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Full text of "Notice littéraire et bibliographie sur Letbert Abbé de Saint-Ruf 1100-1110 [microform]"

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MATTHAEUS VON KRAKAU. 



«/ 



INAUGURAL-OpSERTÂTION 

ZUR ERIxAg^È^:- 
DER PHILOSOPHISCHEN DOCTORWURDE 

WELCHE MIT 

GENEHMIGUNG DER HOHEN PHILOSOPHISCHEN 

FACULTÀT 

DER 

YEREmiGTEN FEIEDRICHS -UNI VER8ITAT 

HALLE- WITTENBERG 

AM SONNABEND, DEN 2. MAI 1891 

- MITTAGS 12 UHR 

ZUGIJEICH HT DEN iNGEHÂNGTEN THESEN 

OEFFENTLICH VEETEIDIGEN WIRD 

THEODOR SOMMERLAD 

AUS I-RANKPUIIT A. M. 



OPPONENTEN : 

HERE, DE. PHIL. J. SCHMOELE. 
HERR BB.. PHIL. E. BRASSE. 
HEKR CAND. PHIIi. P. DÔNITZ. 



HALLE A. S. 

HOFBUCHDRUCKÉREI von C. A. KAEMMERER & CO. 

1891. 









Herrn Professer Dr. Theodor Lindner, meinem 
hochverehrten Lehrer, gebûhrt hier das erste Wort herz- 
lichen Dankes. Denn ihm verdanke ich nicht nur die 
Anregung zu der vorliegenden Abhandlung und ein fur 
Ausfûhrung und Fortgang derselben lëbhaft bekundetes 
Interesse, sondem ûberhaupt die allseitigste reichste 
Fôrderung im Studium der Geschichte und in der wachsen- 
den Erkenntnis ihrer Auffassung. 



„Die Ideen, welche die Welt in 
Bewegung setzen sollen, kûndigen 
sich immer erst in einzelnen hervor- 
leuchtenden Geistern an". 

(Eanke, Deutsche Gresehichte im 
Zeitalter der Eeformatioii I. 71). 

L Leben. 

In den Bestrebungen , welche sich aus dem Schosse 
der dem mittelalterlichen Autoritâtsglauben entwachsenen 
Menschheit gegen die Macht des Papsttums erhoben, lassen 
sich drei Perioden unterscheiden. Die erste , dargestellt 
durch die Widersacher der Pâpste zur Zeit Ludwigs des 
Baiem, suchte die vom Papste beanspruchte Gewalt ùber 
die weltlicheObrigkeitzurûckzuweisen; der darauf folgenden 
Zeit galt es, der Macht des rômischen Stuhles ûber die 
Priesterschaft entgegenzutreten, und der Reformation des 
16. Jahrhunderts war es beschieden, den Kampf gegen 
die Herrschaft des Papstes ûber das Geistesleben der ge- 
samten Laienwelt zu erôffnen. 

Aufgabe der folgenden Blâtter ist es, Leben und 
Wirken eines der zweiten Kampfesepoche angehôrigen 
Mannes nach Môglichkeit zu schildern : des Wormser 
Bischofs Matthaeus von Krakau. 

Ma tthae us *), mit seinem Familiennamen „Notarius'^ 



*) Er nennt sîcli selbst stets Matthaeus. So R. A. IV. 108,2 und IV. 
114,24 ^^^ Tôpke, Matrikel der Univers. Heidelberg I. 673. Anm. 1. 
Aucli in den Handschriften seiner Werke heisst er meistens Matthaens. 
Die Benennung Matthias in solchen ist nicht so selten, wie Walch 
glaubt. (Mon. hist. med. aevi I, XIII, nur in einem Leipziger 
Codex.) Wie schon Oùdinus, Commentarius de scriptoribus ecclesiae 
antiqu. Lipsiae 1722. III, 1110 dies.als SchreibfeHer gerugt hat, 
so wird auch in anderen Handschriften ein solcher vorliegen. Neuere^ 



— 8 — 

oder „Stadtschreiber" genannt, wurde um 1335 in der 
Hauptstadt Polens, Krakau, geboren. 

Die ungefâhre Festlegung des Geburtsjahres 
ergiebt sich aus der Angabe der Supplik Karls IV. von 
1355, wo Matthaeus als „baccalarius in artibus" bezeichnet 
wird*), und der Annahme Paulsens, wonach das voUendete 
16. Jahr als untere Altersgrenze bei Baccalariatspromo- 
tionen **) ûblich war ***). 

Was nun den Geburtsort des Matthaeus anlangt, 
so standen sich bislang zwei Hypothesen gegenûber: die 
eine, an sich wahrscheinlichere , wonach er aus Krakau 
stamme, die andere, von den meisten neueren Schrift- 
stellernf) vertretene, dass er ein Abkômmling des alten 
pommerischen Adelsgeschlechtes der Krokows wàre. 



wie KruTnmel, Gesch. d. bôhm. Eeforraati.on iin 15. Jahrhundert. 

Gotha 1866, S. 54 lind HSfler, Kupreclit von der Pfalz. Freiburg 

1861. wiederholt, schreiben fàlscblich Matthias. So auch Frey, 

Verhandlungen mit der Kurié ûber die Approba,tioa Ruprechts v. 

d. Pfalz. Leipzig. Dissert. 1886. 
.*) Denifle, Entstehung d. Uuiversitàten des Mittelalters bis 1400. 

Berlin, 1885. 591,93- 
**) Fr. Panlsen, Organisation und Lebensordnungen der Dentschen 

Universitàten ini Mittclalter. (Sybels historischeZeitschrift.Bd. 45,421). 
-***) Ergànzend komrat nocb die Notiz bei Cave (Scriptorum ecclesiasticorum 

historia litteraria. Basai 1745. II app. 76.) hinzu, der seine Bliite- 

zeit nm 1375 setzt. Vgl. auch Olearius, Bibliotheca scriptor. eccles. Jena 

1711il,474. Dabeiist als mittlereBliitezeit das 40.Lcbensjahrangesetzt. 
-{-) Schannat, Historia episcopatus Wormatiensis. Frankfurt 1734. T, 407. 

Ullmann, Eeformatoren von der Eeformation. I, 336. 

Loreuz, Deutschlands Geschichtsquellen i. Mittelalter. Berlin 1886. 
Il, 368ff. 

Lechler, Joh. v. Wiclif und die Vorgeschichte der Eeformation. 
Leipzig 1873. II, 132. 

Palacky, P., Geschichte von Bôhmen. Prag, 1845. Illa., 182. 

Tomek, Geschichte der Prager TJniversitàt. S. 39. 

Falk im Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Deutschen Ge- 
schichts- und Altertumsvereine. 21. 1873. Nr. 7. 

Falk, die deutschen Sterbebtichlein. Kôln 1890. S. 82. 

Weizsàcker hat merkwiirdigerweise sowohl die eine vyie die andere 
Ansicht nebeneinander (R. A. II, 526 u. IV. 97) und auch 



— 9 — 

Die Nachricht von der pommerischen Ab- 
«tammung findet sich, soviel ich ersehen konnte, zum 
-ersténmale in der Chronik des Johann Micrael*) die 
derselbe 1639 verfasste **). Ihm haben sich wohl jene 
Schriftsteller angeschlossen, deren Namen Walçh***) im 
wesentlichen mitgeteilt hat und die gelegentlich àuch hier 
lErwâhnung finden werden. Danach wâre der Vater des 
Matthaeus, Gneomar, 1279 vom Herzog Mestovin II. von 
Pommern mit dera Dorf Crakow bei Neustadt in West- 
preussen belehnt worden und seitdem hâtte das ursprûnglich 
aus Frank en mit dem Deutschen Orden in jene Gegend 
gewanderte Geschlecht den Namen von Crakow oder 
Krokow gefûhrt. Dièse, scheinbar durch die Genauigkeit 
der Angaben glaubwûrdige Nachricht hat auch Kne schk ef) 
verleitet, unseren Matthaeus zu einem der âltesten Mitglieder 
des allzeit eng mit der Geschichte Brandenburg-Preussens ver- 
bundenen Geschlechts der Krokows von Vieserod zu machen. 

Abgesehen nun davon, dass bereits im Jahre 1255 
der Name „von Crakowe" als Familienname urkundlich er- 
wâhnt wirdff) und an jener Stelle ein Otto de Cracove 
auf tritt , dessen Persônlichkeit der gelehrte Micrael in 
seiner Stammtafel des Geschlechts nicht anf ûhrt, so scheint 
ûberhaupt die ganze Gestalt des Gneomar von Krokow 
historisch sehr schwer greifbar, zumal die Belehnungsur- 
kiunden von 1288f-}-t) und 1292 §), wie Perlbach nachge- 

Hôfler vertritt in seinen Schriften beide. (Euprecbt von der Pfalz. 
S. 462 und in den Histor. polit. Blàttern f. d. kathol. Deutschland. 
Munchen 1860. Bd. 46,7). 
*) Yg\. iiber ibn : Haken, Versuch einer rliplomatiscben Geschichte von 

Cosslin. 1765. I, 284 If. 
**) Micrael, Sechs Bûcher des alten Pomraerlandes. Stettin 1639. VI. 476. 
***) Walch, Mon. hist. med. aevi. I, XlIIff. 
f ) Neues allgem. Deutsches Adelslexikon. Leipaig 1864. V, 291. 
•j-f) Dreger, Codex Pomeraniae diplomaticus. Beilin 1768. I, 384. 
„Testes: Otto de Cracove et alii." 
fff) Strehlke, Urkunden Herzog Mestwins H. (Altpreuss. Monatsschrift. 
Vm. 1871. S. 640). 
§) Strehlke a. a. 0. S. 641 ff. 



— 10 — 

wiesen hat*), wahrsclieinlich unecht sind: ailes Momente^ 
die Micraels Glaubwûrdigkeit nicht besonders erhôhen^ 
Vielleicht hat ihn der in jener Familie hâufîger auftretende 
Name Matthia.s**), dessen ein Trâger gerade zu Micraels 
Zeit lebte***), und eine Verwechselung mit dem Matthias, 
von Schweden, von dem noch an anderer Stelle die Rede 
sein wird, zu seiner Angabe bewogen und seine Polemik, 
gegen einen unbekannten Autor des „Chronicon Chro~ 
nicorum" hervorgerufen. 

Zwar liesse sich zur Bestàtigung Micraels eine Notiz^ 
bei Raynald-f) anfûhren, der den Matthaeus „eques- 
Cracoviensis" nennt, doch liegt hier wahrscheinlich eine 
Vermutung dièses ûber Matthaeus nicht sonderlich unter- 
richteten Schriftstellers vor, veranlasst wohl weniger durch, 
den Grund, dass er ihn fur den Angehôrigen einesRitter- 
ordens-{-f) hielt, wie durch die Wahrnehmung, dass aus der 
Mitte der Adeligen fast ausschliesslich die Mitglieder der 
oberen Fakultâten und die Wûrdentrâger der Universitât 
anfânglich hervorgingenf-j-f). Auch die Bezeichnung des 
Matthaeus in der Prager Matrikel§) als „Matthaeus Cracovia" 
lâsst, wie ein Vergleich mit anderen an jener Stelle an- 
gefûhrten Namen lehrt, nicht zu, „ Cracovia" als Familien- 



*) Perlbach, Pomerellisches TJrfcundenbuch. Danzig 1882, nr. 439 u. nr. 
486. Auch wàre im Hiublick auf das liohe Alter des Gneomar [Ebeling, 
die deutschen Bischôfe bis z. Ende des 16. Jahrh. Leipzig 1858 II, 536> 
hat iibrigens „Gereomar") eine Vaterschaft nicht gut mehr môglich. 

**) Vgl. Kneschke a. a. 0. 
***) Vgl. Wachsen, Geschichte der Altstadt Colberg. Halle 1767. S. 20L 
(Matthias V. Krokow geb. 11. Juni 1600, gest, 16. Mârz 1675). 

f ) Eaynaidns, Annales ecclesiastici ab anno, quo desinit Baronius. 1694. 
XVn, 261. 
ff) Matthaeus soll nach Oudin, Commentarius de scriptoribus eccles. 
antiqu. III, 1110 dem Orden der heil. Brigitta angehôrt haben (wo- 
von upten die Kede sein wird) und dièse soll u. a. auch einen 
Ritterorden gegrûndet haben (Hermant, Histoires des ordres militaires, 
c. 46, 293), wie jedoch Wetzerg und Weltes Kirchenlexikon XI, 858 
bestreitet. 
ttt) Vgl. Paulsen in Sybels histor. Zeitschrift. 45,425ff. 

§) Monumeutahistorica universitatisCarolo-FerdinandensisPragensis 1, 197^ 



— 11 ^ 

Tiamen zu fassent, sondern ist lediglich als XJngenauigkeit 
•des Schreibers zu betrachten. 

Sehen wir nun , wie unabweisbare Grùnde fur die 
Herkunft des Matthaeus aus dem polnischen Krakau 
-sprechen *). 

Mittelbar schon lâsst sich dies aus einigen Urkunden 
und Handschriften belegen. 

Wir besitzen die Nachricht von dem Versprechen 
einer Ehrengabe seitens des Rates der Stadt an Matthaeus**), 
und wiederholt wird uns Kunde von seiner Anwesenheit 
în Krakau ***) wie auch von dem Interesse , welches er 
den Dingen der Heimat auch spâter noch von Worms aus 
entgegenbrachtef). Weiterhin finden sich vorzûglich in 
Krakau die âltesten Handschriften seiner Werke , und 
^erade in diesen wird er stets im Gegensatz zu seiner 
^onst ûblichen Benennung als Matthaeus Cracovita-{-f) 
— was nur gebûrtig aus Krakau heissen kann — be- 
^eichnet. Schliesslich spricht die Verdeutschung des Namens 
Cracovia mit „Krackauw" in einer offiziellen Urkunde 



*) Meines Erachtens ist die Herleitung einer polnischen Abkunft aus 
der Magistrierung zweier Polen unter Matthaeus in Prag mit Loserth 
(Huss u. Wiclif. Prag 1884. S. 68) ebensowenig angàngig wie der Schluss 
Schannats (Hist. episcop. Wormatiensis I, 408), dem Ullmann zu- 
stimmt (Reformatoren vor der Reformation I, 336), wonach der 
Umstand, dass 1430 ein Friedrich v. Crakow Domprobst in Trier 
war, einen Grund fiir die pommerische Abstammung des Matthàus 
abgeben soll. 
**) Moaumenta medii aevi historica ras gestasPoloniae illustrantia.IV, 166. 
"***) Monumenta medii aevi historica res gestas Poloniae illustrantia. 
IV, 2, 229, 283. 
t"^ Wisloeki, Oatalogus codicum mss. bibliothecae universitatis Jagel- 
lonicae Cracoviensis. Krakau 1877—1881 nr. 326 : ,,Notum sit 
omnibus scire volentibus ad me devenisse notitiara, quare quidam 
frater .Tohannes Pàlkinberg, logens in theologia Cracoviae . . . ." 
Datum Heydelberg 2. Dec. 1405. 

Mathëus, dei gratia episcop. Wormatiensis. 
-j-f) Catal. Cracov. n. 380, Papiercodex von Anfang des 15. Jahrh., 

n. 1309, „ „ 14. und 14./15. Jahrh., 

n. 2129, Codex von Anfang d. 15. Jahrh. 



— 12 — 

Rupreehts *), oder „Crackauwe" in einer ebensolchen**)" 
noch mehr wie dièse Forih in der ziemlich dem Originait 
gleichaltrigen Ûbersetzung einer Sçhrift des Matthaeus ***) 
fur die Herkunft aus Krakauf). 

Aber dièse Wahrscheinlichkeit wird durch folgende 
Utitersuchung zur Gewissheit. 

Loserth zuerst hat auf eine Stelle bei Andréas von 
Regensburg aufmerksam gemachtff) und seine Ansicht 
auch neuerdings in einer Besprechung von Scheuffgen& 
Schrift„Beitrâge zu der Geschichte des grossenSchismas"fff) 
wieder vertreten§). 

Der Presbyter Andréas von Regensburg nâmlich, 
ein jûngerer Zeitgenosse des Matthaeus , erzâblt kk 
seiner um 1430 verf assten §§) Chronik von den Hussiten- 



*) Wiûkelniann, Urkandenbucli d. Univers. Heidelberg I, 60; Die 
Heidelberger Matrikel (Tôpke I, 105) hat ausdriicklicli „Hic enimi 
Matthaeus, de Cracovia natus." 

**) E. A. V, 198,37 "^Sl. auch n, 438 In dem Original der von 
Weizsàcker (E. A. Y, 194, No. 153) angefiihrten Urkunde (Pfâlz.. 
Copialbuch 5 fol. 33a.) steht nicht, wie er augiebt, „Mattheus- 
von Ohrochove," sondera Matthaeus de Cracovia (Briefl.. 
Mitteil. d. Grossherzgl. Bad. General-Landes-Archivs v. 6. Dez. 1890).. 
Auch das von Wiegand (Zur Geschichte d. Wormser Bischôfe uud. 
Erzbisch., Worms 1855. S. 8) veroffentlichte handschriftliche Ver- 
zeichnis der Wormser Bischôfe nennt ihn „Matthaeus von Crackau."- 
***) Historiscli-politische Blàtter 46,io- 

f ) Dass indessen der von Scheuffgen (s. u.) aus der handschriftlichea 
Bischofshistorift von 1548 zu Bremen mitgeteilten Stelle: „Matthens- 
auss der stat Cracau in dem Konigreich Polandt gelegen, bûrtig . ."~ 
nur einige Wich.tigkéit beizumessen sei in dieserFrage, wie Loserth 
gethan hat (Sybels historische Zeitschrift 64,284^ scheint mir nack. 
der auch in der Oharakteristik des Matthaeus daselbst zutage. 
tretenden Abhângigkeit des Schreibers von Tritheim nicht woM 
annehmbar. 
tt) Loserth, Eus und Wiclif. Prag 1884. S. 68. 
ttt) Scheuffgen, Beitràge zu d. Gesch. des grossen Schismas.Freiburgl889.. 

§) Sybels histor. Zeitschr. Bd. 64. 1890. S. 284. 
§§) 0. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter I, 191. 



— 13 — 

kriegen*), dass der Polenkônig Wladislaw zur Wieder- 
begrûndung des Studiums in Krakau den Magister Matthaeus 
berufen habe, „weil er aus Krakau stamme". 

Verdient nun schon solche eirizige Angabe eines gleîch- 
zeitigen, meist vortrefflichen Darstellers die grôsste Glaub- 
wûrdigkeit, so fûhrt uns die bereits erwàhnte urkundliche 
Angabe bei Denifle weiter auf diesem Wege**). Hier 
empfiehlt Karl IV. unter seinen Universitâtslehrern u. A, 
auch den „Matthaeus Notarius de Cracovia" dem Papste. 
Die durchgàngige Erwâhnung der Familiennamen an jener 
Stelle legt nun schon nahe, auch „ Notarius" als solchen 
zu fassen, wogegen auch die gewôhnliche Auslassung des- 
selben in sonstigen Erwâhnungen des Matthaeus nichts be- 
weist, da ja Mânner wie Heinrich Totting von Oyta, 
Heinrich Hembuche von Langenstein, Konrad Koler von 
Soest fast immer nur Henricus de Oytha, Henricus de 
Langenstein, Conradus de Susato heissen. 

Nun làsst sich aus Krakauer Urkunden dies mit 
voUkommener Sicherheit erweisen. Im Jahre 1380 wird 
hier ein Matthaeus als „dictus Notarii", „genannt Sohn 
des Stadtschreibers" , aufgef ûhrt ***) und die Identitàt 



*) Fratris Johannis Andreae Katisbonensis chronica inedita de ex- 
peditionibus in Bobemiam contra Hussitas baereticos (Hofler, Ge- 
schichtsscbreiber der Hussit. Bewegung in Bobmen. Il, 433) „erigeret 
srudium générale in Cracovia, quod etiam fecit et hoc principaliter 
per iiiag. Matbeum, qui postea factus est episcopus Wormatiensis, 
quem ad hoc specialiter vocavit eo quod de 
Cracovia esset oriundu s". 
''*) Denifle a. a. 0. „Mattbeo Notario de Cracovia bacall. in 
artibus in univers. Pragensi". 

♦**) Hermanus Crancz testamentum faciens honorabiles et discretos 

viros mag. Matbeum dictum Notarii bacalarium sacrae 
tbeologiae formatum et Jobannem Crancz presbyteros Cracoviense& 
executores sui instituit testamenti. 

Monumenta medii aevi historica res gestas Poloniae illustrantia. 
Tom Vin. (Catbedralis ad S. Venceslaum ecclesiae Gracoviensis 
diplomatici codicis Pars II. éd. Pr. Piekosinski) Ciacoviae 1883. 
p. 77. n. GCCrS. 



— 14 — 

tiieses mit unserem Matthaeus ist nicht zu bezweifeln. Aùch 
sonst noch tritt uns in Krakau der Name ^Stadtschreiber" 
als Familienname entgegen*). 

Ziehen wir nochmals das Ergehnis : Die Herkunft ans 
Pommern ist lediglich Vermutung eines spâten schreib- 
seligen auch sonst nicht sehr glaubwurdig erscheinenden 
Autors und durch kein urkundliches Zeugnis zu belegen. 
Die Abstammung aus Krakau, nach urkundlichen Mitteilungen 
wahrscheinlich, ist durch einen zeitgenôssischen Schrift- 
steller verbûrgt, und die Herkunft von der Stadtschreiber- 
familie zu Krakau wird durch unanfechtbare urkundliche 
Angaben zur zweifellosen Gewissheit**). 

Nach alledem ist keineswegs eine deutsche Herkunft 
des Matthaeus von Krakau ausgeschlossen, zu deren An- 
erkennung die meisten Schriftsteller ihr Patriotismus immer 
wieder auf die pommerische Abstammungs-Hypothese ge- 
fûhrt hat ***). Denn es ist sehr fraglich, ob die Bevôlkerung 
des damaligen Pommern mehr deutsche Elemente in sich 



*) Mon. m éd. aevi res gest. Polon, illustr., 
IV, 2. 207 : per Johannem uotariuni. 

IV, 2. 259: Johannes Stadtschreiber. 

V, 75: Johannes Stadtschreiber. 

**) Noch ist der Ansgleichimgsversnche von Lenten wie Fahricius 
fBibliotheca latina mediae et infimae aetatis. 1736. V, 143.) imd 
Possevinus (Apparatus sacer. 1606. I, 418 und 420.) zu gedenken, 
die 2 Schriftsteller Matthaeus de Cracovia unterscheiden, die selt- 
samerweise heide 1410 gestorben sein soUen. Dièse Angaben sind 
ebenso wie die Ludewigs, (Scriptores rerum Germanicarum 1718. tom. 
I. Script, rer. episc. Bamberg. II, 499.) Matthaeus sei Pôle, stamme 
aber vom alten Geschlechte dei Krakowier aus Pommern,*) in das 
Gebiet einer gutgemeinten Kritikiosigkeit zu verweisen. 

*) Mei-k^viirdigerweise begégnet uns in. Ka-akauer Urkunden indessen wiederholt 
ein Nioolaus v. Craeowe, so Mon. med. aev. Pol. rv, nr. 1, nr. 18, nr. 155. 
Auch ein Mathis de Cracovia tritt dort auf. (Mon. IV., 2, 207). 

**♦) Am deutHchsten zeigt sich dies patriotische Streben bei Wencker, 
Collecta archivi et cancellariae iura. Argentor. 1715. p. 515, der eine 
polnische Herkunft zugiebt, aber infolge der spàteren Wirksamkeit 
des Matthaeus in Deutschland denselben „recht]ich" als „Detitschen" 
bezeicbnet. 



-_, 15 -^ 

enthielt wie die durchaus deutsche Stadt Krakau, deren 
Ratsherrn- und Schôflenlisteii fast nur deutsche Namen 
von wahrscheinlich aùs Schlesien eingewandertenFamilien 
aufweisen*) und in der sowohl zahlreiche Urkunden wie 
die meisten Willkûren und Zunf tordnungen in deutscher 
Spraché abgefasst worden sind**). 

Was nun den Vater desMatthaeus und seinen Namen 
betrifft, so ist derselbe nach dem Vorhergehenden Stadt- 
schreiber in Krakau gewesen. In Z o rn s Notiz ***), Matthaeus 
sei ein Schuhmacherssohn aus Krakau, dokumentiert sich 
das Bestreben, jeden hervorragenden Mann aus môglichst 
niederem Stande hervorgehen zu lassen, und bedarf dieselbe 
keiner weiteren Widerlegung. 

Als Vater kann eher der Stadtschreiber Peter gelten, 
wie der ihin 1344 folgende Konradf), wahrscheinlich er 
wegen der um 1335 erfolgten Geburt des Matthaeus. 

Wann der Stadtschreiber Peter seinen Sohn nach 
Prag, der nicht allzuweit entf ernten Kônigsresidenz, gesandt 
hat, wissen wir nicht. Auf eine frûhzeitige Ûbersiedelung 
nach Prag làsst Balbins Erzàhking schliessen, der junge 
Krakauer habe seine Erziehung in Prag empfangen f f ) ;. 



*) Mon. raed. aevi Polon. V, XX ff. 

**) Mou. med. aevi Polon V. und VII. — Ûbrigens hatte in Prag anch 
ein Pommer zur Nation der Polen an der Universitât gehort (vgl. 
Ermlând. Zeitschr. III, 202.) 
*♦*) Pr. Zorn, Woxmser Chronik. Herausgeg. von W. Arnold (Biblioth. d. 
Litterar. Vereins in Stuttgart. XLIII.) S. 158. 

t) Petrus von 1333—1343. 
Conrad von 1344—1350 
Mon. med. aevi Polon. IV, 221. und 212. 

Um dièse Zeit sciieint der Name Notarius zum Pamiliennamen 
geworden zu sein, da von da ab neben dem otfiziellen Stadtschreiber 
(so 1398: Johann Brest notarius publions. Mon med. aevi 
Polon. IV, 2. p. 320. Anmerk. 19") gleichzeitig der schon oben 
genannte «Johann es Stadtschreiber" auftritt: 1398. (Mon. TV, 2. 
259), der auch schon 1385 erwâhnt wird. (Mon, V, 75). Moglicher- 
weise ist der Schreiber Konrad der Bruder anseres Matthaeus und 
der Erbe jenes Amtes. 

tt) Balbinus, Bohemia docta 1776—80 II, 284. 



— 16 — 

dieselbe scheint nicht unglaubwûrdig. Nicht so zurerlâssig" 
ist die Angabe einer Handschrift von Cambridge,*) 
Matthaeus habe einem Orden der heiligen Birgitta angehôrt. 
Deiin abgesehen von der Mitteilung des nach Obigem in 
unserer Frage nicht sehr massgebenden Micrael, Matthaeus 
sei Mônch gewesen,*^) fûhrt kein urkundliches Zeugnis 
zur Lôsung dieser Sache. Es liesse sich nun ja aus dem 
in seinen Schriften zutage tretenden Tadel ûber die Welt- 
geistlichen***) wie dem ihm anhaftenden asketischen Zug-|-) 
der Schluss auf eine gewisse Verbindung seinerseits mit 
einem der strengeren Mônchsorden, die seit der Zeit des 
Gegensatzes zwischen Franziskanern und Dominikanern 
^ahlreich gegrûndet wurden, ziehen. 

Schwerer jedoch wiegen in dieser Hinsicht die ur- 
kundlichen Zeugnisse, wonach Matthaeus in seinem Testa-^ 
ment der heiligen Birgitta einen Altar stifteteft) ^^^ '^^ 
seinem Besitz auch die Schriften und die Lebensbeschreibung 
der frommen Prophetinfff) hatte. 

Wohl nahm der „ Orden vom Weltbeiland", den die 
heilige Birgitta von Rom aus stiftete, auch Mânner auf, 
und da dièse nicht vor dem 25. Lebensjahre eintreten 
konnten§), so mûsste Matthaeus frûhestens 1360 in den- 
selben aufgenommen worden sein — immerhin aber ist es 
fraglich, ob der Schreiber der erwâhnten Handschrift von 
Cambridge nicht unseren Matthaeus mit dem Beichtvater 

*) A Catalogue of the manuscrits in the library of Gonville and Gains 
Collège, Cambridge 1849 nr. 353: „quondani familiarem Beatae 
Birgittae". Dieser Handschrift, die er gesehen bat, folgt Oudinus, 
Commen tarins de scriptoribus ecclesiae aatiquis. III, 1110: „sanctae 
Birgittae familiaris". Ullmann, Reformatoren vor d. Reform. 
I, 338 kannte die Quelle Oudius nicht. 
**) Micrael a. a. 0. VI, 476., 
***) In „De sqnaloribus curiae Romane". 

t) In „Conflictus rationis et eonseientiae". 
f f ) Winkelmann, Urkuudenbuch der Univers. Heidelberg. 1886. Il nr. 170. 
-j-ft) Topke, Matrikel d. Univers. Heidelberg 1386—1662. Heidel- 
berg 1886. I, 687. 
§) Vgl. Wetzers und Weltes Kirchenlexikon. Freiburg 1883. H, 858. 



- 17 — 

der heiligen Birgitta, dem Magister Matthias von Schweden, 
der Domherr von Linkôping*) war, verwechselt liât. Eine 
persônliche Bekanntsehaft mit der fûrstlichen Ordens- 
stiftêrin, wie sie Ullmann**) nach der Bezèichnung des 
Oudin nicht fur ausgeschlossen erachtet, mûsste, da die 
heilige Birgitta seit 1347 stàndig in Rom***) weilte, in- 
dessen noch in das Knabenalter des Matthaeus gesetzt 
werden, zumal ein Bekanntwerden in Rom, wo dieselbe 
1373 starb, ohne dass Matthaeus bis zu diesem Jahre dort- 
hin kam, nicht môglich ist. 

Ist somit eine Verbindung des Krakauers mit dem 
Birgittenorden mehr als zweifelhaft, so ist gleichwohl auf 
grund der erwâhnten urkundlichen Zeugnisse ein Vertraut- 
sein desselben mit den Schriften der Heiligen nicht von 
der Hand zu weisen, Fand er doch hier manche Ausse- 
rungen ûber Papst und kirchliche Gepflogenheiten der 
Gegenwartjf) die seinen Blick sicherlich frûhzeitig fur die 
ihn umgebenden Schàden des rômischen Systems schârfen 
mussten. 

Noch mehr erweiterte sich sein Gesichtskreis, als er 
sich in der artistischen Fakuitât der 1347 von Karl IV. 
„zur Stillung des wissenschaftlichen Hungers seiner ge- 
treuen Unterthanen^ff ) begriindeten Universitât zu Prag 



*) Vgl. liber diesen: Revelationes S. Birgittae. lib. I. cap. IIT. C. 

gedruckt 1500 bei Anton Koberger. Niirnberg, fs. auch Panzer, 

Annales typographici. Nurnberg 1794. II. 227 nr. 307.) „quidam. 

sanctus vir magister in theologia, qui vocabatur magister Mathias 

de Suecia etc. 
**) Ullmann, a. a. 0. I, 338. 

***) Wetzers und Weltes Kirchenlexikon a. a. 0. H, 861. 
f) Vergl. Eevelationes III: ,.papa peior est lucifero, iniustior Pilato, 

immitior Juda, abhominabilior Judaeis"- Denn was dièse an Gott 

allein verbrachen, veriibt der Papst, der aile Gebote in das einzige 

„Geld her!" verwandelt hat, auch an den durch Gottes Blut er- 

kauften Seelen. 

Vgl. auch Joh. Wolf, Lectionum memorabilium et reconditarum 

centenarii XVI. 1600. H, 443—502. 
ff) Mon, hist. univers. Prag. II, 223. 



— 18 — 

fiitiscliréiben liess. Wir finden den Theologen zunâchst 
hier, weii der artistische Kurs gemàss dem Brauche der 
Zèit '") als Vorberèitungskurs fur das Studium in einer der 
obereti Fakultâten absolviert werden musste; 

iBerëîts im Juni des Jahres 1355 tritt uns Matthaeus 
als Baccaîar der Artisten entgegen. **) Er batte de'mnach 
seinen Aristoteles grûndlich erfasst und durfte nun selber 
das Lehràmt, freilich nach den Hef ten bekannter Magister 
zu Paris, Oxford und Prag und unter der Obhut eines 
àlteren Prof essors, ausuben.***) Ohne Zweifel hat er um- 
diese Zeit begonnen , aucH theologischen Studien obzu- 
liegenf) und siôh eingehender mit den Fragen der Zeit 
zu befassen. 

Âm ly.November des Jahres 1367 erhielt Matthaeus 
ungefàhr in gleichem Alter wie spâtef Huss die Magister- 
wûrde in der Artistenfakultât unter dem Dekan derselben,. 
Heinrich von Oyta.ff) Mit diesem Manne, dessen wissen- 
schaftliche Bedeutung vollauf Wûirdigung an den drei 
Universitâten Paris, Prag und Wien fandfff) — seine Bûcher 
befanden sich in dem der Heidelberger Hochschule ver- 
machten Nachlass des Marsilius von Inghen§) — stand, 
sicherlich der nunmehrige etwa 35 jâhrige Magister in 
regem geistigem Verkehr. Die Richtigkeit der Angabe 
Hiplers§§), er habe mit Oyta zusammen das am 30. Juli 
1366 von Karl IV. begrûndete KarlskoUeg bewohnt, ist 



*) Paulsen a. a. 0. (Sybels Histor. Zeitschr. 45, 397) 
**) Denifle a. a. 0. 591, 92 u. 93. 
***) Vgl, Mon. hist. univers. Prag. I. 41. 
t) Vgl. Paulsen (Sybels Zeitschrift 45, 398) und Denifle a. a. 0. 1, 598.. 

Anm. 1544. 
tt> Mon. hist. univ. Prag. I. 135. 136. . 

ttt) Vgl. uber ihn: Loserth im Archiv fiir osterreich. Geschichte 57, 1.. 
216. und Denifle a. a. 0. I, 592. ' 

§) Topke, Matrikel der Univers. Heidelberg. L 678. 
§§) Hipler, Meister Johann es Marienwerder und die Klausnerin Dorothea- 
von Montau. (Zeitschr. f. Gesch. und Altertumskunde Ermlands^ 
III, 202 f.) 



— 19 -^ 

^us der von ihm angefuhrten Stelle b.ei vB a 1 b i n *) / nicht 
versichtlich. Wohl àber erkennt man Oytas Einfluss noch 
in der Schrift des Matthaeus ^De contractibus" **). Noch 
^in anderer béi den Zeitgenossen hochberûhmter Matin, 
Johannes Marienwerder, war , . wie sich auch- urkundlich 
belegen lâsst,***) einer der Angehôrigeri des dém 
-MattKaeus befreundeten . wissenschaf tlichen Kreises, und 
auch der hochbedeutende Bischof von Ermlaud, Heinrich 
vSoerbom, stand demselben nahef). 

Von hun an eritfaltete Matthaeus von Krakau in der 
Artistenfakultât der Prager Hochschule eine reiehgesegnete 
Wirksamkeit, deren Anerkennung ihm durch die wieder- 
holte Wahl zum Dekan derselben seitens seiner KoUegen 
gezoUt wurde. So hôren wir, dass er 1378, wo am 
11. Februar Matthias von Sandomiria f -|-) und 1381, 
wo Johannes Swydenicz und Tylmann Walzadfff) 
unter ihm zur Licenz zugelassen wurden, Dekan der 
^Fakultât war. 

Dièses letzte Jahr fûhrt uns auch weiter zur Festr 
legung der akademischen Grade,* die sich Matthaeus in der 
theologischen Fakultât erwarb. Nehmen wir den regel- 
mâssigen Gang in denselben an,§) wie ihn auch Johannes 
Marienwerder verfolgte, so hâtte der Magister der Artisten 
-Matthaeus 1367 mit dem theologischen Studium begonnen 
und wâre vorschriftsmàssig 1373 baccalarius cursor, 1375 



*) Balbinus, Bolieiu. doct. I, 72. 

*'^) Zwei alte Codices, der eine noch ans d. 14. Jahrh., der andere ans 
dem Anfauge des 15. Jahrb. schreiben iiber dièses Werk: prius- 
quam hune tractatum scripsit, vidit de, eadem materia scripta mgr, 
oruin Henrici de Oyta et Henrici de Hassia, cnin quibus et 
persolutum conferebat . . . . (Catal, Cracov. nr. 1309. u. 2129.) 
***) Millauer, der deutsche Ritterorden in Bôhmen. Prag 1832. p. 157 ff. 
; (Abhandl. d. Konigl. Bôhm. Ges. d. Wissenschaften.) 
, J-) Ygl. Hipler, Litteraturgesch. d, Bistums Ermland. 1873 S. 38. 
ff) Mon. hist. univers. Prag, I, 180. 
fff) Mon. hist. univers. Prag. I, 197. 
§) Ermland. Zeitschr. III, 183. 



— 20 - 

baccalarius formatus geworden. Nun tritt uns der Krakauer 
in einer Testamentsurkunde vom 13. Januar 1380 als 
„ baccalarius sacrae theologiae formatus" entgegen.*) Hier 
wird uns gelegentlich der Testamentsbestàtigung de& 
Hermann Crancz von Krakau durch den Krakauer Bischof 
Florianus mitgeteilt, dass jener Bûrger zu seinem Testaments- 
voUstrecker auch den Matthaeus ernannt habe. Das Testa- 
ment ist nun vor 1365 aufgesetzt **) und 1367 wird. 
Hermann Crancz zuletzt urkundlich erwàhnt. ***) Damais, 
konnte Matthaeus noch unmôglich die erwàhnte theologische 
Wiirde innehaben. Da er nun nach obiger Chronologie 
1378 bereits „baccalarius licentiatus" gewesen sein mûsste,. 
so ist entweder anzunehmen (da eine Unrichtigkeit in der 
offiziellen Urkunde ausgeschlossen ist), dass Matthaeus langer 
wie ûblich „ baccalarius formatus" war oder spàter vvie 
1367 mit dem theologischen Studium begonnen hat. Sicher— 
lich ist er bald nach 1381, wo er zuletzt als Magister der 
Artisten auf tritt, Magister in der theologischen Fakultât 
geworden. t) Im Jahre 1387 wird er zuerst urkundlich als 
^professer sacrae theologtae" genannt.ff) 



*) Mon. in éd. aevi Polon. VIII, 77 nr. 309. 
**) A. Theiner, Vetera monumenta Poloniae et Lithuaniae. Rom 1860.) 
I, 634, wo am 13. Mai 1365 Urban V. das Testament bestâtigt. 
Hermann Craus ist Mer Lesefehler Tlieiners oder Ungenauigkeit 
des Schreibers der Urkunde. 
***) Mon. med. aevi Polon. IV. nr. 1703. Denn der 1388 genannte- 
Scabinus H. Crancz (Mon. V p. LII) ist ein anderer. 
f ) Es stellte sich, wenn uns die Krakauer Urkunde als Massstab dienett. 
solL die Cbronologie wie folgt: 

1369: Beginn der theolog. Studien. 
1375: baccal. cursor in theologia. 
1377: baccal. formatus in tbeologia. 
1380: baccal. licentiatus in tbeologia, 
1381: magister in tbeologia. 
Die Jahre stimmen mit den Zeitpunkten, in denen Job. Marienwerder 
die gleicben Wûrden erhielt, (Ermlând. Zeitschr. m. 183) danacK 
iiberein. 
tt) MiUauer a. a. 0. S. 157 ff. ■ 



o 



1 



Nach dem Ausdruck des Tritheim*) ist ihm irt 
Prag die theologische Doktorwûrde zuerkannt worden. 
Zur Gewissheit wird dièse Angabe durch die Bezeichnung" 
des Matthaeus als „sacrae theologiae doctor" in einer sehr 
alten Handschrift seiner Rede vor Urban VI.**) und als 
„ doctor in sacra theologia Pragensis'' in der Heidelberger 
Matrikel***). 

Doch die Universitâtsthâtigkeit war nur eine Seite 
seines Prager Wirkens. Zuerst hat Oleariusf) mitgeteilt^ 
dass Matthaeus von Krakau Stadtprediger in Prag gewesen 
ist, und auch ein Wiener Codex seiner Predigten bezeichnet 
ihn als „Prager Stadtprediger" ff ). Doch erst Balbins durch 
ihre Genauigkeit wahrscheinlichere Nachricht bestâtigt dièse 
Angaben. Danach tff) war Matthaeus Priester an der Kirche 
der heiligen Jungfrau auf dem Teyn. Daneben befand 
er sich im Besitz zweier Pfrûnden. Zunâchst einer Priester- 
pfriinde in seiner Heimatstadt Krakau §): auçh ein Grund 
dafûr, dass er noch in Beziehungen zu seiner heimatlichen 
Diôzese stand, âhnlich wie Johannes Marienwerder zur Zeit 
seines Prager Aufenthaltes uns urkundlich als Priester in 
Pomesanien genannt wird §§). Ausser dieser Priesterpfrûnde 
hatte Matthaeus noch eine Kanonikatsprâbende, eine Dom- 
herrnstelle zu Breslau, inné. Scheint dièse Angabe Tomeks§§§) 
schon an sich sehr glaubwùrdig im Hinblick auf Beziehungen 
zwischen Breslau und Prag*f), so wird sie zur Gewissheit 



*) Catalog. illustr. viiorum. 1495. p. 147. éd. per Marquardium 
Freherum. Frankfurt. 1601. 
**) Pertz, Archiv 1851. X, 681. und Loseith, Hus und Wiklif. S. 68. 
***) Tôpke a. a. 0. I, 3. Anm. 5. 

f ) Bibliotheca script, ecclesiast. I, 474. 
ff) LambeciuSj Commentarii de aug. bibliotheca Vindoboncnsi. II, 579. 
tff) Balbin, Bohem, doct II, 284: Plebanus Pragae ad B. Virgin, in Teyn. 
§) Won. med. aevi Polon. VIII, 77 nr. 309. 
§§) Brmlànd. Zeitschr. HI, 182. 
§§§) Grescbichte der Prager Universitàt. S. 39. 

f*) Paulsen in Sybels histor. Zeitschr. 45, 260 fiihrt an, wie 1383 der 
Papst den Propst zu Breslau zu einem der Konservatoren der Prager 
Univers, ernannte. 



_ 22 — 

durchdie Urkunde von 1387, wo wir erfahren, dass Matthaeus 
Propst und Kanonikus der Breslauer Agidiuskirche*) war. 
Bischof Nanker hatte einst 1329 bei dem vom Domdechant 
Victor gegrûndeten Collegiatstift von St. Aegidius jene 
Propstei mit einem Kanonikate gestiftet **). 

Vermutlich befâhigte unseren Matthaeus der Umstand, 
dass er polnisch predigen konnte und durch seine Abkunft 
aus einer vornehmlicli deutschen Stàdt wie infolge seiner 
Erziehung in Bôhmen besonderes Verstandnis auch fur 
die religiôsen Bedûrfnisse der anderen Bevôlkerungselemente 
im nationalitàtenreichen Prag haben musste, zu seiner 
Predigerstellung. Sehon der treffliche Dietrich Engelhus 
von Einbeck, der vor 1420 seine „Neue Chronik" ver- 
fasste ***) , rûhmt die Vortrefflichkeit seiner Kanzelredenf). 

Aber noch eine andere hohe Aufgabe fiel ihm zu. 
Die Rûckkehr Gregors XI. nach der heiligen Stadt am 
17- Januar 1377 brachte der Christenheit nicht den ersehnten 
Frieden, vielmehr rief sein Tod jenes 40 jàhrige Schisma 
hervor, dessen Ausbruch schon 1 364 Wilhelm von Durandes 
dem fûnften Urban prophezeit hatte ff). Aber einmûtig 
stand das germanische Europa zu Rom. Auch die ausser- 
deni durch das Hinscheiden Karls IV. schwer betrofiene 
Prager Hochschule fand es nôtig, dem ihrer Meinung nach 
rechtmâssigen Papste Urban VI. ihre Ergebenheit und ihre 
Wûnsche fur sein Heil auszudrûcken. An die Spitze der 
■Gesandtschaft stellte sie Matthaeus von Krakau. 

Vermutlich haben wir dieselbe zwischen die Jahre 
1382 und 1384 zu setzen. Denn das erstere galt uns fur 



*) Millaucr a. a. 0. S. 157. 

**) Heyne, Dokuraentierte Geschichte d. Bistums und Hochstiftes Breslau 
1860. I, 164, 690: denn dièse Proiistei kommt in Betracht, nicàt die 
Pràbende an der von Peter Wlast (f 20.Febr. 1153) erbauten Àgidius- 
kircte, die Bischoi Przezislaus 1351 stiftete. Heyne, II, 644. 
*■"*) Lorenz, Geschichtsquellen. Beriin 1886. II, 153. 
f) Th.eodorici Bngelhusen nova chronica bei Leibnitz, sciptôres Bruns- 
viccnses. II, 1136. 
ff) Hartwig, Heinrich von Langenstein. Marburg 1857. S. 20. 



— 23 — 

den Zeitpunkt der Erteilung der theologischen Magister- 
wûrde , die sicher Matthaeus , um Haupt einer derartigen 
Gesandtschaft zu sein , innehaben musste , und îm Jahre 
1384 ist es bereits wieder in Prag. „Wie die Gemein- 
schaft der Glàubigen zur Buhlerin geworden ist" woUte 
Matthaeus dem Statthalter Christi zeigen*) und ihn als 
den beruf ensten Arzt zur Heilung der Krankheit in der 
Christenheit begeistern. 

Nach seiner Heîmkehr soUte der Wirkungskreis unsere& 
Matthaeus noch mehr in einer seiner Eigenart entsprechenden 
Weise erweitert werden. 

Alljâhrlich trat zweimai, am 15. Juni, dem St. Vitus- 
tage, und am 18. Oktober, dem St. Lukastage, in Prag 
die erzbischôfliche Synode zusammen zu dem Zwecke, ûber 
Vorschlâge und Mittel zur Abstellung eingetretener Miss- 
stânde in der Landeskirche zu beraten**). Hier hatte sich 
Adalbert Ranconis von Ericinio***) als tuchtiger Redner 
Ansehen erworben. Zum Nachfolger dièses Mannes, mit 
dem ihn Werner hinsichtlich seiner zeitlichen Gesamt- 
bedeutung zusammenstellt j-) , wurde Matthaeus ■ von dem 
Prager Erzbischofe, Johann von Jenzenstein, auseirsehen 
und scheint dièse Stelle eines Synodalpredigers wiederholt 
bekleidet zu haben. Am Lukastag 1384 oder 1386 f-|-) hielt 
er hier in weiterer Ausfuhrung seiner Worte vor Urban 
eine Rede „ûber die Besserung der Sitten von Kierus 
und Volk''fff), worin er die Saumseligkeit und Gering- 



*) S. Lôserth, Hns u. Wiclif. S. -68 f. 
**) Hôfler, Coucilia Pragensia 1353—1413. XXVHL 

***) S. ûber ilin Loserth, Arch. f. osterreich. Gesch. 57, 205—276. 
t) Scholastik des spateren Mittelalters. Wien. 1887. IV, 1. 119. 

tt) 1386 giebt Cod. Bibl. Univers. Prag. X A. 2; 
1384 der Miinchener Cod. XV. 4. 01m. 5361; 
vgl. Hôfler, Ruprecht von der Pfalz. S. 461. 
ttt) De emendatione morum cleri et populi. 

Pez, Thésaurus anecdot. noviss. Augsburg und Graz 1721. I isag. 
VI. S. Teil II der vorliegenden Abhandlung. 



— 24 — 

scliâtzung des Heiligsten seitens der Diener der Kirche 
mit heftigen Worten rûgte. 

Im folgenden Jahre, 1387, begegnen wir unserem 
Matthaeus auf dem Bischofsschloss zu Marienwerder, wo er 
bei seinem Freunde Johannes Marienwerder weilte, als. 
derselbe am 16. August auf seine Domherrenstelle bei 
Allerheiligen in Prag Verzicht leistete und Profess als 
Deutschordenspriester ablegte*). In wie weit die Vermutung 
H i p 1 e r s **) , Matthaeus sei einerEinladung des Hochmeisters 
gefolgt und habe die Absicht gehabt, sich in Preussen nieder- 
zulassen, um mit bei der Einrichtung der Universitât Kulm 
thâtig zu sein, historisch zu begrûnden ist, lâsst sich nicht 
entscheiden. Unter den Zeugen befand sich damais auch 
jener Nicolaus Doring von Polkenhayn, der uns spâter in 
Heidelberg als Famulus des Matthaeus entgegentritt. 

Matthaeus kehrte wieder nach Prag zurûck, wo wir 
ihm am 19. October des Jahres 1388 wiederum auf einer 
Diôzesansynode begegnen ***). Damais galt es , das Buch 
des Mathias v. Janow „ûber die Regeln des alten und 
neuen Testaments", worin er die Christen zu eiffigem 
selbst tâglichem Genuss des Abendmahls aufForderte, nach 
Wert und Unwert zu prûfen. Dass ausser anderen Mânnern 
auf derSynode Matthaeus derselben Ansicht war und trotzdem 
der Beschluss eines nur monatlichen Abendmahlsgenusses fur 
den Laien gefasst wurde, berichtet uns Krummelf). 

Die Fragen der tâglich mehr einer gewaltsamen 



*) TJrkunde bei Millauer, der Deutsclie Eitierorden in Bôhineii. Prag 
1832. S. 157 ff. (Abhdl. der Kôaigl. Bôhm. Ges. d. Wissenschaften). 
* ) Meister Joliannes Marienwerder und die Klansnerin Dorothea von 
Moutau (Aufs. in d. Zeitschr. f. d. GescliicMe und Altertumskunde 
Ermlands. 1866. III, 209). 
***) Krummel, Gesch. der bohmisch. Eeformation.' Gotha 1866. S. 73 ff. 
Der Catal. CyacoY. 2244 giebt eine Rede von 1387 an, bat aber 
sicher mit dem Tagesdalum in vigilia Epyfanye. (i. e. 5. Januar) 
Unrecht. Von der zweiten Synodalrede weiss auch Balbinus, Boh. 
doct. m, 113. 
■f) Krummel a. a. 0. 



— 25 — 

Xôsung zueilenden Zeit gaben auch unserem Matthaeus von 
Krakau Grund und Veranlassung, einen Traktat ûber den 
Genuss des Abendmahles zu verfassen*), den er im Jahre 
.1390 geschrieben haben soll**). 

Vermutlich wurde um dièse Zeit Matthaeus, freilich 
nur mittelbar, mit den in den 80r Jahren in Bôhmen auf 
-Kanzel und Katheder sich einbûrgernden Lehren Wiklifs, 
deren Einfluss auf die bôhmischen Vorreformatoren 
Loserth endgûltig nachgewiesen hat, bekannt. Denn dass 
er die studierende Jugend in die unverfâlschten Lehren dès 
-Englânders eingefiihrt haben sollte, wieWerner meint***), 
ist kaum glaublich-j-). 

Doch die Tage seines Prager Aufenthaltes waren 
^ezâhlt, Er raag sich selber weggesehnt haben; sei es, 
dass er fûhlte, er musse gemâss seiner Anschauung in dem 
drohenden Meinungskampf Partei ergreifen, waa seiner 
milden Natur sicherlich nicht entsprach, zumal er erkannte, 
dass bei Wenzel noch weniger wie bei seinem Vater auf ein 
tieferes Verstàndnis einer religiôsen Bewegung zu hofFen 
war, sei es auch, dass seine vermutlich tàglich steigende 
-Beliebtheit seine soziale Stellung wesentlich erschwerteff). 



*; „De quodam coiiflictu rationis et conscientiae de cbmmunioue 
eucliaristiae sacramenti." 

S. Loserth, Hus n. Wiklif. S. 69 u. Hofler Histor.-polit. Blâtter 46, 
12; wie Concilia Prageusia LV. S. aiicli Teil II der yorliegenden 
Abhaiidlung. 
**) Cod. Regiom. 1334. (nach Ermlànd. Zeitschr. III, 215). 

***) Scholastik des spàteren Mittelalters. 1887. IV. 1. Abteil. S. 119. 
f ) Gegèn Weraer spràche die Stelle in „De squaloribus curiae Eomanae, 
(Walch, Mon. hist. med. aevi I, 49), wo die Wiklifiten unter den 
Eetzern aufgefûhrt werden ; docli muss dièse Stelle àls spatere Inter- 
polation fallen. Vgl. Teil II dieser Abhandlung. 

ff ) Was es mit der Nachricht des Onuphrius Pauvinius (Romani pontifices 
et cardinales 1557. nach Ludewig, Scriptor. Bamb. II, 499), die noch- 
mals Eysengrein (catalogus testium veritatis. Dillingen 1565 p. 155) 
giebt, Matthaeus habe in Prag das Rektorat bekleidet, fiir Bewandnis 
hat, lâsst sich nicht durch die bekannten urkundlichen Zeugnisse 
erweisen. Schannat I, 407 u. Weizàcker (R. A.IV, 97) nehmen ohne 
weiteres jene Nachricht fiir wahr. 



— 26 — 

In wie weit H i p 1 e r *) Recht hât , wenn er sagt^ 
Matthaeus habe an dem 1384 erôffneten Collegiaturenstreit 
regen Anteil genommen , was sich ihm aus leider sehr 
verdorbenen Handschriften der Prager erzbischôiîichen 
Bibliothek ergiebt, ist nicht zu entscheiden. Wâre dem 
so, so hàtte allerdings die 1387 erfolgte, den Nicht- 
bôhmen nicht sonderlich gûnstige pâpstliche Ent- 
scheidung mit die Entschliessungen des Matthaeus beein- 
flussen kônnen. 

Sicher ist, dass wir Matthaeus um dièse Zeit wieder 
in regen Beziehungen zu seiner Vaterstadt Krakau finden. 
Im Jahre 1390 sandte der Rat an ihn einen Boten nach 
Prag**), und im nâchsten Jahre 1391 weilte er selber that- 
sâchlich in Krakau. Das ergeben die Stadtrechnungen,. 
worin sichAusgaben fur dem Matthaeus gelief erteHûhner ***) 
und Hammelfleisch f) sowie fur Wein-j"|-) nachweisen lassen^ 
Als er 1391 wieder die Vaterstadt verliess, wurde ihm von 
derselben ein ehrenvolles Geleit zuteil-j-("|-). Was ihn nach 
Krakau fûhrte, steht nicht fest. Môglicherweise hat er 
daran gedacht, an der dortigen Universitât seine akademische 
Thâtigkeit fortzusetzen , vielleicht hat er auch schon mit: 
Wladislaus wegen einer Neubegrûndung des Studiums in 
Krakau Besprechungen gehabt. 

Thatsache bleibt, dass wir seit 1391 nichts mehr von 
Matthaeus in Prag hôren. Was den letzten âusseren Anlass 
zu seinem Weggang abgegeben hat, vermôgen wir nicht 
zu entscheiden. Tritheims Nachricht§), deren zeitliche 
Richtigkeit bereits W a 1 c h §§) angefochten hat, spricht von. 



*) Ermlànd. Zeitschv. III, 206. 
**) Mon. med. aevi Polon, IV, 2. p. 229. 
***) Mon. med. aevi Polon. IV, 2. p. 231. 
t) Mon. med. aevi Polon. IV, 2. p. 231. 
tt) Mon. med. aevi Polon. IV, 2. p. 228, 231, 232.' 
ttt) Mon med. aevi Polon. IV, 2. p. 233 : item XVI. gr. datos Grif et 
Pruse ad conducendum mgr.um Matheum. 
§) Trithemlus de scriptor eccl. p. 154. 
§) Mon. med. aevi. I, XV. 



— 27 — 

-einer Vertreibung durch, Fabricius*) von einer solchen 
ausammen mit Hussiten, aber man kann um 1390 noch 
iiichtgut vonHussiten sprechen. Auch die Notiz Caves**), 
die Grasse ***) vorgeschwebt zu haben scheint , dass er 
rnâmlich von seinen Prager Landsleuten schlecht behandelt 
worden wâre, fûhrt nicht viel weitei. Vielleicht hat ihn 
ein Ruf von Heidelberg und das in Aussicht gestellte 
betrâchtliche Jahreseinkommen von 150 Gulden§) zur 
Ubersiedelung nach Heidelberg endgûltig bestimmt. 

Merkwûrdigerweise haben bis jetztAlle, die sich mit 
dem Leben des Matthaeus beschâftigt haben, an der 
-Nachricht des Tritheim, er sei von Prag nach Paris ge- 
gangen, ohne weiteres f estgehalten §§). Einige frûhere 
Schriftsteller woUten sogar wissen, dass Matthaeus frûher 
in Paris gewesen wâre wie in Prag. Dièse Annàhme findet 
sich zuerst bei Eisengrein§§§), nicht, wie Ullmann 
meinte -f), bei dem in vielen Dingen originellen , aber 
jiicht allzu zuverlàssigen Oudin-]-{-). An dieser letzten 
Nachricht hâtte sicherlich auch Constantin Hôfler 



*) Bibliotheca latiua V, 144: Praga pulsnm cum aliis Teuronibns et 
Hnssitis .... narrât Trithemius. 

**) Cave, script, eccl. hist. litter. Basel. 1745. II. appendix 76. 

„theologJae magister in gymnasio Pragensi et in eadem urbe presbytér, 
verum a popularibus suis maie habitus loco cedere coactus est". 

-***) Lehrbuch der Litteràrgesch. 1840. H, 1. 317. 

§) Winkelmann, Urkimdenbuch der Univers. Heidelberg I, 60. 

§§) So auclinochScheuffgen, Beitrâge zur Geschicbte des grossen Schismas 
Freiburg 1889. S. 91, — Unklar ist nnr, was Scb. weint, wenn er 
zunàchst dem Bulaeus beipfliclitend den Matthaeus Dekan der 
theolog. Facultàt in Paris werden làsstund einige Zeileu spàter die 
Nachricht Tritheims, er sei Professer dort geworden, bestreitet. 

-§§§) Catalogus testium veritatis. 1565 p. 155. 

„rector gymnasii Parisiensis, post Pragensis''. 
f) Reformatoreu vor d. Reform. I, 337. 

i-f) Comment, de scriptor eccl. 1722. III, 1110. So auch Balbinus, 
Bohera. docta II, 284. 



— 28 — 

nicht festgehalten*), wâre ihm die aile Zweifel hebende- 
Urkunde bekannt gewesen, wonach Matthaeus 1355 bereits 
Baccalar in Prag war. 

Grôssere Schwierigkeit schon verursacht die Stelle 
Trit heims**), dass Matthaeus von der Prager sich zur 
Pariser Hochschule gewandt habe. Auf ihm beruht sicher 
zunàchst der bei Neueren oft zitierte DuBoulay ***), dessent 
Kritiklosigkeit schon Savig|ny-|-) gebûhrend getadelt hat. 
Auch Budinskys sonst sehr verdienstvolles Buchj~j-) stûtzt. 
sich in unserer Frage lediglich auf spâtère nicht allzu. 
glaubwûrdige Schriftsteller. 

An und fur sich schon wâre es sehr sonderbar, wenn. 
Matthaeus nach Paris gegangen wâre, nachdem erst vor 
einigen Jahren, 1383, viele deutsche Magister und Scholaren^ 
gefûhrt von Heinrich von Langenstein, die Hochschule- 
verlassen hatten , als ihre unbedingte Parteinahme fur 
Rom und Urban VI. von der Mehrzahl der KoUegen unter 
dem Einfluss des Kônigs nicht mehr gebilligt wur de. •!"{■"{-) 
Dann aber muss sehr auffâllig erscheinen, dass Tritheim^ 
nichts von der Heidelberger Thàtigkeit des Matthaeus weiss, 
und es liegt die Vermutung sehr nahe, dass er den Krakauer,. 
dessen Weggang von Prag ihm bekannt war, nicht anders. 
wie nach Paris, dem Mittelpunkt der gesamten damaligen: 
theologischen Wissenschaf t , versetzen konnte, ohne dass 
er durch ein urkundliches Zeugnis Bestàtigung fand. 
Danach muss auch die Glaubwûrdigkeit der von Tritheim 
abhângigen Handschrift der deutschen Bischofsgeschichte: 



*) Euprecht von der Pfalz. S. 461. 

Walcli, Mon. med. ae\r. I, XV war noch ungewiss, ob Tritheim^ 
oder Oudin recht hàtte. 
**) De Script, eccl. p. 154. und Catal. illustr. virer, p. 147. 
***) Caes. Eg. Biilaeus, historia nniv. Parisiensis. Paris 1668. IV, 975. 

t) Gesch. des rômisch. Eechts im Mittelalter. lïl, 338. 
tt) Die Universitàt Paris und die ï^remden an derselben im Mittel- 
alter. S. 151. 
ttf) S. Aschbach, Gesch. d. Wiener Universitàt I, 366 ff. und Paulsen. 
in Sybels Zeitschrift. 45, 262. 



— 29 — 

beurteilt werden , die gleichfalls von der Pariser aka- 
demischen Thâtig-keit des Matthaeua berichtet* ). 

Hat nach dem Vorhergehenden zum mindesten die 
Annahme, Matthaeus sei von Prag zunâchst nach Paris 
gekommen , sehr wenig Anspruch auf Wahrscheinlichkeit, 
so wird eine unmittelbare Berufung des Prager Professors 
nach Heidelberg nahezu zur Gewissheit durch die urkund- 
liche Benennung des Matthaeus in der Heidelberger Matrikel 
als „doctor in sacra theologia Pragensis" **). 

Steht m. E. somit fest, dass Matthaeus von Prag nicht 
nach Paris ging , sondern sofort sich nach Heidelberg 
begab , so fallen auch Berichte, wie die . Trithei ms, 
wonach Matthaeus in Paris Dekan der theologischen 
Fakultât gewesen***), oder Eisengreins*]-), er habe 
dort das Rektorat bekleidet, ebenso wie die Mit- 
teilung des Claudius Robertus-j-j-), wonach er zu- 
gleich die Universitàtskanzlerwûrde innegehabt hàtte. 

Jedenfalls begrùsste Matthaeus von Krakau mit Freuden 
den Ruf, der ihm anfangs der neunziger Jahre ein neues 



*) Historia aller Bischôfe von Constanz, Augsbnrg, Wiirzburg, Worms 
nnd Eichstâdt mit zum teil ausgemalten Wappen der Bischôfe. 
1548. (Bremer Stadtbibliothek a''''). Die Angabeu derselben iiber 
Matthaeus im TJrtext bei Scheuffgen a. a. 0. S. 129. 
**) Tôpke, a. a. 0, I, 3. Anm. 5. 
***) Tritheraius, Catal. illustr. viror. p. 147. 

So auch Bulaeus, Histur. univers. Paris. IV, 975. 

f ) Catal. testium veritatis p. 155. — Nach Eisengrein habeu Possevinns, 
Apparatus sacer I, 42G, Schannat, Hist. episcop. Wormar. f, 407, 
Balbin, Boh. doct. II, 284 von dem Pariser Rectorat des Matthaeus 
berichtet. Weizsàcker, E. A. IV, 97. giebt ohne wciteres dièse Nach- 
richt wieder. 

ff) Dies nach Eggs, purpura docta II, 512 der Antor der Gallia chris- 
tiana. Paris 1731. V, 684. 

Dem v<in der Kirche berufenen Universitàtskanzler lag es ob, den 
von der Fakultât fiir wisseuschaftlich befâhigt Erklàrten die aka- 
demischen Wûrden zu erteilen. (Hartwig, Heinrich yon Langeu- 
stein S. 16.) 



i 



__ 30 — 

reiches Schaffensfeld erôffnete. Wie frûher schon seine 
Prager KoUegen, Konrad von Soltau und Johann von 
Noet*), so zog auch er nun zu der 1386 nach dem 
Vorbild von Paris durch den greisen Pfalzgrafen Ruprecht 
begrûndeten Hochschule zu Heidelberg. Wann an ihn der 
Ruf des Pfalzgrafen ergangen ist, wissen wir nicht. Môg- 
licherweise ist Matthaeus schon frûher wie Anfang 1394**) 
nach Heidelberg gekommen, da wir ja in der Zwischen- 
zeit keinerlei Nachricht ûber ihn haben, und hat vielleicht 
auch dazu mitgewirkt, dass 1393 Thomas von Aquino 
gewissermassen zum Universitâtsheiligen ernannt wurde ***). 
Von Anfang an wehte uber die junge Pfianzstâtte deutscher 
Wissenschaft am Nekarstrand ein frischer Wind freierer 
religiôser Auffassung wie an anderen Hochschulen damaliger 
Zeit. Und wenn die theologische Fakultât 1391 den 
freilich auch einem Tauler ihrem Wesen nach missliebigen 
Flagellanten ■;-) die Niederlassung auf dem Heiligenberg 
untersagt und 1393 einige Beginen und Begarden hatte 
verbrennen lassen-|~|-) — so war das im Grunde der Tribut, 
den die Universitât dem Anspruch, eine Hochburg gegen 
Ketzerei zu bilden, bringen musste. 

Noch nicht sofort gehôrte Matthaeus von Krakau dem 
ProfessorenkoUegium an, wurde aber gleichwohl schon zu 
den wichtigsten Beratungen zugezogen. Vornehmlich 
seinem versôhnlichen Einflusse môchte zuzuschreiben sein, 
dass am 18. Juli 1394 die Universitât in seiner Gegenwart 



*) Vgl. ausser der Matrikel aucli Erhard, Gesch. des Wiederaufbliiliens 

d. wissenschaftl. Bildung, vornehmlich in Deutsehland. 1827. I, 184. 

**) Dièses Jahr giebt Schwab , Quatuor saeculorum syllabus I^ 22. 

***) Stocker, die theolog. Fakultât an d. Grssherz. badischen Universitât 
Heidelberg. S. 5. 

f) Friedr. Bôhringer, die Kirche Ohristj und ihre Zeugen, 1855. II, 3. 
S. 1. 
tf ) 0. Holtztnann , Aus der Gesch. d. theolog. Fakultât Heidelberg. 
1886. S. 3. 



— 31 — 

den der Ketzerei bezichtigten Anhànger des rômischen 
Papstes, Johannes Malkaw aus Preussen, freisprach. *) 

Am 27. Mârz des folgenden Jahres fand eine Ver- 
sammlung der Universitâtsmitglieder statt, worin der Be- 
schluss gefasst wurde, Matthaeus von Krakau zum Professer 
der Théologie zu ernennen.**) Der gleichzeitige Eintrag 
des Rektors Hermann v. Hôxter zeigt, dass man wegen 
besonderer Verehrung des berûhmten Mannes davon absah, 
von ihm die ûblichen Magistergebûhren zu erheben***). 
Am 19. April desselben Jahres 1395 beurkiindete dann 
Ruprecht IL, dass Matthaeus „Magister der heiligen Schrift 
und sein gelobter Pfaffe geworden", und nahm ihm mit 
dem gleichzeitigen Gelôbnis unverbrûchlicher Ergebenheit 
das Versprechen ab, zeit seines Lebens an der Heidelberger 
Hochschule zu verbleiben und in der heiligen Schrift zu 
lesen. Fur ail dies setzte er ihm ein Jahresgehalt von 
150 Gulden aus, welches aus den Tornos zu Bacherach 
uud Kaiserswert sowie den Kirchen zu Altdorf und Lauda, 
vielleicht auch noch aus dem Mannheimer Nekarzoll, auf- 
zubringen sei *{■). Wir hôren ausserdem, dass ihn Ruprecht 
zugleich mit Konrad von Soltau zu seinem geheimen Rat 
ernannte -f-j-). 

Was nun die akademische Thâtigkeit des Matthaeus 
in Heidelberg anlangt, so scheint er ein Hauptvertreter der 
nominalistischen Richtung gewesen zu sein-|-j~|-) , der en 

*) Winkelmaun, a. a. 0. 1886. I, 58. 

Vgl. iiber diesen Mann den Aufsatz von Haupt „Der Magister Jo- 
liannes Malkaw aus Preussen" in Briegers Zeitschr. f. Kirchen- 
gesch. 1884. VI, 324^ ff.. — Nach den Angaben daselbst erscheiut 
das Uiteil der Heidelberger Fakultàt lediglich als Gutacliten, be- 
deutungsvoU nur insotern, als aucb. bieraus die unbedingt& 
Stellungnahme fiir Eom ersichtlich ist. 
**) Tôpke, a. a. 0. I, 3. Anm. 5. 
♦**) Tôpke, a. a. O.I, 59. 
f) Winkelmann, a. a. 0. I, 60 und Hautz, Gescb. d. Univers. Heidel- 
berg. I, 123 und 124. 
tt) Hautz a. a. 0. I, 234. 
ttt) Stôckl, Lehrbucb d. Gesoh. der Philosophie, Mainz. 1870. S. 486. 



— 32 — 

Reformator im 14. Jahrhundert Wilhelm von Okkam ge- 
worden war*) und die in Heinrich von Langenstein einen 
Hauptvertreter zu jener Zeit gefunden hatte**). Es ist 
kein Zufall, dass gerade Anhânger dieser philosophischen 
Richtung, die auf die Môgiichkeit einer individuell-wissen- 
schaftlichen Begrûndung theologischer Glaubenswahrheiten 
verzichtete, den Grund des Verfalls der Kirche in der 
durch das Schisma herbeigefûhrten Abhângigkeit der 
Pàpste sahen ***) und dem allgemeinen Konzil das Richteramt 
ûber einen schlechten Papst zuerkannten -[■). Diesen Nomina- 
lismus hatte in Heidelberg der einst von Paris her berufene 
Marsilius von Inghen, der erste Rektor der Universitât, ein- 
gebûrgert — kein Wunder , dass auch Matthaeus denselben 
vertrat. Aber wâhrend ein altérer Scbriftsteller -j-j-) seiner 
HeidelbergerThâtigkeit ausdrûcklich rûhmend gedenkt, sucht 
U 1 1 m a n n die Bedeutung derselben ziemlich herabzu- 
drûcken-j~|"|-). Abgesehennun davon, dass die Magister der 
Théologie zumeist nicht lasen,- sondern nur den Vorsitz bei 
Disputationen und àhnlichen akademischen Gepflogenheiten 
fûhrten§) — und wenn das hier zutrâfe, so kônnte nach 
diesem Brauch dem Matthaeus noch kein Vorwurf erwachsen 
— so spricht doch die erwâhnte Ausstellungsurkunde 
Ruprechts ausdrûcklich von der Verpflichtung des Dozierens, 
und da uns nicht eine Entbindung von derselben bekannt 



*) Uberweg, Grundriss d. Gcsch. "der Philosophie der scholast. Zeit. 
Berlin 1864. S. 104. nennt ihn fâlschlich „Begrunder des Nominalis- 
nius." Vgl. iiber Okkams Lehre K. Werner, die nominalisierende Psy- 
chologie der Scholastik des spateren Mittelalters. (Sitzungshev. d. 
Wiener Akademie — philosoph. histor. Klasse — Bd. 99. S, 213 &.). 
**) S. Hartwig, Heinrich von Langenstein. I. 26. 
***) Schwab, Joh. Gerson. Wiirzburg 1858. S. 492. 
f) Goldast, Monarchia s. Romani imperii. Frankfurt. 1612. II, 772. 
E. Priedberg nennt Goldast (Zeitschr. fur Kirchenrecht VIII , 70. 
Ànm. 1.) „unkritisch und fàlschend." 
ff) Fabricius, a. a. 0. V, 144. 
ttt) Rcform. vor d. Reform. I, 337. 

§) Kantmann, Geschichte der deutschen Universitàten. 1888. I, •355. 



— 33 — 

ist, so kann die Erf iillung dièses Versprechens nicht gut in 
Frage gestellt werden. 

Daneben verwandte Ruprecht seinen geheimen Rat 
auch zu wichtigen politischen Geschâften. Wir hôren, dass 
er zugegen war, als am 23. Oktober 1396 ein Bûndnis 
zwischen den drei Ruprechten und dem Mainzer Domherrn, 
Johann von Nassau, geschlossen wurde *). 

Weitaus die hôchste Anerkennung seiner akademischen 
Gesamtthâtigkeit wurde dem Matthaeus von Krakau aber 
zu teil, als ihn am Vorabend des Thomastages, am 
20. Dezember des Jahres 1396, die in der Kapelle der heiligen 
Jungfrau versammelte **) Lehrerschaft der Hochschule ein- 
stimmig***) zum Rektor derselben erwâhlte -f). Als der 
36. in der Reihe der Rektoren ff ) trat er somit an die 
Spitze der Hochschule, der er erst seit kurzem angehôrte- 

Von bedeutsamen Vorgângen aus der Zeit seines 
Rektorates haben wir keine Kenntnis. Dass am 12. Februar 
1397 unter seinem Vorsitz eine Beratung statt hatte, worin 
der Beschluss gefasst wurde, zu der Auffûhrung eines Ge- 
bâudes der Universitât von 100 Gulden, die Ruprecht 
bezahlt hatte, 70 zu verwenden -{"|"|") — ist das einzige uns 
bekannte Ereignis aus der Rektoratszeit des Matthaeus. 

In diesem Jahre leistete Matthaeus einem an ihn von 
Polen ergangenen Rufe Folge. 

Die schon 1364 von Kônig Kasimir in Krakau errichtete 



*) Weizsàcker, R. A. II, 438. 
**) Schwab, quatuor saeculoruni SyUabus. I, 22. 
***) Topke a a. 0. I, 63. 
t) Ders. a. a. 0. II. 608. 
ft) Dei" Fehler bei Schwab (34. statt 36.) ia deu auch uoch Falk, die 
deutschen Sterbebuchlein S. 82. verfallen ist, kommt daher, dass er 
das 3. und 4. Rektorat des Marsilius v. Inghen tibergangen hat. — 
Vgl. Tôpke a. a. 0. I, 35. Anna. 7. 
ttt) Tôpke, a. a. 0. I, 672 ff. 



— 34 — 

Universitât, die in der Folge wieder eingegangen war, hatte 
Wladislaw wieder neubegrûndet *). 

Als nun am 11. Januar 1397 der rômische Papst 
Bonifaz IX. den Stiftungsbrief fur die theologische Fakultât 
erteilte **), berief Wladislaw von Heidelberg her Matthaeus 
nach Krakau, damit der bertihmte, mit den Verhàltnissen 
von zwei der bedeutendsten Hochschulen jener Zeit ver- 
traute Gelehrte dem theologischen Studium auch in Krakau 
Bahn [und Ziel anweisen môchte. Dièse Erzâhlung des 
Andréas von Regensburg***) gewinnt dadurch ungemein 
an Glaubwûrdigkeit , dass wir hôren, im Juni 1397 habe 
Johann von Noet den Rektor Matthaeus in Heidelberg 
vertreten -]-) und uns auch bis zum Herbst des Jahres 
1400, wo am 26. Juli -{"{-) die Wiederherstellungsurkunde 
Kônig Wladislaws die Krakauer Hochschule zu neuem 
Leben berief, Nichts von Vorgângen in Heidelberg, 
wobei Matthaeus betheiligt gewesen wâre, berichtet wird. 
Nahezu sicher bezeugt wird seine Anwesenheit in der 
Heimatstadt durch die Urkunde von 1397, die uns mitteilt, 
wie am Montag, 29. Oktober, die Krakauer Ratsherren 
dem Heidelberger Professer eine bedeutende Geldspende 
verehrten und sich der Hoffnung hingaben, ihn dauernd 
in Krakau zu halten -J-|"J-). 



*) Der bei Andréas v. Eegensburg (Hofler, Geschichtsschreiber d. hussit. 
Bow. ir, 433) stehende Ausdruck „erigevet" ist ideutisch mit dem der 
Urkunde vom 15. Juni 1401 „mstaurare" (Codex diplomat. univei's. 
studii generalis Cracoviensis 1870. I, 35), den Denifle a. a. 0. 1, 628- 
mit Reclit „wiederlicrstellen" iibersetzt. 
**) Denifle, a. a. 0. I, 628. 
***) Bei Hofler, a. a. 0. Il, 43;i 

t) Tôpke, a. a. 0. I, 63. 
tf ) Codex diplomaticus universitatis studii geueralis Cracoviensis. Erakau 

1870. I, 29, 
tff) Mon. med. aevi Mstor. Pol. IV, 166. 

Cousules Cracoviensis promiserunt venerabili et egregio viro domino 
Matheo Sacretheologie professori dare literam super XL. marcis- 
census monete communiter in regno decurrentis ipsi domino 
Matheo pridera per prefatos consules bénévole donatis et quan- 



— 35 — 

Da sein Rektorat nun am 23. Juni 1397 zu Ende ging, 
so wird er vor diesem Tage nach Krakau gereist und vor 
1400 wieder nach Heidelberg zurûckgekehrt sein.*) 

Die Dinge in Deutschland hatten sich um dièse Zeit 
gewaltig geândert. Am 20. August des Jahres 1400 hatte die 
Wahl der Kurfûrsten Ruprecht III. von der Pfalz anstelle 
Weuzels zum rômischen Kônig berufen. Damit war auch 
xinserem Matthaeus von Krakau fur den Rest seiner Tage 
ein weiteres Wirkungsfeld aufgethan. Den schon bei seinem 
Vater beliebten Gelehrten und Seelsorger ernannte der neue 
Xônig zu seinem Beichtvater**) (dies wohl erst spâter)***) 



documque idem dominus Matheus Cracovie moram traxerit ad 

tempora vite persolvendis. 1397 feria II crastino Syraonis et 

Jude ap. 

*j Der 1397 (Mon. IV, 2. 255) in Krakaix erwahnte Magister Matthaeus 

(V mrc. pro lateribus et II^/o mrc. pro lignis sibi concessis) ist da- 

gegen identisch mit dem zu 1400 (ibid. p. 325), 1401 àbid. 328) 

und 1402 (ibid. 331) bezeichneten Mathias magister laterum , nicht 

mit unserem Matthaeus, und es ist mithin eine urkundlich bezeugte 

nochmalige Anwesenheit in Krakau ausgeschlossen. 

'**) Die urkundl. Bezeichnung (R. A. IV, N, 96,i8 u- Tôpke, a. a. 0. I, 

105) „confessor" bestatigt die Stella Zorns, S. 158, wo „confessio- 

narius" nur von Arnold falsch als „Kanzler" iibersetzt ist. Denn 

Kanzler Kuprechts ist Matthaeus nie gewesen, weil Eaban von Speier 

stets unter Euprecht dièse Wilrde bekleidete. (Lindner, Urkunden- 

wesen Karls IV. u. seiner Nachfolger. Stuttgart 1882. S. 32.) So- 

mit ist auch die Notiz des Andréas v. Regensburg (Eccard, corpus 

historicum med. aevi. I, 2125), die von Johann Staindel (Oefele, 

scriptoi*. rer. Boic. 1763. I, 526) ubernommen und von Schwab 

(Syllabus. I, 23) und Balbin (Boh. doct. H, 285) in diesem Sinne 

gedeutet ist, historisch nicht richtig. Ihnen folgte wohl Potthast, 

wenn er (Bibliotheca historica suppl. p. 444) Matthaeus fiir des 

Kônigs geistlichen Kanzler erklàrt. 

"***) Die Ernennung eines neuen Beichtvaters scheint um dièse Zeit thatsàch- 

lich erfolgt zu sein. Denn im August 1399 wurde dem Pfalzgrafen von 

Bonifaz IX. die Erlaubnis zur Ernennung eines solchen erteilt (Koch 

u. Wille, Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1214—1400. 5. Lieferung 

nr. 5994). Da nun aber im August 1401 noch Nicolaus Prowin 

(R. A. V, 47), 1403 erst M.im Besitz dieser Wiirde urkundlich erwàhnt 

Avird, so ist entweder anzunehmen, dass Nicol. Prowin Amtsvorgànger 

des M. war oder. dass Ruprecht mehr wie einen Beichtvater hattc- 



— So- 
und geheimen Rat,*) und derselbe betrat von nun an die 
ihm bislang verschlossene Bahn politischer Thâtigkeit. 

Am 3. September 1 400 treffen wir Matthaeus wieder 
in Geschàften der Universitât**), und auch am 14. De- 
zember desselben Jahres war er in Heidelberg. Er war 
zugegen , als am Abend dièses Tages Ruprecht die drei 
Gesandten , Konrad v. Verden , Graf Jofirid v. Leiningen 
und Herrmann Rode ermâchtigte, seine Approbation durch 
Bonifaz IX. zu erwirken.***) Auch am 18. Dezember, wo 
der Dekan von St. Paul in Worms ein Beneficium in der 
Heidelberger Marienkapelle stiftete, befand sich der Ma- 
gister Matthaeus unter den Zeugenf). 

Im Mai des nâchsten Jahres weilte er im Gefolge 
seines Kônigs auf dem Nûrnberger Tag-|"[-) und hat hier 
vermutlich bei dem Schiedsspruch Ruprechts in der Sache 
Johanns von Mainz gegen Joffrid von Leiningen -["i"!-) ein 
Wort mitgesprochen. 

Am 29. Juni 1401 war Matthaeus bereits wieder in 
Heidelberg, wo er von der Universitât zur Annahme von 
Anmeldungen und Gebûhren der Einzeichnung in einen an 
Bonifaz IX. zu sendenden Rotulus bestimmt wurde§). Wie- 

*) „Secretarius" im Original einer Urkunde.v. 26. Novbr. 1404 (Regest 
bei Chniel n. 1895) (Hist. de Metz. II, 608.) Auch die Urkunde 
R. A. V, 662,21. bezeiclinet ibn als „uiisers Herrn des Konigs Eat." 
Dagegen ist unter „orator" (Eiseagrein, Catal test, verit. p. 155. Bzovins 
(Baronius) XV, 297 und nacli ihnen Andere, Avie Wencker, Collecta 
arcliivi. 515. , Liulewig, Scriptor. Bamb. Il, 499. Gallia christiana 
V, 684) nicht eine bleibende Wiirde, etwa die eines Hofpredigers, 
zu verstehen, sondern der Ausdruck ist mit bezug auf die wieder- 
bolt nachweisbaren Eeden , die Matthaeus im Interesse Enprechts 
hielt, gebraucht. 
**) Winkelmann, a. a. 0. II nr. 118. 
***) R. A. IV, 18,9. 

fj "Winkelmann, a. a. 0. II, nr. 120. 
tt) R- A. IV. 399,,. 
ttt) K- A. IV. 340. 
§) Thorbecke, Gcscb. der Univers. Heidelberg. I, 20. Anm. 3. 

Scheufl'gen (Beitr. zur Gesch. des gross. Scbismas, S. 91) fasst „in- 
rotulator" falsch auf und kommt demgemâss auf eine Romreise 



— ZT — 

derum im Dienste des Kônigs ward ihm am 5. August die 
VoUmacht zu teil, in Gemeinschaft mit drei anderen Ge- 
sandten eînen Ehevertrag zwischen dem Sohn des Kônigs, 
Johann, und der franzôsischen Kônigstochter Isabella 
zum Abschluss zu bringen*). 

Nochmals am 18. September 1401 wurde ihm die 
gleiche Anweisung zuteil, diesmal von dem in Schongau 
am Lech weilenden Kônig**). Die mutmassliche Anwesen- 
heit des Matthaeus mit dem Kônig an diesem in der Nâhe 
der Alpen belegenen Orte lassen einigermassen den Schluss 
gerechtfertigt erscheinen, wonach dem Bericht Gaves***), 
Matthaeus habe auf dem unglûcklichen Rômerzuge seinen 
Herrn wenigstens eine Strecke weit begleitet, Glauben zu 
schenken wàre. Was freilich Falkmît der Kaiserkrônung in 
Rom, dessen Zinnen Ruprecht nicht einmal aus der Ferne 
zu Gesicht bekam •{-), und mit der Festpredigt des Matthaeus 
daselbst meint-|"|-) ist unverstândlich, scheint aber auf 
einen Anschluss an die Stelle Caves, der die 1403 ge- 
haltenen Reden bereits ins Jahr 1401 setzt, zurûckzufûhren 
zu sein. 



(les Matthaeus, von der in jenem Jahr nicht die Eede sein kann. 
Zudem mnsste ihn die Stelle im Urknndenbuch bei Winkelniann I, 80 ff. 
belehren, das der Uberbringer jeaes Rotulus der Rektot war, 
der am 25. Oktober 1401 nacli Eom reiste. 
*) R. A. V, 194 nr. 153. Régest. bei Chmel, Regesta chronologico-diplo- 

matica Raperti régis p. 37, nr. 694. 
**) R. A. V, 198,37. Wenn Weizsâcker sagt , jene erste Gesandscliaft 
sel nicht abgegangeu, so ist das irrelevanfc, da die zweiie Gesandt- 
schatt mit der ersten ausser eines Mitgliedes (Friedrich v. Leiningen) 
identisch ist. Betreffs der endgiiltigen Thatsache der Reise làsst 
• er uns im Unklaren. Es diirfte also anzunelimen sein, dass dieselbe 
th.atsâchlich abgegangen ist ; vvie weit sie gekommen ist, ist freilich. 
eine andere Frage. 
***) Scïipt. eçcl. II. app. 76. 
-j-) Vgl. Kotzschke, Ruprecht y. d. Pfalz n, das Konzil zu Pisa. Leipz. 
Diss. 1889 S. 3, 
ff) Falk im Korrespondenzblat d. Gesamtvereins d. deutsch. Gesch. u. 
Altertumsvereine. 1873. No. 7. S. 9. u. Falk, die deutschen Sterbe- 
buchlein. 1890. S. 82. 



— 38 — 

In dieser Zeit mûssen wir einer seltsameii Nachricht 
gedenken, die sich weder bestâtigen noch bestreiten lâsst. 

Eggs nâmlich berichtet*) — und hier kônnen wir 
seinen Quellen nicht nachgehen _ Ruprecht babe vor 1405 
Matthaeus von Krakau an Tamerlan geschickt, um mit 
demselben ein Bûndnis gegen den Tûrkenfûrst Bajazet 
zustande zu bringen. Nach langer und beschwerlicher 
Reise sei dann Matthaeus von Tamerlan mit grosser 
Freundlichkeit aufgenommen und noch vor der siegreichen 
Schlacht von Angora (dieselbe f and am 20. Juli 1 402 statt), 
die Tamerlan im Sinne des Bûndnisses geschlagen habe, 
mit Ehren und Geschenken reich bedacht nach der Heimat 
entlassen worden. 

Matthaeus kônnte dièse Reise nur vom Ausgang des 
Jahres 1401 bis etwa Anfang Juli des Jahres 1402 unter- 
nommen haben, womit denn in der That stimmt, dass wir 
von ihm wâhrend dieser Zeit keine Kenntnis haben. 

Mir erscheint mit Rûcksicht auf die Kûrze der Zeit 
die Môglichkeit einer solchen Reise so gut wie vollstândig 
ausgeschlossen. Es ist ja immerhin denkbar, dass gewisse 
Beziehungen zwischen dem Pfâlzischen Hofe und dem 
Orient damais bestanden, was sich aus der Nachricht des 
Aventin"**), Ruprecht Pipan sei auf einen Hûlferuf des 
Ungarnkônigs hin mit vielen vornehmen Bayern gegen 
Bajazet gezogen, ergeben mag. Vielleicht war der Quelle 
von Eggs, (vorausgesetzt immer, dass wir es nicht mit 
einer Kombination seinerseits zu thun haben,) bekannt, dass 
Matthaeus in jenem Jahr auf einer Reise nach dem Aus- 
land begrifFen war, und die Verbindung beider Nachrichten 
lag nahe. 

Meines Erachtens ist bei weitem eher wahrscheinlich, 
anzunehmen, dass in der That zu jener Zeit Matthaeus 
mit der erwâhnten Gesandtschaft nach .Frankreich ging, 
um die Heiratsverhandlungen mit Karl VI. zu fûhren; 



*) Eggs, Purpura docta. Frankfurt 1710. II, 512 ff. 
**) Aventini annales ducum Boiariae éd. Kiezler. Miinclien 1884. II, 483. 



— 39 — 

und es wâre danach die Tamerlan-Geschichte in den Be- 
reich der Fabel zu verweisen. 

Am 13. September 1402 hôren wir wieder von der 
Anwesenheit des Matthaeus in Deutschland. Er imterf ertigte 
eine Urkunde in einem Privileg an den Kanzler Ruprechts, 
Bischof Raban von Speier*), befand sich also in unmittel- 
barer Nâhe des Kônigs, der in Nûrnberg weilte. 

Um dièse Zeit beschloss Ruprecht von neuem, an 
Bonifaz IX., der aus politischen Grûnden**) die unter- 
brochenen Verhandlungen mit dem Kônig wieder aufge- 
nommen batte***), eine Gesandtschaft zu schicken und 
erteilte im Anfang des Mârz 1403 Matthaeus von Krakau 
und Bischof Raban von Speier die dahin lautenden 
Weisungenf). Von Nûrnberg aus, wo sich die Gesandten 
im Gef olge des Herrschers auf hielten ff) , machten sie 
sich bald nach dem 8. Mârz auf die Reise nach Romf f-j-). 

Wie ein Mann, der am pàpstlichen Hofe kein Fremd- 
ling ist§), sprach der Heidelberger Professor zu Bonifaz. 



*,; Lindnev, das Urkundenwesen Karls IV und seiuer Naclifolger. S. 32. 

Kegest bei Climel nr. 1315. 
*^') Kôtzschke, a. a. 0. S. 4. 

***) Prey, Verhandl. mit derKuxie iiber die Api)robation Euprechts v. 
d. Pfalz. Leipzig, Diss. 1886. S. 59 ff. 

f) R. A. IV, 92 ff. In wie weit die Niirnberger Versammlung zu 
diesem Entschluss mitgewirkt hat , ist nicht ersicMlicIi. Doch ist 
ihre Mitwirkung bei der aus den Eeichstagsakten ersichtliclien Aufgabe 
der Reicbstage unter Ruprecht, mehr innerreichJicb wie nach aussen 
politisch tbâtig zu sein, nicht gevade walirscheinlicb. 
tt) R. A, IV, 99,3,. 
ttt) E- A. IV, 96 nr. 82. 

§) „Sicut pluries et ante plures annos ex ore Sanctitatis vestrae audivi." 
Duellius, Mscellanea I, 149. Beziehen sich dièse Worte auf eine 
nicht nàher uachweisbare friihere Gesandtschaft des Matthaeus an 
Bonifaz IX? — Dieser Ansicht scheint auch Weizsàcker (Die tJr- 
kunden der Approbation Kônig Ruprechts, Abh. d. Kônigl. Akad. 
d. Wissenschafteu zu Berlin. 1888 II, S. 90.) zu sein, wenn er eine 
vor 1400 stattgehabte , wenn auch nicht nàher nachweisbare An- 
wesenheit des Matthaeus in Rom annimmt. Indessen ist doch dièse 



— 40 — 

Seine beiden uns bewahrten Reden sind bei weitem ge- 
haltvoller wie die langweilige Rede, in welcher Konrad 
von Verden sich vor zwei Jahren an den Papst gewandt 
hatte*). 

Nach Weizsâckers Vermutung **) hielt Matthaeus 
die làngere Rede am 10. Juli, die zweite am 1. Oktober 
des Jahx-es 1403. 

Mag Weizsâcker die Bedeutung beider Reden auch 
gering anschlagen, es ist doch nicht gerade so sehr unbe- 
deutend, wenn Matthaeus die Auffassung vertritt, dass der 
Kônigzurkaiserliclien Wûrde nicht nur zugelassen, sondernum 
eine Ûbernahme derselben sogar eindringlich gebeten werden 
musse***). 

Am 1 . Oktober 1 403 legte dann Matthaeus mit Raban 
in zahlreicher glânzender Versammlungf) den Eid fur 
seinen Herrn vor Bonif az ab und gelobte in seinem Namen 
Schutz und Schirm fur Kirche und Papst und Zurûck- 
erstattung des zu erobernden Landes des heiligen Petrusf f j. 

Am 30. Oktober empfing Ruprecht die Botschaftfff). 
Mit hofîhungsvollem Ausblick in die Zukunft schrieb 



Annalime viel weniger wahvscheinlich, A^'ie die, ein Zusainiueûtreifen 
fies Matthaeus mit Bonifaz auf dem Rômerzug Ruprechts als die 
'liesem Hinweis zu Grande liegende Thaîsache fur AvalirsclieiTilich 
zu erachten. 

*) E. A. IV , nv. 3. — Weizsâcker, („Die Urkunden der Approbation 
Kônig: Euprechts" Abhandl. der Konigl. Akademie der Wissenschaften 
zu Berlin. 1888. Il, 88, nennt die Eedeu des Matthaeus „geistlosen 
und zuni Teil geradezu sinnlosen Bombast", sagt aber gleich darauf 
inkonsequenter Weise: „Aber so unfrei und stocksteif dièse Men- 
schen in ihren Eeden sind, sie wissen daneben doch sehr gut, was 
sie woUeo." 
**) "Weizsâcker, a. a. 0. II, 92. 
***) Duellius a. a. 0. I, 143 : „ad dignitatem imperialem bonus rector 
deberet , non dico admitti vel suscipi, sed et quaeii et peti, immo 
compelli et ne impediretur tota septimana laborari." Danach ist 
es nicht Aufgabe der Gesandten , den Papst' zu erbitten , sondera 
Pflicht des Papstes, den Konig zu bitten. 

t) E. A. IV, 114. 

tt) E. A. IV, 108. 

ttt) fi. A. IV, 110. 



— 41 — 

Matthaeus seinem kôniglichen Herrn, nun sei der Anfang 
gemacht zu einer Neustârkung des christlichen Glaubens 
und einer Wiederbringung der Kirclie und des Reiches*). 

Beide Gesandten kehrten darauf zurûck **), trafen noch 
vor dem 28. November wieder in Deutschland ein***) und 
begaben sicli zu dem Kônig Ruprecht nach Nûrnberg. 

Im November des nàchsten Jahres 1404 lâsst sich die 
Anwesenheit unseres vielreisenden Mannes in Heidelberg 
wieder nachweisen. Er ist als Zeuge aufgefûhrt in einer 
TJrkunde vom 26. November, worin Ruprecht der Stadt 
Metz Bestàtigung ihrer Privilegien verspricht f). 

Mit dem Ende des Jahres 1404 beginnt die inhaltlich 
folgenreichste Lebensepoche des Matthaeus von Krakau. 

An denam 17.0ktober l404alsNachfolgerBonifaz'sIX. 
gewàhlten Innocenz VIL sandte Ruprecht bereits im Màrz 
1405 eine Gesandtschaftft) und betraute mit der Fûhrung 
unseren Matthaeus -j-j-f). 

Ùm dièse Zeit, im Winter 1404/5 wird Matthaeus die 
grôsste Schrift seines Lebens, den Traktat „De squaloribus 
curiae Romanae" abgefasst haben, die er môglicherweise 
dem neugewâhlten Papste vorlegte, um ihn zur Durch- 
fûhrung kirchlicher Reformen zu begeistern§). 

Die Gesandtschaft des Kônigs, die zu gleicher Zeit 
mit einer den Rotulus dièses Jahres ûberbringenden 
Gesandtschaft der Universitât §§ ) sich in Italien befand, 



- *) R. A. IV, 114 nr. 106. 
**) E. A. TV, nr. 110 und V, 681. Anm. 1. 

***) Denn zwisclien 31. Oktober und 28. Novbr. bezeichnet das Niirn- 
berger Schenkbuch Meister Matheis als anvvesend. (R. A. V, nr. 
325.) Vgl. Prey a. a. 0. Verbandl. mit der Kin-ie. S. 67. 
f ) Regest bel Climel , nr. 1895, Auszug im Hist. de Metz. H, 608. — 
Im Original (Pfàlz. Copialb. H. H. St. A. Wien) sind Zeugen — 
Kanzler — und mgro M. d. Cr. s. pag. professore secretario. 
tt) R. A. V, 470. 
ttt) Winkelmann, Urkundenbucli. I, 100. 

§) Vgl. die vorliegende Abhandlung. Teil II. E. 2. 
§§) Winkelmann, Urkundenbuch der Univ. Heidelberg I, 100. 
Gesandtscbaftsber. am 28. Mai 1405. 



— 42 — 

wartete nôrdlich von Rom, in Viterbo, auf die Rûckkehr 
des Matthaeus. Ûber die weiteren. Ergebnisse der Ge- 
sandtschaft erfahren wir nichts; doch scheint ihre Bitte 
um eine Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern 
trotz gleichzeitiger Verwendung der Universitâtsgesandten 
keinen Erfolg gehabt zu haben. 

Mittlerweile aber war ein Ereignis eingetreten, welches 
Matthaeus von Krakau noch auf ein anderes Gebiet wechsèl- 
voiler Thàtigkeit berief. 

Am 14. Mai des Jahres 1405*) wàr der Wormser 
Bischof Eckhart von Ders in dem Collegiatstift zu Neu- 
hausen nordwestlich von Worms gestorben, der trotz seiner 
friedf ertigen Natur einen Streit mit der Wormser Bûrger- 
schaft batte ausfechten mûssen, in den ihn die Zeitverhâlt- 
nisse mit Macht hineinwarfen. Schon frûher hôren wir von 
gelegentlichen Stâdteerhebungen, aber erst in den 80er Jahren. 
des 14. Jahrhunderts ertônt so allgemein der Ruf in den 
Stâdten : „Man soll die Pfaffen schlagen" ! **) 

In Worms kam die Sache zum Austrag, als um 1386 
die Bûrgerschaft die Privilegien und Steuerfreiheit des- 
Klerus angrifF***) und verlangte, derselbe solle vom Wein 
und Frûchten, die er in die Stadt einfûhre, den gewôhn- 
lichen Zoll sowie vom Weinzapf eine Steuer geben. Die 
Geistlichkeit hatte darauf die Stadt mit dem Banne belegt 
und sich nach dem Collegiatstift Neuhausen begeben,. 
welches dann von der aufgebrachten Bûrgerschaft einge- 
âschert worden warf ). Wohl hatte in dem weiter wogen- 
den Streit manchesmal der Pfalzgraf vermittelt, aber immer 
von neuem brachen die Feindseligkeiten aus, die noch nicht 



*) Tritliemius, Clironicon Sponheimense in Joli. Trilhemii opéra historica 
per Marqu, Freherum. Praukfurt. 1601. p. 342. 

**) Chronici Moguntini miseelli fragmenta collecti (Bohmer, fontes IV,. 

387.) 
***) Tritliemius, Annales Hirsaugiensis. gedruckt 1690 II, 280 ff. 
t) Trithemius, Ann. Hirsaug. II, 282. 



— 43 — 

beendet waren, als Eckhart fern von seinem Bischofssitze 
1405 das Zeitliche segnete. Einen Rûckhalt fand die 
Stadt an einem Stâdtebund, der bereits 1338 vorbereitet *), 
1381 geschlossen **) und seitdem mehrfach erneuert worden 
^ar: die Hauptstàdte Schwabens und Frankens, amRhein 
und an der Donau gehôrten demselben an. 

Als nun Eckhart heimgegangen war , schlug Innocenz VIL 
auf Wunsch Ruprechts ***) Matthaeus von Krakau zum 
Nachfolger des Bischofs vorf). Dass ihn die Geistlichkeit 
einstiramig gefordert batte ff), ist môglich, aber nicht zu 
beweisen. WohI mag bei seiner Wahl mit ausschlâggebend 
gewesen sein, dass er dem Speierer Kanonikat ange- 
hôrte tti")» aber Ruprecht bedurfte an diesem Posten eines 
treu ergebenen Mannes aus mehreren Griinden. 

Zunâcht kam es ihm besonders darauf an, im Mainzer 
Diôzesan-Verbande, dessen Erzbischof gerade in dieser 
-Zeit den antikôniglichen Marbacher Bund zustande gebracht 
batte §) und mit dem es ûber kurz oder lang zum Bruch 
kommen musste, seiner Leute sicher zu sein. 



*) Urkundenbnch z. Gescli. der Stadt Speier. Strassburg 1885. S. 395. 

**) Chronic. Mog-unt, mise. Jragm. coll. 
(Bôhuiex, fontes IV, 376 ff.) 

***) Balbin, (Bob. doct. II, 285: „Euperto agente") wird wohl Recht 
h.abeii. 
t) Tritbem. Ann. Hirsaug. Il, 323: provisione Innocentai papae VII. 
Hehvich, Wormatiensium annalium prodromus. Mainz 1615 p. 41. ff. 

-j-f) Scbannat, bist. ep. Worm. I, 407. — Wenn Hartwig (Heinricb v. 
Langenstein S. 60) nacb Ullmann (Eeformatoren vor der Reform. 
I, 316 ff. und 836 ff) von einer besonderen Wahlagitation seitens 
Konrads v. Gelnhausen und Ottos v. Ziegenhain wissen will, so 
findet dièse Angabe hinsicbtlicb. des Ersteren wenigstens insofern 
Eiiedigung, als derselbe bereits 1390 gestorben war. (Toten- 
kalender der Univers. Heidelberg. April 13. 1390. — Vgl. Falk 
im Korrespondenzbl. des Ges. Ver. deutscher Gesch..- u. Altertums- 
vereine. 1874. No. 1. 2.) 
fff) Dièse Behauptung Scbannats, I, 407. (ihm nacb Walch, Mon. I, 
XVI.) vyird bestatigt durcb die Bezeiclinung des Matthaeus in der 
Urkunde E. A. IV, IV, 97 als „canonicus ecclesiae Spirensis." 
§) R. A. V. 489. 



— 44 — 

In Speier sass der treue Raban, in Verden Konrad 
V. Soltau auf dem Bischfsstuhl, von Bischof Wilhelm H. 
von Strassbnrg fhatte der Kônig das Versprechen treuer 
Ergebenheit erlangt*), die Bischôfe von Eichstâtt und 
Wûrzburg bezeugten durch ihre regelmâssige Anwesenheit 
auf den Reichstagen ihre Anhànglichkeit an die Sache 
des Kônigs. Wie ersehnt kam diesem daher die Gelegen- 
heit, auf den Wormser Bischofsstuhl einen seiner wackersten 
Anhânger zu befôrdern und damit einen neuen Stûtzpunkt 
im Mainzer Kurkreise zu gewinnen. 

Ausserdem war es stets Herzenswunsch Ruprechts 
gewesen, die Marienkapelle und die Lehrerschaft seiner 
Hochschule der Jurisdiktion des Wormser Bischofs zu ent- 
ziehen und dem heiligen Stuhl unmittelbar zu unterstellen**). 
Da ihm aber dies nur teiiweise gelungen war***), so konnte, 
nunmehr ein Heidelberger Professer, der zugleich Bischof 
von Worms war, leicht die noch bestehende Abhângigkeit 
der Magister von Worms in der Praxis ausser Acht lassen 
und die Verhâltnisse allmâhlig zu dem von Ruprecht ge- 
wolhen Ziele hinûberleiten. 

Zudem mochte Ruprecht hoffen , wenn es dem 
Matthaeus gelingen werde, Bûrgerschaft und Klerus aus- 
zusôhnen, werde auch in Worms sein Régiment immer 
mehr an Festigkeit gewinnen. Denn noch waren die 
Reichsstâdte am Rhein gemàss dem in ihnen zutage- 
tretenden konservativen 'Zug , der sie schon einst treu zu 
Adolf von Nassau stehen liess, als er mit Albrecht zur 
Wahlstatt zog, im Herzen auf Wenzels Seite. 

Der Vorschlag des Papstes wird noch vor dem 
19. Juli erfolgt sein, wo wir von der Anwesenheit des 
Krakauers in Augsburg vernehmen-|-). Denn Zorn berichtet. 



*) R. A. V. nr. 498. art. 3. 
*'') Winkelmann a. a. 0. I, nr. 58. 

Vgl. Tliorbecke S. 24. 
***) Tôpke a. a. 0. I, 84. 
t) R. A. V, 662 nr. 455. art. 7. 



— 45 — 

uns, dass Innocenz seinen Kandidaten prâsentierte, als der- 
selbe noch in Rom war* j. Vor dem 1 1 . September erfolgte 
dann die Wâhl durch das Kapitel**). 

Mit Ruprecht war Matthaeus von Augsburg her in 
Heidelberg wieder eingetroffen und batte sofort nach 
Kenntnis der Wahl die Bischofswûrde angenommen. Wir 
hôren, dass ihm am 11. September Ruprecht in seinem 
Dorfe zu Dyrmstein Schultheiss iind Schôffen, Halsgericht, 
Stock und Galgen bewilligt ***). Wie viele Vorgânger 
dem neuerwahlten Bischof bereits vorausgegangen, lâsst sich 
nicht entscheiden. Nach dem von Wiegand verôffentlichten 
handschriftlichen Verzeichnis der Wormser Bischôfef) ist 
er der 42., nach Schannat-|-f) der 44., nach Anderen der 
53.,ttt) 56.,§) 57.§§) Oder 58.§§§). Der Mônch des Klosters 
Kirschgarten bezeichnet ihn als den 48.*f ). 

Dankbar mochte er es begrûssen, dass ihn die neue 
Wûrde nicht der akademischen Thâtigkeit entzog. Nach 
wie vor blieb er Professer der Théologie in Heidelberg. 
Ist dies schon an sich nach den Ausfûhrungen Paulsens*-|-f), 
dass im Mittelalter kein Professorenstand mit dem aus- 
schliesslichen Lebensberuf akademischer Thâtigkeit bestand. 



*) Zorn, Wormser Ckronik bei Arnold S. 158. 
**) Gams, séries episcopor. 323. 



Pottliast, bibl. ined. acvi. Siippl. II. 444. 
Mas Latrie, Chionol. 1517. 
***) Ckmel, Reg. 126. nr. 2063. 
f) Znr Geschichte d. Worms. Erzbischofe u. Biscbofe. Worms 1855 

S. 3. 
tt) a. a. 0. I, 407. 
ff f ) Schraid , die sàkularisierten Bistiimer Teutscblands. Gotha 1858. 
n. 536. 
§) Pottliast. II Suppl. 444. 
§§) Schwab, Syllabus I, 23. 
§§§) Helwich, Worm. Ann. prodr. p. 41. 
*t) Chronicon Kirschgartense reipublicae Wormatiensis. (ia Reliquiae 
manuscriptorum exmuseo Joh. Petr. Ludewig. Frankfartu. Leipzig 
1720) p. 151. 
*tt) Organis. der deutschen Universitàten (Sybels Zeitschrift 45,389 if.) 



— 46 -- 

verstândlich , so wird die Wahrscheinlichkeit zur Gewiss- 
heit durch die Eingabe der Universitàt vom 20. Mai 1698 
an Kurfûrst Johann Wilhelm*), wo es heisst, dass einst der 
Professer Matthaeus von Krakau wirklicher Bischof zu 
Worms gewesen.**) 

Er scheint ûberhaupt zu Heidelberg residiert zu haben 
in seinem Haus, das er sich am St. Petersthor ge- 
baut batte***}. Vermutlich wohnten darin auch seine 
Famuli, deren wir zwei aus der Matrikel kennen lernen, Nico- 
]aus Doring von Bulkenhainf), den wir bereits in Marien- 
werder trafen , und Johann Boliczf f). Das Haus diente 
aber noch nicht als Burse, sondern wurde erst spâter durch 
das Testament des Matthaeus zu einem derartigen Con- 
viktgebâude bestimmtfft). 

Wie oft Matthaeus in Worms geweilt hat und welche 
Einflûsse in der mit den bedeutendsten kirchlichen Fragen 
mittelalterlicher Zeit verknûpften§) Stadt Einwirkung auf 
îhn gehabt haben, ist nicht zu entscheiden. 

Es ist bezeichnend, wie der freisinnige Mann sogleich 
mit rûcksichtsloser Energie in der Wormser Angelegenheit 
auftrat , wohl wissend , dass er den Streit als eine reine 
Machtfrage aufzufassen habe und ja nicht auf das dogma- 
tische Gebiet hinûberleiten dûrfe§§). 

Noch im September ûbertrug Ruprecht dem Worm- 
ser Bischof als Lohn fur die Dienste, die er ihm und sei- 
*) Winkelmann a. a. 0. I, 493 vgl. auch Wundt u. Rheinwald, 
Magazin fiir die pfâlzische GescUichte. Heidelberg 1793 III, 378. 
**) ÀMch der Eintrag seines Todes in den Universitàtskalendei- (Tôpke, Ma- 
trikel 1, 631) bezeugt, dass Matthaeus noch imraer derFakultât angehôrte. 
***) Winkelmann , Urkundonb. I, 103 nr. 65 — Mit nieiner Annahme 
stimmt die Benennung des M. als „episcopus in Heidelberg" in 
ciner Hdschr. des Traktates ,,de corpore Christi'' (Katalog der Eac- 
zynsk. Bibl. in Posen. I, 293). 
t) Tôpke, I, 112. ■ 

tt) Topke, I, 113. 
ttt) Tôpke I, 687. 

§") Vgl. Bôttcher, Germania sacra. Leipzig 1874 II, 1249. 
§§) Der versteckte Tadel Ebelings fdie deutschen Bischôfe bis zu Ende 
des 16. Jhrdts. Leipzig 1858. II, 535.) ist wenig stichhaltig. 



— 47 — 

nem Vater geleistet, zumal da er in seinem Interesse sein 
Leben durch seine Romreise auf s Spiel gesetzt habe, 
„lebenslânglich einen alten grossen Tornos am kôniglichen 
Zoll zu Mannheim"*), Noch im Verlauf des Jahres 1 405 
liess Matthaeus durch Abgesandte, denen er die pàpstliche 
Bestâtigungsbulle mitgab , seine Anerkenniing durch die 
Wormser Bûrgerschaft f ordern. Doch wolle er selbst die 
noch im Banne befindliche Stadt vorlâufig nicht betreten. 
Die Stadt antwortete freundlich: sie wolle ihn, zumal er 
als „gottliebender Biedermann" gerûhmt wurde, als Bischof 
annehmen, wofern er ihren Privilegien Anerkennung zuteil 
werden lasse. Dazu war jedoch der Bischof nicht bereit, 
da er das Privileg Wenzels, wonach der Weinschank in 
Worms nur nach neuem stâdtischen Mass statthaben und 
Gefalle davon entrichtet werden solle, nicht bestâtigen 
woUte**), im Einverstàndnis mit Ruprechts Erklàrung, dass 
aile Privilegien Wenzels ungûltig seien. Doch scheint, 
nachdem Bischof Johann von Wûrzburg als delegierter 
pâpstlicher Richter am Morgen des 12. Mârz 1406 einen 
Vermittelnden Schiedsspruch hatte ergehen lassen***j, der 
Streit ein vorlâufiges Ende gefunden zu haben. 

Inzwischen hatte auch Matthaeus wieder den Dingen 
der Heimat sein Interesse zugewandt. Am 2. Dezember 
1405 hatte er ein Gutachten ûber den Krakauer Professor 
Johannes Falkenberg -j-) nach der dortigen Hochschule 
entsandtff). 

Schon ini Januar des Jahre 1406 treffen wir den Worm- 
ser Bischof auf dem Reichstage zu Mainz-j-j-f), und in den 
mancherlei Geschàften dièses Jahres scheint derselbe weni'g 
Lust gehabt zu haben, Angelegenheiten wie die Neustàdter 

*) 21. Septbr.: Chinel, Rcg. 126. nr. 2069. 
**) S. liber dièse Vorgânge Zorn, S. 158, 159. 
***) Liinig, Spicileginm ecclesiasticum. Continuatio III. Leipzig 1721. S. 1302. 
t) Wohl derselbe, der 1404, 1405, 1408 — 1410, 1412, 1413 in Kra- 
kau Katsherr ist. Mon. Pol. V, XXX. 
tt) Catal. Cracov, 326. 
ttt) R. A. VI, 23. nr. 9. 



— 48 — 

Pf rùndenbesetzung , zu deren Erledigung ihn die Universi- 
tàt im Dezember 1405 bestimmt hatte*), persônlich zu Ende 
zu fûhren. Auf seinen Vorschlag ernannte Ruprecht 
seinen Kapkn, Johann von Battenburg , zu seinem Stell- 
vertreter und sfab demselben am 22. Februar 1406 einen 
Kaplanats- und Geleitbrief**). 

Mitte des Jahres 1406 erscheint Matthaeus wieder 
in wichtige Vorgànge zu Heidelberg verflochten. 

Im Juni***) dièses Jahres zogen ûber die Neckarstadt 
einige stûrmische Tage herauf. Die Ursache môchte in 
dem Auftreten des Hieronymus von Prag zu erkennen 
sein, der am 7- April 1406 als Magister der Artisten- 
fakultât aufgenommen wordenf), doch als er den frommen 
Gelehrten allzu ketzerische Ansichten âusserte, bald darauf 
seiner Lehrthâtigkeit wieder enthoben worden war. Da- 
rauf versuchte er durch eine Ansprache, die er auf dem 
Peterskirchhof an eine zahlreiche Volksmenge hielt, ôffent- 
lich Protest gegen das Vorgehen der Universitât zu er- 
hebenf-j-). Als nun um die sechste Abendstunde des 12. 
Junij-ff) zvi^ischen jungen Adeligen und Studenten infolge 
geringfûgiger Ursache ein Streit ausbrach, so mischte sich 
der ohnehin erregte Pôbel in denselben und ging mit dem 
Ruf : „Tod allen Studenten, Plattentràgern und Langmânteln I " 
an sein Zerstôrungswerk§). Sofort wurden die KoUegien 



*) Wiakelmanii II. nr. 160, 

**) Chmei, nr. 2137. SoUte fier bei Winkelmann II, nr. 160 erwâhnte 
Nicol. V. Betteuberg idcntiscli sein mit derà hier angefubrten 
Johann? — 
***) Denn dieser Monat ist an der Hand der Matrikel (Topke I, 634) 
gegen Sohn u. Wuudt, denen sich Hautz angeschlossen hat, wonach 
der Juli inbetracht kâme, anzunehinen. 
t) Topke I, 100. — Die Angabe Bottchers, Germania sacra II, 1171, 
Hieronymus habe schon 1395 in Heidelberg stndiert, ist. durch die 
Matrikel nicht zu bestâtigen. 
ff) Vgl.Holtzinann, AusderGesch. der theolog. Fakultàt Heidelberg. S. 3. 
ttt) Topke I, 634. 

§) Eine schiine Rcde Herrn Doct. G. Solmii seligcn etc. gehalten am 
30. Nov. 1587, gedruckt 1615 in deutsck. Ûbersetzung bei Joh. 
Lancellot in Heidelberg, S. 23 — 30, 



_ 49 ~ 

rgeschlossen und die gesamte akademische Thàtigkeit 
eingestellt. Aber erst das Eingreifen des Kônigs setzte 
den Unruhen ein Ziel. Die Vertreter der Bûrgerschaft 
stellte Ruprecht selber im Augustinerkloster zur Rede, aiï 
die Universitât sandte er durch Bischof Matthaeus die 
Malinung, die Vorlesungen sofort wieder zu beginnen. Da 
vom Professorenkollegium jedoch hinsichtlich der Haltimg 
der Kônigin wie der Prinzen Bedenken geâiissert wurden, 
so trug Matthaeus dieselben , nachdem er sich sofort an 
der Spitze einer Dèputation auf die Burg begeben, dem 
Kônig vor und erlangte auch sicherstellende Erklârungen 
von den Prinzen*). Am 5. Juli fand dann eine gemein- 
same Messe statt , am folgenden Tage wurde die Lehr- 
thâtigkeit wieder aufgenommen**). Aber erst am Tag 
vor Jakobi, am 24. Juli***), gelobten im Haus des Matthaeus 
am Petersthor im Beisein der ganzen Universitât und vor 
zahlreicher glânzender Versammlung die Prinzen Schutz 
und Achtung gegen sàmtliche. Freiheiten der Hpchschule. 

Noch im Jahre 1406 soll , wie Eggs berichtet-|-), 
Matthaeus wiederum nach Rom gegangen sein. Am 6. 
November dièses Jahres Avar Papst Innocenz gestorben und 
bereits am 2. Dezember war der SOjâhrige Angelo Corra- 
rio als Gregor XII aus der Wahl hervorgegangen. Eggs 
Bericht erscheint glaubwûrdig, da Thatsache ist, dass Ru- 
precht den neuen versôhnlich beginnenden Papst durch 
eine Gesandtschaft begrûssen wollteff). An die Spitze 
derselben scheint er somit den Wormser Bischof gestellt 
zu habenf -j-j-). 



*) Wundt, Magazin f. pfàlz. Gesch. IH, 337—340. 
**) Topke I, 634. 

***) Wiindt a. a. 0. u. Hausser, Geschichte der rheinischen Pfalz. Heidel- 
berg 1845. I, 304ff. 
t) Purpura docta II, 512. 
tt) K. A. VI, 130. 
ttt) Hautz, Gesch. der Univers. Heidelberg- I, 234. 

!=!cliwab, quatuor saec. syll. I, 22 if. und TJUmann, a. a. 0. 
S. 338. stimmen dieser Angabe Walchs (Mou. I, XV 11.) zu, der 
iudessen die Quelle dieser Nachricht nicht mehr kannte. 



— 50 — 

Noch Ende des Jahres wàre sonach Matthaeus nach 
Rom aufgebrochen. Dort soll er einen vorzuglicheh Ein- 
druck gemacht haben und mit Einwilligung des Kônigs 
von Gregor zur Bekâmpfung der hussitischen Lehre durch 
Disputationen nach Bôhmen entsandt worden sein. Die 
damais bereits erfolgte Verleihung der Kardinalswûrde ist 
indessen als Anachronismus von Eggs zurûckzuweisen. 

Das Jahr 1407 sollte fur den Wormser Bischof noch 
mehr wie das vorausgegangene zu einerZeit harter Kâmpfe 
werden. 

Von neuem brach der Streit mit der Wormser Bûrger- 
schaft ans , als Matthaeus Sitz und Stimme im Rat ver- 
langte und die Geistlichkeit ihre alten Forderungen von 
neuem geltend machte.*) Mutig widerstand die Biirger- 
schaft unter ihrem Bûrgermeister Kronenberger , der per- 
sônliche Gefahren nicht achtend sein vermeintlich gutes. 
Recht verfocht. Auch jetzt wieder fand die Stadt Rûck- 
halt an einem Stàdtebund , diesmal dem „Marbacher", in 
den sie nach der Aufnahme am 23. Mai 1406**) am 1. Sep- 
tember dièses Jahres ***) eingetreten war. Einmûtig standen. 
die Ziinfte zum Rat, namentlich die Bâcker erliessen ein 
Schreiben an Matthaeus, worin sie ofîenkundig den Stand- 
punkt treuer Ergebenheit gegen den Rat wahrtenf ). Auf' 
dem Marbacher Bundestag im April 1407 hatte die Bûrger- 
schaft sich uber das ihr zugefûgte Unrecht seitens des. 
Bischofs und den aut ihr lastenden Bann desselben beklagt,. 
und der Bund ersuchte daraufhin am 29. April den Main- 
zer Erzbischof , die Vermittelung zu ûbernehmenff), der 
sich auch am 5. Mai dazu bereit erklârtef •j"j-). Ausser ihm. 



*) Ygl. die geiiaue Erzahlung bei Pauli, Geschichte der Stadt Worms.. 

1825. S. 224 ff. 
**) Vgl. B. A. VI, 164,20. 
***) Vgl. B. A. Vr, 83 nr. 45. 46. 
t) Zorn a. a. 0. S. 162. 



tt) K. A. VI, 162,24 &. 
ttt) E. A. VI, 164,oc ff. 



— 51- 

legte sich auch Ruprecht wîeder in's Mittel. Am 9, Mai 
zu Dieburg*) und dann noch ôfter fûhrte er zusammen mit 
Johann von Mainz auf einigen Tagsatzungen ein allmâliges 
Einverstàndnis zwischen Bischof und Stadt herbei. x\m 
9. Juli wurde endgûltig aiif einem Tage zu Weinheim dâs 
Verhâltnis geregelt**). In 27 Artikeln, deren Bewahrung 
auf 27 Jahre man gelobte, wurde die Urkunde aufgesetzt***). 
Im Hinblick auf dièse Abmachung zu Weinheim kann sich 
Zorns Wormser Chronik nicht der Worte erwehren; „Da 
ist der Stadt eine gute Feder gerupft worden, weil der 
Bischof am Kaiser einen guten Rûckhalt gehabt"-|-). Der 
Streit sollte seit dieser Rechtung nicht wieder zu Leb- 
zeiten des Matthaeus ausbrechen^j-f). 

Man kann in dem Vergleich nicht wohl die Folge 
eines grossen staatsmânnischen Geschicks erkennen. Doch 
bleibt dem Bischof der Ruhm, durch persônliche Beliebt- 
Jieit und Versôhnlichkeit die Sache im Interesse des Kle- 
rus entschieden zu haben. 

An der Spitze der Geistlichkeit kehrte Matthaeus 
wieder zu seinem Bischofssitze zurûckff-j-). Der Brûsseler 
Weihbischof musste die Kirchen , worin die vier Stadt- 
priéster Messen gelesen hatten, sowie die dazu gehôrigen 
Kirchhôf e wieder weihen ; nur der Amanduskirchhof, wo 
das Grab eines jener Priester sich befand, wurde trotz in- 
stândiger Bitten des Rates erst , nachdem die Leiche des 



*) Zorn. S. 161. Ohmel. Eeg. 143 nr. 2331. 

ScharxHiat a. a. 0. Cod. Prob. 218. 
**) Mon. Kirschg:. cap. 57. S. 151 ff. — Zorn, S. 162. 
***) Schannat, hist. Ep. Worm. cod. prob. n. 246. 247. 

t) Zorn a. a. 0. S. 162. 

tt) Thritliem. Ann. Hirsaug. p. II, 826. 

Vgl. den klerikalen Standpimkt des Baronias (Bzoviiis) XV, 278. 

ttt) S. Mer das Folgende: Zorn a. a. 0. S. 162. Àuch Trithem., Ann. 
Hirs, II, 326 „sic intraverunt civitatem canonici, posteaquam biennio 
fere exulaverant multaque litigando et placitando cum civibus 
cousumpserant". 



— 52 — 

Priesters ausgegraben war , wieder seiner Bestimmung 
ûbergeben. 

Im Spâtsommer desselben Jahres brach in Heidelberg- 
die Pest aus*). Nahezu aile Universitâtslehrer und Stu- 
denten, selbst Kleriker wie die Cisterzienser von St. Jakob 
verliessen , um der Ansteckung zu entgehen , die Stadt. 
Unter den Wenigen, die gerade jetzt unerschrocken auf 
dem Feld ihrer Thâtigkeit vefharrten, befand sich Matthaeus 
von Worms. In der festen Ûberzeugung, dass der redite 
Plàtz eines Seeîsorgers hier inmitten des Lebens und Ster- 
bens seiner Gemeinde sei, verweilte er in der ôden Stadt 
und weihte , als der Pelerskirchhof eine Vergrôsserung^ 
dringend erheischte, am 1 1 . Oktober den neuen Begrâbnis- 
platz nach der Sitte der Kirche. 

Hohes Lob spenden ihm dafûr die Jahrbûcher der 
Hochschùle. Hatte er doch durch die That bewiesen, 
dass es ihm heiliger Ernst war mit seiner erhabenen Auf- 
fassung vom Priesterstande. 

Das nâchstè Jahr war wiederum ein ereignisreiches 
fur Matthaeus von Krakau. 

Als am 19. September 1408**) Papst Gregor XII. zu 
Sienna in Tuscien neun Kardinâle ernannte , erkor er 



*) S. liber das Polgende: Topkc a. a. 0. I, 105. 

Die Stelle in den Ann. Univ. T. I. P. 96alaiitet: „Eodein tempore 
in crastino S. Gereonis sociorumque eins venerabilis pater Matthaeus, 
Dei et apostolicae sedis gratia episcopus Wormatiensis, pastor verus, 
intrepidns ut pontifex stans (Hautz I, 249. liest „pastor verus et. 
intrepidus, ut pontifex stans") inter vivos et mortuos, conseeravit 
additionera cimetrii S. Pétri, quae pro sepultura erat necessaria, 
rectore praesente cum paucis de universitate. Hic enim Matthaeus,. 
de Cracovia natus, erat sacrae theologiae professer egregius régis 
Komanorunaque confesser. 

**) Onuphrius Panvinius Romani pontifices et cardinales. 1,557. S. 263. 
Ciaconius, vitae II, 270. haben genauere Angaben hieruber wie Dietrich 
V, Nieheim, (de schism. III, 39) der zuerst die Notiz bringt, „quem 
Errorius (i. e. Gregorius XIDfecit cardinalem, sednoluit acceptare, 
timens forte, quod si ilhim acceptaret honorem, alius sibi surrogaretur 
autistes in ecclesia Worinatiensi". — Raynald, annal, écoles. 1408- 
§ 59. hat irrig den 3. Mai. 



— 53 — 

unter ihnen Matthaeus von Krakau zum Kardinalpriester 
an der Kirche St. Cyriaci in Thermis*). 

An der altenNachricht des Dietrich von Nieheimist 
nicht zu zweifeln**): einmal nicht an der Ernennung zum 
Kardinalpriester, dann aber auch nicht an der Thatsache,. 
dass Matthaeus die ihm verliehene Wûrde ausgeschlagen 
habe. Letzteres wird m. E. einesteils durch die bereits 
von Schannat und Walch***) geltend gemachte Nicht- 
Erwàhnung dei Kardinalswûrde auf dem Grabstein des- 
Matthaeus erhàrtet, vorzûglich aber durch den Umstand,. 
dass der pâpstliche Légat (und ein solcher wurde 1409 
Matthaeus) , falls er dem KardinalskoUegium angehôrte, 
„legatus a latere" hiessf), wâhrend Matthaeus in einer 
Bulle Gregors XII. einfach „apostolicae sedis legatus" ge- 
nannt wird-|"{-). 

Schwerer nachweisbar sind die Grûnde, die ihn zum 
Verzicht bewogen haben môgen. Dietrich von Nieheim 
meint, Matthaeus habe gefûrchtet, bei Annahme der Wiirde 
werde ihm ein anderer Bischof in Worms zur Seite gestellt 
werden, und ihm ist auch L enfant gefolgtfff), Walch. 
hat denselben jedoch anscheinend nicht verstanden, wenn 



*) Anstelle dièses Gotteshauses steht heute eine Kirche (1er hl. M^ria^ 
(Mas-Latrie, Chronol. 1170.) 
**) Ludewigs Ausspruch (Sriptor: Bamb. II, 499.}, Deutsche seien hochst 
seltcn Kardinàle gewortlen , heweist fur unseren Fall Nichts. — 
Von der Kardinalswûrde berichten in zeitlicher Eeihenfolge : 
Eisengrein, catal. p, 155. — Poasevinus, Apparatus sacr. I, 420. — 
Baronins (Bzovius) Annales eccl. XV, 297. Wencker, Collecta p. .515.. 
— Ludewig, Script. Bàmb. II, 499. — Grallia christiana V, 684. — 
Fabricius, Bibliotheea V, 144. — Von Neueren u. a.: Weiz- 
sâcker, E. A. VI, 489. Anm. 2. und VI, 829. (Index von Dr. Schellhass).. 
**^) Mon. med. aevi. I, XVIII. 
f) AUgera. Encyklopâdie der Wissensehaften und Kiinste v. Ersch &. 
Gruber. Leipzig 1888. 2. Section, Artikel „Legaten'-. 
tt) K. A. VI, 722,39. 

ttt) Histoire du Ooncil de Pise. Utrecht 1731. I. liv. III. p. 29: Grégoire 
l'avoit voidu faire cardinal; mais il refusa cette dignité, de peur 
qu'on ne lui ôtât son evêchê. 



— 54 — 

er gegen die in den Worten Lenfants seiner Meinung nach 
enthaltene Ansicht, der Kardinalshut bedinge Anwesenheit 
des Trâgers in Rom, Verwahrung einlegt. Geht man auf 
Lenfants Quelle, Dietrich v. Nieheim, zurûck, so ist klar, 
dass sich aus dessen Worten nur ergiebt : Matthaeus bangte, 
die Annahme einer durch den ketzerischen Papst ver- 
îiehenen Wûrde werde den Gegnern desselben in Déutsch- 
iand Anlass geben, einen Gegenbischof aufzustellen — wie 
•das beispielsweise in Verden zu jener Zeit geschehen ist*). 

Doch ist dièse Begrûndung vôllig irrîg. Abgesehen 
davon, dass Matthaeus stets die Sache Gregors vertrat, 
hat er noch spàter seine Ernennung durch denselben zum 
Legaten angenommen**). 

Den wahren Grund zum Verzicht des Matthaeus ver- 
môgen wir nicht zu erkennen, er ist môglicherweise in der 
damaligen politischen Konstellation in Deutschland, viel- 
leicht auch in besonderen Verhâltnissen der Wormser Diô- 
zese zu suchen. 

Sicherlich lag es in der Absicht des Matthaeus, nun- 
mehr , nachdem er den Streit in seiner Diôzese beendigt 
hatte , weiter im Sinne ausgleichender Politik die Verhâlt- 
nisse derselben dauernd friedlich zu gestalten , und dass 
dem Siebzigjàhrigen deshalb eine làngere Abwesenheit von 
Worms nicht gerade willkommen war, bedarf wohl keiner 
weiteren Begrûndung ; doch als von neuem Ruprechts Ruf 
a.n ihn erging, folgte er ohne Zaudern. 

Ruprechts Stellung zum Pisaner Konzil hatKôtzschkes 
Dissertation ***) im einzelnen vollstândig klar gelegt, 
so dass hier von einer eingehenderen Behandlung dièses 
Gegenstandes abgesehen werden kann. Nur môchte ich 

*) E. A. VI, 408. 

**) Die Ansicht bei Mas-Latrie, Chronol, 1204, ist vollstândig konfus. 
Was dort der Ausdruck Ciaconiani heissen soll, ist nicht abzusehen; 
vermutlich hat Mas-Latrie eine Quelle benutzt, die sich auf Ciaconius 
(Vitae et res gestae pontificum Komanorum. Eom 1677) berief. 
***) Kôtzschke, Knprecht v. d. Pfalz und das Konzil von Pisa. Leipzig. 
Dissert. 1889. 



— 55 — 

nicht in Konrad Koler das geistige Haupt der Gesandt- 
schaft erkennen*), sondern gerade in Matthaeus von Krakau, 
wenn derselbe auch durch sein hohes Alter verhindert 
wurde, mehr hervorzutreten. Seine hervorragende Bedeutung 
auch bei dieser Gesandtschaft scheint vornehmlich ans seiner 
Ende dièses Jahres erfolgten Ernennung zum pâpstlichen 
Legaten hervorzugehen. 

Ausserdem wissen wir durch den ûber dièse Dinge 
ziemlich wohlunterrichteten um Mitte desl5. Jhdts. schrei- 
benden Thomas Ebendorfer, dass vorzûglich auf den 
Rat des Matthaeus hin Ruprecht auch nach der Absetzung 
Gregors demselben treu biieb**). 

Am 12. Februar 1409 hatte Ruprecht unter seinen 
fûnf Gesandten auch Matthaeus von Worms mit seiner 
GeneralvoUmacht versehen***). Im Januar dièses Jahres 
sahen wir denselben zuletzt auf dem kôniglichen Fûrsten- 
tage zu Frankfurt a. M.f), wo die Worte des Gesandten 
Gregors, des Bischofs Antonius von Porto, erfolglos ver- 
hallt warenff). 

Als nun der Tag der Abreise herannahte, gedachte 
der greise Bischof von Worms mehr wie sonst seinea 
Endes. Am 15. Februar beschied er seinen Kapellan 
Johann Hoppener und die ihm von Prag noch her ver- 
trauten Freunde , Nikolaus Doring sowie den Prof essor 
Johann von Noet, in den Saal seines Hauses zu Heidelberg 
und st if tête hier in ihrer Gegenwart den hl. hl. Maria 



*) Kotzschke, a. a 0. S. 55. 

**) Hic (Rnpertïis) consilio suorum, precipue episcoporum Mathei de 
Cracovia episcopi Wormaciensis, UMci Verdensis postea Secoviensis, 
Nicolai Prowin Misnensis natione scisma ampliavit in eo quod 
Gregorio XII. iam deposito una cum Trevireusi adhesit. Thomas^ 
Ebendorfer, Cronica regum Konianorura (Mitteil. des Inst. f. ost.. 
Gesch. III. Ergàazungsb., 1. Heft S. 109), 

***) R. A. VI, 292—294. 
t) R. A. VI, 316. 

tt) R. A. VI, nr. 265; nr. 318 ff. 

Dietr. v. Nieh., de Schismate III, 39. 



~ 56 - 

Magdalena, Elisabeth und Birgitta einen Altar in der 
Heilig-Geistkirche nebst einer Priesterpfrûnde. Uber die 
Besetzung derselben sollte nach seinem Tode vorbehaltlich 
der Zustimmung Ruprechts und seiner Sôhne die Heidel- 
berger Hochschule entscheiden*). Bald darauf trat er mit 
^einen Kollegen den Weg ûber die Alpen an und traf 
mitte Mârz bei Gregor in Rimini**), Ende dièses Monats 
in der geschichtlich denkwûrdigen Arnostadt Pisa ein. 

Als die Bemûhungen der ûbrigens zum Zeichen des 
Protests in weltlicher Kleidung auftretenden Gesandten zu 
Gunsten Gregors XII. sowohl den einzelnen Kardinâlen 
gegenûber wie in der vierten Hauptsitzung am 15. April 
vergeblich waren , verliessen sie am 2 1 . April die Stadt, 
nachdem sie zwei Tage zuvor in einer an die Kirclithûren 
gehefteten Appellation an Jésus Christus Berufung eingelegt 
hatten***) — imSinne eines Augustinus Triumphus die ârgste 
Ketzereij-). Aber auch ihre Anwesenheit bei Gregor in 
Rimini , von wo sie anfangs Mai nach Deutschland heim- 
kehrten , wie ihre nochmalige Reise im August zu dessen 
Konzil nach Cividaleff) hatte nicht das geringste nach- 
haltige Ergebnis. 

Im Herbst des Jahres 1409 kehrte Matthaeus mit den 
Gesandten nach Deuschland zurûck. Am 15. Juni bereits 
war ihm von Gregor anstelle des Erzbischofs Johann von 
Mainz die Gerichtsbarkeit in dessen Diôzesef f-j-) , am 16. 
Juli dieselbe ûber ganz Deutschland verliehen vv^orden§), 
und am 5. September hatte ihn der Papst zu seinem Le- 
gaten in den Provinzen Mainz , Trier , Kôln , Salzburg, 

*) Wiakelmann, Urkundenbiich. II, nr, 170. 
**) Kôtzschke a. a. 0. S. 58. 
***) E. A. VI, 503. nr. 297. 
t) Augustini Tiiumijhi Surama de potestate ecclesiastina bei Grieseler, 
Lehrbuch dev Kirchengeschichte Bonn 1824. II, 3, 95: „Man darf 
nicht vom Papst an Gott appellieren." 
tt) Kôtzschke a. a. 0. S. 86. 
ttt) R. A. VI, nr. 303. 
§) E. A. VI, nr. 305. 



— 57 - 

IBremen und Magdeburg ernannt*) zur Bekâmpfung 
Alexanders V., der Johann von Mainz zu seinem Legaten 
bestimmt hatte**). 

Noch erlebte der greise Bischof die Ffeude, dass die 
•Stadt Worms im Oktober auf eine diesbezûgliche Anfrage 
des Kônigs***) erwiderte, fur ihre Stellung zur Kirchen- 
frage werde die Haltung ihrer Geistlichkeît massgebend 
«einf) — wie sie denn auch thatsâchlich Gregor schliesslich 
anerkannte -{-j-) . 

Vermutlich suchte und fand der Greis in jener Zeit 
Trost durch die letzte Schrift seines Lebens, das Buchlein : 
„De arte moriendi", das noch in den weitesten Kreisen 
Verbreitung und Anerkennung sich erringen sollte-|"|"|-). Aber 
seine Tage waren gezâhlt. 

Als am 5. Mârz 1410 Ruprecht von Marburg aus 
den Reichsstânden die Ernennung des Matthaeus zum 
-Legaten Gregors bekannt machte§), war derselbe nicht 
mehr unter den Lebenden. Schon lange mag er sich 
schwach gefûhlt haben — wie er ja am 30. Januar bereits 
den Bischof en Raban von Speier und Ulrich von Verden 
einen Teil seiner Legatenvollmacht abgetreten hatte §§), 
und als er sich dann in der Winterzeit eine heftige Er- 
kâltung zugezogen hatte §§§), erlag er derselben ; starke 
Arzeneien sollen sein Ende beschleunigt haben *f). 

In der Mittagsstunde des 5. Mârz **•]-) verschied er, 
wahrscheinlich in Heidelberg. 



*) R. A. VI, 722. 

**) Dietrich v. Niera „de Schism." a. a. 0. 
***) R. A. VI, 670 nr. 366. 
i) R. A. VI, 671 nr. 367. 
tt) Zorn a. a. 0. S. 174. 
■ftf) S. darilber die vorliegende Abhandlung Teil II. B. 13. 
§) R. A. VI, 737 nr. 406. Climel, Reg. nr. 2864. 
§§) R. A. VL 722,44 b. und VI, 737 nr. 406. 
§§§) Eggs, purp. docta II, 512. 

*t) Jocher, AUgem. Gelehrtenlexikon. Leipzig 1750. I, 2162. 
Scliwab, Syllabus. I, 23. 
'**f) Infra quintam et sextam horam de mane. Topke a. a. 0. 1,642. A. 1. 



— 58 — 

Dass Matthaeus 1410 gestorbén ist, ist seit der Be- 
stâtigung durch die Heidelberger Matrikel zweifellos. 

Tritheim batte an einer Stelle seiner Werke*) 1309 
als Todesjahr angegeben und gedankenlos hat Du Boulay 
ihm nachgeschrieben**), wâhrend Gieseleran dieser Angabe 
nur das Jahrhundert geândert hat***). O u d i n j-) und nach 
ihm Fabricius -|-j-) haben Tritheims Fehler gerûgt, ob- 
schon sic ein Vergleich mit einer Stelle in einem anderen 
Werke Tritheims-|-|"|-) den Irrtum lediglich als Druck- 
fehler erkennen lassen musste. 

Reichlich bedachte der letzte Wille des Matthaeus 
die geliebte Hochschule. Ausser dem bereits urkundlich 
gestifteten und dotierten Altar in der Heilig-Geistkirche 
zu Ehren der hl. hl. Maria Magdalena, Elisabeth und_ 
Birgitta, vermachte er auch sein Haus am Petersthor in 
Heidelberg dem theologischen Professorenkollegium und 
bereicherte die Universitât durch seine gesamte 90 Bande 
starke Bibliothek§). Bedeutende Werke fanden sich in 
derselben vor: die Bûcher eines Beda Venerabilis,. 
eines Thomas von Aquino, die Briefe des Hieronymus und 
Prosper ûber ein beschauliches Leben , die Meditationen 
Anselms ebenso wie die Bekenntnisse Augustins, vor allem 
auch die Revelationen der hl. Birgitta und Excerpte aus 
ihrem Leben. 

Schon am 13. Mârz bestâtigte Ruprecht das Ver- 
fûgungsrecht der Universitât ûber das Haus des 
Matthaeus§§) ; den dem Bischof einst ûbertragenen Tornos 
am ZoU zu Mannheim gewâhrte er am 9. April seiner 
Gemahlin, der Kônigin Elisabeth §§§). 
*) Catal. illnstr. viror. p. 147, 
**) Hist. uaiv. Paris. IV, 975. 
***) Kirchengesch. II, 3. S. 138. Anm. g. 

f) Comm. de script, eccl. III, 1110. 
tt) Bibl. latin. V, 144. Anm. 
f f f) Ohronicon Sponlieimense. Prankfurt 1601, p. 342. 
§) Topke, a. a. 0. I, 687. 
§§) Winkelmann, Urkundenb. I, 103 nr. 65. 
§§§) E. A. VI, 737. Anm. 2. 



— 59 — 

Dankbar ehrte die Hochschule das Andenken eines 
îhrer Besten. Neben der allgemeinen fiir aile Wohlthâter 
der Universitât bestimmten Seelenmesse wurde noch be- 
sonders fur sein ewiges Heil eine Messe gelesen; bis tief 
ins 16. Jahrhundert hinein erhielt sich sein Gedâchtnisfest, 
zuletzt wird es am 19. Mârz 1532 erwâhnt*). 

Zu seiner letzten Ruhe wurde der Leib des Wormser 
Biscliofs gebettet in der alten byzantinischen Domkirche 
zu Worms, die vor Zeiten Kaiser Heinrich II. geweîht 
hatte. Dort in der Mitte des Chores nach der rechten 
Seite zu fand er sein Grab**), wo auf eherner Platte die 
Worte eingegraben wurden: „Anno Domini MCCCCX 
mensis Martii die V obiit venerabilis Pater dominus 
Matthaeus Wormatiensis episcopus et sacrae theologiae 
doctor insignis, cuius anima requiescat in pace ***)." Noch 
zu L a m b e c i u s Zeit war die Inschrift erhalten j-), heute be- 
zeichnet kein Denkmal mehr die Stelle, wo Bischof 
Matthaeus begraben liegt. 

Vergebens suchen wir in der Inschrift nach Worten, 
•die einem der Besten des ausgehenden Mittelalters gebùbr^nd 
gerecht wurden, Nur die âussersten Daten, kaum dièse voU- 
stàndig, belehren uns uber den Mann, der dort ruht. Viel- 
leicht hat er selbst in seiner Bescheidenheit, die ihn âhnlich 
wie seinen Vorgânger auszeichnete , kein rûhmendes Denk- 
mal gewoUt. So schritten auch die Jahrhunderte an dem 
bescheidenen Manne vorbei, wenig mehr von ihm wissend 
wie der Stein im Wormser Dom. 



*) Tôpke, Matrikel. I, 628. 

**) Mon. Kirchg. p, 151. — Ludewig, Keliquiae. II, 151. 
***) Schannat, I, 408. 
t) Im 17, Jhrdt. Lambecius, Commentarii de augustissima bibliotheca 
t:)aesarea Vindobonensi. Wien .1769 (I. Ausg. von L. selber 1669) 
p. Il, 579. 



— 60 — 



IL Schriften. 

Handschriften der Werke des Matthaeus von Krakau- 
finden sich in reicher Anzahl auf Bibliotheken Deutschlands^ 
Frankreichs, Englands und Bôhmens. Fur die Verbreitung" 
seiner Schriften sprechen neben der Ubersetzung einiger 
in fremde Sprachen die verhâltnismàssig frûh und hâufig 
erfolgten Drucke. Wenn Tritheim*) und ihm nach 
G e s n e r **) meinte, von seinen Schriften seien wenige auf 
uns gekommen, so scheint dem, der sich mit denselben 
eingehender beschâftigt, das Material durchaus nicht dûrftig 
zu fliessen. 

In Folgendem soll zum erstenmale der Versueh. 
gemacht werden , sàmtliche Schriften des Matthaeus von 
Krakau nach der daruber erschienenen Litteratur zusammen- 
zustellen und von den hauptsâchlichsten eine kurze Inhalts— 
angabe beizufxigen. Gemâss diesen wie den durch die 
Art der ganzen Arbeit gezogenen Grenzen muss derselbe 
lûckenhaft bleiben, soll aber andererseits nur die Grund- 
lage fur spâtere eingehendere Behandlung der Schriften 
des Matthaeus bilden. Eine einheitliche Ausgabe der- 
selben fehlt bis jetzt, und es ist somit unklar, was Balbin***) 
mit den Worten meinte: „Edita sunt eius opéra in Gallia 
a F. Saulnerio eaque laudavit noster Raynaldus." 

A. Biblische Exegesen. 

1. Commentarii in Ecclesiasten-j-). 

2. Commentarii in Cantica Canticorum -]-). 

Unter dem Titel „Expositio super Cantica can- 
ticorum in der Breslauer Univers. Bibl. 1. F. 83-|-f ). 



*) Catal. illustr. viror. p. 147. 
**) Bibl. univers. Ztirich 1545. p. 506. 
***) Boh. docta II, 285. 
t) Possevinus, Apparatus sacer. I, 420. 
Eggs, Purpura docta. II, 514. 
tt) Loserth, Hus uud Wiclif. S. 69. 



— 61 — 

3. Commentarii in Matthaei evangelium*)- 

4. Expositio super evangelium „Missus est Gabriel"^ 
(Luc. I, 26 — 38^ die- nach der Angabe des Kirsch- 
gartener Mônchs**) bei der Frûhmette an Maria 
Verkûndigung im Wormser Dom zur Vorlesung kam^ 

5. Commentarii in epistolam ad Romanos***). 



B. ErbauungsscMften. 

1. Magri. Matthaei de Cracovia praedicatoris civitati& 
Pragensis sermones latini de sanctis per circulum 
anni. — Wohl dasselbe Werk, das nach dem Kirschgartner 
Mônchj-) unter dem Titel „ Sermones plurimi ad populum 
de tempore et sanctis" in der Bibliothek seines Kloster» 
vorhanden war. 

Handschriftlich in Wien-j"!-) 

Der erste Sermon beginnt: „Ambulans Jésus iuxta 
mare Galilaee . .", der letzte „Homo quidam nobilis . . . hic 
ponitur parabola'' und endigt „Me vidente ad maiorem 
eorum confusionem." 

2. Solemnis postilla. Handschriften in: 
Prag — Clementinenbibliothek-|"|"|-). 
Breslau — Univers. Biblioth. 1. F. 497 §). 



*) Possevinus, Apparatus sacer, I, 420. 

Eggs, Purpura docta. II, 514. 
**) Cap. 57. S. 151. der Ausgabe Ludewigs. 

Die Expositio in Apocalypsim (Handschr. in der Mediciàerbibl. zu: 
Florenz) gehort nicht , wie Oudin , Comment, de scriptox. eccl. III^ 
1111, annimmt, dem Matthaeus, sondern dem Matthias von Schweden. 
***) Possevinus a. a. 0. u. Eggs a. a. 0. 

-{•) Mon. Kirschg. a. a. 0. 
ft) Tabulae codicum m.s.s. in bibliotheca Palatina Vindobonensi asser- 
vatorum. Wien 1870. III, 415G,i. 
Larabecius, Commentarii, II, 579. 
ttt) Balbinus, Bob. docta II, 285. 

§) Loserth, Hus u. Wiclif. Prag 1884 S. 69. 



— 62 — 

Môglicherweise identisch mit dem Traktat in Krakau*) — 
Univers. Biblioth., hiergenannt, ^Sfavistilla", was Schreibf ehler 
scheint. 

3. Rationale divinorum operum libris VII**), 
ein Zwiegespràch zwischen Vater und Sohn iiber 
das Thema „De praedestinatione et praescientia et 
quod Deus omnia benefecerit" ***). 

Handschriften in 
Krakau — Univers. Bibliothekf). 
Pelplin — Seminarbibl. v. H. a. 4.f-{-). 
Kônigsberg — Univ. Bibl Cod. 1240t-}-). 
Utrecht — Univ. Biblfff). 

Giessen — Univ. Bibl§). — hier genannt: „De 
sapientia Dei." 

Mûnchen — Kônigl. Bibl§§). 

Wien — Hofbibliothek§§§). 
Anfang: „Reverendo ( — issimo. Catal. Cracov. nr. 325, 
2294) in Christo patri, priori (Utrecht) domino Heinrico 



*) Wislocki, Catal. codicuiii mss. bibliothecae universitatis Jagellonicae 
Cracoviensis. Krakau 1877—1881. nr 2140. 
**) Nach Wislocki, Catal. — nr. 2294. nicht, wie Hiplcr (Literaturgesch. 

d. Bistums Ermlaad. 1873. S. 38) raeint, 6 Biicher. 
***) Gegen Oudin (Comment, de script, eccl. III, 1110; und Gesner, 
Bibl. univers. 506, der das Werk selbst gesehen haben will, be- 
streitet Schannat, Hist. episc. Worm. I, 408 die Identitàt, wird aber 
durcb die Handschriften widerlegt. 
t) Wislocki, Catalogus. nr. 325. (Papierkodex aus dem Jahre 1434), 
nr. 1623, 2186, 2294. 
ff) Hipler, Litteraturgesch. des Bistums Brmland. 1873. S. 38. 
-j-ff) Tiele, Catal. codicum mss. Bibl. Univ. Rheno-Trajectinae. Utrech.t 
und Hag. 1887. nr. 218. Danach ist Oudins Angabe vSllig be" 
stâtigt. 
§) Adrian, Catal. cod. mss. bibl. acad. Gissensis. Frankfurt 1840 nr. 

DCOLXXI. 
§§) Catal. cod. latin. Bibl. Kegiae Monacensis. Mûnchen 1871. I,i 
nr. 499. 
§§§) Tabulae codic. mss. in bibl. Palatina Vindobon. asservatorum. 
Wien 1870. III. nr. 3600,2. 



— 63 — 

epîscopo Warmiensisuus Matthaeusfacere bona et recipere 
mala." 

Schluss: „.. paterna dignetur recipere pietate" (Wien) 

oder „tua recipe pietate" (Giessen). 

Nach Hipler*) eine Art Theodicee, worin Fragen ûber 

Ursprung und Zulassung des Bôsen, die Môglichkeit ewiger 

Strafen, Prâdestination und Réprobation mit philosophischem 

Scharfsinn und theologischer Gelehrsamkeit behandelt 

werden. 

Das Werk ist dem Bischof Heinrich Soerbom von 
Ermland gewidmet (1373 — 1401) und gemâss der Stelle 
„Durum igitur est, paternae auctoritatis recalcitare stimulo 
tam valido rationum vallato munimine , praesertim ubi 
rationalis excusationis fuga non patet .... de reliquo pater- 
nitatis vestrae est, collectum ex quaestionibus vestris et 
meis responsionibus libellum appellare vel rationale operum 
divinorum sive quod Deus omnia benéfecit seu quovis alio 
nomine beneplacito baptizare" **) in Entfemung von dem 
Freunde verfasst, jedenfalls also bereits in Heidelberg und 
mithin zwischen 1394 und 1401, eher dem ersteren Jahre 
nâher. 

Ullmann***) meinte noch, statt ^Varmiensis" sei 
„Vormatiensis" zu lesen, was schon an sich unmôglich ist, 
da der einzige Wormser Bischof dièses Namens in.dem 1 4. Jabr- 
hundert der 1318 — 1319 regierende Heinrich III. von Daun ist. 

Nach Hôfler-i") soll dièse Schrift von Duellius,. 
Miscellanea 1723 4" S. 139 gedruckt sein, doch hat er 
selber dièse Ausgabe nie zu Gesicht bekommen. Dieselbe 
scheint ûberhaupt nicht vorhanden zu sein. 

4. De contractibus emptionis, venditionis,. 
donationis etc. liber I. 



*) S. Anm. tt auf S. 62. 
**) Hipler a. a. 0. S. 38. 
***) Reformatoren vor ri. Reform. a. a. 0. 
t) Concilia Pragensia LIV. 



— 64 — 

Handschriften in 
Krakau — Univ. Bibl. *) 
Breslau - U. Bibl. 1. F. 212.**) 
einst E r f u r t — Bibl. d. Matth. Dresser ***) 
Wien — Hofbibliothek.f) 
L o n d o n — Britisch. Muséum. -J-f) 

Anf ang : „De translatione rerum temporalium ab uno homine 

ad 

End e: ,,Ut superbia ut avaratia ut luxuria." In der Hand- 
schrift des 14. Jahrh. zu Krakau lautet der Schluss : „Ex- 
plicit tractatus . . . mgri. Mathei Cracovitae, s. theologiae 
professons, qui priusquam hune tractatum scripsit, vidit de 
€adem materia scripta mgrorum, Henrici de Oyta et 
Henrici de Hassia, cum quibus et persolutum conferebat." 

Die Schrift gehôrt somit dem 14. Jahrh. an, ist aber, 
da Matlhaeus 1381 Professer der Théologie wurde, nach 
diesem Jahre zu setzen. •f'f'j") 

5, De novem peccatis alienis — dasselbe wie 
^De peccatis mortalibus et venialibus." 

Handschriften in 
Krakau — U. Bibl. — Codex des Jahres 141 1.§) 
Kônigsberg — Kônigl. U. Bibl. §§) 



*) Wislocki, Catal. nr. 380, 1309, 2129. (Papierkodex aus U/15 
Jahrhdrt.) 
♦*) Loserth a. a. 0. 
***) Oudinus a. a. 0. III, 1110. 
f) Tabulas codic. mss. III. nr. 4576,47 und 4691,4. 
f f) Bond, Catalogue of Additions to tlie manuscripts in the British 
Muséum in the years 1848 — 1853. nr. 19,394. 
-{•ffi Von den Buch wussten: Balbinus, Boh. docta III, 147, der es in 
der Bibliotheca Trebonensis vorfand, nnd Eisengrenius, Catal. testium 
veritatis p. 155, der von seiner Bewahrung im Kloster Franken- 
thal Kenntnis batte, und Possevinus, Apparatus sacer. I, 418. 
§) Wislocki, Catal. Cracov. nr. 395. 
§§) Steffenhagen, Catal. cod. mss. bibliothecae regiae et univ. Reginion- 
tanae 1861. I, 23. 



— 65 — 

Munster - Kônigl. Paul. Bibl.*) 

einst Leipzig — Paulinenbibl. **) 
Anfang: „Ad sciendum, quando (quinKrakau) peccatum 
^liquod sit (fit Kônigsberg) mortale (morale KÔnigsberg) 
vel veniale, nota quinque régulas." 

Schluss: „Istud composuit sapientissimus sacr. pag. pro- 
fesser, nigr. M. de Cracovia, et cum hoc artium valen- 
tissimus" .... 

6. Tractatus de hypocrisi et eius speciebus. 

Handschrift in 

Krakau — Un. Bibl. ***) 
A n f a n g : „Incipit tractatulus de hypocrisi et eius speciebus, 
cum regulis sibi annexis et particulariter declaratis per capi- 
tula eius indroducta." 

Schluss: Explicit summa hypocrisis declarata et per auc- 
toritates ss. doctorum probata. Amen." 
7. Sacrum commercium S. Francisci cum domina 
paupertate-{-). 

S. Liber de amore divino-f-f) — vermutlich dieselbe 
Schrift wie die dem Possevinj"}-}-) bekannte „de amore 
-charitatis." 

9. De consolatione theologiae — handschriftlich in 
Krakau §). 

Schluss: „ Explicit liber de consolatione theologiae brevis 
et utilis, quem composuit mayster M. de Gr., ut omnes in 
quacunque tribulatione existentes ex eo se possent con- 
^olari." 



*) Stânder, chirographorum in regia bibliothec. Paulina MonasterieDsisi 
Catal. Breslau 1889. nr. 115. 
**) Oudinus a. a. 0. 

***) Wislocki, Catalogus nr. 2398, bestâtigt also die Angabe Balbins, 
Boh. doct. II, 285. 
t) Balbinus, Boh. doct. H, 285. 
tf) Eggs, purpura docta H, 514. Wundt, Magazin. III, 378. 
-fft) Apparatus sacer. I, 420. 

§) Wislocki, Catalogus C'racov. nr. 554. 



~ 66 — 

10, Opusculum de passione Domini. 
Handschriften in 

Munster — Kônigl. Paul. Bibl.*) 

Giessen — Un. Bibl.**) 

W i e n — Hofbibl.***) 

St. Gallen — Stiftsbibl.f) 
Anfang: „Scitis, quia post biduum Pascha fiet." 
(Giessen: In feria quarta post festum palmarum") 
S c h 1 us s : „qui in aeternum régnât." 
(Giessen: „perducat. Amen.") 

11. Spéculum aureum de titulis benefici o rum-{"{-)^ 

12. De officio ant istitum-|-|"j-). 

13. De arte moriendi. Hiervon batte Falk§) nach. 
Hànel, Catal. libr. mss. p. 213. eine Handschrift auf der 
Stadtbibliothek zu Marseille (F. a. 24) und nachEnnen, 
Inkunabéln der Stadtbibliothek zu Kôln S. 31. eine solehe 
zu Kôln, Loserth eine Hdschr. in der Br eslauer Uni- 
versitâtsbibliothek. l.Q. 37 nachgewiesen. In seiner neuesten 
Schrift§§) hat nun Falk nach Einsicht des Kôîner Exem- 
plars gefunden, dass jene ars durchaus nicht von Matthaeus,. 
sondern die bekannte des Kardinal Capranica ist. Ich 
liess mir darauf hin das von Loserth namhâft gemachte Exem- 
plar von Breslau kommen und f and F a 1 k s Angahe auch hier 
hinsichtlich des Inhalts vollkommen bestâtigt. Zudem ist 
in der Breslauer Handschrift der Name des „Matthaeus 
de Cracovia" von viel spàterer Hand hinzugefûgt. Aber 
ailes das beweist eben doch weiter nichts, als dass sowohl. 



*) Stânder, chirograph. catalogus. nr. 116. und 168. 
**) Adrian, Catalogus nr. DCCLXXXVIII. 
♦**) Tabulae codic. mss. III nr. 3907,2- 

f) Verzeichnis der Handschriften der Snftsbibl. von St. Gallen. Halle- 
1875. nr. 979. 
tt) Wislocki, Catalogus nr. 1483. 
ttt) Eggs, purpura docta II, 514. Wundt, Magazin III, 378. 

§) Korrespondenzbl. d. deutsch. Gesch. Vereine. 1873, No. 7. S, 10. 
§§) Die deutschen SterbebticMein. S. 83. 



— 67 — 

das Kôlner wie das Breslauer Exemplar fâlschiich deii 
-Namen^^des Matthaeus de Cracovia tragen , aber doch 
keineswegs , dass die alte berûhmte ars moriendi nicht 
~vbn ihm geschrieben sein soUte, zuraal Falk*) selbst zu- 
;giebt, dass der Autor derselben unbekannt ist. Nun sehe 
ich gar keinen Grund des Zweifels daran, dass diese.r Un- 
bekannte eben Matthaeus ist. Mir wird sogar die Angabe 
JEberts**) zur Gewissheit, dass die „ars moriendi ex va- 
j-iis scripturarum sententiis collecta cum figuris ad resis- 
tendum in mortis agone diabolicae sugestioni valens cui- 
Jibet christifideli utilis ac multum necessaria" den Matthaeus 
de Cracovia zum Autor hat. Nach meiner Einsichtnahme dièses 
^Iten auf der Stadtbibliothek zu Frankfurt a. M. befind- 
lichen Druckes, der mit einem dort ebenfalls bewahrten 
in Bruchstûcken erhaltenen Holztafeldruck***) wôrtlich 
ûbereinstimmt , scheint mir nicht nur die ganze Schreib- 
weise voUstândig dieselbe wie in „de squaloribus" und dem 
^dialogus rationis et conscientiae" (was auch hinsichtlich 
der von Matthaeus beliebten Form des Dialogs gilt), 
sondern auch die Gedanken entsprechen vôllig den seinen. 
Der Satz „quia sancta ecclesia errare non potest, cum a 
spiritu sancto regatur" ist nahezu identisch mit dem an- 
deren-j-) „quia tota ecclesia et congregatio fidelium, quam 
repraesentant episcopi, non potest errare." Wenn ferner 
der Autor hier betont, dass ein guter Christ glauben musse, 
dass er in der „unitas" und ^oboedientia" der Kirche sterben 
werde, dass der Mensch zu einem „debitus usus sacramen- 
torum ecclesiae" sich anschicken musse, dass bei der Un- 
môglichkeit einer Beichte schon die innere Zerknirschung 
genûge , dass geistiges Wachstum besser sei wie Pochen 
-auf àussere Werkheiligkeit, dass das Gebet des Sterbenden 



*) Die deuschen Sterbebûchlein. S. 16. 
*") AUgem. bibliograph. Lexikon Leipzig 1821. I, 408. 
***) Vielleicht ein Teil jenes von Falk (Sterbebiichlein S. 7) angefûhrten 
Bruchstiickes. 
-{-) „De squalor. curiae Eom." Walcb, Mon. med. aevi. I. 15. 



— 68 — 

im Herzen gerade so viel Wert habe wie ein âusseres 
Bekenntnis, so sind das ailes oft vertretene Ansichten des 
Matthaeus. Auch die starke Hervorhebung der Selig- 
preisung der Armut durch Jésus erinnert an den Gedanken 
in „de squaloribus," Christus habe die Armut zur Grund- 
lage seiner Kirche bestimmt. (De squaloribus. Walch,. 
I, 71). Wenn Falk nun sagt*), die oberste Zeitgrenze 
tùr die Abfassung jener ars sei das Jahr 1408, so kànn 
doch Matthaeus ganz gut seine Schrift nach 1409 geschrieben. 
haben , wie mir die âusseren Umstânde seiner damaligen, 
Lebensepoche wahrscheinlich machen. (Die Krankheit in_ 
Heidelberg , wo er hûlfreich eingegriffen hatte, wie sein 
hohes Alter). Auch eine so frûhzeitige Kenntnis des Trak- 
tates Gersons „Dreifaches Werk ûber die Vorschriften des 
Dekalogs , die Beichte und die Kunst des Sterbens"**) ist 
bei einem Gelehrten der in Beziehung zu Paris stehenden 
Heidelberger Hochschule, noch dazu bei der schnellen. 
Verbreitung der Bûcher im Mittelalter uberhaupt er- 
klârlich. 

Selbstverstàndlich giebt der Druck des Kôlners Ulrich 
Z ell um 1470***), der beginnt „pro]ogus in librum de arte 
moriendi mag. Matthaei de Cracovia s. theol. prof." die 
nicht dem Matthaeus gehôrige spâter 1452 geschriebene 
„ars" des Capranica-f). Der Kodex der Bibliothek zu 
M e 1 k.-f-f) enthàlt die „ ars " des Capranica; wie es mît den Hand- 
schriften von Krakau-j-f-j-), Wurzburg§) und Giessen§§) 



*) Die deutschen SterbebûcMein Koln 1890. S. 17. 
**) Vgl. Schwab, Job. Gerson. 1858. S. 683. 

***) Vgl. Emien, S. 31, und Eugène Dutuit, Mauuel de l'amateur d'Estanques- 
1884. I, 67. 

f) Vgl. Palk, Sterbebiichlein. S. 24. 

ff ) Catal. cod. mss. qui in bibl. monasterii Mellicensis servantur. Wien.. 
1889 nr. 1. 

ttt) Wislocki, Catal. nr. 478. 

§) Die Pergamenthandschriften der Konigl. Univ. Bibl. Wiirzburg.. 
1886 p. 16. 
§§) Adrian, Catal. DCCLXXT, 



— 69 — 

steht, konnte nicht nàher untersucht werden. Doch scheint 
letztere die ursprûnglidie „ars" des Matthaeus wiederzu- 
geben, da sie der Schreiber îm Jahre 1439, also 13 Jahre 
vor Capranicas Buch, geschrieben hat. 

Sie beginnt „Cum omnium terribilium" und endigt 
„Morldiscat. 1439." — Nicht ganz klar sind die Ausfûhrungen 
Falkensteins *); Ha in kennt zwei Drucke**). 

14. Matthaei Pragensis professoris liber 
de puritate conscientiae oder de mundo corde et 
pura conscientia. 

Handschriften in 

Wolfenbûttel - Herzogl. Bibl.***) 

Munster — Kônigl. Bibl.f) 

Giessen — Univ. Bibl. ff) 

Marburg -^ Univ. Bibl.tff) 

Mûnchen — Kônigl. Bibl. §) 

Strassburg.§§) 

Wien — Hofbibl.§§§) 
Der Traktat erscheint identisch mit dem gerade so be- 
ginnenden unter dem Titel „De confessione" gehenden. 
Dieser findet sich handschriftlich in: 

Wiesbaden — Kônigl. Landesbibliothek *-{-) 
Ende : non quis sed quid dico attende. 

Mûnchen -^ Kônigl. Bibl. **t) 



*) Gescli. der Buchdruckerkunst. Leipzig 1840. p. 22. 
*") Repertorium bibliographicnm. 1827. nr. 5801 n. 5802, letzteres eine 

deiitsche Ûbersetzung. 
***) T. Heineraann, die Handschriften d. iizgl. Bibl. z. Wolfenb, I, 454,,^ 
u. 776,9. 
f ) Stânder, Catalogus nr. 20B. 
tt) Adrian, Catal. nr. DCLXXXVI. 
ftf) Hermanu, Catal. eod. mss. Marburg 1838 D. 32. 
§) Catal. coll. latin. I, 3 nr. 1479, 
§§) Hânel, Catal. libror. mss. Leipzig 1830 p. 451. 
§§§) Tabulae codic. mss. III -nr. 4732,i,. 
*f) V. d. Lindc, die Handschriften d. k. Landesb. in Wiesbaden ' p. 118- 

nr. 42. 
**t) Catal. cod. latin. I, 2 nr. 203. 



— 70 — 

Strassburg.*) 

Wien.**) Endigt ^inferiorem me consentiret." 
Melk.***) Endigt „Miserere nostri". 
Tirnstain. cod. ch. fol. H. 22. f) 
Posen — Raczynsk. Bibl. f"|-) 
Anfang „Quoniam fundamentum et ianua virtutum omnisque 
gratiae ac spiritualis consolationis principium est conscientiae 
puritas ..." 

Schluss: „Explicit libellus . . . editus a mgro. M. d. Cr. 
sacrae theologiae professore studii Pragensis." (so in Mar- 
turg, Wolfenbûttel und Strassburg, vermutlich auch in den 
labrigen Handschriften). 

Dieser Schlusssatz weist noch auf die Zeit des Prager 
Aufenthaltes — genauer zwischen 1382 und 1392. Dass 
der Traktat frûher wie 1400 verfasst ist, zeigt auch 
die handschriftliche Notiz des Mûnchener Codex : „Hunc 
tractatum scripsit anno 1401 Henricus Franco." 

15. Tractatus de modo confitendi et poeni- 
tendi, auch de informatione confitentium oder „Confessionale" 
genannt — in 10 Abschnitten; vielleicht ursprûnglich nur 
ein Anhang zu dem vorigen. 

Handschriften in 
Krakau — Univ. Bibl. (Confessio ad populum , beginnt 
,,Ich sûndiger Mensch , ich gebe mich schuldig dem all- 
mâchtigen Gott , der Kônigin Maria , allen Heiligen und 
Euch, Priester, dass ich . . . '{■tt)* 

Breslau— Univ. Bibl. 1. F. 580. „Confessio bona et uti- 
lis lingua teotonica scripia"§). 

*) Weislmger, Catal. libr. in bibl. ordinis S. Joh. Hierosol. Aigentor. 

1749 p. 33. 
**) Tabulae codic. inss. III nr. 4067, 12. 

***) Catal. cod. mss. qui in bibl. monasterii Mellicensis servantur. Wien 
1889 nr. 165, 36. 
f ) Duellins, Miscellanea I, Vorrede o. 
tt) Katalog der Kaczynsk. Bibl. in Posen. 1885, I, 293. Hier ist M. 
bezeiclinet als „episcopus in Heidelberg". 
-j-ff) Wislocki, Catal. nr. 2244. Nach der Unischlagsbemerkung des Sbi" 
gneus Olesnicki stamint die Handschrift ans Erfart. 
§) Loserth, Hus u. Wiclif. a. a. 0. 



- 71 — 

Munster — Kônigl. Bibl*) 

Wolfenbûttel — Herzogl. Bibl.**) 

Mûnchen — Kônigl. Bibl.***) 

Wien — Hofbibl.f) hier beginnend „Quilibet peccator 
volens confiteri". 

E n d e : „Ad alia impertinentia esset mortale". 
16. De dispositione commu nicantis in Breslau 
handschriftlich Univ. Bibl. 1. F. 114-[-f). 

17. Sacramentale Ebendort 1. F. 277. 

18. De corpore Christi. 

DaLoserth nach der Breslauer Handschrift 1. F. 234. 
diesen Traktat als einen anderen wie den der „ratio" und 
„conscientia" erkannte, so ist Falks Annahme-|-}"|-), dass 
die Strassburger 4" Handschrift des Jahres 1434§) identisch 
sei mit jenem Traktat, hinfâllig. Eher scheint eine Identitât 
vorzuliegen mit den einem Marcus de Cracovia zuge- 
schriebenen, vonBalbin§§) aber unserem Matthaeus zuer- 
kannten „Sermones de communione sacri sacramenti 
Eucharistiae". 

Handschriften f erner in 

Krakau _ Univ. Bibl.§§§) 

P o s e n — Raczynsk. Bibl. *-{-) 

Wien - Hofbibl.**t) 
Anfang: „Quomodo potest hic nobis dare carnem" (Wien) 
oder „Accipite et comedite: hoc est corpus meum." (Posen). 
Schluss: „gloria tua iugiter sanari. Amen." 

~~'*ystànder, Catal. nr. 206. 

**) 0. V. Heinemann, Handschriften. I, 776. 9. 
=<**) Catal. codic. latin. I, 2 nr. 832, 979, 1597, 1598, 1599 u. 1, 3 nr. 25, 1439. 

f) Tabulas codic. mss. ITI. nr. 4501, 3. 
ff) Nach Loserth a. a. 0. 
-|-tf) Korrespondenzbl. des Gesamtver. d. deutsch. Geschichts- und Alter- 
tumsverciue. 1878. No. 7. S. 10. 
§ Hànel, Catal. lihr. mss. p. 454. 
§§) Boh. docta. III, 50. 
§§§) Wislocki, Catal. nr. 1223. (Kod. a. d. J. 1446/47) 2039, 2319. 

*t) Katalog. I," 293. 
**t) Tabulae codic. mss. TH, nr. 4452,2. vielleicht auch I, 1399,9. 



- 72 



C. E e d e n. 

1. Sermo, quem fecit magisterMatthaeus de Craeovia, 
sacrae theologiae doctor, coram Urbano VI., cum esset 
ambassiator studii Pragensis. 

Handschriftlich in 

Krakau - Univ. Bibl.*) 

Olmûtz - Univ. Bibl. 2. VIII. 11**). 

Das Thema ist nach den Krakauer Codex „de s. 
apostolis Petro et Paulo", nach der Olmûtzer Handschrift 
,,quomodo facta est meretrix civitas fidelis". 

2. Sermo de emendatione morum cleri et 
p o p u 1 i. 

Handschriften in 

Krakau — Univ Bibl. ***) 

Elbing — Pfarrbibl. v. St Nicolai, Ms, 3. f. 123-132t). 

Marburg — Univ. Bibl.ft) 

Mûnchen — Kônigl. Bibl. f-j-f-) 

Salzburg — Petersbibl §) 

Prag. Cod. Bibl. univ. X. A. 2. 
Anfang: „Quid est quod dilectus meus in domo mea facit 
scelera multa. Jeremiae XL Venerabilis Hugo dicit ..." 
Dieselbe wurde gehalten nach dem Mûnchener Kodex 
(Cod. Monac. latin. I, 3 nr. 57) im Jahre 1382, dem anderen 
(Deutsche Handschriften I, nr. 533.) im Jahre 1384, dem dritten 
(Cod. Mon. latin. I, 2 nr. 1310) 1386, dem auch die Prager 
Handschrift zustimmt. 



*) Wislocki, a. a. 0. nr. 2244. 

**) Pertz, Arch. d. Ges. fur ait. deutsche Geschiclitskunde. Hannover. 
1851. 10,681, Hôfler, histor. polit. Blatter. 46,7. 
**") Wislocki, a. a. 0. nr. 173, 2291, 2244, 2372. 

t; Hiplcr, Ermiand. Zeitschr. III, 205. 
ff) Hermann, Catal. codic. rass. D. 23. 
ttt) Catal. codic. mss. latin. I, 2, nr. 1310; I, 3 nr. 57. Die deutsch. 
Hdschrft. der Hof- u. Staatsbibl. zu Mimchen 1866. I, nr. 5;33. 
§) Paz, Thésaurus anecdot. noviss. Isag. VI. 



-- 73 - 

DièRede ist nachBalbi n*) eine der beiden Synodal- 
Teden, die sich un ter den „sermones synodales" der Clemen- 
tinenbibliothek in Prag vorfinden. 

3. Die zweite Rede beginnt „Separavit vos de 
populo" — handschriftlich in 

Elbing**) underscheintidentischmit der in Krakau***), 
die dort in's Jahr 1387 gesetzt wird — Krumm elf) meint, 
sie sei 1388 gehalten, wofùr er vermutlich urkundliche 
Bestâtigung batte, 

4. CoUationes duae factae coram papa pro 
coronatione Ruperti régis — 

Handschriften in 
Krakau-|-|-) 

wohl auch Mûnchenff-|-). 

St. Pôlten — wonach Duellius, Miscellanea I. die 
Heden gedruckt hat. 

Fussend§) auf dem ersten Vers aus dem 17. Cap. des 
Johannesevangeliums „Vater, die Stunde ist hier, dass Du 
Deinen Sohn verklârest", richtete Matthaeus die dreifach be- 
griindete Bitte an den Papst, den Verdiensten des Kônigs durch 
seine Approbation vor dem ganzen Erdkreis die gebûhrende 
Anerkennung zu verleihen. Besonders wies der Redner 
auf die Gefahren einer kaiserlosen Zeit und auf das Wort 
Jesu , wonach zwei Schwerter auf Erden sein sollen, hin. 
Ist ihm der Papst der sichtbare Vater aller Glâubigen, so 
der Kaiser der Erste der Sôhne desselben — eîn Anklang 
an Dantes Wort: „Der Câsar erweise Petrus die Ehrfurcht, 
welche der Erstgeborene seinem Vater schuldet" §§). Der 



*) Boh. docta. lU, 113. 
**) Hipler a. a. 0, 
***) Wislocki, Catal. .2244. 
f) Gesclî. d. bSIira. Reformation S. 73. 
tt) Wislocki, a. a. 0. nr. 1961. 
-ftt) Bibl. 3Ionac. latin. I, 1 nr. 224. 
§) Vgl. dièse Abhandluug. S. 39 ff. 

§§) Vgl. Lindner , deutsche Geschiehte luiter Habsburgern und Luxera- 
bnrgern. I, 220. 



_ 74 — 

Kaiser steht sogar neben dem Papste; denn wie von diesem 
hinsichtlich seiner geistlichen, so gilt von ersterem hinsicht- 
lich seiner weltlichen Macht das Psalmenwort (Ps. 82,8} 
„Du bist der Hôchste auf der ganzen Erde." 

Hatte Matthaeus in diesen Worten geschieden zwischen 
geistlicher und weltlicher Gewalt, so bespricht er in der 
zweiten Rede die Stellung der weltlichen Gewalt innerhalb 
der Kirche, und hier ist ihm der Papst Haupt, der Kaiser 
rechter Arm derselben. 

5 Oratio ad comp a tiendum mi seriae sanctae 
matris ecclesiae pro omni statu concepta per épis- 
copum M. Wormatiensem, in Polonia doctorem theologiae 
Cracoviensem. 

Handschriften in 

Erfurt - Kônigl. Bibl.*) 
Text: „Domine J. Chr , qui ecclesiam tuam — — redenip- 
tori nostro débita reddatur gratiarum actio — saecul. Amen." 

6. Sermones et coUationes. 
Handschriften in 

Wien**) - Hofbibl. 
Telle derselben scheinen folgende sermones 

a. beginnt : „venit iudicare terram" 

b. „ „eadem mensura" i— Marburg***} 

c. „ „lavamini mundi estote." 

d. „ „Facite vobis amicos de mammona ini- 

quitatis." — Krakau-f) 

e. „ „de cena domini." — Krakau-j"|-) 

Vielleicht gehôrt zu diesem Werk auch der von< 
Z o r n *|'"f i") angef ûhrte „Sermo super quatuor sententiarum . . ." 



*) Schum, Catalog der Collectio Ampl. p. 92. nr. 142,,. 
**) Lambecius II, 776. 
***) Hermann, Catal. D. 23. 

t) Wislocki, Catal. nr. 2286. 

tt) Wislocki, Catal. nr. 2244. 

ftf) Worraser Chronik. S. 158. 



- 75 - 



D. Briefe und sonstige kleinere Schriften. 

1. Epistolarum liber I. ad diverses 
nachLoserth in einer Handschrift der Breslauer Univers. 
Bibl. 1. F. 272, identisch wohl mit der von Zorn*) als 
,,epistolae et sermones ad varies" angefûhrten. Vermutlich 
findet sich darin die von Pertz**) erwàhnte „ad archi- 
episcopum Pragensem" und die von L o s e r t h angegebene 
,epistola de commercio çum Judaeis (B r e s 1 a u. Univ. Bibl. 1 . 
P. 286) _ letztere môglicherweise 1390 verfasst , wo Wenzels 
ge waltsame Judenschuldentilgung Veranlass ung bieten mochte . 

2. M. de Cr. notificatio de Johanne de 
Falkenberg. 

A n f a n g : Notum sit omnibus scire volentibus ad me deve- 
Tiisse notitiam qualiter quidam frater Johannes Falkenberg, 
ordinis Praedicatorum, legens in theologia Cracoviae" — 
S chl uss : „Datum Heidelberg 2 die Decembris a. d 1405 M., 
dei gratia episcopus Wormatiensis. — 
in Krakau - Univ. Bibl.***) 

3. Excerpta de collect diversarum mate- 
riarum — in Kônigsbergf). 

Kleinere Werke sind nachLoserth in Cod. l.Q. 372. 
383 der B r e s 1 a u e t Stadtbibliothek 1606. 

Da Hipler-j"|-) sagt, die Schriften des Matthaeus 
seien zahlreich inPelplin, Danzig und Thorn, so hâtte er 
ausser in Kônigsberg und Elbing uns auch Exemplare in 
jenen Bibliotheken namhaft machen mûssen. So muss 
-denn hier auf eine Angabe derselben verzichtet werden. 



*) a. a. 0, S. 159. 
**) Altères Archiv. XI, 699. 

***) Wislocki, Catal. nr. 326, 2264 (wo irrtumlich 1404 steht). 
t) Stcifenhagen, Cod. bibl. Regiomont. I, 37. 
tt) Hus und Wiclif S. 69. 
ttt) Ermland. Zeitschr. III, 184. 



76 



E. Eeformatorische Schriften. 

1. De célébration e missae, vielfach zitiert als- 
,,dialogus rationis et conscientiae de communione". 

Handschriften in 
K r a k a u — Univ. Bibl. *) „Incipit dialogus ad f requen- 

tationem s. communionis exhortatorius. 
Kônigsberg — Cod. Reg. 1334**) 
Wolfenbûttel - Herzogl. 61^.**=») 
Marburg - Univ. Bibl.f) 
Mûnchen — Kônigl. Bibl. 
„utrum saepe et fréquenter sacerdotibus sit celebrandum. 
vel laicis communicandum" -|-f ) 

einst Leipzig — Paulinenbibl. f j-f) 

Breslau— Un, Bibl. Cl. 1. Q. 157 nachLoserth, 

auch 1. F. 321. 
Wittingau — A. 5. 
Linz — Stiftsbibl. zu St. Florian.§) 
„De communione, utrum melius sit continue vel saepe: 
communicare vel raro." 

Trier — Stadtbibl. Incunab, nr, 630. §§) 
Strassburg — „de accedendo vel abstinendo a sa- 
cramento." §§§) 



*) Wislocki, a. a. 0. nr. 1291. 
**) Hipler. Ermlànd. Zeitschr. III, 215. 

***) V. HeinemauQ, Catal. I, nr. 454,i3, 650,8, 664,i9, 776,8; vielleicht 
aucli 186,3. 
t) Hermann, Catal. cod. mss. D. 18. b. (geschrieben 1463). 
tt) Catal. cod. latin. I, 3 nr. 1056. ausserdem I, 3 nr. 1072, 1818,- 
1364, 1490. 
ttf) Oudin. a. a. 0. 

§) A. Czerny, die Handschriften der Stiftsbibl. St. Florian. Linz 1871.. 

S. 98. nr. 233. 
§§) Scheuffgen, a. a. 0. S. 130. 

§§§) Weislinger, Catal. p. 38. u. 26., moglicherweise identisch mit deni 
aufp. 10. u. 48. angefiibrten Traktaten „de sacramento Eucharistiae".. 



— 77 — 

Wien - Hofbil.*) 

Melk - Klosterbibl.**) 
„Incipit liber de dispositione communicantis et accedentis." 

Prag — Domkapitel Bibl. O. 44 und 

Univ. Bibl. XVI. F. 8. — nach Loserth. 

Utrecht — Univ. Bibl.***) — vermuthlich in 

Gent — Stadt- und Univ. Bibl. -J-) 

Brûgge — Stadtbibl. f f } 

Cambridge — ttt)- 
Ausserdem erscheint die Schrift identisch mit dem von 
Duellius§) als verschieden davon bezeichneten hand- 
schriftlicheninderTirnstainer Bibl. cod. cart. 4» sign. a. 25 
gefundenen liber I. de conscientia , welcher gerade so be- 
ginnt§§}. 

An fan g: „Multorum tam clericorum quam laicorum 
querela est non modica". 

Schluss: „Ad quam consequendam pro viatico datum est 
nobis corpus domini nostri J. Chr., qui cum pâtre ..." 

Auszûge aus der Schrift finden sich in 

Mûnchen — Kônigl. Bibl. „De dispositione sacer- 
dotis ad mensam altaris." §§§) 



*) Tabulae codic. mss. ni. nr. 3737„o; 3598,9; 3947,8; 4031, 14; 4350,8; 
4533,0 (indessen hier, wo der Index angiebt, nicht zu finden). IV, 
nr. 5099,/, 5352,io. 

♦*) Catal. monast. Mellic. nr. 62,9; nr. 123; 229,2. 

♦**) Tiele, Oatal. nr. 217 iMer fâlschlich dem Heuricus de Hassia zu- 
geschrieben) 314, 315, 378. 
t) Saint-Génois, Catalogue des manuscrits de la bibl. de la ville et 
de l'univ. de Gand. 1649—52. p. 405. nr. 590. 

ft) Laude, Caial. des manuscrits de la bibl. publique de Bruges. 1859, 
nr. 50. 

f tf ) A Catalogue of the manuscripts in the library of Gonville and Caius 
Collège Cambridge. 1849. p. 168 nr. 353. — Oudin a. a. 0. bat 
demnach Eecht. \ 

§) Miscellanea. I. Vorrede. 0. 

§§) Auch Falk (Korresp. Bl. 1873. No. 7,io) folgt Duellius. 
§§§ Catal. codic. latin. I, 2. nr. 1378. ausserdem I, 3 nr. 213. nr. 1466. 



— 78 — 

Wien — Hofbibl. I. „Dispositio sacerdotis ad mensam 
altaris collecta ex tractatu super missam."*) 
Anfang: „Primo et praecipue." 

Schiuss: „Hic in gratia et tandem in futuro in gloria. 
Amen." 

IL oder: 
Anfang: „Inter alia salubria." 
Schiuss: „Et detestatio et mortifica . . "**) 

III. oder:***) 
Tractatus seu epistola de directione habenda in rare vel 
cotidie celebrando missam et quo ordine sacerdos semel 
in die digne valeat celebrare et de his, qui pluries una die 
célébrant indiscrète. 

Anfang: „Quemadmodum in quorundam." 
Schiuss: „Epulis recumbere desiderat." 

Melk — Klosterbibl. „de modo accedendi ad sacr. 
ait. et quare vel propter quas causas sit accedendum." -|-) 
Anfang: „Cum accedis ad sacr, dom. nostr. J. Chr, dirige 
aciem mentis." 
Schiuss: „Ut sint consumât! in unum." 

Die Schrift wurde 1457 oder 58 von Gutenberg^-}-) 
gedruckt unter dem Titel „tractatus rationis et conscientiae 
de sumptione pabuli salutiferi corporis domini nostri Jesu 
Christi." Dièses Exemplar fand ich auf der Stadtbibliothek 
zu Frankfurt a. M. und erkannte es als vollkommen identisch 
mit dem, welches Fischer ftl") a^ls auf der Mainzer Stadt- 
bibliothek befindlich (Cryptotypographen Nr. 2.) bezeichnet. 
Seine Annahme , es sei wegen seines viel schôneren und 
reineren Druckes , der im ûbrigen vôUig identisch sei mit dem 



*) Tabulae codic. inss. III, nr. 3848,2. 
**) Tabulae III, nr. 40I5„o. 
***) Tabnlae III, nr. 3947,,, und 4409,30. . 

f) Catal. monasi. MelJicens. nr. Q2,^q. 
ft) V. d. Linde, Gesch. der Erfindnng der BucMiuckkunst . Berlin 
1886. III, 917, meint, Gutenbergs Scbuler, Heinrich Keffer, wàre 
der eigentlicbe Drucker gewesen. 
-ftt) Beschreibung einiger typographiscber Seltenheiten. Mainz 1800,111,79. 



— 79 - 

Druck von dem Catholicon des Johannes Balbus aus 
Genua etwas frûher wie 1460 , etwa 1457 oder 58 zu 
setzen, fand ich durch einen eingehenden Vergleich beider 
Drucke vollauf bestâtigt. *) Dass dieser Druck nun die 
Schrift des Matthaeus ist, ist zweifellos. Denn eiiimal 
stimmen die nach Handschriften gefertigten Analysen 
Loserths**) und Hôflers***) durchaus mit dem In- 
halt desselben, sodann enthàlt das Gutachten des Matthaeus 
in der Aufzeichnung eines Zeitgenossen ûber den Sakraments- 
streit-}-) die gleichen Worte wie S. 13 unten und 14 oben 
im Druck aliud — expediri ; weiter stimmen die Worte , die 
L o s e r th aus der Handschrift mitteilt, durchaus mit den 
Worten auf S. 42 im Druck „error plurimorum — de vitiis 
in se." Schliesslich ist die ganze Ausdrucksweise vôllig 
die des Matthaeus in seiner Schrift „de squaloribus." Dièse 
Ausgabe enthâlt auf 22 Blàttern 30 Zeilen auf der Seite. 

Ausser von Gutenberg ist die Schrift auch wenig 
spâter um 1466 von Ulrich Zell in Kôin gedrucktff ) ; dieser 
Druckbesteht nach Falk^ff) aus 26 Blàttern zu 27 Zeilen 
in 40. Ferner erfolgten Drucke 1491 zu Memmingen durch 
Albert Kunne von Duderstadt in 4° unter dem Titel : 
„utrum expédiât et deceat sacerdotes continuare missas vel 
iaicos fréquenter communicare" §), der sich findet in 

Augsburg — Stadtbibl. §§) 



*) Der Catalog der Stiftsbibliothek zu St. Gallen nr. 678., wo sich. 
dieser I)ruck auch findet , glaubt , derselhe sei 1460, v. d. Linde 
(Guteuberg, Stuttgart 1878 p. 55), er sei 1459 erfolgt. — Vgl. 
auch Hain, Eepertoriura bibliogr. nr. 5803, 5804. — Zwei weitere 
Drucke ibid. nr. 5806, 5807. 
**) Hus u. Wiclif. S. 68 ff. . 

***) Concilia Pragensia LV. Hist.-polit. Blâtter. 46,i.2. 

f) Hôfler, Geschichtsschr. der hussit. Bew. II, 60. 
tt) vgl. Eunen S. 30 ff. — Hain, Repertor. nr. 5805. 
ttt) Korrespondenzbl. 1873. S. 10. 

§) vgl. Hain, Repertor. nr. 5809. — Oudin, III, 1110. u. Cave, script, 
eccl. append. 76 geben als Druckjahr fâlschlich 1494 an. 
§§) Lauginger u. Ôsterreicher, Catal. amplissiinae reipublicae Aiigustanae. 
Augsburg 1633. S. 99. 



— 80 — 

■ 

Fûessen — Benediktinerbibl. *) 

St. G ail en _ Stif tsbibL **) 
weiterhin 1497 in 8^ unter dem Titel „Dialogus de acce- 
dendo ad altaris sacramentum" zu Paris durch G u i d o 
Merkator ***), welches Werk nach Gr a s s ef) fâlschlich 
einem Thomas de Cracovia zugeteilt ist. Dieselbe Schrift 
ist m. E. auch die vom Kirschgartener Mônch-j-f) angefûhrte 
„de modo accedendi ad missam." 

Die Schrift wurde frûh ins Deutsche ûbersetzt f f -{-) 
und findet sich unter dem Titel „pu(ï) beê fampffrigeê ber 
t)ernunft imb beê geroiffen von ber entp'^aung bcê î)I. iaframenteê 
Qoteê leii^i'iamâ" auf der Prager Universitâtsbibliothek XVI. 
F. 21 §) in Kônigsberg§§) und Wien§§§). 
An fan g: „^il priefter imb anber menfd^en . ." 
Schhiss: „tft gegeben ber luirbig Ieid;nam unb bûê rofenoarb 
pluet uiifei- tteBen tierren t{)c[u d^rtfti ber mit got bem tjatter 
unb mit bem ^l. geift lebt." 

Dass die Schrift einem Bischof von Worms oder Ermland ge- 
widmet wâre, wie Cave, Duellius undPosse vin*-]-) an- 
nehmen, ist Verwechslung mit der Widmung des „rationale 
divinorum operum." 

Was nun die Abfassungszeit der Schrift anlangt, so 
wird dieselbe noch zur Zeit des Prager Aufenthaltes wahr- 
scheinlich durch die in jene Zeit fallenden Fragen und die 
XJnmittelbarkeit der Stellungnahme des Verfassers zu den- 



* Helmschrott, Verzeichiiis alter Druckdenkmale der Bibl. des uralteu 
Benediktinerstifts zu. H. Mang. iu Filessen. Illm 1790. p. 124 
nr. 276. 
**) Verzeichnis der Incunabelii. 1880. p. 73. nr. 442. 
***) Hain, Eepertor. nx. 5808. 
f ) Handbucli der Litterargesch. S. 389. 

tt) ni, 50, 

ttt) Conc. Prag. LIV. 

§) Nach Loserth a. a. 0. F. 8. 

§§) Hipler, Ermland. Zeitschr. III, 215. 
§§§) Tabulae codic. mss. II, 3470,5. 

*t) I, 418. 



— 81 — 

selben im Anfang der Sclirift„ sawie vorzâiglidi--durch -die 
Bezeichnung des Matthaeus in drei Handschriften (Wolfen- 
bûtteler Catalog I, nr. 776,g und 650,8 und 454,i3) als 
. ,professor sacrae theologiae studii Pragensis." — Dass sie 
viel frûher wie 1407 abgefasst ist, zeigt die Notiz der 
Utrechter Handschrift (Catal. 314) „Scriptum per fratrem 
Martinum de Sciedam circa annos domini 1407." Das 
genaue Jahr der Abfassungszeit giebt der Kônigsberger 
Codex 1334 an als 1390*). 

Eine kurze Inhaltsangabe môge folgen: 
Ausgeliend von der Natur des Sakramentes, welches 
als himmlisches Gnadengeschenk den Menschen mit Gott 
und den Brûdern vereint, wendet sich das Gesprâch zur 
Feststellung der Thatsache, dass zur Feier des Abend- 
mahls Geistliche wie Laien in gleicher Weise Recht und 
Pfiicht haben. **) Obschon mitunter andere Andachtsûbungen 
dem Herzen grôsseren Trost verliehen haben, ist doch dies 
Sak rament die Hauptquelle aller Sûssigkeit, weil es dem 
Menschen, je unwûrdiger er ist, desto grôssere Gnade ver- 
leiht. ***) 

Wohl darf niemand ohne herzliche Andacht kommu- 
nizieren, aber jeder Christ soll stets wûrdig sein zum 
Empfang und immerdar die Sehnsucht danach kennen.-j-) 
Nicht in âusserer gewaltsamer Erregung des Gemûts, 
sondern in innerer Kraft nnd Sammlungff) besteht die 
wahre andâchtige Vorbereitung, und darum ist es not- 
wendig, den Geist von den nur relativ wertvoUen Cere- 



*) Hipler, Ermlànd. Zeitschr. III, 215. 

**) „Quia omnia, quae movere possunt christiauum queiîicunqne, etiam 
presbytero conveniant". 

***) „Quaiito quis indignior est, tanto maior sibi fit gratia". 

t) „Sine desiderio nemo débet accedere." 

-ff ) „Maxime cum bonitas hominis multo plus consistât in virtute animi 
qnam lervore". 



— 82 - 

monien des Gottesdienstes weg auf das Wesen derselbeiï 
hinzuwenden. *) 

Der so vorbereitete Mensch kann im Hinblick auf 
den unendlichen Wert des Sakraments weder durch Ge- 
wissensangst noch durch sûndhaften Lebenswandèl von. 
dem môglichst **) oftmaligen Abendmahlsgang abgehalten 
werden, der ihm jedoch keineswegs zu einer blos âusser- 
lichen Gevvohnheit vverden darf. ***) 

Viel besser und tugendhafter wie weg en der Sûnd- 
haftigkeit die Feier zu unterlassen, sei es doch, mit der 
Sûnde zum Tisch des Herrn hinzutreten. -{-) Wer ferner 
jedes gute Werk von vornherein deshalb unterlassen wolle, 
um nicht bei der Ausfûhrung desselben zu sûndigen, w^erde 
wenig gute Werke thun.ff) 

Nach alledem mûsste das ganze Leben eine Vor- 
bereitungsein auf den wûrdigen Empfang des Adendmahls.ff f) 

Nur w^er unnôtige irdische Beschâftigungen meidet,, 
hingegen wie Christus Liebe ûbt, mit den Sûndern leidet 
und nicht seinem Verdienst, sondern nur der Gnade Gottes 
vertraut, wird dem Eigennutz seines Herzens und der 
Lust dieser Welt absterben, dass Christus lebe in ihm.§) 



=^) ..Nam propter haec sancta mater ecclesia organis et pulchris ornamen- 
tis nti consuevit , quateuus per hoc homini animus excitetur. — 
Multum tamen intendere val iminorari talibus incautum et pericu- 
losuru est. — Ideo indubitanter melius est, ut conetur in se morfci- 
flcare hanc infirmitatem colligendo mentem eo diligentius ad intra". 
**) „Et habeuti opportunitatem loci. et teinporis melius est fréquenter 

accedere quam raro". 
***) „Caveudum est , ne quis ex sola consuetudine exterioris operis mo- 
veatur ad celebrandum." 
f) „Si bouum aut virtuosum est ex humilitate diraittere , multo vir- 
tuosiuset melius: cum humilitate accedere". 
ff) „Si vis quodlibet opus omittere nisi sis certus, quod non pecces in, 
eo, pauca erunt ut puto, quae faciès", 
tff) „Tota vita débet esse praeparatio ad susceptionera". 

§) „Inserendo se vulneribus Christi, cumpatiendo peccatoribus, in nullo 
de se aut meritis suis sed de Dei pietate confidendo — sibi ipsi. 
mori, ut Christus vivat in eo". 



- 83 — 

Wer dagegen die vergânglichen Gûter dieser Welt 
Tiicht gering zu achten vermag, dem wird es nichts nûtzen, 
Buch wenn er tausend Psalmen ableiern wollte. *) 
2. De squaloribus curiae Romanae. 

Handschrif ten in 
Wolfenbûttel — 83. 5. Aug. fol. „de vitiis aulae 

Romanae." 
Berlin — Mscr. theol lat. Quart. 207. 
Erfurt - Kônigl. Bibl.**) 
Melk -***). 

Wien — Hofbibl. „liber de praxi alias de squaiore 
Romanae curiae." f) 
u. Schottenkloster daselbst. f f ) 
Basel - A. 15. fol. 333. ftf) 

Dijon — Bibliothèque à l'école de Droit. 196. saec. 
:XV. cart. fol.§) 

1551 wurde die Schrift von dem als Mathematiker 
und Theologen bekannten §§} Wolfgang Wissenburg§§§) 
"unter dem Titel „de squaiore seu de praxi curiae Romanae" 
zu Basel in 8", 1690 nochmals im wesentlichen nach dessen 
Text*-f) von Edward Brown in seinem „Appendix ad 
fasciculum rerum expetendarum etfugiendarumOrtvini Gratii" 
zu London, zuletzt von W aie h 1757 zu Gôttingen gedruckt. 

Es gilt nun, derFrage ûber die vielfach angezweifelte 
Autorschaft des Matthaeus nâher zu treten. 



*) „Horuin coiitemptus plus valeret qiiam istis retentis decantatio 
mille psalmorum". 

**) Schiwn, Beschreibendes Verzeichnis der Amplonianisclien Handscliriften- 
sammlung zu Erfurt. Berlin 1887. S. 409. nr. 148,3. 
***) Pez, Thésaurus. Isag'oge VI. — Duellius, Miscellanea I. Einleitung. 
f) Tabulae codic. mss. III. nr. 4536.1. 
tt) Pez a. a. 0. VI. 
ttt) Scheuffgen, a. a. 0. S. 94. 
§) Hânel, Catal mss. p. 145. 
§§) Gesuer, bibl. 629. 
-§§§) Walch, Mon. XXI., dagegen XXIX. Wissecurg (wohl Druckfehler). 
.*t) Walch, Mon. T, XXX. 



84 



Die Schrift ist sicherlich von einem in der Zeit 
des grossen Schismas Lebenden verfasst. 

Denn es fehlen zunâchst aile Stellen, welche dieser 
Annahme widersprechen kônnten*), nicht nur in Hand- 
schriften zu E r f u r t undBasel**), sondern auch zuBerlin 
und Wplfenbûttel. 

Einige Vergleichungen môgen dies darthun. 

Tabelle I. 



Walch. 


Brown. 


Wolfenbûttel. 


Berlin. 


S. 31. 




Fol. 200. vol. 1. 




Hocsiquidem docet 




Adhuc siquidem 


. . . siquidem devenit 


status , vel verius 




docet * status vel 


• • . ♦ 


lapsus cur.Eom., quod 




verius lapsus curiae 




nuUa supplicatio, 




Romanae quod nuUa 


... supplicatio quae- 


quantumlibet pau- 




supplicatio quae ta- 


cunque licet pau- 


peris, pro gratia ex- 




libus pauperibus pro 


peris 


pectativa, quantum- 




gratia expectativa 


• • ■ • 


libet exili , etiam de 




quantumcumque 


quantum libet exili. _ 


data currente sig- 




exili Etiam de data 




natur, nisi prius uno 




currente signatur 




ducato, quemad- 




nisi prius dato uno 


• • • • 


modum tempore 




ducato tam intègre 




Bonifatii IX. et 




ut nec denarius de- 




Johannnis XXIII. 




iiciat. 




et Martini V. tam 








intègre, ut nec de- 








narius deflciat. 








S. 49. 


S. 595. 






Et mirum est, quod 


Et mirum est, quod 






credimus omnia bona 


omnia, quae facimus, 






esse , quae facimus, 


bona esse oportet nec 






quia nolumus audire 


audire volumus, quae 






in contrarium reso- 


sunt contraria; quae 






nantem scripturam, 


tamen si in disputa- 







*) Walch, Mon. I, 31,32, 49,56. 
**) Sclieuffgen, Beitràge S. 94. 



~ 85 — 



Fortsetzung von Tab. I. 



Waleh. 



Brown. 



Wolfenbuttel. 



Berlin. 



quae tamen si in 

dispntationem 
veniant, defendere 
von possemus, 
qnem admodum 
uioderni liae- 
r et ici, Husitae, 
Wiclefistaefieri 
p t a n t.Haecomnia, 
Ht praemittitur, non 
ignoramus. Providen- 
dum ergo esset sum- 
mopere, ne papa cum 
omnibus curtisanis 
suis propter iam 
dicta, ut dicendum 
sit, miserabiliter con- 
fuudatur per eos et 
simiies. 

S. 56. 

Ex ufcraque parte 
posset committi si- 
monia, per inordina- 

tam intentionem. 

Hic habet locum di- 

stinctio cardinalis 

Cameracensis in 
tractatu de ecclesi- 
astica potestate parte 
2 cap. 2 (ebenso S. 32 
Pierre d' Ailly-,sclirieb 
erst 1411) Ex istis 
excusationes simoniae 
quinque colores reci- 
piunt. Dt auteni . . . 



tionem venirent, de- 
fendere non possu- 
mus, Providendum 
ergo foret summo- 
pere, ne papa cum 
suis Curtisanis per- 
iam dicta Ecclesias 
confunderet. 



von quemadmodum ab fehlt Ailes! 



. . . intentionem. Potest etiam per veram 
intentionem bene vitari. Ex istis ex- 
(Berlin ac) cusationes simoniace coUationes 
quandoque recipiunt; ut autem .... 



— 86 — 

Lâsst sich schon aus diesen Beispielen das Verhàltnis 
der Texte so stellen , dass vor allem die Wolf enbûtteler 
Handschrift einen ursprûnglicheren Text zeigt , Walch 
aber nur eine spâtere an Interpolationen reiche Handschrift 
benutzt hat, so wird an der Hand einer eingehenderen von 
mir durchgefûhrten Vergleichung der Drucke von Brown 
und Walch klar, dass Walch sehr oft (last scheint es 
Absicht) fliessenderes Latein hat, Brown aber stets das 
Naturgemâssere und deshalb in vieler Beziehung Ursprûng- 
lichere giebt. Da nun Brown nach Walchs Angabe zum 
guten Teil Wissenburgs Druck zugrunde gelegt hat und 
dieser schon hinsichtlich der Ûberschrift mit dem Wiener 
Codex ûbereinstimmt , so wâre danach vielleicht auch die 
Wiener Handschrift auf eine âhnliche Stufe wie die von 
Wissenburg und Brown benutzte zu stellen. 

Eine eingehenderer Vergleich der Hauptstelle ûber 
das Schisma i^ Walch S. 79) wird nun der Berliner Hand- 
schrift die richtige Stelle anweisen, zugleich aber das Ver- 
hàltnis der Handschriften noch nâher bestimmen und zur 
Feststeilung der Abfassungszeit der Schrift ûberleiten. 



(S. die nebenstehende Tabelle IL) 



V 

I— I 

"03 
ni 



o - 
O c8 




•2 S^'P 
S S P 



O ^ "—H 

rt 4) 2 +5 X! 

••-' œ p rr 

—H , ^ M P jj 

!=^ =3 m 

rt S 2 »•" 






c8 oS 
bD M- 



— 88 — 



Browns Druck kommt danacb dem anscheinend 
jûngeren Berliner und Walchs Druck dem Wolfenbûtteler 
Text am nâchsten, hat aber zugleich diesen Text mit dem 
Browns kombiniert, sodass sieh schematisch folgendes Ver- 
hâltnis der Handschriften und Drucke zeigt: 

Erfurt , Wolfenbûttel, ev. Basel. 



Berlin und X (Wien?)z. Z. des Base 1er Konzils. 



Wissenburg, Brown. 



Walch. 

Es ergiebt sich ferner an der Hand der 
Tabelle II, dass die Bezûge auf das Schisma nur von einem 
unmittelbaren Zeitgenossen herrûhren kônnen, zumal „hoc 
schisma," „grave est" wohl spàter, als die Zeit des 
Baseler Konzils und die Verwendung daselbst dies 
erforderte, in „illud" und „f uit" umgeândert werden konnten, 
aber nicht umgekehrt. 

Die Ansicht, dass Matthaeus derVerfasser des 
Traktates ist, hat Walch*) bereits vertéidigt, indem er 
gegen die Annahme des F lacius**), dass der Verfasser ein 



*) Mon. I, XXI— XXXII. 
**) Catal. test, veritatis. 1697. H, 881 ff. 



- 89 — 

Dr. Lurtzen sei, und die des Johann Wolf*) wie des 
Félix Hâmmerlin**), der Autor heisse Portugallus 
-— freilich in sehr schwer verstândlicher Weise***) — 
opponiert. Die Echtheit des Traktates hat nach W a 1 c h 
nochmals Ullmann*}-) bewiesen, indem er wahrscheinlicher 
fand, dass der Name Lurtzen faisch zugesetzt sei -— wie 
ûbrigens auch Walch meint — wie der des Bischofs von 
Worms. 

Was dèn Namen Lurtzen betrifft, der nur in der 
Erfurter Handschrift zugesetzt ist „Explicit doctoris 
.L<urtzonis libellus de squaloribus curiae papalis," so ist 
dieser Lurtzen offenbar der Besitzer, nicht der Verfasser 
der Handschrift gewesen. Denn der ganze Schrift- 
ductus dièses Erfurter Schlusssatzes lâsst denselben als 
spâter wie die Handschrift erkennen. Doch kann dieser 
Lurtzen nicht identisch sein mit dem Wiener Professor-J"|-), 
der vor 1 400 gestorben ist, da die Schrift, wie nachgewiesen 
wird, spàter verfasst ist. Die Familie der Lurzcos ist in 
Erfurt nicht nachweisbar, vielmehr scheint der Name im 
westlichen Deutschland, etwa in Kôln vorzukommen — 
was auch nichts gegen meine Annahme beweist, da die 
Handschriften der Amplonianischen Bibliothek aus allen 
Teilen Europas zusammengekauf t sind.-{"|-f ) 

Der Name des Matthaeus als des Autors 



*) Lection. memorabil. et recomlit. centenarii. I, 685. 

Doch ich fand niir eine Notiz dort I, 873; liier ist er derselben Au- 
sicht wie Flacius und fiihrt den Dr. Lurtzen unter dem Jahre 1460 an. 

**) De inbilaeo. p. 59. edit, Brandt. 
***) Vgl. Lorenz, Geschichtsquellen. II. 368. 
t) Eeformatoren vor d. Eeform. I, 340. 

Hôflers Ansicht (Konig Rnprecht S. 461\ im Anfang des 15 Jahrh. 
seien vielen Mànnern • falsche Werke zugeschrieben, worden, ist flir 
unseren Fall kein Grand des Zweifels. 
tt) Scheuifgen a. a. 0. S. 92. 
-•j-tt) Briefliche Mitteilung des Herrn Stadtarcbivars Dr. Karl Beyer von 
Erfurt. 



— 90 — 

findet sich, soviel ich ersehen konnte , in der Wiener*),. 
Dijoner**) und Wolfenbut teler ***) Handschrift. 
Hier lâg allerdings kein Grund vor, irrtûmlich den Namen. 
des Matthaeus zuzusetzen, und so bleibe ich bei dieser 
Annahme, wenn ich freilich nicht verkenne, dass es seltsam. 
ist, dass in der Heimatsstadt des Matthaeus, Krakau, sich 
keine Handschrift findet, zumal doch aile anderen Haupt— 
werke desselben dort vorhanden sind. 

Fur die Autorschaft desMatthaeus spricht vor- 
nehmlichderinnereGrundeinerweitgehendenAhnlichkeit 
der Ausdrucksweise dièses Traktates mit derjenigen der unan- 
fechtbar echten Schrift,, dialogus rationis et conscientiae", eine 
Ausdrucksweise, die allen der Zeit sonst so wohlgefâlligen. 
scholastischen Formel- und Redensartenkram verschmâhend 
stets mit erfrischender Natûrlichkeit die Dinge darstellt,. 
wie sie sind. 

Wenn nun H ô f i e r n f ). die Stelle „facto enim ut 
visum est concilio" fwG er Constantiensi sonderbarerweise 
ergânzt) fur eine Abfassung zur Zeit des Konstanzer 
Konzils zu sprechen scheint-ff), so beweist das wenigstens 
dièse ohnehin irreal zu fassende Stelle nicht. -f-ff) Zudem_ 
kann nach dem Vorhergehenden dièse Zeit der ursprûng- 
lichen Abfassung nicht in Betracht kommen. 

Hûblers§) frûhere Datierung (etwa 1381 bis 1400) 
entbehrt ebenso wie die Gieselers§§), der anscheinend- 
einer Annahme Walchs§§§) folgend die Entstehungszeit 
der Schrift unter Bonifaz IX. (1389—1404) setzen wollte 

*) Matthaei de Cr. de praxi alias de squalore Romanae curiae! 
**) M. de Cr. tractatus contra abusus cnriae Eomanae. 
***) ai;ffol. 160a von der Hand des Schreibers ans dem 15. Jhdt. ,jfrag- 
mentura exiguum Matthaei de Cracovia, ut puto , de vitiis aulae 
Eomanae, qnoô. ceteris, quae tue spectant, cultro recisis forte zelus 
insani cuisudam Papicolae codici huic reliquit". 
f) Histor. polit. Blàtter 46,16- 
ff) Damit stimmt auch Friedrich, Joh. Wessel. Vorrede VIII, uberein.- 
ttf) Brown giebt iiberdies S. 602 ,,ut iustum est. 
§) Die Konstanzer Reforniation S. 360 ff. 
§§) Kirchengescbichte II, S. 138. A. g. 
§§§) Mon. I, XXV. 



— 91 — 

und dessen Ansicht auch Wessenberg*) teilte (der 
freilich Bonif az VIII. schrieb) , einer ausreichenden Be- 
grûndung. 

Im Gegenteil glaube ich zwar, dass der Tnlialt der 
Sehrlft sicherlich die Zeit des Kirchenregimentes unter 
BonifazIX. schildert, kann aber immôglich annehmen, dass 
-Matthaeus eine derartig wahrheitsgetreue Schilderung zu 
Lebzeiten jenes von ihm stets anerkannten Papstes schriftlich 
fixiert haben sollte. Somit bleibt als frûhester Zeitpunkt 
1404, was noch mittelbar wahrscheinlicher wird durch die 
auf spâtere Abfassung hinweisende Stelle „quodam 
apostolico, ut creditur Gregorio XL,"**) wo sicherlich, 
ivenn die Schrift nicht sehr lange nach Gregors XL Re- 
gierungszeit (13/0— 1378» entstanden wâre, irgend ein 
Zusatz wie „nuper defuncto" oder a. sich fânde. 

Dass die Erwâhnung der Begarden***) einen Schluss 
auf die Zeit Gregors XIL, der sich mit Vorliebe lôit den- 
selben umgab-{-), zuliesse, erscheint im Hinblick auf die 
vielfach bezeugte Verehrung des Matthaeus gegen Gregor 
nicht angàngig. Gar eine noch spâtere Datierung, etwa 
Tiach Berufung des Pisaner Konzils, ist nach der Stelle 
„facto, ut iustum est, concilio" und dem in den Heidel- 
berger Postillen niedergelegten von der Auschauung in 
„de squaloribus" gânzlich verschiedenen Standpunkt der 
Heidelberger Gelehrten (also auch des Matthaeus) zu dem 
Konzil-{-j-) nicht môglich. 

Zweifelsohne weist, um zu resumieren, die zweimalige 

ausdrûckliche Erwâhnung des noch gegenwârtig fortbe- 

stehend,en Schismas-j-f*]-) bestimmt auf die Zeit von 1378 

♦) Die grossen Kirchenversaminlungen des lô. u. 16. JahxlmndertsT, 587. 

**) Walch, Mon. I, 23. 

***) Waleh, I, 8. 

t) Vgl. Erler, Dietrich y. Nieheim. S. 407. 
tt) ^S^' Kotzschke a. a. 0. S. 28 ff. Eine spâtere Abfassung ist aucb 

uach der Tliatsache, dass Jokannes Falkenberg vor 1405 (Wislocki, 

Catal. nr. 326) vermntlich dièse Scbrift des Mattbaeus als ketzerisch 

bezeichnet batte, nicbt môglicb. (vgl. Caro Greschichte Polens. 1869- 

m, 464 f.) 
tft) Bei Walcb, Mon. I, 7 u. 79. 



— 92 — 



bis 1409, nâher die Gesamtschilderung des Zeitalters- 
Bonifaz IX. auf die Zeit nach 1404 und die Verurteilung 
der Begarden vor das Jahr 1406. Damit stimnit vor- 
zûglich' der Zeitpunkt einer neuen Thronbesteigung in 
Rom und die ausdrûckliche urkundliche Bestâtigung einer 
im Mârz 1405 stattgehabten Bemûhung des Matthaeus 
samt seinen Mitgesandten in Rom fur eine Reformation 
der Kirche an Haupt und Gliedern. *) Somit liegt die 
Annahme nahe, Matthaeus habe seine Schrift dem Papste 
vorgelegt. Zu alledem vertrâgt sich der Satz**) «prin- 
cipes etiam saeculares et ecclesiastici humiliando (se. papae) 
se supplicant et sic honorem , qui tanto domino 
et Christi vicario debetur , non subtrahunt" sehr 
gut mit dem mir als Zeitpunkt der Abfassung 
wahrscheinlich geltenden Winter von 1404/5. 

Es erûbrigt nunmehr noch, kurz auf die Art der 
Entstehung und den Inhalt der Schrift einzugehen. 

Seine Prager Synodalrede ***) mag dem Matthaeus die 
Grundgedanken zu diesem neuen Traktat gegeben haben^ 
der dem Nicolaus von Clémanges zugeschriebene Traktat 
,,de ruina ecclesiae"f^ nicht ohne Einfluss auf ihn geblieben 
sein "i^-j"). 

Es finden sich in der That, wie mir ein Vergleick 

beider Schriften zeigte, viel ûbereinstimmende Punkte, die 

indessen allgemein gleich schwer empfundene zeitliehe 

Misstânde betreffen (Klagen ûber Geldschacher und Ne- 

potismus, Betonung einer verinnerlichten einf achen Frômmig- 

keit und Anderes mehr), aber wàhrend Nicolaus ûber die 

kirchlichen Wûrdentrâger klagt, wendet er sich doch nur 

*) Winkelraann, Qrkundenbuch I, 100. 
**) Walcli, Mon. I, 27. 
***) Palacky hielt sie fur die Synodalrede. Gesch. v. Bohmen, Praç: 1845.. 
III, 1. 282. Anm. 
f) Hardt, Conc. Const. I, 3. — S. anch bei Brown, Appendix p. 555» 
nach Gregorovias , Gesch. der Stadt Eom. 6, 573 \\m 1393 ge- 
schrieben. — vgl, auch Schuberth , Programm der Realschule za 
Grossenhain 1882. 
tt) vgl. Hofler, Kônig Ruprecht. S. 462. 



— 93 - 

zu einem kurzen Angriff gegen das Papsttum selber und 
zeigt im ûbrigen Nichts von dem bei Matthaeus doch oft 
zum Durchbruch kommenden OptimismuvS. Der Priester- 
stand ist ihm gegenwârtig verabscheuungswûrdig — nicht 
so dem Matthaeus — und wâhrend er an jeder mensch- 
lichen Hûlfe verzagend nur von Gott Rettung erhofft, ver- 
spricht sich doch Matthaeus auch von der Selbsthûlfe 
Erf olg, indem er die Kirche zur Beruf ung von Konzilien, 
die Laien zum Erwachen aus dem Sûndenschlaf auffordert. 

Die Gegenwart zeigt *), so belehrt uns der Verfasser, 
Mrie die Kirche trotz der grôssten Gefahren nicht zu 
Grunde geht. Ursache des Fortbestandes ist einzig ihr 
gôttlicher Ursprung , der ihr die denkbar hôchste und 
herrlichste Aufgabe stelit, den Irrenden den Weg zu zeigen, 
das Laster zu verfolgen und das Gute auf Erden zu 
fôrdern. Gruridstein der Gesamtkirche ist die rômische 
Kurie und ihr gebûhrt daher von Rechtswegen die Er- 
fûllung dieser Bestimmung. 

Demgegenûber w^ird in der Gegenwart kein Konzil 
abgehalten, ungestraft gehen Ketzer und Sektierer einher, 
Unsittlichkeit und Abérglaube greift beim Klerus um sich, 
Spott und Kleinglaube bei der Laienwelt. Das ganze 
Streben der Kurie und ihrer Diener geht darauf aus, ein 
môglichst sorgenfreies Dasein zu geniessen, wâhrend ein 
toter Ceremoniendienst tagtâglich mehr in Ubung kommt. 

So musste es keineswegs kommen ; denn nur mit 
Unrecht legt sich die Kurie Rechte zu, deren Ausiibung 
allein der Gesamtheit kirchlicher Vertreter gebûhrt, wie 
auch eine historische Begrundung ergeben muss. Sâmtliche 
Einwânde der Papisten fallen mit FestlegUng der That- 

*) Auch. nach den bereits vorlieffcnden Analysen von Hofler (Concil. 
Pragensia LVI), Ullmann (Eeform. v. d. Eeform. I, 350ff.\ Htibler 
(die Konstanzer Reformation S. 364 ff.) und Scheuffgen (Beitr. zur 
Gcseli. des grossen Schismas S. 94) diirfte eine nochmaligelnhalts- 
angabe nich: uberfllissig erscheinen. 

Bemerkenswert ist die Nichterwàlinung der Schrift unter den 
Werkèn des Matthaeus bei Tritheim, Schannat u. Oudin. 



_ 94 — 

sache, dass wohl die Kirche unfehlbar sei, nicht aber der 
Papst. 

In der Praxis hat das angemasste Recht der Kurie 
zu einem mit den bedenklichsten Mitteln betriebenen Geld- 
schacher gefûhrt, der bei Kindern Spott, bei ernsten 
Mânnern Schmerz und Entrûstung liervorruft. Natûrlieh 
wird so wirklich Tûchtigen ihr Weg erschwert, Strebern 
und Unwûrdigen die Bahn geôffnet. 

Wobl gebûhrt dem Papst als dem Stellvertreter 
Christ! Ehrf urcht und Achtung, wof ern er nur seine Ehre 
in der Ehre der gesamten Kirche sucht. Dem wider- 
spricht aber gerade die augenblickliche Praxis, wo die 
ausgedehnteste Simonie herrscht. Der Priester, der dièses 
nicht zu sûhnende Verbrechen begeht, kann seiner Gemeinde 
weder ein guter Hirte noch ein wahrer Vertreter vor Gott 
sein. Die Simonie wird auf die Dauer Kirchen und 
Schulen, den Bau wissenschaftlicher Forschung verni chten. 

Nach dieser mehr praktischen Auseinandersetzung 
wendet sich der Verfasser nunmehr zu theoretischen Er- 
ôrterungen. Ausgehend von der Natur und dem unend- 
lichen Wert geistiger durch Gott verliehener Gûter bemerkt 
er, dass sie zumeist in kirchlichen Amtern und Einrichtungen 
zutage treten, wenn sie Gott auch oft davon unabhàngig 
verleiht. Was aber vom Geist stammt und bestimrat ist, 
ihm zu dienen, kann nicht durch Kauf erworben werden. 
Aile Gegengrûnde der Papisten sind leere Ausflûchte und 
finden sich weder in der Bibel noch in den Kirchenvâtern. 

Der eingehendsten Betrachtung unterzieht er den 
Grund, der Papst sei Herr aller kirchlichen Amter und 
Wurden. Hier liegt meines Erachtens der Kernpunkt der 
ganzen Schrift. 

Wie es den kirchlichen Wûrdentrâgern nicht zusteht, 
gleich weltlichen Fûrsten zu herrschen, so ist auch die 
Macht des Papstes nur eine gewisse in den verschiedensten 
Fâllen verschiedene Wûrde. Hier soll nur untersucht 



— 95 — 

werden, wie es mit der Maeht des Papstes ûber die 
Kleriker bestellt ist. 

Gott allein ist Kônig der Kônige und seine Macht 
ist unbeschrànkt ; ein Mensch hat nur soviel Macht wie 
ihm Gott verleiht. Als Statthalter Ghristi, der bestimmt 
ist zu batien und nicht zu zerstôren, darf der Papst wissentlich 
nichts zum Schaden der Kirche unternehmen. Zu seiner 
Unterstûtzung in dieser Aufgabe soll er auf das Wort 
Gottes, die Konzilien und den Rat weiser Ratgeber hôren. 

Thatsâchlich achtet der Papst aber Kirche und Klerus 
gering, wenn er seine Vertreter fur kâuflich hait, und so 
entsteht éine Geringschâtzung kirchlicher Gnadengûter, die 
dem geistlichen Stand nicht die besten Elemente zufûhrt, 
sodass auf dièse Weise nur das Reich des Antichrists ge- 
fôrdert und die wahre Grundlage der Kirche, zu der 
Christus die Armut bestimmt hat, entzogen wird. 

Wohl bedarf der Papst zu seinem Unterhalt Geld. 
Wenn er aber auf dem allein gûltigen Rechtsweg dasselbe 
nicht erlangen kann, so hat ihm die kirchliche Gesamt- 
vertretung dasselbe zu beschafFen. Aber noch immer 
dauert das Schisma und kein allgemeines Konzil hat die 
Leiden der Kirche beendigt. Dièse ganze Ausfûhrung 
schliesst mit dem Ausdruck hôchsten Schmerzes, dass so 
wenig fur das Seelenheil derer gesorgt werde, die Christus 
durch sein Blut erkauft habe. 

Der letzte Teil behandelt die Frage, wie kann man 
ûber den Papst richten und tritt der Meinung entgegen, 
als musse man ihm in allen Dingen gehorsam sein. Wohl 
darf der Untergebene nicht ûber den Vorgesetzten urteilen, 
wohl aber gebûhrt nach den Worten der Schrift *) der 
Kirche in ihrer Gesamtheit die oberste Gerichtsbarkeit in 
kirchlichen Dingen. Die Kirche hat nur ein Haupt: 
Christus ; der Papst ist nur Glied, Diener und Sohn der 
Kirche, ohne ihre Anhànglichkeit wâre er nichts. " Wohl 



") Matth. 18, 17 : . . . „horet er die nicht , so sage es der Gemeinde" 



— 96 — 

darf man nicht ûber einen fremden Knecht urteilen, aber 
der Papst soll der Kirche nicht fremd sein; ist er aber 
fremd geworden, so stosse man ihn aus. Wohl ist Obrig- 
keit von Gott, aber nicht der Missbrauch der Gewalt, 
wohl mûssen Unterthanen gehorchen, aber nur einem guten 
Herrn. Denn das Haupt soll die Glieder leiten, nicht aber 
verfûhren, Der Verfasser endigt mit einer Anerkennung 
des Ubergewichts der uns verliehenen Vernunft iiber eine 
falsche Autoritât. 

Zum Schluss greift er zum Anf ang zurûck ; gern lasse 
er sich ûberzeugen, dass seine Vision unwahr sei, Ist sie 
aber wahr, so lasst uns allesamt das Ubel in seinem Grunde 
erkennen und aus tràger Saumseligkeit erwachen ! Beten 
wir zu Gott, dass er seine Kirche rette aus der gegen- 
wàrtigen Not ! Doch wie er einst Mosen an die Spitze 
Israels berufen hat, wird er auch der Gegenwart seine 
Hûlfe senden. 



UI. Schlusswort. 

Gelegentlich nur tauchen in frûheren Zeiten Urteile 
ûber die Bedeutung des Matthaeus von Krakau auf. So 
schrieb noch im Jahre 1723 Duellius*): „Matthaeus 
von Krakau ist wissenschaftlich gebildetenLeuten so bekannt, 
dass ich fur ûberflûssig erachte, Mehr ûber ihn voraus- 
zuschicken." 

An dieser Stelle gilt es, an der Hand einer kurzen 
nochmaligen Ûbersicht ûber den Lebensgang des Matthaeus 
mit wenigen Worten auf die denselben bestimmenden Ein- 
ilûsse und danach auf die zeitliche wie dauernde Bedeutung 
des Mannes hinzuweisen. 

Vorausgeschickt mag nur werden, dass dieser Versuch 
zwar als Schluss einer Biographie geboten erscheint, aber 



(* Miscellanea. I. Vorrede "^p 12. 



— 97 — 

iDei der Dûrftigkeit von Aufzeichnungen bezûglich des 
inneren Verstândnisses des vorliegenden Lebens und bei 
■dem Mangel jeglicher Ausserungen des Matthaeus in per^ 
sônlichen Fragen wie der schweren Zugânglichkeit des 
handschriftlichen Materials notwendigerweise lûckenhaft 
bleiben muss. 

Frûhzeitig in dem empfânglichsten Lebensalter stellten 
ihn die Verhaltnisse auf den Boden eines aufblûhenden 
Gemeinwesens in den Kreis wissenschaftlich strebender 
Mânner, die ihn unter Einfûhrung in die Tradition ge- 
schichtlich-religiôser Vergangenheit zugleich lehrten, Kritik 
an den Zustânden der Gegenwart zu ûben und auf Mittel 
zur Besserung bedacht zu sein. Naturgemâss wandte sich 
entsprechend den verànderten Zeiten sein Interesse jedoch 
nicht der politischen Seîte des Kampfes, wie sie unter 
Ludwig dem Baiern zutage getreten war*), zu, sondern 
mehr der von Mànnern wie Marsiglio von P§,dua und 
Wilhelm von Okkam nur gelegentlich berûhrten Frage 
einer innerkirchlichen Reform, die damais in Bôhmen**) 
selbst wie in anderer Weise von den deutschen Mystikern 
lebhaft begehrt wurde. ***) 

So verlâsst Matthaeus allmàlig die anfânglich einge- 
schlagene Bahn der Théorie, um sich hôher zu praktischen 
Gedanken und Vorschlâgen zu erheben. 

Aber mitten in den ausbrechenden Streit ûber die 



*) Y g]. Eiezler , die litterarischen Widersacher der Papste zur Zeit 
Ludwig des Baiera. 
'*'*) Die Bestrebungen bei den bôliraiscb-vorliussitischen Eeformatoren 
gipfelten iu dem Aufruf zu einer sittlich.eu Besserung vornemlich 
des Klerus, von dessen durch Hofler foiicil. Pragensia XXIV., ge- 
priesenen „geordneten Leben" damais nicht gut die Eede sfein kann. 
***) Schon Loserth (Hus u. Wiclif S. 69.) benjerkte, dass ihn des Mat- 
thaeus Schrift 5,de quodam conflictu rationis et conscientia" viel- 
fach an die Schriftdenkmale deutscher ilystiker erinnere, wàhrend. 
Hôfler (Histor. polit. Blàtter 46,j2) in den Gedanken derselben nur 
ein „Vorwiegen der falschen Mystik Avié bei Matthias v. Janow u. 
A." erkennen will. 



— 98 — 

Sakramente gestellt, muss er von dem Felde vielver- 
sprechender Thàtigkeit hinweg, und Prag wrrd fur ihn 
wie einst der Anfang, so nun das Ende einer praktisch- 
reformatorischen Wirksamkeit. 

Erst der Abend seines Lebens erôfFnet ihm, freilich 
anders wie er frûher ahnen mochte, ein praktisches Arbeits- 
feld. Doch zu sehr in der Théorie befangen, findet er 
hier wohl àussere Erfolge, nicht aber die gemâss seiner 
geistigen Veranlagung ihm eigentlich bestimrnte Thàtigkeit. 

Seine zahlreichen Reisen in die Hauptstadt der 
Christénh'eit geben dem bedeutendsten Werke seiner 
Schriftstellerthâtigkeit wohl neue und grosse Gesichtspunkte, 
aber die in demselben vertretenen Gedanken setzt er bei 
der gûnstigsten Gelegenheit nicht in praktische That um. 
Sein Herz erweist sich stârker wie seine Kritik, und er 
stirbt, nachdem er als letztes Vermâchtnis statt einer 
reformatprischen Streitschrift seinem Volke ein Erbauungs- 
buch in die Hand gegeben. 

Das tragische Ereignis seines Lebens bleibt nach 
alledem, dass er sich im Widerspruch mit seiner frûher 
ausgesprochenen Uberzeugung demThatsache gewordenen 
Gedanken einer Unîversalitât der Kirche gegenûber, wohl 
veranlasst durch sein Ergebenheitsverhâltnis zu Ruprecht^ 
ablehnend verhielt. 

Dieser Vorgang fuhrt weiter zu tieferem Verstândnis 
von Lebenswerk und Charakter des Matthaeus von Krakau. 

Matthaeus war einer der Mânner, die in der mate- 
rialistischen Zeit des ausgehenden Mittelalters den aussichts-^ 
losen Versuch unternahmen , den Strom zurûckzudâmmen^ 
anstatt ihn in ein neues Bett zu leiten. Auch in seinen 
Schriften ist demgemâss die neuerdings im Gegensatz zil 
frûher betonte Abhàngigkeit der Vorreformatoren von 
durchaus mittelalterlichen Idéen nachweisbar. Wenn 
Matthaeus den Grundsatz: „die Kirche ist keines Irrtums 
fâhig*)," aufstellt, so ist das thatsâchlich der Augusti- 

*) De squaloribus cnr. Eom. éd. Walch I. 15. 



99 



Tîische Standpunkt vom Gottesreich auf Erden, und die 
"Wertschâtzung des Sakramentgenusses ist bei ihm eher 
^ine Wiederaufnahme von Ideen eines Thomas von Aquino 
wie Vorausverkûndigung von Anschauungen eines Hus. 
Nach alledem gehôrt Matthaeus zu den Kircherilehrern, 
•die nach Hases Worten*) „noch tief ergriffen vom Geist 
des Katholizismus, ihn nach seinera eigenen Sinn und 
"Gesetz auf seine ursprûngliche Bedeutung zurûckfûhren 
viroUen." So ergiebt sich ihm von selbst die Richtung 
seiner reformatorischen Thàtigkeit: auf Anderung des 
gegenwàrtigen Lebens im Klerus zu dringen, ohne indessen 
die Lehren der Kirche anzutasten **). So lâsst sich in 
seiner Schrift „dialogus rationis et conscientiae" aus dem 
Umstand, dass der freie Wille nicht das versprochene 
letzte Urteil im Wettstreit der Vernunft und des Gewissens 
spricht, sehr gut Hiplers Schluss ziehen***), „Matthaeus 
habe auf feine Weise andeuten wollen, dass es hier eine 
-allgemeine Norm fur den Willen nicht gebe und dass ein 
Rat der Kirche nicht zur allgemein verbindenden Pfiicht 
werden dûrfe." 

Besonders lâsst sich auch durch seine Haltung in der 
WormserAngelegenheit die Verschiedenheit dieserGeschichts- 
epoche von der spàteren Luthers illustrieren, der an den 
christHchen Adel deutscher Nation die den Grundcharakter 
seiner Zeit treffiich zeichnenden Worte ausgesprochen hat: 
„ Wird ein Priester erschlagen, so liegt das Land im Inter- 
dikt; warum nicht auch, wenn ein Bauer erschlagen wird?" 

Matthaeus Stellungnahme in den Fragen der Zeit ist 
selbstverstândlich ein x\usfluss seiner wieder durch die 
-Zeit bedingten Natur, der man eine gewisse Schwàche 
nicht abzusprechen vermag. EinBeispiel fur viele: Bei ail 
seinem Tadel ûber die Unkeuschheit der Geistlichen kann 
•er sich doch nicht zur Forderung eines Petrus de Bosco 



*) Kirchengesfth. S. 332. 
**) vgl. Walch, Mon. I, XXXIV. 
***) Ermlànd. Zeitschr. III, 215. 



— 100 — 

aufschwingen, der den Côlibat abgeschatft haben will.*) 
Eine rûcksichtsvolle jeder Genialitât entbehrende Herzens- 
gûte, die aber nur zu leicht zur Parteilichkeit wird, ist 
m. E. der Grundzug der Natur des Matthaeus von Krakau. 
Dem entsprîngt sowohl die Dankbarkeit fur empfangene 
Wohlthaten, môgen sie nun von Kirche und Hochschule 
oder von seinem Kônig ausgehen **), wie sein hûlfreiches 
Eingreifen bei Not und Elend in seinei: Gemeinde, aber 
auch die Bangigkeit, das gute Recht des Pisaner Konzils 
oder der Wormser Bûrgerschaft anzuerkennen. So tadelt 
er zwar die Begarden und Beginen***j, verharrt aber dock 
treu bei dem Papste, der dieselben zu seiner stetigen Um- 
gebung machte-|-). Sein Lebenslauf bietet eben daruni 
wenig àussere gewaltige Ereignisse, wohl aber vermôgen 
wir zu erkennen, wie sein Leben gleich dem eines Eckhart^ 
Tauler und Suso durch strenge gewissenhafte Selbstzucht 
gelâutert und verinnerlicht wurde. Immerhin aber steht 
ihm die Kirche zu hoch, als dass er dem Menschen auf- 
geben kônnte, ausschliesslich durch selbstgewirkte Herzens- 
wandlung den Weg zu Gottes Vaterherzen zu finden und 
so den das Mittelalter durchziehenden Dualismus zwischen. 
ûbernatûrlicher und natûrlicher Moral zu lôsenj-j-). 

Der Ruhm des Matthaeus bleibt nach AUem der, dass^^ 
er eigentlich der erste Mann in Deutschland gewesen ist, 
der die schon frûher in Frankreich ausgesprochene kon- 

*) Ygl. Riezler, Litterar. Widersacher etc. S. 144. Indessen gilt 

Tschackerts Oharakteristik der Mànner der Refonukonzilieuepoclie- 

(Feter v. Ailly. Gotha 1877. S. 45), die seit 1380 das Papsttum 

unangetastet lassen, niclit so ganz von Matthaeus. 

**) Vgl. die Stelle in der Approbationsrcde (Dnellius I, 142 if), wo die 

Schilderung Eiiprechts sicher mehr wie blosse Convenienz ist. 
***) WalGh I, 8. 

t) Gregor XII. Vgl. Erler, Dietrich v. Nieheim. S, 407. 
tt) ^^S^- die kurze Oharakteristik Tritheims (catal. illustr. viror. p. 147) 
„vir in divinis scripturis eruditus et saecularis philosophiae non. 
ignaTns , ingenio promptns, eloquio scholasticus" oder „vir in orani 
scripturarum varietate doctissimus et non minus prndentia et 
moribus quam eruditione pontificio munere dignus." (AnnaL 
Hirsaug. II, 323. 



=p. 



— 101 — 

ciliare Idée*] in weiter Ausdehnung wissenschaftlich ver- 
treten hat, womit denn allerdings Grôsseres angebahnt 
worden ist.**) 

Wir kpnnen freilich keine unmittelbaren gewaltigen 
Folgen des Lebenswerk.es des Matthaeus vonKrakau nach- 
weisen, vermôgen ihn aber doch den Mânnern zur Seite 
zu stellen, die ofFenen Blickes die Schâden der Kirche 
erkannt und mutvoll durch Wort und Wandel auf ihre 
Beseitigung gedrungen haben. Freilich eine andere Frage 
ist es, ob die Arbeit mit dem Pflug muhsamer und be- 
deutungsvoller ist wie die Thàtigkeit des Sâens und Erntens. 



*) SchoB 1304 batte sicli die Pariser Universitât an ein allgemeines 
Koazil als hocliste lustanz in Glanbenssachen gewandt (Preuves des 
libertés de l'église Gallicane. Paris 1651. II, 34). — Marsiglio v. 
Padua batte docb nur mit Einscbrankuugen dém Konzil geistlicbe 
Ricbtergewalt zugesprochen (.Lindner, Gescb. unter Habsb. u. Luxemb. 
I, 361). 
**) Hofler, (histor.-polit. Blàtter 46, 10) batte scbon gefnnden , dass 
Mattbaeus in seiner Synodalrede von 1384 die Babn betritt, auf der 
sicb die Gleichstellung des Klerus mit der Laienwelt dereinst voll- 
ziehen musste. 



Vit a. 



Théo do rus Sommer lad natus sum Francofurti 
ad Moenum Febr. 7 a. 1869 parentibus, quibus adhuc 
superstitibus vehementer gaudeo , Guilelmo rectore et 
Catharina e gente Bauch. Fidei addictus sum evangelicae. 
Litterarum el**mentis imbutus ab a. 1878 ad a. 1887 gym- 
nasium adii Francofurtanum, ubi insignibus usus sum 
directoribus Tychone Mommsenio et Carolo Reinhardtio. 
Praeter hos ante omnes Gillhauseno professori amico 
inventutis plurimum debeo. Autumno a. 1887 testimonio 
maturitatis accepto Bonnae per duo semestria, inde autumno 
1888 profectus Berolini per idem tempus studiis historicis 
et philologicis me dedi, postremo Halis Saxonum per tria 
semestria praeter liaec studia rébus oeconomico - politicis 
incubui. Docuerunt me viri doctissîmi atque illustrissimi 
Bender, Benrath, Buecheler, Dove, J. B.Meyer, 
Nissen, Rein, Usener, Wilmanns Bonnenses, 
Bresslau, Curtius, Du Boi s-Reymond, Dilthey, 
Diels, Harnack, Koser, Lasson, Paulsen, 
Robert, de Treitschke Berolinenses , 
Beyschlag,Conrad,Dittenberger, Haym, Hiller, 
Kir chho f f, Lindner, E. Meyer, Stammler Halenses. 
Bonnae Dove seminario historico, Usener proseminario 
philologico, Berolini Bresslau et Koser seminariis historicis 
bénigne me ascripserunt , Halis Hiller ut proseminario 
philologico interessem concessit, Lindner et Conrad in 
coronam sodalium seminariorum historicorum et oeconomico- 
politicorum benevolenti in me voluntate me receperunt. 
His viris omnibus optime de me meritis gratias ago quani 
maximas, maximam gratiam semper et habebo et referam 
studiorum fautoribus, Conrado,.cuius comitati permultum 
debeo, imprimis TheodoroLindnero, cuiusmemoriam, quia 
me benevolentia et consilio pervalde sibi devinxit, nulla 
unquam in animo meo delebit oblivio! 



Thesen. 



i. 

Die Erneuerung des Kaisertums durch Otto den 
<jrossen diente zur Stârkung des deutschen Kônigtums und 
^ur kulturellen Fôrderung des deutschen Volks. 

II. 

Die Entstehung der Zûnfte voUzog «ich iiicht ûberall 
in gleicher Weise. 

III. 

Der Gegensatz zwischen Pitt und Bute ist nur durch 
den Gegensatz zwischen W h i g s und Tories zu er- 
-klâren. 



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