocpd-aZftcp 6ov 6oxov
JTOCQTOV SX TOV 0- OV fiksJlCOV, VJEOXOl-
cp&alfiov GOV T-TJV TO., %@a2.s JZQCOTOV
6oxov, yMiTOTsdia- TTJV 6oxov s% TOV
ex(3a2.elv TO ocp&aZfiov Gov, xal
sx TOV 6- TOTS diafilMpsiq TO
cp&alfiov TOV d~ xctQyioq TO sv TCO
6slcpov Gov. 6g>-d-a2.icp TOV ddsh-
cpov Gov sxftaZslv.
Das dcpisvai kommt in den Act. nur zweimal vor (c. 5, 38
ist wohl saGaTs zu lesen) und 1st also als ein Wort zu be-
trachten, welches im Ev., wo es haufig steht, in der Regel aus
den Quellen geflossen ist. Auch sxfiaM.Siv TO xagcpog hatte Luk.
schwerlich geschrieben, wenn er es nicht in einer Vorlage fand.
'FjtoxQiT-rjg ist ebenfalls den Act. ganz fremd, und das sehr auf-
fallende diafiksjtsiv findet sich im Ev. u. den Act. niemals
wieder. Auch ohne daK Matth. vorhanden ware, wurde man also
hier auf eine schriftliche Quelle schliefien.
Verglichen sei noch ein zweites Stuck:
(Matth. 8, 8) dxoxQi- (Luk. 7, 6) o sxaTov- Das ,w/} GxvM.ov wie
&slg 6s 6 sxaTOVTctQ- TaQ%i]g )Jycov avTco' Mark. 5, 35 = Luk.
Xogsyirj' XVQIS, ovx XVQIS, t ut] Gxvllov 8, 49.
slfil Ixavog iva fiov ov yao ixavog
vxb TTJV GT&yriv sic- Iva V3tb TT]V
tfc,' dlla fiovov fiov
Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
eljts loyco, xal lady- (7) aMa sixs loycp,
osxca 6 Jtalg [iov. xal la^r]T(D o
(9) xal JO.Q e/c? av- (8) xal jaQ &y<b av- raGGopsvog] Verbes-
d-Qcojtog sl t ui vxo &QG)Jc6(; slfii vjto serung des Stils.
k^ovoiav, e%cov vx e- s^ovGiav
orQaTLCoraq, voq, ^ycov vjt sfiav-
xai Zsyco TOVTOJ' JCQ- rov OTQaTLcotaq, xal
QV&7]Tl, Xal JlOQSV- hsyCfl TO Vrcp ' JtOQSV-
srai, xai aJLlcp'
y.al TCQ 8ovl*(p fiov' SQxerai, xal rep
3ioi?]<jov TOVTO, xal dovkcp t uov' JIO'LTJGOV
TOVTO, xal Jtotsl.
(10) axovtiag 6s 6 (tydxovGagdsTavra Die Einschiebung der
'fyoovq e&avftaaev o ItjGovq s&av[ia6ev Objekte ist lukanisch.
xaleixevTolqdxo2o> avrov xal Grgacpelc; Das GrQacpeig fehlt
ftovGiv dfiqv l.tym rq> dxolo&ovvTi av- bei Matth. u. Mark.;
V'lilv, JIO.Q ovdsvl TCO o%lq> stjzsv Izyo) beiLuk. findet es sich
TOOavTijp jt'iGTiv Iv vfilv, ovds kv rw im Ev. achtmal (und
TCO 3 /<jp?}2 EVQOV. 'iGQafaTOGavTtiv JCL- Ahnliches noch of-
GTLV 8VQOV. ters). Das fremde
ist auch sonst von Luk. getilgt. ovds. Iv T.
. ist einfacher, wirksamer und besseres Griechisch.
Die von Lukas vorgenomraenen Yerbesserungen haben die
Besonderheiten der Quelle doch nicht verwischt. 'ixavbg tva
sagt Lukas in den Act. niemals, und auch in dem Ev. steht
(3, 16) nur ixavbc, Ivtiai. EloQ%(>&ai vjto findet sich in dem
Ev. und den Act. sonst nirgends, obgleich sldsQ^so&ai. c. 86mal
gebraucht wird. Auch sijtslv mit dem Dativ ^.070? ist Lukas
fremd, desgleichen vjto e^ovolav. Kal JO.Q kommt in den Act.
nur einmal vor (c. 19, 40); in dem Ev. ist es, weil den Quellen
entnommen, haufiger.
Einer Vergleichung weiterer Herrnworte, die Luk. und Matth.
gemeinsam sind. bedarf es nicht. Wernle (a. a. 0. S. 81) hat
richtig gesehen, daB alle Veranderungen in bezug auf einen
Untersuchungen ubev die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. (39
bestimmten, ziemlicb groBen Complex von Herrnworten l bei
Luk. nur ganz leicbter Art sind und weniger besagen als die
Treue, mit der sie im ganzen wiedergegeben sind 2 . Ebendes-
halb ist auch der Sprachcharakter bewahrt: daft bier eine scbrift-
licbe Quelle zugrunde liegt, kann niemand verkennen.
Aber sagt man mag aucb in dem Evangeb'um
(c. 3 24) der Spracbcbarakter der benutzten Quellen deutlich
gewabrt sein, so liegen doch Ev. c. 1 u. 2 und Apostelgescb.
1 12. 15 sicher scbriftliehe Quellen zugrunde, trotzdem sei
aber der Stil dieser Capp. und ihr Wortscbatz ganz und gar
lukanisch; also konne aucb den Wirstiicken trotz ibrer luka-
niscben Haltung eine schriftlicbe Quelle zugrunde liegen.
Untersucben wir zuerst Luk. 1 u. 2. Icb stelle das Ergebnis
voran:
Der den cc. 1 u. 2 des Evangeliums eigentiimlicbe Wort-
scbatz, Spracbcharakter und Stil ist so total lukaniscb, daB trotz
allem, was man vermutet bat, die Annabme einer griecbiscben
Quelle unmoglicb ist; denn es bliebe fast nicbts fiir sie iibrig.
Es gibt daher nur die doppelte Moglicbkeit: entweder bat Luk.
bier eine aramaiscbe Quelle iibersetzt oder er besaC fiir diesen
Stoff iiberbaupt keine schriftlicbe Quelle, sondern folgte miind-
licben Bericbten, die er ganz frei gestaltet bat. Docb sind die
beiden Annabmen nicbt gleicb wabrscbeinlicb; denn nur die
zweite lafit sicb obne Scbwierigkeiten durcbfiibren, die erste ist
von solcben in bobem Malta gedriickt. Mindestens die beiden
grofien Psalmen in Luk. 1. 2 sind ibm nicbt iiberliefert (weder
griecbiscb nocb aramaiscb), sondern von ihm selbst komponiert.
Icb untersucbe c. 1, 5 15:
(5) eyevero sv Wie cbarakteristiscb das eysvsxo fiir den
raigtffisQaig'HQop- Stil des Luk. ist, ist bekannt. Mattb.
<5"ov ^aoilscog trie, scbreibt ev qfisQcuq 'ffQcodov, Luk. aber setzt
'lovdaiac, IsQsvg bier u. 4, 25 (ev raig ^(iiQaic, 'Httov) u. 17,
ovopaxi Za- 26 (1^ talc, r^isQ. Na>s) u. 17, 28 (sv ralq
1) Bei anderen steht es allerdings anders, aber ob diese derselben
Quelle entstammen ist mir zweifelhaft. Ich vemiute, z. T. auf die Nach-
weisungen Wellhausens hin, daB Luk. auch eine araniaische Quelle
besessen, die er selbst iibersetzt hat.
2) Vgl. auch Vogel, a. a. 0. S. 38.
70 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
/ragtag l equals- rjfi. ACOT} u. Act. 7, 45 (SCDQ TWV r^i. Aaveid)
oiag 'Aftia, xal den. Artikel. iOvg Tig 6v6[iaTi] so hat
yvvrj am) EX Luk. im Ev. u. den Act. ein dutzendrnal sti-
TCOV &vyaTQCQV lisiert und nur er. -O-vyareQcov 'Aagcov wie
*AaQcav, xal TO -frvyaTSQa *A@Qaa[ (13, 16), ohne Artikel. Zur
ovofia avTrjc 'Eli,- Stilisierung vgl. Act. 18, 2: SVQCOV Tiva 'lov-
oaftsT. dalov ovofian 'Axvlav . . . xal UQiGxiHav
yvvalxa avTOv.
(6) i]6v.v 6s 61- aficpOTEQOi fehlt bei Mark. u. Job., steht
xatoi aficpoTS- bei Luk. 9mal (bei Mattb. 3mal). evavxlov
QOL evavriov TOV u. evavn finden sich im N. T. nur bei Luk.
&sov,xoQv6(tevoi (6mal), s. Ev. 20,26; 24, 19; Act. 7, 10; 8, 21;
kv jia.6a.ic, Taig 8, 32. 3iOQevG&at ist ein von Luk. bevor-
h'ToZalg xal 6t- zugtes Wort. dixaiaifta und afisfUtTog
xaicoftatitvTOvxv- finden sicb in den Evaugelien nicht (s. aber
QLOV afJSfiJtToi. Paulus).
(7) xal ovx rjv xa&OTi kommt im N. T. nur bei Luk. vor,
avTOlgrExvov,xa- s. 19, 9; Act. 2, 24; 2, 45; 4, 35; 17, 31 (hier
i]v TI 'Eli- in der Rede zu Atben, die sicber von Luk.
c>Tloa, xal selbst komponiert ist). 17, 24: kv T
JCQO- aVTOV, S. Z. V. 5.
V TttlC,
rfiav.
(8. 9) yVTo $ jVTO sv TO) . . . %)M%S . . . ElGeh&CQV ist
kv TCQ iQaTViv im N. T. eine spezifisch lukaniscbe, aber auf
avTOV v T^I Ta,i das Evangelium bescbrankte Konstraktion.
TTJC, ecptjftegiac; av- Tiber evavTi s. z. v. 6 (ausscbliefilicb lukanisch).
TOV wavTi TOV '/MTa TO &og ist ebenfalls ausscblieBlich
,xaTaTO&og lukanisch, s. 2, 42 u. 22, 39; aber auch das
iQaTiag e- Wort e&og findet sich bei Luk. im ganzen
la% TOV frvfu doai lOmal, sonst nur noch Job. 19,40 u. Hebr.
lol-&-(bv do, TOV 10, 25. Auch xaTa TO dcoftoq findet sich nur
vaov TOV XVQIOV. bei Luk. (4, 16 u. Act. 17, 2) u. xaTa TO
id-i6(ivov nur Luk. 2, 27.
(10) xal jtav TO i]v jrQoOv^6 t usvov] eine bekanntlich von
i]v TOV Luk. bevorzugte Konstruktion ; die in man-
Untersuclmngen iiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 71
JtQo6v%6[t- chen Capiteln 5 mal vorkommt. jtl
vov figco T# woa bei Luk. 25 mal, sonst in den Evv. nur 2 mal
TOV &V(iLa{iazoQ. bei Markus und 2 mal bei Joh. oiav (aotav)
r. jclrj&og bei Luk. 8, 37; 19, 37; 23, 1; Act.
6,5; 15, 12; 25, 24. nMi&oq TOV laov]
Diese charakteristiscbe Verbindung auch Ev.
6, 17 (nlfj&oq Jtolv TOV laov), 23, 27 (jtolv
jtlfj&oq TOV laov), Act. 21, 36 (TO jtZi
TOV ?MOV), sonst nirgends.
(1 1) axp&t] 6s coy&t} steht bei Mattb. u. Mark, je ein-
w ayysloc, xv- nial ; bei Luk. (Bv. u. Akt.) 13 mal. Der
Q'LOV BGTCOQ sx 6s- //^og xvoiov findet sich aucn in den Act.,
gimv TOV -0-voia- s. 5, 19; 7, 30; 8, 26; 12, 7. 23; 27, 23. Bei
6Tt]Qiov TOV -Ov- Mark. u. Joh. fehlt er; bei Matth. findet er
faa t uaToq. sich am Anfang und am Schlufi des Buchss.
Er ist also fast eine Specialitat des Lukas
und wird mitten in glaubhafter Geschichte
aufgeboten.
(12) xal era- sTaQa^vj I6cov lukanisch. y>6@oq EJtejt.
Qay^Tj ZaxaQiaq ssi CIVTOV] so nur noch Act. 19, 17: sxe-
I6cov, xal 9oo/3os jcs6s (pofioc, sjtl jtavTaq. Auch
sjtEJtso'EV sjt av~ sjil findet sich nur bei Luk.
rov.
(13) SIJTSV 6s sijzsv 6s und sijtsv XQoq sehr haufig bei
jtQog avTOV 6 ay- Luk.; letzteres ist geradezu ein Charakteristi-
/e^oe* fitj yiopov, kum seines Stils, und eljiev 6s braucht er
Zay_a.Qia, 616x1 offcers, wo man statt dessen xai erwartet.
rj rj 6s- fj,7j (po(3ov steht bei Matth. nie, bei Mark.
6ov, xal rf einmal, bei Luk. 7nial, s. 1, 30; 2, 10; 8, 50;
r) dov 'EliGa- 12, 32; Act. 18, 9; 27, 24 (Wirstiick!). DaB
/?T yvwf]6si viov der Name des Angeredeten hinzugesetzt wird,
OOL, xal xalsdsiq ist ausschliefilich lukanisch, s. 1, 30; 12, 32;
TO ovo t ua amov Act. 27, 24. 6ioTi kommt im N. T. nur
bei Luk. vor, s. 2, 7; 21, 28; Act. (10, 20);
(17, 31); 18, 10 (zweimal); 22, 18. slOTj-
xovo&T] kommt von Grebeten nur noch Act.
10^ 31 vor: slGf]zovo&i] 6ov r) CIQOGSVX^
(sonst findet es sich in den Evv. nur einmal
72 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
noch, Matth. 6, 7). der^Giq fehlt bei Matth.,
Mark. ; Job., s. aber Lukas 2, 37; 5, 33;
Act. 1, 14 (nicht sicher). kyivvr\QBV findet
sicb, von der Mutter gesagt, nur noch Luk.
1, 35. 57 u. 23, 29: tcoiZiat at ovx eyevvT]-
6av. 6ov . . . ooi] wie Luk. 5, 20. 23.
(14) xal etirai aycdllaOig fehlt beiMatth., Mark., Job., aber
%aQa<joixalayal- s. Luk. 1, 44; Act. 2, 46; ayaHLav viermal
xal jtoZ- bei Luk. (darunter Act. 16, 34), fehlt bei
8Jtl T% ysvs- Mark., steht einmal bei Matth. laigziv
avrov xaoT}- sjcl findet sich auch c. 13, 17 u. Act. 15, 31
(einrnal bei Matth.).
(15) serai. yaQ ftfya?] vgl. Act. 8, 9: sivai tiva eavrbv
evcojiLOv [isyav. svcojuov] fehlt bei Matth. u. Mark.,
XVQIOV, xal olvov findet sich einmal bei Joh., steht bei Luk.
xal dlxsQa ov [if] c. 36 mal, darunter auch einmal in den ,,Wir-
jiiy, xal zivevfia- stiicken" (27, 35: SVGOJIIQV Jiavrcov, genau
Toqayiovnl'r]6&7]- so Act. 19, 9). ov [ir[\ kommt, wie .hier, in
as rat STL ex xoi- den Act. ausschlieClich in LXX-Citaten vor.
Hag jLiijTobq av- 3cVV[i. ay. nto]^. ist ausschlieClich luka-
rov. nisch, s. 1, 41; 1, 67; Act. 4, 8; 4, 31; 9, 17;
13, 9 (jilqd&TJvai, bei Luk. 22 mal, bei Mark.
und Joh. niemals, bei Matth. Imal; xvevfta
ayiov bei Luk. ca. 53 mal, bei den iibrigen
selten). ex xoiZ. ^TJTQ. findet sich bei Matth.
einmal, bei Mark. u. Joh. nie, bei Luk. 3 mal
(s. Act. 3, 2; 14, 8).
Ich brauche nach diesen Beraerkungen wohl nicht erst nach-
zuweisen, daC Lukas hier nicht eine griechische Quelle ab-
geschrieben, sondern daC er entweder iibersetzt oder ganz frei
miindliche Kunde schriftstellerisch gestaltet hat. Letzteres ist,
wie jeder aufmerksam Priifende zugestehen wird, wahrschein-
licher.
In meiner Abhandlung uber das Magnifikat der Elisabet
(Sitzungsber. 1900, 17. Mai) habe ich aber bereits nach derselben
Methode und ausfiihrlich gezeigt, daB er auch fur c. 1, 39 56;
1, 6879; 2, 1520; 2, 4152, die Vers fur Vers seinen Stil
Untersuchungen liber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 73
und sein Vokabular zeigen, keine griecbiscbe Quelle ausgeschrie-
ben haben kann, specie]! aber fur die beiden Lobgesange dar-
getan, da6 mindestens hier aueb die Moglicbkeit einer aramaischen
Quelle wegfallt, vielmehr Alles abgeseben von der entscbei-
denden Unterlage, welche zahlreiche alttestamentliche Yerse der
Septuaginta botea von Lukas selbst gescbaffen ist. 1 Da dies
nun an 59 Versen von 128 nachgewiesen ist, so darf man mit
Fug das gewonnene Ergebnis auf die ganze Vorgescbichte des
Lukas (c. 1 u. 2) ausdehnen: die Annahme einer griechiscben
Quelle ist unmoglich 2 und die Annabme einer aramaiscben wobl
moglich, aber nicbt wabrscbeinlicb, weil durch keine sicbefen
Beobacbtungen nahegelegt. 3 Es ist wie in den Wirstiicken : der
1) Iin Anhang II babe ich diesen Nachweis in noch ausgefiihrterer
Form wiederholt.
2) Man darf nicht einwenden, daB die Stucke, welche Lukas aus
Markus iibernommen hat, von ihni so sehr in seinen eigenen Stil einge-
taucht sind, daB die Quelle kaum noch hervortritt, daB also auch den
Abschnitten c. 1 u. 2 eine Quelle zu Grunde liegen konne. Die Verhalt-
nisse liegen doch ganz verschieden. Der eigentliche Markustext schim-
niert noch deutlich durch, wahrend in c. 1 u. 2 nichts durchschimmert.
Die in diesen Capiteln etwas haufigeren aita% l.sydfteva erklaren sich
samintlich aus der LXX, mit Ausnahrue von nsQia^vitTeLv 1, 27, -wozu zu
notieren, daB sich in den Evv. und Act. auch neQiaigetv, nsQLaoxQa.nrs.iv,
v, neQi[j,eviv,TtQioi.%elv,
o&cu, iiGQLQQYiyvvvai, nsQiOTtaoQ-ca, TtSQiTQeneiv finden, die in den anderen
Evv. fehlen. Die erste Halfte des Lobgesangs des Zacharias ist, wie
ich a. a. 0. gezeigt habe, trotz des Parallelismus niembrorum eine regel-
recht gebaute, umfangreiche, griechische Periode und zeigt in dieser
Koniposition zweier ganz verschiedener Stilgattungen sowie in den kon-
stanten Versschliissen (amov-ilfj-iav) eine noch groBere stilistische Kunst
als der Prolog.
3) Also ruhen diese Abschnitte wahrscheinlich auf miindlicher Uber-
lieferung und freier Gestaltung. Naher auf die Frage einzugehen, ob Luk. in
c.lu 2 eine aramaische Quelle benutzt (so z. B. Resch) oder aufmiindlichen
Nachrichten fuBt, darf ich mir versagen, da die Entscheidung fur die
Kritik der Wirstiicke nichts austragt. Fiir diese hat nur die Frage ein
Interesse, ob der Erzahlung Luk 1. 2 eine griechische Quelle zu Grande
liegt. Erwahnt sei ubrigens noch, daB sich in Luk. 1, 52, 52 nicht
weniger als 25 Worte finden, die weder in den iibrigen Capiteln des Lukas
noch bei Matth., Mark, und Job.., wohl aber in der Apostelgeschichte
vorkommen, n'amlich die Yerba avsvQiGxeiv, avrdaftpdveG&ai, diaxi]-
, emfeiv, sTtupaivsiv, neQLt.anneiv, nQOTtopsveotyca und dazu ayaM.ia-
74 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
Stil und der Sprachcharakter des Schriftstellers tritt so unver-
kennbar hervor und bestirnint so sehr bis aufs Kleinste Alles,
daC eine griechisclie Quelle ausgeschlossen ist. 1
Und doch ist es zugleich ganz anders als in den Wirstiicken;
denn die Erzahlung in c. 1 u. 2 ist, sprachlich betrachtet, ein
Produkt des Bibel(Septuaginta) - Griechisch rait dem eigenen
Griechisch des Verfassers. Jenes Element aber fehlt den ., Wir-
stiicken" (und liberhaupt dem 2. Teile der Acta) in hohem MaCe.
Sprachlich betrachtet und es wird nicht viele Schriftsteller
geben, die so sichere sprachliche Unterscheidungen zulassen wie
Lukas zeigt das Evangelium folgende Elemente: 1. den mit
leiser Hand korrigierten Sprachtypus einer groBen Gruppe (nicht
aller!) iibeiiieferter Herrnworte und Reden [er liest sich wie eine
Ubersetzung aus dem Aramaischen und ist es auch; aber die
Ubersetzung ist nicht von Lukas]; 2. die star}*: (sprachlich und
z. T. auch dem Gedanken nach) korrigierten, leicht biblisch
(LXX) gefarbten Erzahlungen vornehmlich des Markus 2 [sie lesen
sich, dank der Korrekturen, z. T. wie der eigene Text des Schrift-
stellers; aber die fremde Grundlage schimmert doch an sehr
vielen Stellen noch ganz deutlich durch, und in einigen Korrek-
turen ist der evangelische Erzahlungsstil des Markus nachge-
ahmt]; 3. die Legendengeschichte in c. 1 u. 2 und in einigen
anderen Partien in einem Stil und Erzahlungscharakter, der dern
aiq, c'.7tet.Q"fjc, aitoyQacpri, ^Qayjwv, dsonor^c, Soy/tec, tiovty, Swdor^q, SV
xQaroq, TO. hcchovfieva, nazgid, GTcl.ayytya, Guyana, ovyyeveta, xa-
sowie STtznsos <po(log snl. Da sich im Luk.-Ev. und in den Acta
ini ganzen c. 203 Worte finden, die bei Matth., Mark. u. Joh. fehlen, so ist
die Zahl von 25 mehr als was man fiir die Capp. 1 und 2 erwartet, d. h.
lexikalisch sind die Capp. 1 u. 2 niindestens ebenso niit den Acta ver-
wandt, wie das iibrige Evangelium.
1) Wellhausen behauptet, daB Luk. 2 ohne Riicksicht auf c. 1
coiicipiert sei. Daraus miiBte man auf eine oder zwei schriftliche Quellen
schlieBen. Allein ich kann die Wiederholungen in c. 2 (v. 4. 5) auf
sie allein kann sich, soviel ich. sehe, die Behauptung stiitzen nicht so
beurfceilen. Die Wiederholung erklart sich m. E. leicht aus der Bedeu-
tung der Angaben. Und jener Hypothese steht eine vollige Grleichartig-
keit der Erzahlung und ein trefflicher Forfcschritt von c. 1, 52, 52 ent-
gegen.
2) Dazu 'komtnt noch manches andere, ahnlich Behandelte (auch
Herrnworte).
Untersuchungen fiber die Art der Quellenbemitzung bei Lukas. 75
Septuaginta-Griechisch kunstvoll und gliicklich nachgebildet ist,
aber als zweites Element fast Vers fur Vers die Elemente und
das Vokabular des eigenen Stils des Verfassers beigemischt auf-
weist schriftliche griechische Quellen sind bier ausgeschlossen
; 4. der Stil des Prologs und eben jene Elemente, die wir
sub 1 schwach, sub 2 und 3 stark vertreten fanden. Sie konnen
durcb die Vergleichung mit dem Stil und Vokabular der Apostel-
gescbichte (2. Halfte, namentlich aber der langen Reden und
Briefe dort) zu einer Einheit zusammengefafit, zur Klarbeit ge-
bracht und als ein fur diesen Schriftsteller konstahtes Element
seinen Stil und sein Vokabular 1 erkannt werden. Obne
die Apostelgeschichte bliebe alles unsicber und unklar.
Aber und das mag die letzte Untersucbung in diesem
Zusammenbang sein sind nicht in der ersten Halfte der
Apostelgeschichte schriftlicbe griecbiscbe Quellen (bez. eine
Quelle) benutzt, und trotzdem ist das Spracbgewand dieser Ab-
scbnitte ganz lukanisch? Ist dem aber so, so konnen aucb die
Wirstiicke auf eine scbriffclicbe griecbiscbe Quelle zuriickgeben
trotz ibrern ausgesprocben lukaniscben Spracbcbarakter.
Ob diese Folgerung nacb dem, was oben nacbgewiesen ist,
nocb moglicb ist, moge bier dabingestellt bleiben. Sind schrift-
licbe griechische Quellen oder eine Quelle fur " die erste Halfte
der Act. iiberhaupt nacbweisbar? Von den fast unzahligen Seifen-
blasen, mit denen die Kritiker bier- ernstbaft gespielt haben,
sehe ich ab den einzigen wirklicb beacntenswerte'n Versuch,
eine Quelle nachzuweisen, bat m. E. Bernhard WeiC gemacht-
WeiB sucht mit grofiem Scharfsinn zu zeigen, dafi von c. 1 bis
c. 15 eine, wie es scheint, zusammenbangende scbriffcliche Grund-
lage durchschimmerfc; zahlreiche Unstimmigkeiten und Wider-
spriiche in jedeni grofieren ABscbnitt sollen sie beweisen; Lukas
sei bier nur Redaktor gewesen; ein ahnlicbes Verhaltnis sei also
1) Dieses GriecHscli ist vortrefflich, s. Hieron. ep. 19: ,,Inter ornnes
evangelistas Lucas Graeci sermonis eruditissimus fait". Es nimrnt eine
Mittelstellung ein zwischen der Koiv>] und dem attisahen Griechisch (der
Literatursprache) ; dem. der Makkabaerbiieher, namentlich des zrweiten
(vgl. Vogel S. 53 f.) ist es nahe verwandt und beriinrt sicn auch ziem-
licli stark rnit dem des Josepnus. Semitismen feHen nicht und sind auch
nicht nur eine Folge der Semitismen der LXX; aber zahlreich sind sie
nicht und schwerlich unabsichtliche.
76 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
hier anzunehmen, wie es ira Evangelium in bezug auf Markus
obwaltet.
Zunachst ist demgegenuber festzustellen, daB, sprachlich be-
trachtet, diese Parallels nicht zutrifft, denn der Stil und Sprach-
charakter der Erzahlungen des Markus und der Herrnspriiche
Semitismus im griechischen Gewand schimmert stark und
deutlich im Luk.-Ev. trotz der sprachlichen Korrekturen durcb,
wahrend sich sprachlich und stilistisch m. E. Nichts aus
Act. 1 15 ausgliedern laBt. Richtig ist, daB im Allgemeinen
der Stil der ersten Halfte der Act. dem LXX-Stil und damit deni
hebraischen Stil naher steht als der der zweiten Halfte und so-
mit gewissermaBen in der Mitte liegt zwischen diesem 1 und dem
Stil des Evangeliums. Allein in jedem der drei Teile des groBen
Geschichtswerkes (Ev., Act. I, Act. II), die sich sprachlich so
charakteristisch von einander abheben, finden sich Abschnitte,
in denen der Stil der anderen Teile hervortritt. So hat das
Evangelium den klassisch stilisierten Prolog, der sprachlich den
besten Abschnitten von Act. II nahe steht, ferner die cc. 1 u. 2
und 24, die z. T. an Act. I erinnern. In, Act. I steht es nicht
anders. Was aber den Wortschatz betrifft, so laBt sich auch
von ihni aus fiir schriftliche griechische Quellen nicht argumen-
tieren. In den cc. 1 12 u. 15 finden sich allerdings ca. 183 Worte
(unter ihnen 83 Verba), die weder in den 4 Evangelien, jib%li
in der 2. Halfte der Act. vorkommen; allein in c. 13. 14. 16 28
finden sich ca. 352 Worte, die in den 4 Evv. und in der 1. Halfte
der Act. fehlen, also nahezu das Doppelte. 2 Zu demselben ne-
gativen Ergebnis wird man gefiihrt, wenn man das positive Ver-
haltnis zum Luk.-Ev. lexikalisch feststellt. Das Luk.-Ev. hat
mit c. 1 12 u. 15 ca. 62 Worte gemeinsam, die sich bei Matth.,
Mark., Joh. und in der 2. Halfte der Act. nicht finden; mit der
zweiten Halfte der Act. hat eben jenes Ev. aber ca. 70 Worte
gemeinsam, die bei Matth., Mark., Joh. und in der ersten Halfte
1) Er zeigfc den Sprachcharakfcer der Koivi] in literarischer Be-
handlung.
2) 117 Worte, die in den 4 Ew. fehlen, stehen sowohl in der ersten
wie in der zweiten Halfte; sie sind also den beiden Halften ausschlieBlich
gemeinsam. Man niiifite vom Lexikon aus eher fiir die 2. Halffce auf
schriftliche Quelleu schlieBen, erhielte sie nicht viel zahlreichere und ver-
schiedenere Stoft'e als die erste.
Untersuchungen uber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 77
nicht stehen. 1 Es waltet also hier kein Unterschied (zumal die
erste Halfte 480, die zweite 527 Verse zahlt), vielmehr die groBt-
mogliche Grleichheit _olj, Endlich kann aucli die Beobachtung, daft
eine Reihe wichtiger Worte nur je in der einen und in der
and eren Halfte vorkommt, nicht entscheiden; derm erstlich finden
sie sich offcers auch im Evangelium des Lukas, zweitens ist schon
von Anderen beobachtet worden, daB Lukas gern ein Wort fest-
halt, wenn er es eininal gebraucht bat, um es nacb einiger Zeit
wieder fallen zu lassen, drittens forderte der ,,lialbe" Evangelien-
stil in den ersten Capiteln der Acta ein etwas anderes Vokabu-
lar als in der zweiten Halfte. So findet sich das Wort 6r)(iia
hier nicht, aber in der ersten Halfte 13 mal und in den Evv.
45mal, rsqaxa. ebenfalls nicht, aber in der 1. Halfte 9 mal und
in den Evv. 3mal (nicht im Luk.-Ev.). ffQoGxaQTSQSiv steht
in der ersten Halfte 6 mal; es fehlt in der zweiten, aber es findet
sich auch bei Markus. "E^iGxavai findet sich in der ersten
Halfte 8 mal; es fehlt in der zweiten, aber es findet sich in den
Evv. 8 mal (3 mal bei Luk.). 'AQveTG&ai findet sich in der ersten
Halfte 4 mal (3 mal?), in der zweiten nicht, aber in den Evv.
14 mal (bei Luk. 4 mal). Sehr auffallend erscheint zunachst, daB
das Wortchen OGOI (060) in Act. 1 15 nicht weniger als 17 mal
steht, wahrend es von c. 16 bis zum SchluB fehlt; allein es
findet sich in den Evv. 54 mal (10 mal im Luk.-Ev.), gehort also
zum Evv.-Stil, den Luk. in der ersten Halfte der Act. mit leiser
Hand festgehalten hat.' 2 Findet sich dagegen GsfteGfrai rov
1) Sowob.! in der ersten wie in der zweiten Halfte finden sich c. 71
Worte, die bei Matth., Mark. u. Joh. fenlen.
2) Man vgl. aucb. alvslv. In der ersten Halfte der Acta steht es ein
paar Mal; in der zweiten nie, aber im Luk.-Ev. 3 (4) mal, ferner npoae-
&r}%e (TCQO&Q-SXO) mit deni Inf. nur bei Luk. u. in Act. 12. DaB es ein
besonderes Evv.-Yokabular gibt, kann man an Worten wie x@&\teiv,
xagnoQ, oxavSaM^SLV und a<j)t,eiv studieren. 'EstfidMeiv steht bei Matth.
28 rnal, bei Mark. 16 mal [im unechten SchluB 2 mal], bei Luk. 20 mal, aber
in der Apostelgesch. nur 5 rnal (7,58; 9,40; 13,50; 16,37; 27,38 [Wir-
stiick!]). KaQitbq steht in Matth. 19 mal, bei Mark. 5 mal, bei Luk. 12
mal, bei Joh. 10 mal, in der Apostelgesch. aber nur 1 mal (2, 30: xagnoq
Trjc, dacpvoq, parallel nur zu Luk. 1, 42: xagnoq, rfjs ttodtaq). Kagrtdv
noielv findet sich also in den Act. gar nicht. 'Zxa.vda'kiCf.iv steht bei
Matth. 14 mal, bei Mark. 8 mal, bei Luk. doch noch 2 mal, fehlt aber in
den Act. ganz. ~ZiaiCf.iv steht in den 4 Evv. gegen 50 mal, in den Act.
78 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der" Apg.
v[iTQog, anooysiOai ans-
schlieBlich oder fast ausschlieBlich in der zweiten Halfte l , so
bemerkt man sofort, daB diese Worte den synoptischen Evv.
fremd oder fast fremd sind. 2
WeiB stiitzt schlieBlich auch nicht (doch s. den Versuch,
Einl. i. d. N. T. 3 S. 546) seine Quellenhypothese auf das Lexikon
und den Stil, sondern auf saehliche Beobachtungen, auf die Un-
stimmigkeiten und Widerspriiche und auf die in der ersten
Halfte sich wiederholenden abschlieBenden Bemerkungen des
Schriftstellers, die wie Zusatze zu einem fremd en Text klingen.
Zunachst ist Folgendes, die Composition der ersten Halfte an-
langend, zu sagen. Alles ; was in der ersten Halfte auf Anti-
ocliien abzweckt bez. dort spielt oder von dort ausgeht, gehort
sicher dem Scbriftsteller selbst an, denn es hebt sich in der Er-
zahlung kraftig und zu seinem Vorteil Heraus und ist mit der
zweiten Halfte des Bucks aufs innigste verbunden (s. o. S. 3. 15ff.).
Die Frage der Quellen bezieht sich demgernaB auf die Petrus-
und Philippus-Abscknitte c. 1, 155,42; 8,5-40; 9,3211,18;
12, 1 24; 15, 1 33. 3 Hier sind nun wirklich in jedem Capitel
bis zuin 16. Cap. incl. 11 mal, dann nur noch 2 mal, und zwar in den
Wirstiicken (c. 27), aber in profanem Sinn. DaB SiSovai im Evv.-
Griechiscli einen weitscbiclitigen Gebraucb liaben niufi, kann man sofort
daraus schlieBen, daB es nacb c. 15 in den Acta nur onial noch vorkommt,
dagegen bis dabin 30 mal und bei Luk. 60 mal.
1) 'HpsTEQoq (vfx.szeQoq) findet sich in der 2. Halffce der Acta 3 mal
(darunter 1 mal in den Wirstiicken: 27, 34!), in der 1. Halfte 1 rnal; in
den synoptischen Evv. 2 mal (bei Luk.).
2) Von einer Constanz kann freilich keine Rede sein. So findet sich
norrjQoq erst von c. 17 der Act. an (8 mal), wahrend es bei Luk. 11 mal
steht [das seltene xaxoq ist merkwiirdig gleichmaBig verteilt; es steht bei
Matth. 3 nial, bei Mark, und Luk. je 2 rnal, bei Job. 1 rnal, in der ersten
Halfte der Act. 1 mal und in der zweiten dreimal, darunter 1 mal in
einem Wirstiick]. As %ai, welches im Luk.-Ev. so h'aufig ist (25 ma),
darunter einnial in c. 2) und bei Matth. u. Mark, so gut wie ganz fehlt
(1 + 2 mal) , ist merkwiirdigerweise auch in den Act. sparlich (9 mal,
wenn ich recht gezab.lt habe, darunter auch in den Wirstiicken).
3) Den Paulus-Abschnitt c. 9, 131 lasse ich bei Seite. Nur das
will ich bemerken: ich halte den Beweis durch Zimmer (Ztschr. f. wiss.
Theol. 25. Bd., 1882, S. 465 ff.) fiir erbracht, daB die Erzahlung an den
Berichten c. 22. 26 ihre Grundlage hat, d. h. daB sie sie, wesentlich in
der dort gegebenen Form, voraussetzt und historisiert. Damit ist natiir-
Untersuchungen fiber die Art der Quell enbenufczung bei Lukas. 79
mehrere auffallende Widerspriiche und paradoxe Tatsachen, die
auf zwei Hande zu fiihren sclieinen. 1 Allein die Erklarung
clieser Tatsache ist nicht einfach; denn (1.) besitzen wir weder den
Text der Apostelgeschichte no.ch den des Luk.-Ev.s aus erster
Hand. Wie das EvaDgelium in c. 1. 3 und 24 sicher inter-
poliert ist dort sind die Verse 1, 34. 35; 3, 23, die die
Widersprtiche rrrit dera 2. Capitel verschuldet haben, sowie das
MctQta t u in c. 1, 46 2 sicher interpoliert; hier sind mehrere Ein-
griffe zu konstatieren , so hat die Apostelgeschichte von An-
fang an Correcturen erfahren. Das folgt nicht nur aus dern
uralten sog. (S-Text (in Wahrheit kein einheitlicher Text, sondern
ein Complex von Korrekturen und Gr loss en, der bereits der
ersten Halfte des 2. Jahrhunderts angehort), sondern eben dieser
Text zeigt auch, daB die Eingriffe in den sog. a-Text hinein-
reichen. In deni Momente aber ist nicht nur mit der Moglich-
keit, sondern vielmehr niit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen,
daG es in der Apostelgeschichte Stellen gibt, an denen weder
der a-Text noch der /?-Text genuin sind, vielmehr beide bereits
die Hand eines Interpolators erfahren haben. Ob viele solcher
Stellen noch sicher nachgewiesen werden konnen, das ist erne
zweite Frage 3 ; aber jedenfalls hat man in der Annahme sehr
licli nicht erwiesen. daB die zweite Halfte der Acta vor der ersten ge-
schrieben ist, aber aucb. nicht, daB c. 22. 26 eine Quelle des Lukas dar-
stellt; vielnaebr ist letzteres nur eine Moglichkeit. Das Phanomen ist
bereits erklart, wenn Lukas die Erzahlung fiber die Bekehrung des Pau-
lus auf Grund einer eigenen, alteren Aufzeichnung redigiert hat, die sich
an die Darstellung des Paulus, wie er sie selbst gegeben, anschlofi. Diese
altere Aufzeichnung liegt den Darstellungen in c. 22 und 26 zugrande und
ist in c. 9 frei benutzt. So erklart sich der sekundare Charakter der
Darstellung in c. 9. DaB Lukas Aufzeichnungen besaB, haben wir libri-
gens auch bei der Betrachtung der ,,Wirstucke" fur wahrscheinlich halten
miissen.
1) Doch ist WeiB m. E. an einigen Stellen zu scharfsichtig und
nimnit niehr unertragliche Widerspriiche an als notig ist.
2) S. nieine Abhandlg. in den Sitzungsber. 17. Mai 1900. Ich habe
dort noch Iren'aus zu den Zeugen fur ,,Maria" gerechnet; allein Barkitt
(Journ. of Theol. Studies 1906 p. 220 S.) hat mich uberzeugt, daB auch
Irenaus ,,Elisabeth" gelesen hat.
3) Ganz sicher scheint wir zu sein, daB der Text von c. 1, 1 6
korrigiert ist; man muB aber auch vemiuten, daB zwischen v. 5 u. 6 eine
Streichung stattgefunden hat.
SO Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
alter Eingriffe und Glossen ein loyales Mittel, Schwierigkeiten
in dem Text der Apostelgesehichte, die sich sonst nicht heben
lassen, zu beseitigen. Der Rekurs auf Quellen, die sjchlecht
oder nachlassig verwertet sind, ist also nicht das einzige und in
vielen Fallen gewifi nicht das nachstliegende Mittel, um groBe
AnstoISe zu entfernen.
(2.) Lukas ist ein Schriftsteller, der sich glatt liest, aber,
sobald man nur etwas naher zuschaut, als Erzahler so sorglos
geschrieben hat,, wie kauni ein anderer JST.T.licher Schrift-
steller. Auf seinen Stil und alle Formalien ein echter
Grieche! hat er sorgfaltig geachtet: man muC ihn einen
Sprachkunstler nennen; aber in bezug auf den Inhalt ist er
Capitel fur Capitel, wo er nicht selbsfc Augenzeuge war, recht
nachlassig verf'ahren und hat haufig ganz verworren berichtet.
Das gilt sowohl vom Evangelram wie von der Apostelgesehichte,
Zwar hat Over beck in seinem Commentar zu letzterer in schul-
meisterlicher Kritik und vom Standpunkt einer sproden Logik
die Zahl der hierher gehorigen Falle stark iibertrieben \ aber es
bleibt nach Abzug dieser Ubertreibungen noch eine erstaunlich
grofie Zahl von Unstimmigkeiten nacb, ebenso wie im Evange-
lium. Es finden sich solche aber auch in der zweiten Halfte
des Buchs. In dieser Hinsicht sei nicht nur an die Wider-
spriiche erinnert, die zwischen den drei Erzahlungen von der
Bekehrung des Paulus obwalten hier tragt doch unzweifel-
haft lediglich der Erzahler die Schuld, denn er besafi nur einen
Bericht . sondern auch z. B. an die Geschichte von dem ein-
gekerkerten Paulus in Philippi oder an die Rede in Ephesus,
Was jene Erzahlung betrifft, so konnte man zunachst geneigt
sein, die Verse 24 34 einfach als spatere Interpolation oder als
aus einer besonderen Quelle stammend, auszugliedern; denn der
EntschluC der Strategen, den Apostel freizulassen, wird gar nicht
durch das wunderbare Erdbeben niotiviert, vielmehr scheint es
so. als hielten sie eine eintagige Gefangnishaft fur genugend,
Allein jene Verse verraten so unwidersprechlich deutlich den
Stil des Lukas, daC an eine Interpolation nicht gedacht werden
kann. Irn Eiuzelnen finden sich aber noch folgende Unstimmig-
1) Die Erklarungen sind dazu ineistens falseh, indem Tendenzen ge-
\vittert werden, wo es sich um Nachlassigkeiten handelt.
Untersucliungen uber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. gl
keiten. In v. 23 heifit es: ,,Die Strategen warfen sie ins Ge-
fangnis", in v. 24: ,,Der Kerkermeister warf sie ins Gefangnis."
Nach v. 27 hat der Kerkermeister das groCe Erdbeben gar nicht
bemerkt, sondern nur seinen 'Erfolg, die geoffneten Tiiren ! Nach
v. 28 soil Paulus die Veranstaltungen des Kerkermeisters, sich
das Leben zu nehmen, gesehen oder erkannt haben, obgleich er
ihn von seiner Zelle doch gar nicht sehen konnte. Nach dem-
selben Vers ruft er dem Kerkermeister _zu, daB alle Gefangenen
noch da sind, obgleich er das gar nicht wissen konnte. Nach
v. 32 predigt Paulus dem Kerkermeister und alien seinen
Angehorigen und tauft sie, wird aber erst v. 34 in das Haus
des Kerkermeisters gefiihrt. Nach v. 36 meldet dieser dem
Paulus die vpn den Strategen durch die Liktoren gesandte Bot-
schaft; nach v. 37 redet Paulus. diese aber sofort an. Nach dem-
selben Verse beruffc sich der Apostel auf "sein romisches Biirger-
recht; man fragt'sich erstaunt, warum er das erst jetzt tut. Diese
Ungenauigkeiten und Widerspriiche sind genau solche
wie in zahlreichen Erzablungen der ersten Halfte 1 und
die rneisten von ihnen erkennt auch Weifi an. Mit Recht
schliefit er aber hier nicht auf eine schlecht verarbeitete schrift-
liche Quelle, sondern auf Nachlassigkeiten des 'Schriftstellers;
dann aber ist auch in jenen Fallen die Annahme eiher schrift-
lichen Quelle keineswegs gesichert. Nicht anders steht es mit
der Rede in Milefc. Gleich im Eingang lafit Lukas den Paulus
die Ephesier daran erinnern, welche Thranen, Versuchungen und
jiidische 'Nachstellungen er in der langen Zeit seines Aufenthalts
erlitten habe (20, 19), aber in der vorhergehenden Erzahlung ist
nichts dariiber zu lesen. Das erinnert an 'das Evangelium des-
selben Schriftstellers; dort laBt er Jesus bei seinem Auftreten in
1) Speziell solclie Hystera-Protera wie in v. 32 in seinem Verhaltnis
zu v. 34 oder solche Duplicitaten wie v. 23 u. 24 finden sich in der ersten
Halfte ofters. Man hat iibrigens zn beachten, daB sich auch in den Wir-
stiicken zwei Protera-Hystera finden. Der Vers 12 im 20. Cap. gehort
sachlich vor Vers 11, und in c. 28 gehort y. 15 strenggenommen vor v. 14.
Ebendort begegnet auch eine groKe ,,Unstimmigkeit". Den Verf. stort
es nicht, daB Paulus, vorn Geist getrieben, nach Jerusalem geht, und daB
die Jiinger in Tyrus durch eben diesen Geist ihn von dieser Reise
abzuhalten suchen (c. 21, 4). Endlich die Prophezeiung des Agabus in
den Wirstiicken (21, 11) wird nicht genau so erfullt, wie sie lautet.
Harnack, Lukas. to
82 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
Nazareth, von den groCen Taten in Kapernaum reden (4, 23),
aber diese Taten sind vorher gar nicht erwahnt. ' In v. 23 sagt
dann Paulus, daC der hi. Geist ihm in jeder Stadt bezeuge, daB
Fesseln und Triibsal seiner in Jerusalem warten; aber auch da-
von war noch nicht die Rede, vielmehr wird das erst im folgen-
den Abschnitt (21, 4. 10 ff) erzahlt. Endlich steht der Hinweis
auf sein Beispiei bei der Ermahnung zu selbstloser Liebestatig-
keit doch nur in einem ganz losen Zusammenhang mit der Ab-
schiedsrede. '
Durch diese Parallelen fallt auf die paradoxen Erscheinungen
in der ersten Halfte des Buches vielleicht doch ein andres Licht
als das ist, unter welches WeiB sie gestellt hat. Wenn man
erst in 1, 12 erfabrt, dafi die Scene 1, 6ff. sich auf dem Olberg
abgespielt hat und nicht in Jerusalem selbst, wie man erwartet
(ja man muBte glauben, I, 6 ff. sei dieselbe Scene wie 1, 4 f.) ;
wenn in 1, 17 20 eine Verwirrung daruber herrscht, was die
Exavltq des Judas Ischarioth sei, ob sein Grundstiick oder sein
Amt; wenn fur die einem Apostel notwendige Zeugenqualitat
(1, 21. 22) Unmogliches verlangt wird; wenn das Zungenreden
(2, 4) widerspruchsvoll, mindestens unklar beschrieben wird, des-
gleichen die Giitergememschaft (2, 44 f. u. sonst); wenn sich in
der Doppelerzahlung (c. 10 u. 11) kleine Yerschiedenheiten finden;
wenn (12, 3. 4) das jtQoGsd-ero 6vlla@eiv ungeschickt das niaCac.
vorwegnimmt, so laCt sich das alles zur Not aus derselben
schriffcstellerischen Nachlassigkeit, die das zu Berichtende nicht
wirklich durchdenkt, erklaren, die auch in dem Evangelium und
der zweiten Halfte der Acta waltet.
Aber es bleibt einiges und nicht weniges naeh: 1. schon
bei dem Zungenreden ist die Erklarung, welche auf einen mifi-
verstandenen Bericht schliefit, die leichte,re, und solche Falle sind
nicht ganz selten; 2. die oben bemerkten, in einem Satz zu-
sammengefaBten Gruppenabschliisse verlangen eine Erklarung,
und die nachstliegende ist die Annahrne einer Quelle, deren Be-
nutzung unterbrochen wird; 3. die stereotype Nennung des Jo-
hannes neben Petrus an mehreren Stellen, wahrend von ihm
1) Aucli die AVeissagung von Irrlehrern. fv. 29. 30), die tells von
auBen, t-eils aus der Gemeinde selbst komroen werden, ist auff'allend und
weist jedenfalls auf ein Interesse des Verfassers an dieser Gemeinde und
auf eine Kenntnis ihrer spateren Geschichte hin.
Untersuehungen fiber die Art der Quellenbenutzung bei Lukas. 3
doch schlechterdings nichts berichtet wird, deutet auf eine Quelle,
die diesen Apostel ftberhaupt nicht erwahnt hat; 4. die nur fltich-
tige Erwahnung der Hinrichtung des Jakobus erklart sich niclit
aus dera Pragmatismus des Verfassers; 5. man hat zwei Stellen
nachgewiesen, aus denen hervorgehen soil, da6 in der ersten
Halfte der Apostelgeschichte eine aramaische Quelle benutzt sei.
Hier ist folgendes zu sagen: 1. Die Annahme einer schrift-
lichen griechischen Quelle ist von den groCten Schwierig-
keiten gedriickt. Ich berufe rnich fur die Ablehnung einer solchen
nicht auf das Vocabular jener Capitel, obgleich es in seiner Ver-
wandtschaft mit dem lukanischen Vocabular schwer ins Gewicht
fallt (s. o.), sondern ich kehre zu dem Stil zuruck. Gerade der
Commentar von WeiC (Text u. Unters. Bd. 9) hat gezeigt
anderswo findet man nur ungeniigende Nachweise , dafi sich
fast Vers um Vers die lukanische Stileigenart wiederfindet. Sind
doch manchmal die Verse, die WeiB als den gegebenen Text
der Quelle von den Zusatzen des Bearbeiters unterscheidet, mehr
lukanisch im Stil als diese Zusatze! Man miiBte also eine voll-
kommene Umarbeitung oder richtiger UmgieBung der Quelle
zugleich annehmen. Aber so ist Lukas im Evangelium mit seinen
Quellen doch nicht verfahren, und wie unwahrscheinlich ist eine
solche Benutzung! Weifi warnt daher auch ganz folgerichtig
davor, den Wortlaut der Quelle in der Apostelgeschichte irgend-
wo wirklich feststellen zu wollen. 2. Die seltsame Nennung des
Johannes neben Petrus in stummer Rolle am auffallendsten
ist c. 4, ( 19 1 ist sicher nicht urspriinglich; aber sie la'fit zwei
Erklarungen zu: entweder hat Lukas selbst den Johannes einern
iiberlieferten Bericht, der von Petrus allein handelte, eingefiigt
oder ein spaterer Redactor hat es getan. Beides ist an sich
gleich moglich 2 ; aber dafi es Lukas selbst gewesen und somit
1) Man vgl. 1, 13; 3, 1. 3. 4. 11; 4, 13. 19; 8, 14 (in 1, 13 ist das TE-
xal zu beachten). 'Spater komnit Johannes im Buch nicht mehr vor, ab-
gesehen davon, da6 Jakobus als sein Bruder (12, 2) bezeichnet wird, urn
ihn vom Herrnbruder zu unterscheiden. Die Beobachtung, daB Johannes
in die Apostelgeschichte sei es vom Verfasser, sei es von einern Spateren
lediglich eingeschmuggelt ist, niacht den Einfall von E. Schwartz, daB
der gewaltsame Tod des Johannes aus den Acta gestrichen sei, .vollends
xinwahrscheinlich.
2) Vgl. wie in c. 24 des Evangeliums (v. 12) Petrus eiugeschoben ist.
6*
84 Cap. 2: Der sog. Wir-Bericht der Apg.
eine Qaelle anzunehmen 1st, dafiir spricht allerdings die auf-
fallende Behandlung , der Ermordung des -Jakobusr War Lukas
hier nicht von einer Quelle, die es wesentlich mit Petrus zu tun
hatte, abhangig, konnte er vielmehr seinen Text ganz frei auf
Grand von Erkundigungen gestalten, so ware er schwerlich so
schnell iiber ein Er'eignis hinweggegangen (c. 12, 2)y welches ihm
nach dem Zweck seiner Darstellung ganz besonders wjchtig sein
niufite. Also ist es um dieser Stelle, ferner um mancher
einzelnen ahnlichen Stellen, endlich um der Grruppenabschliisse
willen iiberwiegend wahrscheinlich, wenn aucli keineswegs
gewiB, daI3 er fiir die Petrusperikopen eine Quelle benutzte, die
aber nur eine aramaische, von ihm selbst ubersetzte
gewesen sein kann. Die beiden direkten Beweise freilich fiir
eine solche Quelle, die Nestle gefunden haben will, sind keines-
wegs einleuchtend. Wenn Cod. D und Iren. in c. 3, 14 efiaQvvaxe
bieten, die fibrigen Zeugen aber fyvfoati&s , so ist jenes die
richtige, weil schwierigere LA, fiir die man sehr bald das im
Vers vor.her stehende iJQwrjGao&s eingesetzt hat. Also braucht
man eine Verwechselung von D)n"lS3 und DiniiD nicht. anzu-
nehmen. 1 Und wenn c. 2, 47 in D e%ovTe<; yagiv JCQOC olov
TOV xoGfiov steht, so ist das ein einfacher Schreibfehler fiir oliov
xbv laov (die Gfedankenlosigkeit schrieb mechaniseh nach o2ov
TOV das Wort xotiftov 2 ), so daO die Annahme einer Verwechse-
lung von tfftby und tfay sich erubrigt.
Unser Ergebnis ist also zweideutig; es spricht Wichtiges da-
fiir, daC Lukas in der ersten Halfte der Acta eine aramaische
Quelle iibersetzt und benutzt hat 3 , aber schlagend kann die An-
nahme nicht widerlegt werden, daC er lediglich auf miindlichen
Mitteilungen fuBt. Vollends unsicher ist es, welchen Umfang
1) Bagvvo) findet sich auch Luk. 21, 34 ^(s. iibrigens die LXX z. d.
W.), und in Act. 20, 19 ist von l.vxoi jiaQtlq die Rede.
2) "OAoc d xoOftoq -koiamt 6 mal ini N. T. vor.
3) Ini Evangelium hat Lukas fiir seine griechischen Leser die
araniaischen und heidnischen Worte (selbst die Ortsbezeichnungen) in der
Regel fortgelassen, aber ein paar Mal auch richtig iibersetzt. In den
Act. schreibt er c. 1, 19: wars xhriQfjvai ro XWQLOV sxeTvo xy tiialsxra)
avtiav 'A%/.6a{d%, rovr 3 eativ %a)Qiov aiftarog, c. 9, 36: ovo/tari Ta{3i9d,
)/ dLEQf^jjvsvofj.svr] AeyfTCi AoQ'/.aq. Kenntnis des Aramaischen und die
Fahigkeit, einen leichten araniaischen Text zu iibersetzen, ist einem An-
tiochener und mehrjahrigen Begleiter des Paulus wohl zuzutrauen.
Untersuclmngen uber die Art der .Quellenbenutzung bei Lukas. 85
die Quelle gehabt hat und ob es iiberhaupt eine einzige Quelle
gewesen ist. Letzteres ist deshalb ganz unwahrseheinlich, weil
5, 19ff. offenfaar dieselbe Greschichte erzahlt wie 12, 3ff., ol^ne dafi
das Lukas selbst bemerkt hat. Nur eines dieser beiden Stiicke
v. /
hat in seiner ,,Quelle" gestanden, also das erste (wenn eine
schriftliche Quelle iiberhaupt anzunehmen ist). Umgekehrt sind
die Petrus- und Phili^puserzahlungen durch die Simon-Magus-
geschichte miteinander yerklammert, aber vielleicht nur kiinstlich.
Man liahn nur soviel sagen, daC die Petrusgeschichten, die niit
den Schilderungen der Gremeinde von Jerusalem identisch sind,
eine Einheit bilden. Fiir die Frage der ,,Wirstucke" aber laCt
sich aus der Untersuchung der ersten Halfte der Acta nichts ge-
winnen; denn sie fuhrt im giinstigsten Fall zur Annahme einer
ode Inehrerer aramaischer Quellen. Das ist aber fiir das
Problem" der Wirstiicke ganz irrelevant. Da niemand hier an
eine aramaische Quelle je denken konnte, so bleiben alle Beob-
achtungen in Bezug auf das Vocabular, den Stil und den Inhalt
in Kraft, die eine Abtrennung der Wirstiicke von dem ganzen
Werk ganz unmoglich machen.
Drittes Capitel: Uber die angebliche Uiunogliclikeit,
das dritte Eyangelium imd die ApostelgescMchte dein
Lukas zu ymdicieren,
Nachdeni gezeigt worden ist, daJB sich aus der Art der
Quellenbehandlung des Verfassers des, grolSen Gescbicbtswerks
nichts geltend naachen lafit, was gegen seine nachgewiesene
Identitat mit dein Verfasser des' Wirberichts spricbfr, 1st diese
Identitat nuninebr gesicbert. Allein es erbebt sicli bier doch
noch ein Widerspruch. !Er lautet etwa so: mag jene Identitat
noch so wahrscneinlicb sein, sie kann doch nicbt zu Recbt be-
stehen, sondern muC fiir eine Tauscbung erklart werden; denn
die Apostelgescbicbte kann aus sacblicben Griinden nicbt von
einem Begleiter und Mitarbeiter des Paulus abgefafit sein. 1
1) Von detn Evangeliurn sclieint man das nicht zu behaupten (s. o.
das Urteil von Johannes Wei 6); in der Tat -wer das 2. Evangeliuin
deni Markus beilegt, der darf keine Sckwierigkeit in der Zuweisung des
3. Evangeliunis an Lukas finden. Man iiberzeugt sich nicht leicht, zumal
nach den Nachweisungeii Wellhausens, daB ein altes Mitglied der Ge-
meinde von Jemsalem, ein Schiller und Freund des Petrus, ein Mann, in
dessen Mutterhause die Apostel und die Heiligen zusanmienkanien, jenes
Werk geschrieben hat. Indessen hat man doch nicht hinreichenden
Grand, die Tradition zu bestreiten, und es laBt sich auch nianches zu
ihren Gunsten geltend machen. Halt man sie aber fesb, so darf man
fordern, daB die Kritiker auch bei der Beurteilung der Apostelgeschichte
ihrem Verfasser einen grQBeren Spielraum gonnen. Hat derJerusalem.it
Markus hauptsachlich vom Wirken Jesu in Galilaa erzahlt; liegen bereits
ein paar Traditionsschichten hinter ihm, die sich also in drei, hochstens
vier Jahrzehnten gebildet haben miissen; hat bereits er aus Jesus nahezu
ein gottliches Gespenst gemacht oder eine solche Auffassung schon vor-
gefunden; haben endlich bereits er und seine Gewahrsnianner die Uber-
lieferung von Jesus nach den Brfahrungen der christlichen Gemeinde mo-
Einleitend.es. 87
,,Kann nicht" warum nicbt? Woher haben wir so sicbere
Kenntnis vom apostolischen und nachapostoliscben Zeitalter, daC
wir unser ,,Wissen" einer sicber nacbgewiesenen Tatsacbe ent-
gegensetzen diirfen? Icb betracbte die folgende Untersuchung
lediglicb als opus supererogatorium; aber sie soil gefiihrt werden,
als ware sie es nicbt.
Doch wo soil man beginnen? Wie soil man alles wider-
legen, was hier diviniert und bebauptet worden 1st? Icb mufi
raieb auf Hauptpunkte besebranken.
dificiert wie nachsichtig nruB sich dann das Urteil gestalten in Bezug
auf Lukas als Evangeiisten und als Geschichtsschreiber, der, ein griechi-
scher Arzt aus Antiochien, erst etwa 15 20 Jahre naeh deni Tode Jesu
der Gemeinde irgendwo im roinischen Eeiche beigetreten sein mag, der
Palastina gar nicht und Jerusalem fliichtig kennen gelernt, der von den
Uraposteln keinen gesehen hat (nur mit deni Herrnbruder Jakobus hat er
sich beruhrt), und der erst etwa 20 Jahre nach der Zeit seiner grofien
Erfahmngen diese aufgezeichnet haben mag. Aber kein andres Buch
des N.T.s hat so viel leiden niiissen wie die Apostelgeschichte, obgleich
sie, trotz ihrer offenkundigen Schwachen, in mehr als einer Hinsicht das
wichtigste und beste Buch im N.T. ist. Alle Fehler, die in der NTlichen
Kritik gemacht worden sind, haben sich in der Kritik der Apostelge-
sehichte wie in einem Brennpunkt gesamnielt. Sie vor allem hat leiden
niiissen, weil man den Paulus und den Paulinismus einseitig darstellte
und sie zugleich maBlos iiberschatzte. Sie hat leiden miissen, weil man
sich ein unrichtiges Bild von der Art und vom Verhaltnis des Juden- und
Heidenchristentums maehte. Sie hat leiden niiissen, weil man von einem
Begleiter des Paulus der seltsame Rest einer ungerechtfertigten Ver-
ehrung des apostolicus! das Hochste forderte: sicheres Verstandnis des
Paulus, Congenialitat, Freiheit von jeder selbstandigen Tendenz, absolute
Zuverlassigkeit und ein nie versagendes Gedachtnis! Sie hat noch urn
ein Dutzend andrer, ebenso sinnloser oder iibertriebener Forderangen
willen leiden miissen vor allem aber weil die Eritiker bald sich in der
Rolle des sublimen ,,Psychologen" gefielen, bald sich in den Mantel eines
boswillig verfahrenden Staatsanwalts steckten und nun den Verfasser
meisterten, anklagten und zerteilten. Mit saubernder Logik und unaus-
stehlicher Pedanterie drang man in das Werk ein und richtete durch
beides nicht geringeren Schaden an als durch die Kolonnen scharf-
sinniger, aber luftiger Einfalle, die man gegen das Werk dirigierte.
Selbst zwei Kritiker von besonderer Intelligenz, Overbeck und Weiz-
sacker beide uin die Apostelgeschichte verdient haben sich bei
ihrer Kritik den schwersten Irrtiimern hingegeben. Die Ergebnisse dieser
Bemtihungen konnen sich mit denen von WeiB und Wendt, Ranisay
und Re nan nicht messen.
gg Cap. 3: Tiber die angebliclie Unnioglichkeit etc.
1. Gescbichtlicbe VerstoCe, wie das Hysteron-Proteron in
bezug auf Theudas (5, 36) 1 kann naturlich der Paulusschiiler
Lukas so gut wie irgend ein anderer begangen haben. Er glaubt
zwar (nach dem Prolog), ein Historiker zu sein; er ist es auch;
aber seine Fahigkeiten sind begrenzte, denn er steht seineii
Quellen von einem bestimmten Punkte an ebenso kritiklos gegen-
tiber wie seinen eigenen Erfahrungen, wenn sie eine wunderbare
Deufcung zulieBen.
2. Das Bild der Gemeinde von Jerusalem in den ersten fiinf
Capiteln und die Petrusgeschichten lassen an Durchsichtigkeit
und Glaubwurdigkeit viel zu wunscben iibrig 2 ; aber der Haupt-
pnnkt in jenem Bilde, der durchaus noch jiidiscbe Charakter der
Gemeinde, die eigentlich gar keine besondere Gemeinde noch ist,
sondern ein den auferstebungsglaubigen Juden nahestehender Con-
ventikel, das Verhaltnis zur Judenscbaft bis zur Stephanus-
gescbichte und die Motivierung der ersten grofien Verfolgung 3
halt die geschichtliche Probe aus soweit von einer solcben
die Rede sein kann, wenn docb nur eine Quelle existiert (docb
vgl. das Mattb^-Ev., welcbes fur die Scbilderung in Act. 1 5
eintritt). Das Legendariscbe aber ist gewiC nicbt auifallender
und starker als in dern Evangelium und kann sich ebenso schnell
niedergeschlagen baben wie die Scbicbten der evangeliscben
Tradition. Lukas braucbt es iibrigens nicbt scbon damals kennen
gelernt zu baben, als er mit Paulus nacb Jerusalem kam. Wissen
wir docb gar nicbt, wie lange er damals dort verweilt bat. Die
Stoffe oder wenn es sicb um eine oder mebrere aramaische
Quellen bandelte(?) die Quellen konnen erst in den sechziger
oder siebziger Jabren zu ihm gelangt sein. Aber selbst wenn
man das nicbt annehmen will und aus guten Grunden an Mar-
kus (wie fur das Evangelium) und den Evangelisten Philippus
(bez. an dessen weissagende Tochter) als die Gewabrsmanner 4
1) Uber jeden Z\veifel erhaben ist iibrigens das Hysteron-Proteron
nicht; auch bei Josephus ist ein Irrtum moglich.
2) Docb. sind die Unglaubwiirdigkeiten von der Kritik stark iiber-
trieben worden.
3) Speciell, daft es sich um den Tenapel gehandelt hat, ist hochst
glaubwiirdig.
4) Jenen hat er in Rom, diesen in Casarea getroft'en (s. oben S. 28).
Angebliche AnstoBe in Act. 1 15. 89
denkt, 1st nicht abzusehen, warum das alles nicht schon um
d. J. 55 60 erzahlt worden sein soil? Die Verehrung fur die
Gemeinde von Jerusalem sie ist eben lange Zeit hindurch
die Gemeinde gewesen teilt Lukas mit Paulus, und auch die
(indirekte) Darstellung, dafi die Christglaubigen in Jerusalem
zuerst sich um die Zwolfe und ihren Anhang scharten, dann
aber, j5obal4 sie wirklich eine Gemeinde wurden, den Bruder
Jesu zum Oberhaupt hatten, hat mchts gegen sich. DaB aber
Lukas diesen Urnschwung gar nicht berichtet, erweckt ein gutes
Vertrauen. Er hat nichts erzahlt, was ihm nicht iiberliefert
worden ist, und hier besafi er keine Uberlieferung. Er ist
uberhaupt glaubwtirdig, soweit nicht seine Wunderreligion. ins
Spiel kornmt und seine Eigensehaft als pneumatlscher Medi-
cinrnann. f
3. Man tadelt im grofien und einzelnen vieles, wie er den ProzeC
der Entstehung heidenchristlicher und gesetzesfreier Gemeinden und
damit der groBen Kirche geschildert hat; aber man vergifit, dafi
man sich nur wenige Jahrzehnte spater Vorstellungen von diesem
Prozefi gemacht hat, die ihn vollkommen aufhoben. Demgegen-
iiber ist die Darstellung des Lukas in bemerkenswerter Weise
gesehichtstreu. Wenn er das jerusalemisehe Presbyter-Collegiuni
unter der Leitung des Jakobus noch zur Zeit des Nero zu Pau-
lus sprechen laCt (21, 20): #G?(>e?g, Jtotiai [tvQiadsq elolv ev
TOLC, 'lovdaioiq TCOV JtexiGTevxoTcov, xal JIO.VTSC, tyZcoTal TOV
Die Art, wie er von diesem spricht, bzw. c. 21 nicht spriclit, sondem ihn
nur bedeutungsvoll erwahnt, legt es nahe, daB er ihn als Gewahrsmann
schatzte. Philippus muB ein Ekstafciker par excellence gewesen sein,
wenn alle seine Tochter ,,prophetisch" \9Tirden. Aber das wird von
Lukas auch ausdriicklich bezeugt (8, 6f.)'- ngoaefyov oi o%2.oi TOIQ ).eyo-
[jiKvoiq VTCO TOV <Pi),i7t7i;ov dfjioQ-vfjiaSov sv rfa axovsiv avzovq %al
TO. GTjfteia a ettolai' noM.ol yaQ x&v %6vT(uv rcvsv^ara axaB-aQTa
qxuvy {teyaky ^^OVTO ' nokKol 6s TtccQatekvftsvoi xal %a>hol ^Q-Q
aav. Philippus war also ein von Lukas bewunderter Wunderdoktor wie
er selbst. Ein solcher ist naturlich als Berichterstatter zu allem fahig,
und die Philippusgeschichte c. 8, 26 ff. gibt davon eine sprechende Probe.
Ein Engel redet zu Philippus und der Geist redet zu ihm (ayyshoq XVQLOV
und 7tvsi\ua sind hier also identisch!), ja ,,der Geist des Herrn" entriickt
den Philippus (a^nd^siv) von der Seite des Athiopiers. Was aber Markus
betrifft, so ist er, mindestens als teilweiser Gewahrsmann, durch c. 12
gentigend gesichert.
90 Cap. 3: Tiber die angebliche Unmoglichkeit etc.
voftov vjta@%ov6iv, und wenn er dann den Paulus in seinem
Procefi in Jerusalem und Ca'sarea alien Accent auf seine Einheit
mit dena auferstehungsglaubigen Judentum legen laflt 1 was
will man mehr? Und wiederum die Art, wie er die Convention
in c. 15 vorbereitet hat (die Samaritanerbekehrungen, die Taufe
des Athiopiers and die Taufe des Hauptmanns von Casarea
durch Petrus 2 ), ist doch keineswegs so plump, dafi nicht das
Hauptverdienst, den Heiden das Evangelium gebracht zu haben,
nach ihm den cyprischen und cyrenaischen Judenchristen und
dein Barnabas und Paulus zufallt. 3 Wenn er hier dem Paulus
weniger Ehre angetan haben sollte als ihm nach seinen eigeneu
Briefen zuzukommen scheint, und wenn er ihn in c. 2 Iff. jiidi-
scher erscheinen lafit, als wir nach denselben Briefen annehmen
zu niiissen rueinen, so fragt es sich rnindestens, wer recht hat,
jener Schein oder die Darstellung der Apostelgeschichte. Aber
selbst wenn sie im Unrecht ware warum konnte ein Begleiter
des Paulus, der den Petrus liber alles verehrte (und das tat
augenscheinlich alle Welt in der Christenheit und Paulus, wenn
er nicht gerade gereizt war, nolens volens ebenfalls), sich nicht
in Jerusalem erzahlen lassen, schon Petrus habe ,,in grauerVor-
zeit" 4 einen Heiden getauft? Und warum konnte er, der als ge-
borener Heidenchrist die haarscharfe' Linie, auf der Paulus als
Jude und Christ wandelte, iiberhaupt nicht zu begreifen und
wiederzugeben verinochte, ihn nicht an einer Stelle judischer
und an einer anderen Stelle freier darsteHen, als er wirklich war?
1) C. 23, 6 ft', etc. DaB Lukas dabei seinen Lesern auseinandersetzt,
wer die Pharisaer und die Sadducaer seien, ist der starkste Beweis dafiir,
daB er nur an heidenchristliche Leser denkt.
2) Ob die Erzahlung von der Taufe des Athiopiers hierher gehort,
kann man bezweifeln; denn sie wird nicht in diesem Sinne ausgebeutet.
Die Bekehrung in Saniarien (s. besonders 8, 25) wird es freilich auch
nicht, und doch ist es (s. auch das Ev.) gewiB, daB sie im Interesse der
Heiden erzahlt ist.
3) Petrus beginnt nicht wirklich die Heidenmission, sondern sie wird
in einem einzelnen Fall vom h. Geist durch ihn vorbereitet und legiti-
miert. Die Geschichte selbst, die groBes Aufsehen gemacht haben muB, ist
ihrem Kerne nach gewiB nicht aus der Luft gegriffen. Die Lichter hat
natiiiiich erst Lukas aufgesetzt.
4) So lautet der Ausdruck c. 15, 7 in jenen Tagen muB jedes Jahr
wie ein Menschenalter empfunden worden sein.
Angebliche AnstoBe in Act. 1 15. 91
Nach allem, was wir in dieser Beziehung von Paulus wissen und
ahnen konnen, mufi er seinen heidenchristlichen sowohl wie
judenchristlichen Begleitern mehr als einmal sehr unverstand-
licli gewesen sein. Es kommt aber binzu, daG Lukas als ,,Theo-
loge", wie alle Heidenchristen, ,,alttestamentlicher" gewesen ist
als Paulus, weil er praktiseh mit der Sache nichts zu tun hatte. 1
Seine Judenfeindschaft sofern das Volk das Evangelium ab-
lehnte war gewifi nicht zu iibertreffen; aber ebenso gewiC
hatte er (s. auch das Ev., namentl. c. 1 u. 2) eine theoretiscke
Verehrung fiir die A. T.lichen Ordnungen und A. T.liche Frommig-
keit, die von dem Problem, das Paulus bewegte, zwar stark be-
riihrt war (s. c. 13, 38 f.) 2 , aber es nicht durchgedacht hat. 3
Wie er es in dem Evangelium ganz in der Ordnung findet, daC
derselbe Jesus, der den Samaritern und jeglichem Sunder das
Heil bringt, fiir seine Person das A. T.liche "Gesetz respektiert
(s. c. 17, 14 u. sonst), so sind gesetzlich fromme Juden, die
zugleich Christglaubige sind, augenscheinlich die Christen ge-
wesen, die ihm am meisten imponierten. Sie sind eben nicht
nur Christen, sondern auch homines antiquae religionis; die
Heidenchristen aber sind als die zweiten hinzugetreten. Wie soil
ihn nun Paulus, der selbst den Fortbestand der jiidischen Ver-
heifiungen anerkahnte (Rom. 11), in solcher Beurteilnng gestort
haben? Und wenn er die Consequenzen etwas anders zog als
Paulus, soil man sich den grofien Apostel als Schulhaupt denken,
der ein historisch-theologisches System vorgetragen hat? Was
aber die Krisis und Losung in Act. 15 betrifft, so haben, nach den
Ubertreibungen der Tiibinger Schule, Keim und Pfleiderer
selbst anerkannt, dafi zwischen dieser Erzahlung und der leiden-
schaftlichen Darstellung in Gal. 2 mehr tlbereinstimmung herrscht
als Widerspruch. Die VerstoCe, vor allem die falsche Datierung
des sog. Aposteldekrets, sind einem friihen Berichterstatter, der
aber nicht zugegen war, wohl zuzutrauen. Wenn er c. 16, 4 er-
1) S. Luk. 16, 17.
2) Ich liabe schon oben S. 14 auf diese Stelle hingewiesen. Bei
scharfer Interpretation der Worte: anb rcavTuiv wv ovx tfdvvtf&rjTe ev
voftcp Mwijaewg 6ixaia)9-f}vai, sv TQVTW naq 6 Ttiorevov foxatovzai, zeigt
sich eine erhebliche Dift'erenz mit dem Paulinismus, aber docb. mir eine
solche, die einem Scniiler sebr -wohl zuzutrauen ist.
' 3) Aber bat es Paulus ganz durcbgedacbt?
92 Cap. 3.: Uber die angebliche Unmb'glichkeit etc.
zahlt, dafi Paulus in den lykaonischen Stadteu tiberall jenes De-
kret eingescharft habe, so hat man zu beachten, daC er anch
hier nicht zugegen gewesen 1st 1 , und wenn er c. 21, 25 noch
einmal auf das Dekret zuriickkommt, so kann inzwischen wirk-
lich etwas Ahnliches erlassen worden sein. 2 Die Reden wie der
Brief (15, 23 29) sind Conceptionen des Lukas ; aber man hat
bei jenen Reden, wie uberhaupt bei den groGen Reden, doch in
Anschlag zu. bringen, daS Lukas ein BewuBtsein davon gehabt
hat, daC er Petrus anders sprechen lassen rntisse als Paulus.
Wir mogen dabei noch allerlei mit Recht vermissen; aber die
Tatsache, dafi er eine Verschiedenheit noch voraussetzt, ja sogar
den Standpunkt des Petrus von dera des Jakobus unterscheidet,
fallt doch viel starker ins Gewicht als jene Mangel. Endlich
es wird dem Lukas besonders streng vorgehalten, dafi er bei der
Schilderung der Mission des Paulus auf seine Kampfe mit den
Judenchristen nicht eingegangen ist, sondern immer nur von
den bosen Juden redet 3 , und daC fur ihn iiberhaupt die inner-
1) Das geht aus dein ganz summarisclien Bericht (oder vielmehr aus
dera Sclrweigen) iiber die wichtige Wirksainkeit des Paulus in Phrygien
und Galatien (16, 6) schlagend hervor. Die Annahrae Ram says, Lukas
sei wahrend der schweren Krankheit des Paulus in Galatien von dieseru
als Arzt angenomraen worden, ist also unhaltbar. Erst zu Troas haben
sich die beiden Manner getroft'en.
2) Doch erweckt die Stelle den Yerdaeht einer spateren Interpolation.
Sie nimmt auf c. 15 keine Biicksicht, und der Vers steht auch mit dem
Vorhergehenden in keiner naheren Verbindung.
3) In bezug auf die Erzahlungen voni Yerhaltnis der Juden zu den
Aposteln und zur Mission (und unigekehrt) in den Act. hat die Kritik
fast alle fruheren Ausstellungen zuriickgezogen (von kleinen VerstoBen
abgesehen) ; aber um so sicherer hat sie die totale Unglaubwiirdigkeit der
letzten Zusaninienkunft des Paulus mit den Juden (in Rom) behauptet und
daraus mit besonderer Zuversicht geschlossen, der gute Bericht brache
mit c. 28, 16 ab und sei sornit unzweifelhaft eine Quelle, nicht aber das
Werk des Verfassers des Ganzen. Ich kann ihr auch hier nicht Recht
geben; sie hat nicht genau genug zugesehen (iiber den guten sprachlichen und
stilistischen Zusanirnenhang des SchluBabschnitts mit den Wirstiicken s. o.
S. 46 f.). Zunachst ist klar, daB das Stuck 28, 17-31 als SchluBstuck fur
das ganze Werk ausgestaltet ist; das Acumen liegt in dem Citat Jesaj. 6,9f.
und der daran gehangten Folgerung: yvcoavov ovv eata) vfuv on rolq
S&VSGIV fateardhr] rovto TO GCOTI'JQLOV rov &EOV' avrol stal dutovoovraL.
Die Juden sind verstockt und verworfen, die 'Heiden sind angenoinrnen:
das war ja das thema probationis des ganzen Werks. Als Schriftsteller
Der Absclmitt Act. 28, 17-31. 93
cbristliclien Spannungen mit dem. Apostelconcil beseitigt sind.
Diesem ernsten Einwurf gegeniiber wird man sich nicht auf die
hatte der Verf. das Recht gehabt, eine Scene, die das illustriert, zu er-
finden; allein von ihna erfunden ist die Verhandlung mit den roinischen
Juden gewiB nieht; denn sie paBt sehr schlecht zu jener SchluBfolgerung :
Paulus legt den roinischen Juden, die zahlreich in seine Wohnung ge-
korumen sind, das Evangeliuni dar, und der Erfolg ist: oi JASV Unel&ovro
rolq keyoftsvoig, oi 6e tfnlcTOW. Das ist doch eine Wirkung, mit welcher
die furchtbare Yerfluchung des Jesaja-Citats nur schlecht stimmt; sie
kommt wie aus der Pistole geschossen. Also beruht die vorangegangene
Erzahlung nicht auf freier Erfindung, sondern auf tJberlieferung. Um so
schlimruer, wird man sagen, und um so unmb'glicher fiir Lukas. Was
enthalt die Erzahlung? Sie sagt, daB Paulus in Bom die jiidischen Vor-
steher zu sich eingeladen und ihnen alles das zu seiner Apologie vor-
getragen hat, was er auch in Jerusalem und Casarea dem Judentum
gegeniiber geltend gemacht hatte. Will man das beanstanden, so inuB
man axich jene Abschnitte beanstanden; aber daB Paulus, wo es ihni
niitzlich und geboten erschien, sich als auferstehungsglaubigen Juden ge-
geben hafc nur daB er die Auferweckung von dem Messias Jesus er-
wartete , ist sehr glaublich, und daB seine Beteuerungen (er habe nichts
gegen sein Volk unternommen, er komme nicht, um anzuklagen, und er
trage seine Kette um der Hoffnung Israels willen), historisch sind, ist
auch nicht zu bezweifeln. Hier ist also noch nichts Anstb'IJiges. Aber
hochst aufi'allend ist es nun, daB die Vorsteher erwidern, daB sie von
Judaa weder eine (officielle) schriftliche Mitteilung iiber Paulus erhalten
hatten, noch auch durch einen reisenden Bruder orientiert oder vorein-
genommen worden seien; sie wollten ihn daher nun selber horen; denn
bisher wuBten sie von dieser Sekte nur, daB ihr iiberall widersprochen
werde. Das Ausbleiben einer officiellen Nachricht ist gerade noch mog-
lich; der fehlende reisende Bruder ist bereits recht unwahrscheinlich ; die
indirekte Behauptung aber, daB es in Rom keine Christen gibt oder doch,
daB sie nichts von ihnen am Ort wissen so muB es nahezu scheinen ,
ist eine UnmSglichkeit. WeiB sucht ihr durch den Hinweis darauf zu
entgehen, daB der Streit um die Messianitat Jesu in der Judengemeinde
Roms weit hinter den gegenwartigen Vorstehern lag und sich die gegen-
warbige Christengemeinde in Rom als eine wesentlich heidenchrisfeliche
ganzlich von der Synagoge getrennt hielt. Allein diese Auskunft ist
offenbar ganz ungentigend. Der Streit um die Messianitat Jesu, einmal
in der Judenschaft Roms begonnen, hat doch nie aufgehort, und selbst
wenn er aufgehort hatte, ist es undenkbar, daB die Vorsteher in dieser
Hinsicht nicht orientiert geblieben waren; im Folgenden wird aber nahezu
so erzahlt, als verkiindige Paulus ihnen nun die evangelische Botschaft
als etwas ihnen Unbekanntes. Unzweifelhaft steht also eine groBe Tor-
heit im Texte; aber wird sie dadurch besser, daB man sie auf einen
94 Qap. 3: Uber die angebliche Unmb'glichkeit etc.
Beobachtung berufen durfen, daB aufier der ersten kurzen Be-
ruhrung in Troas uud Philippi (auf der sog. 2. Missionsreise)
Dritten, Spateren schiebt, nachdeni der Romerbrief langst "bekannt war?
Wie ist also zu helfen? Wir erkannten oben, daB die Erzahlung nicht
von Lukas erfunden sein konne. Was war ihni darnach berichtet und
bekannt? Natiirlich nicht die Reden, welche Paulus und die jiidischen
Vorsteher niiteinander gefiihrt haben denn da war er nicht zugegen
und gibt sich aucli niclit den Anschein der Augenzeugenschaft , sondern
die Tatsache einer Verhandlung des Paulus mit den Vorstehern auf seine
Einladung in seiner Mietswohnung, und weiter eine zweite Scene eben-
falls in seiner Wohnung, bei der er Gelegenheit hatte, einer ziernlichen
Anzahl von Juden (ob aucli den Vorstehern?) das Evangelium darzulegen
und einen Teil derselben fur Christus zu gewinnen. Beides hat nichts
gegen sich. DaB er den Vorstehern, deren Verhalten bei dem ProceB vor
dem Kaiser von hochster Bedeutung war, zu sich eingeladen hat (natiir-
lich nicht, um sie sofort zu bekehren, sondern uni sie fur seinen ProceB
giinstig zu stiuinien, was iibrigens mit durren Worten gesagt ist) und
daB sie zu ihm, dem roniischen Burger, gekommen sind, ist glaublich.
Die nachste Scene hat vollends nichts gegen sich. Auch das ist uoch
glaublich, daB die Vorsteher zungiChst Bedenken trugen, sich in die Sache
zu mischen, und eine diplomatiscne Haltung einnahnien. Sich in eine
Anklage gegen einen roniischen Burger mischen mit der Aussicht als
Calumniator hingestellt zu werden, war nicht verlockend, zunial da Pau-
lus auch den SpieB umkehren konnte (was er ja selbst andeutet). Diese
diplomatische Haltung, die ihni bekannt war, hat Lukas wiedergeben
wollen. Dabei hat er sich schwer vergrifl'en, indem er sorglos und
unbedacht, wie er oft geschrieben hat, wenn er nicht als Augenzeuge
schrieb die Zuriickhaltung der Vorsteher: ,,wir wissen bisher nichts
von Dir" auf die Sache selbst ausdehnte, beinahe als hatten sie bisher
nur von auswarts vorn Christentum gehort. Doch bleibt es wichtig, daB
das nicht rn.it klaren Worten im Texte steht, wenn er auch fast so lautet.
Zusarnrnenfassend darf man sagen: alles Tatsachliche in 28, 17f. er-
weist sich an sich und weil die gesuchte Nutzanwendung nur
mit Miihe angehangt werden konnte, durchaus als glaub-
wiirdig; ja ein Berichterstatter, der hier zwei Scenen (die eine
mit den Vorstehern, die andere mit jiidischen Besuchern) auseinander
gehalten hat, verdient alien Glauben und verliert seinen An-
spruch, als ortsanwesender Zeitgenosse zu gelten, nicht. Glaubwiirdig ist
auch, daB beide Scenen mit einem gewissen Erfolge geendet haben:
die Vorsteher behandelten den Fall diplomatisch , und einige Juden
wurden fur das Evangelium gewonnen. Unglaubwiirdig ist ledig-
lich ein den Vorstehern in den Mund gelegter miBgliickter
Satz. Nun aus einem solchen Satz darf man doch nach alien Regeln
der Kritik iiberhaupt nichts schlieBen, zumal wenn er dadurch nicht ver-
Yerschweigen der innerchristlichen Spannungen. 95
Lukas erst beim Antritt der letzten Reise des Paulus nach Jeru-
salem zu dein Apostel in Troas gestofien ist und daB damals
die Zeit der brennenden inneren Kampfe voriiber war. tiber
sein Verhaltnis zu den Judenchristen muB sich Paulus haufig
auch Lukas gegeniiber geauBert haben. Aber ein Dreifaches
kornmt in Betracht: 1. Lukas hat die gesetzliche Haltung der
jerusalemischen Gremeinde und des Jakobus, wie wir gesehen,
noch in der Zeit Neros nicht rersehwiegen, aber er nabm an
ihr so wenig AnstoB wie Paulus selbst, da jene_ eben geborene
Juden waren; 2. der Plan, den er mit der Apostelgeschiehte
verfolgte, notigte ihn nicht, auf die innerchristlichen Spannungen
naher einzugehen, ja muBte ihmjlavon abraten. Er wollte zeigen,
wie durch die Kraft des hi. Geistes, der in den Aposteln und
erwahlten Mannern wirksani war, sich das Evangelium von Je-
rusalem bis Roin verbreitet, und wie es auf diesem Siegeszuge
die Heiden gewonnen hat, wahrend das jiidische Volk einer stei-
genden und schlieBlich definitiven Verstockung anheimgefallen
ist. Was sollten da die innerchristlichen Spannungen, zumal sie
sich nach deni J. 70 sehr anders ausnahmen als vorher? Der
groBe Optiniismus, m welchem Lukas erzahlt und durch den er
bereits ein Vorlaufer der Apologeten und des Eusebius geworden
ist, erlaubte es nicht, storende Kleinigkeiten zu buchen. Dar.u
3.: im Verschweigen hat er auch in seinem Evangelium manches
geleistet; deutlich springt das in die Augen, sobald man ihn
mit seiner Quelle, deni Markus, vergleicht. 1 Warum soil aber
standliclier oder verstandiger wird, daB man ihn dem bekannten ano-
nymen Sundenbock, der alle VerstoBe der homines noti zu tragen hat,
zuschiebt.
1) S. die Nachweisungen in Wellhausens Commentar, so z. B. S. 42.
45. 134. Wie er im Evangelium AnstSBiges in bezug auf Jesus (z. B. das
Eli Eli) und Ungiinstiges in bezug auf Petrus und die Jiinger, ferner Un-
bequemes, wie den Befehl, die Jiinger sollten sich nach Galilaa begeben,
unterdriickt hat, so wird er auch in der Apostelgeschiehte manches fur
Paulus oder Petrus Ungiinstige absichtlich "weggelassen haben. So kann
ihrn die Scene in Antiochien zwischen den beiden Aposteln (Gal. 2)
schweiiich unbekannt geblieben sein. Urn so auft'allender ist es, da8 er
den Streit des Paulus und Barnabas Tiber Markus berichtet und dabei
augenscheinlich gegen die beiden letzteren Partei nimmt. Es ist das
bei den Grenzen, die er sonst in seiner Erzahlung einhalt, hochst auf-
fallend und kann nur aus einer gewissen Animositat gegen Markus er-
96 Cap. 3: Uber die angebliche TJmnoglichkeit etc.
ein Apostelschiiler nicbts absichtlich verscbwiegen baben, warum
mufi er desbalb dieser seiner Qualitat entkleidet werden? Hatte
nicbt die von Gott geleitete Gescbicbte selbst durch. ihren ehernen
Gang gezeigt, was ein Erzahler uni das Jahr 80 erzablen muBte
und was er zu iibergehen hatte? Was aber dabei das Verbalt-
nis znr romiscben Obrigkeit betrifft, so bat sicb alles als nicbtig
erwiesen, was man in dieser Beziehnng dem Lukas vorwerfen zu
niiissen gemeint bat. GewiB folgte er in seiner Darstellung
einer Tendenz: die romiscbe Obrigkeit ist dem jugendlicben
Cbristentum viel freundlicber gewesen als die jiidiscbe Obrigkeit
und die Juden, die jene unermiidlicb aufzustacheln versucbt
baben. Aber diese Tendenz entspracb der Wirklicbkeit,
Und mag sie Lukas auch .ajijBinigen Stellen iibertrieben baben 1 ,
wie er im Evangelium den Pilatus iiber Gebiibr entlastet bat,
so ware darin immer nocb kein Beweis zu seben, dai$ er kein
Begleiter des Paulus gewesen sein kann. 2
4. In dem Abscbnitt c. 17 19 hat man allerlei Unebenbeiten
Mart -werden; denn den Barnabas verehrt er. Naheres s. u. Zu dem
von Lukas Unterdriickten gehort auch die Weissagung Mark. 10, 39 mit-
samt der ganzen Perikope. Er hat sie unterdriickt, well sie sich in bezug
auf Johannes nicht erfullt hat. DaB die Jstelle ein vaticinium post even-
turn, sei und Johannes wirklich den Martyrertod er-litten habe, davon ver-
mag ich mich nicht zu uberzeugen. Das negative Zeugnis des Irenaus
und Eusebius ist m. E. viel starker als das, was nach Anderen angeblich
bei Papias gestanden hat. Mark. 10, 35 ff. ist eine Weissagung Jesu, die
sich zur Halfte nicht erfiillt hat. Zu ihrer Correctur und Verdrangung
ist dann die andere Weissagung erfunden worden (Joh. 21, 23), Johannes
werde iiberhaupt nicht sterben.
1) Ich vernaag tibrigens solche Ubertreibungen in den Act. nicht zu
finden, es sei denn was allerdings wahrscheinlich daB die Dar-
stellung des Verlaufs des Processes in Casarea (s. auch 28, 17 19) etwas
zu ronierfreundlich ist.
2) Er hat tibrigens auch Ungunstiges von der Obrigkeit erzahlt (so
in Philippi) und umgekehrt den Gamaliel-Rat und seinen giinstigen Er-
folg im Synedrium nicht verschwiegen. Das groBe Problem, welches die
beiden SchluBverse der Apostelgeschichte bilden, weiB ich nicht zu losen
(Absicht eines dritten Buchs? man legt auf das jrptorov [statt itQOTSQOv]
in Act. 1, 1 Gewicht). Aber ein schlechter Einfall war es, zu vermuten,
daB er das Martyrium des Apostels nicht erzahlt habe, um den Eindruck
der Freundlichkeit der rb'mischen Obrigkeit nicht zu verwischen. Wie
stellt man sich einen alten Christen vor, der die Erzahlung eines aposto-
lischen Martyriuras einer politischen Absichfc wegen unterdruckt hat!
Das Verhaltnis des Wir-Bericlits zuni ganzen Werk. 97
und kleine Abweichungen von den in den Paulusbriefen erzahlten
Tatsachen aufgewiesen, einige nrit Recht; andere sind nur an-
gebliche. Im allgemeinen darf man sagen, daB diese drei Ca-
pitel ein glanzender Abschnitt in der Apostelgeschichte sind,
obgleich der Verfasser hier nicht Augenzeuge gewesen ist *. Die
geschichtlichen Angaben in den Paulusbriefen bestatigen die
Lukanische Erzabhmg in geradezu iiberraschender Weise und
inachen es deutlich, daB Lukas hier einen oder mehrere gute
Beriehterstatter gehabt hat. Einen oder zwei hat man wohl mit
Recht in c. 19, 29 gefunden, Aristarch und Gajus (s. S. 9); ilire
Erwahnung hier ist schwer verstandlich, wenn sie nicht die Gre-
wahrsinanner des Lukas gewesen sind, und mit Aristarch hat er
ja spater die lange Reise nach Casarea und von -dort nach Rom
zusammen gemacht. Wundert man sich aber dariiber, daiJ man
in der Aposte]geschichte in den Abschnitten, in denen der Yerf.
nicht als Augenzeuge spricht, Grehaltvolleres von Paulus erfahrt
als in den anderen, so vergiBt man, dafi im Sinne des Lukas und
jener Zeit GroBerjgs von dem Apostel nicht erzahlt werden konnte,
als was in den Wirstiicken erzahlt ist. Wir haben oben (S. 24)
diese Stiicke zusammengestellt (Beschworung einer Bauchrednerin,
eine Totenerweckung, Heilung eines gastrischen Fiebers, vor
allem aber Pauli Yerhalten im Seesturm mit der Engelerscheinung
und der Weissagung); sie geben mindestens dem nichts nach, was
Lukas auf Berichte hin mitgeteilt hat. Bieten aber die Wirstiicke
in dem, was sie enthalten und nicht enthalten, ein Problem, so
wird di'eses Problem sicher dadurch nicht geringer, daB man sie
als eine besondere Urkunde betrachtet. Noch niemand hat sie
mit einiger Wahrscheinlichkeit als solche abzugrenzen ver-
standen. Einige greifen bis c. 11 zuriick und beziehen auch die
Capp. 21 26 ein, wahrend andere den Bestand der 97 Verse
noch durch Abztige schmalern. Was der angebliche Verfasser
hat bieten wollen, ein Tagebuch oder eine Biographic des Paulus,
dariiber herrscht Ratlosigkeit. Sie schwindet wenn auch nicht
alles klar wird bei der Einsicht, daB, Lukas, der den Apostel
als Arzt und Mithelfer begleitet und viel spater sein Geschichts-
werk ausgearbeitet hat, erst auf den letzten beiden groBen Reisen
1) Also konnen FeHer in der Darstelhmg nicht sofort gegen Lukas
als Autor geltend gernacht werden.
Harnack, Lukas. 7
98 Cap. 3: Uber die angebliche Unnib'glichkeit etc.
(von Troas nach Jerusalem mid von Casarea nach Eom) der
Gresellschafter und Heifer des Apostels gewesen ist, wahrend er
ihm vorlier nur einmal von Troas bis Philippi und kurz
zur Seite gestanden hat. Sobalcl man scharf im Auge behalt,
dafi, eben nacli den Wirstucken, Lukas auf dern Hohepunkt der
Wirksainkeit des Paulus und das sind die Jahre von dern
Aufenthalt in Philippi bis zur letzten Reise nacb Jerusalem
niclit in der Begleitung des Apostels gewesen ist, finden die
meisten kleinen AnstoBe ihre Erklarung. Das Bild aber, welcbes
er von Paulus entworfen bat, ist im Sinne des Altertums nicbt
ein solcbes, wie es der Panegyriker zeicbnet, sondern es ist ein
Greschichtsbild. Alle panegyriscben Zuge fehlen, wahrend da-
gegen die Grenieinde von Jerusalem und das Wirken der Apostel
in ibr mit solcben ausgestattet ist 1 . GewiC die Apostel-
gescbicbte ist kein Spiegel, durch den wir in die Seele des
Paulus zu blicken verrnogen; aber rnuB ein Apostelscbiiler 2 die
Fahigkeit besessen baben, den Verfasser des Galaterbriefes und
der beiden Korintherbriefe zu durchschauen und zu charakte-
risieren? Anderseits aber ist doch das, was Lukas in der Cba-
rakteristik des Paulus durch die drei groBen Reden (in Antiochien.
Athen und Epbesus) geleistet hat, aller Anerkennung wert. Nicht
nur spricht nacb den Briefen alles dafiir, daC der Apostel in den
Grundzugen wirklicb so zu empfanglicben Juden geredet hat wie
in Antiochien, und so zu Heiden wie in Athen, und so seine
Gemeinden ermahnt hat wie zu Milet, sondern die letzte Rede
enthalt auch neben den dem Lukas eigentiimlichen weichen
Ziigen 3 niehrere einzelne Aussagen, deren Echtheit (dem In-
halt nach) durch die Briefe beglaubigt wird 4 . Man denke
nur an den Selbstruhm, an die Konstatierung der eigenen Un-
1) Doch fehlen auch hier dunkle Ziige nicht (die Ananiasgeschichte ;
der Streit der Hellenisten und Hebraer, der Gegensatz zwischen den
Christen aus den Pharisaern und den anderen).
2) Ubrigens wissen wir nicht, ob Lukas ein Schiller des Paulus im
eigentlichen Sinn gewesen ist. Die Art, wie er sich c. 16, 13 neben ihn
stellt, obgleich er ihni dann in 16, 14 alle Ehre gibt, spricht nicht dafiir.
3) Doch konnte auch Paulus gelegentlich ahnlich empfinden; aber
das Riihrende ist stets schnell dern Heroischen gewichen.
4) Zu Milet ist Lukas zugegen gewesen, zu Antiochien und Athen
nicht ; was wohl zu beachten ist.
Paulus in der Aposfcelgeschichte. 99
eigenniitzigkeit und an den merkwurdigen Ausdruck (20, 28):
irjv sx%2.?]Giav TOV -8-sov, T\V jreQisxoi'rjGaTo dia TOV aifiaroq
TOV idiov 1 . 1st man durck J 3, 38. 39 an Galater- und Ronier-
brief, so 1st man durch jenen Ausdruck an Ephes. und Koloss.
erinnert; die ganze ephesinisehe Rede aber ruft die Thessalonicher-
briefe ins Gedachtnis. Der Verfasser der Apostelgeschichte doch
kein Apostelschiiler ich mb'ehte umgekehrt fragen: wer anders
als ein personlicher Kenner des Paulus kounte ihn so schildern,
wie dieses Bucli ihn schildert? Am Anfang des 2. Jahrhunderts
sollte es einem Verehrer des Apostels noch rnoglich gewesen sein,
so konkret zu erzahlen und in diesem MaBe den Panegyrikus zu
vermeiden? Man diirfte, auch wenn kein ,,Wir" in dem ganzen
Buche stande, kauni zweifeln, daB der Verfasser die Missions-
wirksamkeit des Paulus von c. 13 bis zuni SchluC anlangend
auf Grund von Augenzeugenberichten geschrieben hat und Zeit-
genosse dieser Augenzeugen gewesen ist. In Walirneit hat aucn
noch niemand einen glaubhaften Paulus nur nacli seinen Briefen
gezeichnet. Die Versuche in dieser Richtung haben zu grotesken
Einseitigkeiten gefiihrt, liber welche die Geschichtschreibung
hinweggegangen ist. Das Bild, welches die Apostelgeschichte
gibt, ist stets ein konkurrierender Faktor geblieben, weil die
Fiille des Tatsachlichen doch die Mbglichkeit gewahrt, aus dern
AuBerliehen zum Innerlichen vorzudringen.
Aber der ,,Paulmisrnus" des Lukas man hat ihn ebenso
oft behauptet wie bestritten. Einiges ist dariiber schon ange-
deutet worden, auch daB er im Vocabular (nicht nur in Wortern,
sondern auch in Worten) dem Paulus sehr viel naher steht als
Markus oder gar Matthaus (s. o. S. 14f.)- Allein schon Act. 27, 35
u. Luk. 22, 19 geniigt, urn den Paulinismus des Luka v s im auCer-
lichen Sinn zu erweisen. -Lukas ist noch universalistischer als
Paulus, weil dem Hellenisten der Universalismus nie eine Frasre
' O
gewesen ist welch eine Eiusicht daher, daB er die Schwierig-
keit theoretisch doch lioch so begreiffc, wie das in der Geschichte
der Bekehrung des Hauptmanns in Casarea hervortfitt- 2 ! Lukas
ist den verstockten Juden geg'entiber fast paulinischer ais Paulus; er
1) Der Satz ist um so merkwiirdiger, als sicli diese Schatzung der
ICirclie sonst bei Lukas niclit findet (s. o. S. 25 f.)-
2) Freilich. half ihin dabei sein Respekt vor der ,,religio antiqua" (s. o.).
100 Cap. 3: Uber die angebliche Unmoglichkeit etc.
deukt iiber Gesetz und ATliche Ordnungen anders als Paulus *,
und die Siinden- und Gnadentbeorie des Paulus liegt ilim ganz
fern. Er hat eine grenzenlose, ja paradoxe Liebe zu den Siindern
und die sicberste Zuversicht zu Vergebung und Besserung 2 , die
nur auf der Folie seiner allgeineinen Menscbenliebe ertraglicb
ist 3 . Das ist ganz unpaulinisch; aber niclit nur um Temperaments-
unterschiede bandelt es sicb, sondern Lukas ist in dieser Hin-
sicbt uberbaupt kein Pauliner 4 , und weil er in bezug auf die Siinde
nicbt in die Tiefe geht, tut er es aucb nicbt in Bezug auf die
Erlosung. Seine ,,Soteriologie" ist trotz allem Reicben und Tiefen,
was er von Cbristus erzablt, das Scblimmste. Der Verdacbt isfc
an einigen Stellen nicbt zu unterdrucken, dafi sicb fur ihn nabe-
zu alles in die zauberiscben Wirkungen des Namens Cbristi zu-
sammendrangt: Cbristus der tibermenscblicbe Medizinmann und
Exorcist; darum aucb die Wunderbeilung die eigentlicbe Funk-
tion und Probe der neuen Religion. Glaube ist zunacbst gar
nicbt notig. Erst das Wunder und sein Effekt, dann der Glaube:
das ist die Meinung des Lukas. Wie tief und wertvoll erscbeint
die so bescbweiiicbe Gnosis des Kreuzes Cbristi, in der Paulus
sicb abgenmbt bat, erscbeint seine miibsame Tbeorie von Glaube
und Recbtfertigung, von Recbtfertigung, Geist und neuem Leben,
wenn man sie mit diesen bellenistiscben Oberflacblicbkeiten ver-
gleicbt! Aucb Paulus glaubt an das magiscbe Sakrament, aucb
er kennt den Christusgeist, der als Naturkraft wirkt, aber er
begniigt sich nicbt damit. Weil er in der Tiefe des sitt-
licben Gerniits erfaBt ist, strebt er aus der Zauberwelt heraus.
Lukas scbeint sicb mit ibr zu begniigen; aber er vermag daneben
1) Selir riclitig macht Wellhausen (Luk. S. 134) darauf aufinerk-
sarn, daB nach Lukas die Tempellasterung Jesu niclit der Grund zu seiner
Verurteilung gewesen ist.
2) S. Welihausen, Einl. S. 69.
3) Herder hat ihn mit Eecht den Evangelisten der Philanthropie
genannt.
4) Wie Paulus iiber Siinde und Sunder denkt, ist bekannt; Lukas'
Standpunkt ist einerseits nach der Auswahl der Parabeln, die Sunder an-
langend, zu beurteilen, andererseits nach Act. 10, 35: ova sativ
?.^u7tT^q 6 8-Eog, AA 3 ' ev Jtavxl %&vei 6 (poftovftevoc; avrov teal
voq SixatoGvvJiv [s. dazu Born. 2, 10; 4, 4f.; Gal. Q, 10; Eph. 4, 28]
avro) Gnv, und Act. 17, 29 ff. (die Heiden werden jetzt yon der Unwissen-
heit, d. h. deni Gotzendienst, befreit). Damit vergleiche man Eom. 1 u. 2..
Das Christentum des Lukas. 101
Tieferes, was er von anderen, Jesus und Paulus, gelernt, zu re-
produzieren. Er 1st kein Pauliner 1 , aber er zeigt ganz deut-
lich, daB er den Paulinismus kennt und aus ihm schopft. Kann
er in dieser geistigen Verfassung ein Begleiter des Paulus ge-
wesen und geblieben sein? Man 'kann mit der Gegenfrage ant-
worfcen: Wie denkt man sich die griechischen Begleiter und
Freunde des Paulus? Wenn sie samtlicE oder auch nur der
Mehrzahl nach Pauliner im . strengen Sinn gewesen sind wie
ist dann die Heidenkirche in Asien, Griechenland und Rom so
ganz unpaulinisch geworden? Wo ist denn der Paulinismtis,
aufier bei Marcion, geblieben, und was ist bei Marcion aus ihm
geworden? Man wird sich doch entschliefien mussen, sich nicht
nur den Paulinismus elastischer zu denkeu, sondern vor allem
sich eine andere Vorstellung davon zu niachen, was Paulus in
seiner nachsten Nahe ertragen hat. Wer Christus als den Kyrios
bekannte, die Giiter und die Laster der Welt floh, in dem A. T.
die Gottesoffenbarung sah, die Auferstehung erwartete und den
Griechen dies verkiindete, ohne ihnen die Beschneidung und das
Ceremonialgesetz aufzuerlegen, der war Pauliner. In diesem Sinn
war es auch Lukas 2 . Dazu kam noch sein Respekt und seine
Verehrung dem Apostel gegeniiber, die ihn in Paulus eine Auto-
1) Auch nicht in seiner Ethik; sein ,,Ebionismus" ist hellenistische
"Weltflucht und Siinderliebe, obgleich das Worfc aydnrj in der Apostel-
geschichte nie, iin Evangelium nur einmal vorkomnit (11, 42: Liebe zu
Gott) unfi auch ayanav in der Apostelgeschichte fehlt. Seine Abneigung
gegen die Reichen triffb mit der Stimniung der Arnien in Palastina zu-
sammen, ist aber anders motiviert.
2) Das Problem, welches in Hinsicht des Verhaltnisses des Lukas zu
den paulinischen Briefen besteht (s. o. S. 18), ist in bezug auf die Frage,
ob er der Verfasser des groBen Geschichtswerks sein kann, indifferent.
Glaubt man Spuren der Lekture dieser Briefe bei ihm zu finden, so ware
das nicht auffallend; meint man, daB sie trugerisch sind, so ^Lllt das auch
nicht ins Gewicht. Doch wird die Nicht-Benutzung dieser Briefe ratsel-
hafter, je weiter man mit dem Buche glaubt herabsteigen zu mussen.
Meines Erachtens kann von keinem einzelnen Paulusbrief behauptet
werden, daB der Verfasser der Apostelgeschichte ihn gelesen haben miisse
(gegen Weizsacker und Jacobsen) an I. Thess., Coloss. u. Ephes.
konnte man noch am ehesten denken , andererseits aber sind Beobach-
tungen genug vorhanden, die beweisen, daB der Autor der Apostel-
geschichte von der Gedankenwelt und Sprache des Verfassers jener Briefe
Kenntnis hat.
102 ^ a P- 3 ; tJber die angebliche Unnioglichkeit etc.
ritat zu sehen lehrten fast so groJi wie die des Petrus l
imd ihn anleiteten, sich an . der Predigfc des Paulus zu bilden,
soweit ihm das nach seiner Nationalitat und Eigenart moglich
war. Die letztere ist bei aller Weitherzigkeit scharf und ein-
heitlich ausgepragt. Wenn man die Apostelgeschichte nach der
literarkritischen Chrie behandelt, kann man sie in ein halb
Dutzend Sehichten zerblattern; wenn man sie mit Vernunft liest,
wird man einen Geist und eine Hand auch in dem Ange-
eigneten finden 2 .
Als Christ ist Lukas von Paulus durch eine Kluffc zu seinen
Ungunsten getrennt; aber seine Biicher bieten uns doch noch
eine andere Seite. Neben der hellenischen religiosen Magie und
dem Exorcismus steht bei ilim der hellenische Logos und
die hellenische Form; durch beides ist er in seinen Schriften
ein Baumeister jener Heidenkirche geworden, welche die Welt
erobert und die Religion spiritualisiert und individualisiert hat.
Derselbe Mann, der ein Geisterseher und Exorcist war wie
Philippus, hat das Evangelium zuerst in hellenische Form ge-
gossen und hat die evangelische Verkiindigung durch hellenischen
Geist geklart. Hatte er nichts anderes geschrieben als die Rede
des Paulus zu Athen, so ware das bereits offenbar; aber er hat
in seinem Evangelium formell und inhaltlich die Predigt von
Christus mit kleinen, aber wirksamen Mitteln hellenisiert, und er
ist in seiner Apostelgeschichte der erste Geschichtschreiber der
Kirche geworden. Durch dieses Kunstwerk denn das ist die
Apostelgeschichte, ja eine schriftstellerische Leistung ersten
Ranges im Aufbau 3 nicht minder wie im Stil hat er etwas
ganz Eigenartiges und Bleibendes geschaffen. Wir kennen die
Wirkungen des Buches nicht, aber wir wissen, daB es kanonisiert
worden ist, und das sagt genug. Lukas ist der Erste und Grund-
1) Uber Lukas und Petrus s. Wellhausen, Luk. S. 124.
2) Die -willkurlicb-e und glossatorische Uberlieferung ist naturlich
vorzubehalten.
3) Gegen den Aufbau, wie er sich erst zur Geschichte des Paulus,
dann zuletzt zur Schiffbruchserzahlung verengt, la(St sich nach der Schul-
lehre viel einwenden, aber psychologisch betrachtet ist er uniibertrefflich.
Das Buch beginnt niit Orgelton und Glockenklang, mit der Schilderung
einer himmlischen neuen Welt; allmahlich wird man in die Wirklichkeit
gefiihrt und am SchluB erlebt man an der Seite des grofien Apostels den
Seesturm mit, blickt ihrn ins Auge und hort seine Worte.
Lukas der Enthusiast und Hellenist. 103
legende in der Reihe, die durch Clemens Romanus (die Tatigkeit
der romischen Gemeinde *), die Apologeten, Clemens Alex., Ori-
geoes und Eusebius bezeichnet ist. Der grofie ProzeB der
Ernuchterung und Hellenisierung ist durch denselben Mann be-
gonnen worden, der daneben noch tief in der doppelten Wunder-
welt, der palastinischen und der griechischen, steckte, und der in
seiner gliihenden und sturmischen Sehnsucht nach dem Ende
und .dem Rachetage 2 keinem Judenchristen nachstand. Eben
dieser Punkt 3 aber zeigt noch eimnal, dafi wir es wirlich mit
einem Maun der ersten griechischen Generation in der Geschichte
des Christentums zu tun haben. Er hat mit Urchristen, mit
Paulus, personlich verkehrt. Wie ganz anders die empfanden,
die nichts als Hellenisten waren und die Urzeit nicht selbst er-
lebt batten, kann man an dem wenig jiingeren Clemens Romanus
und an Ignatius studieren. Paulus und Lukas sind Gegenbilder.
Wie jener nur verstandlich ist als Jude, der aber personlich in
den engsten Kontakt mit dem Hellenismus gekommen ist, so
dieser nur als Hellene, der aber personlich mit dem jtidischen
Urchristentum noch Fiihlung gehabt hat. Nur aus einer solchen
Fuhlung konnte ein Hellene den ungeheuren Mut schopfen, ein
Evangelium und die alteste Greschichte des Christentums zu
schreiben. Die anderen Evangelisten sind samtlich, einschlieB-
lich des Verfassers des Hebraerevangeliums, geborene Juden.
1) Die Bedeutung der xomischen Gemeinde in dieser Hinsiclit ist
noch nicht geniigend beachtet -worden. Sie kann aus dem 1. Clemens-
brief abgelesen werden, den man, so lange ^nian diese Seite in ihm nicht
wiirdigt, notwendig unterschatzt.
2) Da6 die Parusie sich verzb'gerte, konnte nicht mehr verkannt
werden; aber noch stieg kein Zweifel daran auf, daB sie kommen -werde.
3) Mit Recht stark betont von Wellhausen (Luk. S. 97f. und sonst).
Viertes Capitel: Consegueuzeu.
Name ist Schall und Kauch fiir die Geschichte gilt dieses
Wort nur teilweise. Kein Name vermag freilich eine unglaub-
liche Greschichte glaubhaft oder wahrscheinlich zu machen, aber
der Name eines Zeitgenossen und Augenzeugen verbiirgt die
Tatsachlichkeit einer moglichen Geschichte, wenn sonst keine
Einwendungen zu machen sind. Und dariiber hinaus der
Name sagt uns in der Regel, wo, unter welchen Umstanden und
zu welchem Zwecke die tJberlieferung fixiert worden ist. Zu-
nachst aber mussen wir uns die Person verdeutlichen, die hinter
dem Namen ,,Lukas" steht.
Ist der Lukas, den Paulus dreimal in seinen Briefen erwahnt
hat, mit dem Verfasser des grofien Geschichtswerks identisch, so
bleibt er fur uns nicht mehr imDunklen, und der Kritik seiner
Erzahlungen sind bestimmteGrenzen gezogen. Aufdersog.
2. Missionsreise in Troas (oder kurz vorher) ist der aus Antiochien
gebiirtige, griechische Arzt Lukas mit Paulus zusammengetroffen.
Wann und durch wen er Christ geworden, ob er vorher in der
Diaspora Fuhlung mit dem Judentum gehabt hat, wissen wir
nicht; nur das ist gewifi, daC er in Jerusalem und Palastina nicht
gewesen ist. Er verfugte iiber eine mittlere Bildung und besafi
eine mehr als gewohnliche schriftstellerische Fahigkeit. Zu dem
Christentum scheint ihn sein arztlicher Beruf gefiihrt zu haben;
denn er ergriff es in der Zuversicht, durch dasselbe noch in ganz
anderer Weise als bisher Krankheiten heilen, bose Geister aus-
treiben, vor allem aber auch als Seelenarzt wirksam sein zu
konnen. Durch seinen Beruf auf die Elenden und Schwachen
gewi_esen, steigerten sich seine sozialen Empfindungen ftir die
Klasse der Miserablen, indem er die Kraft und die Wirkungen
Consequenzen. 105
des Namens Jesu und des Evangeliums aufnahm, anwandte mid
verkiindete. Zu Paulus ist er sofort in das Verhaltnis eines Mit-
ar belters getreten, indem er mit ihm und Silas nacli Philippi
hiniiberfuhr und dort pre^digte (16, 13). Aber das Zusammensein
war nur von kurzer Dauer. Noch in Philippi die Grande
sind unbekannt hat er sich von dem Apostel getrennt 1 , um
sich erst nach einigen Jahren wieder, und zwar abernials in Troas.
ihm zuzugesellen. Nun begleitete er Paulus auf der letzten Reise
von Troas liber Milet und Casarea nach Jerusalem zusammen
mit zahlreichen Gefahrten, unter denen sich auch der thessalo-
nische Judenchrist Aristarch befand. In Jerusalem, wo er den
Jakobus und die Presbyter, aber keinen Apostel gesehen hat
(also auch nicht Petrus), scheint er nur kurz verweilt zu haben ;
denn er gibt sich nicht als Augenzeuge dessen, was dem Apostel
hier und in Casarea widerfahren ist 2 . Aber als Paulus als Ge-
fangener die lange Reise nach Rom antrat, linden wir ihn wieder'
in seiner Begleitung. AuBer ihm fuhr von den Freunden des
Apostels nur Aristarch mit. Paulus hat die Reise als kranker
Mann gemacht (daher wohl die arztliche Begleitung). Schon
nach dem ersten Tage mufite er in Sidon ans Land gehen und
die besondere Pflege der Freunde in Anspruch nehmen, was ihm
der menschenfreundliche kommandierende Offizier gestattete. In
Malta, wo man einen langeren Aufenthalt zu nehmen gezwungen
war, hat Lukas (mit dem Apostel) seine arztliche Kunst (mit
Christian Science) auszuiiben Gelegenheit gehabt (Act. 28, 2 f.).
In Rom ist er langere Zeit bei Paulus als sein Arzt geblieben
(s. Koloss. u. Philem.) und hat sich an der Evangelisation be-
teiligt (Philem. 24). Doch hat er nicht, wie Aristarch (Koloss. 4>
10), den Hansarrest des Apostels geteilt. Neben Jesus -Justus,
Epaphras, Demas u. a. hat er dort den Markus, den Vetter des
Barnabas, personlich kennen gelernt (Koloss. 4, 10) 3 . ,,Lukas
1) Es ist daher nichfa wahrscheinlich (gegen Origenes und Pseudo-
Ignatius), daB er der ungenannte Bruder ist (II. Cor. 8, 18), ov snaivoq
sv TO) evayyeMq) 8ia naa&v iSbv axxhqaiiov, oder der andere, der 1. c. v. 22
auch onne Namen eingefuhrfc ist.
2) Mindestens ist seine Augenzeugenschaft nicht sicher.
3) Lukas hat also aus der Zahl der hervorragenden Manner der
jerusalemischen Urgemeinde vier: Silas, Markus, Philippus und Jakobus
kennen gelernt. Mit den beiden ersteren war er langer zusammen.
106 Cap. 4: Consequenzen.
allein 1st bei mir" (II Tim. 4, 1 1) das ist das Letzte, was wir
yon ihm horen. Aber aus seinem Geschiehtswerk erkennen wir,
dafi er die Zerstorung Jerusalems iiberlebt hat und noch geraume
Zeit nachher tatig gewesen ist. Wohin er gegangen, das konnen
wir niclit sicher ermitteln; jedenfalls nicht nacli Jerusalem und
Palastina, auch nicht nach Antiochien oder Macedonien (beides
ist durch die Art, wie er in der Apostelgeschichte von ihnen
erzahlt, ausgeschlossen). Schwerlich ist er auch in Kom ge-
blieben (auch das scheint durch die Apostelgeschichte zwar nicht
geradezu ausgeschlossen, aber nicht wahrscheinlich). Also haben
wir ihn wohl in Achaja (so die fruheste Tradition) oder in Asien
zu suchen. Fin* Asien und speziell fur Bphesus spricht die Art,
wie er diese Stadt ausgezeichnet und die Abschiedsrede des
Paulus an die Gemeinde dieser Stadt zu einer Abschiedsrede
iiberhaupt ausgestaltet hat (s. bes. 20, 25: vfislg xavTsg sv otq
6'i?]l&ov y.?iQv<j(j<DV rqv fiaOileiav'). Noch deutlicher scheint
mir sein besonderes Interesse fur diese Stadt aus dem herzlichen
Ton und aus der grofien Besorgnis, welche er bekundet, hervor-
zugehen, vor allem aber daraus, dafi er die spatere Geschichte
der Gemeinde daselbst kennt und beriicksichtigt 1 . Das
findet sich sonst nirgendwo im Buch in bezug auf eine andere
Gremeinde 2 . ISTotwendig ist es bei der Bedeutung von Ephesus
nicht,, dalS er in der Stadt selbst geschrieben hat, wohl aber in
einer Gegend, fur die Ephesus eine centrale Bedeutung hatte
(Achaja bleibt moglich). Aus dem Evangelium und ebenso aus
der Apostelgeschichte geht hervor, da$ die Gemeinde der Jtinger
Johannes' des Taufers die christliche Gemeinde noch immer
irritierte, und auch dieses Interesse ist in dem Buche mit Ephesus
verbunden (19, Iff.) 3 . Hier haben wir die erste, sehr deut-
1) S. die detaillierte Warming 20, 29 f.: jE'ycb ol6a on eloetevaovcai
rfjv ayi&v (Heimgang? Weggang?) ftov kvxoi fiaQetg elg
{*}) <pi66/Avoi TOV noipvlov, teal eg v[tu>v avruov avaar^aovTcci a
?.a?.ovvTq dieorQapneva TOV anooTtav zovq /jKx&qzaq dniGco eccvribv. Damit
ist Apok. Jolt. 2, 2 zu vergleichen.
2) Da6 die Stiffcung der Gemeinde zu Korinth der Haupterfolg des
Paulus auf der sog. 2. Missionsreise gewesen ist, daruber lafit Lukas seine
Leser nicht im Zweifel; aber er selbst hat kein Verhaltnis zu dieser
Kirche.
3) Nach Wei B u. a. waren es keine Johannesjiinger, und auch Apollo
soil kein solcher gewesen sein (18, 25 f.). Auf diese weitschichtige Frage
Consequenzen. 107
liche Beziehung zwischen Lukas und dem Johannes-Ev.
Aber auch fur Philippus und seine weissagenden Tochter zeigt
sich Lukas interessiert (21, 9); von diesen Personen wissen
wir, dafi sie spater in Hierapolis in Phrygien gewohnt
haben 1 . Das spricht wiederum dafiir, dafi er selbst spater in
Asien geweilfc hat. In diesem Zusammenhang muB ferner darauf
hingewiesen werden, dafi er in seine Quelle, welche die Petrus-
geschichten enthielt, den Johannes gleichsam als blinden Passagier
siebenmal eingeschwarzt hat (s. o. S. 83). Notwendig ist es nattir-
lich nicht, diese Tatsache mit seinem Interesse fiir Ephesus zu
verbinden, ja es ist nicht einmal wahrscheinlich, da er bei Ephe-
sus selbst durch nichts an Johannes erinnert. Sein Interesse fur
inn kann also sehr wohl anders motiviert sein. Aber es ist
doch in bezug auf die Frage nach der spateren Gre-
schichte des Zebedaiden Johannes von hoherBedeutung,
dafi Lukas unter den Aposteln aufier fiir Petrus nur noch
fiir Johannes ein Interesse zeigt 2 . Dieses Interesse erklart
sich nicht leicht anders als durch die Annahme, daC er von einer
Missionstatigkeit des Johannes in spaterer Zeit gewuUt hat. Hat
er ihn doch ganz kiinstlich an der Mission in Samarien beteiligt.
Nach ihm ist Johannes der nachste nach Petrus, und er denkt
ihn sich in der Urgemeinde als unzertrennlich vom Apostel-
fiirsten. Da er das nicht aus seinem Yerhaltnis zu Jesus ge-
folgert haben kann denn sonst hatte er den Jakobus, Zebed.
(lediglich sein Martyrium erwahnt er kurz) ebenso neben Petrus
stellen miissen wie den Johannes und da er iiber ein beson-
deres Hervortreten des Johannes in der Urgemeinde zu Jerusalem
kann ich. mich. hier nicht einlassen; m. E. muB man sie als Johannes-
jiinger bezeichnen. Hochst befremdlich ist es aber der Fall steht
leider nicht allein , dafi die Kritiker soforfc an der sachlichen Charak-
teristik, die Lukas von deni Standpunkt des Apollo und der anderen Jo-
hannesjiinger gegeben hat, korrigieren, zwei Hande annehmen usw., als
waxen sie iiber die Gemeinde dieser Jiinger vollkommen orientiert. Sie
zerstoren damit eine Nachricht, die zu dem Kostbarsten gehorfc, was wir
iiber das Urchristentum besitzen, und die, so! kurz sie ist, einen ganzen
Zweig der altesten christlichen Bewegung reprasentiert.
l).Papias bei Euseb., h. e. Ill, 39.
2) Merkwurdig, daB er ihn Act. .15 iibergangen hat! Schon diese
Tatsache allein beweist, daB er den Galaterbrief nicht gelesen hat.
108 Cap. 4: Consequenzen.
schlechter dings keine Quelle besaB ; so 1st die Annahme schwer
zu umgehen, daK er ihn um seiner spateren Tatigkeit willen ; von
der er wufite, als eine wichtige Person in die Urgeschiclite ein-
geschrnuggelt hat.
Kehren wir zu Lukas zuriick. In Ephesus oder irgendwo
in Asien oder in Achaja hat er um das Jahr 80 sein Geschichts-
werk fur den vornehmen Theophilus verfaGt. Fur das Evange-
lium benutzte er als Hauptquelle das Werk seines einstigen
romischen Genossen Markus, dazu eine zweite Quelle einer Herrn-
geschichte, die er mit Matthaus teilte 1 , drittens besondere jeru-
salemische oder judaische Traditionen, deren Glaubwurdigkeit fast
durchweg fragwiirdig ist und die grofitenteils als Legenden be-
zeichnet werden rniissen. Dafi er sie bei seinem, vielleicht nur
sehr kurzen Aufenthalt in Jerusalem in den ersten Jahren des
Nero gesammelt hat, ist ganz unwahrscheinlich, dann miiBten
sie auch bei Markus stehen; aber sie iibertrumpfen und korri-
gieren diesen. Also sind diese Stoffe erst spater zu Lukas gelangt.
DaJS sie mit den Unterlagen des 4. Evangeliums sich beriihren
bzw. zu diesem hinuberfiibren, ist oft und zuletzt noch von
Wellhausen 2 betont worden. 3 Sie sind aller Wahrscheinlich-
keit nach weder zu Lukas noch zu ,,Johannes" in schriftlicher
Form gelangt 4 , sondern gehen auf jerusalemische bzw. judaische
Christen zuriick, die zur Zeit des groEen Kriegs oder nach ihni
aus Palastina bzw. Jerusalem ausgewandert sind. An ekstatische,
von aller Niichternheit und Glaubwurdigkeit verlassene Personen,
wie Philippus und seine vier weissagenden Tochter, die nach
Asien kamen, wird man zu denken haben. Sind sie es nicht
wirklich? Lukas hat sie nachweisbar in Casarea kennen gelernt,
und es ist sehr wohl moglich, dafi er sie^" spater noch eininal in
Asien getroffen hat. DaB sie Geschichten iiberliefert
haben, sagt Papias, der die Tochter noch gesehen hat,
1) Durch Heinricis und Wellhausens Untersuclmngen ist die
Abgrenzung der Quelle schwieriger geworden; iah zweifle nicht, dafi
Manches, was Matth. und Luk. gemeinsam ist und daher aus dieser Quelle
stammen konnte, nicht auf sie zuriickgeht, sondern einen anderen Ur-
sprung hat.
2) Wellhausen, Luk. S. 8. 11. 20. 45 f. 53. 123, Einl. S. 65.
3) "Ober Lukas u. Johannes s. Anhang IV.
4) Wenn in schriftlicher, dann aramaisch.
Consequenzen. 109
ausdriicklich 1 . Unzweifelhaffc mufi man sich. die Leute, von
denen die rnit den Stoffen des 4. Ev.s sich. beriihrende B Sonder-
quelle" stammt, die Lukas so wundervoll stilisiert hat, etwa so
denken,- wie Philippus in Act. 8 charakterisiert ist und wie wir
uns seine Tochter nach ihrer Qualitat als Prophetinnen und nach
den Andeutungen des Papias vorzustellen haben. Nun aber fallt
es sehr auf, dafi nicht nur die Weissagung (der hi. Greist) in der
,,Sonderquelle" des Lukas so stark hervortritt, sondern noch
viel mehr das weibliche Element, worauf, soviel ich mich
erinnere, bisher noch nie aufmerksam gemacht worden ist 2 .
Markus und auch Matthaus lassen Frauen in der evangelischen
Geschichte noch sehr zurucktreten. Erst Lukas hat sie so
stark in die evangelische Greschichte eingefuhrt. Wir
finden bei ihm (auBer Maria, der Mutter Jesu):
1. Die weissagende Elisabeth,
2. Die Prophetin Hanna,
3. Die Witwe zu JSTain,
4. Die grofie Siinderin,
5. Die Mitteilung in c. 8, Iff.: oi dcodexa dvv avxcp xal
yvvatxsg nvsq at i]Gav re&gQajtsvfisvai ajco Jtvevfiarajp jcovrj-
Qaiv xal aG&sveicov, MaQia q xalovftsvr] Majda^rivri, aq? t\
SJITCC sj-sZiiA.v&'Si, xal 'icoavva jv>vr\ Xov^a. SXLTQOJIOV
xai SovGavva xal ersQai xolhai, aixivsq diqxo-
vovv avrotg ex TG>V vjtaQiovrwv avralg. Diese Frauen
1) Papias bei Euseb., h. e. Ill, 39, 9: TO [tsv ovv xaxh. r?)v ^I
).iv 3>ik.ntTtov rov anoGrokov af.ia raiq QvyaxQaGLV diaiQlipai diet, tibv
TtQooQ-ev SsdrfhioTcci. o>g 6s Kara rovg amovg 6 Uartlag ysvdfjievoq,
aiv mxpsdypevai -9-avftaalav vno r&v rov <&iUmtov d-vyaregcov
vsvet, TO, vvv ai][jiL(oTGOv' vsxpov yct.Q avdataGtv xaT avTov ysyovviav
larooel teal av ndfav steoov napddoljov negl lovarov xbv ^7t
BaQffccftav yeyovog, jw? 6rj^TijoiOv (paQpaxov e^ntovxoq xal (trj6ev
diet rfyv rov XVQIOV %6.()iv vnopzivavroq xal AA 6s 6 a"vToq wg
8% TtKoccSoaecaq aygdpov elq avrov ijxovra TtagaTsQ-swai gevag re xivttq
nG.Qafio'k.Q.q rov cwrfjooq %. SidaaxaMaq avrov xai rivet aAAa fiv&ixwreQa'
2) Bei Johannes tritfc das weibliche Element auch mehr hervor als
bei Mark, und Matth., aber lange nicht so stark ~wie bei Lukas (s. die
Mutter in c. 2, die Samariterin, Maria und Martha, die Maria unter dem
Kreuze, das Wort an Maria vom Kreuze, Magdalena als die erste,
welche den Auferstandenen gesehen hat).
3) Man vgl. dazu Mavafjv ''HQtaSov rov rerodoxov avvrgoyoq (Act. 13, 1).
Cap. 4: Consequenzen.
haben. also nach Lukas (der iibrigens mehr von ihnen weifi, als
er sagfc, s. Wellhausen z. d. St.) zum Unterhalt nicht nur Jesu,
sondern des ganzen naheren Jungerkreises 1 angeblich oder
wirklich beigetragen (das Wesentliche steht iibrigens schon
bei Markus, 15, 40 f.),
6. Maria und Martha,
7. Das Weib, welches die Mutter Jesu selig preist (11, 27),
8. Die Frau, die 18 Jahre verkriinimt war (13, lOff.),
[9. Die Witwe und der Richter (18, Iff.)],
10. Das Scherflein der Witwe (21, If.),
11. Die um das Leiden Jesu wehklagenden Tochter Jerusa-
lerns (23, 27 ff.),
12. Die Fraueii aus Galilaa unter dem Kreuze (23, 49),
13. Die Prauen als die ersten Evangelisten in bezug
auf die Auferstehung Jesu (24, 10) gegen Markus, dazu
vielleicht
14. Die Gfeschichte von der Ehebrecherin.
Ein groBer Teil des Sonderguts des Lukas ist also
weiblich bestimrnt. Es ist claher vielleicht nicht zu kiihn,
fur diese TJberlieferungen an Philippus uud seine vier weissagen-
den Tochter zu denken 2 . Zugleich erinnere man sich, daB ein
anderer Geschichtskomplex bei Lukas durch ein Interesse fin*
die Samariter bestimmt ist, welches bei Mark, und Matth. fehlt 3 ,
und daB nach der Apostelgeschichte die eigentliche GrroB-
tat des Philippus die Evangelisierung Sarnariens ge-
wesen ist (8, 14: axovdavrsq oi sv c lQodolv { uoe.g axoGroloi
on dEdexrai q 2a.na.Qla [scil. durch die Predigt des Philippus]
tov Zoyov TOV -Osov). Von Dorfern Samarias, in denen das
Evangelium verklindigt worden, spricht nur das Evangelium
1) AvroTQ ist zu lesen; Wellliausen folgt der ungeniigend be-
zeugten LA amw.
2) Auch in der ApostelgescMchte hat sicli Lukas stark fur die be-
kehrfcen Frauen interessiert, was die in D vorliegende Ubeiiieferung ab-
sichtlich abgeschwacM hat, s. meine Abhandlung iiber Prisca und Aquila
in den Sitzungsbor. der PreuB. Akad. 1900, 11. Januar. Aber dieses In-
teresse war hier durch die Sache gegeben und erscheint nirgendwo tiber-
trieben.
3) Auch dieses Tnteresse wird voni 4. Evangelisten geteilt.
Consequenzen.
(9, 52. 56) und die Apostelgeschichte (9, 25) des Lukas 1 . Das
Zusammentreffen des Interesses fur das weibliche Element, fur
die Weissagung (den hi. Geist) und fiir die Samariter, sowie der
jerusalemische Standpunkt der Sender quelle" machen es
wahrscheinlich, daB wir in ihr Uberlieferungen von Philippus
und seinen Tochtern zu erkennen haben 2 .
Dies aber bestatigt sich durch die Apostelgeschichte.
Haben wir (auBer der sog. Quelle Q) das Markus-Ev. und Phi-
lippusuberlieferungen als die beiden Hauptquellen des Lukas
festgestellt bzw. mit Grand verinutet, so wird dieses Ergebnis
dadurch bekraftigt, daB es sich zwanglos auf die Apostel-
geschichte ubertragen laBt. Zwar fur die zweite Halfte des
Buchs standen dem Verfasser seine eigenen Erinnerungen und
Berichte der anderen Begleiter des Paulus zur Verfiigung (fur
den Sturm in Ephesus z. B. nach 19, 29 wohl die Erzahlung
des Aristarch, s. o. S. 97), aber fiir die erste Halfte ein
Blick zeigt das fuBt er lediglich (von der Bekehrung des
Paulus und Antiochenischem abgesehen) auf "Uberlieferungen
liber Petrus und Philippus. DaB ihni die ersteren durch
Markus zugekommen sind, ist deshalb wahrscheinlich, weil nur
Markus dem Petrus und Barnabas als seineni Verwandten
(Coloss. 4, 10: o avetytbq BaQvafta} nahestand, Barnabas aber
in der Apostelgeschichte ueben Petrus stark hervortritt, und
weil sich Lukas (Act. 12) iiber das Haus der Mutter des Markus
in Jerusalem wohl orientiert zeigt, ja selbst den Eamen einer
Haussklavin (Rhode) kennt. Was aber Philippus betrifffc, so
bedarf es nicht vieler Worte, um zu erweisen, daB Lukas iiber
ihn und von ihin "Uberlieferungen besessen hat. Moglich, daB
er sie nur in Casarea empfangen hat, wo er bei ihm wohnte
(9, 30 u. 21, 9. s. o. S. 28), wahrscheinlicher, daB er die weissa-
genden Tochter auch spater in Asien gesprochen hat. Wie dem
aber sein mag in bezug auf friiher empfangene Nachrichteu,
1) Aber ina 4. Ev. vgl. man zu den Worfcen der Act. (9, 25:
re HCDftag -cfbv Saf.ia^8Lribv evriyyeki^ovTo} die Mitteilung c. 4, 39:
Ttotewq Kxzivriq nolJ.ol zniGTZvaav ecg avrbv z&v 2tt[jiaQix&v.
2) Zu den spateren Berichten uber Philippus (und seine Tochter) ist
auch Clemens, Strom. Ill, 4, 25 zu rechnen. Hier wird, als ob es ini
Evangelium stiinde, behauptet, Luk. 9, 60 sei zu ihni gesprochen. Oder
hat Clemens Confusion gemacht?
112 Cap. 4: Consequenzen.
sei es von Philippus und seinen Tochtern in Casarea, sei es von
Markus in Rom, darf man nicht vergessen, dafi Lukas sein Gre-
schichtswerk erst geraume Zeit spater abgefafit und die z. T.
fragwiirdigen Angaben seinerseits noch stilisiert hat *.
Aber das Verhaltnis zu Markus verlangt noch eine Be-
merkung. Lukas hat das Evangelium zu drei Viertel in sein Buch
aufgenornmen; aber einen groflen Respekt vor seinem Wortlaut
zeigt er nicht. Weder hat er es in der Einleitung genannt,
uoch hat er sich in ihr tiber seine Vorganger, unter denen er
doch Markus in erster Linie gemeint haben mufi, unumwunden
anerkennend ausgesprochen 2 . Man darf doch noch rnehr sagen:
Lukas hat sein Evangelium geschrieben, um das Markus-Ev. zu
verdrangen mindestens in dem Sinne, in welchem jeder Autor,
der nach einem anderen liber denselben Gregenstand schreibt,
das Werk des Vorgangers antiquieren will. In der Hauptsache
hat er es fur eine glaubwiirdige Uberlieferung gehalten, aber
abgesehen von den zahlreichen Stilverbesserungen und kleineren
Correcturen hat er es in wichtigen Einzelheiten als unrichtig
geordnet (falsche Taxis), zu wenig pneumatisch, unvollstandig
und irrig taxiert, auf Grund vermeintlich besserer Kunde 3 . Das
1) Die Unterscheidung dessen, was Lukas von Markus und was er
von Philippus bzw. dessen Tochtern hat, scheint mir in der Hauptsache
nielit schwierig zu sein. In der Samariter-Mission fliefien beide Berichte
zusainmen; hier bleiben Zweifel iiber das MaB des Anteils eines jeden
von ihnen bzw. iiber das MaB der Redaktion des Lukas bestehen.
2) Vielrnehr hat er sie indirekt kritisiert. Eusebius, der sich doch
wohl auf griechischen Stil und schriftstellerische Andeutungen verstanden
hat, paraphrasiert (h. e. Ill, 24, 15) den Prolog des Lukas also : 6 Ss Aov-
i; xal amoq TOV '/.ax 1 avrov avyyaftnaroq rfv ahiav ngov-
to? O.QO. nok'kiav xal
ti)v avrbq
hoycav, avaynalwq ttjta).l.a.xx(uv rj^aq tfjq Ttsgl rovg ahkovq af
vTCOArjipeajq, rov aG(pa).?j ).6yov tor airtoq ixavfoq rfjv ahtf&eiav xax-
a zov Idiov TtaQsdcoxsv evayysklov.
3) DaB Lukas das Mark.-Ev. unter diesen Gesichtspunkten kritisiert
hat, dafiir lassen sich zahlreiche Beispiele aus der Yergleichung beider
Evangelien beibringen. Einige dieser Gesichtspunkte stimmen merkwiirdig
iiberein niit denen, unter welchen der Presbyter Johannes bei Papias das
Buch kritisiert, aber augenscheinlich gegen eine noch herbere Beurteilung
in Schutz genomnien hat. Der Presbyter gibt zu 1. die TJnvollstandig-
keit, 2. die mangelnde Ordnung; aber er behauptet die Akribie, die
Consequenzen. __ H3
ist am deutlichsten in der Passions- und Auferstehungsgeschichte.
Die letztere anlangend, hat er, seiner Sonderquelle folgend,
spatere jerusalemische Legenden an die Stelle des Markusberiehts
gesetzt und die erste Verkiindigung der Auferstehung, in schnei-
dendem Gegensatz zu Markus, Frauen in den Mund gelegt. Aber
sein Verhaltnis zu Markus empfangt durch die Apostelgeschiehte
noch eine besondere Beleuchtung. Der einzige Apostolicus, von
clem etwas Unerfreuliches dort erzahlt wird, ist Markus, worauf
oben (S. 95) hingedeutet worden ist. Eine Treulosigkeit wird
ihm schuld gegeben (13, 13, vgl. 15, 37 ff.), und er wird dafur
verantwortlich gemacht, daft Paulus und Barnabas sich getrennt
haben. Das ist ein bittrer Vorwurf, den Lukas zu verewigen
sich nicht geseheut hat 1 . Die Kirche aber es ist die Asiens,
der die anderen gefolgt sind hat das Werk des Judenchristen
und Jerusalem ers nicht abgewiesen, als es zu ihr kam; sie hat
es zwar kritisiert, aber doch als trefflich anerkannt und friedlich
neben das Werk des Griechen gestellt.
Die tiberlieferungen von Jesus, die bei Markus und Lukas
voiiiegen, sind alter als man gewohnlich annimmt. Das macht
sie nicht glaubwiirdiger, ist aber doch fur ihre Kritik nicht
gleichgiiltig. Bei Markus haben wir den Niederschlag mehrerer
Traditionsschichten, samtlich aus Jerusalem. DaC sie zuerst
aramaisch niedergeschrieben worden sind, dafur hat Well-
hausen gute Grande beigebracht. Ich selbst gestatte mir kein
eigenes Urteil in dieser schwierigen Frage. Der Presbyter Jo-
hannes behauptet, daft die Mission spredigten des Petrus dem
Evangelium zugrunde lagen; allein es ist schwer verstandlich,
weshalb ein Jerusalemit wie Markus, dessen mtitterliches Haus
einen Mittelpunkt der Urgemeinde gebildet hat und der die
ganze Gemeinde kannte, die Missionspredigten des Petrus
und zwar ausschlieBlichl zu seiner Unterlage gemacht haben
soil. Das sieht nicht wie eine znverlassige Nachricht aus, son-
Walirhaffcigkeit und das Streben nach vollstandiger Wiedergabe der ihin
gewordenen Mitteilungen.
1) Dafi Lukas in der ^postelgeschlchte den Markus als Begleiter des
Paulus ablest, ist schon dem Irenaus aufgefallen.
Harnacli, Lukas. S
114 Cap. 4: Consequenzen.
dern wie zuin Zwecke der Entschuldigung der Mangel und
Liicken dieses Evangeliums supponiert. Es ist auch dann nicht
glaubwiirdig, wenn Markus in den 12 Jahren, in denen Petrus
wahrscheinlich in der Urgemeinde geweilt hat 1 , noch ein Knabe
und angehender Jiingling gewesen sein sollte, was nach der Art
seines Verhaltnisses zu seinem Vetter Barnabas und zu Paulus
wahrscheinlich ist. Die starke Betonung in der Tradition
(Presb. Johannes, Murat. Fragment), dafi er den Herrn nicht ge-
sehen und gehort hat, fiigt sich dazu. DaB er, nachdem er erst
kurze Zeit, dann langere (in Rom) Begleiter des Paulus ge-
wesen war, auch dem Petrus als Hermeneut Dienste geleistet
und daher auch Einiges von ihm gehort hat, wird man der
alten Tradition gerade noch glauben diirfen. Aber daraus
folgt fiir das Verhaltnis des Evangeliums zu Petrus wenig
oder nichts, wenn Markus doch erst nach dessen Tode den
EntschluC gefafit hat, eine schriffcliche Darstellung des Evan-
geliums von Jesus Christus zu geben (s. Iren.). Da hat er
zusamrnengefafit, was er bekornmen konnte 2 und was sich zu
seinem Zwecke fugte, Jesus als den Christus aus seinen Macht-
taten und Worten zu erweisen. Liegen verschiedene Traditions-
schichten neben und durcheinander, so dienen sie doch dem-
selben Zwecke, und auf den allein kam es ihm an. Alles aber,
was hier steht, ist bereits vor d. J. 70 (oder, wie Andre meinen,
bald nach dem J. 70) in Kurs gewesen. Sich widersprechende
oder disparate Historien kreuzten sich damals in den Kopfen
und Gfernutern wie heute die Gredanken. Derselbe Markus aber
hat auch wahrscheinlich sei es miindlich, sei es in einer
arainaischen Schrift ,,klassische" Geschichten aus der Ur-
gemeinde zur Zeit, als Petrus die Briider leitete und Jakobus
noch nicht am Ruder war, erzahlt. Den Anfang der schrift-
lichen Fixierung in Bezug auf Jesus und die klassische Zeit hat
1) Spater ist er, wie es scheint, nur noch vorubergehend nach Jeru-
salem gekominen.
2) Mit Recht sagt Wellhausen, Einl. S. 53: ,,Es scheint, daB die
erzahlende "Oberlieferung in Markus nicht vorzugsweise von den Ver-
trauten Jesu ausgegangen ist. Sie hat groBtenteils eine etwas derb volks-
tiirnliche Art, wie sie denn auch erst durch langeres Umlaufen in der
Leute Mund zu der ungemacht drastischen Ausgestaltung gekonimen sein
wird, in der sie uns vorliegt."
Consequenzen. 115
also ein Petrus- und Paulusschuler gemacht 1 ; aber weder darf
man Petrus nock Paulus hinter seinem Werke als Autoritaten
slacken. 1st uus das befremdlich, daB sich in diesem Evangelium
des Apostelschiilers weder der Verkehr Jesu mit seinen Jiingern
noch die Theologie des Paulus wirklich spiegelt, so darf man
nicht vergessen, daB Markus eine Sicherheit in der Beurteilung
Jesu besaB, die ihn, so paradox es klingen mag, der Aufgabe
iiberhob, das geschichtliche Bild moglichst treu oder gar intim
zu gestalten oder die geschlossene Einfachheit der Christotheologie
durch ,,Theologie" zu beschweren 2 . Weder die Lehre noch die
Heilandstatigkeit als solche interessierten ihn besonders; urn
gottliche Machttaten und Machtworte handelte es sich- ihm, und
die jiingere Tradition bot zweifellos schlagendere als die alfcere.
Fiir wen Markus geschrieben hat, ist nicht ganz sicher zu sagen.
Nicht fur Judenchristen, sehr wahrscheinlich fur romische
Christen, jedenfalls fur solche, die den Alexander und Rufus, die
Sohne des Simeon von Kyrene kannten, und in Rom wissen wir
von einem Christen Rufus und seiner glaubigen Mutter (Rom.
16, 13) 3 .
Ihm folgt Lukas, der zweite Paulusschtiler. Es ist doch
nicht gleichgiiltig, daB Manner aus der Umgebung des Paulus,
wenn auch nicht als die einzigen, die schriftliche Fixierung
unternommen haben. Den groBen innern Abstand des Lukas
von Markus darf man nicht nach Jahren bemessen; denn weit
von dem Jahre 80 kann man Luk. nicht herunterriicken. Er
war Grieche und Antiochener, Markus Jude und Jerusalernit.
1) DaB bereits Markus schriffcliche Quellen gehabt hat, lafit sich.
nicht sicher nachweisen.
2) Sogar der "Weissagungsbeweis fehlt fast ganz, der Anfang aller Theo-
logie. Markus steht ubrigens unter den Synoptikern Paulus am nachsten.
3) DaB Markus in Italien (damit ist Rom nicht aus-, sondem ein-
geschlossen) sein Evangelium geschrieben hat, sagt das alte ,,Argumen-
tum" aus der Zeit um 220 (Corssen, Texte und Unters. Bd. 15 H. 1 S. 9)
ausdriicklich. Br sagt auch, daB Markus Levit gewesen sei und sich den
Daumen abgeschnitten habe, um nicht Priester -werden zu miissen. DaB
dies eine romische Nachricht ist und daB Markus in Rom den Beinanien
6 xoho{)oSaxrv}.OG gefiihi-t hat, geht daraus hervor, daB es auch von
Hippolyt (Philos. VII, 30) bezeugt wird. Naheres s.'in meiner Abhand-
lung ,,Pseudopapianisches" i. d. Ztschr. f. N.T.liche Wissensch. Ill, 1902
S. 159 ff.
8*
Cap. 4: Consequenzen.
Die universalistischen und hurnanen, die socialen und individua-
listischen Tendenzen des Griechentunis, griechische Ekstatik und
Magie, aber auch Logos und Form bemachtigen sich des ge-
schichtlichen Stoffs bei groBem Respekt fur die alttestamentliche
religio antiqua, wie Lukas sie z. B. in Zacharias und Elisabeth
^schildert. Er begriindet die zweite Stufe der Fixierung und
nimmt sofort die Ausbreitungs- und Siegesgescbichte der jugend-
lichen Religion hinzu 1 . Er fulSt in beiden Teilen auf Markus,
im Evangelium aber mindestens nocb auf zwei Quellen (Q = die
mit Matth. gemeinsame, P = die jerusalemische, die mit Job.
Verwandtschaft hat), von denen die letztere, dureh mancherlei
verschiedene Tendenzen entstellt, im Zusarnmenhang mit den
Philippustraditionen der Apostelgeschichte zu stehen scheint.
Es liefi sich Erhebliches dafiir anfiihren, daft Philippus und seine
weissagenden Tochter diesen recht umfangreichen Stoff fiir beide
Teile beigesteuert haben. Die Hauptsache ist, daft alles (den
Grundlagen nach), auf jerusalemischem (jiidischem) Boden ent-
standen ist, daft wir bei Markus und Lukas gewiC nur wenige
Uberlieferungen und Legenden haben, die als Nachbliite auf
heidenchristlichem Boden gewachsen sind 2 , und daC der ganze
Stoff bei Lukas schon urn d. J. 80 fertig vorliegt. IJberschlagt
man den Abstand der jiingsten Berichte bei Lukas von den
altesten bei Markus, so ist man erstaunt, in wie kurzer Zeit sich
das alles auf einem und demselben Boden, namlich auf dem je-
rusalemisch-jiidischen, gebildet hat. Immer ist es, sowohl bei
1) Welch "ein Zug von Freude, des Muts und des Siegs gekfc vom
ersten bis zuni letzten Blatt durch das lukanisehe Geschichtswerk ! Vexilla
regis prodeunt! Vergebens sucht man diesen Ton aus den andern Evange-
lien herauszuhoren. Sie alle sind mit Sorgen, Gedanken und Schullehren
viel starker belastet als dieser von Christus begeisterte, iiber - alle
Schwierigkeiten mutig hinwegschreitende, Hellene. Eeichlich entsch'adigt
er fiir seine Magie, seine kolossale Leichtglaubigkeit und theologische
Oberflachlichkeit durch die ihm eigene Zuversicht, Freudigkeit und
die eclit griechische Lust am Fabulieren. Als Erzahler ist er wie eine
Mlihle: er vennag Alles zu bearbeiten.
2) Aber das ist naturlich nicht gleichgultig, daB die schriftstellerische
Fisiemng dieses Stofi's (auBer in Q) durchweg auBerhalb Palastinas (in
Rom und Asien) stattgefunden bat. Beriicksicbtigung von Zustanden in
der Diaspora ist bei Lukas in bezug auf die Job annesj linger und vielleicht
fiir einige Parabeln nachweisbar.
Consequenzen. 117
Markus wie bei Lukas, fast nur die Urgemeinde bzw. die judai-
schen Gemeinden, deren Geschichte sich in den Uberliefertmgen
spiegelt 1 . Heidenchristliche Geschichte, soweit sie nicht durch
den Schauplatz ausdrticklich als solche bezeichnet ist, ist in dem
Evangeliuna und der ersten Halfte der Apostelgeschichte kaum
zu finden. Aber in der zweiten Halfte, wo sie zu finden ist,
hat Lukas teils als Augenzeuge, teils als Keferent von Augen-
zeugenberichten etwas Ausgezeichnetes geschaffen und eine
geschichtliche Darstellung gegeben, die zwar Vieles vermissen
lafit, aber nur wenige Correcturen verlangt und die paulinischen
Briefe trefflieh erganzt. Was steht nicht Alles in diesen
beiden Biichern friedlich bei einander! Die Stoffe sind noch viel
bunter als die Ausdrucksformen! An dieser deutlichen Tatsache
mag man ermessen und beherzigen, was damals Alles in einen
Kopf ging und sich miteinander vertrug. Lukas schreibt ganz
ohne Tendenz, oder vielmehr, er hat nur eine Tendenz, Jesum
als den gottlichen Heiland zu erweisen und seine Heilandsmacht
an seiner Geschichte und an dem Fortwirken seines Geistes
(durch die Apostel in der Heidenwelt im Gegensatz zum ver-
stockten Judentum) darzutun. Wie Markus verschmaht auch
er die Theologie, den Weissagungsbeweis, in dem Evangelium
fast ganz, in den Act. (I. Halfte) macht er reichlichen Gebrauch
von ihm. Dieses in Asien oder Achaja entstandene Geschichts-
werk propagiert den Paulinismus noch weniger wie das des Mar-
kus. Nur in seiner allgemeinsten Wirkung lebt Paulus in beiden
fort; aber die allgemeinste war auch seine groBte.
DaG Q und ,,Matthaus" ausschlieBlich auf palastinischen
bzw. jerusalemischen Uberlieferungen fuCen, bedarf keines
Beweises; denn der Horizont des ,,Matthaus" ist Palastina, und
dieses Evangelium ist das Werk der gesetzesfreien, heidenfreund-
lichen palastinischen Kirche 2 . DaJS auch ihm Markus zu-
1) Neben dem Bilde Jesu ist es also das Bild der Urgemeinde von
Jerusalem (der judaischen Gemeinden), welches, aus den Evangelien her-
vorleuchtend, die Heidenkirchen bis auf den heutigen Tag erbaut hat.
In diesem Sinne lebfc das Judenchristentum fort: vfteTg {M./M]zal
rtbv exxhijGiibv TOV &eov T&V ova&v sv xy ^lovdalq. ev Xgtozu)
I. Thess. 2, 14).
2) Am wahrscheinliclisten ist es, das Werk dem hellenistischen Teile
der Urgemeinde, also den Ereisen zuzuweisen, die sich in und neben der
118 Cap. 4: Conseguenzen.
grunde liegt, beweist an sich schon die Gesetzesfreiheit, 1st aber
zugleich ein starker Beweis fur die Abfassung des zweiten
Evangeliuins durch den Jerusalemiten Markus; denn hatte sich
wohl die palastinische Kirche so leicht ein nicht durch einen
Jerusalemiten legitimiertes Evangelium gefallen lassen? Un-
widersprechlich 1st somit, daft die ganze synoptische Tradition
palastinisch-jerusalemisch ist und nichts mit heidenchristlichen
Kreisen, auBer in der Redaktion des Lukas, zu tun hat. Der
Spielraum, den das Griechische in den Evangelien hat, soweit
es dem Judentum nicht schon im Blute steckte, ist damit ab-
gegrenzt 1 .
DaC das Matthaus-Ev. die beiden andern Evangelien schnell
in den Heidenkirchen in den Hintergrund gedrangt hat, ist eine
bekannte Tatsache. Ohne die Kanonisierung ware Markus ge-
wifi, Lukas vielleicht untergegangen. Worin liegt das Manko
bei Markus und Lukas und die Kraft des Matthaus? Das Ev.
des Matth. ist eine Rechtfertigungsschrift gegeniiber
jiidischen Einwiirfen und Verleumdungen, die bald
auch heidnische wurden; er allein hat fiir die Lehre
Jesu ein selbstandiges Interesse; er lehrt, er beweist,
und ihm steht dabei die Gemeinde im Vordergrund 2 .
Dies war bereits in der nachsten Folgezeit wichtiger als alles
Andere. Hier stofien wir zuni SchluB auf eine paradoxe Tat-
sache. Das Evangelium, welches inhaltlich und seinen Ten-
denzen nach den Griechen am fernsten steht denn das ganze
Evangelium ist eine scharfe und aktuelle Auseinandersetzung
rnit dem unglaubigen palastinischen Judentum ist von ihnen
bald als das begehrteste ergriffen worden (neben Johannes,
der in dieser Hinsicht dem Matthaus aufs nachste verwandt, ja
ein verklarter Matthaus ist 3 ), weil es den Bediirfnissen der Apo-
Urgemeinde aus den Act. 6 geschilderten Diaspora-Juden, die in Jerusalem
lebten (Stephanus!), entwickelt haben.
1) Es folgt also z.-B. sofort, daB die Legende von der Jungfrauen-
geburfc, die Matthaus zuerst fur uns bezeugt, auf judenchristlicliem, naher
jerusalemischem Boden entstanden ist.
2) Mit Recht besonders stark betont von Wellhausen. Man be-
achte, wie Matthaus alles Novellistische beschrarikt oder tilgt, dafiir aber
ein feierlich-hieratisches Element in die Erzahlungsweise einfuhrt.
3) Auch ,,Johannes" ist Jude und zwar wie v Matthaus" palastini-
scher; aber er beriicksichtigt auch die Verhaltnisse der Diaspora, in der
Consequenzen. 119
logetik und der Auseinandersetzung mit dem Ju den turn ent-
gegenkam, kurz um seines theologischen, lehrhaften und urn
seines feierlichen Charakters willen. Die weitere Folge davon
ist, dafi dieses Evangelium sich an die Stelle des Pau-
linismus in der Heidenkirche setzt, d. h. soweit diese
Kirche iiber den Universalismus hinaus auf paulinische Gedanken
eingeht, schiebt sie ihnen die des Matthaus unter. Letztlich ist
das auch nicht verwunderlich. Zwar wenn man das alte Schema
gelten lafit, Paulinismus == Heidenchristentum, verwirrt man hier
Alles. Sobald man sich aber klar macht, was der Paulinis-
mus wirklich gewesen ist, namlich die universalistische Doktrin
und Dialektik eines Judenchristen, ist es wohl verstandlich, daft
man ihn durch Matthaus ersetzte, der ihm im Positiven und
Negativen, im Zweck und in den Mitteln viel verwandter ist
als Markus und Lukas (im Bvangelium). Dafi aber Paulus hinter
Matthaus zuriicktrat, lag an seiner Dialektik, die sich sehr bald
als gefahrlich erwies, ferner daran, dafl bei ihm die Erfiillung
des Alten Testaments hinter die Abrogierung des Gesetzes zu-
riickzutreten schien, endlich an der Schwierigkeit, mit seiner
Theologie den freien Willen zu behaupten. So ist das ganz
jerusalemische, in der Controverse zwischen Juden und Juden-
christen steckende Evangelium das Hauptevangelium der Heiden-
kirche geworden. Aber auf ihren Stoff gesehen, sind alle drei
Evangelien, das des Lukas so gut wie die anderen, nur Spiel-
arten, weil samtlich auferbaut auf Uberlieferungen und Legenden,
die eine und dieselbe Heimat haben und sich ihrem Alter nach
nur durch wenige Jahrzehnte unterscheiden. Zwei Autoren stehen
im Lichte der Greschichte, die Paulus -Begleiter Markus und
Lukas. Dafi wir den wahren Namen des dritten nicht kennen,
er lebfc. Haben wir Johannes einen verklarten Matthaus genannt, weil
er den lehrhaften und apologetischen Zweck mit ihm teilt, so kann man
ihn ebensowohl auch einen verklarten Markus und Lukas nennen; denn
mit jenem stimmt er in der dominierenden Absicht iiberein, die Gottes-
sohnschaft Jesu ans Licht zu stellen, und wie dieser will er Jesus als den
Heiland (der Welt) durch eine geschichtliche Erzahlung gegenuber den
unglaubigen Juden und Johannesjiingern dartun. Die drei Hauptzwecke
der Synoptiker finden sich also samtlich bei Johannes wieder. Das kann
nicht zufallig sein. Von hier aus erklart sich eines der groBen Pro-
bleme, welche das Buch bietet.
120 Cap. 4: Consequenzen.
ist nicht verwunderlicb; denn das Matthaus-Ev. 1st am wenigsten
eine Privatarbeii Als Gemeindebuch 1st es kompiliert und wahr-
sclieinlicli mehrfach redigiert worden. 1 Man kann es als das
erste liturgisclie Buch der christlichen Kirclie, ztmachst der
palastinischen bezeiclinen, sofern sie, dem gesetzlichen Juden-
christentimi entwachsen, kein jiidischer Conventikel mehr war,
also aucli der Heidenkirche etwas zu bieten vermocbte. 2 Diese
1) In seiner ersten Gestalt ist es alter als Lukas. Wie es uns vor-
liegt, ist es wohl das jiingste der synoptischen Evangelien. Eine ganze
Reihe spaterer Zusatze sind rnit Handen zu greifen.
2) Der eigentumliche Charakter und die Ursprungsverhaltnisse der
synoptischen Evangelien, wie sie hier skizziert sind, erhalten eine wich-
tige Bestatigung, wenn man in bezug auf ihre Sprache die griecliische
Bibel zum Vergleiche heranzieht und zugleich. die ,,unklassischen" Worte
bei ihnen beachtet (unter diesen sind solche Worte zu verstehen, welche
vor den Evv. nicht bezeugt sind; das ist freilich ein unsicherer MaBstab,
znnial wir jetzt die Papyri haben). Hieriiber findet man die besten Nach-
\veise in Moultons und Gedens Concordanz und bei Hawkins, a.a.O.
S. 162 171. Es ergibt sich aus ihnen, dafi Lukas der LXX- Bibel in
seiner Sprache weitaus am nachsten steht und auch relativ die Tvenigsten
unklassischen Worte hat (von den 319 Worten, die ihm ini N. T. eigen-
tiimlich sind von den Acta ist dabei abgesehen , finden sich 239 in
der LXX, d. h. drei Viertel, und nur 40 von jenen 319 Worten, also ein
Achtel, sind ,,unklassisch"). In der Mitte, also dem Lukas naher, steht
Matthaus (von den 112 Worten, die ihm ini N. T. eigentiimlich sind,
finden sich 76 in der LXX, d. h. weniger als zwei Drittel, und 18 von.
jenen 112 Worten, also etwa ein Siebentel, sind ,,unklassisch"). Markus
ist von der LXX am weitesten entfernt (von den 71 Worten, die ihm im
N. T. eigentiimlich sind, finden sich nur 40 in der LXX, d. h. -wenig mehr
als die Halfte, und 20 von jenen 71 Worten, also mehr als ein Viertel,
sind ,,unklassisch"). Das Verhaltnis des Markus zur LXX wird aber ein
noch loseres, wenn man die Nicht-LXX- Worte hinzunimnit, welche ihm
und Matth., und ihm und Luk., und alien dreien gemeinsam. sind; denn
sie kommen alle auf seine Rechnung. Auch im Einzelnen bestatigt
sich dieses Ergebnis. So ist z. B. der Plural ovgavoi in der LXX nicht
haufig (auf 12 Stellen mit ovgavoq kommt eine mit ovQavoi), DemgemaB
ist er auch bei Lukas nicht haufig (auf 9 Stellen mit ovgavoq kommt eine
mit ovQavoi). Aber bei Markus kommt auf 2 Stellen rn.it ovgavoq bereits
eine mit ovgavol und bei Matthaus hier entfernt er sich also am
meisten von der LXX ist das Verhaltnis sogar umgekehrt. Wie ist
dieser Tatbestand zu deuten? Er schlieBt sich an unsere Ergebnisse an,
die sich wesentlich mit denen von Wellhausen decken. Hinter Markus,
dem jerusalemischen Judenchristen, liegt nicht die LXX-Bibel, sondem
das Aramaische, welches in ein selbstandiges, rauhes Griechisch iibersetzt
Consequenzen.
hat, sobald sie selbst lehrhaft wurde und das ist bald ge-
schehen , den Matthaus bevorzugt und den Lukas zuriicktreten
lassen. Aber als das Evangelium vom Siinderheiland hat es
doch fortgewirkt und seine besondre Mission in der Kirche be-
halten, und Paulus lebt in der katholischen Kirche mehr im
Bilde der Apostelgeschichte als in seinen Briefen fort.
1st. Der Autor ist also kein Diaspora-Judenchrist, der in der griechischen
Bibel lebte, wenn er sie auch kannte, sondern er ist ein palastinischer
Jude (das stimmt mit dera, "was wir von der Person des Markus wissen,
tiberein). Im Gegensatz zu ihm lebt der Verfasser des 3. Evangeliums
man ziehe alles ab, was er von Markus iibernommen hat in der
LXX-Bibel; er ist also enfrweder von Hans aus ein Diaspora- Jude oder
ein geborener Heide. Letzteres trifft far Lukas zu. Die mittlere Stellung
(abgesehen von ovQavoi), die Matthaus einnimmt (bei dem man auch das
dem Markus Entlehnte abzuziehen hat), erklart sich vortrefflich unter
der Voraussetzung, daB er ein in Jerusalem oder Palastina wohnender
Diaspora- Jude ist.
Anliang I (zu S, 11),
Der Verfasser des 3. Evangeliums und der Apostel-
geschichte ein Arzt 1 .
Nach Paulus war Lukas Arzt. Aus einem Geschichtswerke r
welches ein Arzt verfafit hat, braucht sein Beruf nicht notwendig
hervorzuleuchten; aber es liegt doch nahe, nach Spuren des arzt-
lichen Berufes in einem solchen Werke zu suchen. Diese Spuren
konnen verschiedener Art sein. Es kann 1. die ganze Darstelhmg
mehr oder weniger durch arztliche Gesichtspunkte, Zwecke und
Ideale (Krankheit und Heilung) bestimmt sein; 2. es konnen
Heilungen reichlich und mit besonderer Vorliebe erzahlt sein;.
3. es kann die Sprache durch die Sprache der Arzte koloriert
sein (medicinische termini technici, niedicinische Bilder usw.). Alle
diese drei Gruppen von Merkmalen finden sich, wie sich
zeigen wird, in dem Geschichtswerk, welches den Namen
des Lukas tragt. Dem gegeniiber laCt sich aber einwenden,
daB der Stoff selbst sie nahe legte, dafi sie also fur den arzt-
lichen Beruf des Autors nicht entscheidend sind. Jesus ist als
Arzt und Heiland aufgetreten; da das Alle berichten, so ist e&
nicht auffallend, dafi es Einer unter ihnen in den Vordergrund
geschoben und diese Tatigkeit Jesu fur die wichtigste gehalten
hat; er braucht deshalb noch kein Arzt gewesen zu sein, zumal
wenn er Grrieche war, da die religios interessierten Griechen da-
mals die Religion : mit Vorliebe unter den Gresichtspunkt der
Heilung und Erlosung stellten. Das ist richtig; aber jener Com-
1) Das Material aus den Medicinern verdankt man durchweg Ho-
bart, The medical language of St. Luke, 1882. Er hat nur zu viel bewiesen.
Eine gute Ubersicht nach Hobart bei Zahn, Einl. i. d. N. T. II, S. 435 ff.
Auk I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
plex von Merkmalen wird doch die Annahme, daB hier ein Arzt
geschrieben hat, fordern, wenn 4. die Schilderung der einzelnen
Krankheitsfalle besondere arztliche Beobachtung und Kenntnis
zeigt, 5. wenn die Sprache, auch wo es sich niclit uni Medi-
cinisches und uni Heilung handelt, mediciniseh koloriert ist,
und 6. wenn dort, wo der Autor als Augenzeuge spriclit, das
Medicinische besonders deutlich hervortritt. Auch diese drei
Merkmale finden sich bei dem Verfasser des Geschichts-
werkes. Also ist erwiesen, dafi es von einem Arzte stammt.
i
Belege:
1. Ich beginne nait dem letzten Punkt (Arztliches in den
,,Wirstiicken"). Hier ist bereits im Texte (S. 11) gezeigt worden,
daft die Angabe der Diagnose in 28, 8: nvQe-uoic; xal dvGsvreQicp
<jovs%6{tevog exakt (,,gastrische Fieberanfalle") und nur aus der
medicinischen Literatur zu belegen ist, ferner, daB aus c. 28, 9 f.
mit grofier Wahrscheinlichkeit hervorgeht, daC der Verfasser
selbst auf Malta als Arzt fungiert hat. Aber das sind nicht die
einzigen Steilen, die aus den Wirstiicken in Betracht kominen.
Kurz vorher wird die Geschichte von Paulus und der Schlange
erzahlt. Hier heiBt es von der Schlange, die auch ,,&r]()iov" ge-
nannt wird und von der es heifit, sie sei n axb ryjq B-e()(i'r]q"
hervorgekommen: xa&rjfysv ir\v yslQa avrov, und sodann: oi 6s
jtQQGEdoxcov avxov (teZZeiv jtiftjrQaofrai tf xaTccjiijtrsiv acpvco
VSXQOV, endlich: enl xoZv 6s avraiv JtQOGdoxcoPTCOV xal
&CQQOVVT;COV ftiydsv atoxov dq avxov yivopsvov. Die Aus-
leger erklaren fast samtlich das xa.&rjfyev 1 als ,,ergriff" 2 ; die
meisten meinen, man miisse den SchlagenbiB supplieren; allein
Hobart (p. 288 f.) hat gezeigt, daB xad-ametv bei den Arzten
ein terminus technicus ist und daB Dioskorides das Wort fur
giftige Stofife braucht, die in den Korper gelangen. S. Animal. Ven.
Proem.: 61 vAvjQ cp&oQOJtotov xa&ajiTOfiEvqg rwv oco^iaroDV
(lovmv axb [iSQso? GVVJIIJITUV, vgl. Galen., Medicusl3 (XIV 754):
ovds OVTCOG %Q7](JT80V role, rQO%ic>xoi(; [gewisse Pillen]' ov
sxl xa jiejtov&OTa st-ixvslcs&ai' ra>v
1) Es kommfc im N. T. nur bei Lukas vor.
2) Richtig Blass: ,,momordit".
124 Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
sQ-ya^ovtat, avcorsQixolg 6s cpctQ-
iQ?]6&aL Hiernach hat also die Schlange den Apostel
wirklich gebissen und das Gift ist in seine Hand gedrungen.
Erst durch die Beachtung des medicinischen Sprachgebrauchs
kann die Stelle richtig erklart werden. "Weiter, dafi die Viper
(e%i6va) ,,#??o/oz>" genannt wird, ist auch nicht gleichgiiltig;
denn das ist die medicinische Bezeichnung gerade fur sie und
derngema'B heiBt das aus dem Fleische der Viper gemactite Gegen-
gift n&TjQiax'r]". Es ist genau dieselbe Medicin gemeint, wenn
man bei Aret., Cur. Diuturn. Morb. 138: TO dia rwv &IJQLO)V
[Vipern] <paQ{ia%ov liest, Do. 144: r\ Sta. twv ftriQicov , Do. 146:
?] 6ta TGOV s%idva)V, Aret., Cur. Morb. Diuturn. 147: TO 6ia
TCOV Q-riQicov, TWV s%i6vcov. Weiter bemerkt Hobart (1. c.
p. 51): ,,Dioscorides uses &^Qt66rjXTO^ to signify, ,bitten by a
serpent'". Mat. Med. IV, 24: ^TJQLO^^^XOLC, fioqfrelv [taliora
6s %io6?]%Toe.q. Galen., Natural. Facnl. I, 14 (II 53): ooa
xovc, love, TWV &7]Qia>v avsfasi xaiv rove, tovg "kfaovrcnv,
ra [lev TOV rrjg 8%i6v}](;. Galen., Anim. Mores 3 (IV 779):
xal ol ratv -O-rjQicov lot. Galen., Metb. Med. XIV, 12 (X 986):
TO T $LO. TCOV e^idvwV OJTEQ OVO[tO.C,OV(Jl
dorov, ebenso noch an mebreren Stellen (6ia ti 6 ^
rrjv %%i8vav [taZZov q aHov rtva otpiv rf] fry QL a xfj gjre'
dta TO %%LV avTt]v r?]g GaQxbq roov s%idv<DV
avTTjV &i]Qiaxqv). Aucli das ist nicht gleichgiiltig, daB die Hitze
als ,,&8Q[i?]" bezeichnet ist; denn dieses rn. W. ini allgemeinen
seltene, im N. T. nur hier sich fmdende Wort ist bei den Medi-
cinern die gebrauchliche Bezeichnung fur &sQ{iOT7]c;, wofiir
p . 287 f.) sehr zahlreiche Beispiele beibringt. HeiBt es
nun ferner, die Eingeborenen erwarteten, Paulus werde entweder
anschwellen oder plotzlich tot hinfallen, so sind damit auCer-
ordentlich pracis die beiden moglichen Wirkungen eines Schlangen-
bisses angegeben. Ein Laie, der hier erzahlt, wiirde doch wohl
nur die letztere, vom Pragmatismus allein geforderte Wirkung
genannt haben. Aber auch die Ausdrucksweise ist medicinisch;
denn jiifixQaG&ai (nur hier im N. T.) ist term, techn. fur das
Anschwellen und xaTaJiixrsLV (xataJiTwGis) nur hier irn
N. T. ist auch aus der medicinischen Sprache zu belegen
(Hobart p. 50 f.). Endlich ist auch das ni urjdsv arojcov" zu be-
achten, welches in den Evv. ausschlieClich lukanisch ist. Es
Anh, I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 125
wird von den Arzten nicht nur fur etwas Ungewohnliches, son-
dern aueh fur etwas Fatales, Todliches gebraucht; so sagfc Galen,
Antid. II, 15 (XIV, 195), daB die, welche nach dem BiB eines
tollen Hundes ein gewisses Gegenmittel trinken, slg ovdsv arojtov
([ijiEtiovvTai Qadicog, cf. in einem ahnlichen Fall II, 5 (XIV 134):
[trjdi-v aronov, [*,rj6e drj^TjrrjQiov (jvvxarajteytrcoxcog (beide Stellen
allerdings nach Demokrit; aber s. auch Hippocr., Aph. 1251:
OXOGOl SV TOltilV JCVQSTOltiLV 7) SV T%6lV altyjGlV
y.axa nQoaiQsGiv 6a/tQvov6iv, ovdev O.TOJCOV oxocfoi 6s fir} K
xQoa'iQstiiv, arojt(DTQov, Galen., Comni. II, 50, Progn. [XVIII B
185]: ev 6s tq> {laxQco IQOVCO jtolZa (tsv xal TCOV aUcov
O.TOJICQV sico&e tivfix fare iv, 6oa rs 6ia rbv xapvovra xal rovg
vxrjQetovvTaq avrcp. Hobart fiihrt noch zalilreiche Stellen an).
Es ist also zweifellos das ganze Stuck 28, 3 6 medicinisch tin-
giert, und da es die Verse 7 10 erst reclit sind, so ist der
Aufenthalt des Erzahlers auf Malta durchweg medicinisch
illustriert.
Die Wirstucke bieten sonst wenig Gelegenheit, Medicinisches
hervortreten zu lassen; doch ist noch Folgendes bemerkenswert.
Das Geschichtswerk handelt bekanntlich viel von Damonischen
(s. u.), aber nur eine Exorcisierungs-Geschichte erzahlt der Ver-
fasser als Augenzeuge (im 1. Wirstiick. Act. 16, 16 ff.). Hier hat
er sich nun nicht damit begniigt, einfach von einer Damonischen
zu sprechen, sondern er charakterisiert die Kranke genau als
s%ovc>av Jtvv t ua ztv&oova. Nur hier kommt das tiberhaupt
nicht haufige Wort im N. T. vor, welches den Fall bestimmt
prazisiert. Ferner ist bei der Erweckungsgeschichte des Euty-
chus im 2. Wirstiick zu beachten, daC der Schlafzustand des
Jiinglings in c. 20, 9 zweimal durch dasselbe Verbum bezeichnet
wird: %arag)e()6 t usvog VJCVCD fta&el und xarevs^O-slg axb TOV
vxvov. Hobart hat (p. 48 ff.) darauf hingewiesen, daC dieses im
N. T. dem Lukas eigentiimliche Wort in der medicinischen
Sprache (und nur in ihr) fiir ,,in Schlaf versenkt" so gebrauch-
lich ist, daB ,,Schlaf " haufig gar nicht hinzugefiigt wird, und daB
Galen von zwei Arten von %arag)OQa spricht (De Comate secund.
Hippocr. 2 [VII 652]: [IT] yiyvwGxovtsc, on dvo zlolv eWrj
xaracpoQag, cog ol' rs doxifiicoraroi XCDV larQ&v yeyQacpaGi xal
avra ra yuyvoiLtva [laQTVQsl). Auch Passow kennt fiir xara-
<ptQGQ-ai } xaracpOQa im Sinue von Schlaf nur medicinische Bei-
126 Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
spiele; man vgl. die Fiille derselben bei Hob art (von Hippokrates
bis Galen), die sich z. T. eng mit unserer Stelle beriihren *. Bei
der Schilderung der Seereise endlich, die mit Medicinischem an
sich gar nichts zu tun liat, fallen zwei Stellen auf. Erstens findet
sich hier ejcifisleia (27, 3, nur hier im N. T.) und das erinnerfc
an das sjtifis/teta&at. in der Geschichte vom barmherzigeu Sama-
riter (Luk. 10, 34. 35; nur hier in den Evv. u. den Act.). In
beiden Fallen handelt es sich urn arztliche Pflege, und dafiir sind
die Worte, wie Hob art (p. 29. 269 f.) zeigt, termini technici;
auch sjiifisZcoq (nur einmal im N. T., namlich Luk. 15, 8) ist von
den Arzten viel gebraucht. Zweitens in 27, 17 steht der selt-
same Ausdruck vfiorj&Eiaic, S%QCOVTO VJCO^CDVVVVTSC, TO yiloZov"
Nirgendwo wird vom Untergiirten der Schiffe dieser Ausdruck
gebraucht 2 ; aber auch ,,^07]&iaiq SXQWVTO" (,,sie benutzten
Hilfsapparate") ist auffallend. Dagegen macht es nun Hob art
(p. 273 f.) wahrscheinlich, daC dies eine "Ubertragung aus dem
medicinischen Sprachgebrauch ist. 'Yjio^covvvni war dort ein
besonders gebrauchliches Wort fiir ,,Unterbinden", wie sehr zahl-
reiche Beispiele beweisen. Botf&sia aber (sonst nicht in den
Evv. u. den Act.) ist ein ganz gelaufiger medicinischer Begriff,
der auf alles Mogliche (Ligamente, Muskeln, Peritonaum, Pan-
kreas) angewendet wird 3 .
2. Ich lasse nun solche Heilungsgeschichten folgen, die der
Verfasser des dritten Evangeliums aus Markus geschopffc hat, und
und untersuche, wie er sie wiedergegeben hat.
a) In der Geschichte vom Damonischen in der Synagoge zu
1) Hob art suclit nock die Worte Ttagareiveiv,
fta&vq und <i%Qi avyfJQ als spezifisch medicinisch zu belegen; aber
ich lasse das beiseite.
2) Bei Polybius (XXVII, 3. 3) wird vnot,u>vvvvaL zwar aucfa. von
Schiffen, aber in einem andern Sinn gebraucht.
3) Hob art weist auch auf den naedicinischen Gebrauch der Worte
TtaQcuvzLV, eftpifta^eiv, avev&eroq (a&szoq], ^i^.aC l oQ-aL, aal.oq etc. hin, die
sich in diesem Capitel finden, aber das erscheint mir unerheblich. Mehr
will vielleicht dcrizla und aaiToq besagen, die sich im N. T. und der LXX
nur hier finden (27, 21. 33), aber begreiflicherweise in der arztlichen
Sprache haufig vorkonimen. Bei Galen findet sich sogar ,$.atroq
<}v" (Ven. Sect. 9; XI 242); ganz "wie 27, 33*. ,$01x01, 6iar steers".
Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 127
Kapernaum (Luk. 4, 35 = Mark. 1, 26) ist fur Gxaoagav vQityav"
eingesetzt und der Zusatz gemaclit ,,fir]6ev {ttatyav avrov".
b) In der Greschichte von der Heilung der Schwiegermutter
des Petrus (Luk. 4, 38 = Mark. 1, 30) ist fur xarsxsiro
jcvoeGGovGa i]v Gvvsyppsvri jivQsrcp ps-yalco" gesetzt und fur
jtQOGeZ&cbv riysigev avrrjv xQarrjGaq rijq ysiQoq ,,%al sjtiGrag
F.jtavco avr^g EJtsri^Gsv TOO xvQSTq)" .
c) In der Geschichte vom Aussatzigen (Luk. 5, 12 = Mark.
1, 40) wird derselbe nichfc als ZSXQOQ, sondern als ^JT^Q^C
bezeichnet.
d) Der Grichtbruehige wird nicht JtaQa/Lvrucog, sondern
h}[j,evos"' genannt (Luk. 5, 18 = Mark. 2, 3).
e) Bei der Geschichte von dem Mann mit der verdorrten
Hand (Luk. 6, 6 = Mark. 3, 1) fiigt Luk. hinzu, dafi es die
rechte Hand war.
f) In der Greschichte vom Damonischen zu Gradara (Luk. 8,
27 = Mark. 5, 2) findet sich der Zusatz in bezug auf den Kranken
ovx
g) Bei der Blutfliissigen heiCt es (Luk. 8, 43 = Mark. 5, 26)
[iaTQoig jtQoGavalcotiaGa olov rov fiiov 1 ] ovx i6%vGev an
ovdevbg O-SQaJcsv&'fjvai 1 '' , wahrend man bei Mark, liest: jtoHa
jtafrovda vjtb jtoZZwv IO.TQCQV xcd daxavrjdaGa TO. JIO.Q avrijc
jtavra, xal fiydsv cotyefaj-d-eiGa, a/l/l (taMov slg TO %IQOV
Ferner schreibt Lukas (8, 44): S(JT?] q QVOiq rov ai-
t^g", wahrend man bei Mark. (5, 29) liest: e^rjQavQ-ri fj
}] rov al'fiarog avrrjq, %al syva> roj> Ocopan ore larac ano
h) Bei der Erweckungsgeschichte der Tochter des Jairus
(Luk. 8, 55 = Mark. 5, 42) sind die Worte des Markus: xai
ev&vg aveGrr} rb XOQO.GLOV y.al JcsQisjtarei. durch die anderen
ersetzt: ,,xcd ezteGrostysv rb xvsvfia avrqg, xal aveGrt] uiaQa-
ygru/La., und SLJTSV do&rjvai avrfi cpayelv ist vor die Bemerkung
u'ber das Verhalten der Eltern gestellt.
i) In der Geschichte der Heilung des epileptischen Knaben
(Luk. 9, 38 ff. = Mark. 9, 17 ff.) hat Lukas in die Worte des
1) Diese 5 Worte sind woM ein spaterer Zusatz; denn sie fehlen bei
einigen Zeugen (so bei D).
123 Anh. J: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
Vaters eingeschoben: ,,exi(:tt.tyai exl TOP viov fiov, on
vrjc, (Mo/ eOTiv", ferner bei der Schilderung des Krankeri e
i (soil, der bose Greist) . . . %al ftoyig anoycQQgl an avrov
k) In der Geschichte von Malchus (Luk. 22, 50. 51 = Mark.
14, 47) sagt Lukas, das Olir sei das rechte gewesen, und sehiebt
dann noch die Worte ein: aJtoxQL&slq 6s 6 'irjaovc; slnsv' ears
8O)g rovrov' xal atyafisvog rov oorlov ia6a.ro avrov 1 .
Von diesen Zusatzen erledigt sich nur ein sehr kleiner Teil
durcb Hinweis auf das bekannte Bestreben des Lukas, den
Markustext sprachlich zu verbessern; die grofie Menge der-
selben zeigt deutlich die Feder eines Mannes, der ent-
weder selbst Arzt ist oder doch ein besonderes arzt-
liches Interesse hat 2 . Zu a): QLJCTSIV ist nicbt nur eine
sprachliche Verbesserung,, sondern es ist zugleicn der term, techn.
fur die betreffende Ersclieinung bei Epileptiscnen, und der Zu-
satz, daB der ausfabrende Geist dem Manne nichts getan hat,
zeigt das Interesse des Arztes und ist zugleich auch technisch
bei den Arzten: coyelrjGs (tev ixavcog, sftkatye 6' ovdev (so oder
ahnlich sehr oft) 3 . Zu b): Die Arzte unterschieden zwischen
.,kleinem" und ,,grofiem" Fieber 4 ; der Zusatz ,,grofi" bei Luk. ist
also kein miiBiger; weiter, wahrend sich Markus mit der Angabe
begniigt, dafi Jesus sie aufstehen hiefi, indem er sie bei der
Hand fafite, gibt Lukas die Heilungsmethode an: ,,er ging iiber
sie stehen und schalt das Fieber". Er hat also fur die Heilungs-
1) D liest: %al exreivaQ rf/v %iQa tfiparo avtov teal
TO ovq avtov. Wellhausen scheint diese LA bevorzugen zu wollen,
atier sie ist besonders verraterisch. fiir das oft durchtriebene und mut-
willige Verfahren in D; denn sie isfc ganz deutlich nacli 6, 10 gebildet,
TVO das surelvsiv tfyv %etQa seine gute Stelle hat, wahrend es hier ganz-
lich uberfliissig ist.
2) Durch Vergleichung kann man sich leicht davon uberzeugen,
daB sich iiberall hier Lukas und Matthaus dem Markustest gegenuber
diametral entgegenstehen; denn Matthaus hat umgekehrt alle nicht ab-
solut notwendigen arztlichen Ziige im Markustext in diesen Perikopen
getilgt.
3) S. die Stellen bei Hob art, p. 2f.
4) Galen., Different. Febr. T, 1 (VII, 275) : %al ovvy&sq iqSri xolq laTQolq
ovoftd^siv sv Tovrw TO> yevei rrjq Sicupogaq xbv fjisyav re xal yuxgbv nv-
QBTOV. Auch Gvve%GQ-ai ist technisch. S. Hob art, p. 3f.
Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 129
inetbode ein Interesse. Ad c): wabrsebeinlicb ist aucb ^
HejcQas" nicbt eine gleicbgiiltige Variante zu lexQog, denn die
starkeren Grade der Krankheiten werden bei den Arzten durch
n &Jl7}()7ig u bezeichnet; s. Hippocr., De Arte 5: Jt^QEsg Ttjg
vooov 1 . Ad d): ,,JtaQa2.lvfievog" ist eine sprachlicbe Ver-
besserung, aber zugleich term, tecbn. der Arzte, die jtaoalvTixog
nicbt braucben. Ad e) u. k): die Hinzufiigung in diesen beiden
Fallen, daC es sicb urn die rechte Hand und das rechte Ohr ge-
nandelt bat, bezeicbuet eine Grenauigkeit, die bei einem Arzte
besonders verstandlich ist. Ad f): der Zusatz, daB der Damo-
nische seit langer Zeit keine Kleider auf sicb geduldet, entspricbt
der genauen Beobacbtung in bezug auf eine bestimnite Art von
"Wabnsinn, die das Altertum ebenso gemacht bat, wie wir sie
nocb macben; vgl. die Aussage des Arztes Aretaus um das J. 160
(Sign. Morb. Diuturn. 37): Jtsol paving' eo>#' ore etifriJTag rs
sQQrjgaTO\ .Ad g): Hier ist die mediciniscbe Haltung des
Verfassers besonders deutlicb: er streicbt die bose Be-
merkung des Markus liber die Arzte einfach weg 3
wie verstandlich, wenn er selbst Arzt war, und wie unverstand-
licb, wenn er zum Publikum gebortel Die laienbafte Ausdrucks-
weise des Markus: ^s^rjQavQ-Tj rj nyy?] rov aitiaTog" ersetzt er
durcb den term, tecbh.: SOTIJ q QVGIQ rov cufiarog (man vgl.
Hippocr. Praedic. 80: olaiv sg aQiijc, ai[ioQQayiai. ZaflQai, Qlyog
iGrrjGi QVGIV, Hippocr., Morb. Sacr. 306: Harriot TO aifia, Hippocr.,
Morb. Mul. 639: ejti,6av 6e TO Qsvfia tiTy, Dioscor., Mat. Med. I
132: Jr??(ft xal QOVV yvvaixelov 3iooOTi&e[isvov } 148: i'6Tt]Gi 6s
xal aifiOQQoidag und andere Stellen bei Hobart p. 14 ff.) und die
unfeinen Worte, die Markus noch binzugefugt bat, bat er dis-
kret unterdriickt. Ad b) In der Greschichte von der Erweckung
der Tochter des Jairus ist das aveGTrj beibebalten, aber das so-
fort folgende jtSQiexaTsi als gegen die verstandige Ordnung der
Dinge verstoBend weggelassen. Dafiir denkt der Arzt sofort
1) Hobart p. 5f. bietet noch andere Stellen.
2) Hobart, p. 13f.
3) Dafi sie auch bei Matth. fehlt, ist unerheblich; denn er hat Her
wie in den anderen Perikopen uberhaupt alles ^Unnotige" getilgt. Zahn
nennt diese Deutung des Verhaltens des Lukas (Einl. II, S. 437) eine un-
wiirdige ,,Insinuation"; aber seine eigene Erklarung ist gezwungen und
beachtet den Hauptpunkt nicht.
Harnacb, Lukas. 9
130 Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
daran, daB die Erweckte essen miisse, wahrend Markus zuersfc
erzahlt, daB Jesus verboten habe, die Tat zu verbreiten und dann
erst das Gebot, dem Madchen etwas zu essen zu geben, folgen
lafit, wodurch es seine Bedeutung so ziemlicli verliert. DaB man
bei Genesenden zunachst an die Zufuhr von Nahrnng denken
intisse, hat Lukas auch Act. 9, 18 bei der Heilung des Saulus
zuiu Ausdruck gebracht: avaorac, k^ajirio&rj xal lafiwv TQO^P
svioyvoev. Hatte ein Laie das vermerkt? Moglieh ist, daB TO
jivsvfia (avrrjg sjtsGTQStyBv) als q jzvorj zu verstehen ist; doch
ist das nicht sicber. Ad i): Der bier gemacbte zweite und
dritte Zusatz verdeutlicbt das Krankbeitsbild in einer fur die
Epilepsie cbarakteristiscben Weise *, und aucb das n eju@jLejteiv u
ist nicht indifferent 2 (Zusatz 1); denn Hobart belebrt uns 3 , daB
dieses Verbum tecbnisch ist fur die arztliche Beobachtung. ,"A
dst xbv larQov sjiifi).ejieiv, sagt Galen, und ,,ejtL{3Zsjtiv ds %Qrivai
y.al siq ra poo^ara %al rrjv dvvapiv rov xa[ivovTo$, etc.
Ad k): alle vier Evangelisten bericbten von dem Abhauen des
Ohrs, aber nur Lukas laBt es von Jesus wieder angebeilt werden;
nur er hat also daran AnstoB genoinmen, dafi der arme Teufel
sein Ohr verloren hat. Wie er (ad g) den arztlichen Stand uber-
haupt in Schutz genommen hat, so tritt er hier fiir Jesus, den
Arzt, ein; unverantwortlich ware es gewesen, wenn er als Wunder-
arzt nicht geheilt hatte 4 .
In diesen Nachweisungen ist gezeigt, daB sich so gut wie
alle Veranderungen und Zusatze, die der dritte Evangelist am
Markustext vorgenonimen hat, aus dem Interesse des Arztes am
einfachsten und sichersten erklaren; ja ich sehe nicht, daB irgend
eiue andere Erklarung auch nur moglich ware. Hinzuzufiigen
ist noch, daB der 3. Evangelist populare medicinische Ausdriicke
vermeidet, s. oben S. 129 zu Punkt g. Dazu: fiaGavoq braucht
er nicht wie Matth. von Krankheiten, sondern nur in der Parabel
1) S. die Belege bei Hobart, p. 17ff.
2) Der ,,einzige" Sohn ist ein Zusatz, der fiir die Riihrseligkeit des
Yerfassers charakteristiscli ist.
3) P. ISf.
4) Man kann liier iibrigens init Handen greifen, wie eine Wunder-
geschictite entstanden ist und was sich Lukas erlaubt hat. Eine Sonder-
quelle besaB er sicher nicht; weil es so sein muIJte, ist es so ge-
wesen.
Anli. I: Verfasser des 3. Ey. u. der Apg. ein Arzt. 131
c. 16 von Hollenqualen; ftaGavL^sGd-ai steht bei ihm aucli nur
einmal (c, 8, 28); [lalMxia fehlt ganz.
3. Lukas hat im Ev. noch drei Heilimgsgeschichten, die er
allein erzahlt (der Jungling von Nain, das gichtische Weib und
der Wassersiichtige), auGerdem zwei einschlagende Parabeln
(der barmherzige Samariter und der arine Lazarus), in der
Apostelgesch. abgesehen von den Wirstiicken die Heilung
des Lahmen in Jerusalem, des Aeneas, der Tabitha, des blinden
Saulus, des Elymas, des Labmen in Lystra; dazu kommen noch
hierher gehorige Notizen in der Geschichte des Ananias und der
Sapphira und in der Vision des Petrus. Uberall in diesen Ge-
schichten, die iibrigens scbon durch ihre Fiille bemerkenswert
sind, zeigen sich Ziige, die das Interesse oder die scbarfe Be-
obachtung oder die Sprache des Arztes aufweisen.
In den G-esehichten der Erweckung des Jiinglings von Nain
und der Tabitha (Luk. 7, 15; Act. 9, 40) wird die erste Regung
der Erweckten tibereinstimmend durch ,,avsxci{):iGev" bezeichnet.
Dieses Wort 1 scheint ini intransitiven Sinn fast nur bei den
medicinischen Schriftstellern zu begegnen 2 , und zwar meinen sie
das ,,sich wieder aufsetzen" im Bett; s. z. B. Hippocr., Praenot. 37:
avaxa&i&iv Povteo&ai rov voGsovra rrjq VOGOV azfza^ovat^.
In der Geschichte vom gichtischen Weib (Luk. 13, 11 13)
fallt erstlich die genaue Beschreibung von Krankheit und Heilung
iiberhaupt auf, da die Pointe (Heilung am Sabbath) sie nicht
veiiangt; i]v GvvxvjtTOvGq xal fit] dvvaftevt] avaxvipcu sig TO
jiavTeles 3 ; ajtoZvsG&ai und avoQ&ovGfrai lauten ganz fachmaCig,
s. die Parallelen bei Hob art (p. 20 ff.). Sowohl dvaxvjtTsiv als
axolveiv (nur hier im N. T. in bezug auf eine Krankheit) sind
die entsprechenden termini technici, und ebenso ist avoQ&ovv
das solenne medicinische Wort fur das Zuriickbringen der Glieder
oder Teile in die natiirliche Position; man beachte aber auch,
wie erst die Losung der Krummung bernerkt wird und dann die
Einrichtung. Wer hat fur solche Genauigkeit ein Interesse?
1) Nur hier im N. T.
2) S. die Belege bei Hobart, p. 11 f.
3) Vgl. die Parallels bei der Beschreibung des scHLafenden Eutychus
(oben S. 125): aarcccps^d^evog, xa.Tve%Q-eiq.
9*
132 Anh. I: "Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
Ein ,,v6Qa)jti%6q" (Luk. 14, 2) kommt sonst im N. T. nicht
vor, dagegen haufig (u. ebenso das Adj. pro Subst.) bei Hippo-
krates, Dioskorides, Galen 1 . Die Krankheiten Wassersucht,
,,groBes" Fieber, hochstes Stadium des Aussatzes, Dysenteric mit
Fieberanfallen finden sich nur bei Lukas.
Die Parabel vom barmherzigen Samariter (Luk. 10, 30 ff.)
lautefc wie ein arztliches Schulbeispiel, keinem Hilflosen die
Hilfe zu versagen. Hobart (p. 27) bat erne sebr merkwiirdige
Parallele aus Galen beigebracht, in der sicb sogar auch das
Wort nqiu&avTjg 11 (Luk. 10, 30, u. im N. T. nur hier) findet.
De Morb. Different. 5 (VI 850): ol'a roiq o6outoQ^6a6iv sv
XQVSL xaQTEQq) yiyvsTCti' jco2Zol JO.Q rovrcov ol [iv ev avraig
ralg 060 iq, aniQ-avov , oi 6s siq 3cavdo%Zov, JTQIV ?/
olxa6s jiaQayzvsG&aL (pQ-atiavTSc, tjfii&vTJTeg TS xal
xaTstyvyfisvoi cpaivovrat 2 . Arztliche Ausdriicke begegnen
mebrfach in dieser Erzablung; aber sie konnte doch nicht von
einem Arzte gescbrieben sein, wenn Wellhausen Recbt mit der
Bemerkung hatte: ,,In Wunden tut man 01, aber nicht 01 und
Wein. In dem Beispiel Land Anecd. Syr. 2, 46, 24 stammt 01
und Wein wohl aus unsrer Stelle." Allein er irrt sich; die
Arzte behandelten im Altertum nicbt nur innerlich mit 01 und
Wein, sondern salbten auch damit (Hobart p. 28f.);'s. Hippocr.
Morb. Mul. 656: ?]v 6s al {ifJTQai ^i6yco6i., nsQivityas avrag
v6an %liQO) xal ateityaq slaicp xal olvcp, u. a. St.
In der Parabel von Lazarus kommen die sonst in den Evv.
fehlenden Worte sAxog, lxov<j&ai } xaraipv%siv, 66vvaC&ai und
%a<j(t,a (sorriQixrai) vor (c. 16, 21 26). Die ersten beiden Worte
sind die term, techn. fur Geschwiire; ebenso sind die relativ sel-
tenen Worte odvvaG&ai und xaraipv^siv von Hippokrates an bei
den Medicinern technisch 3 , und vielleicht darf man das auch von
und GrriQi^eiv sagen 4 . Der Arzt denkt an die fehlende
1) S. Hobart, p. 24.
2) Fast sollte man uieinen, Galen liabe den Lukas gelesen. Umnog-
lich ware es nictit; er hat sich mit Christen beschaftigt. Eine minder
ahnliche Stelle steht auch bei Galen, De Rigore 5 (VII 602): fag %GOI ye
Zeiftibvog odomoQovvTsq, slta ev ZQVEI stctQTSQa) xaral.rjcpd-EVTec;,
re xal xgo^Ssiq oixaSe naQeyevovro.
3) S. Hobart, p. 32 f.
4) S. Hobart, p. 33 f.
Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 133
arztliche Hilfe: die Hunde leckten ihm seine Geschwiire. Natiir-
licli braucht nicht nur ein Arzt so zu denken; aber es ist der-
selbe Schriftsteller, der die Geschichte vom barmherzigen Samariter
erzahlt.
In der Geschichte vom Lahmen (Act. 3, 7 f.) fallt die Ge-
nauigkeit auf: ijysiQsv avtov, ytaQa^Qrffia 6s
at fiaosig avTOV xai TO, o<pv6Q<x, xcti e
xal ytsQLSjtatSL. Kann man ausfiihrlieher und zugleich kiirzer
den HeilungsprozeB schildern? Wer hat ein Interesse an den
Stadien desselben? Was der Arzt sonst in Monaten beobachtet
denn geschildert wird, wie ein Lahmer sonst allmaklieh
gesund wird , das drangt sich hier in Augenblicke zusanimen.
Nun beachte man noch die Anamnese %00l.bc, % xoiliag firjrQoq
(3, 2), STCQV i]v jtteLovwv t(>6aQa%ovTa (4, 22, ein Alter, in dem
solche Heilungen nicht mehr vorkommen). 2<pvdg6v ist ein ganz
seltenes (bei Passow z. B. nicht verzeichnetes) Wort, der term,
techn. fiir die Knochenkopfe am Bein, s. Galen., Medicus 10
(XIV 708): TCC 6s jtsQara rcov t^c, xv7J{?]<; oGtcov slq rs TO
svSov fisQOQ %al slg TO egos s^s^ovra, ocpvdQa jiooGccfoaevsTGi,
TO, 6s ajtb TCOV 6g)v6od)v xvQiwg jtodsq liyovxai.
Bei Aneas (Act. 9, 33) fallt wieder die genaue Zeitangabe
fiir die Krankheit auf (8 Jahre) 1 , und zugleich erinnert man sich,
wie verschiedene Ausdriicke der Verfasser des groBen Geschichts-
werks fiir ,,Krankenbett" hat: es sind vier, namlich xoafictTTOv,
xtivri, xltvi6iov, xhvaQiov. Die beiden letzteren sind ihm
eigentmnlich im N. T. 2 . Zeigt sich da nicht wieder der Arzt?
Das avsxa&ujsv in der Tabitha-Geschichte wurde bereits
oben beriihrt; auffallend realistisch ist der Ausdruck (von Petrus,
als er sich zur Erweckung der Frau anschickt): ExidTosipaQ nobg
TO 6(5/Lia sljtsv Taftt&a, avaOTrjO-i. 2(5 t aa = Leichnarn.
Bei der Heilung des erblindeten Saulus (Act. 9, 17 ff.) heifit
1) Markus und Matthaus erwahnen nur beiin blutfliissigen Weib die
Krankheitsdauer, aber Lukas hat nicht nur bier, sondern in noch zwei Fallen
erwahnt, daB das Leiden congenital gewesen sei (Act. 3, 2; 14, 8);
das gichtbrfichige Weib war 18 Jahre krank, der Lahine in Jerusalem
inehr als 40 Jahre, Aeneas 8 Jahre.
2) Er unterscheidet sie auch, s. Act. 5, 15: ri&evat enl z).iva<)i(ov
xal
134 Anh. I: Verfasser des 3. Bv. u. der Apg. ein Arzt.
es: ajtejteoav avTov ajtb TWV ocp&alftcov cog lejtidsg. Dazu
Hob-art p. 39: 'AjtonlxTSiv [im N. T. nur hier] is used of the
falling off of scales from the cuticle and particles from diseased
parts of the body or bones, etc., and in one instance, by Hippo-
crates, of the scab, caused by burning in a medical operation,
from the eyelid; and Zsxig [nur hier im N. T.] is the medical
term for the particles or scaly substance thrown off from the
body; it and anojtijtTEiv are met with in conjunction. Hippocr.,
De Videndi Acie 689: TO ftZsgxxQov sjiixavtiai ?] T<D av&st
OJITCQ IEJCTW 3tQo6Ti3.ai, oTav 6s aftOJisfy] q kti^aQa, ir)TQVEiv
Ta ioura. Galen., Comm. II, 23, Offic. (XVIII, B 781): JtoUaxig
yaQ ajto6%i6sg odTcov xal Zsjiidsq ajtojtijiTOvGiv, Galen., *
Med. Defin. 295 (XIX 428): e&' OTS [lev xal fajtid
Galen., De Atra Bile 4 (V 115): TO Ccofia Jiav
{.ithaGiv sgav-9-iqf.iaGiv oftoloic;, SVIOTS 6s xal olov henlc,
JIIJITS flQaivo[iV(X)v TE xal 6ia<poQOV[ivcov avrcov, Galen.,
Med. Temper, et Faculfc. XI, 1 (XII 319): xal TOV
a(pic>TaTai TS xal ajcojiijiTsi xa&ajtSQ TS Zsjcog r\
In der Geschichte von Elymas (Act. 13, 11) 1st die Erblin-
dung also beschrieben: JiaQa%Q?][ta EJIZGEV (sjzsjreGev?) sx avTov
a%lvg xal oxoToq, xal jiEQLaycov s^rjTsi y^LQaycoyovq. Hobart
zeigt (p. 44 f.), dafi a%lvg nach Galen eine bestimmte Augen-
krankheit ist (Medicus 16, XIY 774: a&vc, 6s IGTL XSQL olov
TO [tsZav ajto slxcodECog exixolaiov, ovlr] ZsztTOTaTi] O.EQL
a%Zvco6i jtaQaxlrjdia, s. auch die zahlreichen anderen Stellen,
z. B. V<psli6v SOTIV a%lvg i] slxcoGtq EJtiTtolaioq exl TOV ( us-
Aavog); aber auch was er iiber oxoTog bemerkt, ist beachtens-
wert. Der Zusatz: er suchte solche, die ihn fiihren konnteu, ist
das, woran der Arzt denkt, der sich sofort die traurigen Folgen
des Falles yorstellig raacht.
Der yon Mutterleib Lahme in Lystra wird als ein avi](>
advvaTog TOtg JCQGIV (Act. 14, 8) bezeichnet; s. die rnedicinischen
Beispiele fur a6vvaTog bei Hobart p. 46.
In der Geschichte von Ananias und Sapphira linden sich
(Act. 5, 5. 6) die Worte sxipv^stv und GvOTelZeiv. Jenes scheint
fast ganz auf die medicinische Literatur beschrankt gewesen zu
sein. Vor Luk. (1. c. u. Act. 12, 23) werden nur Belege aus
Hippokrates beigebracht, sodann aus Aretaus und Galen (s. Ho-
Anb. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt. 135
bart p. 37) *. Zu avarsUsi-v- bemerkt Hobart (1. c.): ,,This
word is met with in one other passage in the N. T. (IKor. 7,29):
o xaiQog GWEGTcdfiepog, and is found only once in classical
Greek in the sense it bears in this passage ,.to shroud", Eurip.,
Troad. 378: nljcloic, (iyveciTcd'rjGav. In medical language the
word is very fEagtaeat [hierzu Beispiele aus Hippokr., Galen,,
Dioscor.] and its use varied: one use was almost identical with
that here, viz., ,,to bandage a limb", ,,to compress by bandaging".
In der Geschichte von der Vision des Petrus wird das Wort
: ,x6TaGiq" gebraucht (Act. 10, 10: eysvero ETC avrov sxGraGcg).
Obgleich visionare Zustande im N. T. haufig vorkommen, braucht
doch nurLnk. (hiern. Act. 11, 5; 22, 17) fur sie dieses Wort. Es
ist in der medizinischen Sprache technisch nnd haufig (Hobart
P- 41).
Diese tjbersicht iiber die dem dritten Evangelisten eigen-
tiimlichen Krankheitsgeschichten und Verwandtes bestatigt die
Ziige und Interessen, die uns bei seinen Korrekturen der von
Markus erzahlten Geschichten entgegentreten 3 .
4 DaB die Darstellung Jesu im dritten Evangelium von
dem Gesichtspunkt beherrscht ist, dafi er der groBe, wunderbare
1) Einmal steht es in der'LXX (Ezecli. 21, 7) und auch bei Jam-
bliclius.
2) Nicht = sie bedeckten inn. (Weiss), sondern sie wickelten ihn ein.
3) Sind die Verse Luk. 22, 43. 44 echt und ich glaube das in den
Sitzungsber. d. PreuB. Akad. 1901 3 28. Febr. sehr wahrscheinlicb. gemacht
zu haben , so hat Lukas in ihnen die sonst ini N. T. feblenden termini
tech. SVK>XVEIV, aya>vla, 6 irfptbe (aael Q-QOftpoi afyarog xa-cafialvovTEq ge-
braucbt, : s. die scblagenden Belege bei Hobart, p. 79ff. Es ist derselbe
niedicinische Schriftsteller, der ear?/ ?] (tvaiq TOV ca^aroq und Q-QOfjifioi
ai(j.c'.roq zaTapalvovTec scnreibt und der ev aycavlq yevdftevog und eneoev
s'yt 5 avtov sxaraGiq sagt. Tin Unterscbied von der aywvla Jesu wird
v. 45 nur von einer ^vmj der Jiinger gesprocben und dieses sonst bei den
Synoptikern feblende Wort (,,&TCO rffq Av?r?/?") ausdrucklicb den Markus-
sticbworten (,,scblafend" "bzw. ,,ibre Augen waren besebwert") binzuge-
fugt. Was es rnediciniscb mit "kvnri fur eine Bewandtnis bat, zeigt Ho-
bart, p. 84. Endlich sei erwahnt, daB bier wieder ein Beispiel dafiir
vorliegt (s. o.), daB Lukas laienbafte Ausdriicke in medicinische verwan-
delt: Markus batte von Jesus gescbrieben: VjQ^cao zx&a/jfietG&aL (un-
klassisch; aacb Mattb. bat das Wort getilgt) y.ol adyftoveiv, dafiir setzt
Lukas das pracise ye.v6fj.evoq sv aycovla.
136 Anh. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. ein Arzt.
Heiland der Kranken gewesen und iiberbaupt der Heiland ist,
braucht nicht erst nacbgewiesen zu werden. Aber wicbtig ist,
daB Lukas, wo er die ganze Tatigkeit Jesu zusammenfaBt und
er tut das ofters, lediglicli die Heilungen erwahnt und
dabei sebr scharf L zwischen natiiiiichen Krankheiten und damo-
nischen unterscheidet (weil sie eine ganz verschiedene arztlicbe
Bebandlung verlangen). S.'c. 4, 40 f.: Havreq oGoi etyov a-
Gd-svovvrag votioig jcoixiZaig 7\yajov avrovg Jtobg avrbv 6 6s
avrcov rag %eiQag s Jtiri,& slg s&QajiVv avrovg.
6s xal 6ai[i6via axo xoM.cov, xQaCovra xal Zsyovra
on 6v si o vtbg rov -S-sov, xal snLTiiicov ovx ela avra hatelv.
C. 6, 18 f.: fy&ov axovdai avrov xal lafrfjvai axb twv vbowv
O.VTCQV, xal oi svo%hov[ievoi ajto JivevftaTwv axa&aQTCov s&EQa-
' xal xaq o o%loc e^rovv ajtrsti&ai avrov, on 6vvafiig
avTov st-rjQiETO xal laro xavxaq. C. 7, 21:
ajt votiwv xa laG-tcov xa
xal Tvg)A.olg xoMolq %aoiGaro pAexEiv. C. 13, 32: I6ov
6aL[i6viaxal latisic ajtorsla) orjfieQov xal avQiov, In der Apostel-
gescb. ist es nicbt anders (in bezug auf die Apostel), s. c. 5, 16:
6s xal TO ftlrj&oq ra>v JCSQI^, nolecov '
aG-9-svslg xal o%Zov[isvovg vjcb
axa&aQrcov, oinvsg &QaJiVOVTo ajtavrsq. Act. 19, 11:
6vi>a{itg T ov rag rv^ovGag 6 &og sjtoiei 6ia rcov %IQOOV
IIav).ov, SCT xal Jtl rovg aG&svovvrag aftO(pQ6&ai. ajtb
rov XQwrbg avrov Gov6aoia ij difiixlv&ia xal axaHaGGM&at
ax avrcov rag vodovg, ra rs jcvsvftara ra 3iovr\Qa sxjto-
QVG&ai. Diese unverbriicbliche Konstanz, die in den Heilungen
die Hauptsacbe in den grofien Wirkungen der neuen Religion
siebt und es zugleich jedesmal fiir notwendig bait, Kranke und
Danionische zu unterscbeiden, deutet auf den Arzt als Verfasser.
5. DaC die Sprache des Lukas aucb sonst von mediciniscben
Ausdriicken und Worten koloriert ist, das batHobart nur zu
reicblicb auf 200 Seiten zur Darstellung gebracbt. Zwingende
Beweise sind bier scbwer zu geben. Von nicbt geringer Be-
deutung ist gewiC, dafi nur nocb Lukas Jesus in seine Predigt
in Nazaretb das Spricbwort einflicbt: ,,Arzt, heile dicb selber"
1) Anders als die anderen Evangelisten.
2) Das sind schwere akute Krankheiten im Unterschied von voaoi.
Anli. I: Verfasser des 3. Ev. u. der Apg. em Arzt. 137
(c. 4, 23, s. o. S. 12). Einiges sei noch hervorgehoben. JJaQa-
%Qrj(ta (bei Luk. 17mal, sonst im N. T. nur 2nial bei Matth.)"ist
in der arztlichen Sprache technisch fiir prompte Wirkungen in
utrainque partem. Hobart (p. 97 f.) belegt es aus einerSchrift
des Hippokrates (Intern. Affect.) IGmal und fiilirt aus Dioskorides
und Galen eine Uberfulle von Belegen an. Mit Zahn fuhre ich
noch an xQotidoxav (Hob. p. 162), avaJceiQoq (Hob. p. 148),
(p. 193), anoipv%iv, xa,Tatyv%eiv, avatyvfyq neben
(p. 166. 32. 37), jivor), evnvesiv, exxvssiv (p. 236),
L,<noyovBlv (p. 155), ft fiaviav jtSQiTQSJietv (p. 267 f.), xQautal.?}
(p. 167), %QG>s (p. 242); selbst das ovx aGrj(ioq Jibfac, in Act. 21,
39 ist aus Hippokrates (Hob. p. 249) zu belegen. DaB der Prolog,
so wenig sich das auf den ersten Blick verrat, mit dem medi-
cinischen Stil Verwandtschaft hat, hat zuerst Lagarde behauptet
(Psalter. Hieron. 187 4p. 165) und aus Dioskorides zu belegen ver-
sucht (und zwar auch aus einem Prolog). Etwas besser bat es Ho-
bart begriindet (p.87ff.229.250f.) unter besonderer Beziehung auf
zahlreiche Stellen bei Galen. Eine derselben lautet (ein Prolog!
Theriac. ad Pis. 1, XIV 210): xal tovrov Got tov JCSQL xric,
Zoyov, axQiftcog egsratiag ajtavra, aQiors IliocDV,
sjioirjoa [s. Act. 1, 1: sjcoL^oa^tjv]. Endlich, mit
Recht scbreibt Zahn (H, 436): ,,Wenn die zu chirurgiscben
Zwecken dienende Nadel regelmafiig nicht gacplg, sondern jtslovri
und das gebohrte Loch von den Arzten nicht rQvjr^^a oder
TQVfiaMa, sondern TQtjfia genannt zu werden pflegt, und wenn
man bei Galen liest: TOV xara tr\v $&lbvi]v rg^^aroq oder TOV
6tarQri(iaroQ ryjq @l6vr}g (H o b. p. 60 f.) , so charakterisiert
Luk. 18, 25 im Vergleich mit Matth. 19, 24; Mark. 10, 25 den
Verfasser als Arzt. Wenn Galen ausdrucklich iiber den ihna
selbst wie schon dem Hippokrates gelaufigen Gebrauch von
,aQ%ai' zur Bezeichnung der Enden (jzsQara) des Verbandzeugs
(ol ejiidsGfiioL, oft auch o&ovia und o&ovrf) reflektiert, so ist
klar, daC Act. 10, 11; 11, 5 von einem Arzt geschrieben ist."
Die in dem Eingange dieser Abhandlung aufgestellten sechs
Gesichtspunkte treffen samtlich fiir den dritten Evangelisten zu.
Die Belege sind uberreichlich. Es kann m. E. kein Zweifel bestehen :
das dritte Evangelium und die Apostelgeschichte sind
von einem Arzte verfalH.
Auliang II (zu S. 73).
Sprachlich-lexikalische Untersuchung von
Luk. I, 3956. 68-79; 2, 1520. 4152.
(I, 39) 'Avacxa-
tia 6s MaQLa.fi sv
xalq, r/fisQaig tav-
TO.LQ, SJtOQv9-7] 1$
ra 6Jtov6rjq
lovda,
(40) xal
sic, TOP oi-
xov Za%aQiov xal
Dieses pleonastische avitiTavai findet sich
bei Matth. 1 oder 2 mal, bei Mark. 4 mal,
bei Job. nie, bei Luk. (Ev. und Act.) ein paar
Dutzend rnal. Zu avaGraGa ejcoQv&"r] s.
Luk. 15, 18: avaOraq noQsvGoftcu., 17, 19:
avaGxac, jtoQsvov, Act. 8, 26: avaGTtjQ-L y.al
JCOQSVOV, 9, 11: avad-taq JIOQSV&TJTI, 22, 10:
dvadrag XOQSVOV. sv talc, q t uQaic rav-
raig (oder ahnlich) felilt bei Matth., Mark.,
Joh., findet sich aber bei Luk. noch 12 nial
(6 mal so wie Her, s. c. 6, 12; 23, 7; 24, 18;
Act. 1, 15; 6, 1; 11, 27; dazu [IETO. 6e rav-
rac, rag fysQctc, c. 1,24; Act. 1, 5; 21, 15 ;
jtQo TovTcovT.rjft. Act.5, 36; 21, 38 raq^u.
ravrag Act. 3, 24. TVJV OQELV^V} s. c. 1, 65,
fehlt sonst ini N. T., steht aber im Buch
Judith. - [izra GJtovdJjg] kommt ini N. T.
nur noch Mark. 6, 25 vor. xoliv 'lovda
wie jtoliq Aavsid, Luk. 2, 4. 11, ist dem
LXX-Stil nachgebildet (7^, olxog,
3 fov6ct). Oder ist 'lovda verderbter Eigennarne,
wie bei Luk. jto2ig Na^aQsx
Aaaticd?
Zu olzoc, s. d. Bernerkung zu Act. 16, 15;
es ist bei Luk. viel haufiger als bei den
anderen Evangelisten, die oizia bevorzugen.
rjtjjcaGaTo} s. c. 10, 4; Act. 18, 22; 20, 1;
21, 7; 21, 19 (L6i>]L %al a<jjta(ja{ivoq ^
); 25, 13.
Luk. 1, 39-44.
139
(41) xcd syeve- Zur Konstruktion mit kysveTO s. die Be-
TO cog vjxovdsv rnerkung zu c. 1, 8 (oben S. 70). cog temp.
TOvd6Jia<j t ubvT?jg fehlt bei Mattb. u. Mark., findet sich aber
Maoiag i] 'EfaGa- bei Luk. (Ev. u. Act.) c. 48 mal, s. z. B. Act.
^>T" ^(J^CtQ'C^lOcV 2i \.y .I 2i CO Q WsCQIJuCtiiSJJi < -~~~ SQ'/CtQt'yjQ 2^1 Q.1GS6S
TO Pyedog sv Ty Wort findet sicb im N. T. nur nocb Luk.
xoiZia
ayov
:, xai 1, 44 und 6, 23! ftQsyog] fehlt bei Mattb.,
Mark., Job., stebt aber bei Luk. auCer in c.
ij 1 u. 2 auch c. 18, 15 (bier bat es Luk. fiir
TU xaidla des Mark.-Textes eingesetzt!) und
Act. 7, 19. sjiL xv. ay] s. die Note z.
c..l, 15 oben S. 72.
(42) xal av<pcD-
xa
ri Gv
sv yvvait~iv , xal
xaong tvjg xoi-
ttaq
findet sicb im N. T. nur
nocb Act. 23, 9 und Apoc. 14,18. Zu avscp. xo.
,/. s. das von Luk. in den Markustexfc
(Mark. 1,26 = Luk. 4,35) gesetzte avaxQavya-
Gav. Lukas liebt in beiden Werken starke
Ausdriicke. Zu 6 xaQJtog T. xoiL lafit
sicb aus den Evv. nicbts, aus den Act. aber
(2, 30) o xaojtbg Tv\q, oGyvoc, avrov ver-
gleicben.
(43) %al 3io
[101 TOVTO LVtt
c / ~
TOV
[toi TOVTO wie Matth. 13, 54; 13,
56; 15,33; Mark. 6,2 (jto&ev TOVTCO TavTa;}.
iva} dieser Gebraucb der Koivr\ fiir den
XVQLOV fiov ztQoq Infinit. ist bei Luk. sonst m. W. nicht zu
belegen, im N. T. aber doch schon haufiger.
Dafi bei Luk. o xvQLog fiir Cbristus baufig
ist, ist bekannt.
(44) tdov yaQ cog S. z. v. 40. Idov yaQ feblt bei Matth.,
Mark., Job., stebt aber bei Luk. 5 mal und
(Jot) in Act. 1 mal. syevsTo r\ cpcovrj] feblt bei
TO, coTCi [tov, Matth., Job., Mark, (bier ist es c. 1, 11 nach-
traglicb aus Luk. eingesetzt); dagegen stebt
es bei Luk. noch 7 mal, namlich c. 3, 22; 9,
35. 36; Act. 2, 6; 7, 31; 10, 13; 19, 34.
dg TO. coTCf [tov] feblt bei Mattb., Mark. u.
Job., aber s. Luk. 9, 44: -d-ECj&s dq T. coTa
ei TO
sv
140 Ank II: Sprachlich-lexikalisclie TJntersudmng.
vficov und Act. 11, 22: tjxovo&r] 6 loyoq slg
ra coxa T. sxxlTjtiiag. sv ayal.faa6i\ s. die
Note zu c. 1, 14 (oben S. 72). Das Wort
fehlt bei Matth., Mark., Joh = , steht aber Luk.
1, 14 u. Act 2, 46.
(45) xcd (taxa- fiaxaQioq fehlt bei Mark. u. steht bei
Q'IO. TI niGTEvGaCa Mattb., abgeseben von den ,,Seligpreisungen",
OTL EOT at rsHsico- nur 4mal, bei Luk. aber llmal (im Ev.).
610, Tolg tela-lt}- rslsLcoo'ig im N. T. nur Hebr. 7, 11. rolg
[isvoiq avry jiccQa Zsl.cd'rjft.] so (bzw. ra Zcdovfisva) nur c. 2,
xvglov. ' 33; Act. 13, 45 (17, 19). Das Passiv la-
leia&ai findet sich bei Luk. (Ev. u. Act.)
12 mal, bei Job. gar nicbt und bei Matth. u.
Mark. Imal (an derselben Stelle). Merk-
wfirdig parallel Judith 10, 9: e
sig TsfalcoGiv twv koywv, cov
[tST* SflOV.
(46) %al sixev ,,not a change of speaker, but of the
mode of speech", s. Joh. 1, 50f.; Mark. 7,' 8.
9 (Burkitt).
Im Folgenden stelle ich die biblischen (LXX) Satze, aus
denen das Magnifikat compiliert ist, neben den Text. Auf die
vielen stilistischen Verbesserungen, die Luk. vorgenommen hat,
mache ich nicht besonders aufmerksam.
(46. 47) Msyalvvsi (1) ISam. 2, 1: SOTS- fisyal vvsi v findet sich
ri tyv%7] [tov TOV QSCO&?] q xaQdia [iov bei Mark. u. Joh.
xai ^/a>l- sv XVQIG), vipw&v] nicht, bei Matth. ein-
TO Jtvevfia xsQag [tov kv &sq) mal (23, 5) und in
ftov sjtl rep &cp TCO [iov. einem ganz -andern
fiov. Sinn, bei Luk. da-
gegen 5 mal (c. 1,58;
Act. 5, 13; 10, 46; 19,
17). ayalHaOiq fehlt in den andern Evv v steht aber
bei Luk. 3 mal (c. 1, 14. 44; Act. 2, 46); ayaV.iav steht
bei Luk. 4 mal, fehlt bei Mark, und steht bei Mattb.
Imal, bei Joh. 2 mal. ^COTTJQ fur Grott (u. Christus)
findet sich in den synopt. Evv. nur noch Luk. 2, 11,
Luk. 1, 4551.
141
aber in den Aci2mal
(5, 31; 13, 23).
rajisivajGtv rrg
avrov' tdov
JO.Q axb
(48) or i sjttstyev SJCL (2) I Sam. 1, 11: sap
s^i^sjtmv sjiiftls-
tyyg r^v raxsivcoGiv
rov vvv rrjg 6ovl?]g Gov,
Genes. 30, 13: fia-
nagta e/o?, on fia-
xctQil^ovoiv [is jcaGai
at yvvaixsq.
[is jra
oai at yew sal-
(49) on kxoiTjosv [tot (3)Deut.lO,21: oOrcg
[isyala [fisya/leia] 6 sytoLi^dEv sv Ool TO.
dvvaroq, xal ayiov [leyala, Ps. Ill, 9:
rb ovofia avrov' ayiov ... TO ovopa
ayiov .
avrov.
SKI findet
sich in den synop-
tischen Evv. nur noch
Luk. 9, 38. Uber
das ausschlieBlieh lu-
kanische I6ov yag s.
oben z. v. 44. anb
rov vvv findet sick
im N. T. ausschliefi-
lich bei Luk., namlich
noch 5, 10; 12, 52;
22, 18; 22, 69 und
Act. 18, 6.
[tsyalsla findet sich
im N. T. nur noch
Act. 2, 11. dvvaTog
kommt in den Evv.
nur bei Luk. person-
lich gebraucht vor (14,
31; 24, 19 [von Jesus]);
dazuAct. 7, 22; 11,
17; 18, 24.
(50) xal rb steog (4) Ps. 103, 17: TO TO eZsoc; in den Evv.
avrov dq ysvsaq xal oe slsog rov XVQI- nur bei Luk., s. c. 1,
ysvsag roig <po@ov- ov axb rov aiwvog 54. 58. 72. 78; 10, 37.
avrov. xal scog rov al&vog ol g)o@ov[isvoi r.
rovg y>o@ov[ie- &sov will Luk. wahr-
scheinlich technisch
(v. Prommen iiberall)
verstandenwissen,wie
so oft in den Act.
(51) 3ioir\6v xQa- (5) Ps. 89, 11: xQarog findet sich
rog sv ^Qa^iovL av- ov sraxslvcoGag cag in den 4 Evv. und
TOV, dtetixoQttiOev rgavpariav VJCSQ^- der Apostelgesch. nur
dia~ (pavov, xal sv rq> noch Act. 19, 20 und
vovg amv.
142
Anli. II: SpracHich-lexikaliscke Untersuclmng.
voia xaQdiag av-
(52) xa&eltev 6vva-
Grag ajto -9-QOPCOV
xal vtyooGv rajtei-
vovq,
icovi rrjg 6vva-
60V 6tGXOQ-
ctiGag rovg s%d-Qovc,
Gov.
(6) Hiob 12, 19: <5v-
vaGrag yr\q, xars-
GTQetysv, 5, 11: rov
ebenso gebraucht wie
hier.
sig vipog.
fmdet sich
bei Luk. noch 5mal,
sonst in den Evv. nur
Mark. 15 ,36. 46 (aber
in derBedeutung ,,her-
abnehmen"). Hier und
im folgenden Yers tritfc
derbekannte ,,Ebioni-
tismus" des Lukas
hervor.
(53) Jtsivcovrag svs-
xl?]Gei> aya&cbv xal
jtlovrovvrag sj-axe-
6-ceLlsv xsvovg.
(7) I Sain. 2, 7: xv-
giog jtTcoxi&i xal
xal avvipol, Ps. 107,
9: ipv%7}v jiEivaiGav
i>jtl7]Gev aya&cov,
Hiob 12, 19: l-
lQlg
(54) a
3 lG- (8) Jes. 41, 8: Gv 6s,
avTOV, Toga?]},, Jtaig fiov, ov
avT)Mft6{j,rjV, Ps. 98,
3: sfivrjG&r] rov I-
avrov re
in d. Evv.
nur noch Luk. 6, 25
u. Job. 6 ; 25, aber auch
Act. 14, 17. Das
Yerbum st-axoGTsl-
liv findet sicb bei
Luk. lOmal, sonst im
K T. nur noch im
GaL-Brief. Die so
singulare Redens-
art egajroGr. %-
v ovg b eg egn et
noch 2malbeiLuk.,
namlich 20, 10. 11,
sonst nirgends.
dvTila t u@ai>G{)-ai, fin-
det sich in den Evv.
sonst nicht, wohl aber
Act. 20, 35: avri-
r.
TCQV.
(55) xafrcbg sla-
JtQog rovg
(9) Micha7,20: 6co-
Gl . . . lOV TO) ^A-
@Qaa[i, xa&ori co^uo-
fehlt in
den anderen Evv. (auch
Zalelv dg fehlt); da-
Luk. 1, 52-56. 68. 69.
143
TOV ccova.
A@Qaa.fi xal TCO Gaq Totg jtargaGiv gegen findet es sicb
avTov dq rjficov, II Sam. 22,51: im Ev. nocb 5 mal, in
xal jcoicov s2.oq den Act. 9 mal, s. z. B.
. . . TCQ Aav\6 xal 28,25: lA/
- '/ > ~ *
scog alcovog.
(56) "Efiivv SE Ma- fisveiv Gvv findet sicb
Qia t u Gvv avTy cog im 1ST. T. nur nocb
TQig, xal Luk. 24, 29: sictrj^-O-EV
"; TOV TOV fiivai Gvv av-
Tolg. cog = circiter
bei Luk. (Ev. u. Act.)
nocb 7 mal, bei Mattb.
nirgends, bei Mark. 2 mal. vJtodTQCpiv stebt bei
Luk. (Ev.) 22 mal, in den Act. 11 mal u. fehlt in den
anderen Evv. Aucb vjtotiTQg)iv dq TOV ofaov findet
sicb Luk. 7, 10; 8, 39;
11, 24.
oxov
(68) Evlo^Tog (zv- (1) Ps. 41, 14 (72, 18;
o &og TOV 106, 48): euio/^ros
i> ' ' c n^ > r
t, OTL Ji6x- xvoiog o irog ItiQa-
xal SJIO'UIGEV fa, Ps. Ill, 9: Zv-
ZvTQwGiv TCO l.aco
^1 * t 1
avTov, TCO
6xeij}aTO (absolut, wie Act. 15,
im N. T. dies Wort von Gott, s. c.
Das unsicberbezeugte
xvQtog ist wobl zu
tilgen; Luk. empfand
das artikellose Wort
vor o -9-og als bar-
bariscb. TOV ist
eine grammatiscbe
Verbesserung. i-jt-
14); nur Luk. braucht
1,78; 7, 16; Act. 15, 14.
spracb-
(69) xal rtfsiQev XE- (2) Ps. 132, 17: e-
Qag GcQTtjQiac, rjfjlv vaTskco xQag TCO
v OLXCO Aavi6 Jtai- Aave.16, Ps. 18, 3:
r \ } ~ / ,
ftfif^ WHT /~ltl 'V11/1 1 f\ /*"* 'V f\ fY f* / fY\~
\J{J^ iA\Jt,UU yvt/OCU^ /CcyWU UUJ
iag, I Sam. 2,10:
liche Verbesserung.
rjfziQsv mitRiicksicht
auf die Auf erweckung
Christi gesagt. Zu
f/ftiv s. Act. 2,39; 13,
26: TI^LV olbyoq T. tfco-
vtycofei %Qag
144
Anh. II: Sprachlich-lexikalisclieUntersxiclnrng.
6rov avrov, Ezecb. sdralr]. Zu xai-
29,21: avaretel xs- dog avrov s. v. 54.
jtavrl TO) olxo) ^corria ist Lieb-
lingsausdruckdesLuk.
(fehlt bei Mattb. u.
Mark., steht bei Job.
nurlmal); Luk. 19,9:
TCQ oxc
rOVTO)
(70) xa&cbg ela-
6ia
alcovog JtQO(p?]-
TCQV avrov
(71)
Diese Parentbese (wie
v. 55) ist ganz luka-
niscb. Aia Grofiarog
stebt im N. T. nur bei
ibm (Act. 1, 16; 3, 18;
3, 21; 4, 25; 15, 7).
Der Zusatz ayiog ist
aucb lukaniscb, s. v. 72 u. die ganze wortliche Parallele
in Act. 3, 21: ElalqGw 6 &og 6ta Grofiarog T. ayicov
am aloavog avrov xoofprjrcov. Aucb aye alcovog
findet sich nur bei Luk. (Act. 15, 18: yvwGra ax
aicovog).
Gcort]Qiav eg (4) Ps. 106, 10: Gco- Gcor^Qiav] kraftvolle
r^i&v xal Gsv avrovg X ysi- Apposition zu XQag
x %ELQOC, Jiavrcov QCOV [iiGovvrmv xal
^ t C ~\ t 3 \
rcov [iiGovvrcov r\- /.vrQw6aro avrovc,
flag, x %siQog Ey&Qov
(vgl. Ps. 18, 18).
(7275) Jtoiijoai - (5 8) Zablreicbe
a rcov jta- ATliche Stellen, s. istimN.T. ausscbliefi-
xal Micba 7, 20: 6coGi licb lukaniscb, s. c.
rep 'AfiQaafi, 10,37: o JtoirjGag rb
ayiac, avrov, xa&on cofioGag rolg log per avrov.
OQXOV ov G)[ioGv jtarQaGiv r^icov. Ps. ayiaq ist specifiscli
rov 105,8; 106, 45; Exod. lukaniscber Zusatz, s.
*, rov 2, 24; Lev. 26, 42; z. v. 70. Der Ge-
Jerem. 11, 5; Ps. 18, braucb von jtQog ist
%&Qci)v 18; Jerem. 32, 39: lukaniscb; JCQOC c.
fis Jta- Ace. stebt bei Mattb.
6ovvai
Luk. 1, 70-79.
145
8LV avrcQ sv 0616x7]- 6ac, T. fysQa<;. Alle 44 mal, im Luk.-Ev.
n xal dixaiotivvy Elemente der Verse 1.66 mal, in den Act.
svcbxiov avrov jta- sind Her gegeben. 140 mal, s. oben zu 1,
Gaq raq fysQag vj- 13 (S. 71). Zu
dovvai mit dem Inf.
s. Act. 4, 29: dog T.
dovhoiq 6ov
Zalslv. Der Wecbsel r^ilv u.
1st nicht ungriecbiscb. largeveiv feblt bei Mark. u.
Job. u. findet sicb bei Mattb. nur in einem Citat
(4, 10); s. dagegen Luk. 2, 37; 4, 8; Act. 7, 7. 42; 24, 14;
26, 7; 27, 23. sv 06. x. fox.] s. Sap. Sal. 9, 3
u. Epbes. 4, 24. SVCOXLOV fehlt bei Mattb. u.
Mark., stebt bei Job: Imal, bei Luk. (Ev. u. Act.)
c. 3 6 mal.
(76. 77) xal ov 6s, (9, 10) Maleacb. 3,1: viptotov] s. z. Act. 16,
jtcutiiov, XQcxp'rJTqq odoc, JtQO xgoGcaxov 17 (oben S. 36); es
[tov, Jes. 40,3: STOI- ist lukaniscb. JIQO-
I- [laGate TQV odbv jro^fivecJ^-atfindetsicb
VCOXLOV XVQLOV sToi- xvQiov. Deut. 31, 3: im N. T. nur noch
paoai 66ovg avrov, %vQioq..3tQOJi;oQv6- Act. 7,40. EVCOXLOV]
TOV dovvai yvaxjiv fisvog JIQO JIQOGCO- s. z. v. 75. 6ovvai\
GcoTTjQiag rm Aaoo xov dov. Jerem. 31, s. v. 74. yvcotiiv]
avTov sv a<ps(jt a- 34. kommt in den Evv.
UVTCOV. nur bier und Luk. ll r
52 vor (T. xlsl6a r.
s. v. 69; Act. 16, 17: odbv acorrjQtaq. acpsoig
. bei Luk. 8 mal, feblt bei Job., bei Mattb. u. Mark.
je einmal.
(78.79) diaoxlawva (11. 12) Test. Levi: dnla-fiva] feblt i. d.
sZeovq &sov tfficov, scogsjiiGxetyijTaixv- Evv., s. Koloss. 3,12:
sv oiq sjuaxstysrai Qiog Jtavxa TO. e&vrj <jJiZay%va
ava.ro7.ri Ig v- sv dziZayyvois vlov
, sxicpavai role, avrov, Ps. 107, 10:
sv CXOTSI. xal dxia jca&rjtievovg sv 6x6-
Qavarov xaQ-rie- zsi xal Oxia ftava-
Zu l
. s. v. 68.
vtyovg s.
^ vipovg 6vva/uiv,
votq, rov xatsv&v- rov. Ps. 40, 3: e- kommt sonst in den
Harnaek, Lukas.
10
146 Anli. II: Sprachlich-lexikalische Untersuchung.
vai rove, zcodag q- <jTr\C)SV..TOvgjtb6ag Evv. u. Act. nicht vor.
eig odov sip?]- fiovycalxa^v&vvsp sjtifyavai] fehlt
TO. SiaftrmaTa { uov. sonst i. d. Evv., aber
s. Act. 27,20: aGTQCov
SttlCpaiVOVTCOV. Act.
16,17: odbv ocoTf]Qiag [das ist dasselbe wie 06. do.], 2, 28:
odovg coyjg. Die Konstruktion ist genau so wie v. 72
(jcoi.rjGai) in seinem Verhaltnis zu v. 74 (TOV dovvat), und
wie in v. 76 u. 77 (TOi t uaoai u. TOV dovvai). Man
sieht also, ein wie feiner Stilist Lukas ist: dreimal gibt
er einen Zwecksatz im Infin. ohne Artikel, wenn dieser
Zwecksatz selbst, als Mittel, einem weiteren Zwecksatz
untergeordnet ist; diesen letzteren markiert er durch
ein dem Infin. voran-
gestelltes TOV.
(2, 15) xaleyevsTO cogdxrjl&ov Uber die luk. Konstruktion
slg TOV ovQavbv oi ay- mit iysvsto s. z. Act. 16, 17
/ Zoi, oi jiOL^iEVsg %.a)*ovv xobg (oben S. 35). aziriZdov ot
61] scog //.] Einzige Parallele Act. 10,
\c~ c _r J ~in cjr
TO QYI^LO. 1: cog oe a^/trei' o a]
TOVTO TO ysyovbg o b xvQtog (anders Luk. 7, 24: at
T. a//.). lalslv JtQog ist
ausschlieClich lukanisch, s. z. 1,
55 (oben S. 142). dte'c^eotfm
steht bei Luk. 30 ma], sonst in
den Evv. 6mal (aber nicht alle
Stellen sind sicher); in dem ab-
geschliffenen Sinn findet es sich
lediglich bei Luk. 07] beina
Iroperat. findet sich noch Act.
13, 2 und 15, 36, sonst iin gan-
zen N, T. nur noch I Kor. 6,
20, wo es aber nicht ganz sicher
ist. f)LB^. scog BqfrL s. Act.
9, 38: tiisZ&elv ecog avxcov, Act.
11, 9: diijl&ov ecog (poivixqg,
Act, 11, 22: tiieWelv scog "Av-
(nur bei Luk.). Q^U
Luk. 1, 79; 2, 1519. 147
im Sinne von res quaedam fin-
det sick noch c. 1, 37 u. Act. 5,
32; 10, 37; sonst im ganzen
N. T. nirgends. T. Q^a
TOVTO] Luk. liebt das pleona-
stische Demonstrativpronomen
(s. auch v. 17. 19). TO ys-
yovog] steht bei Mark, einmal,
bei Matth. u. Job. nie, bei Luk.
noch 8, 34 (IdovTzq, oi POGXOV-
Tsq T. yeyovoq). 35 (idelv TO
/f yoyos). 8, 56; [24, 12]; Acfc. 4,
21; 5, 7 ((?] eldvca ro ysy.);
13, 12 (idatv TO ysy.).
(16) xal ijl&av GxsvGavTec, axevSeiv intr. findet sicb im
%ai avsvgav TTJV re Magiaft xal N. T. ausscblieBlich bei Luk.
TOV 3 Ia>o"r](p xal TO $Q<poq xsi- (19, 5. 6; Act. 20, 16; 22, 18);
ftevov kv tri cpaTvy sonst stebt es i. N. T. nur noch
einmal (II Petr. 3, 12 trans.). -
avsvQiGxeiv kommt im N. T.
nur noch einmal vor, namlich
irn Wirstuck Act. 21, 4. Uber
das luk. flgscpoq s. oben zu c. 1,
41. (pa.Tvrj\ i. N. T. aufier in
Luk. 1. 2 nur noch Luk. 13, 15.
(17. 18) idovTsg 6s kyvcoQLGav Zu dem Pass. Icdscd&ai u.
JCSQL TOV QTjfiaTog TOV Zal.7]- TO, Jlal.'rj&svTa s. die Bemer-
&SVTSC; avToig xsol TOV xaitii- kungen zu Act. 16, 14 (oben
ov TOVTOV. xal xavTsq oi axov- S. 33 f.) u. Luk. 1, 45. TOVTOV]
e&avfiaciav xeQl TOJV s. z. v. 15. jtavTsq oi axov-
vxb TOJV jrotfts- oavTsq] nur 1, 66; 2, 47 u. Act.
vwv JiQog avTovg. 9, 21 (jtavT^q oi axovovTsc).
sQ-avfiaoav jzeoi ist singular.
Zu Zahelv JtQog s. zu 1, 55.
(19) rj ds MaQia xavTa ovv- GvvfiaMsiv ist im N. T. aus-
TO. QfyaTa TavTa 6vv- schlieClich lukanisch, s. c. 14,31
sv Ty xapdia avTTJg. u. Act. 4,15; 17, 18; 18, 27; 20,
14 (Wirstuck).
10*
J4S
Anli. II: Sprachlicli-lexikalische Untersuehung.
(2tyxalvx(jTQyavoijtoi,[is- "Uber das luk.
vsg do^ovtsg xal alvovvreg s. zu 1, 56. alvowreg] dieses
TOV Q-sbv sjd JtaGiV olc,rixovoav Wort findet sicli bei Luk. 7 mal
xal iidov xa&cb? slatf&r) xobg (2, 13, 19, 37; 24, 53 [zweifel-
avrovc. haft]; Act. 2, 47; 3, 8. 9), sonst
nur noch Rom. 15, 11 (LXX) u.
Apoc. 19, 5. olo] Die Attrak-
tion ist dem Luk. (niclit den
andern Evangelisten) gelaufig ;
s. 3, 19; 5, 9; 9, 43; 12, 46; 15,
16; 19, 37; 24, 25; Act. 3, 21;
10, 39; 13, 39; 22, 10; 26, 2.
Zu slalq&r] jtQoq s. v. 18.
(2, 41) xal sjtOQSvovro ot
yovtfc, avTOv xar 3 STOC, slg Is-
ry zoQT'fi rov jia6%a.
(42. 43) xal ors eysvsro STWV
//?', avafiaivovTcov avTwv xara
TO e&oq rrfc, zoQTqg xal rsfaico-
zaq rtfiBQaq, -v rat
avTOvg vjzspsivsv
6 jialc, ev 'ispovGalyfa
xal ovx zyvcotiav ot yovelc,
avrov.
ein Lieblings-
wort des Luk. e'rog] bei
Mattk 1 inal, bei Mark. 2 mal,
bei Joh. 3 mal, bei Luk. 27 mal;
xar* srog nur hier. T^ SOQ.
T. jt.] s. 22, 1: f-OQTrj T. at,v-
(icov. Bei Mattb. u. Mark, fin-
det sich der Ausdruck nicht.
Der Dativ der Zeit ist bei Luk.
kaufig.
eysvETO KT. i@'] so auch 3, 23 ;
8, 42; Act. 4, 22. xara T.
s&oq] nur noch 1, 9 u. 22, 39,
sonst nirgends im JSL T., s. z.
1, 8 oben S. 70. vxoGrQS-
y>siv] lukanisch, s. zu 1, 56.
vxepsivev] im Sinne von ,,blei-
ben" nur noch Act. 17, 14.
Die ganze Periode ist echt lu-
kanisch, auch in dem Wechsel
des Tempus avafiaivovxcov und
(44. 45) vofiioavreq 6s avTOv vo t uiOavTq] bei Luk. 9 mal,
slvcu V T% Gwotita rjZ&ov rj(j.s- fehlt bei Mark. u. Joh., steht
Luk. 2, 20; 4151.
149
QO.C, bdbv xal ave^rovv avrov
sv rolg Gvyyevsdiv xal rolq
xal fiTj Bvgbvxec, vxe-
ig c Foov6al7] { ii a
rovvxec, avrov.
bei Matth. 3 mal. 6vvo6ia ist
ajt. le/. im K T., aber 9, 7
steht ovvodevsiv. avaCflrelv
findet sich im N. T. nur noch
Luk. 2, 45 u. Act. 11, 25.
6vyyevBL$ findet sicb. bei Luk.
6 mal, bei Mark. u. Joh. je ein-
mal, feblt bei Matth. ^}
lukaniscbe Feinheit (causal), s.
c. 3, 9, ebenso das Part. Imp.
avat?]T. yvcoGroc, findet sich
noch 11 mal bei Luk., im gan-
zen N. T. nur noch 3 mal; oi
yvcoGroi steht nur noch Luk.
23, 49. vjtsGTQStyav] luka-
nisch, s. zu 1, 56.
(46. 47) xal e/eVero (leta fj(iK-
f>aq Y SVQOV avrov ev ro5 ieQca
xa&s^ofisitov ev {isGcp x&v 61-
tiaoxalcov %al axovovra avrcov
xal sjcBQcarwvra avrovq' s^i-
GTO.VXO 6s xavTec; ol axovovreg
avrov sjtl T% ovvsosi xal rale,
ajco%oi66i,v avTOV.
(48. 49) xal idbvrsc, avrov
, xal iJtev jtQog
avrov ?
avrov' rxvov,
ri sjiotyaac, rifilv ovrcog] I6ov
o JiarqQ oov jca/co odvvcofisvoi
s^rovfisv 6s. xal ixv jtQoq
avrovg' ri ori i-^rtfrs (IE; ovx
qtitirs OTL ev rolq rov jtarQoq
fiov 6sl sival ^e;
(50.51) xal avrol ov Gvvfjxav
kyV.to lukanisch.
^6^} s. Act. 20, 9.
bei Luk. 11 mal, sonst im N. T.
nur 6 mal; mit sstl nur hier
(nach Q-avfia^iv}. x.avrtc, ol
ax.] s. z. 2, 18 u. Act. 9, 21:
et-LdravTO 6s Jtavtsg ol axov-
OVTEC,.
{-Jtlay7]6av] s. 9, 43; Act.
13, 12. odvvc6fj,voi] im N.T.
nur noch Luk. 16, 24. 25 u.
Act. 20, 38, ri on] im N.T.
nur noch Act. 5, 4. 9. ra
rov nargoq] solche Verbin-
dungen liebt Lukas, s. zu Act.
28, 15 (oben S. 45 u. sonst).
TO
xal
o
v avrolg.
(isr avrcov xal
Mark., Joh. u. in d. Act., findet
sich aber Luk. 10, 17. 20.
siq JVaC l ao&, xal ijv r^v mit Partic. ist besonders
avrolq. xal t] haufig bei Lukas und ein Cha-
150 Anh. II: Sprachlich-lexikalische Untersucliung.
(M]r?]Q avrov SLSTTJQEI jtavra rakteristikum seines Stils.
ra Q?][tara kv rfi xagdla avr^g. diar^Qslv steht im N. T. nur
noch Act. 15, 29.
(52) %ai 'irjGovc; jiQoexoxrev ztQOSxoxrsv] nur hier in den
jla xal r[/Lixiq xal %aQin Evv., aber s. Paulus. %a0iri]
Qa &eq> xal av&owxoiQ. fehlt bei Matth. u. Mark., steht
bei Joh. nur im Prolog, findet
sich bei Luk. 25 mal. Zu den
letzten Worten s. als Vorlage
I. Sam. 2, 26: %al TO xai6aoi.ov
2a[40V7)l SJlOOSVtrO XOL
frbv xal (AST a XVQIOV y.ca
Aus denvorstehendenNachweisungen(zus. mit den S. 69 72
gegebenen) geht deutlich hervor, dafi eine griechische Quelle den
cc. 1 u. 2 des Luk.-Ev.s niclit zu Grunde liegen kann; die Uber-
einstimmung des Stils mit dem des Lukas ist zu grofi; die Quelle
miifite Satz fiir Satz umgeschrieben sein i . Moglicn ist, daB fiir
die Geschichtserzahlung eine aramaische tibersetzt ist, aber wahr-
scheinlicli ist es niclit. Jedenfalls sind das Magnificat und das
Benedictus Arbeiten des Lukas selbst.
Das Magnificat zerfallt in 9 Verse zu je 2 Satzen; die 9 Verse
sind aber so gegliedert, dafi 1, 2 4, 5 7, 8 u. 9 sachlich zu-
sammengeboren -. Von den 18 Satzen schlieBen 6 mit avrov
(avxov., avTcav), welches auCerdem noch 2 mal steht; dazu be-
achte man das dreimalige pov im 1. Verse, das nun folgende
avTOv in 2 a u. 3 b , ferner das avtov in 4 a Mitte, welches auf
3b zuriickgreift und das avrov avrwv in 5, welches dem
avrov avrov in 4 entspricht. Somit ist der 1. Vers durch
1) Aber die Verse c. 1, 34. 35 sind ein spaterer Einschub; s. meine
Abhandlung in d. Ztschr. f. N. T.liche Wissenschaft 1901, S. 53 ff.
2) So stellt sich die Anordnung deni Jheutigen Beschauer dar; auf
die Mysterien der alten Verskunst lasse ich niich nicht ein. Eine An-
zahl von Gelehrfcen nimrnt 4 Strophen zu je 3 Versen an und schlieBt den
1. Vers in der Mitte von v. 48, den zweiten nach v. 50, den dritten nach
v. 53. Diese Einteilung ist kunstlicher als die in 4 Strophen mit je
4 Versen (4648, 4950, 5153, 5455), wobei die Verse 52 und 53 als
je einer (nicht als je zwei) gezahlt warden. Ich vermute, daB Lukas selbst
die letztere gewollt hat.
Das Magnificat und Benedicfcus. 151
das IJLOV, die Verse 25 durcli avrov in sieh enger zusammen-
gefafit (man beachte auch die Wiederholung des eztolrjasv in
v. 5 zu v. 3). Wie aber das fur den 1. Vers charakteristische
fiov in v. 2 (fis) u. v. 3 (ftoi) noch nachklingt, obgleich hier
schon das avrov regiert. so wird dieses noch in v. 5 festgehalten,
obgleich dieser Vers dem Gedanken und der Form nach bereits
zu v. 6 u. 7 gehort, also eine Doppelstellung hat. Die 3 Verse
5 7 sind durch den Parallelismus ihrer Konstruktion aufs engste
verbunden, v. 6 u. 7 auch noch durch den Reim (6 a ti-Qovwv,
7 a afa&CQV, 6 b raxscvovg, 7 b xevovc). In v. 8 u. 9 tritt wieder
das avrov Gottes hervor, zugleich aber wird das { aov des Ein-
gangsverses nun durch das qficov des Schlufiverses wieder auf-
genommen und erweitert; das ganze schlieBt mit dem solennen
elg rov aicova. Die ausbiindige Kunst des Lukas tritt erst
dann vollig zu Tage, wenn man erkennt, daG er dieses Gedicht
aus lauter ATlichen Reminiscenzen (LXX) znsammengestellt und
doch so einheitlich und grofi gestaltet hat. Wie er Vorlagen in
lexikalischer, stilistischer und poetischer Hinsicht bearbeitet und
in besseres Griechisch gefafit hat, ohne doch den hebraischen
bzw. LXX-Charakter zu verwischen, davon kann man sich iiber-
zeugen, wenn man Vers fur Vers genau untersucht. Das habe
ich in den Sitzungsber. a. a. 0. S. 8 ff. dargetan. Es ist aber
ferner aus der oben gegebenen Zusammenstellung deutlich, dafi
nahezu alle Worte im Magnificat, die von dem Wortlaut der
ATlichen Verse abweichen, spezifisches Eigentum des Lukas sind,
d. h. seinem Vocabular angehoren (es handelt sich lediglich um
die Worte [iSYalvvsiv, ayahfaav, 6 (JOOT^Q, ejuplsjtsiv kxi, Idov
ya.Q, anb TOV vvv, ysveai, [ieyatela, o dvvarog, xQaroq, diavoia
xagdiaq, xa&aiQiv, s^ajtoors^eip xsvovq, latelv JiQog).
Ganz dasselbe gilt vom Benedictus, werin auch hier die
Grundlage, ein Cento aus der griechischen Bibel, starker bear-
beitet und dadurch das Lied wertvoller als das Magnificat ge-
worden ist. DaG derselbe Verfasser beide Lobgesange kompo-
niert hat, zeigt sich auGer mehreren wichtigen "Ubereinstimmungen
und derselben diskreten Beziehung auf den Messias im einzelnen
auch in dem avroq und fi{t&l%, welche fur das Benedictus eben-
so charakteristisch sind, wie das avroq und pov fur das Magni-
ficat; es zeigt sich aber vor allem darin, daC auch im Benedictus
die eigentumlich lukanische Sprache ganz unverkennbar ist.
152 Anli. II: Sprachlich-lexikalisclie Untersuchung.
Endlich die drei ersten Strophen des Benedictus (v. 6875;
im ganzen sind es 5 Strophen zu je 4 Yersen) sind nur auBer-
lich in die Form des hebraischen Psalmstils gebracht; sieht man
genauer zu, so stellen sie sich als eine einzige, kompli-
zierte, gut griechische Periode dar_, die dera Verfasser des
Prologs (Luk. 1, 1) und zahlreicher anderer vortrefflicher grie-
chischer Perioden alle Ehre macht. Die Periode ist in das
liebraisierende Gewand lediglich eingezwangt: die Hande sind
Esaus Hande, aber die Stinmie ist Jakobs Stimme. Ist dem aber
so, so ist deutlich, daC Lukas diese Gesange absichtlich in der
Sprache der Psalmen und Propheten (LXX) gehalten hat: die
Hebraismen, so viele ihrer aus dem A. T. stehen geblieben oder
eingefiigt sind, sind gewollte, der ganze Stil Kunststiel, um
einen altertiimliclien Eindruck zu erwecken, was ihm auch wirk-
licn gelungen ist. Eine Fortsetzung der von Vogel und Norden
(Antike Kunstprosa S. 483) unternommenen Untersuchung des
Stils des Lukas fuhrt zu dem Ergebnis, daB er ein Meister in
der Nachbildung von Stilarten gewesen ist (im Ev. c. 323 weiC
er den Stil des Markus, d. h. den evangelischen Erzahlungstypus,
trefflich nachzubilden, auch wo er ihn korrigiert) und daC er
dabei doch verstanden hat, durch MaBhalten, Ablehnung jeder
Ubertreibung sowie durch Einftihrung seines eigenen Lexikons
und seiner Stilistik seinem Werke eine nicht geringe Einheit-
lichkeit und wirklich hellenische Klangfarbe zu geben.
Anhaiig III (zu. S. 92),
Der jerusalemisclie Brief, Act. 15, 2329.
Die Echtheit des jerusalemischen Briefs er ware das
alteste christliche Schriftstiick, das wir besitzen hat Z all n
(Einl. II, S. 344 f. 353 f. 397. 418. 43 If. 438) bestimmt behauptet:
,,Der Stil tragt nicht den Stempel des Lukas, und auch die welt-
lich klingende Eingangs- und SchluBformel empfiehlt nicht die
Annabme, daC der Verf. das Schreiben aus der Phantasie oder
aus einer unbestimmten Erinnerung heraus geschafi ? en habe."
1st die ,,weltlich klingende" Eingangsformel, die sich iibrigens
auch Jacob. 1, 1 findet, fur die jerusalemischen Apostel und
Presbyter passender als fur den griechischen Arzt? Zahn fiihrt
aber noch eine Reihe von azt. /ley. in dem Briefe an, die bei
Luk. fehlen (die, welche auch sonst im N. T. fehlen, sind mit
einem Stern bezeichnet), namlich avacbcsvat^eiv*, PaQoc, diaoxs^-
Zso&ai, EJtavayxsc* , sv JIQUTTBLV*, oi ayaytrjTol rj^wv [ohne
adslgioi], das appositionelle aflsZcpoi* [hinter jiQE6@vrsQOi\.
Mit dem vorschnellen Urteil, Briefe seien in solchen Gre-
schichtserzahlurigen des Altertums stets gefalscht, darf man
nicht kommen; die Verhaltnisse liegen hier anders. Da6 sich
Lukas getraut hat, einen solchen entscheidenden Brief (eine
Urkunde) zu konrponieren, darf man nicht von vornherein an-
nehmen. Ebensowenig darf man aus dem dem Brief voran-
gehenden Text, der sich haufig und stark mit dem Briefe be-
riihrt, auf die Unechtheit schlieCen; denn der Erzahler konnte
die ihm vorliegende Urkunde fur seinen Bericht benutzen, bevor
er sie selbst zur Veroffentlichung brachte. Man hat also vor-
urteilslos zu priifen. Das ist z. B. von Weifi in griindlichster
154 Anli. Ill: Dei- Jerusalem. Brief, Acta 15, 2329.
Weise gescbehen. Er hat in seinem Commentar sowohl in
sachlicher als in sprachlicher Hinsicht den Brief untersucbt nnd
ist zu dem Ergebnis gelangt, daB der Brief eine Compilation
des Lukas sei. Die sachlichen Grande, obgleieh sie vielleicht
die wichtigeren sind, will ich nicht wiederholen, aber auf das
Sprachlicbe nocb genauer eingehen als WeiB unter besonderer
Beriicksichtigung der Argumente von Zahn.
V. 23. Die LA ist zweifelhaft (ol axoGro/Loi xal ol jroeGfiv-
TSQOI [xat ol?] adefopoi). %al ol" ist jedenfalls die schwie-
rigere LA, da von der Genaeinde vorher nicht die Rede war.
Der rnerkwiirdige Ausdruck ol Jtoetiflvreooi-adslgioi ist also
niindestens unsicher. ol adslcpol ol eg eS-vwv fur die Heiden-
cbristen ist eine Bezeicbnung, die man bei Lukas erwartet.
Zu ol Kara T. Avno%. x. SvQiav vgl. c. 11, 1: ol ovrsg xara
'lovSalav, auch 8, 1: 6i(jjtaQi]aav xara rag
,, 2, 10: Aifivqq rtjg xaza KvQV}wr}v.
V. 24. 3 Ejteidrj .... <5o,&v r^lv wie Luk. 1, lif. '
findet sich bei Mark., Matth., Job. nicbt, dagegen Luk. 7, 1;
11, 6; Act. 13, 46; 14, 12. TIVSQ eg rmcav, so nur c. 11, 20:
ijaav 6s ILVEC, eg CIVTGJV (rig und uvsq spielen bei Luk. eine
groBe Rolle). i-gsWovTsg wie c. 12, 17; 16, 36. 40. Die
folgenden Worte: eraQa^av v[iag. jtoyoiq ava(jXvat,ovTq rag
tpvyjcg v t ucov, in denen Zabn das avacticEvaCovreq als unluka-
niscb bezeichnet bat, sind mediciniscb. gefarbt. Lukas bietet in
seinem Werke raoa%og, raoaGtieiv, 6iaraoa6(>iv [nur er im
N. T.], exragaotisiv [nur er im N". T.]. Diese Worte und ra-
oaxnxog, raQa^codrjq, exraQafyq, sjziraoaGOsiv, GwraQadGsiv.,
vjtoraQaOGsv sind von Hob art (p. 93 f.) als in der Arzte-
Spracbe baufig nacbgewiesen ,,to express disturbance of body
or mind". Dasselbe gilt von avaoxsva&iv. Es stebt bei Luk.
allerdings nur an unserer Stelle, aber x\ct. 21, 15 findet sich
bei ibm (sonst nirgends im N. T.) ajtoGxevaoafievoi. Hob art
(p. 232) zeigt, wie oft avatixeva&tv bei Galen, aber aucb bei
Dioskorides vorkommt im Sinue von ,,subvertere" ; es ist fur
die Zerstorung (in der Regel einer krankbaften Erscheinung) tech-
niscb. Zu dem pleonastiscben ,,eure Seelen" statt ,,euch"
s. c. 14 ; 22: rag tyv%ag TOZV fia&qrcov, auch 20, 24; 27, 10. 22.
komnit bei Lukas allerdings nur bier vor;
Anli. Ill: Der Jerusalem. Brief, Acta 15, 2329. 155
Attraktionen (oig disc/reel.') sind bei Lukas sehr beliebt (s. z. B.
Act. 1, 1 und sonst).
V. 25. Zu edo&v s. v. 22. Das Particip yzvoyLsvoc, steht
bei Mark. u. Matth. fast nur in Zeitbestimmungen (nur einmal
findet es sich bei Markus personlich gebraucht), dagegen s.
Luk. 22, 40. 44; Act. 1, 16. 18; (4, 11); 7, 32. 38; 10, 4; 12,
11. 23; 13, 5; 16, 27. 29; 19, 26. 28; 21, 17; 24, 25; 25, 15;
27, 7. 36. o[io$"V[iad6v kommt in den Act. llmal vor,
sonst nur noch einmal im N. T. (Rom. 15, 6); man vgl. beson-
ders Act. 5, 12: v\6av o[io&v[j.adbv djiavTeq, auch 12, 20.
%Zilga<j&aL feblt bei Mark, und Matth., findet sich bei Lukas
llnaal. avdgag, wie Act. 6, 3: sjutfxsipao&s avtigag eg vficov,
6, 11: vjts@cd.ov avdQag, 10, 5: Jtsptyov avdQag slg 'lojtJC'qv.
jzsfifyac, s. die eben citierte Stelle. ol ayattrjTol fycov fehlt
sonst bei Luk.
V. 26. *AV&QCQJIOIC } dieser Gebrauch von dv&Q. ist luka-
nisch (zahlreiche Beispiele). rag tyv%ag, genieint ist das
Leben, wie Luk. 6, 9; 12, 20. VJCSQ r. ovoftarog xrL, s.
Act. 21, 13: KToiftcog %o ajto&avElv VJCEQ rov ovo^axog TOV
XVQLOV tyoov (5, 41; 9, 16), Act. 20, 21: niting slg rbv
tfficov ^fydovv XQLGTOV (sonst nirgends mehr in den Act.).
V. 27. 3 Ajt0ralxaiJ,V, ; ,das dxeGTal. wechselt mit
v. 25 wie in Act. 10, 5. 8" (WeiB). Das Perf. von
findet sich bei Mark, und Matth. nicht, bei Luk. steht es 5 mal.
Das ,,jcal avrovg" ist ein specifisches Merkmal des luka-
nischen Stils, wofur Beispiele unnotig. a.Jtayji'kl.uv findet
sich bei Mark. u. Joh. je 2 mal, bei Luk. 25 (26) mal. Wenn
ich nichts iibersehen habe, so findet sich in den Evv. und den
Act. TO. avra nur noch Luk. 6, 23. 26.
V. 28. Tco JivsvftaTi TOO aylcp, das ist die lukanische Auf-
fassung vom hi. Geist, s. z. B. 5, 3. t uq<5ev xliov ist nur
noch Luk. 3, 13 zu finden. (3aQog bei Luk. nur hier, aber
sonst im N. T. jrZrjv mit dem Genitiv findet sich bei Matth.
und Joh. nicht, bei Mark, einmal, in den Act. noch c. 8, 1; 27,
22. XOVTCOV TCQV eftdvayxsg, dieser Gebrauch von ovrog ist
lukanisch; exavayxsg findet sich nur hier im N. T.
V. 29. Aia.xi}QZlv kommt im N. T. nur noch Luk. 2, 51
vor; Hobart macht es iibrigens (p. 1536.) sehr wahrscheinlich,
156 Anh. Ill: Der Jerusalem. Brief, Act. 15, 2329.
daft die lukanischen Worte jtaQaTTJQrjaig (auch nur bei ihm im
1ST. T.), xaQaTriQslv , diar^Qslv, Tt]Q?]6ig medicinisch-technisch
sind. Die Schlufiformeln (unsicher iiberliefert) sind, weil wir
ini N. T. kein Material zum Vergleich zur YerftigUDg haben,
irrelevant.
Die Untersuchung hat ergeben, dafi der Brief nach. Stil
(gegen Zahn).und Wortschatz lukanisch ist. Die wenigen. ax.
Zey., die sich dazu noch zum Teil aus der raedicinischen Sprache
erklaren lassen, konnen gegen diesen Eindruck nicht auf kommen.
Also hat Lukas dieses Schreiben angefertigt.
Anhang IY (zu S. 108).
Lukas und Johannes.
Grundlegend fur die Untersuchung der Prage nach dem Ver-
haltnis des Johannes zu Lukas sind die betreffenden Abschnitte
in Holtzmanns Abhandlung: ,,Das schriftstellerische Verhaltnis
des Johannes zu den Synoptikern" (Ztschr. f. wissensch. Theol.1869
Bd. 12 S. 62 ff.). Seitdem sind von manchen Seiten Beobach-
tungen hinzugefiigt worden; abschliefiend hat niemand die Frage
behandelt. Auch im Folgenden ist Vollstandigkeit nicht beab-
sichtigt.
1. Lukas und Johannes haben jerusalemische bzw. siid-
palastinische Erzahlungen und Correcturen der evangelischen
Geschichte hinzugefiigt. Die wichtigste ist die Erzahlung, daft
die ersten Erscheinungen Jesu in Jerusalem stattgefunden haben
und dalS Frauen (eine Fran) ihn zuerst gesehen haben 1 . Fast
ebenso wichtig sind die neuen, die altere Uberlieferung corrigieren-
denBerichte tiber das Verhalten Jesu am Kreuze, sowie andere
Ziige in der Passion (auf die diaxovla den Jiingern gegentiber
macht Wellhausen zu Luk. 22^ 26 f. aufmerksam; vgl. die
FuBwaschung bei Joh.). Auch den Hohenpriester Hannas kennen
nur Lukas und Johannes (Luk. 3, 2; Act. 4, 6; Joh. 18, 13. 24).
Weiter gehoren die Erzahlungen von Maria und Martha hier-
her 2 , der Durchzug durch Samarien und das Interesse fiir die
Samariter; bei Lukas noch die jerusalernisch-bethlehemitische
Vorgeschichte 3 , bei Johannes noch vieles andere.
1) Matth. 28, 9. 10 ist m. E. ein spaterer Zusatz.
2) Johannes will wissen, dafl sie in Bethanien gewobnt haben.
3) DaB bei beiden etwas von Siloam erz'ahlt wird, ist eine zufallige
Ub ereinstimninng.
158 Anli. IV: Lukas und Johannes.
2. Erst Lukas nnd Johannes fiihren
'iGQarifaxai, [Asvlrai] in die heilige Geschichte ein und
bezeichnen an einigen Stellen das jlidische Volk als TO efrvog.
3. In bezug auf Johannes den Taufer beriicksichtigen beide
(s. Luk. 3, 15) die Johannesjiinger als eine die christliche Ge-
meinde irritierende Erscheinung und gehen auf die Frage po-
lemisch ein, ob nicht der Taufer der VerheiBene sei (s. Luk. 1. c.
und die iibrigen Abschnitte im Ev. und den Act. iiber die Jo-
hannesjiinger).
4. In der Christologie nahert sich Lukas dem Typus der
Auffassung bei Johannes: (a) Jesus ist 6 GCOXTIQ (Luk. 2, 11;
Act. 5, 31; 13, 23; Job. 4, 42; 1 Job. 4, 14; fehlt bei Mark.
und Matth.); er bringt xrjv acort]Qiav (Luk. 1, 69. 71. 77;
Act. 4, 12; [7, 25]; 13, 26; 16, 17; Job. 4, 22; fehlt bei Mark.
und Matth.) 1 ; (b) der Zielpunkt der irdischen Geschichte Jesu
ist auch fiir Lukas seine Aufnahme in den Himmel (9, 51);
(c) Jesus wird auch bei Lukas dem Teufel als dem entgegen-
gestellt, dem die Welt iiberlassen ist, der also o aQycov rov
xoctftov ist (4, 6f.); (d) Jesus erkennt auch bei Luk. die Ge-
danken, bevor sie ausgesprochen sind (6, 8); (e) Jesus schreitet
auch bei ihni mitten durch seine Feinde hindurch, ohne daC sie
ihm etwas anhaben konnen (4, 29 f.); (f) Jesus bereitet bei beiden
dem Petrus einen wunderbaren Fischzug (5, Iff. mit Joh. 21)
und wird zum Menschenfischer, bzw. zum Hirten der Grlaubigen
eingesetzt 2 .
1) FvCbOLQ OforriQlaq (Luk. 1, 77) pafit fast besser zu Joh. als zu Luk.
2) DaB Luk. 5, Iff. die Vorlage von Joh. 21 sei (Wellhausenu. a.),
davon kann ich mich nicht uberzeugen (das aus Luk. 5, 6, Joh. 21, 11
entnonimene Argument ist keineswegs schlagend, weil das Netz zwar bei
Johannes die Kirche bedeutet, aber dieser Zug sekundar ist). Die Ge-
schichte Joh. 21 zeigt noch in dieser Gestalt, daB diese Legende,
bevor sie Johannes aufgenomroen und ausgestaltet hat, als erste
Erscheinung des Auferstandenen erzahlt worden ist, und daB dies so
ist, lehrt der SchluB des jiingst entdeckten Fragments des Petrusevange-
liums, der bei dem Anfang der Erscheinung des Auferstandenen (und
zwar als der ersten) auf dem See Genezareth abbricht. Johannes hat die
Erscheinung emphatisch fur die dritte Erscheinung erklart und damit
energisch gegen ihre Auffassung als erste Erscheinung polemisiert (21, 14:
TOVTO rjSri XQ'LXOV (pavQU>&r] tyaovq roiq (ta&qTaTQ eye/J&e tg s% VZXQWV)',
Lukas oder schon sein Gewahrsmann hat sie kiihn als Erscheinung des
Lukas und Johannes. 159
5. Der hi. Geisfc (der Paraklet) spielt bei beiden eine grofie
Bolle (bei Mark, und Matth. fehlt das noch).
Es spricht Einiges dafiir, daC Job. den Luk. gelesen bat,
aber mebr laCt sicb nicbt sagen. Es ist moglicb, dafi sie nur
eine gemeinsame Quelle baben. Die lexikaliscbe Untersucbung
spricbt mebr gegen eine direkte Benutzung, denn ibre Ergeb-
nisse sind hocbst gering. Icb gebe iin folgenden eine Zusammen-
stellung aller Worte, die Jobannes mit Lukas gemeinsam bat,
wabrend sie bei Markus und Mattbaus feblen. Worte,
die sicb. auch in den 10 pauliniscben Briefen finden, sind ein-
geklammert. Weggelassen sind die bereits oben erwahnten
wicbtigen Eigeimamen 1 .
(1.) Das Jobannes-Evangelium bat mit 'dem Lukas-Evange-
Auferstandenen beseitigt und in das irdische Leben Jesu versetzt; aber
daB sie den Fall des Petrus voraussetzt, zeigt m. E. der 8. Vers: e&h&e
CUT? Sfj.ov, OTI av^Q afjLaQTwkdq elftt, KVQIS, und auch die VerheiBung des
Menschenfangs, zn der das ,,Weide meine Schafe" parallel ist, paBt besser
in den Mund des Auferstandenen als an eine, zumal friihe Stelle der
irdischen Geschichte. Ich halte es daher noch inamer fur reeht wahr-
scheinlich, dafi sie den echten SchluB des Markus gebildet hat, wie ja
auch der Verfasser des Petrasevangeliums Mark. 16, 1 8 reproduzierfc
und dann, ohne j^ede Naht und jeden Bruch, von der Flucht der Jiinger
nach Galilaa und dem See Genezareth erzahlt hat, auch in diesem Zu-
sammenhang des Levi, Sohn des Aiphaus, gedenkt, den nur Markus
nennt (2, 14). Jene erst-e Erscheinung des Auferstandenen vor Petrus,
die historisch ist und von Paulus und Lukas (von dieseni abrupt, 24, 34)
bezeugt wird, die man aber spater in Jerusalem als erste (oder iiberhaupt)
auszutilgen versucht hat, ist am See Genezareth erfolgt, als Petrus wieder
zu seinem Gewerbe zuriickgekehrt war (so ausdriicklich das Petrusev.
v. 59 ff. Diese unbequerne Nachricht des Markus muBte natiirlich
getilgt werden). Durch sie ist Petrus wieder in seinen Jiingerberuf ein-
gesetzt und der Menschenfischer und das Haupt der Apostel geworden.
Luk. hat natiirlich nicht den Joh. zn seiner Quelle gehabt, sondern geht
auf die Vorlage des Johannes, wahrscheinlich den MarkusschluB, zuriick.
Zu den Ubereinstinamungen zwischen Lukas und Johannes gehort
(tovoyev/ig nicht; denn bei Lukas ist es nicht auf Christus angewendet.
Bemerkenswert ist aber, daG sich TO evayy&iov bei Luk. und Joh. nicht
findet, wahrend Mark, und Matth. es bieten (aber es steht auch 2 mal in
den A ct.), daft beide tdelv ini iibertragenen Sinne brauchen (den Tod, das
Leben usw.) und daB beide von einer ,,Auswahl" der Apostel sprechen
(weder dieses noch jenes findet sich bei Mark, und Matth.).
1) Dazu 6 awTrjQ und rj awn] glee.
150 Anhang IV: Lukas und Johannes.
Hum (iiber Mark, und Matth. hinaus) folgende Worte gemein-
sam: (ayoyvi&o&at), (afoj&ivog), O.QIGTO.V, ficutrsiv, (@ovg), sx-
[taGGELV, xqjzog, (Ivjiif), [lovoyEvriq, (vixav), o&oviov, (jtors),
jtQOTQ%LV, JICOXOTS, (6Ta6LOV), Gtfjfrog, (r &%(*)<;), VjCO(J,l{lVr)-
G-/.8LV, (pQKCtQ, (qXDTL&LV).
(2.) Das Johannes-Evangelium hat mit der Apostelgeschichte
(iiber Mark, und Matth. hinaus) folgende Worte gemeinsam:
og, 6iaTQL@siv,
.i, xaixoi,
), (loLdoQscv), Zovstv, (naivso&ai), fia.'
vcu, (jizQiTOfiri),
GyjOLv'iQV, (TWTOC),
(3.) Das Johannes-Evangelium hat mit dem Lukas-Evange-
lium und der Apostelgeschichte (liber Mark, und Matth. hinaus}
nur folgende Worte gemeinsam: (a.vTL7.sjeLv}, (ajtoQstv], (a
), diadidovaL, e&oq, EiGayetv, (e
ev&ade, (spiavTog), (evcoxiov), flyEl<j&ai, (i-xtxeto&ai),
act., xoZjrog, xvxlovv, ha.yya.vsiv, (fiijvvsHS)
(jtQaGGsiv), 6ov6aQiov, GWTi&Evai,, (rsAetovv), (vpsrEgog), 01
(pilot, (x&Qiq).
Diese 80 Worte, von denen 36 sich auch bei Paulus finden 1 ,
wiirden gar nichts besagen, wenn Johannes nicht so sehr wort-
arm ware; aber auch wenn man das in Anschlag bringt, kann
das Urteil kaum anders lauten: Spuren einer Lekttire der
lukanischen Schriften bei Johannes lassen sich mit
den Mitteln des Lexikons nicht nachweisen. Es besteht
im Vokabular kein Zusainmenhang kaum dafi ein fiir Lukas
charakteristisches Wort sich bei Johannes nachweisen lafifc. Auch
der Stil des Joh. zeigt sich nirgendwo durch den lukanischen
Stil beeinfluCt. Dennoch muC aus anderen Grriinden die
Mb'glichkeit offen gelassen werden, daB Joh. die lukanischen
Werke gelesen hat.
1) Von den 44 iibrig bleibenden finden sich
, (pgeag, apvoq, fiaaifatiog, 6^9-eg, xahoi, lovew,
, zvxhovv, Xay%aveiv, 6 <piKoq auch in anderen neutestamentlichen
Schriften (hauptsachlich Helbr. und Apok.), so daB iiberhaupt nur 22 Worte
im N.T. deni Luk. und Joh. ausschlieBlich gemeinsam sind.
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