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Full text of "Die pflege der philosophie im Jesuitenorden während des 17./18. jahrhunderts [microform]"

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Die Pflege 

der Philosophie 

im Jesuitenorden 

während des 1 7./1 8. Jahrhunderts 



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Von Bernhard Jansen S. J. 



1938 

Druck von Parzeller & Co., vorm. Fuldaer ÄcÜendrudcerei 

Fulda 



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Die Pflege der Philosophie 
im Jesuitenorden 

während des 17/18. Jahrhunderts 



Von Bernhard Jansen S. J. 



1938 



Druck von Parzeller & Co , vormals Fuldaer Actiendruckerei, Fulda 




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Inhaltsverzeichnis. 



Seite 

Erstes Kapitel 
Die Eigenart des Philosophierens im Jesuitenorden ....... 5 



Zweites Kapitel 
Allgemeiner nach Nationen geordneter üeberbliclc 14 

Drittes Kapitel 
Konservativ gerichtete Denker 24 

Viertes Kapitel 
Ausgleichsversuch zwischen Altem und Neuem 56 

Fünftes Kapitel 
Zersetzung der Scholastik, Eingehen auf die Neuzeit 71 

Personenverzeichnis 93 



Erstes Kapitel. 
Eigenart des Philosophierens im Jesuitenorden. 

Das Verhältnis der Gesellschaft Jesu und ihrer einzelnen Mit- 
glieder zur Philosophie im 17. und 18. Jahrhundert ist ein einheit- 
licher wissenschaftlicher Gegenstand, ein Einmaliges und Eigen- 
artiges gegenüber dem 16. und 19./20. Jahrhundert. Um es verstehen 
und würdigen zu können, muß zunächst das sich stets gleichbleibende 
Wesen des Ordens, sein ihm vom hl. Stifter gegebener und von der 
Kirche oft bestätigter Geist ins Auge gefaßt werden: nicht nur Streben 
nach persönlicher christlicher Vollkommenheit, sondern ebensosehr 
apostolisches Bemühen, auf möglichst breiter Grundlage, mit möglichst 
weit und tiefgreifendem Universalismus von natürlichen und übernatür- 
lichen Mitteln zum Besten der Kirche, für die religiös-sittliche Bildung 
der Mitmenschen zur Ehre Gottes zu arbeiten. Man muß zweitens die 
allgemeine Kultur, den damaligen Stand der Wissenschaften, be- 
smiders der Philosophie, die damalige Lage der Kirche, der Theo- 
logie sowie der Religion und Sitten überhaupt ins Auge fassen. 
Daraus ergibt sich eine gegenüber den Griechen sowie der Scholastik 
des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts in vielen Stücken stark 
veränderte Haltung in bezug auf die Philosophie. Das gilt nicht nur 
für Jesuiten, sondern auch für die anderen Orden sowie für Welt- 
priester und katholische Laien. Die tatsächliche Einstellung derselben 
zu ihr bestätigt die Richtigkeit dieser Forderung. 

Im Mittelalter gilt es, zunächst einmal eine christliche Philosophie 
schaffen. Wie christliche Philosophie zu verstehen ist, darf hier 
vorausgesetzt werden, in den Stimmen der Zeit haben wir uns in 
den Jahren 1935 und 1936 darüber im Anschluß an die heutige Pro- 
blematik verbreitet und gezeigt, daß sie einerseits eine selbständige 
Vernunftwissenschaft ist und anderseits mannigfache, tiefgreifende 
Beziehungen zur Offenbarung bzw. zur Theologie hat. Ihre Eigenart 
erhält sie durch die Einheit von Glauben und Wissen, Natur und 
Uebernatur, durch den transzendenten, vorkritizistischen, voreinzel- 
wissenschaftlichen Zug der Zeit. Im 16. Jahrhundert gilt es, nach 



dem Verfall der Scholastik im 14. und 15. Jahrhundert die großen 
spekulativen Traditionen des Mittelalters wieder ins lebendige Bewußt- 
sein der Gegenwart rücken, sie entsprechend den humanistisch-litera- 
rischen, den kritischen sowie historischen Forderungen der Stunde sowie 
auch inhaltlich gemäß der Aktuahtät mancher neu auftretender Fragen 
und Bedürfnisse verjüngen, vereinfachen, bereichern und vertiefen. 
Von hier aus ergeben sich die philosophischen Aufgaben für 
die Mitglieder der 1540 gegründeten Gesellschaft Jesu. Dem- 
entsprechend sehen wir, wie die führenden Philosophen des Ordens, 
Toletus, Pereira, Fonseca, die Gonimbricenses, Suarez, das verschüttete 
traditionelle, aristotelisch-scholastische Lehrgut zu erneuern suchen; 
den Zug teilen sie mit den Dominikanern des 16. Jahrhunderts. Toletus, 
aus der Schule des eigentlichen bahnbrechenden Neubegründers der 
Scholastik, des Dominikaners Franz v. Vittoria, hervorgegangen, schrieb 
nach damaliger Art Kommentare zu Aristoteles, pflegte vor allem die 
Methodenlehre, die Logik. Die portugiesischen Gonimbricenses unter 
der Führung des scharfsinnigen Fonseca suchten das Ganze der Philo- 
sophie ihren Zeitgenossen nahezubringen, indem sie die berühmten 
Erklärungen zu den einzelnen Schriften des Aristoteles als ein Ganzes 
veröffentHchten. Suarez, das „Kompendium der Scholastik", wie ihn 
selbst Schopenhauer bezeichnet, gibt in seinen monumentalen Dispu- 
tationes metaphysicae durch die souveräne philosophiegeschichtliche 
Beherrschung der bisher geleisteten Arbeit seitens der Griechen, 
Araber, Scholastiker bis in die unmittelbare Gegenwart einen Ueber- 
blick über die bisherige metaphysische Problematik, Fragestellung 
und Fragelösung. Aehnlich gründet die tiefgehende Bedeutung des 
hl. Robert Bellarmin, insofern er als Staatsphilosoph hier in Betracht 
kommt, darin, daß er gegenüber dem philosophischen Positivismus des 
Spätmittelalters und dem theologisch-biblischen der Glaubensneuerer auf 
die klassische Scholastik, besonders den hl. Thomas, zurückgreifend, die 
naturrechtliche Grundlage für seine Gesellschafts- und Staatstheorie und 
seine bahnbrechende Auffassung vom Verhältnis der Kirche zum Staat, 
die potestas indirecta ecclesiae in temporalibus schuf. ^) 



*) Aus der einschlägigen Literatur sei hervorgehoben: De Back er, Bi- 
hliotMgue des ecrivains de la Gompagnie de J4sus 1853 ff., Deutsche Ausgabe 
von Sommervogel, DeBacker-Sommervogel, Corrections et additions äla 
BibliotMque de la Gompagnie de Jesus 1911 ff.; H. Hurt er, Nomenciator 
literarius theologiae catholicae 3. ed. 1911 — 1913; Fr. Klimke, Institutiones 
Mstoriae philosophiae 1923: M. Grabmann, Die Geschichte der katholischen 
Theologie 1933, hier reiche Literaturangaben; M. de Wulf, Histoire de la 
Philosophie mMievale 5. 6d. 1925; K. Werner, Franz Suarez und die 

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Auch darin sind diese Jesuiten echt scholastisch konservativ, 
daß sie den philosophischen Fragenkomplex aufgreifen, den der tra- 
ditionelle Strom zugeführt hatte, der im wesentlichen von Methode 
und Inhalt des spezifisch Neuzeitlichen noch nicht geformt war. Ab- 
gesehen davon, daß die uns bislang beschäftigenden Philosophen fast 
ausschheßhch der Iberischen Halbinsel angehören, die dank ihrer da- 
maligen allseitigen Kulturhöhe und religiösen, katholischen Tiefe dem 
Eindringen der Zersetzung der Uebergangszeit unzugänglich war, hatte 
das weltanschauliche Ringen, der Umbruch dieser Zeit noch keine 
abgeklärten Theorien und Systeme gezeitigt, die eine breitere, tiefere 
Auseinandersetzung mit der Scholastik forderten. 

Mit diesem Zug verbindet sich nun ein anderer, den man den 
philosophischen Jesuitenstil nennen könnte. Die Pflege der faß- 
lichen, lesbaren Darstellung, um damit zu beginnen, liegt im Zug der 
humanistisch geläuterten Zeit, die Jesuiten teilen ihn mit anderen 
Scholastikern, etwa mit Franz v. Vittoria, Melchior Cano und anderen 
Dominikanern. Dagegen ist ihnen die größere Freiheit, Selbständig- 
keit und Anpassungsfähigkeit im Vergleich zu den alten Richtungen, 
etwa den Thomisten und Skotisten, eigentümlich, sie sind darin den 
in dieser Zeit gegründeten Orden, den Kapuzinern, Minimi, Piaristen 
verwandt. Damit hängt zusammen, daß sie sich nicht für ein System, 
für eine Schule innerhalb der Scholastik einsetzen. Wenn man, wie 
Grabmann es in seinem Suarez-Artikel tut, von einem gesunden, 
kritischen, logisch-metaphysisch geformten Eklektizismus reden kann 
und muß, insofern die einzelnen Wahrheiten als sächlich begründet 
erwiesen werden, ohne daß es in erster Linie auf ein geschlossenes 
Systemganzes abgesehen ist, dann bezeichnet dieses Schlagwort noch 
am besten die Art des Philosophierens der Jesuiten. Das gilt vor 



Scholastik der letzten Jahrhunderte 1862; R. de Scoraille, FranQois 
Suares 1912; E. Conze, Der Begriff der Metaphysik bei Suarea 1928; G. Sieg- 
mund, Bie Lehre vom Individuationsprinsip bei Suares (Philos. Jahrbuch 
1928); Gommemoracion del Terces Gentenario del eximio doctor espanol 
Francisco Sudrez S. J. en la ciusdad de Barcelona 1923; Franz Suarez, Gedenk- 
blätter zu seinem dreihundertjährigen Todestag 1917, darin u.a. M. Grabmann, 
Bie Bisputationes metaphysicae des F. S. in ihrer methodischen Eigenart und 
Fortwirkung, abgedruckt in Mittelalterliches Geistesleben I, 1926; K. Esch- 
weiler, Bie Philosophie der spanischen SpätscJiolastik auf den deutschen 
Universitäten des 17. Jahrhunderts (Spanische Forschungen, herausgegeb. von 
K. Beyerle, H. Finke, G. Schreiber 1. Bd. 1928); Fr. Ehrle, Bie Vatikanischen 
Handschriften der Salmanticenser Theologen im 16. Jahrhundert (Katholik 
1884/85); Fr. X. Arnold, Bie Staatslehre des Kardinals Bellarmin 1934; 
P. Geny, Questions d'enseignement de philosophie scolastique 1913. 



allem für Suarez, den genialsten und einflußreichsten Denker des 
Ordens. Seine Eigenart ist nicht wie bei Thomas die Ableitung des 
Einzelnen aus einigen letzten, allgemeinsten Begriffen und Prinzipien, 
sondern der Ausgang von unten, die begriffliche Verarbeitung der 
faktischen Gegebenheiten, der kritische, analytische Aufstieg zu den 
grundlegenden Begriffen und Prinzipien. Daf3 dabei der konstruktive, 
architektonische Aufbau gewiß nicht fehlt, daß vielmehr die Kritik 
ganz der Darlegung der dem Menschengeist erschließbaren Wahrheit 
dient, das beweist am überzeugendsten das vielbewunderte Gefüge 
der Disputationes metaphysicae. Ihre Freiheit gegenüber Aristoteles, 
Thomas und allen anderen Vorbildern hat neben der kritischen, scharf- 
sinnigen Analyse und dem philosophiegeschichtlichen Zug geradezu 
Schule gemacht, nicht nur bei den Katholiken, sondern auch bei den 
Andersgläubigen, nicht zuletzt in den protestantischen Ländern des 
Nordens. ^) 

Ob Suarez und die späteren Jesuitenphilosophen eine Zersetzung 
der Scholastik, vorab der Lehre des hl. Thomas bedeuten, wie durch- 
weg die strengen Thomisten nicht bloß außerhalb, sondern auch inner- 
halb der Gesellschaft Jesu sagen, können und wollen wir dem Urteil 
der Sachverständigen überlassen. ^) Wer im engeren Thomismus, vor 
allem in seinen Theorien von Akt und Potenz, Materie und Form, 
Wesenheit und Dasein, die einzig mögliche, allseitig befriedigende 
Lösung des Seinsproblems, der metaphysischen Grundfragen erblickt, 
wird es tun, muß es tun. Wer dagegen aus der Geschichte der 
Philosophie gelernt hat, wer mit den großen Schwierigkeiten und 
Dunkelheiten vertraut ist, die jenen Theorien anhaften, wer das frag- 
liche Seinsproblem mit Suarez von unten, vom Existentiellen und 
Einzelnen, statt wie die Thomisten vom Allgemeinen und Begrifflichen, 
zu sichten weiß, wird das Urteil der Geschichte, wonach Suarez 
einer der scharfsinnigsten Denker ist, verstehen und billigen.^) 



Vgl. P. Petersen, Aristoteles im protestantischen Deutschland 1921; 
vgl, den genannten Artikel von K. Eschweiler. 

^) Vgl. über Suarez außer Grabmann das maßvolle Urteil des spanischen 
Dominikaner-Kardinals Z. Gonzalez Historia de la Filosofia II. Bd. 1878. 

^) Vgl. Fr. Ueberweg, Grundriß der Geschichte der Philosophie 3. B., 
12. Aufl. 1924; W. Windelband, Die Geschichte der neueren Philosophie in 
ihrem Zusammenhang mit d. allg. Kultur u. d. besonderen Wissenschaften 
5, Aufl. 1911; E, Gassirer, Das Erkenntnisprohlem 3. Aufl. 1922; B.Jansen, 
Die Methodenlehre des Descartes, Ihr Wesen und ihre Bedeutung (in: Gartesio 
1937, Festschrift d. Mailänder Katholischen Universität); Der Geist des Philo- 
sophierens Descartes' (Scholastik 1937). 

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Thomismus und Suaresianismus streben beide das für Menschen 
nie ganz zu verwirklichende Ideal an, ein System, ein Ganzes, eine 
logisch gefügte Ordnung der Wahrheit aufzubauen. Darin sind sie 
sich einig. Der Thomismus steigt vorwiegend vom Allgemeinen zum 
Besonderen, vom Abstrakten zum Konkreten herab, er bedient sich 
vor allem der Deduktion, des Abstieges, der Synthese. Die Art des 
Philosophierens der Jesuiten geht umgekehrt vom Konkreten, Tat- 
sächlichen, Erfahrbaren zum Allgemeinen, zu den Prinzipien, sie verfährt 
vorwiegend induktiv, analytisch. Infolgedessen weist notwendig der 
Thomismus eine einfachere, durchsichtigere Konstruktion auf: der 
Mangel ist, daß das Einzelne, Tatsächliche nicht zur genügenden Durch- 
leuchtung kommt, einseitig unter abstrakten, allgemeinen Gesichts- 
punkten betrachtet wird, daß eine gewisse Starrheit nicht genügend 
dem Reichtum und der Vielgestaltigkeit der Wirklichkeit sich anzu- 
gleichen vermag. Der Jesuitenstil des Philosophierens kann eine so 
einfache, schnell übersehbare Konstruktionslinie nicht aufweisen, weil 
die tatsächliche Wirklichkeit unfaßbar reich, vielgestaltig, gegensätzlich 
ist und sich der vollen intellektuellen menschlichen Durchleuchtung 
entzieht, der fortschreitende Aufbau eine polare Spannung von Kon- 
kretem und Abstraktem aufweist; dagegen eignet ihm der große Vorzug 
weit gesättigterer Wirklichkeitsnähe, kritisch gesichteten Individual- 
reichtums, lebendigerer, beweglicherer Aufgelockertheit und Schmieg- 
samkeit an neu auftauchende Fragen. Beide Systeme haben, da dem 
menschlichen Geistesauge, das nach dem berühmten, tiefsinnigen Wort 
des Aristoteles sich zur vollen Wahrheit verhält wie der Nachtvogel 
zum Tageslicht, ihre ihnen eigenen Vorzüge und Mängel. Im Ganzen 
der Geschichte der Philosophie ergänzen sie sich überaus glücklich. 

Gans anders als im 16. Jahrhundert liegen die wissenschaft- 
lichen, im besonderen die philosophischen Verhältnisse gegen Mitte 
des 17. Jahrhunderts. Die Arbeit der vorausgehenden Uebergangs- 
jahrhunderte ist über das Negative, den Bruch mit dem Mittelalter, 
mit der kirchlich-scholastischen Tradition, über das dunkle, tastende 
Ringen nach einem neuen Wissenschaftsideal hinausgekommen und 
zu einem positiven Ertrag gelangt. Abgesehen davon, daß der Druck 
der aristotelisch-scholastischen Gebundenheit, des einseitig begriff- 
lich-metaphysischen Denkens, einem starken, freien Selbstbewußt- 
sein gewichen ist, setzt um diese Zeit nach den Vorarbeiten eines 
Kopernikus, Tycho de Brahe, Leonardo da Vinci und Kepler mit Galilei 
der volle Siegeszug der klassischen Mechanik, der klassischen, mathe- 
matisch orientierten Naturwissenschaften ein. Gleichzeitig findet der 
neuzeitliche philosophische Gedanke sowie das moderne Naturbild in 

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Descartes einen systematischen, weltanschaulichen Ausdruck. Nun- 
mehr verschwindet mehr und mehr die scholastische Philosophie aus 
ihrer ehedem führenden Stellung, sie sieht sich auf enge Kreise von 
Schulen, besonders geistlicher Kreise, beschränkt, während die 
spezifisch moderne Philosophie mit ihrem kritischen, antimetaphy- 
sischen, subjektivistischen Zug immer weitere Kreise zieht. ^) 

Spanien hat, wie seine politische, künstlerische, religiöse, so auch 
seine spekulative Höhe hinter sich, es tritt philosophisch mehr und 
mehr hinter Frankreich, Italien, Deutschland zurück. Die Zeit der 
Folianten, weitläufigen Kommentare ist vorbei. Ebenso die Pflege 
des Transzendenten, der Metaphysik, der Abstraktion. Wie allüberall 
die Säkularisation des europäischen Gedankens den religiösen, über- 
natürlichen, kirchlichen Geist des Mittelalters abgelöst hat, so auch 
in der Philosophie. Nunmehr sind die Laien die Träger der philo- 
sophischen Lebendigkeit. Infolgedessen ist auch das Interesse, die 
Hingabe an philosophische Fragen in der Laienwelt viel weiter ver- 
breitet als ehedem. Philosophie ist an den höheren Schulen für viele 
Pflichtfach geworden, die Hterarische Produktion der Laien nimmt 
mehr und mehr zu. Mit dieser Einstellung hängt es zusammen, daß 
mehr und mehr die Schulbuch-Aufmachung in philosophischen Dingen 
aufkommt: verständliche, übersichtliche, zusammenfassende Darstellung 
mit Ausscheidung überflüssiger, fernliegender, spitzfindiger Fragen. 

Noch ein anderer Wesenszug dieser Periode: während früher, 
im griechischen Altertum und im christlich-scholastischen Mittelalter, 
die Theorie, die Erkenntnis der philosophischen Wahrheit in sich 
ruhender Selbstzweck war, wird nunmehr das Wissen mehr und mehr 
in den Dienst der Praxis, der Lebensbeherrschung, Lebensgestaltung, 
Lebensverfeinerung gestellt, Wissen ist Macht. Von außen kommen, 
besonders im 18. Jahrhundert, im Zeitalter des Absolutismus, überdies 
die Maßnahmen, die Verordnungen, der Druck der Regierungen hinzu, 
sie schreiben teilweise Zahl der Unterrichtsstunden vor, verlangen 
Pflege bestimmter Fächer, etwa der experimentellen im philosophi- 
schen Betrieb; infolgedessen sehen sich die Lehrorden von vorne- 
herein in eine bestimmte Richtung gewiesen.^) 

Hiermit dürfte der Gesamtgeist des 17./18. Jahrhundert von dem 
der Vorzeit, Altertum, Mittelalter, 16. Jahrhundert zur Genüge ab- 



^) Vgl. von der neueren Literatur: Joh, Jos. Urraburu, InstituHones 
philosopMcae, besonders die Ontologia 1891, wo scharfsinnig der Standpunkt 
des Suarez durchgeführt sind; P. Descoqs, Institutiones metaphysicae gene- 
ralis 1925; L. Fuetscher, AM und Potenz 1933. 

^) Vgl. E. Gassirer, Die Philosophie der AufMärung 1932. 

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gehoben sein. Ich habe in verschiedenen Arbeiten gezeigt, ^) wie er 
sich bei der Pflege der Philosophie in den verschiedenen Orden und 
Schulen geltend macht. So auch bei den Jesuiten. Wir sind gewohnt, 
einseitig die Schattenseiten dieser niedergehenden, weltanschaulich 
verarmenden, religiös und vor allem kirchlich-übernatürlich ver- 
flachenden Zeit zu betrachten. Eine allseitige gerechte Beurteilung 
muß auch die Lichtseiten des 17.118. Jahrhunderts ins Auge fassen. 
Rein menschlich, diesseits gesehen, sind es nicht wenige und geringe. 
Die Entfaltung einer reiferen Selbständigkeit, freieren Persönlichkeit, 
größerer kritischer Besinnung, nüchterner, exakterer Sehart der Natur- 
vorgänge, Ueberwindung mancher abergläubischer Vorurteile, An- 
kämpfen gegen eine Art von Roheit, Grausamkeit der Vorzeit, etwa 
in der Rechtspflege und Medizin, gewisse allgemein philanthropische 
Bewegungen.^) Wenn nun jede lebendige Philosophie, bei aller Be- 
schäftigung mit dem ewig Wahren, stets Gültigen, absolut Wert- 
haften, doch stets aus ihrer Zeit herauswächst, in manchen Zügen 
untrennbar mit ihr verbunden ist, ganz allgemein gesprochen, ihre 
Zeit auf Begriffe gebracht ist — sonst würde sie die Zeitgenossen 
nicht ergreifen, sie wäre von vornherein tot, es würde der Antrieb 
zu ihrer Pflege fehlen — , dann kann und muß man auch die scho- 
lastische, christliche Philosophie des 17./18, Jahrhunderts aus der 
geschichtlichen Lage zu verstehen und zu bewerten suchen, man darf 
nicht in unfruchtbaren Sehnsüchten eine längst vergangene Periode 
mit ihrer Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit zurückwünschen und 
die spätere Zeit und ihre Philosophie schlechthin an jener messen, 
nach ihr bewerten. 

Während die Scholastik des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts 
im allgemeinen, im besonderen auch der Jesuiten, verhältnismäßig 
gut erforscht ist, liegt die Scholastik des 17. und 18. Jahrhunderts 
fast völlig im Dunkeln. Das gilt von der Philosophie wie von der 



^) Zur Philosophie der Shotisten des 17. Jahrh. (Franziskanische Studien 
1936); Quellenbeiträge nur Philosophie im Benediktinerorden des 17. 118. Jahrh. 
(Zeitschrift für kath. Theologie 1936); Die scholastische Philosophie des 17. Jahrh. 
(Philos. Jahrb. 1937) ; Philosophen katholischen Bekenntnisses in ihrer Stellung 
zur Philosophie der Aufklärung (Scholastik 1936); Zur Phänomenologie der 
Philosophie der Thomisten des 17.118. Jahrh. (Scholastik 1938) ; Die Distinctio 
formalis bei den Serviten und Karraeliten des 17. Jahrhunderts (Zeitschrift für 
kath. Theologie 1937). 

^) Vgl. den Artikel Aufklärung in „Lexikon für Theologie und Kirche" 
und die dort angegebene Literatur, den Beitrag von S. Merkle in Tillmann- 
Festschrift Bas Bild vom Menschen (1934;), G. Schnürer, Katholische Kirche 
und Kultur in der Barockzeit 1936. 

11 



Theologie, von den Denkern des Jesuitenordens wie anderer Orden, 
Richtungen, Schulen. Leicht erklärlich. Einmal wirft diese Nieder- 
gangsperiode in keiner Weise das für die systematische Spekulation 
ab, was die anderen wahrhaft großen, fruchtbaren Jahrhunderte tun. 
Es ragen keine Genies hervor, die zur Erforschung reizen. Nicht 
zuletzt läßt das Verwickelte, das merkwürdige Ineinander verschie- 
denster Seiten, das vollständige Fehlen der kräftigen, einheitlichen 
Linie nur schwer die Scheu überwinden, an solche Perioden heran- 
zutreten, zumal der Forscher sich in die Eigenart zweier völhg ver- 
schiedener, ja entgegengesetzter geistiger Welten, in die scholastische 
Philosophie mit ihrer Bevorzugung des begrifflichen, abstrakten, de- 
duktiven Denkens und der metaphysischen, transzendenten Inhalte, 
und in die Neuzeitliche, mit ihrem ausgesprochen kritischen, mathe- 
matischen, naturwissenschaftlichen, diesseitigen, subjektbezogenen 
Zug, hineindenken muß. 

Biographische und bibliographische Angaben über die Philo- 
sophen der Gesellschaft Jesu in der uns beschäftigenden Zeit finden 
sich in H. Hurter, Nomenclaior literarius Theologiae cafholicae 
in nicht geringer Zahl, auch öfters kurze Charakteristiken. Desgleichen 
in den Instiiutiones historiae philosophiae (Rom 1923) von Fr.Klimke 
S.J., der ebenfalls manche gut orientierende Urteile über ganze Rich- 
tungen und einzelne Gelehrte gibt. Natürlich findet sich auch manches 
wertvolle Arbeitsmaterial zerstreut unter anderen Notizen in De Backer- 
Sommervogel, Bibliotheque de la Compagnie de Jesus. Die Ge- 
schichtsschreiber des Ordens wie Astrain und Duhr bringen außer 
mancherlei biographischen und bibliographischen Daten manche wert- 
volle Gesamturteile. Abgesehen von diesen und ähnlichen zerstreuten, 
unvollständigen Angaben dürfte kaum etwas Nennenswertes über die 
Philosophie und Philosophen in der Gesellschaft Jesu während des 
17. /18. Jahrhunderts geschrieben sein. Monographien wie über Suarez 
oder über das 16. Jahrhundert gibt es nicht. Daraus ist u. a. die 
Einseitigkeit in der Kenntnis und vor allem in der Bewertung zu erklären. 

Langjährige Beschäftigung mit der Geschichte der Philosophie 
von der Renaissance bis Kant, eingehende Vorarbeiten für ein Werk 
darüber führten mich zu einer quellenmäßigen Beschäftigung mit der 
Scholastik des 17./18. Jahrhunderts. Dank ihrer ausgebreiteten Lehr- 
tätigkeit und der daraus fließenden schriftstellerischen Tätigkeit 
nehmen die Jesuiten eine wichtige Stelle in der Philosophie der uns 
beschäftigenden Zeit ein. Meine eigenen Forschungen sind zahlen- 
mäßig unvollständig. Was ich bezweckt habe, ist die Zeichnung 
eines Gesamtbildes, worin die führenden Denker, die Hauptrichtungen, 

12 



das Verhältnis zur hergebrachten Scholastik sowie zur neuzeitlichen 
Philosophie und zu den modernen Naturwissenschaften, die Haupt- 
gegenstände sowie das Formal-Methodische des Philosophierens, Licht- 
und Schattenseiten, Einfluß und Bedeutung eingetragen sind. Dem 
Leser eine wahrheitsgetreue Gesamtcharakteristik zu geben, betrachtet 
der Verfasser als seine Aufgabe, 

Dies zu erreichen wird zuerst im Anschluß an De Backer, 
BibliotMque de la Compagnie de Jesus und Hurters Nomenclator, 
der zwar nur ganz kurze, dafür aber überaus zuverlässige, reiche, 
in ihrer Art vollständige biographische und bibliographische Angaben 
macht, und im Anschluß an Klimke, der ganz aus Hurter geschöpft 
hat, eine Art Statistik geboten. Sie ist sehr eindrucksvoll und wird 
den überzeugenden Beweis liefern, wie stark die Pflege der Philo- 
sophie in der Gesellschaft Jesu war, an wie vielen höheren Schulen 
Jesuiten lehrten und wie viele Werke sie schrieben. Freilich fehlen 
vollständig die bahnbrechenden Führer, die Genies, vor allem die 
führenden Spekulanten. 

So ist es aber in allen Schulen dieser Zeit, bei den Thomisten, 
Skotisten und anderen Richtungen. Obschon beispielsweise Johannes 
a S. Thoma weit über andere Zeitgenossen hervorragt, begründet er 
doch nichts Neues wie Cajetan, Franz v. Vittoria oder Melchior Cano. 
So können auch die drei Spanier Hurtado, Arriaga, Oviedo, trotz ihrer 
kritischen Selbständigkeit, oder der italienische Kardinal Tolemei, 
trotz seines weitblickenden Ausgleiches von Altem und Neuem, nicht 
von ferne an Suarez heran. 

Und doch haben diese Denker große Bedeutung, sie halten die 
Philosophie, die Scholastik lebendig, sie nehmen zu den zeitgemäßen 
großen, weltanschaulichen Fragen Stellung, dieses letztere im 17. und 
vor allem im 18. Jahrhundert, wie wir sehen werden, mehr, viel mehr 
als je vordem. Ändere Zeiten, andere Aufgäben. Zeichnen sich 
Mittelalter und 16. Jahrhundert durch unvergleichlich größere Tiefe 
und Schärfe aus, so sieht sich die uns beschäftigende Zeit vor die 
Forderung gestellt, die Philosophie vor viel weitere Kreise, nicht nur 
im Welt- und Ordensklerus, sondern auch, angesichts der viel zahl- 
reicheren höheren Schulen und der Beschäftigung oder auch der 
Führung der Philosophie seitens der Weltleute, in die Laienwelt zu 
tragen, sie weiterhin gegenüber der stets fortschreitenden Zersetzung 
der Spekulation, der Uebernatur, der Religion zu behaupten. Sie 
bedeuten auch in vielen Einzelfragen, wie sich ebenfafls zeigen wird, 
z. B. im architektonischen, selbständigen Aufbau des Ganzen, in der 
Ausbildung der Erkenntniskritik und ihrer einzelnen Probleme, in 

13 



der Religionsphilosophie und theologischen Apologetik einen schätzens- 
werten Fortschritt. Wie also die Erforschung der mittelalterlichen 
Scholastik seit Jahrzehnten durch Herausgabe und Verarbeitung immer 
neuer Vertreter der einzelnen Schulen, die oft weit unbedeutender 
sind als viele der hier genannten Philosophen, der Kenntnis des Ganzen 
zu dienen sucht, so soll der gleiche Zweck inbezug auf das 17./18. Jahr- 
hundert erreicht werden. 

Ist so durch Aufzählung möglichst vieler Vertreter, durch Grup- 
pierung derselben nach Nationen, durch Klassifizieren der literarischen 
Eigenart, der besonderen philosophischen Inhalte ein zuverlässiges, 
anschauliches Gesamtbild entworfen, dann wird im zweiten, weit aus- 
führlicheren und wichtigeren Teil das Typische der Eichtungen, 
ob etwa konservativ-scholastisch oder fortschrittlich-modern, ob mehr 
spekulativ oder mehr experimentell, die Art der einzelnen Länder, 
auch die Zeit, ob 17. oder 18. Jahrhundert, an einzelnen charakteristi- 
schen Vertretern eingehend durch genaue Quellenanalyse ihrer 
Werke gezeigt. Damit schliesen sich beide Betrachtungsweisen er- 
gänzend zu einer Gesamtschau und vor allem zu einer Gesamtwürdi- 
gung zusammen. 



Zweites Kapitel. 
Allgemeiner nach Nationen geordneter JJeberhlick. 

Beginnen wir niit di%v Auf Zählung der hauptsächlichsten Ver- 
treter und ordnen wir sie nach Ländern. Dabei werden auch 
Namen erwähnt, die nichts Philosophisches geschrieben, dafür aber 
durch ihre philosophische Lehrtätigkeit gewirkt haben. Wie im Mittel- 
alter, wie bei den Philosophen anderer Orden der uns beschäftigenden 
Zeit, gingen auch in der Gesellschaft Jesu die Patres, die eine Zeit- 
lang Philosophie vorgetragen hatten, häufig zur Theologie über. Das 
hing mit der Pflege der größeren, namentlich auch spekulativen All- 
gemeinbildung und dem Zurücktreten des Spezialistentums jener Zeit 
zusammen. Anderseits wird hier nur so viel an Namen angeführt, 
um ein allgemeines Bild von der Intensität bzw. der Lebendigkeit der 
Pflege der Philosophie in der Gesellschaft Jesu in einzelnen Ländern, 
Gegenden, Zeitabschnitten und von der Art der Lehrtätigkeit und 
Schriftstellerei und damit von dem Einfluß der Jesuiten zu ermöglichen. 

Spaniens Glanzperiode der Spekulation geht, wie überhaupt 
seine politische, künstlerische, wissenschaftliche, religiöse Höhe, vor 
der Mitte des 17. Jahrhunderts mehr und ständig absteigend zurück. 

14 



Trotzdem hat es im 17. Jahrhundert noch die Führung in echter 
scholastischer Spekulation, vor allem in der Logik, die gelegentlich, 
wie auch P. Astrain kritisch bemerkt, in weltfremde Spitzfindigkeiten 
ausartet, sowie in der Metaphysik; anders ist es im 18. Jahrhundert, 
es hat sich überkonservativ dem durch die Zeit geforderten gesunden 
Fortschritt verschlossen. Im allgemeinen philosophieren die. Spanier 
im Geist des Suarez: eine selbständige, freiere, kritische Pflege der 
echt aristotelisch-scholastischen Richtung. Zunächst und vor allem 
sind die oft angeführten drei Denker Hurtado, Arriaga, Oviedo zu 
nennen, sie hängen in dieser Reihenfolge zusammen, sind, sowohl 
in ihrer Gesamthaltung wie inhaltlich in einzelnen, eigenartigen, 
nicht immer haltbaren Thesen, nahe miteinander verwandt. Was 
sie auszeichnet, ist Schärfe und kritische Analyse, ihre Schwäche 
ist nominalistische, spitzfindige Auflösung manchen soliden Erbgutes. 
Bezeichnen sie den Anfang dieser Zeit, nämlich des 17. Jahrhunderts, 
so soll hier sofort als bedeutsamer Abschluß der spanischen Philo- 
sophie Ludwig Lossada in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts genannt 
werden. Nach ihm findet sich nicht mehr Viel und Nennenswertes. 
Er dürfte der beste Ausdruck des Suaresianismus sein, wie er sich 
auch ständig auf den Doctor Eximius beruft. Geht man seinen drei- 
bändigen Cursus pMlosophicus (1724 — 33) sorgfältig durch, so be- 
kommt man einen bedeutenden, bleibenden Eindruck von der Urwüchsig- 
keit und Stärke seines dialektischen und metaphysischen Geistes und 
Könnens, zugleich von der analytischen und kritischen Schärfe, wobei 
man aber immer wieder ein Zuviel an Spitzfindigkeiten und überlebten 
Fragen und ein Zuwenig von Eingehen auf die neuzeitliche philo- 
sophisch-naturwissenschafthche Problemstellung wahrnehmen muß. 
Die weit genialeren Spanier dieser Zeit Didaeus Ruiz de Montoya 
und Kardinal Johannes de Lugo sind vor allem Theologen, in 
deren Werken freilich tiefgründige philosophische Spekulationen 
eingelagert sind. Aehnliches gilt von Kardinal Cienfuegos. Mit 
Ehren müssen weiterhin genannt werden Valentinus de Herice, 
Thomas de Ituren, Gregor Hernelmann, Jacobus Granado, Caspar 
Hurtado, Franciscus Alonso, Alphonsus Antonius de Quiros, 
Gaspar Ribadeneira, Bernard de Alderette, Ignatius Franciscus Pey- 
nado und die folgenden noch in das 18. Jahrhundert reichenden 
Joseph de Aquilar, Johannes ülloa, Michael de Vinas, Didaeus de 
Quadros. Hier muß auch der aus Irland stammende, in Spanien 
arbeitende, oft zitierte Richard Lyncaeus genannt werden. Um die 
Geschichte der Philosophie machte sich Bartholomaeus Pou (Povius) 
verdient. Bezeichnend ist die Form ihrer Schriftstellerei : die alt- 

15 



hergekommene Art des Kommentierens, vor allem der Aristotelischen 
Vorlage, und die neuere, durch die Bisputationes metapJiysicae des 
Suarez begründete der selbständigen Konstruktion, die mehr und 
mehr vordringende des Cursus philosophicus. 

Portugal, das im 16. Jahrhundert seinen portugiesischen 
Aristoteles, den scharfsinnigen und tiefen Denker Fonseca, und das 
Collegium Gonimbricense, Sebastian de Couto, Manuel de Goes, 
Gosmas Magallianus, Balthasar Alvarez gestellt hatte — außer Goes 
reichen letztere noch in das 17. Jahrhundert hinein — weist wohl 
kaum bemerkenswerte Philosophen in der uns beschäftigenden Zeit auf. 
Erwähnt sei Anton Gordeyro. Ende des 18. Jahrhunderts gab Ignatius 
Monteiro in Italien eine Philosophia libera seu eclectica heraus, die 
ganz den neuen aufklärerischen Geist atmet und in der er einen 
Appell an die Jugend Portugals in diesem Sinne richtet. 

Natürlich ist auch Italien, in dem die angeborene spekulative 
Anlage und die scholastischen Traditionen nie erstorben sind, zahlen- 
mäßig gut vertreten. Was Bedeutung und Einfluß betrifft, ragen nur 
wenige Jesuiten hervor, wie es auch im 16. Jahrhundert die speku- 
lative Führung im Jesuitenorden vollständig den Spaniern überlassen 
mußte. Dafür eignet den italienischen Jesuiten ein hoher, den 
Italienern einzig zukommender Vorzug : tiefe klare Spekulation ohne 
die Verstiegenheiten der Spanier, überhaupt größere Ausgeglichen- 
heit, teilweise auch fortschrittliche Beweglichkeit, Das letztere gilt 
vor allem von dem Kardinal J. B.de Tolemei (f 1726), spanische Tiefe 
ist freilich nicht sein Gharisma, prinzipiell indes ist er wohl das 
Vorbild eines Ausgleiches von Altem und Neuem, weshalb die fort- 
schrittlichen Jesuiten sich gern auf ihn beriefen. Im Geist des 
Aristoteles und Aquinaten philosophieren Gosmas Alemannus und 
Silvester Maurus. Sie zeichnen sich durch Tiefe und Klarheit aus. 
Joh. B. de Benedi ctis hat das Verdienst, gegenüber dem Ansturm der 
neuzeitlichen Zersetzung kräftig die ererbte philosophische Wahrheit 
verteidigt zu haben. Außerdem sind zu nennen: Josephus Ragusa, 
Josephus Agostini, Marcus Antonius Palumbus de Ascanio, Ottavio 
Gattaneo, Josephus Polizzi, Fulgentius Gastiglione, Antonius Vanosi, 
Andreas Spangni. Sie schrieben großenteils Gursus philosophici. 

Ziemhch verwickelt ist die philosophische Lage in Frankreich, 
das in jener Zeit in vieler Hinsicht, nicht nur in politischer, führend 
in Europa war. Wie überhaupt, so hat es auch damals wenige speku- 
lativ tiefe, schöpferische Köpfe aufzuweisen, seine Stärke ist auch 
damals die Logik, die Kritik, die Mathematik, die Naturwissenschaft. 
Im besonderen bekam die philosophische Problematik durch Descartes, 

16 



Malebranche, später durch das aufklärerische Freidenker tum, durch 
die theologischen Streitigkeiten der Jansenisten und des vorgeblichen 
Augustinismus seine besondere Note und seine besonderen Aufgaben. 
Von hier aus versteht man den Anteil der französischen Jesuiten an 
der Lösung der weltanschaulichen Fragen. Abgesehen von Yvo Andre, 
dem feurigen, unklugen Anhänger des Descartes und noch mehr des 
Malebranche, dem deshalb der Orden steuern mußte, waren die 
Jesuiten teils Anhänger des bei ihnen erzogenen Descartes, teils 
Gegner: Bourdin hatte die Objectiones septimae zu den Meditationes 
de prima philosophia verfaßt, Daniel schrieb gegen ihn den viel- 
beachteten Yoyage du mmide de Descartes, ebenso kämpften, außer 
dem noch zu nennenden Engländer Gompton Carleton, Bouffier, 
Martineau, Valois, Hardouin, Ghanvelle gegen ihn, während im Kolleg 
La Fleche Dionysius Mesland und Antonius Vatier, in Belgien Ignatius 
Derkennis und Andreas Tacquet für ihn waren, auch Tournemine war 
von ihm beeinflußt. Berühmt geworden, auch von Leibniz und anderen 
neuzeitlichen Philosophen hochgeschätzt, ist Honore Andre, der den 
kühnen, merkwürdigen Versuch machte, zu zeigen, bislang habe man 
Aristoteles falsch verstanden, er lehre eine atomistische Naturphilo- 
sophie, wie Gassendi und wie er sie selbst vertrat, im übrigen ver- 
stand er wenig von spekulativer Philosophie. ') Er gleicht dem uns 
noch begegnenden Dalmatiner Boscovich. In freier Weise, wie es 
dem esprit franpais liegt, schrieben nicht wenige Patres gegen die 
religionsphilosophischen Irrtümer der Zeit. Vor allem sind die 1701 
ins Leben gerufenen Memoires de Trevoux zu nennen, die jeden 
Monat kritisch über die literarischen Neuerscheinungen berichteten. 
Das größte Ansehen und die größten Verdienste unter den Mitarbeitern 
hatte Wilhelm Franz Berthier (1743—62 Direktor), Karl Merlin und 
Jacob de Febore kämpften dort gegen Bayle. Die genannten Rene 
Tournemine und Gabriel Buffier hatten sich früher mit Spinoza aus- 
einandergesetzt. Der junge Anton Guenard machte sich mit einem 
Schlag durch sein polemisches Buch Sur Vesprit philosophique bei 
Freund und Gegner bekannt. Von großer Wirkung waren auch die 
geistvollen, literarisch fein aufgemachten Schriften des Exjesuiten 
Franz Para du Phanjas, der vor der Aufhebung des Ordens in Bor- 

^) Ueber Honorö Fabri, Boscovich, überhaupt über die Pflege der Mathe- 
matik und Naturwissenschaften im Jesuitenorden vgl. E. Gassirer, Das Er- 
kenntnisproblem; K. Laßwitz, Geschichte der Atomistik 1889/90; F. Rosen- 
berger, Die Geschichte der Physik 1882 ff,; E. Gerland, Geschichte der Physik 
1913; Jos. Schaff, Geschichte der Physik an der Universität Ingolstadt; 
B. Jansen, Deutsche Jesuiten-Philosophen des 18. Jahrhunderts in ihrer 
Stellung sur neuseitlichen Naturauffassung (Zeitschr. f. hath. Theologie 1933). 

2 Jansen, Philosophie im Jesuitenorden •■'- • 



deaux mit großem Zulauf Philosophie gelehrt hatte. Unter denen, 
die streng wissenschaftlich, schulmäßig die Philosophie vertraten, ist 
vor allem der genannte Jacob Chanvelle zu nennen. Er schrieb elf 
Bände Kommentare zu Aristoteles. Ferner der tüchtige Georg Rhodes, 
der geistvolle Ludwig Maeratius (Mairat). 

Wie die Spanier, Italiener, Franzosen nicht wenige Hochschulen 
leiteten, aus denen meist auch die Schriftsteller hervorgingen, so war 
es auch im deutschen Sprachgebiet: Wien, Prag, Innsbruck, 
Ingolstadt, Dillingeh, Würzburg, Bamberg. Die religiöse, die theo- 
logische, die philosophische, die naturwissenschaftliche Lage ist hier 
eine andere als in den genannten Ländern, vorab als in Italien und 
vor allem als in Spanien: Bedrohung des katholischen, kirchlichen 
Gedankens, Herrschaft der Reformation, Tiefstand der Spekulation 
bzw. der Scholastik, Vordringen der neuen Philosophie, der modernen 
mathematischen Naturwissenscha,ften. Der Druck der Regierungen 
auf die Schulen, die mehr und mehr auf Herabsetzung der Speku- 
lation und Vermehrung des Experimentellen, Praktischen, Technischen 
drängten, und ihr Lehrprogramm tut ein weiteres zur Entwicklung 
dieser mehr oder weniger aufklärerischen Haltung. Dementsprechend 
steht auch die philosophische Tätigkeit der deutschsprachigen Jesuiten, 
wie überhaupt die Arbeiten der Gesellschaft Jesu, dank des Geistes 
des Stifters und der Ordenssatzungen, in nächster Nähe zum Leben, 
d. h. zur katholischen Lebensgestaltung. Tiefgründige Spekulation tritt 
indes zurück, anderseits bildet echte Scholastik, konservative Gründ- 
lichkeit noch den Grundzug bei verschiedenen Patres. Bei allen aber, 
selbst bei den nicht wenigen, deren Logik und Metaphysik man nicht 
mehr Scholastik nennen kann, wird ihr Philosophleren vom tief- 
gläubigen, echt katholischen Geist getragen, wie es etwa an dem 
Wiener Professor Storchenau typisch in die Erscheinung tritt. 

Anderseits zeigen die deutschsprachigen Jesuiten unter allen 
weltanschaulichen katholischen Denkern dieser Periode, neben dem 
genannten Franzosen Honore Fabri und dem Dalmatiner Boscovich, 
sowie neben manchen deutschen Benediktinern, vorab Ulrich Weiß, 
neben einigen Franziskanern wie dem Italiener Fortunatus a Brixia, 
und den Kapuzinern, vorab neben den Minimi und Piaristen, das 
meiste Verständnis und fachmännische Wissen in den neuen, mathe- 
matisch orientierten Naturwissenschaften. Berthold Hauser aber 
machte neben dem französischen geistvollen Weltpriester Job. B. 
du Hamel und dem genannten Kardinal Tölemei den glücklichsten, 
sachlich begründetsten Versuch eines spekulativen, organischen Aus- 
gleichs zwischen den Inhalten und Methoden der ererbten Scholastik 

18 



und dem neuzeitlichen Weltbild. Wie die französischen Jesuiten 
stellen die deutsehen ihren Mann als Apologeten der Fundamente 
der christlichen Weltanschauung, in der Abwehr der deistischen, 
freigeistigen Angritfe. Als Vertreter der alten Richtung kommen in 
Betracht : Anton Mayr, Adam Contzen d. A,, Georg Hermann, Johannes 
Schwarz, Peter Schwaan. Von dem bedeutenden B. Hauser war 
bereits die Rede. Lehrbücher, klar, aber dürftig und oberflächlich, 
schrieben Gaspar Sagner, Anton Erber, Jos. Redelhammer, Adam 
Contzen d. J., Franz Nikolaus Steinacher. Mangold, Storehenau, 
Stattler, Zallinger, Steinmeyer kann man nicht mehr zu den Scho- 
lastikern rechnen, sie stehen teilweise stark unter dem Einfluß 
der neueren Philosophen Descartes, Wolff, und auch philosophisch 
unter dem Einfluß des Mechanismus der modernen Naturforscher, 
Mangold und Zallinger aber zeigen neben Hauser ein tiefes, scharf- 
sinniges Verständnis für die Methoden und Inhalte der klassischen 
Naturwissenschaften. Spekulativ sind sämtliche deutschsprachige 
Jesuiten Epigonen ohne alle schöpferische Kraft, wie das großenteils 
auch von vielen anderen Ländern gilt, diese Schwäche teilen sie mit 
allen anderen Schulen, Orden, Richtungen des 17./18. Jahrhunderts. 
Wie sie monographisch einzelne philosophische Fragen gründlich 
behandelten, so der genannte Ignatius Schwarz das Naturrecht, apo- 
logetisch die Scholastik verteidigten, so der Bamberger Professor 
Joseph Pfriem, der Würzburger Professor Peter Eisentraut, Lucas 
Opfermann, sich mit Kant und anderen antischolastischen Philo- 
sophen auseinandersetzten, so vor allem Zallinger und Stattler: so 
schrieben sie auch gründlich, teilweise mit großem Erfolg über die 
philosophischen Grundlagen und die Wahrheit der christlichen Offen- 
barung, ähnlich wie die französischen Jesuiten. An erster Stelle 
verdient hier der aus Kärnten stammende Sigismund Storehenau mit 
seinem zwölf bändigen, öfters aufgelegten Werk Die Philosophie der 
Religion erwähnt zu werden. 

Das kleine Belgien, das in vielfacher anderer Hinsicht stets seinen 
ganzen Mann in der Ordensgeschichte sowie allgemein in der Pflege 
der Scholastik gestellt hat, kann auf folgende Denker hinweisen: Job. 
Prevost — Praepositus — (f 1634), ein spekulativer Kopf alten Schlages, 
vor allem Theologe, Barth, des Bosses, ein vielseitiger Gelehrter und 
zugleich aufgeschlossener und konservativer Philosoph, bekannt durch 
seine Beziehungen zu Leibniz und Wolff, Job. B. van der Woestine, vor 
allem der geistsprühende Religionsphilosoph und Apologet F. X. Feller. 

England, das zwar in der mittelalterlichen Scholastik gut ver- 
treten ist, aber in der Neuzeit mehr kritisch-zersetzend als metaphysisch- 

2* 19 



aufbauend gewirkt hat, kann auf Wilhelm Harcourt (f 1679) und vor 
allem auf den soliden, oft angeführten Compton Carleton (f 1666) 
hinweisen, die beide wegen der damaligen Verfolgung in Lüttich 
lehrten. Der schottländische Konvertit Andreas Jungius (f 1679) 
lehrte in Alcala Philosophie, schrieb De Providentia et praedesti- 
natione meditationes scholasticae. 

Aus dem spekulativ begabten Irland ist nur Richard Lynch — 
Lyncaeus — zu nennen, auch er lehrte im Ausland, in Spanien, hoch- 
angesehen wegen seines Scharfsinns und seiner Schlagfertigkeit. 

Wenden wir uns zum Osten, teilweise zu den Slawen, so fällt 
an erster Stelle unser Blick auf Polen. Wie es dank seiner Be- 
gabung und katholischen Vergangenheit auf viele Lichtgestalten hin- 
weisen kann, so auch in der Gesellschaft Jesu. Von bedeutenderen 
Philosophen sind zu erwähnen Thomas Mlodzianöwski, Johannes Mo- 
rawski, Alexander Podlesiecki, Johannes Kowalski, Gregor Gengell, 
Michael Klaus; sie zeichnen sich teilweise durch Gründlichkeit aus. 

Auch in Ungarn entfalteten eine vielfache philosophische Lehr- 
und Schriftstellertätigkeit: Michael Bednari, Wolfgang Bossänyi, Georg 
Raiscani, Franz Czepeleny, Fr. X. Roys, Joh. B. Horvath, Andreas 
Jaszlinsky, Paulinus Mako de Kerek. Sie pflegen vor allem, ent- 
sprechend der konfessionellen Lage ihrer Heimat, die Philosophie 
unter apologetischen Gesichtspunkten. 

Der Böhme Karl John veröffenthchte 1772 Institutiones philo- 
sopJiicae. Vor allem muß der aus Dalmatien stammende, besonders 
zeitweise in Rom an der Gregorianischen Universität wirkende viel- 
seitige, hochgefeierte Roger Jos. Boscovich genannt werden. FreilicJi 
ist er weit mehr Mathemtitiker, Physiker, Astronom als Philosoph. 
Das gilt vor allem von seinem Hauptwerke Theoria philosophiae 
naturalis redacta ad unicam legem virium in natura existentiuni 
(Venetiis 1763), ein Dynamismus als Ausgleich von Leibniz und Newton. 

Auch im lateinischen Amerika, China und anderswo 
jenseits des Ozeans waren Jesuiten als Lehrer und Schriftsteller 
philosophisch tätig. 

üeberblicken wir die Pßege der Philosophie in der Gesell- 
schaft Jesu im 17. und 18. Jahrhundert, die philosophische Haltung 
der Jesuiten, so vertreten sie die echte aristotelische Scholastik in 
selbständiger Weise. Mit diesem gesunden Konservativismus ver- 
binden sie Aufgeschlossenheit für den wissenschaftlichen Fort- 
schritt, für die Forderungen und Aufgaben dieser Zeit. Man kann 
und muß ihre philosophische Haltung geradezu als ein Bemühen, 
ein Ringen um den Ausgleich des überpersönlichen, objektiven 

20 



Geistes^ des intellektuellen Gesamtgeisies der christlichen Philo- 
sophie mit dem persönlichen, individuellen Erfassen der philo- 
sophischen Mnzelwahrheiten, sowie, bei vielen Jesuiten, mit dem 
kritischen Geist der Neuzeit, mit der neueren Philosophie und 
den Methoden und Inhalten der neuzeitlichen Mnzelwissenschaften 
bezeichnen. Diese Linie verlief, wie es psychologisch-historisch nicht 
anders erwartet werden kann, nicht stets geradlinig, ideal, sondern 
schlug bald nach der einen, der konservativen, begrifflichen, speku- 
lativen Seite, bald nach der anderen, kritischen, empirischen, fort- 
schrittlichen, mit den praktischen, didaktischen, schulmäßigen For- 
derungen der Schule zusammenhängenden Seite zu weit aus. Wie 
lebendige Philosophie von dem Ethos ihrer Umgebung, ihrer Zeit ge- 
tragen wird, ihr verpflichtet ist, ihre Licht- und Schattenseiten wider- 
spiegelt, so gilt dieses auch von der von den Jesuiten des 17./18. Jahr- 
hunderts gepflegten Philosophie, insofern sind sie Kinder ihrer Zeit, 
ebenso wie die griechischen Denker, mittelalterlichen Scholastiker. 

Hiermit sind auch bereits ihre VorziA,ge und Mängel angedeutet 
und aus ihren tiefer gelagerten Gründen erklärlich gemacht. Diese 
sind sowohl mit der Eigenart des 17./18. Jahrhunderts, die ihre be- 
sonderen starken und schwachen Seiten hat, wie mit der Eigenart der 
Gesellschaft Jesu gegeben. Spekulativ, dialektisch, metaphysisch, scho- 
lastisch-theologisch eine Zeit des Abstieges, kritisch-individualistisch, 
positiv-empirisch, mathematisch-naturwissenschaftlich, diesseitig-prak- 
tisch eine Zeit des Aufstieges. Der Jesuitenorden mit seiner straffen 
Organisation verfolgt vor allem religiös- praktische, rational-über- 
natürliche, menschlich-kirchliche, didaktisch-pädagogische Aufgaben 
mit möglichst allseitiger Bemühung und Entwicklung der natürlichen 
und übernatürlichen, individuellen und sozialen Anlagen und Mittel. 
Infolgedessen tritt das Schöpferische, Intuitive, konstruktive Mo- 
ment hinter dem analytisch-kritischen zurück. Abgesehen von 
bedeutsamen Lösungsversuchen, längst umstrittene Probleme in neuer 
Weise zn beantworten, wie es etwa die von Suarez durchgeführte 
Distinctio metaphysica ist, abgesehen von glücklichem Aufgreifen der 
neuen erkenntnistheoretischen und religionsphilosophischen Proble- 
matik der Gegner der Scholastik und von den Antworten auf die- 
selben vom scholastischen Standpunkt, sowie abgesehen von mancherlei 
formalen Verbesserungen, Vereinheitlichungen, Vereinfachungen stößt 
man schwerlich auf ein Neues, Schöpferisches, Bereicherndes bei den 
Jesuiten des 17./18. Jahrhunderts. 

Man hat öfters gemeint, Ignatius und sein Orden seien anthro- 
pozentrisch gerichtet, im Gegensatz zum Theozentrismus anderer 

21 



Orden und Richtungen. Daß hier, ideal und theoretisch alles auf Gott 
hinanzielt, muß jeder einsehen, der den Orden, seinen Geist, seine 
Verfassung studiert. Und doch sehen diese Erklärer richtig, daß 
Ignatius und sein Orden den Ausgangspunkt von unten, vom Menschen 
her nehmen, daß sie schrittweise und nicht ohne weiteres im Flug 
zum Höchsten kommen wollen. Wie es hier in den Exerzitien, in 
der Aszese ist, so auch in der Philosophie. Während der Thomismus 
mit seiner Akt-Potenz-Theorie vom Allgemeinen, Abstrakten ausgeht, 
so die durch Suarez begründete Art der Jesuiten von unten, vom 
Einzelnen, vom Konkreten. Wenn man das Eklektizismus nennen 
will, ist es berechtigt, insofern die vorgefundene konkrete Wirklich- 
keit zunächst als ein Vielerlei vorgefunden wird. Es ist aber ein 
geformter, logisch, gedanklich verarbeiteter, darum ein geschichteter, 
innerlich zusammenhängender Eklektizismus. Ob dieser der Wahr- 
heit, der Wirklichkeit nicht ebenso nahe kommen kann, wie ein von 
oben her, kraft einiger apriorischer Begriffe und Prinzipien deduziertes 
System? Ob nicht beide Seiten berechtigt, wertvoll sind, ob nicht 
jede einen bestimmten Prozentsatz bleibender objektiver Wahrheiten 
und vergänglicher subjektiver Operationen haben kann?. 

Vielleicht wird mancher Historiker und Systematiker urteilen, es 
fehlen gewisse Tiefen, gewisse spekulative Horizonte in der Jesuiten- 
schule. Worauf die Verteidiger erwiedern, mag sein, was aber philo- 
sophisch behauptet wird, ist kritisch, nüchtern, scharfsinnig gesehen 
und begründet. 

Mit dieser eklektischen, kritisch-analytischen, induktiv-historischen 
Art zu philosophieren, die gegenüber der geschilderten Art der Tho- 
mistischen ihre Gefahren hat. Gefahren, denen die Jesuiten teilweise 
unterlegen sind, während die Dominikaner und die in ihrem Geist 
philosophierenden Schulen, wie die ünbeschuhten Karmeliter, teil- 
weise auch Benediktiner, viel weniger der Verflachung der Logik 
und Metaphysik, überhaupt der Spekulation ausgesetzt waren,') hängt 
der große, allgemein von Freund und Feind anerkannte Vorzug zu- 
sammen: die Jesuiten konnten sich verhältnismäßig leicht und schnell 
das Wahre und Gute der neuzeitlichen Philosophie und vor allem der 
Naturwissenschaften aneignen, prinzipiell ohne große Gefahr der Zer- 
setzung und Auflösung des scholastischen Denkgutes. Der tatsäch- 
liche Verlauf der Geschichte bestätigt diese apriorische Möglichkeit. 

Abgesehen davon, daß die Leitung des Ordens, sowie seine 
höchste Gesetzgebung, die Beschlüsse der Generalkongregation, welch 
letztere auch in etwa der Ausdruck der tatsächlichen Mitglieder, der 

*) Vgl. des Verfassers genannte diesbezügliche Artikel. 



tatsächlichen Wirklichkeit sind, in geradezu vorbildUcher Weise den 
genannten goldenen, überaus schweren Mittelweg gegangen sind^): hielt 
die weit überwiegende Mehrheit der überaus zahlreichen Hochschulen 
des Ordens sowie der einzelnen Mitglieder, ihre fachmännische und 
ihre mehr apologetische Schriftstellerei an der soliden Philosophie 
der Scholastik fest. Zugleich aber ist der Jesuitenorden die religiöse 
Körperschaft, die am verständnisvollsten und beweglichsten den mo- 
dernen P'ortschritt, besonders in den Naturwissenschaften, bejahte. 
Dieser Ausgleich ist freilich auch durch die straffe, einheitliche Or- 
ganisation, die Ueber- und Unterordnung bedingt. Sie ist und bleibt 
aber an sich etwas der Wissenschaft rein Aeußerliches, kann nicht 



^) Der Stifter Ignatius stellt im vierten Teil seiner Konstitutionen maßvoll 
einerseits Aristoteles als den Führer in der Philosophie hin, anderseits aber 
bevorzugt er keine Richtung innerhalb der Aristoteliker, der Scholastiker. Aehn- 
lich hielt es die spätere Ratio studiorum. Die 16. Generalkongregation 1730 
bestimmt im 36. Dekret: Plurium Proviniciarum postulatum fuit, ut Congregatio 
providere dignetur, ne ex una parte in scholas nostras irreperet nimia in rebus 
philosophicis opinandi iibertas, ex altera parte ne ad solas speculationes et meta- 
physicas subtilitates arctarentur ingenia. Censuerunt Patres Deputati, omnibus 
satis consultum fore, si statuantur sequentia: 1) Non adversari, sed optime 
convenire Aristotelicae Philosophicae, quae in Physica ex mathematicorum 
principiis et eruditorum experimentis insigniora naturae phaenomena expli- 
cantur et illustrantur. 2) Cum Societas Philosophiam Aristotelis tamquam Theo- 
logiae magis utilem amplexa sit, illi inhaerendum omnino est, iuxta id quod in 
Constitutionibus et Ordinatione pro studiis praescribitur. Neque id solum in 
Logica et Metaphysica, sed in naturali etiam Philosophia, ubi systema peri- 
pateticum de corporis naturalis principiis et constitutione omittendum non est. 
Si Provinciales aliquos compererint novitatum amatores vel aperte ab illa Philo- 
sophia declinare, vel, quaesilis subterfugiis, illius loco alia placita obtrudere, 
illos a docendi munere amoveant iuxta decretum 21 Congregationis V. — Die 
fünfte Generalkongregation aber unter Claudius Aquaviva, dem zweiten Organi- 
sator des Ordens, auf die der hl. Robert Bellarmin großen Einfluß ausübte, 
bestimmte: Philosophiae Professores in rebus alicuius momenti ab Aristotele 
non recedant, nisi quid incidat a doctrina, quam Academiae ubique probant, 
alienum . . . Aristotelis interpretes de christiana Religione male meritos non 
sine magno delectu aut legant aut in scholam proferant ... De S. Thoma nun- 
quam non loquantur honorifice, libentibus illum animis, quoties oportet, sequendo, 
aut reverentur et gravate, si quando minus placet, deserendo. — Aehnlich spätere 
Generalkongregationen, so das 13. Dekret der 17. (1751). Bezeichnend ist die 
Stellungnahme einer Kongregation zu Descartes: Es sei klar, daß er schwere 
Irrtümer lehre, sie seien selbstverständlich abzulehnen, anderseits enthalte er 
Fortschrittliches, Wahres ; wie nun die Kirche den Aristoteles nicht wegen seiner 
Irrtümer abgelehnt, sondern sie beseitigt und dann wegen seiner Wahrheiten 
aufgenommen habe, so müsse es die Gesellschaft mit Descartes machen. — 
Vgl. auch den Brief des Generals Tamburini (1725), abgedruckt bei B. Jansen 
(Zeitschr. f. kath. Theologie 1933, S. 409 f., wo weiteres Material angegeben wird). 

Z3^ 



Geist und Einsicht begründen. Die anderen Orden und Schulen ver- 
mochten dieses nicht so leicht und erfolgreich, entweder waren sie 
wie vor allem die alten, vorab die Dominikaner, einseitig konservativ, 
spekulativ, oder wie die neueren, etwa die Minimi, die Piaristen, 
einseitig fortschrittlich, kritisch, einzelwissenschaftlich. 

Hiermit hängt teilweise zusammen — teilweise ist dieser Zug 
durch Aufgabe und Geist des Ordens und seiner Verfassung bedingt 
— , daß die Jesuiten im umgekehrten Verhältnis zu ihrer geringen 
neuschöpferischen, konstruktiven Produktion, in ihrer Philosophie 
viel Lebensnähe, viel Zeitbewußtsein verraten, daß sie in der Form 
der Darbietung schnell die Verbindung mit dem Leser und Zuhörer 
von damals fanden, unnütze, nicht mehr lebendige Fragen aus- 
schieden und neu auftauchende, aktuelle aufzunehmen wußten. Daher 
ihr Einfluß auf ihren vielen Schulen der verschiedensten Länder, 
darum ihre starke literarische Tätigkeit der verschiedensten Art. Sie 
haben nicht bloß in dieser der Scholastik abholden Zeit wie keine 
andere Körperschaft in weitesten katholischen Kreisen von Klerikern 
und Laien die Methoden und Lehren der christlichen Philosophie 
lebendig gehalten, etwa für die Kenntnis und Schätzung der Lehre 
des Aristoteles und des hl. Thomas weit mehr beigetragen als etwa 
die Dominikaner, sondern diese Wahrheiten direkt oder indirekt auch 
an Nichtkatholiken, neuere Philosophen wie Descartes, Spinoza, Leibniz, 
Wolff vermittelt, wie allgemein die Forschung festgestellt hat. 



Drittes KapiteL 
Konservativ gerichtete Denker. 

Wir lassen nunmehr Quellenauszüge aus einigen zwar öfters 
genannten, aber als Gmizes wenig bekannten und selten oder nie 
bearbeiteten Philosophen der Gesellschaft Jesu während des 17./ 18. 
Jahrhunderts folgen. Und zwar soll das Typische der verschiedenen 
Richtungen zur Sprache kommen. Durch diese konkreten Einzel- 
ausführungen werden die vorausgeschickten verallgemeinernden Cha- 
rakteristiken quellenmäßig in ihrer Wahrheitsgeltung bestätigt und 
plastischer veranschaulicht. 

Wir beginnen mit den drei berühmten Spaniern in der ersten 
Hälfte des 17. Jahrhunderts, mit Petrus Hurtado (1592--1651), Ro- 
derich Arriaga (1592 — 1667), Franz Oviedo (1602—1651), und lassen 
auf sie sofort den scharfgiimigen bekannten Spanier Ludwig Lossada 



aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts folgen, Sie spiegeln in 
ihrer Gesamtheit gut den von Suarez begründeten Geist des aristo- 
telisch-scholastischen Denkens, der Selbständigkeit und Analyse wieder, 
lassen aber großenteils seine Tiefe, Maßhaltung, überlegene Aus- 
geglichenheit vermissen. Insofern weht durch das Ganze der Philo- 
sophie des Suarez ein ganz anderer souveräner Geist. Die vier 
Genannten zeigen die Gefahren, denen eine durch und durch selb- 
ständige Art zu analysieren unterworfen ist: während ein so weiter, 
starker Geist wie Suarez sie gemeistert hat, sind sie ihnen teilweise 
unterlegen. Hurtado, Arriaga, Oviedo verbindet nicht nur ein Ge- 
meinsames der kritischen, selbständigen Art, die Fragen aufzugreifen, 
und ein Gemeinsames verschiedener Lösungen eigenartiger, abwegiger 
Natur, sie hängen auch in dieser Reihenfolge offensichtlich zusammen. 

ühiversa pMlosophia a. B. P. Petro Hurtado de Mendoza e So- 
cietate Jesu apud fidei Quaesitores Censore et in Salmanticensi Aca- 
demia sanctae theologiae Professore in unum corpus redacta. Nova 
editio quinque anterioribus tertia fere parte auctior. Lugduni 1624. 
Der Foliant zählt 963 Seilen, vorausgeschickt wird ein Inhaltsver- 
verzeichnis, am Schluß folgt ein dreifacher, sehr ausführlicher Index 
rerum et verborum zu den Summulae et Logica, zur Physica und 
Metaphysica. Im Vergleich zu manchen anderen Scholastikern des 
17./18. Jahrhunderts, besonders den Skotisten, teilweise auch Tho- 
misten, ist die Logik ziemlich kurz auf 160 Seiten, dagegen aus- 
führlich die Metaphysik auf 280 Seiten behandelt. Von den über 
500 Seiten der Physica fallen über 200 Seiten auf die Psychologie, 
ein relativ breiter Raum. Eine gute Proportion alles in allem, echt 
scholastisch. Die Ethik, die in dieser Zeit selten in das Ganze ein- 
gereiht wird, fehlt. Die Ausführung zeigt den Uebergang von dem 
engen Anschluß an Aristoteles in Form des Kommentars zu der 
freieren Art der selbständigen Architektonik der Disputationes meta- 
physicae des Suarez, des späteren Cursus philosophicus oder der Summa 
philosophiae. Diese überwiegt in der Logik, Metaphysik, Psychologie. 

Erwägt man, daß in der Physica außer Materie und Form sehr 
ausführlich die Ursachen, einschließlich die Causa prima, die Greatio, 
das Infmitum untersucht werden, in der Psychologie das Wesen der 
Seele, ihrer Kräfte, daß Verstand und Wille im Mittelpunkt stehen, 
so sieht man klar, daß wir es mit einem bohrenden spanischen Meta- 
physiker zu tun haben. Die Logik beschäftigt sich im Geist der Zeit 
zunächst mit der Feststellung ihres Objektes, sodann mit den Uni- 
versalien im allgemeinen, weiter mit den fünf Prädicabilien im be- 
sonderen, im Anschluß an Porphyrius, während die zehn Prädica- 

25 



mente des Aristoteles fehlen, es folgeiio univoca, aequivoca, analoga, 
die Frage nach dem Wissen, der Definition, Division, dem Syllogismus 
und dem Beweis, also engster Anschluß an das Organon des Aristoteles, 
Geht man die dritte Disputatio De praedicabiUbus in communi, 
namentlich die erste Lectio, durch, so wird man vielleicht nicht 
eindeutig entscheiden können, ob Hurtado Nominalist oder gemäßigter 
Realist ist. Constat ergo a parte rei nuUum dari universale, sed ad 
hoc requiri aliquod opus nostrae rationis. Est tamen a parte rei 
universale fundamentaliter, id est fundamentum ad efficiendum uni- 
versale, Quod fundamentum est ipsa rerum similitudo. Das wird 
weiter ausgeführt. Wenn der Verstand Petrus und Paulus vergleicht, 
statim concipit unam rationem hominis, wenn er Mensch und Tier 
vergleicht, rationem animalis ut communem Petro et equo, in qua 
conveniunt. Das ist gemäßigt realistisch. Nun heißt es aber nomi- 
nalistisch: lUa ratio animalis est una in multis, una, inquam, per 
similitudinem . , . Vel est una per intellectum apprehendentem eas 
res, ac si esset una . . . Reperitur igitur in quovis universali et 
cognitio confusa et obiectum cognitum confuse (p. 76). Hurtado 
verweist hier auf die Disputatio V seiner Metaphysik. Hier spricht 
er sich klar gegen die Thomisten und für die Nominalisten aus. 
Deren Ansicht sei die des hl. Thomas. Dieser wolle er folgen. Dico 
igitur cognitionem universalem immediate terminari ad omnia singu- 
laria contenta intra speciem vel genus, ut sunt similia in aliqua 
ratione, ratione cuius similitudinis per illum actum omnia confuse el 
non collective noscuntur, nullum tamen in particulari, neque ex parte 
obiecti respondere formalitatem aliquam obiectivam distinctam ratione 
a singularibus ut similibus (p. 778). Das ist eindeutiger Nominalismus. 
Geschichtlich bedeutsam ist der große Apparat, mit dem Hurtado 
scharfsinnig in drei Anläufen den Nominalismus zu begründen, die 
Beweise der Realisten, die er gut wiedergibt, zu widerlegen, letztlich 
den Beweis zu erbringen sucht, daß trotzdem obiectum actus uni- 
versahs nihil fictum est. So heißt es gegen die Realisten : Humanitas 
praecisa a Petro et ceteris individuis realiter non est nisi in solo 
Petro et vere de illo solo est praedicabilis ; ergo illa humanitas sola 
non est, quae immediate est universalis, sed illa cum aliis . . . Itaque 
immediatum obiectum actus universalis semper sunt plura ut similia, 
unitas autem est formaliter ab actu. In einer Unterscheidung . heißt 
es: Habet uni versah tatem extrinsece ab actu intellectus, conc, habet 
universalitatem se tenentem ex parte obiecti, nego (p. 782). Daß 
trotzdem das Universale kein fictum ist, wird so erklärt : Totum con- 
ceptum obiecti vum praedicalur de singuhs inferioribus quantum ad 

26- 



modum, quia omnia confuse praedicantur, ut confuse cognoscuntur, 
während das fictum überhaupt nicht auf die Wirklichkeit anwendbar, 
beziehbar ist. Was Hurtado hier scharfsinnig durchführt, haben 
Arriaga und Oviedo. Sie heißen darum die Confusionisten. 

Die Analogie des Seins gründet nicht, wie gegen Recentiores 
neque pauci neque ignobiles — gemeint ist wohl vor allem Suarez 
— ausgeführt wird, in der dependentia unius analogi ab alio, sondern 
in der transcendentia (p. 117 sqq.). Trotz dieser Analogie sollen 
merkwürdigerweise aliqui conceptus attributorum Gott und den Ge- 
schöpfen univok zukommen (p. 123 sq.), ebenso Substanz und Akzidens. 

Die Physica folgt dem üblichen aristotelischen Schema : die all- 
gemeineren Fragen schließen sich an das naturphilosophische Haupt- 
werk Dephysico auditu an, es folgen speziellere im Anschluß an De 
coelo und De Generatione et corruptione. Auch hier untersucht Hur- 
tado die Fragen, die bei Arriaga und Oviedo wiederkehren und von 
ihnen im gleichen Sinn beantwortet werden. 

Das Mitwirken Gottes mit der Sünde wird kurz abgemacht. Sen- 
tentia, heißt es, quae docet Deum non concurrere immediato influxu 
physico in actum, qui est peccatum seu in materiale peccatum, non 
nititur fundamento levi. Der Hauptbeweis ist der Autorität entnommen: 
Vasquez zitiere Altissiodorensis, Gregor v. Rimini, Hieronymus, Au- 
gustinus; eam sententiam docuerunt multi praeclari doctores: Bona- 
ventura, Alexander de Haies, Lombardus, Durandus, Aureolus, Origines, 
Hugo de S. Victore, Augustinus, Gregor de Rimini. A qua tamen non 
sum ego, adhuc enim communiorem sequor scholasticorum sententiam 
admittentem Dei immediatum influxum in omne ens creatum, non 
quia id demonstretur aperte — hier wie anderswo der ausgesprochen 
kritische Zug des Hurtado — , sed quia maior theologorum vis in id 
conspiravit ab aevo (p. 281 sq.). 

Bezüglich des Infmitum: A deo cognoscuntur infmita individua 
infinitarum specierum, nullum tamen infinitum simpliciter, in essentia 
(p. 312 sqq.). Von Gott kann ein Infinitum in actu erschaffen werden, 
die Gegengründe werden widerlegt, nicht übel kritisch wird bezüglich 
des Aristoteles bemerkt, de cuius autoritate non est multum curandum 
in quaestionibus de potentia absoluta, quia eam ignoravit. Daß die 
lange Reihe der Gegner, Thomas, Cajetan, Capreolus, Ferrara, Vasquez, 
Conimbricenses, Gregor v. Valentia, Pereira, Rubius aliique quam 
plurimi ihn nicht irre macht, sei als bezeichnend für die Unabhängig- 
keit seines Philosophierens erwähnt. Eingehend ist die Diskussion 
über die Zusammensetzung des Continuum, eine Frage, die ständig 
in dieser Zeit wiederkehrt. Arriaga und Oviedo folgen nur teilweise 

27., 



Hurtado. Actualis continui compositio monstratur, habet indivisibilia 
realia (p. 342 sqq.). Daß creatura permanens potuit esse ab aeterno 
(p. 352 sqq.), ist ebenfalls eine singulare Ansicht ; dagegen nullus 
motus successivus potuit esse ab aeterno (p. 359 sqq.). 

Daß ein Spanier um diese Zeit den Satz schreibt : nihil certum 
potest affirmari de convenientia aut difFerentia materiae coeli empyrei 
et sublunaris (p. 365), zeigt seine Freiheit des Denkens, er erwähnt 
die neuzeitliche (1572) Entdeckung eines Sternes in der Cassiopea. 
Die Entscheidung über die Zahl der Sterne wird weise dem Leser 
überlassen. Dagegen wird an der wörtlichen Auffassung der sechs 
Tage der Schöpfung und an den aristotelischen vier Elementen fest- 
gehalten. Im Traktat De generatione et corruptione stößt man auf 
merkwürdige Sätze: feminae emittunt semen (p. 416 sqq.); in gene- 
rationera actualem filii sola femina concurrit active immediate 
(p. 420 sqq.). Weiterhin ergeht sich Hurtado über die Bildung des 
menschlichen Foetus (p. 423 sqq). Große Distanz wahrt er bei der 
Untersuchung über Verdichtung und Verdünnung (p. 441), man sieht 
hier wiederum seinen kritischen Sinn. Die Intensität der Qualität 
wird vermehrt nicht per maiorem radicationem, wie die Thomisten 
wollen, sondern additione novi gradus, wofür Albert d. Gr., die 
Franziskaner, die Nominalisten, Suarez und andere Jesuiten ange- 
führt werden (p. 449). Die Elemente bleiben in der Mischung 
virtuell, auch die übrigen Seiten dieser Theorie sind aristotehsch 
(p. 463-472). 

Mit derselben kritischen Selbständigkeit wird die Psychologie 
behandelt, auch hier eigentümliche Ansichten. Im strengen Sinn des 
Wortes kommt den Pflanzen kein Leben zu (p. 508 sqq.). Anima 
concurrit immediate ad actus (p. 520 sqq.). Aliquando singularia 
cognoscunlur prius quam universalia (p. 533). Volitio potest uniri 
a solo Deo voluntati sine ulla cognitione creata (p. 552 sq.). 

Mit Schärfe und Tiefe behandelt Hurtado die certitudo und 
unterscheidet metaphysica, physica, moralis (Disp: VIII p. 567 — 573), 
was vor ihm selten geschah. Ebenso klar und gründlich ist die 
folgende Disputatio de veritate et falsitate intellectus (p. 573 — 584). 
Ausführlich wird De veritate propositionis de futuro libero unter- 
sucht, was seit der Kontroverse zwischen Thomisten und Molinisten 
übUch war, die conditionate futura sind eindeutig wahr. Auch die 
folgenden Unterscheidungen, intuitive und abstrakte, quidditative und 
komprehensive Erkenntnis sind beachtenswert. Eigentümlich ist auch 
die Unterscheidung, daß für visio, auditio, phantasia species impressa 
verlangt wird, nicht aber für olfactio, gustus, tactus. Lebhaft setzt 

28 



sich Hurtado gegen die Thomisten für die species impressa ein, 
wodurch die Seligen Gott schauen (p. 612 sqq.). 

Die Spekulation über den Willen beginnt mit der Feststellung 
des obiectum adaequatum voluntatis: omne bonum apprehensum. Es 
folgt die Untersuchung über den fmis und seine causalitas, über die 
verschiedenen Willensakte, über das Verhältnis des Willens zum Ver- 
stand (p. 629—640). GründUch ist die Betrachtung der Freiheit. Hier 
wie sonst beruft sich Hurtado oft auf den hl. Thomas. Der Wille 
kann habitus erwerben, nicht aber der Verstand. Gegen Suarez: 
habitus non efficienter influit, sed per informationem et inclinationem 
(p. 663—675). Der Sensus communis ist von der phantasia ver- 
schieden, dagegen fällt die vis aestimativa mit dem sensus communis 
zusammen (p. 675 — 686). Den Abschluß der Psychologie bildet die 
Anima separata (p. 686—690). 

Die ausführliche Metaphysik zerfällt in vier Teile: De enle in 
communi. De entis atlributis. De praedicamentis, De ente rationis. 
Formell reiht sich eine Disputation an die andere. Höchst anregend 
ist die Einführung über Gegenstand, Einheit, Bedeutung der Meta- 
physik. Sie zeichnet sich ebensosehr durch Tiefe und Schärfe aus 
wie durch ideale Auffassung. Man spürt die große spanische Ver- 
gangenheit, die noch slark im 17. Jahrhundert nachwirkt. Ens ab- 
stractum ab omni materia singulari, sensibili et intelligibili ist der 
Gegenstand, indirekt gehört das ens rationis hinein. Das obiectum 
attributionis, wohin alles zielt, sind die positiv geistigen Wesen, Gott 
und Engel, genauer Gott (p. 693 — 710). Gut wird das Verhältnis 
zu den anderen Wissenschaften bestimmt : jede Wissenschaft hat ihre 
besonderen Prinzipien, Inhalte, ihnen gehen aber noch allgemeinere 
voraus, mit ihnen hat es die Metaphysik zu tun (p. 710 sq.). Nicht 
die Abstraktion von der Materie, sondern das Formalobjekl grenzt 
die Wissenschaften voneinander ab (p. 719 sqq.). Ihre Einheit be- 
kommt die Metaphysik nicht durch den Habitus bzw. seine Einfachheit, 
sed per aggregationem plurium specie distinctorum, quorum obieela ad 
unum Deum in esse scibili referuntur (p. 722 sqq.). 

Eigenartig und schwach ist die Bestimmung des Seinsbegriffes, 
er besitzt nicht nur logische, sondern sachliche, univoke Einheit. 
Hierfür beruft sich Hurtado auf seine nominalistische Universalien- 
Iheorie (Disp. 5, sect. 10): constat ens ut sie cognosci uno conceptu 
formali confuse, repraesentante inferiora entis (p. 723 sq.). Die Lösung 
der Schwierigkeit, ens a suis inferioribus non posse praescindi, erfolgt 
von seinem Confusionisraus aus : hoc argumentum nullam habet vim, 
etenim nee in univocis nee in analogis neque in ente nee in animali 

Z9 



cognitio universalis logice praeseindit duas formalitates obiectivas, 
sed immediate fertur et confuse in omnia singularia, non vero in 
rationem aliquam obiective unam et communem (p. 734.)- Dieselbe 
nominalistische Erklärung der attributa realia: una entitas diversi- 
modo denominata a diversis cognitionibus, quibus refertur ad varia 
connotata (p. 742 sq.). 



Pragam videre, Arriagam videre. In diesem bekannten Wort 
kommt die Berühmtheit des gefeierten Spaniers zum Ausdruck. Er 
entfaltete nach einigen Jahren als Philosophie- und Theologieprofessor 
in Valladolid, 25 Jahre lang, von 1642 — 1667, eine vielseitige wissen- 
schaftliche Tätigkeit als Theologieprofessor, Universitätskanzler und 
Studienpräfekt in Prag. Ärriagas Cursus pJiilosophicus, zuerst 
1635 in Antwerpen erschienen, wurde oft aufgelegt und zitiert. Er 
zeichnet sich durch scholastische Tiefe und Schärfe und kritische 
Selbständigkeit aus. Er will im Geist des Suarez philosophieren, den 
er als einen Riesen im Vorwort feiert — ich zitiere nach der Pariser 
Ausgabe 1637, Foliant von 790 Seiten.*) 

Arriaga sagt dort, er wolle ein Schulbuch für den dreijährigen 
Kurs schreiben im Anschluß an die Schriften des Aristoteles. Er 
wolle sich methodisch der Kürze, Klarheit, Gründlichkeit befleißigen. 
Bei aller Achtung vor dem Ueberlieferten halte er auf Selbständigkeit 
und Fortschritt. Man solle nicht alles Neue, weil es neu sei, ver- 
werfen. Auch die Gegenwart habe ihre fünf Sinne und ihren Ver- 
stand ebensogut wie die Alten. Dazu komme heute die reichere 
Erfahrung und Beobachtung. Cur ergo et nobis non licebit con- 
sequentias novas deducere, ab illis deductas non semel nullas fuisse 
ostendere. Der kritische Fortschritt: (licebit) momenta rationum 
nonnumquam ad lancem reponere et leviora manifeste deprehendere . . . 
invenies saepe opiniones, quas vel in quaestionem vocare piaculum 
putabatur, tam infirmo nixas fundamento, ut mireris eas tot saeculis 
Stare potuisse. Ueberflüssige, spitzfindige Fragen müßten ausscheiden 
— wenn Arriaga trotzdem in den von ihm gerügten B'ehler fällt, so 
sieht man, daß er Spanier vor Augen hatte und Spanier blieb. Ein 
anderer Fehler sei der bloße Wortschwall ohne Sacherklärung: fuit 
non pridem et etiam nunc apud multos philosophia solis terminis 
obscuris, axiomatis magnum quid externis verbo sonantibus, intrin- 
secus et reipsa favillaceis. 



') Vgl. den Artikel über Arriaga von Eschweiler in der genannten Samm- 
lung 3. Band (1931). 

30 



Relativ zu anderen zeitgenössischen Scholastikern zitiert Arriaga 
wenig Gewährsmänner, was wohl mit dem Charakter des Schulbuches 
zusammenhängt. Die verschiedensten Richtungen werden angehört, 
Aristoteles und Thomas kommen zu Ehren. Wie gesagt, folgt Arriaga 
in der äußeren Anlage im großen ganzen den Büchern des Aristoteles, 
selbständiger ist die Psychologie; völlig losgelöst von Aristoteles ist 
der Aufbau der Metaphysik, ihre auffallende Kürze (p. 720—790) 
erklärt sich wohl daraus, daß viele Gegenstände derselben vorweg- 
genommen sind, so Ursachen, Materie und Form, Relationes. 

Mit befreiender Offenheit spricht er über den geringen Nutzen 
der stets behandelten Summulae, deren Inhalt überdies in der Logica 
maior wiederholt wurde : Decreveram de summulis necverbum facere, 
res enim est valde trita nee magni momenti. Quae de reductione 
per impossibile, heißt es im Verlauf, inutiliter laboriose a nonnullis 
fusius disputantur, fere omittam, per viginti jam annos continuo in 
scholis degens et in nobilissimis academiis frequentissimis dispu- 
tationibus praesens nee vel semel aliquem hac reductione utentem 
aut indigentem audivi. Zum Schluß verweist das Prooemium auf 
Hurtado und die Gonimbricenses. Später spottet er über die unnütze 
Breite bei der Behandlung der propositiones modales (p. 23). Knapp 
ist die Erörterung der Einteilung und des Syllogismus. 

Die Einleitung der Logik sagt urvernünftig über ihre Aufgabe: 
est cognitio experientia et discursu parta, quae versatur in dirigendis 
intellectus nostri operationibus, ut eas sine errore exerceamus. 
Während sich andere Logiker breit über Natur der Logik ergehen, 
faßt Arriaga sich kurz und verweist auf die Gonimbricenses, Toletus, 
Rubius, Scotus, nos ad solidiora veniamus. Seine Quellenstudien 
gehen wesentlich auf das 16. Jahrhundert und dürften sich darauf 
beschränken. Die Logik berührt als ihr Materialobjekt die Sach- 
gegenstände, ihr Formalobjekt sind nicht ens rationis, das vielmehr 
ausgeschlossen wird, auch nicht die Worte, sondern triplex intellectus 
operatio, das objectum attributionis aber, worauf alles hingeordnet 
ist, ist der Beweis (p. 49 sqq.). 

Gegen Skotisten, Thomisten und andere werden die praecisiones 
verteidigt: una formalitas potest realiter sine alia cognosci (p. 78 — 91). 
Diese Theorie dient, wie er sagt, der Lösung der Uni versalienf rage. 
Die Distinctio intrinseca universalis der Thomisten wird verworfen, 
wie es später Lossada tut, dann heißt es echt nominalistisch wie 
bei Hurtado und Oviedo: natura fit universalis solum per praecisionem 
formalem, id est, qua ita concipiuntur naturae omnes, ut, licet ex 
parte obiecti omnes differentiae et omnia individua cognoscantur, ita 

31 



tarnen confuse, ut una sola natura cognosci videatur, et quantum 
est ex vi illius actus, nequit intellectus discernere, utrum sit una an 
plures. Ausdrücklich beruft sich Arriaga auf die Nominales: Alle 
Unterscheidung hält sich streng auf Seiten des Subjektes und seiner 
Akte: eandem (distinctionem), quam isti (Thomistae) ponunt in ordine 
ad praedicata . . . ego pono in ordine ad cognosci et non cognosci (p. 88). 

Während Suarez, um von allen Thomisten abzusehen, die Zehn- 
zahl der aristotelischen Kategorien ein philosophisches Dogma nennt, 
sagt Arriaga mit wohltuender Kritik, freilich zu vi^eit gehend : adverte 
tarnen, sicut Aristoteles constituit decem haec praedicamenta, potuisse 
vel plura vel multo pauciora constituere . . . Unde mirandum est aliquos 
ita esse sollicitos, ut hanc distinctionem exactam et omnino necessa- 
riam esse defendant . . . perinde ac si de re magni momenti ageretur. 
Gut ist, was folgt: adverte tarnen pro his omnibus praedicamentis, 
dum de Ulis disputavit Aristoteles in Logica, non tarn disputare de 
rebus ipsis, quae in praedicamentis ponuntur, quam de decem con- 
ceptibus mentis, quos circa illa praedicamenta possumus habere, quia, 
ut diximus initio Logicae, haec non tam de rebus seu de modo seiend! 
obiectiva quam de actibus ipsis seu modo sciendi formali agit 
(p. 143 sq.). Sonderbar ist die These: veritas formalis non est essentialis 
propositioni, unde actus verus et falsus non differunt essentialiter 
(p. 166 sqq.)- Auch Arriaga bejaht wie Hurtado die Wahrheit der 
zukünftigen Akte, der absoluten und der bedingten (p. 179—185). 

Der Gegenstand der Naturphilosophie ist corpus substantiale com- 
pletum (p. 213j. Die Materie hat vorgängig zur Form einen Seinsakt 
(p.228), sie kann ohne diesen existieren, absolut betrachtet (p.230 sqq.), 
ohne sie erkannt werden (p. 237). Forma non est tota quidditas 
compositi (p. 244 sq.). Quoraodo forma in materia praeexistat, quo- 
modo forma pendeat a materia, wird im aristotelischen Sinne 
erklärt (p. 245 sqq.). Ueberall, auch in den Lebewesen, ist nur 
eine Form (p. 248 sqq.), Oviedo lehrt ebenso. Spanisch subtil ist 
die weitere Behandlung der Unio von Materie und Form (p. 260—274). 
Gegen die Thomisten: tenendum est quantitatem et accidentia com- 
munia recipi in sola materia prima (p. 276 sq.). Bei der Erörterung 
der Ursachen kommt ausführlich die Causa prima zur Sprache, wie 
es öfters in dieser Zeit geschieht, üeber die Mitwirkung Gottes heißt 
es maßvoll, ohne daß auf die Feinheiten der thomistisch-molinistischen 
Kontroverse eingegangen wird: Deum velle inefficaciter et concursum 
ad peccatum et concursum ad bonum opus . . . Quod ut intelligas, 
adverte Dei omnipotentiam ex natura rei esse indifferentem, ut sub- 
iciatur quasi potestati voluntatis creatae ... At quia haec quasi- 

3Z 



subiectio, si non penderet a volitione divina, esset summa imperfectio 
in Deo, ideo oportet ut pendeat ab aliquo actu voluntatis Dei libero, 
tunc enim salvatur perfectissime dominium Dei in hunc concursum 
(p. 346 sq.). 

Gegen die Thomisten, mit den Skotisten und Nominalisten heißt 
es: Substantia potest, de facto producit aliam substantiam (p. 351). 
Kühn und gegen die allgemeine Ansicht wird behauptet: Ex dictis 
infero nuUam esse rationem probantem repugnare creaturam posse 
creare . . . non solum ut causam instrumentalem, sed etiam ut princi- 
palem, was gegen Suarez und andere ausgeführt wird (p. 360 sqq.). 
Ebenso : potest Deus producere infmitum in multitudine, magnitudine 
et intensione, in hanc sententiam inclinat P. Vasquez (p. 369 sqq.). 
Eigene Wege geht Arriaga, wie er andeutet, in der Erklärung des 
locus, der ubicatio, des spatium : ubicatio distinguitur a Petro, a loco 
reali et imaginario, cui est praesens (p. 372) ; dico praesentiam localem 
esse accidens perfectum (p. 379); Deus est in spatio imaginario (p. 382); 
duratio distinguitur a re durante (p. 396). Scharfsinnig und eingehend 
wird die Zusammensetzung des Continuum geprüft. Ergebnis: haec 
sunt, quae in tam difficili materia pro utraque parte mihi occurrunt 
dicenda: Et licet sententia Zenonis videatur clarior et facilior, et 
argumenta, quae contra ipsum faciunt, possint utcumque contra alias 
sententias retorqueri : nihilominus tamen non licet a reeepta et com- 
munissima Aristotelis sententia recedere (p. 435). Oviedo denkt 
ebenso. Die Elementenlehre modifiziert nur wenig die hergebrachte 
des Aristoteles. 

Bedeutsam und scharfsinnig bestimmen die Disputationes in tres 
libros de anima, nach einem Lob ihres Gegenstandes, inwieweit die 
menschliche Seele in diese Erörterungen gehöre. Da die Psychologie 
ein Teil der Physica sei, sei zu folgern : non agi praecipue de anima 
secundum se, sed de corpore animato, quia anima seorsim sumpta 
non est species corporis substantialis . . . Philosophus autem in bis 
libris agit in particulari de his, quorum rationes communes in prae- 
cedentibus explicuerat, ergo in praesenti non tam de anima secundum 
se quam de toto composito disputat. Trotzdem sei der vorzüglichste 
Gegenstand der Psychologie anima intellectiva, auch die anima separata 
sei hier, wie Hurtado meine, zu behandeln. Arriaga behandelt nach- 
einander: de anima secundum se, de vivente, de potentiis animae, 
de specie impressa, de potentiis materiahbus, de intellectu et eins 
actibus, de libertate voluntatis, de habitibus, de anima separata. Man 
sieht, die aristotelische Vorlage ist verlassen, zugunsten eines selb- 
ständigen, inhaltreichen Aufbaues. 

3 Jansen, Philosophie im Jesuitenorden «53 



Bei der Definition der Seele wird die materia prima non organisata 
als corpus bestimmt (p. 526). Res spiritualis potest habere partes 
integrantes (p. 532 sqq.). Das Wesen des Körpers ist die impenetra- 
bilitas — vgl. Locke und andere Moderne. Anima rationalis caret 
partibus integrantibus, essentialibus, heterogeneis (p. 538 sqq.). Sanguis 
animatur (p. 554 sqq.) Gegen Thomisten, teilweise auch gegen Suarez 
und andere Jesuiten heißt es mehr augustinisch-nominalistisch : di- 
cendum est animam immediate, saltem partialiter, concurrere ad actus 
vitales (p, 578 sqq.); anima immediate recipit actus vitales (p. 583 sqq.); 
non distinguuntur potentiae ab anima (p. 589 sqq.). Potentia visiva, 
auditiva verlangen species, nicht aber die anderen Sinne, wohl aber 
der Verstand (p. 596 sqq.). Das geistige Erkennen ist, ähnlich wie 
die gratia, eine qualitas ohne Tun (p. 642 sqq.). Die siebte Disputatio 
über den Willen weist keine besondere Note auf. Freiheit und 
göttliches Vorherwissen werden durch die Scientia media erklärt 
(p. 682 sqq.). Die notwendig handelnden Fähigkeiten bedürfen keines 
habitus, wohl der Wille (p. 706 sqq.). 

Die Kürze der abschließenden Metaphysik — 70 Seiten — wurde 
bereits verständlich gemacht. Es wird für ihre Behandlung auf Suarez 
und Hurtado verwiesen. Ihr Gegenstand : ens ut sie et etiam prout 
contraetum ad ens immateriale; unde de Deo et de Angelis disserit, 
non vero de anima, quia haec non omnino abstrahitur a materia. 
Gott ist das obiectum attributionis der Metaphysik. Die sechs Dispu- 
tationes enthalten : de ente et eins attributis, de essentia et existentia, 
de praedicamentis in genere, de substantia, de aliis praedicamentis, 
de ente rationis. Was Arriaga bietet, ist nicht wegen der konstruktiven 
Leistung, sondern wegen der kritischen Selbständigkeit und der Eigenart 
mancher Ansichten zu erwähnen. Res non individuantur formaliter 
a materia vel quantitate (p. 731). Dasein und Sosein fallen sachlich 
zusammen (p. 747 sqq.), nur ratione, nicht objektiv oder metaphysisch 
sind sie verschieden (p. 749 sq.). Concludo, heißt es singulär, etiamsi 
stemus rigori nominis, nullam adduci rationem, qua excludatur Deus 
a praedieamento (p. 753). Conceptus substantiae est, quidquid in- 
trinsece constituit primum rem (p. 758 sqq.). Ausführlich und spitz- 
findig ergeht sich Arriaga über die subsistentia : probabilius est sub- 
sistentiam esse rem quam modum (p. 760 — 775). Probabile est quanti- 
tatem'non distingui a materia prima (p. 775 sqq.), primarius effectus 
est reddere impenetrabile per se naturaliter id, in quo est (p. 777 sq.). 



34 



Der Gesamtgeist und viele Einzelinhalte des Integer cursus philo- 
sqpJiicus des Frans de Oviedo (Lyon 1640, Foliant) gleicht so sehr 
den beiden genannten Landsleuten und Ordensbrüdern, hängt so mit 
ihnen zusammen, daß wir uns darauf beschränken können, wichtigere 
Sätze und eigentümliche Ansichten kurz wiederzugeben. Das Titelbild 
weist bezeichnend die Bilder der vier Jesuiten, der führenden Ordens- 
philosophen des 16. Jahrhunderts auf: Suarez, Toletus, Pereira — 
Spanier — , Fonseca — Portugiese. Häufig kehrt wieder: propria 
sententia. Umfassende Quellenstudien dürfte Oviedo ebensowenig 
wie Hurtado und Arriaga gemacht haben. Ueber die Notwendigkeit 
der Summulae denkt Oviedo anders, höher als Arriaga. Ausführlich 
ergeht er sieh über den Gegenstand der Logik, wo er im wesent- 
lichen mit den früheren Jesuiten übereinstimmt: rectitudo operationum 
intellectus. Die Universalientheorie ist vollständig auf den gleichen 
Ton gestimmt wie bei Hurtado und Arriaga: scharf wird die aus- 
schließlich formale praecisio, die rein subjektiv ist, der objectiva, 
die sachlich gerichtet ist, entgegengestellt. 

BezügUch Materie und Form: imprimis suppono materiam in- 
trinsece, hoc est, secundum suam entitatem non perfici per formara 
neque formam per materiam, quia quaelibet habet suam entitatem 
distinctam ab alia cum omni perfectione pertinente ad sui constitu- 
tionem (p. 174). Mit Skotus wird die Mehrheit der Formen gehalten, 
speziell die forma corporeitatis in Lebewesen (p. 192 sqq.). Die unio 
materiae et formae wird mit Berufung auf Suarez und andere 
Jesuiten durch die Modustheorie erklärt: unionem esse modum 
quendam substantialem modaliter distinctum a materia et forma 
(p. 201). Auch die geistigen Wesen können aus Materie und 
Form zusammengesetzt sein (p. 217 sq.) Sonderbar ist die 
These, die es mit der auctoritas totius scholae aufnimmt : es könne 
ein Compositum geben ex duplici parte essentiali, quarum neutra 
sit materia neque forma (p. 218 sqq.) Volle fünf Controversiae 
befassen sich mit den Ursachen (v. 232—352). Sie ist aristotelisch- 
scholastisch gründlich. Hier wird Gottes Mitwirken mit den freien 
Akten berührt, die praedeterminatio physica wird abgelehnt, die 
scientia media, die längst von den Jesuiten ausgedacht war, wird 
nicht angeführt, die Lösung stützt sich auf Suarez; olTensichtlich 
ist es Oviedo, bei aller Wahrung der geschöpflichen Freiheit, um 
die Betonung der göttlichen Oberherrlichkeit zu tun. Vorsichtig und 
zurückhaltend ist die Stellungnahme, ob die Himmelskörper von innen 
oder durch Intelligenzen bewegt werden (p. 460 sqq). Das Gleiche 
gilt von der Frage, ob die Gestirne fest oder flüssig seien (p. 468). 

3* m 



In der Psychologie könnten manche subtile Fragen ausscheiden. 
Den spanischen selbstbewußten Individualisten verraten Formu- 
lierungen bei der Behandlung des Willens wie folgende : Thomistarum 
sententia evertitur, Recentes nostrae Societatis impugnantur, Ripaldae 
sententia exponitur illiusque fundamenta solvuntur, Fortius exploditur 
eadem sententia, Propria sententia explicatur (p. 160 sqq). 

In der Metaphysik wird mit Berufung auf Skotus, Nominalisten, 
Jesuiten die univocitas des Seins gehalten (p. 274). Thomistisch 
wird die possibilitas entis realis in die nonrepugnantia notarum 
gesetzt (p. 275 sqq). ünum non addit super ens praedicatum reale 
positivum realiter neque formaliter ab illo distinctum neque Actum 
ab intellectu, was scharfsinnig durchgeführt wird (p. 287 sqq). Die 
distinctio virtuaUs wird abgelehnt, u. a. damit, daß es nicht angehe, 
aus den Geheimnissen, speziell der Dreieinigkeit, Schlüsse auf das 
Geschöpfliche zu ziehen, was temperamentvoll durchgeführt wird 
(p. 320 sqq). Eigenartig ist die weitausholende Theorie über die 
subsistentia (p. 353 sqq). Ziemlich skeptisch heißt es: nuUam 
positivam rationem probabiliter suadere quantitatem esse accidens 
superadditum (p. 371). 

Allseitig befriedigen können die drei spanischen Jesuiten trotz 
ihres bohrenden Scharfsinnes und ihrer spekulativen Gründlichkeit 
nicht, ihre Art sticht sehr von der durch Suarez im Jesuitenorden 
begründeten Philosophie ab, sie ist oft zu eigenwillig, spanisch ver- 
stiegen. Wir kommen in diesem Urteil im großen ganzen auf das 
Urteil hinaus, das Antonio Astrain in seiner Historia de la Gom- 
pania de Jesus en la Asisfencia de Espana fällt (vgl. Tomo VI 
p. 49—50, Tomo V p. 91—93). 



Es soll sich an die drei genannten Spanier sofort eine Analyse 
und Würdigung des Cursus pMlosopMcus Regalis Collegii Salman- 
ticensisS.J. in tr es partes divisi auctore Lud o vi co Lossada ineodem 
Gollegio Theologiae Professors et S. Scripturae Interprete anschließen. 
Es zeigt in bedeutsamer Weise Licht- und Schattenseiten der Philo- 
sophie der Jesuiten, vor allem der spanischen ; er tut dar, daß noch 
im zweiten und dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts, in dem er 
zum ersten Mal erschien, die scholastische Philosophie gründUch 
und lebendig von ihnen gepflegt wurde. Diesen Auszügen liegt die 
Ausgabe Barcinone 1883 in 10 Bändchen in 12-Format zu Grunde, 
auf jedes Bändchen kommen rund 300 Seiten. Pars prima logica 
in 3 Bd., secunda physica seu naturalis philosophia de corpore 

36 



natural! generatim in 3 Bd., tertia seu tractatus de generatione et 
corruptione, Synopsis tractatuum de mundo, de coelo, de elementis 
et mixtis in 1 Bd., de anima 2 Bd., metaphysica 1 Bd. In langer 
Einleitung widmet Lossada in bezeichnender Weise das Werk dem 
Suarez, Charakteristisch ist ferner der allgemeine Anschluß an die 
Werke des Aristoteles, dem andererseits die freie, selbständige Durch- 
führung des Einzelnen gegenübersteht. 

Die Logik ist sehr ausführlich behandelt. Sie zeichnet sich 
durch Begrififsschärfe und Gründlichkeit aus, die gelegentlich in 
Spitzfindigkeit ausartet. Die Grundhaltung ist aristotehsch, in einigen 
Fragen und zwar Grundfragen vertritt der Spanier eigene, abwegige 
Meinungen, wohl beeinflußt von den oben genannten Jesuiten. Das 
Objekt der Logik sind die Akte oder die intentiones rationis, nicht 
aber die realen Gegenstände (p. 198), praeter actus intellectus nullum 
obiectum logicae formale (p. 255). 

In der Einleitung zu den üniversalien wird weise bemerkt: 
plurima a metaphysica (logica) mutuare cogitur tum cognatione 
rerum tum consuetudine scholarum (tom. 2). Dort wird die praecisio 
obiectiva, die die Thomisten, Suarez und andere Jesuiten halten, 
abgelehnt und mit Hurtado, Arriaga, Oviedo, Tellez, Quiros, Peynado, 
Ulloa, Aversa und anderen, die ganz auf Seiten des Subjektes sich 
haltende formalis distinctio vorgetragen (p. 78). Die praecisio 
obiectiva suche contradictoria zu einen (p. 89), deshalb bleibe bloß 
die formalis übrig: während erstere meint, nicht das ganze Objekt, 
z. B. Gott, Mensch, würde erfaßt, sagt die formahs praecisio, es 
würde zwar das totum obiectum, also Gott und Mensch, erfaßt, aber 
nicht totaliter, quia non perfecte cognoscitur (p. 92). Insofern ist 
ein fundamentum a parte rei vorhanden, als objektiv die ganze 
Seinsfülle gegeben ist, die aber infolge der menschlichen Unvoll- 
kommenheit nur in verschiedenen Erkenntnisakten darstellbar ist. 
Damit hängt zusammen, daß Lossada auch in der Universahenfrage 
Gonfusionist ist wie die drei Genannten. Obiectum cognitionis 
„homo" esse omnes hominum naturas sive omnia individua humana. 
Cum enim cognitio „homo" attingat praedicata essentialia naturae 
humanae, quae identificantur a parte rei cum omnibus individuis, 
haec omnia attingere debet ex parte obiecti (p. 149;. Auf die quinque 
voces des Porphyrius oder die praedicabilia folgen die decem prae- 
dicamenta Aristo telis (p. 104 sqq.) Die Wahrheit im Urteil besteht 
in complexio actus et obiecti, ita ut hoc nomine „veritas" impor- 
tetur actus in recto, obiectum in obliquo ; proindeque denominationem 
„veri" esse partim intrinsecam partim extrinsecam actus, ita cum 

37 



Suaresio (p. 174). Die dritte Operatio mentis, der Syllogismus, ist in 
ihrer Behandlung aristotelisch, ebenso die Behandlung der Scientia, 
des wissenschaftlichen Beweises. 

In der bedeutsamen Einleitung zur Naturphilosophie werden 
kurz und klar die Wesenszüge der aristotelischen und der neueren, 
atomistischen, cartesianischen Philosophie gegenübergestellt. Letztere 
zähle wenige Anhänger in Spanien, Thomas Vincentius Tosca, der 
später oft herangezogen wird, habe sie in seinem Compendium 
philosophicum vorzüglich dargestellt. Weiterhin wird begründet, 
warum sie abzulehnen sei: sie sei keine eigentliche Philosophie, 
während die Scholastik eine gute besitze. Zunächst werden die 
drei aristotelischen Prinzipien des Naturkörpers dargelegt (p. 59 sqq.). 
Die Behandlung derselben gibt an Tiefe nichts den scholastischen 
Klassikern der Vorzeit nach. Natürlich wird der thomistische 
Standpunkt abgelehnt und der suaresianische durchgeführt. Auch 
die materia gehört zur tota quidditas corporis naturalis (p. 293). 
Die kritische Art zeigt sich klar in der Diskussion des pro et contra 
„denturne formae substantiales subordinatae" in ein und demselben 
Naturkörper; die Ansicht des Skotus „est sine dubio valde proba- 
bilis et gravibus. nixa fundamentis, quamquam non adeo solidis, ut 
solvi non possint fortasse probabilius" (p. 8), die Frage bleibt also 
unentschieden. Subtil ist die Disputatio De unione materiae et 
formae in composito substantiali (p. 65 sqq.), ebenso De distinctione 
totius substantialis a partibus suis (p. 106 sqq.). 

Die Unterscheidung von Motus naturaUs und violentus wird 
aufrecht erhalten (p. 146). Tief und klar sind die Traktate über 
die Ursachen im hergebrachten aristotelisch-scholastischen Sinn 
(p. 181 sqq.) Die vorbildliche Ursache, die eine wahre Ursache ist, 
wird mit Suarez ad genus efficientis zurückgeführt (p. 207). Bei 
der Behandlung der Wirkursache setzt sich Lossada mit Gassendi, 
Descartes, Malebranche auseinander (p. 208 sqq.). Eine mutua prioritas 
naturae in diverso genere physico ist möglich (p. 272). Gegen die 
Thoraisten die bei den Jesuiten öfters wiederkehrende These: Sub- 
stantia creata est virtus immediate activa alterius substantiae (p. 332). 
Eine andere These : Accidens saepe immediate influit in substantiam 
ut causa Instrumentalis (p. 357). Kühn klingt der Satz : Potest quodlibet 
divinitus elevari ad quodlibet producendum quibusdam exceptis (p.395). 
In dem Traktat über die Ursachen in der Naturphilosophie 
beschäftigt sich Lossada, wie das Jesuiten und andere Scholastiker 
dieser Zeit öfters tun, mit dem göttlichen Wirken. Causa prima 
connectitur metaphysice cum possibilitate creaturarum (p. 9). Deus 

38 



imtnediate concurrit ad omnes effectus creaturarum (p. 51 ). Causae 
secundae et causae primae cum ea concurrentis eadem est actio 
(p. 56). Im folgenden wird gegen die praemotio physica der con- 
cursus simultaneus indifferens vertreten und gezeigt, daß der hl. 
Thomas ihn lehre (p. 66 sqq.) 

Die sechs letzten Bücher der Physica des Aristoteles werden 
summarisch erledigt. Actio et passio non distinguuntur inter se 
realiter, sed ratione tantum (p. 172). Ort und Zeit sind aristotelisch 
gehalten (p. 196-99). Non repugnat creatura permanens ab aeterno 
producta, u. a. ex eo quod causa solum natura prior effectu esse 
debet (p. 243). Probabile est infinitum in actü non repugnare (p. 254). 
Eingehend wird wie bei Hurtado, Arriaga, Oviedo die Zusammen- 
setzung des Continuum untersucht, Aristoteles und Zeno werden 
gegenübergestellt (p. 267 sqq.) Viel entschiedener als diese neigt 
Lossada zu Zeno, er schließt: Ex dictis constat nihil fere contra 
sententiam Zenonis obici, quod non pariter urgeat Aristotehcam, non 
tamen e converso sententiam Zenonis urgeri difficultatibus, quae 
plurimae et intricatissimae puUulant ex infmitudine partium propor- 
tionalium, praeterea constat apud omnes Zenonis sententiam multo 
clariorem esse et intellectu faciliorem (p. 290). 

Der Traktat De generatione et corruptione schließt sich nach 
Form und Inhalt Aristoteles an, klar und gründlich, ohne eine 
besondere Note (pars tertia tomus 7 p. 6 sqq.) Qualitatis intensio fit 
per additionem novarum partium qualitatis in eodem subiecto (p. 118). 

Die folgende Synopsis De mundo et coelo, de elementis et mixtis 
ist für das 18. Jahrhundert konservativ-aristotelisch gehalten, die 
Pyrenäen haben auch geistig die Iberische Halbinsel abgesperrt und 
in der Denkweise des 16. Jahrhunderts festgehalten. Das zeigt sich 
in der Beurteilung der großen Weltsysteme: das des Tycho de Brahe 
wird dem des Ptolemaeus vorgezogen, von dem des Kopernikus heißt 
es, es kann als Hypothese gelten „quatenus, si existeret, apte expli- 
carentur temporum vicissitudines et siderum aspectus, licet, heißt 
es sogar, insuper argumentis a ratione desumptis non facile con- 
vinci possit falsitatis, tamen absolute reiciendum est, quia dissonum 
auctoritati Scripturae divinae clare significantis non terram sed solem 
moveri, ut Josue 10, 4, Reg. 20, Eccles. 1, Ps. 92 et saepe alias 
(p. 184). Gerade diese Berufung auf die hl. Schrift zeigt die ganze 
Gebundenheit des Spaniers, während etwa der deutsche Benediktiner 
Ulrich Weiß und der deutsche Jesuit Zallinger geistvoll und frei die 
hl. Schrift erklären. Noch im 18. Jahrhundert schreibt Lossada wie 
die Thomisten : Goelum est omnino incorruptibile naturaliter, materia 

39 



coelestis specie distinguitur a sublunari (p. 187). Die Elementen- 
lehre ist die aristotelische, freihch ist das Moderne nicht ganz spur- 
los an unserem Philosophen vorbeigegangen, er ist im Behaupten 
vorsichtiger geworden (p. 204 sqq.) Wohltuend berührt in dem 
Kapitel De meteoris (p. 233 sqq.) der eingehende Erklärungsversuch 
mannigfacher Naturdinge und Naturerscheinungen, natürlich erfolgt 
die Deutung vom alten Standpunkt aus : De nube, de fulmine, fulgure, 
tonitruo, pluvia, grandine, nive, glacie, rore, nebula, ventis, cometis, 
origine fluviorum, maris salsedine, motu. 

Die Psychologie zeichnet sich durch Tiefe, Klarheit und Be- 
gründung gesunder Ansichten aus, ihre Problematik ist die scho- 
lastisch hergebrachte, der formelle Anschluß an das Hauptwerk des 
Aristoteles ist aufgegeben. Die Definition des Lebens ist etwas 
spitzfindig, die definitio Thomistica „quod seipsum movet" genügt 
nicht, folgende wird aufgestellt: quod ultra statum connaturalem 
potest se movere per operationem ex sua specie immanentem (tomus 
octavus p. 12). Eingehend setzt sich Lossada mit den Atomisten, 
Cartesianern u. a. mit Maignan und Tosca auseinander und verteidigt 
die Tierseele (p. 42 sqq.) Vorzüglich wird die Geistigkeit und Un- 
sterblichkeit der Seele bewiesen (p. 64 sqq.) Die Information des 
Körpers durch die Seele wird aus den Konzilsdefinitionen von Vienne 
und Lateran und Vernunftgründen gezeigt (p. 83 sqq.) Anima rationalis 
exisfit in omni parte corporis organici (p. 86). Utrum sanguis ani- 
metur; cum neutra sententia — Thomisten und Skotisten — satis 
efficaciter a ratione probetur, negativa nobis est amplectenda (p. 92). 
Es folgen manche Fragen, die höchst fern liegen und besser aktuelleren 
gewichen wären : ob alle Menschenseelen von gleicher Vollkommen- 
heit seien u. ä. Die Teilbarkeit der Tierseelen wird im hergebrachten 
Sinn des hl. Thomas entschieden (p. 149 sqq.) 

In der Disputatio über die Seelenkräfte heißt es sofort: anima 
per substantiam suam immediate influit in actus vitales (p. 197). 
Der skotistische Formalunterschied der Seelenkräfte von der Substanz 
wird bekämpft (p. 221). Ausdrücklich wird gegen die Jesuiten 
Hurtado, Arriaga, Compton, Oviedo, Alphonsus, Peynado, die Sko- 
tisten, Thomas, die Thomisten, Fonseca, Suarez und anderen Jesuiten 
gelehrt, daß die Seelenkräfte nicht absolute, real verschiedene 
Akzidentien sind (p. 225). Das Sehen vollzieht sich in der Netzhaut 
(p. 229). Golor est specialis qualitas praeter lucem (p. 308). Ani- 
malia cognoscunt aliquod commodum vel incommodum (p. 324). 
Probatur necessitas specierum tum in sensibus tum in intellectu (tomus 
nonus p. 10). Quid sit et quibus potentiis conveniat habitus acqui- 

40 



Situs, wird scholastisch beantwortet (p. 59). Intellectus agens et 
possibilis coincidunt realiter (p. 103). Der Verstand ist eine höhere 
Fähigkeit als der Wille (p. 130). Das verbum mentis ist nicht, wie 
die Thomisten wollen, von dem Erkennen verschieden (p. 180). Es 
folgen gute Ausführungen über die drei bekannten operationes in- 
tellectus, apprehensio, iudicium, ratiocinium, über intuitive und ab- 
strakte Erkenntnis (p. 187 sqq.). Es folgen gründliche Ausführungen 
über die Willensfreiheit. Actus liberi, heii3t es, sunt per extrinsecam 
denominationem a libertate actus liberi, non autem per se et 
essentialiter (p. 248). 

Der abschließende zehnte Band enthält die verhältnismäßig 
kurze Metaphysik; Lossada begründet einleitend die Kürze damit, 
daß verschiedene Gegenstände derselben bereits in der Logik, Natur- 
philosophie und Psychologie behandelt seien. In der Einleitung 
wird mit hohen Lobeserhebungen der Bisputationes metaphysicae 
des Suarez gedacht. Abgesehen von der Kürze, ist die Metaphysik 
ohne jede besondere Note, gelegentlich sogar schwach. Das ens 
reale ist ihr Objekt, obiectum attributionis ist die Substanz, ultimatim 
Gott. Eigene Wege geht Lossada, wenn er meint, perfecte ratio 
entis ab inferioribus praescindi potest (p. 10). Weiterhin heißt es: 
ratio entis, si spectetur praescise ut significata per nomen seu con- 
ceptum „ens", univoca est Deo et creaturae necnon substantiae et 
accidenti (p. 33). Dagegen : ratio entis, si spectetur modus essendi, 
quem habet in inferioribus, analoga est (p. 36). Wie mit Recht 
Yon diesem oder jenem verständigen, ausgleichenden Neuscholastiker 
z. B. Karl Frick (Ontologia) hervorgehoben wurde, ist der sachliche 
Unterschied zwischen der betonten analogia entis der Thomisten 
und der univocitas der Skotisten verschwindend oder auch gleich 
Null. So kommt auch Lossada auf die gebräuchliche Lehre des 
hl. Thomas hinaus: logische Einheit bei sachlicher Analogie. 

Dicendum est unumquodque realiter individuari per suam ipsius 
entitatem adaequate sumptam (p. 104). Die metaphysische Möglich- 
keit consistit in essentia rerum (p. 110). Natürlich wird auch, wie 
die Jesuiten es tun, der sachliche Unterschied zwischen Sosein und 
Dasein geleugnet (p. 144 sqq.). Die dritte Disputatio De substantia 
et accidente weist nichts Besonderes auf. Etwas subtil ist in der 
letzten vierten Disputatio die notio carentiae. Das ens rationis 
beschließt wie bei Suarez die Metaphysik und damit die gesamten 
Cursus philosophici in drei Teilen und zehn Bändchen. 

Lossanda zeichnet sich durch eine gesunde, solide, aristotelisch- 
scholastische Lehre, durch Klarheit und Uebersichtlichkeit der Dar- 

41 



Stellung, durch Schärfe der Zergliederung und Begriffsbestimmung, 
durch Selbständigkeit des Urteils aus, weniger durch Tiefe. Was 
ihm fehlt, ist jedwedes Schöpferische, Konstruktive, Intuitive; seine 
Fragestellungen sind vollkommen durch die hergebrachte Scholastik 
aufgegeben, er beruft sich ständig auf Aristoteles, Thomas, Skotus, 
die Nominalisten und andere mittelalterliche Denker und Schulen 
sowie auf Suarez, Vasquez und andere Jesuiten, fast ausschließlich 
auf spanische und andere Scholastiker seit dem 16. Jahrhun- 
dert wie Aversa. Gelegentlich artet sein Scharfsinn in Spitzfindig- 
keit aus, schlägt seine Gründlichkeit in Breite um. Im großen 
Ganzen vertritt er den gesunden, wohldurchdachten, logisch geformten 
Eklektizismus, den Suarez begründet hatte, wahrt aber diesem 
gegenüber seine volle Freiheit. Er sticht vorteilhaft von Hurtado, 
Arriaga, Oviedo ab, er teilt nicht ihren Hang zu eigenartigen, 
sonderbaren Ansichten, nur ein oder das andere Mal begegnet man 
befremdenden Theorien, so in der Erklärung der Universalien und 
in der Zusammensetzung des Gontinuum, 

Von der modernen Philosophie kennt er gut die Atomisten und 
Cartesianer, er beruft sich vor allem auf die Darstellung des Spaniers 
Tosca. Er lehnt sie. ab, prinzipiell in dem Prooemium zur Natur- 
philosophie, auch sonst setzt er sich öfters polemisch mit ihnen 
auseinander, auch mit Malebranche. Leibniz und die englischen 
Empiristen kommen nicht vor. Die moderne Naturauffassung scheint 
als Ganzes Lossada unbekannt zu sein. Einzelne Theorien kennt 
er, darum hält er nicht mehr starr an allen veralteten Sätzen der 
aristotelisch-scholastischen Astronomie fest, er zeigt sich vorsichtig. 
Charakteristisch für sein zugleich aufgeschlossenes und gebundenes 
Denken ist seine Stellungnahme den Weltsystemen gegenüber: 
Die Theorie des Tycho de Brahe ist der des Ptolemäus vorzuziehen, 
das Kopernikanische Weltbild kann als Hypothese gelten, es erklärt 
manche Naturerscheinungen gut, kann durch Vernunftbeweise schwer 
widerlegt werden, ist aber schlechthin abzuweisen, da es der Autorität 
der hl. Schrift klar widerspricht. 

Lossada dürfte ein typisches Beispiel sein, das, wenn wir ihn mit 
den Thomisten des 17. und 18. Jahrhunderts vergleichen, die Licht- und 
Schattenseiten der Philosophie und des Philosophierens der Thomisten 
und Jesuiten überaus eindrucksvoll offenbart. Beide Richtungen sind echt 
scholastisch eingestellt. Beide zeichnen sich durch Klarheit, Schärfe, 
Gründlichkeit aus. Die Thomisten weisen aber eine weit straffere Einheit 
und geschlossenere Architektonik des schlichten Ganzen auf, gelegent- 
lich gehen sie auch metaphysisch tiefer. Ihr Nachteil ist, daß ihre großen 

42 



tragenden Prinzipien als selbstverständliche, unmittelbar einleuchtende 
Wahrheiten hingestellt werden, wenigstens in den Augen des neutralen, 
noch nicht ihren Standpunkt teilenden Denkers und Problematikers, 
vor allem aber, daß die einzelnen untergeordneten Sätze zu abstrakt 
und dogmatisch als evidente Ableitungen aus allgemeinen Prinzipien 
behandelt werden, ohne daß sie in eingehender Kritik und Analyse 
allseitig diskutiert, den Schwierigkeiten, die sich aus einer anderen 
Sicht ergeben, gegenübergestellt werden. Dieses letztere tun die 
Jesuiten, ein Suarez, Arriaga, Lossada. Das ist ihre Stärke, diese 
persönliche Arbeit gewinnt ihnen im hohen Grad das Vertrauen 
des Lesers. Freilich wird dieses nun wiederum nicht wenig ver- 
ringert, wenn man das Ganze überschaut: man vermißt eine gewisse 
letzte, alles Einzelne beherrschende metaphysische Haltung, ein 
Herausarbeiten des Seins in seiner ganzen Tiefe und Breite, in 
seiner schlichten Gegebenheit und logischen Auswirkung, aus dem 
das Besondere seine Durchleuchtung erfahren müßte, die kritische 
Analyse drängt sich zu stark gegenüber dem Herausarbeiten der 
beherrschenden Linie auf. 

Mit der geschilderten Gesamteinstellung hängt ein anderer 
Wesenszug zusammen: die Thomisten sind dank ihrer Metaphysik, 
ihrer Prinzipien vor Zersetzung der Scholastik viel mehr geschützt 
als die Jesuitenschule, was die geschichtlichen Tatsachen bestätigen, 
dafür aber auch ganz anders der Erstarrung und Absperrung 
gegenüber dem wissenschaftlichen Fortschritt ausgesetzt als diese, 
wie wiederum die Geschichte zeigt. 



Zwischen Hurtado und Lossada liegen seitlich die meisten 
der vorhin genannten spanischen Jesuiten. Ihre Richtung kennen 
wir nunmehr. Es genügt daher, wenn wir den einen oder anderen 
folgen lassen. 

Palaestra scholastica sive ars subsidiaria pro incipientibus ad 
rite et recte propugnandum et impugnandum in publicis disputatio- 
nibus auctore P. Didaco de Quadros S. J., olim philosophiae et 
theologiae professore, nunc autem Gompluti SS, Bibliorum interprete 
1722 Mairiti, Oktavband mit 524 Seiten, dazu ein ausführlicher 
Index rerum et verborum. Diese Angaben bestätigen, was wir über 
die Pflege der Philosophie im Jesuitenorden gesagt haben : die vielen 
Schulbücher, die wie von selbst aus dem sehr umfassenden, ein- 
flußreichen Lehrbetrieb des Ordens hervorgingen, das Weiterführen 
der scholastischen Methode mit ihren Disputationen; mit dem Vor- 

43 



tragen der Philosophie als Vorbereitung auf die Theologie begann 
häufig wie in anderen Orden der junge Gelehrte. 

Aus dem lehrreichen Prologus ersieht mcm, daß um 1700 
in Spanien die Scholastik, besonders die Disputationsmethode, 
sehr gesunken war. Dieser Tiefstand ist der Anlaß zu vorliegen- 
dem Werk. Observaveram multis annis, als Lehrer der Philosophie, 
tum in palaestris publicis tum in discipulis privatim instituendis 
quandam oblivionem vel negligentiam vel denique ignorantiam 
methodi disputandi. Unde et in palaestris publicis fastidiosissima 
quaedam prolixitas et ingrata inconcinnitas creatur et adolescentibus 
scholasticis ea adhuc permaneret infantia, ut quasi primis semper 
involucris tecti numquam pede suo gradientes disputationis regias 
vias frequentarent. Accidebat saepissime, sicut et accidit, quod in 
coetu gravissimo theatri scholastici in congressuque totius sapientiae 
tota actio vel ingrata vel proiixa vel sordida resultaret, dum argu- 
mentatores aliqui pariter ac propugnans, ne dicam etiam praesidens, 
ad palaestram veniunt omni prorsus arte ac methodo destituti 
fortuitoque ita suas aridas et clamorosas propositiones iactant reiec- 
tantque, ut iam medio in theatro horrisonus fragor fiat, non vero 
harmonia dulcis disputationis. 

Qui quidem effectus pessimus peiorem quoque habet causam, 
scilicet implicatissimas mentis ligaturas, quibus involuti contenebres- 
cunt scholares illi, qui ad argumentandum propugnandumve desti- 
nantur. Vix enim uUa ex parte vident, qua irrumpant, singulae 
ipsis quaestiones videntur singuli labyrinthi, alii magistros adeunt, 
alii condiscipulos, alii autem suos Codices et speciem mutant, quam 
postmodum in palaestra non fovent, alii autem sine gubernaculo 
proprio freti ingenio faciunt naufragium aequora tentando. De 
propugnantibus vero notum etiam est, quam aride et insulse repetant 
argumentum, quanta saepe advolvantur caligine, eo quod per summam 
ignorantiam militiae scholasticae pontes non paraverint ad fugiendum, 
dum hostis insequitur, itemque quanta ex bis, quae diligentissime 
praeparaverint, ad domum suam redeunt intacta, eo quod ex defectu 
methodi vias non habuerint ea forinsecus educendi, quamquam 
intrinsecus fortiter clamitabant. 

Diese köstliche, lebendige, geradezu dramatische, plastische 
Schilderung ist offenbar der Erfahrung, der Wirklichkeit entnommen; 
sie bestätigt, was wir über den Niedergang der Scholastik in Spanien 
seit 1650 und vor allem im 18. Jahrhundert gesagt haben. Quadros 
selbst aber stellt seinem Scharfsinn, seiner Vertrautheit mit der 
scholastischen Methode, vorab der mündlichen Disputation, das beste 

44 



Zeugnis aus. Er sucht dem Uebel abzuhelfen. In vier Büchern 
gibt er Ratschläge. Erstes Buch: De arte disputationis. Anweisungen 
für den Obicienten, Defendenten, den jüngeren Vorsitzenden. Dem 
Defendenten wird gesagt, quomodo se gerere debeat circa formam 
scholasticam argumenti, documenta ad fideliter et eleganter repeten- 
dam difficultatem argumenti, ad respondendum. Der jüngere Vor- 
sitzende bekommt Ratschläge, wie er die Disputation vorbereiten 
soll, ob, wann und wie er eingreifen und entscheiden soll. Das zweite 
Buch enthält eine Topik zum Auffinden von Beweisen, das dritte die 
Arten der Trugschlüsse, das vierte beschäftigt sich mit der Autorität 
der hl. Schrift, der Väter, Scholastiker, Philosophen beim Disputieren. 
Es spricht eine feine Beobachtung, eine gut ausgebildete Dia- 
lektik und reiche Erfahrung aus dem Werk. Man wird an die Rat- 
schläge, an die Technik des Aristoteles erinnert, wie sie in der 
Tqpik und den Sophistici elenchi niedergelegt sind. Sehr oft beruft 
sich Quadros auf das Werk De severa methodo des „doctissimi 
Garamuel" (1606 — 1682), der seine Jugendzeit in Spanien zubrachte, 
oft kehren Zitate aus ihm wieder. 



R. P. Sebastianus Izquierdo Alcaracensis S. J. Pharus scien- 
tiarum. Ubi quidquid ad cognitionem humanam humanitus acquisi 
bilem pertinet, ubertim atque succincte pertractatur. Scientia de 
scientia ob summam universalitatem utilissima scientificisque iucun- 
dissima scientifica methodo exhibetur. Aristotelis Organum iam pene 
labens restituitur, illustratur, augetur atque a difficultatibus alsolvitur. 
Ars demum legitima ac prorsus mirabilis sciendi omnesque scientias in 
infmitum propagandi et methodice dirigendi, a nonnullis antiquioribus 
religiöse celata, a multis studiose quaesita, a paucis inventa, a nemine ex 
propriis principiis hactenus demonstrata, demonstrative, aperte et absque 
involucris mysteriorum in lucem proditur. Lugduni 1659. Ein Foliant 
in zwei Teilen mit 401 und 272 Seiten nebst Index rerum et verborum. 

Setzen wir uns über den schwülstigen, langatmigen Titel hinweg, 
die damalige Zeit war an vieles gewöhnt. Der Rückgang des scho- 
lastischen Könnens in Spanien mag Izquierdo vorgeschwebt und zum 
Eindämmen aufgerufen haben. Logische Reformen, methodologische 
Programme lagen in der Luft, man denke nur an Bacon von Verulam, 
den Discours de la mühode und andere Schriften des Descartes, an 
Spinozas Tractatus De intellectns emendatione, an die Logik des Pierre 
Ramee und die Vart penser von Port Royal. Ob der Spanier sie ge- 
kannt hat? Am ehesten denkt man an den berühmten Landsmann 

45 



Izquierdos, an die Ars generalis des Raymundus Lullus (gest. 1315). 
Tatsächlich wird er oft mit höchsten Ehren angeführt. Nicht nur 
eine Reform der wissenschaftlichen, philosophischen Methodenlehre 
lag im 17. Jahrhundert in der Luft, sondern auch die von unserm 
Scholastiker geplante Universalwissenschaft: Dalgarn, Athanasius 
Kircher betrieben sie, vor allem blieb sie seit der Erstlingsschrift De 
arte comhinatoria bis zum Lebensende das optimistisch verfolgte 
Ideal des großen Mathematikers und Philosophen Leibniz. Es kommen, 
freihch mit ganz anderer Zielsetzung, Motive bei Izquierdo vor, wie 
sie Kants Kritik der reinen Vernunft beherrschen. Noch tiefer und 
weiter muß der Philosophiehistoriker graben, wenn er die von unserem 
spanischen Jesuiten angestrebte Verwirklichung einer Universalwissen- 
schaft, einer Universalmethode verstehen, sie nicht von vornherein 
belächeln will. Das 17. Jahrhundert ist das der großen konstruktiven 
Systeme des RationaHsmus, man vergegenwärtige sich Descartes, Spi- 
noza, Leibniz : nur die Wahrheiten, die ihren logisch-metaphysischen 
Ort im Systemganzen haben, gelten, und nur insoweit sie ein Glied 
im Gesamtgefüge sind, haben sie philosophische Wahrheit und Be- 
deutung. Ernst Cassirer zeigt feinsinnig zu Beginn seines Werkes 
Die Philosophie der Aufklärung, wie das 18. Jahrhundert, so tief 
und reich es ideell dem 17. Jahrhundert verpflichtet ist, die gesunde 
Reaktion gegen diesen verstiegenen Esprit de Systeme ist, und ihn 
durch den Esprit systematique ersetzt. 

Diese Vermutungen finden nun ihre Bestätigung in bestimmter 
Form, wenn wir sehen, auf welche Vorgänger sich Izquierdo 
namentlich beruft: auf Aristoteles und seine Logik, auf Raymundus 
Lullus und seine Ars magna, auf Petrus Gregorius Tolosanus 
und seine Syntax artis mirabilis, auf Aegidius Moncurtius und 
sein Werk De typo omnium scientiarum, auf den spanischen Kar- 
meliten Delgadillus — die drei letzteren führten die ars magna des Ray- 
mundus Lullus weiter — auf den Kapuziner Yvo, der 1648 in Paris 
De digesto sapientiae drucken ließ, auf den Löwener Professor der 
Medizin Cornelius Gemma, der 1569 in Antwerpen De cyclognomica 
veröffentlichte, endlich auf Franz Bacon von Verulam und seine In- 
stauratio magna, woran indes scharfe Kritik geübt wird, weil er 
einseitig die Erfahrung betone. 

Näher wird der Gegenstand dieser Wissenschaft in der Praefatio 
bestimmt. Danach umfaßt sie omnes omnino scientias humanas. 
Ea autem est scientia de scientia de scibilique in Universum, id est 
scientia habens pro obiecto scientiam humanam in toto hoc opere 
latissime pro omni notitia pro omnive aggregato notitiarum. Sie 

46 



umfaßt, wie es dort weiter heißt, die Logica integra, quae ars in- 
telligendi perfectiva intellectus est, außerdem die Gedächtniskunst, 
die Kunst der richtigen Vorstellungen et ars experiendi perfectivam 
externorum sensuum. Diese Wissenschaft, lehrt die Praefatio weiter, 
ist möglich, denn sie hat es mit dem Verstand, der höchsten Fähig- 
keit des Menschen, zu tun. Wenn nun über den Gebrauch und die 
Vervollkommnung der anderen Fähigkeiten eine Wissenschaft oder 
Kunst möglich ist, oder, wie Musik, Malerei, Handwerk zeigen, tat- 
sächlich vorhanden ist, wer könnte dann bezweifeln, daß es auch eine 
solche von dem Gebrauch des Verstandes gibt. Aehnlich würde Kant 
sagen, daß das Feld des Verstandes dem Denken durchaus zugängig ist. 

Die letzten rund hundert Seiten des Werkes, der sechste Traktat, 
geben dem Werk eine besondere Eigenart. Die vorausgehenden Aus- 
führungen verarbeiten in einem selbständigen, originellen Aufbau die 
alten scholastischen Inhalte der Logik und Metaphysik, teilweise auch 
der Psychologie. Izquierdo philosophiert im Sinn des Suarez, den er 
neben seinen anderen Ordensgenossen wie Pereira, Conimbricenses, 
Hurtado, Arriaga, Oviedo anführt. Er zeichnet sich durch Gründlich- 
keit, Klarheit und Maßhaltung aus. Oefters wendet er sich gegen 
die drei letzteren. 

Von besonderem Interesse ist der sechste Traktat, wo das Eigen- 
tümliche des Werkes, die Universalis scientia entwickelt wird bzw. 
die Praxis, sie zu gewinnen: De instrumentis regulisque sciendi. Atque 
adeo de Arte mirabili quamlibet scientiam compendiaria via addi- 
scendi, tractandi, docendi ac sine fine propagandi, tum de re quavis 
pariter sine fine dicendi seu disserendi. Der Titel klingt freilich 
überschwänglich, geradezu phantastisch. 

Artem universalem sciendi dicimus, so beginnt die Quaestio 
prima, in praesenti eam facultatem, qua instructus quilibet intellectus 
humanus in qualibet omnino scientia comparanda, tractanda, augenda 
tradendaque ita iuvari possit, ut cum illa aut absolute aut longe 
facilius, certius et brevius praestare valeat id, quod sine ulla aut 
absolute non valeret aut si valeret, difficilius tamen et tardius aut 
etiam a casu et fortuito (p. 277). Mit ähnlichen Worten äußert den 
gleichen Vernunftoptimismus Leibniz inbezug auf die Ars combinatoria. 
Die Quaestio secunda legt nicht bloß verschiedene Gründe für die 
Möglichheit dieser Ars dar, sie behauptet sogar, sie liege bereits 
vor, freilich unvollkommen. Es werden die vorhin genannten Namen 
aufgezählt, deren Theorien dann in der vierten Quaestio aus- 
geführt, entwickelt werden. Von Bedeutung ist, was in der dritten 
Quaestio über das Wesen dieser Kunst oder Wissenschaft ausgeführt 

47 



wird: es besteht in der Kombination. Also nicht nur derselbe Gedanke, 
sondern sogar dieselbe Bezeichnung wie etwas später bei Leibniz in 
seiner Frühschrift De arte combinatoria. Manifeste sequitur potis- 
simum instrumentum sciendi sive acquirendi scientiam humanam unice 
esse combinationem, quae docet facere omnes comparationes possibiles 
ex quibusvis terminis, ex quibusvisque propositionibus datis . . . ünde, 
si fecerit omnes comparationes ex quibusvis terminis datis possibiles, 
prout praescribit ars combinandi, omnium utique propositionum ex 
talibus terminis componibilium et per se scibihum ab ipso scientiam 
acquirit; si autem fecerit omnes comparationes ex quibusvis pro- 
positionibus datis possibiles, omnium etiam earum per alias ex ipsis 
dictis a se scibilium acquiret scientiam (p. 279). Damit wird wie 
bei LuUus, Hobbes, Leibniz und anderen Vertretern dieser Kom- 
binatorik das Wissen auf ein Rechnen zurückgeführt. 

Was über das Experiment, die methodische Naturbetrachtung 
gesagt wird, entspricht der damaligen Forschung; die Regeln sind 
teilweise Bacon entnommen, teilweise weiter ausgeführt. Izquierdo 
kennt das Experiment, die verschiedenen Beobachtungsmethoden, 
Breit ist Disputatio XXVIII De locatione, eine ausgeführte Topik. Bis 
ins einzelne geht die folgende Disputatio De combinatione, zweiund- 
zwanzig Tafeln veranschaulichen alle möglichen Kombinationen. Es 
folgen Ausführungen De translatione : translationem dicimus opera- 
tionem, qua, quod uni subiecto convenit, per quandam analogiam 
tribuitur alteri (p. 359), über die Gedächtniskunst, der bekanntlich 
R. LuUus und im Anschluß an ihn Giordano Bruno die größte Be- 
deutung beigelegt hatten, endlich De traditione, quae docet, qualiter 
scientia sit dirigenda texendaque seu componenda ut sicque tradenda 
sive communicanda aliis aut scripta in libris aut vocetenus. Hier 
zeigt sich die philosophisch-didaktische Wahlverwandtschaft Izquierdos 
mit den logisch-rethorischen Reformbestrebungen der hergebrachten, 
allzu abstrakten, lebensfernen, Logik seitens der Humanisten, eines 
Agricola, Ludovicus Vives, Nizhous, Pierre Ramee zu Gunsten einer 
im Leben und Lehrunterricht leicht und gewandt brauchbaren. 

Soviel üebertriebenes und Verstiegenes der Pharus scientiae des 
spanischen Scholastikers enthält, er führt anschaulich in die lebhaften 
Bestrebungen um den Ausbau der formalen Wissenschaften, der 
wissenschaftlichen Methodik ein, zeigt, daß noch kräftiges Leben und 
aristotelische Schärfe und Gründlichkeit in der spanischen Scholastik 
um die Mitte des 17. Jahrhunderts pulsierte. 



48 



Daß echte scholastische Philosophie, wenn auch ent- 
sprechend den Bedürfnissen und dem Können der Zeit in 
zusammengedrängter Verkürzung, auch außerhalb Spa- 
niens in anderen Ländern und Provinzen des Jesuiten- 
ordens gepflegt wurde, möge an einigen Fällen veran- 
schaulicht werden. Wir wählen nicht etwa Italien oder Frank- 
reich, wo man es eher erwartet, sondern Deutschland und Eng- 
land, die am stärksten von den antischolastischen Ideen durchsetzt 
waren. Bernhard Duhr (Geschichte der Jesuiten in den Lomdern 
deutscher Zunge 4. Bd., 2. Teil, S. 44 ff., vgl. auch S. 4 f.) schildert 
das Ringen der deutschen Jesuiten um den Ausgleich des Alten und 
Neuen in der Philosophie. Wir werden sehen, wie eklektisch- schwäch- 
lich nicht wenige unter ihnen Scholastik und moderne Naturwissen- 
schaften nebeneinandersetzten bzw. erstere aushöhlten. Daß die Ordens- 
leitung, Generalkongregationen und Generäle, stets entschieden für die 
Wahrung der peripateti sehen Philosophie eintraten, zeigt Duhr akten- 
mäßig (a. a. 0. S. 4 f. ; vgl. B. Jansen in Zeitschr. f. kath. Theol. Bd. 57 
[1933], S. 407 ff.). 

Einer der gründlichsten und klarsten Vertreter der peripateti sch- 
scholastischen Philosophie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts 
ist Anton Mayr, Professor in Ingolstadt. Er kennt sich gut in ihr 
aus. Mit diesem konservativen Zug verbindet er viel Aufgeschlossen- 
heit für das Neue, ohne indes wie sein deutscher Ordens- und Zeit- 
genosse B. Hauser den spekulativ-kritischen Versuch zu machen, eine 
innere ideelle Einheit zu schaffen. Fhilosophia peripatetica anti- 
quorum principiis et recentiorum experimentis — man beachte die 
pointierte, vielsagende Gegenüberstellung der Prinzipien der Alten und 
der Experimente der Neueren — conformata auctore R. P. Antonio 
Mayr S. J., S. Theologiae Doctore et antehac in Universitate Ingol- 
stadensi philosophiae ac theologiae Professore ordinario, nunc ibidem 
Studiorum Praefecto — diese einflußreiche, von der Ordensleitung ge- 
gebene Stellung eröffnet Perspektiven für die damalige Geltung der 
Scholastik in Süddeutschland — Ingolstadt 1739 tomus I Logica (p. 448 j, 
tomus II Physica universalis (p. 637), in Oktav. Natürlich dürfen wir 
in einem Schulbuch und in dieser Zeit keine weitausholende Speku- 
lation erwarten, das wäre ein förmlicher Anachronismus gewesen. 
Wir müssen zufrieden sein, wenn verständnisvoll und gründlich das 
hergebrachte scholastische Gedankengut, ohne tieferes, umfassenderes 
Quellenstudium, lebendig gehalten wird. Das ist hier der Fall. 

So sagt denn Mayr in der Widmung an den Augsburger Weih- 
bischof Johannes Jacobus, er wolle den Theologiestudierenden eine 

4 Jansen, Philosophie im Jesuitenorden ^t/ 



philosophische Grundlage geben. Das entsprach der Idee des Ordens- 
stifters Ignatius, wie er sie im vierten Teil der Konstitutionen äußert, 
und den Satzungen der Generalkongregationen. Aehnlich äußern sich 
öfters die Lehrbücher dieser Zeit, etwa die der Skotisten und anderer 
Richtungen. Animus mihi fuit typis dare philosophiam, quae quidem 
naturalium rerum notitiam copiose suppeditaret, attamen theologiae 
addiscendae praeprimis serviret. In diesem Zusammenhang fällt die 
vielsagende Bemerkung: cum suus Germanos genius haud admodum 
trahere soleat ad studendum philosophiae propter philosophiam, sed 
potius huic studio sese impendant, ut aptos se reddant theologiae 
percipiendae. Zu diesem Zweck dürfte er zwar nicht curiosa naturae 
phaenomena aut recentiorum experimenta negligere, müsse aber vor 
allem darlegen, quae divinioris scientiae candidatis ad penetranda 
huius mysteria necessaria vel utilia forent. Darum dürfe er keine 
Philosophie der Korpuskulartheorie nach Art der Atomisten und 
Cartesianer schreiben — feine Anspielungen an den Zug, die Mode 
von damals — , damit bei den deutschen Kandidaten nicht zutreffe, 
was der gelehrte J. B. Duhamel von den französischen berichte, daß 
sie nicht einmal die Fachausdrücke verstanden hätten, die in der alten 
Philosophie gebräuchlich sind. Verum edenda mihi fuit philosophia 
Peripatetica, quae et ecclesiae dogmatibus et theologiae principiis rite 
penetrandis longe magis idonea est. Das ist die Sprache der Ordens- 
leitung wie der Päpste in vergangener und heutiger Zeit. Bei diesem 
Unternehmen sei er sofort auf die Angriffe der Neueren gestoßen, qui 
hanc (Peripateticam) philosophiam non tam rationibus quam contemptis 
impugnant et axiomata Aristotelis praeiudicia infantiae spernunt. Ganz 
richtig, drängt es sich unwillkürlich auf die Lippen des Philosophie- 
und Kulturhistorikers. 

Der Widmung ist die Praefatio hinzuzufügen und man bekommt 
ohne weiteres ein getreues, wenn auch einstweilen nur allgemeines 
Bild des Philosophierens des deutschen Jesuiten. Zunächst bittet er 
den Leser, nicht sofort adducto mox supercilio die peripatetische Philo- 
sophie verächtlich abzuweisen, auch heute noch dächten viri maximi 
hoch von ihr. Sodann entwickelt er seine Grundsätze über sein Ver- 
hältnis zu Aristoteles und zu der peripatetischen Philosophie. Sie sind 
maßvoll, manche gute kritische Bemerkung fällt da, wie bei andern 
Scholastikern des 17./18. Jahrhunderts, etwa bei dem Tiroler Bene- 
diktiner Gufl. Mayr gibt zu, daß einige Scholastiker zu eng und unfrei 
Aristoteles folgen. Durch diesen persönlichen Fehler werde aber diese 
Philosophie selbst nicht getroffen. Im folgenden greift er sofort den 
springenden Punkt, die Vereinbarkeit der alten Metaphysik mit den 

50 



neuen Experimenten, kräftig heraus, letztere befestigen sogar erstere. 
Zuvor legt er noch Verwahrung gegen einen speziellen Vorwurf ein, 
der damals ständig gegen die alte Philosophie, teilweise berechtigt, 
gemacht wurde: er wolle durchaus nicht alle Erscheinungen durch 
accidentia absoluta erklären, sondern ziehe reichlich die mechanisch 
wirkenden Naturkräfte herbei und berufe sich nicht einfachhin auf 
das Eingreifen Gottes. Nunmehr heißt es : Eadem philosophia meta- 
physicas qaidem speculationes, utpote theologiae non solum utiles sed 
necessarias, non obiter tractat ; attamen id agit absque praeiudicio ex- 
perimentorum, quibus suas sententias non tantum conformat, sed etiam 
valide firmat. Ego certe conatus sum in Physica — damals noch 
gleichbedeutend mit Naturphilosophie — tam universal! quam parti- 
culari monstrare conclusiones a me statutas non tantum experientiae 
minime refragari, sed ea potius firmiter stabiliri, quin etiam magnam 
naturalium experimentorum copiam eo fine congessisse, ut pro meo 
modulo gratificarem eruditionis physicae amatoribus iisque non 
offerrem iucubrationem siccis tantum phrasibus oppletam. 

Nun folgt ein Satz, der zeigt, daß der deutsche Jesuit in einer 
Zeit, wo durch Descartes, Locke, Berkeley, Leibniz der kritische Geist 
mächtig erwacht war und zum Kritizismus von Hume und Kant hin- 
führte, ein feines Verständnis für die aktuellen Aufgaben der Neu- 
scholastik hat.^ Ceterum, cum certi non admodum in philosophia 
possit sperari, opiniones illas amplexus sum, quae mihi prae aliis 
sunt visae probabiles. Et quidem veritatem non parvo studio investigari, 
at eam semper vel etiam saepissime a me fuisse repertam dicere 
minime ausim ; unde neque meas assertiones aliorum sententiis prae- 
ferendas esse praesumo. 

Nach diesen Darlegungen ist es nicht mehr nötig, auf Einzel- 
heiten einzugehen. Wir sehen ja, daß Mayr im Geist der Jesuiten- 
schule, wie wir sie gekennzeichnet haben, philosophiert: aristotelisch 
orientierte Scholastik selbständig durchdacht, in brauchbarer Form 
dargelegt. 



Wie entschieden die aristotelische Philosophie in Süddeutschland 
und Oesterreich, wo der Orden dank seiner Hochschulen einen weit- 
und tiefgehenden Einfluß ausübte, während des 17. Jahrhunderts gelehrt 
wurde, zeigen zwei Quartbände der berühmten Bibliothek 
in Stams-Tirol, auf die ich vor einigen Jahren stieß. Sie ent- 
halten — Signatur I 110 Disputationes pMlosopMcae und I 75 De 
entibus logicis — die JDisputatimten, die in verschiedenen Klöstern 

4* 51 



verschiedener Ordenshochschulen gehalten wurden. Die Wahl der 
Thesen, die bei solchen öffentlichen, feierlichen Geisteskämpfen dis- 
kutiert wurden, gibt getreu die von dem Vorsitzenden Professor und 
den betreffenden Akademien gepflegte Richtung wieder. Von den 
Schulen der Jesuiten kommt in erster Linie Dillingen in Betracht, in 
zweiter Ingolstadt, sodann Innsbruck und Augsburg. 

Dillingen ist weitaus am stärksten vertreten. Unter dem Vorsitz 
des Caspar Wenck verteidigten zwei Religiösen Ord. S. Spiritus 
aus Memmingen 1625 die üniversalien und Belationes im Anschluß 
an Aristoteles, Thomas, Suarez, Fonseca, die Conimbricenses, der 
Studiosus physicae, Joh. Ulrich Roth aus Augsburg, 1622, die Uni- 
versalientheörie des Aristoteles gegen die Nominalisten, Fr. Magnus 
Zürcher 0. S. B. aus Weingarten 1622 die aristotelisch-scholastische 
Lehre De quatuor causis, der Studiosus physicae, der Adelige 
Adam Schenck aus Castell, 1622 De natura et arte. Unter dem 
Vorsitz von Thomas Anreiter verteidigte Fr. Othmar Papus 0. S. B. 
aus Weingarten 1622 in engstem Anschluß an Porphyrius De 
quinque speciebus universalis, Fr. Jacob Jaeger 0. S. B., meta- 
physicae Studiosus, aus der Abtei Danuwerda 1623 De constitutione 
corporis naturalis echt aristotelisch, Michael Sorhamer, Baccalaureus 
der Philosophie, 1624 De minimo et maximo, die weiter schreitende 
Teilbarkeit des Gontinuum, ebenfalls 1624 der Baccalaureus der Philo- 
sophie und Student der Metaphysik Philipp Osterhueber Syntax mundi 
sive de constructione, die hergebrachten Anschauungen über Coelum 
empyreum und Sechstagewerh. Nochmals 1624 verteidigten drei 
Baccalerei der Cisterzienserabtei Gaesariensis De rermn naturalium 
productionibus, wo neben der Schöpfung die aristotelische Generatio 
gehalten wird, schließlich hielten zum vierten Mal im selben Jahr 
zwei Praemonstratenser aus Marchthal Thesen über die Sinneswahr- 
neJimungen. Wir wollen den Leser nicht ermüden, darum sei bloß 
gesagt, daß in gleicherweise unter dem Vorsitz von Michael Speer 1628 
eine, 1629 drei Disputationen über Fragen der aristotelischen Philo- 
sophie stattfanden, für das Jahr 1622 eine unter dem Vorsitz des ge- 
nannten Caspar Wenck, zwei unter dem von Joh. Raggelmann, endlich 
noch eine 1623 unter dem Vorsitz von Wenck, 1622 unter dem von 
Raggelmann und ohne Angabe der Zeit noch eine unter der Leitung 
des letzteren. Stets die gleiche philosophische Richtung, wie die 
Terminologie verrät oder die ausdrückliche Berufung auf die „libri 
Aristotelis" bezeugt und der ganze Tenor der Thesen besagt, die 
meist eingehend formuliert werden. Noch verschiedene andere Dis- 
putationen in dieser und späterer Zeit werden erwähnt. 

52 



Auf Dillingen folgt Ingolstadt. Unter dem Vorsitz des Christian 
Baumann verteidigte Joh. Pankraz Fischer, Alumnus Episcopi Bam- 
bergensis, 1629 De felicüate ac miseria cmimae separatae ex lumine 
naturali ülusirata. 1642 verteidigte Joh, Friedrich Widmann aus 
Eschingen unter dem Vorsitz von Konrad Galmelet die Modtislehre, 
1617 unter dem Vorsitz von Joh. Sigersreiter der Cisterzienser Lau- 
rentius Auricularis De vita prima et immortali a qua omnes res 
creatae suum ortum vitamque ducunt, Dasein, Wesen, Eigenschaften 
Gottes, 1632 der Eichstädter Oswald Mayer unter dem Vorsitz von 
Joh. Vallet De natura logicae, 1626 der Tiroler Paul Weyslechner 
unter dem Vorsitz von Georg Lyprandus Ex universa logica, 1625 
Joh. Melchior Balthasar aus München unter dem Vorsitz von Jakob 
Morell ExlibroprimoÄristotelisdeortu, 1614 Adam Brunekk aus 
Rheinfelden unter dem Vorsitz von Christoph Streborius De motu 
ad suhstantiam, 1603 der Praemonstratenser Andreas Mayr aus 
Wilten-Innsbruck unter dem Vorsitz von Joh. Dannenmeyr De 
anima animaeque facuUatibus, 1652 der Adlige Jakob Payr aus 
Thrum unter dem Vorsitz des schon erwähnten Calmelet über die 
Divina potentia. Man sieht, die Chronologie ist in der Angabe der 
Disputationen nicht gewahrt. 

Auch Innsbruck, das damals bloß Gymnasium war, ist mit 
mehreren öffentlichen Akten vertreten. 1643 verteidigte Joh. Melchior 
Hegelin aus Enzisheim-Elsaß unter dem Vorsitz von Bernard Neu- 
häuser aus der Ars rede intelligendi sive logica, 1 650 Franz Per- 
thanis aus Meran unter dem Vorsitz von Wolfgang Schallerer Prima 
sciendi fundamenta, 1655 verteidigten Nikolaus Distephan und Se- 
bastian Mungenast unter dem Vorsitz von Paul Khnell Ex universa 
logica, 1641 die beiden adligen Brüder Paul und Caspar Weinhart 
unter dem Vorsitz von Georg Seiser Propositiones logicae ex pro- 
legomenis, praedicahilibus, praedicamentis. Daß neben den lo- 
gischen Fragen, die naturgemäß den Anfänger am meisten beschäftigen, 
auch andere tiefer in die Inhalte der aristotelischen Philosophie ein- 
führende Probleme zur Sprache kamen, zeigen folgende Disputationen: 
1644 verteidigte der Adlige Joh. Franz Schenk aus Noringen unter 
dem Vorsitz des Marquard Ehningen De composito physico eiusque 
principiis, 1635 Ignatius Weinhart unter dem Vorsitz von Rudolph 
Bicheler De causis compositi physici, die vier aristotelischen Ur- 
sachen, 1636 Joh. Franz Clement unter dem Vorsitz desselben Bicheler 
Mutatio triplex ad suhstantiam, qualitatem et quantitatem. 

In Augsburg verteidige 1642 Michael Bauhof, Lechusianus Bolus, 
unter dem Vorsitz des Ordinarius für Philosophie, Georg Brater S. J., 

53 



Ässertiones physicae de causis. Gleichfalls in Augsburg — Ad. S. 
Annam wird diesmal hinzugefügt — verteidigte 1645 ein Benediktiner- 
kleriker aus Ettal, theologiae moralis et metaphysicae studiosus, unter 
dem Vorsitz des Hieronymus Schreiber S. J., Ordinarius für Philo- 
sophie, Thesen ex universa pMlosophia, sie umfassen solche aus 
der Logik, Naturphilosophie, Psychologie, Metaphysik im Anschluß an 
die aristotelischen Bücher. 

Die angeführten Disputationen geben ein anschauliches Bild von 
der Lebendigkeit, mit der im 17. Jahrhundert, besonders in der ersten 
Hälfte, an den genannten süddeutsch-österreichischen Schulen der 
Jesuiten die aristoteUsch-scholastische Philosophie gepflegt wurde. 

Diese Art war im 18. Jahrhundert in Deutschland die einzig 
mögliche, ihr Ansehen zu erhalten, sie in weiteren Kreisen durch- 
zusetzen. Sie zeigt aber auch in anschaulicher Weise, daß die Jesuiten 
bei aller Gemeinsamkeit in den Prinzipien, entsprechend der Besonder- 
heit der einzelnen Nationen, ihre Sondernote aufweisen. So sticht 
das fortschrittliche Verständnis, die kluge, maßvolle Weite der 
deutschen Jesuiten stark von der etwas starren, eigenwilligen, engen 
Art der genannten Spanier ab, die dafür den hohen Vorzug größerer 
Tiefe und Schärfe aufweisen. 



Ein durchaus rassiges, gründliches scholastisches Denken verrät 
die Philosophia universa des von den Zeitgenossen und Späteren 
geschätzten und zitierten Engländers Thomas Compton Carleton 
Gantabrigiensis, die 1649 in Antwerpen in einem stattlichen, 
schön gedruckten Folianten mit 621 Seiten erschien. Das Werk ist 
dem großen bayerischen Kurfürsten Maximilian gewidmet, er hat den 
aus England wegen der Verfolgung vertriebenen Jesuiten das Kolleg 
in Lüttich gegründet, wo Compton Professor war. Die ausgesprochene, 
entschieden scholastische Richtung erklärt sich wohl einmal aus der 
Zeit, der Mitte des 17. Jahrhunderts, in der die Scholastik erst be- 
gonnen hatte, von der Höhe zu Beginn des Jahrhunderts herabzusinken, 
vielleicht auch aus der Einsicht, daß die Aufklärung, die in England 
bereits damals gewisse Schatten vorauswarf, nur durch einen festen 
Damm klarer Begriffe und Prinzipien aufzuhalten sei. 

Bereits in der Vorrede spricht Compton klar seine Richtung aus : 
dem Vielwissen der Zeit und der Unklarheit in weltanschaulichen 
Dingen will er mit Berufung auf die Vorzeit eine solide Philosophie 
entgegenstellen. Das leistet nun sein Werk in der Tat. Sein Aristo- 
telismus bzw. seine Scholastik gleicht sehr der des Suarez, wobei er 

54 



den hl. Thomas in seinem Sinn deutet, während er vielfach die Art 
des Hurtado, Arriaga, Oviedo bekämpft. Wie man es von einem 
Engländer erwartet, schreibt er maßvoll und mit Vermeidung von 
Spitzfindigkeiten, klar, zugleich aber gründlich. Der konservative Zug, 
der dem Engländer im Blute hegt und der sich damals noch in dem 
Weiterführen vielfacher metaphysischer, spätscholastischer Denkmotive 
geltend machte, wie es u. a. die „Schule von Cambridge" beweist, 
kommt darin zum Ausdruck, daß Compton im formellen Aufbau den 
einzelnen Schriften des Aristoteles folgt : Summulae, Logik, Physica, 
die viele streng metaphysische Fragen einbezieht. De coelo. De ortu 
et interitu. De anima. De metaphysica. Die konservative Rückschau 
mit Ausschluß der Schau in die Zukunft und neuzeitliche Gegenwart 
kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Auseinandersetzung nur 
Scholastiker, nicht neuere Philosophen und Naturforscher vor sich sieht. 

Die Logik ergeht sich ausführlich über die bereits zum festen 
Kanon gewordenen einleitenden Fragen: Gegenstand, Wesen der Logik, 
Verhältnis zu anderen Wissenschaften. Darauf wird eingehend das 
ens rationis untersucht, es folgen mehrere Disputationen über die 
Distinctio, die Praecisiones obiectivae, die stramm gehalten werden, 
die Universalien im allgemeinen, die fünf Praedicabilien, die breit 
untersucht werden. Stets wird der aristotelische Standpunkt durch- 
geführt. Den letzten Teil der Logik füllen Fragen im Anschlnß an das 
Organon des Aristoteles aus. Den Jesuiten verrät die Disputatio 46 
über die Wahrheit der futura contingentia, ebenso 40 De analogia entis. 

Die Physica, die sich frei an die acht Bücher des Philosophen 
anschließt, zeichnet sich durch Gründlichkeit aus. Außer den her- 
gebrachten Fragen ziehen sich manche damals aktuelle und, wie gesagt, 
nicht wenige metaphysische hinein : De potentia oboedientiali, Concursus 
immediatus Dei, wo die Praedeterminatio physica abgelehnt wird. De 
existentia rei in duobus locis, De creatione. Im großen Ganzen ist 
die Physica auf die Art des Suarez abgestimmt : die Materie hat aus 
sich ihren Akt, in jedem Natur wesen ist nur eine l^orm, das Con- 
tinuum ist aus Teilen, die immer noch teilbar sind, zusammengesetzt. 
Die gleiche philosophische Haltung in den Fragen im Anschluß an 
De coelo und De ortu et interitu: Die Flimmelskörper sind flüssig, 
bestehen nicht aus Materie und Form, werden von Intelligenzen 
bewegt, non datur resolutio usque ad materiam, intensio qualitatum 
fit per additionem gradus ad gradum. 

Auch die Psychologie zeichnet sich durch Gründlichkeit und, bei 
aller konservativen Gebundenheit, durch Selbständigkeit aus. Ueber 
die Fragestellung der Vorzeit kommt sie nicht hinaus. Die abschließende 

55 



Metaphysik (p. 574 — 621) ist kurz und klar. In den umstrittenen 
Schulfragen wie Individuationsprinzip, Essentia und Existentia, denkt 
Compton wie Suarez. Compton Carleton ist unter allen Jesuiten 
einer von denen, die den Suaresianischen Typus am vorteilhaftesten 
darstellen, er gehört zu den gründlichsten Philosophen des Ordens 
überhaupt. 



Viertes Kapitel. 
Ausgleichsversuch zwischen Altem und Neuem. 

Der Spanier Izquierdo leitet mit seinen reformatorischen Aus- 
gleichsbestrebungen zwischen der aristotelisch- scholastischen Logik 
und der neuzeitlichen, mathematisch orientierten Methodenlehre zu 
einer anderen Gruppe der Jesuitenphilosophen der uns beschäftigenden 
Zeit über. Sie ist zwar zahlenmäßig höchst bescheiden, aber der 
Idee und Aufgabe nach wertvoll, ja die wertvollste unter den drei 
Richtungen, der Rechten, Linken und der Mitte, welch letztere sie 
verkörpert. Sie hat prinzipiell klar die Aufgabe erfai3t, vor die die 
damalige Scholastik durch die Zeitumstände, durch die Entwicklung 
des europäischen Gesamtgeistes, vor allem der Philosophie, Mathe- 
matik, Einzelwissenschaften gestellt war: eine analoge Aufgabe, vor 
die das 12. /13. Jahrhundert gestellt war. Hätten Genies vom Ausmaß, 
von der Weite, Tiefe, Freiheit, Beweglichßeit und Festigkeit eines 
Albert d. Gr. und vor allem des hl. Thomas sie so klar und charaktervoll 
erfaßt und gelöst, so wäre, menschlich gesprochen, der Verlauf nicht 
nur der christlichen Philosophie, sondern vielleicht auch streckenweise 
der spezifisch modernen, unchristlichen Philosophie ein weniger tra- 
gischer gewesen. Freilich war spekulativ-empirisch-kritisch sowie 
geschichtlich-psychologisch die Lösung eines Aufarbeitens des 
gesunden Nguen, mit kritischer Abweisung des vielen 
Ungesunden, in das gute Hergebrachte, mit Ausscheidung 
desUeberlebten weit schwieriger als im Mittelalter, einmal wegen 
der traditionellen Gebundenheit durch die Scholastik, die das 12./13. 
Jahrhundert noch nicht vorfand, und zweitens vor allem wegen des 
eigenartigen Ineinander von kritischer, skeptischer, positivistischer 
Zersetzung und genialem, fruchtbarem Neuem in dem modernen 
Gedankenstrom. 

Nur ganz wenige Denker ahnten das Problem, rechneten mit der 
Möglichkeit, sahen die Tragweite, verfügten über das spekulative 

56 



Können, den kritischen Scharfblick, das positive Wissen, um über- 
haupt einen Ausgleich zu versuchen: außer den nunmehr zu be- 
handelnden Jesuiten, vor allem der vielseitige, fruchtbare französische 
Weltpriester Joh. B. Duhamel, auf dessen Phüosqphia Burgundica 
sich der Altbayer, der gelehrte Augustinerchorherr Eusebius Amort, 
als auf sein Vorbild beruft, wenngleich er an die fortschrittliche, 
aufgeschlossene Art des Franzosen nicht herankommt, ferner der 
angesehene norditalienische FranziskanerobservantFortunatus a Brixia, 
an dessen intellektuelle Harmonie einige andere in ähnlichem Sinn 
philosophierende Franziskaner nicht herankommen. Wie schwer das 
Vorhaben war, scholastische Metaphysik und neuzeitlich Positives, 
aristotelische Logik und moderne Mathematik, die klassische Akt- 
Finalitätstheorie der Vorzeit und den klassischen Mechanismus der 
Moderne begrifflich-spekulativ aufzuarbeiten, zeigt am besten das 
Lebenswerk des genialen Leibniz. Er ist der einzige unter den 
modernen Philosophen, der sich überhaupt an die Verwirklichung 
dieser Riesenaufgabe heranmachte. 

So philosophierten denn auch die Scholastiker des 17./18. Jahr- 
hunderts, Benediktiner, Dominikaner, Serviten, Karmeliten, Skotisten, 
Bonaventuristen, Jesuiten unverdrossen weiter, völlig gebannt inner- 
halb des traditionell scharf umschriebenen Kreises der durch die Vor- 
zeit aufgegebenen und durch die scholastischen, fast nach Legionen 
zählenden großen und kleinen Gewährsmänner zum stehenden Kanon 
geheiligten Problematik. Oder aber, wenn sie, vor allem im 18. Jahr- 
hundert, das Neue gründlich oder oberflächlich kennen lernten, fielen 
sie vor metaphysischer Auszehrung bald um, versuchten sie einen 
schwächlichen, gedanklich unwahren Eklektizismus oder aber sie 
verschrieben sich mit förmlichem Enthusiasmus der seichten Auf- 
klärung, mochten sie nun teilweise den alten religiösen Verbänden 
oder wie Piaristen, Minimi, Kapuziner, Jesuiten den in der Neuzeit 
gegründeten Orden angehören. 

Alles das hat man wohl im Auge zu behalten, um die philo- 
sophische Leistung der nun folgenden Jesuiten würdigen zu können ; 
nur wer den aus der geschichtlichen Lage sich ergebenden Maßstab 
an ihr philosophisches Lebenswerk anlegt, wird ihnen gerecht. 

Weit an erster Stelle kommt hier der Italiener, der spätere 
Kardinal Joh. B. Ptolemaeus — Tolemei — in Betracht, vor allem 
wegen der absoluten Leistung, wegen seines Scharfsinns und seiner 
Weite, sodann auch wegen seiner Stellung als seinerzeit hochgefeierter 
Lehrer an der Päpstlichen Universität, der Gregoriana in Rom, wegen 
seines wissenschaftlichen Ansehens nicht nur bei Scholastikern, sondern 

57 



auch bei modernen Philosophen wie vor allem bei Leibniz, endlich 
wegen seines Einflusses, die folgenden fortschrittlichen Jesuiten z. B. 
berufen sich gerade auf ihn. Natürlich konnte es nicht ausbleiben, 
daß er manchem zeitgenössischen Scholastiker zu frei und nicht solide 
genug vorkam, Philosophia mentis et sensum. Secundum utramque 
Aristotelis methodum pertractata metaphysice et empirice — man 
beachte die pointierte und programmatische Formulierung und den 
klugen Hinweis auf Aristoteles als Vorbild, Tolemei ist sich des Neuen 
und Gewagten wohl bewußt. Editio post Romanam — 1696 — prima 
in Germania multo auctior et emendatior. Adiuncta philosophia moralis 
seu ethica, sie fehlt in der ersten Ausgabe. Augsburg 1698, ein 
starker Foliant. Tolemei ist einer der wenigen Scholastiker dieser 
Periode, die auch eine Ethik verfaßt haben, auch der spanische 
Benediktinerkardinal Saenz d'Aguirre, strenger Thomist, schrieb 
eine Ethik, die es verdiente, der Vergessenheit entzogen zu werden. 
Die Ethik kann indes für unsere Betrachtung ausscheiden. Das 
Charakteristische und geschichtlich-spekulativ Bedeutsame liegt in 
der Naturphilosophie. 

Die didaktische und zugleich anpassungsfähige, lebens- und 
zeitnahe Art zu philosophieren, die wir als ein Spezifikum der Jesuiten 
bezeichnet haben, begegnet uns sofort in der Vorrede. Das Werk ist 
aus der Lehrtätigkeit herausgewachsen. Es will den Studenten aequabili 
via, minime impedita et plane philosophica von den Anfangsgründen 
der Weltweisheit schrittweise usque ad rerum summarum cognitionem 
führen. In hunc finem methodum geometricam sapientissiraorum viro- 
rum sententia et exercitatione in reliquis quoque disciplinis oppor- 
tunissimam habitam imitari visum est, sobrie tamen et dumtaxat ex 
parte. Hoc quidem ad cavendum positum e regione periculum, si 
geometrice omnino philosophica pertractantur, quod usu ipso et aliorum 
conatu compertum est nee in omni passim proposito ad philosophan- 
dum argumento praestari posse nisi tantum in speciem, efficta videlicet, 
non inventa serie et propagine propositionum male invicem aptarum 
et cohaerentium, simpUcitate ipsa sua implexam reddi non sine taedio 
legentium. Wir können uns heute erst nach langem, sorgfältigem 
Studium und Einfühlen in das 17. Jahrhundert die geradezu über- 
schwängliche Hingabe an die mathematische Methode, die vertrauens- 
seligen Erwartungen von ihr vorstellen . Philosophie war gleich Mathe- 
matik, mathematische, rechnerische, geometrische Methode gleich 
Universalwissenschaft. Offenbar hat Tolemei Philosophen wie 
Hobbes — alles Denken ist Rechnen, computari — , Descartes — 
seine berühmten vier Regeln — Spinoza mit seiner Ethica more 

58 



geometrico, Leibniz und seinen Algorithmus vor Augen. So maßvoll 
und besonnen auch obige Stellungnahme zur Mathematik in der Philo- 
sophie ist, sie sagt nichts Neues, öfter stößt man bei den verschie- 
densten Scholastikern von damals auf ähnliche Unterscheidungen, sie 
mußten darauf kommen, wenigstens die Urteilsreifen. Uebrigens war 
der maßvolle Gebrauch der mathematischen, der deduktiven, ana- 
lytisch-synthetischen Methode in der Philosophie den Alten nicht 
fremd. Piaton, Boethius, Nikolaus von Amiens, Roger Bacon, Ray- 
mundus LuUus wandten sie an. 

Weit mehr noch als die Methode liegt Tolemei die Auswahl der 
zu behandelnden Gegenstände am Herzen. Hier entwickelt er Grund- 
sätze von solcher Weite, Klarheit, organischen Einheitlichkeit, hier 
steht er so streng sachlich, ganz unpersönlich über den streitenden 
Parteien der Scholastiker und der neuzeitlichen Philosophen sowie 
Naturforscher, daß man seine vorbildliche Ruhe und Sicherheit nur 
bewundern kann. Beiden Parteien, die sich entweder in unduld- 
samer Enge bekämpfen oder völlig totschweigen und blind aneinander 
vorbeigehen, ruft er zu: leistet positive Arbeit, hört mit den nutz- 
losen Streitigkeiten auf. Wenn die Peripatetiker verlangen, ut sartam 
et tectam more maiorum Aristotelis philosophiam quisque tueatur, 
dann sollen sie den ganzen Aristoteles nehmen, nicht bloß den Meta- 
physiker, sondern auch den Empiriker. Quod ubi praestetur, quidquid 
eruditum et verum consequentium philosophorum aut subtilitas aut 
felicitas prodidit, quidquid ex arcanis naturae vel industriae eventus 
retexit: opera non difficili corrivari eodem posse et in unum coUigi, 
ut inde absolutissima existat, quantum in hac rerum caligine licet, uni- 
versae philosophiae tractatio. Den Neueren, den „mathematici" hält 
er vor, mit welchem Recht sie den Scharfsinn und Tiefsinn der bis- 
herigen Metaphysik benörgelten, wie einseitig und eng es sei, die 
mathematischen Leistungen über alle anderen zu stellen, die mathe- 
matische Methode zur alleinigen Norm für die Behandlung ganz 
anderer Fragen zu machen. In seiner nun folgenden Philosophie 
wolle er die geplante Synthese im einzelnen nicht restlos durch- 
führen, einmal um nicht den Schein zu erwecken, als wolle er Un- 
vereinbares einfach nebeneinander stellen — man beachte das Ziel, 
logische, innere, organische Aufarbeitung und Verbindung des Alten 
und Neuen, nicht mechanischer, unhaltbarer Eklektizismus ~ , sodann 
wolle er die Schüler in einem dreijährigen Lehrgang nicht überladen. 
Besonders habe er es sich angelegen sein lassen, nichts von der 
modernen Naturphilosophie auszulassen, wodurch die Lücken der 
aristotelischen Philosophie glücklich ausgefüllt würden. 

59 



Der Index totius philosophiae am Schluß des Folianten gibt 
folgende Uebersicht. Die Elementa philosophiae seu logico-gram- 
matica (p. 1 — 45) behandeln vor allem die tres operationes mentis, 
ihr Inhalt ist also der der Summulae. Es folgen die Elementa logico- 
physica (p. 47—209), also das, was man damals als Logica maior, 
als eigentliche Logik bezeichnete. Auch Tolemei legt ihr, wie die 
Vertreter anderer Schulen, die Thomisten und Skotisten, große Be- 
deutung bei und widmet ihr gleichfalls einen breiten Raum, wie wir 
es bei Lossada gesehen haben. Sie hält sich im wesentlichen an den 
durch Aristoteles aufgegebenen Fragenkomplex und bestätigt das be- 
kannte Wort Kants, daß die Logik über Aristoteles nicht hinaus- 
gekommen sei. Neu und durch die moderne Philosophie aufgegeben 
sind die Unterscheidungen von intuitiver und abstrakter Erkenntnis, 
von Evidenz und Sicherheit im Erkennen, Wahrscheinlichkeit, Klassi- 
fizierung der Wissenschaften. Die abschließende dritte Abteilung des 
ersten Teiles befaßt sich kurz mit den Elementa logico-metaphysica 
(p. 209 — 237), mit einigen Grundfragen der Metaphysik : der Begriff 
des Seins, die Transzendentalien. Eine Reihe metaphysischer Fragen 
kommt nachher zur Sprache. Die Lehre von Gott und den geistigen 
Substanzen, die Babenstuber, Eusebius Amort und manche andere 
Zeitgenossen wie Suarez hier erörtern, verweist Tolemei, wie später 
allgemein nach dem Vorbild Wolffs üblich wird, in die Theologia 
naturalis, die sich als selbständige Disziplin allmählich aus der Onto- 
logia loslöst (vgl. P. Geny, Questions d^enseignement de Philosophie 
scolastique 1913, besonders das Kapitel: L'enseignement de la meta- 
physique scolastique). Die Kürze der Metaphysik, die wir bei Tolemei 
wie auch sonst bei manchen Scholastikern, bei anderen Jesuiten, sogar 
bei Lossada und anderen Spaniern antreffen, sticht unvorteilhaft von 
der Gründlichkeit und Tiefe ab, mit der manche Vertreter der alten 
Schulen, vorab Thomisten und Skotisten, sie behandeln. Das Zer- 
reißen der metaphysischen Fragen, von denen einige hier, andere 
dort zur Sprache kommen, ist ein anderer Uebelstand, der sich oft 
bei den Scholastikern des 17./18. Jahrhunderts findet und über den 
wiederholt Klage geführt wird z. B. von Duhamel. 

Bei weitem den breitesten Raum nimmt, entsprechend dem in 
der Vorrede entwickelten Programm, die Scientia rerum naturalium 
ein (p, 238—656). Hier zeigt Tolemei vorteilhaft seine bedeutsame 
Eigenart, die spekulative Verarbeitung der neuen Empirie und ihrer 
Ergebnisse. Er entwirft ein weitgespanntes Weltbild, das zugleich 
sorgfältig ins einzelne eindringt. Wie Aristoteles rechnet er auch 
die Lehre von den Lebewesen, einbegriffen die vegetativen und sen- 

60 



sitiven Funktionen des Menschen, zur Naturphilosophie. Merkwürdiger- 
weise zieht Tolemei in die scientia rerum naturalium auch viele 
metaphysische Fragen allgemeinster Natur hinein, sogar logische wie 
De oppositione, De modis. Im ersten Hauptteil der genannten scientia 
rerum naturalium werden außer diesen metaphysisch-logischen Fragen 
im großen ganzen die Probleme untersucht, die Aristoteles in De 
Physico auditu behandelt, es ist die Physica generalis: also Materie 
und Form, Ursachen, Größe, Ort und Zeit. Der zweite Hauplteil 
ergeht sich als Physica particularis über die kosmischen Körper — 
De coelo et mundo bei Aristoteles — , die Elemente, wo an den vier 
alten festgehalten wird, und unter dem Titel De mixto inanimi über 
Salze, Elektrizität, Magnetismus, Metalle, Den Abschluß bilden die 
Lebewesen im allgemeinen. Pflanzen und Tiere im besonderen. Der 
Abschluß des ganzen Werkes ist die Theologia naturahs (p. 657 — 839), 
also ein verhältnismäßig breiter Raum, wozu nach der ersten Auf- 
lage noch die Ethik kommt. Die Gotteslehre fängt an mit De spiritu 
generatim, geht dann über zur Existentia summi Spiritus, zu dessen 
Eigenschaften, zur Schöpfung, zur Mitwirkung Gottes. Endlich kommt 
noch eine Dissertatio von den Intelhgenzen oder Engeln und den 
Menschen als Geistwesen. Daß hier ein logisch-sachlich geformter 
Aufbau vorläge, läßt sich gewiß nicht behaupten, es ist offensichtlich 
ein Ringen um Loslösung von dem überkommenen Schema, besonders 
der aristotelischen Vorlage. Die Durchführung im Text verrät den 
echten Scholastiker, den klaren Italiener, den geschulten Dialektiker, 
scharfe Unterscheidungen, klare Begriffe, bestimmter Fragepunkt und 
schlagende Widerlegung der Einwände. 

Bringen wir nunmehr charakteristische Einzelzüge, um zu zeigen, 
daß Tolemei die spekulativen Leitsätze der großen Vorzeit klar und 
tief durchdenkt und sie durchführt, zugleich aber auch die neuen 
Inhalte seines Jahrhunderts prinzipiell in sie hineinarbeitet und zwar 
organisch-logisch. Wir sagen prinzipiell, daß er stets das Richtige 
trifft, ist damit noch nicht gesagt, auch er zeigt das Ringen der Zeit. 
So verläuft das geschichtUche Werden des Neuen: auch von Kopernikus 
zu Newton führt ein verschlungener Weg über Kepler, Galilei, Boyle, 
stets ist das Neue in einen Kern von Hergebrachtem eingelagert, 
der erst später als veraltet durch neue Einsichten gesprengt wird. 

In der Körperlehre wird die Gleichsetzung des physischen mit 
dem mathematischen Körper, mit der Ausdehnung bei Descartes be- 
kämpft, letztere weist bloß auf sein Wesen hin (p. 241 sqq.). Die 
Moduslehre bei Suarez wird verworfen (p. 278 sq.). Raum und Zeit 
bringen nichts Besonderes. Dagegen geht Tolemei mit den Modernen, 

61 



wenn er „more geometricorum" im Geist der damaligen und späteren 
Physiker, die These hält: Si primae et ultimae partes quanti per- 
manentis corporis, quod de facto datur in natura, sint metaphysice 
et realiter indivisibiles, essentialiter insensibiles, naturaliter impene- 
trabiles et, licet mutabiliter figuratae — dieser Punkt verstößt freilich 
gegen den Atomismus — immutabiliter trine extensae virtualiter, 
phaenomena continuae quantitatis explicari possunt (p. 319). Das 
prinzipiell Moderne und Bedeutsame ist der Ausgang von den Er- 
scheinungen, für die die nächste Erklärung gesucht wird, ohne voreilig 
aus dem „metaphysischen Wesen" zu argumentieren, „hypotheses non 
fmgo" ist das Leitmotiv Newtons ; ob diese „Hypotheses" die letzte 
philosophische Erklärung sind, sagt Tolemei nicht. 

Unvergleichlich einschneidender ist die Stellungsnahme zum peri- 
patetischen Hylomorphismus. Die materia ist pura potentialitas, wie 
abweichend von den meisten Jesuiten streng thomistisch gelehrt wird. 
Dagegen: In viventibus, praesertim homine, dantur formae substantiales 
partiales, quae constituunt materiam secundam, non datur vero ulterior, 
distincta ab Ulis forma corporeitatis (p. 342). Hoch bedeutsam für die 
starke Bewertung der Erfahrung für die Lösung der letzten Seins- 
fragen ist die Begründung dieser Formen. Si non dantur formae 
partiales, ratio duplex esse potest: quia repugnat otiositas et quia 
non fit unum per se ex natura secunda et ex anima, wie letzteres 
bekanntlich Aristoteles, Thomas, Suarez und ihre Anhänger behaupten. 
Antwort: Non multiplicantur otiose. Primo quoad experientiam : quia 
contra sensum, si non admittantur formae partiales, admittenda esset 
forma cadaverica. Das wird ausgeführt. Die forma cadaverica war 
stets das schwere Kreuz der Verteidiger der Einzigkeit der Form im 
Menschen. Zweitens aUoquin concederetur, ut conceditur, corpus 
Christi in triduo mortis suae constasse forma cadaverica ; contra hoc 
stat principium illud theologicum, quod semel assumpsit Verbum 
Divinum, numquam dimisit. Mit diesem schwerwiegenden Einwand 
bekämpft im dreizehnten Jahrhundert der Augustinismus in schärfster 
Weise den aufkommenden Aristotelismus, der noch nach dem Tode 
des hl. Thomas als die weniger kirchliche Ansicht verurteilt und 
ziemhch allgemein abgelehnt wurde und zwar aus theologischen Er- 
wägungen heraus. 

Noch einschneidender für Tolemeis Methode zu spekulieren ist 
die Auseinandersetzung mit dem zweiten Einwand, der aus dem Begriff 
und Wesen der Seinseinheit hergenommen ist. Unum per se resultat 
ex materia substantiali proportionata et forma substantiali item pro- 
portionata, sed ita est in casu nostro. Obicies : est contra conceptum 

62 



formae substantialis ista forma. Respondeo : nego esse contra verum 
conceptum desumptnm ex vera inductione physica. Conceptus seu 
essentiae a nostris praeiudiciis et anticipatis imaginationibus desu- 
mendi non sunt, sed venandi per veram inductionem physicam (p. 343). 
Die Formulierung, namentlich conceptus seu essentiae sunt venandi 
per inductionem, ist nicht glücklich, der Sinn ist eindeutig. 

Nunmehr, nach Klärung der Begriffe, geht Tolemei dazu über, 
zu zeigen, daß und wie tatsächlich die Inhalte Materie und Form in 
den Körpern verwirldicht sind und wie dabei gewisse Motive der 
modernen Theorien gelten. Darum legt er zuvor die Hauptthesen 
des Atomismus Epikurs und Gassendis, der Wirbel- und Korpuskular- 
theorie Descartes', der Elementenlehre desAnaxagoras und des Nikolaus 
Gabeus dar. Systemata illa, quae nulla admittunt accidentia materialia 
absoluta, distincta realiter a substantia corporea, quantum ad hanc 
partem falsa sunt . . . Systema Peripateticum . . . praeferendum est 
ceteris. Quidquid in systemalis reliquis scitu dignum et eruditum est, 
corrivari potest et debet in systema Peripateticum ... in systemate 
Epicureo sunt proprietates atomorum, in systemate Cartesiano sunt 
proprietates substantiae subtilis, in systemate chimico sunt proprie- 
tates vel trium elementorum salis, sulphuris, mercurii — die seit der 
Renaissance angenommenen — vel quatuorvulgarium. Probatur: omnia 
in systemate peripatetico rectissime dicuntur esse dispositiones et 
accidentia et affectiones praeviae, quae debent esse in materia ad 
hoc, ut per illas et post illas educatur et resultet in eodem quidem 
instanti temporis, sed in posteriori natura forma substantialis mate- 
rialis peripatetica (p. 373). 

Mit treffender Kritik beschreibt Tolemei den damaligen Einbruch 
der Mathematik in die Physik bzw. die teilweise Gleichsetzung dieser 
mit jener. Latent pleraque apud illos — den Modernen — inter lineas 
et geometricas commensurationes involuta — nämlich das Physische 
— ut videantur motum localem et similia physica ad exercitationem 
geometricam et calculorum paradigmata adhibere, non sine abusu 
communi, logicis quoque implentibus physica quaequae regulis sum- 
mulisticis. Dagegen geht Tolemei an: Operae pretium physica a 
mathematicis et logicis non obrui, sed iuvari. Quapropter quantum 
fieri potest, ista seiungimus a calculis et computis et mensuris (p. 408). 
Diese Kritik zeigt ein tiefes Verständnis für die physikalische und 
mathematische Denkart. 

Ebenso maßvoll sind die Ausführungen über die Qualitäten in 
einer Zeit, in der die Scholastiker noch durch Zuviel, die modernen 
Philosophen und Naturwissenschaftler mit der einseitig mechanisti- 

63 



sehen Erklärung durch Zuwenig fehlten. Qualitates actuosae et energicae 
meri modi non sunt, sed entis ens et accidens . . . important subiectis 
et corporibus, quae denominantur ab Ulis. Non negaverim tarnen 
accidentia huiusmodi petere tamquam dispositiones et terminos certas 
affectiones, ut vocant, mechanicas in corpore ac potissimum motum 
localem (p. 466). Die sog. Qualitates occultae, über die die Scho- 
lastiker so verschwenderisch verfügten, ihre Kritiker noch reichlicher 
spotteten, läßt Tolemei nicht gelten. So führt er die Anziehungs- 
kraft des Magneten, die Elektrizität, nüchtern auf die uns bekannten 
Elementarkräfte zurück: Harum qualitatum primordia repetenda 
sunt iisdem ex fontibus, ex quibus elementares qualitates profluunt, 
nimirum dispositiones ad illas recte censentur tum configuratio tum 
motus aut quies, praeterea idoneum temperamentum acidi et alcali 
rei cuiusque, quibus positis intelligitur superaddi qualitas illa formalis, 
distincta vel realiter vel modaliter a subiecto suo (p. 470). Während 
der erste Teil dieser Erklärung von den Scholastikern abrückt und 
den Modernen beipflichtet, steuert der letzte den negativen Ueber- 
griffen dieser Mechanisten und anerkennt das Berechtigte der Alten. 
Es folgt die Physica particularis. Die Welt ist in sechs Tagen 
aus Nichts geschaffen worden, die Schöpfung aus Nichts erstreckt 
sich aber wahrscheinlich bloß auf das primum momentum, quo angeli, 
empyreum et chaos informe entstanden (p. 478). In der Beschreibung 
des Aufbaues des W^eltalls kreuzen sich moderne Momente mit alten, 
veralteten. Neuzeitlieh ist der Satz, globi coelestes sunt corruptibiles, 
hoc est, alterabiles, probatur ex maeulis solaribus (p. 512). Vorsichtig 
heißt es : Quantum ad dispositionem globorum nil certi statui potest 
ex natura rei nee haetenus ex toto agnosci ita possunt. Bestimmt 
dagegen lautet : Tantum statuitur terram quiescere in centro physico 
omnium aliorum globorum mundanorum. Alle bisherigen Weltsysteme 
des Piaton, Aristoteles, Eudoxos, Ptolemaeus, Philolalaus, Tycho 
de Brahe, Riccioli sind falsch (p. 512), diese kritische Behauptung 
weist auf ein höchst fortgeschrittenes, fein ausgebildetes Verständnis 
für moderne Naturwissenschaften hin. Ebenso vorsichtig: Causa 
molrix coelestium globorum est Impetus, quod certe evidentissimum 
est. Quantum vero ad causam effeetrieem huius Impetus statuo nihil, 
vel sit immediate et uniee Deus vel angeli simul aut intelligentiae 
vel adscita causa instrumentali, hoc nequit cognosci (p. 512). Auch 
hier die gleiche souveräne Freiheit der geheiligten Tradition gegen- 
über, freilich weist diese ünentschiedenheit auch wohl darauf hin, 
daß unser Philosoph die Arbeiten eines Kepler, Galilei, Newton nicht 
genügend verfolgt oder doch nicht verstanden hat. Dagegen bejaht 

64 



er mit Berufung auf seinen berühmten Ordensgenossen Scheiner die 
Sonnen- und Mondflecken. 

Die These, Elementa graviora perinde gravitant in locis propriis 
ac in alienis (p. 526 sqq.), bekundet von neuem das Ringen zwischen 
der alten und neuen Bewegungslehre. Die gleiche Haltung, wenn 
einerseits die Möglichkeit des Vakuums schlechthin bestritten wird, 
anderseits den Experimenten eines Toricelli, Huyghens, Mariotte, 
Rohault, Gassinus, Boyle, über den Luftdruck u.sw. größte Beachtung 
geschenkt wird (p. 532 sqq.) Daß das Feuer ein stoffliches Element 
ist, war im 17. Jahrhundert noch allgemein angenommen (p. 523 sqq.). 
Die Ausführungen über das vegetative und sensitive Leben verarbeiten 
spekulativ gründlich ein umfassendes Erfahrungsmaterial. 

Die abschließende Theologia naturalis zeigt von einer neuen Seite, 
daß wir es bei Tolemei, bei allem Geöffnetsein für Erfahrung und 
Zeitaufgaben, mit einem gründlichen Metaphysiker alten Schlages zu 
tun haben. Sehr ausführlich und gründlich werden die Gottesbeweise 
behandelt, die moralischen, physischen, metaphysischen; scharfsinnig 
und eingehend wird die Seinsanalogie zwischen Gott und Geschöpf 
erörtert. Die Aufstellungen über die Unsterblichkeit und Vielheit der 
Seelen fallen durch die Bestimmtheit des Tones auf, als habe es sich 
darum gehandelt, gegenüber den damaligen vielen und schweren An- 
griffen, diese wichtigen Wahrheiten zu verteidigen (p. 741, 752). Die 
Ethik hält sich in den gewohnten Bahnen, ausführlich ist der Traktat 
über die Leidenschaften. 



Der zweite Jesuit, der ebenfalls dieselbe glückliche Verbindung 
scholastischer Spekulation und gründlicher, klarer melhaphysischer 
Prinzipien mit großem, feinem Verständnis für die moderne natur- 
wissenschaftliche Methode und für das Wissen von den neuen Wissens- 
inhalten verbindet, ist der Süddeutsche Berthold Häuser.^) An 
wirklichem Verständnis für die letztere Seite ist er Tolemei entschieden 
über, wie er auch, da er ein halbes Jahrhundert nach ihm schreibt, 
also unter der allgemeinen Herrschaft des neuen Naturbildes steht, 
weit bestimmter die neuen Ergebnisse bejaht, während seine Speku- 
lation bei aller Gründlichkeit nicht mehr das große Format des 
italienischen Kardinals des 17. Jahrhunderts aufweist. Berthold 



') Ueber die Philosophie der deutschen Jesuiten vgl.: W. Hentrich, Gregor 
von Valencia und die Erneuerung der deutschen Scholastik im 16. Jahrhundert 
(Phiiosophia Perennis, Geyser-Festschrift 1930) ; Th. Specht, Geschichte der 
ehemaligen Universität Dillingen 1902. 

5 Jansen, Philosophie im Jesuitenorden ÖD 



Hauser S. J., Philosophia rationalis et experimenfalis cum figuris 
in sex tomos divisa. Es folgt der Untertitel : Elementa philosophiae 
ad rationis et experientiae ductum conscripta atque usibus scholasticis 
aceomodata a P. B. Hauser S. J. in episcopali Universitate Dilingiana 
matheraatura Professore. Augsburg 1755 ff., Duodezformat. Man 
beachte auch hier den Charakter des Werkes als Schulbuches, die 
Philosophie der Jesuiten des 17./18. Jahrhunderts mit ihren Licht- 
und Schattenseiten ist aus ihrem Herausgewachsensein aus der Praxis, 
aus dem intensiven, einflußreichen Schulbetrieb, zu würdigen. 

Mitten in die Aufklärung versetzt uns die Praefatio, sie bekundet 
auch das charaktervolle Sicheinsetzen Hausers für das bewährte Alte, 
sein Stehen über der Zeit und in ihr. Delicatus et varius nostri 
saecuh genius nova, mira, amoena aestimat, dum curiositatem fovent, 
horret dogmata, quorum profunditas abstrusum quidpiam prae se fert 
aut subtilitas arduum. Auf Befehl des Ordens habe er seine Arbeit 
veröffentlicht. Trotz des Widerwillens der Zeit gegen Syllogistik sei 
er Aristoteles gefolgt : nova et inaudita non vendito, sagt er bescheiden, 
was er biete, verdanke er früheren und zeitgenössischen Schriftstellern. 
Wenn die Anhänger der alten Philosophie multa antiquata dogmata, 
neglectas subtilitates adeo famosas vermissen, disputandi materiam 
exercitationi ereptam esse beklagen, so könnten sie sich für diesen 
Ausfall durch die Erörterung anderer Fragen entschädigen dignitate 
et soliditate praestantiores, die überdies für das Leben nützlich wären. 
Prächtig! Das Schema Wolffs Logica und Metaphysica mit deren 
Unterabteilungen Ontologia, Philosophia naturalis ist herrschend ge- 
worden. Auch die Introductio historica hat sich durchgesetzt, sie 
erinnert an die Zeit, in der die ersten eigentlichen Lehrbücher der 
Geschichte der Philosophie entstanden, ein Brucker, Tiedemann, Tenne- 
mann, sie sind durch das, was sie sagen und vor allem durch das, was 
sie verschweigen, bezeichnend für den Standpunkt ihres Referenten- 

Die Logik befaßt sich, nach den üblichen drei operationes intellectus, 
im vierten Teil De methodo, mit der sinnfälligen Erfahrung, dem 
Zeugnis der Autorität, der naturwissenschaftlichen Hypothese, womit 
die moderne Erkenntniskritik sich anbahnt, um sich später völlig 
von der formalen Logik loszulösen. Ganz auf der Höhe stehen die 
Regeln über die Hypothese : Est coniectura quam pro vera assumimus, 
quia res inde commode expHcantur. Quantumcumque sua verisimili- 
tudine demulcet, opinionum et probabilitatis classem haud egreditur, 
donec ratione convincente aut observatione constat in rerum natura 
existere, quae in hypothesi absolute possibili sumuntur, aut ipsam 
hypothesim recta ratiocinandi forma inferri posse ex phaenomenis. 

66 



Tale quid si eviceris, hypothesis evadit certa (p. 492 sq.). Man glaubt 
Galileis klassische metodo resolutivo e composilivo zu hören, der Rat, 
Beobachtung und Denken zu verbinden, erinnert an Bacons berühmtes 
„connubium" (p, 494). 

Die Ontologia als Ontosophia, als Philosophia entis, geht formell 
auf Clauberg, Emmanuel Maignan, Duhamel, Wolff zurück (vgl. das 
genannte Werk von P. Geny). Die Praefatio weist Motive auf, wie 
sie Kant in der Vorrede zur Kritik der Reinen Vernunft ausspricht: 
sie spricht von ihrem Verfall und ihrer Verachtung in der Jetztzeit, 
zugleich, mit Berufung auf den hl. Thomas, auf ihre hohe Bedeutung, 
falluntur, qui metaphysicam ad steriles, obscuras atque ignobiles artes 
ablegant aut sublimis huius disciplinae obiectum esse iactitant frivolas 
speculationes, vanas subtilitates, spinosas altercationes. Daß sie von 
ihrer Höhe herabgesunken sei, non metaphysicae vitio, sed meta- 
physicorum intempestivo ubique arguendi studio factum videtur 
(p. 4 sq.), diese letztere zeitgemäße Kritik wie bei andern scholasti- 
schen Zeitgenossen, u. a. den genannten Benediktinern, Kardinal Saenz 
d'Aguirre und Gufl. Wer das rationalistische, ungeschichtliche Denken 
des 17./18. Jahrhunderts genauer verfolgt, versteht auch die uns 
höchst befremdende, geradezu beleidigende Uebersicht über die Ge- 
schichte der Metaphysik. Auf Piaton, Aristoteles, Cicero folgt, mit 
Uebergehung Plotin, Augustinus, mit völligem Verschweigen des 
großen Mittelalters, Descartes. Nachdem er in höchsten Lobes- 
erhebungen gefeiert ist, kommen im selben Atemzug Henry More 
und Suarez, der natürlich von dem Jesuiten gut bedacht wird. Locke 
wird gerühmt und getadelt, nicht übel, der berühmte Malebranche 
wird einer scharfen Kritik unterzogen. Leibniz wird gebührend 
anerkannt, er habe aber auch viele Gegner. Wie aktuell damals 
Wolif und seine alles beherrschende Schule war, spiegelt sich in 
folgender Charakteristik wieder: Primaevum decus, vigorem meta- 
physicae restituere allaboravit, magna hodierni saeculi admiratione. 
Perspicuitas, ordo, soliditas metaphysici huius nota decora sunt. Mit 
feinem Spott heißt es sodann: Optandum, ut opus vastum ea, qua 
scriptum est, patientia legatur. Prolixitas in rebus minutis per se 
evidentibus, inviolabilis demonstrationum rigor hebetare potius mentem 
tyronum quam acuere dicuntur. Leibnitium dum minus colit, nume- 
rum suorum colitorum minuit, inde enim theologi inferunt non pauca, 
quae cum catholicae fidei dogmatibus difficulter conciliari posse vi- 
dentur (p. 6 sqq )., Wir brachten die Passus, um zu beweisen, ein 
wie feiner, überlegener Kopf Hauser ist, der freilich auch ein Kind 
seiner Zeit ist. Bei aller Gedrängtheit ist die Einzelausführung der 

5* 67 



Ontologie gründlich, echt scholastisch, im Sinn des Suarez. Diese 
knappe und schuhnäßige Art dürfte die einzig mögliche sein, die 
damals auf Leser rechnen konnte. 

Die rationale Psychologie ist von derselben Haltung getragen. 
Am Mittelalter und 16. Jahrhundert gemessen, ist sie elementar, für 
ihre Zeit aber solide. Die Seele ist geistig, unsterblich, Form des 
Körpers, welch letztere These dem damaligen Bewußtsein fast voll- 
ständig abhanden gekommen war. Die höhere Erkenntnis entsteht in 
Abhängigkeit von den Sinnen, der Wille ist frei. Der schädigende 
Einfluß der Umwelt ist nicht bemerkbar: die angeborenen Ideen des 
Descartes, die praestabilierte Harmonie des Leibniz, der Occasio- 
nalismus des Malebranche werden abgelehnt. Die eigentlichen Tiefen 
der klassischen Scholastik vermißt man indessen, wie denn auch 
Thomas und andere Führer kaum genannt werden, dafür Buffier, 
Tournemine, Arriaga, Compton, Antonius Genuensis, Falck, Mayr. 

Die Gottesbeweise atmen den Geist der Aufklärung, die sich 
bekanntlich im allgemeinen in ihrer deisiischen Einstellung sehr um 
sie bemühte, die gemeinverständlicheren, nichtmetaphysischen aber 
einseitig bevorzugte. Wenngleich Hauser die Einteilung in moralische, 
physische, metaphysische Beweise kennt, so führt er doch vor allem 
die moralischen, bzw. ethnologischen, das Dasein Gottes als E'unda- 
ment der Sittlichkeit, die allgemeine Ueberzeugung, durch, summarisch 
wird das damals beliebte Argument, das teleologische, oder, wie es 
damals heißt, physiko-theologische erledigt. Den Mathematiker oder 
auch Metaphysiker verrät die damals, wo das Unendliche die Geister 
so viel beschäftigte, höchst zeitgemäße, von Tiefe zeugende Bemerkung, 
daß auch in der Annahme eines progressus in infmitum das Dasein 
eines ungewordenen, durch sich existierenden Wesens bewiesen werden 
könnte. Unausgeglichen ist die Stellung zum ontologischen Beweis, 
der damals seine Triumphe feierte und dem innersten Geist des 
herschenden philosophischen Rationalismus entspricht: Gottes Dasein 
kann quasi a priori bewiesen werden, ex eins possibilitate — viel- 
leicht geht dieser Teil auf die Ergänzung des Leibniz zum ontologischen 
Beweis zurück, wodurch übrigens wesentlich nichts an seiner Un- 
zulässigkeit geändert ist — , anderseits wird entschieden der Weg des 
Descartes, aus der idea entis infmiti apriorisch Gottes Dasein zu be- 
weisen, abgelehnt. Die metaphysischen Tiefen, also die eigentlichen 
Beweismomente in dem Verfahren a posteriori zu Gott wissenschaftlich 
zu gelangen, fehlen. 

Weit gründlicher und befriedigender ist die Spekulation über die 
Eigenschaften und das Wesen Gottes, wo auch Thomas und andere 

68 



große Denker zitiert werden, freilich sticht sehr davon der merk- 
würdige Satz ab, Gott bilde ein iudicium immediatum (p. 493 sq.). 
Während die meisten Jesuitenphilosophen dieser Zeit die praemotio 
physica kurz ablehnen und den Molinismus mit der gleichen Distan- 
ziertheit verteidigen, ergeht sich Hauser weitläufig und gründlich über 
die scientia media (p. 501 — 560, 615 — 665), ein Gegenstück zu der 
Breite des sehr oft aufgelegten, vorbildlichen Schulbuches des fran- 
zösischen Thomisten Goudin, dieses Sicheinsetzen für Schulmeinungen 
ist ein neues Zeichen des Niederganges der Scholastik. 

Durchaus gelungen sind die Kapitel über Gottes Freiheit und 
Güte, wo Bayle gebührend zurückgewiesen wird. Bedeuten diese 
aktuellen Auseinandersetzungen mit den vitalen Problemen von damals 
eine Bereicherung und Verlebendigung der Spekulation, besonders der 
Gotteslehre, so weist weiterhin das Ausscheiden mancher subtilen, 
lebensfremden Fragen bzw. Kontroversen, in denen sich viele Scho- 
lastiker von ehedem mit Wonne ergingen, einen erlösenden Fort- 
schritt. So heißt es höchst salomonisch bei der Vereinbarkeit von 
Freiheit und Notwendigkeit, diesem ewig dunklen Geheimnis, ab- 
schließend: plura inquirere non est philosophari (p. 572). Ebenso 
treffend ist die Bemerkung bei der Frage, ob das Geschöpf als causa 
instrumentalis schaffen könne: circa quaestiones huiusmodi hypo- 
theticas, quid posset äut vellet Dens facere, occupari nee possunt nee 
volunt hodie ingenia philosophorum, suppetunt innumera facta a Deo, 
quorum examen homine dignum ac utile et gloriosum Deo est (p. 583). 
Man sieht, die Kritik an den müßigen Verstiegenheiten der Scholastik, 
wie sie nicht nur ihre Gegner, sondern auch ihre Freunde, etwa 
Melchior Cano in seinen Loci theologici übten, hatte ihr Gutes und 
blieb nicht unwirksam. Auch das energische Eintreten für das un- 
mittelbare göttliche Mitwirken mit den geschöpflichen Handlungen und 
die Berufung auf die communissima theologorum et philosophorum 
sententia, beweist, gegenüber dem landläufigen, einseitigen Aburteilen 
über diese Zeit, wieviel scholastisches Gedankengut damals noch 
lebendig war. 

Das Glanzstück des Schulbuches Hausers stellt die Naturlehre 
dar. Der ganze vierte und fünfte Band verwirklicht die Ankündigung 
des Titels des Werkes: Elementa philosophiae ad rationis et ex- 
perientiae ductum conscripta. Hauser steht als berufsmäßiger Phy- 
siker und Mathematiker ganz auf der Höhe der damaligen Forschung, 
ist wohlvertraut mit Methoden und Einzelergebnissen der positiven 
Naturwissenschaften, vernachlässigt anderseits auch hier nicht die 
Spekulation, von deren Können er im Vorausgehenden vielfache 

69 



Proben abgegeben hat. Diese glückliche Verbindung, von der sich 
gerade der heutige Wissenschaftsbetrieb mit seinem Spezialistentum 
und den Einseitigkeiten beugen muß, ist ein überzeugender Ausdruck 
der Lichtseiten der Scholastik des 18. Jahrhunderts. 

Nach Darlegung der ursprünglichen peripatetischen, hylomorphen 
Körperlehre (p. 86 — 95) heißt es mit Anflug von feinem Spott: Haec 
prolixius disputata non displicebunt Peripato faventibus, adversantibus 
haud nocebit intellexisse capita controversiae per tot saecula agitatae. 
Nunmehr werden die Hauptinhalte des Systema peripateticum miti- 
gatum vorgelegt: wie bei Tolemei werden Motive des damaligen 
Mechanismus und Atomismus eines Gassendi, Descartes, Leibniz, 
Wolff, Newton, über die im Vorausgehenden (p. 33 — 110) referiert 
war, in das etwas gelockerte ursprünglich peripatetische System 
eingebaut. Systema hoc assumit materiam primam et formam sub- 
stantialem distinctam, utramque sensu Aristotelico incompletam, 
iungit accidentia absoluta, agnoscit virtutem activam creatam. Atqui 
haec cum rigidiore Peripato communia et velut characteristica Ari- 
stotelicorum censentur. Rigorem mitigat parcitas sobria formarum 
tum substantialium tum accidentalium. Pacifice fruantur sua forma 
absoluta bestiae, plantae, elementa peripatetica — die alten vier 
Elemente — corporibus reliquis sufficiat relativa. Materiae secundae 
loco habet elementa peripatetica pura. Has ceu particulas primi- 
genias mixtorum omnium considerat, determinata ab auctore Deo 
magnitudine ac figura instructas, naturaliter indefectibiles. Ex plurium 
particularum associatione prodit molecula insensibilis, pro varia 
combinatione formarum essentialem et difficulter mutabilem associa- 
tionem, prout ex moleculis auri, salium, vitri patet, sub mundi ex- 
ordium nacta. Molecularum insensibilium coniunctio sive modificatio 
corpus sensibile, specificum, inanimatum et mixtum exhibet. Unde 
in resolutione corpus abit in molecula, tum in minima elementaria, 
tandem in principia ultima. Ein hochbedeutsamer Versuch, die Er- 
gebnisse der Erfahrungswissenschaften, besonders der heute allgemein 
angenommenen Atomtheorie, in das aristotelische System spekulativ 
einzuarbeiten, ein Problem, das wie damals — vgl. K. Laßwitz, Ge- 
schichte der Atomistik 2 Bde. 1889/90 — so jetzt — vgl. P. Hoenen, 
Cosmologia 1936 — die Scholastiker, die Spekulation mit natur- 
wissenschaftlichem Fachkönnen verbinden, lebhaft beschäftigt. 

Völlig aufgeschlossen ist Hauser (vgl. des Verfassers Artikel in 
Deutsche Jesuitenphilosophen des 18. Jahrhunderts in ihr er Stellung 
zur neuzeitlichen Naturauffassung in Zeitschr. f. kath. Theol. Bd. 57 
(1933), S. 390) für die Bewegungslehre der klassischen Mechanik im 

70 



Sinne Galileis. Die veraltete anthropomorphistische des Aristoteles und 
Mittelalters vom appetitus innatus in proprium locum, vom Unter- 
schied des motus naturalis et violentus ist völlig verlassen. Er bleibt 
aber bei dem Allgemeinen nicht stehen, sondern erklärt und beweist, 
mit Anwendung der Mathematik, die einzelnen Bewegungsgesetze. 
Dabei beruft er sich ständig auf die Ergebnisse des damaligen me- 
thodischen Experiments, die er kritisch prüfend nur teilweise aner- 
kennt. Im einzelnen werden die beschleunigte, die einfache und 
zusammengesetzte, die horizontale und vertikale, die Zentripetal- und 
Zentrifugal-Bewegung behandelt. So heißt es S. 317 : Gravitas non 
est virtus nativa corporis aut materiae sensu Atomistarum et Peri- 
pateticorum. Corpori prorsus gratis assignatur determinata exigentia 
huius loci prae alio. Scharfsinnig ist die kritische Auseinandersetzung 
mit Newton und anderen Modernen über die Natur und die Gesetze 
der Gravitation. Eine groi3e Anzahl von Maschinen und Instrumenten 
sowie ihre Arbeitsweise wird beschrieben. 



Fünftes Kapitel. 
Zersetzung der Scholastik, Eingehen auf die Neuzeit. 

Die hohen Anforderungen, die der damalige Versuch, Altes und 
Neues harmonisch, spekulativ-empirisch aufzuarbeiten, an das Wissen 
und Können stellt, tun nicht bloß die seltenen Ausnahmen in der 
Jesuitenschule — nur auf zwei Denker, Tölemei und Hauser, bin ich 
bis jetzt gestoßen — und überhaupt in der damaligen Scholastik — 
die wenigen Vertreter, die mir begegneten, wurden bereits genannt 
— kund, sondern wohl noch überzeugender die vielen Gelehrten des 
18. Jahrhunderts, die, teilweise sehr aufgeschlossen und 
verständnisvoll für die neuzeitliche, philosophische 
Problematik und die modernen positiven Wissenschaften, 
so einseitig mit dem neuen Geist gingen, daß sie welt- 
anschaulich einen schwächlichen, ausgehöhlten Eklek- 
tizismus, eine oberflächliche, aufklärerische Philo- 
sophiemitmehr oder weniger Preisgabe der metaphysischen 
Tiefen und Prinzipien der scholastischen Spekulation 
vertraten. Damit sind die Vorzüge dieser Art i'n keiner 
Weise herabgesetzt oder gar geleugnet: nicht nur der offene 
Sinn für die Forschungen der Zeit, die Lebensnähe ihrer Fragestellung, 

71 



die klare, verständliche Darstellung, die Ausscheidung veralteter Schul- 
fragen, subtiler Weltfremdheiten, rein schulmäßiger Streitfragen, 
sondern vor allem auch die inhaltliche Bereicherung, stellenweise 
Vertiefung. Dahin gehört das Verständnis für Fragen der Erkenntnis- 
theorie, überhaupt der verschärfte philosophische Kritizismus, einige 
Seiten der Psychologie wie Unsterblichkeit der Seele, die Gotteslehre, 
wie die Betonung und Pflege der moralischen Gottesbeweise, Vor- 
sehung, üebel. Vorherwissen Gottes und geschöpfliche Freiheit. Das 
sei ferner zu ihrer Ehre gesagt, daß sie durchgängig klar und bestimmt 
die natürlichen und vor allem die geoffenbarten Wahrheiten bekannten, 
die Inhalt des Glaubens und unmittelbar mit ihm gegeben sind. Eine 
Ausnahme machen die Dominikaner — die Unbeschuhten und Be- 
schuhten Karmeliter, Serviten, Augustiner scheiden im 18. Jahrhundert 
aus — sie halten, dank ihrer großen thomistischen Traditionen, treu 
und kräftig an der Scholastik fest, sind aber für das Neue und Fort- 
geschrittene völlig verschlossen, wenn man in didaktisch-formeller 
Hinsicht von RoseHi absieht. Auch die Skotisten des Franzis- 
kanerordens, Observanten und Konventualen, sind der Mehrzahl nach 
streng konservativ, um die Mitte des 18. Jahrhunderts machen einige 
den maßvollen Versuch einer Angleichung an das Neue. Benediktiner 
aber, Minimi, vor allem Kapuziner und Piaristen, Weltpriester ver- 
schreiben sich stark dem eben skizzierten Geist. 

Auch nicht wenige Jesuiten. Nicht der Orden, die oberste Ordens- 
leitung, die Gesetzgebung der Generalkongregationen, im Gegensteil: 
sie bremsen, schreiben gesundes, maßvolles Festhalten an Aristoteles 
und der Scholastik in bestimmtester Weise vor, warnen immer wieder 
vor vorschnellem, übertriebenem Eingehen auf die neuen philo- 
sophischen, naturwissenschaftlichen Theorien, während sie anderseits 
ein kritisches Prüfen und Hinübernehmen derselben empfehlen. Die 
Vertreter der Linken, um dieses Schlagwort zu gebrauchen, zeigen 
zugleich eine andere Seite des Philosophierens der Jesuitenschule. 
Wir haben wiederholt den hohen Vorzug der Selbständigkeit des 
Analysierens, des kritischen Prüfens, der Lebensnähe ihrer Art her- 
vorgehoben. Nunmehr sehen wir auch die Gefahren der Zer- 
setzung. Wie ein starker Organismus den Köpergefahren trotzt, 
so auch starke Geister den intellektuellen Gefahren, ein Suarez, 
Lossada, und die vielen anderen Jesuiten der verschiedensten Länder. 
Es ist die weit überwiegende Mehrzahl. Wir betonten weiterhin den 
schulmäßigen Zug der Jesuiten, das Herausgewachsensein ihrer frucht- 
baren philosophischen Schriftstellerei aus dem mündlichen Lehr- 
unterricht, ihren tiefen, weit greifenden Einfluß auf ihre Schüler, 

72 



Laien und Kleriker. Ein wahrer Segen, ein hoher Vorzug. Diese 
Lichtseiten hatten aber zugleich ihre Schattenseiten: das Eingehen 
auf die Bedürfnisse und den geforderten Fortschritt der Schüler, ohne 
den die Schulen bald leer gestanden hätten, besonders auch die starken 
Eingriffe der Regierungen in den Lehrplan im Zeitalter des Absolutismus, 
denep gegenüber es keinen Schutz gab, vor allem ihr Beschneiden 
echter Spekulation und ihr Drängen auf Experimentalfächer konnten 
nicht ohne Wirkung bleiben. 

Manche Jesuiten unterlagen den geschilderten Gefahren, wie die 
folgenden quellenmäßigen Darlegungen zeigen werden. Natürlich sind 
es vor allem Mitglieder derjenigen Länder, in denen die echte scho- 
lastische Spekulation erstorben, der katholische Gedanke zurück- 
getreten, dagegen der Sinn für philosophische, überhaupt für wissen- 
schaftliche Kritik und Problematik wach, zu wach geworden war, die 
positiven Naturwissenschaften in Blüte und Ansehen standen, also vor 
allem die nordischen Gegenden, die deutschsprachigen Länder und 
die an sie stoßenden, während etwa Spanien von dieser Richtung 
unberührt blieb. Lebendiges Philosophieren ist stets Ausdruck der 
zeitlichen, örtlichen, kulturellen Umgebung, dieses allgemeine Gesetz 
bewahrheitet sich auch im vorliegenden Fall. Ueber diesem Nieder- 
gang echter Spekulation, echter Metaphysik darf aber die andere Seite, 
das reife, feine, tiefe Verständnis für die wissenschaftliche Empirie, 
für ihre Methoden und Inhalte als unentbehrliche Grundlage der 
Philosophie, weder verschwiegen noch unterschätzt werden. 



An erster Stelle soll hier Joseph Mangold genannt werden, 
denn einmal zeigt er charakteristisch das Oberflächliche des Philo- 
sophierens dieser Linken, gleichzeitig aber imponiert er durch sein 
naturwissenschaftliches Verstehen und Wissen. PMlosqpMa rationalis 
et experimentalis hodiernis discentium studiis accomodata audore 
P. Josepho Mangold S. J. in electorali Universitate Ingolstadensi 
philosophiae professore ordinario ac publico. Tomus I Logicam et Meta- 
physicam S. 539, tomus II Physicam generalem S. 520, tomus III Physicam 
parlicularem complectens S. 529, Ingolstadii et Monachii 1755. Die Aus- 
führhchkeit der Naturlehre in zwei Bänden gegenüber dem einen Band 
Logik und Metaphysik, der praktische, schulmäßige Zug, die Betonung 
der Notwendigkeit der rationalen und experimentellen Betrachtungs- 
weise, die Berufung auf Kardinal Tolemei, die Einteilung nach dem 
Wolffschen Schema — die Ethik soll nicht behandelt werden, die 
Metaphysik aber zerfällt in allgemeine Ontologie, rationale Psycho- 

73 



logie von der geistigen Seele und in die Theologia ratiönalis — all 
diese Züge sind uns bekannt. Auch bei Mangold fehlt nicht das 
üblich gewordene „Gompendium historiae philosophiae" (p. 1 — 12), 
im Gegensatz aber zu anderen Jesuiten seiner Richtung erwähnt er, 
zwar kurz, aber ehrenvoll, die mittelalterliche und neuzeitliche Scho- 
lastik, natürlich haben es ihm die Förderer des naturwissenschaft- 
lichen Fortschritts angetan, Bacon v. Verulam, Galilei, Boyle, Newton, 
ebenso der modernen Philosophie, Gassendi, Descartes. Es ist gut und 
notwendig, sich einmal die Selbstverständlichkeit und Allgemeinheit 
dieser uns heute merkwürdig berührenden Haltung klar zu machen, vor 
allem sie, angesichts des Großen und Neuen, echt Wissenschaftlichen 
der klassischen Naturwissenschaften, in etwa berechtigt zu finden. 

Klarheit und Uebersichtlichkeit zeichnet die Logik aus, sie ist über- 
haupt ein Zug der Schriftstellerei in der Aufklärungszeit, man denke 
bloß an Wolff oder Thomasius. Sie folgt dem scholastischen Schema, 
zieht aber auch die neueren Philosophen hinein. Auch hier gehen 
die letzten Teile in Erkenntnistheorie über. Dahin gehört vor allem 
die Sectio Yll De veritatis criterio (p. 117—129), wo Autorität, Er- 
fahrung, Vernunfterkenntnis, Skeptizismus zur Sprache kommen. 

Die Metaphysik ist durchaus eklektisch und ungenügend. Scho- 
lastisches Erbe und neuzeitliches Denkgut stehen unausgeglichen neben- 
einander. Entschieden wird die distinctio virtualis intrinseca inter 
praedicata essentialia eiusdem individui creati abgelehnt, wie das 
verschiedene Jesuiten tun. Folgerichtig hierzu werden die Allgemein- 
begriffe nominalislisch verflüchtigt. Communissima et satis certa 
modernorum sententia tenet, quod universale, cum adaequate a parte 
rei dari nequeat, consistat tum in pluribus naturis similibus, tum in 
cognitione abstractiva illas per modum unius repraesentante, sive 
quod detur inadaequate in intellectu seu cognitione, quae sui obiecti 
seu singularium unitatem non positive affirmat aut fingit, sed dum- 
taxat ab eiusdem unitate et pluritate abscindit. Enimvero obiecto 
vel ex eo solum, quod per cognitionem praecisivam non appareat 
intentionaliter multiplex, unitas quaedam logica attribuitur, quamvis 
unitas non positive affirmetur. Naturae singulares et aliquo modo 
inter se similes atque per cognitionem praecisivam aut abstractivam 
cognitae constituunt concretum extrinsecum. Huius subiectum sunt 
naturae singulares, quae ob aliquam inter se similitudinem praebent 
intellectui fundamentum easdem per modum unius repraesentandi, 
forma autem concreti est ipsa cognitio praecisiva. Concretum istud, 
si reflexe seu per secundam inlentionem consideramus,. universale 
dicimus. Equidem mens nostra ab obiectis suis, quae semper sunt 

74 



in se singularia, singulares dumtaxat recipit ideas. Quoniam autem 
singularia sunt innumera, eadem singillatim considerare labor foret 
immensus et emoluraentuna exiguum, Igitur mens nostra ex sin- 
gularium ideis dicit aliquam universalem, in qua naturae singulares 
sub una eademque omnibus communi ratione repraesentantur faci- 
liusque earundem comparatur notitia (p. 189 sq.). Die ganze Dar- 
stellung hat etwas Schillerndes, nicht Eindeutiges, ein gut Stück Denk- 
ökonomie, Nominalismus, der tatsächlich die Communissima moder- 
norum sententia ist, von Descartes angefangen, über Spinoza, Locke, 
vor allem Berkeley und andere Zeitgenossen führt. 

Was damals auf christlicher Seite von Psychologie feststand, 
zeigt typisch die Psychologie Mangolds: Die Seele ist geistig, sie 
wird von Gott geschaffen, sie ist unsterblich und mit Freiheit aus- 
gestattet. Das alles wird verständig erklärt und bewiesen, aber ohne 
Schärfe und Tiefe. Das Gleiche gilt von der Beziehung der Seele 
zum Körper. Nach Ablehnung des Occasionalismus und der prae- 
stabilierten Harmonie wird die Informationslehre gehalten. Dieselbe 
dünne, verständige Art nimmt von der klassischen Abstraktionstheorie 
einige Momente, so den Ausgang von der Erfahrung, die Aktivität 
des Verstandes, lehnt aber die Species impressa spiritualis und die 
Notwendigkeit des Phantasma ab (p. 483—488). Auf den gleichen 
Ton ist die kurze Theologia naturalis gestimmt (p. 497 — 536). Relativ 
ausführlich werden die moralischen Beweise für das Dasein Gottes 
entwickelt (p. 494—501), große, anzuerkennende Selbständigkeit verrät 
die Ablehnung des damals allgemein von der neueren Philosophie 
gehaltenen ontologischen Argumentes (p. 503 sq.). Auch bei einem 
Processus in infinitum läßt sich Gottes Dasein erklären. Es folgt eine 
sehr kurze Behandlung der Eigenschaften Gottes (p. 515-521), aus- 
führlicher ist die Untersuchung über den immediatus Dei concursus 
zu allen geschöpflichen Handlungen und über die immediata Dei con- 
servatio der endhchen Dinge, die beide bejaht werden (p. 522—536). 

Der zweite Band, die Physica generalis, und der dritte, die 
Physica particularis, sind philosophiegeschichtlich insofern lehrreich, 
als sie zeigen, wie lange sich die alten Formen halten konnten, in 
die der neue Inhalt eingeführt wurde. Wie nämlich Aristoteles in 
den acht Büchern De Physico audiki mehr die allgemeineren, streng 
philosophischen Probleme, namentlich die Prinzipien des Körpers 
untersucht, in den anderen naturwissenschaftlichen Büchern z. B. 
JDe mundo et coelo, De meteoris vorwiegend auf Einzelfragen, Er- 
scheinungen, Tatsachen eingeht, so befaßt sich auch Mangold im 
zweiten Band mehr mit allgemeineren Fragen der Natur, im dritten 

75 



mit Einzelfragen. Insofern wirkt die Vorzeit noch nach. Auch daß 
er in der Ontologie in der vierten Dissertatio De infmito et cosmo- 
logia die Beziehungen der Naturlehre zu den alle Wissenschaften 
tragenden Prinzipien erörtert, beweist, daß die aristotelisch-scho- 
lastische, metaphysische Haltung noch nicht ganz erstorben war. Im 
übrigen scheidet Mangold wie die anderen christlichen Denker dieser 
Linken alle tieferen naturphilosophischen Untersuchungen aus, z.B. über 
die Natur der Körper, Raum und Zeit, Zweckstrebigkeit, Continuum. 

Rein historisch berichtet er zu Beginn, wie über die Systeme 
der übrigen celebriores philosophi, Gassendi, Descartes, Anaxagoras, 
Leibniz, Wolff, Chimici, des Empedokles (p. 8 — 25), so auch über 
das systema peripateticum (p. 25 — 32). Er schließt: Quamquam nee 
ipsis recentioribus Peripateticis animus sit defendere, quod omnia in 
hoc universo sine selectu ac discrimine exaggerata quapiam quali- 
tatum farragine scateant. In eo potius illi sunt, ut suam cum systemate 
mechanicam philosophandi methodum amico foedere valeant con- 
ciliare — er mag hier an Scholastiker wie an seinen Ordensgenossen 
Hauser im nahen Dillingen oder auch an Tolemei gedacht haben — . 
Et sane cum hoc ipso systemate omninö stare videtur Recentiorum 
opinio de moleculis heterogeneis indissolubilibus et primigeniis, quas 
in philosophia passim admitti oportere totius physicae decursus, prae- 
sertim de rarefactione, elasticitate et soliditate non obscure docebit, 
quin tamen propterea elementa nullo penitus modo generari posse 
asseratur. Geterum quisque ex hactenus recensitis systematis illud 
assumet, quod reliquis, quibuscum cohaeret, sententiis suoque instiluto 
magis congruum esse iudicaverit (p. 31 sq.). Noch ein anderer Einzel- 
punkt ist als höchst charakteristisch für diese katholischen Reformer 
hier herauszuheben. Mangold verwirft, was man kaum erwarten sollte, 
noch um 1755 das Kopernikanische System, weil es gegen die hl. Schrift 
verstoße (tomus HI p. 425 sqq.). Bekannthch wurde es, nachdem es 
zuerst lange Zeit völlig frei seinen Weg gehen konnte, 1616 aber 
infolge damals noch mangelnder Beweise und vor allem ungestümen 
Vorgehens mancher Heißsporne verboten wurde, 1757 bzw. 1822 frei 
gegeben. Hier sieht man klar, wie die uns hier beschäftigenden 
katholischen Denker stets tiefgläubig vor dem Dogma und der kirch- 
lichen Autorität Halt machten und sich bei allen ihren fortschritt- 
lichen Bestrebungen eins mit der Offenbarung und der Kirche wußten, 
ihr dienen wollten. An dem uns später noch beschäftigenden Wiener 
Professor Storchenau tritt das besonders klar hervor. 

Sehen wir nunmehr im einzelnen, wie sich Mangold zu dem 
Neuen und Alten in der Naturauffassung stellt, Gontinuum videtur 

76 



componi ex partibus actu quidem finitis, virtualiter tarnen in infinitum 
divisibilibus alque extensis (p. 53), die Theorie des berühmten Boscovich 
wird abgelehnt (p. 55 sqq.). Modern ist das Aufgeben des Horror vacui, 
die Darlegung der Porosität (p, 70 sqq.), der Elastizität (p, 101 sqq.), 
dagegen veraltet die Erklärung der Schwere durch ein principium 
intrinsecum (p. 129 sqq.), während wiederum neuzeitlich, aber wenig 
folgerichtig, die Bewegung auf den impelus mobili impressus zurück- 
geführt wird (p. 146 sqq.). Ganz auf der Höhe stehen die Erklärung 
der Parabel- und Pendel bewegung (p. 208 sqq.), des Luftdruckes, des 
spezifischen Gewichtes der Körper (p. 289 — 337). Hochbedeutsam 
ist die moderne Erklärung der Farben, des Tierinstinktes, des Ge- 
dächtnisses. Colores non distinguuntur a lumine modificato. Ita 
fere omnes contra antiquiores Peripateticos. Auf den erkenntnis- 
ßritischen Einwand, daß der natürliche, vorwissenschaftliche Mensch 
glaubt, die Farbe sei formaliter a parte rei, erwidert er mit feinem 
Verständnis für Erkenntnistheorie, daß nicht der Sinn, sondern der 
Verstand, und zwar der wissenschaftliche Verstand über die Natur 
der Farbe zu entscheiden habe. Dann fährt er fort: Quod color 
obiections in genere consistat in certa partium textura situ et figura 
particularum, videtur datis certum (S. 478). Folgerichtig dazu wird 
bei der Fragestellung, an omnes radii ex corpore lucido egredientes 
sint homogenei, die Verschiedenheit der Farben erklärt: ex quibus 
iam manifeste sequitur in ipso lumine dares diversam radiorum re- 
fragibilitatem et cum diversitate color um quoque discrepantiam con- 
iunctam esse (S. 495). Ebenso überlegen zeigt sich Mangold in der 
entschiedenen Ablehnung der Emissionstheorie Newtons und der 
Annahme der ündulationstheorie Eulers (S. 499 f.): In hoc systemate 
sicut sonorum, ita etiam colorum diversitas dependet a numero 
vibrationum, quae dato tempore absolvuntur et oculum afficiunt. 
Homogenii sunt radii, quorum vibrationes sunt isochronae seu quae 
aequalibus temporis intervallis se excipiunt, heterogenei vero sunt, si 
vibrationes non aequalibus temporibus absolvuntur (S. 500). Ergänzt 
werden diese auf der Höhe der Forschung stehenden Lichttheorien 
durch die Ausführungen des dritten Bandes (S. 106 - 147): De visione 
directa et principiis opticae, De visione reflexa et principiis catop- 
tricae, De visione refracta et principiis dioptricae. 

Der Instinkt der Tiere wird so erklärt: Aliqui instinctum naturalem 
volunt explicare per species, ut vocant, congenitas utiUtatem aut vim 
nocivam certorum obiectorum repraesentantes, quae ob obiectis ex- 
ternis in sensus incurrentibus excitatae brutum determinant ad appe- 
tendum vel fugiendum obiectum. Verum redit quaestio, quaenam sit 

77 



earum natura. Gomplures Peripatetici censent has species esse acci- 
dentia absoluta. Longe probabilius videtur eas nihil aliud esse quam 
eertam dispositionem, flexibilitatem et mobilitatem organi sensui 
interno et phantasiae destinati, quod a ceriis impressionibus per 
sensus externos communicatis varia ralione afficitur, et prout vel 
blanda vel molesta est impressio, anima ad appetendum vel fugiendum 
obiectum excitatur (S. 74 f.). Darüber ist auch die heutige Biologie, 
Physiologie, Psychologie nicht hinausgekommen. Das Gedächtnis, 
quatenus est in organo corporeo, nil aliud est quam vestigia quaedam 
a motibus spirituum animalium reMcta. Si enim in haec vestigia 
iterum Spiritus incurrerint, easdem determinationes efficient, quae 
fierent ab obiectis praesentibus et in sensus incurrentibus (S. 161). 
Eine Vorwegnahme der heutigen Gedächtnistheorie eines Elias Müller 
(Vgl. Jos. Fröbes, Lehrbuch der experimentellen Psychologie 1, 2. Aufl. 
(1922) S 131 ff.). 

Die Vielseitigkeit des empirischen Wissens und das fein abge- 
wogene Urteil Mangolds erhellt u. a. auch aus seiner kritischen 
Auseinandersetzung mit den damaligen Hypothesen über die Gestalt 
der Erde und ihren verschiedensten Vertretern. Abschließend heißt 
es: Quare recentiorum, qui tellurem ad polos complanatam et sub 
aequore protuberantem esse contendunt, longe praehabenda est 
(S. 397 ff.). 

Erinnert so Mangold in der Beherrschung des Tatsachenmaterials 
als Ausgangspunkt des Philosophierens an den genialen Empiriker 
Aristoteles, so sticht er um so unvorteilhafter von seinem spekulativen, 
metaphysischen Geist ab. 



Wie tief die scholastische Spekulation in der zweiten Hälfte des 
18. Jahrhunderts gesunken, wie sehr der Geist und die Kenntnis der 
Scholastik abhanden gekommen war, wie stark der Einfluß der zeit- 
genössischen neuzeitlichen Philosophie war, möge an Sigismund 
Storchenau, Professor der Logik und Metaphysik an der Wiener 
Universität, veranschaulicht werden. Seine Institutiones logicae 
Vindobonae ed. altera 1770, seine Institutiones metaphysicae Vindo- 
bonae ed. altera 1772 waren wegen ihrer Klarheit und Brauchbarkeit 
gern gesehen und viel verbreitet. Wenn dieser nämliche Storchenau 
in zwölf Bänden Die Philosophie der Beligion{AugshvLVg 1775 — 1781 
und 1785 — 1788, mehrmals aufgelegt) mit scharfer, gründlicher Logik 
die Deisten, Rationalisten, Freidenker der damahgen Zeit widerlegte, 
so ist gerade die Zugkraft seines oberflächlichen Eklektizismus der 

78 



beste Beweis dafür, was man unter Philosophie verstand, was man 
hören wollte. Der alles bis ins kleinste maßregelnde Josephinismus 
wird seinen Druck auch auf die Professoren der Wiener Hochschule 
ausgeübt haben. Aristoteles wird kaum, Thomas oder Suarez, wie 
ich sehe, überhaupt nicht erwähnt, um so häufiger die „Neoterici", 
am häufigsten Descartes, Locke, Wolff. 

Wie Storchenau über die Scholastik denkt, zeigt der voraus- 
geschickte kurze geschichtliche Ueberblick. Haec Aristotelis philo- 
sophia — Thoraas, Bonaventura und andere Größen werden einfach 
totgeschwiegen — tanto studio ac fervore propugnata, quoniam fere 
sola in scholis saltem praecipuis dominabatur, scholasticae cogno- 
mentum obtinuit. Gumque contentiosa admodum esset et dialecticas 
subtilitates ultra modum promoveret, fieri non potuit, ut diu unanimis 
persisteret . . . Cum ita maximo animorum aestu res Aristotelis in 
scholis agebatur, parum abfuit, quin omnis paene philosophia in in- 
teritum rueret, relicta solum egregie de rebus abstractissimis dispu- 
tandi arte, in quam illa denique desiit. Non poterat ea res non 
iustissimam iis, quibus acrior inerat intelligentiae vis, indignationem 
movere (p. 41—43). Von dieser Unkenntnis und Geringschätzung 
der Scholastik sticht auffällig die begeisterte Anerkennung der 
neueren Philosophie ab. Quare complures, dispari tarnen successu, 
in diversis Europae partibus qua libris editis qua novis circa res 
naturales inventis iisque publicam in lucem datis in id operam con- 
tulerunt, ut philosophiae laboranti succurreretur. Qua demum ratione, 
accedente etiam summorum principium cura — eine förmliche Be- 
stätigung unserer Vermutung — effeetam est, ut illa ad eum spien- 
doris gradum, quem hodie feliciter tenet, tardissimis licet passibus, 
pervenerit (p. 43). Derselbe Optimismus zum Können von damals, 
zur philosophischen Reife, der damals endlos oft zum Ausdruck kam, 
etwa zu Beginn von Kants Kritik der Reinen Vernunft. Nun werden 
die einzelnen philosophischen Führer aufgezählt: Laurentius Valla, 
Telesio, Ramee, Bacon mit höchsten Lobessprüchen, Pascal, Galilei, 
Boyle, Gassendi, Descartes, sein Gegner und Ueberwinder Newton, 
Boscovich, Leibniz, der Erneuerer und Verbesserer der Scholastik, 
Philosoph und Mathematiker, es folgen andere Namen (p. 50 sq.). 
Storchenau teilt mit Wolff, dem er nicht wenig entnimmt, das Ideal 
der Aufklärung, Klarheit und praktische Brauchbarkeit, aber nicht 
dessen Breite und Umständlichkeit. In der oberflächlichen Meta- 
physik hört man z. B. nichts von der Analogie des Seins, etwas 
höchst Ungenügendes über die Wahrheit des Seins: quatenus ens 
omnia habet, quae requiruntur, ut sit hoc dumtaxat ens et nullum 

79 



aliud, eatenus melaphysice verum est (p. 82). Die Seele, heißt es 
in der Psychologie, ist nicht im ganzen Körper (p. 252). An der Be- 
handlung der Frage De communione animae cum corpore möge die 
seichte Art Storchenaus veranschaulicht werden. Es kommen nur 
Systeme in Betracht, die einen Einfluß bejahen, der Oecasionalismus 
und die praestabilierte Harmonie werden widerlegt, dann heißt es 
abschheßend : systema causalitatis cum magna probabilitate a philo- 
sophis defendi potest (p, 251 — 300). Auf den gleichen allgemeinen 
Ton ist die Erklärung der Erkenntnis gestimmt: Ideae rerum sensi- 
bilium actu praesentium a facultate senliendi efficiuntur; idea rerum 
insensibilium sine imagine corporea perceptarum ex ideis sensibilibus 
praehabitis a facultatibus attendendi, abstrahendi, reflectendi, com- 
ponendi, ratiocinandi conformantur. Omnes ideae nostrae ope facul- 
tatum animae intimo sensu cognitivarum efficiuntur (p. 312 sqq.). 
Das sind z. T. Selbstverständlichkeiten. 

Einige Belege für den Einfluß der modernen Philosophie: Zu 
den naturwissenschaftlichen Sätzen seiner Zeit nimmt Storchenau 
keine Stellung. Der zweite Teil der Logik, der die Einzelquellen der 
Wahrheit untersucht, enthält viel Neuzeitliches, und zwar Treffliches. 
Abgesehen von der Einteilung der Philosophie, atmet die Ontologia 
stark den Geist der Neuzeit, vor allem des Wolffschen Vorbildes, in 
den Prolegomena zu ihr schildert er kurz ihre verschiedenen Ent- 
wicklungsphasen, deinde restitutae amplificataeque formam praecipue 
sibi vindicant Gartesius, Gassendus, Leibnitius, quos Wolfius aliique 
praestantissimi viri in hunc usque diem secuti sunt . . . Horum ego 
nomina doclissimosque labores, ut occasio tulerit, abunde laudabo 
(p. 5 sq.). Bei solcher Einstellung wundert man sich nicht mehr über 
die Bewertung Wolffs als des „größten unter allen dogmatischen 
Philosophen" {Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur 2. Auflage). 
So geht denn Storchenau mit Wolff vom Widerspruchsatz und vom 
Satz vom zureichenden Grund aus, er befolgt die gleiche analytische, 
deduktive Methode, indem er die weiteren Sätze aus dem ersten 
Prinzip ableitet (p. 14). Die Ausdehnung wird auf einfache Elemente 
zurückgeführt, wie es damals allgemein geschah (p, 144 sqq.). Das 
Wesen der letzten Teile wird mit dem zeitgenössischen Dynamismus 
in die Kraft gesetzt (p. 142 sq.), aus deren letzten Krafteinheiten 
bauen sich die Atome auf (p. 66 sqq.). Zur Ehre Storchenaus sei 
gesagt, daß er nicht wenige Sätze der Neueren abweist, sowohl von 
fundamentaler wie nebensächlicher Bedeutung. Wie Wolff und viele 
katholische Denker beschäftigt er sich im Geist der Zeit in der Kos- 
mologie ausführlich mit der Verteidigung apologetischer Wahrheiten: 

80 



Wunder im allgemeinen, gegenseitige Durchdringung der Körper und 
ihr Erscheinen an mehreren Orten (p. 142 — 191), ähnlich in der 
Theologia naturalis (p. 148—178). 



Ein Gegenstück zu Storchenau ist die Philosophia methodo 
scientiis propria explanata (1769 — 71 in fünf Bänden, Kleinoktav, 
Augsburg) des eigenartigen Benedikt Stattler, der an verschiedenen 
Hochschulen, u. a. in Innsbruck, Professor der Philosophie und Theo- 
logie war. Auch sie wirft viel Licht auf das damalige Philosophieren 
an den Hochschulen Oesterreichs und Süddeutschlands. Während er 
in vielem Leibniz und W"olff folgt, ist er bekanntlich ein scharfer 
Gegner Kants, von dem die von diesem durchgesehene Biographie 
Borowskis ausführhch berichtet. Eine echte Kampfnatur. 

In der Praefatio des ersten Bandes gibt Stattler klar Ziel und 
Art seines Philosophierens an. Zunächst die praktische Richtung: 
die Beförderung der Kultur und vor allem der Religion, über deren 
günstigen Stand von damals auch er zuversichtlich denkt. Zweitens 
der weitgehende Eklektizismus : ex omnibus Aegypti spoliis ditescere 
contendebamus. Apis esse studebam, mella quidem ex omnibus 
cuiuscumque soll, quod invisere dabatur, floribus delibando. Drittens 
die persönliche, fortschrittliche Note und B'reiheit, verbunden mit 
methodischer Zucht. Libertate philosophandi usus sum ea omni, 
quam mihi veritatis Studium, perpetua ad genuinae leges dialecticae 
reflexio, religionis sacrae reverentia atque iam illustriorum temporum 
ratio indulgebat. Ne vero laxata nimis libertatis licentia sensum 
animi in transversam ageret, methodi ac demonstrationis primam 
perpetuamque curam habui. 

Die Philosophie definiert Stattler ähnlich wie Wolff : esse scientiam 
rationis sufficientis eorum, quae sunt vel fiunt aut esse fierique possunt. 
Betont wird auch sofort die Bedeutung der Erfahrung hervorgehoben; 
Gognitio historica — gleich experi mentalis — philosophicae cogni- 
tioni obtinendae et stabiliendae maximopere deservit . . . Ingens 
ergo experimentorum Studium simulque eautela philosopho necessaria 
est, ut quam certissimam eorum accuratissimamque notitiam acquirat. 
Ebenso nachdrücklich betont er die Unerläßlichkeit der Mathematik: 
Gognitio mathematica in philosophia summe necessaria est . . . Ean- 
dem esse corporum terrestrium et coelestium gravitatis naturam ac 
legem perspicax suspicatus est Newtonus. Et vero postquam calculo 
astronomico et geometrico lunae gravitatem terram versus subduxit, 
in eadem distantia lapidis eiusque gravitatis aequalem esse invenit. 

6 Jansen, Philosophie im Jesuitenorden. ö 1 



Ebenso hoch, wie die modernen Forscher gewertet werden, ebenso 
niedrig die mittelalterUchen : nur die Araber werden erwähnt, sie 
haben Aristoteles entstellt, Scholastiker werden überhaupt nicht ge- 
nannt. Licht kam durch die „praestantissimi viri saeculi decimi 
septimi". Daß Stattler für ihre Schwächen nicht blind ist, zeigt 
folgende köstliche Bemerkung : Leibnitius et Wolfius hodiedum florent 
ob multa praeclare scripta atque vapulant ob errores multos, utrumque 
ex merito. Nach dem Vorbild Wolffs, von dem Stattler stark beein- 
flußt ist, zieht sich durch alle Bände die übersiehthche Einteilung in 
kurze Paragraphen hindurch. 

Die Logik hat nichts Besonderes, sie übernimmt nicht wenig 
von der neuen Philosophie, Brauchbares, Fortschrittliches und weniger 
Gutes. Lockes Einfluß macht sich in dem Kapitel über den Ursprung 
der Erkenntnis geltend (p. 58 sqq.). Der sensus communis wird aus- 
führlich behandelt (p. 188 sqq.). Stattler wird die Schottische Schule 
vorgeschwebt haben, certitudo, probabilitas, dubium, überhaupt das 
Verhalten des Geistes der Wahrheit gegenüber, war ein beliebtes 
Kapitel (p. 238—288 bzw. 302). 

Die Ontologie ist kurz, ihr Inhalt bescheiden. Als Hauptaufgabe 
derselben gilt die kritische Auseinandersetzung mit der Ontologie 
Wolffs, die damals die Philosophie in Deutschland beherrschte und 
auch im Ausland viel galt. Bei der Scholastik sucht er keine Hilfe: 
Sola novitas in notionibus displicere non debet . . , veteres notiones 
propter obscuritatem passim deseruntur, novae nullae adhuc vulgo 
receptae sunt. Natürlich steht wie bei Wolff an der Spitze des 
Ganzen der Widerspruehssatz, es folgt der Satz vom zureichenden 
Grunde, der nicht aus ersterem analytisch abgleitet wird. Es folgen 
die damals üblichen metaphysischen Kategorien bzw. Begriffe: pos- 
sibilitas, existentia, attributa, identitas, bonitas, perfectio, necessitas. 
Schulmäßige Knappheit, Falälichkeit, üebersichtlichkeit treten hervor. 
Soweit die Sectio prima: De notionibus entis summe genericis. Es 
folgt die secunda: De notionibus quae ex sola entium multiplicatione 
nascuntur, nämlich relatio, similitudo, quantitas, existentia localis 
sowie tempus et motus. Die Problematik ist durch die Neuzeit, 
Descartes, Leibniz, Newton aufgegeben. Tertia Sectio : De nexu atque 
ordine entium plurium inter se, hier kommen zur Sprache Ursachen, 
die Beziehungen des Endlichen zum Unendlichen, wobei manche 
Punkte der Theologia naturalis vorweggenommen werden. Hier stößt 
man auf manche gute Ausführungen z. B. über die Wirk- und Zweck- 
ursache (p. 146 sqq.). Dagegen steht das Kapitel, über die Zurück- 
führung alles Zusammengesetzten auf einfache, unausgedehnte Ele- 

82 



mente, ganz im Zeichen des Leibniz und anderer Mathematiker (p. 172); 
ebenso das Kapitel, De regulis perfectionis entium finitorum ope nexus 
mutui obtinendae, in dem des herrschenden Optimismus (p. 177 sqq.). 
Analog wird der Begriff des ordo erörtert (p. 182 — 194). 

Die Kosmologie wird ebenfalls durch eine kritische Auseinander- 
setzung mit der Begriffsbestimmung Wolffs eingeleitet: man müsse 
nicht, wie dieser es tut, von einem allgemeinen, abstrakten Welt- 
begriff, sondern von dieser konkreten Welt ausgehen. Mihi quidem 
propositum (est) ope sensuum primo explorare, quae sint mundi 
huius sensibilis phaenomena maxime generalia atque inde secundum 
notionum ontologicarum directionem statuere, quid de eorum ratio- 
nibus sufficientibus tum existentiae tum possibilitatis in corporibus 
atque hoc ipso etiam de primis mundi principiis tum materialibus 
tum efficientibus tenendum sit. Das war tief sowie methodisch 
gedacht, während Wolff mit Descartes und anderen Rationalisten 
einseitig apriorisch- deduktiv vorangeht, wogegen der Gegenstoß New- 
tons erfolgen sollte, die Methode von unten, induktiv fortschreitend 
Man spürt deutlich, wie stark die Macht Wolffs auf Stattler lastet, 
daher das Bedürfnis, sich mit ihm auseinanderzusetzen, nirgends 
aber ein Zurückgehen zu den damals verschütteten und vergessenen 
Gedankengängen des Aristoteles und der Scholastik. 

Wenn nun Stattler von den Erscheinungen ausgeht, so stößt er 
auf solche, die allen Körpern gemeinsam sind: Extensio localis, divi- 
sibilitas, impenetrabilitas, capacitas ad motum, inertia, gravitas, 
cohaesio. In diesem Vorgehen weiß sich Stattler mit Recht eins 
mit dem „berühmten" Newton, der damals Descartes vollkommen 
überwunden hatte. Diese Phänomene werden nun gut beschrieben. 
Sie führen auf kraftbegabte Einheiten, Moleküle oder Atome als ihren 
letzten Erklärungsgrund. Diese materiae primigeniae lassen sich 
durch keine Naturkraft auflösen. Aus ihrer Verbindung entsteht die 
materia mixta, worunter die sinnlich wahrnehmbaren Körper zu 
verstehen sind (p. 167 — 180). Materiam voco omne extensum locale 
ex elementis, vi repulsiva et attractiva generali et speciah praeditis 
constans. Quodsi minimum sit extensum necnisi elementis inextensis 
tamquam partibus constans, moleculam materiae primigeniam appello. 
Materiae primigeniae sensibiles dicuntur, quoad sensu percipi in eis 
partes aliquae possunt ac naturali virtute illa in hac dividi, semper 
homogeneae sunt nee umquam in partes heterogeneas vi naturali 
resolvuntur (p. 167). Hiermit gibt Stattler mit vollem Verständnis 
die atomistisch-dynamische Körpertheorie der damaligen Naturwissen- 
schaft wieder. Wenn er damit aber eine philosophische Erklärung 

6* 83 



gegeben zu haben glaubt, so ist das Positivismus im Sinn der Zeit, 
eines d'Alembert und anderer philosophierender Naturforscher und 
Mathematiker. 

Auf diese Analyse folgt die Synthese, die durchaus beachtens- 
werte Vorzüge aufweist (p. 181—259): Primo corporum singularium, 
secundo totius mundi compositio evolvitur, tertio perfectio, ordo, 
natura compositi mundi tractatur. Hochbedeutsam ist die Ausführung 
der beiden ersten Teile, insofern sie ausschheßlich physikaUsch- 
mechanistisch ist, dann aber (p. 226 — 238) philosophisch gerichtet 
ist, insofern aus der Zufälligkeit des Daseins der Naturkörper, aus 
ihrer Struktur auf das Eingreifen eines unendlichen, außerwelthchen, 
freien Wesens mit Notwendigkeit zu schließen ist. Vortrefflich. 
Aehnlich war bereits Leibniz vorgegangen, wenn er das Programm 
aufstellte und durchzuführen suchte, die Einzelerscheinungen seien 
mechanisch, ihr Zusammenhang teleologisch zu bestimmen; geradezu 
berühmt und für die theistischen Vertreter der modernen Entwicklungs- 
theorie vorbildlich geworden ist Kants Allgemeine Naturgeschichte 
und Theorie des Himmels" (1755), dessen Haltung Stattler teilt. 
Im abschließenden dritten Teil der Cosmologia ergeht er sich kurz 
und bündig, maßvoll und überzeugend über die Ordnung und relative 
Vollkommenheit des Weltganzen, nicht im Sinn des damaligen Opti- 
mismus, sondern des Theismus. Die Problemstellung ist durch Woltf 
aufgegeben, dieselben Fragen bei Stattler wie gegen Ende der 
Cosmologia Wolffs. Der Schluß stimmt wörtlich überein, abgesehen 
von den Wundern wird De natura in genere itemque naturali et 
supernaturali untersucht. 

Nach dem Bisherigen wissen wir, wie sich Stattlers Psychologie 
gestaltet. Formell klar und übersichtUch, inhalthch die Sätze, die 
von der christlichen Philosophie weitergeführt wurden, ohne Tiefe 
und Gründlichkeit, aber mit der Verständigkeit der Aufklärung in 
Anknüpfung an die von der neueren Philosophie gestellten Fragen: 
Geistigkeit, Substantialität, Unsterblichkeit der Seele, Unterschied des 
höheren und niederen Erkenntnis- und Strebevermögens. Die Theo- 
logia ist, wie es damals angesichts der religiösen, philosophisch- 
theologischen Lage verständlich und gefordert war, durchaus apolo- 
getisch gerichtet. Sie setzt sich kritisch mit Wolff, Spinoza, Descartes, 
Leibniz, Bayle, La Mettrie, Robinet auseinander. Stattler ist eine 
Kampfesnatur, zugleich aber auch eine tief religiöse. Dementsprechend 
ergeht er sich über die beste Welt, das Uebel, Vorauswissen und 
Freiheit Gottes, göttliche Vorsehung und Güte, das Verhältnis der 
moralischen Ordnung zu Gott. Es spricht etwas Packendes aus der 

84r 



Ehrlichkeit, mit der er sich für die religiösen Wahrheiten einsetzt. 
Wenn mithin viele metaphysische Tiefen der Vorzeit geopfert waren, 
so waren auch viel Ballast und Spitzfindigkeiten, Verstiegenheiten, 
Weltfremdheiten ausgeschieden, es war viel größere Lebensnähe und 
Brauchbarkeit der Spekulation für die Praxis gewonnen. 



Auch die philosophischen Lehrbücher des Joh. B. Horvath, 
Professors an der Ungarischen Universität Tyrnaü, die wegen ihrer 
Klarheit und Methode gern für Schulzwecke benutzt und darum öfters 
aufgelegt wurden — vgl, Hurter, Nomenciator tom. V p. 1013 — 
spiegeln gut die Eigenart, Vorzüge und Schwächen der uns hier 
beschäftigenden Jesuitengruppe, überhaupt der katholischen Denker 
in der Aufklärung wieder. Institutiones logicae, quas in usum 
auditorum philosophiae conscripsit Joh. B. Horvath. Ed. novissima 
Augsburg 1772, Duodez p. 128; Institutiones metaphysicae p. 458. 

Auch hier sieht man, ein gewisser Stock von scholastisch-christ- 
lichem Erbgut ist Gemeingut der damaligen katholischen Denker, das 
sie nun aufgeschlossen fortschrittlich mit gesunden Motiven der zeit- 
genössischen, neuzeitlichen Philosophie und Naturwissenschaft ver- 
arbeiten, das sie eifrig und energisch gegen die Zersetzung und 
Angriffe des Zeitgeistes der Deisten, Skeptiker, Freidenker, Materia- 
listen verteidigen, das sie in didaktisch gefälliger und anziehender 
Form den Zeitgenossen vorlegen. Es wäre völlig verfehlt, überall 
nur den scholastischen Maßstab der Vorzeit als Wertmesser anlegen, 
nicht auch das viele neue Wahre und Brauchbare anerkennen wollen. 

So führt die Logik Horvaths viele bedeutsame traditionelle Lehr- 
sätze der Scholastik klar weiter. Dabei geht dann der Schluß kräftig 
in moderne Erkenntnistheorie über. Ausführlich wird der sensus 
communis behandelt: Est omnino ineffabile veritatis criterium, ita ut 
non possit falsum esse iudicium, ad quod ferendum vis illa naturaliter 
insita nos inclinat (p, 87), freilich fehlt wie bei der Schottischen 
Schule die tiefere Begründung und eingehendere Analyse dieses an 
sich richtigen Satzes. Das Zeugnis der äußeren Sinne als Erkenntnis- 
quelle : testimonium sensuum externorum rite applicatorum nos phy- 
sice certos reddit de corporum existentia et quibusdam eorum affec- 
tionibus relationibusque (p. 92), wohl gegen Idealisten wie Berkeley 
gerichtet. In umsichtiger Weise werden Regeln über den Gebrauch 
des wissenschaftlichen Experiments gegeben: tentamen de industria 
institutum seu quod non eveniret solo naturae cursu, nisi industria 

85 



nostra accederet. Kritisch maßvoll wird der Wahrheitsgehalt des 
testimonium historicum bzw. der autoritas festgestellt. 

Auch die Psychologia und Theologia naturalis arbeiten gut zen- 
trale Lehrstücke wie die Geistigkeit, Freiheit, Unsterblichkeit der 
Seele, göttliche Vorsehung heraus, sie waren damals höchst lebendig. 
Anderseits vermißt man dort die Behandlung grundlegender Fragen 
wie die Anwendung der Akt-Potenz-Theorie, die in der allgemeinen 
Ontologie überhaupt nicht zur Sprache kommt, eine tiefere Erklärung 
des Ursprungs geistiger Erkenntnisse, des Verhältnisses von Leib 
und Seele. 

Wie vorhin gesagt wurde, bekämpft Horvath auf der einen Seite 

die Irrtümer der modernen Philosophie, Descartes' Lehre von den 

■angeborenen Ideen, die Unbeseeltheit der Tiere, die praestabilierte 

Harmonie des Leibniz, sowie seinen Optimismus; anderseits zeigt 

er sich stark von ihr beeinflußt. Wohl unterrichtet ist er in der 

neueren Mechanik. 

« 

Ein ähnliches und doch wieder verschiedenes Gepräge als die 
Philosophie der genannten vier Jesuiten Mangold, Storchenau, Stattler, 
Horvath trägt die Interpretatio naturae seu pMlosophia Newtoniana 
methodo exposita et academicis usibus accomodata des Jakob 
Anton Zallinger.^) Tomus I complectens logicam, philosophiam 
primam, theologiam naturalem Augsburg 1773. Tomus II complectens 
principia mechanicae terrestris et coelestis 1774; Tomus III com- 
plectens physicam specialem, 1775 Duodezformat. Verschieden von 
ihnen ist die Haltung Zallingers, der in erster Linie der große, 
hochgeschätzte Kanonist ist, als es ihm prinzipiell noch viel weniger 
um Spekulation zu tun ist als den andern, darauf gibt er wenig. 
Verschieden von ihnen und zugleich ihnen verwandt ist er insofern, 
als er mit den Neueren geht, dabei überragt er sie aber weit an 
feinem, klarem Verständnis der neuen Naturwissenschaften — Man- 
gold macht teilweise eine Ausnahme — , sein Naturbild ist im Grunde 
dasjenige Newtons, wie es bereits der Titel des Werkes ausspricht. 
Man kann ihn am besten mit Boscovich vergleichen, dem in BYank- 
reich der damals oft genannte Honore Fabri voranging. 

Als solcher aber stellt Zallinger seinen Mann. Bereits in der 
Vorrede zum ganzen Werk äußert er sich dahin: dem simplex ordo 
naturae ist zu folgen, die analytische Methode hat nach dem Vorgang 
Galileis die verwickelten Vorgänge zu zerlegen, nur soweit die Ana- 

^) Vgl. A. van der Wey, Jacob Anto'^ von Zallinger sum Thurn und seine 
Kantschrift vom Jahre 1799, 1936. 

86 



lyse vorangegangen ist und es gestattet, kann die Synthese folgen. 
Zu Beginn des zweiten Bandes bekennt sich Zallinger zu den vier 
berühmten Regeln der Forschungsmethode Newtons: Gausae rerum 
naturalium non plures admitti debent quam quae verae sunt et earum 
phaenomenis explicandis sufficiunt. Effectuum naturalium eiusdem 
generis eaedem assignandae sunt causae, quatenus fieri potest. Quali- 
tates corporum, quae intendi ac remitti nequeunt, quaeque corporibus 
Omnibus competunt, in quibus experimenta instituere licet, pro quali- 
tatibus corporum universorum habendae sunt. In philosophia ex- 
perimentali propositiones ex phaenomenis per inductionem collectae, 
non obstantibus contrariis hypothesibus, pro veris aut accurate aut 
quam proxime haberi debent, donec alia occurrerint phaenomena, 
per quae aut accuratiores reddantur aut exceptionibus obnoxiae. 

Sehr drängt Zallinger auf die Anwendung der Mathematik, der 
Algebra und Geometrie, für die mechanistische Erklärung der Natur- 
vorgänge. Auch im Schulunterricht. Köstlich fertigt er seine Nörgler 
ab und verweist auf die guten. Erfahrungen, die er bei seinen Schülern 
gemacht habe. Die Ausführung des zweiten und dritten Bandes ist 
reich. Freilich hat das mit Philosophie unmittelbar nichts mehr zu 
tun, es ist Physik im heutigen Sinn des Wortes. Das Glanzstück 
ist die Bestimmtheit und das Geistvolle, mit dem er sich für das 
heliozentrische System einsetzt. Neben dem Jesuiten Grammatici in 
Ingolstadt und vor allem neben dem Benediktiner Ulrich Weiß in 
Urspring bei Ulm, der hier von demselben Geist getragen ist, ist er 
wohl der erste, der sich so frei von der alten Ansicht abwendet. Das 
prinzipiell Bedeutsame ist — man erinnere sich an die Bedenken des 
Spaniers Lossada, der nur der typische Ausdruck der damaligen 
Scholastiker ist, was die theologische Seite betrifft — nicht so sehr 
der wissenschaftliche, astronomische Tatsachenbeweis, der längst 
erbracht war, sondern die Propositio secunda: Neque ex fine S. 
Scripturae neque ex verbis eiusdem in se spectatis vel prout iacent 
neque ex ullis adiunctis vel circumstantiis quidquam legitime concludi 
posse pro motu solis et quiete terrae videtur. Treffend heißt es: 
Si Josue astronomus, si copernicanus, si newtonianus exstitisset, 
profecto haud aliter fuerat locuturus quam reipsa locutus est. 



Daß die neue Richtung auch nach Italien eingedrungen war, 
habe ich anderswo gezeigt {Philosophen kathol. Bekenntnisses in 
ihrer Stellung zur Philosophie der Aufklärung, in Scholastik 
Bd. 11 [1936]). Wie weit die italienischen Jesuiten mit ihr gingen, 

87 



konnte ich noch nicht feststellen. Dagegen stieß ich auf den Portu- 
giesen Monteiro, der Schlaglichter auf Portugal fallen läßt und 
darum zum Schluß zur Sprache kommen soll. Lossada kann als 
Ausdruck Spaniens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelten. 
Ob die Verhältnisse im benachbarten Portugal ihnen nicht glichen? 

Philosophia lihera seu eclectica rationalis mechcmica sensuum 
ad studiosae iuventutis institutionem accomodata auctore Ignatio 
Monteiro S. J. Editio secunda Venetiis 1772 in acht Oktavbänden. 
Was der portugiesische Jesuit, auf den sich der Guatemale Guevara 
öfters beruft, unter Philosophie versteht, erhellt zur Genüge aus 
der Epistola nuncupatoria, in qua generalis operis idea continetur, 
des ersten Bandes. Der von Ferrara aus an die Jugend von Por- 
tugal gerichtete Brief genügt zum Nachweis, daß auch in dem Lande, 
in dem im 16. bezw. 17. Jahrhundert Goimbra Mittelpunkt der Er- 
neuerung der Scholastik war und aus dem große Denker und Werke 
hervorgegangen waren, die Verhältnisse in der zweiten Hälfte des 
18. Jahrhunderts völlig anders geworden waren. Wir erfahren dort 
von der tanta hbrorum philosophorum varietas et multitudo in da- 
maliger Zeit. Der Verfasser bemerkt weiter — wie es sehr oft ge- 
schah — , er bringe, quidquid in philosophia et veteres et recentiores 
philosophi observatione et scitu dignum excogitarunt aut receperunt. 
Drei Jahre umfaßt die philosophische Lehrzeit. Nur die Naturphilo- 
sophie komme in diesem Werk zur Behandlung, wobei bemerkt 
wird, die Philosophia naturalis gehe allgemein auch unter dem Namen 
Physica. Dann wird der Inhalt der einzelnen acht Bände durch- 
gegangen: Im ersten Band werde die Geometrie und die Geschichte 
der Philosophie behandelt. Diese Fächer müsse der Anfänger zuerst 
lernen, wozu noch die Logik hinzukomme. 

Bei dieser Gelegenheit kommt Monteiro auf seine Logik zu 
sprechen, die er getrennt herausgegeben habe. In beachtenswerter 
Weise scheidet er von der eigentlichen Logik, quae humanum in- 
tellectum per omnia semper dirigit, die ars criticae, die er auch in 
dem gleichen Werk behandelt habe: quae regulas etiam nobis tradit, 
quibus in scientiis et artibus universis in omnibusque aliis, quae in 
humano commercio et totius vitae descensu occurere possunt, verum 
a falso, certa ab incertis dignoscere valeamus. Philosophiam hanc 
rationalem ita exponere et tradere studui, ut ex una parte inutiles 
omnes subtilitates, quae in logicam irrepserant eamque horridam 
effecerant, penitus resecarem — bezeichnend — , ex alia vero plurimas 
regulas in arte critica superaddidi, quibus humana ratio recte, prudenter 
et humane gubernetur. Plurimas igitur de humana facultate cogno- 

88 



scendi, de ideis, earum natura, principio, origine, gradibus veritatis, 
certitudine, evidentia, de verbis, de humanis cognitionibus, proposi- 
tionibus, discursu earuraque regulis et multiplici ordine, probabilitate, 
obscuritate, de recto sensuum usu, de errore seu falsitate, demon- 
stratione, criterio veritatis, scientiarum ideis et divisione, de fide 
eiusque regulis, de criticae legibus expono. Diese Angaben zeigen 
mit seltener Ausführlichkeit, welchen Fortschritt die Ausbildung der 
Kritik bei den christlichen Denkern gemacht hat. 

Tyroni philosophico in geometria, iam logica et historia philo- 
sophiae instructo, sequentia tria, alterius anni argumentum, propono. 
Also im ersten Jahr hörte der Anfänger die ersten drei Fächer. Im 
zweiten die Physica generalis, die Monteiro in drei folgenden Bänden 
gibt. Post generalem praefationem toti physicae praemissam, wird 
bemerkt, primam physicae generalis partem habetis, et primo quidem 
de philosophiae et physicae imprimis notione, obiecto, methodo et 
regulis philosophandi, de corporum notione et existentia agitur, tum 
corporis naturam, prima eorum elementa, principia et compositionem 
perscrutando investigamus. Haec quidem ieiuna admodum videri 
vobis poterunt, quia scilicet de iis agimus, quae soll Deo cognita 
sunt. Ist diese letzte Wendung bezeichnend für die Skepsis Monteiros 
inbezug auf die eigentliche Naturphilosophie, so ebenfalls die folgende : 
iniucundum non erit brevibus periodis omnium philosophorum, hoc 
est Spiritus humani deliria, opiniones et systemata legere. Monteiro 
betont stark, daß er überall Beispiele, Experimente, plurimaque alia ad 
historiam naturalem spectantia eingestreut habe, um so den trockenen 
Stoff der Jugend angenehm, anziehend und faßlich zu machen. Im 
dritten Band werde die Mechanica Physica, die Statica, die Centro- 
barica Physica erklärt, im vierten die Astronomia Physica. 

A generali rerum systemate et coelestium corporum explicatione 
ad nostrum globum descendo, geographiam atque hydrographiam in 
quinto volumine propono. Duo alia insignia globi terrestris corpora, 
elementa vulgo nuncupata, ignis et aer, voluminis sexti argumentum 
existunt. Ultima physicae pars volumine septimo comprehensa, quid- 
quid ad vegetantia et sensitiva pertinet, expendet. Dieser Stoff wurde, 
wie es scheint, im dritten Jahr behandelt. Die mir vorliegende Editio 
secunda Veneta 1772—1776 umfaßt acht Bände, dementsprechend 
ist eine Umgruppierung des Stoffes vorgenommen. Aus dem bis- 
herigen Ueberblick ist klar ersichtlich, was damals in Portugal als 
Philosophie in den öffentlichen Schulen gelehrt wurde : Die neue, an 
den Naturwissenschaften orientierte Richtung hat über die alte meta- 
physische, scholastische gesiegt. 

89 



Die folgenden Ausführungen ergänzen dieses Bild. In der Prae- 
fatio des zweiten Bandes äußert sich Monteiro klar über seinen Stand- 
punkt. In anschaulicher Weise beschreibt er seine philosophische 
Entwicklung. Zuerst habe er die aristotelische Philosophie kennen 
gelernt. At cum ita natura comparatus sim, ut neque partium studiis, 
nisi me ego semper fallam, neque hominum auctoritati, ubi rationibus 
agendum est, facile concedam, mentisque libertatem maxime araem, 
neque nisi in obsequium fidei ac religionis liberum animum mentemque 
devinciam, eo animo philosophicum Studium percurrebam, ut nihil 
apud me valerent praeclara cum veterum Graecörum tum recentiorum 
Philosophorum nomina . . . Cum igitur animo a praeiudiciis libero 
plurima in Aristotele desiderarem, plurima non satisfacerent, memet 
ex Graeco ad Graecum, ex Aristotele ad Epicurum Latine et casti- 
gatius quidem Gassendo interprete et reformatore loquentem trans- 
tuli, ab Epicuro postea et Atomistarum doctrina, quam in multis non 
probaveram, ad novum Cartesii mundum novamque philosophiam, 
geometria et astronomia ducibus, animum applicui eamque offendi 
philosophiam, in qua omnia quidem sunt ingeniöse proposita, plurima 
veritati conformia, non pauca tamen aperte falsa. Neque ego, dum 
Cartesianam mundi hypothesim et primam tanti operis constructionem 
secundum eins auctoris ideas propositam legendo meditabar, aliud 
me legere quam elegantissimam et pulcherrimam fabulam arbitrabar. 

Vale igitur Gartesio, Gassendo, Epicuro, Aristoteli ad tempus 
saltem dicto, Newtonem arripui. Postquam tamen Newtonianam 
doctrinam . . . perpendi, factus modo Peripateticus, modo Atomista, 
Cartesianus, Newtonianus, id unum periculo facto et propria edoctus 
experientia intellexi aliqua in singulis doceri vera, plurima etiam in 
singulis dubia et falsa, veritatem nullius systematis esse Privilegium, 
omnia humana systemata humanitatem potius, hominum praeiudicia 
quam veritatem et naturam sapere prudenterque eos agere philo- 
sophos, qui a partium studio liberi nulli sectae . . . adscribunt, sed 
dicendi et iudicandi libertatem amant eclecticamque proinde, hoc est 
liberam philosophiam quasi rationis publicam colunt. Haec quippe 
est, in qua non ad philosophorum placitum . . . finguntur hypotheses, 
sed natura ipsa consulitur physicaeque veritates e reconditioribus 
eins sinibus eruuntur videndo, observando, experiendo naturam 
sedulo scrutando et physica composita scrupulose resolvendo philo- 
sophia ediscitur. 

Habes hanc unam philosophiam, quam unice colo et amo, . . . 
observationes, experimenta, rationem, calculum, quantum spinosa haec 
et obscura argumenta permittunt, unice adhibemus iisque physicam 

90 



nostram superstruimus Eclecticorum philosophorum more ea, quae 
mente non assequor, ita propono ut non resolvam; dedecet quippe 
hominem veritatis amatorem et a systematum praeiudiciis liberum 
res ambiguas et quas non intelligit, tamquam ciaras et intellectas 
docere ... Ex his vero et ipso eclecticae philosophiae instituto 
intelligere facile possumus hanc philosophandi methodum esse om- 
nium simul utilissimam et difficillimam, cum nullae philosophorum 
sententiae . . . eclecticum philosophum latere debeant ipseque de 
Omnibus prudens iudicium pronuntiare teneatur et omnibus saepe 
reiectis per novas etiam semitas ad veritatem contendat. 

Diese Darlegungen erweisen Monteiro als den typischen Denker 
des 18. Jahrhunderts: Selbständigkeit und Freiheit des Philosophierens, 
Unabhängigkeit von der philosophischen Autorität und Vergangenheit, 
methodisches Befragen der Natur, kritisches, rationales Vorangehen, 
weitgehender Eklektizismus. 

Beachtenswert sind auch die Sätze der Praefatio über die Me- 
thode : Methodum quod attinet, neque eandem semper neque ubique 
diversam adhibeo, sed eam, quae pro varia argumenti natura et 
clarior et amoenior . . , visa mihi est. Neque igitur pure geome- 
tricam, ut plerisque Newtonianis solemne est, neque scholasticam, 
ut aliis fere omnibus arrisit, teuere placuit, sed inter utramque 
mediam ex duplici extremo temperatam, quae tamen plurimis in 
locis non parum de expositivo participat. Physicam spinosa et 
horrida calculorum silva implicare et geometricis algebraicisque 
demonstrationbus obrui, ut nonnullis placuit, probare numquam 
psotui. Mit feinem Spott ergeht sich Monteiro über die damalige 
Zeitkrankheit, die Naturwissenschaften vorwiegend mathematisch zu 
betreiben. Dann heißt es über die scholastische Methode: Scho- 
lasticam methodum et fastidiosum syllogismorum apparatum experi- 
mentalis physicae amoenitas non patitur, plurimique sunt, quibus ea 
methodus in his portissimum scientiis non arridet. Quodsi argu- 
mento interdum scholastico idiomate propono et solvo, id in tyro- 
num gratiam factum existima. 

Was Monteiro sachlich bietet, ist ein Stück Naturphilosophie, 
im übrigen und vorherrschend Naturwissenschaft. Zur Naturphilo- 
sophie gehören Fragen, wie sie im zweiten Band behandelt werden, 
es sind ihrer wenige, die überdies kaum an Scholastik erinnern. 
Um so reicher, sorgfältiger und mehr ins Einzelne gehend sind die 
naturwissenschaftlichen Darbietungen. 



91 



Die gegebenen Quellenauszüge und Quellenbearbeitungen, so 
lückenhaft sie auch sind, beleuchten wirkungsvoll die zu Anfang 
gezeichnete Eigenart des Philosophierens in der Gesellschaft Jesu, 
veranschaulichen ihre Vorzüge und Bedeutung, ihre Grenzen und 
Schwächen. 

Innerhalb der aristotelisch orientierten Scholastik bilden die 
Jesuiten dieser Zeit eine eigene Schule. Schärfe der Analyse, Selb- 
ständigkeit, Aufgeschlossenheit, Anpassungsfähigkeit sind die charakte- 
ristischen Noten, ihr Eklektizismus ist bei den besseren und zahl- 
reicheren Vertretern ein innerlich, logisch-metaphysisch geformter. 
Hierdurch sowie durch die schulmäßige, klare, den jeweiligen Zeit- 
verhältnissen entsprechende Form gewannen sie mündlich und 
schriftlich einen großen Einfluß. Die mit dieser Art gegebenen 
Gefahren wirken sich streckenweise nachteilig aus: verstiegene 
Dialektik und eigenartige Ansichten bei manchen, bei andern wiederum 
ein schwächliches Abrücken von der großen Vorzeit und oberfläch- 
hches Sichanlehnen an den Zeitgeist. 



92 



Personenverzeichnis. 



Agostini 16 

Agricola 48 

Albert d. Gr. 28 

Alderette 15 

Alemannus 16 

Alexander v. Haies 27 

Alonso 15 

Altissiodorensis 27 

Alvarez, Balthasar 16 

Amort, Eusebius 57 

Anaxagoras 63, 76 

Andre 16 

Anreiter 52 

Aquaviva 23 

Aquilar 15 

Aristoteles 6, 16, 17, 18, 23, 24, 25, 
27, 30, 31, 33, 35, 37, 38, 39, 40, 
42, 45, 46, 50, 51, 52, 54, 59, 61, 
62, 63, 64, 67, 70, 71, 75, 76, 78, 
79, 82, 90 

Arriaga 15, 30—34, 39, 42, 43, 48, 68 

Ascanio de 16 

Astrain 36 

Augustinus 27, 67 

Aureolus 27 

Aversa 37 



Babenstuber 60 
Backer de 12 f. 
Bacon v. Verulam 45, 
Baumann 53 
Bayle 69, 84 
Bednar) 20 
Bellarmin 6, 23 
Benedictis de 16 



46, 48, 74, 79 



Berkeley 51, 75 
Berthier 17 
Bicheler 53 
Boethius 59 
Bonaventura 27, 79 
Borowski 81 
Bosses des 19 
Boyle 61, 65, 74, 79 
Boscovich 17, 20, 76, 79 
Bossänyi 20 
Buffier 17, 68 
Bourdin 17 
Brater 53 
Brucker 66 



Cabanis 63 

Caietan 13, 27 

Galmelet 53 

Gano, Melchior 7, 13, 69 

Capreolus 27 

Caramuel 45 

Gassinus 64 

Gassirer 46 

Gastiglione 16 

Cattaneo 16 

Chanvelle 17 f. 

Gieero 67 

Gienfuegos 15 

Glauberg 67 

Gompton Garleton 17, 40, 54—56, 68 

Gontzen d, Aeltere 19 

Gontzen d. Jüngere 19 

Gouto 16 

GzepeUny 20 



93 



Dalgarn 46 

Daniel 17 

Dannemeyr 53 

Delgadillus 46 

Derkennis 17 

Descartes 10, 16 f., 18, 23, 31, 45, 

51, 57, 63, 67, 68, 70, 74, 79, 82, 

83, 84, 86, 90 
Duhamel 18, 50, 57, 67 
Duhr 49 

Ehningen 53 
Eisentraut 19 
Empedokles 76 
Epikur 63, 90 
Erber 19 
Eudoxos 64 

Fabri Honorö 17, 18, 40 

Falck 68 

Feller 19 

Febvre, Jacques 17 

Ferrariensis 27 

Fonseca 6, 16, 35, 40, 49, 52 

Fortunatus a Brixia 18, 57 

Frick 41 

Galilei 61, 67, 74, 79, 91 

Gassendi 17, 63, 70 f., 74, 79, 90 

Gemma 48 

Gengell 20 

Genuensis, Antonius 68 

Giordano Bruno 48 

Goes 15 

Goudin 69 

Grabmann 7 

Granado 15 

Gregor v. Rimini 27 

Gregor v. Valentia 27 

Guerand 17 

Gufl 50, 67 

Harcourt 20 
Hardouin 17 



Hauser 18, 19, 49, 65—71 
Herice de 15 
Hermann 19 
Hermelmann 15 
Hieronymus 27 
Hobbes 48, 58 
Horvath 20, 85 f. 
Hugo V. St. Victor 27 
Hurtado, Gaspar 15 
Hurtado, Petrus 13, 15, 24—30, 31, 
32, 33, 34, 35, 37, 39, 40, 42, 48 
Hurter 12 f. 
Huyghens 65 

Ignatius v. Loyola 5, 21, 23, 50 

Ituren 15 

Izquierdo 45 — 48, 56 

Jaszlinsky 20 

Johannes a S. Thoma 13 

John 20 

Josue 87 

Jungius 20 

Kant 19, 46, 60, 67, 79, 80, 81, 84 

Kepler 9, 61 

Khnell 53 

Kircher 46 

Klaus 20 

Klimke 12 

Kopernikus 9, 39 

Kowalski 20 

Leibniz 17, 19, 20, 24, 42, 46, 51, 

57, 58, 68, 70, 79, 81, 84, 86 
Leonardo da Vinci 9 
Locke 51, 75, 79, 82 
Lossada 15, 31, 36—43, 60, 88 
Lugo, Joh, 15 

Lullus Raymundus 45, 48, 59 
Lynch 15, 20, 67 
Lyprandus 53 

Magellianus 16 
Maignan 40, 67 



94 



Mairat 18 

Mako de Kerek 20 

Malebranche 16, 42, 67, 68 

Mangold 19, 73—78 

Mariotte 65 

Martineau 17 

Maurus, Silvester 16 

Mayr, Anton 19, 49—51, 68 

Merlin 65 

Mesland 17 

Mettrie de la 84 

Mlodzianowsld 26 

Moncurtius 46 

Monteiro 16, 88—91 

Morawski 20 

More, Henry 67 

Morell 53 

Müller, Elias 78 

Neuhäuser 53 

Newton 20, 62, 70, 74, 79, 81, 82, 

83, 86 f., 90 
Nieolaus v. Amiens 59 
Nizolius 48 

Opfermann 19 

Origines 27 

Oviedo 13, 15, 31, 33, 35 f., 37, 39, 

40, 42, 48 

Palumbus 16 

Para du Phanjas 17 

Pascal 79 

Pereira 6, 27, 35, 47 

Petrus Lombardus 27 

Peynado 15, 37, 40 

Pfriem 19 

Pbilolaus 64 

Piaton 58, 59, 64, 67 

Plotin 67 

Polizzi 16 

Porphyrius 25, 37, 52 

Pou 15 



Prevost 15 
Ptolemaeus 39, 42, 64 

Quadros 15, 43—45 
Quiros 15, 37 

Raggelmann 52 

Ragusa 16 

Raiscani 20 

Ram6e 45, 48, 79 

Redelhammer 19 

Rhodes 18 

Ribadeneira, Gaspar 15 

Riccioli 64 

Ripalda 35 

Robinet 84 

Roger Bacon 59 

Rohault 65 

Roselli 72 

Roys 20 

Rubius 27 

Ruiz de Montoya 15 

Saenz d'Aguirre 58, 67 

Sagner 19 

Schallerer 53 

Schopenhauer 6 

Schreiber 53 

Schwaan 19 

Schwarz 19 

Seiser 53 

Siegelreiter 53 

Skotus 35, 42 

Sommervogel 12 f. 

Spagni 16 

Speer 52 

Spinoza 17, 24, 58, 75, 84 

Stattler 19, 81—85 

Steinacker 19 

Steinmeyer 19 

Storchenau 18, 78—81 

Streborius 53 

Suarez 6, 8, 15, 25, 27, 28, 30, 31, 

33, 37, 40, 41, 42, 43, 52, 60, 62, 

67, 79 



95 



Tacquet 17 

Tamburini 23 

Telesio 79 

Tellez 37 

Tennemann 66 

Tiedemann 66 

Thomas von Aquin 8, 16, 21, 23, 

24, 26, 27, 40, 41, 42, 52, 62, 

67, 79 
Thomasius 74 

Tolemei 16, 18, 57—65, 73 
Toletus 6, 35 

Tolosanus Petrus Gregorius 46 
Tournemine 17, 68 
Tycho de Brahe 9, 39, 42, 64 
Toricelli 65 
Tosca 38, 40, 42 



Valla Laurentius 79 

Valois 17 

Vanosi 16 

Vasquez 27, 33, 42 

Vatier 17 

Vittoria von, Franz 6, 7, 13 

Vives, Ludovicus 48 

Weiß, Ulrich 18, 39, 87 
Wenck 52 
Woestine van 19 

Wolff 19, 24, 60, 66, 67, 73, 74, 76 
79, 80 ff. 

Yvo 46 

Zallinger 19, 39, 86 f 
Zeno 39 



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