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Full text of "Kreuz und Hakenkreuz [microform] : der Kampf des Nationalsozialismus gegen die katholische Kirche und der Kirchliche Widerstand"

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Imprimatur: 

G. V. 2785 München, 11. März 1946 

Erzbischöfliches Ordinariat 
München und Freising 

Buchwieser 
Gen.-V. 



Alle Rechte vorbehalten. 

Copyright by Verlag der Kath. Kirche Bayerns in München. 

Zulassung Nr. 6 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung. 

Druck: Val. Höfling (Dr. Valentin Mayer), München, Bayerstraße 57/59. 

Auslieferung: Pfeiffers Buchhandlung, München 2, Herzogspitalstr. 5 u. Q 






78374 



GELEITWORT 



Wer den „weltanschaulichen" Kampf der beiden letzten Jahr- 
zehnte nicht in der Feuerlinie miterlebt hat, kann sich nur schwer 
eine Vorstellung davon machen, mit welcher Verlogenheit und Ge- 
hässigkeit der Kampf der nationalsozialistischen Bewegung und 
Partei gegen die kirchlichen Stellen geführt wurde. Es ging offen- 
bar nach dem Grundsatz: Den Hirten schlagen, damit die Herde 
sich zerstreue! Der Verfasser der Adventpredigten weiß ein Lied 
davon zu singen. 

Soweit es sich um persönliche Beschimpfungen und Anrempe- 
lungen handelte, konnten die Bischöfe im Geiste des Evange- 
liums schweigsam sich schlagen lassen. Soweit aber die Angriffe 
auf die kirchliche Glaubens- und Sittenlehre und kirchliche Ein- 
richtungen abzielten und die christliche Tradition unseres Volkes 
zu erschüttern drohten, durften die Wächter nicht schweigen. Frei- 
lich sind die Kundgebungen der Bischöfe weit zerstreut und schwer 
zu sammeln. Bischöfliche Predigten und sonstige Erlasse durften 
nicht im Druck verbreitet werden, konnten nur maschinenschrift- 
lich für einen kleineren Kreis von Lesern hergestellt werden. In 
manchen Gegenden jwurde gegen katholische Lesestoffe seitens der 
HJ eine förmliche Treibjagd veranstaltet. In den letzten Jahren 
wurden katholische Büchereien beschlagnahmt und verbrannt oder 
eingestampft. 

Der Verfasser dieses Buches „Kreuz und Hakenkreuz" hat mit 
vieler Nachtarbeit die zerstreuten Kundgebungen der Bischöfe ge- 
sammelt und verbunden mit Laienstimmen der Abwehr quellen- 
kritisch in diesem Buch zusammengestellt. Prälat Johann 
Neuhäusler, der Verfasser dieses Buches, war selber mehr .als 
vier Jahre im Lager Dachau, hat also die Kampfmethoden der 
satanischen Bewegung aus nächster Nähe miterlebt und ist ohne 
Zweifel der berufene Mann, der über die nun versunkene Welt 
Zeugnis ablegen kann. Die kirchlichen Kreise, die Chronikschreiber 
und das ganze deutsche Volk werden dem auch im Ausland an- 
gesehenen Prälaten für dieses Buch dankbar bleiben. Also haben 
die Bischöfe, die Sendboten der christlichen Wahrheit und Wächter 
der sittlichen Ordnung, doch nicht immer geschwiegen, wenn sie 
reden mußten, und nicht geschlafen, wenn sie in das Wächterhorn 
stoßen mußten. Also können die Chronisten der Zeit, wenn es 
ihnen überhaupt um wahre Geschichtschreibung zu ' tun ist, den 



Verdrehungen und Lügen der Parteipropaganda nach authentischen 
Quellen die Wahrheit entgegenstellen. Also kann man doch nicht 
von einer allgemeinen Kollektivschuld sprechen, da mit den Bi- 
schöfen auch einzelne Laien gegen die Ungerechtigkeit und Un- 
moral und für die persönlichen Rechte gegenüber Staat und Partei 
und ebenso für Elternrechte trotz aller Parteidiktatur ihre Stimme 
erhoben und beispielsweise das Kreuz in der Schule verteidigt 
haben. 

Das Buch „Kreuz und Hakenkreuz" ist nicht auf allen Seiten 
eine erquickliche und erbauliche Lesung. Es wurden da und dort 
Derbheiten und Roheiten der Parteiführer und Parteipresse bei- 
behalten, um die Leser des Buches mitfühlen zu lassen, in welchem 
Ton der Kampf gegen alles, was uns Christen heilig ist, geführt 
wurde und mit welchen Mitteln im letzten Ziel das Christentum 
ausgerottet werden sollte. Es ist etwas Unheimliches um das kurze 
Gedächtnis der Menschen. Nach kaum drei Jahren können sie sich 
„nicht mehr erinnern". Solchen Menschen mit kurzem Gedächtnis 
-mag dieses Buch die Wirklichkeit der vergangenen Jahre wieder 
ins Gedächtnis rufen. Das Buch erhebt auch nicht den Anspruch, 
eine lückenlose Materialsammlung zu sein. Es werden voraussicht- 
lich Nachträge erfolgen. Viel wichtiger scheint, daß die Heraus- 
gabe dieses Zeitbildes nach authentischen Quellen nicht länger ver- 
zögert wird. 

Gläubige Leser werden dieses Buch nicht aus der Hand legen, 

ohne in dem Gottvertrauen zu wachsen: Der Herrgott, der das 

"deutsche Volk aus diesem Abgrund von gestern errettet hat, hat 

es gewiß nicht gerettet, um es i^iorgen in einem neuen Abgrund 

versinken zu lassen. 

Cardinal Faulhaber. 
M ü n c h e n , 2L März 1946. 



INHALTSVERZEICHNIS 



Begleit Worte Sr. Eminenz des.H. H. Kardinals Dr. Michael Faulhaber , 

Vorwort des Verfassers 

Erster Teil 

Der Kampf des Nationalsozialismus 

gegen die katholische Kirche 

Seite 

A. Die Kirch env erfolg ung im Dritten Reich — 
eineTatsache ■. . . . • • H 

1. Zeugen und Zeugnisse der Verfolgung ........ 12 

a)' Papst Plus XI. . . * • • • 12 

b) Der deutsche Episkopat ........... 14 

,c). Eine Dokumentensammlung . ... . •: •. . . 15 

d) Ein Zeuge aus dem Feindeslager ... . * . . . . . 17 

2. Träger, Mittel und System der Verfolgung . ..... . 17 

3. Hauptzielpunkte der Verfolgung 22 

a) Kampf gegen das Papsttum . « . . 22 

■hy Kampf gegen die Bischöfe , , . . 27 

c) Kampf gegen den gesamten Klerus . : .... . 38 

B. FesselnfürdieKircheGottes . . . .. . . -. 41 

1. Fesseln für das Wort Gottes ... ^ ....... . 44 

2. Fesseln für den Gottesdienst ........... 61 

3. Fesseln für die Seelsorge 73 

4. Fesseln für die kirchliche Schultätigkeit 87 

a) Kampf gegen die BekeHntnisschule . 88 

b) Kampf gegen klösterliche Lehrkräfte und Kloster- 
schulen 100 

c) Kampf gegen Theologische Hochschulen 104 

d) Kampf gegen den Religionsunterricht .... ^ . 105 

e) Kampf gegen religiöse Mitarbeit der Lehrer . . . 109 

f) Kampf gegen religiöse Lehrmittel w . 110 

g) Kampf gegen Schulgebet und Schulkreuz .... 115 

5. Fesseln für die katholischen Orden ..... w .. 122 

a) Devisenprozesse . » . 127 

b) Sittlichkeitsprozesse ,.,.;,.. 133 

1) Neue Methoden der Untersuchung 136 

2) Tendenziöse Darstellungen und Entstellungen . .137 

5 



Seite 

3) Erwiesene Erfindungen 139 

4) Übertreibungen .- 140 

5) Verallgemeinerungen 141 

6) Einseitigkeit «... 1 142 

7) Heuchelei . i . . . . 143 

c) Wirtschaftliche Erdrosselung der Orden 145 

d) Klosterentvölkerung 146 

e) Klosterraub ..... i . 148 

f) Eaub von Almosen, Meßstipendien, Kelchen ... 156 

g) Klosterraub in Luxemburg und Lothringen .... 156 
h) Klosterraub im Elsaß 157 

6. Fesseln für die katholischen Vereine s ...... 165 

A. Kampf der HJ gegen die katholische Jugend . . 165 

B. Kampf gegen alle katholischen Vereine . 188 

7. Fesseln für dais kirchliche Schrifttum ..... v . 198 

A. Fesseln werden geschmiedet ♦»...•.... 198 

B. Fesseln werden angelegt .. i i, ..... ^ 216 

8. Fesseln für die wirtschaftliche, Entwicklung der Kirche . 238 

C. AntichristohneFesseln » . . 248 

1. Antichrists Wüten gegen das Christentum 249 

A, Abschied dem alten Gott . . . , , . , 249 

B. Der Theologe der deutschen Heiden . » . . 257 

2. Antichrists Wüten gegen Heiliges ... i .... i 289 

3. Antichrists Wüten gegen das „unwerte Leben" . . . 307 

4. Antichrists Wüten gegen das Judentum ...... 316 

5. Antichrists Wüten gegen katholische Priester . * » •. 330 

6. Antichrists Wüten gegen eine Hochburg katholischen 
Glaubens und Lebens 350 

D. Antichrists Geheimwaffenschmiede « » . -. 357 

1. Geheimanweisung des Reichsleiters Borniann ... * 358 

2. Eine der vielen Geheimanweisungen der Gestapo . -. 360 
W e 1 1 n o t o r i s c h » < $ . . s » . . . . • i < < -i ■, 383 



Richtigstellungen! 

Vor die Titel Seite l45, 146, 148 sind statt der Zahlen IV, V, VI die 
Buchstaben c, d, e zu setzen, 

Namen- und Sachregister folgen im 2. Band. 
6 



VORWORT 



„Stückwerk ist unser Erkennen". Dieses Paulus- 
wort (1. Cor. 13,9) kam mir in den Sinn, als ich noch in den letzten 
Wochen der Gefangenschaft die ersten Zeilen dieies Buches zu 
schreiben begann. Es blieb in meinem Bewußtsein bis zur letzten 
Zeile, mochte auch der Stoff im Laufe der Zeit mächtig an- 
schwellen. Ich wußte: es bleiben trbtz alles Suchens, Sammeins 
und Findens in den meisten Punkten noch große Lücken. Solche 
waren ja schon in meiner eigenen Materialiensammlung durch 
Kriegseinwirkungen entstanden, ebenso bei Mitbrüdem und Mit- 
kämpfern, die seit Jahren wertvolle Dokumente sorgfältig auf- 
bewahrt imd geordnet hatten. Eine große Lücke bedeutete es so- 
dann, daß ich viereindrittel Jahre in Schutzhaft und Konzen- 
trationslager war und so eine lange Spanne Zeit den Kampf zwi- 
schen Nationalsozialismus und Kirche nicht mehr unmittelbar er- 
lebte und mitmachte. Auch in anderen Diözesen sind viele Auf- 
zeichnungen und Archivalien durch Bomben, Brand und Beschlag- 
nahmen zugrundegegangen. Der mehr oder minder große Rest ist 
bei den derzeitigen Verwahrungsschwierigkeiten und Verkehrs- und 
Postverhältnissen noch nicht erreichbar. So mußte es zur Zeit bei 
einer Schau aus einem bloßen Winkel Deutschlands, aus einer 
kleinen Ecke des Kampffeldes bleiben. Zu alldem fehlte bei der 
vielseitigen anderweitigen beruflichen Ansj^annung die Zeit und 
Ruhe zur gründlichen Verarbeitung des Materials. 

Anderseits mehrten und verstärkten sich von allen Seiten die 
Bitten und Aufforderungen, doch möglichst bald eine Darstellung 
des nationalsozialistischen Kampfes gegen die Kirche und ins- 
besondere des in In- und Ausland noch so wenig bekannten und 
noch weniger gewürdigten kirchlichen Widerstandes zu versuchen. 

In einer Konferenz von zirka 35 amerikanischen und eng- 
lischen Pressekorrespondenten zu Anfang Juni 1945 in 
Neapel, zu der der Verfasser auch geladen war, wurde dies wieder- 
holt dringendst verlangt. 

Aus deutschen Kreisen Roms wurde geschrieben: 

„Man scheint sich in Deutschland teilweise gar keine rechte Vor- 
stellung machen zu können von der Wucht des Hasses, der gegen die 
Deutschen in der ganzen Welt vorhanden ist. Wir sind durch den Hitler-^ 

1 



krieg politisch, wirtschaftlich, kulturell und moralisch völlig erledigt. 
Dabei macht man im Ausland wenig Unterschied zwischen Hitlerianern 
und Deutschen, Es gibt wohl wenige, die den Deutschen ihr Schicksal 
nicht vergönnten, und noch weniger wohl, die etwa Mitleid hätten. Ich 
könnte Ihnen da manche wenig erbauliche Dinge auch aus unseren 
Sphären erzählen. 

Es wäre sehr angezeigt, wenn die deutschen Bischöfe alles Material 
über den Widerstand gegen die Hitlerdiktatur, der von katholischer 
Seite und vom weltanschaulichen Standpunkt aus geleistet wurde, doku- 
mentarisch zusammenfassen würden in einer Art Farbbuch. Darin hätten 
aufzuscheinen: Die Hirtenbriefe der Bischöfe von 1933 bis 1945, ihre 
Predigten bei verschiedenen Gelegenheiten, die „Gesetze" und deren 
praktische Anwendung durch die Hitlerianer, die Übergriffe in die 
kirchliche Hoheitssphäre auf den verschiedenen Gebieten, wirksame 
Einzelperioden von der Behandlung der Geistlichen, 'Ordensleute und 
der Gläubigen, aus denen besonders ersichtlich ist, inwieweit die Gläu- 
bigen Widerstand geleistet haben. All das dokumentarisch mit Datum 
etc. belegt. Das wäre ein Beitrag zu unserer Ehrenrettung, wenigstens 
•bei den katholischen Kreisen. Vergessen Sie nicht, daß man uns nicht 
ganz zu Unrecht politische Unreife und Neigung zum Kadavergehorsam 
vorwirft, ich meine, den Deutschen im allgemeinen. 

Wenn ich sage, daß das wenigstens auf katholische Kreise wirken 
müßte, so ist damit nicht gesagt, daß es wirklich wirkt; denn es kom- 
men für die Abneigung gegen uns auch Motive in Frage\ für die wir 
nichts können. Wir haben es nicht in der Hand, die öffentliche Meinung 
des Auslandes entscheidend zu beeinflussen; wir können aber dazu bei- 
tragen, im obenerwähnten Sinn und vor allem dadurch, daß bei uns im 
Innern unbarmherzig der Hitlergeist ausgerottet wird." 

Schweizer Freunde, die in echtem schweizerischen und 
christlichen Geiste Hilfsaktionen für die Notleidenden Deutsch- 
lands durchführen, baten schon zu Beginn dringend um Material 
über die Leiden und Kämpfe kirchlicher Kreise während des 
Dritten Reiches. 

Ähnliche Stimmen kamen auch von wohlwollenden ameri- 
kanischen Kreisen und wurden noch lauter, wenn man in 
Gesprächen ein wenig den Schleier lüftete, der noch über manchen 
Geschehnissen und amtlichen Schritten der letzten zwölf Jahre 
liegt. 

Führende Persönlichkeiten des katholischen Deutschlands 
äußerten ebenfalls den Wunsch, z. B. Prälat Schreiber- 
Münster, zur Zeit Rektor der dortigen Universität, der in einer 
ausgezeichneten Denkschrift über die vordringlichsten Zukunfts- 
aufgaben des deutschen Katholizismus unter anderem schrieb: 

„Es ist dringlich, den Widerstand gegen den Nationalsozialis- 
mus literarisch herauszuarbeiten, der bereits vor 1933 und dann später 

8 



von 1933—1945 gegen die Nazis geleistet wurde. Jedes Detail wäre hier 
sorgfältig zusammenzutragen (Hirtenbriefe, Predigten, Vernehmungen, 
Bestrafungen, Priester im Kz., Haltung der Kirchenblätter und deren 
Unterdrückung, ev. Umfrage bei den Pfarrämtern; wichtig wäre, daß 
auch die Orden Material beibrächten)." 

Über alldem merkte ich aus Gesprächen mit taien aller 
Kreise, daß die meisten keine Ahnung hatten von der Schwere, 
dem Umfang, der Hinterlist, der Systematik und Zielstrebigkeit 
des Kampfes vom Anfang bis zum Ende: Tarnung und Terror 
hatten ja die Wahrheit hierüber wie über so vieles andere während 
der ganzen zwölf Jahre unterdrückt. 

Aus dieser Unkenntnis erwuchsen dann da und dort sogar schwere 
Anklagen „integraler Katholiken" gegen die Kirche und ihre hauptver- 
antwortlichen Leiter. Man ging oder ist daran, gelegentliche, anerken- 
nende Aeusserungen, vereinzelte zeitnotwendige Zugeständnisse, Erfül- 
lung bloßer Anstandspflichten zu sammeln und daraus kirchlichen Per- 
sönlichkeiten ' einen Strick zu drehen. Man übersieht aber dabei die 
feste, grundsätzlich ablehnende Haltung, wie sie in Hun- 
derten von Dokumenten zum Ausdruck kommt. 

Endlich gestanden mir auch viele geistlicheMitbrüder, 
daß sie aus Besorgnis vor Haussuchungen u. ä. manches Material 
vernichten mußten, jedenfalls nicht mehr zur Hand hätten oder 
auch schon aus dem Gedächtnis verloren hätten und keinen rechten 
Überblick mehr über die lange ^it und all die kirchenpolitischen 
Ereignisse besäßen. 

So entschloß ich mich trotz aller Bedenken und Unzulänglich- 
keiten schließlich doch, einen Aufriß dieses Kampfes zu versuchen, 
zumal ich hierfür, wie ich mit ehrerbietigstem Dank bekennen 
möchte, eine überraschende und kräftige Unterstützung von höch- 
ster kirchlicher Seite empfing. 

Meine Arbeit will und kann aber wirklich nur ein roher und 
kleiner Baustein sein zu dem großen Werk, das im Interesse der 
Wahrheit und Gerechtigkeit und Ehre über kurz oder lang von 
viel berufeneren Personen und auf Grund reicheren Materials und 
gründlicheren Studiums erstellt werden muß. Kommen dazuwohl- 
behauene Bausteine aus der Zeit 1921 — 1933, aus den verschiedenen 
Diözesen und Teilen Deutschlands, Österreichs und der kriegs- 
besetzten Länder, von den Orden, von den einzelnen führenden 
Kämpfern des Priester- und Laienstandes und von den „Stillen im 
Lande", ganz besonders aber auch von evangelischer Seite, dann 
mag allmählich „die Vollendung kommen und das Stückwerk auf- 
hören" (1. Cor. 13,10). Dann m^g mein Baustein, an vielen Ecken 
und Kanten und Unebenheiten kräftig behfäuen, nur noch im 
kleinsten Format oder bloß mit ein paar Stücklein eingefügt oder 
schließlich als Altmaterial beiseitegelegt werden. 

Neben dieser Befürchtung des „Zu wenig" schleicht sich aber 
auch die Befürchtung eines „Zu viel" ein: Bei der Wiedergabe 
mancher Dokumente nationalsozialistischer Aussprüche, Lieder, 

Kreuz und Hakenkreuz 2 q 



Gotteslästerungen, Fälschungen, Spottgedichte, Verunglimpfungen 
höchster kirchlicher Persönlichlceiten, Anleitungen zu unsittlichem 
Tun u. ä. wollte sich wirklich die Feder sträuben, . sie in ihrer 
ganzen Trivialität, Banalität, Frivolität, Immoralität festzulegen. 
Aber Dokumente haben schließlich nur vollen Wert, wenn sie 
genau und vollständig sind. 

Freilich bei einzelnen Berichten fehlen trotzdem Namen, Orts- 
angaben u. ä. Dies darf aber ihrer Wertung keinen Eintrag tun, 
erklärt sich eben daraus, daß wegen der ständigen Gefahr von 
„Quellenforschungen" der Gestapo und von polizeilichen Durch- 
suchungen selbst bischöflicher Amtsräume manches im vorhinein 
unerwähnt oder bei -der Abschrift ausgelassen werden mußte, was 
irgendwie die Herkunft oder den Verfasser hätte verraten können. 
Die Verlässigkeit der Berichte wurde dabei immer festgestellt und 
gewahrt. 

Als Aufschrift gab ich meinem Baustein die Worte: 

„Kreuz und Hakenkreuz". 

Dazu veranlaßt mich die Gegenüberstellung dieser zwei Kreuze, wie 
sie mehrfach schon in der Zeit des Kampfes als Ausdruck größten 
Gegensatzes und schärfsten Widerspruches gemacht wurde., Z. B. 
vor zehn Jahren durch Professor Volkmar Hentrich in dem 
Worte: „Kreuz und Hakenkreuz sind Symbole einer 
kommenden großen Entscheidung" (zitiert in „Nord- 
land" vom 27. 1. 1935); ebenso von Seebecker in der Gedicht- 
sammlung: „Freiheitsflammen" mit dem Haßausbruch: 

„Wem das Hakenkreuz ins Herz gebrannt, 
der haßt all' anderen Kreuz e." 

Endlich in dem Wort der Trauer, das der große Vor- und 
Hauptkämpfer im Heerbann Christi, Papst Pius XI., sprach am 
Tage, da Hitler in Rom weilte (1938) und Hakenkreuzfahnen und 
-abzeichen die Straßen und Gebäude der Ewigen Stadt verun- 
zierten: 

„Betrübliche Ereignisse! Und darunter mag die eine Tat- 
sache besonders erwähnt werden, daß an dem Festtag .des heiligen 
Kreuzes hier öffentlich das Zeichen eines anderen Kreuzes 
getragen wird, das nicht Christi Kreuz ist." 

Im Geiste der Sühne für die Schmach, die dem Kreuz Christi 
vor den Augen des Heiligen Vaters wie so vielerqrts im deutschen 
Lande angetan wurde, möchte ich das Wort der Karfreitagsliturgie 
sprechen: „Crucem tuam adoramus, Domine." 

„Dein Kreuz, o Herr, verehren wi r." 

München, 27. Januar 1946. 
10 



E R S T E R T E I L 

Der Kampf des Nationalsozialismus 
gegen die katholische Kirche 

A. Die Kirchenverfolgung im Dritten Reich - eine Tatsache 

Zuvörderst muß die Frage gestellt werden: Gab es wirklich 
einen Kampf des Nationalsozialismus gegen die katholische Kirche? 

Hat Hitler sein eigenes Wort Lügen gestraft, das er in „Mein 
Kampf" niedergelegt hat: „Die große Aufgabe der Bewegung ist 
nicht die einer religiösen Reformation, sondern einer poli- 
tischen Reorganisation unseres Volkes. Sie sieht in beiden 
religiösen Bekenntnissen wertvolle Stützen für den Bestand 
unseres Volkes"? , 

War das „positive Christentum" des § 24 des Partei- 
programms nur eine Larve, die man zur gegebenen Zeit leicht' 
ablegen konnte? 

War es beispiellose Unaufrichtigkeit und bloße M a - 
chiavelli-Diplomatie, wenn Hitler in seiner programma- 
tischen Reichstagsrede vom 23. März 1933 dem deutschen Volke und 
der ganzen Welt verkündete: „Die nationale Regierung 
sieht in den beiden christlichen Konfessionen 
wichtigste Faktoren der Erhaltung unseres Volks- 
tums. Sie wird die zwischen ihnen undden Län- 
dern abgeschlossenen Verträge respektieren; 
ihre Rechte sollen nicht angetastet werden . . . 

Die nationale Regierung wird in Schule und 
Erziehung den christlichen Konfessionen den 
ihnen zukommenden Einfluß einräumen und 
sicherstellen. Ihre Sprge gilt dem aufrichtigen 
Zusammenleben zwischen Kirche und Staat"? 

Gab es trotz dieser feierlichen Erklärung und ähnlicher fester 
Zusagen, z. B. am 17. August 1934 in Hamburg, am 28. August 1934 
in Ehrenbreitstein, trotz Reichskonkordats vom 20. Juli 1933 eine 
ernste Bekäriipfung, ja eine förmliche Verfolgung 
des Christentums, insbesondere der katholischen Kirche im Dritten 
Reich? 

Wer Augen hatte zu sehen und Ohren zu hören und einen 
Mund zu reden und ein Herz mit Wahrheitsliebe und Mut, der 
mußte gar bald au? diese Fragen ein lautes und unein- 
geschränktes „Ja" antworten. 

^ 11 



1. Zeugen und Zeugnisse der Verfolgung. 

P a p s t P i u s X I. 

a) Schon ein Monat nach der Ratifizierung des Konkordates 
(10. September 1933) mußte Papst Pius XL zu Pilgern aus deut- 
schen katholischen Jugendvereinen klagen: 

„Deutsche katholische Jugend! Deutsch — katholisch — Jugend: 
Drei Worte! Jedes davon ein Grund zu einem besonders herzlichen 
Willkommgruß! Ihr fühlt es: Es ist so, besonders- in dieser Zeit, in 
dieser Stunde, die so historisch ist für Deutschland; aber nicht bloß 
historisch, sondern auch hart. Ihr versteht Uns. Wir müssen große 
Hoffnungen in unsern Herzen aufrichten. Aber, geliebte Söhne, unsere 
Hoffnungen können' nicht jede Gefährdung ausschließen. Ihr wißt es, 
daß Wir mit tiefster Besorgnis und wirklichem Schrecken über die 
lügend Deutschlands erfüllt sind und daß Wir Furcht hegen wegen der 
Religion in Deutschland." • . 

Ähnlich sprach dann der Heilige Vater in seiner Osterbotschaft 
an die deutsche Jugend uiid in der Audienz für katholische Jugend- 
vereinsmitglieder an Ostern 1934 und 1935. 

b) Gelegentlich der Eröffnung der Internationalen katholischen 
Presseausstellung im Vatikan (1936) stellte der Heilige Vater zum 
erstenmal den russischen Bolschewismus und den Nationalsozialis- 
mus nebeneinander. Er hielt es für nötig zu betonen, daß Rußland 
und Deutschland in dieser Ausstellung niqht beteiligt sein konnten. 
Nachdem er zuerst über das Fehlen von Rußland gesprochen hatte, 
ging er dazu über, Deutschland mit folgenden Worten zu behandeln: 

„Als Zweites ist Deutschland nicht vertreten, da in diesem Land, 
entgegen aller Gerechtigkeit und Wahrheit, vermittels einer künstlichen 
und absichtlichen Vermengung von Religion und Politik, die. wirkliche 
Existenz einer katholischen Presse bestritten wird." 

c) Im Jahre 1937 sprach der Heilige Vater so oft von Ver'- 
folgung und Bedrückung der katholischen Kirche in Deutschland, 
daß er in dieser Beziehung einmal selbst das italienische Sprich- 
wort zitierte: „Die Zunge des Kranken muß immer wieder zu dem 
Zahn hin, der wehtut." 

Abgesehen von vielen kürzeren Anspielungen redete Papst Pius XI. 
ausführlicher und deutlicher darüber: 

am 14. März in dem großen Weltrundschreiben „Mit brennender 
Sorge", 

am 19. Mai in einer Audienz von Pilgern aus Münster und Köln, 

am 9. Juni zu deutschen Pilgern, 

am 16. Juni zu deutschen Neupriestern, 

im September wiederum zu einer deutschen Pilgergruppe, 

im Oktober in dem Weltrundschreiben über den hl. Rosenkranz, 

am 13. Dezember gelegentlich der Ernennung von fünf neuen Kar- 
dinälen, wiederum Rußlands und Deutschlands antireligiöse Maßnahmen 
in einem Atemzuge nennend, 

in der Weihnachtsansprache an ^lie Kardinäle. 

Nur aus drei dieser päpstlichen Äußerungen seien einige Worte 
als Beleg für die Tatsächlichkeit der Kirchenverfolgung in Deutsch- 
land wiedergegeben: 

1? 



aa) Aus dem großen Weltrundschreiben vom 14. März- 1937: 

„Der Anschauungsunterricht der vergangenen Jahre klärt die Ver- 
antwortlichkeit. Er enthüllt Machenschaften, die von Anfang 
a n kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskamp f." 

„In die Furchen, in die Wir den Samen aufrichtigen Friedens zu 
pflanzen bemüht waren, streuten andere — wie der inimicus homo in 
der Hl. Schrift (Mt 13,25) — die Unkrautkeime des J^^ißtrauens, des Un- 
friedens, des Hasses, der Verunglimpfung, der heimlichen und offenen, 
aus tausend Quellen gespeisten und mit allen Mitteln arbeitenden grund- 
sätzlichen Feindschaft gegen Christus und seine Kirche." 

„In dieser Stunde, wo ihr Glaube (der Glaube der katholischen 
Gläubigen Deutschlands) in dem Feuer der Trübsal und der versteck- 
ten und offenen Verfolgung als echtes Gold erprobt wird, wo 
sie von tausend Formen organisierter religiöser Un- 
freiheit umgeben sind, wo der Mangel wahrheitsgetreuer Unter- 
richtung und normaler Verteidiguhgsmöglichkeit schwer auf ihnen 
lastet, haben sie ein doppeltes Recht auf ein Wort der Wahrheit und 
der seelischen Stärkung von dem, an dessen ersten Vorgänger das 
inhaltsschwere Heilands wort gerichtet war: ,Ich habe für dich gebetet, 
daß dein Glaube nicht wanke, und du hinwiederum stärke deine 
Brüder!" (Lc 22,22) ' 

bb) Am 19. Mai 1937 sprach Papst Pius XI. unter anderem: 

„Die Deutschen sind uns besonders willkommen im Haus des ge- 
meinsamen Vaters, da sie heute einen Kampf bestehen müssen, der 
so hart, so ungerecht und so feindselig gegen sie geführt 
wird. Gegen das Gewissen, gegen Gott und gegen den christlichen 
Glauben haben sich die Mächte dieser Welt in Deutschland verschworen, 
und um des Glaubens willen, für die Ehre, der Kirche und für den 
Ruhm Gottes müssen die deutschen Katholiken diesen 
Kampf aufnehmen und kräftig dawider kämpfen." 

Der Hl. Vater fügte hinzu, daß er bereits an die Welt über diesen 
Kampf geschrieben habe und daß „Wir noch weiter Uns immer dringen- 
der an die Welt wenden und über die deutschen Katholiken 
schreiben werden". 

cc) In seiner Weihnachtsallokution vom Jahre 1937 wies Papst 
Pius XI. auf den schmerzvollen, den größten Kummer erregenden 
Tatbestand der religiösen Verfolgung in Deutschland hin, 
■weil er nach seinen eigenen Worten die Dinge bei ihrem Namen 
nennen wolle und nicht wünsche, daß man auf ihn das Wort des 
antiken Geschichtsschreibers . anwenden könne: „Vera etiam rerum 
perdidimus nomina". 

„Nein," so fuhr Seine Heiligkeit fort, „Gott Dank haben wir die 
rechten Bezeichnungen noch nicht verloren und wollen die Dinge beim 
Namen nennen. 

In Deutschland besteht wirklich eine religiöse 
Verfolgung. Seit einiger Zeit wird behauptet und verbreitet, daß 
es dort keine Verfolgung gäbe. Wir dagegen wissen, daß sie da ist, 
und zwar s c h w e r. Es hat sogar nur in wenigen Fällen eine so schwere, 
wahrhaft besorgniserregende Verfolgung gegeben, die so betrübend in 
ihren tiefsten Wirkungen ist. Es ist eine Verfolgung, bei der es weder 
an der Gewaltanwendung noch an der Bedrückung durch Drohungen 
noch an verschlagenen und heuchlerischen Ränken fehlt. Niemand kann 
daran zweifeln, daß, wenn der Statthalter Christi von solchen Tat- 

13 



beständen spricht, die seine Verantwortlichkeit aufs engste berühren, 
daß er weniger gut unterrichtet ist oder die Dinge etwa verwechselt." 

d) Als dann im Frühjahr 1938 Hitler nach Rom kam, brachte 
die Vatikanische Zeitung „L'Osservatore Romano" hierüber keine 
Zeile. Dagegen sprach der Papst in einer Audienz zu Castel 
Gendolfo; 

„Traurige Ereignisse geschehen eben, wirklich traurige, sowohl In 
der Ferne wie auch ganz nahe. Ja, wahrhaft betrübliche Geschehnisse! 
Und unter diesen mag man wohl die Tatsache erwähnen, daß an dem 
Fest des heiligen Kreuzes hier öffentlich das Abzeichen eines anderen 
Kreuzes getragen wurde, das nicht das Kreuz Christi ist. Wir werden 
genug .gesagt haben, wenn wir Euch sagen, wie notwendig es ist zu 
beten, viel zu beten, innig zu beten, daß uns Gottes Erbarmen nicht' 
verlorengehe." 

e) Gegen Ende des Jahres 1938 sprach der Heilige Vater ein 
neues, kräftiges Wort über die religiöse Lage in Deutschland: 

„Die Verfolgungen in Deutschland und Österreich werden mit einer 
wirklich einzigartigen Keckheit ausgeführt. Und^ sie werden in ihren 
Methoden und Härten noch ständig gesteigert. Wir erfahren dies von 
Zeugen, die wir hier vor unseren Augen hatten. Diese Verfolgung trifft 
den Papst sehr schwer. Seine Betrübnis und Besorgnis sind über alle 
Maßen und dies nicht bloß, insofern wir als Papst das Haupt der gläu- 
bigen Christenheit sind, sondern auch als Mensch, da die Menschen- 
würde so sehr verraten wird, gerade so wie durch Julian den Ab- 
trünnigen und durch Judas Ischariot; denn diese Verfolgung er- 
streckt sich sogar bis zum letzten Laie n." 

Das sei genug des Zeugnisses des berufensten Kenners der 
Lage der katholischen Kirche im Dritten Reich! 

DerDeutscheEpiskopat. 

Gemeinsam und einzeln, in Hirtenbriefen fürs ganze katho- 
lische. Volk und in Denkschriften an höchste Stellen, in Predigten, 
Kanzelverkündigungen wiesen Deutschlands katholische Bischöfe 
immer wieder auf die unaufhörlichen und sich steigernden Be- 
drückungen der katholischen Kirche in all ihren Gliedern und auf 
allen Gebieten hin und scheuten sich nicht, das Wort Verfol- 
gung als den allein richtigen Ausdruck hiefür zu gebrauchen, ja 
es noch zu verstärken mit Feststellungen, wie z. B. im Hirtenwort 
vom 28. August 1938: 

„Sie (= die Angriffe) erstreben die Hemmung und Blutentziehung 
des katholischen Lebens; noch mehr: die Zerstörung der katholi- 
schen Kirche innerhalb unseres Volkes, ja selbst Ausrottung des 
Christentums überhaupt und die Einführung eines Glaubens, der 
mit dem wahren Gottesglauben und dem christlichen Glauben an ein 
Jenseits nicht das geringste mehr zu tun hat." 

Angesicht^ solch deutlicher Worte der Gesamtheit der 
katholischen Bischöfe Deutschlands erübrigt es sich, noch Einzel- 
zeugnisse derselben anzuführen, zumal im zweiten Teil der Schrift 
viele solche wiedergegeben werden. , 

14 



EineDokum^ntensammlung. 

1940 erschien in London ein umfangreiches Buch mit dem 
Titel; 

„The persecution of the Catholic .Church in the 

Third Reich" 

Facts and Documents. Translated from the German. 

London 1940 

(„Die Verfolgung der katholischen Kirche im Dritten Reich" 

„Tatsachen und Dokumente".) 

Der Untertitel erweist den Wert dieiser Sammlung, die von 
1933 bis 1940 reicht. 

Die englische Ausgabe ist längst vollkommen vergriffen. 1942 
erschien eine neue Ausgabe im Verlag Longmans, Green & Co, in 
New York. Mittlerweile ist auch in Südamerika- eine Übersetzung 
ins Spanische erfolgt. 

Die amerikanische Ausgabe umfaßt 552 eng bedruckte Seiten, 
eine Wolke sicherer Beweise für die Tatsächlichkeit der Kirchen- 
verfolgung durch den Nationalsozialismus. 

Eine Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses mag die Ausdehnung 
der Kanipffront und die Planmäßigkeit des Ansturmes aufzeigen: 

1. Teil: 

AuthentischeZeugnissefürdietatsächlicheKirchen- 
verfolgung in Deutschland : 

I. Erweis durch den Vatikan. 
IL Erweis durch die deutschen Kirchenfürsten. 

2. Teil: 

Die Regierung des Dritten Reiches und die Kirche 

I. Amtliche Aktion gegen Kirchenregierung und -Ver- 
waltung (Eindringen in kirchliche Amtsgebäude; Wegnahme 
kirchlichen Eigentums; Schließung von theologischen Hoch- 
schulen; finanzielle Maßnahmen). 

n. Konflikt mit der Lehrgewalt der Kirche (Maßnahmen 
gegen Päpstliche Weltrundschreiben und Hirtenbriefe. Kanzel- 
paragraph. Abwürgung der katholischen Presse). 

HL Ausschluß der Kirche vom Erziehungswerk: 

1. Die Vernichtung der katholischen Jugend. Ihre Erwür- 
gung von Anfang an beschlossene Sache. Diffamierung; Be- 
kämpfung in der Schule. Wirtschaftliche Erdrosselung. Physi- 
scher Terror. Auflösung. ' 

IV. 2. Die Vernichtung der katholischen Privatschulen u. ä.: 
Auch ein Ziel von Anfang an. Vorbereitende Schritte. Zer- 
störung des christlichen Charakters. Entfernung der Kreuze. 
Aushöhlung der Bekenntnisschulen von innen heraus. Auf- 
hebung der Klosterschulen. Vertreibung der klösterlichen Lehr- 
kräfte. 

V. 3, Die Vernichtung der katholischen Volksschulen 
(„Elternabstimmung", Elternzwang. Abschaffung). 

15 



VI. 4. Die Vernichtung des Religionsunterrichtes (Abschaf- 
fung. Ausschluß des Geistlichen. Nationalsozialistischer Geist 
in der Schule). 

VII. Der Kampf gegen die kirchliche. Seelsorge: 

1. Die Vernichtung der katholischen Erwachsenen- 
Organisationen (Berufsvereinigungen, Katholische Ca- 
ritas). 

7III. 2. Die Vernichtung verschiedener Apostolischer Werke: 
Die Säkularisierung des öffentlichen Lebens. Die Behinderung 
rein religiösen Wirkens der Kirche, Amtliche Förderung des 
Glaubensabfalles. 

IX. Verweigerung des gesetzlichen Schutzes für die 
katholische Kirche. (Nichtbeachtung von kirchlichen Protesten. 
Kr/euzesfrevel. Katholiken außerhalb des Gesetzes. Angriffe auf 
Bischöfe). 

X. Angriffe auf die Ehre der Kirche (durch Plakate, Lieder, 
Ausstellungen, Theater, Filme, Reden, Presse, -Zeichnungen, 
Karikaturen). 

XI. Devisen- und Sittlic hk eitsprozesse (Skandalöse 
Berichterstattung. Übertreibungen und Verallgemeinerung. 
Zweck. Unerhörte Methoden von Polizei und Gericht. Zweier- 
lei Maß. Vorwürfe gegen die kirchliche Aufsichtsbehörde). 

3. Teil: 

Die Nationalsozialistische Partei unddie Kirche 

I. Die Parteigliederungen und ihre Veröffentlichungen (Par- 
• teizeitschriften und Zeitungen allgemeinen Charakters; die Abtei- 
lung „Rassekunde", die SS, die SA, die Ordensburgen). 

II. Die Berufsorganisationen und ihre Veröffentlichungen: 
NS Deutsche Arbeitsfront, NS Bauernschaft, NS Reichsbund Deut- 
scher Beamter, NS Studentenbund, Lager, Kurse. 

III. N S J u g endverbände und ihre Veröffentlichungen (HJ und 
BDM, Reichsarbeitsdienst, Landjahr). 

IV. Amtliche Unterstützung anderweitiger Angriffe auf die 
Kirche. (Hetze gegen die Kirche in Büchern und Flugschriften, in 
Zeitungen und Zeitschriften, in öffentlichen Versammlungen). 

V. Angriffe auf die Kirche und ihre Repräsentanten. (Die 
Kirche verleumdet als antinational und antisozial. Beschiihpfung 
der kirchlichen Würdenträger). 

VI. Angriffe auf katholischen Glauben und Kult 
(Katholisches Dogma, katholische Moral, katholische Andachten). 

VII. Die neue Moral (Grundzüge der NS Moral. Heidnische Ehe- 
moral. Uneheliche Mutterschaft. Ehescheidung. Heidnische 
Sexual- Moral. Nacktkultur. Schreckliche Folgen dieser Tendenzen). 

VIII. Die Ersatzreligion. (Der Nationalsozialismus will selbst Re- 
ligion sein. Neuheidnischer Kult mit Umdeutung. der Feste, der 
christlichen Gebräuche und Symbole, mit Ersatz des christlichen 
Begräbnisritus, der christlichen Trauung, der hl. Kommunion und 
Firmung). 

IX. Schlußfolgerung: 1 Ziel: Die Vernichtung der Kirche. 

2. Die Verschleierung der Verfolgung. 
16 Bilder. 

16 



Ein Zeuge aus dem Feindeslager. 

Am 26. Mai 1941 äußerte ein SS-Mann der politischen Ab- 
teilung des Konzentrationslagers Sachsenhausen- Oranien- 
burg gelegentlich der Aufnahme zu dem Verfasser: 

„Wir werden die katholische Kirche und das ganze 
Christentum in Deutschland vernichten. Dieser Schwin- 
del muß aufhören." Als ich darauf ruhig und bestimmt erwiderte: „Das 
ist seit 1900 Jahren schon oft angekündigt und versucht worden, aber 
noch nie gelungen", erklärte der SS-Mann entschieden: 

„Ja, aber wir werden es fertigbringen. Wir haben einen 
Plan, einen klar durchdachten und bis ins kleinste ausgearbeiteten 
iPlan. Wir werden die Kirchen kaputt machen." 

2. Träger, Mittel und System der Verfolgung-. 

Es war tatsächlich Planmäßigkeit und Zielstrebig- 
keit im ganzen Kampfe des Dritten Reiches gegen das Christen- 
tum. Auf der ganzen Linie und mit allen Mitteln, mit List und 
Gewalt, bald vorsichtig, bald getarnt, dann wieder brutal und offen, 
immer aber zäh und nachdrücklich, wurde der Kampf vorwärts- 
getrieben. Herodes und Pilatus, der gewalttätige Diokletian und 
der verschlagenes Julian Apostata fanden sich zusammen und such- 
ten in jeder Stadt und in jedein Dorf Judasknechte und Spitzel. 

Hauptk ämpf er w ar en : 

die Reichsregierung, insbesondere das Innenministe- 
rium (Polizeimaßnahmen), das Kultusministerium (beson- 
ders gegen das katholische Schulwesen), das Kirchenmini- 
sterium (mehr ein Ministerium gegen die kirchlichen An- 
gelegenheiten als „für die kirchlichen Angelegenheiten"), das 
Propagandaministerium (mit einem Verleumdungsfeld- 
zug nach dem anderen gegen Kirche, Klerus, Orden usw.!), das 
Justizministerium (Devisen- und Sittlichkeitsprozesse, 
Volksgerichtshof!), das Finanzministerium (Steuerschraube 
ohne Ende und Steuergesetzesauslegung nachteiligster Art), 

die Landesregierungen in all ihren Zweigen, 

die Gestapo und der „Sicherheitsdiens t" (SD), 

die Partei mit all ihren Gliederungen und in all ihren Orts- 
gruppen, 

die neuen Ämter, wie Rosenbergausschuß, Reichskulturkam- 
mer, Reichspressekammer, Reichsschrifttumskammer usf. 

Die kirchliche Freiheit wurde immer mehr eingeschränkt, 
die seelsorgliche Tätigkeit, selbst die Verkündigung des 
Wortes Gottes und die Sakramentenspendung wurden immer mehr 
gefesselt. Wie der Leiter der katholischen Fachschaft in der Reichs- 
pressekammer einmal zu dem Verfasser sagte: „Die Maschen werden 
immer enger gezogen", so geschah es auf allen Gebieten. Der kirch- 
liche Einfluß auf die breiten Massen des Volkes, insbesonders 

17 



auf die Jugend, aber auch auf Kultur, Wissenschaft, Brauchtum 
und ähnliches wurde zurückgedrängt und nach Möglichkeit aus- 
geschaltet. 

Das ganzeöffentlicheLeben wurde „entkonfessionali- 
siert" und säkularisiert und nationalisiert (germanisiert), 

Das katholische Schrifttum (Zeitungen, Zeitschriften, 
Plugblätter und Buchet) wurde unterdrückt, dafür aber das ganze 
Reich überschwemmt mit Christentums- und kirchenfeindlichen 
Presseerzeugnissen niedrigster Art. 

Das katholische Vereinswesen wurde immer mehr 
eingeschränkt und größtenteils aufgehoben unter Einzug des Ver- 
mögens und der Häuser. 

Die konfessionellen Schulen und katholischen 
Privatschulen wurden abgeschafft, katholische Lehrschwe- 
stern und Kreuze aus den Schulen entfernt, der Religionsunterricht 
fortdauernd eingeengt, zuletzt vielerorts ganz beseitigt, die Nach- 
schaffung neuer Lehrmittel für die religiöse Unterweisung unter- 
bunden. 

Theologische Hochschulen wurden ausgehungert und 
aufgehoben. 

Das Ansehen der christlichen Kirchen, insbeson- 
ders des Papsttums, der Bischöfe, des Klerus, der Orden, der katho- 
lischen Karitas usw. wurde untergraben. 

Die wirtschaftlichen Grundlagen der Kirchen, des 
Klerus, der Orden wurden verengt und unterwühlt. 

Der' Verkehr zwischen deutschem Episkopat und dem 
Heiligen Stuhl wurde dauernd überwacht und gehemmt, 
ebenso die Aufklärung des Auslandes über die kirchen- 
feindlichen Maßnahmen. 

Die Verbindung zwischenVolk undKlerus wurde 
zu lockern, das Vertrauen zueinander zu erschüttern versucht. 

Der gesetzliche Schutz wurde katholischen Personen 
und Einrichtungen immer mehr versagt. 

Die Zusammenarbeit der beiden christlichen Haupt- 
konfessionen, insbesonders die sogenannte Una-Sancta-Bewe- 
gung, wurde verdächtigt und als staatsfeindlich (gegen die geplante 
neue Religion gerichtet) bezeichnet. 

Kirche nfeindlicheStrömungen aller Art („Deutsche 
Christen", „Deutsche Glaubensbewegung", „Ludendorff-Bewegung"), 
abgefallene Geistliche und ihre Bücher wurden in jeder Weise 
gefördert. 

Theater, Kino, Radio, Ausstellungen, Plakat- 
säulen und ähnliches wurden in den Dienst der Kirchenhetze 
genommen. 

Die nationalsozialistische Weltanschauung 
wurde im Schrifttum aller Art, in Lehrbüchern und Unterricht, in 

18 



Schulungskursen und Versammlungen, Im Arbeltsdienst und HJ- 
Lager verbreitet. 

Christliche Grundsätze wurden in der Gesetzgebung 
und in der Praxis immer mehr verleugnet (z. B, in Ehegesetz- 
gebung, im „Lebensborn", in „Sterilisation" und „Euthanasie" (Be- 
seitigung der Geisteschwachen), in Judenverfolgung, in Unter- 
drückung der Friedensbewegung u. ».)• 

Religiöse Worte wurden ihres Wertes beraubt und für 
Weltliches, Völkisches, Natürliches genommen, ebenso wurde Ersatz 
für Christentum, Sakramente, christliche Gebräuche und Übungen 
gesucht. Blut, Rasse, Volk, Staat, Deutschland, Hit- 
ler wurden vergöttert. Die primitivsten Menschen- und 
Bürgerrechte wie Gewissens- und Religionsfreiheit, Rede- und 
Pressefreiheit, Brief- und Telephongeheimnis, Wahlgeheimnis, 
Rechtsgleichheit, richterliche Unabhängigkeit, Rechtsberufung u. ,ä. 
wurden aufgehoben, ihr Fehlen im besonderen gegen kirchliche 
Personen und Vereinigungen ausgenützt. Geistliche, Laienführer, 
politisch Andersdenkende, Juden wurden in Massen verhaftet, 
ins Konzentrationslager gesteckt, gequält, gemordet. 

Ptanmäßig Schrittfürs ch ritt! 

Die kürzeste und beste Darstellung des systematischen Kamp- 
fes, seiner fortschreitenden Entwicklung, Verstärkung und Erweite- 
rung und des abgrundtiefen, unüberbrückbaren Gegensatzes zwi- 
schen Nationalsozialismus und Christentum gab wohl Erzbischof 
Gröber- Freiburg in seinem Hirtenschreiben „Rückblick und 
Ausschau" vom 8. Mai 1945; 

„Die neue Weltanschauung ging wurzelhaft aus von Rasse und 
Blut, um zu behaupten, daß von diesen, ja von diesen fast allein, das 
gesamte körperliche und geistige Leben und Schicksal der Einzelmen- 
schen und der Völker bedingt sei. Unter allen Rassen aber, so hieß es 
weiter, nehme die nordische, die germanische, die überragendste 
Stellung ein; denn in ihr lägen als ausschließliches Erbgut eine Fülle 
so herrlicher Anlagen und so hochzielender Antriebe, daß sie von der 
Natur sichtlich berufen sei, über alle anderen, minder wertvollen zu 
herrschen. Diese Rasse habe sich nun, so fuhr man fort, vornehmlich, 
wenn auch in langsamer Entwicklung, im jetzigen deutschen Volk 
vei'körpert, in den Stämmen des nördlichen Deutschland zumal, wäh- 
rend in den süd- und südwestdeutschen Menschen viel beigemischtes 
anderes Blut ströme. Man blieb bei dieser Höchstbewertung der 
Rasse und des Blutes nicht stehen, sondern betrieb sogar den 
Kult, also die Verehrung dieses so auserwählten und meistveranlagten 
Volkes fast bis zur eigentlichen Vergottung. Zwar sprach man 
gelegentlich noch von „Vorsehung" oder einigemale auch noch von 
„Gott", aber kein klares Wort verriet, was man eigentlich darunter 
verstehe. Nur das eine war offenkundig, daß sich der neue Gottes- 
begriff mit .dem christlichen nicht im mindesten decke. Tatsächlich 
wurde das Göttliche ins eigene Volk verlegt oder richtiger ausgedrückt, 
der ewige, unendliche Gott durch das ewige deutsche 
Volkersetzt. 

19 



Mit der Umdeutung des Begriffes "^.Gott" war notwendigerweise 
auch der Untergang jeder wahren Religiosität verbunden. 
Man behauptete zwar, daß das schon Religion sei, wenn man das rechte 
Verhältnis zur deutschen Gemeinschaft besitze, und rühmte als heilig- 
sten Gottesdienst den treuen und opferfrohen Dienst am 
Volk. Aber das war ein grober Mißbrauch des Wortes Religion. Ohne 
einen persönlichen, überweltlichen Gott ist das, was wir Religion nen- 
nen, entweder ein Mythos, d. h. eine wandelbare Anschauung je nach 
Zeit und Rasse und Blut, ein Glaube, der jeder verpflichtenden Kraft 
entbehrt, oder eine lächerliche Selbstanbetung oder die Anbetung 
eines anderen Geschöpfes, ob es nun Volk oder Weltall heißt oder einen 
anderen klingenden Namen trägt, kurz gesagt, ein Götzendienst, 
der das Wesen der Welt und Gottes verkennt. 

Im Anschluß an den neuzeitlichen gottlosen Materialismus 
wurde auch die Unsterblichkeit der Seele geleugnet und 
lediglich das Fortleben der Einzelmenschen in der Sippe und Volks- 
gemeinschaft angenommen. Die Aufgabe des Menschen 
liege und vollziehe sich, so hieß es in gebundener und ungebundener 
Rede, ausschließlich auf dem Boden der Erde, worin auch der 
Ursprung des Menschen in seiner Ganzheit, also nach Leib und' Seele, 
zu suchen sei. Wenn daneben von Schöpfung die Rede war, so meinte 
man damit nur die in ungeheuren Zeiträumen erfolgte Weiterentwick- 
lung eines zufällig entstandenen Lebens ohne jede außerweltliche, gött- 
liche Ursache'. 

Mit alledem erschien das Christentum als für immer er- 
ledigt, ganz abgesehen davon, daß man es auch als Judenreli- 
gion begeiferte und verwarf. Eine Erlöserreligion, so wurde 
zudem behauptet, müsse schon deswegen abgelehnt werden, weil der 
Mensch von Natur aus gut sei und darum auch keinen Erlöser und keine 
Erlösung brauche. Die Lehre von der Erbsünde sei ein artfremder, 
von Osten eingeschleppter und unseren deutschen Vorfahren aufgezwun- 
gener Wahn. Es gebe überhaupt nur eine einzige Sünde, die 
Sünde gegen Rasse und Volk. Da man weiter behauptete, das 
Christentum liege wie ein Hemmschuh an unserem Fortschritt oder wie 
ein Fluch auf unserem Volk, wurde auch die ganze deutsche Ge- 
schichte von diesem falschen und verfälschenden Gesichtspunkt aus 
betrachtet und namentlich in den Schulbüchern verunstaltet. 

Wenn man gegen alles das einwirft, daß sich laut Parteiprogramm 
„die Bewegung' doch auf den Boden des „positiven Christentums" ge- 
stellt und sogar als erste großpolitische Tat ein Konkordat mit 
dem Papst geschlossen habe, so ist darauf zu erwidern, daß sich bei- 
des später als eine bewußte, zweckdienliche Täuschung 
der Öffentlichkeit erwies. Das positive Christentum, das 
w i r vertreten, wurde als negatives, als verwerfliches umgedeu- 
tet, und das Konkordat, nachdem es seine politische Betörung des 
katholischen Volkes und der ganzen Welt erfüllt hatte, als „überholt", 
als „ausgehöhlt", als ein „Fetzen Papier", das heißt als nicht mehr 
bindend und verpflichtend betrachtet. Schon der Besuch des 
katholischen Gottesdienstes oder gar die Teilnahme an einer 
feierlichen Prozession galt nun als ein Verstoß gegen die Auffassung 
des herrschenden Volksteiles und wurde zur Gefahr für jedeab- 
hängige Existenz. Es hieß sogar: Wer auf dem Boden, des neuen 
Staates, sei es als Lehrer oder Beamter oder sonst 'als vollwertiger 
Volksgenosse stehe, habe die Pflicht, aus der Kirche aus- 
zutreten. 

Da man Gott und Volk einander gleichsetzte und von einer Gott- 
heit über uns keine Rede mehr war, wertete man auch auf dem sitt- 
lichen Gebiet in denkrichtiger Entwicklung als gut und verpfiich- 

20 



tend nur das, was dem Volke unmittelbar oder mittelbar nützte, ob 
es den alten Gottesgetaoten und dem menschlichen Gewissen entsprach 
oder nicht. Das ewige Volk galt als Ziel und Maßstab für 
alles. Neu war dieser Grundgedanke insofern nur, als statt der in 
Deutschland ] angst schon von sog. Philosophen gelehrten und von vielen 
ins eigene Leben umgesetzten Vergottung des Ich nunmehr die Ver- 
gottung des Volkes behauptet wurde und in unerbittlichen Forderun- 
gen zum Ausdruck kam. 

In durchaus unwissenschaftlicher und willkürlicher Berufung auf 
altgermanisches Denken und Wesen, das man über zwei Jahr- 
tausende hinweg als vorbildlich und verpflichtend auch der ganz anders 
gearteten Gegenwart darbot, trat weiter an die Stelle der^ dem Christen- 
tum wesentlichen Nächstenliebe die Härte und der Haß, an 
die Stelle der Verzeihung und Versöhnung die unblutige 
oder blutige Rache, an die Stelle der menschenwürdigen und 
ruhigen Überlegung und der vernünftigen Anpassung an die nun ein- 
mal gegebenen Verhältnisse der ungezügelte Fana'tismus, d. h. 
die Weckung des tierischen Angriffshungers und 
Blutdurstes im Menschen, der erst dann gestillt und gesättigt 
ist, wenn sich' das Opfer in seinem Blute am Boden windet und röchelnd 
verendet. Damit wurden Leidenschaften heilig gesprochen 
und als höchste Triebkräfte' empfohlen und befohlen, die der bisherigen 
Menschheit als Kennzeichen einer minderen, ans Tierische grenzenden 
Entwicklungsstufe galten. Im Dienste des Volkes hielt man alles für 
erlaubt, ob es nun Fr eihei t sb er aubun g war oder barbarische 
Mißhandlung oder ein mörderisches politisches Attentat 
oder die Tötung einzelner oder ganzer Volksteile ande- 
ren Blutes oder der Raub fremden Landes. Ach Gott, wieviel 
Übles haben wir damit in den vergangenen dreizehn Jahren auf unser 
Schuldkonto gehäuft! .... 

Von der Wahnidee her, daß die nordische Rasse die vorzüg- 
lichste und durch das Schicksal zur Weltbeherrschung be« 
stimmte Rasse sei, wurden endlich auch die politischen Ziele 
gesetzt und zur Erreichung in systematischen und fast stürmischen 
Angriff genommen. Das war überhaupt das Eigentümliche, daß man 
nicht in Ruhe warten konnte und reifen lassen wollte, sondern in maß- 
losem Hochmut vermeinte; man sei dazu berufen, in einem Jahrzehnt 
eine ganz neue Welt als Wundertäter aufzubauen. Man dachte sich die 
Entwicklung der Geschichte auf Grund der neuen Weltanschauung 
etwa so: 

Erste Stufe: Die Erfassung aller Völker unseres Blutes, die etwa 
in früheren Jahrhunderten zum Römischen Reiche Deutscher 
Nation gehörten. 

Zweite Stufe: Die Einbeziehung der germanischen Völker über- 
haupt. Damit streckte sich die gierige politische Hand unter anderem 
auch nach den längst schon selbständigen nordischen Staaten 
aus. 

Dritte Stufe: Der europäische Staatenbund unter 
autoritärer Führung des neuen Deutschland. 

Letzte und höchste Stufe: Die beherrschende Stellung des 
deutschen Volkes in der ganzen Welt. 

Daß in allen diesen Stufen ähnlich wie im ganzen Wesen der Be- 
wegung eine versteckte Kriegsgefahr enthalten war, sei nur nebenbei 
bemerkt. Denn das glaubte doch kein Mensch, daß sich alle diese Ziele 
nur durch diplomatische Geschicklichkeit ohne Gegenwehr der Bedroh- 
ten oder Betroffenen erreichen lassen. Darum auch die geheime und 
öffentliche Kriegsrüstung und die Sammlung zum Winter- 

21 



hilf swerk, die kaum je zur Linderung der Armut, sondern fast aus- 
schließlich zur Beschaffung von Kriegsmaterial verwendet wurde. 

Wir verkennen es nicht: das gesteckte politische Ziel war gewaltig 
und höchstgespannt und vorzüglich dazu geeignet, jugendliche Men- 
schen, Phantasten, lorbeerlüsterne Generale, Kriegsgewinnler, einseitige 
und kurzsichtige Nationalisten, deren Gott die Nation war, und 
solche, die die Weltwirklichkeit und die Machtverteilung auf der Erde 
nicht genügend kannten, ■ mit seinem trügerischen Schimmer zu be- 
rücken. Es war aber, vom Endergebnis aus betrachtet, nur ein fieber- 
hafter Wahntraum, aus dem man jetzt, nach kurzem Siegestaumel in 
einem trostlosen Elend erwacht und die Augen erschreckt öffnet und 
ausreibt, ein Zusammenbruch wie jener unserer Städte nach einem 
konzentrischen 'Bombenangriff, der alles in Schutt und Asche legte und 
zahllose Menschenleben darunter begrub. Man muß weit in die Ge- 
schichte zurückgreifen, um das Beispiel einer ähnlichen, so raschen und 
fast restlosen Niederlage zu entdecken. Man denkt dabei an Isaias 
14,14 ff., wo es heißt: „Zu Wolkenhöhe steige ich empor und mache mich 
dem Höchsten gleich. Nun stürzest du ins Schattenreich, zur allertief- 
sten Grube. Die einstens dich gesehen, gespannt sie dich anblicken, 
betrachten dich und sagen: Ist das der Mann, der einst die Erde zittern 
ließ, in Schrecken Königreiche setzte? Und der die Welt zur Wüste 
machte und ihre Städte niederriß, nicht losgab seine Häftlinge nach 
Hause?" 

, 3. Hauptzielpunkte der Verfolgung. 

„Unser Führer Adolf Hitler hat im Gegenteil wiederholt erklärt, die 
Partei wird stets so zu führen sein, daß kein Katholik mit seinem Ge- 
wissen in Konflikt kommen könne als treuer Anhänger der National- 
sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (,Sehr richtig' bei den NS). 
Darnach richtet sich die offizielle Politik, die Führung unserer Partei." 

So steht es als Erklärung des Sprechers der Nationalsozialisti- 
schen Landtagsgruppe im offiziellen Bericht der 115. Sitzung des 
Bayerischen Landtages vom 29. April 1931 (S. 692). 

Und die Taten dieser Partei undihres Führers? 

Fesseln um Fesseln, Gewissensbedrückung und Gewissens- 
vergewaltigung, Unterdrückung von Freiheit, Recht und Menschen- 
würde auf allen Gebieten. 

Nach der Regel: „Schlage den Hirten, und die Herde wird sich 
von selbst zerstreuen" (Zach. 13,7), richtete sich der Hauptstoß des 
Nationalzozialismus auf der religiösen Linie zunächst gegen die 
kirchiicheObrigkeit. 

a) Kampf gegen das Papsttum. 

Es ist bezeichnend, daß der Leiter der weltanschaulichen 
Schulung des NS, Alfred R o s e n b e r g, im 1. Kapitel seiner 
Kampfschrift: „An die Dunkelmänner unserer Zeit" den Sturmbock 
gegen den Felsen Petri ansetzen wollte unter dem Titel: „Die an- 
gebliche Einsetzung des Petrus bei Matthäus 16,18." Was er da an 
seichten Ausführungen, an Deutungen bzw. Mißdeutungen und 
Leugnungen vorbrachte, wurde dann von ungezählten „Schülern'* 
in Zeitungsartikeln und Vorträgen nachgebetet. 

Besonders gern und ausführlich wurde geredet und geschrieben 
über die „schlechten Päpste", selbst vor der Jugend. Papst Alex- 

22 



i 
ander VI. wurde als Typus der allgemeinen Schlechtigkeit 
der Päpste hingestellt (vgl. „Das Schwarze Korps" vom 17. 12. 1936). 
Das Buch von Löhde: „Der Papst amüsiert sich", ein echtes Luden- 
dorff-Verlags-Werk, wurde eifrigst in Parteikreisen empfohlen und 
verbreitet. Die lächerlichsten und niedrigsten „Papstfabeln", wie 
z: B. jene von der „Päpstin Johanna", wurden neu aufgetischt (z. B. 
in „Das Schwarze Korps" vom 23. 4. 1936). Sogar eine ganz neue 
'Papstfabel wurde erfunden und verbreitet: daß der Jude Ko- 
lumbus im Auftrage Roms seine Fahrt nach Amerika unter- 
nommen habe, um „die nicht romhörige nordische Kultur Nord-, 
amerikas" zu zerstören. 

Die Kämpfe zwischen Päpsten und Kaisern und die Religions- 
kriege des Mittelalters waren beliebte Themen von Aufsätzen und 
Vorträgen, auch Gegenstand nationalsozialistischer Romane und 
Bühnenstücke („Heinrich IV," von Kolbenheyer; „Der König reitet" 
von Frau Anders). 

Wußte man aber gegen das persönliche Leben der Päpste des , 
letzten Jahrhunderts nichts einzuwenden, so hing man ihnen um so 
mehr politische Sünden an: Die Päpste seien durchwegs 
deutschfeindlich: z. B. habe Papst Benedikt XV. nicht Einspruch 
erhoben gegen den Versailler Gewaltfrieden!! Die Päpste seien 
überhaupt nicht gegen den Krieg, sobald sie dadurch ihre Macht 
und Herrschaft in der Welt ausdehnen könnten. Die Päpste trügen 
eine Schuld oder wenigstens Mitschuld an dem Kriege 1870/71, 
natürlich auch am Weltkrieg, ebenso an Italiens Krieg gegen 
A,bessinien. 

Der Vatikan stehe im Bund mit der Freimaurerei 
(Goebbels „Der Angriff" vom 21. 6. 38). Mos^kau und Vatikan 
verhandelten über ein Konkordat. Die ganze Geschichte des Papst- 
tums sei vom Geist des Judentums beeinflußt („SA-Mann" vom 
12. 6. 36). Ja, Papst P i u s XI. sei ein H a 1 b j u d e, seine Mutter 
sei eine holländische Jüdin gewesen („Judenkenner" von 1935 und 
„SA-Mann" vom 9. 9. 38). In Wirklichkeit waren die Vorfahren 
des Papstes seit^ vielen Generationen einfache Bauersleute, seine 
Mutter war eine geborene Galli aus Desio. Sein Kardinalstaats- 
sekretär P a c e 1 1 i sei sogar Volljude. Der „Heidelberger Stu- 
dent", das Organ der Heidelberger Gruppe des NS-Studentenbundes, 
vereinigte am 4, 5. 35 die Vorwürfe in einem Spottbild, das einen 
Freimaurer, Juden und Jesuiten um einen runden Tisch vereint 
zeigt, überrascht von einem SA-Mann, der den Vorhang aus- 
einanderschiebt. Darunter die Unterschrift: „Sie sind entlarvt". 

Natürlich wußten die Nationalsozialisten viel zu erzählen von 
der unersättlichen Geldgier der Päpste. Die „Mainfränkische 
Zeitung" vom 25. 8. 37 z. B. berichtete: Als Erzberger mit einem 
Rundschreiben aufgefordert habe, reichlich für den Peterspfennig 
zu geben, damit der Vatikan nicht in einseitige finanzielle Ab- 
hängigkeit von den westlichen Ländern gerate, seien aus Deutsch- 

23 



land allein innerhalb der Jahre 1916—18 an die 2 Millionen 
Mark als Peterspfennig nach Rom gewandert!! 

Auch der im Reichskonkordat feierlichst bekräftigte Wunsch, 
„die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich be- 
stehenden freundschaftlichen Beziehungen zu festigen und zu för- 
dern", tat der Papsthetze des NS keinen Abbruch: Schon drei Tage • 
nach der Unterzeichnung dieses völkerrechtlichen Vertrages begann 
der „Völkische Beobachter" eine Polemik gegen das vatikanische 
Organ „L'Osservatore Romano" über die Auslegung dieses Abkom- 
mens. — Unter dem Titel: „Das Parteiprogramm und das Reichs- 
konkordat" veröffentlichte ein hoher Regierungsbeamter, A. Richter, 
in Nr. 8 der Monatszeitschrift „Deutschlands Erneuerung" (1936 
S. 464ff.) einen langen Artikel mit der Schlußfolgerung: „Das 
Konkordat gilt nur insoweit, als esnicht der 
innerenEntwicklungunseresVolkesunddenVer- 
ordnungen des nationalsozialistischen Staates 
entgegen ist." 

Papstfilm verboten. 

Als im Jahre 1934 in München mit großem Erfolg ein Film 
über Rom und Vatikan mit Aufnahmen vom Heiligen Jahr, von 
Pilgerfahrten, Papstaudienzen u. ä. aufgeführt wurde, wurden da- 
gegen in üblicher spontaner Weise „Volksdemonstra- 
tionen" organisiert und Störungen versucht. Und die Polizei — 
stand zu den nationalsozialistischen Radaumachern und tat ihren 
Willen mit der Verfügung vom 6. Juni 1934: 

Betreff: öffentliche Ruhe und Ordnung. 

Beschluß. 

Auf Grund § 1 der VO. des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk 
und. Staat vom 28. 2. 33 (RGBl. 1933 Teil I S. 83) wird die öffentliche 
Aufführung der Bildstreifen: 

a) „Rom, die ewige Stadt" und 

b) „Der Vatikan in Kunst und Geschichte" 

bis auf weiteres untersagt. 

Ein halbes Jahr nach Konkordatsabschluß durfte sich der satt- 
sam bekannte Dr. Dinter in der Wochenzeitung: „Die deutsche 
Volkskirche" (Februar 1934 Nr. 74) ungestraft folgende Spottergüsse 
über den Papst leisten: 

a) Der „Heilige Vater" betet: Die diesjährige Weihnachts- 
ansprache des Papstes war sehr kurz. Er betonte eingangs, er sehe da- 
von ab, auf die einzelnen Ereignisse des abgelaufenen Jahres einzu- 
gehen, es sei auch durchaus nicht seine Absicht, eine bedeutsame Rede 
zu halten. Er spreche nur, weil er die Erwartung vieler, aus seinem 
Munde Ansichten über diese und jene Fragen zu hören, nicht ganz ent- 
täuschen wolle. In der Politik würden viele Worte gemacht; aber das 
einzige, was er tun könne, sei beten. 

Wir haben volles Verständnis dafür, daß der Papst an diesem Weih- 
nachtsabend nicht das Bedürfnis hatte, auf „einzelne Ereignisse des ab- 
laufenden Jahres" einzugehen; denn dieses ereignisreiche Jahr hat ihm 
deutlich genug gezeigt, daß sein Ansehen in der ganzen Welt erschüttert 

24 



ist. Die urkatholischen Länder Spanien und Mexiko haben sich völlig von 
ihm losgesagt. In den übrigen katholischen Ländern ist er nur noch 
eine Puppe, die man duldet, weil es so zum guten Ton gehört. In die 
Politik läßt man ihn nicht mehr hineinreden. Einzig und allein durch 
das Konkordat mit dem nationalsozialistischen und protestantischen 
Deutschland hat er noch einmal einen Auftrieb erhalten; sonst wäre 
seine eingebildete Weltmacht schon im Jahre 1933 für alle Welt sichtbar 
zusammengebrochen. Trotz diesem unerwarteten Auftriebe hat der 
„Heilige Vater" aber alle Ursache zu Jahwe zu beten; denn er weiß, 
daß das neue Jahr 1934 das religiöse Erwachen des Deutschen Volkes 
bringen und daß die reine Heilandslehre über Deutschland hinaus die 
ganze Welt in Flammen setzen wird. Dann aber ist es mit seiner Herr- 
lichkeit vorbei! 

b) Winterhilfswerk für den „Heiligen Vate r". Einem 
Bericht der jüdisch-römischen „Neißer Zeitung" zufolge machten Mit- 
glieder des katholischen Frauenberufsverbandes „Schaffende Frauen" 
eine Pilgerfahrt nach Rom. Diese Frauen, die zu den Ärmsten der 
Armen gehören, hatten für den Papst vielerlei Geschenke mitgenommep. 
So hatten drei Berliner Wäschenäherinnen zwei Dutzend Wäschekragen 
genäht, die der „Heilige Vater" mit „sichtlicher Freude" entgegennahm. 

Diese Pilgerfahrt armer deutscher Frauen nach Rom und die Be- 
schenkung des Papstes durch sie ist symbolisch dafür, daß die Lehren 
der jüdisch-römischen Kirche die Umkehrung der reinen Heilandslehre 
sind. Wenn der Papst und die jüdisch-römische Kirche nur einen Fun- 
ken Heilandsgeist hätten, so würde kein Mensch zu hungern und zu 
frieren brauchen. Es genügte ein Bruchteil ihrer Reichtümer, um Not 
und Armut zu beseitigen. Statt dessen schwelgen die Jahwepriester im 
Überfluß, und ihr Oberpriester läßt sich seine Kragen auch noch von 
armen Berliner Frauen schenken." 

Eine „Kunstausstellun g ", die von der NS-Kultur- 
gemeinde München im Jahre 1935 an verschiedenen Orten Süd- 
bayerns veranstaltet wurde, hielt es für einen wertvollen Beitrag 
zum kunstgeschichtlichen Unterricht, Spottbilder über das Papst- 
tum aus den letzten vier Jahrhunderten zu bringen (vgl. Kardinal 
Faulhaber: „Steinwürfe gegen den Thron der Päpste" 1936). 

In einer NS- Versammlung in Schlehdorf bei Kochel in 
Oberbayern am 12. Novemlaer 1938 nannte der Redner, Dr. Pfann- 
müller, leitender Arzt der Heil- und Pjflegeanstalt Eglfing-Haar, den 
Heiligen Vater einen „Idioten" und „Erztrottel", Kardinal Innitzer 
von Wien einen „Bazi". Gleichzeitig rühmte er sich und seine 
Parteifreunde: „Dem Faulhaber haben wir es heute nacht besorgt" 
(Sturm auf den Münchener Bischofshof am 11. November 1938). 

Auch die unreifen, von der Jugend selbst erzogenen Hitler- 
jungen glaubten sich schon am Felsen Petri reiben zu müssen 
und schrien mit dem Lied der „Deutschen Glaubensbewegung": 
„Der Herbststurm fährt übers Stoppelfeld" durch die Straßen: 

„Der Papst hockt in Rom 

auf seidenem Thron, 

es hocken bei uns seine Pfaffen, 

Was hat einer deutschen Mutter Sohn 

mit Papst und Pfaffen zu schaffen?" 

25 



Ein anderes Spottlied auf den Papst, in der HJ zu Düsseldorf 
gesungen, lautete; 

„Ein schwarzer Götze in weißem Gewand 
regiert von Rom aus die Stunde, 
regiert auch schon das deutsche Land, 
seine Diener sind treue Hunde. 
Schlagt tot, schlagt tot, schlagt alle tot! 
Schlagt sie nieder, die heuchelnden Geister 
mit deutscher Kraft und deutschem Mut, 
dann werdet ihr deutsche Meister." 

Ein Spottlied richtete sich direkt gegen den regierenden Papst, 
mit dem man das Konkordat alpgeschlossen hatte: 

„Papst Pius kam geritten 
auf .einem Ziegenbock. 
Da meinten die Katholiken, 
es sei der liebe Gott. 
, Sie beteten ihn an 

und sangen schöne Lieder, 
wie man sich denken kann." 

Auf der HJ-Tagung zu Speyer im Jahre 1937 verstieg sich der 
Führer der HJ zu dem Ausspruch; „Die höchste Religion 
steht über dem Papst und über Luther; man muß nur dorthin 
gehen, wo der Führer ruft. Die Priester haben ihren Führer 
verkannt, obwohl dieser Prophet, der Führer, sie vor dem Unter- 
gärig gerettet hat." (S. „Hochwacht" v. 17. 8. 37.) 

Eine „Stürmer"-Tafel vom August 1937 brachte eine Karikatur 
des Staatssekretärs Sr. Heiligkeit, Kardinal Eugen Pacelli, aus An- 
laß seines Besuches in Paris: „Die 2 Roten". Der Kardinal wendet 
sich in dieser Spottzeichnung zu einem Kommunisten um, der ihm 
die rote Schleppe trägt, und spricht: „Ich danke Ihnen für diesen 
Dienst. Ich werde Ihnen dafür hernach den Segen geben." 

Ebenso gemein, verlogen, Papst und Staatssekretär beleidigend 
war ein Bild in „Das Schwarze Korps" vom 22. Juli 1937 mit dem 
Titel: „Die Frankreich-Reise des Kardinals." Des Papstes Staats- 
sekretär legt seine Hand auf die Frau Kommune mit jüdischem 
Gesicht und spricht: „Schön ist sie ja nicht, aber sie kann gut 
kochen": „Greuellügen" und „Antinazi" „aus der Giftküche Volks- 
front". 

Daß sich Partei und Presse nach dem Erscheinen des Päpst- 
lichen Weltrundschreibens: „Mit brennender Sorge" im März 1937 
wie eine aufgehetzte Meute von Hunden auf den Papst stürzten und 
allen Respekt und Verstand vergaßen, ist nicht zu verwundern. 

Vor der Papstwahl im Jahr 1939 brachte das Organ Goebbels' 
„Der Angriff" eine Artikelreihe: „DieMänner, diedenPapst 
umgebe n". In mehr als 100 000 Exemplaren wurden diese Artikel, 
die voll von gemeinen Unterstellungen und Beleidigungen kirch- 

26 



licher Würdenträger waren, In einer Flugschrift zusammengefaßt 
und unter das deutsche Volk geworfen. 

Die schändlichen Spottbilder auf Papst und Priester, die an 
Decke und Wänden der Kegelbahn des Kommandanturhauses im 
Konzentrationslager Dachau waren, dürften wohl bloß ein Bei- 
spiel von dem sein, was in SS-Kreisen mit Vorliebe verhöhnt wurde. 

Selbst bei Führungen in St. Peter und in den Vatikanischen 
Museen zu Rom, also sozusagen im Hause des Papstes selbst, konn- 
ten deutsche Reiseführer es sich nicht versagen, mit Skandal- 
geschichten gegen das Papsttum zu hetzen; es mußte erst eine ernste 
Verwahrung des Erzbischöflichen Ordinariates München beim Reise- 
veranstalter gegen solchen Unflat an heiliger Stätte und gegen 
solche Verletzung der Gefühle katholischer Reiseteilnehmer- ein- 
gelegt werden (1938), daß hier die einfachsten Anstandspflichten 
erfüllt wurden. 

b) Kampf gegen die Bischöfe. 

Gegen die eigenen Volksgenossen, mochten sie auch die Bi- 
schofsweihe haben und in den Augen der Katholiken Nachfolger 
der Apostel sein, getraute man sich im Dritten Reich noch rück- 
sichtsloser und unverschämter vorzugehen. 

In Nr. 36 der nazistischen „Deutsche Volkskirche" vom Jahre 
1935 schrieb Dr. Dinter von der Fuldaer Bischofskonferenz als 
von „teuflischem Beginpen", „verräterischem Tun dieser Jüdisch- 
Römischen Jehova-Priester". 

Die „Führerblätter der HJ" nannten im August 1936 
Hirtenbriefe der Bischöfe „Sprechtraktätchen", „Fetzen, Sudel- 
papier", „Frivolität", „Gemeinheit". 

Übertrumpft wurden diese Schmähungen noch von dem Spdtt- 
bild, welches „Das Schwarze Korps" vom 6. 5. 37 in Rück- 
sicht auf die „Sittlichkeitsprozesse" gegen die katholischen Bischöfe 
Deutschlands brachte: Es stellte einen „Oberhirten" mit einer Herde 
von Schweinen dar, welche Etiketten trugen: „Vergewaltigung"^ 
„Sadistische Orgien in Klöstern". „Unzucht wider die Natur in 
Gotteshäusern". „Mißbrauch von Kindern und Schwachsinnigen". 
Der „Oberhirte" aber sieht von all dem Greuel nichts, weil er eine 
Zeitung vor den Augen hat mit der großen Überschrift: „Politik"* 
Unter dem Schmähbild aber steht blasphemisch das Herrenwort: 
„Weide meine Lämmer!" 

Ein paar Monate darauf leistete sich die N S - P a r t e i selbst 
eine unerhörte Verhöhnung von katholischen Bischöfen des In- und 
Auslandes. Die Parteiamtliche Wandzeitung der NSDAP zeigte am 
8. 7. 1937 als Folge 28 der „Parole der Woche" für acht Tage an 
allen Orten Deutschlands: 

Roms „Alte Männer" 

mit folgendem Text: 

27 



„Der alte Bischoi von Speyer 

Dr. Sebastian hat, wie der Frankenthaler Prozeß einwandfrei ergab, 
das Konkordat gebrochen und einer auswärtigen Macht verleumderische 
Mitteilungen über unseren neuen Staat gemacht. Außerdem betätigt 
sich dieser Bischof als anonymer Brief Schreiber mit Worten wie: Lüg- 
ner, Lump und Verleumder. Sein Verteidiger erklärt dazu, daß das 
,nicht ernst zu nehmende Schreibereien eines alten Mannes' sind. 

Der alte Kardinal von Chicago 

Mundelein erlaubt sich die unerhörtesten Angriffe gegen das natio- 
nalsozialistische Deutschland und seinen Führer. 

Der alte Fürst- Erzbischof von Prag 

Kaspar hat eine Verfügung erlassen, wonach im gesamten sudeten- 
deutschen Sprachgebiet in^ Zukunft nur noch Neupriester tschechischer 
Nationalität eingestellt werden dürfen. Diese Maßnahme zielt auf Aus- 
rottung des Deutschtums und intensive Tschechisierung hin. 

Der alte Bischof von Krakau, Fürst 

S a p i e h a ließ demonstrativ den bei der Kirche unbeliebten toten 
Nationalhelden Marschall Pilsudski aus seiner bisherigen Ruhestätte in 
eine Nebengruft des Wawel überführen. Damit hat er sich in schärfsten 
Gegensatz zum polnischen Volk gestellt. 

Dieser Bischof ist bel^annt. als eingefleischter Deutschenhasser und 
als einer der starrköpfigsten katholischen Geistlichen. Er hat den Plan 
gefaßt, auf dem nächsten Posener Kongreß die internationale Geistlich- 
keit zu einer Erklärung gegen Deutschland zu veranlassen. 

Der alte Bischof von Trier 

Dr. Bornewasser kann sich in einem Sittlichkeitsprozeß plötzlich 
an nichts mehr erinnern und leistet einen ,objektiven Meineid', wie der 
Staatsanwalt festgestellt hat. 

Wir haben einwandfreie Beweise dafür, daß alte römische Bischöfe 
an Devisenschiebungen beteiligt sind, daß sie angeklagte homosexuelle 
Ordensbrüder in Fronleichnamsprozessionen mitmarschieren ließen, daß 
sie dem Staat die Aktenherausgabe verweigerten und perversen Ver- 
brechern zur Flucht ins Ausland verhalfen. 

'Der alte Bischof von Linz 

hat jüngst von der Kirche gefordert, sie solle sich nicht zu viel mit rein 
religiös-kirchlichen Betätigungen abgeben, sondern vielmehr das 
Augenmerk auf weltliche Dinge richten! 

» 

»ImneuenDeutschland 
herrscht nicht das Gesetz des Vatikans, sonder ndas 

Gesetz des Volkes'. 

Das hat Reichsminister Dr. Goebbels eindeutig ausgesprochen. Die 
Weltpolitik des Vatikan wurde zu jeder Zeit und in allen Staaten von 
,alten Männern' gemacht. Alte Männer hängen gern an Überliefe- 
rungen, Formen und Gebräuchen vergangener Zeiten. Möglicherweise 
ist das der Grund, warum dieselben ,alten Männer' sich nur sehr 
schwer in die heutige Zeit finden können. Aus einer greisenhaften und 
senilen Vorstellungswelt heraus entsteht zunächst auch eine gewisse 
Unsicherheit und Nervosität der neuen deutschen Volkwerdung gegen- 
über, die zu mancher Unklugheit verleiten läßt. Aber trotzdem glau- 
ben wir bei der Häufung der angeführten Fälle nicht an angeb- 
lich ,nicht ernst zu nehmende Handlungen alter Män- 
n e r'. Durch alle diese Vorfälle zieht sich eine gewisse, planmäßig fest- 
gelegte Linie. Für uns bedeuten sie eine Mahnung, auf der Hut zu sein, 
und sie sind uns Veranlassung, nur um so näher zusaromenziu'ücken. 

28 



wir wissen eines! 

Auch Gepflogenheiten und Traditionen, die sich scheinbar in Jahrhun- 
derten bewährt haben, verlieren ihren Gültigkeitsanspruch in dem 
Moment, wo sie am Bestand unseres Volkes zu rütteln wagen. 
Ist dieser in Gefahr, so wird die sonst auch bei uns ge- 
pflegte Ehrfurchtvor dem Alter uns nicht abhalten, 
mit der uns eigenen Energie solchen überalteten und 
gefährlichen Strömungen entgegenzutreten. 

Die nationalsozialistische Bewegung kennt keine überstaatliche 
internationale Bindung, sondern anerkennt nur das ewige Lebensgesetz 
des eigenen Volkes. / 

Die Wohlfahrt des Volkes, seine Kraft und Gesundheit sind oberste 
Richtschnur für seine Führung und Betreuung. Über allem steht: 

Das Gesetz des Volkes!" 

Seite an Seite mit .diesen Angriffen auf die Gesamtheit der 
deutschen Bischöfe ging der Kampf im einzelnen: In ganz 
Deutschland ist wohl keinkatholischerBischof, der nicht 
von Seiten der Nationalsozialisten auch noch persönliche Verun- 
glimpfungen und Verspottungen, Entstellungen und Mißdeutungen 
seines Redens und Tuns erleiden mußte. 

Umgekehrt suchte man Treuekundgebungen für die 
Bischöfe, Ansammlungen treuer Katholiken vor Bischofswohnungen, 
Hoch- und Heilrufe bei ihren Abfahrten zu verhindern, photo- 
graphierte und verhaftete Leute, die sich solch eines „Verbrechens" 
schuldig machten, trieb sie unsanft auseinander etc. Verfasser wurde 
nach der Fronleichnamsprozession 1936 eigens zum Polizeipräsi- 
denten von München befohlen, um Aufschluß zu geben, warum der 
Kardinal nach der Prozession so langsam heimgefahren sei und so 
das Volk zu Kundgebungen veranlaßt habe!! 

Beschimpfungen und Bedrohungen des Kardinals 

von München 

Bei Vernehmungen verhafteter Angehöriger des Bischofs 
im Polizeigebäude zu München waren gemeinste Beschimpfungen 
desselben mit nicht wiederzugebenden Ausdrücken von selten der 
Amtspersonen gang und gäbe. Dies ist beispielsweise von zwei 
Zeugen protokollarisch festgelegt bezüglich einer polizeilichen Ver- 
nehmung am Tag des 25jährigen Bischofsjubiläums Seiner Eminenz: 
sozusagen die einzige „Gratulation" einer Amts- 
stelle zu diesem Feste ! 

Immer wieder wurde auch zu durchsichtigem Zweck die alte 
Verleumdung aufgewärmt und verbreitet, daß Kardinal Faulhaber 
am 8./9. November 1923 Einfluß auf den bayerischen 
Ministerpräsidenten Kahr genommen habe, um ihn zum 
„Bruch seines Wortes" gegenüber Hitler zu bewegen. Eine Ver- 
dächtigung, die gerichtlich als Lüge erwiesen wurde, den. 
Nationalsozialisten aber gut genüg war zu neuer Hetze gegen den 
hohen Kirchenfürsten, z. B. in der HJ-Zeitschrift: „Wille und 
Macht" vom 1. 9. 1937. 

29 



Die Hetze und Drohungen gegen den Kardinal wurden schließ- 
lich so heftig und zahlreich, daß sich das Erzbischöfliche Ordinariat 
München zu folgender Vorstellung beim Reichsinnenminister ge- 
zwungen sah: 

München, den 25. Februar 35, 
An das ' 

Eeichsministerium des Innern 

Berlin. 

iöetreff: Beschimpfungen und Bedrohungen des H.H. Kardinal Faulhaber. 

In der Beilage (B. 1) übersenden wir einen Bericht über Beschimp- 
fungen und Bedrohungen, wie sie in letzter Zeit wiederholt gegen Se. 
Eminenz den Hochwürdigsten Herrn Kardinal Dr. Michael Faulhaber in 
Erscheinung treten. 

Wir verweisen insbesondere auf die offenen Mordandrohun- 
gen, die in der Versammlung der „Deutschen Schulgemeinde" am 15. ds. 
im Bürgerbräukeller laut und aus vieler Mund in den Saal hinein- 
gerufen wurden, ohne daß vom Versammlungsleiter oder Versamm- 
lungsredner irgendeine Zurückweisung erfolgte oder die zahlreich im 
Saal verteilte Polizei, SA und SS sich irgendwie zu einem Einschreiten 
veranlaßt sahen. Zu unserem lebhaften Bedauern sind, offenbar durch 
die anwesenden, teilweise sogar verhafteten ausländischen Bericht- 
erstatter, gerade über diese Bedrohungen Sr. Eminenz Nachrichten in 
die ausländische. Presse gekommen und haben dem Ansehen Deutsch- 
lands neuen Eintrag getan. 

In einem Schreiben an die Polizeidirektiön München (sibhe Beilage, 
B. 2) hatten wir schon tags vorher unsere ernsten Befürchtungen ge- 
äußert, daß nach einem so aufwühlenden Schulkampf eine unter aus- 
drücklichem Gegensatz zu Eminenz einberufene Massenversammlung 
schlimme Auswirkungen haben muß, fanden aber leider hierfür keiner- 
lei Gehör bei der Polizeidirektion München, die wenige Tage vorher 
(9. ds.) schon in einem bloßen, sachlichen Seelsorgerbrief der Münchener 
Stadtpfarrer, der unter verschlossenen, adressierten Kuverts nur den 
Eltern von Schulkindern ins Haus getragen werden sollte, eine Gefähr- 
dung der öffentlichen Sicherheit imd Ordnung erblickte und eine Be-^ 
schlagnahme dieser Briefe verfügte. 

Tags darauf, also am 16. ds. Mts., rief das Auswärtige Amt beim 
Erzbischöflichen Ordinariat München an und bat um die Ermächtigung, 
eine englische Rundfunknachricht über eine Verhaftung oder Belästi- 
gung Sr. Eminenz unter Berufung auf das Erzbischöfliche Ordinariat 
München dementieren zu dürfen. Dies wurde gern zugestanden, aber 
auch zugleich der ernsten Besorgnis Ausdruck verliehen, daß Ver- 
sammlungsreden, wie sie tags zuvor gehalten wurden und schwerste Be- 
drohungen gegen Eminenz erzeugten, leicht unbesonnene und unbe- 
herrschte Elemente zu ähnlichen oder noch schlimmeren Übeltaten rei- 
zen könnten, wie dies vor etwa Jahresfrist bereits geschehen sei. 
(Schüsse ins Erzbischöfliche Palais!) 

Ohne jede polizeiliche Behinderung durfte 5 Tagei darauf in dem 
Vortrag des Herrn Dr. Schott von der NS Kulturgemeinde, Gau Ober- 
bayern-Isartor und Max-Josef-Platz eine neue Hetze gegen Papst, Kar- 
dinal, Priester und Christentum vor sich gehen und neue Beschimpfun- 
gen und Bedrohungen Sr. Eminenz hervorrufen. Nachdem unsere Vor- 
stellungen bei der Polizeidirektion München keinen Erfolg hatten, sehen 
wir uns gezwungen, das Reichsministerium des Innern selbst auf diese 
Gefahren aufmerksam zu machen und zu bitten, in Erfüllung des Art, 5 
des RK. die zuständigen Stellen entschieden anweisen zu wollen, Bi- 
schöfen und Klerus den Schutz des Staates gegen jedermann zu gewäh- 
ren, öffentliche Beschimpfungen und Bedrohungen, derselben ernstlich 

30 



2U verbieten und jeden Versammlungsleiter, der solche Schmähungen, 
Drohungen ungeahndet läßt, und jeden Versammlungsredner, der sie 
selbst macht oder hervorruft, zur Verantwortung zu ziehen und Organi- 
sationen, die solche Sicherheit, Ordnung und deutsches ansehen ge- 
fährdende Hetze treiben, solange keine Versammlung mehr zu gewäh- 
ren, bis sie wirksame Garantien gegen Wiederholungen solcher Ent- 
gleisungen und Gefährdungen geben. 

Beilage 1. 

Beschimpfungen und Bedrohungen Sr. Eminenz des H.H. Kardinals 
Dr. Michael Faulhaber in öffentlichen Versammlungen in München, 

I. 

Der Auftakt zu einer ununterbrochenen Folge von systematischen 
Verleumdungen unseres Oberhirten war das Verlesen der „deutschfeind- 
lichen" Predigt des Kardinals in der Versammlung der Deut- 
schen Glaubensbewegung Mitte Oktober (im kleinen ebenerdi- 
.gen Saal des Museums zu München, Promenadestraße). Als diese Pre- 
digt ein paar Wochen später nach Erscheinen im „Blitz" als eine tsche- 
chisch-sozialistische Unterstellung öffentlich gebrandmarkt ward, wurde 
die Anschuldigung wohl in der nächsten Versammlung der deutschen 
Glaubensbewegung widerrufen, aber in einer Form tmd in einem Ton, 
daß eine neue Anschuldigung daraus wurde: „Es war begreiflich, daß 
wir uns täuschen ließen, weil Ausdruck und Art dieser nichtgehaltenen 
Predigt durchaus im Sinne der gehaltenen Predigten des Kardinals 
waren." Auch war in der Spanne Zeit, die zwischen der Oktoberversamm- 
lung und der Novemberversämmlung lag, immer wieder in den öffent- 
lichen Versammlungen und dem Rednerkurs der DGB. auf die anti- 
nationale Einstellung des Kardinals Bezug genommen worden. Die 
ersten „Pfui"-Rufe, die dem Kardinal galten, dessen Verhalten eine' 
„Schmach und eine Schande" seien, sind jedenfalls in der Oktober- 
versammlung gefallen, dann häufig an den Dienstagabenden, an denen 
die DGB. bis, kurz vor Weihnachten ihre Zusammenkünfte abhielt. Ohne 
Übertreibung kann man feststellen, daß kein einziger dieser Abende 
ohne unerhörte Schmähungen — auch gegen den Klerus und die Kirche 
— verlief und daß für die unglaublichen Anschuldigungen niemals ein 
Beweis erbracht wurde, obwohl dieser häufig angeboten wurde. Daß 
ganz offen und mit einem gewissen Stolz behauptet wurde, der jüdische 
§ 5, der den Mord verbiete (also 5. Gebot Gottes) habe keine Geltung, 
wenn das Staatsinteresse die Beseitigung eines „Schädlings am Volks- 
körper" fordere, gibt den Schmähreden gegen die Kirche, ihre Priester 
und den Oberhirten eine besondere Bedeutung. Es wäre durchaus ver- 
ständlich, wenn fanatisierte Menschen, bei denen die Hemmungen von 
Glauben und Gewissen auf diese Weise aufgehoben sind, den Plan faß- 
ten, diese „Schädlinge voll Habgier, Eigennutz, Machthunger, Feigheit, 
Bestechlichkeit, Verlogenheit, Verrat" durch Mord aus der Welt zu 
schaffen. 

II. 

Beim Kampf gegen die Bekenntnischule flammte der offene Haß 
gegen den Oberhirten und die Priester auch an einer anderen Steile 
auf, in der neugegründeten Deutschen Schulgemeinde. In einer 
der 25 Elternversammlungen, die diese am 12, II. 35 einberufen hatte, 
im Cafe Viktoria, Maximilianstraße, richtete sich der Redner, Kreis- 
schulrat Streicher', mit allem Nachdruck gegen die Kirche, den 
Klerus und den Kardinal (allerdings ohne Namensnennung, nur immer 
in der Form des „Predigers von St. Michael"), die keine nationale Ein- 
stellung hätten und denen die Frage der Bekenntnisschule lediglich 
eine Machtfrage sei. 

Eine Steigerung der haßdurchtränkten Anfeindungen gegen den 
BLardinal vollzog sich dann in der Massenkundgebung im Bürger bräu- 

31 



keller am 15. Februar 1935. Es wirkte schon aufreizend, daß die Re- 
klame für diese Versammlung in Presse, Rundfunk und besonders in 
den Plakaten den Gegensatz zu Kardinal Faulhaber in besonderer'Weise 
betonte; in riesengroßen Lettern verkündeten z. B. die Plakate: „Unsere 
Antwort an Kardinal Faulhaber". Damit fühlten . sich' die Gegner des 
Kardinals schon im vorhinein besonders eingeladen. Dazu kam nun, daß 
der Redner manche Predigtworte des Kardinals lächerlich und ver- 
ächtlich machte und dadurch Entrüstungsstürme und Zurufe entfesselte 
wie: „Pfui! Hängt ihn auf! Erschiessd'n! Dachau!" Der Versammlungs- 
leiter Sechser hielt es nicht für notwendig, solche Ungehörigkeiten und 
Ungeheuerlichkeiten zu rügen und zu verbieten. Der Redner selbst wies 
sie ebenfalls nicht zurück. Und die im ganken Saal gut verteilte, etwa 
aus 600 SA und SS bestehende Saalordnung, die jeden abführte, der 
sich irgendwelche Notizen machte, fühlte sich nicht bemüßigt, irgend 
einen dieser Schreier zurechtzuweisen oder festzustellen oder gar zu 
verhaften. Man hörte die Drohungen und konnte auch die Rufer recht 
wohl sehen, aber man fand nichts dahinter. 

Die Inschutzhaftnahme des Schwerkriegsbeschädigten Jesuitenpaters 
Rupert Mayer, der sich für die Diskussion nur ein paar Merkpunkte 
notierte, löste bei einzelnen Versammlungsbesuchern erst recht .gehässige 
Bemerkungen gegen den Klerus aus. 

Noch weiter ging die Verhetzung in einer von der NS Kultur- 
gemeinde, Gau Oberbayern — Isartor und Max- Josef-Platz-Bezirk ab- 
gehaltenen Versammlung am 20. II. 35 im Kreuzbräu zu München. Der 
Lichtbildervortrag von Dr. Schott mit dem Thema „Zweierlei Welten" 
stellte in Bild und Wort eine Herabwürdigung der katholischen Glau- 
bensgüter und eine Verleumdung und Schmähung der Kirche, des Hl. 
Vaters, des Kardinals und der Priester dar. — Der Hl. Vater wurde > in 
zwei Bildern als Fuchs hingestellt, der „jenseits der Wasserscheide" die 
Schalmei blase und auf dessen 'Lockruf die „deutschen Hühner" resp. 
„deutschen Hasen" hereinfielen. Für Kardinal Faulhaber wurde eine 
große Ähnlichkeit mit dem Teufel des Dürerbildes „Ritter, Tod und 
Teufel" gefunden, ebenso mit dem Kardinal- Großinquisitor von EL 
Greco, dem die „Stichflamme", an der sich Scheiterhaufen entzünden, 
aus den Augen spränge. Der Redner vermied es zwar schlauerweise, bei 
dieser Gelegenheit den Namen „Kardinal Faulhaber" selbst zu nennen, 
legte aber seine Worte so an, daß dieser Name den Zuhörern von selbst 
auf die Zunge kam, bemerkte dann nur, daß er nichts dafür könne, 
wenn solche Zwischenrufe kämen. — Die Menschen waren derartig ver- 
hetzt, daß außer den lauten Zwischenrufen „Pfui" an den einzelnen 
Tischen Bemerkungen gemacht wurden, die auf den Willen zur Beseiti- 
gung der „Römlinge" schließen ließen." 

Der Heilige Stuhl unterstützte diese Eingabe des Erzbischöf- 
lichen Ordinariats München mit einer Note vom 26. 2. 35 und be- 
merkte am Schluß: 

„Der Hl. Stuhl sieht den diesbezüglichen Feststellungen der 
Reichsregierung mit Interesse entgegen sowie der Mitteilung über 
die Maßnahmen, die gegen eine so eklatante Verletzung des Art. 5 
des Reichskonkordats ergriffen worden sind." 

Antwort hierauf: keine! 

Maßnahmen dagegen: keine! i 

Ungeheuerlich waren die Beleidigungen, welche der Kreisleiter 
Dr. F r i t s c h am 28. August 1938 vor etwa 1000 politischen Leitern 
des Kreises Freiburg in der Festhalle von Freiburg im Breisgau 

32 



wider Erzbischof öröber-Freiburg und Bischof Sproll-Rottenburg 
aussprach. 

Fritsch stellte zuerst die Frage, ob ein Katholik überhaupt 
Nationalsozialist, sein könne. Er bemerkte hierauf, er würde einem 
solchen zwei Fragen stellen: 

1. Wie er sich zum Alten Testament stelle, das jüdisches 
Geistesprodukt und zwar das einzige sei. 

2. Ob er sich zur Rassenlehre bekenne. Dann sei der Satz: 
„Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker!" erledigt. 

Das habe auch der „alte Herr" in Rom erkannt. Wir können 
nicht mit Zulukaffern und ähnlichem Gesindel die gleiche Welt- 
anschauung haben. 

Daß der weltanschauliche Kampf in Freiburg so vornehm geführt 
werde, sei nur der Disziplin der nationalsozialistischen Partei zu ver- 
danken. Ihr verdanke es auch der Erzbischof, daß er noch in seinem 
Palais wohnen könne und nicht schon die gebührende Antwort auf sein 
Treiben erhalten habe. Dieser „Lumpenbub" verbreitete Lügenmeldun- 
gen in der Auslandspresse. Das sei Landes- und Hochverrat. Mit er- 
hobener Stimme fuhr der Redner fort: „Ich nenne ihn in aller Öffent- 
lichkeit Gauner, Lügner und Vaterlandsverräter. Er soll 
mich verklagen, damit wir einmal Gelegenheit haben, ihm vor Gericht 
zu sagen, was wir ihm alles vorzuhalten haben." 

Dr. Fritsch fuhr fort: „Wir hätten das schon längst von uns aus 
getan, aber wir wollten keinen Märtyrerbischof schaffen." Sodann be- 
faßte sich Kreisleiter Dr. Fritsch mit der Pressenotiz vom Donnerstag 
und Freitag in der „Freiburger Zeitung" und dem „Alemannen", daß 
Bischof SproU von Rottenburg seit einigen Tagen sich in Freiburg auf- 
halte. Er bemerkte dazu: „Freiburg ist kein Asyl für Vaterlandsver- 
räter. Wenn dieser Herr nicht binnen weniger Tage das Weite sucht, 
dann werden wir dafür sorgen, daß es ihm hier ebenso ergeht wie in 
Rottenburg. Die nötigen Mannschaften werden nicht fehlen. Dann geht 
aber der zweite gleich mit. Wenn wir das bisher nicht getan haben, so 
nicht deshalb, weil uns etwa der Mut fehlte — um Waschlappen zu ver- 
treiben, braucht man keinen Mut — , sondern deshalb, weil wir uns die 
Finger nicht dreckig machen wollten an solchen Schweinen." 

T ä 1 1 i c h k e i t e n g e g e n B i s c h ö f e. 

Von beleidigenden Worten über Bischöfe ging man aber als- 
bald auch zu verletzenden Taten über, so schon im Jahre 
1934 gegen den BischofvonWürzburg: 

Die päpstliche Note vom 14. 5. 1934 berichtet darüber im Anschluß 
über Klagen gegen die „Passivität der verantwortlichen höchsten Stel- 
len" folgendes: 

„Früchte dieser Toleranz von oben und des in gewissen Kreisen 
herangezogenen Geistes sind Vorgänge, wie die jüngst erfolgte Demon- 
stration -von etwa tausend Mann vor dem Bischofshof in Würzburg, da- 
von ein Drittel in der Uniform von Nationalsozialisten und Hitlerjugend. 
Der Diözesanbischöf hatte die Feier der Erstkommunion in der Pfarrei 
Waldbüttelbrunn abgesetzt, weil der dortige Pfarrer unmittelbar vorher 
am Gründonnerstag in Schutzhaft genommen worden war und die Vor- 
bereitung der Kinder auf die erste hl. Kommunion nicht mehr vollenden 
konnte. Auch in diesem Falle ist an der von einer bestimmten Parteistelle 
erfolgten planmäßigen Vorbereitung der Demonstration kein Zweifel. Aus 

Kreuz und Hakenki'euz 3 oo 



der zusammengebrachten Menge fielen In vorbereiteten Sprechchören 
die Rufe: ,Die schwarzen Jugendführer sollen gehängt werden! Der 
Bischof soll gehängt werden! Er ist Landesverräter und Volksveräter! 
Heraus mit der Politik aus der Kirche!' Der Bischof trat an das Fenster 
und sprach: ,Wir tragen die Politik nicht in die Kirche! Wir verteidigen 
die Rechte der Kirche!' Darauf wurde mit einem Balken das Haustor 
eingerammt. Bei dieser Demonstration ereignete sich auch die schmach- 
volle Tatsache, daß die Veranstalter den Osterbrief des Hl. Va- 
ter s Satz für Satz verlasen und Satz für Satz von der durch sie auf- 
gebotenen Parteimannschaft mit Pfui! beantworten ließen. Abgesehen 
von einem örtlichen Demonstrationsverbot für die Zukunft, ist dem Hl. 
Stuhl bisher nicht bekannt geworden, welche Genugtuung dem katholi- 
schen Volk Würzburgs für diese unwürdige Verletzung seiner religiösen 
Rechte und Gefühle zuteil geworden ist. Das Bewußtsein der Recht- 
losigkeit und des Ausgeliefertseins an die Instinkte der Straße muß in- 
folge' solcher Vorfälle, die frühere Kulturkampfzeiten nie gekannt haben, 
wachsen. In diesem Zusammenhang soll nur nebenher erwähnt sein, 
daß der gleiche Osterbrief des Hl. Vaters an verschiedenen Orten von 
den Kirchentüren abgerissen worden ist. Die Fälle sind der Bayerischen 
Staatsregierung zur Kenntnis gebracht worden. Von einem Einschreiten 
ist, in Übereinstimmung mit ungezählten sonstigen Fällen, bisher nichts 
bekannt geworden. Der Hl. Stuhl kann es verstehen, wenn Se. Eminenz 
der Herr Kardinal-Erzbischof von München in seinem Protestschreiben 
vom 21. April d. Js. an den Herrn Reichsstatthalter von Epp in schmerz- 
licher Bewegung schreibt: 

,Die deutsche Reichsregierung hat mit dem Hl. Vater ein Konkordat 
abgeschlossen und 'will nach den feierlichen Erklärungen des Herrn 
Reichskanzlers die friedlichen Beziehungen zum Apostolischen Stuhle 
aufrecht erhalten; Es muß auf die Katholiken des Inlandes und des 
Auslandes einen niederschmetternden Eindruck machen, wenn von amt- 
licher Seite das Bekanntwerden eines päpstlichen Schreibens unter- 
drückt und auf der Gasse ein päpstliches Schreiben verhöhnt wird."' 

Frühzeitig begann man auch schon mit Anpöbelungen des 
Kardinals Faulhaber selbst: 

In der Nacht vom 4. auf 5. Juli 1936 riß man an dem Pfarrhof 
von St. Jodok in Landshut, in dem der Bischof wohnte, den 
Schmuck herunter. 

Direkt gegen die Person des Kardinals richtete sich dann ein 
Angriff vor der Kirche Heilig-Kreuz in München am 
Christkönigsfest 25. Oktober 1936. „Stoßtruppleute der Deutschen 
Glaubensbewegung" riefen dem Kardinal bei seinem Auszug aus 
der Kirche haßerfüllt zu: „Nieder! Nieder mit dir! Heil Hitler!", 
schlugen schließlich noch mit Fäusten an die Fenster des Autos und 
mit einem Stock auf das Dach desselben. Die Straftat der Ermittel- 
ten führte zwar zunächst zu einer Verhandlung vor dem Amts- 
gericht München, doch' erklärte sich dieses schließlich nicht für zu- 
ständig, da „Landesfriedensbruch" in Frage stehe. Eine für 14. Juli 
1937 (also acht Monate später!) angesetzte Verhandlung vor dem 
Landgericht München wurde am Vorabend abgesetzt, da ein Gesuch 
des Verteidigers vorliege, das Verfahren niederzuschlagen. Am 
13. November 1937 (also mehr als ein Jahr nach der Missetat) kam 
dann folgende Mitteilung des Amtsgerichtes München: „Der Führer 
und Reichskanzler hat das Strafverfahren gegen die Angeklagten 

34 



K. Oberstötter, Karl Geiger, Karl Foltz, Anton Friedrich Büchting 
und Ludwig Paul Rahl wegen groben f Unfugs, Beleidigung, Ge- 
fangenenbefreiung und Landesfriedensbruch mit Erlaß vom '22. Ok- 
tober 1937 niedergeschlagen." 

Wie milde konnte doch „der härteste Mann, den Deutschland 
seit Jahrzehnten, vielleicht seit Jahrhunderten hatte" (nach Hitlers 
eigenen Worten), sein, wenn es sich um Vergehen seiner Freunde 
gegen die Kirche handelte! 

Ähnlich ging es auch, als Kardinal Faulhaber während der 
Fronleichnamsprozession 193 9, da er das AUerheiligste 
trug, laut von einem Balkon herab „Landesverräter" geschmäht 
wurde. Auch diese öffentliche schwere Beleidigung blieb ungestraft, 
obwohl die Polizei sofort auf den Verbrecher aufmerksam gemacht 
wurde und das Erzbischöfliche Ordinariat um Strafverfolgung oder 
wenigstens um Namensbekanntgabe zwecks Privatklage ersuchte. 

In Eichstätt wurde in der Nacht nach der glänzend ver- 
laufenen Papstfeier im Dom (14./15. Februar 1937) in den Brief- 
kasten des Bischöflichen Palais* ein Zettel geworfen mit der 
Drohung: 

Nehmt Euch in acht ! 

schwarze H. 

In der Nacht vom 15. /l 6. Februar wurde durch die 
Türspalte des Bischöflichen Palais' ein handgeschriebenes Plakat 
geschoben; 

DiePfaffen, 

die das Kleid des Seelsorgers mißbrauchen, um sich mit rein welt- 
lichen Dingen zu befassen, sind die größten Lügner und Vaterlands- 
verräter. So wie sie es vor 100 Jahren getrieben haben, wird es 
heut nicht mehr möglich sein. Sie tun gut, mit den Juden ein 
Bündnis zu schließen, denn ihre Absichten sind miteinander ver- 
wandt. 

Unterschrift: 

E i n H i r t e ! 

In der gleichen Nacht wurden die Türen des Bischöf- 
lichen Palais' verschmiert: 

Schurken — Schwarze Brut — Schweinehunde 

Am Morgen des 17. Februar konnte man lesen: 
Volksverhet^er — Römlinge. 

In ganz Deutschland erregte gewaltiges Aufsehen eine Demon- 
stration der HJ am 12. Mai 1935 in Hamm gegen den Erzbischof 
von Paderborn: 
Zusammenstellung aus dem Bericht des Erzb. Ordinariates Paderborn: 

„Aus den eidlichen Aussagen einer großen Anzahl von Zeugen stellt 
sich folgender Tatsachenbericht zusammen: 

Die HJ hat diese Aktion planmäßig vorbereitet und dazu mit als 
,streng geheim' gezeichneten Einzelschreiben eingeladen. Auf einer 

35 



Führerbesprechung wurde der Plan angeregt, auf einem Heimabend die 
Durchführung beraten und durch Geheimbefehl den einzelnen Jungen 
mitgeteilt. Am Tage selbst wurden Lieder und Sprechchöre eingeübt. 

Die Hitler jungen verteilten sich auf dem Bahnsteig, an der Sperre 
unter der Menge. Sie hatten den Auftrag, sobald der Erzbischof er- 
scheine ,Devisenschieber' und ähnliches zu rufen. Als der Bischof ein- 
traf und von der Geistlichkeit begrüßt wurde, demonstrierte die HJ mit 
Rufen: .Devisenschieber', ,Unserm Führer Adolf Hitler Sieg Heil!' 
Hitler jungen versuchten, den Bischof beim Besteigen seines Wagens zu 
hindern. Als der Wagen abfuhr, brüllten sie in den Wagen hinein: 
.Devisenschieber', schwangen sich auf das Trittbrett, versuchten in den 
Wagen zu spucken, trafen aber Passanten und machten schließlich An- 
stalt, den Wagen umzuwerfen. Die Bevölkerung, die den Bischof 
schützen wollte, wurde von der HJ sogar mit gezücktem Ehrendolch an-, 
gegriffen. Immer wieder drängten sie sich an den Wagen heran und 
schrien im Sprechchor: ,Nieder mit dem Bischof!' ,Wer bringt die 
Devisen ins Ausland? Die Pfaffen!' 

Auf dem St.- Agnes-Kirchplatz angekommen, versammelten sich die 
Hitler jungen um ihre Führer und bildeten Sprechchöre: ,Wer hat den 
Arbeitsdienstmann Koch ermordet? Die Pfaffen,!' — ,Wir haben nur 
einen Führer! Sieg Heil!' Nach vergeblichen Versuchen, die Hitler- 
jungen durch gütliches Zureden zum Schweigen zu veranlassen, gingen 
die Jungen zum Angriff vor und schlugen wahllos auf die Zivilbevölke- 
rung ein. Durch Kriminalbeanite wurde nunmehr das Überfallkom- 
mando benachrichtigt. Die Begrüßungsrede auf dem Kirchplatz mußte 
abgebrochen werden. Nachdem der Erzbischof die Kirche betreten hatte, 
dauerte das Rufen und Toben auf dem Kirchplatz noch fort, ja man 
schlug mehrmals gegen die Kirchentür. Als dann das Überfallkom- 
mando erschien, verschwanden die Hitlerjungen." 

Unter den beteiligten Hitler jungen befanden sich der Oberbann- 
führer Bierkämper, der Unterbannführer von der Heide, der 
Jungbannführer Meßmacher, alle aus Dortmund, ferner der 
Jungbannführer Schiockermann, Lippstadt, sowie eine Reihe 
HJ-Führer aus Hamm." 

Ähnlich war es mit einer Anpöbelung des Bischofs von 
Hildesheim am 3. Juli 1938, wo Polizei unmittelbar vor dem 
Kirchenzug des Bischofs die Fahnen vor dem Pfarrhof wegnahm, 
SA, HJ und JV (Jungvolk!) mit Hetzliedem durch die Straßen zogen. 

Bischof Bornewasser vonTrier wurde am 26. Mai 
1935 ebenfalls auf der Firmungsreise von der HJ belästigt und be- 
schimpft, B i s c h o f R ä c k 1 v o n E i c h s t ä 1 1 am 11. April 1937. 

Tätlich keitengegenBiscHofshöfe. 

Der Haß der Partei trieb schließlich auch zu Gewalttätig- 
keiten gegenBischofshöfe, so am 9. April 1934 in 
W ü r z b u r g, dann wiederholt im Jahre 1938 in Rottenburg: 

Am 18. April 1938 waren dort schon Fenster des Palais eingeworfen 
worden. Am 23. Juli 1938 aber holte die Partei Nationalsozialisten aus 
der ganzen Umgebung von etwa 50 km zusammen Und führte dann an 
die 3000 Demonstranten vor ,das Bischoüshaus; dort wuirde Feuerwerk, 
Holz entzündet; die Tausende schrien, pfiffen, heulten, riefen einzeln 
oder in Sprechchören: „Schwarzer Zigeuner! Volks Verräter! Heraus mit 
dem Lumpen!" Dann wurden Fensterläden ausgehoben, Türfüllungen 
gesprengt; viele drangen ins Haus ein bis in die Kapelle, wo Erzbischof 

36 



Gröber von Freiburg zusammen mit Bischof Sproll von Rottenburg vor 
dem Allerheiligsten betete. An die 20 Personen blieben dort etwa eine 
Viertelstunde lang, teilweise mit brennenden Zigaretten und mit der 
Mütze auf dem Kopf. 

Keiner der Demonstranten wurde bestraft. Nur — der Bischof 
wurde seiner Diözese und des Landes verwiesen bis zum Kriegsende. 
Sein Verbrechen war, daß er sich geweigert hatte, einen Wahlzettel ab- 
zugeben, mit dem er Kirchenfeinde wie Rosenberg u. ä. hätte wählen 
müssen. 

Im gleichen Jahr 1938 wurde zwei Tage nach dem Sturm auf 
die jüdischen Geschäfte in München ein Angriff auf den Bi- 
schof shof des KardinalsFaulhaber gemacht (11. November). 
Unter ohienbetäubendem Schreien, Johlen und Pfeifen wurden 
Steine (sogar Ziegelsteine) gegen Fenster und Fensterläden, auch 
in den ersten Stock hinauf geschleudert, an die 100 Fensterscheiben 
zertrümmert, Fensterrahmen verbogen oder zerbrochen. Das Ein- 
fahrtstor wurde '^^ mit Balken berannt. Dazwischen Rufe: „Raus! 
Raus! Nach Dachau! In Schutzhaft mit dem Hochverräter!" Unter 
den Demonstranten waren nicht wenige uniformierte Amtswalter 
der Partei, auch der stellvertretende Gauleiter. 

Der HaßgegenBischöfetriebnochweitereBl Uten. 

Bischof Legge von Meißen (Sachsen) wurde wegen 
„Devisenvergehens" (weil er kirchliche Schulden in Holland be- 
gleichen wollte) gerichtlich verurteilt und mehrere Monate ins Ge- 
fängnis geworfen^ 

Bischof Ehren fried von Würzburg wurde auf seiner 
amtlichen Reise nach Rom im Jahre 1938 an der deutsch-italie- 
nischen Grenze festgehalten und durchsucht: alle seine amtlichen, 
lateinischen Dokumente wurden photographiert. 

Die Bischöfe von Straßburg und Metz wurden beim Ein- 
marsch der Deutschen in Frankreich vertrieben. 

Ein polnischer Weihbischof und der französische Bi- 
schof Gabriel Piguetvon Clermont-Ferrand wurden 
ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Bischof Piguet war vor- 
her im Lager zu Nazweiler (Elsaß) von einem SS- Wachmann ge- 
schlagen worden. 

Wenige Tage nach der Bischofskonferenz in Fulda im Jahre 
1938 drangen 12 Gestapobeamte in die Druckerei Mischkowska in 
Breslau ein, wo, wie sie wußten, das Protokoll der Bischofs- 
konferenz gedruckt werden sollte. Sie beschlagnahmten die 
Handabzüge und den Rest des Protokollmanuskriptes. 

Bischöfliche Amtsgebäude wurden immer häufiger durch- 
sucht, so das Ordinariat Berlin schon 1935 zur Fahndung nach 
„Mitteilungen des kirchlichen Informationsdienstes"; das Ordinariat 
München am 31. August 1938, das zu Limburg 1939 usf. 

37. 



c) Kampfgegeniden gesamten Klerus. 

Die öffentlichen Beschimpfungen und Verdächtigungen des 
Klerus in Wort und Schrift lassen sich nicht annähernd wieder- 
geben. Das eingangs erwähnte Buch: „Die Verfolgung der Kirche 
im Dritten Reich" sagt Seite 430: „Man könnte wirklich ein großes 
Buch füllen allein mit der Angabe der Stellen in Naziliteratur, in 
welchen abträgliche Bemerkungen über das katholische Priester- 
tum zu finden sind." 

Immer wieder und in allen möglichen Wendungen wurde dem 
Klerus der Vorwurf der Hetze, des Verrates, des „politischen Katho- 
lizismus", der Herrschsucht, der Geldsucht (vgl, Bild in „Das 
Schwarze Korps" mit Unterschrift: „Eine feste Burg ist unser 
Gold! "), der Erbschleicherei, der Volksfeindschaft, des Miß- 
brauches der Kanzel, des Beichtstuhls (z. B. 26. 6. 1935 und 
1. 7. 1937) usw. gemacht. 

Beispielsweise schrieb die Neu-Ulmer-Zeitung am 12. Dezember 1933 
u. a,: „Katholische Geistliche haben sich, geschützt durch den Talar, zu 
Hütern einer roten, staatsfeindlichen Bewegung gemacht. Das waren 
sie schon vor der Revolution offen. Sie sind es heute im geheimen. Sie 
sind erklärte Staatsfeinde." 

Die Geheime Staatspolizei in Bayern ließ im ganzen Land 
polizeilich nachforschen, ob Geistliche Kinder hätten. 

Schriften abgefallener Geistlicher Wurden — mehr oder minder 
mit Zwang — vertrieben. Die abgefallenen Priester selbst wurden 
in wichtige Parteiämter übernommen. 

In Schaukästen wurden die Geistlichen verhöhnt, z. B^ war im 
Schaukasten der HJ in Rosenheim im Mai 1935 folgender Anschlag 
ausgehängt: 

Meister der Lüge ! 

Am Sonntag, den 12. 5. fand in der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus, 
Rosenheim, eine Männerpredigt statt, in der u. a. folgende Worte fielen: 
„ . . . Unsere Altvordern, die Germanen, waren auch nicht unmensch- 
licher und menschlicher als die andern Heiden. Sie waren auch nicht 
besser und auch nicht schlechter. Nach den Wotanfesten hingen an den 
Ästen der Bäume die aufgeschlitzten Leichen von Tieren und Menschen, 
denen sogar die Herzen herausgerissen waren. Die Vandalen, die diesen 
Namen tatsächlich mit Recht tragen, haben ganze Länder verwüstet, 
ganze Völker vernichtet." 

Dem haben wir in aller Sachlichkeit zuzufügen: Auf welch hoher 
Stufe die vandalisch hausenden Germanen standen, das zeigen die bei- 
gefügten Bilder. Diese Kunstschätze wurden schon, ehe ein Bonifatius 
nach Deutschland kam, hergestellt. Nebenbei bemerkt: Im alten Hellas 
und Rom herrschte vor Jahrtausenden, weit vor Christi Geburt, eine 
Höhe der Kultur, die keineswegs erst von den Mönchen erzeugt wurde. 
Weiter wenden wir uns in aller Schärfe gegen die Lügen „der Leichen 
an den Bäumen". Zur Zeit der alten Germanen gab es noch keine 
Jesuiten, die das, was man hier mit bewußter Sicherheit vorzutragen be- 
. strebt ist, wirklich gesehen hätten. Heute stellt man es als Tatsache hin, 
nur um die unwissenden Kirchenbesucher gegen unsere Vorfahren auf- 
zuputschen. 

Wohl ist aber geschichtlich bewiesen, aber leider nur 
zu wenig bekannt, .daß zur Zeit der Inquisition in Spanien, Frank- 

38 



reich und in Deutschland Hunderttausende auf Grund der 
Urteile von römischen Mönchen gepfählt, verbrannt, ent- 
hauptet und lebendig begraben wurden. Herrliche Kulturtaten im Zeichen 
der ewig politisierenden Kirche!!! Weitere Beispiele siehe in 
Eosenbergs verhaßtem „Mythos des 20. Jahrhunderts". Das Buch 
enthält prachtvolle Wahrheiten, die man freilich in gewissen 
Kreisen nicht gerne hören will! Wir Icämpfen keineswegs gegen die 
Religioh, wohl aber gegen jede Lüge der hundertprozentigen Eiferer, 
Wir sind nun auf der Wacht, uns ist das Altgermanentum heilig! Wir 
werden auch in Zukunft die versteckten Absichten von Kanzelreden 
obigen. Stiles zu entdecken und zu brandmarken wissen. 

Noch ärger trieb man es mit der Verspottung der Geistlichen 
in öffentlichen Aufzügen, z. B. am 18. August 1935 in 
Bruckmühl, am 12. Juli 1936 in Prien. In Prien zeigte einer der 
mitgeführten Wagen einen Juden und einen Bolschewisten und 
zwischen den beiden einen Geistlichen, darüber die Überschrift: 
„Die Staatsfeinde". Der Aufmarsch begann noch während der 
Gottesdienstzeit! 

In Bruckmühl waren SA und SS von Kolbermoor, Bad Aibling 

und Bruckmühl auf vier Wagen. Schandbare Karikaturen von 

Priestern und Klosterfrauen und Schilder mit Aufschriften waren 

angebracht, z. B.: 

1 
Bild: Eine sterbende Klosterfrau mit Sterbekreuz in der Hand und 
Blumenstrauß, neben ihr ein großer Geldsack. 
Aufschrift: „Hast Du kein Geld Dir mitgenommen, 

Kannst Du nicht in den Himmel kommen." 

Bild: Tod mit Geldsack und obigem Spruch. 

Bild: Ein Altar, vor demselben ein recht wohlbeleibter, betender Pfarrer 
und daneben ein großes Beil. 

Bild: Pfarrer, Juden und Klosterfrauen, gemeinsam einen Geldsack 
haltend. 

Sodann mehrere Schilder mit Aufschrift allein, wie z. B. 

„Paifen nach Rom, Juden nach Palästina, Uns aber Deutschland." 
Oder: (mehrfach): „Wenn die den Kampf wollen, können sie ihn haben." 
Oder: „Ron) den Pfaffen, — Uns aber Deutschland." 
Oder: „Widerstände sind da, um sie zu brechen; wir sind bereit." 
Oder: „Willst Du ins Kloster gehen, rnußt Du zuerst das Schieben lernen." 

Daneben das Bild: Pfarrer und Klosterfrau mit Rosenkranz und 
Geldsack. , ' 

Die Bevölkerung in Bruckmühl hat dieses traurige Schauspiel 
mit eiserner Ruhe nach außen hin, innerlich aber mit tiefer Em- 
pörung über sich ergehen lassen. 

Noch trauriger war, daß selbst die Hitlerjugend ähnlichen 
Spott gegen den Klerus trieb: 

Gelegentlich des Hochlandlagers im Jahre 1935 wurde in Leng- 
gries ein Umzug gehalten, während dessen die Anführer wiederholt 
fragten: „Was tun wir mit den Pfaffen?" Der Chor antwortete: 
„Aufhängen! Aufhängen!", Auch ein Brett mit Aufschriften dieses 
Inhalts würde mitgetragen. 

39 



Vom April ab brachte „D as Seh warze Korp s" in 
jeder Nummer Bilder und Artikel gegen das 
Priestertum. Ganz besonders richteten sich die Angriffe gegen 
den Zölibat, dann aber auch gegen die kirchlichen Einrichtungen 
für den Priesternachwuchs, gegen die Theologischen Fakultäten an 
den Universitäten u, ä. 

„Die Brennessel", eine nationalsozialistische Zeitschrift mit Bil- 
dern, brachte am 1. Februar 1938 ein „Schwarzes ABC" mit teil- 
v/eise nicht wiederzugebenden Zeichnungen und mit nachfolgenden 
Spottversen: 

SchwarzesABC 

A „Anathema!" bedroht den Sünder, 
Amtsbrüder zeugen keine Kinder. 

B Das Beichten ist ein frommer Brauch, 
den Beutel braucht die Kirche auch. 

C . Die Christenlehre dient den Seelen. 

Es gibt kein Centrum mehr zu wählen. 

D ' Das Dogma dienet der Erbauung. 
Die Demut fördert die Verdauung. 

E Die Ehe darf der Mensch nicht lösen. 
Erkenntnis ist ein Werk des Bösen. 

F Viel Fratres deutsches Land verließen, 
dem Fiskus fehlt es an Devisen. 

G Die Geilheit scheut das Licht der Sonne, 
doch gottgewollt lebt Mönch und Nonne. 

H Auf Hintertreppen ist es glatt, 

im Himmel fehlt das KircheniDlatt. 

I Der Intrigant zerstört den Frieden. 
Intolerant sind Jesuiten. 

K Die Keuschheit soll die Jungfrau zieren. 
Kapläne re- und absolvieren. 

L Im Lateran gibt's Kardinäle, 
auch Lucifer hat schöne Säle. 

M Die Menschheit muß, sich mischend, mehren. 
Der Missionar gibt Wilden Lehren. 

N Der Nuntius bringt gesalbte Noten. 
Die Nuditä'ten sind verboten. 

O Der Obulus ist ein Stück Geld, 
non ölet, wenn es Rom erhält. 

P Dem Pfaffen ziemen fette Pfründen, 
der Pilger büßt für seine Sünden. 

Q Der Hölle Quälen schmerzen arg. 
Der Quietist nährt sich von Quark. 

R Die Reue kann den Reichen läutern. 

Das Rindvieh melkt man an den Eutern. 

I 

S . Soutanen sind kein Damenstrumpf. 

Schwarzkittel fürchten nicht den Sumpf. 

T Als Taube kam der Heilige Geist. 

Die Tröstung frommt den Witwen meist. 

40 



U Herr Urian war eift Hexenbock. 

Die Unschuld wohnt im langen Rock. 

V Der Vatikan ist eine Stadt. 

Die Venus trägt ein Feigenblatt. 

W Das Wunder ist des Glaubens Frucht. 
Weh dem, der nach der Wahrheit sucht. 

X Mit Xereswein man Mesäp hält. 

Aus X wird U, wenn's Rom gefällt. 

Y In Yokohama fehlt's an Christen, 

Yak heißt der Grunzochs der Buddhisten. 



Z Das Zugtier wird zumeist kastriert. 
Der Zölibat ist approbiert. 

Bischof Buchber ger-Regensburg sagte in einer Predigt 
vom 15. November 1936 mit Bezug auf diese Verhöhnung des Klerus 
in Wort und Bild: 

„InRußländundSpanienerleidenPriesterden 
Verlust ihres Lebens; hier in Deutschland aber 
suchen dieKirchenfeinde ihnen die Ehre und alles 
Vertrauen zu ihnen zu nehmen. Und es gibt viele 
Priester, die lieber ihr Leben als ihren guten 
Namen verlieren möchte n." 

B. Fesseln für die Kirche Gottes. 

Bereits am 14. 5. 1934 mußte der Heilige Stuhl in einer Note 
an die Reichsregierung feststellen: 

„Auf Grund der ihm bis in die- jüngste Zeit hinein zugegangenen 
amtlichen Informationen kann der Hl. Stuhl die Feststellung nicht unter- 
lassen, daß der katholische Klerus im heutigen Deutschland auch 
nicht entfernt das Mindestmaß derjenigen Freiheit 
in der Ausübung seines seelsorgerlichen Amtes genießt, ohne die er der 
Pflicht der geistlichen Leitung der ihm anvertrauten Seelen nicht ge- 
nügen kann. 

Ein widriges Spitzeltum umlauert vielfach jeden Schritt 
und Tritt, jedes Wort und jede Amtshandlung. Durch Angebertum 
, suchen mehr als zweifelhafte Elemente sich als Retter des angeblich 
bedrohten Staates bei den Behörden wichtig zu machen. Der Eindruck, 
den der Hl. Stuhl aus den diesbezüglichen Unterlagen gewinnt, ist nach- 
gerade beschämend." 

Bezeichnend ist hiefür die Anweisung, welche einem Orts- 
gruppenleiter für die Überwachung aller kirchlichen Wirksamkeit 
zuging. Darnach waren zu beobachten mit folgender Bericht- 
erstattung: 

I) 

1. Die Predigten der Ortsgeistlichen; für ihre Abhörung wurden „Ver- 
trauenspersonen" aufgestellt. Besondere Beachtung sollte dabei ge- 
schenkt werden Aussetzungen an, der Rassenlehre und an der Ge- 
schichte der germanischen Vorfahren, dann sympathischen Äuße- 
rungen über das Judentum, endlich dem Widerstand gegen de» 
Sterilisierungs-Feldzug. 

Kreuz und Hakenkreui 6 4J 



2. Religiös-seelsorgerliche Kurse, die in der Pfarrei gehalten werden: 
dabei sollten möglichst Einzelheiten berichtet werden. 

3. Die Exerzitienbewegung: Exerzitienhäuser und Teilnehmer sollten 
beobachtet werden. 

4. Die Volksmissionen. Dabei ist anzugeben, welchem Orden die Mis- 
sionäre angehören, welches der Nattie des Missionsobern ist. 

5. Die Sammlungen für die Heidenmission, insbesondere ^Kindheit- 
Jesu- Verein und Ludwig-Missions- Verein. 

6. Rompilgerfahrten der einzelnen Pfarreien, einzelner Vöreine. 

7. Die Errichtung katholischer Schulen, neuer Kirchen, neuer Ordens- 
häuser und neuer Orden. ^^ 

II) 

1. Die Haltung des katholischen Klerus gegen das neue Reich. 

2. Das Verhalten des Klerus zum neuen „Deutschen Gruß". 

3. Der Widerstand gegen staatliche Mäßnahmen. 

4. Die Verbreitung von „Greuelnachrichten". 

5. Moralische Verfehlungen des Klerus. 

6. Benehmen des Klerus an der Grenze. 

III) 

1. Katholische Vereine. 

2. Besonders scharf zu überwachen sind: Katholischer Frauenbund, 
Katholischer Caritas- Verband, Katholische Männervereine, Katholi- 
scher Jungmänner- Verband. 

So wurden also die Priester und Katholiken auf Schritt und 
Tritt überwacht, und gär oft wurde die Überwachung zur Fesselung. 

Und die schlimmsten Fesseln waren nicht die, welche vielen 
Priestern tatsächlich an den Händen angelegt wurden. Viel un- 
heilvoller und unerträglicher wurden jedem apostolischen Herzen 
die harten Fesseln, die Tausenden von Priestern in ihrer Tätig- 
keit, die selbst dem Wort Gottes, dem Gottesdienst, den heiligen 
Sakramenten, dem katholischen Unterrichts- und Erziehungswesen, 
der außerkirchlichen Seelsorge an Jugendlichen und Erwachsenen, 
dem katholischen Schrifttum u. a. angelegt wurden. 

Der Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten, 
Dr. Kerrl, stellte zwar am 11. Dezember 1937 die Behauptung auf: 
„Niemals ist irgendein Priester in der Ausübung seines Amtes 
behindert worden, nicht ein einziger Gottesdienst, nicht eine einzige 
Messe ist gestört worden." Aber die Tatsachen reden 
eineandereSprache. 

Die Tatsachen zeigen auch die Knechtung der Gewissensfreiheit 
der einzelnen Gläubigen. Ein Beispiel dafür: 

Bespitzelung bis auf des Herzens Grund: 

1937 bekamen 40 junge Münchener Referendare nachfolgenden 
Fragebogen zur Beantwortung: 

Religion? 

1. Glauben Sie an das Dasein Gottes? 

2. Wenn ja, glauben Sie an die Lehre der Kirche, der Sie angehören, 

42 



oder haben Sie eine andere Vorstellung von Gott und seinen Be- 
ziehungen zu den Menschen? 

3. Glauben Sie an die Gottheit Christi? 

Glauben Sie, daß Christus von einer Jungfrau geboren wurde? 

Glauben Sie, daß Christus nach seiner Kreuzigung wieder auf- 
erstanden ist? 

Oder glauben Sie, daß Christus nur ein Mensch war? 

4. Glauben Sie, daß die Bibel das Wort Gottes ist, d.h. daß ihr Inhalt 
von Gott denen eingegeben war, die sie schrieben, und daß Gottes 
Wille in ihr zu finden ist? ' 

5. Glauben Sie an ein Weiterleben der Seele nach dem Tode? 

6. Glauben Sie an eine göttliche Gerechtigkeit, d. h. daß der Mensch 
nach dem Tod belohnt wird für ein gutes Leben und bestraft wird 
für Bin schlechtes Leben? 

7. Beten Sie zu Gott und glauben Sie, daß Gott das Beten hört? 
Glauben Sie, daß Gott sich in seinem Tun durch Gebet beeinflussen 
läßt? 

8. Glauben Sie, daß die christliche Religion unersetzlich ist als Grund- 
lage der Sittlichkeit und als Autorität für menschliche Moral und 
Erziehung? Oder glauben Sie, daß ein Glaube an Gott, der nicht 
mit der christlichen Lehre verbunden ist, dafür auch genügt? Oder 
glauben Sie, daß eine andere Moral- Grundlage dieselbe Autorität 
haben kann wie der Glaube an Gott? Und wenn so, welche? 

9. Glauben Sie, daß die christliche Lehre einen ewigen und universalen 
Wert hat? Wenn nein, glauben Sie dies von irgend einer anderen 
Lehre? Wenn ja, von welcher? Oder glauben Sie, daß Religions- 
und Sittenlehre verschieden sind nach verschiedenen Zeiten und 
Rassen und diesen angepaßt und mit ihnen verändert werden muß? 

.10.. Glauben Sie, daß die Seele etwas im Menschen ist, was ein eigenes 
Sein hat, d. h. daß der Mensch aus zwei Teilen, aus Leib und Seele 
besteht? Glauben Sie, daß Stoff und Geist in der Welt Dinge sind, 
die unabhängig voneinander existieren, aber zusammenwirken? 
Oder glauben Sie, daß die Seele nur ein Reflex des Leibes ist, d.h. 
daß alle geistigen Experimente letzten Endes auf bloß körperliche 
Experimente zurückgeführt werden können? Glauben Sie darum, 
' daß Stoff das einzige der Welt und Menschen ist? Oder glauben Sie 
im Gegenteil, daß alles Stoffliche nur ein Reflex des Geistes sei, 
d. h. daß das Körperliche und all seine Energien nur Reflexe geisti- 
ger Vorgänge sind? Glauben Sie also, daß Geist das einzige Grund- 
elemeht der Welt und Menschen ist? 

11. Haben Sie sich schon bisher mit religiösen und philosophischen 
Fragen dieser Art befaßt? Oder haben diese Fragen keinen beson- 
deren Platz in Ihrem Denken? Wie oft haben Sie nach Ihrer Be- 
rechnung in dem letzten Jahr einem Gottesdienst, z. B. der Messe, 
beigewohnt? 

12. Wollen Sie noch irgend eine besondere Bemerkung machen? 

Auf die Frage eines jungen Juristen, ob dieser Fragebogen ein 
amtliches Dokument sei, wurde die echt nationalsozialistische 
Antwort gegeben: „Jetzt noch nicht." 

Genug der Fesseln waren übrigens ^chon anderweitig ge- 
schmiedet und angelegt worden. 

.43 



1. Fesseln für das Wort Gottes. 

„Das Wort Gottes Ist nicht gefesselt," konnte der hl. Paulus 
seinem Schüler Timotheus (2 Tim. 2,9) noch aus dem Gefängnis 
schreiben. 

Der Nationalsozialismus versuchte , auch diese Fesselung, 

Einzelne Glaubenswahrheiten, religiös-sittliche Lehren sollten 
oder durften nach dem Willen der Partei überhaupt nicht mehr 
behandelt werden. Als z. B. Kardinal Fgulhaber noch vor 
der „Machtergreifung" in der St.-Bonifaz-Kirche zu München für 
den „Friedensbund deutscher Katholiken" eine Predigt über den 
Frieden hielt, schrieb eine nationalsozialistische Zeitung un- 
gefähr folgendes: „Wenn wir an der Macht sind, wird der Herr 
Kardinal keine solche Predigt mehr halten können." (Tatsächlich 
wurde die genannte katholische Friedensvereinigung schon zu Be- 
ginn der NS-Gewaltherrschaft aufgelöst und ihr Leiter, Domini- 
kanerpater S t r a t m a n n, ins Konzentrationslager gesteckt, Koope- 
r.alor v. S o d e n verfolgt, der Verfasser selbst hierüber 1941 pein- 
lich vernommen, M. ä.) 

Universitätsprofessor Dr. K r e b s - Freiburg wurde von der 
Gestapo, verboten, am 29. November 1934 im Dopa zu Freiburg über 
die Erbsünde zu predigen. 

Ähnlich waren Predigten über das Alte Testament ver- 
pönt. Die Veröffentlichung der Predigten, die Kardinal F a u 1 - 
haber im Advent 1933 über die religiösen, sittlichen, sozialen und 
messianischen Werte des Alten Testamentes gehalten hat, wurde in 
vielen Gauen verboten. Ebenso seine Predigt über die Leichen- 
verbrennung im Jahre 1937. 

Im Juli 1935 wurden Vorträge des weltbekannten Eugenikers 
im Priesterkleid, des Professors Herr mann Muckermann, 
in Duisburg verboten, nachdem vorher SA und HJ systematisch 
Ruhe und Ordnung gestört hatten. Später erhielt Muckermann über- 
haupt volles Redeverbot, auch Predigtverbot. 

Selbst kurze Bemerkungen über die Sterilisierungs- 
f rage in der alljährlichen Ehebelehrung der Oberhirten begeg- 
neten da und dort schon Schwierigkeiten, erst recht Predigtworte 
über „Euthanasi e", „Mythos des 20. Jahrhunderts", „Rasse- 
kult" u. a. Auch bloße Zurückweisung von Angriffen der NS-Presse 
oder einzelner Parteigliederungen auf Glaubenswahrheiten, Kirche, 
hl. Sakramente und kirchliche Gebräuche führten des öfteren zu 
Beanstandungen, wurden als Herabsetzung und untragbare Kritik 
an nationalsozialistischen Einrichtungen gewertet und bestraft. 

Ja, schon einzelne, Ausdrücke und Worte durften 
nicht mehr im alten Sinn gebraucht werden: z, B, ordnete ein 
eigener Erlaß des Reichsinnenministers vom 5. Juni 1935 an, daß 
im behördlichen Verkehr das Wort „Mischehe" nur in dem 
Sinn zu gebrauchen sei, daß hierunter „eine zu einer Rasse- 

44 



mischung führende Ehe zu verstehen sei*'. Nun durfte der 
Prediger nur noch von einer „religiös- gemischten Ehe" spre- 
chen, wenn er auck von seinem Ehercchtstudium her seit Jahr- 
zehnten gewohnt war, nur einfach von „Mischehe" zu reden. 

Ähnlich wurde im Herbst 1939 der katholischen Presse des 
Dritten Reiches verboten, den Titel „Volk" den bloßen Teilnehmern 
an kirchlichen Funktionen zu geben; denn das Wort Volk bedeute 
für den Nationalsozialismus nicht bloß die Angehörigen einer be- 
stimmten Konfession, sondern die gesamte Gemeinschaft, welche all 
die versfchiedenen Bekenntnisse in sich begreife. 

Ein Kautschukerlaß: 

Am 5, April 1935 erließ der kommissarische Oberpräsident der Rhein- 
provinz, Staatsrat Terboven, auf Grund des Polizeiverwaltungs- 
gesetzes in Verbindung mit der Verordnung zum Schutze von Volk und 
Staat vom 28. Februar 1933 eine Polizeiverordnung für Bekämpf^ung 
des Mißbrauch s dogmatischer Erörterungen und der 
Verstöße gegen die Grundgesetze der nationalsozialistischen Bewegung. 
„Wer künftig mit der Behauptung, kirchliche und dogmatis ehe 
Grundsätze zu verteidigen, in der Öffentlichkeit gegen die Grund- 
sätze der nationalsozialistischen Bewegung in irgendeiner Weise ver- 
stößt oder sie herabsetzt, verwirkt die Verhängung eines Zwartgsgeldes 
in Höhe bis zu 150 Reichsmark oder ersatzweise Zwangshaft bis zu. 
drei Wochen." . 

Diese Fessel des Wortes Gottes ließ sich leicht gegen jeden 
Priester handhaben. Da nicht wenige Grundsätze der national- 
sozialistischen Bewegung (z. B. ,,Gut ist, was nützt," „Rassenlehre', 
„Euthanasie" u. a.), „kirchlichen und dogmatischen Grundsätzen" 
diametral widersprachen, so blieb dem Prediger nur die Wahl, von 
der Verkündigung gewisser Wahrheiten und Sittenlehren abzusehen 
und „wie ein stummer Hund zu schweigen" (Js. 56,10) oder Zwangs- 
geld bzw. Zwangshaft zu riskieren. 

Und dabei hatte man im Schlußprotokoll des Reichskonkordates 
ausdrücklich festlegen lassen: „Das den Geistlichen und Ordens- 
leuten Deutschlands in Ausführung des Artikels 32 zur Pflicht ge- 
machte Verhalten bedeutet keinerlei Einengung der pflichtmäßigen 
Verkündigung und Erläuterung der dogmatischen und sittlichen 
Lehren und Grundsätze der Kirche." 

„Staatsfeindliche" Katechismuslehren. 

Am 27. Januar 1937 verbot der badische Kultusminister die 
vom deutschen Episkopat herausgegebenen „Katechismus - 
Wahrheiten", deren Aufgabe war, die katholische Glaubens- 
lehre im Lichte der modernen Probleme und Fragen zu erklären. 
Bereits in der Schule verteilte Exemplare sollten zurückgenommen 
und zerstört werden. 

Als Grund wurde angegeben, daß die Fragen und Antworten Nr. 17, 
23, 28 und 34 „staatsfeindlich" wären. Diese lauteten: 
Frage 17: Was war die größte Ehre des jüdischen Volkes? 

45 



Antwort: Die größte Ehre des Jüdischen Volkes war, daß der göttliche 
Heiland aus ihm hervorging. 

Frage 23: Woher kommt es, daA auch i» der katholischen Kirche schwer« 
Sünden geschehen? 

Antwort: Daß in der katholischen Kirche schwere Sünden geschehen, 
kommt daher, daß viele katholische Christen auf die Kirche 
nicht hören und nicht mit ihr leben. 

Frage 28: Woran fehlt es dem Menschen, der keine Demut hat? 

Antwort: Dem Menschen, der keine Demut hat, fehlt es an der Wahr- 
heitsliebe. 

Frage 34: Wer allein hat das höchste Hecht über unseren Leib und un- 
sere Gesundheit? 

Antwort: Das höchste Recht über unseren Leib und unsere Gesundheit 
hat Gott allein. 

Am 24. Februar 1937 meldet das Bischöfliche Ordinariat Speyeir, 
daß diese staatsgefährlichen „Katechismuswahrheiten" an der Kir- 
chentüre einer Pfarrei beschlagnahmt wurden. 

Auch das Hirtenwort der Bischöfe 
wurde gefesselt. So, um nur einige Beispiele zu nennen: 

Am 5. Mai 1935 Hirtenbrief der preußischen Bischöfe für den Erziehungs- 
sonntag wegen „untragbarer Kritik am Landjahr". 

Am 21. Juli 35 Hirtenbrief von Bischof Kaller-Ermland über die Be- 
■ * deuturig der katholischen Vereine und ihre gegenwärtigen Be- 

drängnisse. 

Am 20. August 35 Hirtenbrief der gesamten deutschen Bischöfe. Er 
wurde sogar in den Druckereien, Buchhandlxmgen, Pfarr- 
häusern, sogar in bischöflichen Amtsgebäuden beschlagnahmt. 

Im März 36 Hirtenbrief der deutschen Bischöfe zur Reichstagswahl, 
weil darin gesagt wurde, daß auch ein „Ja" nicht notwendig 
eine Billigung der mannigfachen Freiheitsberaubungen der 
Kirche bedeute. 

Im Mai 1936 Verbot (nachträglich) der Veröffentlichung des gemein- 
samen Hirtenbriefes über die katholischen Jugendvereine. 

21. Juni 36 Verbot des Hirtenbriefes der bayerischen Bischöfe über die , 
Ausweisung der klösterlichen Lehrkräfte. 

20. August 36 Konfiskation (nachträglich) des Hirtenbriefes der deut- 
schen Bischöfe. 

20. September 36 Veröffentlichungs-Verbot des Hirtenbriefes über die 
Bekenntnisschule. 

13. Dezember 36 Druckverbot des Hirtenbriefes der bayerischen Bischöfe. 
Dezember 36 Verbot des Hirtenbriefes von Erzbischof Gröber-Freiburg 

gegen die gehässigen und systematischen Angriffe auf die 

Kirche. 

Februar 37 Verbot des Hirtenbriefes von Bischof Kaller-Ermland; den 
Priestern sogar noch beim Vorlesen während der hl. Messe 
aus der Hand genommen! 

Juni 37 Verbot und Beschlagnahme des Hirtenbriefes deutscher Bischof« 
gegen Goebbels' Rede über die Sittlichkeitsprozesse. 

46 



August 36 Verbot des Hirtenbriefes aller deutschen Bischöfe. 

In der Diözese Rottenburg wurde jeder Priester, der ihn ver- 
lesen hatte, mit 30 Mark Geldstrafe belegt. 
Die Vervielfältigungsapparate, mit welchen er hergestellt 
wurde, wurden in mehreren Ordinariaten beschlagnahmt. 

1936 Verbot des Regierungspräsidenten von "Westfalen an die Religions- 
lehrer von Mittelschulen in den Schulgottesdiensten bischöf- 
liche Hirtenbriefe zu verlesen, auch wenn angeordnet sei, sie 
in allen Kirchen zu verlesen. Sofortige Entlassung angedroht. 

Schon 1935 hatte der Oberpräsident einer diesbezüglichen War- 
nung folgenden Wortlaut gegeben: - 

Anlage 3 zu Rdschr. 13 Betr.: Schulgottesdienst 

Der Oberpräsident der Provinz Westfalen, Münster, d. 7. 6. 1935 

Abteilung für höheres Schulwesen. 

An die höheren Lehranstalten meines Amtsbereiches^ 

Betr.: Schulgottesdienst. 

Ein Sonderfall gibt mir Veranlassung aUf folgendes hinzuweisen: 

Der Schulgottesdienst ist — auch wenn Erwachsene Zutritt haben — 
so eng mit dem gesamten Schulbetrieb, insbesondere dem Religions- 
unterricht verbunden, daß er als Schulangelegenheit zu betrachten ist. 

Daher ist im Schulgottesdienst — unbeschadet seines religiösen 
Charakters — mit besonderem Nachdruck darauf Wert zu legen, daß er 
mit den Zielen der nationalsozialistischen Jugenderziehung, die vater- 
ländische.s, staatsbürgerliches und soziales Pflichtbewußtsein erstrebt, 
in Einklang steht.' Für die entsprechende Ausgestaltung des gesamten 
Schulbetriebes ist neben den Lehrpersonen der Leiter der Anstalt ver- 
antwortlich. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz liegt vor, wenn in ab- 
lehnender oder gar abfälliger Kritik zu Einrichtungen und Maßnahmen 
des nationalsozialistischen Staates Stellung genommen oder auch eine 
derartige abfällige Kritik wiedergegeben wird; dies 
gilt auch für kirchliche Anordnungen einschließlich 
bischöflicher Hirtenbriefe. Ich werde gegen derartige Ver- 
stöße mit aller Schärfe — gegebenenfalls durch Suspendierung — vor- 
gehen. Der zuständigen kirchlichen Stelle habe ich entsprechende Mit- 
teilung gemacht. Entsprechend ersuche ich, allen Lehrpersonen von die- 
sem Runderlaß Kenntnis zu geben und mir über etwaige Verstöße un- 
verzüglich zu berichten. Etwa erforderliche Maßnahmen behalte ich 
mir vor. 

gez. Lünningk. 

Seit 1937 konnten Hirtenbriefe fast nur mehr hekto- 
graphiert werden, da jeder Druck und jede Verteilung zur vor- 
zeitigen Konfiskation und zu Repressalien gegen Drucker "und Ver- 
breiter führen konnte, wie es Reichsminister Kerrl am 4. Okt. 1936 
ausdrücklich angedroht hatte. Es kam so weit, daß schon das Per- 
sonal von Druckereien sich weigerte, einen Hirtenbrief zu 
setzen, wenn darin irgenwelche „bedenkliche Stellen" gefunden 
wurden; sie fürchteten, daß der Betrieb geschlossen würde und sie 
arbeitslos werden könnten. 

Bischöfliche Predigten begegneten dem gleichen 
Schicksal, wenn sie nachträglich gedruckt wurden oder werden 
sollten: So wurde am 19. Februar 1936 die Papstpredigt des Kar- 
dinals Gestein würfe gegen den Päpstlichen Stuhl") 

47. 



verboten, gleichzeitig auch seine Silvesterpredigt über den „Christ- 
lichen Glauben", weil sie als ein Ersatz der Kirchenzeitung be- 
trachtet wurde. 

1937 wurde die zweite Folge der Kardinalspredigten: „Lei- 
denskraft und Tatkraf t", „Das Christentum im 
deutschenVol k", „ElternrechteundElternpflich- 
t e n" beschlagnahmt. 

Ebenso wurde auch die dritte Serie mit der Predigt: „Das 
Reichskonkordat: Ja o.der Nein?" beschlagnahmt und 
polizeilich vernichtet. 

Zu gleicher Zeit, da ein Flugblatt zugunsten der Feuerbestat- 
tung ohne jede polizeiliche Behinderung überall verbreitet werden 
konnte, wurde die Allerseelenpredigt des Kardinals über: „Christ- 
liches Begräbnis oder heidnische Verbrennung?" 
im Erzbischöflichen Ordinariat beschlagnahmt. 

1936 wurde eine Predigt des Bischofs B u c h b e r g e r, Regens- 
burg, über die „Gefährdung des katholischen Glau- 
bens" verboten, das „Katholische Sonntagsblatt" von Regensburg 
wegen Abdrucks dieser Predigt beschlagnahmt. 

Überwachung des Wortes Gottes. 

Nicht bloß das Bischofswort, gesprochen oder gedruckt, wurde 
überwacht und gar oft gefesselt, sondern auch das Kanzelwort des 
kleinsten Dorfes und letzten Kaplans. Neben den amtlichen Auf- 
passern von der Polizei waren hiefür im Land noch eine Unzahl 
von Spitzeln und Denunzianten beflissen, jedes scharfe oder auch 
nur vermeintlich scharfe Preüigtwort an die Partei oder Gestapo 
zu melden. 

Des öfteren ergingen besondere Anordnungen zur Überwachung 
der Prediger an einem einzelnen Tag oder nach besonderen Rück- 
sichten. So z. B. am 23. Mai 1936 von der Polizeidirektion München 
mit folgendem Wortlaut: 

Betreff: Wanderprediger. 

Wie mitgeteilt wird, ziehen in letzter Zeit auffallend zahlreiche 
Ordensgeistliche, insbesondere auch Jesuiten, als Wanderprediger von 
Ort zu Ort. Den Wanderpredigern und auch ganz besonders den Mis- 
sionsgeistlichen ist besonderes Augenmerk zuzuwenden. Etwaige Wahr- 
nehmungen wollen unter Bezugnahme auf diese Entschließung sofort 
hierher berichtet werden. Vor allem ist für einwandfreie Feststellung 
der Personalien der Redner und die Sicherung entsprechender Zeugen- 
aussagen bei abgehaltenen Predigten zu sorgen. 

. I.V. gez. Dr. Stepp. 
M. 23. V. 36 Polizeidirektion gez. Mayr. 

Dann wiederum am 14. Oktober 1936 aus Anlaß des schlechten 
Gewissens, das Staatsminister Wagner und stellvertretender Gau- 
leiter Nippold wegen ihrer Reden bei einem Kreistag hatten: 

48 



Betreff: Kirchenüberwachung. 

Auf Weisung des Staatsministeriums des Innern sind die katholi- 
schen Kirchen an den Sonntagen bis auf Widerruf insbesondere darauf- 
hin zu überwachen, inwieweit von den Predigern zu den anläßlich des 
Kreistages von Staatsminister Wagner und stellvertretendem Gauleiter 
Nippold gemachten Ausführungen Stellung genommen wird. 

Ich ersuche, geeignete Beamte mit der Überwachung zu beauftragen 
und sie anzuweisen, über etwaige Ausführungen möglichst, im Wortlaut 
zu berichten. '' 

War ein Geistlicher auf der „Schwarzen Liste", 
so wurde die Überwachung seiner Predigten noch verstärkt. 

Für das Abhören der Kardinalspredigten war in der 
Regel ein ganzer Stab von Aufpassern abgeordnet. Einmal wurde 
sogar die Lautsprecherleitung, mit welcher die Kardinals- 
predigt in eine andere Kirche übertragen wurde, von der Mün- 
chener Parteileitung „angezapft" und die Predigt auf Schall- 
platten aufgenommen, einerseits um den Text ganz sicher fest- 
zulegen, anderseits um damit im „Braunen Haus" zu München noch 
am gleichen Abend eine Art „Belustigungsvorstellung" geben zu 
können, indem man die Schallplatte zur Verzerrung des Bischofs- 
wortes das einemal ganz langsam und entsetzlich langweilig, das 
anderemal wieder überhudelt schnell ablaufen ließ. 

Die JRundfunkpredigten wurden natürlich im vorhinein 
streng zensiert und kleinlichst korrigiert, nach wenigen Jahren 
(ab 1936) der Naziherrschaft überhaupt aufgehoben, wobei der 
katholischen Presse ausdrücklich verboten wurde, darüber irgend- 
wie ihr Bedauern auszudrücken. Auch in dieser Beziehung sollte 
eben das öfifentliche Leben „säkularisiert" werden. Dagegen durften 
nazistische Organisationen, insbesondere die HJ, ihre heidnischen 
Morgenfeiern ruhig weiterbringen. Ja, am 28. November 1937 wurde 
vom Rundfunk Breslau und seinen Nebenstationeh Gleiwitz und 
Görlitz sogar der „Deutschen Glaubensbewegung" eine 
neuheidnische Morgenfeier zugestanden. 

Im übrigen wurde auch, um den Wirkungskreis von Predigten 
bekannter hoher Persönlichkeiten möglichst einzuschränken und 
das Wort Gottes auch räumlich zu fesseln, die L a u t - 
Sprecherübertragung von Predigten in andere Kirchen 
(besonders für Kardinalspredigten in München gedacht) und auf 
öffentliche Plätze polizeilich verboten. 

Strafen für das Wort Gottes. 

Die vielen Spitzel und Aufpasser unter der Kanzel wollten 
nicht umsonst angesetzt und zur Berichterstattung aufgefordert sein. 
Sie gaben Meldung an die Polizei oder an den Kreisleiter; diese 
meldeten weiter an Gestapo oder Gauleitung. Und so regnete es 
nach und nach Beschwerden bei den kirchlichen Behörden, Vor- 
ladungen, Vernehmungen, Verwarnungen einzelner Geistlicher. An 

• 49 



einem einzigen Tag übergab die Bayerische Regierung dem Erz- 
bischöflichen Ordinariat München eine Liste von 19 katholischen 
Geistlichen Bayerns, die »»staatsfeindlich gepredigt'* hätten. 

Ein Beispiel: Dr., Michael HöCk, München, wurde zur Rechenöchaft 
gezogen, sogar ein paar Tage in der Polizei behalten, Weil er zu Anfang 
des Krieges bei einem Elnkehrtäg für Frauen zu Inzell „den Krieg 
eine Heimsuchung Gottes'* genannt hatte. 

Predigtverbote. 

Einzelnen Predigern wurde über kurz oder lang das Predigen 
überhaupt verboten. So z. B. dem Jesuitenpater Rupert Mayer 
zunächst äußei-halb Münchens, zuletzt dann auch noch in München 
selbst. 

Stadtpfarrprediger Heinrich Göttl von München-Sankt 
Peter wurde ob seiner kernigen, mannhaften Kan2elworte auf 
Monate aus der Erzdiözese verwiesen. 

Gerichtliche Verfolgung von Predigern. 
In steigendem Maße kam es schließlich zu gerichtlichen 
Verfolgungen von Predigern. Handhaben hiezu boten der in der 
Kulturkampfzeit geschaffene „K a n z e 1 p a r a g r a p h" und ein 
neu geschaffenes „Gesetz gegen heimtückische An* 
griffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Partei- 
Uniform" vom 20. Dezember 1934. 

Der „Kanzelparagraph" war § 130a des Strafgesetzbuches für das 
Deutsche Reich. Er bestimmte: 

„Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Ausübung 
oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer 
Menschenmenge oder welcher in einer Kirche oder an einem anderen 
zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren An- 
gelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden 
gefährdenden Weise zum Gegenstand einer Verkündigung 
oder Erörterung macht, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu 
2 Jahren bestraft. 

Gleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Religions- 
diener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines 
Berufes Schriftstücke ausgibt oder verbreitet, in welchen An- 
gelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährden- 
den Weise zimi Gegenstand einer Verkündigung oder Erörterung ge- 
macht sind." 

So scharf dieses Schwert war und so vielseitig es angewendet 
werden konnte, es war dem Nationalsozialismus noch nicht genug 
Sicherung gegen ein freies Wort von der Kanzel. Er brauchte vor 
allem auch noch den Schutz für di? Partei und ihre vielfach so 
verwundbaren Funktionäre. Darum legte ör sich schon nach drei- 
viertel Jahren einen neuen Panzer um, damit ihn das „Schwert des 
Geistes, d. i. das Wort Gottes" (Eph. 6,17) nicht verletze: 

Das berüchtigte Heimtückegesetzl 
Artikel 1 § 1 lautete unter 1: 
„Wer vorsätzlich eine wahre oder gröblich entstellte Behauptung 
tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl des 

50 t 



Reiches oder das Ansehen der Reichsregierung oder das der national- 
sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei oder ihrer Gliederungen schwer 
zu schädigen, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere 
Strafe angedroht' ist, mit Gefängnis bis zu 2 Jahren und, wenn die Be- 
hauptung öffentlich aufgestellt oder verbreitet wurde, mit Gefängnis 
nicht unter 3 Monaten bestraft." / 

§ 2 besagte unter 1: 

„Wer öi^entlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung 
zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates 
oder der NSDAP, über ihre Anordnungen oder die von ihnen geschaffe- 
nen Einrichtungen macht, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkeä 
zur politischen Führung zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft." 

Man beachte: In § 2 ist nicht mehr bloß die Rede von „un- 
wahren oder gröblich entstellten Behauptungen". Straf- 
würdig ist es darnach auch schon, Wahres über die Persönlich- 
keiten des Staates oder der Partei auszusagen (z. B. über früher* 
wirkliche Verfehlungen und gerichtliche Strafen von leitenden Per- 
sönlichkeiten der Partei) oder Kritik zu üben an irgendwelchen 
Anordnungen der Partei (z, B. der Unterdrückung der Presse oder 
Konfessionsschule oder des Sonntagsgottesdienstes in Arbeitsdienst- 
lagern u. ä.), wenn dies irgendwie als „gehässig, hetzerisch oder 
von niedriger Gesinnung zeugend" empfunden wurde. Und dieses 
„Empfinden" brauchte gar nicht bei den Hörern der Äußerungen 
entstanden sein, es genügte, wenn Gestapo und nationalsozialistische 
Richter so empfanden!! 

So wurde P. RupertMayer S.J. in München nicht wegen 
„unwahrer oder gröblich entstellter Behauptungen", angeklagt und 
verurteilt, sondern gemäß § 2 Absatz 1 dieses neuen national- 
sozialistischen Gesetzes. 

Als Beispiel dessen, was Nationalsozialisten nicht hören konnten 
und wollten, auch wenn es lOOprozentig wahr gewesen ist und nur 
zur Verteidigung von Recht und Freiheit der Mitbürger wie der 
Kirche gesagt wurde, zugleich aber auch als Beispiel dafür, wie 
geradezu jede Predigt eines einzelnen bespitzelt und an die 
Gestapo berichtet wurde, sei die Anklageschrift des Staatsanwalts 
beim Sondergericht München gegen den Pater wiedergegeben: 

CMfentliche Ankla|:e gegen Pater Rupert Mayer 

vom Staatsanwalt beim Sondergericht München. 

Aktenzeichen: IcJsSo lOO/S*? 

Ich erhebe 

öffentliche Klage gegen 

Mayer Rupert, geboren am 23. Januar' 1876 in Stuttgart, Sohn von Rupert 
Mayer und Emilie Wörle, ledig, Jesuitenpater in München,- nicht vor- 
bestraft, in dieser Sache vom 5. bis 10. Juni 1937 in Polizeihaft, seitdena 
in Untersuchungshaft im Straf Vollstreckungsgefängnis Stadelheim, 
welchen ich beschuldige, fortgesetzt öffentlich hetzerische Äuße- 
rungen über leitende Persönlichkeiten des Staates und deren Anordnun- 
gen gemacht zu haben, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur 
politischen Führung zu untergraben und durch die gleiche Handlung 

51 



fortgesetzt als Geistlicher in Ausübung seines Berufes In Kirchen vor 
mehreren Personen Angelegenheiten des Staates in einer den öffent- 
lichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstand von Erörterungen 
gemacht zu haben. 

Tatbestand: 

Der Beschuldigte P. Rupert Mayer wirkt seit Jahren als Seelsorger 
und Kanzelredner in München und seiner näheren und weiteren Um- 
gebung. Vor der nationalen Erhebung trat er wiederholt in politischen 
Versammlungen auf und kämpfte herzhaft gegen den Kommunismus; 
nach der Machtübernahme nahm er eine sich ständig verschärfende ab- 
lehnende Stellung gegen den Nationalsozialismus ein, so daß seine Pre- 
digten, Reden und Schriften wiederholt polizeilich beanstandet werden 
mußten. Am 7. Mai 1936 wurde der Beschuldigte wegen einiger hetzeri- 
scher Äußerungen seitens der Staatsanwaltschaft München I verwarnt 
(Aktenzeichen: 16a Js So 430/36). 

In letzter Zeit, insbesondere seit Beginn des Jahres 1937 hat sich der 
Beschuldigte in mehreren seiner öffentlichen Predigten mit dem Schul- 
wesen, mit den Strafverfahren gegen katholische G e i s t - 
liehe und Ordensangehörige wegen sittlicher Verfehlungen, 
mit dem Pressewesen, mit dem Na tionalsozi alismus als 
solchem und mit dem nationalsozialistischen Schrif.ttumi 
befaßt. Unter anderem wurden von ihm folgende Themen in seinen 
öffentlichen Predigten behandelt: 

1. Thema: Gemeinschaftsschule: 

a) Predigt vom 3. 2. 37 in der St.-Josefs-Kirche in München: 

„ Am letzten Montag wurde ein Sieg gefeiert, aber so ein Sieg ist 

noch nicht gefeiert worden, solang die Welt besteht! Ich muß schon 
sagen, ein Sieg war das, der denen, die ihn gefeiert haben, gewiß nicht 
zur Ehre gereicht! Ein Sieg war das, ein Terror! Dieser Sieg war ein 
Türkensieg, ein Gewaltsieg!... " 

b) Predigt vom 29. 3. 1937 in Ursberg: 

In München sind die katholischen Erziehungsberechtigten ge- 
gen alles Recht und Gesetz um die katholische Bekenntnisschule ge- 
bracht worden. Da haben alle staatlichen und Parteidienststellen zu- 
sammengeholfen, mündlich und schriftlich . , ." 

c) Predigt vom 11. 4. 37 in Weißenhorn: 

„...Ja, habt Ihr noch nichts gehört von Schulkämpfen! Die Menschen 
sollen genötigt werden, ihre Kinder in der Schule entkonfessionieren zu 
lassen ... Es wurde in den Schulen gelogen, daß sich die größten Balken 
gebogen haben , . . Die Sache hat einen ernsten Hintergrund; es kommt 
einem gerade vor, als ob die Reichsregierung das Konkordat abgeschlos- 
sen habe, um es sabotieren zu lassen von den untergeordneten Stel- 
len..." 

d) Predigt vom 18. 4. 37 in Kirchheim: 

„ . . . Man will die Schule entkonfessionieren, sie darf auch nicht mehr 
christlich sein. Man sagt, man habe noch Religionsunterricht; in einem 
Jahr hat das Christentum in der Gemeinschaftsschule vollständig auf- 
gehört, dann weht ein antikatholischer, antichristlicher Geist... Was 
in dem Schulkampf gelogen wurde von untergeordneter Stelle, da wurde 
gelogen, daß sich die Balken bogen . . . Wie man es' diesen Menschen 
gemacht hat! Sie wurden Volksfeinde und Landesverräter genannt, die 
nicht da mittun wollen; das hörte man überall durch. Wenn einer diesen 
Staatsbetrug nicht ausüben wollte, dann hat man ihm dieses Schimpf- 
wort zugeworfen . . ." 

52 



e) Predigt vom 23. 5. 37 in der St.-Michaels-Kirche in München: 

„...Wäre ich im Lager unserer Gegner, ich hätte mich über einen mit 
so unredlichen Waffen erfochtenen Sieg nicht freuen können. Ich hätte 
mich eines solchen Sieges geschämt! Mit roher Gewalt kann man kein 
Recht zerstören oder vernichten ... ." 

?. Thema: Strafverfahren gegen katholische Geist- 
liche und Orden sangehörige sowie Presseberichterstattung 

über diese Verfahren: 

a) Predigt vom 24. 1. 37 in der St.-Michaels-Kirche in München: 

„Die Zeiten sind vorbei, wo wir geglaubt haben, was in der Zeitung 
steht! Was über religiöse Dinge in der Zeitung steht, das glauben wir 
grundsätzlich nicht! . . . Glaubt überhaupt keiner Zeitung, wenn sie sich 
mit sittlich-religiösen Dingen befaßt! Hört nicht darauf! Lest keine 
Zeitungen! Und jetzt, wenn ihr hinausgeht, dann möchte ich, daß eine 
religiöse Welle von der Kirche aus sich auf die Straße ergießt und von 
der Straße aus in die einzelnen Häuser .. ." 

b) Predigt vom 2. 5. 37 in der St.-Michaels-Kirche in München: 

„...Aber, meine Lieben, es ist nicht alles, wahr, was in der Zeitung 
steht. Die Art und Weis'e der Darstellung ist so übertrieben und wird 
so aufgebauscht, und das, was in den chigstentum- und katholiken- 
feindlichen Zeitungen steht, das wird erst recht aufgebauscht und aus- 
geweidet. . . Dann lasen wir überall von 1000 Sittlichkeitsverbrechen 
von Priestern und Ordensleuten! Die Zahl ist bei weitem übertrieben, 
und, soviel ich weiß, sind es höchstens 500 Fälle, von denen ich gelesen 
habe, vielleicht sind es aber auch nur 250! . . . Warum liest man das 
überhaupt nur bei katholischen und evangelischen Kreisen? ■ Von den 
anderen liest und hört man nie etwas! Wer im Glashaus sitzt, soll nicht 
mit Steinen werfen!... Wir sind keine Revolutionäre, aber wenn das 
so weitergeht, dann werden wir katholischen und evangelischen Geist- 
lichen eine ganz gewaltige Stinkbombe hineinwerfen müssen! Wir lacr^ 
sen uns das nicht mehr gefallen, wir werden jetzt dagegen rücksichts- 
los kämpfen! ..." 

e) Predigt vom 23. 5. 37 in der St.-Michaels-Kirche in Mühchen: 

„...aber das ist noch etwas ganz anderes, was man jetzt dem katholi- 
schen Volk vorzulügen sucht. Liebe Freunde, was uns wehe tut, das sind 
die Berichte über diese Skandalprozesse, Denn da müssen wir das 
eine sagen: Wir haben jetzt Beweise in der Hand, die genügen, um uns 
jeden Glauben an einen großen Teil der deutschen Presse zu nehmen 
und endgültig zu rauben. Wir wußten schon, daß man in diesen Pro- 
zessen für katholische Dinge überhaupt kein Verständnis hat. So ein- 
seitig, so unwahr und gehässig und so verlogen hat ntian immer über 
die katholische Kirche geschrieben . . . Man sagt so gerne zu uns: Ihr 
könnt zufrieden sein; denn in Spanien hätte man euch schon längst an 
die Wand gestellt! Ich sage aber ganz ruhig: Dem Tod habe ich hun- 
dertemale ganz bewußt in die Augen geschaut. Das bin ich gewöhnt. 
Das ist nicht so schlimm. Aber wenn man einen Menschen geistig tötet, 
wenn man ihn kaputt macht vor der Welt, das ist das Furchtbarste, was 
man sich vorstellen kann . . . Darum liebe Freunde, ist es aus und vor- 
bei mit dem Glauben an den Großteil der deutschen Presse, wenn sie 
berichtet über religiös- sittliche Verhältnisse, über christlich-katholische 
Belange..." 

3. Thema: Nationalsozialismus. WS Schrifttum. 

ia) Predigt vom 26. 1. 37 in der St.-Theresien-Kirche in München': 

,; . . . In der Marxistenzeit habe ich viele Hetzschriften gelesen, weil man 

das nicht bekämpfen kann, was man nicht kennt! Meine lieben Freunde, 

53 



ich muß sagen, es löt mir, damals oft der Ekel aufgestiegen und es ist 
mir reichlich schwer gefallen, diesen Schmutz zu lesen. Aber das, was 
an nationalsozialistischer Literatur heute empfohlen wird, das ist ekel- 
erregender denn je!..." 

b) Predigt vom 24. Januar 37 in Aichach: 

„ ... Es wird heute viel von nationalsozialistischer Weltanschauung ge- 
sprochen; darum müssen wir sie mal von unserer Seite aus ansehen. 
Ich beschäftige mich seit Monaten mit dem nationalsozialistischen 
Schrifttum, doch bin ich mir nicht klar geworden, was .man darunter 
versteht. Euch, liebe Freunde, wird es auch so gehen!... Nach diesen 
Beweisen ist der Nationalsozialismus der erbittertste Gegner der 
Kirche . . . Ihm gegenüber steht die Erklärung der Reichsregierung vom 
Frühling 1933, das Konkordat und der Programmpunkt 24. Da kennt 
man sich nicht mehr aus, was richtig ist." 

Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen: 

Der Beschuldigte Pater Rupert Mayer ist im großen und ganzen 
geständig; im übrigen wird der Sachverhalt durch die den fraglichen 
Predigten beiwohnenden Zeugen geklärt werden können. 

Zusammenfassend erklärte der Beschuldigte P. Rupert Mayer: Er 
habe sich nicht darüber de^ Kopf zerbrochen, ob er in seinen Predigten 
in Widerspruch geraten würde mit dem Kanzelparagraphen (§ 130a 
RStGB.), voii dessen Existenz er wohl wisse, den er aber bisher nicht 
weiter studiert habe — oder mit den Bestimmungen des „Heimtücke- 
gesetzes"; er würde auch jetzt, nachdem er entsprechend auf- 
geklärt sei, trotz dieser Bestimmungenfort fahren auf 
Grund des Konkordates die Belange der katholischen 
Kirche zu verteidigen, wie er es bisher getan habe; er halte sich 
hierzu in seiner Eigenschaft als katholischer Priester für 
verpflichtet und nach dem Kpnkordat auch für be- 
rechtigt. 

Die oben geschilderten Handlungen erfüllen den Tatbestand eines 
fortgesetzten Vergehens gem. § 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. 12. 1934 in 
Tateinheit mit einem fortgesetzten Vergehen gem. §§ 130a, 73 RStGB. 

An den Herrn Vorsitzenden des Sondergerichts München 
mit dem Antrag auf Anordnung der Hauptverhandlung, Terminbestim- 
mung und Fortdauer der Üntersuchungshafty 

München, den 7, Juli 1937. 

Der Leiter der Anklagebehörde bei dem Sondergerichte München. 



Und ein deutsches Gericht brachte es fertig, diesen Priester 
des Herrn, diesen Ordensmann voll Selbstlosigkeit, diesen Männer- 
apostel voll glühenden Eifers, diesen Edelmann lauterster Ge- 
sinnung, diesen Ehrenmann von der Fußsohle bis zum Scheitel, 
diesen Freund aller Armen, diesen schwerverwundeten Veteranen 
des Weltkrieges wegen seines Kampfes für Wahrheit, Gerechtig- 
keit und Freiheit zu sechs Monaten Gefängnis zu verurteilen und 
fünf Monate einzusperren!! 

Sein Nachfolger auf der Kanzel von St. Michael in München, 
PaterAnton Körbling, wurde zwei Jahre darauf ebenfalls 
auf Grund des gleichen Gesetzes auf die Anklagebank gesetzt und 

54 



zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Als bezeichnendes Beispiel 
sei auch die gegen ihn erhobene Anklage wiedergegeben: 

Aktenzeichen Ib Js— So 344/39 

Anklageschrift 

Ich erhebe öffentliche Anklage gegen 

Körbling Anton, Jesuitenpater in München, ledig, geboren am 29, 12. 
1902 in Kötzting, Eltern: Ignaz Körbling und Maria, geborene Jann, 
nicht vorbestraft, den ich beschuldige, durch dieselbe Handlung: 

1. öffentlich hetzerische und gehässige Äußerungen über leitende 
Persönlichkeiten des Staates und der NSDAP, über ihre Anordnungen 
und die von ihnen geschaffenen Einrichtungen gemacht zu haben, die 
geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu 
untergraben, 

2. als Geistlicher in Ausübung seines Berufes in einer Kirche vor 
Mehreren Angelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden 
gefährdenden Weise zum Gegenstand einer Erörterung gemacht zu 
haben. 

Sachverhalt: 

Der Beschuldigte hielt am Sonntag, den 12. 2. 19^9 In der Michaels- 
kirche in München eine Predigt, in der er sich mit dem Satz des Evan- 
geliums „Der Same aber ist das Wort Gottes" befaßte. Er stellte ein- 
leitend fest, daß der Katholizismus zurückgehe, und untersuchte die Ur- 
sachen hiefür. Dabei führte er u. a. dem Sinne nach aus: 

Der Same, das Wort Gottes, habe nicht die Schuld; denn das Wort 
Gottes sei gut, wenn auch die heutige Zeit es bespitzle und bespöttle, 
daß es den Modergeruch der Pharaonengräber an sich habe und all 
unfruchtbares, totes Wort dem neuerweckten Germanen untragbar sei. 

...Es sei die Pflicht des Pfarrers, dem Volk das Wort Gottes beim 
Hauptgottesdienst zu vei'künden. So werden immer Menschen als Sä- 
leute Gottes über die Erde wandern müssen aus heiliger Verflichtung, 
auch wenn man ihr Tun lästert oder höhnt oder als das von Faulenzern, 
die mit Bibelsprüchen durch das Land ziehen, als überflüssige und un- 
produktive Beschäftigung abtut. Es wiederholt sich immer wieder die 
Szene vom Areopag, da Paulus zu gottesfürchtigen Menschen redet; ein 
paar Lebemenschen und Universitätsprofessoren kommen hinzu mit der 
Frage: Was will denn dieser Schwätzer? 

Die Predigt ist ein schwerer Auftrag . . . Die dritte Schwierigkeit 
liegt in der Zeit. Sturm erschwert das Schreiten über das Ackerland. 
Der Bauer bleibt vielleicht in solchen Tagen daheim. Dem Prediger ist 
der schwere Gang nicht erspart. Es gibt eine Menge von Saatgut, die 
nach geltenden Gesetzen und Verordnungen nicht mehr angebaut wer- 
den sollte, die aber der Herrgott immer noch nicht von seinem Saat- 
plan gestrichen hat. Das gibt notwendigen Konflikt, das wird immer 
wieder Gefängnis und Predigtverbot geben; wenn einer schweigen muß, 
wird ein anderer auftreten, und wenn Menschen nicht mehr sprechen 
können, dann werden die Steine reden. Luk. 20,40. 

„Ob gelegen oder ungelegen, kündige das Wort. Es gibt Dinge, die 
gesagt werden müssen..." Ebenso selbstverständlich sollte es sein, daß 
der Katholik in seinem Glauben sich systematisch weiterbilde, daß er 
seine Standespredigten besuche und aus der Verkündigung des Wortes 
Gottes die Waffen sich besorge, die zur Verteidigung seiner heiligsten 
Güter notwendig sind. Wenn der Unsinn, der heute feilgeboten wird — 
ich erinnere nur an die stets wiederkehrende und wiedergeglaubte Ver- 
drehung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis — , angefangen 
von dem „Mythos" bis zu den Reden in unseren Tagen, von wissende» 

55 



Katholiken berichtigt Werden würde, es könnte dann nimmer einer 
weiterhin so sprechen, ohne sich der Lächerlichkeit preiszugeben. Es 
sind auch solche Ausführungen nicht geeignet, der deutschen Wissen- 
schaftlichkeit einen guten Namen zu erwerben. 

Diese Tatsache sei für. die deutsche Wissenschaft etwas Unwürdiges 
und dem Ausland gegenüber eine Schande ... 

„Wende das Wort auf dich an. Sage nie: ,Heute hat er es ihnen 
aber wieder gesagt.' Wir predigen nicht für jene, die nicht da sind, 
auch nicht für den Abgesandten der politischen Polizei, der zufällig da 
ist. Wir wissen, daß dort für unser Kanzelwort nicht das rechte Erd- 
reich gegeben ist und daß ein Samenkorn, das auf das Blatt des Beob- 
achters gefallen ist, noch nicht zum Heil aufgegangen ist . . ." 

Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen: 
Der Beschuldigte ist geständig. 

Die Äußerungen des Beschuldigten erfüllen den Tatbestand eines Ver- 
gehens nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 20. 12. 1934, rechtlich zu- 
sammentreffend mit einem Vergehen nach §§ 130a Absatz 1. 73 StGB. 

Die Strafverfolgung aus § 2 des Gesetzes vom 20. 12. 1934 ist an- 
geordnet durch Verfügung des Herrn Reichsministers der Justiz vom 
25. 7. 1939 III g 18 647 a/39 (Bl. 11). 

Zur Aburteilung ist nach §§ 1, 2 der VO v. 21. III. 33 über die Bil- 
dung von Sondergerichten — RGBl I S. 136 — das Sondergericht Mün- 
chen zuständig. 

Als Beweismittel bezeichne ich: 
Zeugen: Müller N., Kriminalsekretär, Staatspolizeileitstelle München. 
Urkunden: Strafliste. 

An den Herrn Vorstizenden des Sondergerichtes München. 
Ich beantrage 

1. die Hauptverhandlung anzuordnen und Termin zu bestimmen. 
München, den 18. August 1939 

Der Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht München I 
als Leiter der Anklagebehörde bei dem Sondergericht München 

gez. Resch. gez. Dr. Schnabl, 

(gez. Trellinger). 



„Unbegreiflich sind — die Gerichte des Dritten Reiches. 

Die größte Ungeheuerlichkeit an Fesselung und Bestrafung des 
Wortes Gottes im Reich des Nationalsozialismus bedeutete wohl das 
Urteil gegen den Karmeliterpater Gebhard Hey den von Neu- 
markt (Oberpfalz), geboren am 30. November 1904 zu St. Lorenzen 
bei Regensburg. Lassen wir ihn selber erzählen: 

Ich war seit September 1942 stationiert auf dem Mariahilf berge 
Neumarkt/Opf. Da uns unser Kloster von den Nazi genommen und zur 
Hitlerschule umgewandelt war, hausten wir nebenan notdürftig in 
einem Waldhäuschen und versahen von dort aus den Gottesdienst in der 
Wallfahrtskirche. Am 13. und 16. Juli 1944 predigte ich und wurde 
dabei von einem Offizier (ob SS-Offizier, weiß ich nicht genau) be- 
spitzelt. Der Offizier war im Lazarett der katholischen Schwestern am 
Fuß des Berges. Er steckte mit dem Kreisleiter von Neumarkt, der 
ebenfalls am Fuß des Berges eine Villa bewohnte und der vor einem 
Jahr sein Amt angetreten hatte und ein echter Preuße war, unter einer 

56 



Decke. Er war von diesem eigens geschickt, um mich zu überwachen. 
Der Kreisleiter scheint schon länger nach einem Anlaß gesucht zu haben, 
mich fassen zu können, denn er hielt Leute an, die zu uns in die Kirche 
gingen und fragte sie, was sie denn dort oben suchten. Ähnlich be- 
merkte er kurz zuvor in einer Rede, daß jetzt auch Prozessionen und 
Bittgänge nichts helfen, sondern nur die gepanzerte Faust des deutschen 
Soldaten. 

Ich wurde am 2 0. Juli 1944 nachmittags 3 Uhr zur Gestapo in 
das Polizeigebäude Neumarkt geladen und dort von dem 
Gestapo-Beamten ungefähr 3 Stunden verhört. Dieser Beamte, dessen 
Namen ich nicht genau weiß, vielleicht dürfte er A 1 1 geheißen haben, 
war mit seiner Sekretärin aus Regensburg gekommen. Nach dem Ver- 
hör wurde ich sofort in das Amtsgerichtsgefängnis Neumarkt über- 
geführt. • V 

Nach 5 Tagen wurde ich vom Polizeichef von Neumarkt per Auto 
nach Regensburg gebracht. Dort wurde ich im Polizeigebäude 
photographiert, es wurden Finger- und Handabdrücke und die üblichen 
polizeilichen Feststellungen an mir gemacht, wie sie für Schwerverbre- 
cher vorgesehen sind. Gegen Abend wurde ich in das Gerichtsgefängnis 
Regensburg überbraqht. Dort wurde mir nach einigen Tagen mein 
Ordenskleid genomrhen. Nach etwa 14 Tagen wurde ich von einem 
älteren Beamten des gewöhnlichen Gerichts nochmal verhört. Nachdem 
ich diesem meine Aussagen dargelegt hatte, meinte der Beamte, daß 
er mich an sich freischreiben könnte und möchte. „Aber," sagte er, 
„wenn ich Sie auch, freischreibe, so nützt das doch 
nichts; denn die Gestapo läßt Sie nicht frei. Ich bin ja 
nur ein Werkzeug der Gestapo." Hierauf blieb ich in Untersuchungshaft 
zu Regensburg bis Ende November. 

Ende November wurde ich als Einzeltransport von einem Polizei- 
beamten in das „Z e llengefängnis" Nürnberg überbracht. Dort 
wurde ich — warum weiß ich nicht — unter die tschechischen Häft- 
linge gezählt. Meine Verhandlung war für den 2 1. Dezember angekün- 
digt, wurde aber tatsächlich, ohne daß ich vorher benachrichtigt wurde, 
schon am 2 0. Dezember gehalten. So konnten weder Ent- 
lastungszeugen noch Freunde meiner Verhandlung bei- 
wohnen. Mein Tribunal war der 1. Senat des Volksgerichtshofes Berlin. 

Die zwei Sätze, die mir aus meiner Predigt als Verbrechen vor- 
geworfen wurden, lauten: 

1. „Der Krieg ist ein Strafgericht Gottes für die 
Völker und dies ist noch nicht zu End e." 

2. „Deutschland muß wieder zu Christus zurück- 
kehre n." 

Speziell der letzte Satz wurde mir als Hauptverbrechen ausgelegt. 
Man deutete meinen Ausspruch dahin, daß ich sagen wollte: Das Be- 
kenntnis des deutschen Volkes zum Nationalsozialismus sei ein Irrweg. 

Auf diesen Vorwurf antwortete ich: „Soweit der NS Politik ist, 
steht es mir nicht zu, zu urteilen; soweit aber der NS Welt- 
anschauung sein will, bin ich als katholischer Priester verpflichtet, 
dem gläubigen Volk die Wahrheit zu sagen, und da muß ich sagen, daß 
das Bekenntnis des deutschen Volkes zum NS als Weltanschauung der 
größte Irrweg ist, den das deutsche Volk je gegan- 
gen ist." 

Auf diese meine Antwort hin entstand eine allgemeine Entrüstung 
unter den Richtern. Sie zogen sich zur Besprechung zurück und er- 
schienen alsbald wieder, um mit feierlicher Geste mir das Todes- 
urteil anzukünden. Es war kein Zeuge bei der Gerichtsverhandlung 
anwesend, auch nicht der SS-Offizier, der mich bespitzelt hatte. Dieser 
war bezüglich seiner Aussagen gegen mich sehr unsicher geworden und 

57 



hatte sich von Neumarkt In das Lungensanatorium Donaustauf bei 
Regensbürg versetzen lassen. Der Polizeichef von Neumarkt fuhr eigens 

zu ihm, um ihn gegen mich wieder scharf zu machen. Ich wurde 

also vom Obersten deutschen Volksgerichtshof ohne 
ZeugenzumTodeverurteilt. 

Während der Verhandlung warf mir der Vorsitzende vor, daß ich 
ein Fanatiker der Wahrheit sei. Ich antwortete: „Fanatiker der 
Wahrheit bin ich nicht, aber Bekenner der Wahrheit 
will ich sei n." Ein anderer Beisitzender des Volksgerichts, der in 
Kapitänsuniform dasaß, meinte spöttisch: „Sie wollen uns wohl alle 
katholisch machen." Ich antwortete: „Wenn ich es nur könnte!" Ein 
weiteres Mitglied des Gerichtshofes in Partei uniform rief mir zu: „Euer 
Gott muß aber ein blutrünstiger Gott sein." Ich erwiderte: „Gott braucht 
nicht immer mit Blut zu strafen, er hat auch andere Mittel." Wiedeir ein 
anderer bemerkte: „Auf den macht es auch keinen Eindruck, Wenn wir 
ihn zum Tode verurteilen." 

MeinVerteidiger, der mir von Amts wegen beigegeben wurde, 
kam erst 10, Minuten vor der Verhandlung zu mir, um sich über meine 
Lage noch flüchtig zu informieren. Dementsprechend fiel auch seine 
Verteidigungsrede aus, wenn man diese überhaupt so bezeichnen kann. 

Auf die Frage, wie der Gesamteindruck meiner Predigt auf das 
Volk war, antwortete ich: „Der Gesamteindruck auf das Volk ist' wohl 
der einer religiösen Predigt und nicht einer politischen Hetzrede ge- 
wesen; Beweis hierfür dürfte sein, daß sehr viele Leute, darunter zahl- 
reiche Soldaten, sich nach der Predigt in die Sakristei begaben, um sich 
dort in die religiöse Bruderschjaft (Skapulierbruderschaft) aufnehmen zu 
lassen und nicht, wie es bei einer politischen Hetzrede zu erwarten 
gewesen wäre, zum Kreisleiter hinuntergingen, um diesem die Fenster 
einzuwerfen." 

Nach der Verhandlung wurde ich gefesselt in das Gefängnis 
zurückgeführt und mit noch zwei anderen Todeskandidaten in eine Ker- 
kerzelle gesperrt, in der sonst nur ein Gefangener war. Die Behand- 
lung von selten der Wachtmeister im Nürnberger Gefängnis war, im 
großen und ganzen gesehen, angängig. Was aber die Kerkerhaft er- 
schwerte, war der Mangel an Licht und Wasser; dabei war das Klosett 
in die Kerkerzelle eingebaut. Die Kost war vor allem seit den schweren 
Bombardierungen (Januar bis Februar) sehr . notdürftig und ging mehr 
oder minder in eine Hungerkost über; Dotschen und einige Kartoffeln, 
eine kleine Ration Brot, das kaum mehr Brot zu nennen war. 

Während der schweren Bombardierungen durften wir 
politischen Häftlinge in keinen Schutzraum gehen, sondern mußten im 
obersten Stockwerk in der Zelle, unmittelbar unter dem Dache, bleiben. 

Als die amerikanischen Truppen bereits den Rhein über- 
schritten hatten, wurde Nürnberg als Festung erklärt und zur Verteidi- 
gung eingerichtet. Alle nicht zur Verteidigung in Frage kommenden 
Leute wurden deshalb evakuiert, am Schlüsse auch die Insassen des 
Gefängnisses. Ich wurde mit meinen Leidensgenossen am 30. März 1945 
(Karfreitag), je zwei zusammengefesselt, in das Zuchthaus Straubing 
an der Donau gebracht. Dorthin kamen auch die Häftlinge aus ver- 
schiedenen anderen Zuchthäusern, so daß das Zuchthaus Straubing 
schwer überfüllt wurde. Dementsprechend war auch die Verpflegung. 
Sie war eine ausgesprochene Hungerkost: fast nur angefaulte 
und zum Teil gefrorene Kartoffeln samt Schale und Schmutz 
als Eintopf gekocht, und zwar scheint diese Kost für einige Tage vor- 
ausgekocht worden zu sein, da sie uns oft kalt und in säuer- 
lichem Zustand verabreicht wurde. 

Der Anfang unseres eigentlichen Leidensweges be- 
gann aber erst mit dem 25. April 1945. An diesem Tage wurden wir 

58 



morgens 5 Uhr geweckt mit dem Befehl: „Schlafdecke und Kochgeschirr 
mitnehmen!" Wir wußten nicht, wohin es gehen sollte, nur das war uns 
einigermaßen klar, daß wir wegen der Nähe des Feindes aus dem Stadt- 
gebiet entfernt werden sollten. Wir marschierten gegen 7 Uhr vom 
Zuchthaus Straubing weg, Richtung Landshut. Während des Marsches 
erfuhren wir von einem Mitgefangenen, der den Wagen unserer ärmi- 
lich'bn Verpflegung fuhr, daß es nach Dachau gehen sollte, wo wir unsere 
gemeinsame Massenhinrichtung zu erwarten hätten . . . 

Was dieser Marsch, der bis zum Abend des 30. April „währte, alles an 
Entbehrung, Hunger, Elend, Mißhandlung, Erschöpfung bis zum Tode in 
sich schließt, kann kaum wiedergegeben werden. Als der Transport am 
1. Mai im Dorf Unterheldenberg bei Landshut von den amerikanischen 
Truppen unter lautem Jubel und mit heißem Dank befreit wurde, waren 
von 4000 Häftlingen, die von Straubing wegmarschiert waren,, nur noch 
etwa 800 — 900 übrig geblieben. Die meisten unserer Mitgefangenen 
waren bereits ihrem schweren Schicksal erlegen. Die übrig geblieben 
waren, befanden sich in einem Zustand, daß sie das Erbarmen und Ent- 
setzen der Leute erregten. 



Neben dieser Unbegreiflichkeit deutscher Gerichtsspre- 
chung sei noch ein Fall beispielloser Gemeinheit und Hinterlist 
nationalsozialistischer Lockspitzelei gegen ptiesterliche Lehrtätig- 
keit gesetzt: 

Msgr. Lelf ers, katholischer Pfarrer von Rostock, wurde im . Jahre 
1935 von einem Universitätsstudenten und 2 Universitätsstudentinnen 
aufgesucht, die „seelsorgerlichen Rat" wünschten. Sie wollten angeb- 
lich die Ansicht des katholischen Klerus über den Nationalsozialismus 
.besser verstehen lernen und insbesondere erfahren. Was von Rosenbergs 
„Mythos des 20. Jahrhunderts" zu halten sei. Die Frankfurter Zeitung 
vom 17. April 1935 stellte fest, daß die drei „eifrige Verfechter von 
Ludendorffs antichristlicher Bewegung" waren und daß sie bei dem 
Priester bewußt den falschen Eindruck zu erwecken 
suchten, als Wäre es ihnen um geistliche Hilfe zu tun. 
„Sie waren gekommen, ihm eine Falle zu stellen." Diesen jungen Leu- 
ten, die vielleicht glaubten, etwas Verdienstvolles getan zu haben, sollte 
zu Bewußtsein gebracht werden, daß ihr Benehmen schlechter sei als 
das jener Zuträger, . welche hohe Parteibeamte mit anerkennenswerter 
Festigkeit ständig in vielen öffentlichen Versammlungen zurückgewiesen 
. hätten. Aber das Gericht wies diese Judasseelen nicht zurück, nahm 
ihre verräterischen Angaben entgegen und zur Grundlage einer An- 
klage und eines Urteils: 

Msgr. Leffers wurde zu iVz Jahren Gefängnis verurteilt 

zum Dank dafür, daß er drei jungen Leuten das Wort Gottes als Weg- 
weiser gegenüber nationalsozialistischen Irrlichtern schenken wollte!! 
Der Priester und Seelsorger wurde auf Grund des „Heimtückegesetzes" 
schwer bestraft. Aber wo war gerade in diesem Fall die 
Heimtücke ? ! 

Neue Fesseln für das Wort Gottes. 

Am 23. April 1935 gab die Bayerische politische Polizei in einer 
„streng vertraulichen" Anweisung allen Polizeistellen in bezug auf 
die Jesuiten neuen Auftrag: 

„öffentliche Versammlungen sind mit allen Mitteln zu unterbinden. 
Private Versammlungen sind zu überwachen. 
Schuldige sind strengstens zu bestrafen. 

59 



staatsfeindliche Darlegungen sind rücksichtslos mit Schutzhaft zu 
ahnden. 

Über jedes öffentliche Auftreten von Jesuiten ist sofort anher Be- 
richt zu ex'statten." 

Noch mehr glaubte im Juni 1934 die Oldenburgische 
Staatsregierung tun zu müssen, den „Kanzelparagraph" und 
das „Pleimtückegesetz" noch durch eine besondere Verordnung zu 
ergänzen: 

„Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. Februar 
1933 zum Schutze von Volk und Staat wird folgendes angeordnet: 

§ 1. Geistlichen und anderen Religionsdienern ist es verboten, die 
nationalsozialistische Bewegung oder die eine oder andere ihrer Gliede- 
rungen oder die Zugehörigkeit zu einer Gliederung als unchrist- 
lich oder gefährlich zu bezeichnen. Dies darf auch 
nicht in versteckter Form geschehen. 

§ 2. Geistlichen und anderen Religionsdienern ist es verboten, un- 
mittelbar oder auch mittelbar vor dem Besuch nationalsoziali- 
stischer Versammlungen zu warnen. 

§ 3. Geistlichen und anderen Religionsäienern ist es verboten, be- 
hördliche Maßnahmen als unchristlich oder gefähr- 
lich oder gegen die Kirche gerichtet — sei es auch in 
versteckterForm — zubezeichnen. 

§ 4, Zuwiderhandlungen gegen die §§ 1 — 3 der Anordnung unter- 
liegen den im § 4 der Verordnung zum Schutze von Volk und Staat 
angedrohten Strafen." 

Auch dem Papst wird das Wort Gottes gefesselt. 

Als Papst Pius XL am 14. März 1937 ein Weltrundschreiben 
„Mit brennender Sorge" verfaßt hatte, beschlagnahmte die Polizei 
nicht bloß alle erreichbaren Druckexemplare, sondern es wurden 
Geistliche auch gestraft, weil sie diese Enzyklika pflichtgemäß ver- 
Jasen: 

Pfarrer Johann Georg Mayer in Arzheim wurde am 
30. 6. 37 vom Oberlandesgericht Zweibrücken zu 15 Tagen Gefäng- 
nis bzw. 150 Mark Geldstrafe verurteilt, weil er am 26. März 1937 
in Erfüllung des bischöflichen Auftrages das Papstwort von der 
Kanzel verlesen hatte. 

Ein Religionslehrer an einer höheren Schule wurde sogar seiner 
Stellung enthoben, einzig aus dem Grunde, weil er bloß den Ab- 
schnitt „An die katholische Jugend" aus diesem Päpstlichen Send- 
schreiben seinen Schülern bekanntgegeben hatte. 

(Siehe Denkschrift der deutschen Bischöfe an die Reichs- 
regierung vom 26. August 1937). 

Das Wort Gottes auch im Beichtstuhl gefc^sselt! 

Selbst religiöse Beichtzusprüche wurden mißdeutet, 
denunziert, als „staatsfeindlich", empfunden und verfolgt, 

Kapuzinerpater Johann Nep. Hermann von München- 
St. Joseph wurde im Januar 1940 in Schutzhaft genommen, „weil 

60 



er mit politischer Hetze im Beichtstuhl der Regie- 
rung in den Rücken gefallen se i". Und worin bestand 
diese politische Hetze? Bloß darin, daß er zu einem Mann gesagt 
hätte: „Jetzt (im Kriege) können und müssen wir zeigen, daß wir 
die Vaterlandsliebe nicht bloß auf der Zunge haben, sondern im 
Herzen tragen und bereit sind, Opfer für andere zu bringen." 
„Vaterlandsliebe auf der Zunge tragen" — große Sprüche darüber 
machen, das konhte doch nur auf Nationalsozialisten gemünzt sein!! 
Also ist § 1 Absatz 1 des Heimtückegesetzes gegeben: „Gehässige, 
hetzerische Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates 
oder der NSDAP". Es dauerte etwa einen Monat, bis die Gestapo 
sich überzeugen ließ, daß der von ihr behauptete Zuspruch rein 
religiös und positiv gemeint war. 

Wahrlich, es war nicht leicht, im Dritten Reich das Wort Gottes 
zu verkünden, den Paulusauftrag zu erfüllen: „Predige das Wort 
Gcttes, tritt dafür ein, sei es gelegen oder ungelegen! Überführe, 
weise zurecht, ermahne mit aller Geduld und aller Belehrung!" 
(2 Tim 4,2.) 

2. Fesseln für den Gottesdienst. 

Im Gegensatz zu der schreienden Propaganda, welche für 
nationalsozialistische Veranstaltungen aller Art mit Riesenplakaten, 
Pressenotizen, Radioansagen, Flugblättern usw. gemacht werden 
konnte und immerfort gemacht wurde, hat man die Kirche in der 
Ankündigung ihrer Gottesdienste und religiösen Feierlichkeiten 
immer mehr eingeschränkt und dieselbe unterbunden. 

Den Tageszeitungen wurde die Aufnahme von Notizen über 
gottesdienstliche Veranstaltungen verboten. Sie mußten ja „ent- 
konfessionalisiert" werden und durften nur Nachrichten bringen, 
welche für die Allgemeinheit von Interesse waren. 

Die den Zeitungen als Werbemittel so willkommene Gratis- 
veröffentlichung von lokalen Gottesdienstordnungen wurde 
ebenfalls untersagt. 

Die Herausgabe eigener Gottesdienstanzeiger und 
Pfarrblätter wurde erschwert, zuletzt ganz verhindert. Nicht wenige 
Pfarreien, welche den Ausfall der Gottesdienstbekanntgabe in der 
Tagespresse durch einfache gedruckte oder auch nur hekto- 
graphierte, gratis in der Kirche aufliegende Handzettel auszuglei- 
chen suchten, erhielten von der Reichspressekammer ein Schreiben, 
wie folgt: 

Der Präsident der Reichspressekammer. Berlin W 35 — d. 27. 8. 38 

Geschäftszeichen: A4bWg/Ba. Viktoriastr, 11 

An das kathol. Pfarramt Maisach (Obb.). 

Betrifft: Einstellung der Herausgabe Ihrer Gottesdienstordnung. 

Jede Neugründung auf dorn Gebiet der Presse war nach dem 
13. Dezember 1933 — von genehmigten Ausnahmen abgesehen — bis 
30. September 1934 überhaupt ausgeschlossen (meine Anordnungen vom 
13. 12. 33 und 8. 2. 34). 

61 



Vom 30. September 1934 ab bestand dieser Zustand weiter bis zur 
allgemeinen Regelung über Neugründungen auf dem Gebiet der. Presse 
in meiner 10. Anordnung vom 31. Januar 1935. 

Nach dieser Anordnung war jede Neuplanung periodisclier Presse- 
erzeugnisse anmelde- und genehmigungspflichtig. Dieser Grundsatz wird 
in meiner jetzt geltenden Anordnung über verlegerische Neuplanungen 
Vom 15. Juni 1938 noch einmal bestätigt. 

Die von Ihnen verlegte Gottesdienstordnung, die als inhalts- 
beschränktes Pfarreiblatt im Sinne meines Erlasses vom 17. 2. 36 ein 
durch Druck oder sonstige mechanische Weise vervielfältigtes periodi- 
sches Presseerzeugnis darstellt, ist, wie ich aus Ihrer Meldung ersehe, 
erstmalig zu einem zwischen dem 13. Dezember 1933 und dem heutigen 
Tage liegenden Zeitpunkt ohne meine Genehmigung erschienen. 

Ihr Erscheinen ist daher unzulässig. Ich ersuche, 
die weitere Herausgabe sofort einzustellen und die 
Fachschaft der katholisch-kirchlichen Presse in der 
Reichspressekammer, Berlin W 35, Margaretenstr. 5, 
von der erfolgten Einstellung in Kenntnis zu setzen. 

Anträge auf nachträgliche Genehmigung sind zwecklos, da ich 
sie in diesen Fällen grundsätzlich nicht erteilen kann. Die Tatsache, daß 
nach dem 13. 12. 33 veröffentlichte und ohne meine Genehmigung er- ' 
schienene Gottesdienstordnungen vielfach nachträglich bei der Fach- 
schaft der katholisch-kirchlichen Presse angemeldet wurden, begründet 
keine Herausgabeberechtigung. 

Wer nach dem 13. 12. 33 erstmalig erschienene Gottesdienstordnun- 
gen ohne meine ausdrückliche Genehmigung weiter herausgibt oder neu 
begründet, setzt sich wegen seines ungesetzlichen Verhaltens der An- 
wendung polizeilicher Maßnahmen aus. 

L.S. Im Auftrage: Willi 

Gelegentlich einer persönlichen Vorsprache des Verfassers bei 
obenbezeichnetem Vertreter der Reichspressekammer in Berlin 
wurde erklärt, daß auch vorschriftsmäßig und rechtzeitig ein- 
gereichte Anträge von Pfarrämtern um Genehmigung besonderer 
Gottesdienstanzeigen keine Aussicht auf Erfolg hätten, auch dann 
nicht, wenn sie sich verpflichteten, gar nichts weiteres zu bringen 
als bloß Zeit und Art der gottesdienstlichen Veranstaltungen. „D i e 
Maschen werden immer enger" wurde höhnisch dazu 
bemerkt. 

Das sollte für die gesamte Seelsorge Geltung bekommen. 

Der Krieg bot hiezu neue Möglichkeiten: Schon im ersten 
Monat desselben wurde in einzelnen Teilen des Reiches, später aber 
allgemein jede außerordentliche Funktion, wie Volksmission, Ein- 
kehrtage, Triduen, Religiöse Wochen, Exerzitien verboten. Kein 
Tag und keine Stunde sollte der Kriegsrüstung verloren gehen! 

Selbst an den kirchlich vorgeschriebenen Feiertagen, die staat- 
licherseits ohne jede Fühlungnahme mit der Kirche ganz ab- 
geschafft wurden (wie Epiphanie, Maria Himmelfahrt und Aller- 
heiligen), oder ebenso eigenmächtig einfach auf den nächstfolgenden 
Sonntag verlegt wurden (wie Christi Himmelfahrt, Fronleichnam, 
Evangelischer Bußtag), durfte keine vom Werktag abweichende 
Gottesdienstordnung sein. Nur mit Mühe und Not durfte in den 

62 



letzten paar Jahren das kirchliche Privileg der Abendmesse ge- 
braucht werden. 

Nach mitternächtlichen Fliegeirangriffen durften die Kirchen 
nicht vor 10 yhr ' vormittags zur rein freiwilligen Teilnahme an 
heiligen Messen und zum Empfang von hl. Sakramenten geöffnet 
werden, während alle Arbeiter, Angestellten und Beamten ver- 
pflichtet waren, so zeitig wie sonst an ihrer Dienststelle zu er- 
scheinen. 

In Polen, teilweise auch in Tirol, wurden viele Kirchen dem 
Gottesdienst überhaupt entzogen, vollständig geschlossen, in Posen 
z. B. sogar die Kathedrale, die doch zugleich Pfarrkirche für 14 000 
Seelen war, angeblich „wegen bedrohlicher Bauschäden," die aber 
anderseits nicht hinderten, daß darin weltliche Konzerte abgehalten 
werden konnten; ähnlich die St.-Magdalena-Kirche, ebenfalls Pfarr- 
kirche für 23 000 Seelen. Die wenigen Kirchen, die noch Priester 
hatten — ungefähr die Hälfte der Pfarreien der Erzdiözese Gnesen- 
Posen hatten keine Priester mehr — sie waren in Gefängnissen 
oder Konzentrationslagern oder liquidiert •— , durften nur an Sonn- 
tagen, und auch da nur zwischen 9 und 11 Uhr, geöffnet sein. In 
dieser knappen Zeit sollten alle hl. Messen gefeiert, die hl. Sakra- 
mente (Taufen, Beichten, Kommunion) gespendet und evtl. die 
Predigten gehalten werden. Es war in großen Pfarreien einfach 
unmöglich, allen Katholiken in diesen paar Stunden Gelegenheit 
zur Erfüllung der Sonntagspflicht und zum Sakramentsempfang zu 
geben. 

Um jede Bezweiflung dieser staatlichen Bevormundung rein 
kirchlich-seelsorglicher Betätigung auszuschließen, sei ein amtlicher 
Erlaß wiedergegeben: 

Geheime Staatspolizei Posen, den 24. Oktober 1940 

Staatspolizeileitstelle Posen , Ritterstraße 21 

B. Nr. — II B — 

An den 

General Vikar der Erzdiözese Posen- Gnesen 
z, Hd. des Herrn Weihbischofs Dr. Dymek 

in Posen 
Dominsel 

Betrifft: Zeitbestimmung für konfessionelle Veranstaltungen im Gebiet 

des Reichsgaues Wartheland. 
Vorgang: Ohne. 

Der Reichsstatthalter für den Reichsgau Wartheland hat durch Erlaß 
vom 3. Oktober 1940 •— A.Z. 1/8 D. 147 — in Abänderung der in dem Er- 
laß des Reichsstatthalters vom 24.7.40 festgesetzten Zeiten für konfes- 
sionelle Veranstaltungen für die Winterzeit ata 15. 10. 40 folgende Zeit- 
bestimmungen getroffen: 

1. Gottesdienst an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in der Zeit von 
8 bis 11 Uhr. 

2. Messen an Werktagen in der Zeit von 8 bis 9 Uhr, Sonnabends untet 
Zulassung, an allen anderen Tagen unter Ausschluß der öffentliche 
keit. 

63 



f 



3. Beicht- und Kommunionunterricht für Jugendliche" am Mittwoch 
nachmittag von 14 bis 16 Uhr. 

4. Beichten für Erwa9hsene am Sonnabend von 14 bis 18 Vhv. 

5. Für die Icirchliche Betätigung anläßlich . der Eheschließung, der Be- 
erdigung und Taufe sowie für Versehgänge werden zeitliche Be- 

. Stimmungen nicht auferlegt. 

In den Gottesdiensten an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ist die 
Predigt zugelassen, 

6. Die Veranstaltungen dürfen nur von den Mitgliedern der einzelnen 
jeweiligen Kirchengemeinden besucht werden] 

Für die deutschen evangelischen Kirchengemeinden sowie für die katho- 
lischen Kirchengemeinden, die 

a) geschlossen oder überwiegend deutsch sind und in denen 

b) ein Geistlicher deutscher Volkszugehörigkeit (im Besitz eines amt- 
lichen Ausweises) tätig ist, 

gelten diese Bestimmungen nicht. 

Ich ersuche, die Ihnen .unterstellten kirchlichen Stellen von dem 
Erlaß des Reichsstatthalters vom 3.' 10. 40 umgehend zu unterrichten. 
Zuwiderhandlungen gegen die in dem Erlaß festgelegten Bestimmungen 
werden durch staatspolizeiliche Maßnahmen geahndet. 

**' L. S. gez. B i s c h o f f 

Beglaubigt: 

E. Troeder 

Kanzleiangestellte. 

Der Josefinismus weit überboten. 

Aber auch in Deutschland selbst gab es viele Fesseln für den 
Gottesdienst. Tausenden und oftmals Zehntausenden wurde durch 
sonntägliche Pflichtarbeit in Rüstungsbetrieben, durch pflichtmäßige 
Appelle, Gemeinschaftsarbeiten, Schießübungen, Ausmärsche, Pa- 
raden, Parteitagungen oder -festlichkeiten, durch entsprechende 
Tagesordnung in Arbeitsdienstlagern, Land jährdienst usw. der 
Kirchenbesuch unmöglich gemacht Zum Beispiel am 20. August 1933 
etwa 35 000 Hitlerjungen gelegentlich des Gebietstreffens 
in München (Wecken, 5 Uhr früh); ebenso der ganzen Hitlerjugend, 
die beim Parteitag in Nürnberg war; wiederum in München am 
Tag der Deutschen Kunst: 15. Oktober 1933. Die Jungens 
hatten sich da jeweils schon so früh an den Treffpunkten zu sam- 
meln (V26 Uhr morgens!), daß eine vorherige Teilnahme am Gottes- 
dienst unmöglich war. Alle Versuche und Angebote des Ordinariats, 
eine Verschiebung des Appells auf einen späteren Zeitpunkt zu er- 
reichen oder in den Unterkunf tslägern selbst einen Gottesdienst 
zuzulassen u. ä., wurden abgesehlagen oder sabotiert. Ähnlich ging 
es vielerorts, als mit Beginn des Krieges die HJ an Sonn- 
tagen zum vormilitärischen Ausbildungsdienst ge- 
zwungen wurde. Oberhirtliche Vorstellungen, wie sie im Auftrag 
der gesamten katholischen Bischöfe Deutschlands durch Bischof 
Wiencken bei der Reichsführung der HJ gemacht wurden^ hatten 
nur geringen Erfolg. Es hing schließlich alles von dem guten oder 
gar leicht schlechten Willen der örtlichen HJ-Leitung ab. 

64 



HJ-Führer verbieten undverhindern Teilnahme 
an Fronleichnamsprozessionen. 

Höhere und niedere „Befehlsgewaltige" der HJ glaubten auch, 
etwas Großes leisten zu können, wenn sie der Fronleichnamsprozes- 
sion Abtrag tun würden. Sie verboten der HJ die Teilnahme oder 
machten es ihr durch Ausmärsche oder Appelle unmöglich, sich 
daran zu beteiligen. 

Ein paar charakteristische Beispiele: 

Zugführer Eder von Bann II Fähnlein 1 des Zuges III der HJ ge- 
stand laut Mitteilung vom 7. 6. 34, daß er im Auftrag seines Fähnlein- 
tuhrers Peter an dem Heimabend, welcher dem Fronleichnamssonntag 
vorausging, allen HJ jede (auch private und nicht uniformierte) Teil- 
nahme an der Fronleichnamsprozession befehlsgemäß verboten habe 
und daß dieser Befehl von oben gekommen sei. Er gab zu, ausdrücklich 
gewarnt zu haben, „daß sich ja keiner erwischen lassen soll". Der Zug- 
führer hat, wie er ebenfalls zugab, die Prozession in Befolgung des von 
oben gekommenen Befehls kontrolliert und dabei zwei Buben der fünf- 
ten Klasse der Ridler-Simultanschule erkannt, am nächsteh Tag zur 
Rede gestellt und gesöhimpft. Er warf ihnen vor, daß sie die einzigen 
Katholiken (der Schule) waren, „die da mitgemacht haben", langte 
ihnen, wie auch Zeugen zugeben, ans Hirn und sagte zu dem einen: 
„Du bist ein seltenes Rindvieh, daß Du da mitgegangen bist." 

Im nächsten Jahr versuchte man es mit eigenen Anschlägen an den 
HJ-Tafeln der Schulen. 

1. In der Ridlerschule 

„Fähnlein I tritt am Donnerstag um 8 Uhr in der Früh vor der 
Schule an. Erscheinen ist Pflicht. Jeder kommt in Uniform. Brotzeit 
ist mitzunehmen. Wir kommen bis Mittag wieder nach Hause." 

Heil Hitler 
1. A. Pickl. 

2. In der Guidein schule 

„Wer ein wirklicher Pimpf ist, wird sich gegen alle Schwierigkeiten, 
die von gewissen Seiten hineingetragen werden, durchsetzen. Angst- 
hasen und Muttersöhnchen bleiben zu Hause; dann marschiert lieber mit 
der Prozession." 

Unterschrift: Schneider. . 

Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus 
bemühte sich auch noch höchst persönlich, der Fronleichnam s- 
prozessionFesseln anzulegen. Es schrieb am 5. Juni 1939 
den Direktoraten der höheren Schulen: 

Betreif: Beteiligung von Schülern und Lehrern an Prozessionen. 

Lehrern und Schülern ist die private Anteilnahme an Prozessionen ge- 
stattet. Dagegen hat die geschlossene Beteiligung von 
Schulen, Schulklassen und Schulabteilungen zu unterbleiben. Damit 
die notwendige Scheidung zwischen Schule und Kirche nicht verwischt 
werde und nach außen hin nicht der Eindruck entstehen kann, als ob 
Schulabteilungen irgendwelcher Art an Prozessionen teilnehmen, kann 
ich es aus dienstlichen Gründen nicht gestatten, daß Lehrkräfte 
die Beaufsichtigung und Führung von Kindern und 
Jugendgruppen bei Prozessionen übernehmen. 

I.V. gez. Boepple. 

Kreuz und Hakenkx'euz 5 gg 



^ 



Auch gegen die Teilnahme am Frühgottesdienst. 

Dem Landesschulrat von Kärnten war die Teilnahme der Schul- 
kinder an der täglichen hl, Messe ein Dorn im Auge, wenngleich 
'diese an den meisten Orten nur etwa ^/t Stunden vor Schulbeginn 
stattfand. Er verfügte darum nach einer Mitteilung des Kreisschul- 
rates Wolfsberg vom 27. Januar 1940: 

Besuch des Frühgottesdienstes 
durch Schulkinder. 

An die Direktionen der Hauptschulen und alle Schulleitungen. 

Der Landesschulrat hat mit Erlaß vom 19. Jänner 1940, ZI. 757/40 
folgendes anher eröffnet: 

Auf eine Anfrage über den Besuch des Frühgottesdienstes durch 
Schulkinder wird folgendes eröffnet; 

Der Besuch des Frühgottesdienstes vor dem Unterricht, insbesondere 
zur Winterszeit und in Fällen, in denen ein weiter Schulweg zurück- 
zulegen ist, beeinträchtigt jedenfalls die geistige Spannkraft dpr Schul- 
kinder und ist dem Unterricht in der Schule abträglich, zumal damit 
öfter verspäteter Schulbesuch verbunden ist. 

Daher wird ersucht, auf die Schulkinder und ihre gesetzlichen Ver- 
treter in geeigneter Weise dahin einzuwirken, daß aus diesem Grunde 
vom Besuch des Frühgottesdienstes durch Schulkinder vor dem Unter- 
richt abgesehen werde. Ein verspätetes' Erscheinen der Schüler zum 
Schulbesuch ist unter keinen Umständen . zu dulden und müßte als 
Schulversäumnis bestraft werden. 

Die Berichte, in welchem Ausmaß mit dem Stichtag 1. Februar 1940 
der Frühgottesdienst von Schulkindern an Ihrer Schule besucht wird, 
sowie über die Erfahrungen,' die mit dem Besuch des Frühgottesdienstes 
durch Schulkinder vorliegen, sind zuverlässig bis 8. Februar 1940 anher 
vorzulegen. 

Der Vorsitzende 

Beglaubigt Brandstätter e-h. 

I 

Eine weitere Fessel für den Gottesdienstbesuch bedeutete das 
von der Partei besonders für die Amtswalter und von den Partei- 
gliederungen für alle Mitglieder erlassene und trotz aller kirch- 
lichen Proteste aufrechterhaltene Verbot, in Uniform in die 
Kirche zu gehen. 

Ein Nürnberger SA-Gruppenbefehl Nr. 35 vom November 1936 
befahl z. B.: 

Nachdem nach Ablauf weiterer zwei Jahre die Aussichten auf eine 
vernünftige Einstellung der verschiedenen Religionsgemeinschaften 
gegenüber dem Führer und unserem Reich mehr schlechter als besser 
geworden sind, sehe ich mich genötigt, meine im Gruppenbefehl Nr. 27 
vom 9, Mai 1934 erlassenen Anordnungen wie folgt zu verschärfen: 

1 Ich verbiete mit sofortiger Wirkung das Tragen des SA- Dienst- 
anzuges anläßlich von Hochzeiten, Taufen und dergleichen. 

2. Ich verbiete die Teilnahme von Standarten, Fahnen, Ein- 
heiten und einzelnen Führern und Männern der SA an Beerdigun- 
gen, solange Vertreter der Kirche anwesend sind,. 
Es ist in Zukunft bei verstorbenen SA-Männern Vorsorge zu treffen, 
daß die Beerdigungsfeierlichkeiten so eingestellt werden, daß die 
Amtshandlungen eines Kirchenvertreters vor oder nach der Teil- 

66 



nähme und der Gedenkstunde der SA stattfinden. Der SA-Mann 
lehnt in Zukunft jede Gemeinschaft mit welt- 
anschaulichen Organisationen ab. 

Ähnliches wurde für die SS verordnet, besonders für die in 
Kasernen untergebrachte Waffen-SS. Ohne ein förmliches Kirchen- 
verbot wurde ihr praktisch der Kirchenbesuch unmöglich" gemacht. 
Es bestand nämlich: 

1. das Verbot, ohne Uniform dieKasernezuverlassen, 

2. das Verbot, in Uniform eine Kirche, zu betreten. 

Ebenso erklärte der Leiter der NS-Sportschule von Burg Vogel- 
sang in der Eifel: „Die Junker (so hießen die Kursteilnehmer) kön- 
nen Gottesdiensten in Zivilkleidung beiwohnen", aber, er fügte 
hohnlachend sogleich hinzu: „Freilich, die meisten haben keine 
Zivilkleidung dabei." — Nationalsozialistische Ehrlichkeit oder Un- 
ehrlichkeit? Je nachdem! 

Verschiedenerlei Methoden, aber ein Ziel: 
Nicht in die Kirche! 

Die gleiche Methode indirekten Zwanges zum Fernbleiben von 
Kirchen und Gottesdiensten wurde gebraucht in den vielen L a n d - 
Jahrheimen, deren Insassen praktisch nur mit Uniform 
ausgestattet waren — Kirchgang i n Uniform aber war verboten! 

Die HJ leistete sich bezüglich des Verbotes, in Uniform zum 
Gottesdienst zu gehen, noch eine besondere Ungerechtigkeit. Die 
offizielle Zeitung der Reichsleitung der HJ vom 18. August 1934 
gab bekannt: „daß es der HJ nicht verboten sei, in Uniform dem 
Gottesdienst der evangelischen Kirche, der Freikirche und der alt- 
katholischen Kirche beizuwohnen". Also ein Ausnahmegesetz 
für die katholischen Mitglieder derHJ, die am Sonn- 
tag dem Gebot ihrer Kirche Folge leisten wollten. 

Bei dieser einseitigen Stellungnahme ist es auch nicht zu ver- 
wundern, wenn im März 1934 HJ und B d M von Ulm und Neu- 
Ulm einfach geschlossen in den Gottesdienst des prote- 
stantischen Domes geführt wurden, so daß die katholische 
Jugend nicht bloß gezwungen wurde, einem nichtkatholischen Got- 
tesdienste beizuwohnen, sondern auch davon abgehalten wurde, in 
Erfüllung ihrer Sonntagspfiicht eine hl. Messe mitzufeiern. 

In Arbeitsdienstlagern und Jugend-Ferienlagern und Landjahr- 
heimen wurden trotz aller erleichternden Angebote und 
dringendster G e s u ch e Gottesdienste nichtzuge lassen. 

Ein anderes Mittel, die katholische HJ in Lagern vom Gottes- 
dienst abzuhalten, war der Spott durch die „Führer", ferner die 
ermüdende Morgengymnastik und entsprechende Gestaltung dei 
Tagesordnung, z. B. offizielle Flaggenhissung gerade in der Zeit dos 
Gottesdienstes. 

67 



1 



In einem Pfingstlager der HJ in Bayern befahl der tagerleiter 
beim Morgenappell: „Jeder, der zur Messe zu gehen wünscht, soll 
vortreten." Als dann die Mehrzahl vortrat, setzte der Lagerleiter 
eine Kartenieseübung an und zog sie so lange hin, bis die Messe 
vorüber war! • 

„Kultischer" Heimabend der HJ. 

In dem „Informationsdienst", herausgegeben von der Reichs- 
jugendführung Berlin NW. 46 vom 28. Oktober 1935, werden u. a. 
Versuche unternommen, die Jugend aus den kirchlichen Gottes- 
diensten herauszubringen; dazu werden Belehrungen gegeben, daß 
der Masse doktrinär und dogmatisch der Nationalsozialismus ein- 
geimpft werden müsse; man könne dem Volk die Dogmen nur 
nehmen, wenn man ihm andere gebe. Der Heimabend müsse eine 
kultische Form erhalten mit regelmäßiger Lesung aus „M ein 
Kampf" als der Bibel der Bewegung und aus dem P a r - 
t e i p i- o g r a m m als unserem „Neuen Testament" oder 
„unseren Zehn Gebote n". Der Stoff, der im Ritus der Kon- 
fessionen behandelt werde, sei als unwahr und erlogen erwiesen, 
von der Wissenschaft überholt und werde deshalb vom Volk ab- 
gelehnt. 

ProtestzwanggegenPredigten. 

Eine eigenartige Barriere gegen Gottesdienstbesuch errichtete 
Reichsstatthalter und Gauleiter Wagner von Baden mit einem Erlaß 
vom 26. Mai 1937 des Inhalts: Es sei nicht länger tragbar, daß 
Beamte Angriffe auf den Nationalsozialismus aus Versammlungen 
und gottesdienstlichen Veranstaltungen, die nicht religiös genannt 
zu werden verdienen, schweigend und ohne „gesetzmäßigen und 
respektvollen Protest" anhören. In Zukunft würde gegen solche 
Beamte, die sich derart gegen Loyalität und Treue verfehlen, diszi- 
plinar vorgegangen, eventuell mit Entlassung. Diejenigen, welche 
diese Warnung nicht beachten wollten, müßten die Konsequenzen 
tragen. Das gleiche gelte auch für Parteimitglieder. — Wieder das 
alte Theater: Kein förmliches Verbot, dem Gottesdienst anzuwoh- 
nen, aber verkappter Zwang, ihm fernzubleiben! Entweder „in 
gesetzmäßiger, . respektvoller Weise" protestieren und denunzieren 
oder, um iiicht in diese Zwangslage zu kommen, von der Kirche im 
vornherein wegbleiben. 

Ein Kirchenerlaß von Heß. 

Der Stellvertreter des Führers faßte am 23. Januar 1939 die 
mancherlei Einzelverbote für Kirchenbesuch, Übernahme von Kir- 
chenämtern und Förderung kirchlicher Belange in folgendem Rund- 
schreiben xusammen: 

.,In meinen Anordnungen vom 11, November 1937 und 1, Juni 1938 
habe ich bestimmt, daß die Partei, ihre Gliederungen und angeschlosse- 

68 



nen Verbände sich jeglicher Einflußnahme auf innerkirchliche Dinge zu 
enthalten haben. 

Ich habe erneut Veranlassung, auf die unveränderte Haltung der 
Partei in diesen kirchlich-konfessionellen Auseinandersetzungen hinzu- 
weisen und gebe im folgenden die Bestimmungen für alle Gliederungen 
und angeschlossenen Verbände der Partei noch einmal bekannt. 

Es ist notwendig, daß die Partei in ihrer Gesamtheit unbedingt eine 
geschlossene Haltung diesen Fragen gegenüber einnimmt. Ein Verstoß 
gegen diese Anordnungen wird in Zukunft mit disziplinaren Maßnahmen 
geahndet werden und zieht erforderlichenfalls den Ausschluß aus der 
NSDAP und aus der Gliederung nach sich. 

X. Unterführer der Bewegung (das sind; Politischer Leiter, Führer und 
Unterführer der Gliederungen, Walter und "Warte der angeschlosse- 
nen Verbände) dürfen kein kirchliches Amt oder Ehrenamt annehmen. 
Dasselbe gilt für ein Amt oder Ehrenamt irgendeiner sonstigen reli- 
giösen Gemeinschaft, Organisation oder Gruppe. Sollte in dem einen 
oder anderen Falle eine Trennung noch nicht durchgeführt sein, so 
ist die Trennung sofort zu veranlassen. 

2. Ebenso ist Unterführern der Bewegung die Übernahme von Aufgaben 
oder Beschäftigungen in irgendeiner konfessionellen oder religiösen 
Organisation, Gruppe, Gemeinschaft oder dergleichen, auch soweit es 
sich nicht um ein eigentliches Amt handelt, untersagt. 

3., Unterführer der Bewegung dürfen keine Aufträge von irgendwelcher 
Stelle annehmen, nach denen sich der Betreffende mit konfessionellen 
Fragen zu beschäftigen hat. Ausgenommen ist hierfür selbstver- 
ständlich der Dienst für Partei und Staat. Ferner diejenigen Fälle, 
in denen aus ganz besonderen Gründen von mir ausnahmsweise die 
Genehmigung erteilt wird. (Zur Bespitzelung? Der Verfasser.) 

4. Darüber hinaus ist es den Unterführern der Bewegung untersagt, 
auch ohne Annahme eines Amtes oder ohne Ausführung eines Auf- 
trages in der Öffentlichkeit sich im Sinne einer dieser Organisationen 
oder Gemeinschaften zu betätigen oder für sie einzutreten. 

5. Die Anordnungen Ziffer 1 — 4 gelten nicht für Parteigenossen, An- 

gehörige der Gliederungen und angeschlossenen Verbände, die nicht 
Unterführer der Bewegung sind. Jedoch ist es diesen untersagt, bei 
Betätigungen dieser Art sich auf ihre Zugehörigkeit zur Partei, einer 
Gliederung oder eines angeschlossenen Verbandes zu berufen oder 
dabei in Uniform aufzutreten oder Abzeichen zu tragen, 

6. Jegliche Teilnahme von Parteigenossen, Angehörigen der Gliederun- 
gen und angeschlossenen Verbände in Uniform an kirchlichen Ver- 
anstaltungen oder an den Veranstaltungen sonstiger religiöser Ge- 
meinschaften ist untersagt. Ausnahmen hiervon können bei Beerdi- 
gungen, wenn eine Teilnahme in Uniform geboten erscheint, zugelas- 
sen werden. 

7. Die Tätigkeit von Parteigenossen, Angehörigen der Gliederungen und 
angeschlossenen Verbände in den sogenannten Finanzausschüssen, die 
in einigen Ländern als staatliche Behörden eingerichtet worden sind, 
kann bis auf weiteres ausgeübt werden, Ziffer 5, Satz 2 gilt hiefür 
sinngemäß. ' 

Ich mache in diesem Zusammenhang besonders aufmerksam, daß 
von kirchlich-konfessionellen Gruppen wiederholt der Versuch gemacht 
worden ist, Parteigenossen in führenden Stellungen für irgendwelche 
Organisationen oder Arbeitsgruppen, Arbeitsgemeinschaften usw. zu ge- 
winnen, um sie als Repräsentanten von Partei, Staat oder Wirtschaft 
herauszustellen. Derartige Versuche müssen selbstverständlich zurück- 

69 



gewiesen werden. Soweit nach diesen Anordnungen in Zukunft noch 
Zweifel au.„reten, ist meine Entscheidung einzuholen." 

gez. Heß. 

Kirchliche Andachten — verbotene 
Versammlungen! 

Gestapo und Partei gingen jedoch des öfteren noch weiter; z. B. 
wandten sie das für katholische Vereine erlassene Versammlungs- 
verbot da und dort auch auf kirchliche A'^d-^rhten und Predigten 
an, besonders wenn sie für einzelne Stände '1er Berufe gehalten 
wurden. So wurde beispielsweise eine Na '''nittagsan dacht des 
katholischen Müttervereins (einer kirchlichen Bruderschaft) in 
Scheyern (Oberbayern), die vor ausgesetztem Allerheiligsten statt- 
fand, als verbotene Versammlung erklärt,- ähnlich in Wasser- 
burg am Inn. 

In Münder a. Deiste (Diözese Hildesheim) kam mitten während 
der hl. Messe, die mangels einer Kirche in einem Schlafzimmer 
gehalten werden mußte, auf Geheiß der Gestapo ein Polizist und 
rief laut „Heil Hitler! Der Gottesdienst ist ver- 
böte n." Und er blieb auch für lange Zeit verboten. 

Die gefährliche Dollfuß-Gedächtnismesse! 

Das Katholische Stadtpfarramt St. Anna iri München wurde im 
Jahre 1935 von der Gestapo zur Rechenschaft gezogen, weil am 
Jahrestage der Ermordung des Bundeskanzlers Dollfuß auf Ersuchen 
des österreichischen Generalkonsuls eine stille hl. Messe gelesen 
worden war. Ursprünglich war für früh 8 Uhr ein Requiem bestellt 
und von Reichs- und Staatskanzlei genehmigt gewesen. Am Vor- 
abend jedoch (23. Juli 1935) wurde mitgeteilt, daß der Gottesdienst in 
dieser Form nicht stattfinden könne und die Sänger abzubestellen 
seien. Die als Ersatz gedachte stille hl, Messe wurde dann um eine 
Stunde vorverlegt, um jeden Schein einer Provokation zu ver- 
meiden und jede Teilnahme fremder Personen hintanzuhalten. Tat- 
sächlich kam dann auch nur das Personal des Generalkonsulates 
selbst, unauffällig und getrennt. Trotzdem die Vorladung zur 
Gestapo und Verweis! 

Auch die, Bahnhofmessen müssen verschwinden. 

Eine weit mehr einschneidende Maßnahme wurde gegen die den 
Tausenden von Sonntagsausf lüglern so willkommenen Morgengottes- 
dienste (ab 3.20 — 7 Uhr hl. Messen mit Predigt und Kommunion- 
austeilung) im Hauptbahnhof zu München getroffen: Sie wurden 
beileibe nicht verboten, aber die bisher so entgegenkommende 
Eisenbahndirektion mußte auf einmal den Wartesaal auch für diese 
paar Sonntagsmorgenstunden unbedingt benötigen und durfte auch 
zu dieser Zeit keinen anderen Raum entbehren können. 

Auch die in Bayern so beliebten Primizen mußten ob der 
unerwünschten allzu großen Teilnahme des Volkes Fesseln be- 

70 



kommen; trotz jahrhundertealten Brauches durften sie vielfach 
nicht mehr im Freien abgehalten werden, sondern wurden auf die 
für solche Massenbeteiligung viel zu kleinen Kirchenräume ver- 
wiesen. 

Schikanen gegen kirchliche Prozessionen. 

Auch kirchliche Prozessionen, selbst die an einzelnen Tagen für 
die ganze Welt vorgeschriebenen, wie an Bittagen und am Markus- 
tag, wurden immer mehr eingeschränkt. Nur die „alther- 
gebrachten" sollten noch sein dürfen, ebenso nur „alther- 
gebrachte Wallfahrten", Ein eigener Erlaß des Reichsinnenministers 
vom 17. August 1937 erläuterte den Ausdruck ..althergebracht" noch 
eigens dahin, daß er nicht etwa so zu verstehen sei, als ob eine 
bestimmte Anzahl von Festen, Prozessionen und Wallfahrten er- 
laubt sei, sondern die Gesamtumstände müßten altherkömmlich sein, 
z B. gleicher Anlaß, gleiche Ausgestaltung und Aufmachung und 
gleicher Zweck. Sei eines dieser Merkmale früheren Wallfahrten 
gegenüber verschieden, so läge keine althergebrachte Wallfahrt vor. 
Der Minister fügte hinzu, daß für „Marienfeierstunden", „Christus- 
Feiern" und andere Veranstaltungen mit ähnlicher Bezeichnung, so- 
fern sie lediglich ein Ersatz für Wallfahrten seien, die gleichen Vor- 
schriften gälten. 

Ein Mittel, die Prozessionen auf Nebenstraßen zu verdrängen 
und die Wallfahrten zu beschränken, gab dem Reichsinnenminister 
am 5. November 1936 der § 33 der Reichsstraßenverkehrs- 
ordnung: 

„Es hat sich nun gezeigt, daß in verschiedenen Gegenden des Rei- 
ches auch religiöse Kundgebungen, Fußgängerwallfahrten, Prozessionen, 
besonders Fronleichnamsprozessionen, Leichenbjegängnisse, zum Teil 
Verkehrsbehinderungen verursachten (die Fußmärsche, Paraden und 
Aufzüge der Partei und Parteigliederungen natürlich nicht!), so daß er- 
wogen werden muß, diese Kundgebungen und Züge von den größeren 
Verkehrsstraßen wegzuführen, auch dann, wenn sie in althergebrachter 
Weise diese Wege bisher benutzten." 

Natürlich wurden größere Wallfahrten fest bespitzelt und die 
Teilnehmer festgestellt. So verlangte die badische Parteileitung im 
Jahre 1937, daß die Namen all der Beamten gemeldet wür- 
den, die an der herkömmlichen Wallfahrt nach Birnau teilgenommen 
hätten, bei der Erzbischof Gröber gesprochen hatte. 

Der Krieg gab dann rechten Vorwand, die Wallfahrten ganz zu 
verbieten. Pilgerfahrten nach Rom und ausländischen Gnaden- 
orten wurden schon lange vor dem Kriege durch entsprechende 
stille, aber zwingende Einwirkung auf Eisenbahndirektion und 
Reisebüros unterbunden, ohne daß jedoch Eisenbahnverwaltung und 
Reisebüroleitungen sagen, ja auch selbst auf Anfragen zugeben 
durften, entsprechende Weisungen von oben zu haben. 

Wie die Übertragung von Predigten von Kirche zu Kirche oder 
im Freien verboten wurde, so wurde nach ein paar Jahren Nazi- 

71 



Herrschaft auch die schon lange übliche Lautsprecherübertragung 
der Evangelien, Gebete, Lieder und Orgelstücke bei der Münchener 
Fronleichnamsprozession verhindert, aber wieder nicht durch ein 
offenes Verbot, sondern durch Befehl an die mit der Leitungslegung 
beauftragte. Telefunkengesellschaft, Hindernis um Hindernis zu 
finden. 

öffentliche Musikkapellen, wie jene der Stadt, Post, Feuerwehr, 
Sanität, durften bei der Fronleichnamsprozession nicht mehr mit- 
wirken. In Freiburg i. Br. wurde eine solche Musik- 
kapelle sogar während der Prozession abberufen. 
Dafür aber durften Flugzeuge die Prozession längere Zeit auf- 
fallend geräuschvoll und niedrig überfliegen!! 

Den Lehrern wurde nahegelegt, den Chorregenten- und 
O r g a n i s t e n d i e n s t in den Kirchen niederzulegen. Parteimit- 
gliedern wurde verboten, ihren Söhnen Ministrantendienste 
leisten zu lassen. 

Nach einer Mitteilung vom 14, Februar 1937 untersagt der SS- 
Reichsführer im Sommer 1936 den SS-Angehörigen jegliches Musi- 
zieren in Kirchen, auch das bloße Orgelüben. 

Bespitzelung der Exerzitienteilnehmef. 

Um von der Teilnahme an Exerzitien (drei- bis viertägige 
„geistliche Übungen" in besonderen geistlichen Häusern) abzu- 
schrecken oder die Teilnehmer auf die Schwarze Liste nehmen zu 
können, wurde im Jahre 1937 der polizeiliche Meldezwang für 
Fremdenübernachtung auch auf Exerzitienhäuser ausgedehnt, hie- 
für sogar eigens das Meldeformular entsprechend abgeändert. 

Fünf Männer der Pfarrei Aufkirchen am Starnberger See, die im 
Jahre 1938 an Exerzitien im Hause der Jesuiten auf der Rottmannshöhe 
teilgenommen hatten, wurden acht Tage darauf in der Gemeindekanzlei 
von Höhenrain vorgeladen und dort vom Kreisleiter von TÖlz, vom 
Stützpunktleiter und 'Bürgermeister des Ortes mit schwersten Vorwürfen 
überschüttet!! 

Die Teilnahme am Eucharistischen Kongreß in 
Budapest im Jahre 1938, zu dem sich schon Tausende von 
reichsdeutschen Katholiken gemeldet hatten, wurde vollständig 
verboten. Selbst die Lichtbilder, welche von diesem Kongreß 
herauskamen, wurden beschlagnahmt und vernichtet. 

Der Krieg gab, wie zu vielem anderen, auch Anlaß zu ein- 
schränkenden Bestimmungen gegen das kirchliche Glocken- 
geläute, die wohl nicht bloß zur Vermeidung von Störungen der 
Luftüberwachung u. ä. erlassen wurden; z. B., daß jeweils nur eine 
halbe Stunde vor Sonnenaufgang und bis eine halbe Stunde nach 
Sonnenuntergang geläutet werden dürfe und dann nur in der Dauer 
von drei Minuten. Später wurde sogar versucht, alle Kirchen Mün- 
chens am Sonntag nur einmal gleichzeitig läuten zu lassen, ohne 

.72 



Rücksicht darauf, wann in den einzelnen Kirchen die Gottesdienste 
begannen. 

Dagegen wurde da und dort das kirchliche Glockengeläute 
fixr politische oder parteiliche Kundgebungen 
verlangt oder erzwungen oder einfach ohne Befragung der Kirchen- 
vorstände von fanatischen Pärteileuten selbst ausgeführt (ähnlich 
wie anfänglich die Beflaggung der Kirchentürme mit Hakenkreuz- 
fahnen). 

Gefordert wurde das kirchliche Glockengeläute und bei den in nach- 
folgender Liste mit * bezeichneten Fällen schon vor jeder Fühlungnahme 
mit den kirchlichen Behörden in das durch Presse und Radio veröffent- 
lichte Programm aufgenommen: 

* zum Sonnwendfeuer auf dem Starnberger See; 

zur Eröffnung des neuen, rein nationalsozialistischen Stadtrates in 
München; 

zum Probealarm für „Abwehr eines FlugzeugangrifOes"; 

zum Nürnberger Parteitag; 

• zum Tag der Deutschen Kunst in München, bzw., wie das Pro- 

gramm zeigt, „zur feierlichen Einholung des Führers" 15. Oktober; 

zum Einzug des Führers in Neumarkt (Opf.) am 29. Oktober 1933. 
Da es versagt wurde, verlegte man den Einzug auf 12 Uhr mit- 
tags und deutete dann das um 12 Uhr stattfindende „Gebet- 
läuten" in der Presse als „Glockengeläute von allen Kirchen der 
Stadt". 

Der Gemeinderat Oberhaching ging sogar so weit, ein Glocken- 
geläute von einer halben Stunde Dauer als feierlichen Auftakt zur Volks- 
abstimmung für Samstag, 11. Oktober 1933 (8 bis 8.30 Uhr) zu verlangen. 

3. Fesseln für die Seelsorge. 

„Lehret alle Völker!" hatte Christus den Aposteln aufgetragen. 
„Fesselt das WortGottes und seine Verkünder!" 
war Parole der Nationalsozialisten. 

„Taufet sie!" befahl Christus weiter. „Legt Fesseln 
anderSakramentspendungunddemSakramenten- 
empfang!" War wiederum die Antwort des Christus hassenden 
Nationalsozialismus. 

Schon das erste Sakrament, 

die Tau f e, 

wurde möglichst zu verhindern und durch Hohn und Spott zu ver- 
leiden gesucht. Sie war ja nach nationalsozialistischer Auffassung 
vollständig überflüssig und verstieß überhaupt gegen „germanische 
Anschauungen'". Sie hing ja zusammen mit dem Glauben an die 
E r b s ün d e, eine „Ausgeburt orientalischen Geistes und Aber- 
glaubens". 

„Das Schwarze Korps" vom 28. Januar 1937 brachte einen Artikel 
über die Erbsünde: „Der erste Gang einer jungen Mutter nach dem 
Wochenbett war zur Kirche. Aber wenn sie ankam, war es ihr nicht 
gestattet, den geweihten Raum zu betreten, sondern sie mußte in dem 

Kreuz und Hakenkresix i 73 



nicht geweihten Vorhäuschen warten, bis sie .gereinigt* wurde. , So ver- 
langt es katholischer Brauch ..." 

Die Grundforderung des Katholizismus und der Kern seiner Lehre 
über die Erbsünde mag in dem Worte zusammengefaßt sein: „Das Leben 
selbst ist Sünde, der Tod aber bedeutet Erlösung." Daß diese Lehre die 
ganze orientalische Mißachtung der Frau in sich begreift, wird freilich 
von römischer Seite nicht zugegeben, am wenigsten in bezug auf 
deutsche Frauen; denn deutsche Frauen betrachten die Stunde, in der 
sie einem Kind das Leben geben dürfen, als die stolzeste Stunde ihres 
Lebens. Sie wissen, daß der Sinn des weiblichen Daseins seine Erfüllung 
gefunden hat und danken Gott mit freudigem Herzen für die Gnade, 
die er ihnen erwiesen hat. (Bemerkung: Der Artikelschreiber hatte keine 
Ahnung davon, daß im ganzen Ritus der sogenannten „Vorsegnung' oder 
„Müttersegnung" tatsächlich alles von Freude und Dank klingt, kein 
Wort von „Reinigung' vorkommt.) 

In der Nummer vom 4. November 1937 leistete sich dann' „Das 
Schwarze Korps" einen neuen Angriff auf die Taufe, besonders wegen 
der „undeutschen und unhygienischen Zeremonien" der katholischen 
Taufe. Dabei erniedrigte es sich zu folgender theologischer Unkenntnis 
und banaler Redeweise: „Man sagt, die Taufe sei ein Sakrament, das 
von Christus eingesetzt sei. Aber es war doch der hl. Johannes, der sie 
zuerst übte, indem er Jesus am Jordan taufte. Weder er noch Christus 
ließen die Finger abschlecken noch Salz schlucken. Erst die Priester 
führten ,symbolische Handlungen' ein, die weder verordnet noch er- 
wünscht waren." 

Solch „ungermanische, unhygienische, überflüssige" Handlungen 
durfte natürlich kein echter Nationalsozialist an seinen Kindern 
vornehmen lassen, insbesonders nicht ein hoher Parteifunktionär 
und SS-Mann. Und wenn einer schon gar nicht auf das a:lte Her- 
kommen verzichten wollte, dann erwartete man wenigstens, daß er 
seinem Kinde nicht einen ungermanischenNamen gab, son- 
dern den eines der „Herren des Nationalsozialismus", beileibe nicht 
einen christlichen Namen. 

Der Reichsführer der SA, V. Lutze, ging da seinen Gefolgs- 
mannen mit gutem Beispiel voran. Auf die schriftliche Einladung 
des katholischen Pfarrers von St. Bernhard in Berlin, sein neu- 
geborenes Kind taufen zu lassen, ließ er nachfolgende grobschläch- 
tige Antwort geben und veröffentlichen: 

Der Oberste SA-Führer, R/R 
Adjutant des Stabschefs. 
Briefb. Nr. 9370/36/1/1. 
Betrifft: Kindstaufe. 
Bezug: dort. v. 16. 9. 1936. 

Berlin W, den 30. Sept. 1936. 
Voßstraße 1. 

Abschrift. 
An das 

katholische Pfarramt St. Bernhard 
Berlin-Dahlem 
Königin-Luise-Straße 33. 

Sehr geehrter Herr Pfarrer! 

Ihr Schreiben vom 16. ds. Mts. lag dem Stabschef vor, und der Stabs- 
chef läßt dem katholischen Pfarramt St. Bernhard darauf folgendes er- 
widern: 

74 



Es trifft zu, daß dem Stabschef ein Kind geboren ist, das die Namen 
„Adolf Hermann" trägt. Das Kind ist nicht getauft und der Stabschef 
beabsichtigt auch nicht, das Kind durch eine der beiden in Deutschland 
vorherrschenden Religionseihrichtungen taufen zu lassen. Maßgebend 
für den Stabschef sind folgende Erwägungen: 

Mit großer innerer Besorgnis verfolgt der Stabschef seit langem die 
Ijinie, auf der sich die beiden in Deutschland vorherrschenden Konfes- 
sionen seit längerer Zeit bewegen. Die Wahrheit ist mit das höchste Gut 
der Menschheit, wie dieses ja auch die christliche Religion in ihren 
Schriftisn und in ihrer Lehre mehrfach zum Ausdruck bringt. Mit tiefer 
Betrübnis hat der Stabschef als wahrhafter Mensch die vielen zusam- 
mengelogenen und gehässigen Angriffe beider Konfessionen gegen den 
heutigen Staat zur Kenntnis genommen. Es widerspricht sich doch, 
wenn eine christliche Konfession von ihrer Anhängerschaft verlangt, 
„sie solle nicht falsch reden wider den Nächsten", und wenn dann 
andererseits die beamteten Sachwalter dieser Religion von der Kan- 
zel herab „falsch Zeugnis reden wider den Staat". Dies muß jedem 
wahrhaften und rechtlich denkenden Menschen unverständlich sein. Die 
vom heutigen Staat bezahlten Warte der Religion haben es ja lediglich 
dem heutigen Staat zu verdanken, daß ihre Versammlungsorte — in 
denen' sie predigen — noch nicht als grausige Fackeln und lUuniination 
des nächtlichen Deutschland in Flammen aufgegangen sind und daß sie 
selbst von einem roten, Mob nicht in tierischer Weise hingeschlachtet 
worden sind, wie dies ja in Spanien, wo der antichristliche Bolschewis- 
mus herrscht, in Hunderten von Fällen vorgekommen ist und noch 
heute vorkommt. 

Wenn man lehrt: „Du sollst Deine Feinde lieben", dann ist es un- 
logisch, daß die Religionsverkünder — selbst wenn man von ihnen an- 
nehmen würde, daß sie Staatsfeinde Avären — den heutigen Staat be- 
kämpfen. Denn selbst als „Feinde" des heutigen Staates müßten sie ihn 
doch lieben und man kann nicht schmähen, was man liebt! 

Man predigt: „Du sollst keusch und züchtig leben in Worten und 
Werken" und von den berufenen Verkündern der christlichen Lehre 
wandern Dutzende wegen tierischer Schweinereien auf längere Zeit hin- 
ter Gitter: Verlangt man denn das „keusch und züchtig leben nur von 
den Anhängern, und findet man die verbrecherischen Ausschweifun- 
gen der Prediger für durchaus am Platze?" Man hat doch nachweislich 
diese Schweinereien höheren Orts gewußt und geduldet, bis endlich der 
Staat das schützende Tuch weggerissen und die übergroße perverse 
Triebhaftigkeit der „Diener Jesu" brandmarkte. Es steht nirgendwo in 
der Heiligen Schrift, daß die Diener der christlichen Weltanschauung 
sexuelle Ausschweifungen begehen dürfen und nach der Heiligen 
Schrift regelt siqh doch auch das Leben der Priester. 

Die christliche Religion hat es in 2000 Jahren nicht nur nicht er- 
reicht, die Menschheit so gut zu machen, wie sie eigentlich auf Grund 
der Gebote und der Bibelsprüche sein soll, sondern es ist ihr darüber 
hinaus in 2000 Jahren nicht einmal gelungen, die Verkünder zu 
guten Menschen zu machen! 

Dies wären von den Hunderten von Widersprüchen nur einige, die 
hier angeführt worden sind. Man bringt aber junge Menschen, die man 
all diesem Widerspruch aussetzt, in einen erheblichen seelischen Zwie« 
spalt, der sich nachteilig auf das ganze Leben auswirken muß. 

Der Stabschef kann in seiner Gottgläubigkeit diese Verantwor- 
tung nicht auf sich nehmen und muß als treusorgender Familien- 
vater alle Möglichkeiten ausschalten, die seine Kinder in Gefahr 
bringen könnten, daß sie durch sexuelle Lüstlinge im Priester- 
kleide unrein werden. Darüber hinaus muß er sie von jeder Be- 
rührung mit unwahren Lehren bewahren! Sie werden zu 

71 



gottgläubigen, reinen Mensche.n ohne Bindung an eine Konfession 
erzogen werden. 

Daß das katholische Pfarramt St. Bernhard seinen Brief nicht mit 
„Heil Hitler" geschlossen hat, wird diesseits lediglich als eine Vergeß- 
lichlfeit angesehen. 

Heil Hitler! 

Der erste Adjutant des Stabschefs, 
gez. Reimann, Brigadeführer. 

Wo der Stabschef mit so derbem Stiefel voranschritt, da wollten 
viele SA-Männer „im Geist mitmarschieren". 

Und die SS, die ihre unehelichen Kinder in das Kinderheim 
des vom „Winterhilfswerk", von „Mutter und Kind", von „Volks- 
wohlfahrt" und ähnlichen nationalsozialistischen „Hilfswerken" 
reichlieh unterstützten „Lebensborn" in Steinhöring 
(Cberbayern) sandten, duldeten natürlich auch nicht, daß in dem 
Hause auch nur eines der Kleinen getauft würde. Eine Mutter, die 
dies doch wünschte, wußte sich nur dadurch zu helfen, daß sie mit 
ihrem Kind nach ein paar Wochen angeblich zu Besuch bei einer 
bekannten Familie ins Dorf ging und dort dann das Kind taufen 
ließ. ! 

Ganz besonders verhaßt War den Nationalsozialisten die 
Taufe von Juden. Des öfteren wurden von den bischöflichen 
Ordinariaten Statistiken über Judentaufen, ja sogar Bekanntgabe 
der Namen solcher Täuflinge verlangt, eine Forderung, die freilich 
immer zurückgewiesen wurde. 

Die Berliner Polizei stellte sogar dem „Stürmer" amtliches Mate- 
rial zur Verfügung, um durch öffentliche Anprangerung und Drohung 
von weiteren Judentaufen abzuschrecken. Der wackere Stadtpfar- 
re rvon St. Matthias in Berlin protestierte daraufhin am 
15. März 1936 in jeder hl. Messe dagegen, daß der „Stürmer" im vor- 
ausgehenden Januar photographische Wiedergaben von zwei offiziellen 
Schriftstücken dieser Pfarrei betreffs Aufnahme von zwei Juden in 
die katholische Kirche veröffentlichte. Er teilte dabei mit, daß 'er auf 
eine Anfrage bei der Polizei, wie diese Schriftstücke in den Besitz des 
„Stürmers" gekommen seien, keine Antwort erhalten hätte, ebenso die 
bischöfliche Behörde nicht. Im Gegenteil: des Pfarres Mitteilung an die- 
Polizei, daß er in Zukunft der Polizei keine solchen Meldungen mehr 
machen werde, sei amtlicherseits wiederum dem „Stürmer" zum Abdruck 
zur Verfügung gestellt worden. Darum erklärte der Pfarrer feierlich 
vor seiner Gemeinde: „Euer Pfarrer ist nicht willens, sich 
seine tägliche Tätigkeit vom „Stürmer" diktieren zu 
lassen, sondern von seinem eigenen Gewissen. Und 
dem Gewissen folgend, wird er nicht zögern, Ungläu- 
bige jeglicher Ras sein die Kirche aufzunehmen, die 
Christus für alle Menschen gegründet hat, solange als er. auf der ande- 
ren Seite nicht unehrliche Absichten befürchten muß." 

Verdächtigung derBeicht. 

Bei der feindseligen Einstellung des Nationalsozialismus gegen 
Christentum und Priestertum, gegen Sünde und Sakramente ist es 
nicht verwunderlich, daß auch die hl. Beicht, in gehässigster Weise 

76 



bekämpft wurde. Beispiele dafür sind mancherlei Spottbilder, wie 
sie vom „Schwarzen Korps" am 1. 7. 37 und vom „Stürmer" in 
Nr. 31/1936 gebracht wurden; ebenso die zahlreichen Verdächti- 
gungen, wie sie in dem Buch von E. Thomassin: „Ich war ein 
Katholik" ausgesprochen wurden. Die Überschrift, welche „Das 
Schwarze Korps" Nr. 23/1937 einem Artikel gab: „Sie lügen! Sie 
lügen!" hätte am besten auf all die Ausführungen dieses Blattes 
über die Beicht gepaßt, wie sie auch voll zutraf für eine Behaup- 
tung des betreffenden Artikels selbst, die da lautete: 

„Im Beichtstuhl flüstere man den Frauen ins Ohr, die Nazis wollen 
die Kirche abschaffen, sie sollen daher ihren Männern die ehelichen 
Freuden versagen, wenn sie dem nationalsozialistischen Kirchenfeind 
nicht abschwören." 

Wie erlogen diese Anschuldigung war, zeigte sich daraus, daß 
eine Aufforderung des Erzbischöflichen Ordinariates München vom 
12. Juli 1937 um nähere Angaben unbeantwortet blieb. 

BeschimpfungundBehinderung 
der hl. Kommunion. . 

Es erübrigen sich nähere Ausführungen über die niedrige Rede- 
weise von Nationalsozialisten über die hl. Kommunion. In ganz 
Bayern war es wohl bekannt, daß Gauleiter und Staatsminister 
Adolf Wagner gern einfach von ,, Hostienfressern" sprach. 

Überraschender ist wohl, daß nationalsozialistische Stellen auch 
staatliche Machtmittel gegen dieses hl. Sakrament einsetzen wollten. 
Bezeichnend ist hiefür nachfolgendes Schreiben: 

Abdruck zu Nr. IV 33312 

NSDAP Gau München -Oberbayern Freising, den 12. Juni 1935 

Kreisleitung Freising. , 

Abteilung Kreisleitung. Diktat:- Le/LI. 

Vertraulich ! 

An die Gauleitung Miinchen-Oberbayern, Kanzlei des stellv. Gauleiters 

München. 

1. Es ist eine allgemeine Erscheinung, daß die katholische Kirche eine 
fieberhafte Tätigkeit entwickelt. In den Volksschulen war bisher üb- 
lich, daß die Kinder alle 3 Monate beichteten. Nunmehr wurde 
monatliche Beichte angeordnet, und zwar Samstag nachmittags, also 
am Staatsjugendtag. 

2. Ferner fällt auf, daß in diesem Jahr zweimal Kommunion für die 
Erstkommunikanten stattfindet, d. h. nach den nunmehr 10jährigen 
Kindern werden nun auch die 9jährigen Kinder in den nächsteh 
Wochen die Kommunion empfangen. Abgesehen von den wirtschaft- 
lichen Opfern, die die Eltern zu bringen haben, dünkt es sonderlich, 
daß nunmehr der Zeitpunkt gegeben erscheint, daß Kinder bereits in 
der 3. Klasse Volksschule das Sakrament der Kirche empfangen. 

3. Es besteht immer noch die alte Schulordnung, wonach Lehrer ver- 
pflichtet sind, an sogenannten Bittprozessionen geschlossen mit ihren 
Kindern teilzunehmen. Eine Verfügung, die diesen Zwang entkräftet, 
ist bisher noch nicht' erschienen. 

,77 



Alle diese Fragen lege ich der Gauleitung mit der Bitte vor, bei den 
zuständigen Stellen Aufklärung zu fordern bzw. Mißstände zu beseitigen. 

Heil Hitler! 

gez. Lederer, Kreisleiter. 

(Bemerkung: Wochenlang forschte ein Jahr später die Gestapo nach, 
wie das Erzbischöfliche Ordinariat München Kenntnis von diesem 
Schreiben erhalten hatte.) 

Auch die hl. Firmung 

paßte den lOOprozentigen Nationalsozialisten nicht. Kreisleiter 
Endrös von Traunstein z. B. gab sich alle Mühe, die Kinder davon 
abzuhalten und ihnen dafür eine andere „Freude und Ehre" zu 
bereiten. Am 31. Mai 1939 schrieb er an alle Ortsgruppenleiter: 

„Es stehen immer noch die Meldungen derjenigen Kinder durch die 
Ortsgruppenleiter aus, die nicht gefirmt werden. Ich beziehe 
mich, auf meine wiederholten Ausführungen und ersuche, bis spätestens 
11. Juni 1939 diese Meldung namentlich vorzunehmen, da ich, wie be- 
reits bekannt, für diese Kinder gemeinsam mit ihren Paten eine Feier- 
stunde und einen größeren Ausflug plane. (Besuch der Burg Burg- 
hausen und des Geburtshauses des Führers in Braunau)." 

Das katholische Ehesakramentund Eherecht 

wurden natürlich auch Gegenstand besonderen nationalsozialisti- 
schen Hasses und Angriffes. 

„Das Schwarze Korps" z. B. polemisierte am 11. Februar 1937 
gegen die Päpstliche Ehe-Enzyklika. Am 1. April 1937 
und. am 17. Februar 1938 wurde die katholische Lehre von der Ehe 
und insbesonders das Dispenswesen angegriffen.. Am 23v März 1939 
wandte sich das Blatt in schai-fen Worten gegen den starren Wider- 
stand der Kirche gegen die „Mischehen", wie schon am 26. Aug. 1937. 
Am 5. März 1936 faßte es die christlichen Grundsätze in bezug auf 
das 6. Gebot als „überholte Moral" zusammen. 

Dementsprechend wurden auch die unverheirateten 
Frauenspersonen aufgefordert, Kinder zu gebären. So 
schrieb „Das Schwarze Korps" am 30. Dez. 1937: „Wir können es 
uns nicht leisten, die Kinder der Frauen zu verlieren, die, zum 
Überschuß gehörig, Mütter \verden können, aber keine Gattinnen." 

Der Bürgermeister von Wattenscheid in Westfalen zog daraus die 
entsprechende Schlußfolgerung und wurde dafür im „Schwarzen Korps" 
vom 6. April 1939 ausdrücklich gelobt, seine Maßnahmen als „nach- 
ahmenswert" bezeichnet. Er versprach nicht bloß allen Ehepaaren für 
ein gewolltes 4. oder 5. oder 6. Kind das nötige Kapital zum Erwerb eines 
eigenen Hauses oder eine moderne, gesunde viei-zimmerige Mietwohnung 
zu höchstens 34 Mark Monatsmiete; er versprach weiterhin nicht bloß 
für jedes 3. oder 4. oder weitere Kind der Mutter eine Prämie von 
100 Mark, sondern er sicherte solche Vergünstigungen auch allen 
Frauenspersonen zu;, die vor 1910 geboren und nicht durch ihre eigene 
Schuld unverheiratet geblieben seien. Wenn sie über diese herkömm- 
lichen Vorurteile hinwegkommen und ihrem Volk Kinder schenken, so 
übernehme die Stadt für jedes erste oder zweite Kind die Patenschaft, 

78 



sie gebe als Geburtstagsgeschenk eine Sparkassenbescheinigung von 
500 Mark und werde diesem Kind bis zur Mündigkeit Fürsorge zu- 
wenden. 

So würden die 2 Millionen Frauenspersonen, deren künftige Män- 
ner im Kriege gefallen seien, jetzt aufgerufen, „ihrer natürlichen Be- 
stimmung als Frauen Folge zu leisten". Um aber in den Genuß dieser 
Vergünstigungen zu kommen, müsse die Absicht, ein Kind zu erzeugen, 
vorher den Behörden kundgetan werden', weil ein Kind, das nicht mit 
ernster Absicht erzeugt wird, nicht als ein freiwilliger Beitrag für das 
allgemeine Wohl betrachtet werden könnte. 

DerneueKrieg ab 1. September 1939 gab den biologischen 
Zielen der Partei gewaltigen Aufschwung und ließ sie erst recht 
über die elementarsten Moralprinzipien hinweggehen. Seit Weih- 
nachten 1939 begannen nationalsozialistische Partei und Staat mit 
einer systematischen Propaganda: 

„Mehr Kinder, um jeden Preis, wenn's nottut, auch ohne Ehe!" 

Ausgerechnet in seiner Weihnachtsnummer 1939 veröffentlichte der 
„Völkische Beoboachter" in großen, dicken Lettern zwei Briefe unter 
dem Titel: , .Rudolf Heß und eine unverheiratete Mutte r". 
Der erste Brief ist der eiiies Mädchens, das ein Kind erwartet von Ihrem 
Verlobten, der in Polen gefallen ist, und in ihrer Not 'Hilfe beim Stell- 
vertreter des Führers sucht. Der zweite Brief ist die Antwort des 
Reichsministers Heß an diese Mutter. Er drückt seine Bereitwilligkeit 
aus, als Pate für Mutter und Kind zu sorgen. Mutter und Kind würden 
durch die Partei genau so behandelt, als wenn die Heirat schon vorher 
geschlossen worden wäre. Eine ähnliche Vorsorge werde für alle jun- 
gen Mütter gleicher Art. getroffen werden. Denn „jedes neue Leben sei 
für die Nation yon größter Bedeutung, besonders in Kriegszeit, die man- 
chen jungen Mann als Opfer fordere". Wenn darum junge Männer von 
untadeligen rassischen und biologischen Qualitäten zu den Waffen ger 
rufen würden und daheim zur Weiterleitung ihres Blutes auf kom- 
mende Generationen Kinder ließen, geboren von Frauenspersonen ent- 
sprechenden Alters und ähnlicher Eigenschaften, mit denen aber aus 
diesem oder jenem Grunde nicht sofort eine Heirat möglich sei, so wür- 
den Schritte unternommen, dieses wertvolle nationale Erbe zu bewahren. 
Gegenteilige Erwägungen, die in normalen Zeiten ge- 
rechtfertigt sein mögen, hätten hier zurückzutreten. 
Das Gemeinwohl, das sei das Leben der Nation, habe hier den Vor- 
rang vor allen Regeln, welche Menschen ersonnen hätten, vor allen 
Gewohnheiten, die der Ausdruck eines anerkannten Brauches, aber 
nicht der Moral selbst seien, erst recht vor allen vorgefaßten Ideen. 
Der höchste Dienst, welchen eine Frau der Gemeinschaft leisten könne, 
sei, beizutragen zur Erhaltung der Nation, indem sie Kindern von ras- 
sisch gesundem Stamm aas Leben gebe. 

Der Schriftleiter des „Völkischen Beobachters" bemerkt hiezu, 
daß der Stellvertreter !des Führers der nationalsozialistischen An- 
schauung würdigsten Ausdruck verliehen habe. 

Ähnlich äußerte sij;h „Das Schwarze Korps" vom 1. Dezember 
1939 und vom 4. und 5{ Januar 1940. 

Inzwischen war aufh etwas in die Öffentlichkeit gedrungen von 
einem Geheimerlaß dejs Reichsführers SS an die gesamte SS und 
Polizei. 

79 



(Der Erlaß war so geheim gehalten, daß der Münchener Stadtpfarrer 
Paul Meisel ins Gefängnis und Kz gesteckt wurde, weil er nicht preis- 
geben wollte, woher er Kenntnis von dieser Verordnung erhalten hatte.) 
Die Kundgebung lautete: 

Der Reichsführer SS und Berlin, den 28. Oktober 1939. 

Chef der Deutschen Polizei 

im Reichsministerium des Innern, 

SS-Befehl 
für die gesamte SS und Polizei 

Jeder Krieg ist ein Aderlaß besten Blutes. Mancher Sieg der Waffen 
war für ein Volk zugleich eine vernichtende Niederlage seiner Lebens- 
kraft und seines Blutes. Hierbei ist der leider notwendige Tod der 
besten Männer, so bedauernswert er ist, noch nicht das Schlimmste. Viel 
schlimmer ist das Fehlen der während des Krieges von den Lebenden 
und der nach dem Krieg von den Toten nicht gezeugten Kinder. 

Die alte Weisheit, daß nur der ruhig sterben kann, der Söhne und 
Kinder hat, muß in diesem Kriege für die Schutzstaffel wieder zur 
Wahrheit werden. Ruhig kann der sterben, der weiß, daß seine Sippe, 
daß all das, was seine Ahnen und er selbst gewollt und erstrebt haben, 
in den Kindern seine Fortsetzung findet. Das größte Geschenk für die 
Witwe eines Gefallenen ist immer das Kind des Mannes, den sie ge- 
liebt hat. 

Über die Grenzen vielleicht sonst notwendiger 
bürgerlicher Gesetze und Gewohnheiten hinaus wird 
es auch außerhalb der Ehe für deutsche Frauen und Mädel 
guten Blutes eine hohe Aufgabe sein können, nicht aus Leichtsinn, 
sondern in tiefstem sittlichem Ernst Mütter der Kinder ins Feld ziehen- 
der Soldaten zu werden, von denen das Schicksal allein das weiß, ob sie 
heimkehren oder für Deutschland fallen. 

Auch für die Männer und Frauen, deren Platz durch den Befehl des 
Staates in der Heimat ist, gilt gerade in dieser Zeit die heilige Ver- 
pflichtung, wiederum Väter und Mütter von Kindern zu werden. 

Niemals wollen wir vergessen, daß der Sieg des Schwertes und das 
vergossene Blut unserer Soldaten ohne Sinn wären, wenn nicht der Sieg 
des Kindes und das Besiedeln des neuen Bodens folgen werden. 

Im vergangenen Krieg hat mancher Soldat aus Verantwortungs- 
bewußtsein um seine Frau, wenn sie wieder ein Kind mehr hatte, nicht 
nach seinem Tod in Sorgen und Not zurücklassen zu müssen, sich ent- 
schlossen, während des Krieges keine weiteren Kinder zu erzeugen. 
Diese Bedenken und Besorgnisse braucht ihr SS-Männer nicht zu haben. 
Sie sind durch folgende Regelung beseitigt: 

1. Für alle ehelichen und unehelichen Kinder guten Blutes, 
deren Väter im Kriege gefallen sind, übernehmen besondere, von mir 
persönlich Beauftragte im Namen des Reichs^ihrers SS die Vormund- 
schaft. Wir steilen uns zu diesen Müttern und werden menschlich die 
Erziehung und materiell die Sorge für das droßwerden dieser Kinder 
bis zu ihrer Volljährigkeit übernehmen, so daß keine Mutter und Witwe 
aus Not Kümmernisse haben muß. 

2. Für alle während des Krieges erzeugten Kinder ehelicher und 
unehelicher Art wird die Schutzstaffel während des Krieges für 
die werdenden Mütter und für die Kinder, vfenn Not und Bedrängnis 
vorhanden ist, sorgen. Nach dem Kriege wird die Schutzstaffel, wenn 
die Väter zurückkehren, auf begründeten Ar,trag des einzelnen wirt- 
schaftlich zusätzliche Hilfe in großzügiger Foim gewähren. 

SS-Männer und ihr Mütter dieser von Deutschland 
erhofftenKinder, zeigt, daß ihr im Glauben an den Führer und 

80 



im Willen zum ewigen Leben unseres Blutes und Volkes 
ebenso tapfer, wie ihr für Deutschland zu kämpfen und sterben versteht, 
das Leben für Deutschland weiterzugeben willens seid. 

Der Reichsführer SS 
gez. H. Himmler. 

Es ist klar, wo solche Moralbegriffe herrschten, war kein Platz 
für katholische Eheauffassung und Ehepraxis. Da war die Ehe kein 
Sakrament, sondern nur ein rein bürgerlich-rechtlicher Akt; da war 
die kirchliche Trauung etwas Überflüssiges, etwas Uner- 
wünschtes. Darum mußte auch jeder SS-Mann Farbe bekennen: 
Bei dem Einholen der Eheerlaubnis auch ausdrücklich die Frage 
beantworten, ob er sich kirchlich trauenlas.sen wolle. 
Je höher der Rang eines SS-Mannes oder Parteiangehörigen, desto 
mehr wurde ihm kirchliche Trauung verübelt. 

Der Treuhänder der Arbeit in Bayern, Kurt Frey, wurde im 
Jahre 1941 mehrere Wochen lang eingesperrt, weil er ohne ausdrückliche 
Erlaubnis der Partei sich hatte kirchlich trauen lassen, ebenso Dom- 
vikar Josef Thalhamer- München, weil er diese Trauung vor- 
genommen hatte. Verfasser wurde von der Gestapo- Berlin lange mit der 
Frage bedrängt, welche kirchliche Trauungen von „Parteibonzen" und 
höheren SS-Leuten in der Erzdiözese München stattg(^funden hätten und 
wer diese vollzogen hätte. Als er eine Aussage hierüber entschieden 
verweigerte, wurde gedroht: „Wenn Sie das nicht sagen, kommen Sie 
überhaupt nicht mehr aus dem Gefängnis heraus", worauf die Antwort 
natürlich nur lauten konnte: „Gut, dann muß ich' eben herinnen bleiben." 

Das „Amtsgeheimnis" wollte man ja kirchlichen Personen überhaupt 
nicht mehr zugestehen, wie nachfolgende Presse- Veröffentlichung vom 
14. Dezember 1938 zeigt: 

Berlin, 14. Dezember 1938. 

Kirchlichen Amtspersonen ist bisher von ihren Kirchenbehörden 
ein Schweigeversprechen auch für den Fall einer Vernehmung vor welt- 
lichen Gerichten abgenommen worden. Reichskirchenminister Kerrl hat 
nun verfügt, daß gegen die Abnahme eines solchen Versprechens we- 
gen Begünstigung vorgegangen werden soll. Es soll damit einer 
Verschleierung der Wahrheit in Strafverfahren entgegengearbeitet 
werden. 

„Münchener Neueste Nachrichten" vom 15. Dezember 1938. 

(Dabei bestand für Partei-Amtswalter ein gleiches „Amtsgeheimhis- 
gebot", auch für gerichtliche Vernehmung.) 

Schlimmer noch erging es einzelnen katholischen Geistlichen, 
wenn sie pflichtgemäß und in rein seelsorglicher Absicht auf 
kirchlicheEhebestimmungen aufmerksam machten, z. B. 
vor Ehen mit Geschiedenen warnten oder bei Erteilung von Sterbe- 
sakramenten forderten, daß vorher die ungültige Ehe getrennt 
würde. Dagegen wetterte „Das Schwarze Korps" wiederholt in 
schärfster Weise, z. B. am 30, Juni 1938, dann wieder am 2. Februar 
1939, und 14 Tage später neuerdings unter Nennung eines Augs- 
burger Pfarrers als eines „Beispiels solcher Seelenmasseure und 
Engelfabrikanten" und mit der Forderung „strenger Bestrafung". 

81 



Tragisch, geradezu zu doppeltem Martyrium führend, war der 
Fall des Pfarrers Neururer von Götzens (Tirol): 

Pfarrer Neururer hatte einem Fräulein seiner Pfarrei, das einen 
geschiedenen Mann heiraten wollte, als Seelsorger Aufklärung dar-, 
über gegeben, daß eine solche Ehe nach katholischem Recht nicht. 
möglich sei. Der geschiedene Mann war aber ein Freund von Gau- 
leiter Hofer in Innsbruck und teilte diesem mit, daß ob dieser 
Warnung des Pfarrers Neururer seine geplante Heirat nicht zu- 
stande komme. Daraufhin wurde Pfarrer Neururer verhaftet, später 
nach Dachau und zuletzt nach Buchenwald gebracht. Dort endete 
sein Leben sehr rasch auf unerklärliche Weise; er wurde eben 
„liquidiert". Seine Leiche wurde verbrannt und die Asche in seine 
Heimat geschickt. Seitehs der kirchlichen Stellen wurde von der 
Gestapo die Erlaubnis zur Beisetzung der Asche in der Kirche 
erwirkt. 

Die Todesanzeige wurde im Benehmen mit dem Generalvikar 
und Provikar, Prälat Dr. Karl Lambert von Innsbruck (geb. 
9. L 94 in Göfis, Vorarlberg), gefertigt und hatte folgenden Wortlaut: 

Todesanzeige 

Gott hat unsern innigstgeliebten Seelsorger 

H.H. Pfarrer Otto Neururer 

nach großem Leid heimgeholt in seine Liebe. Er starb am 30. Mai 1940, 
fern seiner Seelsorgegemeinde, in Weimar-Buchenwalde. Wir kannten 
Herrn Pfarrer Neururer als einen Mann vorbildlicher Pflichterfüllung 
und ganzer Hingabe an seine Seelsorgeaufgabe. Sein Leben unter , uns 
und sein Sterben werden, wir nie vergessen. Die Beisetzung des lieben 
Toten wird später bekanntgegeben. 

Hievon gibt in tiefer Trauer Kenntnis 

Die Pfarrgemeinde. 
Götzens am 3L Mai 1940 
bei Innsbruck 

Dieser Text wurde durch den Faktor der Buchdruckerei der 
Gestapo vorgezeigt. Der Gestapobeamte äußerte: „Wir sind doch 
kein Leichenbestattungsinstitut. Das geht uns nichts an." Er be- 
haupete später, die Todesanzeige nicht gelesen zu haben. Nach Aus- 
sage des Faktors hat er sie aber gelesen. 

Bald nach der Beisetzung der Asche wurde Prälat Lambert im 
Auftrag des Gauleiters verhaftet mit dem Bedeuten, daß er zu- 
nächst auf sechs Wochen in der Haft behalten und dann dem Land- 
gericht wegen „Aufwiegelung der Bevölkerung durch die Todes- 
anzeige" übergeben würde. Beanstandet wurde dem Vernehmen 
nach vor allem die Stelle: „Nach großem Leide", sodann die Angabe 
„Buchenwalde", endlich die Bemerkung: „Sein Sterben werden wir 
nie vergessen". 

In Wirklichkeit wollte man, wie der stellvertretende Gauleiter 
von Tirol einmal offen bekannte, in ihm den anderen (den H. Bischof) 
treffen, an den selbst man nicht herankönne, solange noch der 

82 



Befehl des Führers in Kraft sei, daß Bischöfe nur auf seine be- 
sondere Anordnung „gepackt" werden dürften. 

Am 20. August teilte Gauleiter Hofer dem Propst Wein- 
g artner von Innsbruck mit, daß Prälat Lambert auf Anordnung 
des Reichsführers SS in den nächsten Tagen in ein Konzentrations- 
lager kommen werde. Er wurde dann zunächst ins Kz. Sachsen- 
hausen-Oranienburg gebracht, und zwar in die Strafkom- 
panie, später ins Kz. Dachau. Am 1. August 1941 freigelassen, 
wurde er nach Mecklenburg verbannt, am 4. Februar 1943 neuer- 
dings verhaftet, weil er sich von einem Lockspitzel, Ingenieur 
Hagen, von deutschen , Geheimwaffen hätte erzählen lassen zu 
dem Zwecke, davon den Feind zu verständigen. Am 20. Dezember 
1943 wurde Lambert vom Reichskriegsg?richt wegen „Wehrmachts- 
zersetzung, Feindbegünstigung, Abhören von Feindsendern" zum 
Tod verurteilt, am 8. September 1944 neuerdings in ganz geheimer 
Verhandlung wegen „versuchten Landesverrats durch Spionage". 
Am 13. November 1944 wurde er dann in Halle hingerichtet. 

Welche Scheingründe für diesen Justizmord auch vorgetäuscht 
wurden (der Vorsitzende des 1. Gerichtes zog es darum vor, am Tag 
vor der Verhandlung Selbstmord zu begehen), derwahreGrund 
warLamberts aufrechte Haltung gegen den Natio- 
nalsozialismus und seine Treue zum Bischof, ge- 
nau so wieNeürurers Tod ein Opfer der Berufs- 
treue und der Seielsorgepflicht war. 

Ähnlich erging es Pfarrer GeorgHäfner, Pfarrer von Ober- 
schwarzach, Diözese Würzburg. Als der Förster von Oberschwarzach, 
der in kirchlich ungültiger Ehe lebte, versehen wurde, verlangte 
der Pfarrer die vorgeschriebene Erklärung. — Bei der Beerdigung, 
an der auch viele Parteiinstanzen teilnahmen, wurde diese Er- 
klärung vorgelesen. Seitdem wurde der Pfarrer verfolgt. Er war 
zuerst vier Monate im Gefängnis, dann 13 Monate in Dachau. Er 
wurde dort mehrmals blutig geschlagen. Am 20. August 1942 starb 
er aus Hunger und Herzeleid. Sein Vater und ein Domkapitular 
durften nach langen Bemühungen den Leichnam sehen. Ihr Antrag, 
den Leichnam zur Beerdigung mit nach Würzburg zu nehmen, 
wurde abgelehnt mit der Begründung, daß er verbrannt werden 
müsse,- Die Aschenüberreste wurden fünf Wochen später in Würz- 
burg feierlich beigesetzt. Der Bischof von Würzburg mit dem Dom- 
kapitel und 140 Priestern sowie viele Angehörige der Pfarrei 
Oberschwarzach nahmen an der Beerdigung teil. 



Behinderung der Seelsorge in Gefängnissen, an 
Kriegsgefangenen und ausländischen Arbeitern. 

Außer Fesseln bei der Sakramentenspendung wurde von selten 
der Nationalsozialisten auch die Seelsorge überhaupt durch 
mancherlei Beschränkungen und Behinderungen eingeengt. 

83 



In den Gefängnissen der Gestapo, in den Polizeigefäng- 
nissen und Konzentrationslagern wurde trotz aller mög- 
lichen oberhirtlichen Eingaben und Vorschläge keine Seelsorge zu- 
gelassen, nicht einmal für Sterbefälle. 

Die Seelsorge an den Kriegsgefangenen wurde 
sehr erschwert; z. B. durften nur Militärgeistliche ihre Beicht ab- 
nehmen. 

Erst recht wurde die Seelsorge an den Millionen von 
ausländischen Arbeitern mit Verboten und Einschrän- 
kungen belegt. Die Polen z. B. durften nicht dem allgemeinen 
Gottesdienst beiwohnen; auf jeden Fall mußten sie einen geson- 
derten Platz, getrennt von den Deutschen, haben. Ein Sondergottes- 
dienst durfte ihnen bloß einmal im Monat gehalten werden. Die 
Abnahme der Beicht durfte nicht in polnischer Sprache geschehen, 
mußte entweder mit Hilfe des kirchlicherseits herausgegebenen 
viersprachigen Beichtspiegels gemacht oder durch die General- 
absolution ersetzt werden. Ausgenommen war von diesem Verbot 
nur der Sterbefall. 

Unbarmherzig auch gegen Fel.dzugsoldaten und 

Flüchtlinge! 

Ganz unbegreiflich und ungerecht war die behördliche Unter- 
bindung der Seelsorge d'es Pfarrklerus an den im Felde 
befindlichenPfarrkindern, ebenso an den Flücht- 
lingen der eigenen Pfarreien — ein trauriges Zeugnis der geist- 
lichen Knechtung, die nicht einmal Rücksicht auf kämpfende und 
notleidende Volksgenossen nahm, ihnen herzlos den ersehnten Trost 
der Heimat versagte. Der Reichsminister für die kirchlichen An- 
gelegenheiten und das Oberkommando der Wehrmacht reichten sich 
die Hand zu solcher ,, Heldentat". Ihre erste diesbezügliche Verlaut- 
barung war: 

Der Reichsminister für die Berlin, 27. Oktober 1939 

kirchlichen Angelegenheiten I 24190/39 II 

1. An die Evangelischen Landeskirchen 

2. An die Herren Erzbischöfe und Bischöfe 

Betrifft: Sammlung von Feldpostanschriften und Versendung religiösen 
Schrifttums dch. Pfarrämter u. andere kirchliche Stellen 

1. ' 

Im Einvernehmen mit dem Oberkommando der Wehrmacht weise 
ich darauf hin, daß die Sammlung von Feldpostanschriften 
zum Zwecke der Versendung religiöse^ Schrifttums aus A b - 
wehrgründen unter allen Umständen unterbleiben 
muß. 

2. 

Im übrigen muß ich von allen Kirchenbehörden und sonstigen kirch- 
lichen Stellen erwarten, daß sie nur solches religiöse Schrifttum ver- 
senden oder durch ihre örtlichen kirchlichen Stellen versenden lassen, 

84 



das gemäß der zwischen dem Oberkommando der Wehrmacht einerseits 
und dem Evangelischen Preßverband Berlin-Steglitz, Beymestr. 8 bzw. 
der katholischen Kriegshilfssteile, Abteilung, Schrifttum, Berlin C 2, 
Oranienbui'gerstraße 12, andererseits getroffenen Regelung geprüft 
undfür geeignet befunden ist. Es genügt nicht, daß die Listen 
des so geprüften Schrifttums den Pfarrämtern nur als „Anregung" 
übersandt werden (vgl. Ges.Bl.d.Dt.Ev.Kirche 1939 S. 114). Die Geistlichen 
und anderen nachgeordneten kirchlichen Stellen müssen verpflich- 
tet werden, nur dieses vorgeprüfte Schrifttum an die Soldaten zu ver- 
senden. Religiöse Schriften, die von den Pfarrämtern oder anderen 
kirchlichen Stellen für geeignet zur Versendung an Soldaten gehalten 
werden, aber noch nicht auf der Liste stehen, sind baldmöglichst zur 
Veranlassung des Prüfungsverfahrens und nachfolgender Aufnahme in 
die Liste den obengenannten Stellen (Evangelischer Preßverband bzw. 
Katholische Kriegshilfsstelle) einzureichen. 

gez. Kerrl. 

Einige Tage vorher hatte der Reichsverteidigungskommissar 
für Wehrbezirk VII, Staatsminister Wagner in Bayern, im gleichen 
Betreff einen erweiterten Erlaß hinausgegeben, der in noch schär- 
feren Worten die kartei- und listenmäßige Erfassung von 
Feldpostanschriften, die Anschriften von Flücht- 
lingen durch Geistliche und die organisierte Versorgung 
mit Druckschriften aller Art durch Geistliche beider Kon- 
fessionen und andere Personen verbot und, falls Ver- 
anlassung bestehe, „strenge Kontrolle bei den in Frage stehenden 
Geistlichen und Beschlagnahme sämtlicher bisher angefallener 
Unterlagen vorbezeichneter Art" anordnete. 

Dementsprechend waren dieserhalb schon Haussuchungen und Be- 
schlagnahmen von Adressen, Feldpostschreiben und Schreibmaschine (!) 
bei Kooperator Daurer von St. Rupert-München (28. 10. 39), im Jugend- 
seelsorgeamt der Erzdiözese München, also im Ordinariat selbst, 
noch ehe das Ordinariat Kenntnis von obigem Erlaß erhalten und dem 
Klerus davon Mitteilung hatte machen können. 

Nochmals verstärkte und erweiterte sich diese Schikane gegen 
die Seelsorge an unteren Amtsstellen; zum Beispiel verfügte der 
Landrat Landshut in Niederbayern: 

Nr. 1963 Landrat Landshut Landshut, den 10. April 1940 

An die Pfarrämter! 

Betreff: Sammlung von Feldpostanschriften und Versendung religiösen 
Schrifttums an Wehrmachtsangehörige. 

Der Reichsverteidigungskommissär hat aus Gründen- der Reichs- 
verteidigung, Spionageabwehr, Überbeanspruchung der Feldpost, Ver- 
hütung von Mißbrauch die kartei- und listenmäßige Erfas- 
sung von Feldpostanschriften sowie Anschriften von 
Flüchtlingen durch Geistliche die organisierte Versorgung 
mit Druckschriften aller Art durch Geistliche, konfessionelle Organisa- 
tionen und andere Personen verboten. Unter dieses Verbot fällt also 
auch die Herstellung und Versendung von hand- und 
maschinengeschriebenen Briefen durch Geistliche an Wehr- 
machtsangehörige und die Versendung der von den Feldbischöfen frei- 
gegebenen Druckschriften durch Geistliche. 

85 



Die Verteilung religiöser Schriften an Wehrmachtsangehörige darf 
nur durch Wehrmachtsgeistliche erfolgen. 

Ich ersuche diese Anordnungen zur Vermeidung von Weiterungen 
genau zu beachten. 

gez.: Unterschrift. 

Der Herr Landrat verbot also nicht mehr bloß die Versendung 
von Drucksachen, sondern auch von Briefen, mochten sie 
hand- oder maschinengeschrieben sein. Man wollte um jeden Preis 
verhindern, daß der Pfarrer noch irgendwelchen seelsorglichen Ein- 
fluß auf seine Pfarrkinder in der Ferne habe, auch nicht durch 
Mittelspersonen oder Vereine. 

So kriegswichtig erschien die Sache, daß der Chef des 
Oberkomma ndosderWehrmacht und der Reichsminister 
für die kirchlichen Angelegenheiten ein halbes Jahr später noch 
einmal gemeinsam das Schwert gegen diesen „Feind" zückten und 
verfügten: 

Der Reichsminister für die Berlin, den 12, April 1940 

kirchlichen Angelegenheiten 
I 20859/40, II 

An die obersten Kirchenbehörden. 

Erlaß betreffend Sammlung von Feldpostanschriften. 

Es besteht Veranlassung, auf den Erlaß des Reichsministers für die 
kirchlichen Angelegenheiten vom 27. Oktober 1939 — I 24190/39, II -- 
hinzuweisen, wonach die Sammlung von Feldpostanschriften durch 
Geistliche oder andere kirchliche Stellen oder konfessionelle Orga- 
nisationen aus allgemeinen militärischen Gründen untersagt ist. 
Die anderweitige Äußerung des Oberkommandos der Wehrmacht in 
einem Einzelfall gegenüber dem Ländeskirch!enrat in München vom 
18. Dezember 1939 findet damit ihre Erledigung. 

Berlin, den 30. März 1940 

Der Chef 
des Oberkommandos der Wehrmacht 

gez. Keitel. 
Der Reichsminister für die 
kirchlichen Angelegenheiten 
gez. Kerrl. 

Z 20623/40 Abschrift des vorstehenden Erlasses übersende ich zur Kennt- 
nisnahme und Beachtung. Im Auftrag: 

gez. Roth. 

Die im Landshuter Erlaß so kräftig betonten Gründe der 
„Reichsvertieidigung, Spionageabwehr, Überbeanspruchung der Feld- 
post, Verhütung von Mißbrauch," ebenso die im letztgenannten 
Gemeinschaftsschreiben von Keitel und Kerrl erwähnten „mili- 
tärischen Gründe" waren aber kein Hindernis, daß nationalsozia- 
listische Ortsgruppen und Vereinigungen unbehelligt Zehntausende 
Kriegsteilnehmer „kartei- und listenmäßig erfassen," ja sogar ihre 
Adressen in Vereinszeitschriften veröffentlichen konnten. 

Einige Beispiele: 
1. „Das Schwarze Korps" vom 21. Dezember 1939, Folge 51, Seite 11, 
bringt unter dem Titel „Das feste Band" die tägliche Betreuung der 

86 



feldgrauen Betriebsangehörigen in Wort und Bild (ein Bild mit der 
. großen Kartei der Feldpostadressen der Firma Bewag). 

2. ,,Das Schwarze Korps" vom 28. Dezember 1939, Folge 52, berichtet 
von 8000 Paketen an die Angehörigen der Wehrmacht aus dem SS- 
Abschnitt Main. 

3. Der „Völkische Beobachter", Münchener Ausgabe vom 22. Dezember 

1939 bringt unter dem Titel „Musterbetrieb — auch im Kriege bei- 
spielhaft" „Briefe zvvischen Front und Heimat" eine öfEentli(?he An- 
erkennung für eine Münchener Fabrik, deren Betriebsobmann „Kund- 
schreiben ins Feld schickt", so daß alle eingezogenen Betriebsmit- 
glieder über Leben und Treiben im Betrieb regelmäßig unterrichtet 
werden. „Dazu wurde eine Feldpoststelle eingerichtet, ihre Aufgabe 
ist es, regelmäßig Liebesgaben an die Gefolgschaftsmitglieder zu 
leisten". 

4. Die Münchener Turn- und Sportvereine fordern in ihren 
Organen zur Einsendung von Feldpostadressen ihrer Mitglieder auf 
und bringen zum Teil in ihren Mitteilungsblättern lange Spalten der 
eingesandten Feldpostadressen, z. B. „Postsportblatt, Postsportverein 
München e.V." Heft 11 vom November 1939 Seite 7 veröffentlicht 
gegen 50 eingesandte Adressen von Vereinsmitgliedern. 

5. Im 2. Sonderdruck zur Hauptversammlung des D.A.V. in Graz aus 
den Mitteilungen des Deutschen Alpen Vereins wird ver- 
öffentlicht: „Die Verbindung mit den abwesenden oder im Felde 
stehenden Mitgliedern ist ungemein wertvoll und wichtig und soll 
mit allen Mitteln gepflegt werden (Nachsendungen der 
Zweigvereinsnachrichten, Veröffentlichung von Feldpostanschriften, 
Frontberichten, Auszeichnungen). Der Reichssportführer sagt: „Die 
Fäden dürfen nicht abreißen". 

6. Der Zentralverlag der NSDAP Franz Eher Nachf. G.m.b.H. Berlin 
SW 68, versendet einen Aufruf (25. 11. 1939) des Reichsführers der 
SS und Chefs der Deutschen Polizei H. Himmler zur „Patenschafts- 
Bestellung" « des „Schwarzen Korps" für die Kameraden der 
Front, wozu die Feldpostadressen der Kameraden eingeschickt wer- 
den sollen." 

7. „Nordland", das „Kampfblatt für gottgläubiges 
Deutschtum" bringt seit einer Reihe von Nummern im April/Mai 

1940 eine inseratmäßig aufgemachte Aufforderung von Paten- 
schaften „für das Nordland" und bittet das entsprechende 
Formular für die Feldpostadresse des Soldaten auszufüllen und ein- 
zusenden. 

8. Die H J hat einen eigenen Betreuungsdienst für die H J-Führer orga- 
nisiert, indem die BDM-Mitglieder die regelmäßige Betreuung der im 
Felde stehenden Kameraden freiwillig und ehrenamtlich übernahmen. 



Zeigt dies zweierlei „Recht nicht das rohe Unrecht, das man 
den Soldaten und Flüchtlingen tat, indem man ihnen die Ver- 
bindung mit den Seelsorgern und ihren katholischen Vereinen ab- 
schnitt? Lag in den berührten Erlassen höchster Stellen nicht eine 
ungeheure Heuchelei und Verlogenheit und Gehässigkeit? Galten 
„militärische Gründe" wirklich nur für die Geistlichen? 

4. Fesseln für Jkatholische Schule und Schultätigkeit. 

„Die Beibehaltung und Neueinrichtung katho« 
lischerBekenntnisschulenbleibtgewährleistet,* 

87 



lautete Artikel 23 des am 20. Juli 1933 abgeschlossenen und am 
10. September 1933 ratifizierten Reichskonkordates. Diese Garantie 
entsprach einer Erklärung, welche Hitler schon zur Abstimmung 
über das sogenannte Ermächtigungsgesetz gegeben hatte. 

Der Kampf gegen die Bekenntnisschule. 

Eineinhalb Jahre später begann aber schon der national- 
sozialistische Kampf gegen die Bekenntnisschule und die Propa- 
ganda für die „Gemeinschaftsschule", ein Deckmantel für die 
„nationalsozialistische Zwangsschul e". Immer lau- 
ter und allgemeiner wurde die Parole wiederholt, welche der Mün- 
chener Stadtschulrat Bauer gegeben hatte mit den Worten: „E i n 
Volk, ein Reich, ein Recht, eine Schule!" Was „Wille 
und Macht", das Führerorgan der Hitlerjugend, um die Jahres- 
wende 1936/37 schrieb, das war von Anfang an Richtung und Ziel 
des Nationalsozialismus: 

Der Kampf ist allerdings vereinfacht: nur zwei Fronten — aber 
beide mit sehr klaren Erziehungszielen — stehen sich gegenüber; die 
eine entschlossen, den Streit im Angriff — entsprechend ihren Grund- 
sätzen -r zu entscheiden, die andere überzeugt, daß sie sich nur noch 
auf die zähe Verteidigung ihrer Positionen im Rückzuggefecht einrichten 
könne. 

Der Nationalsozialismus sieht im Leben des einzelnen eine Ver- 
pflichtung an das Gesamtvolk. Um diese jedem Glied eines Volkes auf- 
erlegten Pflichten erfüllen zu können, muß der einzelne zur Erkenntnis 
dieser Verpflichtung geführt werden, daß er die ihm gestellten Auf- 
gaben zum Besten der Volksgemeinschaft lösen kann. Das ist Sache der 
Schulerziehung. 

Die Kirche sieht das irdische Leben als Vorbereiturigszeit für das 
Jenseits an. Das Erziehungsziel gilt einer anderen Welt. Der primäre 
Zweck der Erziehung ist also nach katholischer Auffassung die Aus- 
richtung der seelischen Kräfte auf das Jenseits; dieser Vorbereitung 
hat auch die Ausbildung in allen weltlichen Aufgaben z.u dienen. Auch 
der Unterricht, dem die Entwicklung der intellektuellen Kräfte über- 
tragen ist, hat die Voraussetzungen für das ewige Leben zu schaffen. 
Durch den religiösen Erziehungszweck gerät er aber von selbst in das 
Gebiet der Religion und — wie die Verhältnisse bei uns liegen — der 
Konfessionen. So ergibt sich der Anspruch der Kirche, den die bayeri- 
schen Bischöfe in einer Denkschrift vom Juni 1919 niedergelegt haben 
(„Münchener Tagblatt" 8. Januar 1937). 

Zu Beginn des Jahres 1935 trat der Nationalsozialismus zum 
offenen Kampf an. 

Durch ungeheure Propaganda, Verbot des katholischen Eltem- 
vereinskalenders, Einschränkung der katholischen Elternvereins- 
versammlung, Einschüchterung und Terrorisierung der Eltern 
wurde bei der Schuleinschreibung am 13. Februar 1935 in München 
erreicht, daß statt der bisherigen 84 Prozent nur 65 Prozent der 
neu eintretenden Kinder für die Bekenntnisschule gemeldet und 
25 Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsschulen verwandelt wurden. 
Selbst die von katholischen Ordensfrauen geleitete Schule des 
Städtischen Waisenhauses wurde in eine Simultanschule verwandelt. 
Soviel Gewalt und Ungerechtigkeit, soviel Beeinflussung durch 

88 



städtische Schulbehörden geschah, daß Kardinal Faulhaber in seiner 
Papstpredigt 1935 feierlichst dagegen protestieren mußte. 

Juni 1935 wurde die bisher allgemein übliche Mitwirkung und 
Vertretung katholischer Geistlicher in den Schulkommissionen von 
einer besonderen staatlichen Genehmigung abhängig gemacht. 

Dann wurde eine eigene Kampf Organisation für die staatliche 
Einheitszwangsschule gegründet, die „Deutsche Schul- 
gemein d e", die sich einerseits durch keinerlei Konkordats- 
verpflichtungen gebunden zu fühlen brauchte, anderseits durch Per- 
sonalunion ihrer Vorstandschaft mit staatlichen oder städtischen 
Schulleitern über großen Einfluß und starke Druckmittel verfügte, 
so besonders ihr Leiter in München, der schon genannte Stadtschul- 
rat Bauer. 

Zur Schuleinschreibung 1936 trat die Deutsche Schulgemeinde 
mit nachfolgendem Plakat an die Öffentlichkeit (während natürlich 
den Freunden der Bekenntnisschule jede öffentliche Bekannt- 
machung oder Aufklärung verboten war!). 

„W arum Deutsche Gemeinschaftsschule? 

weil der Zweck unseres völkischen Lebens, die Erhaltung der Nation 
in ihrer Erziehung zur Gemeinschaft und zu einheitlichem Wil- 
len erreicht werden kann, 

weil sie die Volksgemeinschaft auch auf dem Gebiete der Erziehung 
verwirklicht, 

weil sie als christliche Schule den Keligionsunterricht für beide Kon- 
fessionen getrennt in vollem Umfange durchführt, aber in ande- 
ren Unterrichtsfächern keine Trennung nach konfessionellen 
Gesichtspunkten duldet, 

weil sie ein wohlgegliedertes Schulwesen ermöglicht und dadurch den 
besten Erziehungs- und Unterrichtserfolg verbürgt, 

weil die hohe Schülerzahl in vielen Klassen vermieden wird, 

weil sie jedem Kinde den Besuch der nächstgelegenen Schule ermög- 
licht, 

weil der Bau neuer Schulhäuser nur für Gemeinschaftsschulen er- 
folgen kann. 

Darum, Deutsche Eltern, 

heißt am 2. Februar 1936 

das Kennwort: 

,Deutsche Gemeinschaftsschule!' 

Herausgeber: 

Deutsche Schulgemeinde." 

Hand in Hand mit dieser halbamtlichen Werbung für die 
staatliche Zwangsschule ging jene durch die 

Partei und ihre Gliederungen, 
wie nachfolgende Dokumente zeigen: 
Ortsgruppe Siegestor der NSDAP — Giselastraße 29/2 

An den Hauswart Herrn 

des Hauses Straße Nr 

Die Ortsgruppe Siegestor der NSDAP bestätigt Sie vorerst zum 
Hauswart obengenannten Hauses, Sie werden demnächst zu einer be- 

89 



sonderen Besprechung vom Ortsgruppenleiter aufgerufen. Was das Amt 
eines Hauswartes bedeutet, wird Ihnen sicher bewußt sein. Sie arbeiten 
damit für unseren Führer^ für unser Volle und für unser Vaterland. 
Jeder, der in unserer herrlichen Bewegung mitarbeiten darf, hat erhöhte 
Pflichten den anderen gegenüber. Sie wollen uns daher treu zur Seite 
stehen. 

Das beiliegende Rundschreiben wollen Sie sofort lückenlos 
ausgefüllt mit der Ein topfliste zurückgeben. In dieseln Falle haben 
Sie folgende Punkte genau zu beantworten: 

Sie wollen bitte im ganzen Hause sämtliche Eltern erfassen, 
die schulpflichtige Kinder besitzen, also solche Eltern, die Kinder bereits 
in der Volksschule haben, welche im ersten bis zum letzten Schuljahr 
stehen; weiter auch die Eltern, die erst im Frühjahr ein Kind in die 
Schule schicken. 

Heil Hitler! 

gez. Mayer 
Ortsgruppenleiter. 

Noch deutlicher ist nachfolgendes parteiamtliche Rundschreiben: 

München, Februar 1936. 

National Sozialisten , und Nationalsozialistinnen ! 

Sie haben, ganz gleich ob Pg. oder nicht, bei dem Kampf um die 
Gemeinschaftsschule durch tatkräftigen Einsatz Ihrer eigenen Person 
mit zu dem schönen Erfolg beigetragen, der der Partei in dieser wich- 
tigen Angelegenheit zuteil geworden, ist. Seien Sie versichert, daß die 
Ortsgruppe Au-Nord auch Ihre Arbeit als die eines unbekannten Sol- 
daten Adolf Hitlers dankbar anerkennt und daß wir auch fernerhin auf 
Ihre Mitarbeit nicht verzichten wollen. Mit unserem Führer freudig und 
opferbereit in das 4. Jahr. 

Propagandaleiter: Ortsgruppenleiter: 

gez. Dr. Ottmann gez. i. V, Tott 

NB. Übergeben an die Blockwartinnen Anfang März. 

Die Methode, nach welcher die bekannten und unbekannten 
Soldaten Adolf Hitlers den gefahrlosen Kampf für die Gemein- 
schaftsschule führen sollten, zeigt nachfolgende 

Anvi^eisung für Blockwärterinnen: 

„München, 2. Februar 1936 

E = Einwände gegen die Gemeinschaftsschule. W = Widerlegung. 

E. Die religiöse Erziehung ist in der Gemeinschaftsschule (G.Sch.) nicht 
so gesichert, wie in der Bekenntnisschule (B.Sch.). 

W. 1.) Die Zahl der Religionsstunden ist die gleiche, auch die Religions- 
. lehrer sind häufig die gleichen. 

2.) Es wird den katholischen Schülern in der G.Sch. genau die 
gleiche Gelegenheit gegeben, an Beichte, Kommunion, Fronleich- 
namsprozession, Schulgottesdienst, Abendandachten usw. teilzu- 
nehmen, wie den Schülern der B.Schule. 

E, Aber wir verlangen eben, daß das • ganze Leben, der ganze Unter- 
richt von dem religiösen Bekenntnisgeist durchdrungen ist. 

W. Das ist eine übertriebene Forderung, die die Natur des Kindes im 
Volksschulalter geradezu vergewaltigt. Denn wenn man das ganze 
Leben des Kindes, sein Spiel, seinen Sport, seine Kameradschaft, sein 
Lernen, immer wieder mit Gott und den Heiligen, mit Himmel und 

90 



Hölle ausfüllen wollte, dann wächst ihnen schließlich die Religion 
zum Halse hinaus oder wir beicommen scheinheilige Frömmler. 

E. Aber im Geschichtsunterricht z. B. wenn die Reformationszeit durch- 
genommen wird, muß der Lehrer doch zeigen, ob er mehr katholisch 
denkt oder protestantisch, er muß Luther anklagen oder verteidigen. 

W. Das muß er eben nicht; er kann das Leben und die Absichten 
Luthers schildern, ohne ihn zu beschimpfen und er kann ebenso 
seinen Gegnern gerecht werden. Aber jeder deutsche Lehrer muß 
deutsche Geschichte geben, auch wenn er in einer B.Schule unter- 
richtet; der nationalsozialistische Staat wird auch einem Lehrer der 
B.Schule niemals gestatten, das Glaubensbekenntnis des anderen 
Volksteils verächtlich zu machen. 

E. Die Simultanschule ist aber doch eine Marxistenscliule? 

W. Die deutsche Gemeinschaftsschule ist etwas ganz anderes als die 
frühere Simultanschule.. Denn: 

1.) Haben in ihr die Juden und die Anhänger der Gottlosenbewegung 
keinen Platz mehr. 

2.) Hat sich die Simultanschule nur deswegen manchmal zur Pro- 
letarierschule heruntersetzen lassen müssen, weil im Jahre 1919 
Kommunisten und Sozialdemokraten sie für sich in Anspruch ge- 
nommen haben. 

Deshalb haben viele Eltern, die den roten Terror satt hatten, ihre 
Kinder in die B.Schule getan, um sie nicht mit der Göttlosen- 
bewegung der Kommunisten in Berührung zu bringen. Diese Angst 
ist aber doch heute hinfällig, nachdel-n der Punkt 24 des Partei- 
programms heißt: ,Die Partei als solche vertritt den Standpunkt 
eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell , an ein be- 
stimmtes Bekenntnis zu binden.' 

E< Durch das Konkordat ist aber doch den Katholiken das Recht zu- 
gestanden worden, die Errichtung von B.Schulen zu beantragen.- 

W. Das Recht schon, aber eine Verpflichtung dazu kann weder aus den 
10 Geboten Gottes noch aus den 5 Geboten der Kirche hergeleitet 
wcj den. Es gibt doch auch sonst Rechte, auf die man gern verzichtet, 
weil sie ja gar keinen Vorteil bringen. 

E. Die B.Schule bringt aber doch auch keine Nachteile mit sich! 
W. Doch manche! 

1.) Ist die gl^chmäßige Verteilung der Schüler auf die Schulen der 
einzelnen Bezirke sehr erschwert. Wir haben z. B. Fälle erlebt, daß 
in einer protestantischen B.Schule in einer Klasse nur 25 Schüler 
saßen, in der benachbarten katholischen Bekenntnisschule aber 
50.- Daß in einer so großen Klasse die Schüler nicht so gefördert 
.werden können; wie in einer kleinen, ist doch klar. Und manches 
Kind hat nur deswegen einen so weiten Schulweg, weil in seinem 
Wohnviertel eben keine solche Schule ist, die die Eltern wollen. 
Haben wir aber einmal eine einzige Schulart, dann kann eine voll- 
kommen gleichmäßige VeVteilung erfolgen. 

2.) Kann die Stadt doch auch leichter in neuen Wohnvierteln Schul- 
häuser bauen, wenn sie nur eine Art zu bauen hat, nicht eine 
eigene katholische und daneben eine protestantische. 

3.) Eine Trennung nach Konfessionen in den Schulen hält im Volk 
doch immer das Bewußtsein wach, daß es zweierlei Deutsche gibt, 
und gerade am Einschreibetag wird der Gegensatz besonders le- 
bendig, wenn die protestantischen Eltern eines Hauses in diese 
Schule, die katholischen aber in eine andere gehen müssen, wäh- 
rend sie sonst vielleicht freundschaftlich miteinander verkehren. 

91 



Für die Einigkeit der Volksgemeinschaft ist eine solche Betonung 
der Bekenntnisverschiedenheit unbedingt ein Nachteil. 

E. Aber in anderen Ländern kämpft man doch auch nicht so gegen die 
B.Schulen, nur in Deutschland. 

W. In anderen Ländern z. B. in Frankreich, in der Tschechoslowakei, 
, sogar in Österreich kennt man B.Schulen in unserem Sinne über- 
haupt nicht; dort ist die G.Sch. die {Regel. Aber auch in den aller- 
meisten Ländern Deutschlands, in Baden z. B., hat man seit 50 Jahren 
die G.Sch., obwohl dort das Zentrum doch lange Zeit die Herrschaft 
hatte. Die geistliche Obrigkeit legt dort den Katholiken nicht die 
geringsten Schwierigkeiten in den Weg, wenn sie ihre Kinder in 
diese G.Schule schicken. Der Kampf bei der Einschreibung jedes 
Jahr ist eigentlich nur mehr in München und Nürnberg. Und wenn 
in allen höheren Schulen und in allen Fortbildungsschulen auch hier 
in München Katholiken und Protestanten nebeneinandersitzen kön- 
nen, ohne daß ihre Religion Schaden leidet, dann besteht diese Ge- 
fahr doch erst recht nicht bei den noch jüngeren Volksschülern, bei 
denen das religiöse Bewußtsein überhaupt noch gar nicht so ent- 
wickelt ist. 

E. Wenn wir aber unsere Kinder jetzt auf die G.Sch. überschreiben 
lassen, dann müssen sie vielleicht in eine andere Schule und be- 
kommen einen anderen Lehrer. 

W. Diese Sorge hatten voriges Jahr auch viele Eltern, aber sie war voll- 
kommen unbegründet, wie die Eltern, die ihre Kinder für die G.Sch. 
einschreiben ließen, ja erfahren haben. Ihre Kinder behielten, ab- 
. gesehen von einigen selbstgewoUten Ausnahmen, die gleiche Schule 
und den gleichen Lehrer. Gerade wenn die Münchener Eltern ge- 
schlossen für die G.Sch. stimmen würden, dann könnten am leichte- 
sten große Umwälzungen vermieden werden, nur in den Fällen, wo 
weite Schulwege oder eine Überfüllung von Klassen eine Änderung 
notwendig machen würden, käme ein Schul- oder Lehrerwechsel in 
Betracht. Aber das wäre ja auch den Kindern selbst zum Vorteil." 

An' die Seite der Blockwärterinnen stellten sich im, Kampf 
gegen die Bekenntnisschule noch die Amazonen der 

NS-Frauenschaft. 

Sie verfaßten und verteilten folgendes Flugblatt (während den 
Verteidigern der Bekenntnisschule jedes Flugblatt verboten war): 

NS Frauenschaft 

Kreis München München, Prannerstraße 3/3 

27. Januar 1936 
„Deutsche Mutter! 

Am nächsten Sonntag, 8 vormittag bis 12 mittag, findet in sämtlichen 
Münchener Volksschulen die 

Ein- und Umschreibung 

der schulpflichtigen Kinder statt. 

Du weißt, wie bedeutungsvoll dieser Tag im Leben Deines Kindes ist. 
An diesem Tag gibst Du Dein Kind aus Deiner Obhut in die Erziehung 
der Schule; an diesem Tag gibst Du aber auch für Dein Kind, das be- 
reits zur Schule geht, der Schule Anweisung, in welchem Sinn es er- 
zogen werden soll. Du entscheidest am Sonntag, ob Dein Kind 

im konfessionellen Streit oder im Sinne der Volks- 
gemeinschaft aufwachsen soll. Entscheide für Dein Kind! Laß 
es nicht abseitsstehen, sondern gib es der deutschen Volksgemeinschaft, 

92 



In der es ja einmal arbeiten uhcl leben soll. Die Schule der Völks- 
gemeinscVjaft ist 

die Deutsehe Gemeinschaftsschule. 

Die Deutsche Gemeinschaftsschule will, daß in der Schule den Kindern 
keine konfessionellen Trennungsmauern aufgerichtet werden. Die 
Deutsche Gemeinschaftsschule will die Jungen und Mädel christlich — 
gut katholisch und gut evangelisch — erziehen. 

Die Deutsche Gemeinschaftsschule will die Jungen und Mädel außer in 
den Religionsfächern gemeinsam im deutschen Sinn unterrichten. 

Das willst Du doch auch, deutsche Mutter! Und das wollen wir alle! 

Deshalb schreibe am Sonntag in der für Dein Kind zuständigen Schule 

Deine Jungen und Mädel ein in die Deutsche Gemeinschaftsschule! 

Heil Hitler! 

gez. Luise Rommelt." 

„Jugend muß durch Jugend geführt werden", hieß ein oft ver- 
kündeter Grundsatz des Nationalsozialismus. Dementsprechend 
glaubte auch schon die H J zur Entscheidung über die Art der 
Volksschule in Deutschland mit antreten zu müssen. Sie verteilte 
in München auch massenhaft ein Flugblatt. 

Die Jugend belehrte die Eltern. 

Aufruf! 

„Der Religionsunterricht wird an den 

Gemeinschaftsschulen ebenso gesichert sein 

wie an den Konfessionsschulen!" 

Das Jahr 1933 war der Anfang zur Verwirklichung des Gedankens 
der deutschen Volksgemeinschaft. Es gibt keine Standesunterschiede 
mehr — es gibt nur noch Deutsche, zusammengeschworen gegen 
alle bedrohende Not! Arbeiter der Stirne und der Faust am Aufbau 
des Reiches! 

Das Jahr 1936 muß die geschlossene Gemeinschaft der deutschen 
Jugend bringen. Die Hitlerjugend lehnt es ab, in Konfessionen und 
Konfessionsschulen geteilt zu sein. Sie redet in ihren Reihen nicht von 
Religion — das ist Privatsache jedes einzelnen — sie will nicht nur 
katholisch oder nur protestantisch sein, sie ist das 

Junge Deutschland! 

in dessen Reihen jeder marschiert, der den religiösen Glauben des ande- 
ren kritiklos respektiert. 

So wie der Nationalsozialistische Staat beiden Konfessionen seinen 
Schutz angedeihen läßt, so wird die Jugend dieses Staates beide Kon- 
fessionen als einzigartige Gemeinschaft in ihren Reihen haben. 

Weil wir nun nicht getrennt sein wollen in Katholiken und Prote- 
stanten, fordern wir für uns auch die Gemeinschaft an den Schulen! 
Wir wollen die 

Gemeinschaftsschule, 

in der alle zusammenhelfen am Aufbau des Vaterlandes, das uns allen 

Brot gibt, das dem Volk gibt, was des Volkes ist, und Gott, was Gottes ist! 

Es lebe der Führer und sein Einigungswerk! 

Der Führer des Standortes München Der Führer des Jungbannes 1 1 
gez. W. Fahrmeier gez. Fritz Steves 

93 



Noch verwunderlicher als diese Anmaßung der HJ 
ist die Einmischung einer für ganz andere Zwecke gegründeten, 
angeblich neutralen Organisation, wie des 

Reichsluftschutzbundes. 

Sein Eintreten für die NS-Zwangsschule deutet nachfolgender 
Briefwechsel an: 

„München, 11. Februar 1936 

Ich hielt den Reichsluftschutzbund für einen jenseits aller welt- 
anschaulich-religiösen Fragen stehenden Verein. Das war ein Irrtum. 
Das entschiedene Eintreten des Vereins für die Gemeinschaftsschule 
widerspricht meiner innersten religiösen Überzeugung. Darum erachte 
ich es für ejine Pflicht des Gewissens wie für eine Forderung deutscher 
Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, liiemit meinen Austritt aus dem Reichs- 
luftschutzbund zu erklären. 

Mit deutschem Gruß! 

J. Heinzinger." 

Die Antwort hierauf lautete: 

Reichsluftschutzbund Hauptstadt der Bewegung, den 14. 2. 1936 

Landesgruppe Bayern Gr. 1, Abt. I 

Bezirksgruppe München Zi/A. 

Herrn 

Heinzinger 

Oberstudienrat i. R. 

München 

Säbenersti*. 75 . 

Die Bezirksgruppe München hat mit größtem Erstaunen von Ihrem 
Schreiben vom 11. 2. 1936 Kenntnis genommen. 

Es dürfte Ihnen wohl entgangen sein, daß wir seit dein Jahre 1933 
in einer anderen Zeit leben, in der das Wort politische Betätigtmg nicht 
mehr existiert. Wenn sich der. Reichsluftschutzbund in der Hauptstadt der 
Bewegung für eine Aufgabe der Deutschen Jugend, nämlich der Ge- 
meinschaftsschule eingesetzt hat, dann deswegen, weil der Gauleiter 
und nicht zuletzt der Führer die Genehmigung für den Aufbau der 
Gemeinschaftsschule gegeben hat. Es dürfte Ihnen auch nicht unbekannt 
sein, daß der Nationalsozialismus auf dem Boden des positiven Christen- 
tums steht, so daß durch die Gemeinschaftsschule Ihre religiöse Über- 
zeugung oder Ihr Gewissen als Mitglied des Reichsluftschutzbundes nicht 
Schaden leiden kann. 

• Die Bezirksgruppe erwartet von Ihnen, daß Sie Ihren Austritt aus 
dem RLB zurückziehen. Unter Umständen müßte die Bezirksgruppe 
München Ihr Sclireiben zur weiteren Veranlassung an die Gauleitung 
München-Oberbayeni weiterreichen. 

Heü Hitler! 

gez. Unterschrift 
Adjutant. 

Im letzten Satz verschmäht man es also nicht, deutlich mit 
Denunziation zu drohen. 

Aber nochmals müssen wir weiterfahren: „Noch verwun- 
derlicher" als diese Einmischung des Reichsluftschutzbundes in 
den Schulkampf ist die Beteiligung einer amtlichen Stelle und 
Zwangsorganisation wie der 

Ortskrankenkasse München. 
94 



Sie sandte all 
Fragebogen. 



ihren Angestellten nachfolgendes Schreiben mit 



Anlage 4 zu Rundschr. 32 Betr.: Rundfrage über Zugehörigkeit 

zur Staats Jugend und Besuch 
der Konfessionsschule, 

An alle Berufskameraden 

der Allgemeinen Ortskrankenkasse München (Stadt) 

Wie uns die NSDAP, Amt für Beamte, Gau München-Oberbayern, 
mitteilt,, ist bis spätestens 27. Mai 1936 von allen RDB-Mitghedern 
(RDB = Reichsbund Deutscher Beamten) anzugeben, wieviel Kinder sie 
besitzen und ob diese bei der HJ bzw. BDM sind und ferner, ob diese 
die Gemeinschaftsschule oder Konfessionsschule besuchen. 
Nachstehender Fragebogen ist umgehend auszufüllen und an den Ver- 
teiler zurückzugeben. 

München, den 25. Mai 1936 

Heil Hitler! 



gez. Ernst Will, 




Hauptvertrauensmann 


Fragebogen 




Vorname 




geboren: 




SA: 


SS; 


Alter: HJ: 


BDM: 


Konfessions- 


GemeinschaftS' 


schule 


schule 



Für die Richtigkeit: 

gez. Fix, Vertrauensmann 

Name 

Dienststellung: 
Parteimitgliednummer: 
RDB Mitgliednummer: 
Kinder: Vorname: 



Auch das Polizeipräsidium München glaubte ein- 
seitig in den Schulkampf eingreifen zu müssen, als die katholischen 
Pfarrer Münchens den katholischen Eltern ihrer Pfarrei einen 
eigenhändig unterschriebenen und gesiegelten, geschlossenen und 
adressierten, also gar nicht flugblattartigen „Seelsorgsbrief" in die 
Wohnung zustellen ließen. 

Am 27. Januar 1937, abends ca. 6 Uhr, kamen daraufhin zwei 
Beamte des Polizeipräsidiums München in das Erzbischöfliche 
Ordinariat München und forderten: 

1. Auskunft über ein ;,Flugblatt", das vom Erzbischöflichen Ordi- 
nariat hergestellt und zu den Pfarrern gebracht worden sein soll. 

2. Aushändigung eines solchen „Flugblattes". 

3. Sofortige Weisung an die Pfarrer, die Verteilung dieses „Flug- 
blattes" einzustellen. 

Es wurde ihnen erklärt: 

a) Es handelt sich nicht um ein Flugblatt, sondern um einen 
Seelsorgerbrief, der im Auftrag des Erzbischöflichen Ordi- 
nariates hergestellt wurde und von den Pfarrämtern unter- 
schrieben und gesiegelt, in verschlossenen unc 

95 



adressierten Kuverts an bestimmte katholische An- 
gehörige ihrer Pfarrei ausgetragen oder versendet wird. Hiefür 
wird unbedingt der Schutz von Art. 4 des RK in Anspruch ge- 
nommen. Darum braucht dieser Seelsorgerbrief nicht der Polizei 
vorgelegt zu werden und kann nicht von ihr verboten werden 
und kann ihr auch jetzt kein Exemplar ausgehändigt werden: 
Es gibt keine Vcrzensurfür Ordinariatserlasse 
in Sachen des Hirtenamtes. Herr Generalvikar über- 
nimmt die volle Verantwortung für diese Seelsorgerbriefe. 

b) Die Zumutung, eine Weisung an die Pfarrer zu geben, die 
Weitervei'teilung dieses Seelsorgerbriefes einzustellen, wird zu- 
rückgewiesen. Bei der Verhinderung jeder sonstigen Auf- 
klärung über die Bekenntnisschule und bei der weitestgehenden 
Werbung der amtlichen Stelle für die Gemeinschaftsschule kann 
auf dieses konkordatmäßige Recht nicht verzichtet werden. 

c) Im Falle einer Verletzung dieses Konkordatrechtes wird man 
sich an den Führer. und Reichskanzler sowie an den H. H, Apo- 
stolischen Nuntius wenden. 

Daraufhin wagte sich die Polizei doch nicht weiter vor. 

JedesMitteierlaubt! 

In der Elternversammlung der Blumenschule am 23. Januar 1937 
war von; dem Redner Schweinsdorf erklärt worden: „Für die 
Werbung zur Gemeinschaftsschule ist mit Rücksicht 
auf die Wichtigli^eit der Volksgemeinschaft jedesMittel erlaubt." 
Ein Beispiel für die Skrupellos igkeit dieser Werbung zeigt 
nachfolgende Mitteilung des Erzbischöflichen Ordinariats München 
vom 10. Juni 1937 an alle Seelsorgestellen der Erzdiözese: 

„Betreff. Werbung der deutschen Schulgemeinde 
für die Gemeinschaftsschule 

Heute, den 10. Juni 193 7, erfahren wir von zuverlässiger Seite 
nachfolgendes: 

Am nächsten Freitag, den ll.ds. Mts., soll an allen Orten für die 
Gemeinschaftsschule geworben werden. Als Plal^at für diese Versamm- 
lungen soll dienen ein ,f lammender Protest gegen die Bom- 
bardierung des Schiffes „Deutschland" durch dieBol- 
schewisten in Spanien.' Nach kurzem Protest in der Versamm- 
lung soll dann zum Thema Kirche übergeleitet werden (,Poli tischer 
Katholizismus', ,Ultramontan' und ähnliche Schlagwörter!). Wenn dann 
die Masse etwas eingestimmt ist, soll der Redner an die Versammlung 
Fragen stellen,. zu deren Beantwortung Leute bzw. ein Chor recht- 
zeitig aufgestellt werden soll. Unter anderem sollen folgende 
FraT;en gestellt werden: * 

1. Wer hat den Staat gerettet? — Die bestellten Leute sollen 
rufen: Adolf Hitler. 

2. Wer sabotiert dauernd die Aufbauarbeit des Führers? — Ant- 
wort der Bestellten: Die Kirche. 

3. Wer soll in Zukunft die Jugend führen? — Antwort: Nur noch 
Staat und Partei. 

96 



4, Wollt Ihr Eure Kinder in die deutsche Volksschule schicken? 
(Das Wort .Gemeinschaftsschule' ist nicht zu gebrauchen!) Antwort: 
Ja! (Diese Antwort soll als Zustimmung für die Gemeinschaftsschule 
gelten). 

5. Wollt Ihr mit uns an der deutschen Volksschule den Religions- 
unterricht beibehalten? — Antwort: Ja! 

Anschließend sollen Werbezettel der Deutschen 'Schulgemeinde ver- 
teilt werden. Eltern, die sich weigern, zu unterschreiben, müssen zu 
Hause aufgesucht und es muß ihnen eindeutig zu erkennen gegeben 
werden, daß das Nichtunterschreiben Ausschluß aus den Formationen 
bedeutet ..." , 

Wäre es nicht um eine so ernste Sache gegangen und wäre es 
nicht eine Schande gewesen für deutsche Bürger, sich so am natio- 
nalsozialistischen Gängelband führen zu lassen, so müßte man heute 
noch über dieses Komödienspiel lachen. Aber es war eher zum 
Weinen, ein Schwindel vom Anfang bis zum Ende. 

Auch die Lehrer müssen für die Gemeinschafts- 
schule we rben. 

Der Leiter der Deutschen Schulgemeinde, Stadtschulrat Bauer, 
ließ (natürlich nicht „amtlich!") Schulleitern einen Aufruf auf den 
Katheder legen, der u. a. sagte: 

„In den vergangenen Wochen wurden über die Ziele der deutschen 
Schulgemeinde Unwahrheiten verbreitet, die eine Irreführung der öffent- 
lichen Meinung bedeuten. So ist es unwahr, daß die Schulgemeinde die 
Religion beseitigen oder eine Gottlosenschule einführen will. Sie will 
auch keine andere Religion schaffen. 

. . . Wir haben die Kirche vor dem Bolschewismus und die Schule 
vor Gottlosigkeit bewahrt. Wir werden immer dafür eintreten, daß der 
Religionsunterricht in. der gleichen Stundenzahl von den Religions- 
lehrern erteilt wird. 

Die Schulform in den Landschulen zu ändern ist nicht Sache der 
Schulgemeinde, Jenen unverantwortlichen Elementen, welche Lügen 
'über die Deutsche Schulgeraeinde verbreiten, geht es auch scheinbar gar 
nicht um die Religion. Sie wollen nur Unruhe und Gewissenskonflikte 
in die Elternschaft hineintragen und die vom Führer erkämpfte Volks- 
gemeinschaft zerstören. 

Die oberbayerischen Eltern werden ihnen damit die richtige Antwort 
geben, daß sie sich geschlossen zur Schulgemeinde ihrer Kinder be- 
kennen und in dieser Erziehungsgemeinschaft mitarbeiten für die Jugend, 
welche dereinst das Werk des Führers vollenden soll. In einem einigen, 
starken, freien und na.tionalsozialistischen Deutschland! 

Heil Hitler! 
München, den 4. 7. 1936 

Der Leiter 

der Deutschen Schulgemeinde 
München und Oberbayern 
I gez. Josef Bauer 

Stadtschulrat." 

Neue Tricks! Abstimmungsschwindel! 

•Trotz all dieser hemmungslosen Propaganda für die „Deutsche 
Gemeinschaftsschule", trotz der Knechtung aller außerkirchlichen 

Kreuz und Hakenkreuz 7 97 



Werbungen für die Bekenntnisschule war man des Erfolges noch 
nicht recht sicher und mußte zu neuen Tricks und ^ Rechts- 
verletzungen schreiten: 

Die Abstimmung wurde vielerorts mitten in die Arbeitszeit 
verlegt, so daß schließlich überhaupt niemand dazukommen konnte, 
wenn er nicht Fabrik- oder Feldarbeit verlassen und in die Ge- 
meindekanzlei zur Willensäußerung gehen wollte. So war dann 
vielerorts der Bürgermeister der einzige, der „abstimmte" — für 
die Deutsche Gemeinschaftsschule — und meldete, diesmal aus- 
nahmsweise, „wahrheitsgetreu", wenn auch in ganz ungewohntem 
Sinn: „Die Gemeinde NN. hat sich einstimmig für die Um- 
wandlung der Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule er- 
klärt," „Einstimmig" bedeutete freilich hier allzu wörtlich „mit 
nur einer Stimme" aus der ganzen Gemeinde, nämlich der des 
Bürgermeisters allein. ' 

Bischof Franz Rudolph von Trier berichtet in seiner 
Predigt am 28. März 1937 ein anderes Beispiel seltsamer Volks- 
befragung. 

„In einem Dorf hat der Ortsbürgermeister am Freitag, also schon 
einen Tag, bevor die Abstimmung gehalten wurde, die Gemeinschafts- 
schule angekündigt und durch die Ortsstelle bekanntgegeben: ,Es ist 
beabsichtigt, auch hier die Gemeinschaftsschule einzuführen. Wer etwas 
dagegen einzuwenden hat, kann heute abend um 7 Uhr auf dem 
Bürgermeisteramt seine Gründe vorbringen (also nicht etwa seine 
Stimme für die Bekenntnisschule abgeben!). Natürlich ist keiner zu dieser 
Abendstunde zum Vorbringen seiner Gründe gegen die Gemeinschafts- 
schule gekommen. Die Zeitung aber meldete: 100 Prozent haben 
fiir d"ie Gemeinschaf tsschule abgestimmt." 

Ähnlich ein anderer Fall: „In einem Orte — Ich nenne absichtlich 
die Orte nicht — wurde nachmittags um 2 Uhr (werktags nachmittags!) 
von der Gemeindebehörde eine Bekanntmachung angeschlagen mit dem 
Inhalt, daß mit dem Beginn des neuen Schuljahres hier die Gemeinschafts- 
schule eingeführt wird. Wer dagegen ist, muß bis 7 Uhr abends in der 
Gemeinde Einspruch erheben." Keiner kam. Nun sofort wieder die posi- 
tive Ausdeutung: 100 Prozent haben für die Gemeinschaftsschule ge- 
stimmt! 

Bischof Sebastian von S^peyer gab in seiner Predigt 
vom 11. April 1937 bekannt: 

Man hat in manchen Gemeinden, von denen man wußte, daß sie 
überwiegend für die Bekenntnisschule stimmen würden, überhaupt 
nicht abgestimmt und doch 100 Prozent für die Gemein- 
schaftsschule verkündet. 

Man hat in anderen Gemeinden die erste Abstimmung, die 100 
Prozent für die Bekenntnisschule ausfiel, nicht gelten lassen 
und eine zweimalige und dreimalige Abstimmung unter Mas- 
senaufwendung von Personen und Druckmitteln vorgenommen, bis end- 
lich das gewünschte Ergebnis kam. — Einzelne Werber haben mit ver- 
schleiernden und falschen Angaben ahnungslose Frauen getäuscht und 
zur Unterschrift gebracht, z. B. mit Angaben: „Es wird in der Schule 
nichts geändert." „Es bleibt alles beim altfen." „Es handelt sich darum, 
daß der Religionsunterricht in der Schule bleibt." 

98 



Neben der Werbung mit allen erlaubten und unerlaubten Pro- 
pagandamitteln, neben Lug und Trug wurden auch noch Zwang 
und Terror benützt, um die Eltern von kirchlichen und konfessio- 
nellen Schulen abzuschrecken, Sie wurden mit Entlassung, mit Aus- 
schluß vom Winterhilf s werk und ähnlichem bedroht. 

So kam z. B. zu dem Verfasser eines Tages ein einfacher Arbeiter 
und berichtete tief bekümmert: „4 Jahre bin ich arbeitslos gewesen und 
habe mich so gefreut, daß ich endlich wieder Arbeit fand, bei der 
Reichspost zum Waschen der Omnibusse verwendet wurde. Und nun 
bin ich wieder Knall und Fall entlassen, weil ich meine Kinder noch in 
die Schule der Armen Schulschwestern am Anger gehen lasse." 

Bischof Sebastian von Speyer führte in . der Predigt vom 11. April 

1937 ein anderes Baispiel der Erpressung an: „Ein Arbeiter schreibt: 
, Ahnungslos kam ich am Samstag "abends von der Arbeitsstelle heim. 
Da wurde ich sofort herausgeholt und auf das Gemeindebüro mitgenom- 
men. Dort habe ich sofort erklärt: Ich will die römisch-katholische 
Schule. Damit wollte ich wieder fort. Der Zellenleiter und ein Beamter 
hielten mich aber zurück und schrieben einen Zettel ' an meine Firma 
und erklärten, ich sei somit von der Arbeit entlassen. Ein Gendarm 
sagte mir: Wenn ich nicht unterschreibe, könne ich nicht mehr Staats- 
ärbeiten bekommen. Man redete mir zu: ,Es kommt ja doch noch. Sie 
machen sich nur unglücklich!' In Aufregung und Verwirrung unter- 
schrieb ich. Aber niemals, auch heute nicht,' will ich etwas anderes als 
die katholische Schule." , 

Anderswo, besonders in Wien, benutzte man einen anderen 
Druck, um die Eltern davon abzuhalten, ihre Kinder in die Be- 
kenntnisschule zu schicken: Man ließ die Angehörigen dieser Schule 
möglichstweiteWegegehen. In der Großstadt für Kinder 
eine große Gefahr! 

Mit solchen Mitteln und Methoden „entkonf essionaliöierte" man 
im Dritten Reich die Schule und schuf die nationalsozialistische 
Einheitszwangsschule. Kultusminister Hipp hatte recht, wenn er 
in seiner Verfügung vom 23. Juli 1945 erklärte: 

„über diese eindeutige Rechts- und Sachlage, wie sie seit 1933 be- 
stand, setzte sich der nationalsozialistische Staat bedenkenlos hinweg, 
um seine kirchen- und bekenntnisfeindlichen Bestrebungen auf dem 
Gebiet des Volksschulwesens zu verwirklichen. Es entsprach aber seiner 
sonstigen Kampfweise, wenn er die geltenden Bestimmungen nicht 
änderte oder nicht offen brachte; er suchte vielmehr für seine Rechts- 
verletzungen den Schein des Rechtes. Er führte infolgedessen zur Um- 
wandlung von Bekenntnisschulen in bekenntnisfreie Schulen Abstim- 
mungen der Erziehungsberechtigten herbei. Diese Abstimmungen spra- 
chen allerdings jedem Gefühl der Gerechtigkeit Hohn. Die Erziehungs- 
berechtigten wurden entweder einem Druck ausgesetzt, dem sie sich 
ohne Befürchtungen für ihre Existenz nicht entziehen konnten, oder sie 
wurden in für andere Zwecke einberufenen Versammlungen derart über- 
rumpelt, daß sie überhaupt nicht wußten, in welch schwerwiegender 
Sache sie abgestimmt hatten. Die gesetzlich vorgeschriebene Einholung 
des Gutachtens der kirchlichen Oberbehörde unterblieb auch in der 
überwiegenden Zahl der Fälle. Auf Grund solcher Machenschaften 
konnten die Gauleiter dem Ministerium berichten, daß in ihren Gauen 
alle Bekenntnisschulen in bekenntnisfreie Schulen umgewandelt seien, 
und das Ministerium sprach den Beteiligten mit M. B. vom 24. Oktober 

1938 (Regierungsanzeiger Nr. 300) sein Lob über das Ergebnis aus und 

99 



stellte fest, daß in Bayier» keine Bekenntnisschulen mehr vorhanden 
seien. Schließlich hat das Ministerium den erwähnten Artikel 10 des 
Schulbedarf sgesetzes (,daß die Bereitstellung der Mittel zur Errichtung 
einer Volksschule eines Bekenntnisses angeordnet werden könne, wenn 
in einer Gemeinde oder Ortschaft oder in mehreren im Umkreis von 
3,5 km Halbmesser gelegenen Gemeinden, Ortschaften, Weilern oder 
Einzelhöfen nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre 50 oder mehr 
hauptschulpflichtige Kinder des Bekenntnisses der Minderheit vorhan- 
den seien . . .'), bei der Neufassung des Gesetzes vom 11. Januar 1939 aus 
dem Gesetz entfernt und nur noch übergangsweise (Artikel 20) erwähnt, 
obwohl bei der Neufassung von 1939 sachliche Änderungen unzulässig 
waren ... Der durch unsittliche und unerlaubte Mittel 
herbeigeführte Zustand ist als rechtsunwirksam an- 
zusehen." 

Genau so waren zu Anfang 1939 alle Bekenntnisschulen in 
Württemberg, Baden, Sachsen, Thüringen, Oldenburg, Saarpfalz, 
außerdem in einem großen Teil von Preußen und in ganz Öster- 
reich, im ganzen mehr als 10 000 katholische Schulen des „Dritten 
Reiches", zwangsweise in nationalsozialistische Gemeinschafts- 
zwangsschulen verwandelt. 

Die Vertreibung klösterlicher Lehrkräfte. 

Gleichzeitig mit diesen Terrormaßnahmen gegen die Bekennt- 
nisschule ging der Kampf gegen die klösterlichen Lehrkräfte, 
Schulen und Institute. 

Auf der Frühjahrsschulung der Erzieher des Traditionsgaues 
verkündete Staatsrat Dr. Boepple im Jahre 1936 laut „Völkischer 
Beobachter" vom 23. Mai 1936: 

„Es würden 300 neue Volksschullehrerstellen für das Land Bayern 
geschaffen, von 1600 klösterlichen weiblichen Lehrstellen 600 in welt- 
liche umgewandelt. Zweieinhalb Millionen Mark seien bereitgestellt, um 
bedürftigen Gemeinden Zuschüsse zu Schulhausbauten und zur Her- 
richtung der Lehrerwohnungen zu geben. Die Maßnahmen würden auch 
im nächsten Jahr fortgesetzt werden. Die Umwandlung aller 
klösterlichen Lehrstellen in weltliche sei unbedingt 
notwendig, da der Staat sein Erziehungswesen zentral in der Hand 
haben müsse." 

Der wirkliche Abbau der klösterlichen Lehr- 
kräfte setzte dann am 1. Januar 1937 ein: 600 Lehrschwestern 
wurden in Bayern auf einmal auf die Straße gesetzt. Den national- 
sozialistischen Staat kümmerte es keinen Deut, was diese plötzlich 
entlassejien Schwestern nun zu tun hätten, wovon sie (ohne Pen- 
sion) lebten, wo sie Unterkunft fänden usw.. Trotz des drückendsten 
Lehrermangels setzte er die Ausweisung der Ordensfrauen aus der 
Schule andauernd fort: Bis Mitte 1938, also in bloß eineinhalb 
Jahren, wurden von 1676 Klosterfrauen, welche in bayerischen 
Volksschulen tätig waren, 1200, entlassen! 

Dazu kam dann noch die Vertröbung der Schwestern aus städ- 
tischen und gemeindlichen Kleinkinderbewahranstal- 
ten, Kindergärten, Kinderhorten, Nähstuben, 

100 



Handarbeitskursen, H aushal tun gs schulen und 
ähnlichem. 

Schließung k 1 ö s t e r 1 i c h e r S c h u 1 e n. 

Auch das war den Feinden der Kirche und Orden und Ordens- 
schultätigkeit noch nicht genug. Nachdem bereits 1937 den Kin- 
dern von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes 
der Besuch klösterlicher Schulen verboten worden war, wurde zu 
Ostern 1938 durch das bayerische Unterrichtsministerium schlag- 
artig auch noch die Schließung oder der stufenweise Abbau 
von 84 klösterlichen Lehranstalten (64 weiblichen 
und 20 männlichen), die Ordenseigentum waren, angeordnet. 

Das war nationalsozialistische Erfüllung des Artikels 9 des 
bayerischen Konkordates: „Orden und religiöse Kongregationen 
werden unter den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zur 
Gründung und Führung von Privatschulen zugelassen!" 

Das war die Treue zu der in Artikel 25 des Reichskonkordates 
eingegangenen Verpflichtung „Orden und religiöse Kongregationen 
sind im Rahmen der allgemeinen Gesetze und gesetzlichen Bedin- 
gungen zur Gründung und Führung von Privatschulen berechtigt." 

Das war die Einlösung des Hitlerwortes: „Was wir versprechen, 
das halten wir. "Was wir nicht halten können, versprechen wir 
nicht." 

Er hätte weiterfahren können: „Was wir letzten Endes wollen, 
das sagen wir nicht. Wir haben für alles eine scheinheilige Begrün- 
dung, z. B. für die Aufhebung weiblicher Mittelschulen die Besorg- 
nis um die Gesundheit der Schülerinnen; denn ,nachgewiesener- 
maßen' sind die Lehrschwestern dieser Anstalten vielfach lungen- 
krank!" (Eine solche Scheinbegründung wurde tatsächlich ver- 
sucht!!) 

Raub klösterlicher Schulräume! 

Nach der Schließung der klösterlichen Gymnasien, Mittel- 
schulen, Lyzeen, Aufbauschulen, Haushaltungsschulen u. ä. kam 
der Raub ihrer Räume und Lehrmittel. Ein eigenes bayerisches 
Gesetz ermächtigte die Gemeinden, sich erforderlichenfalls in den 
Besitz der klösterlichen Anstaltsgebäude und Schulen auf dem 
W^ege der Zwangsenteignung zu setzen. Das geschah z. B. 
in München selbst ganz ausgiebig: Die erstklassigen Schulgebäude 
der Armen vSchulschwestern am Anger, in der Au, ebenso jene der 
Servitinnen in der Herzogspitalstraße wurden von der Stadt in 
Beschlag genommen. In Straubing wurde außer den Schulräumen 
auch noch ein großer Teil der Klausurräume des Ursulinen- 
klosters genommen. 

Das katholische Volk Bayerns war wie vor den Kopf geschlagen, 
als es durch einen flammenden Hirtenbrief der bayerischen Bischöfe, 
der trotz aller staatlichen Verbote am 21. und 28. Juni 1936 von den 

101 



Kanzeln verlesen wurde, Kenntnis von diesen Zwangsmaßnahmen 
gegen Klosterfrauen und Klosterschulen erhielt. 

Es ist bezeichnend, was der Stützpunktleiter von Schwanenkirchen 
(Nby.) darüber an seine Kreisleitung berichten zu müssen glaubte: 

„Stützpunkt der NSDAP Schwanenkirchen, den 8. Juli 1936 

Schwanenkirchen 

An die 

Kreisleitung der NSDAP 

Deggendorf 

Betreff: Auswirkung des Verlesens vom Hirtenbrief wegen Abbau der 
klösterlichen Lehrkräfte 

In der hiesigen Pfarrkirche wurde am Sonntag, den 28. Juni, der 
Hirtenbrief durch Verlesen bekanntgegeben. Von der Bevölkerung der 
hiesigen Pfarrei wurde die Anordnung der Regierung in bezug auf Ab- 
bau der klösterlichen Lehrkräfte fast allgemein als ungerecht, 
von einem Großteil der Pfarrangehörigen als ausgesprochene 
Härte und als direkterAngriffaufdieReligion aufgenom- 
men und hat große Mißstimmung und Aufregung, zum Teil auch bei 
Parteiangehörigen, verursacht. Diese Regierungsanordnung wirkt sich 
im Bereich des Stützpunktes ganz besonders ablehnend aus, da sich hier 
eine Klosterschule befindet, deren Lehrkräfte seit jeher ganz beson- 
ders eifrig und vorbildlich für die Schuljugend ge- 
wirkt haben. Ganz besonders muß lobend, hervorgehoben werden, daß 
sich die Schwestern der hiesigen Klosterschule seit jeher große Ver- 
dienste erworben haben außer den reinen Schulaufgaben, durch Ein- 
lernen aller Arten von Handarbeiten für die Mädchen, die für dieselben 
äußerst wichtig und notwendig sind. Keine Mädchenschule der 
Umgebung kann ähnliche Erfolge in diesem Fach auf- 
weisen. Unter der Bevölkerung wird die Besorgnis laut, weltliche 
Lehrkräfte würden sich nicht die Mühe geben mit den Kindern, wie 
dies bisher von den Klosterschwestern geschehen ist. D^e hiesige Be- 
völkerung verfolgt mit wachsender Besorgnis den von der Regierung 
angekündigten Abbau der klösterlichen Lehrkräfte und kann diese Maß- 
nahmen nicht verstehen, zumal sich die hiesige Klosterschule, für alle 
Schichten der Bevölkerung zum Vorteile ausgewirkt hat. Weiterhin 
spielt auch der Umstand eine große Rolle, daß Angehörige seßhafter 
Familien von hier als Klosterschwestern irgendwo leben, deren Existenz 
durch diese Maßnahmen verlorengehen würde. Durch diese angekün- 
digte Aufhebung der Klosterschulen bemächtigt sich der hiesigen Be- 
völkerung eine stark gedrückte Stimmung, vielfach auch eine ausdrück- 
liche Abneigung gegenüber der Partei. Selbst mehrere Pg. haben mir 
offen ihre Bedenken dagegen geäußert. Ich muß berichten, daß diese 
Maßnahme von der Bevölkerung absolut nicht verstanden werden kann 
und diese nahezu hundertprozentig dagegen eingestellt ist 
und daß ferner dadurch das Vertrauen zur Partei erheblich geschwun- 
den ist. Ich bin als Leiter des Stützpunktes der NSDAP von der hiesi- 
gen Bevölkerung, auch von Pg., wiederholt aufgefordert worden, diese 
vorerwähnten Bedenken an Herrn Kreisleiter zu berichten, damit von 
dieser Stelle aus im gleichen Sinne an die obersten Parteistellen über 
die Einstellung der Landbevölkerung zum geplanten Abbau dieser Maß- 
nahmen Bericht erstattet wird. Auch werden jenen Gemeinden, in denen 
bisher Klosterschulen bestanden, durch den Bau von Schulhäusern und 
Lehrerwohnungen ganz erhebliche Belastungen bevorstehen. 

Heil Hitler! 
StützpunIcUeiter.'* 

102 



Wie schwer den Schwestern selbst und den Kindern der Ab- 
schied von der klösterlichen Schule fiel, wie rücksichtslos nun aber 
nationalsozialistischerseits und behördlicherseits gegen Schwestern 
und Kinder vorgegangen wurde, wie man den Schwestern statt 
eines Dankes geradezu einen Fußtritt gab, zeigt nachfolgender Be- 
richt über Vorgänge in Mühldorf (Obb.) am 24. März 1937, dem 
letzten Tag des Schuljahres, das zugleich Schluß der Schultätigkeit 
der Schwestern sein sollte: 

,tAm Ende der Flaggenehrung um 8 Uhr sangen nicht alle Schwe- 
stern bei den Nationalhymnen mit, alle — bis auf eine — erwiesen aber 
den Deutschen Gruß. Nach dem Siegheil auf den Führer betrat der 
Schulrat Pietsch das Podium und erklärte im heftigen Ton: ,Die Schwe- 
stern haben nicht mitgesungen. Die Mühldorf er Jugend marschiert 
trotzdem Weiter im Dritten Reich. Nochmals Siegheil auf den Führerl' 

Im Auftrag des Schulrates verteilten sich die Lehrer auf die einzel- 
nen Mädchenklassen, um für schleunige Entlassung der Kinder zu sor- 
gen. Den Schwestern — mit einer Ausnahme — wird erklärt, sie hätten 
das Schulhaus sofort oder baldmöglichst zu verlassen. 
Die Schwestern erklären, sie hätten noch Zeichnungen etc. zurückzu- 
geben. Währenddessen werden vom Lehrer die Kästen etc. nach Gegen- 
ständen durchsucht, die die Schwestern vielleicht geschenkt bekommen 
hätten. Die aufgeregten Kinder werden von Lehrern teilweise mit Ge- 
walt entfernt. Viele lassen sich einfach nicht vertreiben^ sammeln sich 
immer wieder und kehren zurück. Die Schwestern versuchen vergeb- 
lich, die Kinder zum Heimgehen zu bewegen. Das rücksichtslose Vor- 
gehen der Lehrer hat verschiedentlich auch Auseinandersetzungen mit 
Schwestern zur Folge. Bezeichnend ist, daß ein Lehrer sogar mit einem 
Dietrich erscheint in der Vermutung, eine Schwester könnte sich mit 
den Kindern im Schulzimmer eingeschlossen haben. Der Aufforderung, 
sofort die Schlüssel zu den Schulzimmern abzuliefern, begegnen die 
Schwestern mit der Erklärung, sie müßten die Schulzimmer noch räu- 
men. In der 3, Mädchenklasse verlangt der Lehrer ein Blatt mit 
Namensunterschriften der Kinder, die bestimmt wären für einen Brief 
an den Heiligen Vater, und nimmt das Blatt an sich. Verschiedentlich 
werden auf der Straße Kindern die Andenkenbilder, die sie von 
den Schwestern erhalten hatten, von Lehrern zerrissen. Ein 
Mädchen muß sogar den Schuh ausziehen. Der Hand- 
arbeitsschwester wird von einem Lehrer der Handarbeitenkorb durch- 
wühlt, einer Frau sogar ihre TasChe. 

Das Schulhaus wird geschlossen. Kinder, die Taschen etc. zurück- 
gelassen hatten, dürfen das Schulhaus nur mehr betreten mit einem 
schriftlichen Ausweis von ihren Eltern oder von Lehrer Krieger, um 
die Sachen zu holen, und dann nur unter Aufsicht des Hausmeisters. 
Begreiflicherweise herrscht bei der Bevölkerung eine große Erregung! 

Um 2 Uhr nachmittags ist die Frau Oberin zum Bürgermeister Goll- 
witzer (ehemals protestantischer Pfarrer von Mühldorf, ein paar Tage 
bayerischer Landesbischof der .deutschen Christen'!) in das Rathaus ge- 
beten, wo der Schulrat, der Schulleiter und andere versammelt sind. 
Die Frau Oberin begibt sich mit einer Schwester in das Rathaus. Die 
Verhandlungen verliefen in großen Zügen folgendermaßen: Der Bürger- 
meister erklärt, sie seien heraufgebeten worden, da am Vormittag Dinge 
vorgekommen seien, die nicht in Ordnung gewesen wären. Die den 
Schwestern gewährte .Frist, noch 10 Tage im April in 
ihrem Hause bleiben zu dürfen, müßte er zurück- 
ziehen. Die einzelnen Punkte: 
1. Es sei eine staatswidrige, weil gesetzlich verbotene Sammlung 

g«lMiUiea worden. — Antwort: Von der Geldsammlung durch dl« 

103 



Kinder hätten die Schwestern nichts gewußt. Das Geld wird dem 
Befehl gemäß noch heute auf dem Stadtrat abgeliefert. (RM. 23.—!) 

2. Verhetzung des Volkes: Das wäre heute morgen skandalös 
gewesen. Keine Lehrerin hal)e die Kinder angewiesen, dem Befehl 
des Schulfates zu folgen. Das sei keine Erzieherart, wie sich manche 
Schwestern gebärdet hätten. Lehrer Krieger erklärt^ daß sogar in 
den Aborten Kinder zurückgehalten worden seien. Das sei diabo- 
lische Verhetzung. Gemeint ist damit die Tatsache, daß zur Zeit des 
Tumultes zwei Schwestern mit einigen Kindern damit beschäftigt 
waren, eine im Abort befindliche Blumenstellage zu räumen, — Der 
Bürgermeister sagt, wenn die Schwestern in dieser Weise die Kinder 
und das Volk verhetzen, dann arbeiten sie dem Bolschewismus vor. 
Er weist sodann auf Spanien hin und auf die so ganz anderen Ver- 
hältnisse in Deutschland. 

3. Unterschriften. Die Schwester legt den Sachverhalt genau dar 
und sagt, daß die Sache vom Katecheten ausginge. Darauf wird erklärt, 
daß man sich in diese Dinge nicht einmische. Als der Schulrat ein- 
wendet, warum d^es die Schwester in der Schule nicht sofort erklärt 
hätte, erhält er zur Antwort: Bei dem Wort ,Unterschriften* denkt man 
heute doch sofort an Unterschriften der Eltern. Erst als der Lehrer die 
Kinder genauer fragte, merkte die Schwester, was gemeint sei. 

Schluß: Die Frau Oberrin muß in die Hand versprechen, die Schwe- 
stern zu beruhigen, jede Sammlung zu verbieten, zu sorgen, daß die 
Leute nicht mehr verhetzt werden und vor allem, daß die Schwestern 
unauffällig verschwinden (nicht über den Stadtplatz wie eine Wall- 
fahrt!), jRichten Sie mir keinen Saustall an!' 

Die Schwestern können die 10 Tage noch bleiben. 

Der Schulrat erklärte selber: ,Ich habe die Herren in die Klassen 
befohlen und da hätte sich niemand zu widersetzen gehabt.' 

Der Bürgermeister gab am Vormittag dem Hausmeister Fischer den 
strengen Befehl, daß die Schwestern sämtliche Schlüssel sofort abzu- 
liefern hätten. Der Schulleiter Vogl änderte das dahin, daß bis abends 
die Schlüssel abgeliefert sein müssen. Am Na.chmittag könnten die 
iSchwestern noch räumen, aber unter keinen Umständen dürfte eine 
Schülerin zu ihnen zugelassen werden. 

Über die Durchführung der letzten Maßnahme zu wachen, wird die 
HJ (Jungvolk) beauftragt! !" 

Deutsche Ritterlichkeit im „Dritten Reic h" ! 



Und nun die theologischen Hochschulenl 

Nach der Beseitigung der Bekenntnisschule, nach dem Abbau 
der klösterlichen Lehrkräfte, nach der Liquidierung der kloster- 
eigenen Mittel- und Oberschulen ging es an die Strangulierung der 
staatlichen und bischöflichen philosophisch-theologischen Hoch- 
schulen bzw. Fakultäten, die an den einzelnen bayerischen Bi- 
schofstädten der Ausbildung des Priesternachwuchses dienen und 
durch bayerisches Konkordat (Artikel 4) und Reichskonkordat (Ar- 
tikel 19 und 20) geschützt waren. Sie wurden zunächst sozusagen 
„ausgehunger t", indem man die Anstellung neuer Professoren 
immer mehr hinausschob bzw. ganz verschob. 

Die theologische Fakultät an der Universität München wurde 
ün Mai 1939 von Staatsminister Wagner kurzerhand geschlossen, 

104 



als Kardinal Faulhaber aus „G e Wissens g r ü n"d e h nicht seine 
nach dem Konkordat erforderliche Zustimmung zur Übertragung 
eines Lehrstuhles an den nationalsozialistisch eingestellten und 
tätigen Professor Barion geben konnte. 

Gleichzeitig wurde das mehrere Jahrhunderte alte Priester- 
semi^iar Georgianum aufgehoben und für andere Zwecke in 
Anspruch genommen. 

In Österreich wurde im Jahre 1938 als erste theologische Fakul- 
tät jene in Innsbruck geschlossen, gleichzeitig auch das Canisianum 
mit 37 amerikanischen, 10 englischen, 10 schweizerischen, 8 italie- 
nischen, 2 polnischen und je 1 französischen, holländischen und 
japanischen Theologen. Sie mußten samt den Patres in wenigen 
Tagen das Haus verlassen und in die Verbannung gehen, in die 
Schweiz. 

„Gauleiter Hof er möchte Hitler als Geburtstagsgeschenk ein juden- 
und priesterfreies Tirol präsentieren", schrieb ein aus dem Canisianum 
vertriebener amerikanischer Student am 6. Januar 1939 im Universe. 

Zwei Monate spater wurde auch die theologisch* Fakultät in 
Salzburg . auf gehoben.. . . 

Fesseln für den Religionsunterricht. 

Jahrelang hatten die Nationalsozialisten in ihrer Agitation 
gegen die Bekenntnisschulen mit dem Schlagwort gearbeitet: „In 
der Deutschen Gemeinschaftsschule bleibt alles 
wie zuvor. Nicht einen Finger soll an der christlichen Religion 
gerührt werden. Sie ist in der Gemeinschaftsschule genau so ge- 
sichert wie in der Bekenntnisschule." In Dutzenden von Versamm- 
lungen, in der ganzen nationalsozialistischen Presse, im Rundfunk, 
in Reden offizieller Persönlichkeiten, Minister eingeschlossen, wurde 
dieses Versprechen in aller Form gegeben. 

„Der Religionsunterricht in den Schulen wird 
niemals eine Einmischung erfahre n," erklärte bei- 
spielsweise Dr. Kerrl, Reichsminister für kirchliche Angelegen- 
heiten, am 24. November 1937 in Fulda, ebenso Gauleiter Bürckel 
in seiner Rede an die Auslandsdeutschen im August 1938, mit Nach- 
druck betonend: „Wenn auch der Staat in erster Linie für die 
Jugenderziehung verantwortlich sei, so könne doch die Kirche 
dieser Jugend ihre religiöse Unterweisung geben." ' 

Aber alle diese Versprechungen des Nationalsozialismus er- 
wiesen sich als bloße propagandistische Phrase. Das Ziel stand von 
Anfang an fest: Ausschaltung alles Christlichen aus Unterricht und 
Erziehung! Der Marsch zu diesem Ziel kannte nur Stationen, kein 
Halt. Das Tempo des Marsches mochte da und dort aus Klugheit 
verlangsamt werden, aber, sobald die Umstände günstiger er- 
schienen, wurde aufgeholt. 

Kreuz und Hakenkreuz 8 105 



Bischof Galen^Münster gab In seinem Hirtenbrief Vom 21. Dezember 
1936 verschiedene Phasen des Kami»fes gegen den Religionsunterricht 
bekannt: 

Der Religionsunterricht wurde vielerorts abgeschafft, z. B. für die 
landwirtschaftlichen Schulen. 

In vielen Städten wurden Religionslehrer vorzeitig pensioniert und 
nicht mehr ersetzt. 

In vielen Orten durfte der Religionsunterricht, selbst in den Be- 
kenntnisschulen, nicht mehr während der Schulstunden gegeben wer- 
den, sondern nur in der Freizeit. 

Lehrer und Schulleiter an Bekenntnisschulen (!) verkünden deri 
Schülern immer wieder ausdrücklich, daß keine Verpflichtung bestehe, 
dem Religionsunterricht beizuwohnen. Für junge Leute geradezu eine 
Aufforderung, ihm fernzubleiben! 

Am 10. Oktober 1937 muß Bischof Preysing, Berlin, in 
einem Hirtenbrief klagen: Auch auf dem Gebiet der Erziehung hat 
es solche Stationen gegeben. Zuerst war die Parole: „Fort mit der 
Bekenntnisschule! Die Einheit des Volkes verlangt dies." Dann: 
„Die Priester hinaus aus der Schule!" Was wird der nächste Schritt 
sein? Wird der Religionsunterricht ganz abgeschafft und antichrist- 
iiches Gedankengut den Kindern aufgezwungen werden?" 

Zunächst wurde der Religionsunterricht in der Schule zeit- 
lichbeschränkt: 

In Süddeutschland, seit 1935/36 von vier Wochenstunden auf 
drei Wochenstunden, später auf dreimal 45 Minuten. 

Im Kölner Gebiet im Mai 1937 in den oberen drei Klassen auf 
eine Stunde, 1938 auch noch in weiteren Klassen. 

Im Frühjahr 1938 bestimmte der Reichsunterrichtsminister all- 
gemein, daß wöchentlich nur noch zwei Religionsstunden sein 
sollten, für das sechste Schuljahr nur noch eine. (Turnen und Sport 
hatten wöchentlich fünf Stunden!) 

Dann ward der Religionsunterricht mancherorts auf recht 
ungelegene Stunden verlegt, z. B. in Bayern durch 
Ministerialverordnung vom 17. März 1939 auf die erste und 
letzte Stunde, damit Nichtteilnehmer entweder den Vorteil hat- 
ten, erst später in die Schule kommen zu müssen, oder den Vorteil 
genossen, schon früher nach Hause gehen zu dürfen, eine Anreizung 
zur Abmeldung der Kinder vom Religionsunterricht. 

Ähnlich bestimmte die Schulbehörde von Wien , im Sommer 
1939, daß an allen Schulen, in welchen noch Religionsunterricht 
gegeben wurde, seine Erteilung entweder nach Schluß des vormit- 
tägigen Unterrichts oder erst am Nachmittag erfolgen müsse. 

Der badische Unterrichtsminister verfügte ähnliches. 

Auch in den Zeugnissen wurde der Religionsunterricht auf 
die letzte Rubrik verwiesen, während das Turnen an die erste Stelle 
vorrückte. Ja, selbst die Bezeichnung mußte dort geändert wei?den: 
Statt „Religion" wurde jetzt der „konfessionelle Unterricht" be- 

106 



notet. Vielerorts wurde seit 1939/40 der Religionsunterricht über- 
haupt nicht mehr im Stundenplan aufgeführt. 

In den Berufsschulen wurde er zu Anfang 1940 voll- 
ständig abgeschafft. ' 

In den höheren Schulen wurde er in den Oberklassen 
ebenfalls ganz beseitigt, in den Unterklassen bedeutend verringert. 

Die Abmeldung vom Religionsunterricht wurde 
immer mehr erleichtert, konnte beispielsweise entgegen früheren 
Bestimmungen auch während des Schuljahres geschehen. 

Die größte Ungeheuerlichkeit aber waren die sogenannten 

„Bubenrudel" und „Erzählerkreise". 

Da und dort wurden Hitler jungen von ihren „Führern" eigens an- 
gewiesen, dem Religionsunterricht trotz innerlicher Ablehnung 
weiter beizuwohnen, um ihn zu bespitzeln, zu stören 
und fruchtlos zu machen. Nachfolgendes Rundschreiben 
spricht iür sich selbst: 

Deutsches Jungvolk in der Hitlerjugend. 

Geheim! Geheim! 

Verteilt an: Jungbannstab Zur Kenntnis an: 

Beauftragte des Jungbannführers Gebiet 22 

Stammführer Kreisleitungen. 

Allgemeine Anweisung! 
(folgt L— III.) 
Befehl 1/36 
Für die Beauftragten: 

Betrifft Bubenrudel. Wie ich bereits in der Führertagung 
vom 4. und 5. Juli ausgeführt habe, soll zukünftig das Bubenrudel wei- 
ter ausgebaut werden, um den Abwehrkampf gegen die Zersetzungs- 
arbeit der katholischen Aktion besser führen zu können. Da hierbei 
äußerst vorsichtig zu Werke gegangen werden muß, darf in der Aus- 
wahl der Führer keine Vorsichtsmaßnahme außer acht gelassen wer- 
den. Nur solche Führer, die vom SD überprüft wurden und außerdem, 
soweit es sich um Lehrer handelt, vom NSLB als geeignet beurteilt 
wurden, können für diese Arbeit verwendet werder^. 

Die Arbeit, die ihnen zufällt, ergibt sich aus der Aufgabe: 

1. Unmerkliches Überwachen des Religionsunterrichtes, bzw. der sog. 
Bibelstunden unter Feststellung der jeweiligen täglichen Tendenz. 

2. Gründung sog. Erzählerkreise zur Erfassung derjenigen Alterstufen 
(7 — 9jährige), die, durch die Gegenarbeit weltanschaulich am meisten 
gefährdet sind. (Freiwillig — Je besser d. Erzähler, desto größer sein 
Zuhörerkreis). 

3. Entgegenwirken einer Minderwertigkeitstendenz in der 
Bibelstunde am Vormittag durch Erzählen- von Anekdoten, Sagen, 
Kurzgeschichten aus der Bewegung und der deutschen Geschichte 
nachmittags, die in der gleichen Weise heroische Weltanschauung 
vertreten. 

4. Damit verbunden: Spiele, Bastelarbeit, Singen von Klotzliedern usw. 

5. Auftreten als Autoritätspersonen jgegenüber den Eltern als Ausgleich 
des Einflusses unseres Gegners. — Deshalb einwandfreie Lebens- 
führung und absolutes Vorbild für die Kleinen im Hinblick auf die 

107 



sphwere Verantwortung. Zwang darf in keiner Weise angewendet 
werden. 

Die Beauftragten sehen sich um geeignete Leute um, holen über 
dieselben bei obenbezeichneten Stellen vertrauliche Beurteilung ein; 
Behörden und sonstige Stellen sind unter gar keinen Umständen mit 
dieser Sache vertraut zu machen. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich anführen, daß alle Beobachtungen, 
auch die kleinsten über die Arbeit der katholischen Aktion an mich per- 
sönlich unter Umgehung des Dienstweges von allen Führern zu melden 
sind. Von mir aus werden sie dann allen in Frage kommenden Stellen 
zusammengestellt zugeleitet. 

Nur belegte Ereignisse sind brauchbar..; 

' Dieses Rundschreiben ist absolut vertraulich 

z u b e h a n d e 1 n. 

gez. Otto Würschinger . Der Führer d. Jungbannes 306 

, Das war wiederum ein Schritt zu der von Bischof Pröysing 
genannten Station:. ,, 

„Di e P r i e;.s t er h i n a u s a ti s d e r S c h u 1 e" 

" In einer M 1 1 1; e Iklasse einerMün che n e r Sc hu 1 e 
würdö bei'Eihquartiefüng der SS gelegentlich des Miissoiihibesuches 
delr-Schraftk mit eiri^tn N ach Schlüssel geöffnet, beiliegendes Blatt 
iri den Katechismus eingelegt und dann der Kasten wiedier versperrt: 

, „Die Kinder nicht mit Gewalt verdummen, sondern aufklären • 
" über das Werk der Schöpfung! Deswegen gibt es eine deutsche 
Nation. Frei vom römischen Ungeist. Frei von Pfaffen- und 

Judengeist. 

Werdet freie deutsche Frauen und Männer! 

ii 

Ihr Erzieher glaubt doch hoffentlich nicht an diesen sog. Erzschwindel. 

Bitte, handelt als Deutsche! 

Religionsunterricht nur mit besonderer staat- 
licher Bevollmächtigung! 

Ein weiterer Schritt zu dieser Station war die Forderung, daß 
der schulische Religionsunterricht durch Geistliche von einer be- 
sonderen Erlaubnis staatlicher Stellen abhängig gemacht 
wurde. So schon 1936 in Westfalen und im Trierer Land. 

In Bayern verlangte eine Regierungsverfügung vom 10. März 
1938, daß die Geistlichen für die Erteilung des Religionsunterrichtes 
in Volksschulen die Ermächtigung durch den Regierungspräsidenten 
habeji müssen. Diese Befugnis sei zu versagen, hieß es dort, wenn 
ein Geistlicher Nichtarier, politisch verdächtig oder als Lehrer unr 
geeignet sei. 

Der bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus, 
Dr. Hipp, bemerkte in seiner Verordnung vom 23. Juli 1945 zu 
obiger Verfügung seines Vorgängers: 

108 



( ,;Diese Bestimmung richtete sich mit voller Absicht gegen die Geist- 
lichen der christlichen Kirchen und gegen sonstige Personen, die auf 
Veranlassung einer Religionsgesellschaft an einer öffentlichen Volks- 
schule .Religionsunterricht erteilen wollten." 

Wie die bayerischen Bischöfe insbesondere beklagen mußten, 
wurde nicht wenigen Geistlichen ohneAngabevon Gründen 
und ohne jede Möglichk eit einer Veirteidigung 
diese Erlaubnis zur Erteilung des lehrplanmäßigen Religionsunter- 
richtes versagt oder entzogen. 

Außerhalb Bayerns ging man. aber noch einen Schritt weiter: 
Man wies den Geistlichen allgemein aus der Schule und übertrug 
den Lehrern den Religionsunterricht. Bischof Preysing, Berlin, muß 
dies bereits im Hirtenbrief vom 10. Oktober 1937 beklagen. Bischof 
Galen, Münster", muß im November 1937 mit ihm bemerken, daß 
die Maßnahme ohne jede Fühlungnahme mit dem Bischof und 
unter Bruch des Reichskonkordates geschehen, sei. Ähnlich in Würt* 
temberg, Ermland, Freiburg,. Trier, Hildesheim und anderwärts. 

Wie der Religionsunterricht vieler, Lehrer, die ganz mit national- 
sozialistischen Ideen erfüllt waren, . ausfiel, läßt sich. leicht/denken» 
Die bayerischen' Bischöfe sahen sich gezwungen, in ihrem HirteiiT 
brief vom 13. Dezertiber 1936 zu klagen:. „Es gibt Lehrer, jdie, einen 
unchristlichen Geist in den Religionsunterricht bringen und selbst 
den Bibelunterricht dermaßen geben, daß die Kinder . an i^hrem 
Glauben verwirrt werden müssen". Das galt natürlich in anderen 
Ländern genau so. 

In Bayern wiederum suchte man überdies- die Volksschullehrer 
möglichst davon abzuhalten, noch irgendwie an der religiösen Unter- 
weisung der Kinder mitzuwirken. So z. B. versandte im Winter 1938 
der Kreisleiter des Nationalsozialistischen Lehrerbundes von Für- 
stenfeldbruck (bei München) allen Lehrpersonen seines Bezirkes 
nachfolgenden Fragebogen; 

1. Geben Sie noch Eibelunterricht? 

2. Wenn ja, warum? 

3. Können Sie den Unterricht im Alten Testament in Einklang brin- 
gen mit den rassischen Gesichtspunkten? 

' 4. Wünschen Sie den Bibelunterricht einzustellen? 

5. Versehen Sie noch den Organistendienst? 

6. Wenn ja, bestehen dafür besondere Gründe? 

7. Wünschen Sie diesen Dienst, aufzugeben? 

8. Gehören Sie der Partei an? 

Als das Erzbischöfliche Ordinariat von München am 27. April 
1939 bestimmte, daß in Rücksicht auf die Kürzung der Religions- 
stunden der Religionsunterricht in den oberen Klassen nur 
durch Geistliche zu erteilen sei, hielten es die städtischen Schul- 
behörden für angezeigt, alle Lehrpersonen aufzufordern, zum Protest 
gegen diese „Beschimpfung des Lehrerstandes" den Religionsunter- 
richt auch in den unteren Klassen niederzulegen. 

109 



In vielen Schulen Berlins tat man im Herbst 1937 den letzten 
Schritt zu dem schon von Anfang an gesetzten Ziel: Der Religions- 
unterricht wurde plötzlich vollständig abgeschafft. Den Eltern ward 
mit einem Zirkular mitgeteilt: Wenn sie wünschten, daß ihre Kinder 
weiterhin in Religion unterrichtet würden, so könnte dies außerhalb 
der Schule geschehen. 

„Staatsgefährliche Religionslehrmittel" 

Eine neue Fessel für die kirchliche Schultätigkeit, einen neuen 
Schritt zur vollen Entchristlichung der Schule bedeutete es, wenn 
immer mehr religiöse Lehrmittel ausgeschaltet wurden. 
So z. B. verbot die badische Unterrichtsverwaltung am 27. Januar 
1937 die Weiterbehandlung der von der Fuldaer Bischofskonferenz 
herausgegebenen sogenannten „Katechismus Wahrheiten" 
in der Schule, ja ließ sie durch Lehrer den Kindern direkt wieder 
abnehmen. 

Am 24. Juli 1937 verbot der gleiche badische Unterrichts- 
minister die Weiterbenützung der seit Ostern 1936 in den Schulen 
der Erzdiöizese Freiburg eingeführten, seit vielen Jahren in der 
Erzdiözese Breslau und anderwärts gebrauchten „Biblischen 
Geschichte" in den Volksschulen und dehnte dieses Verbot 1938 
auch auf die höheren Schulen aus. 

Am 29. November 1937 stellte derselbe badische Minister für 
Unterricht und Kultus an die kirchliche Behörde sogar die Zu- 
mutung, das Alte Testament in den Schulen über- 
haupt nicht mehr behandeln zu lassen. Ähnliche For- 
derungen hatten rheinländischä Lehrer schon 1936 gestellt 
(siehe „Westdeutscher Beobachter" vom 25. Oktober 1936). Der 
Regierurigspräsident von Münster hatte schon am 8. Januar 1936 
bestimrrit, daß in Rücksicht auf die Kürzung der Religionsstunden 
auch eine Stoff kürzung erfolgen müsse, und zwar durch Ausschluß 
des Unterrichts über das Alte Testament. Die Regierung von An- 
halt verordnete im Januar 1939 neuerdings mit allem Nachdruck, 
daß das Alte Testament niqht mehr im Religionsunterricht behan- 
delt werden dürfte, Weisungen, welche die mit dem Religionsunter- 
richt betrauten weltlichen Lehrer natürlich willig und nicht ungern 
befolgten. 1937 legten 37 badische Lehrer den Religionsunterricht 
nieder, ' 

In Bayern unterband man den Neudruck von Katechismus- 
büchern, Biblischer Geschichte und DiÖzesangebetbuch mit der Be- 
gründung des Papiermangels, der aber für andere Drucksachen 
zweifelhaftester Art nicht bestand (1941). 

Direkt verboten wurden an kirchlich approbierten Religions- 
büchlein: 

Dr. Martin: Glaube und Leben, Merkbüchlein für den katho- 
lischen Religionsunterricht in den bayerischen Volksschulen; 

110 



Cohnen- Andres: Die Lehre von der Kirche; 
Thoma: Weg, Wahrheit, Leben. 

Der nationalfsozialistische Staat brauchte andere Schulbücher, 
als solche mit klarer Darstellung der christlichen Wahrheiten und 
mit christlichen Gebeten. 

Der neue Religionsunterricht: 

Als Vorbild würde das Buch Schenzingers: „Hitlerjunge Quex" 
im Jahre 1936 da und dort den Schulkindern der fünften und 
sechsten Klasse gegeben. Darin war z. B. die nationalsozialistische 
Auffassung von „Unsterblichkeit" dargeboten, indem Quex, tief 
traurig über den Tod seiner Mutter, gar nicht glauben kann, daß 
sie für immer ausgelöscht sein soll, bis er auf einmal die Erlösung 
von allem Schmerz erhält durch die Erkenntnis: „Die Mutter 
lebt noch in mi r." Ein Buch mit heidnischen Ideen . ; . 

Im Sommer 1936 Wurde in Mittelschulen das Buch des Staats- 
ministers Dr. Paul Schmitthenner, Universitätsprofessor vor> Heidelberg, 
„Führer und Völker" eingeführt. Darin werden Kirche und Papsttum 
in den schwärzesten Farben als die Todfeinde des deutschen Volkes ge- 
schildert, die wichtigsten katholischen Glaubenswahrheiten als voller 
Gegensatz zur deutschen Tradition hingestellt; die Reform von Cluny 
als undeutsch, römisch angeprangert, besonders ob des Geistes der Buße 
und der Priesterherrschaft, der Forderung des Zölibats usw.; die Kreuz- 
züge mit ihren Millionen von Todesopfern werden einseitig verurteilt; 
Luther wird als der große Führer des deutschen Volkes und Heros im 
Kampf gegen den geschworenen Hauptfeind „in Rom" verherrlicht usw. 

In München-Feldmoching benützte ein Volksschullehrer im Jahre 
1939 eine Ausstellung, die er mit Knaben der 6. Klasse über „Volks- 
gesundheit" in der Schule veranstaltete, unter anderem zu folgender 
Darstellung über „Geistiges Gift": 

Ein Bild zeigte 6 Figuren: Im Vordergrund waren zwei Juden mit 
dem Talmud unter dem Arm; hinter ihnen standen zwei Kommunisten 
mit einem toten Mann zu ihren Füßen; "dann sah man zwei Gestalten, 
die leicht als katholische Ordensleute zu erkennen waren: eine davon, 
ein Mönch in Talar, hielt in der einen Hand einen Stock, in der anderen 
eine Buchrolle mit der Aufschrift: „Alle Menschen sind gleich. . Liebet 
Eure Feinde!"; die zweite Figur, eine Nonne mit einer Geißel in der 
Hand, kniete auf einem Betstuhl, der die Aufschrift trug: „Abtötung, 
Verzicht auf die Welt." Vor dem Bild lag der „Völkische Beobachter" 
Nr. 43 vom 12. Februar 1939 mit Büdern von Kardinal Mündelein von 
Chicago, Eden, einigen Juden u. ä. 

Wie weit sich der Ersatzreligionsunterricht von nationalsozia- 
listischen Lehrkräften verirren konnte, wie man nicht davor zurück- 
schreckte, Hitler neben oder sogar über Jesus zu 
stellen, zeigt nachstehendes Diktat, das schon am 16. März 1934 
in der dritten Volksschulklasse an der Blumenschule zu München 

gegeben wurde: _ j «• • .. i « 

^ ^ „JesusundHitle r." 

Wie Jesus die Menschen von der Sünde und Hölle befreite, so rettete 
Hitler das deutsche Volk vor dem Verderben. Jesus und Hitler wurden 
verfolgt, aber während Jesus gekreuzigt wurde, wurde Hitler zum Kanz- 
ler erhoben. Während die Jünger Jesu ihren Meister verleugr.jten und 
ihn im Stiche ließen, fielen die 16 Kameraden für ihren Führer. Die 
Apostel vollendeten das Werk Ihres Herrn. Wir hoffen, daß Hitler sein 

111 



Werk selbst zu Ende führen darf. Jesus baute für den Himmel, Hitler 
für die deutsche Erde. 

Wie ernst der Ersatz des christlichen Religionsunterrichtes 
durch germanischen „Religionsunte-r rieht" gedacht 
und vorbereitet wurde, offenbart nachfolgendes Inserat im „Börsen- 
blatt für den deutschen Buchhandel" vom 19. Februar 1935. 

GERMANISCHES GOTTGEFÜHL 

im christlichen Religionsunterricht 

Zwölf Unterrichtsentwürfe von 

Hermann Tögel u. E. H. Wohlrab 

176 S. Geh. RM. 3.—, gebd. RM. 4.20 

Prof. Tögel gibt in seiner „Einführung" die gedankenmäßige Grund- 
legung für die unterrichtliche Behandlung des Germanenglaubens in 
der Volksschule. 

E. H. Wohlrab gibt in Teil II die schulpraktiche „Ausführung" in Ge- 
stalt von zwölf Unterrichtsentwürfen: 1. Naturglaube, 2. Wald- und 
Baumglaube, 3. Deutscher Frühlingsglaube, 4. Semnonenheim (Zin), 
5. Donar, 6. Wodan-Odin, 7. Freia, 8. Nordische Frömmigkeit, 9. Alt- 
sächsische f'römmigkeit, 10. Der Götter Untergang — Sieg des Christen- 
tums, 11. Die deutsche Weihnacht, 12. An den Externsteinen. Die zwölf 
Einheiten sind bereits schulpraktisch erprobt; denn Wohlrab hat sie mit 
ministerieller und bezirksschulrätlicher Genehmigung im Winterhalb- 
jahr 1933/34 mit 28 Knaben eines 7. Schuljahres an der Volksschule zu 
Bad Brämbach in über 40 Religionsstunden durchgearbeitet und 
die hierbei gemachten Erfahrungen in sorgfältiger Nachbearbeitung end- 
gültig ausgebaut. 

Chriistentum- und kirchenfeindliche Märchendeutung. 

Selbst unsere schönen deutschen Märchen und Sagen mußten 
sich nationalsozialistische Aus- und Umdeutung gefallen lassen und 
der Hetze gegen Christentum und Kirche dienen. Wenn nach- 
folgende Erklärung vom „Dornröschen" und „Schneewittchen" in 
der NS-Lehrerzeitung erschien, so kennt man sofort ihre 
Bestimmung: so sollte den deutschen Schulkindern 
nationalsozialistisches Märchenverständnis beigebracht werden. 

Nationalsoziaiistische Lehrerzeitung Reichstagung 1934 Frankfurt a, M. 

8. Heft Ernting 1934 S. 87. ' 

DornröschensErwachen. 

Von H. Paradies, Hude. 

Wer es selbst an seinen Kindern erlebt hat, wie dankbar sie, Vater, 
Mutter, Großmutter oder Lehrer sind, wenn diese ihnen Märchen er- 
zählen, wie da die Augen leuchten, die Wangen glühen, der weiß, welche 
Schätze in unseren Märchen verborgen liegen. 

Was wollen uns die Märchen sagen? Sind sie nur Dichtungen oder 
gar Ausgeburten der Phantasie? Nein, unsere Märchen sind viel mehr. 
Sie enthalten altaristische Wahrheiten und Erkennt- 
nisse. Die prophetischen oder seherischen Menschen unserer Vor- 
fahren wollten in den Märchen altaristische Erkenntnis, altaristisches 
Weistum auf die Nachwelt vererben. Da die neue Weltanschau- 

112 



•« n g, die im Werden ist, ihre Wurzeln in der Weltanschauung 
unserer Vorfahren haben muß, müssen wir die Verbindung mit 
der Jugendzeit unseres Volkes wiederherstellen und das Weistum un- 
serer Väter für die Gegenwart auswerten. „Märchen und Mythen sind 
die Fenster in den gewaltigen Bauwerken der Völkerkulturen, Sie 
erhellen" den Sinn des Lebens, sie sind ein Teil von unserem Blutstamm, 
und selbst die ältesten und sogar primitivsten märchenhaften Überliefe- 
rungen strömen wie vorgeschichtliche Bergseen von ungeahnter Schön- 
heit und Tiefe im Unterbewußtsein der Lebenden weiter." 

Die Kräfte zieht das Märchen aus einer Kulturschicht, die Jahr- 
tausende zurückliegt. In den Köpfen des deutschen Bauernvolkes hat 
sich dieses Weistum vererbt. Erst die Gebrüder Grimni haben die Mär- 
chen gesammelt und aufgeschrieben. Diejenigen unserer Vorfahren, die 
das ererbte Gut unverkürzt den Enkeln weitergaben, waren sicher nicht 
im Besitze solcher Weisheit, kaum daß sie den tieferen Sinn auch nur 
geahnt haben. 

Märchen- „Verkalung" 

Nach Werner von Bülow liegt der tiefere Sinn der Märchen in den 
sogenannten Kennworten verborgen, und diese sind so gewählt, daß sie 
sich dem Gedächtnis gut einprägen. So ist das entstanden, was man 
später „Verkalung" genannt hat. „Es bildete sich eine Formen- und 
Formelsprache heraus, durch die höchste geistige Werte auch von Un- 
mündigen und Unverständigen weitergegeben werden konnten, bis ein 
Geschlecht heranwuchs, in dem die Keime sich zu neuer Blüte ent- 
falten konnten." Diese Zeit ist' da! Der Königs söhn des Mär- 
chens, der Dornröschen und Schneewittchen aus dem Grabe erweckt, 
ist da. 

Die Verkalung, Vertarnung, Verheimlichung war notwendig, um sich 
vor Verfolgungen zu retten. Die Verfolgung ging namentlich von der 
christlichen Kirche des frühen Mittelalters aus. Wir wissen ja aus der 
Geschichte, daß Ludwig der Fromme auf Drängen der daraialigen frem- 
den, vielfach nichtdeutschen Priester und Missionare alles verbrennen 
und zerstören ließ, was an arischem Kulturgut vorhanden war. 

DieKennworte desMärchens. 

Kenn Worte sind: Prinzessin, Prinz, Jäger, Stiefmutter, die Magd, 
der Jude, Schlange, Wolf, Fuchs, Eule, Taube, Esel, Zwerge, Riesen, 
Dornbusch, Fiedler etc. Das Königskind bedeutet im Märchen alle- 
mal die menschliche Seele, sowohl die Seele des Einzelmenschen 
wie die Seele der ganzen Volksgenieinschaft. Unter einer Prinzessin 
stellen wir uns das herrlichste und schönste Mädchen vor, ausgestattet 
mit allen Tugenden der Rasse. Was ist das Herrlichste und Schönste 
am Menschen? Seine Seele, der göttliche Odem. Das Gegenstück zur 
Königstochter ist die böse Magd, sie versinnbildlicht die niederen Triebe 
in der Menschenbrust. Ebenfalls ist die Stiefmutter (Sneewittchen, 
Aschenbrödel) ein Gegenstück zum edlen Königskind. Die Stief- 
mütter sind die bösen Fremdkräfte, die die deutsche 
Volksseele zugrunderichten wollen. Prinz und Jäger sind 
die Geistesmenschen der Nation, die Führer und Helden, die uns aus dem 
unwürdigen Gefängnis befreien wollen. Daß der Jude das Symbol der 
Raffgier ist, der Wolf die Gefräßigkeit und Unersättlichkeit versinnbild- 
licht, ist jedem Deutschen bekannt. Die Kennworte könnte man beliebig 
vermehren, ihre Deutung ist nicht schwer. 

„Dornröschen" 

Es sollen noch kurz die beiden Märchen Sneewittchen und Dorn- 
röschen gedeutet werden. Die Märchen sind verwandt. Beide versinn- 
bildlichen die Wiedererweckung des deutschen Volkes 

113 



zu neuem Leben, (Nationale Wiedergeburt.) Dornröschen, die 
deutsche Volksseele, soll von der bösen Fee (die uns feindlichen 
Fremdkräfte) getötet werden. Dornröschen soll in der Blüte der 
Jahre sterben. Aber eine von den guten Feen (die edlen Rasseeigen- 
schaften, die Erberinnerung) kann den vernichtenden Schlag 
noch mildern. Dornröschen fällt nur in einen langen, langen Schlaf. 
Viele Prinzen, deutsche Geistesmenschen und Helden des Schwertes 
(Hermann der Cherusker, Meister Ekkehardt, Luther, Friedrich der 
Große, Stein, Lagarde, Bismarck und viele andere) versuchten das 
deutsche Volk von fremden Einflüssen zu befreien; aber keinem ist es 
restlos gelungen. Erst in unseren Tagen ist der Mann er- 
standen, der die deutsche Volksseele wachgeküßt hat: 
Adolf Hitler. 

„S n e e w i 1 1 c h e n" 

Im Märchen vom Sneewittchen wird ebenfalls die Auferstehung 
oder besser die Wiedererweckung der deutschen Volksseele versinn- 
bildlicht. Die böse Stiefmutter (die feindlichenFremdkräfte: 
rote, schwarze und gelbe Internationale) will Sneewitt- 
chen, die deutsche Volksseele, vernichten mit dem odembeklemmenden 
Schnürriemen, das zweitemal mit einem vergifteten Kamm, zuletzt er- 
folgreich mit dem vergifteten Apfel. 

Zuerst ward der deutsche Geist in die Schnürriemen fremder 
Begriffe eingezwängt. Das fing mit dem römischen Wesen an, 
setzte sich in judaisierten Glaubenselementen fort und 
gipfelte in allerhand internationalen Schlag- und Trugworten. Sodann 
fuhr der scharfe Kamm fremder Willensrichtung uns durch 
die Haare. Der römische Imperiumsgedanke lenkte den deutschen Tat- 
willen von seinen eigentlichen Zielen ab (Kaiser Friedrich Barbarossa). 
Die nach Rom fahrenden deutschen Kaiser verurteilten das deutsche 
Königtum zur Ohnmacht im Innern des Reiches. Das römische Reich 
unterdrückte deutsche Freiheit. Der materielle Erwerb, zum Selbst- 
zweck erhoben, beherrschte schließlich Denken und Trachten vollstän- 
dig. (Werner von Bülow.) 

Allen drei Versuchen erliegt Sneewittchen. Dem letzten Eingriff 
können auch die hilfreichen Zwerge (die sieben Planeten, damals Sonne, 
Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn) die a r t e i g e n,e n 
rassischen Kräfte im deutschen Menschen (die Erb- 
erinnerung) nicht wieder gutmachen. Aber der Königssohn naht, der 
giftige Apfelbiß fällt aus dem Munde, und Sneewittchen erwacht. 

„Altaristisches Mythenweistu m" 

Ebenso offenbart sich in den Mythen altaristisches Weistum, altari- 
stische Erkenntnis: Antäus, in der griechischen Mythologie der Sohn des 
Poseidon und der Gäa', der Mutter Erde, zwingt jeden Fremdling mit 
ihm zu ringen. Keiner konnte ihm widerstehen; denn er empfing, so- 
lange er die Erde berührte, von dieser seiner Mutter, immer wieder 
frische Kraft. 

Die Besiegten tötete er und schmückte mit ihren Schädeln den 
Tempel seines Vaters Poseidon. Endlich wurde er von einem fremden 
Riesen überwunden, der ihn frei in die Höhe hob und ihn so in der 
Luft schwebend, ehe er wieder die Erde berühren konnte, erdrückte. 

Könnte diese Mythe nicht von einem zeitgenössischen Beobachter 
geschrieben sein? Der mit der Erde verwurzelte Riese konnte der 
Bauernstand sein, der seine Kraft und Stärke von der Mutter Eirde 
hat. Der andere Riese, der ihm sein Geheimnis abgelauscht hat, ist das 
Fremdtum, das den Bauern entwurzelt, ihn in die Großstadt zu 
locken versucht und ihn hier leicht umbringt, 

Haben wir nicht das Gefühl, als wenn wir in dem letzten Jahr dies 
alles leibhaftig miterlebt hätten? Ist nicht jetzt plötzlich dem deutschen 

114 



Volke es v;ie Schupppen von den Augen gefallen, hatAdblfHitler 
mit seinem Geisteshauch nicht das deutsche Volk au3 
einem langen Schlaf zu neuem Leben erweckt! Haben 
wir nicht am 1. Mai 1933 ein herrliches Hochzeitsfest zwischen dem 
Prinzen und der Prinzessin gefeiert! 

Pas sind die trostreichen Märchen vom Dornröschen und Snee- 
wittchen. 

So laßt uns die Märchen als besonderes Geistesgut unserer Nation 
würdigen und in Ehren halten! 

Abschaffung des Schulgebetes. 

Eine neue Station auf dem Weg der Entchristlichung der Schule 
war die Abschaffung des Schulgebetes und die Entfernung der 
Schulkreuze. Dies ging an mit der „Simultanisierung" des 
Schi^lgebetes. Ein Beispiel dafür bietet folgender Bericht des Bi- 
schöflichen Ordinariates Regensburg vom 22. Dezember 1936: ■ 

„Wir beehren uns, Abschrift eines Berichtes vorzulegen, über die 
Verhältnisse in einer Gemeinschaftsschule mii über 500 katholischen und 
nur 35 protestantischen Kindern: 

Am Mittwoch, den 9. Dezember 1936 wurde den Kindern der Hans- 
Schemm-Schule in Regensburg- Schottenheim in allen Klassen so- 
wohl das Kreuzzeichen als auch das Hände falten beim 
Schulgebet untersagt. Voller Entrüstung kamen die Eltern in 
den Pfarrhof und berichteten darüber. 

Auf Befragen bei der Schulleitung, von wem und warum dieses Ver- 
bot erlassen worden sei, erklärte der Schulleiter, Hauptlehrer Blank, 
folgendes: 

V 1.) Das Verbot gehe weder von der Schulleitung noch von der 
Stadtschulbehörde noch von der Regierung aus, sondern von der Be- 
wegung. Bezirksoberlehrer Wiesend, Kreisamtswalter des NSLB, habe 
auf Grund seiner Visitation in der Schule anfangs Dezember nunmehr 
dieses Verbot erlassen. Daß Staat und Bewegung dasselbe sei, sei be- 
kannt. 

2.) Der Grund dieser Verordnung Hege darin, daß nur eine neu- 
tral e Gebetshaltung mit dem Wesen der Gemeinschaftsschule verein- 
bar sei. Ein Widerstand von selten der Eltern oder der Kinder müßte 
sofort an die Kreisleitung gemeldet werden. 

Eine Lehrkraft hat sich den Kindern gegenüber, wie die Eltern 
berichten, über den Grund noch näher hin geäußert; nur diese neutrale 
Gebetshaltung ohne Händefalten und Kreuzzeichen sei eines deutschen 
Jungen würdig ..." 

Ähnlich wurde am 30. Oktober 1937 in Neumarkt in der 
Oberpfalz, alsbald nachdem die Umwandlung der Bekenntnisschule 
in eine Simultanschule (14. Oktober 1937) vollzogen war, mit Rund- 
schreiben des SchuUeitefs allen Klassen, auch den rein katho- 
lischen, verboten, noch weiter das Kreuzzeichen machen und daf 
„Vaterunser" beten zu lassen. 

Im Oberdonau gebiet wurde das Schulgebet verboten 
mit dem Vorwand, daß das „Aufsagen der üblichen Gebete der ver- 
schiedenen Bekenntnisse" eine schädlicheEinwirkungauf 

115 



den wahren völkischen Gemeinschaftsgeist in den 
Schuiräumen bringe. 

Die nationalsozialistische Gemeinschaftsschule verlangte andere 
Gebete, wie z. B. „Gütige Hand des Allrnächtigen, leite die Arbeiten 
unserer Schule, sei weit ausgebreitet über unseren Führer und be- 
wahre ihn vor jeglichem Bösen. Segne unser Land und unser "Volk! 
Sei du ewig unser Gott!" 

Entfernung des Schulkreuzes. 

Der Kampf gegen das Schulkreuz begann, wie es scheint, zu- 
erst in Oldenburg, indem der Minister des Innern und der 
Kirchen und Schulen im Lande Oldenburg am' 4. November 1936 
verordnete; 

„Sämtliche öffentliche Gebäude des Staates, der Gemeinden und 
Gemeindeverbände gehören dem ganzen deutschen Volke ohne Rück- 
sicht auf das religiöse Glaubensbekenntnis der einzelnen Volksgenossen. 
Dies gilt auch für alle Schulgebäude. Es ist daher nicht zulässig, daß 
öffentliche Schulgebäude kirchlich eingeweiht oder eingesegnet 
werden. Aus gegebener Veranlassung wird darauf besonders hin- 
gewiesen. 

öifentliche Verwaltungsgebäude des Staates sind von alters \ier mit 
konfessionellen Zeichen — z. B.' Kruzifix oder Lutherbild — nicht aus- 
gestattet worden. Dies entspricht auch schon deshalb einem sachlichen 
Bedürfnis, weil der Staat das ganze deutsche Volk umfaßt. Für alle 
öffentlichen Verwaltungsgebäude der Gemeinden und Gemeindeverbände 
müssen die gleichen Gesichtspunkte maßgebend sein. Schulgebäude des 
Staates, der Gemeinden und Gemeindeverbände sind nicht anders zu 
behandeln. Auch die Volksschulgebäude machen dabei keine Ausnahme; 
denn sie gehören der Gesamtheit . und nicht irgendeiner bestimmten 
Glaubensrichtung. 

Demgemäß ordnen wir an, daß künftig in Gebäuden des 
Staates, der G e meinden undGemeindeverbände kirch- 
liche und andere religiöse Zeichen oben erwähnten 
oder ähnlichen Charakters nicht mehr angebracht 
werden dürfen. Die bereits vorhandenen sind zu ent- 
fernen. 

Über das Veranlaßte ist bis zum 15. Dezember d. J. zu berichten. 

I.V. gez. Pauly 
Beglaubigt: 
Wulff, Verwaltungssekretär." 

Einen anderen Versuch, das Kreuz aus der Schule zu entfernen, 
berichtete das Bischöfliche Ordinariat Münster am 26. Jan. 1937: 

„Am 21. Januar 1937 wurde in der Katholischen Volksschule zu Bis- 
lich (Kreis Rees, Diözese Münster in Westfalen) auf Anordnung des 
Kreisschulrates das Kreuz von seinem Ehrenplatz entfernt und über 
der Türe angebracht. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Kunde 
und löste bei der gläubigen Bevölkerung große Erregung aus. Als ich 
am 22. Januar in einer Schulklasse Unterricht zu erteilen hatte, saßen 
die Kinder laut weinend vor mir, so daß ein Unterrichten 
kaum möglich war. 

Am Sonntag, den 24. Januar, habe ich in jeder hl. Messe den 
Gläubigen diese Tats.ache bekanntgegeben und sie auf^ 

116 



gefordert, mit mir niederzuknien und zur Sühne 5 Vaterunser zu Ehren 
der hl. 5 Wunden unseres gekreuzigten Heilandes zu beten. 

Am Montag, den 25. Januar, morgens 9 Uhr, kamen 500 Männer 
und Frauen auf dem Schulhof zusammen. Der hiesige Polizeiwacht- 
meister Wissen suchte unter Hinweis darauf, daß eine Versammlung 
nicht angemeldet sei, die Leute zu bewegen, sich Wieder zu zerstreuen. 
Auf die Frage des Wachtmeisters, wer die Leute eingeladen hätte, wurde 
ihm aus der Menge geantwortet, sie seien aus ieigenem Antrieb gekom- 
men. Dann forderte die Menge in immer wiederholtem Sprechchor: 
,Wir wollen das Kreuz auf seinem alten Platz haben!' 
Dazwischen wurden zwei Strophen des Christkönigsliedes mit 
erhobener Schwurhand gesungen. Bei Beginn der Schulpause, 9.15 Uhr, 
forderte die Menge im Sprechchor: ,Wir wollen die Lehrer sprechen!* 
Darauf erschien der Hauptlehrer und ließ durch den Wachtmeister er- 
klären: ,Die Kreuze hängen wieder am alten Platz.' Diese Mitteilung 
wurde mit großer Begeisterung aufgenommen, Auf Verlangen der Menge 
betrat einer der Männer die Schule, um sich von der Richtigkeit dieser ' 
Erklärung zu überzeugen. Währenddessen sang die Menge das Lied: 
,0 Du hochheilig Kreuz!' Als bekanntgegeben wurde, daß alle 
Kreuze wieder auf ihrem alten Platze hingen, stimmte die Menge das 
Deutschlandlied an. Im Anschluß daran wurde folgendes Protestschrei- 
ben verlesen, das an die Regierung in Düsseldorf gesandt werden soll: 

,Am 21. Januar 1937 wurde in der katholischen Volksschule zu Bis- 
llch auf Veranlassung des Kreisschulrates Herrn Abel das Kruzifix von 
seinem Platz, den es von alters her in der Schule im Blickfeld der Kin- 
der hatte, entfernt und an einer Seiteriwand des Schulraumes an- 
gebracht. Wir christlichen Volksgenossen der Gemeinde Bislich haben 
für diese Maßnahme der .Schulbehörde kein Verständnis und erblickerT 
darin den ersten Schritt, ähnlich wie in Rußland und Spanien, das 
Kruzifix gänzlich aus dem Schulraum und damit aus dem Gedan- 
kenkreis unserer Kinder zu entfernen. Deswegen erheben wir 
gegen dieses Vorgehen einmütig allerschärfsten Protest und verlangen, 
daß dem Christuskreuz, dem Zeichen unseres Glaubens, der ihm ge- 
bührende Ehrenplatz wiedergegeben und daß es davon nicht wieder 
entfernt wird. Wir berufen uns dabei auf die uns von höchster Stelle 
gegebenen und in heiligen Verträgen verankerten Zusicherungen, 

Die Eltern und Einwohner der Gemeinde Bislich.' 

Nach Verlesung dieses Schreibens wurden die Anwesenden gebeten, 
durch ihre Unterschrift zu diesem Protestschreiben ihre Zustimmung zu 
geben. Um eine möglichst schnelle Abfertigung zu erzielen, wurden in 
zwei Sälen und außerdem auf der Dorfstraße Tische aufgestellt, auf 
denen die Unterschriften gegeben wurden. 

Am gleichen Morgen vor der Kundgebung fuhr eine Abordnung von 
5 Männern aus Bislich zur Regierung nach Düsseldorf, um Auskunft zu 
erbitten, ob die Maßnahme des Schulrates von der Regierung gebilligt 
würde. Es wurde ihnen erklärt, daß es nicht der Wille der Regierung 
in Düsseldorf und auch nicht der Wille des Herrn Oberpräsidenten sei, 
daß das Kreuz von seinem Ehrenplatz entfernt würde. Auf Wunsch der 
Regierung fuhren zwei Mitglieder der Abordnung zum Schulrat nach 
Wegel, um die Angelegenheit in Güte beizulegen. Zum großen Staunen 
der beiden erklärte der Schulrat, daß er dem Hauptlehrer in Bislich 
keinen Befehl gegeben habp, das Kreuz zu verhängen, obwohl der Haupt- 
lehrer nach wie vor behauptet, er könne mit einem Eide bekräftigen, 
daß dieser Befehl ihm vom Schulrat am 21. des Monats gegeben sei. 
Außerdem erklärte der Schulrat den beiden unter anderem: ,Die Ge- 
meinschaftsschule kommt doch!'" 

In der Rheinpfalz kam es in der Pfarrei Frankenholz zu 
einem heftigen Kampf um den Vorrang desChristuszei- 

117 



chens vor dem Führerbild. Ein Hirtenwort des Bischofs 
von Speyer berichtet darüber am 14. Februar 1937: 

„Liebe Diözesanen! Vor einigen Wochen habe ich Euch von den 
wackeren Katholiken in Oldenburg berichtet, die siegreich gegen die 
Entfernung des Kreuzes in den Schulen sich gewehrt haben. Nun muß 
ich Euch zur gleichen Treue und Standhaftigkeit aufrufen in einem Fall, 
der sich leider in der ;Pfarrei Frankenholz' unserer Diözese zugetra- 
gen hat: 

• Auf Veranlassung des dortigen stellvertretenden Schulleiters wurde 
am 25. Januar 1937 während der Mittagsstünden in drei Schulsälen der 
katholischen Bekenntnisschule zu Frankenholz das Kreuz von seinem 
bisherigen Ehrenplatz entfernt und an seiner Stelle das Bild des Füh- 
rers angebracht. Der stellvertretende SchuUeitet erklärte vor den Lehr- 
personen und vor dem Pfarrer, daß in der Schulleiterkonferenz zu Hom- 
burg am 23. Januar 1937 von dem Vorsitzenden Anweisung gegeben 
worden sei, das Pührerbild in das Blickfeld der Kinder 
zuhängen. Das Kreuz soll über der Türe seinen Platz erhalten. Viele 
Eltern der Kinder waren auf die Nachricht dieser Maßnahme hin sehr 
erregt. Denn sie waren sich bewußt, daß das heldenmütige Beispiel des 
gekreuzigten Erlösers den Kindern allezeit vor Augen stehen müsse, 
wenn sie zu charaktervollen Menschen, zu echten Christen und dadurch 
zu wahrhaften Deutschen erzogen werden sollen. Die Haltung der Eltern 
war nichi gegen die B^ehörde gerichtet, sondern gegen die Maßnahmen 
des stellvertretenden Schulleiters in Frankenholz, weil bekannt wurde, 
daß es nui ein örtliches Vorkommnis war. Seit dem 4. Februar wurden 
in Frankenholz unter großer Anteilnahme der Bevölkerung Betstunden 
gehalten, um einen guten Ausgang der Kreuzangelegenheit von Christus 
dem Gekreuzigten zu erflehen. Eine Abordnung von acht verdienten 
Männern wurde am Montag, den 8. Februar 1937, und Mittwoch, den 
10. Februar 1937, bei der Regierung des Saarlandes vorstellig, um die 
Forderung zu erheben, die Kreuze wieder an ihren alten Platz zu brin- 
gen. Erregt über die Vorkommnisse haben 80 Prozent 
der Eltern ihre Kinder von der 3. bis 7. Klasse nicht 
mehr in die Schule geschickt. Die Lehrerin der beiden 
untersten Klassen beließ das Kreuz entgegen der Forderung des 
Schulleiters an seinem alten Platz und ließ das Führerbild darunter 
anbringen. i 

' Der stellvertrende Schulleiter ließ am Montag, den 8. Februar, die 
Eltern, welche ihre Kinder am Morgen nicht zur Schule geschickt hat- 
ten, im Schulhause versammeln, forderte sie auf, die Kinder wieder in 
die Schule zu schicken und machte sie auf die ernsten Folgen eines 
Schulstreikes aufmerksam. Die Versammelten ließen den Sprecher fast 
nicht zu Worte kommen und unterbrachen seine Ausführungen immer 
wieder mit dem Ruf: ,Das Kreuz an seinen Platz!' — Darauf 
wurde die Versammlung geschlossen. Das Haus wurde von der Polizei 
geräumt. Unterdessen hatten sich vor dem Schulgebäude viele Hunderte 
von Leuten jeden Alters und Standes versammelt, um den Ausgang der 
Verhandlungen abzuwarten. Auch sie brachten immer wieder durch 
stürmische Rufe: ,Das Kreuz an seinen Platz!* zum Ausdruck, daß sie 
sich mit den übrigen Eltern solidarisch erklärten. Ihre Versuche, an 
der Versammlung teilzunehmen, wurden von der Polizei nicht gestattet. 
Am Tage darauf gingen viele Eltern mit ihren Kindern zur Schule. Als 
sie aber festgestellt hatten, daß das Kreuz noch nicht an seinem alten 
Platz hänge, nahmen sie die Kinder wieder mit nach Hause. Daraufhin 
verordnete die Regierung für das Saarland bis auf weiteres Schulferien 
für die drei streikenden Schulklassen. 

Die Erregung unter der Bevölkerung war groß, als am Donnerstag, 
den 11. Februar, bekannt wurde, daß die Lehrerin, die das 

118 ' 



Kreuz an seinem Platz belassen hatte, vorläufig aus 
dem Schuldienst entlassen sei. Die Bestürzung war um so 
größer, als der Bevölkerung bekannt wurde, daß der Abordnung der 
acht Männer von der Regierung in Saarbrücken zugesichert worden 
war, daß die Kreuzangelegenheit zur allgemeinen Zufriedenheit bald 
beigelegt werde. . 

Inzwischen wird die Bevölkerung, die ausnahmslos in abhängiger 
Stellung ist, einzuschüchtern versucht durch Drohungen, daß sie wirt- 
schaftliche Schädigungen (Entlassungen von der Arbeitsstelle) und 
schwere Freiheitsstrafen zu gewärtigen hätte. 

Liebe Diözesanen! Einmütig sprechen wir den wackeren Katholiken 
von Frankenholz unsere aufrichtige und uneingeschränkte Anerkennung 
ob ihres unerschrockenen Eintretens für Christus, den Gekreuzigten, aus. 
Wir alle fühlen uns mit ihnen eins und helfen durch unser Gebet zu 
einem glücklichen Ausgang des beklagenswerten Vorfalles. Wir wollen 
zugleich daraus die Lehre ziehen, immer für die Ehre des Kreuzes Christi 
wachsam zu sein und alle Versuche, dieses Zeichen unserer Erlösung 
irgendwie herabzuwürdigen, mit Entschiedenheit abwehren. 

Die oberhirtliche Stelle hat bei den maßgebenden Behörden des 
Saarlandes schärfsten Einspruch erhoben. In dieser entscheidenden An- 
gelegenheit betet heute ein Vaterunser und Ave Maria!" 

In B ay e rn glaubten Regierung und Partei im Jahre 1941 den 
letzten Schritt zur Entchristlichung der Schule machen zu können, 
stießen aber auch hier auf allseitigen kräftigen Widerstand. Auch 
dafür ein sprechendes Beispiel: 

„Im Jahre 1941 setzte durch den Staat der Kampf wider das Kreuz 
ein. Die Kreuze in den Schulen wurden entfernt. Affecking (Nieder- 
bayern) behielt sein Schulkreuz noch. Wegen der sich durch die Weg- 
nahme der Kreuze in vielen Gemeinden ergebenden Unruhen wurde ein 
Ministerialerlaß herausgegeben (von Anfang September 1941), wonach 
Kreuze aus den Schulzimmern nicht mehr entfernt werden durften. 
Nach Vorliegen dieses Erlasses wurde am 9* September durch den 
seinerzeitigen Kreisleiter , Dr. Donderer das Kreuz eigenhändig aus 
der Schule entfernt und mit nach Kelheim genommen. Auf späteres 
Schreiben des Pfarrers, daß das Kreuz sein Eigentum sei, wurde es ihm 
ausgehändigt und fand seinen Platz im Pfarrhof. 

Die Frauen des Dorfes (darunter viele Kriegerfrauen) waren beun- 
ruhigt durch die Wegnahme des Kreuzes; sie wußten auch von dem 
Erlaß, wonach, das unstatthaft war. Die Schulen sollten am 10. Oktober 
1941 wieder beginnen. Zu Beginn der Schulstunden fanden sich wohl 
100 Frauen im unteren Dorfe vor der Schule ein und brachten ein Kreuz 
mit, das sie im Schulraum wieder anbringen wollten. Der Lehrer L i n d - 
ner ließ i^nen sagen, er habe das Kreuz nicht aus der Schule entfernt 
und könne auch keines wieder anbringen, sie sollten sich mit dem Kreis- 
leiter auseinandersetzen. Eine der Frauen rief den Kreisleiter an und 
sagte ihm, es seien Kriegerfrauen vor dem Affeckinger Schulhaus und 
wollten das Kreuz wieder auf seinen alten Platz in die Schule bringen. 
Donderers Antwort war: ,Was wollt Ihr sein? Kriegerfrauen? Ihr seid 
Kriegerarschlöcher!' (Einem anderen hätte eine solch verächtliche Be- 
merkung über Kriegerfrauen zum mindesten Zuchthaus eingebracht.) Sie 
hätten sofort heimzugehen, die Polizei käme schon, (Diese war an- 
scheinend durch den Lehrer verständigt worden.) Es erschienen zwei 
Polizeibeamte (einer war L o i b 1) und befahlen den Frauen, sofort heim- 
zugehen; sonst würden sie verhaftet. Pfarrer Rohrmeier hatte an 
dem Morgen nach der hl. Messe eine Taufe und kam gerade aus der 
alten Kirche.; Er hörte die Bemerkung von der Verhaftung und sagte zU 

119 



Loibl: jMeine Pfarrkinder lasse ich nicht verhaften; dehn diese sind im" 
Recht, da ein Erlaß vorhanden ist, wonach Schulkreuze nicht mehr ent- 
fernt werden dürfen. Wenn jemand verhaftet werden soll, dann ich, 
nicht meine Pfarrkinder! Ich stehe für sie ein.' Loibl darauf: .Steigen 
Sie nur gleich ein!' Daraufhin umringten die Frauen den Pfarrer und 
riefen den Polizisten zu: ,Unsern Pfarrer lassen wir nicht verhaften!' 
Um die Frauen zu beruhigen, bat Pfarrer Rohrmeier Loibl in den Pfarr- 
hof, wo er mit ihm eine längere Auseinandersetzung hatte, in der er 
Loibl den Vorwurf machte, daß er -^ entgegen seiner Pfarrer Rohrmeier 
in Cham gegenüber geäußerten Aussage — aus der Kirche ausgetreten 
. sei. — Am Mittag kam dann die Geheime Staatspolizei von Regensburg, 
verhaftete Pfarrer Rohrmeier und nahm ihn mit nach Kel- 
heim, wo er bis zum Abend verhört wurde, und dann nach Regensburg 
ins Amtsgerichtsgefängnis, später für 4 Jahre ins Kz Dachau ! ! 
Das war der Beginn einer langen und harten Zeit. Erst nach der Be- 
freiung des Pfarrers aus dem Kz am 18. Juli 1945 wurde das Kreuz wie- 
der feierlich in die Schvüe getragen. Eine kurze Ansprache, die ein Lob 
der Frauen für ihr damaliges tapferes Eintreten für das Kreuz war und 
zugleich ein Dank für des Herrgottes gütige Fügung, und die Segnung 
des Hauses folgte dann. Nun dürfen Affeclcings Kinder wieder unter 
dem Kreuz groß werden!" 

Auch das religiöse Lied v er stumm t in der Schule! 

Mit Kreuz und Gebet verschwand auch das religiöse Lied aus 
der Schule des Dritten Reiches. In Baden wurde es schon zu Ostern 
1937 beseitigt. 

Statt des religiösen Liedes kamen dann triviale Lieder, wie sie 
die HJ gern sang, z. B.: 

„Wir sind des Geiers schwarze Haufen." 

Oder das Lied 

„Schwarze Fahne" 

das z. B. vom „deutsehen Jungvolk" Fähnlein 22/2/L als Liederblatt Nr. 2 
verbreitet wurde: 

1. Schwarze Fahne, halte stand! 
Sturmgewitter zieh'n durchs Land, 
Landsknechtstrommeln dröhnen gut, 
Brüllt sie an die Pfaffenbrut. 

:/:Wer sich unserer Fahne verschreibt, 

Muß ihr folgen. 

Wohin sie auch treibt. 

Wer sich unserer Fahne verschwört, 

Hat nichts mehr. 

Was ihm selber gehört!:/: 

2. Wehe Fahne, weh' zum Sturm, 
Wer dich anspeit, ist ein Wurm, 
Gleich dem Wurm wird er zertreten, 
Keine Zeit hat er zum Beten. 

:/:Wer sich unserer Fahne verschreibt . . .:/; 

3. Schwarze Fahne, halte stand! 
Sturmgewitter zieh'n durchs Land, 
Landsknechtstrommeln dröhnen gut, 
Brüllt sie an die Pfaffenbrut. 

:/:Wer sich unserer Fahne versehreibt...:/: 

120 



Ja, sogar folgendes gotteslästerliche Lied wurde eingeübt und 

gesungen: 

„Wir sind die fröhliche Hitlerjugend, 
Wir brauchen keine c h r i s 1 1 i ch e Tugend, 
Denn unser Führer Adolf Hitler 
Ist unser Erlöser., ist unser Mittler. 

Kein Pfaff, kein böser, kann uns verhindern 

Uns zu fühlen als H i 1 1 e r « K i n d e r. 

Nicht Christus folgen wir, sondern Horst Wessel. 

Fort mit Weihrauch und Weihwasserkessel. 

Wir folgen singend Hitlers Fahnen, 

Nur dann sind wir würdig unserer Ahnen. 

IchbinkeinChristundkeinKatholik, 

Ich geh mit SA durch dünn und dick. 

Die Kirche kann mir gestohlen werden. 

Das Hakenkreuz macht mich glücklich auf Erden. 

Ihm will ich folgen auf Schritt und Tritt, 

Baidur von Schirach, nimm mich mit!" 

In der Singschule, welche die Kreisbauernschaft Ti-aunstein 
„zur vermehrten Pflege des schönen heimischen Volksliedes" ver- 
anstaltete, wurden für die öffentliche Veranstaltung auch Lieder- 
(„Gstanzln") „von ganz eindeutiger Erotik" eingeübt 
(Bericht des nationalsozialistischen „Mühldorf er Anzeigers" vom 
Februar 1934). 

Volksschullehrer Thomas Irrgang von Schlier see in 
Oberbayern trug am 30. Juni 1936 seinen Schülern in der vierten 
Klasse, also in der Klasse der Erstkommunikanten, auf, binnen acht 
Tagen das neuheidnische Lied der „Deutschen 
Glaubensbewegung": „Der Herbstwind fährt über das 
Stoppelfeld" auswendig zu lernen. Der Text lautet: 

„Der Herbststurm weht übers Stoppelfeld, 

er weht über Acker und Brache; 

Ein neues Jahrhundert beginnt in der Welt; 

du, schlafendes Deutschland, erwache! 

D er Pap st sitzt in Rom aufsei dnem Thron, 

es sitzen bei uns seine Pfaffen. 

Was hat einer deutschen Mutter Sohn 

mit Papst und den Pf äff en zu schaff en? 

Man hat unsere Ahnen als Ketzer verbrannt 

der streitenden Kirche zur Ehre, 

in Asiens Wüsten, im heiligen Land 

verbluteten deutsche Heere. 

Rot floß die Aller vom Sachsenblut, 

die Stetinger wurden erschlagen; 

als Ablaß wurde das Bauerngut 

vom Mönch ins Welschland getragen. 

Die Zeit verging, der Pfaffe, der blieb. — 

Wir brauchen zum Himmel die Mittler nicht, 

uns leuchten ja Sonne und Sterne, 

und Blut und Schwert und Sonnenrad 

sind Kämpfer in jeglicher Ferne." 

121 



So kam man dem letzten Ziel, 

der nationalsozialistischen Weltanschaüungs- 

schule, 
immer näher. 

Professor B ä u m 1 e r, Sektionschef im Stab .Rosönberg, hatte 
dies schon 1938 in der Zeitschrift: „Weltanschauung und Schule" 
offen ausgesprochen mit der Erklärung, ,',daß die Gemeinschafts- 
schule durchaus, nicht eine Schule ohne Bekenntnis sei, weil sie 
eben nicht etwa bloß mehr Staatsschule sei, sondern vielmehr 

eine Schule für nationalsozialistischen Glau- 

b»» 
en. . . . 

Ähnlich wurde 1939 auf einer der Jubiläumsfeiern des National- 
sozialistischen Lehrerbundes als einer der Hauptgrundsätze betont: 
„Der Nationalsozialismus hat die Bekenntnisschule nicht abgeschafft, 
um sie zu verweltlichen. Er hat sie in eine Schule verwandelt, 
welche den nationalsozialistischen Glauben be- 
k e n n t." (Also auch eine „Bekenntnis schule", aber neuer, 
deutscher, heidnischer Art! Der Verf.) 

Am brutalsten umriß das Endziel Stadtschulrat Bauer von 
München, als er in einer Versammlung am 14. Juni 1939, die Maske 
vollends ablegend, die ihm bei der Propaganda für die Simultan- 
schule so dienlich war, offen erklärte: „D er Religionsunter- 
richt muß verschwinden aus den Schulen. Wir for- 
dern: Unter rieht ü.b er den deutschen Glauben durch 
DeutscheinderdeutschenSchule! Wer an die Dogmen 
der Kirche gebunden ist, hat von uns in Zukunft nichts zu er- 
warten." 

Vorbild hiefür sollten die Adolf-Hitler-Schulen sein. 
Sie hatten weder einen christlichen Religionsunterricht noch irgend- 
eine christliche religiöse Betätigung, nur Unterricht auf der Basis 
der Rosenbergideen und Religions geschieht s Unterricht. So 
sollten die künftigen „Führer" der Bewegung herangebildet werden 
und andere heranbilden. 



5. Fesseln für die katholischen Orden. 

„Die Ordensgesellschaften, in welchen wir nur eine Ver- 
neinung des Lebens sehen und die eine große Gefahr für die Moral des 
deutschen Volkes sind, müssen verschwinde n." 

(Führerblätter der „HJ" 1936, S.31.) 

„Wandelnde Leichname sind alle jene Mönche und Nonnen, die Rom 
den Kadavergehorsam geschworen. Sie sind bis in die Seele entdeutscht, 
entwurzelt, religiös vernichtet. Wir dürfen die kirchlich-klö- 
sterlichen Zwingburgen nicht mehr im Vaterlande 
dulden, dürfen nicht lässig zusehen, wie man Zehntausende unserer 
Jünglinge und Jungfrauen seelisch entführt, ihnen die deutsche Seele 
stiehlt und ihnen die naturhaft heilige Gemeinschaftsreligion nicht er- 
laubt. Alle Sekten und Kirchen sind im DBFE (Deutscher Bund für 

122 



heitsreliglon). Es gibt nur mehr 1 Reich, 1 Religion mit der Reichs- 
ministeriellen Spitze. 

Unser unbeugsamer Wille zur Volkwerdung lautet: 

Durch deutsche Einheitsreligion zum deutschen Einheitsstaat, zum großen 
Dritten Deutschen Reich, zum freien Volk auf freiem Grund!" 

(Dr. Hompf: „Reich und Religion", Verlag für nationalsozialistisches 

Schrifttum, Stuttgart.) 

„Die Orden sind der militante Arm der katholischen Kirche. Sie 
müssen daher von ihren Einflußgebieten zurückgedrängt, ein- 
geengt und schließlich vernichtet werden." 

„Für umfassendere Maßnahmen auf dem Gebiete des Ordenswesens 
muß der Boden erst propagandistisch noch mehr vorbereitet 
werden." 

(Geheimanweisung des Reichssicherheitsdienstes v. 15. Februar 1938.) 

Äußerungen von drei verschiedenen Seiten, eins in der Z i e 1 - 
kundgäbe: Vernichtung der katholischen Orden. 

Und das Mittel hiezu: Propagandistische Vorberei- 
tungdesBodenSi 

Und für diese Propaganda hatte Goebbels längst die Richt- 
linien festgelegt mit den Worten: 

„Die Aufgabe der Propaganda ist nicht ein Abwägen der v e r - 
schie denen Rechte, sondern das ausschließliche Be- 
tonen des einen, durch Propaganda zu vertretenden (Rechtes). Sie 
hat nicht objektiv die Wahrheit, soweit sie andern günstig 
ist, zu erforschen, um sie dann der Masse in doktrinärer Auf- 
richtigkeit vorzusetzen, sondern ununterbrochen der eige- 
nen zu dienen." So lautete Goebbels allgemeine Anweisung. 
Und er wandte sie rücksichtslos und skrupellos gegen die Orden an, 
um sie zunächst moralisch zu vernichten; dann konnten 
die verschiedenen Organe von Staat und Partei an die tatsäch- 
liche und volle „Liquidierung" gehen. 

Daß aber diese letztere von Anfang an als Endziel fest- 
stand, zeigen nachfolgende Maßnahmen: 

Schon eineinviertel Jahr nach Abschluß des Reichskonkordates, 
In dem den Orden feierlichst freie Niederlassung und Tätigkeit im 
Deutschen Reich zugestanden war, richtete 

das Schatzamt der NSDAP 

gierig seine Augen auf die Besitzungen der Orden und verfügte am 
20. Oktober 1934: 

„Streng vertraulich! 
An alle Gauämter! 

Die Gauämter werden angewiesen, bis zum 15. Dezember 1934 die 
Grundstücke und Gebäudekomplexe der in ihren Gau- 
Tbezirken sich befindenden Ordens- und Missionsgesellschaften beider 
Konfessionen genauestens zu, vermessen und bei den zuständigen Kata- 
sterämtern sich die genauen Pläne und Veranschlagungen aushändigen 
zu lassen. Vor allem ist auch eine Erhebung zu machen über die in 
Händen dieser Gesellschaft sich befindenden Darlehen, Hypothe- 

123 



k e n und Barvermögen, Die Verwendbarkeit der Häuser 
undGrundstückeistgenauanzugeben; 

Es wird noch einmal darauf hingewiesen, daß die Erhebungen bis 
spätestens 15. Dezember d. J. in Händen des Schatzmeisters sein müssen. 
Wert wird vor allem auf amtliche Unterlagen gelegt. 

Bis zum gleichen Termin ist ein Bericht über die Tätigkeit der 
genannten Gesellschaften an das Kulturpolitische Amt der 
NSDAP einzureichen. 

Mitgliederzahl, Schulung usw. ist genauestens zu vermerken. Bei 
den evangelischen Anstalten auch die religiöse Richtung dieser Mit- 
glieder. 

Ausgenommen von dieser Bestimmung sind die Diakonissen-r, Dia- 
konen-, Nonnen- und Brüderanstalten, die sich mit Kranken- und Wohl- 
fahrtspflege beschäftigen. Es wird noch einmal auf die strenge Ein- 
haltung des Termins hingewiesen. Die Erhebungen haben 
unbemerktvorsichzugehen. 

Heil Hitler! 

gez. Schwarz 

Reichsschatzmeister." 

Das Kult urpolitisch eAmt der NSDAP 

wollte seinerseits zunächst mehr die Tätigkeit der Orden be- 
spitzelt haben und so Vorwände für Maßnahmen gegen sie liefern. 
Sie gibt hiefür der Geheimen Staatspolizei entsprechende Winke: 

„Zentralleitung der Partei. 
Kulturpolitisches Amt der Nationalsozialistischen Deutschen 

Arbeiter-Partei. 



An die 



München, 3. November 1934 
Nummer O II 1405/6 



Geheime Staatspolizei! 

Gegenstand: Ordensschulen, , 

Exerzitien und Schulen. , 
Geheim ! 

An die 'Geheime Staatspolizei v. Recklinghausen. 

Die Überwachung der geistlichen Exerzitien ist durch ein 
Dekret des Reichsinnenministeriums nicht vorgesehen. Dennoch hat sich 
in den letzten Wochen ergeben, daß die religiösen Orden als 
Zentrum der reaktionären Tätigkeit betrachtet werden 
müssen, die darauf gerichtet ist, das Programm der Nationalsozialisti- 
schen Weltanschauung zu bedrohen. Ihr Werk ist um so gefährlicher, 
als sich ihre zersetzende Tätigkeit in aller Stille und unauffällig voll- 
zieht. 

Es ist für alle Sehenden klar, daß diese Gesellschaft den dich- 
testen Gefahrenherd für unsere Arbeit des kulturellen 
Wiederaufbaues darstellen; vor allem weil den religiösen Orden 
selbst sogar Schulen eingegliedert sind, die zum Teil im Ausland 
liegen. 

Nun hat dij Geheime Staatspolizei, Kulturpolitisches Amt, die Auf- 
gabe, ein genaues Bild der kulturellen Tätigkeit der in ihrem Bereich 
befindlichen religiösen Orden zu liefern und ferner zu berichten, was im 
Schöße der Orden selbst vor sich geht, besonders hinsichtlich ihrer Be- 
ziehung mit a u s 1 ä n d i s c h e n I n s t i t u t i o n e n. Unerläßlich ist eine 

124 



genaue Darstellung ihres Lehrplabes, Jhres Inhaltes wie auch ihrer Hal- 
tung und der politischen Vergangenheit ihrer Lehrer. 

Wir bitten, die Nachforschungen mit der größten Verschwiegen- 
heit und sobald wie möglich durchzuführen. In den ersten Tagen des 
Januar muß die Zentralleitung der Partei das ganze in Betracht kom- 
mende Material in Händen haben. 

Für die Leitung: Heil Hitler! 

gez. Köster gez. von Genner." 

Reichsführer SS Himmler 

konnte natürlich nicht hinter Reichsschatzamt und Kulturpoli- 
tischem Amt der Partei zurückbleiben, vielmehr schon zeitig ver- 
sorgen, daß überall geeignete Räuber und Verwalter für 
die Klosterbeute da seien, insbesondere aus den Reihen 
seiner geliebten SS. 

Er gründete darum den „Deutschen Reichsverein 
für Volks pflegeu n.d S i e d 1 e r h i 1 f e" e. V. (Welch schöner 
Name für Diebe! Ähnlich wie der Name: „Gemeinnützige Transport- 
gesellschaft" für die SS- Autos, welche die Geistesschwachen aus den 
Heil- und Pflegeanstalten in die Vernichtungsanstalten führten!). 
Zweck und Vollmachten dieser neuartigen „Treuhandgesellschaft" 
zeigt nachfolgendes Schreiben mit brutaler Offenheit: 

„Inspekteur der Sicherheitspolizei Wiesbaden, den 9. April 1940 

und des SD in Wiesbaden Gustav-Freytag-Straße 9 

Geheim 
An das 

Hauptfürsorge- und Ver.Amt — SS 
Berlin W 15 
Kurfürstendamm 217. 

BetrefE: Personal für den Verein für Volkspflege e. V. 
Vorgang: ohne 

Der Deutsche Reichsverein für Volkspfiege und Siedlerhilfe e. V, in 
Berlin, dem einzelne Gauvereine unterstellt sind, ist mit Einverständnis 
des Reichsführers SS gegründet worden. Er hat die Aufgabe, 
Kirchengrundbesitz wie Klöster, konfessionelle An- 
stalten usw. den Kirchen zu entziehen und derPartei 
undihren Gliederungen zur Verfügung zu stellen. 
Durch enge Zusammenarbeit des SD mit der Geheimen Staatspolizei 
und dem Regierungspräsidenten in Wiesbaden, als der staatlichen Auf- 
sichtsbehörde über kirchliche Stiftungen, ist es bisher gelungen, allein 
im Regierungsbezirk Wiesbaden Klöster im Werte von rund 30.000.000 
RM der katholischen Kirche zu entziehen und sie der deutschen Volks- 
gemeinschaft nutzbar zu machen. Ein Zugriff auf weitere Klöster usw. 
wird zum Teil dadurch erschwert, daß keine geeigneten SS-Angehörigen 
zur Verfügung stehen, die als Verwalter bei den einzelnen Klöstern 
eingesetzt werden können. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des 
Gaues Hessen-Nässau — SS-Gruppenführer Heydrich ist mit der Über- 
nahme dieses Amtes durch mich einverstanden — wende ich mich des- 
halb mit folgender Bitte an Sie:, 

Ich bitte zu prüfen, ob nicht ältere SS-Angehörige oder viel- 
leicht auch solche zur Verfügung stehen, die infolge einer Verwundung 
für den Dienst der Waffen nicht mehr in Frage kommen. Diese SS- 

125 



Angehörigen könnten In öffentlichen Anstalten des Regierungsbezirkes 
ausgebildet und damit in die Lage versetzt werden, Klöster mit ihrem 
wertvollen Grundbesitz zu verwalten, schriftlich und mündlich mit den 
verschiedenen Dienststellen zu verkehren, Anordnungen über den Be- 
trieb der Landwirtschaft zu geben und sich gegenüber den anfänglich 
noch in den Klöstern befindlichen Klosterinsassen durchzusetzen. Für 
eine solche Ausbildung wird etwa eine Zeit von zwei Monaten not- 
wendig sein. Nach erfolgter Ausbildung könnten sie dann nach Bedarf 
als Verwalter bei solchen kirchlichen Anstalten eingesetzt werden, die 
zusammen mit der Geheimen Staatspolizei an zustän- 
digen staatlichen Stellen auf meine Weisung hin den 
Kirchen entzogen werden. 

Wesentlich ist, daß die in Frage kommenden SS-Angehörigen nicht 
ohnejedekirchlicheBildungsind, dasiö wenigstens am An- 
fang ihrer Tätigkeit mit kirchlichen Stellen und insbesondere Kloster- 
insassen zu tun haben. Um sie in die Mentalität der Kirche einzuführen, 
wird beabsichtigt, die SS-Angehörigen nach Abschluß der fachlichen 
Ausbildung zu einem mehrtägigen' Lehrgang zusammenzuziehen, um sie 
auf diese Weise auf ihre künftige Arbeit auszurichten. 

gez. Unterschrift 
• SS-Standartenführer." 

Das Ziel war also eindeutig und fest. 

Als Einzelstationen dieses Weges dürfte vielleicht fol- 
gendes genannt werden: 

I. In Schrifttum aller Art, in öffentlichen Versammlungen, auf 
Schulungskursen u. ä. setzte ein offener und versteckter K^mpf 
gegen den Ordensgedanken überhaupt, gegen die 
katholischen Ordensgelübde ein. 

In allen Tonarten wurde verkündet: Mit der Armut der Klöster 
sei es nicht so weit her. Sie seien sehr reich; in ihnen esse und 
trinke man gut, arbeite wenig; Ordensleute wären Drohnen der 
Gesellschaft. Ehelosigkeit und Keuschheitsverpflichtung seien 
etwas Unnatürliches, Gesundheitgefährdendes, bevölkerungspoli- 
tisch Schädliches, Anreiz zu geheimen und öffentlichen Exzessen. 
Gehorsam und Abtötung seien eines freien Deutschen unwürdig. 
Hinter Klostermauem sei überhaupt nicht viel Ideales, sondern 
sehr viel Menschliches. 

II. Dann verdächtigte man die Wirtschaftsführung der 
Orden, setzte phantastische Zahlen über die Menge ihrer Nieder- 
lassungen, über den Umfang des im Besitz der „Toten Hand" 
befindlichen Grund und Bodens in die Welt, sprach viel von dem 
gewaltigen Einnahmenentgang, den der Staat ob der vielfachen 
Steuerfreiheit der Orden erleide, ebenso von der Konkurrenz 
durch die gewerblichen und industriellen Betriebe der Klöster 
(Brauereien, Druckereien usw.). 

Und dann sprach und schrieb man viel von den unzeitgemäßen, 
weitabgewandten Unterrichts- und Erziehungsmethoden der 
klösterlichen Lehranstalten, von gesundheitswidrigen Verhält- 
nisssen in geistlichen Instituten, von mangelnder Pflege des 
vaterländischen Geistes, erst recht vom Fehlen nationalsozialisti- 

126 



scher Gesinnung in klösterlichen Schulen usf. Immer offener 
und derber trat auch schon in Wort und Lied und Bild der 
Spott über das Ordensleben in Erscheinung. 

III. Im Sommer 1935 holte man dann zum großen letzten Schlag 
gegen die katholischen Orden aus zur gründlichsten Diffa- 
mierung. Mittel hiezu waren Devisen- und Sittlichkeits- 
prozesse. 

a) Devisenprozesse 

Zur Finanzierung der Aufrüstung Deutschlands hatte Reichs- 
minister Dr. H. Schacht unter anderem auch eine Reihe von 
Devisenverordnungen gegeben. 

Sie waren so kompliziert, daß selbst Fachleute Mühe hatten, 
sich darin zurechtzufinden und sichere Auskunft zu geben, daß 
Banken und Großbanken sich dafür eigene Spezialisten nahmen. 
Rechtsanwalt Reichling, der Verteidiger der Priester vom Heiligsten 
Herzen Jesu in Hiltrup, konnte am 22. Juli 1935 vor Gericht fest- 
stellen: „Ich habe erfahren, daß Rechtsanwälte, die sich durch viele 
Devisenprozesse durchgekämpft hatten, in privater Unterhaltung 
sich geäußert haben, daß nicht Bloß Kollegen (Rechtsanwälte), son- 
dern auch Richter und Staatsanwälteintheoretische 
Irrt um erbezüglichDevisenangelegenheitenver- 
1 e 1 e n. 

War es da ein Wunder, wenn Laien sich nicht auskannten? 
War es wirklich „Gaunergeist und Verbrechergesinnung", wenn 
Ordensleute, besonders Schwestern, in Finanzangelegenheiten zu- 
meist unerfahren, den Ratschlägen eines Finanzberaters und der 
oftmaligen Versicherung voller Gesetzmäßigkeit von Transaktionen, 
wie sie Finanzmann Dr. H o f i u s gab, Glauben schenkten? 

Kennte z.B. ein Finanzlaie nicht wirklich meinen, es sei er- 
laubt, daß deutsche Schwestern, die in Italien Schulen unterhielten, 
von ihren Ersparnissen Schulden ihres Mutterhauses in Holland 
zahlten? Aber nach den Devisenvorschriften durften sie dies nicht, 
weil sie in Italien keine eigene Ordensprovinz bildeten und darum 
nicht finanziell selbständig waren, vielmehr ihr Geld an das Pro- 
vinzialmutterhaus in Deutschland senden mußten. 

Zweifelhaft konnte es ebenso sein, ob ein deutscher Ordens- 
oberer, der nach Vorträgen in der Schweiz mehrere Tausend 
Schweizer Franken für die deutsche Ordensniederlassung in 
Jerusalem geschenkt erhielt, diese vom Schenker direkt ins 
Heilige Land schicken lassen durfte oder aber sie mit nach Deutsch- 
land nehmen mußte, um sie der deutschen Reichsbank zur Ver- 
fügung zu stellen, und so der Ordensniederlassung in Jerusalem 
die vom Schenker beabsichtigte, dringendst benötigte Unterstützung 
auf Jahre hinaus nicht zuwenden konnte. 

Bezeichnend ist jedenfalls, was die Hiltruper Herz- Jesu-Mis- 
sionare in einem Rundbrief vom 18. Dezember 1945 über den Aus- 

127 



gang des einstmals so groß aufgezogenen Devisenprozesses gegen 
zwei ihrer Patres schrieben: „Die äußere Verfolgung des Dritten 
Reiches gegen uns Hiltruper Herz-Jesu-Missionare begann mit dem 
sogenannten »Devisenprozeß'. Die beiden zu schweren Zuchthaus- 
strafen verurteilten Patres Rudolf Wilmsen und Martin Utsch 
wurden n ach einem Jahr Haf t wi e der freigelassen, 
ohne die Zuchthausstrafen angetreten zu haben, 
d a i h r e ü n s c h u 1 d o f f e n b a r w a r. ■* 

Ob unter den nachfolgend verzeichneten Personen, die in 
Devisenangelegenheiten inhaftiert waren, nicht manche letzten 
Endes subjektiv oder objektiv ebenso schuldlos waren wie diese 
zwei Missionare? 

Verhaftet waren 23. Juni 1935: 

a) Männer 

2 Generalvikare (Meißen und Hildesheim) 
2 Generalsekretäre des Bonifatiusvereins Paderborn 
2 Missionare vom Hl. Herzen Jesu (Hiltrup) 
10 Redemptoristenpatres (Bonn, Aachen, Heiligenstadt, München) 
1 Missionar V. Hl. Geist 
i Lazaristenpater 
4 Barmherzige Brüder aus Trier 

1 Barmherziger Bruder aus Waldbreitbach 

2 Angehörige der PaÜottiner (ein Pater und ein Bruder) in -Limburg 

1 Stiftspropst aus Lauban 

3 Franziskanerpatres aus Schlesien 

2 Rechtsanwälte 

3 Angestellte der Hofiusbank 

Direktor Schneider (Wohlfahrtshaus Berlin) 

b) Frauen 

2 Missionarinnen vom Hl. Herzen Jesu (Hiltrup) 

2 Schwestern U. L. Frau (Mühlhausen und Charlottenburg) 

2 Schwe.stern der christlichen Liebe (Paderborn) 
1 Arme Schulschwester U. L. Fr. 

4 Trebnitzer Borromäerinnen 

3 Graue Schwestern aus Breslau 

6 Schwestern vom Guten Hirten (Reinickendorf, Beuthen, Münster) 

1 Vinzentinerin (Köln-Nippes) 

1 Augustinerin 

1 Sekretärin vom Bonifatiusverein Paderborn 

Wer nicht parier t, w i r d s u s p e n d 1 e r t. 
41 Redakt-eure amtsenthoben! 

In der berechtigten Sorge, daß diesen angeklagten Geistlichen 
und Ordensleuten seitens der deutschen Justiz und der Goebbelschen 
Propaganda nicht volle Gerechtigkeit geschehe, veröffentlichte das 
Erzbischöfliche Ordinariat Breslau eine vorsichtige Erklärung zu 
den Prozessen. Die Redakteure vieler ehemals katholischer Zeitun- 

128 



gen waren froh, nach all den aufgezwungenen Beschuldigungen und 
Beschimpfungen des Klerus und der Orden dieses amtliche auf- 
klärende Wort bringen zu können. Sie alle, 41 an der Zahl, wurden 
daraufhin amtsenthoben, sollten sogar aus der Berufsliste gestrichen 
werden, kamen aber schließlich noch mit einem „blauen Auge", 
mit nachstehender „strengster Verwarnung" davon: 

Der Reichsminister 
für Volksaufklärung und Propaganda Berlin, W 8, den 18. Juni 1935 

.'. . , Wilhelmplatz 8/9 

An 

Sie haben in Ihrer Zeitung eine Erklärung des Erzbischöflichen 
Ordinariats Breslau zu den Devisenprozessen veröffentlicht. In dieser 
Erklärung wird ausgeführt, daß Übertretungen der Devisenverordnun- 
gen auch kirchlicherseits ernstlich mißbilligt würden, wobei die Frage, 
ob aus Unkenntnis oder infolge Irreführung seitens dritter Personen 
gehandelt ist, der Prüfung der Einzelfälle überlassen bleiben müsse. 
Gleiches gelte von der weiteren Frage, ob mildernde Umstände aus dem 
pfliehtmäßigen Streben nach Abwendung der sehr schlimmen Notlage 
einzelner Klöster herzuleiten seien. Einer späteren Zeit müßte es vor- 
behalten bleiben — unbeschadet der Achtung vor den schwebenden ge- 
richtlichen Verhandlungen — , ein ruhiges, alle Momente abwägendes 
Urteil über die genannten Vergehen in ihrer Gesamtheit zu t>'effen, wo- 
bei auch die Absichten der verurteilten Personen, die Irreführung der- 
selben von dritter Seite und nicht zuletzt die außerordentlich großen 
Verdienste der Orden für Religiosität, Volkswohl und freie Liebsstätig- 
keit im Inl und Ausland nicht übersehen werden dürften. 

Diese Sätze enthalten eine unhaltbare Beweisführung und einen un- 
geheuerlichen Abs(ihwächungsversuch eines gerichtsnotorischen Ver- 
brechens. Sie stellen eine offensichtliche Herabsetzung der Würde und 
des Ansehens der deutschen Justiz dar, die sich im schroffen Wider- 
spruch zu der über die Devisenprozesse in allen Volkskreisen herrschen- 
den öffentlichen Meinung befindet (vgl. dazu auch die Erklärung des 
Reichs j ustizministeriums). 

Sie haben damit gegen die Pflicht verstoßen, Ihrer Zeitung alles 
fernzuhalten, was geeignet ist, die Kraft des Deutschen Reiches nach 
außen und im Innern zu schwächen. (§ 14 Nr. 2 des Schriftleitergesetzes.) 
Sie haben ferner gegen die Pflicht verstoßen, die Gegenstände, die Sie 
behandeln, wahrhaft darzustellen (§ 13 a. a. O.). Ich verwarne Sie daher 
strengstens und erwarte, daß Sie in Zukunft die Gesetze des national- 
sozialistischen Staates schärfstens beachten. 

Mit der. vorstehenden Verfügung ist Ihre Zurdispositionsstellung 
aufgehoben. Ihrer weiteren Schriftleiterbetätigung steht dabei nichts 
mehr im Wege. 

Heil Hitler! 

In Vertretung 
gez. Walter Funk. 

Es gab gewiß Fälle, wo der Sachverhalt klarer , lag, wo die 
gesetzwidrige Geldausfuhr wirklich schwer zu verurteilen war. 

Aber mußte es dabei zu dieser Art von Prozeßführung 
kommen, wie sie nur im Dritten Reich und auch da nur für 
Ordensleute beliebt wurde? 
Kreuz und Hakenkreuz t ji 29 



Mußte es zu so u n e r h ö r t e n G e f ä n g n i s - u n d Geld- 
strafen und Ersatzforderungen (nach Hunderttausenden) 
kommen? 

Mußte den Verteidigern so wenig Zeit zum Stu- 
dium der umfangreichen und schwierigen Akten oder zur Be- 
sprechung mit dem Angeklagten belassen werden, daß z. B. der 
Vertreter des Redemptoristenpaters Aigner von Gars vor Gericht 
klagen mußte: „Eine kurze Frist von drei Stunden, in 
welcher etwa 3 Punkte besprochen werden müs- 
sen, reicht nicht aus, um den Fall klarzustellen." 

Mußte mit so ungleichem Maß gewogen werden? Warum 
konnte z. B. manchen Devisensündern aus Industrie- oder Bank- 
häusern, besonders aber aus Parteikreisen, Gelegenheit zur außer- 
gerichtlichen Wiedergutmachung gegeben oder über 
ihre nicht kleineren Vergehen nur mit ein paar Zeilen in 
der Presse berichtet werden? 

Mußten die Prozesse gerade dann hervorgeholt wer- 
den, wenn man sie besonders brauchte zur Aufreizung des Volkes 
öder zur Ablenkung von unangenehmen Ereignissen? 

Mußte über die Devisenverfehlungen von Ordensleuten in Zei- 
tung und 'Zeitungsanschlägen, in Presse und Radio berichtet werden 
unter Überschriften wie: „Fromme Gauner gehen ins 
Gefängnis", „Millionen Schmuggel von Klöstern", 
„Märtyrer und geistliche Devisenschieber" u. ä.? 

Mußte über Verurteilungen in breitester Öffentlichkeit ge- 
schrieben werden, aber geschwiegen werden über Be- 
rufungen und ihren vollen oder wenigstens teilweisen Erfolg? 

Mußte deutsche Justiz den Prozeß gegen den Jesuitenpater 
NellBreunig im Jahre 1936 absetzen, sobald in Erfahrung ge- 
bracht wurde, daß auch holländische Juristen zur Ver- 
handlung erscheinen wollten und so Gefahr war, daß die Sache 
nicht so einfach abgetan werden konnte, vielleicht gar nicht nach 
dem „Regieplan" verlaufen würde, dann aber 1943 (nach 7 Jahren!), 
als durch die militärische Überwältigung und Besetzung Hollands 
von dieser Seite eine juristische Einmischung nicht mehr zu be- 
fürchten war, den „auf Eis gelegten" Akt wieder hervorziehen und 
die Anklage wieder aufwärmen? Und wer versteht es, daß der 
Pater von einer Verletzung der Devisenvorschriften freigesprochen, 
ersatzweise aber wegen „mangelnder nationalsoziali- 
stischer Gesinnung" zu drei Jahren Zuchthaus, djarüber 
hinaus sein Orden auch zur Zahlung von rund 1 Million Mark ver- 
urteilt wurde? 

Mußte die Verfehlung einzelner Ordensleute der ganzen 
katholischen Kirche in die Schuhe geschoben und auf 

130 



Firmungsreisen Bischöfen ins -Gesicht geschleudert ^yerden, wie es 
in Hamm dem Erzbischof von Paderborn geschah? 

Mußte es nebst einseitiger un^ gehässigster Prozeßbericht- 
erstattung auch noch zu ärgsten Karikaturen der Ordensleute 
kommen, zu Bildern, wie sie „Das Schwarze Korps" brachte, z. B. 
mit der Darstellung von zwei abstoßenden Ordenspatres und der 
Unterschrift: „Der liebe Gott sieht es, aber Dr. Schacht sieht es 
nicht"? 

Mußte es veranlaßt und geduldet werden, daß auf allen Gassen 
und in allen Lagern Spottlieder auf. „devisenschiebende Ordens- 
leute", Vatikan und Papst gesungen wurden, selbst von unreifen 
Hitler jungen? 

Beispiele dafür: 

„KlosterHed (Melodie: ,Eine Seefahrt, die ist lustig') 

1. Ja das Leben in dem Kloster, 
Ja das Leben dort ist schön, 

Ja da kann man, statt zu beten 
auch Devisenschieben gehn! 
» Holerie, Holero... 

2. Pater, Mönch und auch die Nonne, 
alle drei sie nehmen an, 

beten schnell. ein Paternoster 
und dann geht's ans Schieben ran! 
Holerie, Holero . . , 

3. Mit Devisen schwerbeladen, 
schleicht die Nonne durch das Land, 
ihr Gesicht ist fromm und heilig, 
deshalb bleibt sie unerkannt. 
Holerie, Holero., , 

4. Und sie gibt dem Mönch das Päckchen, 
drückt ihm alles in die Hand, 

und der schiebt dann lustig weiter 
aus dem deutschen Vaterland. 
Holerie, Holero . . , 

5. Eines Tages war's zu Ende, 
eines Tages war's vorbei, 
und das Volk bekam zu hören 
von der großen Schieberei. 
Holerie, Holero... 

6. In des Kerkers tiefen Gründen, 
hinter Gittern, welch ein Graus, 
ruhen Pater, Mönch und Nonne 
vom Devisenschieben aus. 
Holerie, Holero . . < 

131 



Und es sagt die Nonn' zum Pater, 
ach, wie war es doch so schön, 
als man für den Heiligen Vater 
könnt' Devisen-Schieben gehn. 



Amen 



Am Donnerstag, den 25. Juli 1936, wurde nachfolgendes Devisen- 
schieberlied hektographiert beim Eingang in das Sturmheim in der 
Aberleistraße zu München vom stellvertretenden Sturmführer jedem SA 
überreicht mit der Bemerkung: ,Das muß man auswendig lernen.'' 

M e lo d i e : ,Als wir nach Frankreich zogen . . .' 

1. Ein Mädchen ging ins Kloster, 
Ade, du schöne Zeit! 

Da hat der Papst geschrieben: 
Sie soll Devisen schieben. 
Der Vatikan braucht Geld. 

2. Als sie nach Holland zogen. 
Da waren's ihrer drei, 
Ein Pater und zwei Brüder, 
Das waren Devisenschieber, 
Die Nonn' war auch- dabei. 

3. Und als sie weiter schoben. 
Da waren's nur noch zwei. 
Der Pater saß im Kittchen, 
Den hat man am Schlawittchen, 
Da war der Spaß vorbei. 

4. Njach Brüningschen Gesetzen 
Stellt man ihn vor Gericht. 
Sein Haupt war kahl geschoren, 
Sah aus wie ein Arsch mit Ohren 
Schneeweiß war sein Gesicht. 

5. Bei all den frommen Heuchlern 
Erhob sich ein Geschrei. 

Es flehen ihre Liedei*: 
Gebt die Devisen wieder 
Der armen Klerisei ll 

6. Als sie zum Himmel kamen, 

Der Papst stand schon dafür: ' 

Kommt rein, Devisenschieber, 
So seid ihr mir noch lieber. 
Für Euch steht auf die Tür. ^ 

7. Mit den scheinheiligen Worten 
Da ist es jetzt genug! 

Ihr sollt den Nächsten lieben 
Und nicht Devisen schieben, 
Denn das ist Volksbetrug." 

132 



b) Sittlichkeitsprozesse 

Wir müßten sie eigentlich Sittlichkeits s c h a n d prozesse hei- 
ßen, wenn wir sie sofort richtig kennzeichnen wollten. 

Denn Zweck dieser Prozesse war ja nicht so sehr die Be- 
strafung von Schuldigen, nicht die Ausmerzung von Übeln, nicht 
die Beseitigung von Gefahren, nicht die Besserung der Volksmoral, 
nicht die Reinigung der Kirche, sondern die Diffamierung des 
katholischen Klerus und der katholischen Orden, eine Schändung 
des Priester- und Ordenskleides, im besonderen aber eine neue 
Waffe im Kampf gegen die verhaßte Kirche, eine Rechtfertigung 
der ganzen kirchenfeindlichen Haltung des NS, ein Vorwand für 
die Unterbindung der Unterrichts- und Erziehungstätigkeit der 
religiösen Orden, ein beschönigender Grund für die Aufhebung 
geistlicher Anstalten und Klöster, ein Schreckschuß gegen die 
Ordensabsichten ; junger Menschen, eine Einschüchterung der welt- 
anschaulichen Gegner, eine Ablenkung von unangenehmen Tat- 
sachen und Kritiken. 

Kein Glied oder Freund der Kirche wird leugnen wollen, daß 
es da und dort auch bei Weltpriestern und Ordensleuten Mißstände 
rind Vergehen gab, besonders in Orden, die nach dem Weltkriege 
wegen Mangels an Arbeitskräften weniger streng in der Aufnahme 
von Kandidaten gewesen waren. Niemand wird es billigen, wenn 
Ordensobere oder auch kirchliche Behörden nicht schon bei Be- 
kanntwerden erster Verfehlungen schnell und scharf einschritten. 
Niemand in der Kirche wird verlangen oder auch nur erwarten, 
daß die Justiz halt mache vor Pfarrhöfen oder Klosterpforten oder 
gegen allenfalls schuldige Insassen weniger streng vorgehe als 
gegen Laien; eher das Gegenteil! 

Aber die Sittlichkeitsprozesse gegen katholische Priester und 
Ordensleute waren ja in der Hauptsache gar nicht eine Angelegen- 
heit der deutschen Justiz, sondern der deutschen Propaganda. 

Der Reichspropagandaminister Goebbels hat in seiner berüch- 
tigten Rundfunkrede vom 28. Mai 1937 an die zwanzigmal betont, 
daß er, der Propagandaminister, sich von Amts 
wegen mit diesen Prozessen beschäftigte, also Propaganda sollte 
damit gemacht werden. Und Goebbels setzte den ganzen gewaltigen 
Amts apparat der Propaganda in Bewegung, um In- und 
Ausland geradezu gruselig zu machen vor dem bodenlosen Abgrund, 
in den, er, in seinem innersten Sittlichkeitsgefühl zutiefst verletzt, 
rücksichtlos hineinleuchtete, und über den ekelhaften Schmutz,. der 
„bis zum Himmel stank". 

Und Goebbels befolgte hiebei genau und reichlichst seine 
eigene, eingangs erwähnte Anweisung für die Propaganda, daß sie 
„nicht objektiv die Wahrheit zu erforschen, son- 
dern ununterbrochen der eigenen zu dienen habe." 

138 



Bezeichnend sind dafür nachfolgende zweiSpezialanwel- 
sungen, welche der Reichs justizminister geradezu im Auftrag 
des Reichspropagandaministers, teilweise mit dessen eigenen Wor- 
ten, hinausgibt:, 

„Abdruck 

Reichsjustizministerium Berlin) den 9. April 1937 

Der Pressereferent 
1273 Pr. AUg. 190/37 

An die Herren 

Leiter der Justizpressestellen. 

Betreff: Berichterstattung über Strafverfahren gegen Geistliche und 
Ordensangehörige sowie sonstige Verfahren mit fcirchenpoliti- 
schem Gegenständ. 

Unter Bezug auf meine Verfügg. v. 8. 4. 37 — - 1273 — Pr. Allg. 190/37 •— 

In der heutigen Pressekonferenz der Reichsregierung hat der R., 
Minister für Volksauf klärung und Propaganda folgende Richtlinien be- 
kanntgegeben, die den Landesstellen durch Fernschreiben zugegangen 
sind: 

jDurch eine Rundverfügung d. Hr. Min. d. Justiz werden in kurzer 
Frist die im vorigen Jahre zurückgestellten Prozesse 
gegen katholische Geistliche und Ordensangehörige wegen sittlicher 
Verfehlungen usw. nunmehr durchgeführt. Die Berichterstattung 
über diese Prozesse wird bis auf weiteres durch von hier getroffene 
Einzelmaßnahmen geregelt. Im Einvernehmen mit dem Justizminister 
werden die wichtigsten und schwerwiegendsten Fälle herausgegriffen 
und zur Berichterstattung freigegeben. Welche Schriftleiter 
zu d^en einzelnen Prozessen zugelassen werden, wird 
jedesmal einzeln bestimmt. Aus der großen Masse der übri- 
gen Prozesse werden den Landesstellen zur örtlichen Berichterstattung 
jeweils einzelne interessante (!) Fälle zugeteilt. Die Landes- 
stellen können in dieser Beziehung Vorschläge machen, die mit d. R. 
Justizministerium geprüft und entschieden werden. Den Zeitungen ist 
jetzt schon zu untersagen, Verhandlungsberichte, die nur für einen 
Teil der Presse freigegeben werden, willkürlich zu übernehmen. Le- 
diglich die ganz schweren und großen Fälle, die im einzelnen noch 
mitgeteilt werden, sollten in der gesamten Reichspresse ausführlich 
behandelt werden. Über die übrigen Prozesse gibt DNB kurze zu- 
sammenfassende Meldungen aus, die die Art der Verbrechen und die 
ausgesprochenen Strafen enthalten. Diese Meldungen sind ebenfalls 
für die Reichspresse frei'. 

Zur Durchführung dieser Sprachregelung teile ich noch er- 
gänzend mit: 

1. Die Schriftleiter, die über besonders bedeutsame Strafverfahren 
berichten sollen, werden in jedem Einzelfall von d. H. R. Min. f. Volks- 
aufklärung und Propaganda ausgewählt. Gleichzeitig soll an den Haupt- 
verhandlungen über diese Strafsachen ein Vertreter des DNB teilneh- 
men. Diejenigen Zeitungen, deren Schriftleiter für die Hauptverhand- 
lung nicht zugelassen werden, haben daher den Bericht des 
DNB zu übernehmen. Eigene Berichterstattung dieser Zeitungen 
hat zu unterbleiben. 

Da über sämtliche Strafverfahren gegen katholische Geistliche von d. 
Staatsanwaltschaft d. Hr. R. Min. d. Justiz berichtetwerdenmuß, 
ist der R.Justizminister in der Lage, die besonders schweren Fälle, die 
sich für die Berichterstattung im ganzen Reich eignen, auszuwählen 

134 



und dem R.Propagandaministerium zur Freigabe vorzuschlagen. Das 
schließt jedoch nicht aus, daß die Justizpressestellen in geeigneten Fäl- 
len hierher entsprechende Anregungen geben. Die hier ausgewählten 
besonders schweren Fälle werden den einzelnen Justizpressestellen 
ebenso wie die Namen der ausgewählten Schriftleiter unverzüglich mit- 
geteilt. Diese Justizpressestellen haben darauf den Hauptverhandlungs- 
termin mit größter Beschleunigung hierher zu berichten. ■> 

2. Über Strafverfahren von geringerer Bedeutung, die nur örtliches 
Interesse haben, darf nur die örtliche Presse berichten. Um zu ver- 
hindern, daß dabei nicht richtig Maß gehalten wird, ist die Bericht- 
erstattung über diese Verfahren nur nach vorheriger Genehmigung durch 
die Presseabteilung des R.Propagandaministeriums gestattet. Die Ent- 
scheidung der Presseabteilung, die im Einvernehmen mit dem Presse- 
referenten im R.Justizministerium getroffen wird, wird der örtlichen 
Presse rechtzeitig vor der Hauptverhandlung durch die zuständige Lan- 
desstelle oder Justizpressestelle mitgeteilt. In diesem Strafverfahren 
kann die Justizpressestelle im Einvernehmen mit der Landesstelle bei 
mir die Freigabe der Berichterstattung unter Darlegung der Gründe 
für die Notwendigkeit der Berichterstattung anregen. 

3. In der Pressekonferenz ist die Presse noch ergänzend angewiesen 
worden, sachlich, zu berichten, sich jeder Angriffe auf die Kirche als 
solche zu enthalten und aus den Berichten alle Einzelheiten der Straf- 
taten wegzulassen, die das Sittlichkeitsempfinden verletzen könnten. 

4. Die Durchführung der Sprachregelung erfordert eine enge Zu- 
sammenarbeit mit der Landesstelle und mit den Staatsanwaltschaften, 
Es ist erforderlich, daß !.ich die Justizpressestellen über alle einschlägi- 
gen Verfahren unterrichten und ihrerseits die Landesstellen von diesen 
Verfahren laufend in Kenntnis setzen. Um die Unterrichtung der Justiz- 
pressestellen sicherzustellen, hat der Hr. Reichsjustizmihister die an- 
liegende R. V. an die Generalstaatsanwälte und Oberstaatsanwälte 
erlassen. 

5. Ich ersuche, mir besondere Erfahrungen bei der .Durchführung 
dieser Verfügung oder Anregungen zu ihrer Änderung beschleunigt mit- 
zuteilen. 

gez. Dr. Doerner." 

Um . die Unterrichtung der Justizpressestellen sicherzustellen, 
gab der Reichsjustizminister noch nachfolgende Verfügung: 

„Abdruck. 

Der Reichsminister der Justiz Berlin, den 9. April 1937 

6010/1 — 111-3 370/37 — 

An sämtliche Herren Generalstaatsanwälte, 
sämtliche Herren Oberstaatsanwälte, 
den Herrn Oberreichsanwalt in Leipzig, 
den Herrn Reichsanwalt b. Volksgerichtshof Berlin 

Betreff: Strafverfahren gegen Geistliche und Ordensangehörige sowie 
sonstige Verfahren mit kirchenpolitischem Gegenstand. 

Unter Bezugnahme auf die RV. v. 7. April 1937 Nr. wie oben! 

Für die Berichterstattung der Presse über die obenbezeichnetea 
Strafverfahren sind besondere Weisungen gegeben worden, die es erfor- 
derlich machen, daß die Justizpressestellen über sämtliche einschlägige 
Strafverfahren unterrichtet werden. Zu diesem Zwecke bestimme ich, 
daß in allen Strafverfahren gegen Geistliche und Ordensangehörige sowie 
in sonstigen Verfahren mit kirchenpolitischem Gegenstand ein Durch- 
schlag der Anklageschrift beschleunigt der zuständigen Justizpressestelle 

135 



zu übersenden ist. Dies gilt auch soweit die Anklage bereits erhoben 
ist; in den Fällen des Abs. 3 der RV. v, 7. April 1937 jedoch nur, wenn 
die Anklage nach Abschluß der vorgesehenen Prüfung aufrecht er- 
halten bleibt. 

I.A. 

gez. Dr. Grohne." 

Diese Anweisung läßt erkennen, daß die „Sittlichkeitsprozesse" 
gegen katholische Geistliche und Ordensangehörige wie die Devisen- 
prozesse auf lange Zeit zurückgestellt oder, wie der Fächausdruck 
lautete, „auf Eis gelegt" waren und erst wieder hervorgeholt wur- 
den, als die Zeitumstände dies günstig erscheinen ließen oder ver- 
langten, daß den „Schwarzen" wieder eins ausgewischt werden 
sollte. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Datum des Rund- 
schreibens und der neuen Prozeß welle von Interesse: ^/s Monat 
nach der Verö»ffentlichung des Päpstlichen Rund- 
schreibensüberdieLagederkatholi'schen Kirche 
in Deutschland „Mit brennender Sorge". Sein gewaltiger Ein- 
druck im In- und Ausland mußte verwischt und verdrängt, das 
Interesse der Öffentlichkeit auf andere Dinge gelenkt werden. Und 
Unsittliches begegnet ja bei vielen Leuten großem Interesse. Darum 
ausführlichste Berichterstattung hierüber, und zwar durch Spezia- 
listen, welche Goebbels selbst „jedesmal einzeln bestimmt"! 

Und das Ergebnis dieser „Propaganda-Richtlinien" und „Sprach- 
regelung" und „Schriftleiterauswahl" war eine Berichterstattung 
über die Sittlichkeitsprozesse, auf die Prediger G ö 1 1 1 von Mün- 
chen (t) ibit Recht das Wort des Dichters Grabbe in „Scherz, Satire 
und Ironie" angewandt hat: „Diehärteste Strafe eines 
Ver dämmet en bestünde darin, daß er die ,Abend- 
zeitung' und den »Freimütigen' lesen müßteund 
sie nicht anspucken dürfte." 

Charakteristische Merkmale der „Sittlichkeitsprozesse" 
und -Berichterstattung 

I.Neue Methoden der Untersuchung: 

Im Laufe der Jahre 1936/37 stellte die Geheime Staatspolizei 
Nachforschungen in fast allen Klöstern, bischöflichen und klöster- 
lichen Seminarien, Mittelschulen und Studienheimen, ja selbst in 
Fürsorgeanstalten und in Krankenhäusern an, ob nicht irgend- 
welche Spuren sittlicher Verfehlungen zu finden seien. Unter rück- 
sichtsloser Außerachtlassung jeglichen Schamgefühls wurden düe 
einzelnen Schüler über Möglichkeiten von Verfehlungen befragt, 
von denen sie zumeist noch keine Ahnung hatten. In unpsycho- 
logischer und unpädagogischer Art wurde manches in sie geradezu 
hineingefragt und ihnen ein Anreiz gegeben, sich durch Anschul- 
düngen wichtig zu machen (bes. bei Fürsorgezöglingen naheliegend). 

Mit Versprechungen, Drohungen, selbst mit Mißhandlungen 
wurden Aussagen gegen die Geistlichen und Ordensleute zu ge- 
winnen gesucht. 

136 



Es ist bezeichnend, was ein Fürsorgezögling von Birkeneck bei Frei- 
sing nach solch einer Vernehmung äußerte: „Sagst du die Wahrheit, daß 
nichts Unrechtes gewesen ist, dann wirst du mit Einsperren bedroht, 
lügst du aber schließlich, um endlich Ruhe zu bekommen, und sagst 
etwas Unsittliches gegen die Geistlichen aus, dann bekommst du Ziga- 
retten." Und so gepeinigt war dieser Junge schließlich von der Schuld, 
falsches Zeugnis gegeben zu haben, daß er entlief, nach ein paar Tagen 
aber freiwillig zurückkehrte, um die erpreßte Anklage zurückzunehmen, 
sowohl vor den Vorgesetzten an der Anstalt wie vor der Oberhirtlichen 
Stelle. 

Ganz besonderen Wert legte die Gestapo bei diesen Unter- 
suchungen in klösterlichen und geistlichen Anstalten darauf, die 
Namen früherer Insassen, Schüler,, Kandidaten, Novizen, selbst 
von Hausangestellten, die aus eigenem Willen ausgetreten oder 
durch die Oberen entlassen worden waren, ausfindig zu machen. 
Diese wurden dann ganz besonders „ins Gebet genommen" und 
peinlichst ausgefragt, warum sie das Haus verlassen hätten, ob sie 
nicht irgendwelche unsittliche Vorkommnisse in der Anstalt ent- 
deckt oder gar mitgemacht hätten. 

In den Listen der Krankenhäuser der Barmherzigen Brüder in Pil- 
chowitz, Neustadt und Breslau wurden selbst Personen, die vor 1 bis 
4 Jahren dort als Patienten gelegen waren, festgestellt, um sie dann zu 
Hause über die Brüder zu vernehmen. 

In ganz Bayern wurde im Jahre 1937 die PoUzei beauftragt, 
nachzuforschen, ob Priester Kinder hätten oder jemals Alimente 
bezahlt hätten oder noch bezahlten. 

Selbst der Beichtstuhl war nicht sicher vor Anklage und Verleum- 
dung: Im Juni 1937 wurde ein altehrwürdiger Priester Münchens, dessen 
mehr als 50 jähriges vorbildliches Priesterleben keinen Makel dieser Art 
aufwies, in einer Zeitung auf Grund irgendwelcher Kinderaussagen be- 
schuldigt, den Beichtstuhl zu mißbrauchen zur Verteidigung von Per- 
sonen, die ob ihrer unsittlichen Verfehlungen vors Gericht gehörten. 

2. Tendenziöse Darstellungen und Entstellungen. 

Bloße Kandidaten und Postulanten, also Personen, 
die kein Ordensgelübde gemacht hatten und gar nicht zum Ordern 
gehörten, sondern nur zur Probe aufgenommen waren, wurden in 
Berichterstattungen über die Sittlichkeitsprozesse schon als 
Ordensleute bezeichnet. Ebenso wurden Personen, die längst 
aus dem Kloster entlassen waren, noch als „Ordensbrüder" 
bezeichnet. 

So setzte beispielsweise der Stuttgarter NS-Kurier vom 30. Dezem- 
ber 1937 über eine Verhandlung in Ellwangen die Überschrift: „Ein 
Laienbruder im Kloster Neresheim 20 Vergehen gegen die öffentliche 
Sittlichkeit überführt." Und der Tatbestand? Nur eines dieser Ver- 
gehen war im Kloster geschehen. Und gerade wegen dieser einen 
Verfehlung war der junge Mann sofort aus dem Kloster entlassen 
worden. Alle übrigen 19 Fälle spielten sich außerhalb des Klo- 
sters ab, wurden aber von der Zeitung dem „Klosterbruder" beigelegt. 

So waren von 14 Alexianerbrüdern, die verurteilt wurden, nicht 
weniger als 11 aus dem Orden ausgeschieden. Ein Alexianerbruder, von 

Kreuz und Hakenkreuz It jg^ 



dem die Zeitungen entrüstet berichtet hatten, daß er Ministranten zu- 
erst mit Meßwein betrunken gemacht und dann mißbraucht hätte, 
mußte als schuldlos freigesprochen werdenl 

Selbst Sittlichkeitsdelikte yon bloßen Hausdienern und 
Taglöhn ern, die in Klöstern oder Ordensanstalten arbeiteten, 
vmrden den Ordensleuten in die Schuhe geschoben, z. B. die Ver- 
fehlung eines Handwerkers, der gegen tägliche Entlohnung in der 
Mittelschule der Maristenschulbrüder in Mindelhelm tätig war. 

Ähnlich war es mit dem Mord von Manage in Belgien, über 
den „Das Schwarze Korps" in großer Aufmachung unter dem Titel: 
„Es stinkt zum HJmmel" und mit schwersten Vorwürfen und Verdäch- 
tigungen gegen die Klöster berichtete und im Anschluß daran fast die 
gesamte deutsche Presse. Extrablätter mit diesem Artikel des „Schwar- 
zen Korps" wurden gedruckt, in die Briefkästen von München, selbst in 
den Fragekasten einer Kirche gesteckt. Sogar ehemals katholische Zei- 
tungen, wie die „Kölnische Volkszeitung" vom 4. April 1937 wurden ge- 
zwungen, den Bericht der deutschen Nachrichtenagentur unverkürzt zu 
bringen. 

Und die Wirklichkeit? 

1. Das Institut Manage wat gar keine Klo st er schule, sondern eine 
Industrieschule, die lediglich Von Barmherzigen Brüdern ge- 
leitet wurde. 

2. Der Mörder War nicht ein Ordensbruder, sondern lediglich ein erst 
kurz eingestellter Hausdiener. 

3. Die Ärzte fanden es notwendig, den Verbrecher auf seihen Gei- 
steszustand zu untersuchen. 

4. , Von mehr als 10 000 Barmherzigen Brüdern Belgiens war kein 
einziger eines Sittlichkeits vergebens beschuldigt. 

Genau so unl ^gründet war es, als im Sommer 1937 die Ermordung 
eines 13jährigen Knaben durch einen 17jährigen Jungen zunächst als 
das Verbrechen eines „Laienbruders", dann als das eines Klosterzög- 
lings unter schwersten Angriffen auf Zölibat und Keuschheitsgelübde 
berichtet wurde. In Wirklichkeit hatte der Obere der Schulbrüder von 
Maria Tann den Schuldigen, der den Eindruck eines Geisteskranken 
machte, am selben Tag, an dem er Kenntnis von seiner Verfehlung 
mit einem Knaben erhielt, in das eine Stunde entfernte Krankenhaus 
von Villingen gesandt und hatte sofort den Vater des Schuldigen unter- 
richtet und war auch durch dessen inständigstes Bitten nicht zu be- 
wegen, den krankhaften jungen Menschen in die Anstalt zurückzuneh- 
men, riet ihm vielmehr eindringlichst, den Sohn mit nach Hause zu 
nehmen. Dieser tat es leider nicht. So schlich sich der Krankhaftveran- 
lagte nach einigen Wochen während der Nacht aus dem Haus in die 
Anstalt von Maria Tann und tötete das Opfer seiner Gier. Pfarrer 
Ackermann von Rodalben (Rheinpfalz) konnte am Grabe des zu Tode 
gemarterten Schülers der Schulbrüder zu Maria Tann konstatieren: 

„Von einer Schuld auf selten der Anstalt kann keine Rede sein. 
Was menschenmöglich war, ist hier geschehen. Das wurde auch 
von der Untersuchungskpmmission anerkannt. Der Mörder war 
kein Schulbruder, nicht einmal Klosterschüler zur Zeit der Tat, 
sondern befand sich, aus der Klosterschule entlassen, schon einige 
Wochen im Krankenhaus zu Villingen. Alle Vorwürfe und An- 
klagen, die in der Öffentlichkeit gegen das Kloster erhoben wurden, 
weise ich hier öffentlich und mit allem Nachdruck zurück." 

138 



Tendenziös entstellt waren auch Berichte über Sittlichkeits- 
vergehen von 

katholischen Theo lo gen undJugendführern. 

Der „Theologie studierende" von Saßbach, der eines Sitt- 
lichkeitsvsrbrechens bezichtigt wurde, war nichts als Schüler an einer 
Unterklasse einer Mittelschule. 

Der katholische „T heolo giestuden t" und „Führer der 
ganzen katholischen Jugendvereine Baden s", S c h ü 1 1 e, 
über dessen Verfehlungen „Das Schwarze Korps" vom 4. Februar 1937 
berichtet unter der Überschrift „Von der Blutschande zur Weihe", war 
auch bloß Student an einer Mittelschule und hatte lediglich vor zwei 
Jahren etwa sechs Monate lang mit Diözesanpräsides des Katholischen 
Jungmännerverbandes mitgearbeitet. Vom Empfang irgendeiner Weihe 
keine Spur! 

Der „Völkische , Beobachter" vom 25. Mai 1937 berichtete unter der 
Überschrift. „Drei Jahre Gefängnis für den Gründer einer katho- 
lischen Jugendvereinigung" über die Verurteilung eine« 
44jährigen Karl; Kr leger. Aber der von ihm gegründete Verein: 
„Jugendlust" war gar keine katholische Jugendorganisation. Weder 
Krieger selbst noch seine Gründung war den kirchlichen Behörden be- 
kannt. 

Noch krasser war es, daß ein Abtreibungsvergehen, das sich eine 
„Braune Schwester" in Tiengen bei Waldshut hatte zuschulden 
kommen lassen, in den Zeitungen als das einer „O r d e n s s c h w e s t e r" 
erschien. 

3. Erwies eneErfindungen 

a) Am 29. Mai 1937 berichtete der „Völkische Beobachter" einen 
Artikel: „Über die Grenze mit falschen Pässen". Tags darauf 
schrieben über ebendies die' „Münchener Neuesten Nachrichten" 
unter dem Titel: „Jesuitenpater fälscht Zeugniss e." 
In beiden Fällen handelt es sich um die Strafverfolgung von 
Alexianerbrüdern in Bonn. Einer der Angeklagten, Ernist 
Walter, ward in dem Artikel erzählt, hätte bekannt, falsche 
Papiere (Taufzeugnis usw.) von einem Münchener Jesuiten 
Friedrich Schmidt, Am Dom Nr. 5, erhalten zu haben, 
um ihm zur Flucht zu verhelfen. Tatsachen: 

1. Der Angeklagte hieß Walter R a u p p, nicht Ernst Walter. 

2. Weder in ganz Deutschland, noch in ganz Österreich gab 
es einen Jesuitenpater namens Friedrich Schmidt. 

3. Es gibt keine Jesuitenniederlassung in München „Am 
Dom"; ja, es gibt überhaupt nicht einmal eine Straße 
dieses Namens.' 

4. Das Gericht schenkte darum mit Recht diesen Behaup- 
tungen keinen Glauben, aber die Zeitungen gaben sie 
wieder als wahr. 

b) Gegen Ende 1937 erschien eine „Schmutz- und Schundschrift" 
von Schwabe, Hauptschriftleiter des „Westdeutscher Beobachter". 
Darin wurden Feststellungen berichtet, die von einem katho- 
lischen Priester Fr. Otto Schwab von Bamberg stamme* 

139 



sollten. ' Weder in der Diözese Bamberg noch in einer anderen 
deutschen Diözese gab es einen Priester dieses Namens. 

c) Verfehlungen imKlostervonBiberach entbehrten ebenso 
offensichtlich jeglichen Fundamentes, , da ja in Biberach über- 
haupt kein Kloster besteht. 

4. Übertreibungen. 

Der Nationalsozialismus war ein Freund großer Worte, großer 
Zahlen, großer Massen, großer Bauten. So verwundert es nicht, 
wenn auch die Sittlichkeitsverbrechen katholischer Geistlicher und 
Ordensleute im Munde der nationalsozialistischen Redner und in 
den Zeilen nationalsozialistischer Zeitungen und Zeitschriften sehr 
rasch ins Riesenhafte wuchsen, wenn z. B. Reichsinnenminister 
Fr ick in einer Rede zu Koblenz im Jahre 1936 sich zu der Be- 
hauptung verstieg: „Ordenshäuser, welche Stätten der Betrachtung, 
des Gebetes und Gotteslobes sein sollten, haben sich als wahre 
Brutstätten des Lasters erwiesen." 

Noch weniger verwundert es, wenn der „Meister der Lüge", 
Dr. Goebbels, in seiner demagogischen Rundfunkansprache vom 
28. Mai 1937 Sätze sprach wie: 

„Eine große Zahl katholischer Geistlicher ist wegen Sexual- 
verbrec|hien verhandelt worden. Das ist nicht mehr eine Angelegenheit 
bedauernswerter Einzelverfehlungen, sondern eine solche allgemein 
sittlicher Korruption, wie sie die Geschichte der Zivilisation 
kaum jemals gekannt hat. Keine andere Gesellschaftsschicht 
hat je solche Verderbtheit zu verbergen gehabt. Es ist kein Zweifel, daß 
die Tausende von Fällen, die ans Licht gekommen sind, nur ein 
kleiner Bruchteil des ganzen moralischen Sumpfes sind! !" 

Eine echt nationalsozialistische Heuchelei und Irreführung aber be- 
deutete es, wenn der Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten, 
K e r r 1, in einer Rede in Fulda am 24. November 1937 von 7000 Straf- 
fällen katholischer Geistlicher seit 1933 sprach, in einer Rede zu Hagen- 
Westfalen, am 30. November 1937, Zahlen über die „Sittlichkeits- 
prozesse" gab, die den Eindruck von Genauigkeit machen und doch 
falsch waren. Er. nannte da als 

„verurteilt": 45 Priester, 

176 Brüder und Nonnen, 
21 Angestellte 

insgesamt 242 

als „noch in Verhandlung": 93 Priester 

744 Brüder und Nonnen, 
118 Angestellte 



insgesamt 955 



' Niemand konnte natürlich nachkontrollieren, wie die Zahl 7000 zu- 
stande kam. Auf jeden Fall waren darin alle Vergehen irgendwelcher 
Art, welche dorn katholischen Klerus zur Last gelegt wurden, beispiels- 
weise auch alle Verfehlungen gegen den „Kanzelparagraphen", gegen 
das „Heimtückegesetz", gegen die Befläggungsvorschriften, gegen das 
Sammlungsgesetz u. ä., zusammengeworfen mit den „Sittlichkeitsver- 
brechen"'. 

140 



Die „Verlässigkeit" der in Hagen erwähnten Einzelangaben 
geht aus folgender Feststellung der deutschen Bischöfe im Juni 1937 
hervor: 

Von 21 6 41 Weltpriestern Deutschlands sind 4 9 in diese Pro- 
zesse verwickelt. Davon sind 21 verurteilt, 28 warten noch auf die 
Verhahdlung. Von 4 17 4 Ordenspriestern sind 9 angeklagt. Einer 
davon ist bereits abgeurteilt; bei den übrigen 8 steht die Entschei- 
dung noch aus. Insgesamt ergeben sich also für 25 634Priester 
5 8 Fälle, also rund eineraufSOOPriester! 

Bei den Ordensleuten kamen große Zahlen teilweise auch da- 
her, daß, wie schon erwähnt, auch alle, die jemals mit einem 
Ordenshaus irgendwie in Verbindung standen (Kandidaten, Diener 
usw.) einbezogen wurden; ebenso solche, die eigentlich bloß zur 
Ausschaltung von ,, Verdunklungsgefahr" eingesperrt waren, ohne 
selbst angeklagt zu sein. 

So kündigten Zeitungen zu Anfang 1937 an: „2 76 Ordensleute 
vor Gerich t." Der Artikel selbst sprach dann nur von 10 6 verhafte- 
ten Brüdern. Unter diesen 106 Waren aber 5 6 nur als Zeugen „sicher- 
gestellt", ohne daß gegen sie selbst eine Anklage erhoben war. Von den 
restlichen 5 gehörte ein Großteil längst nicht mehr zu irgend- 
welchen Orden. 

J.Verallgemeinerungen. 

Wo solche Ü b e r t r e i b u n g e n beliebt werden, ist der Weg 
nicht weit zu Verallgemeinerungen. So glaubte „Das 
Schwarze Korps" vom 18. Juni 1936 gegenüber Einwänden, • daß 
es sich bei den Sittlichkeitsvergehen von Orden?leuten doch um 
geistige Verirrungen einzelner handle, behaupten zu können: 

„Im Gegenteil: Beinahe ein ganzer Orden hat sich verant- 
wortlich erwiesen für unnatürliche Verbrechen an Minderjährigen, nicht 
etwa im einen oder andern Haus, sondern in 20 seiner Häuser, die zu- 
sammen 500 Mitglieder umfassen, wovon 267 bereits legal überführt 
sind." 

Der bayerische Unterrichtsminister erklärte am 28. Dezember 
1936 die Maristen-Schulbrüder, die Brüder von der Christlichen 
Schule, die Augustiner-Eremiten als nicht geeignet zur Aufsicht 
von Erziehungsinstituten und entzog ihnen alle diesbezüglichen 
Rechte. 

Zur Würdigung dieser harten Maßnahme gegen alle Angehörigen 
eines Ordens sei der Fall der Maristen näher beleuchtet: Im Schüler-, 
heim zu Traunstein war ein einziger Fall passiert. Der schuldige 
Bruder war sofort aus dem Hause entfernt und aus dem Orden aus- 
gestoßen worden. Drei Fälle, die in der Mittelschule und im Studien- 
heim zu Mindelheim geschehen waren, standen in keiner -Ver- 
bindung mit Ordensmitgliedern, waren Verfehlungen von 
Angestellten. Im Schülerheim der Realschule zu Reichenhall war es 
wohl ein Bruder, der sich an einem Knaben vergangen hatte, war aber 
am selben Tage aus dem Orden ausgeschlossen wordon. Und für diese 
gewiß bedauernswerten Fehler einzelner v/urde der ganze Orden haft- 
bar gemacht und seiner acht Anstalten in Bayern beraubt. 

141 



6. Einseitigkeit. 

Einseitig war, daß die Presse soviel wie nichts aus den 
Verteidigungsreden für die Geistliciien und Ordensleute, 
die irgendwelclier Sittlichkeitsvergehen angeklagt waren, bringen 
durfte. 

Einseitig war es; daß sie nicht einmal allgemeine 
Erklärungsgründe für die traurigen Vorkommnisse geben 
durfte. Als spe25iell die Koblenzer Volkszeitung (früher eine katho- 
lische Zeitung) auf die unbestreitbare Tatsache hinwies, daß nicht 
AVenige Mitglieder der Franziskanerbrüder von Waldbreitbach in 
den Orden eingetreten seien während der Zeit der Arbeitslosigkeit, 
getrieben von Hunger, ohne inneren Beruf, bekamen sie vom Kreis- 
amt des Propagandaministeriums einen scharfen Verweis und eine 
Auflagenachricht, „daß viele der Angeklagten bereits um 1900 in 
den Orden kamen und erst später Jugendverführer und Jugend- 
verderber wurden." 

Einseitig war es, daß- mehrere Schriftleiter Westdeutsch- ■ 
lands mit der Ausstoßung aus der „Schriftleiterliste" bedroht wur- 
den wegen ihres „passiven Widerstandes", (d. h., weil sie die ihnen 
übermittelten Prozeßberichte nicht uneingeschränkt und nicht un- 
gekürzt bringen wollten), daß sie aber über sittliche Verfehlungen 
von Parteigenossen, Hitlerjungen, Hitlerjugendführern, SA- 
und SS-Männern usw. nichts berichten durften. 

Einseitig war es, daß am 1. Dezember 1936 durch besondere 
Verordnung allen Amtswaltern der Partei verböten 
wurde, ohne besondere Erlaubnis Auskünfte zu geben über An- 
gelegenheiten, die unter ihr Amtsgeheimnis fielen, daß aber 
eine besondere Anweisung des Reichsinnenministers es als unstatt- 
haft bezeichnete, daß kirchlicheOberbehörden den Geist- 
lichen Schweigepflicht über amtliche Sachen auferlegen. 

Einseitig war . es, daß viele Vergehen, besonders sittliche 
Vergehen von Parteimitgliedern, vielfach nur vor geheime 
Parteigericht e kamen oder, wenn sie der allgemeinen Ge- 
richtsbarkeit unterstellt wurden, nur unter Ausschluß der 
Öffentlichkeit verhandelt wurden, während zu den Sittlich- 
keitsschauprozessen von Geistlichen und Ordensleuten Zuschauer 
und Zuhörer kostenlos aus allen Teilen Deutsch- 
lands nach Koblenz herbeigeholt wurden, z. B. laut 
•„Völkischer Beobachter" vom 9. Juli 1937: nicht weniger als 150 
hervorragende Bürger, Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Ober- 
bayerns, laut „Völkischer Beobachter" vom 10. September 1937: 
volle 114 andere Personen. 

Einseitig war es, wenn über Sittlichkeitsvergehen von Par- 
teileuten zwar von der zuständigen Lokalpresse kurz berichtet 
werden durfte, weil ja dem Leserkreis derselben der Skandal ohne- 
hin längst bekannt war und der Eindruck vermieden werden sollte, 

142 



als ob Sünden im eigenen Kreis verschwiegen würden, dagegen der 
gesamten übrigenPressejede Zeile hierüber untersagt war. 

Ein Beispiel dafür: In St&rnberg und Umgebung waren schwere 
Sittlichkeitsverfehlungen von leitenden , Parteiangehörigen (darunter 
einem geborenen Engländer, der aber jetsJt nationalsozialistischer Amts- 
walter war) geschehen. Die Starnberger Presse durfte darüber 
einiges Wenige bringen, die Münchener.Presse nicht ein Wort. 

Im Archiv des Erzbischöflichen Ordinariats liegt eine Menge 
Material dieser Art: Lauter Sittlichkeitsverbrechen von Nazis und 
Nazifunktionären, aber von Partei und Gericht ängstlich vor der 
Öffentlichkeit behütet und verdeckt! Den katholischen Bischöfen 
machte man Vorwürfe, daß sie die Sittlichkeitsvergehen von Geist- 
lichen und Ordensleuten nicht immer In aller Öffentlichkeit und 
mit . aller Schärfe verurteilt oder ihrerseits nicht schnell genug 
geahndet hätten, und in den eigenen Reihen deckte man die gleichen 
Vergehen mit dem Mantel der Verschwiegenheit und schritt durch- 
aus nicht immer zur sofortigen Bestrafung, zum Ausschluß aus der 
Partei, zur Absetzung von HJ-Pührung usw. (vgl. Röhml) 

So muß noch ein 1. Charakteristikum dieser NS-Justiz und 
ihrer Berichterstattung genannt werden; sie heißt: 

7. H e ü c h e 1 e i. 

In der Pressekonferenz vom 9. April 1937 wurde die Presse 
noch ergänzend angewiesen, sachlich zu berichten, sich jeder 
Angrilfe auf die Kirchen als solche zu enthalten und aus den Be- 
richten alle Einzelheiten der Straftaten wegzulassen, die das „Sitt- 
lichkeitsempfinden verletzen könnten." 

Und die Wirklichkeit? Eine förmliche Pornographie im. 
Dienste der Politik und des nationalsozialistischen Kirchenhasses! 
Eine Ausführlichkeit- der Berichterstattung bis in schändlichste 
Einzelheiten, eine Ausstellung dieser Berichte an Zeitungstafeln 
und in Schaukästen für jedermann, auch für Kinder! 

„Keine Angriffe auf die Kirchen!" hieß die „wohlwollende" 
Anweisung von Goebbels. Und die Wirklichkeit? 

Angriffe gegen die katholische Kirche, wie sie 
z. B.'der „Völkische Beobachter" am 30. Mai 1937 brachte, mit dem 
Thema: „Die katholische Kirche ist korrupt durch und durch und 
muß verschwinden!" 

A n g r i f f e a u f d i e B i s c h ö f e, als ob sie nicht ihre Pflicht 
getan hätten, um solche Vergehen zu verhüten oder sofort ab- 
zustellen! 

Angriffe auf das katholische Ordenswesen, 
„dessen Forderungen wohl Heilige erfüllen könnten, bei gewöhn- 
lichen Menschen aber nur eine Scheinheiligkeit erzielten" (HJ: 
2. Juni 1936 mit den Worten des Staatsanwaltes Hathingen)! 

Angriffe aufdenZölibatals etwas Unnatürliches, mit 
Gewalt zu Verbrechen Treibendes, der zum Schutz des Volkes vor 

143 



weiteren Verbrechen, möglichst bald abgeschafft 'werden müßte 
(Flugblätter der Altkatholiken über „Unsittlichkeit in Klöstern")! 

Angriffe auf die gesamte katholische Jugend- 
erziehungsarbeit, die der Kirche je eher, desto besser ge- 
nommen werden müßte! 

Angriffe, so gemein, wie sie das schon erwähnte (S. 27) Bild 
des „Schwarzen Korps" vom 6. Mai 1937: „Der Oberhirte" brachte! 

Und was stand hinter all dieser mächtigen Entrüstung über 
die sittliche Verderbnis in Geistlichkeit und Orden der katholischen 
Kirche Deutschlands? Wahrer, innerer, sittlicher Ernst, eigene 
Makellosigkeit, entschiedener Wille zur Hebung der Moral des 
ganzen deutschen Voljses, irgendein sichtbarer Erfolg solcher allen- 
fallsiger Bemühungen? 

Im Konzentrationslager Sachsenhausen habe ich des öfteren 
beobachten können, wie SS-Leute vor vielen anderen mit sicht- 
lichem Behagen von Sittlichkeitsverbrechern sich alle Einzelheiten 
ihrer Vetfehlungen erzählen und geradezu ausmalen ließen, dann 
aber auf einmal Entrüstung und Abscheu heuchelten und mit 
Faustschlägen und Fußtritten die Verbrecher traktierten. 

So ungefähr war Gesinnung und Gebaren der Herren des 
Dritten Reiches: 

Zuerst wühlten sie voll Behagen mit beiden Hätiden in jeg- 
lichem wirklichen oder vermeintlichen Sumpf und warfen ihn Mil- 
lionen vor die Augen, dann aber spielten sie auf einmal die sittlich 
Entrüsteten, die von Ekel Gepackten, die Sittlichkeitsrichter, die 
Sittiichkeits Wächter und Sittlichkeitspächter. 

ynd die Wirklichkeit? 

Stieg wirklich das Barometer der Sittlichkeit 
unter dem Hakenkreuz? 

Im Gegenteil! Die Statistik zeigt ein tiefes Absinken. 

Das statistische Jahrbuch des Deutschen Reiches zeigt folgende 
Entwicklung bis zur Mitte des Jahres 1938: 

Verurteilung von Jugendlichen wegen 'Unsittlichkeit: 

1932: 619 1933: 612 1934: 779 

1935: 1058 1936: 1465 1937: 2374 

Für Verfehlungen a n Jugendlichen werden folgende Zahlen 
angegeben: 

1934: 478 1937: 1065 

Die Zahlen „widernatürlicher Laster" sind: 

1934: 121 1937: 973 

Ob aber in diesen Zahlen auch die Vergehen sind, die nur ■ 
hinter den Kulissen des Parteigerichts behandelt wurden, 
die Sittiichkeits verbrechen der Parteileute selbst? 

144 



IV. Die wirtschaftliche Erdrosselung der Orden. 

Vereinzelten Orden war schon durch ungeheure Geld- 
strafen und Ersatzauflagen für Devisenvergehen beinahe das Exi- 
stenzminimum genommen worden. 

Allgemein aber suchte der Nationalsozialismus den Orden 
den Atem durch andere Maßnahmen zu nehmen, zunächst durch 

härteste Besteuerung. 

Dabei griff man vielfach auf Jahre zurück. Sodann leistete sich 
die Finanzbehörde die Ungeheuerlichkeit, den katholischen Orden, 
selbst Krankenpfiegeorden, die „Gemeinnützigkeit und 
Wohltätigkeit" abzusprechen, weil sie zumeist in ihren Sat- 
zungen als einen Zweck des Ordenslebens auch die „Selbst- 
heiligun g", das Streben nach Tugend und Religiosität, genannt 
hatten. Damit sei „ein egoistischer Zweck" zugegeben, 
also keine „volle Gemeinnützigkeit" mehr vorhanden. 
Nach dieser Steuergesetzauslegung und -praxis war also eine Barm- 
herzige Schwester, die ihr ganzes Leben dem Dienst armer, lungen- 
kranker, krebskranker Menschen widmete, nicht „wohltätig" und 
„gemeinnützig", sondern „selbstsüchtig". Die „Braune Schwe- 
ster", die sich für jeden Dienst gut zahlen ließ, zahlreiche Zu- 
schüsse vom Winterhilfswerk und von der NSV erhielt, schöne 
Urlaubsreisen machen konnte usw., sie war „geineinnützig"! 

Sodann versuchte man, die Schwestern 

arbeitslos, brotlos, wohnungslos 

zu machen und auf jede Weise zu zwingen, das Ordenskleid ab- 
zulegen und in die Welt zurückzukehren. Wie man die Lehr- 
schwestern trotz katastrophalen Lehrermangels aus den Schulen, 
sogar aus den eigenen, wies, so nahm man nach und nach Schwe- 
stern Hauskrankenpflege, Kinderhorte, Krankenhausdienste u. ä. 

Gauamtsleiter Dr. Heßler z. B. verordnete in seinem Rundschreiben 
im Jahre 1937 für die Gemeindestationen der „nationalsozialistischen 
Volkswohlfahrt" (NSV): „Die Zuziehung einer caritativen 
Schwester darf nur erfolgen, wenn eine NSV-Schwe- 
sternicht zur Verfügung steh t." 

Die Stadtverwaltung Aachen setzte im März 1941 vertragswidrig 
auf einmal die Zahl der in den städtischen Krankenanstalten Aachens 
angestellten Elisabethinnen von 90 auf 60 herab, um Platz für „Braune 
Schwestern" zu haben. Sodann kündigte sie den seit 1934 gültigen Ver- 
trag mit dem Mutterhaus und lud jede einzelne Schwester zu einem 
Vertrag selbständiger Anstellung mit günstigen Bedingungen 
ein, um nur möglichst viele Schwestern zürn Austritt aus der Genossen- 
schaft anzueifern. 

Ein ganz besonders bezeichnender Fall von Unwahrhaftig- 
keit, Ungerechtigkeit und Rücksichtslosigkeit 
ist die Schließung des Vinzenzkrankenhauses in Duis- 
burg, eines der größten und modernst eingerichteten Kranken- 
häuser der Stadt. Am 11. Mai 1937 gab der Polizeipräsident durch 
das deutsche Nachrichtenbüro bekannt, daß er nach einer sorg« 

145 



fältigen Prüfung det- GeschäftsfüKrung des St.-Vin:^en2-Kranken- 
hauses sich gezwungen sehe, dieses zu schließen. Das Krankenhaus 
sei nicht in der Lage, in allen Krankeitsfällen die erfor- 
derliche ärztliche Behandlung zu garantieren. Nach ÄTZtllchem Ur- 
teil sei es in einem Fall Hauptursache am Tode einer Frau von 
Duisburg gewesenll Im Interesse des öffentlichen Wohles könne 
daruhi in dem St.-Vinzenz-Krankenhaus keine weitere Kranken- 
behandlung mehr stattfinden. Schon am nächsten Tag begann der 
polizeilich befohlene Abtransport der nahezu 400 Patienten in 
andere Häuser. Vergeblich bat Bischof Galen telegraphisch den 
Regierungspräsidenten von Duisburg, wenigstens für eine ordent- 
liche Abwicklung Sorge zu tragen» Eine Kanzelverkündigung in 
allen Kirchen Duisburgs brachte dann folgende Aufklärung (12. Mai 
1937):<.„Das St.-Vinzenz-Krankenhaus ist geschlossen worden, weil 
wir In einem acht Monat ezurückllegenden Fall eine 
gewisse Operation an einer Frau nicht erlauben wollten, eine Art 
von Operation, die wir unter unserem Dache nicht zulassen können, 
da sie eine Verletzung des göttlichen Gesetzes ist. 
Die Frau wurde daraufhin auf den Rat des zuständigen Arztes in 
ein anderes Krankenhaus gebracht und starb dort.» Das ist der 
Grund für die Schließung des Krankenhauses. Alle anderen Gründe, 
die damit verbunden wurden, sind unwahr." Nach ein paar Mo- 
naten wurde das Krankenhaus auf Veranlassung des Reichsinnen- 
ministers wieder geöffnet, aber ein paar Stunden darauf auf Befehl 
des Bürgermeisters von Duisburg in seiner Eigenschaft als Direktor 
des Gesundheitsamtes aufs neue geschlossen!! 

So war deutsches Hecht im Dritten Reich, wenn es sich um 
Klosterfrauen handelte. 

V. KlosteirentviUkerUiig« 

Um auch schon die Mutterhäuser der Orden zu leeren, den 
Ordensnachwuchs zu unterbinden, erschwerte man schließlich auf 
alle mögliche Weise den Eintritt ins Kloster, selbst bei Kranken- 
pflegevereinigungen, obwohl verschiedene Reichsministerien sich 
für ihre Erhaltung, wenigstens während des Krieges, einsetzten. 
Hitler selbst entschied, daß kein 'Ordensnachwuchs mehr auf- 
genommen werden dürfe. Drei Reichsminister gaben daraufhin 
gleichsam die Ausführungsbestimmungen zu diesem „Gesetz", das 
des Führers Wille allein gegeben. Sie verordneten im September 
1940 als 

Reichsv er Ordnung zur Verhinderung des Kloster- 
nach wuchs es. 

Der Reichsarbeitsminister, der Reichskirchenminister und der Stell- 
vertreter des Führers sind übereingekommen, zur Sicherung der not- 
wendigen nationalen Arbeitskräfte folgende^ für das gesamte Reichs- 
gebiet verbindliche Regelung zu treffen i 

1. Es ist unerwünscht, daß arbeitsfähige Menschen in Orden und Klö- 
ster eintreten und so dem Arbeitsprozeß entzogen werden. 

146 



t. Wer bereits In einem Arbeltsdlenstvefhältnls steht und dieses zu 
lösen wünscht, um in einen Orden einzutreten, ist vom Arbeitsamt 
zu verständigen, daß die Lösung des Dienstverhältnisses für diesen 
Zweclc nicht mehr möglich ist. 

S. Wenn Jemand im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber das Dienst- 
verhältnis aus dem gleichen Grund zu lösen wünscht, ist darauf zu 
dringen, daß es beim Dienstverhältnis bleibt. Kommt es dennoch zu 
einer Lösung, hat das Arbeitsamt dem früheren Arbeitnehmer sofort 
eine neue Arbeitsstelle anzuweisen. 

4. Dieser Erlaß ist auch anzuwenden auf Söhne und Töchter yon Arbeit- 
gebern, falls erstere in einem Dienstverhältnis zu letzteren stehen.' 

5. Alle Parteistellen sind angewiesen, Fälle, in denen junge Menschen, 
die noch in Iceinem Dienstverhältnis stehen, in einen Orden ein- 
treten wollen, sofort dem zuständigen Arbeitsamt anzuzeigen, damit 
dieses dem Ordensanwärter eine Arbeitsstelle zuweist.. 

Noch nähere Ausführungsbestimmungen gab der Reichsarbeitsmini- 
ster mit einem neuen Erlaß: 

Der Reichsarbeitsminister Berlin SW 11, 29. 9. 40. 

Va 5550/218. Saarlandstr. 98 

An die Herren Präsidenten 
der Landesarbeitsämter. 

Betreff: Beschränkung des Nachwuchses für Orden und Klöster. 

Der Bedarf an Arbeitskräften für Aufgaben der Reichsverteidigung 
macht es notwendig, jede Gewinnung von Arbeltskräften auszunutzen. 
Zudem ist der Berufsnachwuchs verknappt, weil geburtenschwache 
Jahrgänge in das Erwerbsleben eintreten. Diese Umstände gebieten vom 
Standpunkt des Arbeltseinsatzes, den Eintritt von arbeitsfähigen Deut- 
schen in Orden und Klöster zu unterbinden. / 

Ich bestimme deshalb im Einverständnis mit dem Herrn feeichs- 
minister für die kirchlichen Angelegenheiten und dem Stellvertreter des 
Führers folgendes: 

1. Gefolgschaftsmitgliedern, die ihr Arbeitsverhältnis (Lehrverhält- 
nis) kündigen wollen oder kündigen, um in einen Orden einzutreten 
(Kloster), und mithelfenden Familienangehörigen, die in der gleichen 
Absicht ihre Beschäftigung aufgeben wollen oder aufgeben, haben die 
Arbeitsämter die Zustimmung nach dem § 1, 5 der Verordnung über die 
Beschränkung des Arbeitsplatzwechsels vom 1. 9. 39 (Reg.Blätt I S. 1685) 
mit der Begründung zu versagen, daß der Lösung des Arbeitsverhält- 
nisses (Lehrverhältnisses) oder der Aufgabe der mithelfenden Berufs- 
tätigkeit aus arbeitseinsatzmäßigen Gründen nicht zugestimmt werden 
kann. 

2. Lösen Gefolgschaftsmitglieder oder mithelfende Familienangehö- 
rige ihr Beschäftigungsverhältnis im Einverständnis mit dem Unter- 
nehmer, um in einen Orden (Kloster) einzutreten, so haben die Arbeits- 
ämter, solche Arbeitskräfte, insbesondere anläßlich einer Meldung, nach 
§ 3 der Arbeitsplatzwechselverordnung, wieder einer Berufstätigkeit zu- 
zuführen, äußerstenfalls im Wege der Dienstverpflichtung. 

3. Erlangen die Arbeitsämter Kenntnis, daß Jugendliche, die noch in 
keinem Beschäftigungsverhältnis stehen, in einen Orden (Kloster) ein- 
zutreten beabsichtigen, so haben sie diese einer Berufstätigkeit zuzufüh- 
ren, äußerstenfalls im Wege der Dienstverpflichtung. Jedoch sind bei 
der Einweisung in Ausbildungsstellen Zwangsmaßnahmen unzulässig, 
da die Dienstverpflichtung in ein Ausbildungsverhältnis außer im Falle 
des § 3 der Kräftebedarfsverordnung vom 13. 2. 39 (Reg. Blatt I S. 206) 
mit , dem Grundgedanken dieser Verordnung nicht zu vereinbaren ist. 

147 



Muß der Jugendliche im Wege der Dienstverpflichtung einer Berufs- 
tätigkeit zugeführt werden, so ist die Dienstverpflichtung dann aufzu- 
geben, wenn der Jugendliche bereit ist, in ein Ausbildungaverhältnis zu 
treten. 

Der Stellvertreter des Führers wird die Ortsgruppen der NSDAP 
anweisen, in jedem Falle, in dem sie von einem beabsichtigten Eintritt 
eines Volksgenossen in einen Orden (Kloster) Kenntnis erhalten, dies 
unverzüglich dem zuständigen Arbeitsamt mitzuteilen. 

gez. Dr. Syrup. 

Auch zum Arbeitsdienst und in Rüstungsbetriebe 

gez w ungen ! 

Selbst junge Männer und junge Mädchen, welche schon in der 
Vorbereitung aufs Ordensleben standen, sei es in der Kandidatur 
oder selbst im Noviziat, sollten noch weggezogen werden. Das war 
der Hauptzweck, warum man sie, wenn sie noch nicht über das 
rentsprechende Alter hinaus waren, trotz aller Gegengründe und 
Gegenvorstellungen zu Arbeitsdienstund Pflichtjahr 
heranzog und während dieses Dienstes von der Erfüllung ihrer reli- 
giösen Pflichten (Sonntagsgottesdienst, Sakramtenempfang usw.) 
möglichst abzuhalten und mancherorts in jeder Weise gegen den 
Ordensgedanken zu beeinflussen suchte. 

Während des Krieges mußten dann nicht bloß die männlichen 
Ordensleute (Priester wie Brüder) zum Militär, sondern auch die 
SchwesternwurdeninRüstungsbetriebegezwun- 
g e n : „Arme Schulschwestern" z. B. durften nicht in Schulen, wo 
sie so sehr benötigt gewesen wären, sondern mußten in Fabriken 
oder im eigenen Haus Rüstungsarbeiten leisten. 

Eine andere Schikane richtete sich 

gegen ditOrdenshoehKehulen. 

Die in Ordenshochschulen studierenden Theologen wurden, 
nicht aufgenommen in die Vergünstigung de« § 25 Ziffer 10 der 
Verordnung vom 17, April 1937 über die Musterung und Aus- 
hebung, die besagte: „Ein Dienstpflichtiger römisch-katholischen 
Bekenntnisses, der sich dem Studium der Theologit widmet, kann 
füi die Dauer des Studiums zurückgestellt werden." So mußten 
militärpflichtige Ordenstheologen entweder auch schon in Friedens- 
zeiten Militärdienst leisten oder sie mußten sich neben der Ordens- 
hochschule auch noch an einer staatlichen Hochschule einschreiben 
und dafür Gebühren beä;ahlen, eine ©rdensfeindlieh« Maßnahme, 
gegen welche die bayerischen Bisehöfe am 14. Mai 1937 schärfste 
Verwahrung beim Reichskriegsministerium einlegten, aber ver- 
gebens! 

VI. Klosterraub. 

Ein weiterer Schritt war dieWegnahmeklösterlicher 
Räume für Umsiedler, nationalsozialistische Schulen, national- 
sozialistische landwirtschaftliche Musterbetriebe u. ä. 

148 



Gauleiter Hofer von Innsbruck „veranlaßte" die Prämonstra- 
tenser von Wüten in Innsbruck, das Kloster an das Land Tirol zu 
„verkaufe n". 

Später ersparte man sich den Schein eines Kaufes und schritt 
zur brutalen Konfiskation: 

So z. B. wurde die Seh wachsinnigen- Anstalt E c k s b e r g bei 
Mühldorf im Werte von rund einer Million einfach dem Bezirks- 
verband Oberbayern geschenkt, wie schon ein paar Jahre vor- 
her das Waisenhaus in Mühldorf dem „Katholischen Frauenbund" 
entschädigungslos genommen und kostenlos der Stadt übereignet 
worden war. — Allein in der Erzdiözese Breslau waren 1941 
mehr als 6 Klöster und kirchliche Institute beschlagnahmt. 

Wer kann wohl ermessen, wieviel Leid und Not braver Män- 
ner und Frauen sich hinter • nachfolgender Liste von Kloster- 
aufhebungen und Ausweisungen von Ordensleuten verbirgt, die von 
Mitte Dezember 1940 bis Anfang Mai 1941, also in weniger als 
einem halben Jahr, geschahen, eine „nationalsozialistische Helden- 
leistung" hinter der Frontl 

1. Franziskanerkloster Frauenberg in Fulda 
am 14, Dezember 1940 

Begründung: Lebensmittel Verfehlung 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: 1 Pater in Arbeitsanstalt, Beschlagnahme des Hauses, Gau- 
verweisung der Insassen. . 

2. Jesuiten-Niederlassung in Luxemburg; 
im Januar 1941 

Begründung: staatsfeindliche Haltung, Aufnahme von Emigranten 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme des Hauses (nachträglich auch der öffent- 
lichen Kapelle), Ausweisung nach Trier. 

,8. RedemptoristenklosterLuxemburg 
im Januar 1941 
Begründung: keine 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 
Strafe: Beschlagnahme des Hauses; Ausweisung der Insassen. 

4. Redemptoristenkloster Di ekirch, Luxemburg 
im Januar 1941 

Begründung: keine . 
gerichth'ches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Haus war nicht Eigentum der Redemptoristen. Ausweisung 
der Patres. 

5. Missionshaus der Weißen Väter in Mariental, 
Luxemburg 

im Jahre 1941 
Begründung: keine 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme des Hauses. Insassen in zwei Stunden aus- 
gewiesen. 

149 



6. Herz- Jesu-Kloster Fünf brunnen, Luxemburg 

im Januar 1941 
Begründung: keine 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme des Hauses. Sieben Brüder dienstverpflichtet 
gegen Lohn. 

7. Herz-Jesu-Priester, M.artental belKaisersesch, 

am ? 

Begründung: keine i 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine 

Strafe; Beschlagnahme. Insassen aus dem Regierungsbezirk Koblenz 
ausgewiesen. Wallfahrtskirche einige Tage später frei- 
gegeben. ' 

8. Oblatenkloster St. Karl in Valkenburg, Holland 

am ? 

Begründung: keine 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine - 

Strafe: Beschlagnahme. Brüder dienstverf lichtet. 

9. Oblatenkloster in Hünfeld bei Fulda 

am 26. Februar 1941 
Begründung: Lebensmittel Verfehlung 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: 1 Pater 

Strafe: Beschlagnahme, Gauverweisung der Insassen. 6 Bi^üder 
dienstverpflichtet. 

10. Benediktinerprior at Meschede i. W, 

am 19. März 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: 3 Patres 

Strafe: Ausweisung der übrigen Insassen. 

11. Benediktinerabtei Schweiklberg bei Passau 

am 1. April 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 

gerichtliches Verfahren; nein 

Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme, Ausweisung, Kirche geschlossen.. 

12. Benediktinerinnenabtei Kellenried, Diözese Rot- 
tenburg 

Einzelheiten unbekannt. 

13. Missionshaus St. Wendel, Saar, Diözese Trier 

am 10. Januar 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme und Gauverxyeisung der Insassen 

14. Benediktinerabtei St. Ottilien, Bayern 
am 17. April 1941 

150 



Begründung: „Das Kloster hat große Suramen dem Nationalvermö- 
gen entzogen und für eigene Zwecke verwendet, was 
bei der Konzentration aller Kräfte der Nation heute 
nicht mehr geduldet werden kann." (Missions verein: 
Liebeswerk vom hl. Benedikt, der 50 Jahre als E.V. 
bestanden hat.) 

Verhaftung: keine 

gerichtliches Verfahren: nein 

Strafe: Ausweisung von ca. 50 Patres und Brüdern- 7 Patres und 
etwa 75 Brüder müssen den Betrieb weiterführen. Kirche 
geschlossen. 

15. K a n i s i u s h a u s („Stin^nen der Zeit") d er Jesu itenlnMün- 
c h e n 

am 18. April 1941 

Begründung: Vaterlands verrat 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine / 

Strafe: Bechlagnahme des Hauses. Alle Insassen persönlich für 
schuldlos erklärt. 

16. K a n i s i u s h a u s (Provlnzlalat d6r Jesuiten) 1 n K ö 1 n • 

am 15. April 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit, Kanzelverstöße einzelner, teils 

früherer Bewohner aus vergangenen Jahren 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme des Hauses. 

17. Noviziat der Jesuiten in Mittelsteine, Glatz; 
am 15. April 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 

gerichtliches Verfahren: 1 durchgeführt (4 Monate Gefängnis für 

1 Bruder), 2 niedergeschlagen.' Kanzel- 
verstöße; alle drei aus früheren Jahren. 

Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme des Hauses; 3 Brüder dienstverpflichtet. 

18. Kloster der Redemptoristen in Bonn 
am 10. April 1941 

Begründung: 6 verschiedene Gründe, die jedoch keine Verstöße be- 
deuten 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 
Strafe: Beschlagnahme. 

19. OttlllenkolleginMünchen 
am 28. Apriri941 

Begründung: weil zu St. Ottilien gehörig (s. Nr, 14) 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme. Kirche geschlossen. 

20. Kolleg der Ottilianer in Dillingen a.d, Donau 
am 28. April 1941 

Begründung: weil zu St. Ottilien gehörig (s. Nr. 14) 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme. Kolleg wird unter staatlicher Aufsicht wei- 
tergeführt. 

ISl 



21. KlosterderBenediktinerinneninBonn-Endenicb 
Ende April 1941 

Begründüng ? 

gerichtliches Verfahren ? 

Verhaftung ? 

Strafe: Insassen abtransportiert. Haus beschlagnahmt. 

22. Maristen-Missionshaus in Meppen, Hannover 
Mitte Mai 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme. Ausweisung aller Insassen aus 100-km-Zone. 
Öffentliche Kirche geschlossen. 

23. Benediktinerabtei Münsterschwarzach, Bayern 
am 9. Mai 1941 

Begründung: keine (siehe Nr. 14) 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: 2 Patres; Abt in häuslichem ^Arrest 
Strafe: Beschlagnahme. Insassen ins Franziskanerkloster Kreuzberg 
in der Rhön abtransportiert. Kirche geschlossen. 

24. Missionsbenediktinerinnen in Tutzing 

am 9. Mai 1941 

Begründung: keine 

gerichtliches Verfahren: nein ■ 

Verhaftung: keine 

Strafe; Beschlagnahme. 31 Schwestern dienstverpflichtet. 

25. Benediktinerabtei Siegburg 

am 6. Mai 1941 
Begründung: keine 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 
Strafe: Beschlagnahme. 

26. Abtei und Pfarrei St, Matthias der Benediktiner 
i n T r i e r 

am 6. Mai 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: 1 Pater 

Strafe: Beschlagnahme. Ausweisung aller Insassen, außer 1 Pater. 

27. Missionshaus der Miss. v. Hl. Geist, Knechtsteden 
am 16. Mai 1941 

Begründung: Schlachtverfehlung 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: 1 Pater 

Strafe: Beschlagnahme. Ausweisung der Insassen aus dem Rhein- 
lande. 

28. Erzbischöfliches Priesterseminar Bensberg, Köln 
Mitte Mai 

Begründung: keine 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme. Ausweisung aller zum Seminarbetrieb ge- 
hörigen Insassen. Militärlazarettbetrieb geht weiter. 

152 



29. Exerzitienhaus der Jesuiten, in H, oh eneichen- 
Dresden 

am 24. Mai 1941 
Begründung: Staatsfeindlichkeit 
gerichtliches Verfahren; nein 

Verhaftung: Der Obere wurde nachträglich verhaftet 
Strafe: Beschlagnahme. Räumung. Kapellenraum und Kirchenmobi- 
liar nicht freigegeben. 

30. Redemptoristenkloster Aachen 
am 24. Mai 1941 

Begründung: „Wir brauchen ein Altersheim" 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme und Räumung. 

31. Maris tenkloster Ahmsen, Kr. Meppen 

Mitte Mai 1941 
Begründung: keine 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine . , 

Strafe: Beschlagnahme. Ausweisung aus der 100-km-Zone. öffent- 
liche Kapelle geschlossen. Seelsorgerstellen unbesetzt. 

32. Dominikanerinnenkloster St. Peter in Bludenz, 
Vorarlberg 

am ? ^ . 

Begründung: keine 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme. Räumung. 

33. Kapuzinerkloster in Bludenz 

. am ? 

Begründung: „Haus steht im Wege" 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 
Strafe: Beschlagnahme. Räumung. 

34. Stift Kloster Neuburg, Österreich 

am 3. Mai 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 

gerichtliches Verfahren: nein 

Verhaftung: keine 

Strafe: Beschlagnahme. 

35. Steyler Missionshaus St. Gabriel, M ö dling b. Wien* 
am 6. Mai 1941 

Begründung: Staatsfeindlichkeit 
gerichtliches Verfahren: nein 
Verhaftung: keine 
Strafe: Beschlagnahme. Räumung. 

Als Ergänzung hiezu noch das' 

Verzeichnis 

der im Reichsgau Niederdonau für die Unterbringung Volks- 
deutscher Rückwanderer beschlagnahmten Klosterniederlassungen. 

1. Benediktinerabtei Seitenstetten 

2. Benediktinerabtei Altenburg. (Landkreis Hörn) 

3. Benedilctinerabtei Göctweig (Landkreis Krems a. d. D.) 

153 



4. Zisterzienserabtei Heiligenkreuz (Landkreis Baden bei Wien) 

5. Zisterzienserabtei Lilienfeld 

6. Prämonstratenserabtei Geras (Landkreis Hörn) 

7. Servitenkonvent Gutenstein (Landkreis Wiener-Neustadt) 

8. Servitenkonvent L o r e 1 1 o (Landkreis EisenStadt) 

9. Dominikanerkonvent Retz (Landkreis HoUabrunn) 

10. Kapuzinerkonvent Scheibbs (Landkreis Hörn) 

11. Minoritenkonvent Asparn a. d. Zaya (Landkreis Mistelbach) 

12. Redemptoristenkonvent Eggenburg (Landkreis Hörn) 

13. Salvatorianerkolleg Mistelbach 

14. KalasantinerkoUeg Blum au (Landkreis Baden bei Wien) 

15. Erzbischöfliches Schloß Kranichberg (Landkreis Neunkirchen) 

16. Karmelitinnenkloster Mayerling (Landkreis Baden bei Wien) 

17. Redempto'ristinnenkloster Gars am Kamp (Landkreis Hörn) 

18. Institiut der Englischen Fräulein Schiltern (Landkreis St. Polten) 

19. Institut der Barmherzigen Schwestern (Wien-Gumpendorf) Baden 
bei Wien, Weilburgstraße 27—29 

20. Institut der Barmherzigen Schwestern Allandim Gebirge 
(Landkreis Baden bei Wien) 

21. Institut der Barmherzigen Schwestern Bernhardsthal (Land- 
kreis Mistelbach) 

22. Kongregation der Schulschwestern Vöslau, Bahngasse 6 (Land- 
kreis Baden bei Wien) 

23. Kongregation der Guten Hirtinnen Obersiebenbrunn (Land- 
kreis Gänserndorf) 

24. Kongregation der Hartmannschwestern Baden bei Wien, Lees-? 
dorfer Hauptstraße 69 

25. Kongregation der Töchter des göttlichen Heilandes G a b 1 i t z (Land- 
kreis St. Polten) ■ 

26. Kongregation der Töchter des göttlichen Heilandes Göllersdorf 
(Landkreis HoUabrunn) 

27 Kongregation der Töchter des göttlichen Heilandes Mitterbach 

28. Dominikanerinnenkonvent Göpfritz 

29. Kongregation der Töchter der ehr. Liebe v. Hl. Vinzehz v. Paul 
Sitzendorf (Landkreis HoUabrunn) 

30. Kongregation der Töchter der ehr, Liebe v. Hl. Vinzenz Unter- 
tiJllnerbach (Landkreis St. Polten) 

31- Kongregation der Dienerinnen des hl. Herzen Jesu Gainfarn 
(Landkreis Baden) 

32. "Kongregation der Dienerinnen des hl. Herzen Jesu Vöslau (Land- 

kreis Baden) 

33. Kongregation der Dienerinnen des hl. Herzen Jesu Niederholla- 
brunn (Landkreis Korneuburg) 

34. Kongregation der Dienerinnen des hl. Herzen Jesu St. Reginald 
(Landkreis Krems) 

35. Kongregation der Steyler Missionsschwestern Stockerau (Pro- 
vinzhaus) 

36. Kongregation der Steyler Missionsschwestern Wöllersdorf 
(Landkreis Wiener-Neustadt) 

37. Genossenschaft der Missionsschwestern Königin der Apostel Gau- 
bitsch (Landkreis Mistelbach) 

154 



38. Genossenschaft der Schwestern vom armen Kinde Jesus R o h r - 
bach a. d.G Olsen 

39. Schwestern der Kongregation der Töchter Maria Unterwalters- 
dorf (Landkreis Baden bei Wien) 

Als Beispiel, wie roh man bei diesen Beschlagnahmen vorging, sei der 

Bericht 

über die Beschlagnahme des Dominikanerkonventes 
in Retz, Kreis Ho Ilabrunn, Niederdonau (in Liste unter 
Nr. 9 aufgezählt) wiedergegeben: 

Donherstag, den 12. September 1940, nachmittags, erschien unter 
Anführung des Herrn Kreisleiters Schuster aus HoUabrunn eine Kom- 
mission aus fünf Personen (darunter der Bürgermeister der Stadt Retz, 
Fenk, und der Ortsgruppenführer der NSDAP, Diwisch) und verlangte 
die Besichtigung der freien Räumlichkeiten des Klostergebäudes. 
Nach eingehender Besichtigung des ganzen Klosters verabschiedeten 
sich die Herren, ohne einen Grund dieser Besichtigung angegeben zu 
haben. 

Freitag vormittag zwischen 10 und halb 11 Uhr kam Herr Gendar- 
merie-^ Inspektor Thalhammer ins Kloster mit dem Bescheid, es sei vom 
Landrat HoUabrunn der Befehl gekommen, das ganze Kloster müsse 
bis abends 6 Uhr des gleichen Tages geräumt sein; um diese Zeit 
würden die Schlüssel übernommen; die Insassen mögen schauen, wo sie 
unterkommen könnten; die Privatsachen könnten sie mitnehmen. Durch 
diesen Befehl wurden 10 Personen, darunter ein 82 jähriger und ein 
Schwerkranker mit galoppierender Schwindsucht einfach auf die Straße 
gesetzt. Zwei Ordensbrüder befinden sich im Wehrmachtsdienstj auch 
ihre Zimmer mußten geräumt werden. 

Wir taten das möglichste, um den Befehl auszuführen. Mittlerweile 
war von Wien H. H. Provinzial P. Marianus Vetter in Begleitung des 
H. H. Exprovinziales P. Angelikus TöfEler angekommen und Wünschte 
mit dem Kreisleiter über den rechtswidrigen Vorgang zu sprechen. Sein 
Besuch war für abends 6 Uhr angesagt. Der Herr Kreisleiter erschien 
jedoch diesen Abend nicht mehr, weswegen sich Provinzial und Proku- 
rator P. Albert Häller Samstag vormittag nach HoUabrunn zur Kreis- 
leitung begaben, um das Ersuchen vorzubringen, wenigstens für den 
Rector Ecclesiae und den Wirtschaftsführer je ein Zimmer zur Ver- 
fügung zu stellen. Dies hätte sehr leicht geschehfen können, ohne die 
Einheit und Abgeschlossenheit des Lagers zu stören. Dieses Ansuchen 
wurde jedoch strikte abgelehnt. Während am Freitag befohlen wurde, 
daß sämtliche Möbel in den Räumen zu belassen wären, wurde dann 
Samstag angeordnet, daß die Zimmer vollständig zu räumen wären, 
weswegen die Räumung auch Samstag nachmittag und zum Teil Sonn- 
tag fortgesetzt werden mußte. Die Möbel wurden in einem langen, brei- 
ten Gang zusammengestellt und dieser gegen das Lager zu abgemauert. 
Infolge der ganz ungesetzlich kurzen Räumungsfrist war nicht zu ver- 
hindern, daß manche, zum Teil unter Denkmalsschutz stehende Stücke 
Schaden erlitten. Zu bemerken ist weiter, daß bei der Adaptierung von 
Seiten der maßgebenden Faktoren so verfahren wurde, als ob kein Haus- 
eigentümer mehr vorhanden wäre. Ohne jedes Befragen des Hauseigen- 
tümers wurden auf Anordnung der Kreisleitung Uniänderungen in den 
Räumlichkeiten vorgenommen, z. B. Herausreißen von Wänden, um einen 
größeren Raum zu schaffen. 

P, Pius Schreiner O. P, 

155 



f)RaubvonMeßstipendien, Kelchen 

Bei der Beschlagnahme der Missionsklöster Sankt Ottilien, 
Schweiklberg, Münsterschwarzach wurde auch das ganze Vermögen 
ihres Missionsvereins „Liebeswerk des hl. Benedikt" weggenommen. 

Bei der Wegnahme des Franziskanerklosters Hall in Tirol und 
des Kapuzinerklosters in Innsbruck wurden sogar die M e ß - 
Stipendiengelder mitgenommen. 

Am 2. Januar 1941 wurde das Benediktinerstift St. Gallus bei 
Bregenz beschlagnahmt. Das Benediktinerstift ist Schweizer Besitz. 
Gegen 10 Uhr des 2. Januar 1941 erschien die Staatspolizei und 
eröffnete dem Abt, daß die Insassen das Haus bis abends 5 Uhr 
geräumt haben müßten und daß der gesamte Besitz beschlagnahmt 
sei. Der Abt sagte hierauf, daß er nur der Gewalt weichen könne. 
Die Staatspolizei erklärte, daß die Gewalt gegeben sei und sie sich 
davor hüten sollten, gegen diese Gewalt widersetzlich zu sein. Das 
Kloster wurde dann bis 5 Uhr abends geräumt und auch der ge- 
samte geistliche Besitz, das ist Kirchengerät, Paramente 
und geweihte Gefäße, Kelcheund Monstranzen in 
die Beschlagnahme einbezogen. Das Ziborium, das konse- 
krierteHostien enthielt, mußte zur nächsten Kirche über- 
tragen, dort entleert und daraufhin wieder zurückgebracht 
werden, so daß also auch dieses mitbeschlagnahmt wurde. Soweit 
die Patres Schweizer Staatsbürger waren, mußten sie am selben 
Tage das Land verlassen. Die übrigen Patres sind in ihre Heimat 
zurückgegangen. ■ , ■ 

Ein Grund für die Beschlagnahmung wurde von den Beamten 
der Staatspolizei nicht angegeben. 

g) Klosterra üb in Luxemburg und Lothringen. 

Was man den eigenen Volksgenossen mitten im deut- 
schen Vaterland und unter den Augen der katholischen Bevölke- 
rung an Gewalt und Unrecht tat, das getraute man sich natürlich 
in noch viel roherer Weise im Ausland zu tun. 

Um zu schweigen von der fast völligen Schließung und Be- 
raubung der männlichen und weiblichen Klöster in Polen, ebenso 
von der fast restlosen Vertreibung und Verschleppung ihrer In- 
sassen in Gefängnisse und Konzentrationslager, ging man auch im 
Westen auf großen Klosterraub aus, zunächst in Luxemburg, 
dann in Lothringen. 

Bischof Bornewasser von Trier schrieb hierüber am 20. Mai 1941 
ans Reichsinnenministerium: 

„In Luxemburg wurden sämtliche Priesterorden aufgehoben und des 
Landes verwiesen. Es wurde aufgehoben die dem Hl. Stuhl unmittelbar 
unterstellte Benediktinerabtei Clerf; es ,,wurden aufgehoben und des 
Landes verwiesen: die Jesuiten aus ihrer Niederlassung in Luxemburg, 
die Redemptoristen aus ihren Niederlassungen in Luxemburg und Ech- 
ternach; die Franziskaner aus Esch; es wurden aufgehoben die Herz- 
Jesu-Priester in Fünfbrunnen und Howald. 

156 



Von den weiblichen Ordensgenossenschaften wurden alle Klöster, 
die das beschauliche Leben pflegen, aufgehoben. 

Bei der Auflösung der Klöster bzw. dem Abtransport aus Luxem- 
burg wurden die Ordensleute zunächst in die Häuser ihrer Genossen- 
schaft in meiner Diözese gebracht, so daß meine Diözesanen es wohl 
bemerkten und mit Staunen feststellten, daß in Luxemburg e i n 
wahrer Klostersturm begonnen habe. Die Dominikanerinnen 
von Limpertsberg z. B. kamen mit 59 an der Zahl in dem armen und 
kleinen Dominikanerinnenkloster in Klausen im Bezirk' Trier an, und 
zwar nachmittags unangemeldet. Die Bevölkerung Klausens nahm sich 
der Schwestern in vorbildlicher Weise an und beherbergte sie zum Teil, 
und allgemein fragte man sich: „Was geht nun in Luxemburg vor sich?" 

Die Benediktinerinnen von Peppingen wurden zu 45 Schwestern in 
Kraftwagen zum Benediktinerinnenkloster Trier-Kürenz abtransportiert. 
Die Ankunft der Schwestern erregte in ganz Trier größtes Aufsehen. 
Allgemein fragte man sich: ,Was geht in Luxemburg vor?' Die Frage 
lag nahe: Wie lange wird es dauern, ehe auch unsere Schwestern das 
gleiche Schicksal ereilt? 

Den Mutterhäusern der großen caritativen Genossenschaften in 
Luxemburg wurde eröffnet, daß nur einige von ihnen in Luxemburg 
bleiben dürften und daß alle anderen Genossenschaften sich diesen an- 
schließen oder das Land verlassen müßten. Darauf verließen die Bor- 
romäerinnen von Trier und die Schwestern vom Hl. Geist in Koblenz 
das Land Luxemburg. 

Auch diese Maßnahme mußte selbstverständlich in meiner Diözese 
bekannt werden und größtes Befremden erregen. 

Dazu ist auch in meiner Diözese bekannt geworden, daß in Lothrin- 
gen durch Erlaß des Ghefs der Zivilverwaltung sämtliche Kranken- 
häuser, die bisher den Schwesterngenossenschaften gehörten, durch eine 
einfache Verfügung in das Eigentum der Gebietskörperschaften über-r 
führt wurden, was den Tod einer selbständigen katholischen Caritas 
bedeutet." 

h) Klosterraub im Elsaß. 

Zwei Jahre später rüstete man zu einem neuen Beutezug gegen 
katholische Klöster: 

23KlösterimElsaß 

sollten mit einem Schlag ausgehoben und weggenommen werden. 
Nachfolgendes Schreiben spricht für sich selbst (die Sperrungen 
und sonstigen Hervorhebungen stammen vom Verfasser): 

Der Stillhaltekommissar Straßburg, den 2, Juli 1943 

für das 
Organisationswesen im Elsaß 

An den 

Reichsschatzmeister der NSDAP 
Herrn Reichsleiter Schwarz 
Abt. Revision München 33 

Betreff: Aktion des Stillhaltekommissars 

gegen Klöster und Kongregationen 
in Elsaß; 

hier: Mitarbeit der Gaurevisionen 

Ich habe Ihnen bereits zur Kenntnis gebracht, daß nunmehr Gau- 
leiter Fg. Wagner, auf Betreiben von Reichsleiter B o r m a n n, den 

157 



Stillhaltekommissar beauftragt hat, die Auflösung der Klöster 
und Ordensgemeinschaften nunmehr vorerst in Elsaß 
beschleunigt durchzuführen. 

Die Durchführung dieser Aktion ist jetzt im Elsaß keineswegs mehr 
so einfach. Zunächst sollen, wie bei der seinerzeit vor ca. 2 Jahren 
erfolgten Aktion in Lothringen und Luxemburg, lediglich die be- 
schaulichen Orden und Kongregationen — das sind also 
solche, die nur beten und nichts arbeiten — erfaßt werden und in 
etwa zwei Monaten die anderen Ordensgemeinschaf- 
ten und Kongregationen folgen. 

Die Mitglieder der beschaulichen Orden werden, soweit sie nicht in 
die Welt zurückzukehren beabsichtigen, nach Württemberg und 
Bayern, in entsprechende Klöster — bis zu deren beabsich- 
tigten späteren Auflösung — verbracht. 

Das Programm der Durchführung dieser Aktion ist wie folgt vor- 
gesehen: 

Sonntag, den 11. Juli, werden 23 Klöster im Elsaß, (beschauliche 
Orden) vom SD besetzt. Der SD sorgt dafür, daß die Insassen der 
Klöster die Bevölkerung nicht aufwiegeln können und daß am Mon- 
tag gleich nach Sonnenaufgang per Omnibus die in Frage kommenden 
Ordensleute an weit entfernte Bahnhöfe mit Schnellzugsver- 
bindungen verbracht werden. 

Die 23 Klöster müssen nun gleichzeitig von Revisoren des Still- 
haltekommissars hinsichtlich Aufnahme von Bargeld-, Wertpapier- 
und Viehbeständen erfaßt werden, da bei den Aktionen in Loth- 
ringen und Luxemburg Klöster (bei denen noch landwirtschaftliche Be- 
triebe angegliedert waren) an besonders bevorzugte Ortseinwohner Vieh, 
landwirtschaftliche Maschinen und Vorräte aller Art — auch Kloster- 
schätze etc. — verschenkt haben. Mit diesen Verschenkungen sollten 
andererseits diese und jene katholischen Männer dafür gewonnen wer- 
den, um mit der Ortseinwohnerschaft demonstrierend vor das Kloster 
zu ziehen bzw. die behördlichen Maßnahmen zu stören. 

Um 23 Klöster auch nur raschest aufzusuchen und die Bargeld- und 
Wertpapierbestände aufzunehmen und unter behördlichen Verschluß zu 
bringen, sind die beim Stillhaltekommissar in Straßburg noch verbliebe- 
nen drei Gaurevisoren (Pgg. Borcers, Groß und Rabe) nicht ausreichend. 

Die Revisoren sollen auch die für die Betreuung der, Landwirtschaft 
bereits vorgesehenen Verwalter in ihre Tätigkeit sofort einsetzen. 
Da auch weitere verwaltungstechnische Maßnahmen und vermögens- 
rechtliche Feststellungen vorzunehmen sind, muß je ein Revisor hin- 
sichtlich Betreuung bis zu drei Klöster übernehmen. 

Der Befehl z,ur Auflösung der Orden sgemeinscha fi- 
ten ist von Reichsleiter Bormann zur vordringlichen 
Durchführung gegeben worden. 

Der Stillhaltekommissar ist nicht in der Lage, mit dem hier vor- 
handenen Personal auch nur eine Teilaktiön der 23 Klöster durchzu- 
führen. Ich , habe heute nach Rückkehr von einer Reise eingehend mit 
Pg. Schmidt gesprochen und bin von dem Genannten gebeten worden, 
Herrn Reiehsschatzmeister herzlichst zu bitten, doch auf die Dauer von 
5, längstens 7 Tagen die in Klosteraktionen bewanderten, 
inzwischen wieder zu ihren Gauen zurückgekehrten Gaurevisoren Pg. 
Josef Blauärmel-Moselland, Emil Lorenz-Baden, Josef Kurz-Bäden, Karl 
Petzold-Sachsen, zur Verfügung zu stellen. Ich bin der festen Über- 
zeugung, daß diese vier Parteigenossen und die mir noch verbliebenen 
drei Gaurevisoren in der Lage sind, innerhalb einer Woche die erfor- 
derlichen, vermögensrechtlichen Unterlagen fertigzustellen. 

, Vertraulich berichte ich Ihnen, daß ohne die Mitarbeit der 
Revisoren die Aktion des Stillhaltekommissars gegen die Klöster eine 

158 



blamable Angelegenheit werden muß, zunial nur noch zwei politische 
Referenten bei der Dienststelle Straßburg des Stillhaltekommissars vor- 
handen sind und diese für Vermögensaufnahmen ungeeignet erscheinen. 

Zufolge plötzlicher Umstellung des Einsatzes SU, ukrainischer und 
sonstiger ausländischer Arbeitskräfte bei der ARBED in Luxemburg, hat 
Pg. Schmidt heute sofort wieder abreisen müssen, weshalb ich ersucht 
worden bin, Herrn Reichsschatzmeister diese Bitte zu unterbreiten. 

Ich weiß, daß Revisorenmangel besteht und durch die nunmehr er- 
folgte Übernahme des Revisionsapparates der DAF, die Revisionsver- 
hältnisse bei den Beauftragten noch ungünstiger werden; trotzdem 
bringe ich im Auftrage des Pg. Schmidt diesen Auftrag zur Vorlage, 
weil es keinem Zweifel unterliegt, daß ohne Beistand des Herrn Reichs- 
schatzmeisters bei der von höchster Stelle befohlenen 
Kloster-Aktion im Elsaß es ein furchtbares Durcheinander 
geben wird. 

gez. Baum Adolf 
Reichsstellenleiter. 

AbersofeinauchdiesmaldasNetzgesponnenwar, 

e s z e r r i ß. 

Eben dies vorerwähnte Schreiben des Stillhaltekommissars kam 
durch die mutige Tat einer ins Vertrauen gezogenen Person rasche- 
stens in die Hand und zur Kenntnis kirchlicher Stellen. Diese han- 
delten entschlossen und schlagfertig, soweit sie auch voneinander 
entfernt waren, Hand in Hand. Schon nach ein paar Tagen gingen 
Telegramme des Erzbischofs von Freiburg an etwa ein Dutzend 
höchste Stellen des Reiches, der Partei und der Gestapo und zeig- 
ten, daß man von dem „streng geheimen" Plan genaue und sichere 
Kenntnis habe, warnte ernstlichst vor dieser Provokation des katho- 
lischen Elsaß' und der neuen Bloßstellung Deutschlands vor der 
ganzen Welt. Und so blieben SD und Revisoren zu Hause, zer- 
brachen sich die Köpfe über die Frage, wie denn die „verdammten 
Schwarzen" Wind von der Sache bekommen hätten und hetzten ein 
paar Wochen Spürhunde durch Elsaß und Baden usw., um nur 
herauszubekommen, wo der Verrat des schönen Planfes geschehen 
sei. (Näheres über die Gegenaktion im zweiten Teil.) 

Hier sei zur Beleuchtung der niederträchtigen Methoden dieses 
systematischen Kampfes gegen die katholischen Ordensleute nur 
noch eine Detailschilderung über die Verfolgung des „meistgefürch- 
teten und bestgehaßten Ordens", der Jesuiten, wiedergegeben. Doch 
sei bemerkt, daß es sich dabei im wesentlichen nur um die Jesuiten 
der oberdeutschen Provinz (Süddeutschland) handelt, also 
bloß um einen Teil der Gesellschaft Jesu. 

DerKampfgegendenHauptfeindunterdenOrden: 

die Jesuiten. 

Im großen Programm der SS wurden von Anfang an öffentlich als 
die Hauptfeinde bezeichnet (Reichsfeinde): 

1, Kommunisten, 2. Juden, 3. Freimaurer, 4. Jesuiten. 

Tatsächlich begann kurz nach der Machtergreifung der Kampf 
gegen die SJ. — Zuerst durch die ständigen „Devisenkontrolle n", 

159 



sehr viele und oft tagelange Verhöre des P. Rektor von St. Blasien, 
H u g g e r , besonders aber des Provinz-Prokurators L e i c h e r , der erst 
im September 1935 das Amt antrat, des Provinzials P. Rösch, am 
meisten aber des P. Nell-Breuning. — Gesucht, aber nicht er- 
reicht wurden, weil in der Schweiz befindlich: P. Hayler (früher Pro- 
vinzial), P. Stier, P. Schönenberger, P. Villiger, später 
wieder P. Hugger, der 6 Wochen eingesperrt gewesen war, dann frei 
wurde ohne Verurteilung und neuerdings gesucht ward. 

Im August 1936 sollte der Prozeß Nell-Breuning in Berlin statt- 
finden, wurde dann „auf Eis" gelegt, weil er für die Nazi verloren zu 
seiri schien. Tatsächlich erfolgte im Jahre 1943 eine objektive Frei- 
sprechung des P. V. Neil und der SJ., aber die Verurteilung fand statt 
wegen subjektiver Gründe, nämlich „wegen , mangelnder nationalsozia- 
listischer Gesinnung." 

Im Jahre 1 9 3 7 begannen im großen Maßstab die Haussuchun- 
gen und gleichzeitig fing man in der Presse (Zeitungen, Zeitschriften, 
Monatsheften usw.) einen Verleumdungsfeldzug gegen die Jesuiten an. 
In den Tageszeitungen erschienen Artikel über eine „Paßfälscherzentrale 
der Jesuiten". — In Parteiorganen, in Schulungskursen wurde außer- 
ordentlich schwer gegen die Gesellschaft Jesu gehetzt. Auch Bücher 
wurden gegen sie veröffentlicht. 

Im Jahre 1937 wurde dem PJiilosophischen Kolleg in Pullach 
die anderen Theologen gewährte Berechtigung entzogen, die Scholasti- 
ker bis zur Subdiakonatsweihe vom Militärdienst zurückzustellen. 
Persönliche Besprechungen im Kirchenministerium und große Eingaben 
hatten zunächst Aussicht auf Wiederverleihung des alten Rechtes; aber 

19 3 8 wurde dies „aus grundsätzlichen Erwägungen" endgültig ab- 
gelehnt. (Später genau umgekehrt; Entlassung aus dem Militär wegen 
„Wehrunwürdigkeit".) 

19 3 7: Beginn der Prozesse gegen Patres wegen Predigten usw. 

19 3 8: Eroberung Österreichs. — Auflösung der Stella Matutina. 

19 3 9: Beginn der Beschlagnahme von Häusern im deutschen Pro- 
vinzgebiet (Rottmannshöhe). — Auflösung von St. Blasien. — Anfang 
des Kampfes um Pullach. 

19 40 (gegen Ende): Eine neue Art der Verfolgung: Zunächst ge- 
heime neue karteimäßige Erfassung aller SJ — zur „judenmäßigen Er- 
fassung". — Ein Abteilungsleiter in der Gestapo München machte durch 
eine Mittelsperson die vertrauliche Mitteilung, daß „im Jahre 1942 keine 
Jesuiten mehr im Lande sein werden". 

1941: Im Februar sollten alle Adressen der bei der 
Wehrmacht befindlichen Mitglieder bei der Gestapo (!) 
abgegeben werden. Dies wurde . verweigert mit der Begründung, man 
möchte wissen, warum nur die SJ das tun sollten. Es sei gegen das 
Konkordat; es gäbe keine Sonderbestimmung für politische Meldungen. 

Angeblicher Grund war die Freistellung für die Seel- 
sorge. Auf die Entgegnung, das könne doch wohl nicht der Fall sein, 
daß ausgerechnet die Jesuiten und nur sie so bevorzugt sein sollten; 
auf die Frage, wieso auch die L a i e n b r ü d e r für die Seelsorge in 
Betracht kämen, wurde geschwiegen. Es komme alles vom Reichs- 
sicherheitshauptamt Berlin. : — Es wurde dem Provinzial mit dem Kz- 
Lager Dachau gedroht, wenn er nicht nachgeben würde. Die Listen 
wurden nicht abgegeben und die Verhaftung erfolgte auch noch nicht. 

Frühjahr 1941 begannen die zwangsweisen Auflösungen und 
Vertreibungen aus den Häusern innerhalb 1 — 2 Stunden. 

Im Juni 1941 kam dann der ausdrückliche Führerbefehl, daß 
alle in der Wehrmacht befindlichen Jesuiten zu entlassen, wehrunwür- 
dig zu erklären und als nzv. (nicht zu verwenden) der Ersatzresetve zu 

160 



überstellen sind. Nun war es. klar, warum man vorher die Adressen 
haben wollte. Absicht: Zuerst Diffamierung wie die Juden 
und dann Behandlung wie diese. 

Mai 1941: Gauleiter Wagner erklärte, in wenigen Wochen werde 
er die Jesuiten aus Bayern hinaushaben. 

Juli 1941: Vertrauliche, aber ganz sichere Mitteilungen, die am 
10. und il. Juli einliefen, sagten, daß am 12. Juli alle in und um Mün- 
chen sich befindlichen Häuser aufgelöst und die Jesuiten vertrieben 
W'erden sollen. Daraufhin wurde, offen mit SD-Führer in München 
gesprochen durch Pater v. Waldbürg-Zeil, der ihn persönlich kannte; 
dieser bestätigte die Mitteilung und versprach, er wolle sich nochmals 
nach Berlin wenden; man solle in einigen Stunden wieder vorsprechen. 
Endergebnis: Bis Ende August unterblieb ^ in , München auf die Vor- 
stellungen hin die befohlene Aktion; denn sie mache doch viel Auf- 
sehen; aber Ende August seien die Russen besiegt Und die Gesellschaft 
Jesu werde ohnehin aufgelöst. So komme es auf die wenigen Wochen 
auch nicht mehr an. Der Herrgott hatte wieder geholfen und , es 
unterblieben diese Aufhebungen, während in der Niederdeutschen Pro- 
vinz und bei anderen Orden geradl*^m 12. Juli Häuserauflösungen er- 
folgten. 

In den darauffolgenden Zeiten wurde der Rest der ehemaligen Kol- 
legien verboten. — Viele Patres wurden wegen ihrer priesterlichen 
Tätigkeit, vor allem als Obere oder als Prediger, verhört. — Siehe Liste. 

Herbst 19 43: Beginn des Devisenprozesses. Am 23. Dezember 
objektiver Freispruch, subjektiv wegen mangelnder nationalsozialisti- 
scher Gesinnung verurteilt: p. de Neil zu 3 Jahren Zuchthaus, die beiden 
Provinzen zu rund einer Million Reichsmark, „sofort zu zahlen, sonst 
Wegnahme von Pullach und anderen Häusern". Die oberdeutsche Pro- 
vinz hatte 653 157 Mk, ohne Advokatenkosten zu entrichten, den Rest 
die niederdeutsche Provinz. 

Das Schicksal der Häuser der oberdeutschen Provinz: 
Kolleg „S tella Matutina": aufgelöst; wegen der Verhältnisse zwangs- 
verkauft zum größeren Teil. 

Exerzitien- und Noviziatshaus Tisis: aufgelöst; beschlagnahmt. 
Rottmannshöhe: aufgelöst, beschlagnahmt. 

„Stimmen der Zeit": Haus und Zeitschrift: aufgelöst; alles be- 
schlagnahmt; weggenommen. 

Kolleg und Internat St. Blasien: aufgelöst. Zum größten Teil wurde 
es Lazarett; vermietet. 

Ein sehr schwerer Kampf war alle die Jahre zu führen um das 
Berchmannskolleg in Pullach, das die Partei immer wieder 
an sich zu ziehen suchte. Zuerst war 6s als Lazarett für das Militär 
vorgesehen, wobei aber der Kommunität der SJ genügend Raum bleiben 
sollte. Dann wußte es die Stadt München für ein Hilfskrankenhaus zu 
beschlagnahmen unter den gleichen Bedingungen, die aber dann nicht 
eingehalten wurden. Die Stadt wollte erzwingen, daß das Objekt als 
Ganzes an sie verkauft würde. Dann sollte alles konfisziert werden. 
Zudem wollte die Stadt keine Entschädigung zahlen; jahrelang unter- 
blieb jede Vergütung. Nach dem großen Brand durch Fliegerangriff 
verließ das Krankenhaus überschnell das Kolleg; das Haus war endlich 
frei von dem so lästigen, undankbaren und gefährlichen Partner. Die 
freien Räume wurden vom Generalkommando gemietet. 

Ähnlich wollte der Reichspostminister die Gesellschaft zwingen, das 
ganze Besitztum Rottmannshöhe innerhalb weniger Stunden an 
die Post zu verkaufen. Verweigert. Zugute kam, daß ja alles bereits 
von der Volksdeutschen Mittelstelle (einer SS-Organisation) beschlag- 
nahmt war, die auch nichts an Entschädigung zahlte und sicher damit 

Kreuz und Hakenkreuz 11 jgj 



rechnete bei der Liquidierung der Provinz diesen Besitz für sich zu 
behalten. Die Jesuiten sollten die Steuern bezahlen und sogar die Aus- 
gaben für Wasser und Licht, das die Behörde im Hause brauchte. Sie 
lehnten dies ab, ebenso die Steuerzahlung. Daraufhin sollte gepfändet 
werden. Der Provinzial erklärte der zuständigen Gauleitung, er ließe 
es auf die Pfändung ankommen. Es sei ja eigenartig, daß der G 1 ä u b i - 
g e r vom Schuldner für Nichtbezahlung der Miete gepfändet werde; 
aber die Verantwortung für die schlechte Stimmung, die dadurch zumal 
bei den Bauern in der Nachbarschaft entstehe, müsse er natürlich ab- 
lehnen. Da unterblieb die Pfändung, und die Barausgaben wurden ver- 
gütet. 



Liste (noch nicht vollständig) 

der Jesuiten der oberdeutschen Provinz, die im Laufe der Herrschaft 
des Nationalsozialismus nur aus Berufsgründen verhört, zur 
Flucht gezwungen, ausgewiesen, polizeilich verhört (Gestapo- Verhöre), 
in Schutzhaft genommen, in Konzentrationslager gebracht, gerichtlich 
verhandelt, verurteilt, eingesperrt, hingerichtet wurden. 

(Bei den Verhören sind jene Mitbrüder nicht bezeichnet, die an- 
läßlich ganzer Hausdurchsuchungen oder Vertreibungen verhört wurden.) 
NB. Gegen kein einziges Mitglied SJ der oberdeutschen Provinz gab 
es ein kriminelles Verfahren.) 

Verhöre: PP. Baumann Josef, Bayer, Bleienstein, Borter, Büeb, Dir- 
rigl, Dold, Gensert, v. Gumppenberg, de Hahn, Haups, Hubbuch, 
Hugger, Inderbitzi, Jung, Koerbling, Knünz, Kraus, Kling, König, 
Kreitmaier (Superior), Küble, Lang, Leicher, Manuwald, Mayer 
Rupert, Müller Frz. X. (Prov.), Müller Frz. Jos. (Superior), Perzl, 
Prinz, Rauch, Rösch (früh. Prov.), Sammer, Spitzauer, Strassenber- 
ger, Stricker (Sup.), Waldmann (Sup.), Wiedemann Joh. 

Tägelange Verhöre hatten P. Hugger (Rektor), P. Leicher, P. Rupert 
Mayer, P. Rösch. 

Von den Laienbrüdern wurden verhört: Jehle Otto, Karl Georg, 
Moser Paul. 

Ausgewiesen aus Deutschland: PP. Borter, Hubbuch (Schwei- 
zer), Mariov. Galli (Österreicher). 

Verhaftet: 1. Polizeiliche Haft: P. Hugger 

2. Schutzhaft:' PP. Baumann Josef, Bueb, Delp, Fritz (Rektor der 
Stella Matutina), Grimm, Haups, Huber Hermann, Jung, Kling, 
Manuwald, Mayer Rupert, Müller Frz. Jos. (Super.) Perzl, Prinz, 
Rösch, Wiedemann Joh. — Brüder Jehle Otto, Karl Gg., Moser P. 

Gerichtlich wurden verhandelt bzw. verurteilt: 

PP. Baumann Jos. (Gefängnis), Delp (zum Tod verurteilt), Prinz 
(vom Sondergericht freigesprochen, dafür ins Kz-Lager), Lang (Ge- 
fängnis), Mayer Rupert (Gefängnis, später Kz-Lager, Einzelzelle, 
anschließend Klosterhaft Ettal), P. Grimm (zum Tod verurteilt — 
hingerichtet). 

Steckbrieflich gesucht: P. König (hielt sich auf Befehl des 
P. Prov. Rösch verborgen, weil von Gestapo gesucht und schwer 
krank), ferner P. Rösch. — 

P. Rösch wurde nach der Verhaftung in Dachau eingeliefert, von 
da nach Berlin, Reichssicherheitshauptamt, „Lehrter Zellengefäng- 
nif" Moabit, wochenlang gefesselt bei Tag und Nacht; nach Angabe 
von Dr, Reisert, Rechtsanwalt, geführt in den Listen der bereits 
Hingerichteten; war unter den letzten 46, die am 25. April 1945, 
18 Uhr, wenige Stunden vor der Eroberung des Gefängnisses durch 

162 



die Russen, noch frei wurQen. Der Befehl zur „Umlegung" (=.-. Er- 
mordung) aller politischen Gefangenen war von Himmler gegeben. 
In den letzten Nächten waren von 84 politischen Gefangenen 38 er- 
mordet worden. 

Näheres zu den gerichlichen Verurteilungen: 

P. Baumann Josef, wegen einer Predigt zu 5 Wochen Gefängnis. Die 
Verhandlung fand in Bamberg statt; es ist möglich, daß der Richter 
sich zu dieser Strafe entschloß, um den Pater vor dem Kz-Lager 
zu bewahren — Strafe abgebüßt in Bamberg. 

P. Huber Hermann, angezeigt von aufgehetzten Kindern wegen Bemer- 
kungen, die er im Religionsunterricht machte und die den Natio- 
nalsozialisten mißliebig waren. P. Huber hatte großen Einfluß in 
der Stadt, — Verurteilt durch Sondergericht in Ravensburg zu 
10 Monaten Gefängnis, abgebüßt in Ravensburg und Ulm. 

P. Jung Alois, wegen Predigten, Verbreitung von Bischofspredigten und 
Hirtenbriefen. — Verhandlung fand statt unter dem Vorsitz des 
berüchtigten „Mordrichters" Rothauge in Nürnberg; verurteilt zu 
4 Jahren Gefängnis, abgebüßt in Nürnberg. (Der Pater hat aus 
religiösen Motiven gut' gemeinte Unklugheiten gemacht.) 

• P. Lang Berthold (bereits über 60 Jahre), wegen Predigten. Er war 
schon öfters von der Gestapo verhört und verwarnt worden; die 
Verhandlung fand in München statt; P. Lang wurde zu 6 Monaten 
Gefängnis verurteilt, die er in Ulm abbüßte. Ein Teil der Strafe 
wurde erlassen. 

P. Koerbling Anton, wegen Predigten, verurteilt in München zu 6 Mo- 
naten Gefängnis. Kam zum Militär und wurde amnestiert. 

P. Rupert Mayer (Kriegsinvalide), bereits über 60 Jahre alt, wegen Pre- 
digten und seines großen Einflusses zuerst Schutzhaft, dann verur- 
teilt zu 6 Monaten; 5 davon abgebüßt in Landsberg, dann kam eine 
allgemeine Amnestie. — Später wurde er ins Konzentrationslager 
Oranienburg bei Berlin gebracht, Einzelbunker, „weil von einem P. 
Rupert Mayer nicht zu erwarten war, daß er das Beichtgeheimnis 
verrate." Von Oranienburg in die Klosterhaft nach Ettal (Obb.) ge- 
bracht, wo er nicht einmal die Klosterkirche besuchen durfte. Von 
dort nach dem Einmarsch der Amerikaner befreit und nach Mün- 
chen gebracht. 

P. Grimm Alois, von der Gestapo geholt wegen Predigten und seiner 
Tätigkeit für Konvertiten; 2 Gestapoleute täuschten Konversions- 
willen vor, suchten -ihn mit Gesprächen zu fangen, zeigten ihn an; 
er wurde nach Berlin gebracht, vor dem Volksgericht geheim, 
d. h. unter Ausschluß jeder Öffentlichkeit verhandelt und zum Tode 
verurteilt und in Plötzensee, Berlin, enthauptet (11. September 1944). 

P. Delp Alfred, überwacht und bespitzelt wegen Predigten, Vorträgen 
religiöser Art, Jugendarbeit. Am 28. Juli 1944 verhaftet, weil sein 
Name im Notizbuch von Graf v. York (auch hingerichtet) gefunden 
wurde. Aber dies stellte sich als harmlos heraus und wurde nicht 
weiter vor Gericht behandelt. Von Beteiligung und direktem Hoch- 
verrat freigesprochen, aber zum Tode verurteilt und am 2. Februar 
1945 gehängt. Grund: Er habe als Priester, Jesuit, katholischer 
Soziologe an Besprechungen für Wiederaufbaumöglichkeiten teil- 
genommen. Tatsächlich weil er Jesuit war und nicht aus dem 
Orden austrat; denn Jesuit = fe,eichsfeind. 

Ein Gedächtnisblatt für einen „Märtyrer": 

P. Grimm war früher Professor in der „Stella Matutina" Feldkirc5 ■ 
(Vorarlberg), nach der Auflösung dieser Schule Professor in St. Blasieij 

163 



Nach der Schließung dieses Kollegs durch den Nationalsorialismus kam 
er wieder nach Feldkirch als Prediger und Schriftsteller (Spezialgebiet 
Ambrosiasterforschung). Er nahm sich auch nach Kräften der Jugend 
an. Deswegen wurde er von den Nationalsozialisten sehr angefeindet. 
Eines Tages erschien ein Soldat und bat um Unterricht, er möchte kon- 
vertieren. Später brachte er einen anderen Kameraden mit, der den 
gleichen Wunsch habe. Einer ließ ein Kind taufen. Beide stellten im 
Unterricht auch Fragen über den Kommunismus, drückten ihre Sorge 
aus, wie er überwunden werden könne, daß er auch schon im Lande sei 
und ähnliches. 

Eines Tages wurde der Pater nach der hl. Messe verhaftet; er solle 
mit nach Innsbruck kommen; dann brauche man nicht so viel schreiben 
und er könne wieder schneller heim. In der Gestapo Innsbruck sah er 
die beiden „Konvertiten" wieder, die ihn „begrüßten" — unabhängig 
voneinander — mit den Worten „Da ist er, der Sauhund!" „So muß man 
es bei Euch . . . kerle machen, sonst kriegt man Euch ja nicht!" An- 
klage gegen den Pater: „Wehrkraftzersetzung". — Das ganze Verfahren 
wurde als „Geheime ReicKssache" behandelt und zur Verhandlung durfte 
außer dem Advokaten niemand erscheinen. Dieser durfte keine Aus- 
kunft über Inhalt und Verlauf des Prozesses geben. Darum ist auch 
nicht bis jetzt im einzelnen bekannt, was' nun eigentlich zum Vorwurf 
gemacht worden ist. Höchstwahrscheinlich „staatsfeindliche Bemerkun- 
gen über die herrschenden Zustände", Der Pater schreibt im letzten 
Brief: „Glaubt nicht, daß ich ein Verbrecher sei . . ." 

Abschiedsbrie.fvonP. Alois Grimm SJ. 

B r i e f a n P. G a 1 1 i. Brandenburg, den 11, Sept. 1944 

Lieber Mitbruder! 

Die Stunde ist gekommen, daß ich mich rüste zur Heimkehr in die 
Ewigkeit. In einigen Stunden stehe ich vor meinem Richter, meinem 
Erlöser und Vater, Es ist so Gottes Wille, er geschehe in allem! Seien 
Sie, bitte, der Dolmetsch meiner letzten Grüße an alle meine Mitbrüder 
und Bekannte! Ich gehe in den Tod als Kind der katholischen Kirche, 
als Glied der Gesellschaft Jesu. Ich bitte um Verzeihung aller meiner 
Fehler und Ärgernisse, die ich gegeben habe, und danke der Gesell- 
schaft und allen Mitbrüdern für alles, was ich Gutes empfangen habe. 
Wieviel es ist, fühle ich jetzt in diesem Augenblick, wo ich Abschied 
nehme. Trauert nicht über mich, ich gehe heim, Ihr müßt noch aus- 
harren. Ich gebe mein Leben für das Reich Gottes, das kein Ende 
kennt, und für die Gesellschaft Jesu, für die Jugend, für die Religion 
unserer Heimat. Ich bemühe mich, durch mein Sterben den Tod des 
Heilandes zu verherrlichen und ihm ähnlich zu werden. Glaubt nicht, 
daß ich ein Verbrecher sei, wohl aber bin ich ei* Bettler und Sünder 
vor Gott, ein Nichts, das nur auf Gottes Erbarmen sich stützt. Wollen 
Sie meinen letzten Dank an meine Obern und Mitbrüder richten. 



Letzte Grüße auch an alle Mitbrüder und Bekannte . . . ! Auf Wieder- 
sehen im Jenseits! Gelobt sei Jesus Christus! 

Alofe. Grimm SJ. 

Das Blut dieses und vieler anderer Märtyrer aus dem Ordens- 
stande werde auch hier der Samen für neues Wachstum! 

164 



6. Fesseln für die katholisclieii Vereine. 

„In Hunderten nationalsozialistischer Presseerzeugnisse, in 
Tausenden von Versammlungen ist seit Jahr und Tag ein konzen- 
trischer Feldzug gegen die katholischen Organisatio- 
nen geführt worden, der an Schärfe, an Bedenkenlosigkeit, an 
geringer Achtung der Gesetze der Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit 
und Liebe seinesgleichen suchte. Den von solcher Propaganda er- 
faßten Massen ist in dem verzerrenden Hohlspiegel dieser Meinungs- 
mache ein Bild von den Zuständen und der Geistesrichtung in den 
katholischen Verbänden vorgesetzt worden, das sie naturgemäß für 
bekämpfens- und ausrottungswert halten müssen." 

Das ist eine Feststellung des Hl. Stuhles in einer amtlichen 
Note an die Reichsregierung am 15. April 1934. 

Es war ein zäher Kampf, der vom Nationalsozialismus gegen 
die katholischen Vereine geführt wurde. 

Der erste und schwerste Ansturm galt jeglichem Zusammen- 
schluß „Katholischer Jugend" (KJ). 

A: Kampf der HJ gegen KJ 

In Regensburg war schon 1933 angeschlagen: „Gift für 
die Deutsche Jugend sind die Schwarzen Ver- 
bände. Deshalb heraus aus ihnen und hinein in die HJ!" 

Die HJ von München-Trudering versuchte es mit einer Be- 
schwerde beim Innenministerium und brachte dabei 
ebenso lächerliche wie lügenhafte Anklagen vor, um die Staats- 
regierung gegen katholische Jugendvereine und ihre geistlichen 
Leiter scharf zu machen. Die Eingabe bringt 14 Vorwürfe, die 
zeigen, wie schwer den Geistlichen durch die HJ von Anfang an 
die Arbeit in Schule, Kirche und Vereinen gemacht wurde, ohne 
„Achtung der Gesetze der Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und Liebe". 



Anklage: 

1. Der Katechet benotet Angehörige 
kath. Jugendvereine bei gleicher 
Leistung besser. 

2. Die Angehörigen der HJ werden 
auch in der allgemeinen Behand- 
lung gegenüber den Angehörigen 
der katholischen Jugend benach- 
teiligt. 

3. Der Katechet wendet den deut- 
schen Gruß in der Schule nur in 
stummer Weise an. 

4. Der kath. Jugendverein hält die 
an sich verbotenen Heimabende 
und Führerbesprechungen nun- 
mehr in der Kirche ab. 



Erwiderung des Katecheten: 

Der Vorwurf ist unberechtigt und 
eine grobe Beleidigung und wird 
angezeigt. 

Dieser Vorwurf entbehrt genau so 
jeder Grundlage wie der erste. 



Jawohl, der deutsche Gruß wird 
von uns entsprechend der Anwei- 
sung des Amtsblattes in stummer 
Weise geübt. 

In den letzten Wochen wurde für 
die Angehörigen der kath. Jugend- 
vereine wiederholt in der Kirche 
ein religiöser Abendvortrag gehal- 
ten. Von Besprechungen war da- 
bei selbstverständlich keine Rede. 



165 



5. Die Mitglieder der KJ beachten 
nicht das Verbot des Uniformtra- 
gens, desgleichen tragen sie katho- 
lische Abzeichen in der Schule. 



Es kam vereinzelt vor, daß ein 
Bub gelegentlich das Blaue Hemd 
trug. Der Betreffende wurde dann 
vom Präses beauftragt, dies in Zu- 
kunft zu unterlassen. Gegen das 
Tragen katholischer Abzeichen in 
der Schule ist uns ein Verbot nicht 
bekannt. 



6. Die Präsides haben im Unter- 
richt zu verbotenen Betätigungen 
der kath. Jugendvereine einge- 
laden, z. B. zu Ausflügen, Gelände- 
spielen. 

7. Die Leitung der kath. Jugend 
hat mit großen Schulden ein Ju- 
gendheim erbaut und bettelt nun 
für dieses Jugendheim in verbo- 
tener Weise. 



Der Vorwurf ist falschl 



8. Für den letzten Sonntag, 22. Ok- 
tober 1933, war vom männlichen 
Jugendverein ein Ausflug nach 
Wasserburg vorbereitet und durch- 
geführt. 



Der Bau des Jugendheimes ist be- 
kannt, über dessen etwaige Ver- 
schuldung sind wir dem Führer 
der HJ keine Eechenschaft schul- 
dig. Das verbotene Betteln be- 
stand darin, daß am letzten Sonn- 
tag an der Kirchentüre Bausteine 
für das Jugendheim verkauft wur- 
den. 

Es ist für letzten Sonntag ein Aus- 
flug weder vorbereitet noch durch- 
geführt worden. 



9, Die Seelsorger machen den Mit- 
gliedern der nationalsozialistischen 
Jugendverbände schikanöse Vor- 
schriften betreffs Verhaltens in der 
Kirche (Kniebeuge, Kreuzzeichen). 



10.^ Der Scharführer der HJ be- 
schwert sich darüber, von den 
katholischen Geistlichen nicht ge- 
grüßt zu werden. 

11. Die BDM wurden in der Kirche 
angesprochen, weil die Mädchen 
um 2 Minuten zu spät kamen. 



12. Der kath. Jungmädchenverein 
beteiligte sich am Michaelifest in 
Berg am Laim. 

166 



Es ist von uns in privater Weise 
wiederholt versucht worden, zu er- 
reichen, daß Mitglieder der ge- 
nannten Jugendverbände (Schul- 
kinder) vor dem Aller heiligsten das 
Knie beugen und bei der hl. Wand- 
lung das Kreuzzeichen machen. 
Vergebens! 

Wir erwidern grundsätz- 
lich jeden Gruß, ganz gleich, von 
wem er kpmmt. 



Der BDM zog 3 Wochen nach- 
einander geschlossen in den 
10-Uhr-Schulgottesdienst ein,' zu 
einer Zeit, in der der zelebrie- 
rende Priester beim Evangelium 
war, beim dritten Male erst bei 
Beginn der Predigt. Hier wies 
dann der Kaplan in ruhiger, sach- 
licher Form darauf hin, daß die hl, 
Messe um 10 Uhr angeht. 

Der Fall ist anderwärts bereits 
klargelegt. 



13. Das Kath. Pfarramt setzte asn 
Christ-Königsfest um 149 Uhr eine 
Generalkommunion der katholi- 
schen Pf arr Jugend an, obwohl zu 
gleicher Zeit ein Fest der HJ statt- 
fand. 

14. Herr Kaplan Lederer hat die 
Führer der HJ gelegentlich eines 
Zwischenfalles in der männlichen 
Volksfortbildungsschule bele ' digt. 



Die Generalkommunion der Pfarr- 
jugend ist seit Jahren an diesem 
hierfür besonders passenden Tage, 
dem Hauptfest der katholischen 
Jugendvereine, was auch der HJ- 
Leitung hätte bekannt sein sollen. 

Eine böswillige Verdrehung einer 
Bemerkung gegen das flegelhafte 
Benehmen eines Fortbildungsschü- 
lers, die dahin lautete, daß ein 
solches Benehmen sich nicht für 
einen HJ^Buben gezieme und vom 
Führer sicher nicht gebilligt werde. 



Forderung der Unterbannführer 

Einen bedeutenden Schritt weiter im Kampf der Katholischen 
Jugendvereine ging schon ein Beschluß der Unterbannführer des 
Bannes HJ Oberland auf einer Tagung am 17. Januar 1934. 

Es wird aufgefordert zum „passiven Widerstand", der aber in 
Wirklichkeit sehr „aktiv", geradezu gewalttätig sein sollte. 

, „Am Mittwoch, 17. Januar 1934 ist eine Tagung der Unterbann- 
führer des Bannes HJ Oberland 2. 

Dabei werde aufgefordert zum .passiven Widerstand' gegen die, 
katholische Jugend, besonders gegen die DJK und Pfadfinder. 

Es soll dies aber nicht offiziell von der Partei aus befohlen wer- 
den, sondern Anweisung unter der Hand gehen. 

Des näheren wird aufgefordert: 

1. Abzeichen an den Kleidungen sind auf irgendeine Weise zu ent- 
fernen, evtl. auchmit Gewalt. 

2. Jedes geschlossene Auftreten katholischer Jugend ist zu ver- 
hindern, bzw. soll zerstört werden. 

3. Über größere Unternehmungen der katholischen Jugend i s t a n 
das Innenministerium zu berichten, das versprochen 
hat, die Bannführer in jeder Weise zu decken. 

4. Es ist jedem Führer verboten, seine HJ geschlossen in die Kirche 
zu führen. Er kann höchstens sagen: ,Wenn jemand in die Kirche gehen 
will, so kann er es tun'." 

Die HJ ließ sich natürlich eine solche Aufforderung zum 

„Losschlagen und Dreinschlagen" 

auf die „Schwarze Jugend" nicht zweimal sagen. „Schlagfertig" 
begannen überall die Überfalle. 

Das Erzbischöfliche Ordinariat München mußte am 26. April 1934 
für die Zeit vom 2. bis 25. April dem Bayerischen Staatsministerium 
des Innern nachfolgende Angriffe auf katholische Jugend melden: 

Regensburg, Schliersee, Bad Reichenhall, Freilassing, Töging, 
München: St. Johann Baptist (zweimal), Neuhausen, St. Bonifaz 
(zweimal), St. Franziskus, St. Paul, Solln, St. Stefan, St. Rupert, 
Jugendheim an der Berlepschstraße. 

Selbst Wallfahrten, auch wena sie polizeilich genehmigt 
waren, wie' jene des Kath. Jungmännerverbandes der Erzdiözese 



167 



am 6. Mai 1934 nach Birkenstein und jene der katholischen 
Jugend von Oberaudorf und Kiefersfelden nach 
Kirchwald am 10. Mai 1934, wurden gestört. 

Letztere verlief besonders abstoßend: 

Am Ortseingang von Oberaudorf warteten SS-Leute und Hitler- 
jungen im Straßengraben und überfielen zuerst die Jungen des Kath. 
Jugendvereins, die mit dem Rad kamen. In roher und gewalttätiger 
Weise rissen sie den Jungen die Blauhemden und Christuszeichen her- 
unter. Der eingerollte Wimpel wurde vom Rad weggenommen und im 
Straßenschmutz herumgezogen. 

Als dann das Lastauto kam mit 33 Kindern von 8 bis 14 Jahren, 
brachten es die' SS-Leute zum Stehen, nahmen den Buben die Blau- 
hemden ab, während die BDM-Mädchen den kathohschen Mädchen das 
Abzeichen der „Weißen Rose" abforderten. Die SS „eroberte" dann 
noch den zweiten Wimpel. Abends war dann gemeinsame Sie- 
gesfeier von SS, HJ und BDM mit Verbrennung der blauen 
Hemden und Wimpel. """ 

Ähnlich ging es dem katholischen Jugendverein Wolf- 
ratshausen bei einem Ausflug mit Gemeinschaftsmesse: 30 HJ über- 
fielen die . „J u g e n d h u n d e" und „P f a r r e r - L e h r b u b e n" und 
schlugen mit ihren Schulterriemen auf sie ein. 

. In Dorf en bei München drohte man nicht nur immer wieder mit 
dem Zaunpfahl, sondern zerstörte auch nächtlicherweile (!) mit einem 
Sprengkörper den Pfarrhofzaun (2. Mai 1934).. Auf die Beschwerde des 
Pfarrers meint eder Bürgermeister hilflos: „Das Kreuz ist 
halt, daß Sie die katholische Jugend nicht in die HJ überführen." 

'In größerem Maß s t ab g es ch ah e n G e w alt t a t en 
gegen die katholische Jugend von Berlin: 

Bischof Preysing schrieb hierüber an die Regierung: 

' Am Sonntag, den 25. März 1934 hatte der KJ-Führer von Groß-Ber- 
lin die Jungen von 10 bis 14 Jahren zu einem Treffen nach Henningsdorf 
gerufen. Etwa 1800 Jungen waren dem Rufe gefolgt. Auf das schmerz- 
lichste berührt es mich, daß diese treudeutschen katholischen Jungen 
in unerhörter Weise von der Hitler- Jugend angegriffen wurden, daß 
sowohl die staatlichen Hoheitszeichen als auch etwa 150 kirchlich 
geweihte Banner und Wimpel der Jugend gewaltsam entrissen wor- 
den sind. 

Neben diesem ,,E i n b 1 ä u e n" mit Schulteirriemen und Faust- 
schlägen versuchte die HJ ein andermal wieder mit gütigen Worten 
die katholische Jugend zur „Vernunft zu bringen" und zum Aus- 
tritt zu bewegen. 

Der „Völkische Beobachter" brachte am 16. März 1934 im „Amt- 
lichen Pressedienst des Jugendführers des Deutschen Reiches" nach- 
folgenden langatmigen, lockenden und drohenden, lobenden und 
tadelnden 

App eil an die k atholisc he Jugend 

Berlin, 15. März 1934. 

„Der amtliche Pressedienst des Jugendführers des Deutschen Rei- 
ches veröffentlicht folgenden flammenden Aufruf an die katholische 
Jugend Deutschlands: ' 

Laut und vernehmlich, klar und eindeutig haben wir im deutschen 
Volke immer und immer wieder das Ziel unseres Kampfes verkündet: 

Einheit der Jugend — Einheit des Reiches! 
168 



In Tausenden und aber Tausenden von Versammlungen, Kundgebungen 
und Aufrufen haben wir uns vor dem deutschen Volk zu diesem Kampf- 
ziel bekannt. In nimmermüder Arbeit haben wir das junge, einige Deutsch- 
land gebaut. Jeder Schritt, den wir in unserem Handeln unternahmen, 
sollte uns unserem Ziele näherbringen, jede unserer Taten war be- 
stimmt vom Willen zur Nation. Das deutsche Volk weiß heute, 
wartfnti wir die deutsche Einheit schaffen und erhalten wollen. Das 
deutsche Volk weiß, warum wir so verbissen und rück- 
sichtslos unseren Kampf um die Einheit der Jugend und die 
Einheit des kommenden Reiches führen, das deutsche Volk weiß es, daß 
wir (^afür auch die schwersten Opfer zu bringen gewillt sind. 

das deutsche Volk weiß aber noch immer nicht, 
warum es trotzdem de utsche Jugend geben kann, die vor 
der geschichtlichen Größe dieser Zeit der Volkswerdung 
dieAugen verschließt, sich dagegen. auflehnt und um 
jeden Preis ihren kleinlichen Standpunkt aufrechterhalten will. 

Das deutsche Volk weiß noch immer nicht, warum ein großer 
Teil >d er deutschen Jugend am großen Werk der Eini- 
gung nicht teilhaben will. Das deutsche Volk weiß noch immer 
nicht, wofür es Deine ablehnende Haltung halten soll. 

Katholische Jugend, Du läufst Gefahr, in den Augen des deutschen 
Volkes einmal als S a b o teur der deutschen Einheit zu 
gelten, indem Deine ablehnende Haltung als Eigenbrödelei und 
trotzigerEigensinn ausgelegt werden könnte". Noch ist Zeit, 
noch steht die Frage offen, die Frage nach dem „Warum" und harrt 
ihrer Beantwortung. 

Noch sind die Würfel nicht gefallen. 

Katholische Jugend! Gib Antwort auf diese Fragen! Denn nur Du 
bist dem Volke die Antwort schuldig geblieben. Unsere Gründe sind 
den Millionen unserer deutschen Volksgenossen bekannt. Deine 
Gründe, Katholische Jugend, kennt das deutsche Volk nicht. 

Um der Zukunft derNation willen fordern wir Dich aus dem 
Dunkel heraus, in dem Du Dich aufhältst und Deine eigenen Süppchen 
braust!! • . 

Um der Ehre der deutschen Jugend willen — denn auch 
Du gehörst zu ihr — fordern wir Deine Antwort! 

Die deutsche Jugend hat ihre Ehre darangesetzt, vor dem Urteil 
der Geschichte bestehen zu können als die Schöpferin der Einheit des 
Dritten Reiches und als seine Trägerin. Willst Du, katholische Jugend, 
auf Deinem Sonderstandpunkt hartnäckig verharren, willst Du i m 
Urteil der Geschichte als die verderbliche Kraft ge- 
brandmarkt werden, die an der Einheit des Reiches und an der 
Gestaltung seiner Zukunft Sabotage getrieben hat? 

Noch glauben wir jungen Millionen, noch glaubt unser Deutsches 
Volk an Dein deutsches Bekenntnis, das Dir hoch und wertvoll sein 
muß, wenn es um die Belange der Nation geht. 

Katholische Jugend! Noch glaubt Dein Volk an den Augenblick, da ' 
Du Dein deutsches Bekenntnis, das Du bisher nur mit den Lippen be- 
kannt hast, zur lebendigen Tat werden läßt, da Du Dich zum ewigen 
Deutschland bekennst, indem Du Dich in die Reihen der jungen Nation 
stellst und jegliche Sonderstandpunkte überwindest. 

Katholische Jugend! Das Deutsche Volk wartet auf Deinen 
geschichtlichen Schritt, es wartet auf Deine Tat. Die Millio- 
nen unseres Volkes wollen aus Deinem Munde hören, warum Du 
Dich noch immer nicht zur deutschen Einheit durchringen 
kannst. 

Kreuz und Hakenkreuz 12 269 



Gib Antwort äüfdiöstumme Fragenach d6m Warum, 
die in dem wartenden Blick des Deutschen Volkes liegt. Unsere 
Fronten sind klar. Unser Ziel und unsere Wege zu diesem Ziel 
sind ebenso hell und klar. Aus Deinem Munde, und nur aus Dei- 
nem Munde, katholische Jugend, nicht aus dem Munde 
Deiner Führer und Sekretäre, die Dich in Deine Sonder- 
stellung gedrängt und durch ihre Haltung und Handlungen bewiesen 
haben, daß sie für Deutschland und für die Einheit des Reiches kein 
Verständnis haben, will unser Volk hören, ob Du noch länger und aus 
welchen Gründen Du Dich unserer großen Gemeinschaft fernhalten 
willst. Das gesamte Volk soll über Dich sein Urteil 
sprechen. Dieses Urteil soll der Geschichte über- 
geben werden! Katholische Jugend, heraus mit der 
Sprache I 

Auch dieser „Flammende Aufruf" erreichte seinen Zweck nicht. 
Darum versuchte man es jetzt mit der Polizeigewalt, mit dem 

Uniform- und Ab zeichen verbot 

Die Münchener Polizeidirektion ging voran, indem sie am 23. April 
1934 Verfügte: 

„Die Polizeidirektion München teilt mit: 

Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicher- 
heit erläßt die Polizeidirektion folgende ortspolizeiliche Vorschrift: 

§ 1. 
Das Tragen von einheitlicher Kleidung von uniformähnlichen Be- 
kleidungsstücken sowie von Abzeichen, durch welche die Zugehörigkeit- 
zu einer katholischen Jugend- oder Jungmänner-Organisation zum Aus- 
druck gebracht wird, ist verboten. 

§ 2. 

Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften werden mit Haft bis 
zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft. 

. § 3. 

Die vorstehenden Vorschriften treten mit der Verkündigung in Kraft." 

Ein Jjesonders verhaßtes Abzeichen der katholischen Jugend 
war das Christusmonogramm mit den zwei ersten grie- 
chischen Buchstaben des Christusnamens: 

Wo immer Polizei oder HJ dieses altchristliche Symbol sahen, 
auf Eannermasten von katholischen Jugendheimen, auf Fahnen- 
stangen, an Weihwasserkesseln usw., wurde es beanstandet, weg- 
genommen oder zerstört. Ein großes Prozessionskreuz dieser Form, 
dsLS bei der Münchener Fronleichnamsprozession 1934 mitgetragen 
wurde, ward vom SA-Streifendienst beschlagnahmt. 

Ähnlich machte es der „Streifendienst" der HJ, der besonders 
an Pfingsten 1934 und 1935 seine Hauptaufgabe darin sah, alle 
jugendlichen Ausflügler anzuhalten und auf Abzeichen katholischer 
Jugend zu untersuchen und jedes gruppenweise Wandern derselben 
zu verhindern oder zur Anzeige zu bringen. 

Die Gauleltung Unterfranken überbot dann gar bald 
die Polizeidirektion München. Sie versuchte es mit der vollen Auf- 

170 



lösung der katholischen Jugendverbände, wie nachfolgende Anord- 
nung zeigt: 

„Kreisbefehl für Schweinfurt-Land: 

an alle Bürgermeister, Ortsgruppenleiter und 

Stützpunktleiter des Dienstbereiches. 

Betreff: Auflösung der katholischen Jugendverbände und Jungmänner- 
vereine. 

I.Laut Gautaefehl vom 25. April 1934 sind aus Gründen der 
öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zum Schutze von Volk und 
Staat sämtliche katholischen Jugendverbände und Jungmännervereine 
mit sofortiger Wirkung zu verbieten. 

2. Durch den vorstehenden Gaubefehl ist die den genannten Ver- 
bänden durch das Reichskonkordat vom 2 0. Juli 1933 
unter Vorbehalt erteilte Schutzbestimmung (Art. 31 des Kon- 
kordates zwischen dem Hl. Stuhl und dem Deutschen Reiche) auf- 
gehoben. 

3. Durch das Verbot werden sämtliche katholischen eingetragenen 
sowie nicht eingetragenen Vereine und Verbände, ferner alle 
vereinsähnlichen Gebilde getroffen, die Jugendpflege be- 
treiben. Auch Vereine, welche ihrer Satzung nach rein religiöse 
Jugenderziehung betreiben, fallen unter den Rahmen dieser 
Bestimmungen. 

4. Die politischen Leiter sind beauftragt, den in Frage kommenden 
Vereins vor ständen die sofortige Auflösung ihrer Vereine zu befehlen, 

a) Die Vereinsvorstände haben ihren sämtlichen Vereinsmit- 
gliedern die Auflösung des Vereins mitzuteilen. Die 
Löschung eingetragener Vereine im Vereinsregister ist zu be- 
antragen. 

Zusammenkünfte und Veranstaltungen jeder Art, ob sie 
in Vereinshäusern oder in Privathäusern stattfinden, sind ver- 
boten. 

c) Jede fernere Verbindung zwischen den Vereinsmitgliedern, auch 
die rein gesellschaftliche Verbindung, ist ver- 
boten. Darunter fallen auch der gemeinsame Bezug und die Be- 
sprechung von Zeitungen, Zeitschriften und Rundschreiben. 

d) Das Tragen von U n i f o r m e n und Abzeichen ist ver- 
boten. Als Abzeichen sind alle äußerlich sichtbaren Kennzeichen 
zu- betrachten. 

e) Alles unbewegliche und bewegliche Vermögen der Vereine 
ist, soweit es nicht nachweislich im Eigentum einer Kirchen- 
gemeinde oder Kirchenstiftung steht, in den Besitz des poli- 
tischen Leiters zu überführen. Die Eigentumsfrage wird von der 
Kreisleitung geregelt. Die Auflassung von Immobilien im Grund- 
buch sowie die Eintragung des Neueigentümers geschieht aus- 
nahmslos nach Rückfrage des politischen Leiters bei der Kreis- 
leitung. 

5. Die politischen Leiter haben die im Punkt 4 umschriebene Auf- 
lösung bei den Vereinsvorständen zu veranlassen, sie mit diesen zu- 
sammen durchzuführen und der Kreisleitung über die Durchführung 
laufend genauestens Bericht zu erstatten. 

6. Sollten sich bei der Durchführung irgendwelche Reibungen er- 
geben, insbesondere Widerstände von selten der Geistlichen oder der 
Vereinsvorstände bemerkbar werden, so wäre auf dem schnellsten Weg 
an die Kreisleitung zu berichten. 

' 171 



b) 



7. Widerständen von selten der Vereinsvorstände oder der Vereins- 
mitglieder oder dritter Personen anläßlich der Durchführung der Ver- 
einsaul'lösungen wird von der Kreisleitvmg in . Einvernahme mit der 
Politischen Polizei imverzüglich und schärfstens entgegengetreten wer- 
den. Eigenmächtiges Vorgehen der politischen Leiter oder irgend- 
w^elcher Gliederungen ist jedoch verboten. 

8. Die Bürgermeister sämtlicher Gemeinden sind beauftragt, den 
politischen Leitern bei der Durchführung der Veceinaaivllösungen zur 
Seite zu stehen. 

9. Alle katholischen Geistlichen und alle Vereinsvorstände der katho- 
lischen Jugendverbände und Jungmännervereine innerhalb des Dienst- 
bereiches der Kreisleitung Schweinfurt-Land werd(!n ersucht, den vor- 
stehenden Kreisbefehl zur Kenntnis zu nehmen und seine reibungslose 
Durchführung in Einvernahme mit dem politischen Leiter des Ortes zu 
veranlassen. 

Für irgendwelche Schwierigkeiten werden die verantwortlichen Per- 
sönlichkeiten unweigerlich zur Verantwortung gezogen." 

Amtlicher Druck a uf k a th.ol isch e In,t-er n at e ! 

Der Bayerische Kul t u's minister Hans Seh e m m lud 
um dieselbe Zeit (25. April . 1934) die. Leiter katholischer 
Ins t i' t Ute Niederbayerns, darunter auch den Direktor des Bi- 
schöflichen Knabenseminars Passäu, je einen Pater aus Kloster 
Me^en und Schweiklberg, drei Englische, Fräulein zu einer beson- 
deren Sitzung in sein Ministerium nach München und machte ihnen 
ernste Vorwürfe, weil von verschiedenen katholischen Direktoren 
und Präsides nicht genügend Arbeit für den- nationalsozialistischen 
Staat geleistet würde. Die Direktoren sollten dafür sorgen, daß die 
Jugendlichen in die Organisationen der Partei hineinkämen. Von 
dieser Aufforderung ging dann Minister Schemm zur festen Dro- 
hung über: 

„Wenn gegen uns gearbeitet wird in der Form, wie Sie das gehört 
haben, sehe ich mich letzten Endes genötigt, Mittel dagegen zu ergreifen 
und ins Feld zu führen, die nicht so aufzufassen sind, als ob wir gegen 
die katholische Religion auch hur einen Schritt unternehmen würden — 
die Tatsache, daß katholische Kreise dem nationalen Staat negativ 
gegenübertreten, die Tatsache, daß allgemein gegen Nationalsozialismus 
und Drittes Reich Stellung genommen wird, wird bewirken, daß wir 
nun vor das Volk hintreten- in der breitesten Öffent- 
lichkeit als Propagandisten der Bewegung und erklären 
müssen, daß bestimmte Kreise der katholischen Konfession ihre Glau- 
bensangehörigen von Volk und Vaterland wieder entfernen wollen. Und 
es kommt die Parole: Um Volk und Vaterland und die Sauberkeit der 
katholischen Konfession . des Christentums zu retten, erklären wir, daß 
dies Landesverrat und Verrat an der Religion ist. Wenn 
wir etwas zurückhaltend waren, wir können auch wieder, wenn es sein 
muß, sehr aktiv werden . . . Jene, die sich hemmend in den Weg stellen, 
werden vom Nationalsozialismus ütaerrannt werden. Ich bitte Sie 
mitzumarschieren, nicht kritisch und nörgelnd und abwehrend, 
sondern „Ja" zu sagen .... . 

Ich hoffe nicht, daß der Nationalsozialismus gezwungen ist, große 
propagandistische Aktionen vorzunehmen, die wir in 
jede Familie hineinleiten. — Daß es dann zu noch mehr Zu- 
sammenstößen kommt, ist außer Zweifel • . . Handeln Sie nach dem 
Schema: Deutschland und Christentum, nicht bloß dogmatisch und kon- 

172 



fessionell. Sollten die nächsten Tage und Wochen nicht zeigen, daß diese 
Besprechung Erfolg gehabt hat, dann zwingen Sie die Bewegung, alctiv 
zu werden ..." 

,,Aktiv werden" nannte es Sehe mm, was nichts als 
brutale Gewalt war. Hohe und niedere HJ-Führer hatten eine 
andere wohlklingende Bezeichnung hiefür: 

„Die ,D y n a m i k' d e r H J" 

Was davon zu halten war, und wie diese hochgepriesene „Dy- 
namik" unter der auffälligen ,,harmonia p r ae s t ab ilit a" 
zwischen Staatsjugendaktionen und Polizeimaßnahmen (Päpstliche 
Note vom 14. Mai 1934) sich auswirkte, deckte der Vatikan der 
Reichsregierung in der Note vom 14. 5. 1934 offen auf (in Punkt IX): 

„Der Hl. Stuhl müßte ein ganzes Buch füllen, um den Pas- 
sionsweg der katholischen Organisationen in den vergangenen Mona- 
ten eingehend zu schildern. Es kann vorbehalten bleiben. Wer aber 
auch nur einen oberflächlichen Überblick über die traurige Gewalt- 
chronik dieser Monate hat, wer weiß, wie die Offensive, das mitleid- 
lose Ausspielen der Faust gegen das Recht auf der Seite 
der Staatsjugend -und die ..bloße Defensive auf selten der konfessionellen 
Verbände war, der kann nur mit einigem Erstaunen von denjenigen 
Partien des Promemoina Kenntnis ' nehmen, die in dem behaupteten 
nachkonkordatären Anwachsen katholischer • Neugründungen ein auf- 
reizendes Moment sehen wollen.- Die Reizbarkeit der sich der Deckung 
von oben bewußten Staatsjugend ist augenscheinlich ins Anormale 
gewachsen, wenn die bloße Tatsache des Nichtsterbenwollens der 
katholischen Verbände und ein gelegentliches lokales Wachstum ihr als 
Provokation genügt. Die betreffenden Hinweise des staatlichen Prome- 
moria widerlegen sich doch wohl selber durch das von RegierupgssteÜen 
bei ihrer Fühlungnahme mit dem Hl. Stuhl angewandte Argument, daß 
die katholischen Jugendverbände keine Zul^unft mehr hätten, daß der 
Druck und die ,Dynamik' der Staats jugend, von der noch in 
den letzten Tagen der Reichsjugendführer öffentlich gesprochen hat, so 
stark würden, daß die Lebensfähigkeit der katholischen Jugendorgani- 
sationen erledigt und nur noch ein unnütz in' die Länge gezogener 
Todeskampf sei. Nachdem diese sogenannte .Dynamik' 
sich in Mißhandlungen, Überfällen, Versammlung s - 
Sprengungen, Ve rh inderung Marianischer- Prozes- 
sionen, Verhöhnungen des Christuszeichens und Zer- 
reißen der Ghristusbanner in bekannt ,positiv- 
ch ristlichem Sinne' ausgewirkt hat, ebenso wie in 
Angriffen gegen Klerus, Episkopat und Kirche, sollte 
man wenigstens darauf verzichten, den Lebenswillen katholischer 
Jugendlicher, die auch heute noch der Christusfahne ihrer Verbände die 
Treue halten, , aufreizend' zu finden." 

Ein paar Beispiele dieser „Dynamik" der HJ. 

Dii£ päpstliche Note vom 31. Januar 1934 erwähnt, als Beispiele 
unberechtigten Vorgehens staatlich geschützter und bevorzugter 
Organisationen gegen katholische Vereine folgende zwei bezeich- 
nende Vorfälle: 

1) eine Kundgebung der Hitlerjugend in Düsseldorf vom 11. Ja- 
nuar 1934, wo der Länderbeauftragte des Reichs Jugendführers und Ober- 
gebietsführer eine Rede hielt, die mit den konkordatlich festgelegten 

173 



Vereinbarungen unverträglich ist. In ihr wird auch die welt- 
anschauliche Erziehung der Jugend in vollem Umfang als 
Staats m onopol reklamiert und der Kirche ihr Recht hierzu be- 
stritten. Mit klaren Worten wird der Vernichtungskampf angesagt gegen 
alles, was außer der Hitlerjugend bestehe: „Genau wie wir mit 
den Parteien fertig geworden sind, werden wir auch 
mit den konfessionellen Bün de n, die heute noch nicht 
bereit sind, ihr eigenes Dasein aufzugeben, fertig 
werden." Vgl. „Köln. Volkszeitung", 11. Januar 1934. 

2) Wie man es nicht nur bei der Propaganda beläßt, sondern auch 
zu offener Gewalt schreitet, dafür, möge ein Fall hier Erwähnung finden, 
der der jüngsten Vergangenheit angehört und typisch ist für den Un- 
geist, mit dem teilweise vorangegangen wird: Am Mittwoch, den 17. Ja- 
nuar 1934, hielt die Marianische Studentenkongregation 
von Würzburg, also eine konlcordatlich geschützte Vereinigung einwand- 
freiester Art, in einem gemieteten Saal einen Vereinsabend ab. Sie hätte 
dazu die polizeiliche Genehmigung erhalten. Es war eine große Zahl 
geladener Gäste anwesend, darunter der Hochwürdigste Herr Bischof 
von Würzburg, der General des Augustinerordens, welch lezterem die 
geistliche Leitung der Kongregation obliegt, zwei spanische Patres, ein 
holländischer Ordensmann, viele Geistliche und die Eltern der Schüler. 
Der Abend begann in aller Harmonie. Inzwischen schlichen sich zahl- 
reiche Mitgieder der Hitlerjugend ein und nahmen auf der Galerie 
Platz. In den Pausen begannen sie Knallerbsen und Stink- 
bomben zu werfen; doch konnte eine in Gang befindliche religiöse 
Aufführung weitergespielt werden. In der Pause vor derri 5. Akt er- 
schien plötzlich der Führer der Hitlerjugend in Uniform vor 
dem Podium, um eine Werberede zu halten. Der Leiter des Abends 
befragte das Publikum, ob es in einer geschlossen en religösen 
Feier eine solche Rede entgegenehmen wolle, was einstimmig ab- 
gelehnt wurde. Darauf begann die Hitlerjugend zu lärmen und ver- 
suchte die Christusfahne den Kongreganisten zu entreißen. Wegen des 
Tumultes mußte der Abend abgebrochen werden. Welch beschämenden 
Eindruck die anwesenden ausländischen Gäste mitnahmen, liegt auf ^ef 
Hand. Solche Vorgänge, Überfälle und Terrorakte, die in großer Zahl 
nachweisbar sind, wären nicht möglich, wenn die Verantwort- 
lichen nicht von vornherein ihrer Straflosigkeit, ja 
der Unterstützung sicher wären. 

Nebst dem Recht der Faust glaubten aber auch schon kleinste 
Fähnleinführer der HJ das Recht der „Gesetzgebung" 
zu haben. Zum Beispiel machte ein Fähnleinführer von Traunstein 
am 5. Juni 1934 folgenden Anschlag am HJ-Brett: 

„ . . . Mit Wirkung vom 1. Juni (1934) ist es jedem Jungen des Jung- 
volks verboten, mit Mitgliedern aller katholischen Jugendorganisationen 
in Uniform zu sprechen und im kameradschaftlichen Sinn mit ihnen zu 
verkehren. (Das letzte gilt auch für den, Privatverkehr.) 

Es ist jedem Jungen des Jungvolks verboten, in Uniform eine Kirche 
zu besuchen. Weiterhin wird kein Geistlicher auf Grund unserer Wert- 
einschätzung mit dem Deutschen Gruß begrüßt. 

Jeder Junge, der gegen diese Verordnung verstößt, wird zur Be- 
strafung herangezogen . . ." 

Der Fähnleinführer. 

Wie die Faust, so die Sprache 

Einem Münchener Kaplan, der am 27. September 1934 eine 
Jungmännersitzung hielt, welche die HJ vergeblich zu stören ver- 

174 



suchte, steckte man einen Zettel mit folgender Notiz in den Brief- 
kasten: 

„Du jüdischer Sturmscharhäuptling. 
Wenn Du schäbbiges Aas uns mal zwischen die Hände 
kömmst, drehen wir Dir das Gesicht nach hinten. 
218 Knochen hast Du in Deinem schäbbigen Faste- 
lovensgeckebalg. Wenn Du sie alle wieder finden 
willst, so laß sie Dir von der HJ erst numerieren. 

Treu Heil ihr Fastelovensgecke 

Die Mordkommission der HJ 
Tötenkopf. PX.. 

Es verrecken 
, die morschen 

Fastelovensgestelle. 

Zur gefl. Kenntnis übersandt an 

Kaplan N. N. 

M r d a m L e i t e r d e r p J K 

Zum wirklichen Mord an katholischer Jugend kam es dann 
gelegentlich des „Röhm-Putsches", Anfang Juli 1934. Da wurde der 
tüchtige Leiter der ganzen Sportpflege der katholischen Jugend der 
„Deutschen Jugendkraft" (DJK), namens Probst, von Heydrich 
auf die Liste der „zu Liquidierenden" gesetzt, mit Auto abgeholt 
und dann „auf der Flucht erschossen". Was brauchte auch nach 
Ansicht der Nazi die katholische Jugend noch eine besondere Lei- 
tung für Sport? Sportpflege und gemeinsames Wandern war ihr 
überhaupt verboten: Das war nur Sache der HJ. 

Ein paar Monate darauf, am 5. November 1934, sprach dann der 
Reichsjugendführer Baidur von Schirach im Preußenhaus zu Berlin 
das ebenso bezeichnende wie abschreckende Wort; „Der Weg 
Rosenbergs ist auch der Weg der deutschen Ju- 
gend!" Und da sollte katholische Jugend mitgehen! Da sollten 
katholische Bischöfe zustimmen! Unmöglich! 

Von vornherein aussichtslos war darum auch der 

Sturmangriff und das Trommelfeuer 

der HJ gegen die katholische Jugend im März-April 1935 im Gebiet 
Ruhr-Niederrhein. 

Einer 34 Seiten langen Denkschrift des katholischen Jungmänner- 
verbandes entnehmen wir einige Abschnitte: 

I.Vorbemerkungen: 

„Die Hitlerjugend, Gebiet Ruhr-Niederrhein, führte in der Zeit vom 
24. März bis 7. April 1935 eine Frühjahrsoffensive durch mit 
dem Ziel, ,aufch den letzten anständig denkenden deutschen Jungen da- 
von zu überzeugen, daß er in die HJ gehört.' Diese Offensive richtete 
sich nach der Sachlage fast ausschließlich gegen die katholischen 
Jugendbünde. 

175 



• Zu dem vorliegenden Bericht veranlaßt uns nicht die Tatsache der 
Offensive als solche, sondern jene andere Tatsache, daß die Art die- 
ser Offensive, die Methoden der Werbung die Gesetze 
der Wahrhaftigkeit, der Gerechtigkeit und der Ritter- 
lichkeit verletzt haben, daß die Ehre der Jugend der 
Kirche in aller Öffentlichkeit durch Pressemeldungen, Rundfunk- 
nachrichten und Reden aufs schwerste verletzt wurde. 

Es sind uns leider heute die Möglichkeiten genommen, der Wahr- 
heit und der Gerechtigkeit öffentlich zu ihrem Recht zu verhelfen, und 
die unritterliche und verwerfliche Kampfesweise gegen die katholische 
Jugend zu brandmarken. Deshalb soll wenigstens durch diesen zusam- 
menfassenden Bericht und durch die kurze wahrheitstreue Darstellung 
einiger Vorgänge während der Offensive der Wahrheit eine Gasse ge- 
bahnt werden." 

II. Allgemeines: 

Die Offensive brachte die ganze und geballte Kraft der NS-Bewe- 
gung in all ihren Gliederungen und mit dem ihr eigenen Propaganda- 
apparat zum vollen Einsatz: 

Hervorragende Führer der Bewegung (Baidur von Schirach, 
Minister Rust, Oberpräsident Terboven -u. a.) traten als Redner auf. 

Presse. und Rundfunk standen . täglich zu Diensten, in der 
Schule setzte die Lehrerschaft weisungsgemäß ihre ganze Autorität als 
Erzieher für die HJ und gegen die katholischen Bünde ein; . 

in den Betrieben der Wirtschaft wurde unter Androhung 
wirtschaftlicher Schädigung ( Arbeitsstellenverlüst) seitens der Funktio- 
näre der Bewegung und der Belegschaften auf die katholischen Jungen 
ein beispielloser Druck ausgeübt mit dem Ziel, den Übertritt in die HJ 
zu erreichen; viele Arbeitsämter berücksichtigten, in dieser Zeit 
der Schulentlassung grundsätzlich nur Mitglieder der HJ bei der Lehr- 
stellen- und Arbeitsstellenvermittlung; 

die H J selbst veranstaltete in den Schulen und Betrieben 
eigene Werbeveranstaltungen, zu denen alle Schüler . bzw. 
Jungarbeiter zu erscheinen hatten; 

Werbekolonnen mit Transparenten zu Fuß und auf 
Lastwagen durchzogen die Straßen, die Mitglieder katholischer Bünde 
und ihre Eltern wurden einzeln aufgesucht und bearbeitet; 

Flugzettel, Maueranstriche und Transparente sag- 
. ten den katholischen Jugendbünden offen den Kampf an; 

Beamte wurden da und dort unter Hinweis auf ihren dem Führer 
geleisteten Diensteid unter moralischen Druck gesetzt, um 
den Übertritt ihrer Kinder in die Staatsjugend zu vollziehen. 

Die Angriffe auf die Ehre der katholischen Jugend und ihrer Führer 
waren so ungeheuerlich und maßlos, daß sich Generalpräses Wolker, im 
Namen der gesamten organisierten katholischen Jugend zu Protesttele- 
grammen an den Reichsminister und die Geheime Staatspolizei in Ber- 
lin gezwungen sah: 

„Wir protestieren gegen fortgesetzte ehrverletzende und volks- 
verhetzende Beschimpfung katholischer Jugend in Pressearti- 
keln, Plakaten und Mauerbeschmierungen, in Werbeaktionen der 
Hitlerjugend und bitten um sofortige durchgreifende polizei- 
liche Maßnahmen. 

Für die katholische Jugend: Generalpräses Wolker." 

Eine Wirkung dieses Protestes war nicht wahrnehmbar. 
176 



Zu bemerken ist noch, daß die Offensive nicht auf das Gebiet Ruhr- 
Niederrhein beschränkt blieb. Ihr Wellenschlag -war auch in anderen 
Teilen des Reiches spürbar, da von überall her Ausschreitungen, Tät- 
lichkeiten, Jugendheimeinbrüche, Sachschäden üsw. gemeldet wurden 
und noch gemeldet werden. 

III. 

Auszüge aus den Reden maßgebender Führer, z. B. von 
Minister Rust und Baidur v. Schirach: 

Minister Rust auf einer kulturpolitischen Tagung in Köln, 5. April 1935: 
„Ich muß nun heute sagen, daß es nicht mehr angeht, . in diesem 
Funkt zweierlei Marschrichtung zuzulassen. Die Forderung, die sie 
stellen, ist die, daß ihnen in ihrem religiösen Empfinden und in ihrer 
religiösen Zielsetzung von uns keine Schwierigkeiten entgegengestellt 
werden. Ich erkenne diese Forderung an. Ich stelle die Gegenforderung: 
Für die Jugend unseres Volkes, die einst in eiserner Geschlossenheit, 
wenn sie Männer geworden sind, beieinanderstehen soll, muß es heißen: 
Eine Jugend steht unter einer Flagge und die sitzt da (wobei der 
Minister auf die Hitlerjugend hinwies.) Ich werde in der näch- 
sten Zeit 'mit verschiedenen Maßnahmen dieser Ju- 
gend auch von mir aus noch stärker unter die Arme 
greifen..." 

Reichs] ugendführ er Baidur von Schirach in Essen am 31. März 1935: 

„Ich frage Euch, meine Kameraden, was hat denn der Sport mit 
der Konfession zu tun? Habt Ihr schon einmal einen katholischen oder 
evangelischen Sport gesehen, wißt Ihr denn, was, eine katholische Bauch- 
welle ist oder ein evangelischer Klimmzug? Das sind die Ausreden und 
Ausflüchte derjenigen, die immer gegen Deutschland sind. Es geht ihnen 
nicht um die Religion, es geht ihnen um ihren Posten. Sie behaupten,, 
sie dienen der religiösen Erziehung, aber sie dienen keinem anderen 
Gott als ihrem Bauch . . ." 

IV. 

Presse und Rundfunk- 
standen täglich im Dienste der Offensive. In oft spaltenlangen Artikeln 
wurde zu beweisen versucht, daß es bei der Offensive „um die Einheit 
der Jugend" und „um eine wahre Volksgemeinschaft" gehe, daß des- 
halb derjenige ein Feind des Staates und ein Verbrecher am 
Volk sei. der die organisatorische Einheit der Jugend unmöglich mache. 
In Schlagzeilen wurde verkündet; 

„Gegner der HJ sind Gegner des Staates" 
Presse und Rundfunk verbreiteten Meldungen, wonach in ver- 
schiedenen Städten „ganze Gruppen katholischer Jugend 
geschlossen mit ihren Führern" in die HJ übergetre- 
ten sein sollten, so in Essen, Duisburg, Mülheim, Opladen und Kref eld- 
Ürdingen. In all den genannten Fällen wurden eingehende Erhebungen 
gemacht. In keinem der Fälle konnten die Meldungen 
eine Bestätigung finden. 

V. 

Angriffe der Presse 
Aus elf Zeitungen werden Beispiele übelster Hetze, zahlloser Ver- 
leumdungen, Verweigerung jedes Nachweises und jeder Richtigstellung 
geboten. 

VI. 

Methode: „Haltet den Dieb"! 
In einem Artikel in der „National-Zeitung" Essen vom 31. März 1935 
ist unter der Überschrift „Gegner der HJ — Gegner des Staates" zu 
lesen: „In Mülheim-Styrum hatten jSturmschärler' an einen Zaun in 

177 



großen Farben den Satz geschmiert: ,Wir brauchen keinen Hitler mehr!' 
Und die Standortführung Essen der HJ bel^am ein Flugblatt zurück- 
gesandt, auf dem der Satz geschrieben war: ,Wir bleiben unseren 
Pastoren, unseren Eltern und dem Zentrum treu! Wir 
von der Sturmschar!'" 

„. . . Kann denn überhaupt noch krasser gezeigt werden, in welcher 
Richtung die katholischen Sturmscharen gesteuert werden? . . ." 

(Merkwürdig und sonderbar ist, daß der Satz: „Wir brauchen keinen 
Hitler mehr!" in der „National-Zeitung" nicht besonders herausgestellt 
oder in Fettdruck kam...!!) 

Vielleicht ist es aber nicht mehr merkwürdig uhd sonderbar, wenn 
man folgendes hinzunimmt; 

Der Katholische Jungmännerverein Mülheim-Styrum, Sturmschar, 
hat unterm 2. April 1935 an die „National-Zeitung" unter Hinweis auf 
obige Verdächtigung einen Brief geschrieben und darin u. a. folgendes 
bemerkt: 

„Wir bedauern sehr, daß Sie die Sturmschar einer solchen 
Bubentat fähig halten. Gegebenenfalls möchten wir Sie aber bitten, 
so liebenswürdig zu sein und zu zeigen, wo das Geschriebene stehen 
soll (wir haben es bislang nicht entdecken können), und, uns wissen 
zu lassen, wer — falls überhaupt von dem Geschriebenen etwas 
vorhanden ist — bezeugen kann, daß dies die Sturmschärler aus- 
geführt haben sollen. 

Im Interesse einer Klarstellung wäre dies sicherlich notwendig." 

VII. 
Druck seitens der Lehrerschaft in den Schulen: 

Aus vielen Städten liegen Klagen und Beschwerden von Eltern und 
Jungen über Druckmittel und Zwangsmethoden seitens der Lehrerschaft 
vor. Die Lehrerschaft hat von übergeordneten Instanzen entsprechende 
Anweisung erhalten. 

Von übergeordneter Dienststelle wurden die Lehrpersonen aufge- 
fordert, in der Zeit der Frühjahrsoffensive t ä g 1 i c h mindestens 
10 Minuten lang über die Bedeutung der Staatsj ugend 
in den Schulen zu sprechen. In welcher Form das mancher- 
orts geschah, zeigen nachstehende Berichte: 

Rektor H. erklärt: „Keiner würde eine Stelle erhalten, wenn er 
nicht in die HJ ginge — er nennt die Mitglieder katholischer Vereine 
Kommunisten oder Funktionäre der KPD — er holt die Kinder 
einzeln auf sein Dienstzimmer und setzt ihnen furchtbar zu — schickt 
die Kinder mehrmals am Tag nach Hause, um die Zustimmung der 
Eltern zu holen — ist bereit, das Eintt-ittsgeld für Aufnahme in HJ 
zu bezahlen!" 

Lehrerin W. erklärt: ,iWer nicht im BDM ist, wird von mir nicht 
mehr beachtet. — Ich verderbe Euch die Zeugnisse und 
werde Euch keine Stellen besorgen." — Sie bestellt die Mütter der 
Kinder zu sich und. terrorisiert sie, 

RektorDr. H. zu einemJungschärler: „Wenn Du kein Inter- 
esse am JV hast, ist das genau soviel wie kein Interesse am Staat. 
Du wirst SDäter einmal so einer wie Matz Braun! Solche Jungen sehe 
ich nicht mehr als Deutsche an." 

E. R.: „In der Schule wurde ein außerordentlich starker Druck aus- 
geübt. Die Jungschärler wurden in die letzten Bänke gesetzt. 
Es wurde ihnen mitgeteilt, daß sie keine Quäkerspeisung und 
keine Lehrmittel mehr erhielten." < 

178 



R. E.: „Der Unterbann ftihrer Seh. hält in der Schule (!) 
eine Werbung, wer jetzt nicht käme, würde nicht mehr als 
Kamerad betrachtet, sei ein V o 1 k s v e r r ä t e r. Die Rede war so 
scharf, daß viele Kinder ganz verschüchtert und weinend nach Hause 
kamen. Viele Eltern haben sich beschwerti" 
Die Lehrer hatten übrigens noch einen besonderen Grund zur 
Werbung: 

Der für die HJ freigegebene Samstag: 

Die Kinder, welche nicht der HJ angehören, haben 6 Stunden Schule 
(morgens 4, nachmittags 2 Stunden). Die anderen Stunden, die sonst 
Samstags gegeben wurden, sind auf die anderen Wochentage verteilt 
worden. 

Die Lehrkräfte, deren sämtliche Kinder der HJ und 
dem BDM, angehören, haben nun an- den Samstagen vollständig 
frei, die anderen haben 6 Stunden mehr zu leisten und ist der ganze 
Samstag dafür in Anspruch genommen. Die Folge davon Ist, daß 
manche Lehrkräfte immer wieder fragen: „Bist du jetzt noch nicht bei 
der HJ oder im BDM? Jetzt ist es aber höchste Zeit, dazu den Schritt 
zu machen. Du wirst schon sehen, was das für Folgen hat, es kann 
nur Dummheit oder Trotz sein." So wird wohl weiter gemacht, bis das 
letzte Kind in einer dieser Organisationen ist. Es werden nur ganz 
positiv gläubig gesinnte und praktizierende Lehrkräfte dieses Kreuz auf 
sich nehmen und am Samstag ihre Pflicht ohne lyTurren erfüllen. 

vm. 

Wirtschaftliche Zurücksetzung und Bedrückung 

Aus der großen Zahl der eingelaufenen Berichte geben wir hier nur 
einen kleinen Teil wieder. Die überall erfolgte wirtschaftliche Benach- 
teiligung und Androhung wirtschaftlich-beruflicher Schädigungen gegen- 
über unseren Mitgliedern sind eindrucksvolle Beweise dafür, wie jener 
von maßgebenden Führern der Staatsjugend theoretisch formulierte 
Grundsatz der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in 
der HJ durch die praktische Wirklichkeit des Lebens Lügen gestraft 
wird und wie durch Gewährung materieller Vorteile für die Staats- 
jugend deutsche katholische Jugend zur Untreue gegenüber ihren kirch- 
lichen Bünden veranlaßt werden soll. 

IX. 

Besondere Vorfälle wie Körperverletzung, Überfall, 

schwere Beleidigung, Sachbeschädigung, 

Brandstiftung usw. 

Aus der Fülle der eingelaufenen Meldungen werden 25 Fälle wie- 
dergegeben. 2 Anlagen schildern erschütternde Fälle ausführlicher. 

X. 

Die Haltung der Polizei während der Offensive ■ 

Während der Offensive trug die Hauptfront des Polizeipräsidiums 
in Essen ein großes Plakat, geschmückt mit dem Hoheitszeichen der 
Polizei und der HJ, mit der Aufschrift: 

„Die Polizei steht zur Hitlerjugend!" 

Diese Inschrift illustriert treffend die Haltung der Polizei während 
der Offensive. Bis heute ist in keinem der vielen gemeldeten Überfälle, 
in keinem - Fall von Ausschreitungen, Schlägereien, Brandstiftungen, 
Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Hausfriedensbrüchen, Raub und 
Diebstahl bekannt geworden, daß die Täter der verdienten 
Strafe zugeführt wurden, soweit diese Täter einwandfrei feststehen 

179 



oder daß es den Bemühungen der Polizei gelungen ist, unbekannte 
T ä t e r z u e r m i 1 1 e 1 n. 

In den meisten Fällen wurde seitens der Geschädigten Strafanzeige 
erstattet. In vielen Fällen sind die Verfahren „wegen Geringfügigkeit 
oder deshalb eingestellt worden, weil die Mitglieder der HJ im Diszi- 
plinarweg , bestraft' worden sein sollen." 

Die Staatsanwaltschaft hat u. W. in keinem der aufgezählten Fälle 
von sich aus Strafantrag gestellt. 

Dagegen ist es verschiedentlich vorgekommen, daß Mitglieder 
katholischer Verbände in Schutzhaft kamen nur des- 
halb, weil sie sich zur Wehr gesetzt hatten! 

So standen die Polizei und die Justiz eindeutig auf selten der 
Hitlerjugend! Recht und Gesetz wurden bewußt mit Füßen getreten, 
und jene Hitlerjungen, die. beim Überfall in Essen- Altendorf bei Alar- 
mierung des Überfallkommandos ausriefen: „Polizei hält doch mit der 
HJ!", sprachen nur das aus, was traurige Wirklichkeit war. 

XI. 
Störungen des Gottesdienstes! 

Eine größere Zahl unif ormierteir auswärtiger HJ stört die Predig 
durch Lachen und halblaute Bemerkungen. Die Stelle des Liedes: 

„Christus, Herr der neuen Zeit.. .", 

wird von der HJ in der Kirche gesungen: 

„Hitler, Herr der neuen Zeit..." 

XII. 
Gesungene Liedtexte (während der „Frühjahrsoffensive") 
„. . . Wir fürchten Sturmschar und den Präses nicht . . ." 
„...Die schwarze Front, schlägt sie zu Brei!..." 
„. . . Sturmschar, gib acht, daß man dich nicht zum Staatskrüppel 

mächt! ..." 
„Sturmschar ade, scheiden tut weh, adieu Herr Kaplan! 
Nun muß ich fort in die HJ, adieu Herr Kaplan! 
Daß ich nun scheiden muß, das macht mir kein Verdruß, 
Weil du gelogen hast, adieu Herr Kaplan . . ." 
„Wir schlagen die Pfaffen alle tot, trumm, trumm . . . !" 

XIII. 

Texte aufTransparenten — Maueranschläge — 

Farbanstriche 

Paßt auf, ihr schwarzen Schatten, 
Auch eure Maske fällt, 
Ihr seid die ewig Satten, 
Doch uns gehört die Welt. 
Wir brauchen keine Sturmschar mehr — auch dieHJ geht in die Kirche 
HJ marschiert — PX krepiert 
Jeder PX^Bonze ist ein Verräter. 
An der Saale hellem Strande — steht PXdie Krüppelbande. 
Hütet euch, ihr schwarzen Hunde, 
Zwiespalt der Jugend — Verrat am Blut. 
Christuszeichen am Galgen, dabei diie Worte: „Lebt hoch am Galgen." 
„N i e d e r" (etwa 1 Meter große Buchstaben an der Kirche) 

Wir können nur meckern (bei einer Karikatur eines Priesters und 

einer Ziege!) 

180 



Die Kirche hat nur zu dienen, nicht zu politisieren! 
Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. 
Die Memmen aufs Schafott — die Kerle in die HJ! 
Deutsche Jugend erwache — hinein in die HJ! 
Das Christuszeichen erscheint wiederholt am Galgen (Farben- 
anstrich). 

XIV. 
Text für Sprechchöre. 

Wir haben die Kirche nicht nötig. 

Wer fürchtet sich vor dem schwarzen Mann? (Gegenüber einem 
geistlichen Herrn!) 
Und nun? 

Die Wahrheitüber den Erlolg der „Frühjahrs- 

offensive": 

" Die sogenannte „Frühjahrsoflensive" der HJ, die nach Presse und 
Rundfunk einen Zuwachs von, Tausenden Mitgliedern aus den katho- 
lischen Jugendverbänden in die Reihen der HJ gehabt haben soll, hatte 
ihre stärkste .Werbeaktion in Essen eingesetzt. 

Wir geben darum hiermit das wirkliche Ergebnis der „Frühjahrs- 
offensive" in 'Essen nach genauesten und zuverlässigsten Erhebungen 
bekannt: 

Gesamtergebnis aus 53 Pfarreien Essens: 

unter 14 über 14 J. 

Aus katholischen Vereinen ausgetreten ■. ■, » 160 22 

davon traten zu HJ bzw. JV über . . . ■ . . . . 124r 17 

In katholische Vereine neu eingetreten . . . 407 637 

davon kamen aus der HJ ...,......,.' . 29 29 

Geschlossene Gruppen, Gruppen mit Führern und einzelne Führer sind 
in ganz Essen keine übergetreten! 

Es ergibt sich nach obigem ein Mit gliedergewinn für die 
katholischen Jugendverbände in Essen während der 
Oflensive: 862 unter und über 14 Jahre. 

Dabei ist zu berücksichtigen, daß in 31 von 53 Vereinen während der 
Offensive eine Neviauf nähme von Schulentlassenen nicht erfolgte. 

Die Rache für den Mißerfolg 

Der offensichtliche Fehlschlag der ganzen Frühjahrsoffsive trieb 
Partei, HJ und Gestapo zu neuer Hetze und Gewalttätigkeit. 

Eine Pilgerfahrt katholischer Jugendlicher nach Rom, die den 
Teilnehmern ebensoviel Herzens- wie Wissensbereicherung und 
seelische Stärkung brachte, die Katholiken. Roms erbaute und den 
■Hl. Vater erfreute (siehe zweiter Teil unter Nr. 10), wurde von der 
nationalsozialistischen Presse in gemeinster Weise mißdeutet und 
verspottet. Ein Beispiel hiefür ist nachfolgender Artikel des „Völ- 
kischen Beobachters" vom 26. April 1935: 

Eine Zentrumsdemo nstrationmif deutscher Jugend 

in Rom 

Rom, 25. April. 

Ungefähr 2000 deutsche Jungen, die katholischen Jugendverbänden 
angehören, weilten während der Ostertage in Rom. Es fiel allgemein 
auf, daß in dieser Zeit die katholischen Organisationen in Deutschland 

181 



es unternehmen, derartige Jugendmassenaufgebote nach Rom zu schik- 
ken, wo sie nicht nur das Straßenbild mit ihren Gruppen beherrschten, 
sondern schon mit ihren 52 Autobussen und ihrer Tracht als organisierte 
Scharen ein Bild boten, das anscheinend den Eindruck erwecken sollte, 
als ob diese deutsche Jugend dem Papst mehr zu dienen gewillt sei als 
dem eigenen Vaterland. 

Dies könnte schon daraus hervorgehen, daß der deutsche Leiter die- 
ser Jungen beim Empfang' durch den Papst in seiner Ansprache er- 
klärte, daß diese 2000 Vertreter von 300 000 Köpfen organisierter katho- 
lischer Jugend Treue und Liebe zur Kirche und zum Vaterlande (Vater- 
land an zweiter Stelle) versprochen hätten. Als die Jungen nach einer 
Messe aus der Kirche traten und bei Passanten das Hakenkreuz sahen, 
grüßten zwar einige mit erhobenen Armen, aber die große Mehrzahl 
blickte vgrwirrt beiseite. 

Selbst katholische Geistliche sprachen sich dahin aus, daß derartige 
Besuche besser unterblieben, da sie nur geeignet seien, den religiösen 
Zwiespalt im Deutschen Volke zu verschärfen, da hier in Rom selbst- 
verständlich nichts unterbleibe, um diese Jugend für dauernd zu beein- 
flussen. • 

Sehr bezeichnend in diesem Sinne war die Feier am Ostersonntag 
anläßlich des Segens nach der Papstmesse, der vom Balkon der Peters- 
kirche vom Papst der draußen harrenden Menge erteilt wird. In vor- 
derster Reihe wären sehr demonstrativ diese 2000 deutschen Jungen in 
12 Reihen aufgestellt. Beim Erscheinen des Papstes bliesen sie auf ihren 
Trpnipieten. 

Die katholische Presse schreibt, daß die deutschen und österreichi- 
schen Jungen zusammen, eine Ehrenwache um den Beicht- 
altar in der Peterskir.che gebildet hätten. Sie hätten mit ihren Gebeten, 
Gesängen und Rufen der ganzen Versammlung den Ton gegeben, obwohl 
auch Jugend anderer Nationen vorhanden gewesen wäre. In den Län- 
dern dieser Jugend stoße die christliche Zivilisation mit einem satani- 
schen, gottesschänderischen Atheismus zusammen. 

Kein Wunder, wenn nach solcher Pressehetzung der Empfang 
der jugendlichen Pilger an der deutschen Grenze sehr unfreundlich 
war. SS und andere Polizisten des Dritten Eeiches nahmen ihnen 
Kleidungsstücke, Musikinstrumente, Wimpel und Papstandenken 
weg. 

Druck auf die Beamten 



Es dürfte wohl nicht bloß eine Einzelaktion gewesen sein, 
was der Kreisamtsleiter des „Reichsbundes deutscher Beamten" 
(RDB) von Viersen-Kempen einen Monat hernach zugunsten der 
HJ tun zu müssen und tun zu dürfen glaubte, indem er allen Mit- 
gliedern nachstehendes Schreiben übermitteln ließ: 

Kaldenkirchen, den 10. 5. 1935 

An den Bfk. Herrn (folgt namentliche Anschrift) 

in . 

durch den Ortswalter und Amtsleiter des RDB 

Die erste und zugleich grundlegende und umfassende Aufgabe des 
deutschen Beamten im Dritten Reich ist im Verhältnis des Beamten 
zum Führer begründet. Es erhält für jeden Beamten seinen Inhalt und 
seine Form durch den gesetzlichen Diensteid der Treue und des Gehor- 
sams des Beamten auf den Führer und somit auf Deutschland, das die 
Ehrenhaftigkeit und die Gewissensverpflichtung gegen die Volksgemein- 
schaft und gegen sich selbst an die erste Stelle gestellt hat. Der Eid ist 

182 



ein erhabener und feierlicher Akt des Bekenntnisses, das den Schwörenden 
unlösbar bindet. Derjenige Beamte würde danach nicht wahrhaft seinem 
Eide genügen, der in ihm nur die Erfüllung gewissenhafter 
Diensterfüllung erblickt. Der Eid der Treue und des Gehorsams 
auf Führer und Volk fordert mehr. Er schließ't ein die unbe- 
dingte Hingabe der ganzen Person des Eidesleisten- 
den. Aus dieser Gefolgschaft und Mannestreue folgt, daß besonders 
der Beamte und seine Familienangehörigen sich mit 
ganzer Person für die Verwirklichung der vom Führer gestellten Auf- 
gaben einzusetzen haben. 

Zu einer dieser Aufgaben gehört die Einigung der 
gesamten deutschen Jugend ih der HJ. Das Ziel der staat- 
lichen Jugenderziehung ist die systematische Heranbildung des un- 
bewußten jungen deutschen Menschen zum bewußten Staatsbürger und 
Träger der Staatsidee, d. h, des Nationalsozialismus. Das wich- 
tigste Erziehungsmittel zu diesem Ziele ist die Hitlerjugend als die welt- 
anschauliche Erziehungsgemeinschaft des jungen Deutschlands über- 
haupt. Derjenige deutsche Beamte, dessen Kinder bewußt außer- 
halb der Hitlerjugend (DJ, HJ, BDM) stehen, würde sich in 
Gegensatz zu dem Totalitätsanspruch des Nationalsozialis- 
mus stellen. Eine Stellungnahme, die sich mit der beschworenen Gefolg- 
schaftstreue nicht vereinen ließe. 

Was die konfessionellen (Verbände betrifft, so erklärte 
der HeichsjugendfÜhrer kürzlich auf einem Empfangsabend des außen- 
politiischen Amtes der NSDAP, daß der konfessionelle. Jugendverband 
in seiner heutigen Gestalt ein außerhalb der Jugend des Staates stehen- 
der Zusammenschluß derer sei, die d i e Idee des Staa- 
tesverneinen. Er bedeute in dieser Gestalt einen Ausläufer aus 
der Zeit, des Klassenstaates. Die sozialistische Idee des Dritten Reiches 
verlange im Gegensatz zu dem früheren Staat von jedem einzelnen 
bedingungslose Unterordnung seines individuellen 
Seins unter das sozialistische Sein seines Volkes. 
Jeder Jugendverband außerhalb der HJ verstoße gegen den Geist der 
Gemeinschaft, der der Geist des Staates sei. Dennoch ,s=ebe es einen 
Bezirk, innerhalb dessen der konfessionelle Bund eine Daseinsberechti- 
gung besitze, der von der HJ anerkannt und geachtet werde. Es sei 
der Bezirk der allein religiösen und seelsorgerischen 
Tätigkeit. 

Ich hoffe, daß Ihnen diese Ausführungen eindeutig gezeigt haben, 
daß jeder deutsche Beamte mit seinem Eid nicht nur die heilige 
Verpflichtung übernommen hat, sich selbst zum Nationalsozialisten zu 
erziehen, sondern auch seine Kinder Inder HJ zu National- 
sozialisten erziehen zu lassen. Ich bitte, mir bis zum 
2 0. Mai mitzuteilen, ob Ihre Kinder jetzt sämtlich Angehörige der 
HJ (DJ, HJ, BDM, JM) von 10 bis 21 Jahren sind. 

Ich bemerke noch, daß die NSDAP eine Körperschaft des öffent- 
lichen Rechtes ist und Sie, zumal Sie sich freiwillig in den der NSDAP 
angegliederten RDB eingegliedert haben, zur Auskunfterteilung ver- 
pflichtet sind. 

Heil Hitler! 

gez. Müllner (oder Wüllner) 

Kreisamtsleiter. 

Stempel der NSDAP, Amt für Beamte, Kreis Viersen-Kempen. 

Preußischesund bayerisches Verbot für KJ 

Am 23. Juli 1935 brachte eine preußische Polizei- 
verordnung ein vollies Betätigungsverbot für die konfessionellen 
Jugendverbände mit folgendem Wortlaut: 

183 



„Auf Grund des § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum 
Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 (RGBl. I S. 83) in 
Verbindung mit § 14 des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. Juni 1931 
(Gesetzsammlung S. 77) wird für Preußen folgende Verordnung er- 
lassen: 

§ 1. Allen konfessionellen Jugendverbänden, auch den für den 
Einzelfall gebildeten, ist jede Betätigung, die nicht rein kirchlich-religiö- 
ser Art ist, insbesondere eine solche politischer, sportlicher und volks- 
sportlicher Art untersagt. 

§ 2, Für die konfessionellen Jugendverbände und ihre männlichen 
und weiblichen Angehörigen, einschließlich der sogenannten Pfarr- 
jugend, gelten folgende Bestimmungen, 

Es ist verboten: 

1. Das Tragen von Uniformen Oundestracht, Kluft usw.), uniformähn- 
licher Kleidung und Uniformstücken, die auf die Zugehörigkeit zu 
einem konfessionellen Jugendverbande schließen lassen. Hierunter 
fällt auch das Tragen von Uniformen oder zur Uniform gehöriger 
Teilstücke unter Verdeckung durch Zivilkleidungsstücke (z.B. Män- 
tel), sowie jede sonstige einheitliche Kleidung, die als Ersatz für die 
bisherige Uniform anzusehen ist; 

2. das Tragen von Abzeichen, welche die Zugehörigkeit zu einem kon- 
fessionellen Jugendverbande kenntlich machen. (PX, DJK, Abzeichen.) 

3. das geschlossene Aufmarschieren, Wandern und Zelten in der Öffent- 
lichkeit, ferner die Unterhaltung eigener Musik- und Spielmanns- 
züge; 

4. das öffentliche Mitführen oder Zeigen von Bannern, Fahnen und 
Wimpeln, ausgenommen bei Teilnahme an althergebrachten Prozes- 
sionen, Wallfahrten, Primiz- und anderen Kirchenfeiern sowie Be- 
gräbnissen; 

5. jegliche Ausübung und Anleitung zu Sport und Wehrsport aller Art." 

Das Bayerische Staatsministerium des Innern 
erließ am 30. Juli 1935 eine eigene Verfügung, die besagte: 

§ 1. Das Tragen von einheitlicher Kleidung, von uniformähnlichen Klei- 
dungsstücken sowie von Abzeichen, durch welche die Zugehörigkeit 
zu einem konfessionellen Jugend- oder Jungmännerverband zum 
Ausdruck gebracht wird, ist verboten. 

§ 2. Den konfessionellen Jugendorganisationen wird jede sportliche, ins- 
besondere gelände- und volkssportliche Betätigung verboten. 

§3. Zuwiderhandlungen werden nach § 4 der *Verordnung des Reichs- 
präsidenten vom 28. Februar 1939 (RGBl. I, S. 83) bestraft. 

§4. Die Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft. 
Gleichzeitig tritt die oberpolizeiliche Vorschrift der Kreisregierung 
über das Uniform-, Abzeichen- und Sportverbot außer Kraft. 

Beachte: Diese bayerische Verordnung enthält nicht die in 
§ 2 Abs. 4 der Preußischen Polizeiverordnung vorgesehenen Aus- 
nahmen des öffentlichen Mitführens von Bannern, Fahnen und 
Wimpeln bei Teilnahme an althergebrachten Prozessionen, 
Wallfahrten, Primiz- und anderen Kirchenfeiern sowie Begräbnissen. 

Es regnet neue Verbote. 

Am 29. Juli 1935 würde den K i n d ern der Beamten die 
Zugehörigkeit zu konfessionellen Vereinen überhaupt verboten. 

184 



Dem Verbot des Organs des katholischen Jungmännerverbandes: 
„Die junge Front", das schon im März 1935 erlassen worden 
war, folgte im Januar 1936 auch die „Liquidierung" der Ersatz- 
zeitung „M i c h a e 1". ")iese hatte eine Auflage von mehr als 
300 000 Exemplaren gehabt, ein Zeichen, daß viele Hunderttausende 
von jungen Deutschen noch immer treu zur Stange hielten. 

Dann wurde auch noch sonstiges Schrifttum des Jungmänner- 
verbandes, ^Kalender, „Das Grundgesetz der katholischen Jugend", 
selbst das „Liederbüchlein" verboten und beschlagnahmt. 

Am 15. August 1935 wurde den Religionslehrern an 
höheren Schulen di^ seelsorgliche Betätigung in konfessionellen 
Jugendverbänden untersagt, erneut am 25. Juni 1936. Am 8. März 1937 
entschied dann das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung 
und Volksbildung: 

„Zu den konfessionellen Jugendverbänd^n im Sinne der Erlasse 
vom. 15. August 1935 und 25. Juni 1936 gehören nicht die konfessionellen 
Verbände, die sich auf rein religiöse Betätigung beschränken." 

Die letzten Stationen des Passionsweges der KJ 

Am 6. Februar 1936 wurde dann der Leiter des katholischen 
Jugendverbandes, Msgr. Ludwig Wolker, samt seinem Gene- 
ralsekretär Clemens und andere Mitarbeiter verhaftet, 
monatelang im Gefängnis festgehalten, ohne daß trotz aller pein- 
lichen Verhöre eine wirkliche Unterlage für einen Prozeß gefunden 
werden konnte. 

Am 1. Dezember 1936 geschah dann die Verstaatlichung 
der gesamten deutschen Jugend. Die braune Zwangs- 
jacke sollte, der gesamten deutschen Jugend angelegt werden. 

Der 25. Januar 1938 brachte dann auf Grund eines Befehls der 
Gestapo vom 20. Januar 1938 den großen Schlag: 

Die Auflösung der katholischen Jugendvereine 

Am 26. Januar 1938 veröffentlichte der „Völkische Beobachter" 
in München: 

Katholische Jugendorganisationen in Bayern 
verboten. Staatsfeindliche Betätigung erwiesen. 

Auf Grund § 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum 
Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 wurden in sämt- 
lichen bayerischen Diözesen, einschließlich der Diözese Speyer, die 
katholischen Jungmännervereine, Juhgfrauenkongregationen und 
der Neudeutsche Bund aufgelöst und verboten. Die entsprechende 
Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung hatte folgenden 
Wortlaut: 

Auflösung katholischer Jugendvereinigungen. 
Bek. d. Staatsmin. d. I. — Referat 19 Nr. 52301/37 II B — vom 31. Ja- 
nuar 1938 über die Auflösung katholischer Vereine. 

185 



Auf Grund § 1 der VO des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk 
und Staat vom 28. Februar 1933 (RGBl. S. 83) werden mit sofortiger 
Wirksamkeit folgende katholische Vereine aufgelöst und verboten: 

1. Die Marianischen Jungfrauenkongregationen der 
bayerischen Diözesen einschließlich der Pfalz mit ihren Unter- und 
Nebengliederungen sowie die ihr angeschlossenen Jungfrauenvereine. 

2. Die katholischen Jungmännervereine der bayerischen 
Diözesen einschließlich der Diözese Speyer mit ihren Unter- und 
Nebengliederungen, insbesondere der St.-Georgs-Pfadflnder und 
Sturmscharen. 

3. Der Bund Neudeutschland — Jüngerenbund (Vereini- 
gung von Schülern höherer Lehranstalten) für das Land Bayern, 
einschließlich der Pfalz. 

Den angeführten Vereinen wird jede Tätigkeit, insbesondere die Er- 
richtung von Nachfolge- und Deckorganisationen verboten, Verboten 
wird ferner der korporative Eintritt der Mitglieder in eine andere katho- 
lische Organisation. Zuwiderhandlungen werden nach § 4 der VO vom 
28. Februar 1933 bestraft. 

I. V. Frhr. v. Eberstein. 

Wie die Bischöfe Bayerns in einem Hirtenwort vom 6. Februar 
1938 feststellten, lag das besonders Verletzende dieser Verordnung 
darin, daß sie sich auf das Gesetz vom 28. Februar 1933 stützte, das 
doch den Untertitel führt: „...zur Abwehr kommunisti- 
scher, staatsgefährdender Gewaltakt e"; Darum 
schrieben sie: „W ir erheben Einspruch dagegen, daß 
man unter Berufung auf diese Verordnung kirch- 
liche Vereine auflöst und verbietet, die nicht 
kommunistisch, sondern christlich sind, dienicht 
staaatsgefährdend, sondern staatsbejahend sind, 
die nicht Gewaltakte planen, sondern bestehende 
Obrigkeiten anerkennen." 

Neben den im Erlaß namentlich genannten /männlichen und 
weiblichen Jugendvereinen wurden vielerorts aber auch 
andere Vereine aufgelöst, z. B. in der Erzdiözese München 
fünf katholische Arbeitervereine, heun katholische Burschenvereine, 
fünf katholische Gesellenvereine, vereinzelte Dienstmädchenvereine, 
selbst rein religiöse Vereine, wie Müttervereine, Bruderschaften usw. 

Das Vermögen all dieser Vereine (Häuser, Heime, Sportplätze, 
Sportgeräte, Zelte, Büchereien, Musikinstrumente, Fahnen, Bühnen, 
selbst Schott: Meßbuch der katholischen Kirche, „Kirchengebet", 
Sparkonten, Bargeld usw.) wurde restlos weggenommen. Auch 
Gelder von sogenannten „Pfarrjugendwerke n", die doch 
gar keine Vereine waren, sondern nur Mittel für die allgemeine 
Jugendpflege der Pfarrei sammelten, wurden mancher- 
orts beschlagnahmt (z. B. in St. Ludwig München mehrere Tausend 
Mark). 

Am 24. August 1938 wurde in ganz Deutschland auch die 
Deutsche Jugendkraft (D.J.K.), die innerhalb der katho- 
lischen Jugendvereine den Sport gepflegt hatte, polizeilich aufgelöst 
und ihr Vermögen beschlagnahmt. 

186 



Doch die katholisch eJugend blieb trotzflieser 
langsamen Hinrichtung am Leben. Die Seelsorgsarbeit 
an ihr wurde erst recht verstärkt, mochte sie sich auch ganz ins 
Kircheninnere zurückziehen müssen. 

Eigene bischöfliche Jugendseelsorgsämter 
suchten in allen Diözesen die Arbeit an allen katholischen Pfarr- 
jugendlichen zu steigern. Am 31. Januar 1938 verfügte beispiels- 
weise das Erzbischöfliche Ordinariat München: 

„Bis zur Klärung der Angelegenheit und einer evtl. weiteren Nach- 
richt unserseits ruht selbstverständlich jede Arbeit in den aufgelösten 
Vereinigungen ... Dagegen geht die kirchliche Jugend- 
seelsorgsarbeit nach den bischöflichen Richtlinien weiter, wen- 
det sich aber immer an die gesamte katholische Jugend des 
Seelsorgsbezirks; z. B. ergeht die Einladung zu einer kirchlichen Jugend- 
andacht jeweils an alle katholischen Jugendlichen; die Andacht selbst 
führt eine entsprechende allgemeine Öezeichnung (z. B. ,Katho- 
lische Jugendandacht', ,Marianische Weihestunde katholischer Jung- 
mädchen'.) Auch der Inhalt der Andacht verzichtet auf alles Kongre- 
gations- oder Vereinsmäßige. Die Arbeit in den nichtaufgelösten katho- 
lischen Vereinen geht natürlich weiter^ hält sich aber, wie bisher, pein- 
lich an die bestehenden staatlichen oder polizeilichen Verordnungen." 

In Tirol ging man auch noch gegen diese lose und bloße 
Jugendseelsorge vor. Die Staatspolizei Innsbruck verordnete zu 
Ende des Jahre 1940: 

„Jede Tätigkeit von Pfarrjugend und Jügendkongregatiohen ist ver- 
boten. Unter die Pfarrjugendtätigkeit fällt jede religiöse Be- 
treuung von Jugendlichen unter 18 Jahren beiderlei Ge- 
schlechts mit Ausnahme: 1. des zugelassenen Religionsunterrichtes in 
den Schulen, 2. des Pirmunterrichtes, für die Firmlinge, 3. der Teil- 
nahme an den normalen Gottesdiensten der Erwachsenen. Es fallen 
unter das Verbot insbesondere: alle Glaubefns-, Gebets-, Sing- 
und Andachtsstunden, Einkehr Übungen, Exerzitien 
Usw. 

Die Tätigkeit der Ministranten fällt nicht unter das ' Verbot. In-^ 
dessen sind die in den letzten beiden Jahren zum Teil außerordentlich 
stark angewachsenen Ministrantengruppen auf. den Stand vom Fe- 
bruar 1938 zurückzuführen. 

Das Pfarrjugend- und Jugendkongregationsver- 
bot darf vom Klerus in keiner Weise öffentlich ver- 
kündet oder behandelt werden, insbesondere nicht von der 
Kanzel. Es ist vielmehr den in Frage kommenden Jugendlichen münd- 
lich in sachlicher Form zu eröffnen. 

Der Stichtag für das Verbot ist der 5. Dezember und für die Mini- 
stranten der 1. Jänner 1941. Eine Umgehung durch die Geistlichkeit 
oder die Laienhelfer wird bestraft." 

Die zuständigen Bischöfe dieses Gebietes, d. i. der Fürsterzbischof 
von Salzburg und der Apostolische Administrator von Innsbruck, er- 
hoben natürlich feierlichsten Einspruch gegen diese Verordnung. Die 
Staatspolizei erklärte jedoch auf das bestimmteste, daß ab S.Dezember 
d. J. die Übertretung dieses Verbotes mit Zwangsmitteln geahndet werde. 
Das Verbot erstreckte sich auch auf die gesamte Kinderseel- 
sorge und stellte somit ein Seelsorgeverbot an der gesamten 
jungen Generation dar. 

187 



So sabotierte man im Dritten Reich nicht mehr bloß Artikel 31 
des Konkordates (katholische Organisationen und Verbände be- 
treifend), sondern auch den grundlegenden Artikel 1 desselben, der 
die Freiheit der Kirche gewährleistete! 

B. Der Kampf gegen alle katholischen Vereine 

Moloch Nationalsozialismus war von Anfang an mit den 
jugendlichen Opfern allein nicht zufrieden. Er streckte 
seine gierigen Arme auch nach allen übrigen katholischen Organi- 
sationen aus. Es durfte ja im Dritten Reich überall nur noch Einer- 
lei geben. Alle myßten in Einheitszwangsstiefeln marschieren. 
„Die Reihen fest geschlossen"! 

Dies verlangte zunächst einmal die 

Gleichschaltung aller Vereine. 

Parteimerkblatt Nr. 2 bestimmte unter anderem: 

„Gemäß den von der Reichsregierung und der obersten Partei- 
leitung der NSDAP herausgegebenen Richtlinien ist die Gleichschaltung 
der Vereine derart durchzuführen, daß die Mehrzahl der Vor- 
standsmitglie^er der NSDAP angehören oder mindestens 
schon seit längerer Zeit der nationalsozialistischen Bewegung nahe- 
stehen. Im einzelnen ist hiebei folgendes zu beachten: 

Der ersteVorsitzende soll nach Möglichkeit jenen Mitgliedern 
entnommen werden, welche schon seit längerer Zeit der NSDAP an- 
gehören. 

Soweit nicht besondere Verhältnisse vorliegen, ist dem Führer- 
prinzip Rechnung zu tragen. 

Die neue Vorstandschaft hat in kürzester Zeit Vorschläge für die 
Umgestaltung der Vereinsstatuten im nationalsozialistischen Sinn 
auszuarbeiten und beschließen zu lassen. 

Nach Durchprüfung der Gleichschaltung der einzelnen Vereine 
sind an Hand der bestehenden Bestimmungen sowie der oben angeführ- 
ten Richtlinien die Vorstände der übergeordneten Ver- 
bandsleitungen umzugestalten. 

Vereinsmitglieder, die sich der Ausrichtung der Vereine 
und Verbände auf das neue Deutschland widersetzen, sind auf Grund 
ihres Verhaltens vom Verein auszuschließen. 

Anhang zu den Statuten: Die Mitarbeit des Vereins an den Zielen 
der nationalen Regierung, zu der sich der Verein durch geistige Aus- 
richtung auf das Dritte Reich bereit erklärt, bekundet er durch den 
korporativen Anschluß an den Kampfbund für Deutsche Kultur. — Er 
verpflichtet sich, für die Bestrebungen des letzteren einen monatlichen ^ 
Beitrag von mindestens 5 Pfg. pro Mitglied abzuführen. 

Meldungsbogenfür die Gleichschaltung, 

Name des Vereins 

Verkehrslokal . 

Anschrift 

Der Verein wurde am ...... gemäß den veröffentlichten Richtlinien 

gleichgeschaltet. Die Satzungen wurden geändert und am ... . 

Vereinsregister gemeldet (nur für e.V.). 

188 



Das Führerprinzip wurde ...... .durchgeführt. Im Verein befinden 

sich noch , Mitglieder jüdischer Abstammung, die Ausscheidung 

der Nichtarier erfolgte auf Grundlage des Beamtengesetzes. 

Gemäß den derzeitigen Satzungen ist die Aufnahme von Nichtariern 

grundsätzlich ^^^ ^^^^ möglich. 

Der Verein hat sich am dem Kampf bund für Deutsche Kultur 

als Förderer angeschlossen mit einem monatlichen Beitrag von RM 

Name der neuen Vorstandschaft auf der Rückseite! 

Ort ....... den 

Unterschrift. 

Dazu noch eigens eine: 

Bestätigung 
Die Unterfertigten bestätigen, daß Herr nationalsoziali- 
stischer Gesinnung ist und Gewähr dafür bietet, daß er den von ihm 

vertretenen Verein . im Sinne der nationalen Regierung 

leiten wird. 

Ort ., den ^ 

Unterschrift Unterschrift 

Mitgl. der NSDAP Nr. Mitgl. der NSDAP Nr " 

Es ist klar, daß die katholischen Vereine eine solche 
Gleichschaltung nicht mitmachen konnten. Dies scheiterte ja fast 
durchwegs schon an der einen Tatsache, daß Vorstand oder 
Präses der katholischen Vereine zumeist ein katholischer 
Geistlicher war; und von ihnen ließ sich unter tausend kaum 
einer „gleichschalten". 

Auch die Satzungen waren nicht leicht zu ändern; denn 
dies hätte in der Regel nur mit Zustimmung der Oberhirtlichen 
Stelle geschehen können. Und die war für nationalsozialistische 
Abänderungsvorschläge absolut nicht zu haben. 

Dann war man eine kurze Zeitlang gehemmt durch Artikel 31 
des am 20. Juli 1933 abgeschlossenen „Konkordates zwischen dem 
Hl. Stuhl und dem Deutschen Reich", das bestimmte: 

„Diejenigen katholischen Organisationen und Verbände, die aus- 
schließlich religiösen, rein kulturellen und karitativen Zwecken dienen 
und als solche der kirchlichen Behörde unterstellt sind, werden in ihren 
Einrichtungen und in ihrer Tätigkeit geschützt. 

Diejenigen katholischen Organisationen, die außer religiösen, kultu- 
rellen oder karitativen Zwecken auch anderen, darunter auch sozialen 
oder berufsständischen Aufgaben dienen, sollen unbeschadet einer etwai- 
gen Einordnung in staatliche Verbände den Schutz des Art. 31 Abs. 1 
genießen, sofern sie Gewähr dafür bieten, ihre Tätigkeit außerhalb jeder 
politischen Partei zu entfalten." 

Doch was waren Verträge für Nationalsozia- 
listen! Sie galten nur, solange und wie man sie brauchte, 
Artikel 31 war ihnen unbequem. Also sorgte man dafür, daß er 
praktisch nicht zur Geltung kam. Ein Jahr lang ließ man Papst 
und deutsche Bischöfe darüber verhandeln, welche katholischen 
Vereine den Schutz von Absatz 1 oder 2 genießen sollten, verzettelte 

189 



die Vereinbarungen in einer Reihe von Einzelabsprachen mit ver- 
schiedenen Kontrahenten. 

Noch während dieser Verhandlungen schuf man rücksichtslos 
„vollendete Tatsachen", z. B. die 

Auflösung der katholischen Studenten- 
verbindungen 

Die Totalität des Nationalsozialismus duldete eben nicht, daß 
neben dem nationalsozialistischen „Deutschen Studentenbund" 
(NSDSTB) noch besondere Studentenkorporationen irgendwelcher' 
Art bestanden, am allerwenigsten solche konfessioneller Besonder- 
heit. Sie mußten darum „spontan" dem Einheitsideal zum Opfer 
fallen. Der Hl. Stuhl äußerte sich auch zu dieser Vergewaltigung 
sehr offen in der Note vom 14. Mai 1934: 

„Das Wechselspiel der in dem dortigen Promemoria angewandten 
Argumentation hat gegen Ende der Ziffer IV Platz für eine Beweisfüh- 
rung ganz eigener Art, im Zusammenhang mit der kurz gestreiften 
Frage der Organisationen für die katholische akademische Jugend, Als 
Beweis für die .ungestüme For m', in der ,der Wille zur volk- 
lichen Zusammenfassung' in diesen Kreisen sich durchgesetzt 
habe, weist die Denkschrift der Reichsregierung auf das ,spontane 
Aufgeben des Konfessionsprinzips gerade seitens 
der katholischen Studentenverbände' hin, Selbstverständ- 
lich ist der Gedanke volklicher Zusammenfassung in den Kreisen der 
katholischen Studentenschaft gerade so positiver Bejahung sicher wie 
in anderen Kreisen. Was dieser Gedanke jedoch mit dem Konfessions- 
prinzip der bisherigen katholischen Studentenvereinigungen zu tun 
haben soll, ist unklar. Wer in der Bejahung des Konfession s- 
prinzipsdie Verneinungdes Volksprinzips sieht, mit 
dem ist jede Auseinandersetzung aussichtslos. Nichts 
ist ungerechter /und beleidigender als die Behauptung ihrer Unverein- 
barkeit. Davon aber abgesehen, ist die Genesis der einschlägigen Be- 
schlüsse nachgerade so bekannt, daß der Hl. Stuhl hätte erwarten kön- 
nen, wenigstens von der Behauptung der ,Spontaneität* dieser 
Beschlüsse amtlich verschont zu bleiben. Hätte die Reichsregierung 
im vorliegenden Fall nicht den Weg der Ersetzung des Mehrheitswillens 
durch das sogenannte ,Führerprinzipi' beschritten und das, was eine Ge- 
wissensfrage der vielen war und ist, zu einer Frage der charakterlichen 
Widerstandsfähigkeit eines von ihr ausgesuchten, rein äußerlichen Re- 
präsentanten gemacht, so wäre das umgekehrte Ergebnis nicht einen 
Augenblick zweifelhaft gewesen. Wie gering in diesem Falle die innere 
Übereinstimmung war,' hat einer dieser von oben verordneten Führer 
mit seinem durch die enttäuschte Gefolgschaft herbeigeführten Rück- 
tritt noch jüngst bewiesen. Der Hl. Stuhl weiß, in welchem 
Maße heute in Deutschland die Freiheit der Ent- 
schließungen eingeschränkt ist durch den Druck, der 
vom Wirtschaftlichen und von der Sorge um die nackte Existenz her 
auf Beamten, Angestellten, Arbeitern, Gelehrten, ja 
selbstin früher freie nBerufen, auf fast allen Staats- 
bürgern lastet. Ungezählte derjenigen, mit deren ,frei williger' Zu- 
stimmung zur Entkonfessionalisierung die Reichsregierung in einem 
diplomatischen Promemoria argumentiert, können ohne Gefährdung 
ihrer Existenz nicht öffentlich gegen diese Ausdeutung der Vorgänge 
protestieren; sonst wäre der Massenprotest sicher. Der Heilige Stuhl 
möchte daher wenigstens vor der Geschichte die Feststellungen nicht 
unterlassen, die zur Steuer der Wahrheit notwendig sind." 

190 



Echt nationalsozialistische Vertragsdeutung 

Ende Juni 1934 erklärte der Unterhändler der Deutschen 
Reichsregierung, Ministerialdirektor Butt mann, „Artikel 31 
des Konk or d at es sei überhaupt noch nicht in 
Kraft gesetz t." Im August des Vorjahres aber hatte derselbe 
Buttmann die beschleunigte Ratifikation des Konkordates beim 
Episkopat und Hl. Stuhl gerade mit dem Argument betrieben, daß 
das Reich durch sie erst die Aktivlegitimation erhalte, gegen die 
Einzelstaaten, welche der Durchführung des Artikels 31 wider- 
strebten, vorzugehen. 

Jetzt war das Konkordat längst ratifiziert (10. September 1933), 
aber sein Artike] 31 war nach Auffassung der Reichsregierung 
„noch nicht geltendes Recht". 

Außerdem sollte auf einmal auch die Partei zu etwaigen 
Abmachungen zwischen Kirche und Staat über Artikel 31 wie auch 
zum Konkordat im ganzen gehört werden, war also die selb- 
ständige Ve rhandlungs- und Abschlußfähigkeit 
der Staatsbehörde ausgeschaltet. Für den Heiligen 
Stuhl aber konnten als Konkordatspartner und folgerichtigerweise 
auch als Abschlußpartner für ergänzende und ausführende Ab- 
kommen lediglich der Staat und seine bevollmächtigten Unter- 
händler existieren. Erklärungen eines Parteivertreters, er wolle 
sich dafür einsetzen, daß die Parteiorganisationen die Abmachungen 
halten. würden, konnten dem Hl. Stuhl um so weniger genügen, als 
von dem gleichen Parteimann sofort einschränkend erklärt wurde: 
„V oraussetzung sei, daß überhaupt ein fried- 
liches Verhältnis zwischen katholischer Kirche 
und Partei besteh e." Das war ja nun eine Bindung" auf Ruf 
und Widerruf: Man brauchte ja bloß die Kirche als parteifeindlich 
zu erklären — und man war aller Verpflichtungen, ledig. Und die 
Kirche war doch „parteifeindlich", wenn sie sich nicht alle Ver- 
stöße der Partei oder von Parteimitgliedern gegen religiöse und 
kirchliche Grundsätze ruhig gefallen ließ. 

Im übrigen verhinderte man alle Klarstellung und Festlegung 
durch eine unerhörte und "unanständige Verschleppungs- 
taktik. 

In einer Note vom 29. Januar 1935 mußte der Hl. Stuhl Klage 
führen, daß zehn bzw. neun Noten und Anregungen des Heiligen 
Stuhles, angefangen vom 28. Oktober 1933 bis zum 18. Juli 1934, 
noch der Erledigung bzw. Beantwortung harrten. 

So waren bald weder Einrichtungen noch Tätigkeit der „katho- 
lichen Vereine oder Organisationen und Verbände mit ausschließ- 
lich religiösen, rein kulturellen und caritativen Zwecken" noch 
„Organisationen, die darüber hinaus auch noch sozialen oder berufs- 
ftändischen Aufgaben dienten", geschützt. 

191 



„Neue Fesseln'!" 

Eine Hand- und Fußfessel nach der anderen wurde ihnen an- 
gelegt: 

Man forderte die Namen der Vorsteher, Angaben über 
Zahl der Mitglieder, Satzungen ein. 

Sodann beschränkte man Tätigkeitsfeld und Tätig- 
keit s m a ß der katholischen Vereine: Zuerst verlangte man, daß 
jede Versammlung frühzeitig gemeldet werden mußte. Später 
war überhaupt erst um die förmliche Genehmigung der Ver- 
sammlungen einzukommen. Wieder etwas später wurde eine solche 
Genehmigung nur monatlich einmal, nach kurzer Zeit nur 
noch alle zwei Monate> gegeben. 

Dann ging die Einengung der Versammlungen auch auf den 
Baum über: Es wurden nur noch Versammlungen in kirchen- 
eigenem Raum gestattet. Wo ein solcher nicht zur Verfügung 
stand, war eben eine Versammlung nicht möglich. Und wenn etwa 
vorhandene kircheneigene Räume recht klein waren, um so besser. 
So konnte das „katholische Unkraut" sich nicht mehr so breit 
machen. 

Natürlich wurden katholische Vereinsversammlungen durch- 
wegs polizeilich bewacht oder wenigstens insgeheim be- 
spitzelt. 

Was Versammlung war, bestimmte die Gestapo . allein. Sie 
ei klärte des öfteren auch rein seelsorgliches . Beisammensein meh- 
rerer als Versammlung. 

So z. B. eine Unterweisung, welche H. Kurat Beer von Pfarrei 
„Königin des Friedens" in München am' 3. und 4. Oktober 1939 in sei- 
nem Pfarrheim einigen Pfarrangehörigen bezüglich Verteilung von 
Meldemappen zur kartothekmäßigen Erfassung der Pfarrangehörigen 
gegeben hatte. Domkapitular N e u h ä u s 1 e r wurde im Dezember 1933 
zur Polizei abgeführt und dort eine Nacht festgehalten, weil er als erz- 
bischöflicher Presse-Referent Geistliche der Stadt ins Erzbischöfliche 
Ordinariat berufen hatte, um sie über die Umwandlung der „Münchener 
Katholischen Kirchenzeitung" in ein Diözesänblatt zu unterrichten und 
entsprechende Weisungen zur Mitarbeit zu geben. Selbst Vorträge in 
Kirchen, wie sie z. B. in der Alten Haidhauser Kirche von P. W a 1 d - 
mann S. J. für abgefallene und abgestandene Katholiken gehalten wur- 
den (28. — 30. November 1939), wurden beanstandet. 

Sogar bloße Pr ob en v on Ki r ch en ch ö r en wurden da 
und dort als Vereinsversammlung betrachtet und als genehmigungs- 
pflichtig erklärt und auf kircheneigenen Räum verwiesen. 

Bibelabende rein religiöser Art, die außerhalb der Kirche 
stattfanden, wie es im Winter notwendig war, mußten schon vier 
Wochen vorher polizeilich gemeldet werden bzw. später je- 
weils zum 25. des laufenden Monats für den ganzen folgenden 
Monat, 

Nach diesen Einschnürungen katholischen Versammlungslebens 
kam dann das Verbot besonderer Lehrkürse innerhalb katho- 

192 



lischer Organisationen, wie sie z. B. die katholischen, Gesellen- 
vereine („Kolpingswerk") seit Jahrzehnten zum Segen des deut- 
schen Handwerks betrieb für Stenographie, Kalkulation, Vortrags- 
kunst, für Schlosser, Schneider, Schreiner, Friseure, Buchbinder 
usw. 

Selbst karitative Arbeit von katholischen Vereinsmit- 
gliedern wurde beanstandet: z, B. brachte die Anfertigung von Meß- 
taschen für Feldseelsorger dem Katholischen Frauenbund wieder- 
holt Vorladungen vor die Gestapo. Beim Zweigverein Burghausen 
wurde sogar Material hiefür (Kreuze, Meßbücher usw.) beschlag- 
nahmt. 

Dann probierte man es mit der 

Anforderung von Mitgliederlisten. 

So wollte man diejenigen, welche man noch nicht als An- 
gehörige katholischer Vereine kannte, herausbringen; jene aber, 
welche man schon als solche kannte, in Schrecken setzen, auf daß 
sie doch schleunigst ihren Austritt erklären sollten. Doch die ober- 
hirtlichen Stellen gaben den katholischen Vereinen strenge Weisung, 
diesem Verlangen nicht nachzugeben und protestierten bei Regie- 
rung und Parteiorganisationen entschieden gegen diese Ausnahme- 
behandlung der katholischen Vereine. 

. . Kardinal Bertram-Breslau begründete diese Ablehnung noch aus- 
drücklich mit einem Schreiben vom 27. Mai 1935 

„Zu der Frage: 

Ob Mitgliederbestand der katholischen Jugendvereine mit Namen 
und Anschrift aller Mitglieder der Polizei zu melden Pflicht ist. 

Ähnlich wie früher bezüglich der Teilnehmer an Exerzitien ist jetzt 
diese Anmeldung am 20. d. M. an verschiedenen Orten auf Anordnung 
der Staatspolizei in Berlin gestellt, in einem Falle mit Ankündigung der 
sonst folgenden Verhaftung des Kaplans als Präses. Hiesige Vertreter 
der Staatspolizei erbaten zustimmende Äußerung des Generalvikariats. 
Diese zu geben ist abgelehnt, weil 

1. Die Absicht, dieses Adressen-Material zu besitzen, in Zusammen- 
hang stehen wird mit dem an zahlreichen Orten mit größtem Nachdruck 
eingetretenen Bestreben, Eltern von Jugendlichen, insbesondere Lehrer, 
Beamte, abhängige Arbeiter zu nötigen, ihre Kinder aus dem katholi- 
schen Verein herauszunehmen; 

2. weil solche und ähnliche Bestrebungen von behördlichen Organen 
unvereinbar sind sowohl mit Artikel 31 des Reichskonkordates, wie mit 
der wiederholt gegebenen Zusicherung, daß Freiheit der Mitgliedschaft 
zu katholischen Vereinen wie zur Hitlerjugend herrschen soll; 

3. weil die gesetzliche Unterlage für diese Polizeibefugnis fehlt." 

Verbot der „Doppelmitgliedschaft" 

Das Adressenmaterial, das man mit Einforderung der Mit- 
gliederlisten erlangen wollte, sollte besonders der NS-Arbeits- 
front dienen. Dann hätten diese es ja leicht gehabt, ihr Verbot 
der Doppelmitgliedschaft strengstens und bis zum letzten 
durchzuführen, das heißt, jeden, der sich da noch als Mitglied eines 

Kreuz und Hakenkreuz 13 293 



katholischen Vereines entpuppte, aus der Arbeitsfront auszuschlie- 
ßen, ihn so nicht bloß all der Vergünstigungen der Arbeitsfront und 
des Wertes all seiner bisherigen Leistungen zu berauben, sondern 
auch noch stellungslos und brotlos zu machen; denn Betriebsleiter 
und Arbeiter drangen ja vielfach darauf, daß ihr Betrieb zu hundert 
Prozent in der Arbeitsfront war, auch in dieser Hinsicht ein 
„Musterbetrieb" war. Entgegen allen Protesten der 
Bischöfe unter Hinweis auf Artikel 31 des Reichskonkordates 
wurde darum das Verbot der Doppelmitgliedschaft aufrechterhalten, 
immer wieder bekanntgegeben und verschärft. Es sollte die Mit- 
glieder katholischer Vereine stärkstens schrecken und unbedingt 
zum Austritt zwingen. 

Terror überall und von allen Seiten! 

Neben diesem allgemeinen Druck auf katholische Vereine 
wurde aber auch auf die einzelnen Mitglieder drohend 
und zwingend eingewirkt. 

Reichsminister Frick gab auf dem Parteitag Westfalen den 
Auftakt hiezu (13. Juli 1935). 

„Es ist fürs ganze Reich die Zeit nicht mehr für katholische Vereine, 
weil diese Organisationen immer wieder auf- Gebiete übergreifen, die 
sich der NS vorbehalten muß. 

Mit Rücksicht darauf muß ich verlangen, daß die Beamten, An- 
gestellten, Arbeiter ihre Mitgliedschaft in konfessionellen Vereinen auf- 
geben und daß sie ihre Kinder veranlassen, aus solchen Vereinen aus- 
zutreten. 

Ich beabsichtige keinen Gewissenszwang . . . wer glaubt, nicht ent- 
sprechen zu können, muß auf weitere Mitarbeit am Aufbau des Staates 
verzichten." 

Der Landeshauptmann Dr. Geßner von der Provinz Han- 
nover verlangte dementsprechend schon ein paar Wochen später 
(Volk. Beob. 7. August 1935) mit einer gewissen zeitlichen Verschärfung 
(sofort) von Beamten, Angestellten und Arbeitern, 

daß sie sofort ihre Mitgliedschaft in konfessionellen Organisatio- 
nen aufgeben und ihre Kinder veranlassen, aus den konfessio- 
nellen Jugendverbänden auszutreten. Diese Anordnung sei kein Ge- 
wissenszwang; aber wer glaube, nicht entsprechen zu können, müsse auf 
die weitere Mitarbeit am Aufbau des Staates verzichten. 

Einen Monat später (11, September 1935) gaben die Bayerischen 
Staatsministerien bekannt: 

„Bis 1, Oktober hat jeder Beamte mit Bezug auf seinen Diensteid 
eine Erklärung abzugebenj welchen Beamtenvereinigungen, gleichgültig 
ob diese auf berufsethischer, beamtenpolitischer, beamtenwirtschaft- 
licher oder konfessioneller . . Grundlage beruhen, er in der Nachkriegs- 
zeit angehört hat oder noch angehört. 

Die Erklärung wird zu den Personalakten genommen. Folgerungen 
. . . werden vorläufig nicht gezogen." 

Der Bürgermeister von München sah keinen Anlaß, da- 
gegen einzuschreiten, daß seine Angestellten aus der „Deutschen Ar- 
beitsfront" ausgeschlossen wurden, bloß weil sie einer rein religiö- 
sen Vereinigung, der Marianischen Männerkongregation, 
angehörten. Er antwortete auf eine diesbezügliche Beschwerde unterm 
18. September 1935 an das Erzbischöfliche Ordinariat: 

19^ 



„über den Ausschluß städtischer Angestellter aus der DAF wegen 
Mitgliedschaft bei der Männerkongregation gestatte ich mir mitzuteilen, 
daß der Spruchausschuß der DAF diese Ausschlüsse genehmigt hat. 
Der Stadtverwaltung stehen Entscheidungen nach der Richtung nicht 
zu," 

Unerbittlich wollte die NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Ar- 
beiter-Partei) der Stadt Dinkelsbühl (Bayern) den Willen von 
Dr. Ley durchführen. Sie veröffentlichte am 19. August 1935: 

„Auf Grund einer Verfügung des Reichsorganisationsleiters Dr. Ley 
bezüglich der Mitgliedschaft von DAF und Mitgliedern der konfessionel- 
len Arbeitervereine werden Sie hiemit aufgefordert, Ihren Austritt aus 
dem katholischen Gesellenverein zu erklären. 

Sollten Sie nicht gewillt sein, der Anordnung des R. Dr. Ley Folge 
zu leisten, so haben Sie die Konsequenzen daraus zu ziehen. Es gibt 
nur eines: in den NS- Gliederungen organisiert sein oder in einem kon- 
fessionellen Verband ein Gegner des Staates zu sein." 

Rothenburg ob der Tauber sperrte den Mitgliedern katho- 
lischer Jugendvereine die Berufsausbildung: 

„Im Kreis Rothenburg wurde zwischen Stellen der Partei und Wirt- 
schaft vereinbart, daß in Zukunft nur noch Lehrlinge aus der HJ 
eingestellt werden." (3. November 1935.) 

Die Stadt Laufen (Oberbayern) dehnte das Verbot der Mit- 
gliedschaft bei katholischen Vereinen auch auf die Angehörigen 
der bei der Stadt Beschäftigten aus und drohte mit wirtschaftlichen 
Maßnahmen: 

„Die Beschäftigten der Stadt (Arbeiter, Angestellte, Beamte) und 
deren Familienangehörige dürfen nicht Mitglieder eines konfessionellen 
Verbandes sein. 

Die Stadt Laufen vergibt ihre Arbeiten und Lieferungen in Zukunft 
nicht mehr an Geschäftsleute und Handwerker, die nicht Mitglieder 
einer NS-Organisation, die (oder deren Angehörige und Arbeiter) Mit- 
glieder eines konfessionellen Vereins oder Verbandes sind." 

Der Regierungspräsident von Regensburg wollte alle 
Beamtenkinder aus den konfessionellen Jugendverbänden herausziehen 
und in die HJ drängen: 

5. Dezember 1935 erklärte er den Amtsvorständen gegenüber: „Die 
Präsidialentschließung, wonach Beamtenkinder keinen konfessionellen 
Jugendverbänden angehören dürften, gilt sinngemäß auch für Beam- 
tenfrauen. Es wird erwartet, daß mit dieser Anordnung die ent- 
sprechenden Konsequenzen gezogen werden. Desgleichen wird erwartet, 
daß die Beamtenkinder einer Jugendorganisation der NSDAF an- 
gehören." 

Die Justiz bekam es auch zu spüren, daß in Deutschland Freiheit 
und Recht begraben waren; 

Oberamtsrichter Bettinger in Griesbach (Niederbayern) wurde vom 
Kreisleiter vorgeladen und in Kenntnis gesetzt, daß seine Frau aus dem 
Frauenbund austreten müsse. Sie war Vorsitzende des Zweigvereins 
Griesbach. Der Kreisleiter habe von einem „ungeschriebenen Gesetz" 
gesprochen. (Ähnlich in Miesbach am 7. JuU 1936.) 

Die Kreisleitung Laufen Obb. verlangte, daß' sämtliche Ge- 
meinderäte ihre Angehörigen aus allen katholischen Vereinen, auch 
rein religiösen, wie es der „Christliche Mütterverein" ist, heraus- 
nehmen. 

In der Gemeinde Ten gl in g wurden zwei Männer aus dem 
Gemeinderat ausgeschlossen, weil sie sich weigerten, ihre Frauen aus 
dem Christlichen Mütterverein herauszunehmen. 

195 



Sag er Michael, Arbeiter im ReiChabahnausbesse- 
rungswerk Freimann, würde zuerst versetzt, dann am 31. Juli 
1936 fristlos entlassen „wegen politischer Unzuverlässigkeit", die darin 
bestand, daß er zu spät aus dem Katholischen Arbeiterverein aus- 
getreten sei. Er war seit 1927 bei der Bahn gewesen. 

Maschinenfabrik Hurth, München, verwarnte eine An- 
gestellte, daß sie als Angestellte einer Aufrüstungsfirma nicht einer 
Kongregation oder einem konfessionellen Verband angehören dürfe. 
(23. Februar 1937.) 

Ein Straßenbahner wurde gefragt: „Sind Sie noch beim Dom- 
chor?" Als er dies bejahte, wurde er von der Beförderung aus- 
geschlossen. 

Der Pfarrer von Peterskirchen hatte die Fortbildungs- 
schülerinnen zum Eintritt in die Marianische Kongregation 
eingeladen. Ein paar Tage darauf tobte der Hauptlehrer und Stütz- 
punktleiter des Ortes während der Schulstunden fast eine Stunde lang 
gegen die Kongregation. Dann mußten die Mädchen einen Aufsatz 
schreiben: „Warum gehe ich nicht zum Bund Deutscher Mädchen?" 
Jedes Bedenken, das sie äußern wollten, sollte „niedergebügelt", werden. 

„So zwang man B auernburschen zur SS! 

Ein sehr abstoßendes Zwangsmittel wurde da und dort auf dem 
Lande versucht: Gerade die Mitglieder katholischer Jungmänner- 
o'der Burschenvereine wurden in die sogenannte SS-Land- 
scharen-Auslese gepreßt. 

Eine solche Auslese für die SS geschah z. B. vom 16. bis 18, Dezem- 
ber 1937 in Pf aflenhofen an der lim: 

Unter dem 10. Dezember 1937 erhielten die jungen, ledigen Leute 
der verschiedenen Dörfer, vereinzelt auch Verheiratete, nachfolgenden 
^.Gestellungsbefehl": 

Der Landesbauernführer München, 10. 12. 37 

. Herrn . . . , 

Betreit: Landscharen-Auslese. 

Zur Auslese für die SS-Landscharen haben Sie sich am ..... . 

vormittags ...... in der Knabenschule in Pfaffenhofen einzu- 
finden. 

Sie werden gebeten, in körperlich sauberem Zustande zu er- 
scheinen. Bei etwaiger Behinderung haben Sie Ihren Kreis- 
bauernführer sofort unter Angabe des Behinderungsgrundes zu 
benachrichtigen. 

Sollten Sie Angehöriger der SA, des NSKK oder der Werk- 
scharen sein, so ist dieser Einberufung nicht Folge zu leisten, 
der Kreisbauernführer jedoch zu verständigen. 

F. d. R. Heil Hitler! 

Schepperle Der Landesbauernführer: 

SS-Untersturmführer. gez. Deininger. 



>• 



Bei dieser Auslese fanden die Angehörigen der „schwarzen 
Gemeinde Scheyern, in der viele Burschen beim Katholischen 
Burschenverein waren, eine besondere Behandlung: 

Während die Burschen der übrigen Gemeinden ohne weitere Um- 
stände das Lokal betreten durften, mußten sich die Scheyrer schon 

196 



außen in Reih und Glied aufstellen und im gleichen Schritt einmarschie- 
ren und wurden hiebei gefilmt. 14, welche aus 30 ausgewählt worden 
waren, mußten sich dann vor allen anderen vollständig auskleiden, 
wurden genau gemessen, mußten auf- und abmarschieren, Wendungen 
und allerlei gymnastische Bewegungen machen; wiederum wurde alles 
unter Verwendung von Scheinwerfern gefilmt, 

Von ein paar Burschen wurde dann ein Personalakt aufgenommen, 
der am Schluß im Kleindruck eine „Verpflichtu ng" ent- 
hielt. Zeit zum Lesen wurde den Burschen nicht gegeben. Sie mußten 
einfach unterschreiben. Der Eintritt in die SS wurde in den schönsten 
Farben geschildert: Sie . hätten es doch dort viel schöner als bei den 
Bauern, brauchten nicht zum Arbeitsdienst und zum Militär, kämen 
rascher vorwärts im Leben und würden auch viel mehr verdienen. 

Und dennochtreu zur katholischen Fahne! 

Trotz all dieser Nötigungen hielten Zehntausende und Zehn- 
tausende von katholischen Vereinsmitgliedern während der zwölf 
Jahre des nationalsozialistischen Zwangsregimes stand, insbesonders 
die schwer bekämpften Mitglieder der Katholischen Arbeiter- und 
Arbeiterinnenvereine und des Kolpingswerkes (Katholische Ge- 
sellenvereine). 

Auch da sahen die NS schließlich keinen anderen Ausweg als 
die Gewalt, zunächst durch den Druck auf die Vereins- 
b 1 ä 1 1 e r : Sie bekamen eine Menge Auf lagenachrichten, sie muß- 
ten ihre Titel ändern (z. B. das Organ des Süddeutschen Verbandes 
-katholischer Arbeitervereine „Der Arbeiter" mußte den Tiiel 
„Kettelerfeuer" nehmen). Und als dies alles nichts half, schritt 
man eben zum radikalen Verbot der ganzen Vereine und zur Be- 
schlagnahme ihres Vermögens. Die steinreiche „Deutsche Arbeits- 
front" schämte sich nicht, auch noch das aus den Pfennigen der 
katholischen Arbeiter gesammelte -Vermögen einzustecken, bekam 
dabei freilich seitens der kirchlichen Behörde soviel Schwierig- 
keiten, daß sie bis zum Kriegsende ihres Raubes nicht froh werden 
konnte, ihn überhaupt nur auf dem Papier besaß, niemals wirklich 
in die Hände bekam. 

Noch w^enigei- gelang der Raubzug gegen das „Kolpings- 
w e r k": In der Mehrzahl konnten sich die Katholis che n G e - 
sellenvereine und Gesellenhäuser durch die braune Flut 
hindurchretten, ähnlich auch der Katholische Frauenbund 
(einzelne Zweigvereine desselben wurden freilich aufgelöst) und 
insbesonders die 

katholischeCaritas. 

Wohl wurde die kirchliche Liebestätigkeit seit, dem Jahre 1933 
zielbewußt und mit allen Mitteln aus dem öffentlichen Leben zu- 
rückgedrängt, Schritt für Schritt: 

1. Die katholische Caritas wurde von der Mitarbeit in der 
öffentlichen Wohlfahrtspflege fast völlig ausgeschlossen. 
Die staatlichen Wohlfahrtsämter bedienten sich nur noch der 

197 



„Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt" (NSV), ' des Winterhilfs- 
werkes (WHW), der nationalsozialistischen Frauenschaft (NSF) u. ä. 

2. In der Fürsorge wurde der katholischen Caritas nur die 
Betreuung der körperlich und geistig nicht vollwertigen 
Menschen überlassen. 

3. Auf dem Gebiet der FürsorgefürMutterundKind 
wurde die katholische Caritas ganz verdrängt. 

4. Ebenso wurde sie vielfach ausgeschlossen von der Tätigkeit 
im Pflegekinderwesen, in Kleinkinderanstalten, 
in Kindertagesstätten. 

5. Die kirchlichen Schwestern-Kongregationen 
wurden immer mehr aus Pflegeanstalten aller Art (Kindergärten, 
Kinderhorten, Altersheimen, Krankenhäusern, selbst von der Haus- 
krankenpflege usw.) verdrängt. 

6. Durch neue Steuern drückendster Art sollte kirchlich- 
karitativen Anstalten der Atem genommen werden. 

7. Die WerbungneuerMitglieder wurde dem Caritas- 
Verband sehr erschwert, erst recht die Sammlung von Mitteln. Die 
in den ersten Jahren noch zugestandene öffentliche Straßensamm- 
lung des „Katholischen Caritas- Verbandes" und der „Inneren Mis- 
sion" wurde von Anfang an terrorisiert und gestört. Dann wurde 
das „Sammlüngsgesetz" gerade gegen die kirchlich-caritativen 
Unternehmungen und Vereine strengstens angewandt, jede Art von 
„Bettelei", von Bitten um Weihnachtsspenden usw. unterbunden 
bzw. bestraft. 

Und was das Winterhilfswerk aus seinen Millionen und Mil- 
lionen an die katholische Caritas abgab, war wirklich weniger als 
„Brosamen", zuletzt 0,00 Reichspfennig! 

7. Fesseln für das kirchliche Schrifttum. 

In der „streng vertraulichen" Anweisung der „Bayerischen 
Politischen Polizei" vom 23v April 1935 an alle Polizeiämter hieß 
es u. a.: „Der katholischen Literatur muß spezielle 
Aufmerksamkeit gewidmet werde n." 

Worin diese Aufmerksamkeit polizeilicherseits bestand, war im 
Reiche des Nationalsozialismus im vorhinein ausgemacht: in der 
Bekämpfung und' Ausrottung. Die deutschen Katholiken hatten sich 
ja seit dem Kulturkampf eine beachtliche Presse geschaffen: viele 
katholische Tageszeitungen, viele erstklassige Zeitschriften fürs 
Volk wie für einzelne Stände, katholische Verlage und Buch- 
handlungen. 

Dem allen galt die staatliche, parteiamtliche, berufsamtliche, 
polizeiliche „Aufmerksamkeit" und unerbittlicher Kampf. . 

A. Die Fesseln werden geschmiedet. 

Dezember 1933 erschien das Schriftleitergesetz, das die gesamte 
Presse (mit Ausnahme der bischöflichen Amtsblätter) in die Hände 

198 



des Staates auslieferte. Jeder Herausgeber, auch der des kleinsten 
Lokalblättchens, war gezwungen, Mitglied der „Reichsschrifttums- 
kammer" zu werden und ihren Weisungen zu folgen, § 14 z. B. bot 
eine reiche Handhabe, jede mißliebige katholische Presseerscheinung 
zu beseitigen: Er schloß ja jede Veröffentlichung aus, „d i e g e e i g - 
net war, den Willen zur Einheit des deutschen 
Volkes und der deutschen Kultur zu schwäche n." 

Erste Opfer dieses neuen Schwertes waren 

die katholischen Tageszeitungen. 

Am 24. April 1935 veröffentlichte die Reichspressekammer, daß 
Zeitungen nicht einer Gruppe von bekenntnismäßig ge- 
bundenen Personen angepaßt werden dürfen. 

Das Innenministerium Oldenburg war diesen Verordnungen 
schon einen: Schritt vorausgegangen, duldete auch nicht einmal 
irgendeine religiöse Beilage zu Tageszeitungen. Die „Germania" 
vom 14. Juni 1934 veröffentlicht hierüber: 

Keine religösen Beilagen in Zeitungen 
Eine neue Verordnung in Oldenburg 

Berlin, 13. Juni 

Der Innenminister von Oldenburg, der in letzter Zeit einige bemer- 
kenswerte Erlasse über die Beziehungen zwischen Kirche und Staat er- 
lassen hat, gibt eine neue Verfügung heraus, die besagt: 

„Die nationalsozialistische Bewegung und der nationalsozialistische 
Staat sind und waren immer gewillt, der Kirche zu geben, was der 
Kirche ist. Politik und Religion dürfen aber nicht verquickt werden. 
Aus diesem Grunde hat Reichsminister Dr. Goebbels in Auslegung des 
Schriftleitergesetzes wiederholt erklärt, daß es konfessionelle 
Tageszeitungen nicht mehr geben dürfe. Denn jede 
Tageszeitung ist eine politische Zeitung. Hieraus folgt 
ohne weiteres, daß 

Tageszeitungen als politische Schriften keine 
religiösen Beilagen bringen dürfen. 

Im Landesteil Oldenburg gibt es mehrere Tageszeitungen aus der 
Zentrumszeit, die dem noch nicht Rechnung getragen haben. Diese 
Verquickung von Politik, Religion und Geschäft hat 
zu großen Unzuträglichkeiten geführt. Sie kann unter den gegebenen 
Verhältnissen im Interesse unseres deutschen Volkes nicht weiter ge- 
duldet werden. Religiöse Angelegenheiten müssen in religiösen Zeit- 
schriften behandelt werden. 

Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von 
Volk und Staat vom 28. Februar 1933 wird für den Landesteil Olden- 
burg angeordnet: 

§ 1. Tageszeitungen, die im Landesteil Oldenburg gedruckt und 
verlegt werden, dürfen keine religiösen Beilagen haben. 

§ 2. Zuwiderhandlungen von Druckern oder Verlegern gegen § 1 
unterliegen den im § 4 der Verordnung zum Schutze von Volk und 
Staat angedrohten Strafen. 

199 



Es durften also von da an in Zeitungen keine konfessionellen 
Gesichtspunkte mehr in Erscheinung treten, z. B. nicht mehr aus- 
führliche Berichte über Wallfahrten, katholische Feste und Gottes- 
dienste, kirchliche Jubiläen und Persönlichkeiten gebracht werden. 

Darum wurde das „Neue Münchener Tagblatt" vom 13./i4. 
April 1935 verboten, weil es für Palmsonntag und die Karwoche religiöse 
Gedanken dargeboten hatte. 

Das „Fränkische Volksblatt" in Würzburg wurde vom 
20. bis 27. November 1934 verboten, weil es in einem Korrespondenzartikel 
„Knien oder Nichtknien" von „Deutschen Neuheiden" gespro- 
chen hatte. Ein Hinweis, daß doch Deutsche selbst sich stolz so be- 
zeichnet hatten, half nichts. Der verantwortliche Schriftleiter mußte 
verschwinden. Vor dem Verlagsgebäude mußten Hunderte „Empörung" 
spielen. 

Wie spontan die Einschüchterungs- und Gewaltdemonstration war, 
geht daraus hervor, daß die Arbeiter einer Würzburger Konkurrenz- 
zeitung statt um 12 Uhr bereits um halb 11 Uhr frei bekamen, um die 
„Volksdemonstration" zu unterstützen. 

Die „entkonfessiqnalisierte" Tag es presse muß 
aber politisch, d. i. nationalsozialistisch, sein! 

Noch gefährlicher, war aber die positive Seite dieser „Uni- 
formierung" und „Entkonfessionalisierung" der Tagespresse; darum 
mußte auch die bisher katholische Presse „zur Stärkung des Wil- 
lens der Einheit des deutschen Volkes und der deutschen Kultur" 
ihren Raum der staatlichen und parteiamtlichen Propaganda leihen, 
z. B. in der breiten Darstellung der „Devisen- und Sittlichkeits- 
prozesse", in der Werbung für „Winterhilfswerk", NSV u. ä. 

Geheimanweisung gegen konfessionelle, Tages- 
zeitungen. 

Wie genau die ehemals konfessionelle Tagespresse nach dem 
kleinsten Anzeichen konfessionellen Inhalts oder Tones beobachtet 
werden sollte, zeigt nachfolgende Geheimanweisung des 
„Reichsverbandes der deutschen Zeitungsverleger": 

Berhn, den 25. April 1935. 
L.V. Nr. 8 
An die 

Leiter und Geschäftsführer 

der Landesverbände des RddZV. 

Sehr geehrte Herren! 

Streng vertraulich! 

Im Anschluß an das L.V..-Rundschreiben Nr. 7 übersenden wir ein 
Schema, aus dem sich in kürzester Zusammenfassung die einzelnen Tat- 
bestandsmerkmale ergeben, die zu den gegenwärtig vorliegenden Er- 
scheinungsformen der konfessionellen Presse führen. 
Um das Verständnis dieses Schemas zu erleichtern, sind, wo es zweck- 
mäßig erschien, stichwortartig Beispiele erwähnt. Der nachstehende 
Aufriß kann selbstverständlich die eigene Arbeit nicht ersetzen; er kann 
jedoch eine Hilfe bieten, in einer Zeitung ihren Charakter als konfessio- 
nell eingestellte Presse zu erkennen. 

200 



Die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die zu den gegenwärtig vor- 
liegenden Erscheinungsformen der konfessionellen Presse führen, er- 
geben sieh 

A. aus dem Inhalt 

I. AllgemeineHinweise. 
Beschränkung des konfessionellen Inhalts auf 

1. beigefügte konfessionelle Beilagen 

2. Schilderungen und Berichte über konfessionelle Ereignisse in 
einer Form, die über das Interesse eines konfessionell nicht be- 
stimmten oder unbestimmbaren Leserkreises hinausgeht, 

a) im politischen Hauptteil 

' b) im politischen Landesteil 

c) im Lokalteil 

d) im Unterhaltungsteil und Feuilleton 

e) besondere katholische Rubrik (Kirchennachrichten) 

f) Anzeigenteil: 

a— ) Anzeigen, die ausschließlich katholische Literatur, Rosen- 
kränze, Opferkästen, Heiligenbilder etc. anpreisen; 

b— ) Anzeigen, die sich ausdrücklich an die Katholiken des 
Verbreitungsgebietes wenden. 

g) Gottesdienstordnungen. 

II. Besondere Hinweise. 

Es ergeben sich meist dieselben Tatbestandsmerkmale wie unter I 
aber: 

1. in der Form, daß sich die Zeitung durch die Wiedergabe einer 
übermäßiger^ Fülle konfessionellen Geschehens ausschließlich an 
einen konfessionell bestimmten Leserkreis richten kann; 

2. man gebraucht die Taktik, den Leser vom lokal-politi- 
schen Geschehen sowie von den politischen Ereignissen des 
Landes bzw. des Gaues entfremden, 

a) entweder durch Fortlassung eines politischen Landesteils über- 
haupt oder 

b) durch Überfüllung des Lokalteils mit Schilderungen über kon- 
fessionelle Ereignisse auf Kosten von Berichten aus Partei und Bewe- 
gung. 

3. Man geht mit einer gewissen Verschweigungstaktik vor. 
Es wird nur über solche Maßnahmen und Ereignisse berichtet, deren 
Zielrichtung der katholischen Kirche genehm ist (Förderung der sozia- 
len und volkswohlfahrtlichen Ideen des Nationalsozialismus), während 
andere bedeutende und allgemein interessierende Maßnahmen des 
Staates konsequent unterschlagen werden (vergl. Verschweigung von 
Ereignissen der HJ, NS-Kulturgemeinde, Rassenfrage usw.) 

Bei Berichten über nationalsozialistische Maßnahmen, deren Ziel- 
richtung der katholischen Kirche genehm ist, beschränkt man sich auf 
eine Würdigung aus kirchlichen Gesichtspunkten. 

, 4. Das Vorliegen einer Verfälschungstaktik ergibt sich ins- 
besondere daraus, daß ^ 

a) soziale Bestrebungen des Staates ausschließlich unter Zuhilfe- 
nahme kirchlicher Gesichtspunkte (z.B. WHW, NSV usw.) behandelt 
werden. Man verlangt die Unterstützung solcher Bestrebungen durch 
Handlungen der einzelnen Leser; die durch die Kirche unter Berufung 
auf die christliche Nächstenliebe, nicht aber unter nationalsozialistischen 
Gesichtspunkten gefordert werden; 

Kreuz und Hakenkreuz 14 oni 



b) man z. B. Gesetzentwurf über das Recht des unehelichen Kindes 
mit einer angeblich amtlichen, in Wahrheit aber mit einer zu der amt- 
lichen Begründung durchaus in Widerspruch stehenden kirchlichen 
Gesichtspunkten Rechnung tragenden Kommentierung veröffentlicht; 

c) man Reden von führenden Persönlichkeiten des Staates und der 
Bewegung in einzelnen von der katholischen Leserschaft positiv zu be- 
urteilenden Punkten besonders hervorhebt, während man andere der 
Kirche weniger genehme Teile fortläßt und dadurch solche Reden^ z. B. 
sinnentstellt der Leserschaft übermittelt; 

d) man rein kirchliche und konfessionelle Bräuche als völkisches 
Brauchtum, dessen Pflege sich der Nationalsozialismus besonders an- 
gelegen sein läßt, behandelt. Dies wird oft noch durch Überschriften 
unterstrichen, die auf das Volkstum Bezug nehmen, während der Inhalt 
des Artikels rein konfessionell ist. 

5. Man verfolgt totale Isolierungstaktik, 

(besonders hervortretend bei Buchbesprechungen, unter allgemein inter- 
essierenden Überschriften werden ausschliei31ich konfessionelle Werke 
behandelt) derart, daß 

a) man das Interesse der Leserschaft durch sensationelle Auf- 
machung auf außenpolitische und zentrale Reichsgeschehnisse, die zum 
Nationalsozialismus in keiner wesensverbundenen Beziehv^ng stehen, 
lenkt, um das politische Bedürfnis zu befriedigen. 

Gleichzeitig werden nationalsozialistische politische Geschehnisse 
des Gaues, also diejenigen Ereignisse, zu denen der Leser unmittelbar 
in Beziehung steht, fortgelassen; 

b) man unter Fortlassung bestimmter unter 3) erwähnter Pro- 
grammpunkte des. Staates das Interesse der Leserschaft auf kirchliche 
Veranstaltungen und Zielsetzungen lenkt, die durch ihre positive Her- 
vorhebung geeignet sind, den Leser nationalsozialistischen Einflüssen zu 
entziehen (z. B.\ Kolpingsfamilie, aber nicht SA oder DAF, katholische 
Jugendorganisationen, aber nicht HJ). 

6. Die Zeitung betreibt offene Opposition, 

a) durch eigene Stellungnahme, 

b) indem sich die Zeitung selbst hinter einer oppositionellen Rede 
eines Bischofs oder eines Pfarrers etc., in deren Rahmen zu beanstan- 
dende Äußerungen gebracht werden, versteckt, 

7. Die konfessionell eingestellte Presse versucht verschleierte 
Opposition derart zu treiben, daß 

a) man den politischen Teil in geeignet erscheinender Weise mit 
konfessionellen Gesichtspunkten und den religiösen Teil mit politischen 
Gesichtspunkten tendenziös durchsetzt. Besonders charakteristisch: 
Kampf kath. Kirche — Mythos, der im politischen Teil unter konf. und 
irn konf. Teil unter ausgesprochen politischen Gesichtspunkten der- 
gestalt behandelt wird, daß man die katholische Kirche mit der heimat- 
lichen und Volks verbundenen Kultur (nationalsozialistischer Begriff), 
Rosenberg aber mit Partei und Staat identifiziert; 

b) man dem nationalsozialistischen Staat abträgliche Ereignisse, die 
außerhalb der konfessionellen Einstellung der Zeitung liegen (z. B. große 
Aufmachung des evangelischen Kirchenstreites) in der katholisch ein- 
gestellten Presse besonders hervorhebt und unter zweckbestimmten 
spaltenden Gesichtspunkten schildert; 

c) taan Schilderungen von außerdeutschen Kulturkämpfen (Mexiko, 
Spanien, Rußland) veröffentlicht, für deren Entstehung man ausgespro- 
chen oder unausgesprochen dieselben Voraussetzungen verantwortlich 
machen will, die zu dem angeblichen Kulturkampf Rosenberg gegen 
katholische Kirche geführt haben; 

202 



d) man den Gedanken propagiert, daß das dogmatische Gebot den 
Vorrang vor dem staatlichen Befehl haben soll. (Typischer Satz: „Den 
Gedanken der Blutsgemeinschaft darf und muß der Katholik um seiner 
Seligkeit willen durchbrechen"); 

e) man katholische Organisationen (insbesondere katholische Jugend- 
ftreinigungen) zur erhöhten Aktivität auffordert. 

B. aus der Werbung 

Anzeigen- und Bezieherwerbung , werden neben der in der kon- 
fessionellen Presse vorhandenen Eigenwerbung durch die Geistlichkeit, 
kirchliche Vereine und Organisationen unter Hinweis auf die katholische 
Einstellung der Zeitung vorgenommen. Ebenso finden sich in kirch- 
lichen Zeitschriften Anzeigen, in denen die betreifende Tageszeitung 
als katholisch bezeichnet wird, 

C. aus der Anerkennung als deutscher katholischer Tagespresse 
derart, daß 

1. bestimmte Zeitungen in Aussprüchen des Papstes und der Bi- 
schöfe als katholisch oder der katholischen Sache dienstbar bezeichnet 
werden. (Beispiel: „Der Heilige Vater segnete besonders die vollzahlen- 
den Bezieher der deutschen katholisch eingestellten Presse und damit 
auch die- Leser der NN.Zeitung); 

2. die katholisch eingestellten Zeitungen sich bei Übernahme von 
Berichten gegenseitig als für die katholische Kirche bedeutsame Blätter 
erwähnen; 

3. bei besonderen Ereignissen, wie z. B. bei der Weltausstellung der 
katholischen Presse 1936 auch die deutsche katholische Tagespresse be- 
sonders lobend erwähnt und auf ihre Bedeutung hingewiesen wird. 

D. Aus der Verbindung mit den gleichen katholischen Maternzen- 
tralbüros und katholisch eingestellten Korrespondenzen. 

Hierbei ist auf folgendes zu achten: 

1. Austausch des Maternmaterials bei Zeitungen, die in getrennten 
Verlagen (auch kapitalsmäßig getrennt) erscheinen, 

2. Beilagen werden von den gleichen Stellen fertig bezogen, 

a) alle interessierenden illustrierten Beilagen usw., 

b) konfessionelle Beilagen. 

3. Der Roman wird gleichmäßig von verschiedenen katholisch ein- 
gestellten Zeitungen durch die gleichen Korrespondenzen bezogen. 

E. Aus konfessionellen Zeichen im Zeitungskopf, aus der Erwähnung 
von Beilagen im Zeitungskopf z. B. St. Quirinusblatt. 

F. Aus den Persönlichkeiten der Verleger (früher Angehörige der 
Zentrumspartei?). 

H. Aus der Verlegereigenschaft der Kirche, deren Organisation und 
Funktionsträgern, 

insbesondere aus der Verlegergemeinschaft natürlicher oder juri- 
stischer Personen, die zwar kirchlich nicht beamtet sind, die jedoch 
entweder 

a) mit kirchlichen oder aus kirchlichen Organisationen herrührenden 
Mitteln unterstützt und subventioniert werden; 

b) oder bei denen die Handhabung (satzungsmäßig) besteht, daß 
Überschüsse aus der Zeitung kirchlichen oder caritativen Zwecken zu- 
gute kommen. (Auflösungsbestimmung bei juristischen Personen; oft 
fällt das Vermögen der Zeitung im Auflösungsfalle an den Klerus.) 

203 



K. Aus der Einweisung von Freistücken oder verbilligten Zeitungs- 
exemplaren durcli Geistliche oder kirchliche Organisationen und einen 
teils konfessionell bestimmten, teils willkürlicli ausgewählten Leserkreis. 

Heil Hitler! 

Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger 

(Herausgeber der deutschen Zeitungen) E.V. 

der Stellvertreter des Leiters: 

gez. Rienhardt. 

Das große Sterben der- katholischen Tagespresse 

Natürlich war diese Einschnürung und Belastung alsbald der 
Tod der katholischen Presse auf wirtschaftlichem Gebiet. Ihr 
Lebensnerv war ja gerade das „Katholische" gewesen. Fiel dieses 
weg, so waren sie nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber der von 
Seite des Staates und der Partei in jeder Weise propagandistisch 
und finanziell geförderten NS-Presse (Inserat, Amtsnachrichten 
usw.). 

So verschwanden in Baden allein binnen kurzem 20 katholische 
Tageszeitungen. So starben u. a. noch vor dem Kriege an katholischen 
Tageszeitungen bekannten Namens: 

„Fremonia" in Dortmund 

„Münsterscher Anzeiger" 

„Führer der Gegenwart" in Aachen 

„Germania" in Berlin (1. Januar 1939) 

das Schwester blatt „Märkische Volkszeitung" etwas später 

„Deutsches Volksblatt" in Stuttgart 

„Badischer Beobachter" 

„Limburger Kurier" 

„Trierischer Volksfreund" 

„Reichspost" von Wien (1939) 

„Linzer Volksblatt" 

„Salzburger Zeitung" 

„Salzburger Chronik" 

Wer kann ermessen, wie viel Leid von Personen, von Ver- 
legern und Schriftleitern, von Mitarbeitern, Druckereibesitzern und 
-arbeitern, wie viel Gefängnis- und Konzentrationslagerhaft hinter 
all diesem Zeitungssterben lag! 

Zur Erwürgung der ehemals konfessionellen Tagespresse trug 
dann noch eine erpresserisch eWerbu n g für die offiziellen 
Naziblätter bei, besonders für den ,, Völkischen Beobachter". Nicht 
nur jedem Geschäftsmann. Beamten und Lehrer drängte man ihn 
auf mit dem Hinweis, daß man im Falle der Zurückweisung nicht 
als „national und zuverlässig" gelten könne, sondern selbst bei den 
Geistlichen versuchte man es aufdringlichst, holte sich dabei frei- 
lich eine gründliche Abfuhr, wie nachstehende Anweisung des Erz- 
bischöflichen Ordinariates München zeigt: 

G V 8048 München, 23. Juli 1935 

An die 
Hochwürdigen katholischen Seelsorgestellen der Erzdiözese 

Der Zentralverlag der NSDAP, München-Berlin, schickt zur Zeit an 
die katholischen Pfarrämter eine rote Karte, mit welcher er unter Be- 

204 



rufung auf den Erlaß des Reichsministeriums des Innern vom 30. Okto- 
ber 1933 Bericht über den Bezug des „Völkischen Beoboachters" bzw. 
sofortige, Bestellung fordert. 

Demgegenüber stellen wir fest: 

„Was von geistlichen Ämtern als Pflichtorgan zu halten ist, bestimmt 
nicht eine Reichsstelle, sondern die oberhirtliche Stelle. Das Reichs- 
ministerium des Innern hat gegenüber keiner kirchlichen Oberbehörde 
die Forderung erhoben, die katholischen Pfarrämter zum Bezug des 
.Völkischen Beobachters' zu verpflichten. Das Erzbischöfliche Ordina- 
riat empfiehlt darum, auf . die diesbezügliche Zuschrift des ,Zentral- 
verlags der NSDAP' keine Antwort zu geben." 

Buchwieser 
Generalvikar 

Der Feldzug gegen die katholischen Wochen- 
blätter 

Nach der „Entkonfessionalisierung" und Vernichtung der katho- 
lischen Tageszeitungen kamen die katholischen Wochenblätter auf 
das Schafott des Nationalsozialismus: Am 17. Februar 1936 wurde 
das Henkerbeil auch für sie geschmiedet. Der Präsident der Reichs- 
pressekammer verordnete da (in den Hauptpunkten): 

Für Diözesanblätter, von einer Diözese herausgegeben und 
nur in dieser Diözese vertrieben, gilt das folgende: 

Sie dienen ausschließlich der Veröffentlichung der kirchen- 
amtlichen Bekanntmachungen, der Nachrichten aus dem kirchlichen 
Leben, religiöser Erinnerungsartikel aus der, Geschichte der Kirche und 
der Diözese, der Behandlung dogmatischer Fragen und Fragen der 
kirchlichen Ethik, Betrachtungen und Darstellungen aus dem Leben der 
Kirche und dem Leben der Heiligen, religiösen Betrachtungen, sonstigen 
Betrachtungen, Legenden, der Pflege der Kirchenmusik und Kirchen- 
kunst. 

Die Aufnahme von Anzeigen, die das religiöse Leben und 
das kirchliche Brauchtum betreifen oder nach ihrem Gegenstand sich 
zulässigei'weise an die Leser als Angehörige der katholischen Konfessio- 
nen wenden, ist gestattet. 

Für Pfarreiblätter, die vom zuständigen Pfarrer herausgege- 
ben werden, gilt das folgende: 

Sie dienen ausschließlich der Veröffentlichung des Gottesdienst- 
anzeigers, der sonstigen p f a r r a mrt liehen Bekanntmachun- 
gen, des Nachrichtendienstes über das ortskirchliche Leben (Ehever- 
sprechen, Taufen, Todesfälle, Beerdigungen), kirchlicher Nachrichten 
und Berichten aus der Icirchlichen Ortsgeschichte, kurzer Betrachtungen 
über Ewigkeit, Psalmen und Evangelien, Heiligen- und Legenden- 
geschichten. 

Für Druclc Schriften, die von konfessionellen Organisa- 
tionen oder Verbänden herausgegeben werden, gilt das folgende: 

Sie • dienen ausschließlich der Erörterung^ der Angelegenheiten und 
Aufgaben ihrer Organisationen. Die 'Aufnahme von Anzeigen, 
die das religiöse Leben und das kirchliche Brauchtum betreffen oder 
mit den Angelegenheiten und Angehörigen der Organisationen in un- 
mittelbarer Verbindung stehen, ist gestattet. 

Für Sonntagsblätter und Druckschriften gleicher Art gilt 
das folgende: 

Sie dienen ausschließlich der Pflege allgemein-verständlichen reli- 
giösen Denkens und Fühlens durch Behandlung religiöser und sittlicher 

205 



Fragen dergestalt;, daß jeder einzelne Teil des Inhalts seinen Ausgangs- 
punkt vom Religiösen nimmt. 

Zulässig ist die Veröffentlichung des Gottesdienstanzeigers sowie 
von Nachrichten über das Icirchliche Leben, 

Für die Aufnahme von Anzeigen gelten die gleichen Bestimmungen 
wie für die Diözesanblätter. 

Das schaute auf den ersten Blick noch gar nicht so gefährlich 
aus, erwies sich aber doch als mannigfache Fessel, Schädigung und 
Falle. Deutlicher wurde dies schon durch die „Erläuterung", welche 
am 25. März 1936 mit Rundschreiben 8/1936 gegeben wurde. Sie 
gab schon mehr „Nichterlaubtes" als „Erlaubtes" kund. 

Textlicher Inhalt: 

. a) Kurze Erzählungen religiösen Inhalts sind gestattet, Ro- 
manenicht. 

b) Buchbesprechungen sind zugelassen, wenn sie sich ent- 
weder mit religiösen Werken befassen oder die Würdigung von 
religiösen Gesichtspunkten aus unternehmen. 

c) Filmbesprechungen sind durchweg nicht zugelassen, 
doch können in Einzelfällen Filme vom grundsätzlichen religiösen und 
kirchlichen Standpunkt aus besprochen werden, 

d) Rätsel- und Scherzecken müssen wegfallen. 

e) Die Bebilderung darf nicht aktuell politischer Natur sein, 
also nicht das den Tageszeitungen vorbehaltene Gebiet abfassen, da- 
gegen bestehen auch gegen nichtreligiöse Bilder und Zeichnungen, die 
erläuternd oder sinnbildlich zum Inhalt und Zv^^eck der Zeitschriften in 
Verbindung gebracht werden, keine Bedenken. 

Schon drei Monate später kamen mit Rundschreiben Nr. 16 vom 
27. Juni 1936 neue Einschränkungen, insbesondere die Bestimmungen: 

Bei der Bebilderung muß jedes einzelne Bild dem reli- 
giösen Charakter der Zeitung entsprechen und irgendwie für 
sich allein oder in Verbindung mit dem Beitrag, den es erläutert oder 
versinnbildlicht, der religiösen Aufklärung oder Erläuterung dienen. 

Bilder aus dem Leserkreis können allgemein nicht zugelassen 
werden. 

Stellenanzeigen dürfen nur insoweit aufgenommen werden, als sie 
sich zulässigerweise an die Leser als Angehörige der katholischen Kon- 
fession wenden. 

Farailienanzeigen sind nicht gestattet. 

Keine Verwischung der einzelnen Pressetypen! 

Am 17. März 1937 ward daran erinnert, daß „eine Verwischung 
der Grenzen zwischen den einzelnen hier genannten Pressetypen" 
(Bistumsblätter, Pfarre;blätter, Dekanatsblätter, Verbandblätter, 
sonstige Blätter und Druckschriften allgemein katholischen Charak- 
ters) als unzulässig angesehen wird. Jede Zeitschrift hiabe sich in 
dem ihr durch' die Einteilung zugewiesenen inhaltlichen Rahmen 
zu halten. Als Beispiel solcher unzulässiger Inhaltsgestaltung wird 
unter anderem aufgeführt, „daß es sich bei vielen Sonntagsblättern 
und anderen eingebürgert hat, bei Auseinandersetzungen in Sachen 
des Glaubens neben den Bistumsblättern mit eigen. er Stel- 

206 



lungnahme oder mit Zitaten in Erscheinung zu treten. Da ea 
sich hier um die Behandlung dogmatischer Fragen handelt, 
ist das Bistumsblatt allein zuständig. Sonntagsblätter sollen — 
wie schon der Name sagt — dem friedlichen Charakter 
des Sonntags Rechnung tragen. Sie sollen ihn nicht mit Aus- 
einandersetzungen anfüllen, sondern der Entspannung des Lesers 
durch Pflege allgemein verständigen religiösen Denkens und Führ 
lens dienen." 

Dann wird in diesem Erlaß drohend an Weisungen vom 
17. Februar 1936 erinnert, die da u. a. besagten: 

„Der Staat wird immer von der gesamten, in seinem Gebiet er- 
scheinemden Presse fordern müssen, daß sie die zu seiner EntwickUmg 
notwendigen Maßnahmen in jeder ihr nur möglichen Weise unterstützt. 
Er wird die entsprechenden Folgerungen ziehen, v/enn 
er bei der Durchführung der als richtig erkannten Planungen auf offe- 
nen oder versteckten Widerstand stößt." 

„Zu meinem Bedauern muß Ich immer wieder feststellen, daß in 
einzelnen Zeitschriften Beiträge enthalten sind, die in Inhalt, Form und 
Aufmachung diesem Gesichtspunkt nicht entspreclien. Alan l.eijchränkt 
sich nicht darauf, vereinzelte, vom Standpunkt des Dogmas als nötig 
erachtete Vorbehalte in zurückhaltender Form zu machen, stellt sie % iel- 
mehr heftig und über Gebühr heraus und kehrt dabei bewußtermaßen 
das Gegensätzliche hervor. Die religiöse Würdigung derjenigen 
staatlichen Maßnahmen und Ausfassungen, gegen die solche Vorbehalte 
nicht erhoben werden, werden unterlassen. Die Herausstellung 
des Gegensätzlichen wird dadurch nur verschärft, da bei Aus- 
einandersetzungen mit religiösen Strömungen der Eindruck erweckt 
wird, als wenn diese vom Staat und der Partei vertreten oder gefördert 
würden. Durch die Auswahl der Themen, den systematischen Gebrauch 
von Vergleichen, sei es lediglich im Ausdruck oder in der inhaltlichen 
Gestaltung selbst, durch Offenlassen der verschiedenen Auslegungsmög- 
lichkeiten erfolgt eine stimmungsmäßige Beeinflussung gegen Partei 
und Staat." 

„Beim Abdruck von Hirtenbriefen in Bistumsblättern 
habe ich wiederholt den Eindruck gehabt, als ob der sie ver- 
öfl'entlichende Schriftwalter oder Schriftleiter sich nicht immer 
der völligen Tragweite seiner Handlungen bewußt ist. Der 
Schriftwalter und Schriftleiter ist für den gesamten 
Text der von ihm geleiteten Druckschrift verantwortlich, 
gleichgültig wer hinter' der VeröflPpntlichung steht oder aus welchem 
Grunde sie erfolgt." 

Im Rundschreiben 9 vom 13. April 1937 ist bestimmt: 
„Nach dem Erlaß vom 17.- Februar 1936 ist den katholisch- 
kirchlichen Zeitschriften eine Beschäftigung mit politischen 
Dingen nicht gestattet. Bei der gegenwärtigen Sachlage mviß die 
Veröffentlichung von Gebeten, Artikeln usw. zur 
Erhaltung d e f- konfessionellen Schule als Be- 
fassung mit Gegenständen von politischer Be- 
deutung angesehen werden. Dies gilt insbesondere auch 
bei der Veröffentlichung von Mitteilungen, in denen kirchliche 

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stellen über die Ergebnisse der Listeneinzeichnung für die Kon- 
fessionsschule berichten." 

Fesseln für die Kunstkritik 
Im Rundschreiben 1 vom 4. Januar 1938 heißt es: 

„In Durchführung der Anordnung über das Verbot der Kunst- 
kritik und der dazu vom Herrn Reichsminister für Volksauf klä- 
rung und Propaganda erlassenen Bestimmungen wird hiemit darauf 
aufmerksam gemacht, daß die Kunstkritik auch in der katholisch- 
kirchlichen Presse uneingeschränkt untersagt ist. Ledig- 
lich bei kirchenmusikalischen Veranstaltungen kann eine 
Ausnahme gemacht werden." 

Am. 7. Mai 1938 wird neuerdings klargestellt, daß „das Verbot 
der Kunstkritik vom 26. November 1936 grundsätzlich auf jede 
ausgesprochen kirchliche Kunst ausgedehnt wird, deren Be- 
trachtung also nur den in die Liste der Kunstschriftleiter ein- 
getragenen Schriftleitern an katholisch-kirchlichen Zeitschriften 
gestattet ist." 

Rundschreiben 17 vom 30. Juli 1936 ordnete an, daß der Ab- 
druck von Entscheidungen der Erbgesundheitsberichte 
und des Erbgesundheitsobergerichtes in Blättern, die der Fach- 
schaft der katholisch-kirchlichen Presse angehören, untersagt ist. 

F essein für d ie Buch b esp rech ung 

Für die Bekanntgabe neu erschienenerguterkatho- 
lischer Bücher und für ihr Eindringen in die breite Masse 
des katholischen Volkes ist die Bestimmung des Rundschreibens 3 
vom 18. März 1938 eine harte Fessel: 

„Die Besprechung von Schriften und Büchern, die nicht ausschließ- 
lich katholisch-kirchliche bzw. religiöse Gegenstände, Personen und 
Themen behandeln, widerspricht dem Erlaß des Herrn Präsidenten der 
Reichspressekammer vom 17. Februar' 1936. Dies gilt natürlich auch 
für Bücher allgemeinen Inhalts, die von sogenannten katho- 
lischen Verlagen herausgebracht werden. Solche Druckwerke — in 
der letzten Zeit fanden sich in der katholischen Zeitschriftenpresse oft 
Besprechungen z. B. von Bilderbüchern, Reiseführern, Nachschlage- 
werken u. a. — dürfen nicht mehr zur Besprechung angenommen wer- 
den. Desgleichen sind Hinweise auf weltliche Zeitschriften in der katho- 
lisch-kirchlichen Presse unzulässig." 

Keine „W underberichte" 

Der 22. August 1938 brachte der „Münchener katholischen 
Kirchenzeitung" eine neue Schranke, eine Anweisung des Reichs- 
propagandaamtes München-Oberbayern, die natürlich auch für die 
übrige kirchliche Presse galt: 

„Immer wieder erscheinen Berichte über wunderbare Heilun- 
gen bei kirchlichen Ereignissen und dergleichen. Soweit die Meldungen 
auf Tatsachen beruhen, handelt es sich stets um natürliche Vor- 
gänge (wie unfehlbar das Reichspropagandaamt dies zu entscheiden 

208 



weiß!) und bei ihrer Ausdeutung meist um einen Mißbrauch religiöser 
Gefühle. Solche Vorgänge dürfen daher nur berichtet werden, wenn 
ihre natürliche Entstehung gewürdigt und zum Ausdruck ge- 
bracht wird, daß sie nicht notwendig an religiöse Handlungen geknüpft 
sind. I. A. Dr. Werner." 

Keine „Gottesurteilberichte" 

Noch schärfer zog man die Fesseln gegen die Berichterstattung 
über sogenannte „G ottesurteil e", insonderheit über auf- 
fallende Unglücksfälle von Gotteslästerern, Januar 1938 wurde dem 
Kommissariat der Fuldaer Bischofskonferenz, Bischof H. Wienken, 
von dem Geheimen Staatspolizeiamt in Berlin erklärt, „daß in 
allenFällen, wosolcheM itteilungenüber-,G ottes- 
urteil e' gebracht werden, sofort mit Beschlag- 
nahme vorgegangen wir d." Ein gleiches teilte das Kirchen- 
ministerium mit. Tatsächlich wurde gleichzeitig die Münchener 
„Kleine katholische Kirchenzeitung", eine monatliche Neuausgabe 
der „Münchener katholischen Kirchenzeitung", von der Gestapo 
beschlagnahmt, weil sie folgende Notiz gebracht hatte: 

„In der Fabrik des Herrn W, in J. (Bayern) handelte es. sich darum, 
ob man am Josefstag, der dort kirchlicher Feiertag ist, arbeiten solle. 
Einer der Arbeiter sagte bei der Aussprache darüber: ,Wer heute noch 
in die Kirche geht, dem sollten Hände und Füße abfaulen!' 

Am gleichen Tage kam sein 17 jähriger Sohn, der gleichfalls in der 
Fabrik beschäftigt war, in die Presse und der linke Arm (Vorderarm) 
wurde in wenigen Augenblicken zu einem vollständigen Brei auf 3 Mil- 
limeter ausgequetscht. 

Der Arm mußte im Krankenhaus D. amputiert werden. Wiederholt 
besuchte der Vater seinen Sohn im Krankenhaus, und noch am Oster- 
montag machte er den weiten Weg von J. nach D. zu Fuß. Plötzlich 
stellten sich, beim Vater heftige Fußschmerzen ein. Beide Füße wurden 
blau und schwarz. Der arme Mann mußte ebenfalls ins gleiche Kran- 
kenhaus. Der rechte Fuß faulte ab und mußte amputiert werden. Jetzt 
zählt der Heimgesuchte zu den fleißigsten Kirchenbesuchern." 

Die Zwangsjacke des ,,Schriftleitergesetzes" 
auch der kirchlichen Presse angelegt! 

Eine neue schwere Fesselung der kirchlichen Presse bedeutete 
es, daß die Bestimmungen für die katholisch-kirchliche Presse, 
welche im Dezember 1933 zwischen dem Reichsminister für Volks- 
aufklärung und Propaganda und dem Vorsitzenden der Fuldaer 
Bischofskonferenz bezüglich der Nichtanwendung des Schriftleiter- 
gesetzes vom 4. Oktober 1933 vereinbart worden waren, in der 
zweiten Hälfte des Jahres 1937 praktisch außer Kraft gesetzt 
wurden. Dieses Gesetz galt zwar dem Wortlaute nach nur für 
Zeitungen und politische Zeitschriften. § 3, 3, besagte: 
„Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda kann 
bestimmen, welche Zeitschriften als politisch im Sinn dieses 
Gesetzes anzusehen sind." Nunmehr legte er auch der kirchlichen 
Presse immer mehr die Maßstäbe dieses Gesetzes an. Auch die 

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Bistumsblätter konnten nur noch von Personen redi- 
giert werden, welche der Zulassung zum Schrift- 
leiterberuf für „würdig" befunden worden waren. 
Damit mußten nicht wenige Priester die Feder aus der Hand legen 
oder konnten nur noch in untergeordneter Stellung mitarbeiten, 
nur noch einem Laienschriftleiter Material sammeln, beratend zur 
Seite stehen und in die Hand arbeiten — und liefen selbst da noch 
Gefahr, für diese Mitarbeit zur Verantwortung gezogen zu werden 
und ein Verbot der betreffenden Zeitschrift herbeizuführen, wie 
dies beispielsweise für die „Münchener katholische Kirchenzeitung" 
und ihren ehemaligen Schriftleiter Dr. Michael Hock der Fall war. 

Ein Prozeß, der deswegen geführt werden mußte, endete zwar mit 
vollem Freispruch von Dr. Hock, kam aber infolge Berufung des Staats- 
anwaltes und Anforderung der Akten durch die Reichspressekammer 
nie zum Abschluß. Aber das Verbot der „Münchener katholischen Kir- 
chenzeitung" blieb bis zum endgültigen Prozeßentscheid, also bis zum 
Ende der Naziherrschaft, aufrechterhalten und — Dr, Hock kam ins 
Konzentrationslager. Deutsche Justiz und Pressefreiheit war nach Goeb- 
bels' oftmaligen Äußerungen größer als irgendeine andere in der ganzen 
Welt! 

Der Präsident der Reichspressekammer, Amann, war ehrlicher, 
wenn er in der „Deutschen Presse" Nr. 21 vom 23, Mai 1936 gerade 
in bezug auf die kirchliche Presse von einer „sterilisierten Presse*' 
sprach. Sie war durch all die Operationen der Reichspressekammer 
Wirklichkeit geworden. 

Hand in Hand mit dieser inhaltlichen und wirtschaftlichen 
Drosselung ging auch jene des U m f a n g s : Mit Beginn des Jahres 
1937 kamen die Verordnungen über Papiereinsparungen, die an- 
fangs rund 10 Prozent des Ümfangs,^ später 33 Vs Prozent und immer 
mehr betragen mußten, bis der Krieg der kirchlichen Presse als 
erster die volle Einstellung brachte. 

Fesseln für K alen der 

Zu dem Schrifttum, das alljährlich in größten Mengen in die 
breite Masse des Volkes drang, gehörten die Kalender. Grund ge- 
nug . für den Nationalsozialismus, auch hier seinen Totalitäts- 
anspruch geltend zu machen und Vorschriften positiver und nega- 
tiver Art für die Herausgabe und den Inhalt von Kalendern zu 
erlassen. 

So schrieb Wilhelm Peters in „Adresse und Anzeige", Jahrgang 3, 
Heft 1 vom 15. Februar 1938 unter dem Titel; „Kalender unserer Zeit" 
als „Amtliche Richtlinien" für die Inhaltsgestaltung von Kalendern: 

„Hiermit ist ein Punkt berührt, der gemeinhin bei der Gestaltung 
des Gesamtinhaltes viel zu wenig berücksichtigt wird. Es kommt dar- 
auf an," den Kalender in allen seinen Teilen nach heute 
geltenden Prinzipien und Gesichtspunkten auszu- 
richten. Das heißt nun nicht, daß er nur einem Thema dienen soll — ^ 
seine .Buntheit ist uns von jeher eine seiner wertvollsten Eigenarten ge- 
•v^resen — , es heißt aber Sichtung und Wertung der aufzunehmenden Ar- 

210 



beiten nach Maßstäben, die in der nationalsozialistischen 
Weltanschauung begründet sind. Nichts liegt uns ferner als die 
Kalender gesamtinhaltlich zu politisieren. Wir wollen aber, daß 
auch der nichtpolitische Teil so ausgerichtet ist, daß er nicht nur natio- 
nalsozialistischer Wertung standhält, sondern darüber hinaus auch als 
vorbildlich angesprochen werden Icann." 

Noch deutlicher und schärfer wurde in der gleichen Zeitschrift 
Heinz Haß, indem er schrieb: 

„Die Forderung zeitnahen Kalenderschaffens ist 
allerdings dort mißverstanden, wo man sie in der formellen Hinzu- 
nahme einer Jahresschau oder eines Beitrages über die NSV erfüllt 
sieht. Zu ariderem ist sie ebensowenig allein durch eine Vielzahl zeit- 
politischer Themen gegeben. Von einem zeitnahen Volkskalender kann 
man erst dann sprechen, wenn die Kalenderanlage im gan- 
zen vom Geiste der nationalsozialistischen Welt- 
anschauung und Gegenwart durchdrungen ist. Bisher 
belegen erst wenige Kalender eine so gesehene und aufgefaßte Text- 
gestaltung. Nicht selten werden in den politischen Beiträgen über- 
zeugend vori^etragene Auffassungen durch den weltanschaulichen Ge- 
halt der Erzählungen wieder aufgehoben. So etwa, wenn in einer ^uf 
eine Würdigung des Arbeitsdienstes unmittelbar folgenden Erzählung das 
Schicksal eines Gefangenen geschildert wird und diese Erzählung im 
Grunde nichts anderes ist als eine Interpretation liberalistischer Rechts- 
auffassung. Sehr auffällig wird schließlich dieser Mangel an der Sprache 
der Beiträge. Nichts ist lästiger und peinlicher, als Beiträge über poli- 
tische Gegenwartsfragen zu lesen, die in der Auffassung dieser Gegen- 
wart und ihrem Ausdruck nicht über abgestandene patriotische Wen- 
dungen hinauskommen. Solche Beiträge verlangen Verfas- 
ser, die wahrhaftin unserer Zeit stehen und sie aus 
innerem Erlebnis heraus darstellen können. Auf diese 
Voraussetzungen hin sollten vor allem die Arbeiten überprüft werden, 
die aus dem Leben der Gliederungen der Partei berichten. 

Die Ausgestaltung der Kalender mit zeitpolitischen Beiträgen 
wird nach den bisherigen Erfahrungen fast durchweg thematisch zu 
eng gefaßt. Es ist daher eine Ausweitung der politischen Themen zum 
eigenen Nutzen der Kalender dringend geboten. Als Themen soll- 
ten neben den aktuellen Problemen des Aufbauwer- 
kes des Führers die Grundfragen der nationalsozia- 
listischen Weltanschauung stehen, Rassen- und 
Völkskunde, Vor- und Frühgeschichte, die Wandlun- 
gen des Re'chtsdenkens usw. 

Die bisher gestreiften Maßstäbe und Forderungen zeitnaher Kalen- 
dergestaltung lassen sich vorbehaltlos an jedem Kalender verwirlclichen, 
am allgemeinen Unterhaltungs- wie am Heimatkalender. Auch für 
,den religiösen Kalender gelten sie, dessen besonderes An- 
liegen innerhalb der auf das Volk gerichteten Zielsetzung verbleibt." 

Diese Knebelung der Kalender veranlaßte Bischof Konrad 
Preysing von Berlin zu folgender Entschließung vom 
13. April 1938: „Die Richtlinien für den pfiichtmäßigen Inhalt der 
Kalender, die von den zuständigen Stellen in „Adresse und Anzeige" 
Jahrgang 3, Heft 1/1938, veröffentlicht worden sind, veranlassen 
mich, da sie für die Inhaltsgestaltung auch der bisher religiösen 
Kalender Geltung beanspruchen, von derweiteren Heraus- 
gabe des St. -Petrus-Kalenders für das Bistum 
Berlin abzusehe n." 

211 



Umgekehrt glaubte der Reichsminister für Ernährung und 
Landwirtschaft, Darre, im „Deutschen Bauernkalender 1935", 
herausgegeben von der Reichsbauernschaft, 

das Muster eines total nationalsozialistischen 

Kalenders 

bieten zu müssen. Da war alles Christliche und erst recht alles 
Katholische vollständig ausgemerzt. Selbst die höchsten Feste des 
Herrn, wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, waren darin ver- 
schwunden. Der 6. Januar, der Tag der Hl. 3 Könige, ist zum 
Tag der 3 A s e n geworden. Der 29. Februar als Tag von P e t r i 
S t u h 1 f e i e r ist im Bauernkalender das Fest von Thors 
Stuhl, Der Aschermittwoch ist der Tag von Wodans 
Asche. Der Gründonnerstag, als der Gedenktag der Ein- 
setzung des heiligsten Altarsakramentes, soll für den deutschen 
Bauern nur mehr der Tag der „W eihe des Nachtlichtöles" 
sein. Karfreitag, der Trauertag der ganzen Christenheit über 
den Tod des „Menschensohnes" und göttlichen Erlösers, ist im NS- 
Bauernkalendel" der Erinnerung an die 4500 Sachsen gewidmet, 
die von Karl dem Großen („dem Schlächter") hingemordet wurden, 
und „den 9 Millionen anderen Verfechtern des Rechts, Heroen 
des Glaubens, Häretikern und Hexen, die gemordet, zu Tode ge- 
quält und am Pfahl verbrannt wurden." Ostern, das Fest der 
Auferstehung des Herrn, ist von Darre der heidnisch-germanischen 
Frühlingsgöttin Ostara geweiht. Der Himmelfahrts- 
tag ist der Tag der Rettung von Thors Hammer. Der H e i - 
ligeAbendist der Tag der Geburt des LichtgottesBaldur. 

Von allen Seiten ob dieser unerhörten Beleidigungen alles 
christlichen und katholischen Fühlens angegriffen, suchte Darre in 
einer Veröffentlichung vom 26. Februar 1935 alle Schuld auf die 
„Herausgeber" abzuwälzen, die trotz der Titelbemerkung: „Heraus- 
gegeben von der Reichsbauernschaft" und trotz Ein- 
leitungsartikels aus der Hand Darres selbst und trotz seiner 
eigenen Namenszeichnung doch nur „P r i v a t a r b e i t" ge- 
leistet hatten! 

Fesseln für Flugblätter und Kleinschriften 

Schon am 29, Juni 1934 hatte der badische Innenminister die 
Verbreitung von Flugblättern politischen und religiösen In- 
halts verboten, 

Anfang 1936 erließen dann Gestapostellen verschiedener Länder 
Verbote gegen Gratisverteilung von Hirtenbriefen, apologetischen 
Broschüren und religiösen Flugblättern in Kirchenvorräumen und 
an Kirchentüren. 

Am 22. April 1936 antwortete das Reichskirchenministerium 
auf diesbezügliche Beschwerde des Erzbischöflicheri Ordinariats 
München: „Nach diesem Erlaß kann, die Verbreitung von Flug- 

212 



blättern und Flugschriften mit Ausnahme der von staatlicher oder 
parteianitlicher Seite herausgegebenen Flugschriften künftig nicht 
mehr geduldet werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob der 
Inhalt polizeilich zu beanstanden ist oder nicht." 

Wollte darum ein Pfarrer seinen eigenen Pfarrangehörigen 
irgendeine seelsorgliche Mitteilung machen oder z, B. in jedes Haus 
oder in jede katholische Familie eine Einladung zu einer Volks- 
mission oder religiösen Woche oder Erstkommunionfeier senden, so 
durfte er dies nicht mehr in Form eines Flugzettels tun, sondern 
mußte jedes einzelne Schriftstück persönlich unterzeichnen, in ein 
genau adressiertes Kuvert stecken und sorgfältig darauf achten, 
daß das Seelsorgsschreiben „nicht einer Person oder Familie zu- 
geleitet wurde, die entweder überhaupt nicht oder nicht mehr 
katholisch war." 

Fesseln für das ganze Schrifttum 

Die gesamte Buchproduktion stand „im freien Deutschland" 
unter strenger Kontrolle, insbesondere unter dem Gesichtspunkt 
der „politischen und weltanschaulichen Richtung". Für die Heraus- 
gabe neuer Werke waren zwei Prüfungsstellen zu passieren: „Die 
ReichsstellezurFörderungdesdeutschenSchrift- 
t u m s" und „die parteiamtliche Prüfungskommis- 
sion zum Schutze desNS-Schrifttum s." Kam ein neu- 
geplantes katholisches Buch glücklich durch die erste Sperre, konnte 
es immer noch an der zweiten aufgehalten werden. Die zwei 
Prüfungsstellen hatten praktisch nur drei Entscheide: „Positiv", 
„Mit Einschränkung", „Negativ". 

„Mit Einschränkung" wurden beispielsweise einzelne „Papst- 
rundschreiben", dann die Werke des hl. Thomas, des hl. Augustin 
zensiert. 

„Negativ" wurde verbeschieden: Alois Dempf : „Meister Ecke- 
hardt", Hermann Muckermann: „Grundriß der Rassenkunde", 
Alfons Erb: „Thomas Morus und Johann Fischer", Jakob Kneip: 
„Das Reich Christi". 

„Positiv" wurden dagegen gewertet Werke wie: Jam: „Die katho- 
lische Kirche, eine Gefahr für den Staat" (1936); Rose: „Rom mordet, 
mordet Seelen, Menschen, Völker" (zuerst als „gefährlich und nicht 
wünschenswert" beurteilt, dann freigegeben ohne Einschränkung); 
Gottschling: „Zwei Jahre hinter Klostermauern" erhielt 1935 sogar den 
Preis der Universität Jena für Kunst und Literatur. 

Von der „Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums" 
aber erhielt dies Buch günstigste Beurteilung und Empfehlung, die so- 
fort der Propaganda zur Verfügung stand, wie nachfolgendes Reklame- 
blatt des Verlages A. F. Koehler-Leipzig zeigt: 

Neuerscheinung Februar 1935: 

Dr. Erich Gottschling 

Zwei Jahre hinter Klostermauern 

Aufzeichnungen eines Dominikaners 

Über diese hiermit erstmalig angelcündigte Neuerscheinung hat d i e 
Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrift- 
tums, Berlin, am 2 0. November 1934 folgendes Gut- 
achten abgegeben: 

213 



„Der Mönch hat eine eigentümliche Psyche. Das konnte ich in den 
zwei Jahren meines Klosterlebens reichlich erfahren. Um es lange Zeit 
oder gar lebenslang unter so gearteten Menschen aushalten zu Icönnen, 
muß jemand entweder schon eine ebensolche von der Norm abweichende 
psychische Struictur besitzen, oder er muß eine solche im Kloster durch 
die .Umformung' erwerben. Ein so Umgeformter ist dann aber für das 
normale bürgerliche Leben unbrauchbar geworden." 

Hier gibt einer, der zwei Jahre lang Mönch gewesen ist, eine durch 
ihre Sachlichlceit erschütternde Darstellung vom Aufbau und Er- 
ziehungssystem des Dominilcanerordens; der Dominikanerorden ist, wie 
eine Reihe von anderen Orden, exemt, d. h. er untersteht keinem Bischof, 
sondern unmittelbar dem Papst selbst. 

Gottschling begnügt sich als Quelle nicht mit der allgemein gehalte- 
nen offiziellen Literatur über das Ordenswesen, sondern er stützt sich 
fast ausschließlich auf eigene im geheimen unmittelbar gemachte Auf- 
zeichnungen und auf die Einblicke, die er verschiedentlich in die Ge- 
heimsatzungen des Ordens tun konnte. Die Sprache ist frei von jeder 
Sensationshascherei; sie überzeugt durch ihre Verbindung von beschei- 
dener Vornehmheit und schonungsloser Wahrhaftigkeit. 

Das Werk ist eine unersetzliche, aus unendlich vielen Einzelheiten 
und dem Außenstehenden niemals erkennbaren Kleinigkeiten aufgebaute 
Dokumentensammlung für die Tatsache, daß durch die' Ordens- 
erziehung systematisch das Selbstbewußtsein und 
das Ehrgefühl des Menschen zerbrochen wird, um ihn 
zum willenlosen Werkzeug in der Hand der Ordens- 
gebieterzumachen. 

Es ist fast unnötig, festzustellen, daß dieser Frevel am Menschen- 
tum nichts mit dem katholischen Glauben zu tun hat, der in diesem 
Buche in keiner Weise angetastet wird. Im Gegenteil, jeder aufrechte 
deutsche Katholik wird diese reinliche Scheidung des katholi- 
schen Gedankengutes von solchen Verirrungen ge- 
rade im Hinblick auf ein gesundes Verhältnis von 
Nationalsozialismus und Katholizismus dankbarst 
begrüßen." 

Unterschrift des Referenten der Reichsstelle 

Kirchliche Fragen stehen augenblicklich im Mittelpunkt der Er- 
örterung. Für den Buchkäufer ist es schwer, auf den ersten Blick wert- 
volles, neues Material zu erkennen. Wir freuen uns daher, schon bei der 
ersten Ankündig ungdes Buches das Urteil, das die maß- 
gebende Jleichsstelle abgegeben hat, veröffentlichen zu können. 

Groß Oktav, 196 Seiten. In Ganzleinen 4.50 RM. 
K. F. Koehler / Verlag / Leipzig. 

„Steckbrief" gegen katholische Literatur 

In der „streng vertraulichen" Anweisung der bayerischen 
politischen Polizei vom 23. April 1935 an alle Polizeiämter, Staats- 
polizeistellen usw. hieß es: 

„Der katholischen Literatur muß spezielle Aufmerksamkeit 
gewidmet werden. Die Bücherstände an den Pilgerorten, an den 
Kirchenportaien, auf Eisenbahnstationen wie überhaupt katholische 
Buchhandlungen und Verlage sind ständig und gründlich 
zu überwachen. Dabei ist besonderes Augenmerk auf neue Ver- 
öffentlichungen katholischer Volks- und Flugschriften zu legen. 
Dies bezieht sich besonders auf folgende Büchereien: 

2H 



.Katholische Flug'blätter über Tagesfragen*, herausgegeben von 
der Saarbrückener Druckerei- und Verlags-AG., Saarbrücken; 
,Klare Begriffe', herausgegeben von Dr. Heinrich Krone, Berlin, 
Wilhelmshaven; ,Die Kirche in unserer Zeit', herausgegeben von 
J. P. B a c h e m G. m. b. H., Köln; ,Zur Verteidigung des Glaubens', 
herausgegeben von A. H u b e r, München. Alle staatsfeindlichen 
Veröffentlichungen sind zu beschlagnahmen." 

Kolportageverbot für konfessionelle Druck- 
schriften 

Auch die Haus- und Wohnungstüre sollte dem konfessionellen 
Buch versperrt werden. 

Zunächst bezeichnete ein Runderlaß des Reichskirchenmini- 
steriums den Vertrieb christlichen Schrifttums durch Reisende und 
ambulante Händler als u n e r w ü n s c h t. Am 18. September 1935 
aber verfügte ein Erlaß der Gestapo, daß der gewerbsmäßige Ver- 
trieb unbeanstandeter (!) konfessioneller Druckschriften aller Art, 
wie von Legendenbüchern, Kalendern usw., sowie das Aufsuchen 
von Bestellungen hiefür von Haus zu Haus restlas und mit 
allen Mitteln zu unterbinden sei. Die Beschwerden von 
kirchlicher und buchhändlerischer Seite gegen diese Fesselung der 
konfessionellen Presse hatten nur den einen Erfolg, daß die 
„Hl. S c h r i f t" kolportiert werden durfte. 

Im nachfolgenden einige Dokumente für diese Ausnahme- 
behandlung des religiösen Schrifttums: 

Erlaß der bayerischen Politischen Polizei vom 8. September 1935 

Der gewerbsmäßige Vertrieb unbeanstandeter konfessio- 
neller Druckschriften aller Art wie von Legendenbüchern, Kalen- 
dern sowie das Aufsuchen von Bestellungen hiefür von Haus zu Haus 
ist restlos und mit allen Mitteln zu unterbinden. 

München, 29. Februar 1936. 

An den Bernreuther-Verlag und Kunsthandlung in München, Goethe- 
straße 64. 

Auf Grund § 1 der VV des Reichspräsidenten zum Schutze von 
Volk und Staat vom 28. Februar 1933 (RGBl. 1933 I, S. 83) ist der Ver- 
trieb religiöser Druckschriften, Bilder und Bildwerke (z. B, Figuren, 
Kreuze usw.) von Haus zu Haus oder durch Aufsuchen von Bestellun- 
gen mit sofortiger Wirksamkeit verboten. Zuwiderhandlungen werden 
nach § 4 a. a. O. mit Gefängnis nicht unter einem Monat und mit Geld- 
strafen von RM. 150.— bis zu RM. 15 000 bestraft. 

I.A. Mayr. 

Betreff: Vertrieb religiöser Druckschriften, Bilder und Bildwerke. 
Dienststelle 512 

Der Präsident der Reichsschrifttumskammer 

III/2 9304 Berlin W 8, 23. April 1936 

An den Verlag der Ars Sacra, München 
Betreif: Ihr Schreiben vom 9. April 1936. 

Die ^Maßnahmen der Polizeidirektion München gehen auf einen 
Runderlaß des Herrn Reichsministers für (!) die kirchlichen Angelegen- 

215 



heiten zurück, in dem der Vertrieb cliristlichen Schrifttums durch Rei- 
sende und ambulante Händler als unerwünscht bezeichnet wird. Ich 
kann Ihnen deshalb lediglich empfehlen, Ihre Verbindungen mit den 
Buchhandelsfirmen zum Absatz Ihrer Werke energisch auszubauen. 

Der Vertrieb durch Einzelhandelsfirmen, die in die „Stammrolle ge- 
nehmigter Buchverkaufsstellen" eingetragen sind, ist durch den Rund- 
erlaß nicht eingeschränkt. 

Polizeipräsidium München, Dienststelle 519 2. Februar 19'37 

Nebenstelle 541 

An Verlag Peiffer, München 

Vertrieb von religiösen Schriften. 

Das Gesuch vom 4. Januar 1937 um Genehmigung zum Reisevertrieb- 
von religiösen Druckschriften wurde abgelehnt. Ausgenommen ist nur 
die Werbung von Beziehern für bestehende Zeitungen und Zeitschriften, 
soweit die Bezieherwerber den vorgeschriebenen Werbeausweis der 
Reichspressekammer besitzen. 

I.A. gez. Mayr. 

„Sterilisation" der kirchlichen: Volks- 
bibliotheken 

Auch den Büchern der vom bayerischen katholischen Presse- 
verein (St.-Michaels-Bund zur Pflege des katholischen Schrifttums 
in Bayern e. V.) und vom Borromäusverein gegründeten und sehr 
geschätzten Volksbibliotheken sollte das Eindringen in die breiten 
Volksmassen unterbunden werden. Sie durften sich überhaupt nicht 
mehr „K a t h. V o 1 k s b i b 1 i o t h e k" oder „Volksbücherei" 
heißen, sondern nur noch Pf a r r b ib li o th e k; sie sollten* so 
schon als etwas „Einstiges", „Konfessionelles", „Frommes" ab- 
gestempelt werden. Für das „Volk" durfte ja nur noch der 
Nationalsozialismus etwas haben und tun. Und was die neuen 
Herren an Büchern nicht hatten, das nahmen sie eben den andern. 
Weil die Pfarrbibliotheken doch nur noch Erbauliches, Religiöses 
haben sollten, mußten sie alle Bücher- erzählenden Inhalts und all- 
gemein belletristischer Art, etwa die Hälfte ihrer Bücherbestände, 
an die neu zu gründende gemeindliche „Volksbibliothek", auch an 
. Kz.-Büchereien u. ä., abtreten. 

B. Die Fesseln werden angelegt. 

Mit all diesen Verordnungen und Erklärungen waren genug 
Fesseln bereitgestellt und überall ein engmaschiges Netz gezogen. 
Da war es nicht mehr schwer, „staatsfeindliche Verbrecher" schrift- 
stellerischen Charakters zu fangen und festzuhalten. 

Nur einige Beispiele: 

Eine Nummer der „Münchener katholischen Kirchenzeitung" wurde 
beschlagnahmt, weil sie einen Artikel über den ersten Bischof von 
Münster mit den Worten (aus dem Gedächtnis zitiert) eingeleitet hatte: 
„Auch der erste Bischof von Münster war schon ein mutiger Kämpfer." 
Das war schon ein unzulässiger Hinweis auf den gegenwärtigen mutigen 
Inhaber des Bischofsstuhles von Münster, H, A. Galen, der den Dikta- 
toren des Dritten Reiches manch entschiedenes Wort sagte. 

216 



Die „Kleine Münchener Kirchenzeitung" vom März 1937 mußte 
einen Artikel tilgen, in welchem berichtet war, wie General von Ziethen 
einstmals eine Verspottung des christlichen Glaubens durch den' „Alten 
Fritz" entrüstet zurückwies. 

Am 24. August 1938 erhielt die Schriftleitung nachfolgendes Schrei- 
ben des „Reichsministers für Volksauf klärung und Propaganda": „In 
Nr. 27' Ihrer Kirchenzeitung geben mehrere Notizen Anlaß zu scharfer 
Beanstandung. 

Auf Seite 420 heißt es in dem Artikel „Zeit und Ewigkeit" folgen- 
dermaßen: 

„Alle Rassen finden sich hier zusammen. Ging da nicht gerade ein 
gelber Bischof vorüber? Ein • schwarzer Priester kommt gerade aus dem 
Petersdom und ein deutscher Kardinal unterhält sich mit einem fran- 
zösischen Prälaten." 

Der Roman „Priester der Verbannten" enthält auf Seite 423 folgende 
Sätze: 

„ . . . der Berufene darf nicht zurückschauen,, nicht nach der Scholle, 
auf der er geboren war, nicht nach den Menschen, mit denen er ver- 
bunden ist durch den Strom des Blutes; denn wer die Hand an den~ 
Pflug legt und zurückschaut, ist nicht tauglich für das Gottesreich. 
Aber irgendwo, vielleicht auf einer fernen Insel, sind Menschen, die 
ihre wunden Hände nach der Liebe ausstrecken, die mit zerrissenen 
Lippen nach Hilfe rufen, die mit den toten Augen des Elends nach 
einem Heiland ausschauen, der sich niederbeugt zu ihrer Not und ihre 
Last auf die eigenen Schultern wirft." 

In der Buchbesprechung auf Seite. 425 heißt es u. a.r 

„. . . denn sie wußten, daß der Soldat in dem Maße seine nationale 
Pflicht erfüllt, als er Christ ist." 

Die angeführten Sätze sind geeignet, das Rasse- und Nationalgefühl 
des deutschen Volkes zu untergraben, während sie andererseits dem 
nichtchristlichen, gottgläubigen Soldaten die Fähigkeit der Pflichterfül- 
lung absprechen. 

Ich erteile Ihnen daher einen scharfen Verweis und weise Sie mit 
Nachdruck auf die Folgen weiterer Beanstandungen hin. 

Im Auftrag 
gez. Dürr." 

Treibjagdim,, Anzeigenfeld" 

Wie kleinlich die Vorschriften über die Anzeigen bei 
Kirchenzeitungen angewendet werden, zeigt nachfolgendes Schrei- 
ben des „Präsidenten der Reichspressekammer, Berlin" vom 
16. Juni 1937 an den Verlag der „Münchener katholischen Kirchen- 
zeitung": 

Betrifft: Anzeigen-Beanstandung. 

Im Rundschreiben 7/1937 der Fachschaft der katholisch-kirchlichen 
Presse wurde in Punkt 2 in meinem Auftrag darauf hingewiesen, daß 
bei allen Verstößen gegen meinen Erlaß vom 17. Februar 1936 ohne 
vorherige Verwarnung gegen den schuldigen Verlag eine Ordnungsstrafe 
von mir verhängt wird. 

Ich habe den Anzeigenteil Ihrer Zeitschrift „Münchener Katho- 
lische Kirchenzeitung" von Nr. 18 ab (2. Mai 1937) geprüft und dabei 
folgendes festgestellt: ' 

In Nr. 18 sind unzulässig die Kleinanzeigen Nr. 1492, 1502, 1500, 
1493, Scheifel, 1506, Arcisstraße 5, 1499, 1497, 1482. (Diese Wohnungs- 

217 



gesuche und -angebote haben einen rein wirtschaftlichen Hinter- 
grund, sie entbehren ihrer Natur nach des konfessionellen Charalcters, 
auch wenn dieser durch Zusätze in sie hineingelegt wird), Stellen- 
gesuche: Telefon 22 995, Nr. 1505, Anzeige: Betzl (moderne Damen- 
schirme usw.). 

In, Nr. 19 beanstande ich die Kleinanzeigen Hiltenspergerstraße 17/1 
Nr. 1513, 1509, 1512, Hieber, Fentsch, 1507, 1511, Koller. 

Nr. 20 bringt folgende unstatthafte Anzeigen: Nr. 1528, 1516, 1509, 
1534, 1523, 1524, 1531, Herrnstraße 22/2 r., Hochhäusl, Waldtrudering, 
Florastraße, 1529, 1525, Breisacher Straße 3/2 r., Nr. 1533, Klenzestr. 
Nr. 95/2 1., Emma Schweiger, Volkartstraße 71/4, Daxenberger, Drei- 
mühlenstraße 18, Stellenanzeigen: Nr. 1515, Kugler, Foto-Geschäft, An- 
zeige: Joh. Betzl Ww. 

In Nr. 21 sind unzulässig die Anzeigen Keßler, Herzog-Rudolf- 
Straße 51, Nr. 1525, M. K. postlagernd Altötting, teilweise F. Reitsamer 
& Sohn, Drahtgeflechte und Einfriedungen. 

In Nr. 22 sind zu beanstanden die Kleinanzeigen Nr. 1547, 1551, 
Andrä, 1546, 1558, Stellengesuche: 1548, 1561, 1554, Joh. Betzl Ww. 

Folgende Anzeigen der Nr. 23 sind unstatthaft: Kleinanzeigen Nr. 
1589, 1574, 1565 sowie die Anzeigen U, B. Fridrich, München, Sendlinger 
Straße 14, Alban Scharner, München, Dienerstraße 11, Jakob Janich, 
Reichenbachstraße 12, teilweise Rid & Sohn (im Sonderrundschreiben 
der Fachschaft an die Verlage vom 26, Mai 1937 heißt es, daß Firmungs- 
anzeigen, in denen Güter des allgemeinen Lebensbereiches entweder 
allein oder zusammen mit religiösen Gegenständen angeboten werden, 
unstatthaft sind). 

Mit Rücksicht auf die große Zahl der beanstandeten Anzeigen setze 
ich hiermit gegen den Verlag eine 

Ordnungsstrafevon 5 0. — R M 
bez. P.Sch. 21. Juni 1937 

fest. Der Betrag ist binnen acht Tagen auf das Postscheckkonto der 
Reichspressekammer Berlin Nr. 5861 unter dem Aktenzeichen A 4b zu 
überweisen. 

Ich ersuche, künftig genauestens darauf zu achten, daß in Ihrer 
Zeitschrift keine unzulässigen Anzeigen veröffentlicht werden. 

Im Auftrage: 
gez. Unterschrift" 

Ähnlich kleinlich wurde bezüglich des U m f a n g s der „Mün- 
chener katholischen Kirchenzeitung" verfahren. Die Beilage eines 
längst gedruckten, mit vielen Abkürzungen arbeitenden „Kirchea- 
anzeigers" brachte am 22. August 1938 eine besondere Rüge. 

Erst recht leicht und oft fand natürlich der Inhalt Beanstan- 
dung, wenn er die geringste Kritik an nationalsozialistischen 
„Größen" oder eine Abwehr ihrer Angriffe brachte. 

Der Verlag „Katholisches Kirchenblatt des Bistums Berlin" erhielt 
von der Staatspolizeistelle Berlin am 7. April 1935 nachfolgendes 
Schreiben: 

„Die Nr. 14 vom 7. April 1935 des Katholischen Kirchenblattes für 
das Bistum Berlin wird wegen des auf Seite 13 erschienenen Artikels 
„Der Reichs] ugendführer über die katholischen Jugendverbände" gemäß 
§ 7 der Verordnung vom 4. Februar 1933 beschlagnahmt." 

Wie das Bischöfliche Ordinariat Berlin in einem Rundschreiben an 
den Reichsinnenminister unter dem 11. April 1935 darlegte, gab der an- 

218 



gezogene Artikel zunächst einen Teil der über alle deutschen 
Sender gegangenen Rede des Reichs Jugendführers Baidur von 
Schirach wieder. Wörtliche Zitate wiesen dann auf einschlägige Be- 
stimmungen des Konkordates hin, aus denen die selbstverständliche 
Folgerung für die Rechte und Pflichten der hohen Vertragspartner ge- 
zogen wird. In schneidendster! Form wurde dann das Urteil über die , 
ungeheuerlichen Anwürfe des Reichsjugendführers dem Leser anheim- 
gestellt und zum Schluß die Tatsache einer Beschwerde des Bischofs an 
den Führer und Reichskanzler bekanntgegeben. „Der in seiner Gesamt- 
haltung und in jedem einzelnen Satz durch stärkste Zurück- 
haltung und strengste Sachlichkeit sich auszeichnende Ar- 
tikel hatte den Zweck, in erzwungener Abwehr zu der Rede des 
Reichsführers im Sinne des Bischöflichen Ordinariates grundsätzlich 
Stellung zu nehmen und dadurch aufklärend und beruhigend auf das in 
seinem religiösen Empfinden und in seiner Ehre aufs tiefste verletzte 
und erregte treukatholische Volk einzuwirken." 

Wir betonen dies, um das für den kirchentreuen K&tholiken gerade- 
zu Unfaßbare der Beschlagnahme des Katholischen Kirchenblattes 
wegen der gesetzlich unantastbaren, nach Inhalt und Form auf das 
Mindestmaß beschränkten Notwehr zu kennzeichnen, die weit hinter 
der an sich berechtigten und vom Volk erwarteten Abwehr zurück- 
bleibt. Wenn die Beschlagnahme aufrechterhalten und der Grund der- 
selben dem katholischen Volk bekannt wird, ist eine zur Verbitterung 
sich steigernde Entrüstung zu erwarten aus dem allzu berechtigten 
Empfinden, daß katholische Kirche und katholisches 
Volk bezüglich des Schutzes seiner heiligsten Güter 
unter Ausnahmerech tstehe n." 

Beschlagnahmen und Verbote: 

All die Beschlagnahmen katholischer Bistums- 
blätter, Pfarrblätter und Zeitschriften aufzuzählen 
würde zu weit führen. 

Auch hierfür bloß ein paar Beispiele: 

4. Mai 1934: Das Pfarrblatt von Aibling (Oberbayern) 

Ende Juli 1934: Das Bonifatiusblatt Nr. 4 

Ende des Jahres 1934: Das St. Konradblatt von Freiburg 

20. Januar 1935: Das St. Konradblatt von Freiburg 
8. März 1935: Das Pfarrblatt von Essen Nr. 10 

21. März 1935: Das Pfarrbiatt von Essen Nr. 12 

21. April 1935: Das Paulinusblatt von Trier Nr. 17 

4. Mai 1935: Die Münchener Katholische Kirchenzeitung 

10. Mai 1935: Die Münchener kleine Kirchenzeitung 

28. Mai 1935: Leo Nr. 9 

21. Januar 1935: Der Johannesbote von Schneidemühl Nr. 26 

24. Januar 1935: Der Dortmunder Kirchenanzeiger 

14. Juli 1935: Die Münchener Katholische Kirchenzeitung Nr. 28 , 

21. Juli 1935: Die katholische Kirchenzeitung von Ermland (bereits 

das sechstemal!) 
1. März 1936: Die kleine katholische Kirchenzeitung Münchens 
20. März 1936: Die Kölner katholische Kirchenzeitung 

Auch die Vatikanische Zeitung „L'Osservatore Romano" 
blieb nicht verschont von den NS-Gewalttaten. In steigendem Mai3e 
wurden Nummern, die irgendwie etwas für Deutschland Unan- 

219 



genehmes enthielten, beschlagnahmt bzw. im Auftrag der Gestapo 
von der Post zurückbehalten und vernichtet. 

Die „Ketteier Wacht" (die frühere „Westdeutsche Zei- 
tung"), das Organ der katholischen Arbeitervereine Westdeutsch- 
lands, mit ca. 150 000 Auflage, wurde im Frühjahr 1936 verboten. 

Wie schon erwähnt, wurde auch die vom Katholischen Jung- 
männerverband herausgegebene „Junge Front" mit mehreren 
hunderttausenden Auflage verboten, noch vor Ablauf eines Jahres 
auch ihr Nachfolger: „M i c h a e 1". 

Die „W eltmission derkatholischen Kirch e", Aus- 
gabe Aachen, mit rund 300 000 Exemplaren, herausgegeben vom 
„Päpstlichen Werk der Glaubensverbreitung", wurde im • August 
1937 verboten, „weil sie mit ihrer Verherrlichung fremder Rassen 
eine Gefahr für die Rassentheorie, die Basis des national- 
sozialistischen Staates, sei." 

Das „K 1 e r u s b 1 a 1 1" der katholischen Priestervereine Bayerns 
durfte für lange Zeit nicht mehr erscheinen, weil seine Darstellung 
kirchlicher Verhältnisse in Rußland im Gegensatz zu dem stünde, 
was von d,er deutschen Presse über Rußland ver- 
öffentlicht werde und eine kommunistische Propaganda sei. In 
Wirklichkeit hatte aber der Artikel das Wiederaufleben des reli- 
giösen Lebens in Rußland und seine Triumphe über die Verbote 
und Widerstände des Staates und der Parteiorganisationen be- 
schrieben. 

Die „Stimmen der Zei t", ebenso alt wie wissenschaft- 
lich gediegen und in der ganzen Welt geschätzt, wurden verboten, 
weil einer ihrer früheren Mitarbeiter, der gottbegnadete Schrift- 
steller P. L i p p e r t, sechs Jahre vor seinem Tode in einem Briefe 
eine abträgliche Äußerung über den Nationalsozialismus gemacht 
hätte. • 

Über die Erwürgung der Zeitschrift hinaus wurde auch noch das 
ganze Haus der Schriftleitung in München mitsamt der wertvollen 
Bibliothek innerhalb zwei Stunden weggenommen. Die Patres 
durften nur ihre persönlichen Sachen mitnehmen. 

Mit der Auflösung der katholischen Jugendvereine wurden alle 
ihre Zeitschriften verboten, so die „ J u n g w a c h t", „D e r 
Kran z", „Die Knosp e", „M y r t e". 

Ebenso verfielen der polizeilichen Einstellung „M o n i k a", die 
Zeitschrift der katholischen Müttervereine, die bereits 71 Jahrgänge 
hatte; freilich forderte sie ein ganz anderes Ehe- und Mutterideal 
als der Nationalsozialismus. 

Auch der in ganz Bayern so beliebte „A 1 1 ö 1 1 i n g e r L i e b - 
frauenbote" mußte die nationalsozialistische Rache über sich 
ergehen lassen: Sein langjähriger, schreibgewandter, edler Schrift- 
leiter, Msgr. Karl Vogl, der ebenso volkstümlich wie entschieden 

220 



die Irrtümer des NS oft dargelegt hfttte, wurde abgesetzt, später 
sogar eine Zeitlang des Landes verwiesen. 

Beispiele von Verboten katholischer Kalender sind: Katho- 
lischer Elternkalender (herausgegeben von der katholischen Eltern- 
vereinigung), Katholischer Familienkalender (herausgegeben vom 
Verband süddeutscher katholischer Arbeiter- und Arbeiterinnen- 
vereine), Franziskuskalender, Marienkalender. 

Selbst Kirchenführer beschlagnahmt! 

Eine ebenso große Härte wie Unbegreiflichkeit war die Be- 
schlagnahme fast der Hälfte aller Kirchenführer, wie sie der 
Münchener „Dreifaltigkeitsverlag" von Dr. Schnell und 
Dr. Steiner für zahlreiche, künstlerisch besonders wertvolle Kirchen 
herausgegeben hatte. Als Vorwand für das Verbot wurde genommen, 
daß einzelne Hefte auf der Titelseite einfach den Namen oder das 
Bild des Ortes trugen und damit den Anschein erweckten, als ob 
sie eine Geschichte und Beschreibung des ganzen Ortes brächten, 
während sie tatsächlich doch nur dessen Kirchen erläuterten. 
Der Titel müßte also heißen „Die Kirche von . . ." 

Um die fadenscheinige Begründung und den ganzen Umfang 
des Verbotes erkennen zu lassen, sei der Beschlagnahmebeschluß 
wiedergegeben. 

Geheime Staatspolizei 

Staatspolizeileitstelle München München, 15. November 1937 

B.Nr. 66768/37 II P Be. 

I. Beschluß 

Auf Grund § 7 der VO des Reichspräsidenten zum Schutze des 
Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 in Verbindung mit Artikel 102 
des Ausführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung vom 18. 8. 79 werden 
die im Dreifaltigkeitsverlag in München, Von-der-Pfordten-Straße, in 
Broschürenform erschienenen „Kirchenführer", sofern diese nach deut- 
schen Städten bzw. Orten benannt sind, beschlagnahmt und eingezogen. 
Der Beschlagnahme unterliegen insbesondere die nachfolgenden bis 
heute erschienenen Schriften mit Aufdruck: 

Altenstadt, Aschaifenburg, Bad Charlottenbrunn, Bad Tölz, Bad Wiessee, 
Bayrischzell, Bergrheinfeld, Blaubeuren, Buchau am Federsee, Burg- 
hausen a. d. S., Cham in der Oberpfalz, Deggendorf, Dischingen a. d. 
Egau, Egern am Tegernsee, Freilassing, Freudenstadt, Fürstenfeldbruck, 
Füssen im AUgäu, Ebersberg, Fischbachau, Gauting vor München, Ge- 
rolzhofen, Gmünd am Tegernsee, Gößweinstein, Schloß Hohenaschau, 
Hohenfurch, Inchenhofen, Indersdorf, Ising am Chiemsee, Kirchweidach, 
Köln-Hohenlind, Königshofen, Konnersreuth, Lenggries/Isarwinkel, Lig- 
gersdorf/Hohenzollern, Margarethenberg, Marquartstein, Memmingen, 
Meßkirch/Baden, Niederaschau, Nußdorf am Inn, Obergünzburg, Ober- 
marchtal, Ottobeuren, Pfaffenhofen an der Um, Puch bei Fürstenfeld- 
bruck, Reichenau-Mittelzell, Rosenheim, Rot an der Rot, Säckingen 
am Rhein, Sandizell, Schussenried, Sigmaringen, Der Staflelberg, Stein- 
gaden, Steinhausen, Starnberg am See, Stockach, Tegernsee, Teisendorf 
vor dem Untersberg, Tiefenbronn, Tuntenhausen, Vilsbiburg, Volkach 
am Main, Waldsassen, Weissenau/Württemberg, Ziemetshausen. 

221 



Gründe: 

Die Benennung der „Kirchenführer" nach deutschen Städten und 
Orten und der " Aufdruck der Städte- und Landschaftsbilder auf der 
Titelseite läßt den Charakter der Schrift in keiner Weise erkennen und 
gibt zu Irreführungen Anlaß. Insbesondere wurde durch diese Tarnung 
das Publikum zum Kauf der Schriften angereizt, die es bei Kenntnis des 
Inhalts zweifellos nicht erworben hätte. Da die „Kirchenführer" in 
dieser Form insbesondere mit den Werbeschriften des Fremdenverkehrs 
verwechselt wurden und das unlautere Angebot den berechtigten Un- 
willen der Bewerber erregte, war die Beschlagnahme anzuordnen. 

II. An den Dreifaltigkeitsverläg Dr. Steiner (Einschreiben) 

München, Von-der-Pfordten-Straße 15 
I.V. 
gez. Beck 

Bemerkung: Es hat wohl seinen besonderen Grund, warum die 
Strafmaßnahme speziell Dr. Steiner zugestellt wurde. Als ehemaliger 
Geschäftsführer der von Dr. Gerlich herausgegebenen Wochenzeitung 
„Der gerade Weg" sollte er eben am meisten getroffen werden. 

Als Beispiel des „Massenmordes" am katholischen Klein- 
schrifttum und seiner fadenscheinigen Begründung eine kleine 
Zusammenstellung: 

Beschlagnahme von Schriften und ihre Begründung 
I.Aus der Sammlung: „Dem Glauben zur Wehr!" 

Nr. 7 „Braucht die Kirche einen Papst?" Das Heft darf 
nur dann verkauft werden, wenn auf S. 13 die Bemerkung 
„um das Jahr 300" (betr. Zölibat) geändert wird in „Jahr 970". 

Nr. 8 „War Petrus in Rom?" — Ausführungen S. 9 (Schlechte 
Päpste) und S. 13 und 14 (Trennung von Staat und Kirche, 
Konkordat) sind teils imwahr, teils irreführend. 

Nr. 11 „Kirche und Ehe" — Ausführungen auf S. 11 über Zivil- 
ehe und letzte S. (24) über Ehe nach dem bürgerlichen Gesetz 
sind irreführend. Bezeichnung „Mischehe" (S. 14 ff) ist heute 
nur mehr im rassischen Sinne zulässig (Ehe mit Juden), nicht 
aber in diesem kirchlichen Sinn. 

Nr. 12 „Kirchliches Bücherverbot" — Die Ausführungen 
S. 11/13 über „Duell und Ehre" sind heute überholt und irre- 
führend, , da Duell heute ein staatlich anerkanntes 
Erziehungsmittel ist (!). 

Nr. 18 „W arum die vielen Sekten?" — Ein Heft über Sekten 
ist heute überholt und deshalb unerwünscht, da in Deutsch- 
land alle Sekten verboten sind. 

2. Schriften von A. Worlitscheck : 

Das Kritisieren — Ausführungen S. 3 und 5 nicht mehr an- 
gebracht. 

Spannung — Ausführungen S. 3 nicht mehr angebracht. 

Familien brüche — S. 4, Ausführungen über Sozialismus über- 
holt. 

Mehr Rücksicht — S. 4 (Unwesen der Rücksichtslosigkeit). 

Christus und heutige Jugend — überholt. 

Wagnis der Ehe — Definition unmöglich, Erbgesundheit und 
Rasse fehlen. 

222 



Weckruf an die Mütter — S. 12 betr. Konfessionsschule. 

F ü h r e r i d e a 1 — • S. 11, 16, 28. 

Bekenntnisschule — Idealschule — überholt. 

Wertbeständiges Christentum — überholt. 

Geweckte Mädchen — überholt. 

Rettung der Jugendseele — S. 5, veraltete Anschauungen. 

Heiligkeit und Nationalität — enthält Hiebe auf das heute 
hoch im Kurs stehende deutsche Christentum. 

Die Straße — überholte Ausführungen. 

In die Kirche gehen? — - schafft auf S. 1 und 2 Verwirrungen. 

3. Geusert: LiebeDeineKirche! ^ 

4. Schleger Fr. Leo: „Das Kleinod der christlichen Mäd- 
chen" und „P a r a d i e s a u f Erden" (freilich 2 Büchlein, welche 
die „Jungfräulichkeit" anders bewerteten als die Freunde von 
„Lebensborn", Rudolf Heß und Heinrich Himmler (in ihren Kund- 
gebungen zugunsten unehelicher Mystik). 

5. Pribilla F. S.J.: „Fürchtet euch nicht". 

Diese und ähnliche „K 1 e i n s c h r i f t e n" dünkten der Gestapo 
eine so große Gefahr, daß auch- die letzten Exemplare noch aus 
den Bücherständen der Münchener Kirchen geholt wurden, z. B. 
im Mai 1936 aus St. Vinzenz in München. 

Heft 1: Das Alte Testament nicht ein nationales, sondern ein Mensch- 
heitsbuch. 

Rasse und Religion. 

Germanentum und Christentum. 

Jesus kein Arier. 

Ist Paulus der Stifter des Christentums? 

Klare Begriffe! Gegen den Mißbrauch religiöser Begriffe in 
der neuheidnischen Bewegung. 

Germanisches Frauentum und Christentum. 

Im Kampf um den Gottesgedanken. 

Was heißt positives Christentum? 

Was beweisen die Sünden der Päpste? 

Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule? 

Zum Streit um Karl den Großen. 

Kirche und Ketzer- Verfolgungen. 

Seltsame Beschlagnahmebegründung 

J. Pfeiffers Verlag hatte im Herbst 1939 begonnen, 
packende Bub engeschic h t e n von Kaplan Weiser, Schwaz 
(Tirol), herauszugeben, um ein Gegengewicht gegen die damals in 
jeder Richtung anders eingestellte Jugendliteratur zu bieten. Sie 
hießen kurz „Pfeiffer Bildhefte". Alles riß sich darum. In kurzer Zeit 
mußten Neuauflagen gemacht werden. Ein Verbrechen in den Augen 
von Gestapo und HJ! So etwas Zügiges zu schaffen, ohne braunes 
Kleid und ohne Basse-, Blut- und Volksverhimmelung. Das mußte 
doch genau unter die Lupe genommen und mit oder ohne Grund 
aus der Welt geschafft werden! 

223 



Heft 


2 


Heft 


3 


Heft 


4 


Heft 


5 


Heft 


6 


Heft 


10 


Heft 


11 


Heft 


13: 


Heft 


16 


Heft 


17 


Heft 


20 


Heft 21 



Im Frühjahr 1940 das erste Gewitterwölkchen: Die Gestapo 
verlangt je ein Exemplar der bis dahin erschienenen Hefte. Im 
Juli verfinsterte sich der Himmel noch mehr: es wurden von jedem 
Hefte mehrere Exemplare einverlangt. Am 15. August brach das 
Gewitter los. 

Lassen wir das weitere dem Verlagsinhaber, J. Hafner, selbst 
erzählen: 

Zur Mittagszeit des 15. August 1940 erschien ein Beamter der Geh. 
Staatspolizei und eröffnete mir, daß er den gesamten Bestand der Pf eifler 
Bildhefte zu beschlagnahmen hätte. Einen Gruhd hiefür konnte er mir nicht 
angeben. Auf meine» Bitte hin, mir doch die Griinde bekanntzugeben, die 
zur Beschlagnahme veranlaßten, erklärte er sich bereit, für mich um 
diese nachzusuchen. Auch schriftlich habe ich eafum gebeten. Außei* 
der Bestätigung über 46 750 Exemplare, die teils bei mir, teils in 
der Druclterei mit Lastwagen abgeholt wurden, wurden noch zwei 
weitere vorbereitete und gedruckte Auflagen beschlagnahmt. Warum 
dieselben nicht aufgefiihrt sind, ob ein Fehler vorliegt oder ob sie vom 
Drucker nicht genannt wurden, kann ich, nicht sagen. Der Gesamtver- 
kauf swert belief sich auf etwa 20 M a r k. N a c h W o c h e n er- 
hielt ich von der Gestapo einen Anruf, in dem mir die- Begründung mit- 
geteilt wurde. Der Beamte las mir einen etwa 8 — 10 maschinenzeilen- 
langen, in verklausuliertem Juristendeutsch ' abgefaßten Satz vor, den 
ich zunächst nicht verstand. Auf meine Bitte hin, mir doch das Ganze 
noch einmal langsam vorziilesen, um mir einige Notizen machen zu 
können, antwortete die Gegenseite wörtlich: „Legen Sie den Bleistift 
weg, Sie dürfen sich keinerlei Notizen mache n." Ich 
habe mir trotzdem einige Stichpunkte notiert und das Wesentliche 
lautete etwa: „Umfang der Auflage sowie der Inhalt der 
Schriften gingen über den Rahmen der erlaubten Be- 
tätigung auf dem Gebiete des konfessionellen Schrift- 
tums hinau s."- — Ich glaube auch, daß die Art des Vertriebes 
beanstandet wurde. Es war kein einziger Satz des Inhaltes 
beanstandet; die Höhe der Auflage aber war durch die zu- 
ständige Reichsschrifttumskammerstelle genehmigt. Der Vertrieb 
erfolgte auf normalem buchhändlerischem Wege. Auf eine Anfrage, wie 
ich mich gegenüber zwei Angeboten, betreifend der Übersetzungen ins 
Holländische und Ungarische verhalten sollte, ließ mapi mich ohne 
Antwort. 

BeschlagnahmeundVerbotekatholischerBücher 

Der Kampf gegen das katholische Buch forderte als 
eines der eisten Vorkämpfer die Adventspredigten von Kardinal 
Faulhaber: „Judentuhi — Christentum — Ger- 
man entum". 

Der deutsche Sturmtrupp Berlin vom 1. April 1934 gab den 
Sieg über diesen „Feind" mit folgenden Worten bekannt: 

„Das Buch des Kardinals Faulhaber verschwindet! 

Die Aktion gegen das Buch des Kardinals Faul- 
h a b e r ist nunmehr auch in Mannheim mit. vollem Erfolg durch- 
geführt. Das Buch ist aus s ämtliche nBuchhändlungen ver- 
schwunden, und die Buchhändler haben sich durch Unter- 
schrift verpflichtet, das Buch auch auszugsweise nicht mehr in den 
Handel zu bringen." 

224 



Die tapfere HJ tat auch mit und meldete 
triumphierend: 

„Das Faulhaber-Buch" aus dem Oberbann 
Mittelbaden restlos verschwunden! 

„Im Oberbann Mittelbaden ist das Buch des Kardinals 
Faulhaber „Judentum — Christentum — Germanentum" vollständig aus 
dem Buchhandel zurückgezogen. Der Buchhändlerverband hat auf Ver- 
anlassung der Oberbannführung sämtliche Buchhandlungen angewiesen, 
die Bücher zurückzuziehen. Selbst ausgesprochen katholische Buch- 
handlungen . sind dieser Aufforderung restlos nachgekommen. Die ge- 
samte Hitler-Jugend betrachtet das Buch als eine Be- 
schimpfung unserer Vorfahren; sie verwahrt sich energisch 
dagegen, daß in unserem Staat Bücher dieses Inhalts in der Öffentlich- 
keit verbreitet werden." 

Auch spätere Predigten von Kardinal Faulhaber, wahre Perlen 
von Theologie und Redekunst, fanden nicht Gnade und Gefallen 
der „Parteiamtlichen Prüfungskommission" und der Polizei, wie 
nachfolgende Erlasse zeigen: 

Parteiamtliche Prüfungskommission Berlin W 35, Mathäikirchpl. 7 

zuni Schutz des NS-Schrifttums den 26. April 1937 

9p/Sch. 

Aus gegebener Veranlassung ersuchen wir Sie, uns die bei Ihnen 
erschienene Schrift M. v. Faulhaber 

„Münchener Kardinalspredigten" Folge 1: 
„Unser Papst, unser Bischof, unsere Priester" 

unter dem Zeichen P.X. in einem Exemplar vorzulegen. Sie wollen den 
Ladenpreis des Buches angeben. 

Heil Hitler! 

L. S. gez. M. Pabst. 

An den Verlag J. Pfeiffer, München 2 M, ^ 

Herzogspitalstraße 5 

Polizeipräsidium München, Ettstraße. 

An das Erzbischöfliche Ordinariat, 

München, Pfandhausstraße 1 

Geschäftszeichen und Tag meines Schreibens 
DSt. 512 30. April 1937 

Betrifft: Polizeiliche Beschlagnahme und Einziehung von Druckschriften. 

Beschluß : 

Gemäß § 6 der VO. des Reichspräsidenten zum Schutze des Deut- 
schen Volks vom 4. Februar 1933 (Reichsgesetzblatt I, S. 35) wird 

die Broschüre „Münchener Kardinalspredigten" 

2. Folge 

polizeilich beschlagnahmt und eingezogen. 

I. A.: gez. Kriger. 

Dem Todesurteil der Gestapo und ihrer Helfershelfer im Pro- 
pagandaministerium verfielen auch: 

Kreuz und Hakenkreuz _ 35 ppc 



Sämtlich eBücher von P. Lippert, die doch zu den 
höchststehenden literarischen Werken der letzten Jahrzehnte ge- 
hören. 

Algermissen: „Germanentum und Christentum", ein Buch, 
so gediegen und ansprechend, daß es vom November 1934 bis Juli 
1935 sechs Auflagen mit je 12 000 Exemplaren erlebt hatte. 

Paffrath: Gottes Licht im Alten Testament. 
Generalvikariat Köln: „Zu Rosenbergs Mythus des 
XX Jahrhunderts." 

D a h 1 : Zum Mythus des XX. Jahrhunderts. 

Koch Anton: „Der neue Mythus und der alte Glaube." 

Auch der Krieg brachte kein Nachlassen des Kampfes gegen 
das katholische Buch. Von Kriegsbeginn bis zum 1. Oktober 1940, 
also in 13 Kriegsmonaten, wurden folgende katholische Bücher ver- 
boten: 

1. Kirchliche Bestimmungen für militärpflichtige 
Ordenspersonen, Wien 1940. Druck und Verlag Julius Lichter, 

. Wien, Strozziggasse 41. 

2. Gesegnete Brautzeit, von Burgmaier. Werkstudentenverlag. 

3. Rückständiges Christentum, von Pius Fischer. Verl.,Huber. 

4. Eugenik, von H. Muckermann. Dümmler- Verlag, Berlin. 

5. Eugenik und Katholizismus, von H. Muckermann. Dümm- 
■ ler-Verlag, Berlin. 

6. Dein Kind im Gotteskleid, von Brecher, Ebbecke- Verlag, 
Leipzig. 

7. Altar und Leben, von Abt Heun, S.O.-Cis.-Verlag Schöningh, 
Paderborn. 

8. Christliche Ehe, Von Erwin v. Kienitz, Hessen- Verlag, Frank- 
furt am Main. 

9. Katholisch^, oder deutsche Kirche, von Reuß, Verlag 
Laumann, Dülmen. 1935. 

10. Junge, ich gehe mit Dir, von Andre, Steffenverlag, Lim- 
burg. 1927. 

11. Blinkfeuer, von Berghoff, Pustet- Verlag, Regensburg. 1930. 

12. Christof er, von Msgr. Wolker, Dr, Tillmann, Vestischer Verlag, 
Recklinghausen. 

13. Schwäbische Bräuche, von Baumann, Keppler- Verlag, 
Stuttgart. ' 

14. Wertphilosophie, von Johannes Hessen. 

15. Botschaft vom Leben, von Wilhelm Hünermann, Missions- 
druckerei Steyl. 

16. Der Geheimbef ehl, Pallottiner- Verlag, Limburg, 1940, 

17. Tage der Entscheidung, von Allroggen, Mosella- Verlag. 

18. Vita nova, Zürich (alles verboten). 

19. Jahrbuch der Matthias-Pfarrei, von Coppenrath, Ger- 
mania-Verlag. 

20. Heiliges Wissen, von Lux, Ars Sacra- Verlag, München. 

21. Umbruch der Zeit, von Johannes Engel, Aderholz- Verlag, 
München. 

226 ■ 



22. Familienseelsorge, Kolping- Verlag, Köln. 

23. Im Streite zur Seite, Hermann-Joseph Schmitt,' Vestischer 
Verlag, Recklinghausen. 

24. Die Kirche Christi, von Otto Iserland, Benziger- Verlag. 

25. Katholischer Chris t. Waseristundwasernichtist^ 
von Matthias Laros, Schöningh-Verlag. 

26. Maria. Gedanken für die Seelsorge, Verlag „Fahne 
Mariens", Berlin. 

27. Held im Werktag, von Dr. Menninger, Pallotiner- Verlag, 
Limburg. 

28. Friedrich Muckermann, sämtliche Werke verboten. 

29. Omnibus omnia, von Heinr. Schulte, Pallottiner-Verl., Limburg. 

Auf eine Anfrage des Erzbischöflichen Ordinariates München 
am 16. Februar 1937 bei den außerbayerischen Ordinariaten über 
Schriftenbeschlagnahme gingen unter anderem folgende Antworten 
ein: 

' DiözeseAachen: 

Beim Verlag Butzon & Bercker, Kevelaer (Diözese Münster) wurden, 
wie man uns mitteilte, 150.000 Stück „Zeitfragen" der von den Jesuiten 
herausgegebenen Sammlung und 36.000 Stück der von Pfarrer Dr. Ernst 
Breit herausgegebenen JHeftchen für Reichsarbeitsdienst, Landjahr, 
Landhilfe beschlagnahmt. 

Erzdiözese Freiburg i. Br.: 

Nach unseren Feststellungen sind aus dem Verlag Herder hier bis- 
her verboten worden: 

Stimmen der Zeit: Novemberheft 1934 

Dezemberheft 1936; die drei ersten Hefte des Jahrgangs 1936 sind 
nicht erschienen. 

Helmut Meisner: „Pfadfinder zum Volk" (Jugenderzählung, 1934) 

Anton Koch S.J.: „Der neue Mythus und der alte Glaube" (1936) 

Frz. Schweyer: „Politische Geheimverbände" (1925) 

Max Pribilla S.J.: „Fürchtet euch nicht!" (1935) 

Paul Simon: „Das MenschUche in der Kirche Christi" (1936) 

Von dem 1936 erschienenen Buch von Dr. M. Laros „Neue Zeit und 
alter Glaube" ist auf einen persönlichen Wink einer maßgebenden 
Stelle eine Neuauflage nicht veranstaltet worden. 

Emmy Gruhner: „Feuerseele" (Roman mit dem Thema der religiösen 
Mischehe) (1935) 

In der Monatsschrift „Bücherkunde" der Reichsstelle zur Förderung 
des deutschen Schrifttums sind aus demselben Verlag nachstehende 
Schriften negativ beurteilt worden: 

J.B.Schuster S.J.: „Die Soziallehre nach Leo XIII. und PiusXI." (1935) 
Dr. Anton Stonner: „Die religiös-sittliche Führung Jugendlicher durch 
den Priester" (1934) 

Hilda Torthof er: „Der fahrende Schüler" (Roman, 1935) 
Arthur Kern: „Der neue Weg im Rechtschreiben" (1935) 
Fritz Grüninger: „Der Ehrfürchtige." „Anton Brückners Leben, dem 
Volk erzählt" (1935) 

Johannes Mumbauer: „Die deutsche Dichtung der neuesten Zeit", Bandl 

(1931) 
Dr. Konrad Gröber: „Einer ist Euer Lehrer, Christus" (1935) 

227 



Franz Schneller: „Blaubuch eines Herzens" (Roman, 19S5) 

Ansgar Vonier: „Christianus" (1935) , 

Icilio Felici: „Unter Wölfen. Pater Linus von Parma, ein Apostel der 
Liebe aus neuester Zeit" (1935) 

Henriette Fernholz: „Klassenkameraden" (1935) 

Dr. Konrad Gröber: „Kirche, Vaterland und Vaterlandsliebe" (1935) 

Johannes Lindworsky: „Psychologie der Aszese" (1935) 

Dr. Josef Prestel: „Deutsche Literaturkunde" (1935) 

Wilhelm Schüssen: „Die Geschichte des Apothekers Johannes" (1935) 

Hermann Muckermann: „Kind und Volk" (1934) 

Diözese Limburg : 
Aus Verlagen in unserm Bistum sind verboten: 

1. Fiedler, „Der neue Mensch", Matthias-Grünewald-Verlag, Wiesbaden 

2. Weinrich, „Das Xantener Domspiel", St.- Georgs- Verlag in Frankfurt. 

Die Begründung ad 1 ist uns nicht bekannt geworden. 
Die Begründung ad 2 lautet: „Da ihr Inhalt sich mit den im heutigen 
Staate herrschenden Anschauungen und Grundsätzen nicht verein- 
baren läßt." 

Erzdiözese Paderborn: 

Bei der Bonifatiusdruckerei ist für folgende Druckwerke ein Ver- 
triebsverbot, ergangen: 

F. Walter- „Die Kirche, die Mönche und die Bauern" ' 

O. Schilling: „Das soziale Evangelium" 

Pinsk; ;,Die Kirche Christi als Kirche der Völker" 

Die erste Auflage von Schilling darf unter streng einzuhaltenden 

Bedingungen ausverkauft werden. 

Verbot und Beschlagnahme von Hirtenbriefen 

Überraschend schnell, noch ehe zwei Jahre seit dem Abschluß 
des Reichskonkordates verflossen waren, begannen die Verbote und 
Beschlagnahmen von offiziellen bischöflichen Amtsblät- 
tern, insbesondere von solchen, welche Hirtenbriefe ent- 
hielten, sei es des gesamten deutschen Episkopates oder einzelner 
Bischöfe. 

Artikel 4 des Reichskonkordates bestimmt zwar: 

„Der Hl. Stuhl genießt in seinem Verkehr und seiner Korrespon- 
denz mit den Bischöfen, dem Klerus und den übrigen Angehörigen der 
katholischen Kirche in Deutschland volle Freiheit. Dasselbe gilt 
für die Bischöfe und "sonstigen Diözesanbehörden für ihren 
Verkehr mit den Gläubigen in allen Angelegenheiten ihres Hirtenamtes. 

Anweisungen, Verordnungen, Hirtenbriefe, amtliche Diözesanblätter 
und sonstige die geistliche Leitung der Gläubigen betreffende Ver- 
fügungen, die von den Kirchenbehörden im Rahmen ihrer Zuständig- 
keit (Art. 1 Abs. 2) erlassen werden, können ungehindert ver- 
öffentlicht und in den bisher üblichen Formen zur Kenntnis der 
Gläubigen gebracht werden." 

Aber solch eine Verpflichtung band ja nur oder, besser gesagt, 
sollte nur solange den Schein einer Rechtsbindung vortäuschen, 
solange dies nützlich war; denn „gut ist, was nützlich ist." Aber 
nachdem die Zeiten sich geändert hatten, nachdem man mehr den 

228 



Machtstandpunkt als den Rechtsstandpunkt hervorkehren konnte, 
war Artikel 4 des Reichskonkordates ebensowenig eine Fessel wie 
die übrigen 33 dieser feierlichen Übereinkunft. Da konnte beispiels- 
weise die „Bayerische Politische Polizei" nachfolgende gründliche 
und scharfe Anweisung für die allseitige Durchführung des Ver- 
botes eines' Hirtenbriefes geben: 



Bayrische Politische Polizei 
B. Nr. 30 765 I 2 



„München, den 4. September 1935 



An alle Bezirksämter 

Betreff: Hirtenbrief der in Fulda versammelten deutschen Bischöfe 
vom 20, August 1935. 

Der Hirtenbrief der Fuldaer Bischofskonferenz darf in keiner 
Form in der Tagespresse veröffentlicht werden. Ein 
Erscheinen in gek Qr zt er F orm ist ebenfalls nicht angängig. Die 
Veröffentlichung in Wochen- oder Monatsschriften, in sogen. . Sonntags- 
blättern, Sonderdrucken usw. ist gleichfalls unstatthaft. 

Die Verbreitung des Hirtenbriefes in jeglicher 
Form ist unter allen Umständen zu unterbinden. Unter 
die Verbreitung in jeglicher Form fällt sowohl der unentgeltliche als 
auch der entgeltliche Vertrieb, jede flugblattmäßige Verbreitung — 
auch wenn es sich um kirchliche Amtsblätter handelt -^ die Verteilung 
auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, von Haus zu Haus, die 
Versendung- durch die Post, die Verbreitung bei Versammlungen und 
in Kirchen, sowie jeglicher Verkauf in Buchhandlungen, Zeitungsstän- 
den usw. Besonderes Augenmerk ist hierbei den Klöstern, Bücher- 
ständen in Kirchen und den Verkaufsstellen an Wallfahrtsorten zuzu- 
wenden. Erfaßte Exemplare des Hirtenbriefes sind polizeilich zu 
beschlagnahmen und zu vernichten. Von einer Beschlagnahme des 
Hirtenbriefes ist lediglich dann abzusehen, wenn es sich um einzelne 
von Geistlichen abonnierte bzw. kirchenamtlich an diese gelieferte, 
ebenfalls einzelne Amtsblätter handelt. 

Bei der Wegnahme von Druckerzeugnissen mit dem Hirtenbrief, 
die zur öffentlichen Verbreitung in Kirchen gelangen sollen, ist folgen- 
dermaßen zu verfahren: der zuständige Pfarrer oder dessen Vertreter 
ist von der Beschlagnahmeverfügung mündlich in Kenntnis zu setzen 
und zur Herausgabe der Hirtenbriefe aufzufordern. Bei bereits begon- 
nener oder beabsichtigter Verbreitung in der Kirche ist der Verteiler 
oder bei Aufliegen der Hirtenbriefe zu persönlicher Entnahme gege- 
benenfalls der Kirchendiener vor der Kirche zu bitten. Hier ist der 
Verteiler, bzw. der Kirchendiener, auf die Beschlagnahmeverfügung 
hinzuweisen und zur Herausgabe der Druckschriften aufzufordern. In 
der Kirche verteilte, aufgelegte Blätter sind vom Kirchendiener ge- 
gebenenfalls unter Aufsicht eines Beamten einzusammeln und 
abliefernzulassen. 

In Kirchen selbst darf jedoch nur im äußersten Notfalle und nur 
durch Beamte in Zivil vorgegangen werden. Gottesdienstliche Hand- 
lungen dürfen in keiner Weise gestört werden. Das Einschreiten in 
Kirchen selbst würde sich demnach nur auf die Zeit vor oder nach 
gottesdienstlichen Handlungen beschränken. 

gez. I.V. Stepp." 

Abdruck in /Tagespresse und Kirchenzeitungen, Verteilung von 
Sonderdrucken u. ä. waren aber „die bisher üblichen 
Formen" gewesen, in denen Hirtenbriefe „zur Kenntnis der 
Gläubigen gebracht wurden." Trotzdem das Verbot! 

229 



'Von 1937 ab konnte überhaupt fast kein Hirte n- 
briefmehrgedruckt oder in größerer Auflage dem Volk in 
die Hand gegeben werden. Die Gefahr der Beschlagnahme und von 
Repressalien selbst gegen die Druckerei, welche die Hirtenbriefe 
herstellte, war so groß, daß das Personal derselben in Angst geriet, 
sobald in einer bischöflichen Kundgebung eine klare Zurück- 
weisung oder Verurteilung nationalsozialistischer Anschauungen 
oder staatlicher oder polizeilicher Willkürmaßnahmen enthalten 
war. Hirtenbriefe konnten darum zumeist nur noch von den 
bischöflichen Behörden inhektographierter Form dem 
Klerus bekanntgegeben werden. 

Als der deutsche Episkopat im Jahre 1935 eine kirchliche 
„Informationsstelle der bischöflichen Behörden 
Deutschlands" gründete, damit an einer Stelle (in Berlin) 
die kirchlichen Nachrichten aus den Diözesen ganz Deutschlands 
gesammelt und von dort wiederum an die einzelnen Ordinariate 
weitergeleitet würden, wurde diese Zentrale alsbald von der 
Gestapo aus- und aufgehoben, ihr Leiter, Domkapitular B a n a s c h 
von Berlin, für mehrere Monate verhaftet, der Generalvikar von 
Würzburg auf einige Tage, jener von Passau ebenfalls kurz. 

Gipfelpunkt der Rücksichtslosigkeit, 
Gewalttätigkeit und Vertragsuntreue 

Das Dritte Reich fühlte sich auch durch den ersten Satz 
des Artikels 4 des Reichskonkordates nicht gebunden. Die darin 
„zugesicherte volle Freiheit" für den Hl. Stuhl 
war keiner Beachtung wert, wenn der Hl. Stuhl den „Bischöfen, 
dem Klerus und den übrigen Angehörigen der katholischen Kirche 
in Deutschland" Unangenehmes, wenn auch noch so Wahres über 
den Nationalsozialismus zu sagen hatte, wie es in der Enzyklika: 
„Mit brennender Sorge" am 13. März 1937 geschah. . 

Da erhob die Gestapo ihren mächtigen Arm, um alle zu ver- 
nichten, die es wagten, dieses Papstwort zu drucken und zu ver- 
breiten und streckte überall ihre langen Finger aus, um noch 
an sich zu reißen, was davon schon irgendwie ins Volk gedrungen 
war. 

So verfügte beispielsweise die Gestapo in München: 

Geheime Staatspolizei München, 27. März 1937 

Staatspolizeileitstelle München 

Betreff: Päpstliches Eundschreiben über die Lage der Katholischen 
Kirche im Deutschen Eeich. 

Papst Pius XI. hat an die Erzbischöfe Deutschlands ein Rund- 
schreiben über die Lage der katholischen Kirche im Deutschen Reiche 
erlassen, das bereits am 21. März 1937 von den Kanzeln der Kirche 
verlesen wurde und in der Zwischenzeit auch im Druck erschienen ist. 

Da das Rundschreiben hochverräterische Angriffe gegen 
den nationalsozialistischen Staat enthält, wird folgendes angeordnet: 

1. Sämtliche außerhalb der Kirchen und. Pfarrhöfe 
greifbaren Exemplare des Kimdschreibens sind zu beschlag- 

230 



nahmen. Auch die im Besitze von Privatpersonen vorgefundenen 
Einzelstücke sind einzuziehen. 

Druckschriften, die sich in Händen von Geistlichen befinden, wer- 
den von dieser Maßnahme nicht berührt. 

2. Sämtliche Personen, die sich mit der Verteilung 
der Schriften außerhalb der Kirchen und Pfarrhäuser 
befassen, sind, soweit es sich nicht um Geistliche handelt, sofort 
festzunehmen und umgehend dem Gericht zur strafrechtlichen Ab- 
urteilung zu übersteilen. Ihre Entfernung aus der Partei, ihren Gliede- 
rungen und angeschlossenen Verbänden, wie DAF, ferner Handwerks- 
kammer, und dergleichen ist sofort zu veranlaßsen. 

3. Kirchenblätter und kirchliche Amtsblätter, die 
das Rundschreiben abgedruckt haben, sind zu beschlagnahmen 
undauf die Dauer von drei Monaten zu verbieten. 

4. Druckereien und Verlage, in denen das Rundschreiben 
hergestellt bzw. verlegt wurde, sind sofort zu schließen. Die ver- 
antwortlichen Personen (Verleger, Drucker, Schriftleiter) sind unverzüg- 
lich hieher zu melden, damit von hier aus weitere Maßnahmen gegen 
sie ergriffen werden können. 

I.V. gez. Dr. Stepp" 

Absatz 1 der obigen Gestapoverordnung war schon am Vor- 
abend der Verlesung des Päpstlichen Rundschreibens voraus- 
genommen worden: über 10 000 Exemplare, die für das Erzbischöf- 
liche Ordinariat München nach Lieferung von etwa 35 000 Exem- 
plaren noch in der Druckerei waren, wurden beschlagnahmt. 

Ganz besonders hart aber wurde Absatz 4 der Polizeiverfügung 
durchgeführt. Vergebens versuchte Kardinal Faulhaber den Bann- 
strahl der Gestapo von der Firma Höfling (Inh. Dr. V. Mayer), die 
in seinem Auftrag die Enzyklika gedruckt hatte, abzuwehren, in- 
dem er großmütig alle Verantwortung auf sich selbst nahm mit 
dem Schreiben: 

„Der 

Erzbischof von München und Freising 
an . 

Herrn Dr. Valentin Mayer 

Druckerei Höfling-München 

Geehrter Herr Doktor! 

Für die strafrechtlichen Verhandlungen über das päpstliche Rund- 
schreiben vom 14. März 1937 (Lage der katholischen Kirche im Deut- 
schen Reich) erkläre ich, daß der Auftrag zur Drucklegung tmd zur 
Verlesung des Rundschreibens in den Kirchen meiner Erzdiözese von 
mir gegeben wurde, und das Begleitschreiben an die Seelsorgstellen, 
das über die Verlesung nähere Anweisungen erteilte, mit meinem vollen 
Namen gezeichnet ist. Damit habe ich diemoralische Ver- 
antwortung übernommen, wenn das Rundschreiben wirklich 
strafrechtliche Nachspiele haben sollte. In dem Maße, in dem ich diese 
Verantwortung übernehme, will ich den Drucker entlasten, 
der in gutem Glauben einen Druckauftrag ausführen konnte, weil er 
keine polizeiliche Zensurstelle bildet, und der von der Minute ab, in 
der ihm das Verbot der Geheimen Staatspolizei bekannt wurde, kein 
einziges Stück mehr druckte. Ebenso will ich die braven Ar- 

231 



beiter entlasten, die sich in keiner Weise bewußt waren, etwas 
Unrechtes zu tun und deshalb nach gesundem Rechtsempllnden nicht 
gestraft werden können. Ich ermächtige Sie, geehrter Herr Doktor, von 
dieser Erklärung jeden Ihnen gut scheinenden Gebrauch zu machen. 

München, 3. April 1937 

gez. Kardinal Faulhaber 
Erzbischof von München" 

Die Gestapo ließ sich durch diese Entlastung in ihrem Zorne 
auf die Druckerei Höfling nicht beeinflussen, sondern verfügte am 
14. Juni 1937: 

„B.Nr. 65995/37 — II 1 K — Br. 

Betrifft: Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens; hier 
Buchdruckerei und Verlag Valentin Höfling in München, 
Lämmerstraße 1 (Inhaber; Dr. Valentin Mayer). 

Beschluß 

Auf Grund des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Einziehung kom- 
munistischen Vermögens vom 26. Mai 1933 (RGBl. X, S. 293) 
in Verbindung mit dem Gesetz vom 14. Juli 1933 (RGBl. I, S. 479) über 
die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens 
und der Min. Bekm. vom 19. Sept. 1933 Nr. 3862 a 133 (St. Anzeiger 
Nr. 218), wird hiermit das gesamte Vermögen der Firma 

Buchdruckerei und Verlag Valentin Höfling 

In München, Lämmerstraße 1, — Inhaber Dr. Valentin M a y e r in Mün- 
chen, Potsdamer Straße 5 — unter Bestätigung der Beschlagnahmung 
am 11. Juni 1937 auf Grund § 1 der VO des Herrn Reichspräsidenten 
zum Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933 (RGBl. I, S. 83) 
zugunsten: des Landes Bayern eingezogen. 

' gez. Christmann" 

Am 6. Juli 1937 veröffentlichte der „Reichsanzeiger" diese Ent- 
eignung mit dem Zusatz: 

„Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel 
nicht gegeben." 

Besonders zu beachten ist hiebei, daß auch das gesamte Ver- 
mögen des Verlags Höfling eingezogen wurde, obwohl dieser 
mit der Enzyklika nicht das geringste zu tun hatte, sich auf die 
Herausgabe kleiner Druckschriften, besonders kleiner Theater- 
stücke für die katholische Vereinsbühne u. ä., beschränkte. 

Eine neue Ungeheuerlichkeit bedeutete es, als nach ein paar Wochen 
(27. Juli 1937) von der Gestapo entschieden wurde, daß die Schuld 
der Firma Buchdruckerei und Verlag Val. Höfling von 25 000 RM. auf 
dem Bankkreditkonto bei der Bayerischen Staatsbank in München von 
dem Lande Bayern (der Nutznießerin der Vermögensenteignung) nicht 
übernommen würde. Also alles, was an Bankgeldern, Postscheckgut- 
haben, Büroeinrichtung, Schreibmaschinen, Setzmaschinen, Druck- 
maschinen, Schriftmaterial, Verlagswerken etc. vorhanden war, dies 
alles wurde restlos und entschändigungslos weggenommen. Belassen 
wurden dem bisherigen Inhaber nur die Verpflichtungen, ' 
außer der genannten Bankkreditforderung auch eine alte Schuld gegen- 
über seinem eigenen Vater und seinen eigenen Kindern. 

232 



Der Gestapo stellte sich dann auch noch die Vereinigung 
der Bühnenverleger e, V., Fachverband der Reichstheater- 
kammer, rächend an die Seite, indem sie am 11. August 1937 an 
Dr. Valentin Mayer schrieb: 

„Betrifft: Zulassungsurkunde. 

Durch den kommissarischen Treuhänder für die Firma Val. Höfling 
bin ich von Ihrem • Ausscheiden aus dem Verlag benachrichtigt worden. 
Da hierdurch die vom Herrn Präsidenten der Reichstheaterkammer 
ausgefertigte Zulassungsurkunde vom 7. Februar 1936 ungültig gewor- 
den ist, ersuche ich um umgehende Rückgabe dieser Urkunde. 

Gleichzeitig ersuche ich Sie um Rückgabe des in Ihren Händen 
befindlichen Mitgliedsausweises Nr. 1049 des Fachverbandes, da mit 
Erlöschen der Zulassungsurkunde auch die Mitgliedschaft im Fachver- 
band endet und der Mitgliedsausweis Eigentum des Fachverbandes ist. 

Heil Hitler! 

Vereinigung der Bühnenverleger e, V^ 
Fachverband der Reichstheaterkammer 
gez. Stadeler." 



Die „Reichspressekammer' 
stehendem Erlaß: 



tat ein gleiches mit nach- 



Der Präsident der 
Reichspressekammer 



Geschäftzeichen : 
Dr. Mö./Hn./XII 

Herrn 



A 2 5092 



Berlin W 35, am 27. Aug. 

Viktoriastraße 11. 
Fernsprecher: 22 Ol 88 



1937, 



Einschreiben! 
mit Rückschein! 



Dr. Valentin Mayer 

München 
Potsdamer Str. 5. 

Betr. : Verlag Valentin Höfling, München, Lämmerstraße 1. 

Unter Bezugnahme auf den Erlaß des Herrn Reichsministers des 
Innern vom 25. Mai 1937 schließe ich Sie hiermit auf Grund des § 10-, 
der I. Verordnung zur Durchführung des Reichskulturkammergesetzes 
vom 1. November 19^3 (RGBl. 1/1933 S. 7971f.) wegen mangelnder 
Zuverlässigkeit und Eignung mit sofortiger Wirkung aus der 
Reichspressekammer aus und untersage Ihnen jede weitere presse- 
mäßige Betätigung. 



Siegel 



Im Auftrage: 



gez. Dr. Richter. 



Als Dritter glaubte auch noch der Präsident der Reichsschrift- 
tumskammer dem Verleger Dr. Val. Mayer einen besonders kräf- 
tigen Fußtritt geben zu müssen, indem er ihn nicht bloß aus der 
Berufsvertretung ausschloß, sondern ihm auch jegliche buchhänd- 
lerische Betätigung untersagte. 

Kreuz und Hakenkreuz 16 233 



Der Präsident dar Berlin W 8, de» 4. September 37 

Reichsschrifttumskammer Friedrichstraße 194/19D 

Fernruf: 113043 u. 113044 
n B 1.2328.BO. 

Einschreiben. 

Herrn 

Dr. Valentin Mayer 

München 
Potsdamer Straße 5 

Der Herr Reichsminister des Innern hat mit dem Erlaß vom 25. Mal 
1937 gemäß dem Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen 
Vermögens vom 14. Juli 1933 festgestellt, daß die Druckerei Valentin 
Höfling, München, volks- und staatsfeindliche Bestrebungen verfolgt 
hat. Da dies unter Ihrer Inhaberschaft und Leitung geschehen ist, 
kann ich in Ihrer Person die nach § 10 der Ersten Verordnung zur 
Durchführung des Reichskulturkammergesetzes vom 1. 11. 1933 (EQBl. 
1933 I S. 797) für die Betätigung als Buchhändler erforderliche Zuver- 
lässigkeit nicht mehr als gegeben era%hten. Ich muß Sie deshalb hier- 
durch mit sofortiger Wirkung aus meiner Kammer ausschließen. Da- 
mit verlieren Sie die Befugnis, sich Irgendwie im Zuständigkeitsbereiche 
der Kelchsschrifttumskammer zu betätigen. Im Falle von Zuwiderhand- 
lungen würden Sie Sich der Gefahr von Ordnungsstrafen und polizei- 
lichen Zwangsmaßnahmen auf Grund von § 28 der genannten Verord- 
nung aussetzen. 

Sie wollen unverzüglich der Reichsschrifttumskammer — Gruppe 
Buchhandel — in Leipzig C 1, Gerichtsweg 26 — bestätigenj daß Sie 
jede buchhändlerische Betätigung eingestellt haben. 

In Vertretung: 
Siegel \ gez. Baur. 

Ähnlich wurden zwölf Druckereien und Verlage 
Deutschlands wegen Druck des päpstlichen Rundschreibens 
cntschUdigungslos weggeinommen, so z. B.: 

St.-Otto- Verlag G. m. b. H. in Bamberg, 
Druckerei Metz in Aachen, 
Regensbergsche Buchdruckerei. In Münster, 
Druckerei Emmerich Herzig in Trier, 
Hof rat Jägersche Druckerei in Speyer. 

Die Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Hildesheim 
teilte sehon am 22. Mär2 1037 dem Bischöflichen Öeneralvikariat 
Hiidesheüm mit: 

„Auf Grund der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten vom 
4. Februar 1933, §§ 7 und 9 — in Verbindung mit § 14 P.V.Bl. vom 
1. Juni 1931 (Ges. S. S. 77) ordne ich hiermit die vorläuftge Beschlag- 
nahme und Slcherstellung des von Ihnen herausgegebenen und bei dem 
Verlage Landespost in Hildesheim gedruckten „Kirchlichen Anzeigers 
der Diözese Hildesheim" Nr. 5 vom 17. März 1937 sowie jeder Nach- 
folge- oder Ersatzschrift desselbeh, die däS Rundschreiben des Papstes 
Plus XI. über die Lage der katholischen Kirche im Deutschen Heieh 
bringt, in der gesamten Auflagenhöhe an. 

Die Anordnung erfolgt, weil dieses Rundschreiben mit seinen 
von mangelndem Verständnis für den.natlonalgoala- 

234 



listischen Staat zeugenden Äußerungen Angriffe auf 
die deutsche Staatsführung enthält und geeignet ist, die 
vom Staate bislang gewährleistete Euhe und Ordnung im Deutschen 
Reiche zu stören. 

Gleichzeitig verbiete ich den Druck und die Herausgabe des 
kirchlichen Anzeigers der Diözese Hildeshelm auf die Dauer von 
3 M o n a t e n. 

Ein Verstoß gegen diese Anordnung zieht die gesetzlichen Folgert 
nach sich. 

(Siegel) In Vertretung: 

gez. Söchting." 

Von besonderem Interesse dürfte in dieser polizeilichen Ver- 
fügung die „Inanspruchnahme dör Verordnung des Herrn Reichs- 
präsidenten vom 4. Februar 1933" sein, die mit den Worten beginnt: 

„Auf Grund des Artikels 48 Absatz 2 der Reidhaverfassung wird zur 
Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Ge- 
waltakte folgendes verordnet." Also der Hl. Vater, der wenig« 
Tage Vorher ein Weltrundsehreltaen gegen den Kommu- 
ni am u» erkäsen hatte, wird von der deutschen Gestapo „kommu- 
nistisch staatsgefährdender Gewaltakte" geziehen. 

Ein zweites Ist in der Polizeimaßnahme besonders auffallend: 
Druck und Herausgabe eines kirchlichen Amtsblattes, das 
dem Diözesanklerus die offiziellen kirchlichen Verordnungen und 
Mitteilungen übermitteln soll, wird auf V4 Jahr verboten I! 

Das war „ungehinderte Veröffentlichung" bi- 
schöflicher Anweisungen, Verordnungen, Hirtenbriefe, 
amtlicher Diözesanblätter, wie sie die Reichsregierung in Artikel 4 
des Reichskonkordates feierlichst zugesagt hatte. 

Das Wort „Fessel n" ist hlefür eigentlich zu schwach, man 
muß es schon Ketten nennen. 

Der Oegensatsi. 

Der Weizen wurde ausgerissen und zertreten oder ins Feuer 
geworfen, das Unkraut aber durfte wild wachsen und sich aus- 
breiten. Wir schauen gleichsam eine Parade der anti- 
christlichen Zeitungs- und Z ei t s c hr if tenf r on t 
des Dritten Reiches in nachfolgendem Verzeichnis der 
Zeitungen und Zeitschriften, di^ damals in München bei Straßen- 
händlern und Zeitungskiosken verkauft wurden (Tageszeitun- 
gen sind dabei nicht aufgeführt). 

I. Politische Schriften: 

1. Braune Post. 

2. Der SA-Mann. 

3. Das Schwarze Körps. 

4. Deutsche Zukunft. 

5. Deutsche Wochenschau. 

6. Berliner Herold. 

1. Neudeutsehe Zeltung. 
8. Sonntag-Morgen-Post. 

235 



IL Antisemitische Schriften: 

1. Der Stürmer. 

2. Der Judenkenner 

3. Der Hammer. 

III. Antichristliche (Neu heidnische) Schriften: 

1. Der Reichswart. 

2. Der völkische Herold. 

3. Der Bhtz. 

4. Die Drehscheibe. (Verlag Fi'iedr. Oberschilg, Bredenbeck üb. Hann.) 

5. Der Durchbruch. (Neue Folge der „Vollendung", früher JVerwolf. 
Verlag Karl Gutbrod, Stuttgart-O, Moserstraße 22.) 

6. Am hl. Quell. 1 

7. Der Brunnen. \ Ludendorlf. 

8. Das Wikingerschiff. ) 

9. Der romfreie Katholik (gegen die katholische Kirche) von Pfarrer 
Rüthwohl, Essen, Bernestraße 1. 

10. Bunte Wochenschau. 

11. Deutsche Volksschöpfung. 

12; Die Flammenzeichen. (Schriftl.: Alfred Miller, völk. Blätter, f. nor- 
disch-germ. Art in Religion und Kultur, Staat und Wirtschaft, gegen 
allen Freradgeist und gegen jede Art Verfälschung. Erscheinen wö- 
chentlich. Verlag: Schwertschmiede, LeonbergrStuttgairt.) 

13. Nordische Zeitung. 

14. Deutsche Freiheit. (Begründet von Dr. Otto Dikas, Augsburg, 
Richtung Ludendorff, Verl, Leonberg-Stuttgart.) 

15. Deutsche Revolution. (Ludendorff- Richtung.) ■ 

16. Deutsches Werden. (Leipzig, Zeitschrift für nordische Kultur.) 

IV. Militärische Schriften: 

1. Der Stahlhelm. 

2. Der Frontsoldat. 

3. Der Frontkrieger. 

4. Der Freiheitskämpfer. 

5. Friderikus. 

V. Astrologische. Schriften: 

1. Weltpolitische Rundschau. 

2. Neues Deutschland. 

3. Der Seher. 

VI, Verschiedene Schriften: 

1. Runenforscher. 

2. Blick in die Zeit. 

3. Kurze Pause. 

4. Der Menschenkenner. 

Zeitschriften, die in Geschäften auf Bestellung 

zu haben sind: 

1. Die Deutsche Volkskirche. 

(Das Geistchristentum, Monatsschrift zur Vollendung der Reforma- 
tion durch Wiederherstellung der reinen Heilandslehre. Herausgeber: 
Dr. phil. nat. Arthur D i n t e r. Verlag: Deutsche Volkskirche, Leipzig 
O 1, Querstraße 5.) ' 

2. D i e R a s s e. 

(Monatsschrift der nordischen Bewegung. Verlag: B. B. Teubner, 
Leipzig C 1, Postschi. 380.) 

236 



8. Der Norden. 

(Monatsschrift der nordischen Gesellschaft. Verlag: Wilhelm Lim- 
pert, Dresden A 1, Marienstraße 16.) 

4. D i e S o n n e. (Nordische Monatshefte). 
Diese Hochflut von christentumsfeindlichen Tages- und Wochen- 
blättern genügte aber der Partei noch nicht. Sie gab auch noch 
eine eigene „Parteiamtliche Wandzeitung" der NSDAP 
heraus und stellte in besonderen Schaukästen zugkräftige und 
pikante Artikel und Bilder aus, besonders solche des „Stürmers". 

Selbst dieMauerngeweihterFriedhöfe 

waren ihr dafür nicht zu heilig; wie nachfolgendes erweist: 

Kath, Pfarramt Vachendorf. Vachendorf, am 29. Juni 1936 

An das 

Hoch würdigste Erzb. Ordinariat in München. 

j,Stürmer"-Kasten • 

Seit kurzem hat die hiesige Parteileitung einen Schriftenkasten 
an der Friedhof mau er am Dorfplatz angebracht, und es sind 
schon beim ersten Male verschiedene Spottbilder darin enthalten. , 
Die Friedhofmauer ist Eigentum der Kirche, und ich 
habe bei der Ortspolizei Einspruch gegen dieses Vorgehen erhoben 
und habe die sofortige Entfernung des Kastens gefordert. Was ist 
weiter zu tun, • wenn die Forderung, wie zu erwarten steht, nicht 
erfüllt wird? Ich bitte ehrfurchtsvollst um entsprechende Weisung. 
Denn ich halte es für alle Fälle richtig, daß dieser Mißbrauch kirch- 
lichen Eigentums nicht geduldet werden kann. 

Ehrfurchtsvollst! 

Joh. Freibergen 

Das Erzb. Ordinariat antwortete: 3. Juli 1936. 

An das 

katholische Pfarramt 

Vachendorf 
P. Bergen, Obb. 2. 
Betreff: „Stürme r". 

Wenn die Friedhofmauer sicher Eigentum der Kirche ist, wie 
es bei kirchlichen Friedhöfen naturgemäß ist, so ist die Rechtslage 
bezüglich der Anbringung eines Zeitungskastens an der Friedhof- 
mauer ganz klar: nur der rector ecclesiae hat zu bestimmen, was 
an der Friedhofmauer angebracht werden darf. 

Darum sollte es unseres Erachtens nur einer bloßen Aufklärung 
über diese Rechtslage bedürfen, um die Parteileitung sofort zur 
Entfernung des Schaukastens zu bringen. 

Falls dies keinen Erfolg hat und auch die' bereits angegangene 
Ortspolizeibehörde nicht eingreift, so möchten wir empfehlen, noch- 
mals schriftlich von der Ortspolizeibehörde die Entfernung wegen 
Eigentumsverletzung unter Angabe einer bestimmten Frist zu for- 
dern und zu bemerken, daß nach Ablauf der Frist das Pfarramt 
selbst für die Wahrung des Eigentumsrechtes der Kirche Sorge 
tragen wird. Die Entfernung könnte dann am besten durch den 
Kirchenpfleger in Beisein eines Schutzmanns geschehen. 

Schließlich dürfte die Parteileitung auch darauf hingewiesen 
werden, daß nicht nur kirchliche Kreise und viele Ortsbewohner, 
sondern auch Fremde die Anbringung des „Stürmers" an der Fried- 

237 



hofmauer für geschmacklos und wenig ehrenvoll für die Partei 
halten. Wir möchten meinen, daß man es nicht für zu schwer 
halten sollte, den Bürgermeister und die Mehrheit der Bevölkerung 
für diesen Standpunkt zw gewinnen und so auf friedlichem Wege 
die Frage zu lösen. 

Streichers Pornographie hielt man für so wertvoll zur iKinder- 
erziehung, daß man jseinen „Stürmer" sogar am Schulhaua 
zur Schau stellte. Erweis hiefür: 

Kath. Pfarramt Weildorf, den 21. Februar 1937. 

Weildorf, Post Straß 
bei Teisendorf. 

An das Hochwürdigste Erzbischöfliche Ordinariat 

München-Freising. 

Betreff: Errichtung eines Stürmerkastens am Schulhaus, 

Die Gemeinde Weildorf hat im November 1936 einen neuen 
Bürgermeister erhalten, erst 35 Jahre alt, aber ganz national- 
sozialistisch eingestellt. Seine Hauptaufgabe besteht 
darin, das schwarze Welldorf braun zu färben. 

Zu diesem Zwecke fand vor acht Tagen durch den K r e i g « 
leiter Kämmerer von Laufen die feierliche „Ein- 
weihung" eines Stürmerkastens statt. Der Kasten 
befindet sich am Schulhaus, ganz nahe beim Ein- 
gang, so daß alle Schulkinder, auch die von der Portbildungs- 
schule, an demselben vorbeigehen müssen. Unsere guten Eltern 
sind darob in großer Sorge und bitten den Unterzeichneten, doch 
alles zu versuchen, daß der Stürmerkasten wenigstens vom Schul- 
haus entfernt wird. 

Der recht gut gesinnte Lehrer von Weildorf teilte dem Unter- 
zeichneten mit,- daß eine eigene Bestimmung das Anschlagen unge- 
eigneter Schriften und Bilder am Schulhaus verbietet. Aber eine 
Eingabe an den Bezirksschulrat Laufen wird nichts helfen, weil 
Herr Bezirksschulrat selbst bei der Feier in Weildorf anwesend war. 

Der Unterzeichnete bittet die oberhirtliche Stelle um gütige 
Angabe von Verhaltungsmaßregeln in dieser schwierigen Lage, ob 
eine Entfernung erreichbar ist und an welche Behörde sich die Eltern 
wenden sollen. 

Einem Hochwürdigsten Ordinariate gehorsamster 

Josef Schönberger, Pfarrer. 

Wahrlich, vi^er so mit „Stürmer" Sturm sät, kann nur Sturm ernten! 

8. Fesseln für die wirtschaftliche Entwicklung der Kirche. 

„Mein Reich ist nicht von dieser Welt" hat der Gründer der 
katholischen Kirche in feierlichem Augenblick gesagt (Jo. 18,36). 
Aber Gottes Reich ist in dieser Welt. Darum braucht sie auch 
Luft und Boden in dieser Welt, um sich entwickeln zu können. Die 
Kirche Gottes ist nicht etwas rein Pneumatisches und Übernatür- 
liches, sondern etwas Sichtbares und Organisches. Wie ihr Gründer 
selbst nicht aller irdischen Mittel entbehren konnte (vgl, Joh. 12,6), 
so kann auch die Kirche nicht auf alle materiellen Grundlagen ver- 
zichten. 

238 



Umgekehrt wollte der Nationalsozialismus die Kirche gerade 
auch hierin empfindlich treffen, sie wirtschaftlich geradezu er- 
drosseln. Rosenberg sagte auf der Reichskulturtagung 1938 unter 
anderem: „Wir haben noch ein Druckmittel, und das ist die f i n a n - 
z i e 1,1 e Seite. Wir werden hier behutsam, aber desto syste- 
matischer vorgehen, um dem nicht zu gewinnenden Klerus die 
flnanzielle Ader zu durchschneiden," 

In den Geheimanweisungen des Reichssicherheitsdienstes vom 
15. Februar 1938 heißt es: „Da ein großer Teil der Kampfmöglich- 
keiten der Kirche einzig und allein auf ihren unbeschränkten 
finanziellen Mitteln beruht, sind gerade hier große 
Möglichkeiten zur Eindämmung des kirchlichen 
Kampfes gegebe n." 

Diese Möglichkeiten wurden von Anfang an reichlichst aus- 
genützt. 

Zunächst wurde der Großteil aller staatlichen Zu- 
schüsse für die Kirche gestrichen, obwohl diese letzten Endes 
nur einen geringen Ausgleich für den staatlichen 
Raub des umfangreichen Kircheneigentums durch die Säku- 
larisation zu Anfang des 19. Jahrhunderts darstellten. 

Dem Beispiel des Staates folgend, stellten alsbald auch viele 
Stadt- und Landgemeinden ihre althergebrachten Zu- 
wendungen an die Ortskirchen ein oder lösten sie eigenmächtig 
mit geringen Geldbeträgen ein für , allemal ab. In der Erzdiözese 
Freifeurg wurde dieser Ausfall kirchlichen Einkommens auf jähr- 
lich etwa 350 000 bis 400 000 Mark geschätzt. 

Nach ein paar Jahren stellte der Staat auch die Einziehung 
der Kirchensteuer durch die staatlichen Finanzämter und 
bald auch jene auf dem Wege des Lohnabzuges ein, obwohl Hitler 
und Goebbels in ihren Reden gar oft diese staatliche,, von der 
Kirche bezahlte Arbeitsbeihilfe geradezu als einen wesent- 
lichen Teil der staatlichen Finanzleistungen für die 
Kirche behandelten und so riesige Zahlen zusammenbrachten als 
Beweis für den Edelmut der nationalsozialistischen Regierung, die 
trotz aller feindlichen Einstellung von Kirche und Klerus soviel 
für sie- gäbe. Natürlich wurde auch in nationalsozialistischen Ver- 
sammlungen und Zeitungen entsprechend gegen die Kirchen- 
steuer gehetzt und damit, genau wie einst von den Kom- 
munisten, der Kirchenaustritt' zu fördern gesucht. Die 
„höchsten Herrschaften" ließen sich im übrigen von der rück- 
ständigen und laufenden Kirchensteuer befreien, indem sie sich 
gleich dem „Führer" selbst Steuerfreiheit zuerkennen ließen. 

Dann schränkte der Staat durch das 

Sammlungsgesetz 

vom 5. November 1934 die freiwilligen Gaben für Kirchen 
und kirchliche Wohltätigkeitszwecke sehr ein. Selbstverständlich 

239 



'war sein Wortlaut allgemein, richtete sich aber praktisch fn 
erster Linie gegen die von kirchlicher Seite außerhalb des 
gottesdienstlichen Raumes veranstalteten Kollekten. Es besagte: 
„Jede öffentliche Sammlung von Geld oder Sachspenden, jede 
öffentliche Werbung von Vereinsmitgliedern, jede öffentliche ge- 
meinnützige oder mildtätige Veranstaltung, jeder öffentliche Waren- 
versand für gemeinnützige Zwecke bedarf einer eigenen Genehmi- 
gung." 

„Als nicht öffentliche und darum nicht genehmigungspflichtige 
Summlungen wurden lediglich diejenigen anerkannt, die sich bloß 
an einen nach außen abgegrenzten, unter sich 
durch persönliche Beziehungen verbundenen 
kleinen Personenkreis wenden zum Versand von Bitt- 
briefen an einzelne persönliche Bekannte des Pfarrers oder an 
solche, die bisher schon in der Regel für gewisse Pfarrzwecke etwas 
gaben, z. B. Erstkommunikantenausstattung." 

Ein Nachtrag vom 5. April 1937 machte noch miehr Einschrän- 
kungen, ließ Sammlungen außerhalb der Kirche nur noch frei, 
„wenn sie nur innerhalb eines begrenzten, zahlenmäßig kleinen 
Personenkreises durchgeführt werden, dessen Mitglieder in 
e i n e m näheren, eigenbewußten, inneren Zu- 
sammenhang zueinander stehen und wenn auch 
der Veranstalter zu diesem Personenkreis ge- 
hört." 

Jedes neuhinzugefügte Wort bedeutete eine neue Fußangel für 
Pfarrer, die für diese und jene kirchliche oder karitative Zwecke 
Mittel sammeln wollten. Zum Beispiel wurde es schon als eine 
„Sammlung außerhalb der Kirche" betrachtet, wenn in 
einem Gottesdienst eine Missionspredigt gehalten und dabei zum 
Beitritt in das „Päpstliche Werk der Glaubensverbreitung" auf- 
gefordert und Beitrittsformulare verteilt würden, die dann erst 
außerhalb der Kirche ausgefüllt und abgegeben werden 
sollten. Eine nichtgenehmigungspflichtige Sammlung galt in diesem 
Falle nur als gegeben, wenn die Anmeldezettel noch in der 
Kirche ausgefüllt und abgegeben wurden!! 

Wollte etwa der Pfarrer einer Großstadtpfarrei durch einen 
Brief oder durch die Pfarrschwester alle Angehörigen seiner Pfar- 
lei zu einer Spende für die Erstkommunikanten auffordern, so war 
dies eine verbotene Sammlung, weil der Personenkreis nicht klein, 
nicht in- einem eigenbewußten, inneren Zusammenhang stand, viel- 
leicht auch nicht jeder Pfarrangehörige dem Pfarrer persönlich 
bekannt war. 

Selbst Fesselung der eigentlichen Kirchen- 
kollekten! 

Am 9. Juni 1937 kam eine neue Einschränkung, die schon in 
den innerkirchlichen Raum eingriff. Ein gemeinsamer 

240 



Runderlaß des Reichsministeriums des Innern und des „Reichs- 
minisleriums für die kirchlichen Angelegenheiten" bestimmte: 

, „1. Aus gegebener Veranlassung weisen wir darauf hin, daß nur 
diejenigen Kirchenkollekten, die nach Maßgabe der von den ordent- 
lichen vorgeordneten Kirchenbehörden aufgestellten Kol- 
lektenplänen in den regelmäßigen Gottesdiensten ver- 
anstaltet werden» als genehmigungsfreie Sammlungen im Sinne 
des § 15 Ziifer 4 des Sammlungsgesetzes anzusehen sind. Ebenfalls 
fallen unter das Verbot des Sammlungsgesetzes alle Kollekten, die 
in Sonderg ottesdiensten veranstaltet werden. 

2. Künftighin werden nach Maßgabe der §§ 13 und 14 des 
Sammlungsgesetzes nicht rechtmäßige Kirchenkollekten strafrecht- 
lich verfolgt und die Kollektenerträge eingezogen . . ." 

Demgemäß waren nur noch jene kirchliche Kollekten staat- 
licherseits genehmigungsfrei, welche entweder von der oberhirt- 
lichen Stelle oder von den Kirchen- und Seelsorgvorständen amt- 
lich angeordnet und bei den ordentlichen Gottesdiensten in 
Kirchen und kirchlichen Versammlungsräumen für kirchliche 
Zwecke gehalten wurden. Wollte also beispielsweise ein kirchlicher 
Missionsverein bei einer außerordentlichen Missionsfeier in der 
Kirche eine Sammlung für die Missionen halten, so konnten schon 
Schwierigkeiten entstehen. 

Frauenhilf s werk für Priest er b erufe beraubt 

und verboten 

Irgendeine kleine Verfiehlung einer Ortsgruppe oder ihrer Kas- 
sierin gegen das „Sammlungsgesetz" genügte, um einem katho- 
lischen Verein, auch einem rein religiösen, das Todesurteil zu brin- 
gen. Ein Beispiel dafür ist das „Frauenhilfswerk für Priester- 
berufe", das mit Gebet und Opfer die Heranbildung neuer Priester 
fördern wollte, freilich auch des großen Verbrechens schuldig be- 
funden wurde, einen Namen zu haben; der dem nationalsozialisti- 
schen „Frauenwerk" ähnelte und darum Anlaß zu Verwechslungen 
geben konnte. Er mußte darum verschwinden. Und Himmler fand 
im „Sammlungsgesetz" das Henkerbeil und schlug los: 

„Geheime Staatspolizei München, den 11. September 1939 

Staatspolizeileitstelle München 

. B.Nr. 35676/39 II/B/pf. 

Beschluß. 
I. 

Auf Grund § 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1933 (RGBl. I S. 293) in 

A Verbindung mit dem Gesetz über die Einziehung volks- und staats- 
feindlichen Vermögens vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 479) und der Min. 
Bek. vom 8. November 1938 Nr. IV 2894 wird mit Erlaß des Reichs- 
führers SS and Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des 
Innern vom 14. August 1939 Nr. 1095/39 das „Frauenhilfswerk für Prie- 
sterberufe e. V.'" einschließlich aller Untergliederungen und Neben- 

241 



gliederungen aufgelöst und das beschlagnahmte Vermögen zu Gunsten 
des Landes Bayern eingezogen, 

II. 

Gründe; 

Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei Im Reichs- 
ministerium des Innern hat mit Erlaß vpm 14. August 1939 —S— PP(IIB) 
1095/39 auf Grund des Gesetzes vom 14. Juli 1939 über die Einziehung 
Volks- und staatsfeindlichen Vermögens festgestellt, daß zahlreiche Orts- 
gruppen des „Frauenhilfswerkes für Priesterberufe" gegen die geltenden 
Bestimmungen des Sammlungsgesetzes verstoßen haben. Es war daher 
zu entscheiden wie geschehen. 

Gegen den Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht zulSssig. 

I.A. gez. Schimmel 
Für die Richtigkeit: 
gez. Unterschrift. 
Po. Sektr." 

Da und dort sah die Gestapo sogar in dem ortsüliDlichen Zu- 
sammensteuern von unter sich bekannten Pfarrangehörigen oder 
einzelner Stände für die gemeinsame Bestellung eines Engel- 
amtes im Advent eine verbotene Sammlung und beschlagnahmte 
die gesammelten Gelder, die doch letzten Endes Meßstipendien 
waren. 

Natürlich vi^are» die üblichen Haussammlungen der 
Bettelorden vom Nationalsozialismus nicht mehr gestattet. 
Ebenso waren alle Sachsammlungen in Kirchen» wie sie 
gerade in der letzten Zeit besonders auf Bauerndörfern sehr beliebt 
geworden waren, beinahe überall unterbunden. Wie sehr das ge- 
samte kirchliche Sammlungswesen überwacht und gesiebt werden 
soljlte, zeigt nachfolgender Erlaß des Reichskirchenministeriums: 

„Betreff: Staatliche Nachforschung über Kirchen- 
sammlungen. 
Nach mir zugegangenen Berichten wurden in den Kirchen, ins- 
besonders in den katholischen Kirchen, seit einiger Zeit, namentlich 
seit Herbst des vergangenen Jahres, Sammlungen aus verschiedenen 
Anlässen in großem Ausmaße veranstaltet. 

Es ist deshalb zu prüfen, ob , die Sammlungen die öffentlichen 
Sammlungen im Interesse der Wohlfahrtspflege schädigen; auch sollen 
auf diese Weise Edelmetalle der deutschen Volkswirtschaft entzogen 
werden. • 

Solche Sammlungen sollen stattfinden einmal zur Befriedigung 
besonderer kirchlicher Bedürfnisse, wie Kirchenbau, Kapellenbau, 
Kirchturmbauten, Anschaffung von Glocken, von Paramenten der eigenen 
Kirchengemeinde oder auch fremder Gemeinden. 

Ferner sollen solche Sammlungen erfolgen aus besonderen 
Anlässen, wie zur Bekleidung von armen Kommunionkindern oder 
zur Bereitstellung von Festen wie Fronleichnamsprozessionen und dgl. 

Vielfach sollen die Sammlungen auch regelmäßig stattfinden, 
wie an jedem Sonntag und am ersten Freitag des Monats; auch soll ein 
Opfergang während der Messe eingeführt sein. 

Die Sammlungen sollen sich teilweise auf Geldspenden beschränken, 
darüber hinaus sollen sie sich vielfach aber auch auf Lebensmittel, ins- 
besondere Fleisch und Eier, und auf Kldider erstrecken. Zumeist sollen 

242 



cf 



Körbe in den Kirchen aufgestellt sein, worin die Gaben von den Spen- 
dern gelegt werden. Die Spenden sollen regelmäßig für bedürftige 
Mitglieder der Kirchengemeinde bestimmt sein, Es ist aber 
auch vorgeliommen, daß eine Eier-, Butter- und Specksammlung für ein 
kirchUches Krankenhaus stattgefunden hat. 

Darüber hinaus haben OeistliQhe in fremden Gemeinden für die 
Bedürfnisse ihrer Gemeinden gepredigt und gesammelt, 

Metallsammlungen aollen insbesonders zur Beschaffung von 
Kelchen veranstaltet worden sein. 

Auf solche Sammlungen ist vielfach durch Anhänge in der Kirche 
und durch Aufrufe im Kirehenblatt hingewiesen worden. 

Ich ersuche ergebenat um Bericht über den Umfang und den Erfolg 
der Sammlungen 'in Ihrem Bezirk, insbesonders auch darüber, inwie- 
weit diese Herkommen und Brauch überschreiten vind ob sie den öffent- 
lichen Sammlungen Abbruch tun.*' 

Die beliebteste Straßensammlung abgeschafft! 

Die behördlich -genehmigte und beim Volk außerordentlich 
beliebte Straßensammlung zugunsten der katholischen Caritas, von 
wirklich freiwilligen Caritashelfern durchgeführt, wurde 
wiederholt gewaltsam gestört; ihre opferwilligen Saniml^r und 
Sammlerinnen wurden sogar vielfach geschlagen. Ab 1937 wurde 
sie überhaupt untersagt, ein Ausfall von Millionen I Als Ausgleich 
wurde dem Caritasverband ganz Deutschlands vom Winterhilfs- 
werk ein Jahresbeitrag von 600 QOO Mark gegeben, im nächsten 
Jahr viel weniger, bald überhaupt nichts mehr! 

Selbst die Rechtsfähigkeit 

und danait, den Besitz von Grund und Häusern wollte man r e 1 i -^ 
g i ö s e n Vereinen nehmen. 

Durch eine Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichts- 
hofes vom 5. Februar 1934 Nr. 2 I 34 (Reichsverwaltungsblatt 1935 
Nr. 4 Seite 81) wurde in Frage gestellt, ob religiöse Vereine 
auch weiterhin einen Rechtsanspruch auf Erwerb der Rechtsfähig- 
keit (als eingetragener Verein) hätten, wie dies Artikel 124 Abs. 2 
der Reichsverfassung unter Aufhebung der im § 61 des BGB. vor- 
gesehenen Bestimmung festlegte; denn „der hiernach begründete 
Rechtsanspi-uch eines religiöse Zwecke verfolgenden Vereins auf 
Erwerb der Rechtsfähigkeit ist durch die mit der nationalsozialisti- 
schen Revolution eingeleitete und gegenwärtig noch im Gange be- 
findliche Umgestaltung des Verfassungsrechtes hinfällig geworden. 

§ 1 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von 
Volk und Staat vom 28. Februar 1933, die auf Grund des Art. 48, 
Abs. 2, der RVerf. erlassen wurde, hat den Art. 124 RVerf. bis auf 
weiteres außer Kraft gesetzt und Beschränkungen des Vereins- 
rechtes auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen 
Grenzen für zulässig erklärt. Diese Verordnung hat die in der 
Reichsverfassüng und im Bürgerlichen Gesetzbuche aufgerichteten 
Schranken, die von der Verwaltungsbehörde bei der Handhabung 

243 



der Vereinspolizei zu beachten waren, beseitigt. Ein Rechts- 
anspruch auf die Erlangung der Rechtsfähigkeit 
steht einem Verein, der religiöse Zweckever- 
folgt, nach dem gegenwärtig geltenden Rechte 
n i c h t m e h r z u; ob seine Eintragung in das Vereinsregister durch 
Einspruch erhebung zu verhindern ist, hat die Verwaltungsbehörde 
nach ihrem freien pflichtmäßigen Ermessen zu beurteilen." 

Auch die Steuerfreiheit vieler kirchlicher 
Vereine, z. B. auch des „Päpstlichen Werkes der Glaubens- 
verbreitung" (Franziskus-Xaverius- Verein, Ludwig-Missions- Verein), 
wurde aufgehoben, indem man ihnen, wie den Orden, die Ge- 
meinnützigkeit und Wohltätigkeit absprach. So mußte 
der Xaverius-Verein 2 Millionen Mark Steuern nachzahlen, der 
Ludwig-Missions- Verein über 100 000 Mark. 

Um letztwilligeVerfügungen (Testamente) zugunsten 
der Kirche oder für katholische Orden und religiöse Wohltätig- 
keitsanstalten einzuschränken, evtl. für ungültig erklären zu können, 
wurde in das Erbschaftssteuergesetz Artikel 48 § 2 eingefügt mit 
dem Wortlaut: 

„Eine testamentarische Bestimmung ist nich- 
tig, wenn sie sich in irgendwelcher Weise in Gegen- 
satz setzt mit dem gesunden Volks empfinden und 
der Achtung, die ein Testator vor der Familien- 
und Volksgemeinschaft haben mu ß." 

Eine Gewaltmaßnahme war auch das Verbot, daß die so- 
genannte .„T 1 e Hand" — so nannte man mit einem alten 
billigen Schlagwort die Kirche, die doch für alle Hilfswerke eine 
offene Hand hat — noch Örund und Boden erwerbe, und sei 
es auch so viel, um für eine Neusiedelung eine neue Kirche zu 
bauen. Ja, es wurde sogar öfters der Baugrund, der für künftige 
Kirchen schon vorhanden war, wieder enteignet. Durch solche Aus- 
nahmegesetze sollte der Bau von Kirchen von vornherein unmög- 
lich gemacht werden. (Kardinal Faulhaber in Silvesterpredigt 1941.) 

Wie sorgfältig man im ganzen Deutschen Eeich jeden entgeltlichen 
oder unentgeltlichen Grunderwerb der Kirche verfolgen und verhindern 
wollte, zeigt nachfolgender Erlaß: 

Abschrift. 

Der Reichsminister des Innern Berlin, den 29. Februar 1940 

VI c 7066/40 NW 40, Königsplatz 6. 

Grundstücke. 

Sofort! 

Betrifft: Statistik des Rechtserwerbes juristischer Personen. 

Zur Vorbereitung einer reichsrechtlichen Rege- 
lung'der Beschränkungen des Rech t s er wer bes juri- 
stischer Person en (zu vgl. Art. 88 EG., zum RGB.) sollen zunächst 
statistische Erhebungen über diesen Rechtserwerb angestellt werdea 

244 



Die Statistik wird vom Statistischen Reichsamt in Berlin C 2, Neue 
Königstraße 27—37, durchgeführt. 

Anbei übersende ich ergebenst Vordrucke von Zählkarten, die für 
Jeden einzeihen ' Rechtser wer bungs Vorgang ausgefüllt 
dem Statistischen Reichsamt zu übersenden sind. Diese Benachrichti- 
gungen obliegen den Regierungspräsidenten, beim Fehlen dieser Behörde 
der obersten Landesbehörde, in der Ostmark den Reichsstatthaltern (bis 
zu deren Einsetzung den Landeshauptmännern). 

Der Vordruck 1 bezieht sich auf den entgeltlichen Er- 
werb von Grundstücken, der Vordruck 2 auf den Erwerb auf Grund 
einer Schenkung oder von Todes wegen, im letzteren Falle 
einerlei, ob es sich um bewegliche oder unbewegliche Sachen 
handelt. Während hinsichtlich der beweglichen Sachen (Geld usw.) nur 
die der Genehmigungserfordernis unterliegenden oder sonstwie' zur 
behördlichen Kenntnis gelangenden Rechtsvorgänge erfaßbar sind, ist 
bei den Grundstücken die vollständige Erfassung dadurch gegeben, daß 
auf Anordnung des Herrn Reichsministers der Justiz vom 13. Februar 
1940 —341— IV— b- 195 (Deutsche Justiz S. 211) — die Grundbuchämter 
(Grundbuchsgerichte) den für die Ausfüllung der Zählkarten 

an 

a) die Landesregierungen 

(für Preußen: die Regierungspräsidenten, 
den Polizeipräsidenten in Berlin), 

b) die Herren Landeshauptmänner in der Ostmark 

(für Wien: Reichskommissar — Staatl. Verwaltung des Reichs- 
gaues Wien — ), 

c) den Herrn Reichskommissar für das Saarland 
in Zweibrücken, 

d) den Herrn Reichsstatthalter im Sudetengau 
. in Reichenberg 

zuständigen Behörden über jeden nach dem 29. Februar d. J. grund- 
buchlich zu behandelnden Fall schriftlich Anzeige zu erstatten 
haben. 

Von der statistischen Erhebung ist ausgenommen der Rechtserwerb 
der öffentlichen Gebietskörperschaften. c 

Für die Erhebung gilt als Arifahgszeitpunkt der 1. März d. J. 

Die benötigten Zählkartenvordrucke 1 und 2 sind nach Bedarf beim 
Statistischen Reichsamt anzufordern. 

Im Auftrag 

Unterschrift: unleserlich. 

Vordruckl 
Statistik des Rechtserwerbs "juristischer Personen 

Zählkarte Nr 

Er wer b, von Grund stücken durch juristische Personen. 

a) durch die evang. Kirche oder eine evang.-kirchl. Vereinigung*) 

b) durch die katholische Kirche oder eine kath.-kirchl. Vereinigung 
(Orden usw.)*) 

c) durch eine sonstige juristische Person*). 

1. Land (Reichsgau): ; r ^ '. a , i . i s vi : : . i ^ . . 

2.' Regierungsbezirk- s i. , t i_ . i ;• l . « . » ■ 

245 



3. Des Erwerbers 

a) Name: . . . j 4 s 

b) Wohnsitz: ^ -. 



4. Des Veräußerers: 

a) Name: i t a t t . i .,...-. n . i 

b) Beruf: .....,...,..» 

c) Wohnsitz; . i . .«...« 

5. Bezeichnung des übereigneten Grundstückes:*) 

a) ungeteiltem Grundstück mit — ohne Gebäude, mit — ohne Inventar 

b) Teilstück mit •— ohne Gebäude, mit — ohne Inventar 

Acker — Wiese — Weide — Wald — Wasserflächen — Unland — 

• • * • . . » i N . i 

6. Lage des Grundstückes: 

Grundbuchamt (Grundbuchßerlcht): * . . Band . , . Blatt . * s 

7. Grundstückgröße ...... ha a qm ..... 

8. Einheitswert für 19 . . . (soweit bekannt) . . . RM. ,,,,.,, 

9. Erwerbspreis: . . . i • « « EM. • 4 b % « . < 

10. Genehmigung: erforderlich ja — nein*) 

erteilt am: .....««. versagt am: <«....... 

11. Beschränkung der Genehmigung (Auflage): s .....*.. .^ • 

. i 

, . . i k » . ' i> i 

12. Grund der Teilgenehmigung: . ^ i . . « « . « . ^ . . . . 1 

. ......... ..i«i<-«jit. •..<■.. 

13. Bemerkungen (z. B. Grundstückstauäch): < s •..«.«.. » 



•) Zutreffende! unteratrelehen« 

.....i.#>i Qen ..t..iti 

(Unterschrift) • 

Einzusenden an: Statistisches Reichsamt 
Abt. VI, Allg. Wirtschaftsstatistik 8530 
Berlin C 2 
Neue Könlgstr. 27^37 

Abschrift. Vordruck 2 

Stätistikdes Rechtserwerbs juristischer Personen 

Zählkarte Nr 

ZuwendungenanjuriitiBchePersonen. 

a) an die evang. iCirehe oder ein© evang.-kirehl, Vereinigung*) 

b) an die katholische Kirche oder eine kath.-kirchl. Vereinigung 
(Orden usw.)*) 

c) an eine jüdische iCultvirvereinlgUng oder eine jüdisch-religiöse Ge- 
meinschaft*) 

248 



d) an eine sonstige Juristische Person*). 

1. Land (Reichsgau): «««Bi« 

2. Regierungsbezirk: .,<'•«. ^ . u .. v ..».»•••• • 

3. Des Gebers 

a) Name: •« ti »• n t « t a »««.-«.;.••.•• • 

b) Beruf: 

c) Wohnsitz: « t; . t • . ^ . . . . 

4. Des Empfängers 

a) Name: ....... v ..-.:........... « 

b) Wohnsitz: 

5. Zuwendungen von Geld, sonatigen beweglichen Sachen (genaue An- 
gaben): 

6. Zuwendung von Grundstücken*): 

a) ungeteiltes Grundstück mit — ohne Gebäude, mit — ohne Inventar 

b) Teilstück mit — ■ ohne Gebäude, mit — ohne Inventar. 

Acker — Wiese — Weide — Wald — Wasserflächen — Unland — ^ 

c) Grundbuchamt (Grundbuchgericht): « . . Band .... Blatt .... 

d) Grundstückgröße: ha ...... a ..... . qm 

7. Wert der Zuwendungen: .!...-.... EM. . ;. 

8. Genehmigung: erforderlich ja — nein*) 

erteilt am: . s s s . . -. . . versagt am: j « ; b s . . . . 

d. Beschränkung der Genehmigung (Auflage): «»»,.$».... 

10. Grund der Teilgenehmigung: • . t. ,i . y e « i . » ^ . . . . 



*) Zutreffendes unterstreichen. 



. . . . . 8 . . ., den 

(Unterschrift) 
Einzusenden an: Statistischeg Reichsamt 
Abt. VI, AUg. Wirtgchaftsetatlstik 8B30 
Berlin C 2 
Neue KönigBtr. 27—37 

Das behutsame, aber desto systematischere Vorgehen, um 
„dem nicht zu gewinnenden Klerus die finanzielle 
Ader zu durchschneiden"» schritt schließlieh von der 
Drosselung der kirchlichen Einnahmen immer mehr zum bru- 
talen Raub kirchliche n Vermögens: 

Wie schon gezeigt, wurde den meisten kirchlichen Vereinen 
ihr bewegliches und unbewegliches Eigentum konfisziert. Viele 
katholische Klöster und caritative Anstalten wurden enteignet (ab- 
gesehen davon, daß beiden schon länger vorher immer mehr Be- 
schäftigung und Einkommen genommen wurde). 

Katholische Presseinstitutionen, Druckereien, Verlagsflrmen 
und Buchhandlungen Wurden durch die steigenden Verbote und 
Beschlagnahme katholischer Bücher oder Verhinderung fast aller 

247 



Neuerscheinungen auch rein finanziell schwerstens geschädigt, viel- 
fach auch ganz weggenommen. 

Bez. Klosterraub siehe vorausgehendes Kapitel! 

Kirchliche Grundstücke wurden im Bedarfsfall ohne viel Feder- 
lesens weggenommenj z. B. der Kirchenstiftung von Reichersbeuern 
und dem Kloster Reutberg zur Entschädigung der Bauern, die 
Grundstücke hatten abgeben müssen für den Bau der NS- Junker- 
schule in Bad Tölz; ebenso der Kirchenstiftung Germering für den 
Bau eines „Forschungsinstitutes", dem St.-Josefs-Haus in Percha 
(Oberbayern) zur Vergrößerung des städtischen, von Christian 
Weber gepachteten Gutes Buchhof. 

„Ein Mann fiel unter die Räuber; die plün- 
derten ihn aus." (Lk. 10,30.) 

C. Antichrist ohne Fesseln. 

Heinrich Heine schrieb in der zweiten Vorrede seiner Schrift 
über „Religion und Philosophie in Deutschland" im Jahre 1852 
„von der Schlange, der kleinen Privatdozentin, die schon 6000 Jahre 
vor Hegels Geburt die ganze Hegeische Philosophie vortrug" mit 
den Worten: „Wenn ihr vom Baum der Erkenntnis genossen, werdet 
Ihr wie Gott sei n," 

Und am Schluß dieser Schrift sagt er: „Das Christentum — und 
das ist sein schönstes Verdienst — hat jene brutale germanische 
Kampflust einigermaßen besänftigt, konnte sie jedoch nicht 
zerstören. Und wenn einst der zähmende Talisman, das Kreuz, 
zerbricht, dann rasselt wieder empor die Wildheit der alten 
Kämpfer, die unsinnige Berserkerwut, wovon die nor- 
dischen Dichter so viel singen und sagen. Die alten steinernen 
Götter erheben sich dann aus dem verschollenen Schutt und 
reiben sich den tausendjährigen Staub aus den Augen, und Thor 
mit dem Riesenhammer springt endlich empor und zerschlägt die 
gotischen Dome." 

Mit der Herrschaft und dem Geist des Nationalsozialismus 
wurde dieses Heinewort traurige Wahrheit. Menschen dünkten und 
gebärdeten sich wie Götter oder verehrten andere wie Götter 
und gehorchten ihnen wie Göttern. 

Und „die Wildheit der alten Kämpfer" rasselte empor 
„mit dämonischen Kräften" und verübte Grausamkeiten und Ver- 
brechen, für die die Worte „Berserkerwut" und „barbarisch" noch 
viel zu gering sind. 

Thor, der altgermanische Kriegsgott, sprang empor mit seinem 
heidnischen Göttergefolge und schlug um sich mit seinem Riesen- 
hammer, bedrohte die ganze Welt, erschlug ungezählte Menschen, 
zerschlug unersetzliche Kulturgüter und schwang in wildem Gottes- 
haß den Riesenhammer auch gegen das Kreuz. 

„Viele Antichristen traten auf" (1. Jo. 2,18). 

24P 



1. Antichrists Wüten gegen das Christentum. 

„Das Schwarze Korps" vom 8. April 1937 brachte ein großes 
Bild mit dem Titel: 

„Gott schuf den Menschen nach seinem Gleichnis." 
Teufel und Priester reichen sich die Hände mit den Worten: 
„Wir sind gut e Freunde. Wir braucheneinan der." 
Da ist es zu wenig, zu sagen: „Sie spottetenihrerselbst 
und wissen nicht, wie!" Da paßt eher das Wort: „Sie bezich- 
tigten sich selbst und wissen nicht, wi e." 

Nicht Teufel und Priester, sondern Satanund National- 
sozialismus standen im Bunde miteinander: 

Satanisch war des Nationalsozialismus' Haß gegen das 
Christentum ur^d alles Heilige. 

Satanisch ; waren des Nationalsozialismus' Verlogenheit 
undÜberhebung! 

Satanisch waren des Nationalsozialismus' Kampf- und 
Werb e w.eis e ! 

Satanisch waren des Nationalsozialismus' Gewalttätig- 
keit und Grausamkeit! 

Satanisch waren schließlich auch des Nationalsozialismus* 
Sturz und Ende! 

A. Abschied dem alten Gott! 
Es lebe der Heidengott, der deutsche Gott! 

Die ganze Glut des nationalsozialistischen Hasses gegen 
Gott, Gottes Wort, Gottes Sohn, Christentum, 
Kreuz, Kirch eundPriestertum sprüht uns entgegen aus 
dem nachfolgenden Gedicht von G. Sebecker in „Freiheitsflammen, 
Verse und Sprüche für deutsche Heiden": 

Wem das Hakenkreuz ins Herz gebrannt. 
Der haßt all' andern Kreuze! 
Wer« sich in seinem Volk erkannt, 
Der lachet der Erlöserkäuze! 

Sonntag ist's 

Ich sehe viele Deutsche hin zum Kreuze kriechen 
Und die dumpfen Hallen der Kirchen füllen. 
Wir freien Deutschen hassen diese Seelenkerker! 
Mehr noch hassen wir die Priesterhünde, 
die das Bibelgift ins Herz des Volkes gießen. 
Schlagt sie tot! Die schwarzen Hunde, 

die die Seele unseres Volkes schänden 

Schlagt sie tot! Die Seelenmörder, 

die das Erbbild unseres Volkes töten. — 

Hütet euch vor dem, der da spricht: 
„Wer mir will nachfolgen, der verleugne sich selbst!" 
Denn was der Nazarener will, ist unser Untergang, 
Unser Verderben ... 

249 



Priesterhunde heulen durch Österreichs Straßen. 

Sie zerren, was Deutsch ist, in ihre schmutzigen Gassen, 

Sie jagen, was Deutsch ist, hinein in die Arme des völkischen Todes, 

Sie töten, was Deutsch ist, zur Ehre des jüdischen Gottes. 

Fluch über Rom! 

Weh dir, du schwarzer Orden, Weh dir, Weh! 

Deine Liebe ist das Morden, Weh dir, Weh! 

Dein listiger, feiger Mordbrand 

verwüstete das Nordland! 

Weh dir, du schwarzer Orden, Weh dir, Weh! 

Die Rache kommt aus Norden! Weh dir, Weh! 

Die „Baseler Nationalzeitung" bemerkt nach „Reichspost" vom 
18. März 1937 zu diesem Haßerzeugnis: 

„Im Volke eines Goethe und Schiller kann derlei Schund als Ge- 
dicht gedruckt werden! Welche Geistesverfassung gewährt solchen in- 
ferioren Produkten Daseinsberechtigung? Dieser haßtriefende „Gedicht- 
band" wurde, wie das Schweizer Blatt mitteilt, in einem Heim der 
Hitlerjugend aufgefunden. 

Leider muß man sagen, daß das Buch nicht etwa nur eine zufällige 
Erscheinung, das Erzeugnis eines närrischen Kopfes ist. Es ver- 
dolmetscht, so plump und ungefügig seine Sprache ist, 
die Lehren, die in den Führer- und Rednerschulen der 
Deutschen Glaubensbewegung' unter Mitverantwor- 
tung na tionalsozialistischer Parteistellen ins Vc^lk 
getragen werden. 

Die Freiheit und aktive Unterstützung, deren sich 
parteimäßig diese Propaganda erfreut — und wie man 
erst in den letzten Tagen erfahren hat, auch von maßgeblichen 
Stellen — , steht in krassem Widerspruch zu der Un- 
freiheit, der die christliche Volksaufklärung unter- 
worfen ist." 

Sprachlich ruhiger, aber sachlich ebenso ablehnend gegen alles 
Biblische, Christliche und Kirchliche ist nachfolgendes Gedicht aus 
den „Flammenzeichen": 

Gott. 

Wir sehen keinen Gott mit langem Barte 
Und einem Stocke in der Hand. 
Wir sehen nur das Werk des Schöpfers 
In unserm deutschen Vaterland. 

Wir sehen keinen Gott der Juden, 
Der jenes Volk sich auserwählt. 
Wir glauben nicht an Gottverträge, 
Wovon die alte Schrift erzählt. 

Wir sehen Gott nicht in Verbrechen, 
Die sein Volk jederzeit verübt, 
Wir sehen Gott in seinem Wirken, 
D"as Deutschen Brot und Arbeit gibt. 

Wir glauben nicht an Gottes Worte, 
Wir glauben nicht an Gottes Schrift, 
Wir glauben, daß in seinen Werken 
Man Gott am nächsten trifft. 

250 



„Der neue Gott** 

aber, an den deutsche Jugend glauben soll, offenbart sich in nach- 
folgenden „Anrufen", die den Kindern in K ö 1 n, Ortsgruppe 
R e i n a u, für die Speisung in der NSV beigebracht wurden: 

VordemEssen: 

„Führer, mein Führer, von Gott mir gegeben, 
beschütz' und erhalte noch lange mein LebeH! 
Hast Deutschland gerettet aus tiefster Not, 
Dir danke ich heute mein täglich Brot. 
Bleib lang noch bei mir, verlaß mich nicht, 
Führer, mein Führer, mein Glaube, mein Licht! 

Heil, mein Führer!" 

Nach dem Essen : 

„Dank sei Dir für diese Speise, 

Beschützer der Jugend, Beschützer der Greise! 

Hast Sorgen, ich weiß es, doch kümmert's Dich nicht, 

ich bin bei Dir bei Nacht und bei Licht. 

Leg ruhig Dein Haupt in meinen Schoß, 

bist sicher, mein Führer, denn Du bist groß. 

Heil, mein Führer!" 

Von solchem Gebet zu Hitler war es nicht mehr weit zum 
Altar für Hitler, zum „H a u s a 1 1 a r", den ihm manch hysterische 
Frau errichtete, aber auch nicht mehr weit zum förmlichen Kult 
für ihn Und seine Helfershelfer. So brannten beispielsweise in dem 
Versammlungslokal einer HJ-Gruppe in Baden zwei Kerzen vor 
dem Bild von Hitlers „Leibtheologen" Rosenberg, war über- 
haupt alles aufgebaut wie ein Altar. „Ihr werdet sein wie Gott.** 

'Auf der gleichen Linie lag es schließlich, wenn der schöne 
süddeutsche Gruß „Grüß Gott!" mit Gewalt verdrängt wurde 
von „H e i 1 H i 1 1 e r", einer Grußart, diewohlin derganzen 
übrigen Welt nicht ihresgleichen hatte. Millionen- 
mal im Tag mußte es im Feldwebelton geschrien, millionenmal im 
Tag am Schluß von Briefen geschrieben werden. 

Die Kreisleitung Berchtesgaden der NSDAP und der Fremdenver- 
kehrsverein des Berchtesgadener Landes gaben im Olympiajahr 1936 
sogar einen Sonderabdruck eines ellenlangen Zeitungsartikels heraus 
und versandten ihn massenweise, um nur das verhaßte reaktionäre 
„Grüß Gott!" verstummen und das einzig nationale „Heil Hitler" überall 
und bei allen Gelegenheiten vim so lauter ertönen zu lassen. Das groß- 
sprecherische „Kulturdökument" lautet: 

Berchtesgaden, im Olympiajahr 1936 
Liebe Volksgenossin! 

Lieber Volksgenosse! 

Wir wissen, daß Sie jetzt zur Hochsaison vollauf beschäftigt sind 
und Ihnen deshalb nicht zugemutet werden kann, täglich die Zeitung zu 
lesen, so daß Ihnen wahrscheinlich der im „Berchtesgadener Anzeiger" 
erschienene Artikel entgangen ist. 

251 



^ir übersenden Ihnen daher auf diesem Brief diesen auch für Sie 
interessanten Artil^el und ersuchen, Ihrerseits auf die übrigen in Ihrem 
Betrieb tätigen Volksgenossen in diesem Sinne einzuwirken. 

Heil Hitler! 

Es gibt tausend kleine Beweise im Alltag des Lebens, ob wir er- 
kannt haben, daß wir gemeinsam nur als Volk vor der Welt bestehen. 
Der Kleingeist, der sich einbildet, daß das altvertraute, liebgewordene, 
von den Vätern übernommene „Grüß Gott" doch sicher recht freundlich 
sei, besonders für Frauen und Mädchen, ist doch ein rechter Tölpel. Wir 
wählen gerade dieses Beispiel, weil es weit wichtiger ist, als sich man- 
cher rechtschaffene, brave und biedere Bürgersmann das vorstellt. 

Es ist nicht wahr, daß es doch gleichgültig sei, ob wir nun „Grüß 
Gott" sagen oder unser „Heil Hitler", unter dem wir wieder aufgewacht 
sind, vernünftig und anständig geworden sind. Mit dem „freundlichen" 
Grüß Gott oder Guten Tag sind wir in die Hölle gefahren, nicht in das 
Leben marschiert. „Grüß Gott" kann freundlich vertraut klingen — wer 
aber will es abstreiten, daß es zu nichts verpflichtet und daß es, in der 
Stadt gesprochen, eine unverbindliche und nichtssagende Grußformel 
bedeuten kann und auch für die meisten bedeutet. 

Nicht dieses freundliche „Grüß Gott" hat uns gerettet, so freundlich 
und vertraut es klingen mag. Der Gruß „Heil Hitler" hat uns zusammen- 
geführt, hat uns die Kraft und den entschlossenen Willen gegeben, uns 
unser Recht von der Welt zu ertrotzen, die nun ihre Jugend zu uns 
schickt. Nicht das „Grüß Gott" hat die Parteien weggefegt, dem Bol- 
schewisten den Dolch und den Schießprügel aus der Faust geschlagen, 
(die Schieber und Wucherer unschädlich gemacht, dem Arbeiter das Brot, 
dem Bauern den Acker zurückgegeben, dem Geschäftsmann Büro und 
Laden, dem Industriellen und Handwerker die Werkstatt mit neuem 
Leben erfüllt, dem Fremdenverkehr neuen Auftrieb gegeben. 

„Heil Hitler" — das war der Gruß der ersten Kämpfer, der ihre 
Seele beflügelte und erfüllte, war der letzte Gruß vieler hundert sterben- 
der SA-Männer, war der Schreckensruf für alle Verbrecher und Halun- 
ken, für alle Schlafmützen und Spießer, der Schreckensruf für diejeni- 
gen Völker, die uns für alle Ewigkeit rechtlos zu lassen gedachten. 
Dieses „Heil Hitler" des ersten kleinen SA-Mannes hat eine ganze Welt 
in Bewegung gebracht. Aber nur ein einfältiger Tölpel kann sich ein- 
bilden, daß wir es jetzt gerade deshalb während der Olympischen Spiele 
aussphalten müssen, weil „doch jetzt gerade die vielen Ausländer 
kommen"! 

Als wir kürzlich mit einem Ausländer durch die Straßen gingen, 
begegnete uns ein „Grüß-Gottler". Sicher kein „Staatsfeind", auch kein 
„Nazifresser", aber halt ein „lieber, herzlicher, netter Grüß-Gottler", 
dessen freundlicher Gruß auch gewiß nicht anders gemeint war, als ein 
freundlicher Gruß, der so hingesprochen wird. Als er wieder seines 
Weges ging, fragte unser Ausländer sehr erstaunt, ob dieser Mann ein 
Gegner des Führers sei! ^ 

Das ist es, worauf wir heute noch einmal hinweisen wollen." Wer 
sich in seiner, Gedankenlosigkeit und Undankbarkeit gegen Führer und 
Partei schon gefällt, daß er ohne „Heil Hitler" auskommt, der soll wissen, 
daß er heute vor dem Fremden, ' der uns aufmerksam betrachtet, als 
Gegner des Führers steht und damit als Gegner des Volkes. Wir wün- 
schen nicht durch Ausland und Fremde darauf aufmerksam gemacht 
zu werden, daß es heute noch Deutsche gibt, die sich nicht zu benehmen 
wissen. Diese Gleichgültigkeit und Gedankenlosigkeit muß aufhören, 
insbesondere hier im Berchtesgadener Land — der Wahlheimat des 
Führers — , das auch in den nächsten Wochen von zahlreichen Olympia- 
' gasten besucht wird. 

252 



Es ist auch durchaus unangebracht, wenn umgekehrt ein Gast nait 
dem lieben, netten „Grüß Gott" grüßt und man glaubt dann, verpflichtet 
zu sein, ebenfalls mit „Grüß Gott" zu grüßen. Im Gegenteil! Der Aus- 
gangspunkt für die Gedankenlosigkeit liegt meist bei denen, die den 
größten Nutzen von der deutschen Wiedergeburt haben, einem Teil der 
Geschäftswelt, der glaubt, einen Hering oder ein Glas Bier mehr ver- 
kaufen zu können, wenn er sich devot mit einem „freundlichen" Grüß 
Gott vor der „gnädigen" Frau verbeugt. 

Schluß jetzt damit und Schluß mit der Weisheit lächerlicher Tölpel, 
die glauben, der Ausländer müsse bei einem „Heil Hitler" einen Nerven- 
schock bekommen. Das Gegenteil ist der Fall. Die meisten von ihnen 
haben sich' das für sie nicht leicht auszusprechende „Heil Hitler" für 
ihre Deutschland- und Olympia-Reise einstudiert und erwidern strahlend 
und lachend unseren Deutschen Gruß. Wie beschämend muß es für uns 
sein, wenn dann so ein eitler, unterwürfiger und spinnender Tölpel seine 
Dummheit unter einem „freundlich lieblichen Grüß Gott" an den Mann 
des Auslandes bringt. 

Das Ausland will im Olympia-Deutschland keine Grüß-Gottler 
sehen, sondern das Volk, die Leute und die Männer, die eine Revolution 
zum Segen Deutschlands und der Welt durchführten. Die alten Tanten, 
die in Mannskleidung mit „Grüß Gott" durch die Welt dösen, werden 
höflichst gebeten, sich in ihre Schlafgemächer und unter den Schutz 
ihrer Zipfelmützen zu begeben, ehe wir noch deutlicher werden müssen! 

Wir fühlen uns zu dieser deutlichen Attfforderung zum letzten Male 
verpflichtet, nachdem uns ein Ausländer, der kein Nationalsozialist und 
kein Faschist ist, darüber sein Erstaunen zum Ausdruck gebracht hat, 
daß es überhaupt in Deutschland noch einen Menschen gibt, der den 
Gruß „Heil Hitler" schuldig bleibt. 

„Wir würden diesen Mann sofort zur Ordnung rufen", sagte uns 
dieser Ausländer, und dieser Ausländer ist ein Franzose! Das ist be- 
schämend, und deshalb wünschen wir, daß wir verstanden werden, auch 
von denen, die ihre Seele um eine Mark Tageskasse mehr verschleudern! 

Es ist gewiß Privatsache, wieweit einer käuflich ist, aber wir wün- 
schen nicht, von Privatangelegenheiten belästigt zu werden, wünschen 
vielmehr, daß sich jeder der Ehre bewußt ist, das nationalsozialistische 
Deutschland vor den fremden Gästen aus aller Welt repräsentieren zu 
dürfen. 

Ein Führer — eine Fahne — und deshalb auch ein Gruß! 

Heil Hitler! 

Max Kammerer, Kreisleiter.^ Dr. Max Berkmann, Kurdirektor. 

Nicht Kreuz und Heiligenbilder, Hitlers Bild in jedes Gastzimmer! 

In der gleichen Richtung, wie diese Hilter-Gruß-Großaktionen, 
lag, was drei Jahre später im gleichen Kreis geschah: 

Die Wirtschaftsgruppe „Gaststätten- und Beherber- 
gungsgewerbe" von Berchtesgaden-Lauf en forderte in einem 
Zirkular vom Januar 1939 ihre Mitglieder auf, in den Gastzimmern 
statt der „Heiligenbilder und ähnliche m" (hinter 
diesem „ähnlichen" verbirgt sich wohl verschämt die Anregung, 
auch das Kre.uz zu entfernen) das Bild des Führers oder irgend- 
eines der führenden Männer Deutschlands aufzuhängen, wie es sich 

253 



für die „Wahlheimat des Führers * gezieme. Hitler auch hier statt 
und vor Gott und seine vorbildlichen Diener! 

Wie sehr übrigens die katholische Heiligenverehrung den 
Nationalsozialisten überhaupt ein Dorn im Auge war, zeigte ein Artikel 
von SA am 26. Februar 1938. Darnach ist die katholische Heiligen- 
verehrung „dem Führerideal abträglic h". Gegen diese Idee 
sei es auch, wenn die „Katholische Aktion" sich mühe, „neue Hei- 
lige auf den Markt zu werfen", wie Kolping, den Gesellen- 
vater. „Katholische Feste seien überhaupt nichts als eine Gegenpropa- 
ganda zu nationalen Festen. So wie der 1. Mai mit allem Pomp der 
,Maienkönigin* geweiht werde, so werde der Sonnwendtag als Fest des 
Martyriums des Heiligen Johannes des Täufers gefeiert." 

In die gleiche Kategorie des Hasses gegen alles Heilige gehörte es 
auch, wenn der Fastenhirtenbrief von Kardinal Faulhaber vom Januar 
1940 über die „WafEenrüstung Gottes" (nach Eph. 6,10— 18) von der Ge- 
stapo-Berlin beanstandet wurde, weil er als Datumsangabe enthielt: 
„Am Tag des Heiligen Sebastian, des Soldatenpatrons, 1940." 

Thors Mannen schämen sich dieses bleichen 

Gekreuzigten ! 

Eine „religiöse Betrachtung" des „Schwarzen Korps" vom 
8. Juni 1 1939 geht schon mehr aufs Ganze und ereifert sich in einem 
Artikel: „Die Natur Gottes" folgendermaßen: 

„Wir haben lange über die Frage nachgedacht: Welche christlichen 
Lehren stehen in Widerspruch mit den sittlichen Forderungen der ger- 
manischen Rasse und müssen darum nach klarem Wortlaut von Art. 24 
des Parteiprogramms der NSDAP als unvereinbar mit den Rassebegrif- 
fen betrachtet werden? Wir sind zu dem Schluß gekommen, daß eine 
Menge christlicher Anschauungen wirklich unvereinbar ist mit den 
unseren. 

Diejenigen von uns, die durch deutsche Landschaften reisen und 
mitten im Blick auf schneebedeckte Berggipfel oder auf westfälisches 
Moorland die Figur des Gekreuzigten antreffen, müssen, wenn sie 
sich wirklich ihres Blutes bewußt sind, in der Tiefe des Herzens 
sich wahrhaft schämen. Die Götter unserer Vorfahren wa,ren 
nicht so. Sie waren wahre Männer, Männer mit dem Schwert in der 
Hand. Wie verschieden davon ist dieser bleiche Gekreuzigte! 
Seine passive Haltung, der tiefeingegrabene Kummer seiner Gesichts- 
züge, Demut und volle Selbstaufgabe ausdrückend: das alles sind 
Eigenschaften, die den heldischen, fundamentalen 
Eigenschaften unseres Blutbewußtseins widerspre- 
che n." 

„N e u e E r 1 ö s e r" 

„Christus, von dem wir nie wußten, ob die uns dargebotene 
Religion seine wahre Lehre war, ist in dem Dunkel der Ge- 
schichte versunken. Erst jetzt erkennen wir, daß sein 
stellvertretender Bruder, um den sich eine Welt zer- 
fleischte, uns nichts zu sagen hat, daß vielmehr der Tod 
jener herrischen Streiter für ein Reich der Deut- 
schen jene Handlung darstellt, die ein weitzurückliegen- 
des Erlösungsmysterium überflüssig machte. 

Die Kriegerdenkmäler in deutschen Landen sind Altäre 
eines kommenden Volkes. Der ungenannte Soldat des Krie- 

254 



vges ist gestaltender Wegbereiter des kommenden Reiches, der den 
Jesus von Nazareth ablösen soll." („Nordland" 27. Januar 1935.) 

„Gott Deutschlan d." 

Baidur von Schirach gab der deutschen Jugend einen neuen 
Herrgott an Stelle des Christengottes. Er sagte bei der Einweihung 
eines deutschen Jugendheimes im April 1939: 

„Jedermann muß klar erkennen und zu Herzen nehmen, daß der 
Dienst an Deutschland, der auch ein Gottesdienst ist, über 
dem Dienst irgendeines Bekenntnisses steht, und unter unserer Jugend 
darf niemand sein, der nicht bedingungslos Deutschland 
gehör t." 

Ähnlich bekundete er vor 45 000 HJ im Juli 1939 vor dem 
Dom zu Magdeburg: 

„Wenn Leute sagen: ,Die Hitlerjugend sei eine Jugend ohne Reli- 
gion und ohne Gott', dann antwortet die HJ.: ,Dieser unser Dienst 
an Deutschland ist auch ein Gottes diens t."' 

Ein anderes oft zitiertes Wort des Reichsjugendführers Baidur 
von Schirach: 

„Ich bin weder Protestant noch Katholik, ich glaube nur an 
Deutschlan d." 

„Unser ist das Reich und die Kraft und die Herr- 
lichkeit" 

SS-Obergruppenführer Schulz, Pommern, sagt 
zwar, daß er keine „Gotteslästerung" begehen wolle, begeht sie 
aber tatsächlich, wenn er sagt: 

„Ich will mich keiner Gotteslästerung schuldig machen, aber ich 
frage: „Wer war größer, Christus oder Hitler? Christus 
hatte bei seinem Tode 1 2 Jünger, die ihm aber nicht einmal treu blieben. 
Hitler aber hat heute ein Volk von 70 Millionen hinter sich. Wir 
können es nicht dulden, daß neben uns eine andere Organisation ent- 
steht, die einen anderen Geist hat als wir. Wir müssen sie zerschlagen. 
Der Nationalsozialismus erhebt allen Ernstes den 
Anspruch: Ichbin der Herr, dein Gott. Dusollstkeine 
anderen Götter neben mir habe n." 

Schulz vergleicht dann weiter die Einstellung zum Heldentod fürs 
Vaterland in Japan und Deutschland. Er fährt wörtlich fort: 

„In Japan heißt es über den Heldentod: Ihr werdet sein wie Götter! 
Ja, es werden auch Göttertempel errichtet werden, in denen Ihr ver- 
ehrt werdet." Aber bei uns rufen die Pfaffen: „Wehe, wehe! Denn es 
wird sein Heulen und Zähneklappern." 

Er schließt dann seine Rede mit deutlicher Anspielung auf den 
evangelischen „Vaterunser"-Schluß nach Mt. 6, 13, das „Dein" blas- 
phemisch mit „unser" ersetzend: 

„Denn unser ist das Reich und die Kraft, denn wir haben 
eine starke Wehrmacht, und die Herrlichkeit, denn wir 
sind wieder ein angesehenes Volk, und, so Gott will, ,in Ewigkeit'. 
Heil Hitler!" 

255 



Das deutsche Heidenlied. 

(Ein im Jahre 1940 von Nürnberg aus mit Postkarten massenhaft 
verbreitetes, stolzes Bekenntnis zum deutschen Heidentum von 

Otto Peitsch) 

Ereifert ihr euch, ihr Gesalbten des Herrn, 
Im christlichen Haß? Wir gönnen's euch gern! 
Wir haben die Tat unserer Rettung vollbracht 
Und haben uns frei von den Pfaffen gemacht, 
Wir deutsehe Heiden! 

Der Kampf mit dem Leben ist hart allezeit. 
Doch ihr wollt uns machen zum Himmel bereit, 
Auf ewige SeUgkeit rechnen wir nicht, 
Dem Leben, der Wahrheit schau 'n wir frei ins Gesicht. 
Wir deutsche Heiden! 

Frei auf uns der Blick und empor das Haupt, 
Und weder an Engel und Teufel geglaubt. 
Die Demut, ihr Herren, überlassen wir euch, 
Und lassen euch gern das himmlische Reich. 
Wir deutsche Heiden! 

Wir halten nichts mehr von Gebet und Litaneien, 
Das Heidentum stärkt, macht uns männlich und frei; 
Wir glauben an u n s und unsere Kraft, 
An Deutschland und das, was ihm Größe verschafft. 
Wir deutsche Heiden. . 

Nationalsozialismus und Christentum 
sindAntipoden. 

Wie gegensätzlich Nationalsozialismus und Christentum emp- 
funden wurden, zeigt folgende Gegenüberstellung, welche in der 
Wochenschrift „Blitz" vom 10. Januar 1937 stand. Mag sie den 
Standpunkt des Christentums vielfach falsch darstellen, es bleibt 
die Tatsache, daß der Nationalsozialismus das Christentum so auf- 
faßte und darum so wütend bekämpfte. 

„Was der National- Was das Christentum 

Sozialismus lehrt": lehrt: 

Lebensbejahung ...... Lebensverneinung 

Selbstbewußtsein Schuldbewußtsein 

Stolz Demut 

Körperpflege Kasteiung 

Ringen um neue Erkenntnisse . Beharren in den Anschauungen 

aus den Kindertagen der 
Menschheit 

Sehendes Wissen Blinden Glauben 

Bekenntnis zu Rasse und Volk . Verehrung des Menschheits- 
begriffes 

Irdische Bewährung Absoluten Vorrang des Religiösen 

256 



Hingabe an die Volksgemeinschaft Hingabe an das Jenseits 

Kraftvolle Erfüllung der Berufs- Völlige Unterwerfung unter die 
pflichten kirchlichen Dogmen 

Selbstverantwortlichkeit . . . Abhängigkeit von der Gnade 

Kampfbereitschaft Friedfertigkeit um jeden Preis 

Energische Abwehr des Bösen . Unbedingte Duldsamkeit 

Verehrung von Blut und Boden Verleugnung von Blut und Boden 

Vollen Einsatz für Volk, Sippe Überordnung des kirchlichen* 

und Familie Interesses über alle Ideale 

Volkseinheit ........ Glaubenszwiespalt 

Rassenpflege . Rassenvermanschung 

Ausscheidung der Erbkranken . Gleichberechtigung der Erb- 
kranken 

Geburtenvermehrung der Wert- Kampf gegen die Geburten- 
vollen Vermehrung der Wertvollen 

durch den Zölibat 

Verwerfung des volksfeindlichen Anerkennung des Judentums als 
Judentums des auserwählten Gottesvolkes 

Ablehnung des jüdischen Natio- Anbetung Jahwes als des höch- 
nalgötzen Jahwe sten Gottes ' 

Glaubensfreiheit Glaubenszwang 

Wirklichkeitssinn ..... Religiöse Spekulationen 

Lebensfreude Lebensflucht 

Vertrauen in die Meisterung des Mißtrauen des Menschen gegen 
Lebens durch eigene Kraft . . sich selbst wegen der angeb- 
lichen Erbsündebelastung. 

B. Der Theologe der „deutschen Heiden". 

„Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten 
geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der 
NSDAP" war Alfred Rosenberg. 

Sein Hauptwerk: „Der Mythus des 20. Jahrhunderts" wurde 
geradezu die „Bibel des Nationalsozialismus". 

Rosenberg selbst hatte zwar in der Einleitung seines Werkes 
ausdrücklich bemerkt: 

„Die in dieser Schrift vorgetragenen Gedanken und Schlußf olger un- 
gern sind durchaus persönliche Bekenntnisse, nicht Pro- 
grammpunkte der politischen Beiwegung, welcher ich an- 
gehöre. Diese hat ihre großen Sonderaufgaben und muß sich als 
Organisation fernhalten von Auseinandersetzungen 
religiöser, kirchenpplitischer Art..." 

Auch Regierungs- und Parteimänner wurden nicht müde, 
immer wieder zu erklären, daß Rosenbergs „Mythus" ein rein 
privates Werk sei. 

Kreuz und Hakenkreuz 17 257 



Aber die W i r k 1 i c h k 6 i t war anders: 

1. Rosenberg schrieb nicht bloß als irgendeine Privatperson, 
sondern als der vom Führer bestellte Leiter der 
weltanschaulichen Schulung der nationalsozialisti- 
schen Partei. 

2. Rosenberg durfte und sollte die in seinem Buch nieder- 
gelegten Gedanken als „Nation alsoizialistische Welt- 

, a n s c h a u u n g" in zahllosen Reden auf offiziellen Partei- 
schulungskursen darlegen. 

3. Auf dem Parteikongreß in Nürnberg im Jahre 1937 zeichnete 
Hitler Rosenberg speziell als seinen Beauftragten für die 
geistige Schulung der Partei als allerersten mit dem neuen 
„Staatspreis für Kunst und Wissenschaft" aus 
und rühmte ihn in dem offiziellen Begleit- 
schreiben als den Mann, „der in wissenschaft- 
licher u,nd tiefgründiger Weise die festen 
Voraussetzungen für ein Verständnis der 
geistigenGrundlageridesNationalsozialis m u s 
geschaffen hab e". 

4. Rosenbergs Bücher wurden durch eine intensive und extensive 
Parteipropaganda unterstützt. 

5. Die ganze Nazipresse suchte den „Mythus" und die anderen 
, Werke Rosenbergs als die für den Nationalsozialismus wich- 
tigsten Lehrbücher zu verbreiten („SA-Mann" vom 15. 1. 1938). 
Umgekehrt wurde Msgr. Leffers, Pfarrer von Rostock, gerade 
wegen abträglicher. Äußerungen über Rosenbergs „Mythus" und 
die darin vertretenen Ideen zu eineinhalb Jahren Gefängnis 
verurteilt. 

6. Der „Mythus" stand in der offiziellen Liste der für 
.Lehrer und Büchereien empfohlenen Bücher. 

7. In ungezählten Schulungskursen und „L a g e r" - V o r - 
trägen wurde der „Mythus" als Gr-undlage des ganzen 
Unterrichts benützt. Kursteilnehmer wurden vielfach schon 
vorher aufgefordert, den „Mythus" als „ein grundlegendes Werk 
über den Nationalsozialismus" mitzubringen (z. B. Lehrer des 
Rheinlandes). 

8. Der Reichsjustizminister verordnete^ daß Referendare, die sich 
auf die Assesso rprüfung vorbereiten, den „Mythus" stu- 
dieren und mit seinen grundsätzlichen Lehren vertraut sein 
müßten. Rosenbergs Nachschrift zum „Mythus": „An die Dunkel- 
männer unserer Zeit" (1935) wurde den Beamten mit aller 
Gewaltaufgedrängt. 

9. Der Sächsische Erziehungsminister empfahl das 
Buch für den offiziellen Schulgebrauch (Ministerial- 
blatt vom 15. Oktober 1935). 

258 



10. Alle volkstümlichen Entgegnungen auf den „My- 
thus" wurden beschlagnahmt und verboten. 

Die Polizei stand zu Rosenberg. 

Das Kath. Pfarramt Schliersee, Erzdiözese München, schreibt am 
8. März 1935 an das Erzbischöfliche Ordinariat: 
Betreff: Mythus des 20. Jahrhunderts. 

Soeben wurde mir folgender Auftrag der Politischen Polizei durch 
die hiesige Gendarmeriestation zur Kenntnis gebracht: 

„Die Geistlichen sind zu verständigen, daß jede Behandlung des 
Werkes .Mythus des 20. Jahrhunderts' in geschlossenen oder öffent- 
lichen Versammlungen außerhalb der Kirche zu unterbleiben hat. 
Gegen Zuwiderhandlungen ist mit Auflösung vorzugehen. 

8. März 1935. gez. Obermayr." 

11. Auf einem Kongreß der Leiter von 47 Gauschulungszentren, der 
im Januar 1939 zu Erwitte bei. Lippstadt gehalten wurde, ward 
als Programm aufgestellt, „noch im laufenden Jahre 60 000 
Parteiamtsmänner nach den vertraulichen Richtlinien 
von Rosenberg und Ley über philosophische und reli- 
giöse Probleme zu schulen". 

12. In einem 14tägigen Schulungskurs Mitteldeutschlands im Sep- 
tember 1935 erklärte der Leiter unter anderem: „Der National- 
sozialismus ist eine Weltanschauung. Und diese Welt- 
anschauung ist zu finden in Rosenbergs 
»Mythus des 2 0. Jahrhunderts'." 

In mehreren dieser Schulungskurse erklärte der damalige 

Reichsführer des NS-Studentenbundes, Derichsweiler: 

„Die Zeit wird kommen, daß viele Parteimitglieder, die glaubten, für 
eine politischeBewegung gekämpft zu haben, enttäuscht merken 
werden, daß sie für eine neue Weltanschauung gekämpft 
hatten. Solche Leute müßten jetzt schon ihre Entscheidung treffen." 

Kein Wunder, wenn bei solcher amtlicher und parteiamtlicher 
Propaganda für Rosenbergs Ideen auf einem Schulungskurs für 
Bürgermeister in Oberbayern im Jahre 1936 tagelang auf der 
Schultafel des Vortragssaales zu lesen war und mehrmals auch 
als „Tischgebet" gesprochen wurde: 

„Lieber mit Rosenberg in die Hölle, 
als mit Faulhaber in den Himme 1." 

Kein Wunder, daß bei der Sonnwendfeier des Personals des 
Finanzamtes München-Nord am 22. Juni 1938 auf dem Frgimanner 
Sportplatz der Steuerinspektor M. H. vor dem Sprung über das 
Feuer eben diesen blasphemischen Spruch tat, dann freilich beim 
Sprung sich den Fuß brach und mit Auto vom Sportplatz weg- 
geschafft werden mußte. 

UndRosenbergs letztes Ziel? 

Er selbst offenbarte es auf der Reichskulturtagung 1938 mit den 
Worten: „Daß die katholische Kirche und mitihr die 

259 



e V a n g e 1 i s c h e B e k e n n t n.i s k i r. c he in der htutigen Form- 
gestaltung verschwinden müssen, darüber bin ich mir — 
und ich glaube das auch im Sinne unseres Führers 
sagen zu können — vollkommen klar." „Wir sind in der 
Durchsetzung der nationalsozialistischen Weltanschauung bereits 
bei der deutschen Jugend ein großes Stück weitergekommen. 
Die HJ ist ein Saugschwamm, dem niemand widerstehen kann. 

Weiterhin ist der Aufbau des Lehrplanes in 
allen Kategorien unserer Schule bereits derartig 
in antichristlichem, antijüdischem Sinn erfolgt, 
daß die aufwachsende Generation vor dem schweren Schwindel 
bewahrt bleibt. 

Wir haben aber noch ein Druckmittel, und das ist das finan- 
zielle. Wir werden hier behutsam, aber desto syste- 
matischer vorgehen, um dem nicht zu gewinnenden Klerus die 
finanzielle Ader zu durchschneiden." 

Rosenbergs Nachbeter. 

Rosenberg sprach durch, den Mund vieler. Man könnte wirk- 
lich Bände füllen mit Unterweisungen von Schulungsleitern und 
Propagandisten, die ganz auf Rosenbergs Ideen aufgebaut waren. 
Hier können nur einige Proben aus Schulungskursen verschiedener 
Art wiedergegeben werden: 

„Rosenberg" an den NSDStB. 

Bei einer weltanschaulichen Schulung des nationalsozialistischen 
deutschen Studenteribundes (NSDStB) im Jahre 1935 sprach in 
einem Vortrag über:. „Unser Blut — Unsere Welt- 
anschauung" Gau-Schulungsreferent S c h i n k e : 

„Der Führer hat auf dem Parteitag 1933 erklärt: Der Nationalsozia- 
lismus ist eine Weltanschauung. Diese Weltanschauung ist im Mythus 
des 20. Jahrhunderts von Rosenberg dargelegt. In den Lagern des 
NSDStB soll ein Stoßtrupp für Rosenberg zusammengeschweißt 
werden für den kommenden, voraussichtlich im Winter einsetzenden 
Kampf um die deutsche Seele, und zwar im Reiste und mit Willen des 
Führers: . 

Es gibt heute drei Weltanschauungen in Deutschland: die christ- 
liche, die marxistische imd die nationalsozialistische. Eine schließt die 
andere kompromißlos aus. Die germanische Frömmigkeit ist weiter 
nichts als eine Ehrfurchtsgeltung gegenüber den Gesetzen der Ger- 
manier und des Schönen." Die Menschen, die unseren Glauben nicht 
haben oder haben können wegen ihrer rassischen Minderwertigkeit, 
müssen ausgeschieden werden, was zum Teil bereits geschieht durch die 
Sterilisation, die man ruhig als Mord bezeichnen könne. Die national- 
sozialistische Weltanschauung ist nur für die germanische Rasse be- 
stimmt, nicht wie das Christentum für alle Rassen. 

Der Artikel 24 im Parteiprogramm besagt nur: „Positive Religio- 
sität". Da das Christentum die landesübliche Religiosität gewesen ist, 
ist der Verständlichkeit halber der Ausdruck Christentum gebraucht 
worden." 

260 



„Wir lehnen nicht nur die hundert verschiedenen Christentümer, 
sondern das Christentumansich ab. 

Für uns Nationalsozialisten gibt es nur eine Befehlsstelle, auch 
gegen Rom und Wittenberg." 

Das Wesentliche dieser Ausführung bestand aber darin, daß der 
Referent immer wieder betonte, daß das nicht seine Privatmeinung sei, 
sondern die offizielle Einstellung der Partei und des Führers. 

„Rosenberg" an Landjahrführer. 

Ein Teilnehmer an einem Schulungskurs für Landjahrführer 
berichtete darüber alsbald nach Ende desselben vertraulich: 

Sofort nach dem Eintreffen im Lager war eine Erklärung zu 
unterschreiben: 

1. Nichts aus dem Lager in die Öffentlichkeit zu bringen, 

2. Unbedingt und vorbehaltlos sich auf die Rosen- 
bergschen Richtlinien festzulegen — auf etwas Un- . 
bekanntes, dessen Inhalt und Bedeutung sich erst im Laufe der 
Schulung, und zwar ganz zuletzt vor der Fackel- und Flaggen- 
parade, ergab. 

3. Unbedingten Gehorsam dem Lagermeister, d6n Leitern und 
Helfern zu leisten. 

> . 

Aus dem Inhalt der rund 80, jeweils 15 Minuten dauernden 
Referate der Teilnehmer: 

' Nationalsozialismus ist eine Religion, geboren aus Blut und 
Rasse, nicht eine politische Weltanschauung. Sie ist die neue, allein 
wahreReligion, geboren aus nordischem Geiste und arischer Seele; 
die noch bestehenden Religionen müssen schnellstens ver- 
schwinden, bzw., wenn sie sich nicht selbst auflösen, voii Staats 
wegen beseitigt werden. § 24 ist nur ein eingefügter Köder für die 
Schwarzen aller Schattierungen, Nur ein vollständiger Idiot 
verläßt sich auf das Programm und das Konkordat mit 
Rom. Jedem Einsichtigen ist es klar, daß Nationalsozialismus und 
Kirche Todfeinde sind. Die Kirchen sind politische Institutionen und 
als solche, weil staatsfeindlich, auszurotten. 

Es gibt weder Gewissensfreiheit noch Lehr- noch D e n k - 
freiheit. Der Staat in seiner Totalität übernimmt die volle allei- 
nige Verantwortung für Lehre und Leben. Anderes Denken ist 
staatsfeindlich. Kritik in jeder Form ist vollständig verboten; 
weder an dem Führer noch an den Führern bis zum Blockwart her- 
unter, noch an deren Meinungs- und Willensäußerungen darf Kritik 
geübt werden. 

Alleinige Quellen sind: 

I.Für die religiöse Seite des Nationalsozialismus: Rosenbergs. 
Mythus. 

2. Für die politische: das nur bedingt gültige Parteiprogramm. 

3. Kulturelle und allgemeine Grundlage: einzig und 
allein Rosenbergs Nationalsozialismus; dieser ist die neue 
allein berechtigte Religion. Nicht Religionsdiener mit Hemmungen und 
Vorbehalten. 

Die Erziehung obliegt dem Staat allein. Kirchen- und andere An- 
sprüche sind ausgeschlossen. WA der Geburt wird cl«r Mensch Natior 

261 



nalsozialist, und mit der Geburt beginnen des Staates Rechte. Die Eltern 
sind nur Stellvertreter des Staates und nur bedingt zugelassen, solange 
sie die Gewähr für nationalsozialistische Erziehung bieten. Wegnahme 
der Kinder ist Recht des Staates. Jugend ist Träger der nationalsozia- 
listischen Geistesrevolution. Der Zusammenhang mit dem Herkommen 
muß restlos zerstört werden. Neue, ganz unerhörte, nie gekannte For- 
men! Kein Individual-, nur Gemeinschaftsrecht! 

Immer wieder: Wir sind einzig und allein Sozialisten mit unserer 
eigenen, aus Blut und Boden geborenen Weltanschauung. Die Arbeit 
allein entscheidet und nicht der Geist. Auf den legen wir keinen Wert. 

Es kann nur der Führer sein, der sich hemmungslos dem National- 
sozialismus hingibt und , als solcher arbeitet. Wer kritisch prüft, 
ist schon erledigt. Wer nicht alles Vorgetragene restlos zu lehren 
und zu leben bereit ist, muß gehen und schließt sich von selbst von allen 
staatsbürgerlichen Rechten für alle Zeiten aus. 

Der rechte Nationalsozialist muß mindestens SA-Mann sein. Nicht 
früh genug kann mit dieser Ausbildung begonnen werden. Wer aus 
körperlichen oder geistigen Gründen nicht mitmachen kann, muß sofort 
das Lager verlassen. Der Nationalsozialismus hat das Recht auf den 
ganzen Menschen. 

DerBesuch von Gottesdiensten artfremder, rassen- 
feindlicher, an orientalische Religion gebundener Konfessionen — katho- 
lisch oder protestantisch — ist deshalb verboten. 

Die orientalisch- jüdischen Lehren sind schuld: 1. am Untergang der 
nordischen Rasse, 2. an der Vernichtung Deutschlands, 3. am Aufstieg 
des Bolschewismus. 

Der Nationalsozialismus hat die Welt vor dem Untergang gerettet, 
nicht nur Deutschland. 

Wer der^ Totalität des Staates entgegenarbeitet, hat sein Aufent- 
haltsrecht verwirkt. Kein Konkordat kann ihn schützen; denn das Kon- 
kordat setzt die Allmacht des Staates voraus. Um nicht die Schwarzen 
und Rom gegen sich zu haben, bleibt § 24 des Programms vorläufig 
bestehen. Nationalsozialismus und Christentum sind Todfeinde. 

„Rosenberg" an Land Jahrerzieher 

Einen noch deutlicheren Einblick in den ganzen antichrist- 
lichen, rosenbergianischen Geist der „Führerkurse" gibt nach- 
folgender Bericht über den Führerkurs für Land- 
jahrerzieher inD., bei dem seinerzeit aus begreiflichen Grün- 
den die näheren Angaben über Ort und Öatum weggelassen werden 
mußten, der aber sonst alle Zeichen der Wahrheit in sich trägt. 

Chronologische Aufzeichnung über meine dort verbrachte Zeit 
vom . . . bis . . . 

Sonntag, den ... 

18 Uhr mußte alles im Lager sein. Einkleidung, Einteilung in Kame- 
° rädschaften und Zuweisung der Betten. Ich schlafe auf Stube . . . Die 
anderen Stuben haben interessante Namen: Wittekind, Alf red Rosenberg, 
Walter Darre, Frunsberg, Florian Geyer. Ich lese den Spruch: Schmeißt 
ihn raus, reines Haus muß ein Landsknecht haben. Aber die Sprache 
und der Ton waren bald anders als rein. 19 Uhr sind wir im Rittersaal 
versammelt. Vor dem Abendessen singen wir ein Lied, reichen uns die 
Hand mit dem Gruß: Heil! Nach dem Essen genau "dasselbe. Es spricht 
dann der Vertreter der Partei zu uns. Die Losung der vier Wochen wird 
bekanntgegeben: „Gelobt sei, was da hart macht." 80 Leute legen sich 

262 



um 9.15 zu Bett. Die schlechten Witze sind das Abend- 
gebet vieler, die meine Kameraden werden sollen. 11 Uhr nachts 
Alarm! Wir springen über Zäune, klettern über Mauern und liegen um 
12 Uhr endgültig in der Falle. 

Montag, den . . . • 

6 Uhr Aufstehen, Frühsport. Wir machen die erste Bekanntschaft 
mit Wasser, Morast. Harte Körperschule. Wir lernen das Bettebauen. 
Bis Mittag haben wir Arbeitsdienst, bestehend aus Roden und Dränage- 
arbeiten. Nachmittags Schulung. Thema: Das Landjahr, sein Erzieher 
und dessen Aufgaben. Die Jugend muß revolutionär erzogen werden, 
daß sie jedem, der anders will, in die Fresse schlägt. Der Erzieher muß 
Nationalsozialist sein und nicht irgendwelchen internationalen und pazi- 
fistischen Ideen anhängen oder nachjagen. Wir erziehen den Jungen 
zum wehrhaften deutschen Mann, der rassebewußt im Blut und Boden 
verwurzelt seinem Vaterland dient. In der Abendrunde werden Lebens- 
schicksale erzählt. Wir lernen das erste nationalsozialistische 
Abendgebet:' „Ein altes Weib gewesen, krank gewor- 
den, gestorben, in die Hö^e gekommen, wieder 'raus 
gekommen, warum?, wegen der Hit z." Das beteten Ka- 
meraden mit gefalteten Händen. Wir singen jedesmal vor 
und nach dem Essen ein Lied und begrüßen uns immer mit dem Gruß: 
„Heil!" Andere Gebete kennen wir nicht. Nur eines ist ims heilig, die 
Fahne. Jeder muß genügend Flaggensprüche kennen, um sie bei Hissung 
oder Herabnahme zu . deklamieren. .Erwünscht sind solche des Inhalts: 

„W irbeten nichtzudem, zu dem diePfaffenbeten, 
wir glauben, nur anuns selbst, anunsere Fahne, 
unsere Idee, unser Schwert. Wir glauben nur an 
D e u t s c h 1 a n d , a n s o n s t n i c h t s." 

Dienstag, den. .. 

Man darf im Lager alles, nur sich nicht i kriegen lassen. Das habe 
ich gleich am ersten Tage lernen müssen, als ich keine Bettbezüge hatte 
und mir der Lagerleiter sagte, ich solle sie mir nehmen, egal 
woher. Alles ist erlaubt. Wir kennen nur eine Sünde: 
die Feigheit! Nachmittags haben wir die ersten Ordnungsübungen. 
Wir lernen Lieder: Es pfeift von allen Dächern, das Niedersachsenlied! 
Schimpfkanonade auf Karl, den Sachsenschlächter. Wir verspotten 
diePfaffen. Wirmüssen unseren Jungen beibringen, 
alles, was schwarz ist, zu hassen. — Rom ist unser 
größter Feind. Wer mit Rom in Verbindung steht, muß 
auf der Flucht erschossen werden. Klausner wird er- 
schossen', weil er als Leiter derKatholischenAktion 
die LinieKöln — München — Rom aufstellte. Ich fange an 
zu begreifen, was hier gespielt wird, und mein Grundsatz ist von heute 
an, klug sein wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben. — Die 
Abendrunde- bringt weitere Lebensschicksale meiner Kameraden an den 
Tag. Wir kennen uns schon besser. Die meisten Kameraden sind HJ- 
Führer, SA- und SS-Führer. Ein Teil von ihnen ist alte Kampfgarde. 
Sie sind Schlosser, Maurer, Dreher, Chemiestudenten, Studienreferendare, 
Junglehrer, Bauern, Kauf leute, kurz, sie kommen aus allen Ständen. Dem- 
nach ist auch ihr Wissen, ihr Reden, ihr Wesen. Einige Kameraden be- 
kennen offen, daß sie einem katholischen Jugendpflegeverein angehörten. 
— Heute haben uns weitere 10 Kameraden verlassen. 

Mittwoch, den ... 

Schlechtes Wetter. Aber wir tun vollen Dienst. Mittags um 3 Uhr 
trifft der Landjahrführer N. N. ein. In seiner Begleitung Sturmführer N. 
Wir werden auf unsere Rassenzugehörigkeit untersucht. Wir gehen 10 
zu 10 Mann auf das Führerzimmer, natürlich nackt, denn es heißt ja 

263 



Nacktparade. Man beschaut jeden einzelnen. Ich muß einige Kehrt- 
wendungen machen und kann abtreten. Meine Rasse ist festgestellt. Ob 
ich wohl zur nordischen Rasse gezählt worden bin? — Nachmiitags ist 
Vortrag über Nationalsozialismus und Rasse. Der Redner ist zu Ende. 
Bravo, Trampeln mit den Füßen. Ich habe den Eindruck, der Mann ist 
ein Laie und hat Rosenberg gelesen und versteht es gut, Phrasen zu 
klopfen. Ich melde mich zu Wort. Wir dürfen als Nationalsozialisten 
kritisieren. Widerspruch hin und her. Ich werfe dem Redner Unkennt- 
nis der Sache vor. Man ersetzt jetzt das Nichtwissen durch Schimpfen 
über meinen Glauben. Unsere Bischöfe sind Schweine- 
hunde, Idioten, Volksverräter, Bas'tarde. Rom ist die 
einzige Schmach auf der Welt. Wie wohl tut der Schlaf nach 
des Tages Last! Aber ich schlafe nicht. Kann ich verantworten, daß ich 
noch länger hier bleibe? Darf ich noch länger schweigen zu diesem 
Treiben? Ich beiße die Zähne aufeinander und warte ab. Heute sind 
wir noch' 40 Kameraden. Morgen? Unser Lager ist das schönste 
Bienenhaus. 

Donnerstag, den ... 

Die körperliche Schulung bleibt wieder eisenhart. Das Liebste, was 
ich tue, bis an die Knöchel im Wasser stehen und Wassergräben ziehen. 
Nur nichts hören von nationalsozialistischer Schule. — Wie; froh war ich, 
als wir nachmittags wieder Lieder lernen, aber schnell ist die Herrlich- 
keit zu Ende. Wir sprechen über die katholische Jugend, 
die wir gewinnen müssen. Aber diese Schwarzen, die 
inüssen wir in die Fresse hauen, denn nur sie sind 
unsere Feinde. Hätte man doch diesen Affen mit dem 
Zylinder auf dem Kopf eine Handgranate anden Kopf 
geschleudert, daß sie alle krepiert wären! 

Freitag, den ... 

. Wer keine Achtung hat vor den Mitmenschen, kann auch keine für 
sich in Anspruch nehmen. Steillungsautorität kanini auch nicht allein 
zum Ziele führen, sie muß Persönlichkeitsautorität sein. Ich bin ein 
Intellektualferkel, das hier nicht gebraucht werden kann. Wir wer- 
den vor die Wahl gestellt, katholisch zu bleiben und 
zu gehen, oder Nationalsozialisten zu werden und zu 
bleiben. Frist bis Sonntag. Wir sprechen über die Jüdenfrage. 
Sehen ihren zahlenmäßigen Anteil an der Bevölkerung Deutschlands 
und den im krassen Gegensatz dazu stehenden Anteil an den Berufen. 
AUjuda beherrscht die Hochfinanz und das öffentliche Leben. Gegen 
das Judentum können wir uns schon offen wehren — 
gegen das Christentum nicht. — Wir sprechen über die 
Auswahl der Ju'ngens für das Landjahr. Sie werden vom 
Landjahrführer ausgewählt. Wir nehmen nur Jungens aus der 
Sturmschar, nur einen kleinen Teil aus der HJ. Die 
besten Kräfte stehen noch in der Sturmschar. Denn 
wenn wir so weitermachen in der HJ, dann sind wir in 4 Jahren kaputt. 
Deshalb müssen wir diese Jungens unbedingt haben. Die Abendstunde 
bringt uns heitere Heimatspiele und lustige Lieder. 

Samstag, den ... 

Wir haben in der vergangenen Nacht praktisch geübt, wie wir es 
mit unsteren Jungens zu machen haben. Nachts um 11 Uhr war Alarm. 
Nachtübung. Es wird uns gesagt, wir wollen nicht nur von Fronterleb- 
nissen reden, sondern es einmal praktisch im kleinen machen. Wir waten 
durch Morast, bis an die Knie, wir liegen platt im Wasser. Wir springen 
über Stacheldrahtzäune, Wassergräben, klettern über umgehauene Sträu- 
cher, Bäume. Unsere Führer machen alles mit. Wir sollen zu dem 
Heiligen beten, der dafür sorgt, daß wir keine nassen Füße be- 

264 



kommen, dann marschieren wir bis an die Knie im Wasser. Man fragt 
uns, ob wir keinen Heiligen wüßten, der uns die Füße wieder trocken 
werden lasse. — Wir sind müde um 3 Uhr im Schloßhof angekommen 
und springen, unsere Führer voran, ,in ,den 4 Meter tiefen Brunnen. 
Das Wasser stank entsetzlich, es wurde gesungen: Ich armes welsches 
Teufli. Wie Blei so schwer waren meine Glieder, als ich um 7 Uhr auf- 
stand. Eine Stunde zu Fuß liegt die Kirche vom Schloß entfernt. Um 
10 Uhr ist dort Messe. 9.30 antreten. Zwei Leute mel- 
den sich. Ich auch. Wir werden verhöhnt und verlacht. 
Die Kameraden singen Lieder des Inhalts: Man soll 
den Kirchen und Klöstern den roten Hahn aufs Dach 
setzen. Ich verteidige mich. Wenig Erfolg. — Nachmittags ist ver- 
schärfte Bettrühe. Ich mache Küchendienst. 

Montag, den ... 

Ich muß das Lager verlassen. Warum? Ich eigne 
michnichtalsLanderzieher. 

Man weiß: Ich bin katholisch. 

Beurteilung : 

Der Führerkurs, an dem ich teilnahm, war zugleich auch ein Aus- 
lesekursus. Die Auslese wird in zweifacher Hinsicht getrieben: 1. nach 
der körperlichen Seite hin, 2. nach der weltanschaulichen Seite hin. 
Ich mußte gehen, weil ich kein Nationalsozialist bin. Ob ich mein 
Vaterland liebe, weiß ich selbst am besten. Ich habe den Leuten der 
Abendrunde erzählt von den vielen Ordensschwestern, die im Kriege 
gefallen sind, die das EK I. und EK II. Kl. erhalten haben, daß die 
Studenten, die bei Langemarck fielen, zu 80 Prozent katholisch gewesen 
sind, daß mein Vater von 1914 bis 1918 im Felde war. — Aber als Katho- 
lik steht man hier auf verlorenem Posten. Der Führerkursus hat den 
Zweck, junge revolutionäre Erzieher auszubilden und sie mit den Metho- 
den bekanntzumachen, mit denen man eine Jugend heranzüchtet, die 
nur an ihr ewiges Deutschland glaubt, die sonst an nichts glaubt. Die 
Gegner gehen hierbei — ohne einen offenen Kulturkampf vom Zaune 
zu brechen — einen ganz bestimmten Weg. 

Der Landjahrführer N.N. sagte uns, er habe im ver- 
gangenen Jahr 60 Saarkinder in Erziehung gehabt. 
Diese seien nach drei Monaten noch katholisch ge- 
wesen, dann nicht mehr. Die Kinder werden nach ihrer Ent- 
lassung in die HJ eingegliedert, die besten werden in das nächste Land- 
jahr als Kameradschaftsführer einberufen. Das bleiben sie drei Jahre, 
kommen dann ein Jahr in RAD und ein Jahr in die Reichswehr. Dann' 
werden sie Landjahrerzieher; das bleiben sie vier oder fünf Jahre. Dann 
werden sie Versorgungsanwärter, d. h. sie werden als Lehrer bevorzugt 
eingesetzt in Volks- und Berufsschule. Zweck: Schon im frühesten 
Stadium der Erziehung den Grund für eine gute weltanschauliche 
Schulung zu schaffen. 

Preußen hat im vorigen Jahr 13 Millionen für das Landjahr aus- 
geworfen. Es hat einen großen Erfolg gehabt und ist darum auf das 
ganze Reich ausgedehnt worden. Man wartet also ruhig ab 
und ist nicht interessiert an der Lösung einer deut- 
schen Jugendfrage, das geht ja so viel einfacher. „So 
brechen wir das Konkorda t", sagte man uns. 

„Bosenberg" an des NS-Lehrer])und. 

Dr. Schott, München, 

hielt bei einem Schulungsabend des NS-Lehrerbundes am 15. Ok- 
tober 1934 einen Lichtbildervortrag über: 

Kreuz und Hakenkreuz 18 265 



„Der Gott des Alten und Neuen Testamente s." 

„Der Scheinheilige und der echte Heilige." 

„Kötergeschlecht und Göttergeschlecht." 

„Die Schule, wie wir sie wünschen und wie wir sie nicht 
wünschen," 

„Dämon und Lichtgestalt." 

„Despot und Landesvater." 

„Scheinpriester und echter Priester." 

„Der Jude und der Deutsche." 

Daß bei all diesen Gegenüberstellungen das Dunkle immer durch 
das Katholische, das Helle aber durch das Nationalsozialistische 
dargestellt wird, verwundert bei der weltanschaulichen Einstellung 
des Redners und bei, dem Zweck seines ganzen Vortrages nicht 
weiter. 

Auch Bauern und Jungbauern mußten in die Schule von Rosen- 
berg gehen; so z. B, sagten ihnen in Wasserburg a. I. im Jahre 1935 
Pg. König und Pg. Barbisch vor: „Der Nationalsozialist muß 
tief religiös sein, aber Rom lehnt er ab; denn durch Rom ist 
die germanische Rasse versklavt worden." „Wir knien uns nicht 
nieder vor dem Altar, wo das Erlöserblut geflossen ist, um da 
Verzeihung der Sünden zu erbeten, sondern wir stehen 
um unsem Altar, wo unser Erlöserblut, das Blut von 2 Millionen 
Kriegern und 400 Gefallenen der Partei, geflossen ist, stolz und 
stark, nicht wie die Devisenschieber und Dunkelmänner." 

„Rosenberg" an deutsche Frauen. 

a) Schulungskurs im Sommer 1936: 

„Eine andere Macht, die eine 2000jährige Tradition hat, faßt die Kin- 
der schon mit 8 Jahren, indem sie dieselben zum Tisch des Herrn schickt, 
das ist nicht recht! Die Kinder verstehen das in ihrem tiefsten Herzen 
nicht. Die Frauenschaft soll sorgen und wird sorgen, daß das in 
Zukunft nicht mehr geschehen darf. Der Nationalsozialismus ist dadurch 
klug geworden und erfaßt die Kinder schon mit 6 Jahren. — Wir haben 
2 Feinde: Den Bolschewismus und die politisierende Kirche, hinter all 
dem steht der Jude. — Dem Katholizismus ist es gleich, wer mitgeht, um 
seihe Macht zu erhalten, ob Jude, ob Kommunist. Rom kann niemals 
lieben und duldet auch nicht die nordische Rasse. Es will nicht, daß 
dieise Sieger wird. 

Die Kirche lehrt, das Kind kommt ohne Seele zur Welt und muß 
durch die Taufe erst die Seele bekommen (!). Wer die wahre Lehre 
der Kirche über diesen Punkt nicht kennt, kann zu dem Entschluß 
kommen, seine Kinder überhaupt nicht taufen zu lassen. Diesen Ent- 
schluß vertraute mir eine Kursgenossin, die bereits ein Kind erwartet, an. 

Der 3. Vortrag behandelte die Einstellung des NS zur Einführung 
des Christentums bei den alten Germanen. 

Die Machtbestrebungen Clodwigs und Karls des Großen waren nichts 
anderes, als die Kirche zur Macht zu bringen. Die Einführung des 
Christentums ist unserem deutschen Volk derartig fremd gewesen, und 
diese Fremde hat einen großen Teil abgestoßen, war aber auch unge- 

266 



heuerlich anziehend. Der schon damals von Rom eingeführte Prunk, das 
bloße Vorlesen der Evangelien (Lesen war den Germanen etwas Frem- 
des, noch dazu das Lesen in lateinischer Sprache), die Aufmachung mit 
Kerzen und Litaneien. Das alles war den Germanen ganz wesensfremd 
und gerade deswegen auch anziehend. Aber was sie nie begreifen woll- 
ten, das war der Gedanke an Gnade und Erlösung. Der Germane hat 
etwas Schlechtes nicht gelassen, weil es Sünde war, sondern weil es 
seinem Stamm gegenüber schlecht war. Also mußte zuerst der Begriff 
Sünde gebracht werden, daraus Erlösung und Gnade. Wenn wir unsere 
jungen Mädel wieder soweit bringen, daß sie aus einer inneren Verant^ 
w Ortung heraus ihren Weg gehen, dann sind wir wieder zurückgekehrt 
zur Auffassung der damaligen Zeit. — Viele sagen, daß die Frau erst 
durch das Christentum das wurde, was sie sein soll, vergessen aber, daß 
ein Marienkult eingeführt werden mußte, um die Stellung der Frau 
überhaupt zu heben. Die Stellung der Frau hat in der vorhergehenden 
Zeit so gelitten, daß dieser Marienkult nötig war. Das soll nicht heißen, 
daß es den Marienkült vorher nicht gegeben hat, aber all das, was drum 
rum gemacht wurde, daß die Maria Jungfrau war, das ist sehr spät 
eingeführt worden. 

Die Einführung des Christentums hat verschiedenes gebracht, was 
uns heute noch bis in die Seele bewegt, daß so etwas möglich war, die 
Hexen Verbrennung. 

Thomas von Aquin hat sich mit einigen Jesuiten, die sich 
schon damals bildeten, zusammengeschlossen. Es waren entweder Aske- 
ten, die jedes natürliche Gefühl der Frau gegenüber verloren hatten, 
oder es waren Schweinehunde, die den ,Hexenhammer' geschrieben 
haben. Es^ steht fest, daß Zweidrittel der gesamten- Verbrennungen an 
Frauen vorgenommen worden sind zwischen 25 und 35 Jahren. Da 
wird uns eines klar, daß damals schon eine Methode eingeführt worden 
ist, und zwar die Methode, ein Volk im Grunde auszurotten und zu ver- 
nichten. Und was am meisten wundert, ist, wie die Männer dazu stan- 
den. Nur so begreifen wir, daß die Kreuzzüge waren und dadurch 
die besten Männer fortzogen. Nun waren die Frauen mit den Kindern 
allein, und sie hatten freie Hand. Wenn wir nach Mainz kommen in die 
Wohnung des Bischofs, da ist eine kleine Luke und anschließend dip 
Folterkammer der Hexenverbrennung. 

Die Kreuzzüge sollten ursprünglich dazu dienen, das Heilige Grab 
von den Türken freizuhalten, und wir haben auch dazu eine bestimmte 
Auffassung. Die Männer in dieser Zeit glaubten etwas Großes und Heili- 
ges zu leisten, denn sonst wären diese deutschen Männer überhaupt 
nicht dazu zu bewegen gewesen, Haus und Hof im Stich zu lassen. Wenn 
wir es heute objektiv ansehen, unci wenn Christus dieser große Mann 
ist, dann müssen wir uns in einer tieferen Gläubigkeit sagen, daß es 
diesem Mann gar nichts gemacht hätte, wenn sein Grab in die Hände 
der Türken gefallen wäre. Es waren darin nur noch einige Knochen (!!!), 
die mit der Person Christi überhaupt keine Beziehung mehr hatten. — 
Und wie viele sind da wieder umgekommen vom guten deutschen Volk, 
dem Rom methodisch den Garaus machen wollte! Der größte Wahnsinn 
aber begann mit den Kinder-Kreuzzügen. Der dann die Kinder-Kreuz- 
züge verhüten wollte, ist vom Papst hingerichtet worden. 

Der Vatikan als politische Macht: 

Die Papstidee fußt auf der Auffassung, daß der Papst der einzige 
Herrscher und die Kirche die einzige Macht sei. Mit dem Dogma der 
Unfehlbarkeit war die Diktatur des Papsttums gesichert. Das Unfehl- 
barkeitsdogma ist die Grundlage der modernen vatikanischen Politik. 
Wer es ableugnet, ist ein Ketzer. Alle Staaten sind aus dem Wellkrieg 
schwer erschüttert hervorgegangen, nur der Vatikan erlebte einen Auf- 
schwung. Es waren nun zwei Ziele erreicht: Die romabträgliche Mon- 

267 



archie jn. Deutschland beseitigt und der russische Cäsaropapismus, die 
Stütze der orthodoxen Kirche, durch die bolschewistische Revolution 
vernichtet. 

Wenn es um seine Machtseele geht, kennt der Vatikan keine Hem-^ 
mungen. Der Vatikan schmiedet die letzten großen Klammern um 
Deutschland. Der politische Einfluß des Vatikans geschieht meist auf 
religiöser Grundlage. Die Beichte ist für den Staat ein völlig Un- 
kontrollierbares Einflußmittel der Kirche. Auch Kranken häuser usw. 
sind Einflußmittel auf das Volk. — Die Armee des Vatikans besteht in 
der römischen Priesterherrschaft. Zahlen darüber erzählen mehr über 
den Angriffsplan. 

Christ k ö nigsherrscha f t, hinter dieser mystischen Bezeich- 
nung verbirgt sich die Weltherrschaft des Vatikans." 

b) Schulungst agung des deutschen Frauenwerkes 
Gau Pommern in Stettin vom 28. November 1936. 

Teilnehmerinnen: Kreis-Fräuenschaftsleiterinnen, Mütterschulungs- 
leiterinnen, Organisationsleiterinnen usw. 

Notizen über den Vortrag sind nicht erwünscht; das wurde beson- 
ders hervorgehoben. 

Alle Rednerinnen zeichnen sich durch außerordentliche geistige und 
rednerische Gewandtheit aus. Die Hauptsache der Schulung>.war: Welt- 
anschauliche Durchbildung: Nachfolgender Vortrag war pro- 
grammäßig nicht vorgesehen und auch nicht angekündigt. 

1. Rednerin : 600 000 Brävite und Mütter sind durch die Mütter- 
schulung gegangen. Mütter Schulung ist das Instrument 
zur Verbreitung der neuen Weltans'chauung; denn 
über die Frau geht der Weg zur Familie und vonder 
Familie ins Volk. Der Frau gegenüber muß die Weltanschauung 
verstärkt getrieben werden. An jede Frau, ohne Unterschied der sozialen 
Schichtung, muß herangetreterP werden. Kochen lernen und Koch- 
rezepte verteilen müssen wir als T r ickanwenden, um 
d i e M e n s c h e n h e r a n z u z i e h e n. 

2. Rednerin: Gaufrauenschaftsf. Traber-Stettin: 

In allen Orten muß von jetzt ab alle 6 — 8 Wochen eine Versammlung 
des Frauenwerkes stattfinden. Und diese Versammlung dient der welt- 
anschaulichen Schulung.^. Frauen, die noch außen stehen, müs- 
sen noch besonders eingeladen werden, Sie betonte dann: Die beiden 
Dinge miteinander vertragen sich nicht: Bindung an die Kirche 
und unsere Arbeit. Wer in unserer Arbeit, steht, muß sich ent- 
scheiden. Es ist uns gesagt worden: Die „Heidin" Fabes ist aus der 
Kirche ausgetreten. Ich bemerke dazu: Ich trete noch nicht aus der 
Kirche aus, obwohl ich innerlich weiß, wie ich stehe. Ich trete'erst 
aus, wenn alle Frauen wissen und mich verstehen, 
warum ich austrete. — Die Hauptsache ist bei uns nicht die 
Leistung, sondern die Gesinnung. Menschen, denen wir gesinnungsmäßig 
nicht trauen können, können wir auch nicht brauchen. In die Führung 
gehören nur solche Frauen, die eine zuverlässige Gesinnung haben, für 
die es kein Wenn und Aber gibt. Mit Frauen, dienoch dauernd 
in die Kirche rennen und Bedenken haben, mußauf- 
g e r ä um t werden. „Lügner" können wir nicht brauchen! Die Red- 
nerin f-ührte aus, sie habe sehr viel Geduld und Nachsicht mit solchen, 
die sich Mühe geben. Aber einmal müssen auch diese zur Entscheidung 
kommen. Und wenn eine Mitarbeiterin die neue Welt- 
anschauung nicht begreifen kann, dann mußsie ab- 
treten. Freilich, viele fühlen sich vor den Kopf gestoßen und sagen, 
daß doch früher davon nie die Rede war. Früher kämpfte man 

268 



um die Macht' und jetzt um die Seele. Die AmtsWalterinneri 
müssen bei den Frauen durch beständige Schulung vorbereiten, damit 
die alte Weltanschauung von selbst abstirbt. Es darf keine auf- 
gefordert werden, aus der Kirche auszutreten. Die Rednerin betonte 
dann, daß vom Gau (im Einverständnis von Frau Scholz-Klink) Unter- 
lagen gielief ert werden zu Adventfeiern, d. h. Vorweihnachtsfeiern. 
Wenn einzelne sieh wundern sollten, daß nicht mehr von Jesus 
die Rede ist, müssen sie aufgeklärt werden: Dieser und ähnliche 
Namen werden bei unseren Festen nicht mehr gewünscht. 

Dem Vortrag folgte ein langanhaltender Beifall, 

Auf die Anfrage, ob von diesen Mitteilungen den Mitgliedern gegen- 
über Gebrauch gemacht werden dürfe, wurde erklärt: Unter keinen 
Umständen dürfe diese Weisung weitergegeben wer- 
den. Nur sie selbst sollen daraus lernen und klug vorangehen. 

Auch das ländliche Jahr, das Hauptwirtschaftsjahr und die Haus- 
wirtschaftslehre wurden behandelt. Bei Auswahl der Hauswirtschafts- 
stellen sei man darauf bedacht, daß die Mädels nur an solche Familien 
kommen, in denen sie auch weltanschaulich von dem Alten 
weggebracht werden. Das deutsche Frauenwerk und die NS- 
Frauenschaft muß sich um diese Mädels kümmern und sie . an sich 
ziehen. Der Totalitätsanspruch, der aus dem Glauben durch die Kirche 
gestellt wird, ist uns hinderlich. An seine Stelle tritt der To t ali t ä t s- 
a n s p r u c h d e s S t a a t e s. 

Zum Schluß betonte die Rednerin noch einmal, daß sie nicht so 
offen gesprochen hätte, wenn es nicht Frau Scholz-Klink gewünscht 
hätte. Der Gedanke, daß die Ki n d e r d e n Eltern gehören, 
ist falsch. Die Kinder gehören ebenso den Kindern und damit der 
Hitlerjugend. Die Eltern sollen mit Fragen der Neuzeit nicht an die 
Kinder herantreten, sondern bei den Kindern eigene Ansicht wachsen 
lassen ...» . 

Wir stehen in weltanschaulicher Verteidigung und nicht mehr in 
politischer und wirtschaftlicher. ' 

Bei den Sondertagungen der nächsten Tage erzählte eine Frau, tfaß 
in einem Sehulungslager die anwesenden Katholikinnen jeden Morgen 
um 7 Uhr in die Kirche gingen. Darauf wurde der Beginn der Vorträge 
auf 7 Uhr festgesetzt. Dann gingen sie schon um 5 Uhr. Daraufhin 
w^ußte der Schulungsleiter sich nicht mehr zu helfen. Er überläßt es der 
Zeit, auch diese Menschen zu bilden. 

„Rosenberg" an die HJ 

a) K r e i s 1 e i t e r F r i t s c h, F r e i b u r g i. B r., 

trug der HJ Christentums- und kirchenfeindliche Rosenbergideen 
vor mit Worten wie: 

„Die katholischen Menschen können ohne den Segen , des Priesters 
nicht leben . . . Überall hat eben der Priester seine Hand im Spiele, und 
die dummen Menschen glauben dies alles. Aber auch alles, was der 
Priester auf der Kanzel sagt, glauben sie, und wenn es der größte 
Mist ist." . . 

„Die Christen sehen in dem Priester etwas Heiliges, weil sie geweiht 
sind. Wir Nationalsozialisten brauchen keine Weihe. Unsere Weihe ist 
die Persönlichkeit, der Charakler des Menschen." 

„Ebenso blödsinnig wie dieses sind die Dogmen. Wir brauchen 
keine Dogmen." 

„Als der Führer jetzt nach Rom kam, glaubte der Papst, daß ihn 
Adolf Hitler besuchen würde. Aber er wartete vergebens, und zwei 

269 



Tränen rollten ihm deshalb über die ' Wangen. Wenn der gute Herr 
heute noch glaubt, daß Adolf Hitler ihn besuchen würde, dann ist der 
Papst 100 Jahre zu spät auf der Welt." 

„Die Kirche wird ganz bestimmt untergehen, und wenn es auch nicht 
in den nächsten 50 Jahren ist; aber eines Tages wird die Stunde kom- 
men, wo nicht mehr das christliche Glaubensbekenntnis gepredigt wird, 
sondern wo man erkannt hat, daß wir in Adolf Hitler die Vorsehung 
des allmächtigen Gottes sehen." 

„Wenn ihr von all dem etwas mitnehmt, dann soll es sein, daß ihr 
euch die Frage vorlegt, ob ihr wirkliche Soldaten des Führers sein oder 
der Kirche treu bleiben wollt. Bedenkt, daß heute tagtäglich Kirchen- 
austritte zu verzeichnen sind. Es sind wirkliche Männer mit Kraft und 
Mut, die ohne innere Schwierigkeiten der Kirche den Rücken kehren 
und sich als Soldaten des Führers zeigen." 

b) Am 13. April 1934 leistete sich ein SS-Sturmführer, der in 
Regensburg in der Jugendführung eine besondere Rolle spielen 
wollte, bei Jugendlichen folgende Ausführungen: 

Den „wirklichen Soldaten des Führers" zeichnet der Schau- 
kastendienst der HJ, Gebiet Oberland, Nr. 1 vjom November 1933, 
mit den Worten: 

„Junge Deutsche haben im Jahre 1914 die Bibel mitsamt der Gram- 
matik in den Winkel geworfen und das Gewehr gepackt, haben in Flan- 
dern nicht mit der Bibel, sondern mit dem Bajonett das Vaterland ver- 
teidigt." 

e) Ein SS-Sturm führer aus Thüringen 

glaubte am 13. April 1934 in Regensburg versichern zu können:* 

„In zehn Jahren gibt es keinen Katholizismus und keinen Protestan- 
tismus mehr. 

Rosenberg hat recht, wenn er sagt, der Christusgedanke sei nach 
2000 Jahren überlebt. Die weltanschauliche Schulung der HJ wird so 
durchgeführt, daß in zehn Jahren die neue Religion fertig ist. In der 
Zwischenzeit wird die HJ die Klostermauern stürmen; sie sind ja nicht 
hoch, und die SA und die SS stehen dahinter. Wehe, wenn ihnen von 
den Schwarzen ein Haar gekrümmt wird! . . . Die Jugend gehört und 
bleibt uns. Hitler will nur eine Einheitsreligion, und die kommt!" 

d) Der Leiter eines HJ-Führerkurses 

in Andelsbuch bei Bregenz im Dezember 1940 stieg in Ausdruck 
und Inhalt noch tiefer. Zu 42 Jugendlichen von 11 bis 19 Jahren 
sprach er zunächst stundenlang über weltanschauliche 
Fragen: Der Papst sei ein Erzgauner, die Bischöfe Gauner. Genau 
so heute, wie einst im Mittelalter! Nach dem Kriege wird mit 
diesen Gaunern aufgeräumt. 

Dann gab er ausführliche Aufklärung über sexuelle Fragen. 
Insbesonders zeigte er in einem Film die Entwicklung des Kindes 
im Mutterschoß, dann äußerte er sich über die Selbstbefleckung in 
einer Weise, daß man auch jetzt noch geradezu erschaudert an- 
gesichts der Gefahr, in welcher unsere deutsche Jugend in den 
Händen solcher Jugendführer war: „Ein Mann kann ohne Selbst- 
befleckung nicht leben. Infolgedessen verlange ich auch von euch 

270 



nicht, daß ihr euch der Selbstbefleckung enthaltet. Im Gegenteil: 
Ihr sollt sie sogar üben Nur nicht dreimal am Tag, weil das ein 
Übermaß wäre." Gewarnt wurde vor gleichgeschlechtlichen Ver- 
gehen unter Androhung strenger Strafen. 

In dem Bericht eines Teilnehmers dieses Kurses wird gesagt, 
daß die Jugendlichen nach diesen Ausführungen ihres Führers sich 
dahin geeinigt hätten, die Selbstbefleckung zweimal im Tage zu 
üben. 

Wer ist schuld an den „Rosenbergiaden" all dieser national- 
sozialistischen Lehrkurse? 

Nach Darstellung sicher erwiesener christentumsfeindlicher 
Ausführungen auf verschiedenen nationalsozialistischen Lehrkursen 
in einer Note vom 14. Mai 1934 fragt der Hl. Stuhl unter Punkf V: 

„Wenn in den erzieherischen Institutionen, für die der Staat 
auf einen Beitrittszwang hinarbeitet, ein solcher Geist gepflegt 
wird, wenn die hier beispielsweise mitgeteilten Dokumente und 
Berichte zeigen, wie manche Führer in solchen Staatsinstitutionen 
in Wirklichkeit vorgehen, dann ist der Hl. Stuhl wohl berechtigt, 
folgende Fragen auf zu werfen: 

Gibt es zentrale Anweisungen für die Gestaltung dieser Kurse? 

Sind in diesen Anweisungen Winke oder Anleitungen enthalten, 
wie die in das Grenzgebiet von Kirche und Staat fallenden Fragen 
bzw. die religiösen Fragen selbst zu behandeln sind?, 

Wenn ja, wie lauten diese Anweisungen? 

Wenn, was vorausgesetzt sein mag, diese zentralen Anweisungen 
einwandfrei sind, wie erklärt sich dann, daß in so offener und be- 
denkenloser Form darüber hinweggegangen wird? 

Wie kommen die Leiter solcher Kurse zu der Überzeugung, mit 
der, von ihnen gewählten Gestaltung eines staatlich verordneten 
Kurses den Intentionen einer Regierung zu entsprechen, die nach 
Ausweis des Konkordatstextes von dem Wunsche geleitet ist, „die 
zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich bestehenden 
freundschaftlichen Beziehungen zu festigen und zu fördern"? 

Wie gedenkt die Reichsregierung die wiederholten mündlichen 
und schriftlichen Versicherungen, daß das Rosenbergsche 
Buch eine Privatarbeit sei, für die sie jede Verantwortung 
ablehne, mit der Tatsache in Einklang zu bringen, daß allseits, 
unter Ausnutzung parteiamtlichen und staatlichen Druckes, dieses 
Buch an die Jugend herangebracht und ihr als Leitfaden national- 
sozialistischer Weltanschauung eingeprägt wird? 

Was beabsichtigt die Reichsregierung zu tun, um diesem Miß- 
brauch staatlicher Autorität und diesem organisierten Gewissens- 
druck ein Ende zu machen?" 

271 



Bosenbergs Nachschreiber. 

Rosenberg sprach nicht bloß durch vieler Mund, er 
schrieb auch mit vieler Hand. Als Beispiel ein Auszug aus 
dem Buch: „Reich und Religion" von Dr. Hompf . Verlag für 
nationalsozialistischesSchrifttum, Stuttgart. 

„Zurück zu den germanischen Vätern, zurück zu den deut- 
schen Müttern und ihrer naturhaft wahren Religion. Was 
kümmern wir uns um das frivole Spötteln der Römlinge, daß ,wir wie- 
der zum Wotans- und Baidurkult zurückkehrten.' Als ob diese Wirklich- 
keitsanerkennung eines Odin, Baldur, Donar nicht sinnigere und wür- 
digere Religionsformen waren, als wenn heute den geistig entmannten 
Deutschen in Trier ein alter Judenrock oder in Aachen die angeb- 
lichen Windeln Jesu oder der Unterrock Marions zur Ver- 
ehrung angeboten wird! 

•Wollen wir Deutsche im Dritten Reich wie unvernünftige Schafe 
einem welschen Hirten folgen, der uns mit orientalischen 
Märchen abspeist, der uns jüdische Vorbilder aufrichtet und das Len- 
dentuch des gekreuzigten Juden-Messias zur Verehrung vorsetzen läßt! 
Germania, verhülle in Scham dein Haupt vor solchem Götzendienst! Das 
erdumspannende Ungeheuer, die Midgardschlange Katholizis- 
mus hat so manchen deutschen Helden mit ihrem Gifthauche getötet, 
aber unter des deutschen Thonars Hammerschlägen ist sie selbst er- 
schlagen hinabgesunken. 

Moses, der die Sagen Afrikas und Asiens aus Priestermunde 
kannte, stellte zum Sammelpunkt seiner dienstmüden Judenschaft einen 
eigenen Nationalgott auf, einen Gott, den er als Rettergott am 
Berge Sinai vorfand, schrieb ihm die ganze Welt und Menschen- 
schöpfung zu und erklärte ihn zum Vater, Führer, Förderer und Ver- 
flucher seines Volkes Israel. 

Wenn wir aber nun mit unserem Dritten Reich den vollkommensten 
Staat anstreben, so ist dieser doch wohl am sichersten und dauerhafte- 
sten begründet durch vollgültige einheits-religiöse Volksgenossen. In 
einem 20-Jahres-Pian sind alle Geistlichen Lehrer des Volkes geworden. 
Eine strenge Staatskontrolle wird jeden Versuch, unser Volk durch eine 
internationale Kirchenlehre zu beunruhigen und unsere Volksgenossen 
zu entwurzeln, im Keime vernichten. 

Wandelnde Leichname sind alle jene Mönche und Nonnen, 
die Rom den Kadavergehorsam geschworen. Sie sind bis in die 
Seele entdeutscht, entwurzelt, religiös vernichtet. 
Wir dürfen die kirchlich-klösterlichen Zwangsbur- 
Sen nicht mehr im Vaterlande dulden, dürfen nicht lässig 
zusehen, wie man Zehntausende unserer Jünglinge und Jungfrauen see- 
lisch verführt, ihnen die deutsche Seele stiehlt und ihnen die naturhaft 
heilige Gemeinschaftsreligion raubt. Alle Sekten und Kirchen sind im 
DBFE aufgehoben. Es gibt nur mehr ein Reich, eine Religion und 
einen Bund mit der reichsministeriellen Spitze. 

Unser unbeugsamer Wille zur Volkswerdung lautet: Durch 
deutsche Einheitsreligion zum Deutschen Einheits- 
staat, zum großen Dritten Deutschen Reich, zum freien Volke auf 
freiem Grunde! 

Sucht man, genötigt durch die christlichen Kulturbeschwörer, bei 
Jesus nach seinen kulturellen Eigenschaften und 
Le i s t u n g e n, so lassen sich solche beim besten Willen nicht ent- 
decken, eher stößt man auf das Gegenteil. Hat er denn die Wissen- 
schaft gepflegt, die Kunst, die Philosophie? Konnte er sich etwa 
mit einem Plato oder Aristoteles messen? Hat er sich 

272 



um Landbau oder vtm sonstige Tätigkeit gekümmert? Nichts von alle- 
dem. Also mit der christlichen Kultur in der Person des jüdischen 
Wanderpredigers ist's nichts. Auch bei seinen Schülern und 
Aposteln suchen wir sie vergebens. Waren sie doch gerade wegen ihrer 
Kulturgeringschätzung bei den Kulturträgern ihrer Zeit selbst gering 
geschätzt." 

Die deutsche Turne rschaft marschiert auch 
hinter Rosenb er g 

Als Beispiel dafür, wie der Kampf gegen Christentum und 
Kirche auch auf Gebieten, wo man es normalerweise nicht er- 
warten möchte, geführt wurde, seien ein paar Auszüge aus der 
„Deutschkunde" des Dietwarts der deutsch e n Turner- 
schaft, Kurt Münch (Wilhelm-Limpert- Verlag, Berlin 1934), 
wiedergegeben: 

Deutschkunde 

herausgegeben 
vom Dietwart der deutschen Turnerschaft: Kurt Münch, 1934. 

Wilhelm-Limpert- Verlag, Berlin SW68. 

Seite 116: „Glaube und Wesen der Germanen." 

Seite 120: „Romkirche erstrebt geistige Unterjochung." 

Seite 126/131: „Die überstaatlichen und übervölkischen, volkstum- 
feindlichen Mächte im Völkerleben." 

Seite 160: „Rompolitische Einflüsse in Österreich." 

Seite 175: „Römische, stammesfremde Hierarchie ist abträglich." 

Seite 190: „Durch die überstaatliche, erst kaiserliche, dann kirch- 
liche Rommacht wurde uns mit List und Trug, Schwert und Scheiter- 
haufen, Fremdes aufgezwungen." 

Seite 196: „Das römische Kirchentum knechtete den freien Geist, als 
es die Leibesübungen als Erfindungen des Teufels verbot." 

Seite 198: „Jahn selbst ist uns Beispiel, wie (innerlich aufgefaßt) 
Turnen zur Geistesfreiheit erzieht, und daß es unturnerisch ist, das 
Jahnsche Turnen mit religiösen Satzungen irgendeines Kirchentums zu 
verquicken." — „Geistesfreiheit verträgt sich auch nicht mit der Starr- 
gläubigkeit (Orthodoxie)." 

Seite 199; „Die Geistesfreiheit wird von den zivilvölkischen Mächten 
bedroht, so von jenem Teil der Kirche, der die politische Prie- 
sterschaft, von dem Judentum, das die wirtschaftliche 
Weltherrschaft, und von der Sozialdemokratie, die die Herr- 
schaft des Prolet.ariats anstrebt. Das politische Kirchentum arbeitet 
unter dem Schutze der Religion mit dem Glaubens- und Gewissens- 
zwang, früher auch mit körperlicher Verfolgung (Inquisition, Hexen- 
prozesse usw.), das Judentum mit der Zersetzung des Geisteslebens und 
dem geldlichen Einfluß, die Sozialdemokratie mit den Mitteln der 
Gewalt." 

Seite 102/2: „Die ersten Christen, nicht ihrer religiösen An- 
schauungen wegen verfolgt." 

Seite 203/10: Ketzerverfolgungen. — Kirchengeschichte nach Rosen- 
berg. 

Seite 215: Christentum und Judentum. 

Seite 221/23: Der Kampf Deutschlands gegen Rom. Los-von-Rom- 
Bewegung. 

Seite 226: „Es kann kein für alle Menschen gleiches Sitten- 
gut sein, so wenig als diese (alle Menschen) sich gleich sind." 

273 



Seite 263: Judentum: „Diese Engherzigkeit und Selbstüberschätzung 
zeigt sich in allen Äußerungen des jüdischen Lebens. Von ihrem eng-^ 
herzigen Gottestaegrifl, wohl der traurigste, der je aufgestellt wurde, bis 
zur vernagelten Unduldsamkeit und Überhebüng gegen alles Nicht- 
jüdische." 

Seite 278/80: Karl der Franke. 

Seite 281/88: Deutsche Geschichte unter der Devise: Rom ist der 
Feind. 

Wie die Widmung des beiliegenden Buches zeigt, wurde dasselbe 
auch Jugendlichen gegeben. 

Ob alt oder neu, ob Schund oder Schmutz, 
willkommen, v^renn's hilft im Kampf gegen Kirche, 

Priesterund Orden! 

Als geistesverwandt mit Rosenberg und wertvoll im Kampf 
gegen Christentum, Kirche und Priester durften in Deutschland 
unter den schützenden Flügeln der Prüfungsstelle der Reichsschrift- 
tumskammer alte und neue Bücher zweifelhafter Verfasser und 
sehr minderer Qualität flutartig anschwellen, wie die Auflagen- 
ziffern einiger derselben im Jahre 1938/39 zeigen. 

Otto von Corvin: Pfaffenspiegel (November 1938): 2000000 

Otto von Corvin: Die Geißler: 500 000 

Das „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel" empfahl den 
„Pfaffenspiegel" in marktschreierischer Reklame unter Hinweis darauf, 
daß seine weiteste Verbreitung im Interesse der politischen und geisti- 
gen Ziele des Nationalsozialismus und für sein rechtes Verständnis der 
deutschnationalen Bewegung wünschenswert sei. 

B. Emil K o e n i g : Hexenproz^sse: 230 000 

K. Revetzlow: Der Priester und die Frau im Beicht- 
stuhl (7. Auflage): 20 000 

A ß m u s Burghardt: Jesuitenspiegel: Interessante Beiträge 
zur Naturgeschichte der Jesuiten: 60 000 

Aßmus B.: Das Schicksal von Nonnen. Interessante Ent- 
hüllungen aus Kloster akten: 

Aßmus B.: Klosterleben. Enthüllungen über die Sitten- 
verderbnis in den Klöstern: 

E. u. M. Ludendorff: Geheime Ziele und Macht 
der Jesuiten: 

E. u. M. Ludendorff: Die Bibel nicht Gottes Wort: 

E. u. M. Ludendorff: Erlösung von Jesus Christus: 

G r i e s e Frz.: Ein Priester ruft: Los von Rom und Christus: 

G r i e s e Frz.: Der große Irrtum des Christentums, nach- 
gewiesen durch einen Priester: 

L o e h d e : Der Papst amüsiert sich: 

Gottschling: 2 Jahre hinter Klosterrhauern (Mit dem 
Preis der Universität Jena „für Kunst und Literatur" 
ausgezeichnet): 

R u g e 1 : Ein Trappist bricht das Schweigen: 

274 



80 000 


115 000 


50 000 


290 000 


52 000 


32 000 


21 000 


17 000 


42 000 


60 000 



All diese und viele andere gleich christentumsfeindliche, lite- 
rarisch und geschichtlich und theologisch minderwertige Bücher 
und Pamphlete fanden das „Plazet" der Prüfungsstelle der Reichs- 
schrifttumskammer und die kräftigste Unterstützung der National- 
sozialistischen Partei, ihrer Gliederungen und ihrer Presse. 

Rosenbergs Wochenkanzel bei der SS 

Hitlers Leibgarde mußte natürlicherweise „weltanschaulich** 
am meisten gefestigt werden. Ihr, wurden Rosenbergs Ideen all- 
wöchentlich in Himmlers Leibblatt: „Das Schwarze Korps" aus- 
giebig gepredigt. 

Es tobte darin ein ununterbrochener, zäher Kampf gegen das 
Christentum. Zur Veranschaulichung bloß die Titel antichristlicher 
und antikirchlicher Artikel einer einzigen Nummer des „Schwar- 
zen Korps" (vom ^. Dezember 1936, aus dem Englischen rücküber- 
setzt): 

1. Klerikaler Kampf gegen die nationale Einheit (gegen ein Schrift- 
chen von P. Kassiepe über „religiöse Mischehen"). 

2. Parasiten der Nachkriegszeit (gegen katholische Orden). 

3. Schwärzeste Hintertreppenmoral (gegen katholische Staats- und 
Steuer lehre). 

4. Katholische Eisenbahner (Spott auf kirchliche Persönlichkeiten). 

5. Gedicht: St. Leonhardskapelle. 

6. Das Versagen des Christentums und der Sieg der Deutschen Natur- 
verehrung. 

7. „Was eine Frau vor 220 Jahren schrieb" (gegen die Jungfräulichkeit 
der- Nonnen). 

8. Wie Schwester Lioba Millionen hinausschmuggelte. 

9. „Oh Du mein Österreich! (Bild: Ein Geistlicher segnet den Galgen. 
Darunter das Wort: „Der Zweck heiligt die schwärzesten Mittel". 

10. Volksfeinde: Eine Bilderreihe von Priestern, Nonnen und Bischöfen. 

11. Segnung eines italienischen Tanks durch einen Priester. 

12. „Seelenbad" (Spott auf ein frommes Flugblatt, angeblich gefunden 
in einem Eisenbahnkabinett). 

Rosenberg als „Rattenfänger von Hameln" 

HJ läuft und pfeift ihm nach. 

Die HJ wollte im Kampf gegen das Christentum hinter der 
SS nicht zurückbleiben. -Beispielsweise enthält das Winterschulungs- 
programm einer HJ-Gaugruppe im Jahre 1936/37 folgende Skizzen 
für Unterricht über Rom: 

„Die Kirche verantwortlich für die Zerstörung Deutschlands im Dreißig- 
jährigen Krieg. 

Katholische Aktion als Fortsetzung politischer Parteien. 

Die Mittel, mit denen Völker durch Rom in Unterwürfigkeit gehalten 

werden: Beicht, Lehre vom Himmel, vom Lohn im Leben nach dem 

Tode, Lehre von der Hölle. 

Die brutalen Methoden, mit denen das Christentum nach Deutschland 
gebracht wurde. 

275 



Die Orden der katholischen Kirche naturwidrig. 

Der Generalstab von Rom: Die Jesuiten, 

Rom tmd Bolschewismus. 

Schlußfolgerung: Immer, wann Deutschland einig und stark ist, taucht 
Rom auf, es zu zerstören. 

Unsere Lebensanschauung im Gegensatz zu jener von Rom: 

Ehre, Wahrhaftigkeit, Tapferkeit, entgegengesetzt der Unterdrückung, 
, Feigheit, winselnden Furcht, Stolz und Verantwortungsbewußtsein 
im Gegensatz zur Versklavung der Seelen." 

Die Radiosendungen der HJ zeigten gar oft mehr 
heidnischen als christlichen Charakter, z. B. am 7. Juni 
1935 vom Sender Breslau über die „Dunkelmänner". Dabei wurde 
gesagt: 

„Lange haben wir zu ringen mit der Tatsache, daß priesterliche 
Heuchelei unser ganzes Leben infizieren kann. Nur Macht allein ist es, 
was sie wollen, nicht Gott, sondern sich selbst." 

Ähnlich das Oratorium (!): „Der neue Glaube", das im Winter 
1935 in Osterrode im Harz aufgeführt wurde. 

In einer Rundfunksendung der HJ aus Königsberg, übertragen von 
Köln, Wien, Hamburg, Stuttgart, Leipzig und Saarbrücken, Ende Februar 
1938, versuchte der Redner den christlichen Glauben an Unsterb- 
lichkeit zu zerstören. Mit leidenschaftlichen Worten wandte er sich 
gegen die, welche auf Erden Anspruch erheben auf ein besseres Leben 
hernach, und stellte dem Glauben an die Unsterblichkeit der einzel- 
nen Seele den nationalsozialistischen Glauben an die Unsterblichkeit 
des Blutes gegenüber mit den Worten: „Wir glauben an ein fort- 
dauerndes Sein nach dem Tode, nämlich an das fortdauernde 
Leben in unserem Volk, in.unseren Söhnen und Enkeln." 

„Rosenberg" auf der Bühne. 

Auch die Bretter, welche die Welt darstellen, wurden in den 
Dienst der antikirchlichen Propaganda des NS genommen, z. B. 
durch das Drama von Kolbenheyer: „Heinrich IV.", dann Ende 1936 
durch das im '„Theater des Staates" zu München öfters aufgeführte 
Schauspiel: 

DerKönigreitet 

von Frau Anders. 

Die Verfasserin war früher Kommunistin, zuletzt in leitender 
Stellung der „Deutschen Glaubensbewegung". 

Das Schauspiel ist eine Allegorie, hat darum zwei Gesichter: 
Das eine zeigt den König Lothar von Sachsen und seine Umwelt, 
das andere trägt das Gesicht der Gegenwart, zeigt den Weg zur 
Macht des Dritten Reiches. 

Dem erwählten König Lothar hat „eine in die Überwelt 
ragende, aus innerer Sendung handelnde Führerpersönlichkeit", 
Konrad von Büren, den Kampf bis zum Ende angesagt, weil dieser 
sich in die Hand des Priesters, des Erzbischofs von Mainz, als des 
Trägers römischen Machtstrebens begeben hat. 

276 



Die Parallele ist klar: Lothar = der von starrem Pflicht- 
bewußtsein geleitete Reichspräsident Hindenburg; Konrad von 
Büren = Führer; Ludwig, Herzog von Bayern == das Bayern vor 
dem Umsturz; der Erzbischof von Mainz = leitende Stellen der 
Kirche der Gegenwart in Bayern und anderswo. So soll nach 
Willen und Meinung der Verfasserin der mehr als 1000 Jahre alte 
konflikt zwischen römischem und deutschem Geist aufgezeigt 
werden. 

Der Erzbischof als Person und Repräsentant der Kirche, speziell 
auch des Papstes in Rom, ist mit allen Lastern des Vaterlandsverräters 
ausgestattet. Mit allen Mitteln verwerflichster Diplomatie will er die 
von Konrad von Büren heiß erstrebte Einigung des deutschen Volkes 
hintertreiben und bearbeitet in diesem Sinne vor allem den letzten 
Widersacher dieser Einigung, den bayerischen Herzog. Zu diesem geht 
er bei Tag und schleicht sich durch Vorhangspalten bei Nacht. Er 
Spioniert ihm über die Schulter seinen Brief aus. Er geht in seiner 
Vaterlandsverräterei so weit, dem Papst in Rom vorzuschlagen, einen 
andern König zu krönen und will dabei die Situation gegen Deutsch- 
land ausnützen, welche im deutschen Volk durch den Einfall der Litauer, 
die zur Elbe vordringen wollen, große Besorgnis hervorruft. Ludwig von 
Bayern wird das Opfer der Zerrissenheit unter den Intriguen des Erz- 
bischofs; er wird vom Freunde Konrad ermordet. Auch in Maske (Pur- 
pur, Kukulle, Kapuze) und Gesamthaltung ist der Erzbischof die inkar- 
nierte Verschlagenheit. 

Aus dem Ganzen seien einzelne Äußerungen herausgestellt, 
die aber in keiner Weise einen vollständigen Begriff zu machen ver- 
mögen von dem niederschmetternden Gesamteindruck, der sich aus dem 
unmittelbar zusammenhängenden Anhören der zweieinhalbstün- 
digen Schmähung von Kirche und Priestertum ergibt: 

Es wird allgemein geredet von „den Priestern", „vom Priester", von 
„jenem Priester in Mainz", vom „Erzbischof", vom „Hohenpriester". Aus 
dem Zusammenhang erhält hier das Wort „Priester" allein schon die 
Bedeutung von etwas Ehrlosem und Gemeinem. „Priester" wirkt hier 
immer als Beleidigung. 

Einzelne Äußerungen (ohne genauen Wortlaut, aber sinngemäß): 
„Er (Erzbischof) hat die Todsünde erfunden, um dann verzeihen zu 
können." 

„ , . . steht niemand auf, die Macht des Hohenpriesters von Mainz 
übers Gebirge zurückzutreiben . . .?" 

„Wir sind in die Welt gesandt, um dem Unhold von Mainz .'.., dem 
unheiligen Erzbischof und seinen Priestern . . . das Ende zu bereiten," 

„ . . . der Priester ist immer da, ein fluchbeladener Gas t". 

„Wir müssen ihn bekämpfen, das ist unser ganzes Gesetz, . . . nicht 
mit Heeresmacht. Wir müssen ein Reich bauen, so hoch und weit, daß 
es die ganze Nation erfaßt." 

„Lothar, die Puppe jenes Herrn aus Rom". „ . . . ein Mann muß auf- 
stehen in unserem Reich, der ihm (Lothar) das Totenkleid der Kirchen- 
demut abnimmt". 

In einem Dialog zwischen dem Erzbischof und Heinrich dem Wei- 
fen wird eine Reihe von Sätzen des Erzbischofs hohnlachend immer be- 
antwortet mit der Wendung: „Auch das kann eine Lüge sein". 

„ . . . steht das in eurem säubern Brevier?" 

Der Erzbischof sagt: „Ein Wort (im Sinne der Zusage) kann leicht 
wie ein Spinngewebe sein." 

„Kein Schwur, den der Priester nicht lösen kann." 

„Schweig, du Verräter!" sagt Büren zum Erzbischof. 

277 



„Der Priester hat kein Vaterland . . . das ist sein Fluch, darum muß 
er sterben," 

Die Verwerflichkeit und der Fluch, der von dem Erzbischof ausgeht, 
wird dadurch besonders unterstrichen, daß sogar König Lothar, der von 
Anfang an auf die Worte des Erzbischofs schwur, vom Erzbischof am 
Ende sich abwendet. 

Konrad von Büren nimmt Bezug auf den Landesverrat des Erz- 
bischofs, der den Einfall der Litauer gegen das Deutsche Reich ini 
Dienste Roms ausnützen will. Er sagt u. a. „Wenn der Osten frei ist, 
wenn die Gefahr im Osten gebannt ist, dann wehe dem Priester, der 
den Verrat zur Sitte aufgerufen hat!" 

Kein Wunder, daß die „Deutsche Glaubensbewegung" in ihren 
Schulungsabenden dieses Theaterstück eindringlichst empfahl, da 
es „ihre Ideen verkörpere", ausgedrückt in den zwei Sätzen: „In 
unseremLande istUnfriede. Friede kann nur her- 
gestellt werden, wenndie Fremdlinge, die Röm- 
linge, beseitigt sin d." 

Kein Wunder auch, wenn dies Sti;ck in das offizielle Programm 
von „Kraft durch Freude" aufgenommen wurde. 



Kardinal Faulhaber bezeichnete darum das Stück in 
dem Protestschreiben an den Reichsstatthalter 
von Bayern: . . . „von Anfang bis zum Ende in seiner ganzen 
Tendenz und in einzelnen Szenen als eine Beschimpfung von Kirche 
und Papst und Priestertum. Meuchelmord wird darin durch Über- 
tragung einer hohen Stelle belohnt. ' Die Gestalt des Bischofs von 
Mainz ist ein Ausbund von Schlechtigkeit und Gemeinheit. Rom 
und die Priester sind an allem Unglück schuld und ebenso wie die 
Bolschewisten zu vernichten. Das Ganze spielt im Rahmen des 
furchtbaren Kulturkampfes, den die Deutsche Glaubensbewegung 
von Stuttgart zur Zeit gegen alles Katholische führt." 



Rosenberg stellt aus. 

Wie das Wort auf der Bühne, so sollte auch das Bild der Aus- 
stellungen der nationalsozialistischen Propaganda dienen. 

Ein Beispiel, dafür ist die Ausstellung, die vom 15. Dezember 
1939 bis zum 21. Januar 1940 in den Räumen des Kaiser-Friedrich- 
Museums in Berlin veranstaltet wurde unter dem Titel: 

„Frau und Mutter — Lebens quell des Volkes" • 

Die Dienststelle des „Beauftragtendes Führers für. 
die Überwachung der gesamten geistigen und 
weltanschaulichen Schulung und Erziehung der 
NSDAP" unternahm in Zusammenarbeit mit der Reichs-Frauen- 
führung, der Deutschen Arbeitsfront und dem rassepolitischen Amt 
der NSDAP diese Ausstellung. Der Stellvertreter des Führers, 
Reichsminister Rudolf Hßß, übernahm die Schirmherrschaft. 

278 , 



Die kirchenfeindliche Tendenz der Ausstellung kennzeichnet 
Bischof Preysing von Berlin in seinem Schreiben vom 13. Februar 
1940 an den „Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten" mit 
den Worten: 

„. , . Die Ausstellung versucht dabei auch, durch bildliche Darstel- 
lungen und Texte dem Beschauer einen Eindruck von dem Einfluß 
der Kirche und ihrer Lehre auf das von der Ausstel- 
lung dargestellte Gebiet „Frau und Mutter — Lebens- 
quell des Volkes" zu vermitteln. Hierbei ist das Bestreben 
leitend, bei den Besuchern der Ausstellung für die Rosenbergschen 
antichristlichen und antikirchlichen Ideen, wie sie 
beispielsweise im „Mythus des 20. Jahrhunderts", im „Schwarzen Korps", 
in „Schulungsbriefen" ihren publizistischen Niederschlag finden, Propa- 
ganda zu machen. So erklärt es sich beispielsweise, daß die Anthro- 
pologie der kirchlichen Lehre, die Ordensgeschichte der Kirche, das Wir- 
ken der Kirche in den weltlichen Gebieten durch die Ausstellung eine 
Darlegung und Auslegung erfahren, wie sie nur ein grundsätzlich 
gegen alles Kirchliche und Christliche gerichteter, 
'eidenschafUicher Haß, der für objektive Wertung der Tat- 
sächlichkeit und der Bedeutung geschichtlicher Fakta keinen Zugang 
findet, eingeben kann. 

Ich möchte nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß Jugendliche 
schullc lassenweise in die Ausstellung geführt wurden, daß Er- 
klärungen von Führerinnen in noch kirchenfeind- 
licherem Sinn gehalten waren, als die Ausstellung an und für 
sich war. 

Die Ausstellung, in deren Ausgestaltung sich immer wieder die anti- 
christliche und antikirchliche Propaganda geltend macht, stellt eine neue 
Form des offenen Vernichtungskampfes gegen Kirche und Christentum 
in Deutschland dar. 

Kurze Zeit nach Beendigung der Absstellung in Berlin hat mich die 
Staatspolizei wissen lassen, daß nunmehr mit scharfen Maßnahmen 
gegen kirchliche Kundgebungen vorgegangen werden würde, die geeignet 
seien, die Einheit der inneren Front zu gefährden. 

Angriffe gegen Christentum und Kirche erfolgen 
— ohne Rücksicht auf die Einheit der inner en Front. 
Abwehr solcher Arigriffe wird der Kirche unmöglich 
gemacht — mit Rücksicht auf die Einheit derinneren 
Front!" " 

Im folgenden sollen Proben dieser neuen antichristlichen und 
antikirchlichen Propagandamethode gegeben werden: 

I. 

Die Ausstellung versuchte im Besucher den Eindruck zu erwecken, 
daß die Kirche eine Feindin der Frau und der Mutter- 
schaftsei. 

Diesem Zwecke dienen: 

a) die falsche, plump kirchenfeindliche Interpretation 
kirchlicherBildwerke: 

Raum 5: Abbildung der bekannten Statue der „Frau Welt" am Dom 
zu Worms. (Dieses Bildwerk stellt bekanntlich eine stattliche Frauen- 
gestalt dar, deren Rücken von Kröten und Gewürm entstellt ist: ein 
Symbol für den schnöden „Undank der Welt" anihre 
Diener. 

In der Ausstellung aber war das Bild gedeutet: „Verhöhnung 
d e r F r a u d u r c h d i e K i r c h e." 

279 



Durchgangsraum vor Raum 8: Größe Photographien einer Statue des 
hl. Evicharius, der seinen Fuß auf eine unbelcleidete gebärende Frau setzt 
(Gesamtaufnahme und Detailaufnahme). Daneben, in großen Buchstaben: 
„M ißachtung der Frau durch die Kirch e." „St. Eucharius 
setzt seinen Fuß auf eine nackte Frau, die ein Kind gebärt — was die 
Kirche verachtet, tritt sie mit Füßen. Diese sonderbare Gruppe steht 
in Trier." 

(In Wirklichkeit handelt es sich um eine künstlerisch unbe- 
deutende, etwa 1,10 m hohe Sandsteinstatue aus dem Jahre 1716 in einer 
Giebelnische auf dem alten Gerichtsgebäude in St. .Matthias in Trier. 
Die Frauengestalt ist eine allegorische Darstellung des rö- 
mischen Heidentums, als dessen Überwinder Eucharius, der erste 
Bischof von Trier, fast immer dargestellt wird.) 

b) Die wiederholten Ausführungen in dem amtlichen Handweiser 
durch die Ausstellung über die „allgemeine Weibesverach- 
tung" der Kirche: 

Seite 83: „Entscheidend ist ferner die Tatsache, . . . daß diese 
Frauenverehrung (des deutschen Rittertums) etwas durch- 
aus Un kirchliches war: eine edle menschlich- weltliche Haltung, 
die der allgemeinen Weibesverachtung und naturfeindlichen Sündenauf- 
fassung der römischen Kirche im Grunde entgegenstand." 

Seite 99: „Entsprechend ihrem asketischen Lebensideal sah die mittel- 
alterliche Kirche in dem Weibe das Gefäß der Sünde. Welch unersetz- 
licher Verlust edlen Blutes ist durch den Zölibat dem deutschen 
Volke im Laufe der Jahrhunderte zugefügt worden!" 

c) Die offene Verunglimpfung des kirchlichen Zö-» 
1 i b a t e s. 

Die große Texttafel übefr den Zölibat fand sich neben den oben er- 
wähnten Mißdeutungen kirchlicher Bildwerke. Hierdurch wird dem Be- 
sucher der Ausstellung suggeriert, daß auch für den „Zwangszölibat" das 
Motiv die Verachtung des Weibes durch die Kirche war. 

Wandtafel (groß) : „Angehörige der katholischen Kirche 
gegen denZwangszölibat: Herrschsucht, Heuchelei, Hochmut 
und Eigensinn der kirchlichen Obern, Feigheit des ,niederen Klerus' — 
das sind die wahren Gründe. Die Religion wird bloß vorgeschützt! Dar- 
um fehlt dem Zwangszölibat aber auch jeder Segen von oben, wie die 
Zustände zu allen Zeiten zum Erschrecken beweisen. 

Was sagt nun ihr dazu, katholische Eltern? Sagt energisch: Keines 
meiner Kinder darf Geistlicher werden! Wenn ihr aber schon einen 
geistlichen Sohn oder Verwandten habt, dann bitte ich euch: Habet 
tiefes Mitleid mit ihm; denn gewöhnlich macht er Entsetzliches durch. 
Habet Mitleid; denn nicht selten ist der Hochwürdige Herr der größte 
Sünder in seiner Gemeinde. Beklaget ihn als Opfer eines unmensch- 
lichen Systems!" 

IL 

Die Art und Weise, in der die Hexenverfolgung auf breitem 
Raum und mit buntem Bildmaterial dargestellt wurde, mußte im 
urteilslosen Besucher der Ausstellung geradezu Empörung hervor- 
rufen über die Grausamkeit, deren die Kirche fähig war. Papst 
und Jesuiten erscheinen im Gegensatz zur historischen 
Wahrheitalsdie eigentlichen Hexenverfolger. Hexen- 
verfolgungen durch die staatliche Gewalt und durch 
Andersgläubige werden im Ausstellungsmaterial 
übergangen. 

Raum 5: Ein buntes Bild, das eine Hexen Verbrennung darstellt. 
Daneben folgender Text: Überschrift: „Hexen und Jesuiten". Darunter: 
„Durch den Hexenwahn • werden in Deutschland zwei Millionen Mäd- 

280 



chen und Frauen gemordet. Haß und Niedertracht rauben dem Volke 
für alle Zeit viele seiner Mütter". (NB. In dem Handweiser steht der- 
selbe Satz (S. 102). Hier ist aber nur von „einer halben Million" die 
Rede: ein Schlaglicht auf die Genauigkeit in der Wiedergabe von „Tat- 
sachen"). 

Ein anderes Bild: Vor einer kraftlos hingesunkenen Hexe steht ein 
Ordensmann in schwarzer Kutte mit Kapuze und Strick. Mit recht 
sadistischer Gebärde legt er die Hände auf das Haupt der Frau. 

Daneben folgender Text: Überschrift: „Die Tr ä n en p r o be". 
Darunter: „Allgemein war der Aberglaube verbreitet, daß Hexen nicht 
weinen könnten. Ein Jesuit (!) legt die Hand auf den Kopf der An- 
geklagten und spricht die Beschwörungsformel: „Im Falle du unschul- 
dig bist, Tränen vergießest; wenn schuldig, nicht!" Weinte die An- 
geklagte wider Erwarten, so war es nach Ansicht der unfehlbaren 
Kirche teuflisches Blendwerk und sie wurde trotzdem verbrannt." 

Bedeutend kirchenfeindlicher als diese Texte waren mündliche Er- 
klärungen amtlicher Führerinnen. Eine gab folgende Er- 
klärungen, die sinngemäß lauteten: 

Die alte Kirche war durch die Reformation in ihrer Machtstellung 
geschwächt worden. Auf einer anderen Seite mußte dieser Machtver- 
lust wieder wettgemacht werden. Das tat die Kirche durch den Hexen- 
wahn. Dadurch wurde das Volk von der Kirche kleingehalten. Weil 
die Macht des Volkes (auf Kosten der Macht der Kirche) geschwächt 
werden sollte, mußten gerade die Frauen daran glauben, von denen ja 
die Zukunft des Volkes und seiner Macht abhing. 

Die Jesuiten nahmen Hexenproben vor, aber rein äußerlich, damit 
man sagen konnte: „Wir verfahren gerecht." 

Man könnte solche Grausamkeit von Geistlichen kaum für möglich 
halten, wenn man nicht wüßte, was 1939 in Polen geschah, und daß so- 
gar auch da die Kirche dahinterstand. Es wurde eine regelrechte Kopf- 
steuer aufgestellt: „Wer . . . (die von der Führerin genannte Zahl war 
nicht klar zu hören) Deutsche umbringt, dem werden alle Sünden ver- 
geben uc'Z sr kommt in den Himmel." 

III. 

In den Texten der Ausstellung werden Orden und Klöster als 
Schädlinge für das Volk hingestellt. 

IV. 

Katholische Heilige und Stigmatisierte wurden als sehr fragwürdige 
Gestalten hingestellt. Auch Sittlichkeitsverbrecher und Hysteriker wer- 
den angeblich von der Kirche als Heilige verehrt. 

V. 

Die Ausstellung versäumt es schließlich nicht, der Kirche Haß 
gegen alles Volkstum vorzuwerfen. 

Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß neben, diesen An- 
griffen gegen die Kirche alle wertvollen Leistungen, die die Kirche 
und kirchliche Personen als solche zu dem Thema „Frau und 
Mutter — Lebensquell des Volkes" als Beitrag darboten, schweigend 
übergangen bzw. umgedeutet wurden. 

Der Eindruck, den die obenerwähnten Diffamierungen der, 
Kirche auf die Besucher der Ausstellung machten, zeigte sich in 
offenen Ausrufen der Empörung über die Kirche. 
Auch begleitete öfter ein überlegenes, ironisches Lächeln die. an-ti- 

281 



kirchlichen Erklärungen der amtlichen Führerinnen (vor allem die 
über die Hexenverfoigung). Sichtlichen Eindruck auf nicht wenige 
der Besucher machte auch die oben geschilderte Darstellung des 
hl, Eucharius, sowie die große Texttafel gegen den Zölibat. 

„Rosenberg" gründet NS-Spezialschulen. 

Der gefährlichste Vorstoß gegen das Christentum war wohl in 
den NS-Spezialschulen gegeben. Da waren zunächst die 
Adolf-Hitler-Schulen, in denen 12 — 18jährige Hitler jungen 
von guter Begabung und rassischer Gesundheit zu Führern heran- 
gebildet werden sollten: Natürlich ohne jeden Religionsunterricht, 
ohne jede Teilnahme an Gottesdienst, nur mit Unterweisung in 
Religionsgeschichte. Nach Arbeits- und Militärdienst und eventuell 
Berufsstudium an Universität oder Technischer Hochschule sollten 
sie dann auf vier Jahre in eine Ordensburg kommen (Kroningen 
in Pommern, Vogelsang in der Eifel, Sonthofen im Allgäu, Marien- 
burg in Ostpreußen). 

Darüber hinaus sollte eine Auslese noch die „Hohe Schule" von 
Chiemsee in Obej^bayern unter der Aufsicht Rosenbergs selbst be- 
suchen. Hier sollte sein: 

\ ■ 

1. Die nationalsozialistischfe Akademie. 

2. Das Forschungsinstitut mit einer Zentralbibliothek. 

3. Das Zentrum für eine alljährliche gründliche geistige 
Überholung der Lehrer aller Adolf-Hitler-Schulen und 
Ordensburgen für die Dauer von je vier Wochen. 

4. Das Muster einer Hitlerschule („Völkischer Beobachter" 
vom 24. November 1937). 

Aus diesen Schulen sollte der vollendete nationalsozialistische 
Mensch kommen, Soldat und Prediger zugleich, eine Wieder- 
h.olung mohammedanischen Fanatikers mit Wort und Schwert. Da 
sollte ein neuer Orden entstehen, dessen Hauptaufgabe ist, eine 
neue Religion zu verbreiten (Dr. Ley). 

Die hier aufsteigende Gefahr war zweifellos viel größer als 
jene, welche von den direkten Angriffen auf Kirche und Christen- 
tum und von den äußeren Verfolgungen kamen. Das sollte der 
innere, intensive Kulturkampf sein! Durch ihn hoffte 
man in drei Jahren mit dem Restchen Katholizismus, wie er 
noch in seinen Organisationen und Vereinigungen lebte, fertig zu 
v^erden. 

So war die Einlösung des Wortes gedacht, das Hitler am 
27. Juni 1934 in einer Audienz mehreren deutschen Bischöfen ge- 
geben hat, nämlich, „daß er ausdrücklich Anordnung an die Partei 
und an die ,nationalen' Organisationen geben wolle, für die Zukunft 
die neuheidnische Propaganda zu unterdrücken." 

282 



Niemals wurde eine solche Anordnung hinausgegeben. Begreif- 
lich! Hitlers eigener Wille stemmte sich ja immer mehr gegen 
Christentum und Kirche und steuerte immer gerade auf das Ziel 
zu, das der Kirchenhasser Voltaire in die Worte gekleidet hat: 

„Ecrasez Vinfäme!" 

„Rottet die Infame aus!" 

Das Wort mag aus Hitlers Mund nie öffentlich gefallen sein, 
aber um so öfter und lauter kam es so oder anders aus dem Munde 
seiner Trabanten, so z. B. des Redners, eines Kreisleiters, bei einem 
Schulungstag in München-Ramersdorf im Jahre 1939. 

„Nur zwei Hauptpunkte kommen für Deutschland in Frage, 
alles andere ist nicht wichtig und ergibt sich von selbst. 

1. Die Ausbreitung des Deutschen Reiches auf 18mal die Größe, 
die es nach 1918 hatte. 

2. Die restlose Vernichtung der Kirch e." 
Zu letzterem Punkte erklärte er: 

„W i r, die wir jetzt leben, müssen noch restlos die 
Kirche vernichten, Adolf Hitler und seine alten 
Kämpfer. Man sage nicht, es genüge, daß die Jugend Deutsch- 
lands ohne Christentum aufwächst. Hitlers Nachfolger könnte mil- 
der sein, könnte Mitleid haben, dann würde die Eiterbeule wieder 
aufplatzen. Der Nationalsozialismus verhält sich zu den christlichen 
Konfessionen wie Feuer zu Wasser. Es ist ganz unmöglich, ein 
guter Nationalsozialist und zugleich ein guter Katholik zu sein." 
' Auf die Frage eines Zuhörers, warum man denn dann noch zu- 
gebe, daß Kirchen gebaut würden, antwortete er: „Laßt sie doch 
. ruhig Kirchen bauen; sie wissen ja gar nicht, wozu wir dann 
später diese Kirchen benützen. Die Tschechen haben auch Flug- 
plätze angelegt, ohne zu ahnen, daß "sivir diese einmal in Ge- 
brauch nehmen werden; sonst hätten sie dieselben wohl kaum an- 
gelegt." 

Auf die Frage eines anderen Zuhörers, warum denn noch so 
viele Studenten Theologie studierten, und warum man dies zulasse, 
erwiderte der Redner: „Laßt sie doch ruhig Theologie studieren! 
Alle diese jungen Leute werden niemals Pfarrer und Priester 
werden. Das werden die nicht mehr erleben. 

Was ist positives Christentum? Was wir machen! 

Was die anderen 2000 Jahre hindurch gepredigt haben, 
das tun wir. jetzt, wir Nationalsozialisten! 

Wir würden die Kirche nur unter folgenden zwei Voraus- 
setzungen noch weiter dulden: 

1. Wenn sie allen Besitz hergibt, Grund und Boden, 
Gebäude, Geld, usw. Der Besitz der Kirchen ist so groß wie das 
Land Thüringen. 

2. Wenn die Pfarrer keinen Gehalt annehmen 
vom Staate, sondern sich vom Volke durch freiwillige Gaben 

283 



erhalten lassen; dann können fa die Prediger in Sackleinwand durcK 
die Dörfer ziehen und predigen." 

Zum Schlüsse wurde aufgefordert, diese Grundsätze des Natio- 
nalsozialismus im Volke zu verbreiten. 

„Der Führer will die Vernichtung!" 

gab Gauschulungsleiter Ruder am 10. November 1940 in einer NS- 
Versammlung zu Limburg-Lahn offen kund. Er sprach an 
der Hand einer genauen Vorlage über die kirchenpolitische Frage. 
Dabei führte er ungefähr folgendes aus: „Die Stellung, die das 
Christentum jetzt im Deutschen Reich einnimmt, kann nicht so 
bleiben. Die christlichen Kirchen — evangelische 
und katholische — haben im neugeordneten 
Deutschland keinen Platz mehr. Auch die Klöster 
müssen verschwinden. Man sollnicht sagen, das 
Beseitigen der Kirchen entspreche nichtdem 
Willen des Führers und soll erst recht jetzt in 
derKriegszeit nicht vorgenommen werden. Das 
ist falsch. Zum Beweis dafür, daß der F ü h rer es haben 
will, daß dieKirche n v erschwinde n, brauchen wir nur 
auf die Neuordnung im Warthegau zu sehen. Dorthin können ja 
Bevölkerungsteile, die angesiedelt werden, einen Geistlichen mit- 
bringen. Der wird natürlich nicht mehr besoldet, sondern muß 
selbst arbeiten, und zwar nicht in gehobener Stellung. Er muß 
niedrige Arbeit verrichten. Die Kindertaufe 
fällt weg. Was sich noch religiösbetätigenwill, 
muß sich mit dem 2 1. Lebensjahr bei einem Verein 
melden u n d sich e i n t r a g e n 1 a s s e n. Vorsitzender dieses 
Vereins kann der Pfarrer sein. Daß der Führer das will, 
beweist, daß er den Gauleiter des Warthegaues beauftragt hat, so 
zu verfahren. Wir müssen rechnen, daß es auch bei 
uns so kommt. Wenn das heute gesagt wird, so soll es der 
Information dienen. Die Ortsgrupp e n leiterusw! müssen 
das Volk darauf vorbereiten; daß es nicht ver- 
blüfft ist, wenn der Führer es befiehlt." 

„Heraus aus der Kirche!" 

Wo so viel Haß gegen Christentum, Kirche und Seelsorge groß- 
geworden und großgezogen worden war, konnte er auch nicht halt- 
machen vor dem letzten, vor der Förderung des vollen 
Glaubensabfalles und förmlichem Kirchenaus- 
trittes. 

Natürlich wahrte man auch hier von Staats und Partei wegen 
das Gesicht, den Schein der Unparteilichkeit, erließ darum keine 
offiziellen Verordnungen, ließ aber um so mehr die unteren 
Stellen, die Parteigliederungen und Parteiorgane arbeiten und 
schenkte ihnen jegliche Unterstützung und Deckung. 

284 



H a up t f ö. r d e r u n g s m i -fc t e 1 für den Kircheriaustritt waren 
neben der ständigen mündlichen und schriftlichen 
Hetze gegen die Kirche, ihre Glaubenssätze, Moral, Gesetze, Ver- 
treter, Steuern u. a.: 

1. In Betrieben und Gliederungen wurde von 

Mann zu Mann für den Kirchenaustritt geworben. 

So gingen am 7. Juni 1935 im Reichsbahnausbesserungswerk Frei- 
mann zwei Partei- und Arbeitsfront-Funktionäre mit einer Liste in einer 
Betriebsabteilimg herum, forderten zum Austritt aus der Kirche auf und 
erklärten dabei: „Wer nicht austritt, ist kein richtiger Nationalsozialist." 
Die 20 Mann, die sich dann eintrugen, wurden mit dem Betriebsauto 
unentgeltlich zum Standesamt zwecks Anmeldung ihres Kirchenaustrittes 
gefahren. 

Noch nachdrücklicher war natürlich das Werben und Drängen 

zum Kirchenaustritt in SS-Gliederungen und SS-Kasernen. Ein 

Dokument hiefür: 

„SS-Reserve-Sturm 2/25 Homberg, den 3. Mai 1936. 

Betriff t : Kirchen austritt. 

An 

scss»ia*2s 

Sie haben bis Dienstvormittag 11 Uhr telephonisch zu melden, ob 
und wann der Zugführer und die mit der Führung von Trupps beauf- 
tragten Unterführer aus der Kirche ausgetreten sind, evtl, bis wann mit 
dem Austritt zu rechnen ist. Gegebenenfalls ist die Konfession anzu- 
geben. 

Die Meldung hat zu d«m genannten Termin an den SS-Rotten- 
Stabsscharführer Hartmann in Moers Arbeitsamt (Telephon-Nummer 900 
Amt Moers) zu erfolgen. 

' Der Führer de's SS-Reserve-Sturmes 2/25 
m. d. F. b. 

gez. Unterschrift 
SS-Hauptscharführer." 

Z. Der Kirchenaustritt wurde erleichtert, die Formalitäten 
hiefür wurden wenigej:. 

3. Der Kirchenaustritt wurde nahegelegt: ^ 

a) durch entsprechende Fragen in staatlichen und parteiamt- 
lichen Fragebogen; 

b) durch Versprechungen und Drohungen; 

c) durch öffentlich bekanntgegebene Beispiele der 
„Höheren" in Staat und Partei. 

4. Die öffentliche Meinung wurde zugunsten des 
Kirchenaustrittes beeinflußt: 

a) Man fand ein schützendes „Feigenblatt" für die Blöße des Glau- 
bensabfalles, einen wohlklingenden Namen: „Gottgläubi g". 
Das klang doch ganz anders als „ungläubig" oder „heidnisch" 
oder „freireligiös", es klang sogar positiv, wenn es auch in erster 
Linie negativ gedacht war, nämlich als „nicht Christus gläubig", 
„nicht k i r c h e n gläubig". Ein bißchen Positives konnte sich 

285 



jeder selbst in das „Gottgläubig" hineindenken: „Natur" oder 
„das All" oder seinen „Geist" oder „Deutschland" öder „Blut" 
oder „Rasse" usw. Darum konnte z. B. Major a. D. Lemke in 
der „Kriegsgräberfürsorge" vom 12. Dezember 1939 schreiben: 
„Ob sie draußen blieben oder ob sie heimgekommen sind, , sie 
sind alle verbunden durch ein unsichtbares Band des- 
selben Glaubens: ,Sie glauben alle an Deutschland 
alsGottV 

Gott sei Dank, daß unsere Krieger nicht bloß in solchem Sinne 
„gottgläubig" waren, wie der Nazismus es meinte. Traurig aber, daß 
nun der, welcher wirklich an einen lebendigen, persönlichen 
Gott, an den von Christus geofifenbarten dreieinigen Gott 
glaubte, sich nun nicht mehr als „gottgläubig" bezeichnen durfte, 
wenn er nicht durch die Statistik in seiner ]^eligionszugehörigkeit ganz 
falsch gewertet werden wollte. Eine der Grotesken und Irre- 
führungen im Dritten Reich! 

b) Man verbot den Geistlichen strengstens, noch weiter- 
hin die Personen öffentlich bekanntzugeben, 
welche aus der Kirche austraten. Ja, man betrach- 
tete und behandelte es schließlich schon als ein strafwürdiges 
Vergehen, wenn ein Geistlicher auch nur privat den An- 
gehörigen des Abgefallenen Nachricht über den Kirchen- 
austritt gab mit der vermutlichen Absicht, so die Angehörigen 
zu veranlassen, Schritte für die Rückkehr des Betreffenden zu 
tun. 

Der Gegensatz: ' 

Je mehr Hemmungen der katholischen Kirche (ebenso der 
evangelischen Bekenntniskirche) bereitet wurden, ' desto mehr Frei- 
heit und Förderung wurden jenen Kirchen zuteil, die sich möglichst 
„deutsch" gebärdeten, so der altkatholischen Kirche, die sich 
im Jahre 1870 von der katholischen Kirche getrennt hatte und nun 
sich vielfach betont „Diekatholisch- deutschnationale 
Kirche" nannte und eine Schriftenreihe „Katholisch- 
nationale Ki.rchenbewegung" E. V. herausgab. 

Welche Kreise hinter der sogenannten „Nationalen 
Reichskirche in Deutschland" standen, läßt sich nicht 
mii Sicherheit sagen. Von Interesse dürften aber doch die Pro- 
grammpunkte dieser „Nationalkirche in Deutschland" sein, weil sie 
wirklich charakteristisch sind für die letzten „kirchlichen" Ziele 
des Nationalsozialismus, bar jeglichen Christentums. 

Die Programm punkte der nationalen Kirche 

in Deutschland. 

1. Die Nationale Reichskirche (NR) Deutschlands beansprucht mit 
aller Deutlichkeit dasalleinigeRecht und die alleinige 
Macht über alle innerhalb der deutschen Reichskirche befindlichen 
Kirchen. Sie erklärt sie zu nationalen Kirchen Deutschlands. 

2. Das deutsche Volk hat nicht vor, der nationalen Reichskirche zu 
dienen, sondern die NR dient ausschließlich und allein der Doktri. l 
„Volk und Rasse". 

286 



3. Das Arbeits- und Tätigkeitsgebiet' wird abgesteckt durch die ter- 
ritorialen Reichs- und Kolonialgrenzen Deutschlands, 

4. Die NR zwingt keinen deutschen Menschen sich ihr anzuschließen; 
sie ist aber bereit, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um auch die 
letzte deutsche Seele zu erfassen. Andere Kirchen oder kirchenähnliche 
Einrichtungen und Verbände, zumal solche, die international gebunden 
oder dirigiert werden, kann und wird sie in Deutschland nicht dulden. 

5. Die NR ist entschlossen, unabänderlich und mit allen Mit- 
teln, die notwendig sind, den in> Unglücks jähr 800 nach Deutschland 
importierten und dem deutschen Volk aufgezwungenen, art- und wesens- 
fremden christlichen Glauben auszurotten. 

6. An den bestehenden Kirchen darf keine grundlegende Bauver- 
änderung vorgenommen werden; denn sie stellen deutsches Volksgut 
dar, deutsche Kultur und einen Teil des historischen Werdeganges unse- 
res Volkes. Sie sind als deutsches Volksgut nicht nur zu werten, son- 
dern auch zu erhalten. 

7. In der nationalen Reichskirche gibt es keine Schriftgelehrten, 
Pastoren, Käpläne und Geistliche, sondern in ihr haben nationale 
Reichsredner zu sprechen. 

8. Die nationalen Feiern finden immer nur abends und nicht des 
Morgens statt, und zwar Sonnabends bei festlicher Beleuchtung. 

9. In der nationalen RK sollen deutsche Männer und Frauen, 
deutsche Jungen und Mädel sich zu Gott und seinen unvergänglichen 
Werten einmütig bekennen. 

10. Die NR erstrebt unverrückbar ihre unausbleibliche Ver- 
schmelzung mit dem Staate. . Sie hat sich diesem als dienendes 
Glied zu unterstellen. 

11. Auf Grund dessen fordert die NR die sofortige Abgabe 
sämtlichen Territorialbesitzes aller Kirchen und 
Konfessionen an den Staat. Sie verbietet auch, daß künftig die 
Kirchen sich die kleinste Fläche deutscher Erde aneignen oder daß ihr 
solcher wieder abgetreten wird, denn nicht die Kirchen erobern, ver- 
teidigen und bebauen deutschen Grund und Boden, sondern ausschließ- 
lich das deutsche Volk, der deutsche Staat. 

12. Die NR-Redner amtieren als deutsche Staatsbeamte 
nach dem Staatsbeamtengesetz. 

13. NR-Redner dürfen niemals diejenigen werden, die heute mit 
List und Tücke in Wort und Schrift die unbedingte Notwendigkeit und 
Aufrechterhaltung der christlichen Lehre in Deutschland betonen; denn 
sie belügen nicht nur sich selbst, sondern auch das deutsche Volk, und 
zwar in ihrer Stellung um ihres süßen Brotes willen. 

14. Die NR fordert die sofortige Einstellung des weiteren 
Druckes und Verlegens der Bibel innerhalb Deutschlands, 

* sowie weiteren Erscheinens von Sonntagsblättern, Schriften, Lektüren 
kirchenschriftlichen Inhalts. 

15. Die NR hat mit aller Strenge darüber zu wachen und schärfste 
Gegenmaßnahmen zu treffen, daß eine Importierung derBibel 
und christlicher Religionsschriften nach Deutsch- 
landunmöglichist. 

16. Die NR erklärt als ihr und somit unseres Volkes größtes 
Dokument das Buch unseres Führers „M ein Kamp f*. Sie ist sich 
dabei bewußt dessen, daß in diesem Buch nicht nur die größte, sondern 
vielmehr die reinste und wahrste Ethik für das gegenwärtige 
Leben unseres Volkes verkörpert ist. 

17. Die NR hat sich unbeirrbar die Aufgabe gestellt, ihre ganze 
Kraft daranzusetzen, daß „Mein Kampf" so volkstümlich wird und 
bleibt, daß jeder Deutsche mit und nach diesem Buch seinen Lebens- 
lauf vollendet. 

287 



18. Die NR fordert, daß Seitenzahl und Inhalt dieses Buches, in wel- 
cher Größe es auch erscheinen mag, auch in Zukunft mit der bisher 
erschienenen Volksausgabe übereinstimmt,, 

19. DieNR räumt von ihren Altären das Kruzifix, 
die Bibel und sämtliche Heiligenbilder. 

20. Auf den Altären der NR ist dem deutschen Volk und somit 
Gott unser allerheiligstes Buch „M ein Kampf" und die- 
sem zur Linken das Schwert zu weihen. Die NR-Redner 
haben nach bestem Wissen und Können während der Feier dieses Buch 
zu erläutern. 

21. In der NR gibt es keine Vergebung der Sünden. Sie vertritt 
dabei den Standpunkt und wird diesen immer wieder betonen, daß ein- 
mal im Leben begangene Sünden unerbittlich gerächt werden, gerächt 
durch die ehernen und unumstößlichen Gesetze der Natur, und zwar 
auf dieser Welt. 

22. Die NR verwirft die Taufe eines deutschen Kin- 
des, zumal die mit dem Wasser und dem Heiligen Geist. 

23. Die Eltern eines deutschen Kindes (heugeborenen) haben vor 
dem Altar das Deut#chgelöbnis abzulegen. Es hat folgenden 
Wortlaut: Der Mann: „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich 
.......... Vater dieses Kindes und nachweislich arischer 

Abstammung bin. Als Vater dieses Kindes gelobe ich, es in deutschem 
Geist hin zum deutschen Volk zu erziehen." 

Die Mutter: „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich 

■ . . . nieinem Mann ein Kind geboren habe und daß 

mein Mann Vater dieses Kindes ist und daß ich die Mutter, nachweis- 
lich arischer Abstammung bin. Als Mutter gelobe ich, dieses Kind in 
deutschem Geist hin zum deutschen Volk zu erziehen." 

24. Nur auf Grund dieses Deutschgelöbnisses darf und muß für den 
neuen Staatsbürger das Deutschen-Ursprungsdiplom ausgestellt werden. 

25. Die NR hebt die Konfirmation und den Konfir- 
mationsunterricht sowie die Kommunion mit dem 
Kommunionunterricht auf. Die Erziehungsstätten sind und 
bleiben die Familie, die Schule, das deutsche Jungvolk, die Jungmädel- 
schaft, die HJ und BDM. Um dem Schulabschluß der deutschen Jugend 
einen besonderen feierlichen Charakter zu geben, sind der NR als 
Staatsjugendfeiertag, welcher auf den Freitag vor Ostern zu legen ist, 
dem Jungvolk, der Jungmädelschaft, der HJ vind dem BDM die Kirchen 
zur Verfügung zu stellen bzw. die geeigneten Räume, An diesem Tage 
haben ausschließlich und allein nur die Führer dieser Organisationen 
zu sprechen. 

26. Die Trauung deutscher Männer und Frauen erfolgt nach 
Ablegung des Treuschwures bei gleichzeitigem Berühren des 
Schwertes mit der Rechten. In der NR darf keine Handlung in un- 
würdigem Knien vollzogen werden. 

27. Den 10. Tag vor Pfingsten bestimmt die NR zum Feiertag der 
deutschen Frau. 

28. Die NR lehnt den Landes-Buß- und Bettag ab. Sie 
beansprucht ihn aber zur Umwandlung und Verlegung auf den Feiertag 
der Grundlegung der nationalen Reichskirche in Deutschland. 

29. Die NR duldet keinesfalls die Schaffung eines neuen Zeichens 
kirchlich -religiöser Art. 

30. Mit dem Tag der Gründung der NR ist in allen Kirchen und 
Domen des deutschen Reiches und der Kolonialgrenzen das Chri- 
stenkreuz zu entfernen und das einzige, unversiegbare Symbol 
Deutschlands, das Hakenkreuz, zu setzen. 

288 



2. Antichrists Wüten gegen Heiliges. 

Die dauernde Hetze gegen Christentum und Kirche erzeugte 
vielerorts nicht bloß Glaubensunlust und Glaubenszweifel, religiöse 
Gleichgültigkeit und Lauheit, sondern auch glühenden Haß und 
Verhöhnung, rücksichtslose. Störung und wütende Zerstörung alles 
Heiligen. 

Als. Beispiel zynischen Spottes über etwas, was jedem Christen 
ehrfurchtgebietend ist, über den Glauben an Himmel, Feg-, 
feuer und Hölle, sei wiedergegeben, was die HJ-Zeitung in 
der Nummer vom 10. August 1935 schrieb und in ungezählte 
deutsche christliche Familien und Kinderherzen hineintru;*: 



"o- 



„Für einen kleinen Geldbetrag — sagen wir einmal 50.000, — Mk. — 
wird die Temperatur des Fegfeuers herabgesetzt. Auf Verlangen 
können die Kandidaten der ewigen Seligkeit einige Schauer-Badgüsse 
im Laufe des Röstungsprozesses erhalten. Ist aber auch eine gute Aus- 
sicht auf die Freuden des Himmels von den billigeren Sitzen aus? 
Ist der Himmel auch in telephonischer Verbindung mit der Hölle, wo 
aller Wahrscheinlichkeit nach die meisten meiner Kameraden gebraten 
werden sollen?" 

Das Dollfuß-Gebet 

Zu dem EhrAvürdigsten, was die Christenheit der ganzen Welt 
als Erbe der Christen der ersten Jahrhunderte besitzt, gehört das 
Credo, das Apostolische Glaubensbekenntnis. Es war 
eine unerhörte Verletzung der christlichen Gefühle, ein gottesläster- 
licher Mißbrauch eines christlichen Gebetes, wenn die National- 
sozialisten es zu politischer Satyre umgestalteten. (Man schämt und 
fürchtet sich geradezu Sünde, diese Gotteslästerung wiederzugeben; 
aber anderseits ist es doch noch notwendig, um das abgrundlos 
tiefe Niveau nationalsozialistischer Denk- und Redeweise zu kenn- 
zeichnen.) 

„Ich glaube an den allmächtigen Vater, Schöpfer der Notverordnun- 
gen, an Englbrecht D o 1 1 f u ß, den Kleingeboreneh Sohn unseres Herrn, 
der entgangen ist dem Heiligen Geist, erkoren zum Hasse gegen Deutsch- 
land, gerne gelitten von den Bonzen, im Rathaus Hahnenschwanz be- 
neidet, von den Juden gefeiert, abgeschrieben das Hitlerprogramm, am 
dritten Tag wieder gut mit den Roten, er frißt aus den Händen des all- 
mächtigen Völkerbundes, von dannen er kommen wird zu richten die 
Nazi und Sozi. 

Ich glaube an den Lausanner Geist, Gemeinschaft der Juden und 
Tschechen und anderer Österreicher, Auferstehung des Habsburger 
Reiches und ein schuftiges Leben." 

Auf der gleichen Ebene grenzenlosen Zynismus liegt folgendes: 

Bei einem Silvester-Gemeinschaftsabend im Lager Dachau hat sich 
der Obertruppführer Müller, Inhaber des Blutordens, vom Jungsturm 
' „Hitler" als Nonne verkleidet, heilige Lieder und eine Litanei gesun- 
gen, wozu die Anwesenden jeweils mit „ora pro nobis" antworteten. 

Ein Gleiches ward vom Nürnberger Parteitag berichtet. 
Kreuz und Hakenkreuz 19 289 



Bei einem anderen Kameradschaftsabend verkleidete Müller sich 
als Bischof. Als Mitra benützte er einen Kübel! 

Flüche als Mörtel und Nägel 

Bei der Hebefeier der HJ-Häuser in der Strub bei Berchtes- 
gaden im Winter 1937/38 sagte Kreisleiter Kammerer von Berchtes- 
gaden, auf die angetretenen Arbeiter und ihre Arbeitsleistungen 
deutend: 

„Und da stehen sie alle, — hier die Hilfsarbeiter, da die Maurer, die 
Zimmerleut mit ihren Polieren, die Baumeister und Architekten. Es ist 
ja bekannt, daß nirgends so viel geflucht wird als auf einem Bau, 
und das ist recht so! Der Maurer soll mit seinem Möttel die 
Flüche hineinstreichen, daß sie zwischen den Ziegelreihen heraus- 
schauen. Der Zimmermann soll mit jedem Nagel, den er in den Balken 
schlägt, seine Flüche hineinhämmern. So ist's recht. So wollen wir's. 
Je mehr geflucht wird, desto lieber ist es uns!" 

Spott über die Heiligen 

Die Zeitschrift „Nordland" vom 27. Januar 1935 veröffentlichte 
folgendes Gedicht: „Unsere Heiligen" von L. M. Karow: 

Unsere Heiligen schlugen sich nicht 
Blutig mit Geißel und Strick. 
Zerkratzten sich weder Brust noch Gesicht, 
Hoffend auf himmlisches Glück. 

Unsere Heiligen saßen auch nicht 
Demütig auf einer Säule. 
Glaubten nicht näher der Gnade Licht 
Sich mit Wälzen in Disteln und Fäule. 

Unsere Heiligen sind Legion 
Und sterben für Heimat und Ehre. 
Wir bauen ihnen als schönsten Lohn 
In unseren Herzen Altäre! 

Auf dem Anger zu Verden, im Stedinger Bruch, 
Da fielen durch Kreuzstab und Kutte 
Mit bitterem Lachen und lautem Fluch 
Unsere Heiligen aus nordischem Blute. 

Die „Religion" nationalsozialistischer Kämpfer 

„Diese Kämpfer sind keine frommen Kirchengänger und 
hingebungsvolle Psalmensänger, weil sie der Meinung sind, daß es 
nicht um die Erhaltung sterbender Kirchen und toter 
Dogmen geht, sondern um das im deutschen Wesen lebendige 
religiöse Fühlen. Sie finden den Gott im Menschen 
s e Ivb s t und treten somit für eine Diesseitsreligion ein, in 
der ein konstituierter Dualismus (Diesseits-Jenseits) keinen Platz 
mehr besitzt, weil der germanische Mensch nur an die 
Göttlichkeit des Diesseits glauben kann. 

290 



Das 20. Jahrhundert bedeutet den Tqd all jener Anschauungen, 
welche die christliche Welt mit sich brachte. Das Mysterium 
des Blutes ist es, welches die christlichen Sakra- 
mente überwindet und einen neuen Glauben schöpferisch 
gestaltet. Der Glaube an das Blut und an die Rasse; das Wissen, 
im eigenen Blut die Zeichen der natürlichen Offenbarung zu finden." 
(Aug. Hot)pe im „Nordland" vom 27. Januar 1935.) 

Entweihung religiöser Namen 

Die Nazis legten ihrerseits ein Monopol auf manche Worte, wie 
„Führer", „Bewegung", „Volk". Niemand durfte diese Worte für 
andere Personen oder Sachen in Anspruch nehmen, als die Partei 
es festgelegt hatte. Sie scheuten sich aber nicht, den christlichen 
Kirch^j jahrhundertealte Namen, zu stehlen und in einem ganz 
neuen Sinn für eigene Zwecke zu gebrauchen. 
Beispiele hiefür: 

.Nürnberg 

Nürnberg ist für die Nazis „der Wallfahrtsort des neuen 
Deutschlands" und die „Tempelstadt der Bewegung". 

In Nürnberg findet der Deutsche „wahre E r b a u u n g". 

Die Teilnahme am Nürnberger Parteitag wird die alljährliche 
Wallfahrt der Parteigenossen (Kreisleiter Fritsch-Freiburg 
am 28. August 1938). ' 

„Das einzige religiöse Erleben durch den Anblick des 
Führers" (ebenfalls Fritsch). 

„Gottessohn und Gotteskinder" 

„Wir brauchen einen, der so vor uns steht, daß wir wieder unserer 
eigenen Gotteskindschaft uns bewußt werden, einen Gottes- 
sohn, der seinen Brüdern dieses große Bewußtsein durch Taten offen- 
bar werden läßt ... 

Denn es hat niemand ein Recht darauf, jene endlich zu einem 
Glauben gekommenen Menschen unseres Volkes zu schmähen, die erst 
in unseren Tagen ihren Gottessohn und den Vater im Ewi- 
gen wieder gefunden haben." (NSKK, Januar 1937.) 

„Apostel" 

„Das Führerkorps der SA muß im Dienst und außer Dienst so sein, 
daß jeder einzelne, ob in Uniform oder Zivil, ein Apostel des Führers 
ist („Westdeutscher Beobachter" vom 28. September 1936). 

Glauben 

„Hier 'in Deutschland darf es nur eine Weltanschauung und einen 
Glauben geben: An den Nationalsozialismus und seinen Führer Adolf 
Hitler!" (Stabschef Lutze, „Westdeutscher Beobachter" am 28. Sept. 1936.) 

„Gottgläubig": Das hieß aber nicht glauben an den persönlichen 
Gott, den Herrn Himmels und der Erde, sondern nur an etwas Unbe- 
kanntes, dem man den Namen „Gott" gab, „Gottgläubig" sollte nur den 
Gegensatz zu „christgläubig" und konfessionell (kirchgläubig) aus- 
drücken. 

291 



Bei der Eröffnung des 4. Reichsberufswettkampfes sprach Ley am 
12. Februar 1937: „Der NS ist der alleinseligmachende Glaube 
unseres Volkes". 

! „Wir alle können uns nicht rühmen, Deutschland gerettet zu haben. 
Das ist das unsterbliche Verdienst des Führers! Sein Glaube hat 
,Berge versetzt', hat ein ganzes Volk verwandelt," 

„Es lebe Adolf Hitler! Wir glauben an dich, Adolf Hitler, unseren 
Führer." 

„Feier der ewigen Auferstehung in München". .* 

„Unser Erlöser" ist Adolf Hitler. 

„Unser Gottesdienst" ist der Appell. 

„Unsere Priester" sind die Sturmbannführer. (Dr. Ley: 29. 9. 36) 

„Die Lehrer sind die Priester in unseren Schulen" (Streicher, 
Nürnberg). 

„Von Deutschland aus muß die Erlösung der Menschheit kommen." 
(Julius Streicher, 4. August 1936). ^ • 

„Die Kraft an allem Txin müssen sie (NS-Schwestern) schöpfen aus 
dem Glauben an die NS- Weltanschauung und dem Führer" 20. Febr. 1937. 

„...Die NS-'Schwester müsse in erster Linie an ihre ,Berufung* 
glauben..." 20. Februar 1Ö37. 

Der voreheliche Geschlechtsverkehr ist die „biologische Ehe" 
(Informationsdienst der Reichsjugendführung vom 28. Oktober 1935). 

„Die Schulung .der Masse soll wenigstens ein über das andere Mal 
in kultisch-religiöser Form vor sich gehen . . . Ein bestimmter Ritus der 
Heimabend eröffnung und -Schließung mit Gedenken der Toten 
(„der Märtyrer") der Bewegung ist notwendig . . ." Eine regelmäßige 
Lesung aus „Mein Kämpf" als der Bibel der Bewegung und aus dem 
Programm als unserem Neuen Testament oder unsere 
10 Gebote. ..♦,4.».. unter Absingen unserer neuen getragenen 
Lieder. 

Ein Muster nationalsozialistischen Kultus 

Auszug aus den amtlichen „Vorschlägen der Reichspropaganda- 
leitung zur Nationalsozialistischen Feiergestaltung" (Amtl, Vermerk auf 
der Rückseite: „Im Auftrage der Reichspropagandaleitung als internes 
Rundschreiben der NSDAP herausgegeben vom Zentralverlag Fr. Eher, 
München. Bezug nur durch die Gaupropagandaleitung der NSDAP und 
nur für Dienststellen der Partei). 

Vorgesehen wird ein ganz bestimmter Ritus, nach dem sich in' 
Zukunft jede Weihestunde im Rahmen eines öffentlichen Staats- 
kultus gestalten soll. Nur auf dem Wege der Einhaltung einer 
bestimmten Gestaltungsgrundiage werden wir erreichen, daß sich 
im Laufe der Entwicklung allmählich Feierformen von litur- 
gischem Charakter entwickeln, deren Gültigkeitswert sich 
dann in die Jahrhunderte erstreckt. Zu der stehenden Form der 
NS-Wei bestunden gehört u. a. die im Mittelpunkt stehende 
„Verkündigung" („ Feier worte", zehn bis zwanzig Minuten 
dauernde, feierliche Ansprache, dichterisch gebundenes Wort), dar- 
auf folgt das im Chor gesprochene „Bekenntnis". Anschließend 
das „Lied der Verpflichtung" (begleitetes, möglichst von 
allen Formationen gesungenes Lied, einstimmig). Ferner der „A n - 

292 



ruf des Führers" (Siegheilruf mit je einem Vers des Deutsch- 
landliedes und des Horst- Wessel-Liedes). 

Aus der Verkündigung zum 9. November sind besonders 
folgende Sätze bemerkenswert: 

\,An diesen Stufen der Feldherrnhalle, 

zu denen heute hohe Wallfahrt führt, 

erstand einmal das Sakrament des Kampfes. 

Und die nur haben Raum in seinem eina'gen Dom, 

der heute Deutschland heißt, 

die tief in ihre Taten eingehämmert, 

was sie bewegt. 

Wallfahrer seid ihr, 

wenn ihr den Ruhm des Volkes höher traget 

als aller Religionen Offenbarung. 

Ihr äpüTt die Heiligkeit der Feldherrnhalle, 

Was gelten Bittgesänge, Meßgebete, 

des Weihrauchs auf geschwankte, blanke Schalen 

gegen den dumpfen Rhythmus unserer Trommeln, 

wenn unser Führer zu den Stufen tritt. 

Der Atem derer, die Ihn seh'n, erlischt; 

die Erde, die vom Anmarsch bebet, schweigt; 

der Lärm hockt grau am Ende aller Welt. 

Der Führer steht. 

Der Führer hebt die Hand zum ew'gen Gruß. 

Es schlägt sein Herz im Herzschlag seines Volkes. 

Des Führers Schreiten heute ist Gebet. 



Er steigt und steht, vom Wunder ganz tunhüllt: 
erbrennt vom Glauben seiner Kameraden, 
Und keine priesterliche Weihe steigt 
gewaltiger empor als dieses stumme 
und steingewordene Gebet des Mannes, 
in dessen Herzen sich ein Volk bewegt. 
Der Feldherrnhalle Schwur ist unser Allgebet 
zu unserm Schöpfer! 

Und Feuer, Qualm und Tod um jauchzen uns, 
wenn nur die Fahne — unsere Fahne steht! 
Stieg sie hinauf die Stufen bei der Feldherrnhalle, 
dann ragt sie auf, der deutsche Hochaltar, 
und die Standarten jubeln es ihr zu: 
Was ist der Tod, wenn Du da Leben von uns forderst: 

Deutschland! 

„Die Fahne hoch!" 



» 



Das Kreuz muß fallen! 



f« 



Der Haß gegen den „bleichen Gekreuzigten" duldete sein 
Zeichen nicht mehr in staatlichen oder gemeindlichen Räumen und 
auf öffentlichen Plätzen. 

Aus fast allen öffentlichen Gebäuden (Rathäusern, Gerichts- 
gebäuden u. a.) wurden die Kruzifixe entfernt, oft in sehr pietät- 

293 



loser Weise, z. B. in Blaibach (Erzdiözese Freiburg), wo die vier- 
zehnjährige BdM-Führerin das Kreuz des Rathauses zunächst ein- 
fach in den Papierkorb warf, dann unter Dachsparren versteckte. 

In ganz Deutschland geschahen dann in steigendem Maße 
Kreüzfrevel aller Art. Man wollte nicht bloß sagen und 
schreiben: „Das Kreuzmuß fallen, wenn Deutschland 
leben soll"; man handelte auch darnach. 

Allein in der Erzdiözese München wurden innerhalb von 
ein paar Jahren Kreuzfrevel verübt: 

1937 in Glonn bei Grafing, Hohenkammer, Lustheim, Teisendorf, 

Dietramszell, 

1938 in Eching bei Landshut, Esting, Palling, Übersee, Kirchdorf 

am Inn, Buch am Erlbach, Tölz, 

1939 in Malching, Dachau, Johanneskirchen, Vagen, St. Emmeram 

(München), Lochham. 

In Erding und Maria-Eich-Planegg wurde eine Reihe von Sta- 
tionen eines Kreuzwegs "^schwer beschädigt. 

Ähnlich mußte der Bischof von Speyer im Jahre 1939 bittere 
Klage führen über eine zweimalige greuliche Verwüstung der herr- 
lichen Marienkirche in Landau und von Kreuzen in Rheinzabern, 
von sieben Statuen in Bergzabern, von einem Kruzifix in Linten, 
von einer Kreuzigungsgruppe in Kleinsteinfeld. 

Die Erzdiözese Freiburgim Breisgau beklagt in einer 
Zusammenstellung für die Zeit vom August 1935 bis Ende 1937 
nicht weniger als 17 Kreuzfrevel. 

Der Bischof von Eichstätt macht in seinen entrüsteten Pro- 
testen über zahlreiche Kreuzesschändungen noch auf eine Besonder- 
heit aufmerksam: Es wurde mehrfach an Kreuzen die Inschrift: 
JNRJ: „Jesus von Nazareth, König der Juden," herabgerissen. 
(Die Nazis nahmen also gleich den jüdischen Hohenpriestern (Jo. 
19,21) Ärgernis an dieser Aufschrift). 

Schließung und Schändung von Gotteshäusern. 

Bischof Bornewasser von Trier mußte am 30. November 1941 
seiner Klage über den nazistischen Klostersturm in der 
Kölner Kirchenprovinz folgende Anklage gegen deutsche Missetat 
in Polen anschließen: 

„In der Stadt Posen waren 1939 beim Einmarsch der deutschen 
Truppen 3 öffentliche Kirchen. Seit 1. Oktober 1939 sind es nur 3, in 
denen noch Gottesdienste abgehalten werden. Die anderen sind in 
Möbellager, Reitschulen verwandelt worden oder für andere Zwecke ein- 
gerichtet. 13 sind verschlossen." 

In der ganzen Diözese Posen waren beim Einmarsch 431 öffent- 
liche Kirchen, heute noch 4 5. In fast 400 Kirchen ist keine 
Messe, kein Altarssakrament, keine Kommunion 
mehr! Haben wir nicht allen Grund zu beten: „Herr, bewahre uns 

294 



vor dem Unglück, daß uns das Brot der Seele, das Altarssakrament, 
genommen wird?" 

Die Anfänge dieses Hasses gegen die Gotteshäuser mußten wir 
auch schon in Deutschland selbst schauen:. 

Geschändet wurden z. B. allein in der Erzdiözese München: 

Die Altöttinger Kapelle in München, 

eine Kapelle in Eberspoint, 

die Klosterkirche in Fürstenfeldbruck, 

die Heilig-Kreuz-Kirche in München- Giesing, 

die St.-Vinzenz-Kirche in München, 

die Pfarrkirche in Weyarn. 

Die Kirche im Schloß Nymphenburg-Müncher mit den Gräbern vie- 
ler Ordensfrauen wurde trotz aller bischöflichen und selbst päpstlichen 
Proteste in einen Bibliotheksaal für das neue Jagdmuseum verwandelt. 

Selbst zu politischen Zwecken mißbrauchte man die 
Kirche, in der Hauptsache wohl, um die Kirchenbesucher zu 
ärgern: 

so in T e g e r n s e e, wo man für die Reichstagswahl 1936 v^rährend 
dreier Nächte (26. bis 28. März) immer wieder Wahlplakate 
an der Außenwand der Kirche und zuletzt auch noch i m I n n e rn 
der Kirche (natürlich auch am Pfarrhaus und Pfarrgartenzaun) 
anbrachte, den Pfarrer, seine Schwester und den Mesner sogar für 
kurze Zeit verhaftete, weil er am ersten Tag diese unberech- 
tigten politischen Anschläge entfernte!! 

In Wolfratshausen (Obb.) hatte man sich wenigstens noch damit 
begnügt, solche Wahlplakate an das Haus des Benefiziaten b i s 
zuml. Stock hinauf anzubringen. Freilich auch da wurden nicht 
die Übeltäter gesucht und gestraft, sondern wiederum der 
katholische geistliche Hausbewohner samt seiner Schwester, weil sie 
diese unberechtigter und unpassender Weise angepappten Plakate ab- 
rissen. 

Das Erzbischöfliche Ordinariat München rief vergebens das 
Reichs] ustizministerium gegen solche Mißachtung und Schädigung 
fremden Eigentums und kirchlicher Gebäulichkeiten an, .erstmals 
schon ihi August 1935. 

Das Reichsjustizministerium erwiderte zwar am 5. Nov. 1935, 
„daß das Ankleben von Plakaten an Grundbesitz ohne Zustimmung 
des Eigentümers im allgemeinen untersagt ist." Aber es fügte noch 
bei: „Für besondere Ausnahmefälle sind nähere Vorschriften über 
die anordnende Stelle und die Art der Durchführung der Anklebung 
in Aussicht genommen. Hierüber behalte ich mir weitere Mit- 
teilung vor." 

Aber „diese näheren Vorschriften" und „die weitere Mitteilung" 
hierüber blieben trotz wiederholten neuen Ersuchens der oberhirt- 
lichen Stelle und trotz immer neuer Zwischenfälle dieser Art aus. 

Am 9. April 1936 schrieb das Ordinariat München an das 
Reichsministerium zusammenfassend: . „Beiliegender Bericht des 
katholischen Pfarramtes Tegernsee, der für sich selber spricht, ver- 

295 



anlaßt uns, unseren Antrag vom 14. August 1935, wiederholt am 
26. August 1935, am 21. Oktober 1935, am 13. November 1935 und 
am 31. Januar 1936, mit der dringendsten Bitte um recht baldige 
und endgültige Erledigung zu erneuern." 

Demnach konnte auch ein sechsmaliges Ersuchen 
keine Entscheidung herbeiführen, weil eben die heilige Justiz des 
Dritten Reiches nicht bloß die Augen, sondern auch die Hände 
gebunden hatte von Gestapo und Partei! 

So ließ man lieber Polizei und Gerichte im Ungewissen, Ver- 
brechen ungesühnt und Unschuldige bestraft! 

Wie Gotteshäuser, so wurden auch Gottesäcker ge- 
schändet: so z. B. 1938 der Friedhof von München-Berg am Laim 
(15 Grabkreuze abgeschlagen); 1939 der Friedhof der Alten Haid- 
hauser Kirche zu München (mehrfach Kreuze der Grabdenkmäler 
abgeschlagen, Weihwasserkessel umgeworfen oder zerstört). 

^ Attentatsversuche gegen zwei Kirchen. 

Die ganze teuflische Bosheit und Falschheit, 
welcher der Nationalsozialismus fähig war, zeigt der Versuch des 
Gauleiters H o f e r, Tirol, zwei herrliche Kirchen der Stadt Inns- 
bruck in die Luft zu sprengen (nachdem er schon mehrere Kirchen 
geschlossen hatte). Die Sauerstoff-Sprenggesellschaft 
m. b. H., Berlin-München, teilte unter dem 2. Juli 1945 dem Erz- 
bischöflichen Ordinariat München mit: 

„Unsere Gesellschaft war für die Beseitigung von Flieger- 
schäden in Bayern und Tirol eingesetzt . . . Dabei stellte der 
GauleiteranunsdasAnsinnen, auchzweiKirchen 
mutwillig anzusprengen, damit deren völlige Be- 
seitigung dann durchgeführt werden könnte. Es 
handelt sich um folgende Fälle: 

1. Bei Fliegerangriffen vom Dezember 1943 auf Innsbruck 
wurde auch das Servitenkloster an der Maria-Theresia-Straße in 
Innsbruck beschädigt. Um das Kloster weiterhin benützen zu kön- 
nen, mußten einige Gebäudeteile des Klosters, die an die Kloster- 
kirche angrenzten, beseitigt werden. Es wurde uns nun völlig un- 
erwartet von Baurat Hauser der Auftrag übermittelt, die Ser- 
vitenklosterkirche, die völlig unbeschädigt war, 
aus Versehen anzusprengen, damit dann diese Kirche 
völlig beseitigt werden könnte. Gauleiter Hof er wollte bekanntlich 
vom Gauhaus aus einen Aufmarschplatz schaffen, 
dem die Servitenklosterkirche im Wege stand. Es wurde uns nahe- 
gelegt, die Kirche unbemerkt, ambeste n,inderDunkel- 
h e i t, anzubohren und beim Sprengen des völlig zerstörten Neben- 
gebäudes auch diese Bohrlöcher zu besetzen und die Kirche so an- 
zusprengen, daß ihre Standfestigkeit erschüttert werde. Natürlich 
sollte dies für die kirchliche Gemeinde unbemerkt erfolgen. Unser 
technischer AußenstellenleiteE, Herr Bauingenieur Hildl, dem 

296 



dieser Gauleiterauftrag übermittelt wurde, lehnte die Durchführung 
ab und erklärte, daß nach der ihm erteilten Dienstanweisung die 
Verantwortung dafür der unterzeichnete Betriebsführer selbst trage, 
dem er diesen Auftrag vorlegen müsse . . . 

2, Bei einem weiteren Angriff aus Innsbruck, bei dem besonders 
der Ortsteil Wilten betroffen wurde, erhielt unser Sprengmeister 
den Auftrag, die alte Stiftskirche in Wilten anzubohren 
und zu sprengen. Derselbe führte die Bohrungen, die an und für 
sich völlig unbedenklich für die Kirche sind, durch, und verstän- 
digte unseren technischen Außenstellenleiter, Herrn Bauingenieur 
Kildl, der wiederum die persönliche Verantwortung für die Spren- 
gung ablehnte und verlangte, daß die Genehmigung beim Betriebs- 
führer eingeholt werden würde. Die Stadt Innsbruck 
sandte auch ein Telegramm an die Zentrale nach 
Berlin und verlangte die Sprengung der Kirche; darauf wurde 
telegraphisch zurückgeantwortet, daß die Sprengung nur dann 
durchgeführt werden könne, wenn ein schriftlicher Auftrag der 
Stadt Innsbruck bzw. des Gauleiters vorliege. Wie erwartet, wurde 
dieser schriftliche Auftrag nicht erteilt, so daß die Sprengung der 
Kirche unterblieb. Uns war bekannt geworden, daß der Gauleiter 
aktenkundig nicht mit der Sprengung befaßt werden sollte. 
Die Sprengung sollte auch hier wiederum aus Versehen er- 
folgen, wobei uns zugesagt war, daß der Gauleiter uns gegen An- 
griffe decken würde." 

Der Kapellenplatz in Altötting verhöhnt! 

Der allen bayerischen Katholiken teure, altehrwürdige Kapellen- 
platz des Altöttinger Marienheiligtums wurde verspottet und ent- 
weiht durch eine sogenannte DeutscheHochzeit unmittel- 
bar vor der Gnadenkapelle, noch dazu ausgerechnet an einem Sonn- 
tag, um die anwesenden Wallfahrer möglichst zu ärgern. 

Das „Mitteilungsblatt des Kreises München der NSDAP" Nr. 32 
vom Jahre 1935 schrieb hierüber: 

„In rasselnder Fahrt kletterten fünf dicht mit SA-Männern besetzte 
Lastkraftwagen die steile Straße hinauf und hielten in dem weiten Rund 
des Marktplatzes. Mächtige Schriftbänder leuchteten links und rechts 
an den Wagen: 

„Der politische Katholizismus ist der Staatsfeind I. Klasse" 
„Es lebe Deutschland" — „Nieder mit den konfessionellen Hetzern!" 

kündeten die mächtigen Buchstaben." Ein großes Transparent zeigte die 
vergebliche Mühe devisenschiebender Mönche und wühlender Hebräer, 
den mächtigen Stamm der deutschen Eiche abzusägen. Die Schar der 
SS-Männer, die, Kampflieder singend, tapfer im strömenden Regen auf 
den offenen Wagen ausgehalten hatte, bestand aus kernigen Arbeitern 
der Faust aus Freimann, die einem ihrer Kameraden, einem Oberschar- 
führer und seiner Braut, das Geleite gaben, um in Altötting, einem 
Zentrum des hetzenden politischen Katholizisrius, deutsche Hochzeit zu 
feiern. Auch dort standen im weiten Viereck die SA-Männer, auch dort 

Kreuz und Hakenkreuz 20 997 



schwuren vor der Fahne der Bewegung sich ein deutscher Mann und 
eine deutsche Frau treues Zusammenhalten im Lebenskampf. 

Pg. Nittweger vom Gauschulungsamt nahm die Trauung vor und 
sprach von der Notwendigkeit der Befreiung von Volks- und artfremden 
Zeremonien bei der Begehung wichtiger Lebensabschnitte. Die Kame- 
radschaft sei die Seele der Bewegung und das Unterpfand des End- 
sieges unserer Weltanschauung über alle artfrernde Lehre, und darum 
ist für Nationalsozialisten die schönste Hochzeitsfeier im Kreise der 
Kampfgenossen und angesichts des heiligen Symbols unserer Bewegung, 
des sieghaften Sonnenzeichens auf dem roten Banner der Großen Deut- 
schen Revolution." 

Die garize Ungeheuerlichkeit der Verhöh'ung läßt uns nach- 
stehendes Schreiben des Erzbischöflichen Ordinariats München er- 
kennen: •> 

München, 8. August 1935. 
An die Reichsbahndirektion 

München.. 

Sehr geehrter Herr Präsident! 

Betreff: Antireligiöse Demonstration. 

Wir mußten Herrn Präsidenten bereits unter dem 12. Juni und 
3. Juli dieses Jahres über eine starke Kirchenaustrittsbewegung inner- 
halb des Reichsbahnausbesserungswerkes München-Freimann berichten. 

Leider müssen wir heute einen neuen Fall antireligiöser Hetze mit- 
teilen, der vom genannten Werk ausging. 

Am Sonntag, den 4. August d. J., nachmittags 5 Uhr, kam ein 
Sturm SA (Nr. 26?) auf 5 Lastautos nach Altötting. Die Autos trugen 
Leinwandtransparente mit nachfolgenden Inschriften: 

„Kampf gegen den Juden, den Freimaurer, den Jesuiten!" 

„Wer den Juden kennt, kennt den Teufel, nieder mit den staats- 
feindlichen Nonnen!" 

„Es lebe die deutsche Frau und Mutter!" 

„Nichts für den devisenschieberiden Katholiken," 

„Alles für Deutschland!" 

„Der politische Katholizismus ist Staatsfeind erster Klasse." 

„Unser Glaube ist Deutschland!" 

„Heil und Sieg dem Hakenkreuz, Heil unserm Führer Adolf Hitler!" 

„Devisenschieber sind Landesverräter!" 

„Nieder mit dem politischen Katholizismus!" 

Die Rückwand zeigte: 

Eirie Eiche: Links von ihr ein katholischer Geistlicher. Rechts ein 
Jude. Darunter der Spruch: Und sind sie noch so fest erpicht, die 
deutsche Eiche fällen sie nicht. 

Die Autos fuhren in Altötting zunächst auf den Kapellenplatz. Dort 
stiegen die zirka 150 SA aus, formierten sich unter Vorantritt von 
Trommlern und Bläsern zu einem Zug' über den Kapellenplatz und in 
die Adolf-Hitler-Straße, kehrten dann zum Kapellenplätz zurück und 
nahmen Aufstellung zwischen Heiliger Kapelle und Marienbrunnen, wo 
bei den großen Lichterprozessionen der Wallfahrer regelmäßig der Altar 
steht und der Schlußsegen gegeben wird. In der Mitte wurde ein freier 
Platz gelassen und die Hakenkreuzfahne aufgestellt, vor die dann ein 
Brautpaar zu einer deutschen Trauung hintrat. Ein junger SA-Mann 
hielt zunächst eine etwa sieben Minuten lange Rede, sprach dabei davon, 
daß man hier auf historischem Boden stehe, daß hier schon die alten 

298 



Germanen gewohnt hätten, dann aber das Christentum seit zwei Jahr- 
tausenden sich ins Volk eingeschlichen habe, daß man aber jetzt wieder 
zurüclckehre zum alten Glauben der Väter. Dieser Glaube sei der 
deutsche Mensch, das deutsche Blut, der Glaube an Deutschland. „Wir 
kümmern uns nicht darum, ob wir zu den Engelein^ in den Himmel oder 
zu den Teufeln in die Hölle kommen. Unser Glaube ist Deutschland." 
Zum Schluß las er einen Satz aus Hitlers „Mein Kampf" vor, der davon 
handelte, daß sie (wohl das Brautpaar gemeint) wachsen und die 
deutsche Gemeinschaft vermehren sollten. Dann forderte der Redner 
das Brautpaar auf, durch Handschlag vor der Fahne den Treuschwur 
zu leisten. Während dann die Fahne über das Brautpaar geschwenkt 
wurde, spielte die Musik. Hernach zog alles ab in ein Gasthaus. Um 
etwa 8 Uhr abends wurde die Rückfahrt angetreten. Dabei begegnete 
ein Wagen einigen Klosterfrauen, die sofort angepöbelt wurden: „Da 
sind sie, diese Nonnen! Diese Devisenschieber u. ä." 

Hierzu stellen wir fest: 

1. Sämtliche 5 Lastwagen waren von der Reichsbahn; sie trugen alle 
die Aufschrift: „Deutsche Reichsbahn", und hatten auch die Abzeichen 
der Reichsbahn. Damit wurde während der ganzen Fahrt von München 
bis Altötting und in Altötting selbst bei allen Zuschauern der Eindruck 
erweckt, daß die Protestfahrt mit allen ihren Begleiterscheinungen von 
der Reichsbahn ausgehe. 

2. Sämtliche Transparentinschriften wurden, wie unzweifelhaft fest- 
steht und gegen jede eventuelle Ableugnung durch die Beteiligten auf- 
rechterhalten wird, im Reichsbahnausbesserungswerk zu Freimann von 
einem Angestellten während der Dienstzeit ange- 
f e r t i g-t. 

3. Die Fahrt hatte nicht etwa bloß einen Protestcharakter gegen den. 
„politischen Katholizismus" und die Devisenschieber, sondern auch gegen 
das Christentum und die katholische Kirche und ihre Einrichtungen. 

Darum wurde als Ziel gerade der besuchteste katholische Wall- 
fahrtsort Bayerns, Altötting, genommen. 

Darum wurde in Altötting selbst gerade der Ka pellenplatz zur 
Kundgebung benützt. ' Ausgesprochen antichristlichen Charakter zeigte 
schließlich die Ansprache und die Trauung. 

4. Die Bevölkerung von Altötting, die glücklicherweise ob des 
strömenden Regens nur sehr spärlich zugegen war, nachträglich freilich 
bald davon hörte, erst recht aber die anwesenden Wallfahrer, waren 
über die Inschriften und das Bild, über die Demonstration, Rede und 
Trauung sehr empört. Und was besonders beschämend für uns Deutsche 
ist, holländische und schweizerische Wallfahrer waren Zeugen all dessen 
und schrieben sich die Inschriften ab, photographierten verschiedene 
Szenen und erklärten, darüber in ihrer Heimat zu berichten. Ein hol- 
ländischer Geistlicher wurde noch dazu von einem SA-Mann angepöbelt. 

Wir werden gegen diese Verhöhnung einer katholischen Wallfahrts- 
stätte an anderer Stelle vorstellig werden. Herrn Präsidenten möchten 
wir aber bitten, alsbald eine Untersuchung darüber anstellen zu wollen, 
wie es möglich war, daß: 

1. Lastwagen der Deutschen Reichsbahn zu einer solchen Demon- 
stration benützt und mit derartigen Hetzinschriften versehen werden 
durften; 

2. i-nnerhalb des Reichsbahnausbesserungswerkes Freimann von einem 
Angestellten innerhalb der Dienstzeit derartige Hetzplakate und ein 
solches Spottbild gemacht werden durften. 

Wir erwarten, daß diesmal die Reichsbahndirektion energisch durch- 
greift, um endlich der antireligiösen Hetze innerhalb des Reichsbahn- 
ausbesserungswerkes ein Ende zu machen. 

299 



Wir hielten es auch für angezeigt, daß die Reichsbahn direktion 
öffentlich von dieser bedauerlichen Demonstration abrückt, mit der sie 
ohne jeden Zweifel nicht das Allergeringste zu tun hatte, mit der sie 
aber von der Bevölkerung und vom Ausland, das Zeuge des Vorkomm- 
nisses war, eben wegen der Benützung ihrer Kraftwagen nur zu leicht 
in Verbindung gebracht werden könnte. 

Genehmigen Herr Präsident den Ausdruck aufrichtiger Hoch- 
schätzung, in welcher ich ergebenst verbleibe 

Buchwieser, Generalvikar. 

In Abschrift: 

1. An den Herrn Reichs verkehrsminister Frhr. Eltz v. Rübenach, 

2. An das Auswärtige Amt, 

3. An das Reichsministerium des Innern, 

4. An den Herrn Präsidenten der Deutschen Reichsbahngesellschaft, 
Herrn Generaldirektor Dr. Dorpmüller, 

5. An Herrn Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp, 

6. An das Bayer. Staatsministerium des Innern, 

7. An die Kanzlei des Führers der NSDAP. 

Eine tausendjährige Kapelle durch NS-Hochzeit entweiht! 

Die Kapelle der ehemals kaiserlichen Residenz von AUstädt 
wurde entweiht, indem die Trauung des Jungbannführers Camilo 
Gärdtner durch den Gauleiter Günter Blum in Gegenwart einer 
großen Zahl von HJ-Führern und BdM-Leiterinnen stattfand unter 
feierlichem Orgelspiel und den Festklängen der nationalsozialisti- 
schen Hymne: „Erde gebiert aufs neue" („Türmer", „Allgemeine 
Zeitung" vom 11. September 1935). 

Eine NS-Eheweihe. 

Ein Muster bombastischer NS-Worte 
Die erste SS -Hochzeit in Pfaffenhofen a. Um, Obb. 

„Die Hochzeitsfeier des mit der Führung des SS-Sturmbannes 
11/92 Standarte beauftragten SS-Hauptsturmführers Kaspar 
Schwarzhuber mit Frl. Maria Margarete Fleißner war 
eine Weihestunde in tiefstem Sinne und für alle Teilnehmer bleibt 
sie ein unvergeßliches Erlebnis. Das sieghafte Banner des National- 
sozialismus und das ernste schwarze Fahnentuch der SS schmückten 
den Rathaussaal, in dessen Mitte die Büste des Führers stand. Die 
in Rot und Grün gehaltene Dekoration verlieh dem historischen 
Raum eine sehr vornehme Note. Der Bedeutung des Tages ent- 
sprach es, daß zahlreiche führende auswärtige Persönlichkeiten der 
SA und SS als Ehrengäste zugegen waren. HJ, BDM, Jungmädel 
und Jungvolk bildeten im Rathausinnern die Treppen entlang 
Spalier, Kreisleitung, Ortsgruppe, SS-Kameraden von auswärts, 
denen Hauptsturmführer Schwarzhuber den Weg zum National- 
sozialismus bereitete, SA, SS, die Führer der verschiedenen Unter- 
gliederungen, die Ratsherren, die Stadtverwaltung mit den sämt- 
lichen Arbeitern, Angestellten und Beamten waren zugegen. 

300 



Musikalische Darbietungen (bes. mit der aus einer Kirche ge- 
stohlenen Orgel! Der Verf.) umrahmten den feierlichen Akt. Trau- 
zeugen waren SS-Brigadeführer Diem und SS-Obersturmführer 
Friedrich Franz Bauer. 

Bürgermeister- Otto Bauer nahm die standesamtliche Trauung 
vor; seine von echt kameradschaftlichem Geiste getragenen, tief 
wurzelnden Worte lassen wir nachstehend folgen: 

Mein sehr verehrtes Brautpaar! 

Ihr beide erscheint heute vor mir, dem Bürgermeister und Standes- 
beamten der Stadt Pfaffenhofen, in der Absicht, den Bund der Ehe zu 
schließen. Die Ehe ist von der Volksgemeinschaft anerkannt. Die Liebe, 
Treue und Achtung zueinander sind die Grundpfeiler dieser Lebens- 
gemeinschaft. Nur das Gesetz oder der Tod kann diesen Bund trennen. 

Pg, Kaspar Schwarzhuber — Kampf genossin Maria Margarete 
Fleißner! — Wenn im Reiche Adolf Hitlers Mann und Frau die Ge- 
meinschaft für das Leben bauen, dann ist das wie Heimkehr zu den Ur- 
vätern- — und wie ein Vormarsch in. des Volkes Zukunft — wie ein 
Appell an der ewigen Wache — und wie ein Lagerbau des jungen 
Volkes. 

Nicht wie in vergangenen Zeiten wünschen wir uns Glück, sondern 
wir wünschen uns Kampf mit doppelten Waffen und Ehre mit doppelter 
Treue. 

Ich stelle Dir Kamerad und Dir Kameradin die Fahne des Führers, 
das Hakenkreuzbanner, hierher; legt im Geiste Eure reinen Hände ge- 
meinsam an ihren Schaft; diese Fahne der Freiheit ist die neue Zeit, für 
die Du Kamerad Schwarzhuber 14 Jahre kämpftest, für die Du gestritten 
und gelitten hast. Auch Deine Hand Kameradin Maria Margarete um- 
klammert die Fahne, für die Dein Mann gekämpft hat. Dies bedeutet 
für Dich höchste Verpflichtung im Kampfe um die Erhaltung unseres 
deutschen Volkes. Stehe in schweren und guten Zeiten treu und un- 
beirrbar hinter diesem Manne. Blutorden und Ehrenzeichen zeugen, daß 
der Mann, der mit Dir nun durch das Leben geht, in Treue und höch- 
ster Pflichterfüllung für sein Volk kämpfte. Als sein bester Kamerad 
weiß ich, daß er immer bereit war, a^es zu geben und zu opfern für 
unsere herrliche Freiheitsbewegung. — Allen, die da glauben, wir hätten 
keine Religion, weil wir uns selbst weihen, denen sage ich: „Wer für 
Adolf Hitler kämpft, kämpft für Deutschland, und wer für sein Vater- 
land kämpft, kämpft für Gott!" 

Unsere Fahne ist die neue Zeit und diese Fahne führt uns in die 
Ewigkeit. 

Und nun wollen wir heimkehren zu unseren Urvätern. — 

Sie sind euere ersten Trauzeugen. 

Ihr Blut, rein und unverfälscht seit Jahrtausenden, gesund und 
widerstandsfähig, meldet sich in dieser Stunde zu neuem Leben. — 
Und da werden sie wieder lebendig die Urahnen und die allernächsten, 
die noch hier stehen bei uns in stolzer Freude, die fernen, die wir nach 
Namen und Aussehen nicht mehr erkennen. — 

Alle aber sind deutschen Blutes — alle tragen in den Augen und 
auf der Stirn das stolze Leuchten ihrer Rasse — unseres Stammes. 

Alle stehen sie hier unter uns im Geiste und fragen uns: „Woher 
kommt Ihr? — Wo steht Ihr? — Wohin geht Ihr?" 

Und wir Nationalsozialisten antworten mit sieghaftem Glauben: 
„Wir kommen aus dem Volke — Wir stejien in unserem Volke — Und 
wir gehen heim zu unserem Volke." — 

Ob ihr, väterliche und mütterliche Trauzeugen, uns Geld und Gut 
oder Not und Soxge vererbt habt, das entscheidet nichts! 

301 



Aber daß ihr uns das Blut, diesen Quell von ganz eigener Kraft ge- 
geben habt, das ist unser Schicksal, unser Glück geworden, — Nicht Ver- 
mögen, nicht Kastengeist formt unser Leben, sondern Ihr, die Ahnen, 
gestaltet uns und unseres Volkes Dasein, unsere Seele und unseren 
Charakter. 

Und wenn unser heißgeliebter Führer Adolf Hitler zu uns spricht, 
so ist's, als ob ihr Ahnen wieder zu uns zu reden anfinget. Als ob ihr nach 
unserem Herzen und Gewissen greifen wolltet. — Alles auf Erden ist 
zu bessern. Jede Niederlage kann zur Mutter eines späteren Sieges 
werden. Jeder verlorene Krieg zur Ursache einer späteren Erhebung, 
jede Not zur Befruchtung menschlicher Energie — solange aber nur das 
Blut rein erhalten bleibt. 

Doch aber — verlorene Blutsreinheit allein zerstört das Glück auf 
immer — senkt den Menschen auf ewig nieder. — 

Väter, Mütter, Ihr seid Zeugen dafür, daß wir SS-Männer Euer Erbe 
als tapfere Blutswarte hüten und im Dienste der Volksgemeinschaft 
verwalten. 

Nicht umsonst tragen wir die Kampfparole der SS in der Tat durch 
Deutschland und schwören heute erneut auf sie: „Unsere Ehre heißt 
Treue!" — 

Treu zu den Urvätern — Treu unserem Blute — Treu unserem hei- 
ligen Boden, der in eurem Schweiß gepflügt und von eurem Blut ge- 
tränkt wurde. — 

Urväter — seid Zeugen des Schwures, den hier zwei deutsche Men- 
schen ablegen werden. 

Und nun kommen schon die 2. Trauzeugen zu uns. 

Die Toten — die Blutzeugen unserer heiligen Bewegung. 

Da steigen sie aus den eisernen Sarkophagen am Königlichen Platze, 
aus. den Gräbern nahen sie: 

Horst Wessel — Herbert Norkus — Allfahrt — Bauriedl — Theodor 
Casella — Anton Hechenberger — Karl Laforce — Kurt Neubauer — 
Klaus von Pape — Scheubner-Richter — Wilhelm Wolf — alle, alle 
kommen sie, um uns zu sagen: „Damit Ihr ein einig Volk werdet, star- 
ben wir. — Damit Ihr im großen und kleinen, in Volk, Ehe und Familie 
eine Gemeinschaft bauet, fielen wir. Damit Ihr glücklich werdet, blute- 
ten wir. Damit Deutschland aufersteht, gingen wir zu Grabe. Seht ihr 
sie, die Toten der Bewegung, wie sie in unserem frohen Kreis stehen, mit 
tiefgebetteten Augen, bleich, ernst und doch so stolz. Sie sind Zeugen 
eines neuen deutschen Lebensbundes. ■ — 

Ihre Seligkeit ist das immerwährende Auferstehen in einem jungen 
Volke, in Euch, meine beiden Kameraden — es ist, als ob sie auch zu 
Euerer Eheweihe versichern wollten: „Umsonst sind wir nicht tot — 
wir nicht und nicht unsere Kameraden aus dem großen Kriege, deren 
Ehre und Kampfpreis in dem sich erneuernden deutschen Volke erst 
lebendig wird." — Und wieder klingt's auf, das ewige Lied von der 
Treue, die allein unsere Ehre ist. 

Euch, Blutzeugen, wollen wir wieder das Leben geben, weil wir durch 
unseren schweren Kampf auf Eure Gräber geschrieben haben: „Auf- 
erstanden als Volk"; so wie es Walter Fl ex gesungen hat als Antwort 
der Toten der Bewegung auf unsere Frage: „Welches Ehrenmal wir 
ihnen bauen sollen" und sie sagten uns: 

Wir sanken hin für Deutschlands Glanz; 
Blüh, Deutschland, uns als Totenkranz! 
Die Mutter, die ihr Kindlein hegt. 
Ein Blümlein überm Grab uns pflegt. 
Blüh, Deutschland, überm Grabe mein, — 
Jung, stark und schon Heldenhain, — 

Das war der Wunsch der Toten, 
302 



Und wiederum sehen wir im Geiste die 3, Reilie, die Euch, mein 
liebes Brautpaar, Eideshelfer und Festzeugen sein sollen. Das . nächste 
Geschlecht, die Jugend des Dritten Reiches, Sie fordert viel und 
Schweres von uns. Sie fordert Treue und Opfer. 

Die Jungen müssen ja einmal die Festung halten, an der wir bauen. 
Sie müssen ja einmal unsere Erbschaft übernehmen. 

Wir hoffen und glauben, daß wir einmal einen besseren Staat in die 
reinen Hände der Jugend legen Icönnen, als er einmal in unsere Hände 
gegeben worden ist. Sie prüfen einmal unsere Treue zu Deutschland, 
sie schauen auf unsere Gemeinschaft im Volke und Elternhause. Sie 
wachen über unsere Eide und unsere Treue. Sie stehen mit den Vätern 
und IN^üttern, sie stehen mit den Gefallenen hier als leuchtende Stan- 
darten, bereit, im Geiste mitzumarschieren, und fordern, daß wir den 
, Atem nicht verlieren, daß wir treu bleiben, damit sie auf uns weiter 
bauen l^önnen. Junge Zeugen und Kampfgenossen, wir schaffen euch 
Raum, wir geben euch Leben und schmieden euch Waffen, wir l^ennen 
unsere Schuld an euch und sie heißt: Deutschland. 

Unsere liebe Vaterstadt Pfaffenhofen ist heute, und wann immer ein 
nationalsozialistischer Kämpfer einer deutschen Frau ^erz und Hand 
gibt, nicht so eng und schmal, daß sie nicht Raum bieten würde für das 
ganze Volk, das zur Treuzeugenschaft antritt. Keine Ehe kann im 
Reiche Adolf Hitlers geschlossen, keine Familie gebaut werden, ohne 
daß nicht das ganze Volle es verspürt und keine Ehe vermöchte wahr- 
haft glücklich zu sein, verspürte nicht Mann und Frau die Verbunden- 
heit und Verpflichtung zum ganzen Volke. 

Nicht mehr, wie in den Biedermeier-Zeiten oder in den düsteren 
Jahren bürgerlichen Eigendünkels sind hier unsere Familienhäuser ab- 
gekapselt vom großen Reiche, von der großen Familie des deutschen 
Blutes. Unser Führer, der Deutschland ist, grüßt jedes Haus, jedes 
schlichte Heim. Darum lege ich auch in Eure Hände das Kampfbuch 
des Führers. Möge Euch dieses Werk als unzerstörbares Bekenntnis zum 
Führer und damit zu Eurem deutschen Blute heilig sein. Das ganze Volle 
schaut heute auf Euch. Die Mauern des Rathauses weiten sich, Eure 
Vaterstadt wird zu ganz Deutschland, alle Standarten und Fahnen der 
Bewegung leuchten und wehen herein in diesen Festraum und ein fröh- 
liches Volk ruft Euch fordernd und dankend Heil zu. Ihr meine beiden 
Kampfkameraden, fühlt die Hände des Führers, der Eure beiden Hände 
ineinander schmiedet, Eure Herzen eint, der zu Euch und zu den vielen, 
die im kommenden, ewigen Deutschland an Eurem Stamm gedeihen 
werden, heute spricht: 

. Ihr seid viel tausend hinter mir 
Und Ihr- seid ich und ich bin Ihr, 
Ich habe keinen Gedanken gelebt. 
Der nicht in Eurem Herzen gebebt. 
'' Und forme ich Worte, 

So weiß ich keins, 
Das nicht mit Eurem Wollen eins. 
Denn ich bin Ihr 
Und Ihr seid ich 
Und wir alle glauben, Deutschland, an Dich. 

Meine Kampfgenossin Maria Margarete Fleißner, 

Mein Pg. Kaspar Schwarzhuber! 

Vor diesen beiden gesetzlichen Zeugen, vor den Vätern und Müttern 
unseres Blutes, vor den toten Helden unserer herrlichen Bewegung und 

303 



des großen Krieges, dem jungen Geschlechte und vor Führer und Volk 
frage ich Euch nun, nachdem ich Euch an die Wichtigkeit und Verant- 
wortlichkeit Eures vorhabenden Schrittes erinnere. 

Ich stelle an Dich, Pg. Kaspar Schwarzhuber, die Frage: Ist es Dein 
freier und ungezwungener Wille, mit diesem hier gegenwärtigen Fräu- 
lein Maria Margarete Fleißner die Ehe einzugehen? 

Ebenso frage ich Dich, Kampfgenossin Maria Margarete Fleißner: 
Ist es Dein freier und ungezwungener Wille, mit diesem hier gegen- 
wärtigen Pg. Kaspar Schwarzhuber die Ehe einzugehen? 

Nachdem Ihr nun meine an Euch gerichteten Fragen bejaht habt, 
erkläre ich Euch, meine lieben Kampfkameraden, kraft des bürgerlichen 
Gesetzbuches für rechtsmäßig verbundene Eheleute. 

Anschließend folgte dann durch SS-Sturmführer Schulungsleiter 
Dr. Gerhäuser, München, die SS-Trauung, die in ihrer Art einen 
feierlichen Akt darstellt, der die Herzen packt. Für beide Sippen 
bürgten: SS-U.-Sturmführer Bürgermeister Otto Bauer und SS- 
Obersturmführer F. F. Bauer, München. 

Es ist kein heidnischer Kult, wie manche zu sagen pflegen; es 
ist eine echt deutsche würdevolle Eheweihe von höchster Bedeu- 
tung. Das Leuchten vom deutschen Leben strahlt einem entgegen, 
das heilige SS-Bekenntnis zur Sippe, zur Familie und zum obersten 
Gesetz der Treue. Diese Treue muß für das Brautpaar in der Ehe 
ein Schild sein, an dem alle Angriffe zerschellen müssen. 

SS-Brigadeführer Diem überreichte dem Brautpaar einen 
Ehrendolch und beschloß den eindrucksvollen Akt mit einem 
dreifachen Sieg-Heil auf den Führer." („Pfaffenhofener Volksblatt" 
vom 14. Juli 1936.) 



Gottesdienststörungen. 

Wie von Gottes haus und Gottes a c k e r, so machte der natio- 
nalsozialistische Christentum- und Kirchenhaß auch vor dem Gottes- 
dienst nicht halt. Er schritt auch zu förmlichen Störungen von 
religiösen Feiern in Kirchen: So wurde in München einmal die 
Bahnhofsmesse im sogenannten Bürgersaal gestört, wobei die Misse- 
täter sogar eigens ihr Parteizeichen trugen und mit Brandstiftung 
und Bomben drohten. Ähnlich in der Pfarrkirche zu St. Ursula in 
München. HJ in München ärgerte sich über die kirchlichen Pfarr- 
jugendstunden und suchte sie wiederholt zu stören, z. B. im Jahre 
1935 in St. Gabriel, St. Pius, St. Ursula. 

Eine besonders drastische Gottesdienststörung geschah im D o m 
zu Freiburg i. Br. in Anwesenheit des H. H. Erzbischofs selbst. 
Darüber wird berichtet: 

„Kanonenschläger" 

bei der Treuekundgebung an den Bischof. 

Am Sonntag, den 11. Juni- 1941, fand abends im Münster zu Freiburg 
eine Treuekundgebung der katholischen Jugend statt. Das große Got- 
teshaus war voll von Gläubigen, etwa 5 0, meist Jugendlichen. Die 

304 



Andacht begann mit Gebeten, gesprochen von einzelnen und von allen. 
Dann folgte die Predigt, die ein junger Professor hielt. 

Der Herr Erzbischof Gröber befand sich mit Mitra 
und Stab am Altar und nahm an der Feier teil. Da auf einmal tat 
es einen fürchterlichen Krach, dem eine Rauchentwick- 
lung folgte. Die Folg^ davon war eine Panik unter den Anwesen- 
den; sie wurden unruhig und drängten sich nach den Ausgängen. Da 
forderte der Erzbischof laut rufend auf, die Ruhe zu bewahren und 
weiterzubeten. Daraufhin wurden die Leute wieder ruhig. Die Feier 
nahm nun ihren Fortgang und ging ruhig zu Ende. Dann ergriff der 
Erzbischof das Wort und nahm Stellung zu dem Vorkommnis. Zuerst 
bedankte er sich bei der Jugend für diese machtvolle Kundgebung und 
dann sagte er etwa folgendes: 

„Dieser herrliche Dom steht bereits seit mehreren 
hundert Jahren und heute abend fiel der erste Schuß 
darin. Ich kann diese sogenannten „deutschen Mensche n", 
die diese ruchlose Tat vollbrachten, nur als Verbrecher, Feig- 
linge und Verräter brandmarken. Es ist nicht genug, daß 
französische und englische Bomben in unseren deutschen Städten Pani- 
ken hervorrufen, nein, auch unser herrlicher Dom muß noch mit einem 
,Kanonenschläger' entweiht werden, und während wir für unsere tapfe- 
ren Soldaten beten, muß eine Panik die Leute verwirren, die leicht zu 
einem furchtbaren Unglück hätte ausarten können. Gott sei Dank, 
wurde das Schlimmste verhütet. Ich werde dafür sorgen, daß diese 
Untat in meiner Diözese bekannt wird und so etwas sich nicht wieder- 
holt. Dieser Schreckschuß heute abend ist für viele 
ein Weckschuß gewesen, für jetzt und für das Jahr 1941. Meine 
lieben Gläubigen! Gebet ihnen die gebührende Antwort am nächsten 
Sonntag bei der Fronleichnamsprozession!" 

Jedes Wort und jeder Satz des Oberhirten tat den Gläubigen 
wohl und wurde mit Bravorufen und Händeklatschen aufgenommen. 

Wer war der Täter? HJ-Führer, aufgestellt von unserem 
Kreis leiter! Im Beichtchor haben sie den Kanonenschläger 
(Feuerwerkskörper = mit Sprengpulver gefüllte Papphülse mit 
starkem kanonenähnlichen Knall) gelegt, die Zündschnur mit einer 
Zigarette angezündet. 

Der Erzbischof sagte noch: „Letztes Jahr platzte auch so ein 
„Kanonenschläger" vor der Eingangstür zu meinem Palais, 
aber der hat mich nicht so erschüttert wie dieser Schuß heute 
abend." 

Hatte der Erzbischof von Freiburg gemäß Obenstehendem seine 
Diözesanen aufgefordert, „am nächsten Sonntag bei der Fronleich- 
namsprozession den Attentätern die gebührende Antwort zu geben", 
so taten es die Münchener Katholiken Jahr für- Jahr von selbst: an 
die 20 000 bis 30 000 Katholiken, Männer, Frauen und in hervor- 
ragender Weise männliche und weibliche Jugend nahmen jedesmal 
in würdiger Weise teil, abgesehen von den Zehntausenden, die mit- 
betend und mitsingend den Prozessionsweg säumten. Um so mehr 
ärgerten sich hierüber die Nazis und sie glaubten ihrem Ärger Luft 
machen zu müssen durch Behinderung und Verspottung der Pro- 

305 



Zession. Dies geschah in ganz besonders abstoßender Weise an 
Fronleichnam 1937 in der SS-Kaserne. 

Zerrbild einer Fro.nleichnamsprozession 

In der SS-Standarte Deutschland, München, Ingolstädter Straße, 
zogen am Fronleichnamsfest (27. Mai 1937), nachmittags zwischen 
3 und 4 Uhr, 10 bis 15 Männer durch die Gänge dieser Kaserne der 
SS-Standarte Deutschland und verspotteten die Fronleichnams- 
prozession. > 

Vier SS-Männer trugen an vier Zeltbahnstöcken einen aus 
einem weißen Leintuch gefertigten Himmel. Unter dem Trag- 
himmel markierte ein Mann den Priester, der das AUerheiligste 
tiug. Er hatte eine Bischofsmütze aus Papier auf dem Kopf, trug 
ein langes, weißes Nachthemd und eine braune Decke um die 
Schultern, den Rauchmantel darstellend. In der Hand hatte er ein 
Kreuz, die Monstranz versinnbildend, einen Rosenkranz und ein 
Gi.'betbuch. Rechts und links von diesem markierten Priester ging 
je ein Mann. Diese hatten eine runde Kopfbedeckung aus Papier 
und eine braune Decke um die Schultern gehängt. Einer von diesen 
befden hatte einen Aluminiumtopf an Ketten oder Schnüren be- 
festigt, der das Rauchfaß darstellen sollte. Der andere hatte eine 
Fahrradglocke in der Hand. Vor dem Traghimmel ging ein Mann 
mit einer Ziehharmonika, der Fronleichnamslieder spielte. In jedem 
Gang wurde einige Male gehalten, was die Evangelien bedeuten 
sollte. Es wurde gesungen (Dominus vobiscum; Et cum spiritu .tuo 
etc.). Die Beteiligten knieten sich hierauf nieder, der SS-Mann, der 
den Priester machte, gab mit dem Kreuz den Segen; der eine Be- 
gleiter läutete mit der Fahrradglocke und der andere markierte mit 
dem Aluminiumtopf die Beräucherung. Dann wurde jeweils wieder 
weittrgezogen. Die Zimmerinsassen begaben sich bei dem Vorbei- 
zug auf die Gänge und lachten. 

Störung der Fronleichnamsprozession 
Bei der Münchener Fronleichnamsprozession 1939 schrie ein 
Mann vom Balkon eines Gasthauses herab dem Kardinal, der das 
AUerheiligste trug, und den Prozessionsteilnehmern mit lauter 
Stimme, hörbar für Hunderte von Leuten, entgegen: „Landes- 
verräte r". / 

Als dann der Schuldige sofort von einem energischen Katho- 
liken festgestellt und gestellt wurde, meldeten sich zwar sofort zwei 
Gestapoleute, taten aber nichts gegen den Übeltäter, unterhielten 
sich vielmehr später freundschaftlich mit ihm und seinem Begleiter! 
Man hatte offenbar den Teufel nur bei seiner Großmutter verklagt. 
Vergeblich wartete darum das Erzbischöfliche Ordinariat auf die 
Bestrafung dieser Gottesdienststörung und öffentlichen Beleidigung 
des Bischofs. Vergebens mahnte es nach ein paar Wochen mit nach- 
folgendem Schreiben zum polizeilichen bzw. gerichtlichen Ein- 
schreiten: 

306 



München, den 7. Juli 1939. 
Das Ordinariat des Erzbistums 
• München vmd Freising. 

An die 

Geheime Staatspolizei , 

Staatspolizeileitstelle 

München 
Brienner Str. 50. 

Betreff: Beleidigung der Katholiken Münchens anläßlich der Fronleich- 
namsprozession am 8. Juni 1939. 

Während der sonst ohne jegliche Störung verlaufenen Fronleich* 
namsprozession in München hat einer von zwei Männern, welche auf 
dem Balkon des Spatenbräurestaurants am Max-Josefs-Platz standen, 
mit weithin schallender Stimme der Prozessionsgruppe, welche vor, mit 
und hinter dem Allerheiligsten ging, zugerufen: „Landesverräter". 

Durch schnelles Zugreifen eines Laien konnten die zwei Männer 
sofort festgehalten und Beamten der Geheimen Staatspolizei übergeben 
werden. 

Wir ersuchen 

1. uns mitzuteilen, welches das Ergebnis der bisherigen Untersuchung 
ist, ob und wie staatlicherseits bereits gemäß der in Artikel 5 des 
Reichslconkordats eingegangenen Verpflichtung gegen diese Beleidi- 
gung von Geistlichen in Ausübung ihrer geistlichen Tätigkeit und 
gegen diesen groben Unfug vorgegangen wurde, 

2. Uns. baldigst den Namen des Übeltäters bekanntzugeben, damit Geist- 
liche und Laien, denen in aller Öffentlichkeit dieser unerhörte Vor- 
wurf gemacht wurde, fristgemäß Privatklage wegen Beleidigung 
stellen können. 

Eine Antwort auf dieses Schreiben wie auf wiederholte münd- 
liche Anfragen war nicht zu erreichen. 



3. Antichrists Wüten gegen des „unwerte Leben". 

In seinem Fastenhirtenbrief vom Jahre 19 3 4 schrieb H. H. 
Kardinal Faulhaber, Erzbischof von München, unter anderem: 

„Vor kurzer Zeit ist ein furchtbares Wort gefallen: Jede 
Sittenlehre gelte nur eine Zeitlang, und sittlich sei alles, was 
dem Wohle des Volkes dient". Die christliche Sittenlehre ist 
ein wesentliches Stück des Evangeliums, verpflichtet also alle Völker 
vmd alle Zeiten so gut wie die Glaubenslehre des Evangeliums. Sitt- 
lich ist, was dem Willen und den Geboten Gottes ent- 
spricht. Das wird auf die Dauer immer auch dem Wohle des Volkes 
dienen. Eine neue sittliche Ordnung aber, die mit den Geboten Gottes 
in Widerspruch stünde, würde Unordnung schaffen und dem Wohle des 
Volkes nicht dienen. Da könnte ein F a natiker auf den Wahn 
kommen, Enteignung des Kirchengutes, Meineid und 
Mord dienten dem Wohle des Volkes und seiendeshalb 
sittlich erlaubt. Es könnte ein Arzt auf den Gedanken 
kommen, die schmerzlose Tötung der sicher unheil- 
bar Kranken, auch der unheilbar Geisteskranken, die 
sogenannte Euthanasie, erspare dem Staat große Für- 
sorge lasten und diene deshalb dem Wohle des Volkes. 
Wirtschaftliche Rücksichten können ein Sitten- 
gesetz nicht außer Kraft setzen. Der Vater des Gedankens, 

307 



alte Leute einzuschläfern, ist der gleiche Nietzsche, der den Staat 
ein „Ungeheuer", die Nächstenliebe „das größte Laster" nannte, in des- 
sen Augen es die größte Torheit war, den Unterschied zwischen Herren- 
menschen und Sklavenmenschen abzuschaffen. Christus hat den ewig 
gültigen Grundsatz aufgestellt: „Alles, was ihr wollt, das euch die 
Menschen tun, das sollt ihr ihnen auch tun". In der Kehrseite heißt 
das: ,Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem an- 
dern zu!" (Mt. 7,12.) 

Eine warnende, aber nicht beachtete Prophetenstimme! 
Das , (furchtbare Wort", das einer vorgesprochen hatte: „Sittlich 
ist alles, v^as dem Wohl des Volkes dient" oder, kürzer formuliert: 
„Gut ist, was nützlich is t", wurde bald Moral und Parole 
der Partei. Ebenso auch die Kehrseite dieser Losung: „Was 
nichts mehr nützt, ist lebensunwert, soll be- 
seitigt werden, insbesonders, wenn es die Reinerhaltung der 
Rasse, das nationale Wohl und die Erhaltung der Volkskraft er- 
fordern!" 

Erste Auswirkung dieser Moral war die Unfruchtbarmachung 
zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, 

die sog. Sterilisation. 

Sie wurde durch tendenziöse Filme niedrigster Art vorbereitet und 
propagiert und dann an ungezählten Schwachsinnigen in- und 
außerhalb von Anstalten, selbst an Geistlichen, durchgeführt. Dar- 
legungen der Bischöfe, wie sie immer wieder geschahen, um zu 
zeigen, daß es dem katholischen Gewissen nicht erlaubt sei, solche 
Eingriffe für die eigene Person zu gestatten oder für andere zu 
beantragen (Kardinal Faulhaber, ebenfalls im Fastenhirtenbrief 
1934), wurden nicht beachtet. Spätere energische Proteste der Bi- 
schöfe gegen diese Maßnahmen führten zur Beschlagnahme von 
Hirtenbriefen. (Siehe Denkschrift der Bischöfe vom 20. August 1935.) 

Das Lügenwort und Verbrechen der 
„Euthanasie." 

Das war der wohlklingende Deckname für die skrupellose, ge- 
waltsame Tötung von Menschen, vielleicht von Hunderttausenden! 

Auf der Tagung der schlesischen Wohlfahrtspflege in 
Bad Salzbrunn vom 25. bis 27. Oktober 1939 sprach Gauleiterstell- 
vertreter Bracht das so wenig nach Wohlfahrtspflege klingende 
Wort: „Das deutsche Volk muß dazu kommen, immer weniger un- 
produktive Kräfte mitzuschleppen." 

In Wirklichkeit war dies aber längst nicht mehr ein Zukunfts- 
programm des deutschen Volkes oder vielmehr des deutschen 
Nationalsozialismus, sondern etwas, was schon seit mehreren Jahren 
geradezu ,,am laufenden Band" durchgeführt wurde. Rücksichtslos 
und massenhaft beseitigte man bereits landauf, landab „unproduk- 
tive Kräfte", so wie man unbrauchbare Werkzeuge wegwirft oder 
alte, schwache Tiere tötet. 

308 



Zunächst wurden von den „Landesfürsorgeämtern" (der Name 
„Fürsorge" ward hier wirklich zum Hohn) Meldebögen nachfolgen- 
der Art an die einzelnen Heil- und Pflegeanstalten verschickt. 

Meldebogenl Ist mit Schreibmaschine 

auszufüllen! 

Lfde. Nr 

Name der Anstalt: ......... 3 .... < 

in: « 

Vor- U.Zuname des Patienten: ...... geborene: 

Geburtsdatum: . . . -Ort: Kreis: 

Letzter Wohnort: Kreis: 

ledig, verh., verw. od. gesch.: . . . Konf.: . . . Rasse: . . , Staatsang.: . . . 
Anschrift der nächsten Angeh.: . . j 



Regelmäßig Besuch und von wem (Anschrift): 



Vormund oder Pfleger (Name, Anschrift): 

Kostenträger: . Seit wann in dortiger Anst.: 

In anderen Anstalten gewesen, wo und wie lange: 

Seit wann krank: .... Woher und wann eingeliefert: 

Zwilling: . ... » > Geisteskranke Blutsverwandte: 

Diagnose: . i , , t , . i ^ 

Hauptsymptome: . t . i . . . . 

Vorwiegend bettlägerig? . •. . . sehr unruhig? ... in festem Haus? . . . 

Körperl, unheilb. liCiden: * . s . i . . Kriegsbeschäd.: 

Bei Schizophrenie: Frischfall . . . Endzustand . . . gut remittierend: . . . 

Bei Schwachsinn: debil imbezill: Idiot: 

Bei Epilepsie: psych, veränd.: . . . durchschn. Häufigkeit, d. Anfälle: . . . . 

Bei senilen Erkrankungen^ stärker verwirrt unsauber 

Eingewiesen auf Grund §51, § 42bStrGB. usw durch: 

Delikt: .......... Frühere Straftaten: 

Art der Beschäftigung: Genaueste Bezeichnung der Arbeit und 
der Arbeitsleistung: 



Ist mit Entlassung demnächst zu rechnen? 
Bemerkungen: - 



Ort, Datum: 



(Unterschrift des ärztlichen Leiters 
oder seines Vertreters.) 



309 



Diese Fragebögen mußten nach der Ausfüllung wieder an den 
Landesfürsorgeverband zurückgeschickt werden, damit dieser für 
das weitere sorgen- könne. Als die katholischen Pflegeanstalten den 
heimtückischen Zweck dieser Meldebögen sicher erkannten, weiger- 
ten sie sich größtenteils, die Meldebogen überhaupt noch .ein- 
zuschicken. 

Dann kamen ärztlicheKommissionen in die einzelnen 
Heil- 'Und Pflegeanstalten und brachten hiebei die ausgefüllten 
Fragebogen mit oder ließen sich die zurückbehaltenen ausliefern. 
Nur vereinzelt nahmen sie sich Zeit, Patienten selbst zu prüfen. 

Der Leiter einer solchen ärztlichen Kommission, Dr. Schm., 
antwortete am 18. November 1937 gegenüber ernstesten Bedenken 
und dringendsten Bitten der Oberin einer solchen Anstalt in Ober- 
bayern: ,, Machen wir uns doch nichts vor und seien wir aufrichtig 
zueinander: Diese Eckensitzer müssen weg!" 

Bei der nachfolgenden Durchsicht der Meldebögen machte er 
dann bei Schwachsinnigen und Geisteskranken fast durchwegs ein 
Kreuzchen auf das freie Rechteck der linken unteren Seite des 
Meldebogens (andere machten es zu den Namen auf den mit- 
gebrachten Listen). Das Todesurteil für die Bezeichneten! 
Darunter fielen auch Pfleglinge, die noch beinahe voll arbeitsfähig 
waren, sei es in der Landwirtschaft oder in einem Handwerk, bei- 
spielsweise solche, die nur vielleicht ein- oder zweimal im Jahr 
einen epileptischen Anfall oder ähnliches hatten. 

Auf den Einwand der Frau Oberin obiger Anstalt, daß die 
Pfleglinge doch auch arbeiten könnten und durchaus nicht „un- 
produktiv" seien, antwortete der Arzt: „Was heißt denn bei euch 
arbeiten? Ihr habt ihnen nur einiges eingedrillt; das ist doch keine 
Arbeit. Da haben Sie eine falsche Auffassung über Arbeit." 

Selbst solche wurden dem Tode geweiht, bei denen es sich um 
Folgen von. Kriegsverletzungen handelte!! 

Die Todeskandidaten wurden dann aus den caritativen 
katholischen oder evangelischen Anstalten zunächst vorsorglich in 
staatliche Heil- und Pflegeanstalten verbracht, und zwar unter 
dem Vorwand einer „Neuorganisation der Heil- und 
Pflegeanstalten" und „zur Erhaltung der Wirt- 
schaftlichkeit der Heil- und Pflegeanstalten, in 
welchen im Zuge der , Neuorganisation' (wieder ein euphemistischer 
Deckname für die Tötung!) eine ganze Anzahl von Betten frei- 
geworden sei." Ausdrücklich und schärfstens wurde dabei betont: 
„Von einer vorhergehenden Verständigung der 
Angehörigen der Kranken ersuche ich unter allen 
Umständen im Interesse eines geregelten Abtransportes der Pfleg- 
linge abzusehen. Sie erfolgt durch den Landesfürsorgeverband 
Oberbayern/' 

Nur in diesem letzten Punkte wich eine diesbezügliche Anord- 
nung des Reichsstatthalters von Salzburg ab: 

310 



Der Reichsstatthalter Salzburg, am 17. August 1940. 

Br. I/I — RVR (III) 1/40 geh. 

Vertraulich. 

An die 

Versorgungsansta-lt Schernberg 

zu Händen der Oberin o. V. i. A. 

Schwarzach. 
Gegenstand: 
Verlegung von Kranken aus Heil- und Pflegeanstalten. 

Zur streng vertraulichen Behandlung wird mitgeteilt, daß laut 
einem Erlaß des Reichsverteidigungskommissars im Wehrkreis XVIII in 
Innsbruck die gegenwärtige Lage die Verlegung einer größeren Anzahl 
von in Heil- und Pflegeanstalten untergebrachten Kranken notwendig 
macht, um für andere/ Zwecke Betten jederzeit verfügbar zu haben. 

Die Kranken werden nebst ihren Krankenpersonalakten und Kran- 
kengeschichten in Sammeltransporten verlegt. Der Abgabeanstalt ent- 
stehen aus dem Transport keine Kosten; die Benachrichtigung 
der Angehörigen über die Verlegung hat durch die 
Abgabeanstalt zu erfolgen. Die Abgabeanstalt hat auch 'die 
Kostenträger davon in Kenntnis zu setzen, daß weitere Zahlungen über 
den Tag der Verlegung hinaus solange einzustellen sind, bis sie von der 
Aufnahmeanstalt angefordert werden. 

Die notwendig werdenden Verlegungen werden von Fall zu Fall 
angeordnet werden. 

LA. 

gez. Dr. Hausner. 
Beglaubigt: Hromadka. 

Der Landesfürsorgeverband Schwaben suchte bei dieser Um- 
legung der Kranken gleichsam noch ein Geschäft zu machen. 
Er beauftragte die caritativen Anstalten, aus denen Pfleglinge in 
die staatlichen Anstalten verbracht wurden, allen „Umzulegenden" 
(dieses Wort hatte hier eine fatale Doppelbedeutung!) noch 
dreifache Leibwäsche, einen Sonntags- und Werktagsanzug mit- 
zugeben, reichlich viel für die, welche zumeist schon nach wenigen 
Tagen sterben sollten. 

Aus den staatlichen Heil- und Pflegeanstalten wurden 
dann die „unproduktiven Kräfte" entweder in Eisenbahnwaggons, 
meist nachts und auf offener . Strecke, außerhalb eines Bahnhofs 
verladen oder in Omnibussen der „Gemeinnützigen Transportgesell- 
schaft G. m. b. H." (was doch der Nationalsozialismus für eine Auf- 
fassung von „gemeinnützig" hatte!), meist von SS-Leuten gesteuert, 
fortgebracht. 

Nach einigen Tagen erhielten die Angehörigen eine kurze Nach- 
richt über die Verlegung ihrer Patienten, nach ein paar weiteren 
Tagen die Todesbotschaft. Durch die mehrmalige Verlegung 
sollten die Spuren der Gewalttat verwischt werden. 

Als Todesursache wurde schematisch dies und jenes verzeichnet, 
darunter des öfteren eine unmögliche Krankheit, z. B. Blind- 
darmentzündung bei Personen, die längst keinen Blinddarm mehr 

311 



hatten, oder Tonsilitis bei Leuten, denen längst die Mandeln heraus- 
genommen waren. 

Ein paar Beispiele mit kurzen Auszügen aus der amtlichen Mit- 
teilung. 

1. KrautMagdalena. 

Vernichtungsanstalt: Landespflegeanstalt Grafeneck in Württemberg, 

„Verlegt 1940 auf ministerielle Anordnung und gemäß Weisung des 
Reichsverteidigungskommissars." 

„Tod ist als Erlösung aufzufassen." 

„Wegen Seuchengefahr sofortige Einäscherung des Leichnams." 

„Besuche hier gegenwärtig aus seuchenpolizeilichen Gründen ver- 
boten." 

2. Lindauer Bert a. 

.Vernichtungsanstalt G r a f e n e c k in Württemberg. 

„Verlegt am 9. Oktober 1940 auf ministerielle Anordnung gemäß Wei- 
sung des Reichsverteidigungskommissars." 

„Ihren Tod müssen Sie als eine Erlösung auffassen." 

„Tod 22. Oktober^ 1940. Plötzlich und unerwartet an akuter Milliartuber- 
kulose." 

„Wegen Seuchengefahr ordnete die Polizeibehörde sofortige Einäscherung 
des Leichnams an." 



£an5c^an(!a(f ßarf^efm 



Äor(Mm,ben 13. Juni 1940. 

Dlitr £ln3 (Oonou), pef)f(f)lle^a4 £fni 324 
Strnruf: aitoocn 9 



Maria L i e g 1 , 
MilÄöhen. 



RuppreohtB-traBse 15/III 
Betr.: Josef Liegl. 

Sehr geehrte Frau Liegl ! 

Ich beehre miöh Ihnen mitzuteiler., daß Ihr Bruder Herr 
Josef Liegl, der auf Grund ministerieller Anordnung gemäß 
Weisung des Reichaverteidigungskomraissars verlegt werden 
nöiöte, hier eingetroffen ist, 

, .>'■• ■■"•:.,\ Hell Hitler ! 



''oorn lO:^ 




Als Beispiel der amtlichen Heuchelei und Schwindelei, die hier ge- 
trieben wurde, zwei Briefe der Landesanstalt Hartheim in Photokopie. 

ai2 



atihron |hl# onsrten!) 



Fräulein 
Maria 1 1 e g 1 

München 



mpprechtstr. 15 



Sehr geehrtes Fräulein liegl 



Im Nachgang zu unserem Schreiben vom 13. ^uni 19.40 müssen 
wir Ihnen zu unserem größten Bedauern mitteilen, . daß Ihr Bru- 
der Josef liegl , der sich seit kurzen auf ministerielle Anord- 
nung gemäß Weieung des HeichsverteidigungskommiBsars in unse- 
rer Ansta5.t befand, unerwartet infolge lüngehahazee'sea ge- 
storben ist. Eine ärztliche Hilfe war leider nicht mehr möglich. 

Da jedoch bei der Art und der Schwere des Leidens Ihres Bruderß 
mit einer Besserung und damit auch mit einer Entlassun« aus 
der Anstalt nicht meiir zu rechnen war, kann man seinen, aer ihn 
von seinem- Leiden befreite und ihn vor einer lebenslänglichen 
Anstaltspflege bewahrte, nur als Erlösung für ihn ansehen; 
möge Ihnen diese Gewißheit zum Tröste gereichen. 

um einer möglichen Seuchengefahr, die jetzt während des Krie- 
ges besonders groß ist, vorzubeugen, mußte der Veratorbene 
auf polizeiliche Anordnung hin sofort eingeäschert werden. 

Falls Sie die üme mit den sterblichen üb rrosten Ihres Bruders 
auf einem bestimmten Friedhof beisetzen lassen wollen, - die 
Überführung der Urne findet kostenlos statt - bitten wir Sie, 
unter .Beifügung einer Einverständniserklärung der betreffenden 
Friedhbfverwaltung um Mitteilung. 

Sollten Sie uns innerhalb von 14 Tagen keine diesbezügliche ■ 
Nachricht zukommen lassen, werden wir die' Beisetzung der Urne 
'anderweitig veranlassen. 

Zwei Sterbenirkunden, die Sie für eine etwaige Vorlegung hei Be- 
hörden sorgfältig aufbewahren wollen, fügen wir 'bei,. 



Heil Hitler 



Man beachte die Ungenauigkeit: in einem Brief heißt die Schwester 
„Fräulein", im andern „Frau". In der Sterbeurkunde Nr. 537 des Stan- 
desamtes Hartheim heißt es: „Am 17. Juni 1940 um 8 Uhr 30 Minuten 
in seiner Wohnung verstorben. Todesursache; Lungenabszeß." 



313 



3. RiefHedwig. 
„Am 6. Februar 1940 in die Landespflegeanstalt Grafeneck gebracht." 
Von dort Nachricht am 13. Februar: „Fräulein Rief ist am 8. Februar 

1940 einem Herzschlag erlegen."« 
„Mußte auf polizeiliche Anordnung eingeäschert werden." 

„Ihr Tod bedeutet Erlösung." 

i 

Asche kam nach 4 Wochen an das Bürgermeisteramt in Weiler (Heimat). 

4. Obermeier Franz. 

Landespflegeanstalt Brandenburg a. H. 

„Vor kurzem auf ministerielle Anordnung ... in unsere Anstalt überführt. 

„Hier am 11. September 1940 an einer Grippe, die Lungenentzündung 
zur Folge hatte, verstorben." 

„Alle ärztlichen Bemühungen... blieben ohne Er- 
folg"(!!) 

„Einäscherung mußten wir auf polizeiliche Anordnung sofort veran- 
lassen." 

„Von einem schweren, unheilbaren Leiden erlöst und vor lebensläng- 
licher Anstaltspflege bewahrt." 

5. Frau Henriette Friedrich. 

Landespflegeanstalt Brandenburg a. H. 
„Verlegt nach Brandenburg" 

„Am 23. September 1940 an einer septischen Angina verstorben, trotz 
aller Bemühungen unserer Ärzte, die Patientin am 
Leben zu Erhalten." 

„Seuchengefahr verlangte sofortige Einäscherung." 

6. Auracher, München. 

Vernichtungsanstalt: Landes-Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein 
über Pirna. 

Neu ist in diesem Falle, daß wegen der „Seuchengefahr" auch die 
sämtlichen Kleidungs- und Gebrauchsgegenstände 
des Entschlafenen (wiederum ein Hohn: dieses Wort „Entschlafener" für 
einen Getöteten) vernichtet werden mußten, so daß wir Ihnen zu 
unserem Bedauern nichts zurückgeben können. (In Wirklichkeit wan- 
derten diese Kleider nicht in das Krematorium, sondern in Konzen- 
trationslager oder vielleicht gap in Privatwohnungen von davon Betei- 
ligten.) 

7. Von Interesse dürfte besonders auch folgender Fall sein: 

Schwester Angela Holtzmann ' 

aus einem bayerischen Salesianerinnenkloster wegen Geisteskrankheit in 
der Anstalt Rottenmünster untergebracht, entging durch besondere Vor- 
sichtsmaßnahmen der dortigen Schwestern der Verschleppung und 
Tötung, obwohl ihr leibeigener Bruder sich , geweigert hatte, 
irgend etwas zur Rettung seiner Schwester zu tun, da er selbst, wie er 
erklärte, in Eglflng-Haar bei der „Wegschaffung" der Kranken (meist 
nach Hartheim bei Linz) beteiligt war. 

8. Frau Klinkowström hatte einen kranken Sohn in der Heilanstalt 
in Mauer- ölling. Sie wollte ihn wegtun nach der katholischen Pflege- 

314 



anstalt Schernberg. Sie wandte sich anFrauGöringin Bad Gastein 
mit der Bitte, bei ihrem Mann Fürbitte einzulegen, daß ihr Sohn nicht 
einbezogen würde. Frau Göring erhielt von ihrem Mann telegraphisch 
die Antwort: „Da kann ich nichts machen; denn das geht von der höch- 
sten Stelle aus." 

Welch eine Angst und welch ein Terror in den staatlichen An- 
stalten herrschte, aus denen die Pfleglinge in die Vernichtungs- 
anstalten weggeholt wurden, zeigt der Brief einer Pflegeschwester 
vom Oktober 1940: 

„ . . . Ich habe nun die Angst in Formen kennengelernt, die mir bis 
jetzt neu waren." (Die Todeskandidaten wußten ja großenteils sehr 
wohl, wohin die Fahrt mit den Omnibussen der „Gemeinnützigen Trans- 
portgesellschaft" ging.) 

„Sollte es mir möglich sein, so weiß ich den Weg zu Euch. Im 
übrigen unterlassen wir alles persönliche und brief- 
liche Verkehren. Unnötig darf man sein Leben nicht der Gefahr 
aussetzen und die Sache ist todesernst... Ich bitte Euch sehr, sagt 
keinem Menschen von diesem Brief! Schweigen, schweigen! Es ist not- 
wendig." 

Die Mitwisser dieser „Euthanasie" fühlten sich eben durch ihre 
Kenntnis genau so in Lebensgefahr wie jene, die in den Konzen- 
trationslagern das Krematorium zu bedienen hatten, die wohl eines 
Tages den Entlassungsschein bekamen, aber nur, um dann auf den 
Schießplatz geführt und mutidtot gemacht zu werden. 

Der Gipfelpunkt der Heuchelei! 

Als Gegenstück zu all diesen Zehntausenden von Morden an 
Schwachsinnigen eine Zeitungsnotiz, wie sie Ende September 1940 
im ganzen deutschen Blätterwald zu sehen war. 

, „Zahl der Opfer des Verbrechens von Bethel weiter erhöht." 

Die Zahl der Todesopfer, die das ruchlose Verbrechen der Royal- 
Air-Force an den weltbekannten Bodelschwing'schen Heilanstalten in 
Bethel bei Bielefeld gefordert hat, hat sich auf 12 erhöht, da mehrere 
Schwerverletzte ihren furchtbaren Wunden erlegen sind. 11 hilflose, 
kranke Kinder und eine Krankenschwester, die ihr Leben der Pflege 
dieser unglücklichen Geschöpfe gewidmet hatte, sind dem von Churchill 
und der Londoner Mörderclique befohlenen Überfall zum Opfer gefallen. 
Das Blut dieser unschuldigen Opfer wird tausendfach gerächt werden." 
(Voigtländischer Anzeiger und Tageblatt vom 28. September 1940.) 

Gewiß, jeder Deutsche, jeder Christ, jeder Menschenfreund be- 
dauert alle diese 12 Opfer eines Luftangriffes. Aber ist jedes Be- 
dauern und jede Entrüstung über den Tod dieser Pfleglinge nicht 
eine Komödie und ein Hohn bei Menschen, die vorsätzlich, 
kaltblütig und unnötig, nur aus rein wirtschaft- 
lichen Gründen' Zehntausende, vielleicht Hun- 
derttausende solcher „unwerter Menschen" ge- 
tötethaben? 

Schreit das Opfer dieser unschuldigen Opfer des National- 
sozialismus nicht hunderttausendfältig zum Himmel um Rache? 

-. 315 



4. Antichrists Wüten gegen das Judentum. 

„Wo hätten wir jemals in irgendeiner amtlichen Verlautbarung, 
in unserer Betätigung die Offenbarung der Bibel, des Alten und 
des Neuen Testamentes abgelehnt? Wir warnen nur davor, daß man 
gerade die Geschichte • des alt jüdischen Volkes mit einer größeren Aus- 
führlichkeit unserer Jugend näherbringt als die Geschichte, die Sagen- 
und Märchenwelt unseres eigenen Volkes." 

„Wir haben wiederholt den Beweis dafür geliefert, daß die Rasse 
von uns nicht höher gestellt wird als die Religion; aber daß die 
Rasse etwas Gottgewolltes ist, wird von uns mit aller Deutlichkeit be- 
tont. (,Sehr richtig!' bei den NS; Zuruf von Bayer. Volkspartei: ,Alle 
Rassen?') Jawohl! Es muß wohl auch Juden geben, nicht wahr? 
Gott wird wissen, warum er auch Juden hat werden lassen." 

So wur(^e im Bayerischen Landtag am 29. April 1931 vom 
Sprecher der nationalsozialistischen Arbeiterpartei nachdrücklich 
verkündet und versichert. 

Zwei Jahre später aber, nach der Machtübernahme, gab es für 
diese Deutschen nur noch eine gottgewollte, ja geradezu 
vergötterte Rasse, die arische, noch näher die nor- 
dische, noch besser die germanische Rasse. 

Die jüdische Rasse dagegen? Von allen Dächern pfiiff man's, in 
allen Sälen brüllte man's, in allen Zeitungen schrieb man's, an alle 
Mauern schmierte man's, in den Schulen lehrte man's, auf allen 
Kursen verkündete man's als aller Weisheit Gipfelpunkt und als 
aller Politik Ausgangspunkt: 

„D'er Jude ist der Ausbund aller Schlechtigkeit!" 

„Der Jude ist der Auswurf der Menschheit!" 

„DerJudeistanallemschuld!" 

Die billige, geläufige Erklärung für alles Übel im deutschen 
Land und auf der ganzen Welt! 

Kein Wunder, daß Judenhaß überall aufloderte und sich in 
Wort und Tat Luft machte, z. B. in dem blutrünstigen Lied, das gar 
oft auf den Straßen zu hören war, selbst von Gebildeten (bei einem 
Geländeübungskurs des SA-Hochschulamtes von Hochschulstudenten 
in Memmingen Ende Mai 1934): 

1. Wetzt die langen . Messer 
Auf dem Bürgersteig! 
Laßt die Messer flutschen 
In den Judenleib! 

:/: Blut muß fließen knüppelhageldick, 
Wir scheißen auf die Freiheit der Judenrepublik. 
Kommt einst die Stunde der Vergeltung, 
Sind wir zu jedem Massenmord bereit, :/: 

2. Hoch die Hohenzollern 
Am Laternenpfahl! 
Laßt die Hunde baumeln, 
Bis sie runterfalln! 

:/: Blut muß usw :/: 

316 ^^- 



S. In der Synagoge 

Hängt ein schwarzes Schwein. 
In die Parlamente 
Schmeißt 'ne Handgranate rein! 
:/: Blut muß usw.... :/: 

4. Reißt die Konkubine 
Aus dem Fürstenbett, 
Schmiert die Guillotine 
Mit dem Judenfett! ' 

Ui Blut muß fließen.., j/: 

Der wilde Trompeter des Antisemitensturmes 

Julius Streichers: „Der Stürmer" verkündete in jeder Nummer 
und auf jeder Seite, mit Wort und Bild (und welchen!) der Juden 
Schlechtigkeit und Schuld. Und an alleti Straßenecken und Tram- 
bahnhalteplätzen, in Betrieben und Gastlokalen durfte er seine anti- 
semitische Hetze treiben. Ein junger Lehrer Münchens (K.) ließ 
im Januar 1937 eine Nummer des „Stürmers" mit besonders 
schweren Angriffen auf die Kirche tagelang sogar im Schulzimmer 
der achten Volksschulklasse ausstellen. 

Es bedurfte sogar da und dort energischer Proteste seitens der 
Geistlichen, daß die Anschlagtafel dieses Schandblattes nicht dicht 
neben die Anzeigetafel der Gottesdienste, an Friedhofmauem oder 
gerade gegenüber dem Kircheneingang angebracht wurde (siehe 
Kapitel 7). Für den „Stürmer" war nebst dem Juden selbst auch 
jeder deutsche Staatsbürger vogelfrei, wenn er nicht Judenhasser 
war oder gar einem Juden irgendetwas Gutes tat. Und ein deut- 
sches Gericht gestand ihm dieses „Recht" ausdrücklich zu. So 
verkündeten es Riesenplakate von Julius Streicher mit nach- 
folgendem Gerichtsentscheid: 

Entscheidung des Amtsgerichtes Berlin 
Abt. 802 BS. 728/37. 

In der Privatklagesache des Rechtsanwaltes Dr. Karl Kikath, Berlin W 50 

gegen den Stürmer, Nürnberg, 
wird die Privatklage auf Kosten des Privatklägers zurückgewiesen. 

Gründe : 

Der Stürmer hat die Aufgabe, das Verständnis für den Rassegedan- 
ken im Volke zu wecken und zu vertiefen, sowie die Bewegung im not- 
wendigen Kampf gegen das internationale Judentum zu unterstützen. 
Dieser Aufgabe wird der Stürmer auch dadurch gerecht, daß er in 
dem Verhalten einzelner Volksgenossen dem Juden- 
tum gegenüber Kritik übt. Dies geschieht dabei nicht, um den 
einzelnen zu verunglimpfen, sondern um der Gesamtheit der Deutschen 
vor Augen zu halten, wie jeder einzelne sich dem Judentum gegenüber 
zu verhalten hat. Der einzelne hat kein Recht, sich gegen 
die Kritik seines Verhaltens, soweit sie objektiv 
berechtigt ist, zu wehren, da er sonst die notwendige 
Aufgabe des Stürmers zum Nachteil der Gesamtheit über Gebühr 
stören, wenn nicht sogar gefährden würde. Wenn der Privatkläger trotz ' 
dieser Erwägungen wegen des Artikels in der Nummer 5 des Jahrganges 

317 



1937 des Stürmers die Bestrafung des Beschuldigten begehrte, statt seine 
eigenen Interessen der großen Aufgabe der Aufklärung des Volkes in 
der Judenfi'age unterzuordnen, muß er sich gefallen lassen, 
wenn sein Verhalten im Rahmen der Aufgabe des Stürmers einer er- 
neuten scharfen Kritik unterzogen würde. 

Berlin, den 18, Oktober 1937 

Amtsgericht Berlin, Abt. 802 
. gez. .Piening, Amtsgerichtsrat, 
L.S. 

Lest alle den Stürmer Nr. 48 

In Versammlungen, auf Kursen, im NS-Schrif ttum wurde immer 
lauter und allgemeiner und frivoler die Forderung erhoben, einen 
scharfen Strich zu ziehen zwischen Judentum 
und Christentum und. aus der christlichen Reli- 
gion. Verkündigung und Übung alles „Jüdisch- 
Orientalische" zu entfernen, wie dies bereits 1899 ge- 
fordert wurde. Auf dem Antisemitentag zu Hamburg, später dann 
in dem von den' Nationalsozialisten viel gepriesenen Buch von 
Chamberlain: „Die Grundlage des 19. Jahrhunderts", und wieder 
ein paar Jahrzehnte später in den Büchern: „Die Sünde wider das 
Blut", „Die große Täuschung", „Der falsche Gott". 

Die Verachtung des Judentums übertrug sich dann alsbald auf 

das Alte Testament. 

Wie ein Schwein im schönsten Garten schließlich nur auf den 
Komposthaufen losgeht und dort mit Wohlbehagen umeinander- 
wühlt, so hatten viele nationalsozialistische Redner auf Versamm- 
lungen und Kursen ihr größtes Vergnügen, einiges aufzutischen von 
den „Zutreibergeschichten und Viehhändlertricks der jüdischen 
Patriarchen" und den „Wuchergeschäften des ägyptischen Josef", 
wie der „Führer" selbst sich einmal so geschmacklos geäußert hatte. 
Von all den Lichtgestalten des Alten Testaments, von der 
Schönheit der Prophetenbücher, der Psalmen, der Weisheitsbücher, 
des Buches Job usw. sagten sie nichts, wußten sie wohl auch selber 
nichts. 

Lehrer scheuten sich nicht, ihre antisemitische und anti- 
biblische Einstellung auch den Kindern vorzutragen, weigerten sich, 
das Alte Testament überhaupt durchzunehmen, obwohl sie nach der 
Schulausweisung der Geistlichen offiziell den Religionsunterricht zu 
erteilen hatten und erteilten. Und wie schon im Kapitel von der 
Schule erwähnt wurde, mutete das badische Unterrichtsministerium 
den kirchlichen Behörden am 13, November 1937 sogar zu, das Alte 
Testament in den Schulen überhaupt nicht mehr zu behandeln. 

„Unerhörte Provokation." 

„Der biblische Moses als heidnisches Vorbild" 

Unter dieser Überschrift brachte die „Fränkische Tageszeitung" 
Nr, 87 vom 14. April in gi'oßer Aufmachung auf der ersten Seite 
in Groß- und Fettdruck folgenden Artikel: 

318 



Der Streit um das Alte Testament ist seit der Machtergreifung des 
Nationalsozialismus in schärfster Heftigkeit entbrannt. Über den Inhalt 
wollen wir nicht streiten, darüber ist sich jeder Deutsche im klaren. 
Um so eigenartiger wirkt es auf uns, wenn ein ka'tholischer Verlag ein 
Buch unter dem Titel „Das Alte Testament und seine Bedeutung für die 
Gegenwart" herausbringt, in dem in der Einleitung unter anderem fol- 
gendes steht: „Von echtem nationalen Geist erfüllt, ist dies geeignet, 
auch den Menschen unserer Tage vaterländisches Denken und Fühlen 
zu wecken und zu stärken. 

Es führt uns in Moses, in Josua und in den Propheten Führer- 
gestalten vor Augen, die sich -um die sittlich-kulturelle Erneuerung des 
Staats- und Gemeindewesens unsterbliche Verdienste erworben haben. 

Es fordert zu selbstlosem Dienst am Volke, zu bereitwilliger Hin- 
gabe an die Volksgemeinschaft, zu entschlossener Brüderlichkeit auf. 
Eine stattliche Galerie heroischer Männer und Frauen steht vor unseren 
Augen. Echtes Heldentum hat ihnen den Ehrenkranz um die Stirn ge- 
wunden ... 

Und wie innig fühlt sich das Gottesvolk mit dem heimatlichen 
Boden verbunden! So tritt uns im Alten Testament eine einzigartige 
Welt von religiösen und sittlichen Lebenswerten entgegen. Die wenigen 
Beispiele von »Unsittlichen', die in der Bibel nie als vorbildlich hin- 
gestellt werden, fallen dagegen nicht ins Gewicht." 

Dem Verlag ist scheinbar nicht bekannt, daß das Alte Testament 
nichts anderes als 

die außerordentlich bezeichnende Sittengeschichte des jüdischen 
Volkes ist, die von Perversitäten geradezu strotzt. 

Oft genug haben wir in früheren Zeiten die verderbliche Wirkung 
auf Jugendliche feststellen können. Wir wollen, daß unsere Jugend in 
Zukunft vor diesem „Heiligen Buch" des jüdischen Volkes bewahrt 
bleibt und verbitten uns solche Redensarten, wie sie in der Einleitung . 
zu finden sind! 

„Nur 2 Fragen" 

Kreisleiter Dr. Fritsch gab am 2^. August 1938 etwa 1000. poli- 
tischen Leitern des Kreises Freiburg im Breisgau folgende richtung- 
gebende Weisung: 

„Auf die Frage, ob ein Katholik Nationalsozialist sein könne, 
würde ich meinerseits zwei Fragen stellen: 

1. Wie der Katholik sich zum Alten Testament stellt, das jü- 
disches Geistesprodukt ist, und zwar das einzige. 

2. Ob er sich zur Rassenlehre bekennt; dann ist der Satz: 
,Gehet hin und lehret alle Völker' erledigt! 

Das hat auch der ,alte Herr in Rom' erkannt. 

Wir können nicht mit Zulukaffern und ähnlichem Gesindel die 
gleiche Weltanschauung haben." (Siehe Kap. A 3.) 

Auf Kursen und Tagungen wurde nachfolgendes „Tischgebet" 
vorgesprochen und bald höhnisch nachgesprochen: 

O Herr, gib uns den Moses wieder, 
auf daß er seine Glaubensbrüder 
hinführe ins gelobte Land. 

319 



• " Laß nböh" einmal' Häs Meer 'sich' 't«iI«Ä 

und laß die hohen Wassersäulen 
feststehn wie eine Felsenwand» 

Und wenn ih ^eser Meeresrinne 
das ganze Judenvolk istdrinne, 
dann mach, o Herr, die Klappe zu 
und alle Völker haben Ruh'. 

. Bis ins kleinste und -entlegenste Bauerndorf sollten die anti- 
semitischen Schriften getragen werden, ^ wie nachfolgendes Rund- 
schreiben zeigt: 

N.S.D.A.P. Nürnberg, den 3. April 1939 

Gauleitung Franken. 

■ An 

1) , Die Kreisbeauftragten des RPA (= Rassepolitischen Amtes, der Verf.) 
2) Die Kreishauptstellenleiter der Presse des RPA. 

Rundschreiben Nr. 12/13. Dr. W/BK. —Wo. 

Betreff: Schriftenvertrieb. 

Zu den Aufgaben der Kreishauptstellenleiter „Press«" des Rassen- 
politischen Amtes gehört auch der Vertrieb der Schriften des RPA, 
welche nur auf diesem Wege vertrieben werden sollen, d. h. also nicht 
durch den Buchhandel. Diese Schriften sollen in keinem 
deutschen Haushalt fehlen. Sie bilden ein wichtiges Instru- 
ment zur weltanschaulichen Aufklärung des deutschen Volkes und sollen 
dazu helfen, das deutsche Volk von der artwidrigen christlichen Weit- 
anschauung abzubringen. Nach dieser Richtung hin kann gar nicht 
genug getan werden, da mit der Thronbesteigung des neuen Papstes 
dieser letzte weltanschauliche Kampf demnächst beginnen wird. Es 
wird der größte Kampf aller Zeiten sein und von seinem Ausgang wird 
das Schicksal des deutschen Volkes abhängen. 

■ Durch Hineintragen unserer Schriften in jeden fränkischen Haushalt 
können wir sehr wesentlich, und zwar in positiv aufbauendem Sinn zu 
diesem Kampf beitragen, indem wir die Seele des deutschen Volkes all- 
mählich mit unserer artgemäßen Weltanschauung erfüllen. Ich bitte 
daher die Kreisbeauftragten selbst, vor allem aber die Hauptstellenleiter 
„Presse", die größtmöglichste Mühe auf den Vertrieb dieser Schriften 
zu verwenden. Der Vertrieb könnte vielleicht in folgender Weise erfolgen: 

1. Die Abschnittwarte des RDK organisieren den Vertrieb in jeder 
Ortsgruppe. Sie sorgen dafür: 

a) daß zunächst jedes Mitglied des RDK die Schriften abnimmt, 

b) daß durch die Mitglieder des RDK die Schriften von Haus zu 
Haus angeboten werden. 

Es muß darauf hingewiesen werden, daß jeder, der in unserer großen 
Zeit weltanschaulich mitkommen will, diese Schriften lesen muß. Selbst- 
verständlich darf unter keinen Umständen betont werden, daß diese 
Schriften eine Handhabe im Kampf gegen die Kirche 
bedeuten. 

2. Der Abschnittwart des RDK kann für seine Ortsgruppe auch 
einen geeigneten Mann einsetzen, der das Amt de's Schrif twarts über- 
nimmt und den ganzen Betrieb für den Bereich der Ortsgruppe allein 
besorgt. Geeignet hierzu ist besonders ein Mann oder eine Frau, die 
schon im Kolportagebuchhandel beschäftigt waren und sonst durch 

320 



ihren Beruf gewohnt sind, von Haus zu Haus zu gehen.. Die kleinen 
Gewinne, die aus dem Schriftenvertrieb erwachsen, sollen ausschließlich 
den Verkäufern selbst zufallen. Es ist jedoch unbedingt darauf zu achten, 
daß nur gegen Barzahlung verkauft wird und keinerlei Konten geführt 
werden. Ich bitte die Kreisbeauftragten und die Kreishauptstellenleiter 
„Presse", den Schriftenvertrieb auf dieser Basis nunmehr mit aller Kraft 
in Angrifif zu nehmen. Es können auch andere Wege eingeschlagen wer- 
den als die vorgeschlagenen. Die Hauptsache ist, daß der Absatz der 
Schriften tatsächlich in größtem Umfang erfolgt. Der Schriftenvertrieb 
bleibt nicht auf den Vertrieb der bereits erschienenen Schriften be- 
schränkt, sondern wird eine dauernde Einrichtung werden. Durch den 
richtigen Aufbau des Schriftenvertriebs schafft sich das RPA und der 
RDK eine regelmäßige Verbindung zu allen Volksgenossen, die auch für 
andere politische Aufgaben benützt werden kann. Von diesem Gesichts- 
punkte aus gesehen, gewinnt die Organisation des Schriftenvertriebes 
eine noch viel größere Bedeutung. Darüber wird später Näheres mit- 
geteilt werden. 

Mit gleicher Post erhalten Sie zunächst je 10 Schriften mit genauer 
Angabe des Verkaufspreises und der Gewinnspanne. Ich mache Sie ver- 
antwortlich, daß die Schriften unter allen Umständen zu dem fest- 
gestezten Preis, also weder teuerer noch billiger verkauft werden. Es 
darf nicht vorkommen, daß ein Verkäufer eine Schrift, etwa imter Ver- 
zicht auf seinen Gewinn, billiger hergibt, und erst recht nicht, daß er 
sie teuerer verkauft. Verschiedene Preise würden das Vertrauen in 
unseren Schriftenvertrieb sofort erschüttern und könnten auch peinliche 
Folgen für den Verkäufer haben. 

Nachbestellungen sind an das RPA, Hauptstelle Presse, Nürnberg, 
Marienstraße 12, zu richten. 

Heil Hitler! 

gez. Dr. Will, Gauamtsleiter. 

DerJude — einSatansbraten! 

Dr. Eugen Rüge, der berüchtigte Verfasser des Buches: „Ein 
Trappist bricht das Schweigen", eines Buches, das dank der un- 
geheuren nationalsozialistischen Propaganda von Weihnachten 1938 
bis Mai 1939 in 60 000 Exemplaren unter das Volk ging, glaubte für 
den größten Hörsaal der Universität München am 2. Mai 1939 ein 
besonders würdiges Wort zu sprechen, wenn er unter anderem 
sagte: „Einen Juden kann man taufen mit Weih- 
wasser oder mit Wagenschmiere — der Jude bleibt 
ein Satansbraten." 

DerJude — ein Mensch ohne Seele ! 

Gauredner S t i p p b e r g e r, gleich Rüge auch ein abgefallener 
Priester, tat auch fest mit bei der Judenhetze und verkündete als 
besondere „Entdeckung": „Der Herr hat Menschen ohne Seelen 
erschaffen, die J u d e n." Die haben dort, wo wir eine Seele haben, 
eine Rollkassette (Geldkassette). Wir konnten vor 1933 noch 
deutsche Mädchen mit Juden per Arm im Englischen Garten sehen. 
Da hat man es niemals für nötig gehalten, einen Hirtenbrief 
loszulassen. 

Kreuz und Hakenkreuz 21 g21 



Früher hat man gesagt: „Wir sind auf Erden, um Gott zu er- 
kennen . . ." Wir sagen: „Wir sind auf Erden, 

um die Art zu wahren." 

Und von diesem Stippberger sagte Oberlehrer R. von der F.- 
Schule in München: „Rosenberg und Stippberger sind 
diegeistigenFührerdernationalenBildung!" Wie 
bescheiden waren doch die Ansprüche, welche Nationalsozialisten 
an ihre geistigen Führer stellten! 

Gemeinschaftsarbeit vieler Personen und Ämter 
zur Hetzeausstellung: „Der Ewige Jude". 

Wochenlang vorher pries stellvertretender Gauleiter Otto Nip- 
pold die für 8. November 1937 im Bibliotheksbau des Deutschen 
Museums zu eröffnende Großaussteliung und führte dabei nach 
dem Bericht der „Münchener Zeitung" vom 19. Oktober 1937 aus: 

Nach den „Prophezeiungen" in der Auslandspresse sollten die 
Juden in Deutschland geköpft, gehängt oder ausgewiesen werden; 
in einigen Jahren sollte es überhaupt keine Juden mehr in Deutsch- 
land geben. In Wirklichkeit sind, so sagte Nippold, die Juden aus 
dem Leben des deutschen Volkes, zum mindesten aus dem poli- 
tischen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben, ausgeschaltet. Sie 
können jedoch in einem eigenen jüdischen Kulturkreis 
tun und lassen, was sie wollen, vorausgesetzt, daß es nicht das. 
Leben der deutschen Nation berührt. Auf diese Weise hat das 
nationalsozialistische Deutschland die Judenfrage gelöst. 

Von Disraeli, dem bekannten englischen Staatsmann jüdischen 
Blutes und Glaubens, stammt der Ausspruch, daß die Judenfrage 
der Schlüssel zur Weltgeschichte sei. So will denn auch der Staat, 
der an die Lösung der Judenfrage herangegangen ist, Deutsch- 
land, die Maßnahmen, die er zum Schutz des deutschen Blutes 
und des deutschen Volkes gegen jüdischen Einfluß getroffen hat, 
dem Volk gegenüber begründen. Die Geschichte vom anständigen 
und unanständigen Juden, die noch in diesem oder jenem Kopf 
spuke, wird durch die Ausstellung „Der Ewige Jude" widerlegt 
werden. 

Was ist ein Jude? Auf diese Frage soll die erste Ab- 
teilung der Ausstellung Antwort geben. Damit wird kein reli- 
giöses Problem berührt. Alte Reliefs und Bilder sollen das Gesicht 
der jüdischen Rasse zeigen; wie es sich aus assyrisch-babylonisch- 
chaldäischem Blut geformt hat. Untrennbar verbunden mit dem 
Gesicht der jüdischen Rasse ist die jüdische Religion. Tal- 
mud und jüdische Religionsbücher selbst sollen Aufschluß geben 
über jüdischen Blutritus, Beschneidung, Schächtung und Ritual- 
mord. Es wird wohl zum erstenmal auf einer Ausstellung ein 
Original des Talmud gezeigt werden und ein Film, der 
die grausame Schächtung darstellt (aufgenommen in einem Land, 
in dem die Schächtung noch nicht verboten ist). 

322 



Das römische' und griechische Altertum hat ebenso wie das 
christliche Mittelalter und die Neuzeit einen Kampf gegen das Juden- 
tum geführt. Im päpstlichen Rom waren die Juden ebenso aus 
der Gemeinschaft des Lebens der Christen ausgeschaltet wie in den 
deutschen Städten, bis die Juden um die Wende des 19. Jahr- 
hunderts in Deutschland und in den meisten anderen Ländern 
Europas gleichberechtigte Staatsbürger wurden. Die Ausstellung 
„Der Ewige Jude" wird an geschichtlichen Zeugnissen 
das Wirken der Juden in England, Frankreich, Ungarn, Polen, 
Österreich und Amerika nachweisen. 

Es soll, wie der stellvertretende Gauleiter hervorhob, ein Merk- 
mal dieser Ausstellung werden, Juden selbst über Juden reden 
zu lassen. Die Juden haben von der internationalen 
Macht des Judentums gesprochen. Auch darüber wird die Aus- 
stellung Beispiele liefern, etwa von der Familie Rothschild, die in 
England, in Amerika, in Deutschland ihre Angehörigen hat. 

Judenherrschaft in Deutschland bis zur Macht- 
ergreifung des Nationalsozialismus bildet einen wesentlichen Teil 
der Ausstellung. Diese Abteilung soll den jüdischen Einfluß in der 
deutschen Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur zeigen (Theater, 
Revue, Plastik, Malerei, Film und Schallplatten). Der Einfluß des 
Juden in der deutschen Rechtspflege wird ebenfalls dargelegt. 
Auch die „großen" jüdischen Verbrecher werden gezeigt. Die Aus- 
stellung wird dem deutschen Volk auch die jüdische Haltung im 
Weltkrieg und in der Novemberrevolution vor Augen führen. 

In der Ausstellung „Der Ewige Jude" wird 

ein Original-Freimaurer-Tempel 

aufgebaut werden, so daß jedermann Gelegenheit hat, den Auf- 
enthaltsort einer Freimaurerloge kennenzulernen. 

Judentum und Bolschewismus bilden den Abschluß 
der Ausstellung. Originaldokumente und Bilder werden lebendiges 
Anschauungsmaterial über das Land liefern, in dem das Judentum 
zur Herrschaft gelangt ist, das bolschewikische Rußland. 

Als befreiende Gegenüberstellung zu diesem Wirken des Juden- 
tums wird dem Besucher gezeigt, wie man im nationalsozialistischen 
Deutschland das Judenproblem zu, lösen vermochte: Der Jude ist 
durch die Nürnberger Gesetze und die Maßnahmen der Partei in 
sein kulturelles Ghetto zurückgedrängt, das deutsche Volk 
aber auf allen Lebensgebieten von seinen Einflüssen frei geworden. 

* 

Führende Stellen der Partei und des Staates haben an der 
Gestaltung dieser Ausstellung, deren Leiter Gauamtsleiter Wüster 
ist, mitgearbeitet. Reichsminister Dr. Goebbels selbst hat mit seinem 
Ministerium die Ausstellung gefördert, Reichsleiter Amann hat die 
Mitwirkung des Zentralverlags der NSDAP veranlaßt, der Beauf- 
tragte für weltanschauliche Schulung in der NSDAP, Reichsleiter 
Alfred Rosenberg, hat die Gestaltung der Ausstellung ebenfalls 

323 



unterstützt. Im Einvernehmen mit dem Reichsschatzmeister 
sind an der Durchführung der Ausstellung beteiligt das Zentral- 
archiv der NSDAP unter Dr. Uetrecht, das Archiv für 
Zeitgeschichte (Sammlung Rehse), das von Julius Streicher 
gegründete Stürmer-Archiv in Nürnberg. Wissenschaft- 
liche Einrichtungen haben der Ausstellung ihre Unter- 
stützung geliehen, so das Institut zum Studium der Ju- 
denfrage (Berlin), die Forschungsabteilung Juden- 
frage (Berlin); das Reichsinstitut für Geschichte 
des neuen Deutschlands, die Antikomintern, das 
Institut zum Studium für Judenfrage undBol- 
schewismus in Berlin und zahlreiche staatliche und 
städtischeArchive. • 

Gleichzeitig mit und erst recht nach solch allseitiger, viel- 
gestaltiger demagogischer Stimmungsmache konnte man ruhig' •zu 
antisemitischen Maßnahmen schreiten. 

Politische Entrechtung der Juden. 

Punkt 4 des Parteiprogrammes bestimmte: 

„Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. 
Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rück- 
sichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volks- 
genosse sein." 

Punkt 5: „Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in 
Deutschland leben können und muß unter Fremdengesetz- 
gebung stehen." 

Punjst 6: „Das Recht, über Führung und Gesetze des Staates 
zu bestimmen, darf nur dem Staatsbürger zustehen. Daher fordern 
wir, daß jedes öffentliche Amt, gleichgültig welcher Art, gleich ob 
in Reich, Land oder Gemeinde, nur durch Staatsbürger bekleidet 
werden darf." 

Zum Schutz des arischen Blutes wurden strenge Bestimmungen 
gegen Rassenschande und Verehelichung mit Nichtariern erlassen. 
Nachfolgende „Tabelle zum Blutschutzgesetz" ver- 
anschaulicht die Einläßlichkeit der Vorschriften: 





Deutsch 


V* . 


V2 


'1* 


Jude 


Deutsch 


+ 


+ 


ü 


-1 


-1 


V* 


— 


— 


ü 


-1 


-! 


V2 


Ü 


g 


+ 


+ 


+ 


V4 


-1 


-! 


+ 


+ 


+ 


Jude 


r' 


«1 


+ 


+ 


+ 



+ erlaubt, — verboten, jedoch nicht strafbar, 
— I strafbar, g genehmigungspflichtig. 



324 



Um alle Nichtarier oder Halbarier zu entdecken, wurde zu- 
nächst der Stammbaumnachweis gefordert, insbesonders 
für jede Heirat. 

Die Nichtarier wurden dann ihrer Ämter und Stellungen ent- 
hoben und aus den Berufsorganisationen ausgestoßen. Ihre Geschäfte 
wurden geschlossen und schließlich weggenommen. Anfangs deckte 
man dies noch mit „spontanen Kundgebungen des 
Volksunwillen s", wofür aber in Wirklichkeit schön seit Tagen 
bestimmte Leute aus einzelnen Betrieben, zunächst aus Banken, 
bestimmt waren. Sie wurden auf Autos verladen und vor das in 
Aussicht genommene Geschäft geführt. Dort mußten sie dann 
„kochende Volkswut" spielen, die Fenster einwerfen usw. Die Juden 
mußten dann natürlich vor dieser Gefahr in „Schutzhaft" genommen 
werden. Ihre Geschäfte trugen am nächsten Tag die Aufschrift: 
„Judengeschäft! Geschlossen!" oder ähnliches. 

Die Nichtarier mußten auch ein bestimmtes Kennzeichen, den 
Judenstern, tragen und sich alttestamentliche Namen beilegen. 
Sie durften nur in bestimmten Geschäften einkaufen, bekamen 
kleinere Lebensmittelrationen, mußten manchen Tag ganz in ihren 
Häusern bleiben und wurden vielfach überhaupt aus den Wohnungen 
gewiesen. 

Am 9. November 1938 wurden unter der obersten Leitung von 
Dr. Goebbels an unzähligen jüdischen Geschäften ganz Deutsch- 
lands die Schaufenster zertrümmert, Wohnungen zerstört, Synagogen 
angezündet, viele Juden verhaftet, aus Deutschland ausgewiesen 
oder in Konzentrationslager verbracht, insbesonders nach Theresien- 
stadt (Sudetengau), Auschwitz und Litzmannstadt. Fürchterliche 
Mißhandlungen, Hunger, Kälte, unhygienische Unterkunft, Über- 
füllung, Überanstrengungen brachten Hunderttausende zum Tod. 
Und nur Gott weiß, wieviele Nichtarier in den Kz. mit voUei: Ab- 
sicht getötet wurden. Was die Prozesse in Nürnberg, Dachau usw. 
enthüllt haben, ist so schauderhaft, daß man es nur noch als un- 
menschlich, tierisch, teuflisch bezeichnen kann. 

Ablehnung ärztlicher Hilfe für Juden 

Die „Traunsteiner Zeitung" Nr. 275 veröffentlichte am 25. No- 
vember 1938 folgendes: 

„Der Jude Rosenberg hat eine Zuschrift an die ,New York Daily' in 
Amerika gerichtet, in der er vorschlägt, 10 oder 12 lebenslänglich ver- 
urteilte berufsmäßige Mörder freizulassen unter der Bedingung, daß sie 
Hitler und seine Gesellschaft erledigen. 

Diese unerhörte Provokation, die sich gegen das jedem Deut- 
schen heilige Leben unseres Führers richtet, hat den 
Leiter der ärztlichen Bezirksvereinigung Traunstein und Umgebung ver- 
anlaßt, an den bayerischen Landesärzteführer folgendes dringende 
Telegramm zu richten: 

,Als verantwortlicher Ärzteführer im Bereich Traunstein und Um- 
gebung der Reichsärztekammer, der die engere Wahlheimat des Füh- 
rers umschließt, bringe ich im Einverständnis mit meinen Beiräten dem 

325 



Landesäi-^teführer die Bitte vor, als Antwort auf die ungeheuere Provo- 
kation arnorilcanischer Juden zu gestatten, daß wir mit sofortiger Wirk- 
saiTQkoit jegliche ärztliche Behandlung von Juden, auch 
wenn es sich um Nothilfe handelt, ablehnen.' In den Warte- 
zimmern sämtlicher Ärzte wird von morgen ab ein Schild angebracht 
mit dem Text: ,Ich behandle keine Juden'." 

In derselben Nummer der „Traunsteiner Zeitung" stand nach- 
folgender Artikel: 

„He.lft dem Tier! 

München, Wie im Vorjahr war auch heuer wieder der 24. Novem- 
ber zum .Deutschen Tierschutztag' bestimmt worden zur Er- 
innerung an den Tag, an dem vor fünf Jahren das Reichstierschutzfest, 
jenegroßekulturelle T a t desnationalsozialistischen 
'Deutschland, der Öffentlichkeit übergeben worden ist. 

Aus Anlaß des Tierschutztages unternimmt der Tierschutz der 
Hauptstadt der Bewegung und Umgebung einen großen Werbefeld- 
zug für den Tierschutzgedanken. An die Bezirksämter, Ge- 
meinden, Polizeiwachen, Schulen usw. wurde in diesen Tagen bereits 
ein reiches Aufklärungsmaterial, bestehend aus Schriften, Plakaten und 
Faltblättern, verteilt. Schule und Rundfunk werden des Tierschutztages 
besonders gedenken und vor allem, darauf hinweisen, daß der Tierschutz 
wertvolle Vermögensobjekte der Gesamtheit pflegt 
und erhält und dadurch in hohem Maße beiträgt, die Volkswirtschaft zu 
sichern." 

Eines HJ schönster Appell! 

Der Haß gegen die Juden der Vergangenheit (einschließlich 
ihrer heiligen Bücher) und der Gegenwart wurde auch schon in die 
Jugend hineingetragen. Ja, die HJ nahm ihre Mitglieder direkt 
zui Judenhetze in Dienst. Bezeichnend ist hiefür nachfolgender 
Bericht der Mutter eines Hitlerjungen, der in den Bann 37 in 
München eingereiht war: 

„In der Nacht vom 11. auf 12. Mai mußte ich wegen Unpäßlich- 
keit aufstehen. Es war V2I2 Uhr, Als ich in die Küche kam, war 
mein 15j ähriger Bub gerade daran, sich anzukleiden. Auf meine 
Frag^ was er denn tue, sagte er mir, daß sie um 12 Uhr nachts 
Appefl hätten. Die Mutter vermutete einen Traum und wollte ihn 
wieder ins Bett schicken. Doch er weigerte sich entschieden und 
pochte a:uf seine Pflicht. Kurz darauf verließ er die Wohnung und 
wurde auf der Treppe von einem anderen 14jährigen Burschen er- 
wartet. Ich hörte, wie mein Bub gefragt wurde, ob er denn eine 
•ätzende Farbe bei sich habe. Als der Bub heimgekommen war 
(5 Uhr morgens!), fragte ich ihn sofort, was er denn mit einer 
ätzenden Farbe zu tun hätte. Nach längerem Zögern gestand er 
mir, daß sie die Schaufenster der Juden bekleben und 
beschmieren mußten. Es wurden von jedem Trupp, der so 
ungefähr 500 Mitglieder zählt, die 40 Besten zu dieser Aktion 
herausgesucht. Um 3 Uhr früh wurden wieder Zettel am Königs- 
platz frisch gefaßt, doch war man mit der Aktion schon so ziemlich 
fertig. Einige Burschen wurden von der Polizei verhaftet, mußten 
aber bald wieder freigelassen werden. Anscheinend wurde die 

326 



Polizei von der Aktion nicht verständigt. Zu meiner großen Über- 
raschung sagte mir mein Bub, daß sie strengen Auftrag hatten, den 
Eltern vom Appell und der Aktion nichts zu sagen. Mein Junge, 
in seinem kindlichen Unverstand, sagte mir noch freudigen Herzens, 
daß dies sein schönster Appell gewesen sei." 

Weh dem, der sich derJuden erbarmte! 

Unbarmherzig ging man gegen Christen, insbesonders auch 
gegen Geistliche und Klöster vor, welche in aufrichtigem Erbarmen 
dieser und jener Nichtarief sich annahmen, sie verteidigten, ihnen 
Unterstützung, Obdach oder gar Versteck gaben. Was dem Tiere 
recht war, durfte dem Juden nicht geschehen! 

Auch die getauften N ichtarier mit verfolgt! 

Da auch „Kübel von Taufwasser das nichtarische Blut nicht 
reinigen und wandeln", wie z. B. in der Kegelbahn der SS im Kz. 
Dachau dargestellt und angeschrieben war, machte die Judenverfol- 
gung auch vor nichtarischen oder halbarischen Christen 
nicht halt. 

Immer wieder wurde auch der Versuch gemacht, aus den amt- 
lichen Pfarrmatrikeln die Judentaufen zu erfahren, jedoch wurde 
die Einsichtnahm.e in dieselben auf Weisung des Ordinariates über- 
all versagt. 

Umgekehrt fälschte man sozusagen den Taufschein 
der Gegner, um sie herabzusetzen und zu verspotten. 

Auf einem Ausbildungskurs für Landschuljahrleiter in Grimmen 
entblödete ein Redner sich nicht, zu sagen: „DerheutigePapst 
ist ein Halbjude von der Loge. Sein ,Schreiber' auch; 
Heinrich der Heilige und Ludwig der Fromme sind Vernichter der 
germanischen Rasse. Diese Schweine!" (Vatik. Weißbuch H 32 vom 
Jahre 1934.) 

„M uckermannisteinHalbjude. Di eHälfte aller 
Theologen sind Jude n." 

Ebenfalls erfand man solch ein Märchen, um Kardinal F a u 1 - 
h a b e r in die Judenhetze miteinbeziehen zu dürfen, und im Jahre 
1938, zwei Tage nach dem Judenpogrom, auch einen Sturm auf das 
Erzbischöfliche Palais in München inszenieren zu können. 

Noch häßlicher und gemeiner trieb man es mit 

Kardinal Hlond von Posen 

Der „Sonntags-Bote" Nr. 45 vom 6. November 1938 schrieb darüber: 

„Lügt immer nur drauf los..." 

„Lügt immer nur drauf los, etwas bleibt schon hängen", dieses ge- 
meine Hilfsmittel haben die Feinde der Kirche schon seit Jahrhunderten 
angewandt. Im Zeitalter der gleichgeschalteten Presse von heute braucht 
es aber dann keine Erfindungsgabe mehr, da genügt das — Abschreiben. 

327 



Vor 2J^ Jahren brachte die Ludendorffsche Halbmonatsschrift „Am 
heiligen Quell deutscher Kraft" (Folge 24 vom 20. März 1936 — siehe 
„Sonntags-Boten" vom 11. Oktober 1938) ein Photo S. Eminenz des Kar- 
dinalprimas Hlond vom Eucharistischen Kongreß in Laibach 1935, Jedes 
Kind, das bloß einmal den Kardinal gesehen hat, kann sofort erkennen, 
daß sein Gesicht durch Retusche an Augenhöhlen, Nase, Mundwinkeln 
usw. verzerrt und zurechtgemacht worden ist. Und jeder Photoamateur 
stellt fest, daß diese plumpe Fälschung von einem ganz hilflosen Photo- 
lehrling gemacht worden ist. Das alles übersieht man natürlich, wenn 
man Beweise braucht „für das alte und immer neu bewiesene Bündnis 
Juda-Rom". Freudestrahlend stellte damals die Ludendorffsche Reli- 
gionszentrale fest: „Der Kardinal sieht wie ein lOOprozentiger Jude aus," 

Auf solche „Beweise" stürzt sich nun die Goebbelsche Propaganda- 
maschine, da sie einen neuen Peldzug gegen die Kirche aufzieht. In der 
Folge 44 der Wochenschrift „Der SA-Mann" vom 28. Oktober 1938 finden 
wir dasselbe Bild mit dem nötigen Begleittext wieder. Dazu wird ge- 
druckt: „Es handelt sich um den Kardinal August Hlond, der als Jude 
ein hohes kirchliches Amt bekleidet," Selbstverständlich genügt das 
noch nicht. Dem Kardinal wird auch noch folgende Rede in den Mund 
gelegt, die er in Laibach gehalten haben soll: 

„Ich stehe vor Ihnen als der Stellvertreter des Papstes, der Euch 
seine Grüße durch mich übermitteln läßt. Nachdem der Papst der 
Stellvertreter Gottes ist, stehe ich vor Ihnen ebenfalls als der Stell- 
vertreter Gottes. Demnach spricht zu Euch Gott selber!" 

' Schon im Jahre 1936 haben mehrere reichsdeutsche Kirchenblätter 
diese verlogene Entstellung der Rede des Kardinallegaten richtigge- 
stellt. Der Kardinal sagte nämlich wörtlich: „Papst Pius XI, ist in die- 
sem Augenblick mit Euch und in der Person seines Kardinallegaten 
unter Euch," Trotzdem druckt „Der SA-Mann" diesen Lügenbericht im 
Jahre 1938 von neuem. Allerdings schämt er sich für Bild und Text die 
■Quelle anzugeben, weil er weiß, daß niemand in Deutschland die 
„Mathilde" ernst nimmt. 

Na ja, wenn man solche „Quellen" und solche „Beweise" für den 
Kampf gegen, die Kirche braucht ... 

Das Pikanteste daran ist aber die Tatsache, daß derselbe Kardinal 
Hlond von derselben nationalsozialistischen Presse als Vorkämpfer gegen 
das Judentum hingestellt wird. Ganz wie man das braucht, — Wir raten 
dem „SA-Mann", einmal den „Stürmer" Nr. 20 vom Mai 1936 durch- 
zulesen. Das ist doch wohl das „Fachblatt" für den Judenkampf in 
Deutschland. (Siehe dazu den „Sonntags-Boten" vom 28. Juni 1936). 

Es wird schon allerhand Naivität von den Lesern des „SA-Mannes" 
vorausgesetzt . . ." 

Abschließend eine Übersicht, welche Der Schulungs- 
brief „Volk und Rass e", 4. Folge 1939, herausgegeben vom 
Reichsorganisationsleiter der NSDAP, brachte, über die Aus- 
schaltung der Juden aus dem deutschen Leben. 

7. April 1933: Die Gesetze zur Wiederherstellung des Berufsbeamten- 
tums und über die Zulassung zur Rechtswissenschaft beginnen mit der 
Bereinigung aller öffentlichen Ämter von Fremdrassigen. 

22. September 1933: Das Reichskulturkammergesetz setzt diese Be- 
reinigung fort. 

28. September 1933: Durch ein Gesetz werden die jüdischen Patent- 
anwälte ausgeschaltet. 

29. September 1933: Das Reichserbhof gesetz schaltet die Juden als 
Bauern aus. 

328 



12. März 1934: Der Reichswehrminister ordnet an, daß der Arier- 
grundsatz auch für die Angehörigen der Wehrmacht Anwendung findet. 

21. Mai 1935: Wehrgesetz und seine Ergänzung vom 26. Mai 1936, 
wonach jüdische Mischlinge nicht Vorgesetzte in der Wehrmacht 
werden können und Voll Juden erst gar nicht zum Wehrmachtsdienst zu- 
gelassen werden. . 

22. Februar 1936: Der Reichsärzteführer bestimmt, daß kein Jude 
oder Judenmischling als Arzt eingestellt werden darf. 

26. Januar 1937: Das deutsche Beamtengesetz, ein weiterer Beitrag 
zur T^ösung der Judenfrage. 

19. März 1937: Ein Gesetz zur Änderung des Arbeitsdienstgesetzes 
vom 26. Juni 1935 (siehe dazu auch die zweite Durchführungsverordnung 
vom 1. 10. 1935) bestimmt, daß Juden zum Reichsarbeitsdienst nicht zu- 
gelassen werden und jüdische Mischlinge nicht Vorgesetzte im Reichs- 
arbeitsdienst werden dürfen. 

1. Januar 1938: Bei den Ersatzkassen für die Krankenversicherung 
werden alle jüdischen Ärzte ausgeschlossen. Insgesamt sind das im 
Reich etwa 3000 jüdische Ärzte. 

20. Februar 1938: Die Hamburger Textilmesse wird zum ersten Male 
ohne Juden eröffnet. Es ist überhaupt die erste Textilmesse, auf der 
jüdische Aussteller und jüdische Makler nicht vertreten sind. Trotzdem 
waren alle Messestände vermietet. 

26. April 1938: Verordnung Hermann Görings als Beauftragten für 
den Vier jahresplan über die Anmeldepflicht des jüdischen Vermögens. 
(Letzte Anordnung dazu am 21. Febr. 1939 im Reichsgesetzblatt I S. 282.) 

7. Mai 1938: Im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers, 
dem Reichs- und preußischen Minister des Innern und dem Auswärtigen 
Amt hat der Reichserziehungsminister angeordnet, daß Juden deutscher 
Staatsangehörigkeit zur Doktorprüfung nicht mehr zugelassen sind. Auch 
die Erneuerung ihrer Doktordiplome hat zu unterbleiben. 

14. Juni 1938: Eine „Dritte Verordnung zum Reichsbürgergesetz" 
ergänzt die Begriffsbestimmungen „Jude" und „jüdischer Mischling", in- 
dem sie bis ins einzelne festgelegt, was ein „jüdischer Gewerbe- 
betrieb" ist. \ 

20. Juni 1938: Ein Erlaß des Reichswirtschaftsministers Funk ver- 
fügt, daß Juden nicht mehr zum Börsenbesuch zugelassen werden. 

6. Juli 1938: Die Reichsregierung ändert durch Gesetz die Gewerbe- 
ordnung dahingehend, daß die Juden von sechs Gewerbearten mit Wir- 
kung vom 31. Dezember 1938 ausgeschlossen sind. Und zwar: Be- 
wachungsgewerbe, gewerbsmäßige Auskunftserteilung über Vermögens- 
verhältnisse oder persönliche Angelegenheiten, Handel mit Grund- 
stücken, gewerbsmäßige Vermittlung für Immobiliarvei\träge und Dar- 
lehen und Gewerbe der Haus- und Grundstücksverwalter, gewerbs- 
mäßige Heiratsvermittler und Fremdenführergewerbe. 

25. Juli 1938: In einer „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz" 
werden die Bestallungen jüdischer Ärzte aufgehoben. 

30. November 1938: Mit diesem Tage tritt eine „Fünfte Verordnung 
des Reichsbürgergesetzes" in Kraft, die die Stellung jüdischer Rechts- 
anwälte im alten Reichsgebiet aufhebt. In der Ostmark wird die gleiche 
Maßnahme grundsätzlich zum 31. Dezember 1938 durchgeführt. Deutsche 
werden wieder vor deutschen Gerichten nur noch durch Deutsche ver- 
treten und von deutschen Rechtsanwälten beraten. Für jeden jüdischen 
Bevölkerungsteil bleibt, solange er noch vorhanden ist, eine gewisse An- 
zahl jüdischer Rechtsanwälte zur Verfügung. Diese Zahl wird für das 
gesamte Reich zur Zeit etwa 175 betragen. 

Kreuz und Hakenkreuz 22 onq 



12. November 1938: Nach dem hinterhältigen jüdischen Mord an dem 
deutschen Gesandtschaftsrat Ernst vom Rath in Paris (am 7. November 
1938, gestorben am 9. November 1938) werden weitere entscheidende 
Maßnahmen zur endgültigen Ausschaltung des Judentums aus dem 
deutschen Leben durchgeführt. (Juden ist u. a. vom 1. Januar 1939 ab 
der Betrieb von Einzelhandelsverkaufstellen, Versandgeschäften, Bestell- 
kontoren sowie der selbständige Betrieb des Handwerks untersagt. Juden 
können ab 1. Januar 1939 nicht mehr Betriebsführer sein, ab 31. Januar 
1939 nicht mehr Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker. Juden ist der 
Besuch deutscher Schulen nicht mehr gestattet, sie dürfen nur jüdische 
Schulen besuchen. Die Juden werden als Träger oder Besucher aller 
deutschen kulturellen Veranstaltungen ausgeschlossen. Eine Milliarde 
Reichsmark Buße — rund ein Achtel des Vermögens der Juden in 
Deutschland — ist an das Reich in bar zu entrichten. 

3. Dezember 1938: Eine Verordnung über den Einsatz des jüdischen 
Vermögens enthält die gesetzliche Grundlage für die Gesamten tjudung 
der deutschen Wirtsche^ft. Besonders wichtig auch für die Entjudung 
des Haus- und Grundbesitzes. 

5. Antichrists Wüten gegen katholische Priester. 

Auf dem Wege über das Judentum sollte dann auch das 
Christentum ausgerottet werden. Und das Christentum wollte 
man ins Herz treffen in den katholischen Priestern. 

Trivial wurde dieses engverbundene Doppelspiel des National- 
sozialismus ausgedrückt in dem Spruch, der in der Kantine des 
Reichsbahnausbesserungswerkes München-Freimann mit großen 
Buchstaben angeschrieben war: 

„Wann wird der Menschheit Heil geschaffen? 
Wann wird die Welt zum Licht geführt? 
Wenn mit dem Darm des letzten Pfaffen 
Der letzte Jud erdrosselt wird!" 

Etwas ausführlicher und deutlicher konnte die „Reichspost" 
vom 18. März 1937 diese Kampfesmethode kennzeichnen, indem sie 
berichtet: 

„Zuverlässige Zeugen berichten über folgendes Schema für 
Christentumshetze, die in den Führer- und Rednerschulen der deut- 
schen Glaubensbewegung unter Mitverantwortung nationalsozia- 
listischer Parteistellen ins Volk getragen werden: 

„Das Judentum ist der Urgrund alles Übels, 
Wir können es nicht ausrotten, weil sein Erzeugnis, 
das Christentum, mitten unter uns wuchert. Wir 
müssen das Christentum ausrotten, um das 
Judentum zu besiege n." 

„In den Dienst dieser Propaganda ist eine raffinierte Rabbulistik 
gestellt, die alle Mittel der Vortragstechnik und geschickter Ge- 
schichtsfälschung verwendet." 

330 



„Dichterische** Ergüsse des Juden-Christenhasses. 

„D e u t s c h e L i e d e r r* 

Der einheitliche Haß gegen Judentum und Christentum äußerte 
sich in manchen Hetzliedern, z. B, in nachfolgenden Gesängen, die 
trotz ihrer Roheit und Trivialität von der SA, selbst von jener des 
Hochschulamtes, gesungen wurden: 

Auf „Judenschande und schwarzes Lumpenpack"! 

1. Die alte Judenschande ist endlich ausgefegt, 

Die schwarze Lügenbande wühlt weiter unentwegt. 

Du, deutsches Volk, sag, muß das sein, 

Baß dich bespuckt das schwarze Schwein? 

Wenn nicht, so dresche doch darauf, 

Daß Funken fliegen hoch hinauf. 

Deutsche Männer, deutsche Frauen, 

Jetzt ist's genug mit der Faulhaberei. 

:/: Deutsche Männer, deutsche Frauen 
Haut das schwarze LumpenpackzuBrei! 
Und wenn sie Zeter und Mordio schrein, 
Haut dann noch einmal fester drein. :/: 

2. Wir achten jeden Glauben, ist's auch der unsre nicht. 
Doch soll uns keiner rauben, was uns das Höchste ist: 
Das deutsche Volk, der deutsche Gott 
Steht turmhoch über Pfaffenspott. 

Und jeder, der sich daran reibt. 

Den hauen wir, daß er liegenbleibt. 

;/; Deutsche Männer, . :/: 

3. Die Hand dem deutschen Bruder, der ehrlich zu uns kam! 
Die Faust in seine Fresse dem schwarzen Hetzkaplan. 
Bald wird es Licht, es dämmert schon, 

Dann kriegen die Schwarzen ihren Lohn. 
:/: Deutsche Männer, :/: 

4. An den Galgen, den er längst verdient! 
Die Raben warten schon auf ihn. 

Erst wenn er baumelt in der Luft, 
Sind wir erlöst vom schwarzen Schuft. 
:/: Deutsche Männer, :/: 

Eine Vollreife Frucht neuheidnischen Geistes und 

Hasses ; 

„Judenraus. Papsthinaus!" 
(Nach der Melodi^: „Vom Barette schwankt die Feder.") 
1. Trotzig haben wir gerungen 15 Jahre um die Macht, 

und der Sturm ist uns gelungen, wenn auch Rom und Juda lacht. 
:/: Juden raus, Papst hinaus, aus dem deutschen Vaterhaus! :/: 

2 Nein, wir haben nicht geblutet namenlos und ohne Ruhm, 

daß der Deutschen Art verjudet weiter durch das Chri- 

[s t e n t u m. 
:/: Juden raus :/: 

3. Ohne Priester ist begraben worden mancher tote Kamerad, 
denn die schwarzen Pfaffen gabeii ihre Gunst dem Weimarstaat. 

:/: Juden raus, ....:/: 

331 



4. Weimarslaat benahm sich christlich, beide Backen hielt er hin. 

Feindesliebe lenkt gewißlich Hitlers Kämpfern nicht den Sinn. 
:/: Juden raus, . :/: 

5. Warum hat. die Christenlehre deutsclie Werte nicht geweiht, 
Blut und Boden, Treue, Ehre, Arbeit und Wahrhaftigkeit? 
:/: Juden raus, :/: 

6. Fort mit eurer Judenbibel, eurer salbungsvollen Art, 
Knechtsinn, Demut sind von Übel. Wir sind aufrecht, stolz und hart. 
:/.• Juden raus :/; 

7. Mag der Christ auch Palästina Jahre weihen, Herz und Hand, 
wirsind frei vom BergeSina, deutsch ist unser heil'ges 

[Land. 
:/: Juden raus, :/: 

8. Stedinger und Werdens Mannen ziehn mit uns in Sieg und Tod. 
Fremde Lehren wpll'n wir bannen, enden unsre Seelennot. 

:/: Juden raus, :/: 

9. Papst und Rabbi sollen weichen, Heiden woUn wir wieder 

sein, 
Nicht mehr in die Kirche schleichen, Sonnenrad führt uns 

allein. 
;/: Juden raus, Papst hinaus, aus dem deutschen Vaterhaus!!! :/: 

Ein Gedicht gleichen Geistes, das im Oktober 1934 
in SA-Kreisen zu München verbreitet wurde. 



1. Wir sind noch nicht zu Ende, 
noch ist der Kampf nicht aus, 
zu Fäusten ballt die Hände, 
wir gehn noch nicht nach Haus. 
Die erste Schlacht gewonnen, 
dies war der Anfang nur, 
kämpft weiter, Sturmkolonnen, 
für Hitlers Diktatur. 

2. Solahge noch ein Jude 
von seinen Zinsen lebt, 
solange noch ein Bonze 
an seinem Sessel klebt, 
marschieren wir noch immer 
in Glauben stark und fest: 
vierhundert Tote, Brüder, 
die sind noch nicht gerächt. 



3. Gedenkt der toten Brüder, 
die man zu Grabe trug, 

für's Hakenkreuz stürmt weiter, 
für das man sie erschlug! 
Sie fielen unter Streichen, 
getreten und bespuckt, 
heut wird das heil'ge Zeichen 
auf jeden Schund gedruckt, 

4. Solange noch die Pfarrer 
von Beichtstuhl und Altar 
die deutschen Seelen raffen 
als Papstes Streiterschar, 
solang die Christenlehre 
des Nordens Art verrät, 
solang wird deutsche Ehre 
vom Judentum geschmäht. 



5. Die Reaktion wird munter, 

sie meckert frech und frei, 
. sie will es noch nicht glauben, 

daß ihre Zeit vorbei. 

Von anderer Leute Schaffen 

sie lebte stets allein: 

des deutschen Mannes Arbeit 

soll Volksgut immer sein. 

6. wie 1. 

Gemäß dem oben genannten Schema wandte man nach und 
nach alles, was gegen die Juden geschehen war, immer offener und 
brutaler auch gegen Christen, insbesonders gegisn die katholische 

332 ' 



Kirche und den katholischen Klerus an. Eine genaue Ermittlung 
darüber, was Welt- und Ordensgeistliche ganz Deutschlands an 
Maßregelungen seitens der nationalsozialistischen Regierung und 
Polizei erlitten haben, ist zur Zeit noch nicht erstellt, unter den 
gegenwärtigen Umständen überhaupt noch nicht möglich. Wir 
wollen darum gleichsam nur ein paar Durchblicke versuchen, 
die schließlich doch geeignet sind, eine Ahnung von dem gewaltigen 
Umfang und der bitteren Schwere der Verfolgung des katholischen 
Klerus im Dritten Reich zu geben. 



A. Ein Blick in die Erzdiözese München: 

Über den Klerus der Erzdiözese München und Freising liegen 
vorläufig folgende Zahlen vor, ohne daß sie jedoch schon als ab- 
schließend bezeichnet werden dürfen 



Verwarnungen . . 
Geldstrafen . . . 
Schulverbot . . . 
Ausweisungen . . 
Zwangsversetzungen 
Schutzhaft . . < 
Untersuchungshaft 
. Konzentrationslager 
Gerichtsverurteilungen 
Hinrichtungen . . 
Gewaltsame Tötung 



N 



24 
4 

85 
2 
4 

10 

22 
9 

12 
2 
1 



B, Ein Blick in die Diözese Würzburg: 

Das Bischöfliche Ordinariat Würzburg gibt unterm 5. November 
1945 nachfolgenden Überblick über die Drangsalierungen von Bischof 
und Klerus, durch die Nazis: 

1. Hafner Georg, Pfarrer von Oberschwarzach. Als der Förster von 
Oberschwarzach, der in ungültiger Ehe lebte, versehen wurde, ver- 
langte der Pfarrer die vorgeschriebene Erklärung. 

Bei der Beerdigung, an der auch viele Parteiinstanzen teilnahmen, 
wurde diese Erklärung vorgelesen. Seitdem wurde der Pfarrer ver- 
folgt. Er war zuerst 4 Monate im Gefängnis, dann 13 Monate in 
Dachau. Er wurde dort mehrmals blutig geschlagen. 

Am 20. August 1942 starb er aus Hunger und Herzeleid. Sein Vater 
und ein Domkapitular durften nach längen Bemühungen den Leich- 
nam sehen, ihr Antrag, den Leichnam zur Beerdigung mit nach Würz- 
burg zu nehmen, wurde dauernd abgelehnt mit der Begründung, daß 
er verbrannt werden müsse. 

Die Aschenüberreste wurden 5 Wochen später in Würzburg feierlich 
beigesetzt. Der Bischof von Würzburg mit dem Domkapitel und 
140 Priestern sowie viele Angehörige der Pfarrei Oberschwarzach 
nahmen an der Beerdigung teil. 

2. Dum ig Hermann, jetzt Benefiziat in Arnstein, hatte 1940 in einer 
Predigt die Unsittlichkeit mancher Soldaten getadelt. 

333 



Er kam einige Monate in Untersuchungshaft, wurde zu eineinhalb 
Monaten Gefängnis verurteilt und nach Abbüßung der Strafe vom 
Gefängnis nach Dachau gebracht, wo er 4 Jahre bis Kriegsschluß 
wellte. 

3. Elsenmann, Pfarrer in Aisleben bei Könlgshofen, hatte wegen 
der Aufhebung der Abtei Münsterschwarzach entsprechende Äuße- 
rungen bei der Predigt gemacht. 

Er war zuerst einige Monate in Haft und dann über 3 Jahre in 
Dachau. Als er nach Kriegsschluß in seine Pfarrei zurückkehrte, 
bereitete ihm die Pfarrgemeinde einen überaus festlichen Empfang 
mit Prozession. Das ganze Dorf war geschmückt. Alle benachbarten 
Gemeinden beteiligten sich, eine sogar mit Musik und Prozession. 

4. W G i g a n d Konrad, Pfarrer in Hendungen, hatte gegen die Ent- 
fernung der Schulkreuze scharf Stellung genommen und wurde des- 
halb nach Dachau gebracht. 

Nach 9 Monaten hatte seine Schwester mit ihren 6 im Felde weilen- 
den Söhnen ein persönliches Bittgesuch an den Führer gerichtet, 
worauf er begnadigt wurde. 

Es wurde ihm aber bei der Entlassung mitgeteilt, daß er sofort wie- 
der nach Dachau gebracht werde und dann nie mehr entlassen werde, 
wenn er irgend etwas Ungünstiges über das Lager Dachau aussage. 
Er versieht seitdem wieder seine Pfarrei. 

5. Heß P. Salesius OSB. hatte an die Wohltäter der Abtei Münster- 
schwarzach einige hundert vervielfältigte Briefe hinausgegeben, in 
welchen über die Aufhebung der Abtei und die Beschlagnahme der 
Häuser Mitteilung gemacht wurde. 

Die Gestapo verlangte nähere Angaben, und als dies verweigert 
wurde, brachten sie den Pa'ter nach Dachau, wo er bis Kriegsschluß 
weilte, also 3 Jahre. 

6. Deppisch Gregor, Pfarrer von Unterhohenried,' sollte im Sep- 
tember 1944 Aussagen machen gegen seinen wegen „Abhörens feind- 
licher Sender und staatsabträglicher Gespräche" angeklagten Lehrer. 
Er verweigerte die Aussage und wurde selbst in Haft genommen. 
Im April 1945 sollte er mit einem Gefangenentransport von Ebrach 
nach Dachau gebracht werden. Es gelang ihm aber, als die Ein- 
richtungen des Dritten Reiches zu wanken begannen, sich bei Strau- 
bing unter Lebensgefahr zu flüchten und in Sicherheit zu bringen. 
Er tut seit Mai 1945 wieder seinen Dienst als Pfarrer von Unter- 
hohenried, nachdem er 9 Monate in Haft war. 

Die Gemeinde begrüßte ihn herzlich und feierlich. 

In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, daß dem Bischof 
Dr. Matthias Ehrenfried dreimal sein Palais mit Gewalt ge- 
stürmt wurde, am 7. April 1934 von zirka 1500 Universitätstudenten, 
meist von der Universität Erlangen, am 28. April 1934 von etwa 500 
jungen Leuten, meist von Würzburg, beidemal hatte die Führung der 
spätere Regierungsdirektor Dr. Dengel. 

Es sollte die Versetzung des Pfarrers von Waldbüttelbrunn ertrotzt 
werden. Die Sache endete mit einem Mißerfolg der Demonstranten. 

Am 3. Mai 1938 war die dritte Demonstration, bei der etwa 200 De- 
monstranten unter Leitung des Lehrers von Holzkirchenhausen verhin- 
dern wollten, daß der Pfarrer von Holzkirchenhausen vom Bischof ab- 
gesetzt werde. Obwohl die Türe des Palais mit Gewalt erbrochen 
wurde, mißlang die Demonstration. 

Dem Bischof wurde verboten, bei den Firmungen mit dem Auto 
zu fahren. 

334 



In Würzburg wurde bekanntgegeben, daß alle, die den Bischof be- 
suchen, auf der Treppe des Palais photographiert würden, um dann 
bestraft zu werden. 

Vom Jahre 1935 an wurde die Fronleichnamsprozession, besonders 
der Teil mit den Beamten, an mehreren Stellen mit dem Filmapparat 
der Gestapo aufgenommen. 

. Als der Bischof die Hirtenbriefe in der Kanzlei des Ordinariates 
vervielfältigen ließ,, wurden 5 Schreibmaschinen und 1 Vervielfälti- 
gungsapparat von der Gestapo beschlagnahmt. 

Die Hirtenbriefe mußten von 1936 ab durch Geheimkuriere den 
Dechanten zugestellt werden, um sie vor der Beschlagnahme zu be- 
wahren. 

Vom Domkapitel waren der Generalvikar sowie ein Domkapitular 
in dem Kerker der Gestapo in Berlin sowie ein Domkapitular und zwei 
Domvikare einige Wochen im Gefängnis. 

Domkapitular Harth ist an den Folgen der Aufregung vorzeitig 
gestorben. 

Vom Diözesanklerus sind zwei Pfarrer im Gefängnis blutig geschla- 
gen worden, 141 Priester warenim Gefängnis, einer fast 
iy> Jahre lang, die anderen einige Wochen, 78 Priester hatten Schul- 
verbot. 

Die meisten Priester hatten gelegentlich Konflikte mit den Partei- 
instanzen. 

C. Blick in zwei Ordensstatistiken: 

Die „Gesellschaft vom Göttlichen Wort" (Steyl) 
meldet: 

In Konzentrationslagern starben: 25 Priester und Theologen und 
1 Bruder (einschließlich polnische Mitglieder). Davon wurde einer er- 
schossen, einer erhängt,, 2 vergast, 2 totgetreten. 

Die Pallottiner (Limburg a. d. Lahn) schreiben: 

Von 368 Priestern und 330 Laienbrüdern der deutschen Pallottiner- 
provinz wurden 

2 Priester enthauptet, 

2 Priester in Dachau ums Leben gebracht, . 

2 weitere Priester in Dachau gefangen, 

dazu weitere 50 — 60 verhaftet und bis zu 2 Jahren 
gefangen gehalten. 

Regierungsrat Roth, Leiter der kirchlichen Abteilung der Gestapo- 
Berlin, sagte zum Rechtsanwalt der Pallottiner: „Wir haben in ganz 
Deutschland die Erfahrung gemacht, daß die Menschen, die dem Geist 
der Pallottinerpatres erlegen sind, unfähig wurden für die national- 
sozialistische Weltanschauung." 

Ein besseres Zeugnis als dies aus Feindesmund hätte den Pallot- 
tinern nicht ausgestellt werden können. 

D. Blicke ins Konzentrationslager: 

1. Geistliche Häftlinge aus bayerischen Diözesen: 
Erzdiözese München-Freising: 

Aigrier Korbinian, Pfarrer 5 Jahre 

Hock Dr. Michael, Schriftleiter .... 4 Jahre 

Meisel Paul, Stadtpfarrer 4K Monate 

Muhler Dr. Emil, Stadtpfarrer ..... 8 Monate 

335 



INTeuhäusler Joh., Domkapitular • . . . 4 Jahre 

Mayer P. Rupert S.J. . . 8 Monate 

Müller P. Josef S.J 4 Monate' 

Pies P. Otto S.J. i i s 5 . . . . . 4J^ Jahre 

Spitzauer P. Josef S.J 4 Monate 

Wiedenmann P. Johann S. J 3 Monate. 

Erzdiözese Bamberg: 

Diözese Augsburg: 

Burkhard Joh., Pfanc.- 3 Jahre 

Heinzmann Bernhard, Pfarrvikar . . . IH Jahre 

Mayr Max, Pfarrer 4% Jahre 

Diözese Eichstätt: 

Diözese Regensburg: 

Hofmeister Korbinian, Abt von Metten . 1 Jahr 

Landgraf Johann, Pfarrer 3 Jahre 

Rohrmeier Martin, Pfarrer 3% Jahre 

Spießl Ludwig, Benefiziat 5% Jahre 

Diözese Speyer: 

Quack Hermann, Pfarrer ....... 3 Jahre 

Römer Heinrich. . 4% Jahre 

Seitz Friedrich, Pfarrer .5 Jahre 

Diözese Würzburg: 

Deppisch Gregor, Pfarrer 9 Monate 

Dümig Hermann, Benefiziat 4 Jahre 

Eisenmann, Pfarrer . 3 Jahre 

Hafner Georg, Pfarrer 13 Monate 

Weigand Konrad, Pfarrer 9 Monate 

Heß P. Salesius OSB ' . . 3 Jahre 

(Gefängnis ging bei fast allen voraus, sogar öfters, wie z. B. 
bei Stadtpfarrer Dr. Emil Muhler, P. Mayer usf.) 

2. Eine „Geistlichen-Parade" im Kz. Dachau 

nach der Liste eines geistlichen Konzentrations- 
lagerhäftlings 

Der Franziskanerpater Petrus Mangold, kommissarischer 
Provinzial vom Sudetengau im Kloster Mährisch-Trübau, hat kurze 
Zeit vor seinem Tode im Jahre 1943 nach zwei Jahren Lager- 
gefangenschaft ein Verzeichnis der Welt- und Ordensgeistlichen, 
das er zusammen mit Pf. Emil Thoma von Eppingen im Kz. Dachau 
gefertigt hatte, an Bekannte herausgeschickt. Es ist durchaus nicht 
vollständig, bemerkt vielmehr bei einzelnen Gruppen: „Viele in 
anderen Blocks" oder ähnliches. Und doch gibt es auch schon in 

336 



seiner Unvollständigkeit einen Einblick in das viele Leid, das der 
katholische Klerus von fast ganz Europa durch den National- 
sozialismus zu erdulden hatte (das Verzeichnis reicht bis 3. Mai 1942). 

1, Diözese Aachen (Rheinland). 

1. Gilz Suitbert, Kaplan in München-Gladbach: in Haft 5. 4. 37 bis 
8.1.39; 3.5.39—16.2.41; 11.4.41 gef. in Düsseldorf, seit 16.6.41 in 
Dachau. 

2. Brasse Theo, Kaplan in Stolberg; in Haft 7. 5. 41 in Berlin; 16. 8. 41 
in Dachau. 

3. Rindermann Hans, Kaplan und Rektor in Aachen-Forst: in Haft 
15.9.41; in Dachau seit 7.1.41. 

4. Keller Fritz, Pfarrer in Stolberg: in Haft 15. 11. 41; in Dachau seit 
5. 12. 41. 

5. Berger Hubert, Pfarrer in Otzenrath: in Haft 22.9.41 in Düssel- 
dorf; in Dachau 26. 2. 42, 

6. Jansen Nikolaus, Domkapitular in Aachen: in Haft Juli 1941 in 
Aachen; in Dachau 26. 12. 41. 

2. Diözese Augsburg (Bayern). 

1. S e 1 z 1 e Erich, Kaplan in Lechbruck: in Haft 28. 12. 37 in Friedrichs- 
hafen; Welzheim 1. 6. 39; Dachau 27. 9. 39; Mauthausen 5. 12. 40; 
Dachau 6.3.41. 

2. Mayr Max, Pfarrer in Schiltberg: in Haft 25.3.40 in München; 
12. 7. 40 in Dachau; 18. 8. 40 in Gusen bei Linz; 18. 12. 40 in Dachau. 

3 Heinzmann Bernhard, Pfarrer a. D. in lUerbeuren-Kronburg: in 
Haft 6. 1. 41 in Augsburg; 11. 41 in Dachau. 

4. P. Dr. theol. Wagner Albrecht (Friedrich), Benediktiner, Kloster 
St. Ottilien: in Haft 23. 12. 41. 

3. Diözese Berlin. 

1. Noleweika Adolf, Pfarrer in Demmin (Pommern): in Haft 20. 9. 40 
in Stettin; in Dachau 3. 1. 41. 

2. A d a m u s Paul, Pfarrer in Swinemünde (Pommern): in Haft 19. 3. 41 
in Stettin; in Dachau 13. 6. 41. 

3. Eudenbach Heinrich (Br. Hermann), Ordensbruder der Christ- 
königsgenossenschaft in Berlin: in Haft 5. 5. 41 in Berlin; in Dachau 
11.7.41. 

4. von Sty p-Reko wski Josef, Rektor in Berlin: in Haft 11.9.39; 
in Sachsenhausen 23.9.39; in Dachau 14, 12. 40. 

4. Erzbistum Breslau. 

1. Jorek Otto, Pfarrer in Sommerfeld: in Haft 4.11.38; in Berlin 
31.5.39; in Sachsenhausen 14.12.40; in Dachau 26.2.41. 

2. Kopera Amand, Pfarrer in Queissen: in Haft 12.9.40 in Liegnitz; 
in Dachau 18. 12. 40. 

3. Lehmann Georg, Kaplan im General vikariat Breslau: in Haft 
3.4.40 in Breslau; 3.2.41 in Liegnitz; in Dachau 11.4.41. 

4. Lachawietz Paul, Kaplan in Neusalz/Oder: in Haft 8. 4. 41 in 
Liegnitz; in Dachau 4. 6. 41. 

5. Scholz Reinhold, Erzpriester, Pfarrer in Ackerfelde: in Haft 
27. 4. 40 in Berin; in Dachau 20. 12. 40. 

337 



6. Bujakowski Georg, Pfarrer in Groß-Schmograd: in Haft 16. 8. 41 
in Breslau; in Dacliau 20. 12. 41. 

7. K a 1 i g a Johannes, Kaplan in Senftenberg: in Haft 10. 8. 36—12. 2. 41 
in Ratitaor; 26.3. in Oppeln; 27.4.41 in Auschwitz; 4.5.41 in Dachau. 

5, Diözese Brunn (Mähren). 

1. Haunstein Peter, Dechant, Pfarrer in Sitzgras: in Haft 21.7.39 
in Wien; 25.11.39 in Sachsenhausen; in Dachau 14.12.40. 

2. Wallouschek Josef, Administrator von Auspitz: in Haft 7.7.41 
in Wien; in Dachau 11.9.41. 

6. Diözese B u d w e i s (Böhmen). 

1. Thema Johann, Administrator in Schüttwa: in Haft 15.2.41 in 
Karlsbad; in Dachau 11. 7. 41. 

2. Klima Leopold, Monsignore, Archidiakon (Erzdechant) : in Haft 
19. 6. 41 in Karlsbad; in Dachau 29. 8. 41. 

3. Bio Chi Engelbert Franz, Zisterzienserkloster Hohenfurth, Pfarrer 
in Priethal: in Haft 17.8.40 in Lienz; 21.12.40 in Garsten; 17.8.41 
in Linz; in Dachau 3. 11, 41. 

7. Diözese . Burgenland (Nieder-Donau). 

1. Schmalzl Johann, Pfarrer in Kirchfidisch: in Haft"9. 12. 41 in 
Graz; in Dachau 31.1.42. 

3. P. Wolf Richard Peter, Zisterzienser des Stiftes Heiligenkreuz 
(Wien), Pfari-er in Mönchhof: in Haft 8.9.41 in Wien; in Dachau 
3. 11. 41. 

8. Diözese Eichstätt (Bayern). 

1. Breitenberger Franz, Kapuzinerbruderkandidat, Kloster Eich- 
stätt: in Haft 7. 2. 41 in Nürnberg; in Dachau 5. 6. 41. 

9. Diözese Feldkirch (Vorarlberg). 

1. Schelling Georg, Benefiziat in Bregenz: in Haft 21. 3. 38— 3L 5, 38 
in Dachau; 26. 9. 39 in Buchenwald; in Dachau 6. 12. 40. 

2. Knecht Alois, Pfarrer in Meiningen (Vorarlberg): in Haft 10.10.39 
in Bregenz; 27. 1. 40 in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

10. Diözese E r m 1 a n d (Ostpreußen). 

1. Szudzinski 

2. Czechowski Hubert, Pfarrer in Schellen: in Haft 1.11.41 in 
Allenstein (Ostpr.); in Dachau 5.1.42. 

3. Olsche wski Leo, Propst in Tilsit: in Haft 25.8.41; in Dachau 
15,12.41. 

4. Pruskowski Robert, Kuratus in Wengoyen: in Haft 29. 7. 40 in 
Alienstein; 25.9.40 in Dachau; 11.12.40 in Buchenwald; in Dachau 
5. 9. 41. 

5. Dresbach, Kaplan in Allerstein (Priester der Erzdiözese Köln): 
in Haft in Dachau Juli 1941. 

11. Erzbistum Freiburg (Baden). 

1. Schneider Richard, Pfarrer in Beuggen: in Haft 7.9.40 in 
Waldshut; in Dachau 22. 11, 40. 

2. Bernhard Adolf, Pfarrer in Hondingen i. R.: in Haft 3.4.40 in 
Villingen; in Dachau 21. 3, 41. 

338 



3. Kiesel Emil, Kaplan in Pforzheim, St. Franziskus: In Haft in 
Dachau 14.12.40. 

4. T r ü b y Josef , Pf arrer a. D. in Rippoldsau. 

5. Maurath Ferdinand, Kaplan in Karlsruhe: in Haft 2.5.41 in 
Karlsruhe; in Dachau 28.4,41, 

6. Köhler Wilhelm, Pfarrer in Görwihl: in Haft in, Dachau Aug. 41. 

7. Thoma Emil, Pfarrer in Eppingen: in Haft 2.7.41 in Heidelberg; 
in Dachau 10.9.41. 

8. Hahn Hermann, Pfarrer in Riedböhringen: in Haft 2.9,41 in Kon-. 
stanz; in Dachau 3. 10. 41. 

9. Hemmer Friedrich, Pfarrer in Wiesenbach: in Haft 20,- 8. 41 In 
Heidelberg; in Dachau 10. 10, 41, 

10, Riesterer Albert, Pfarrer in Mühlhausen bei Konstanz: in Haft 
1.7,41 in Konstanz; in Dachau 14.4.41. 

11, Schwall Johann, Pfarrer in Raithaslach-Freiburg: in Haft 9.10.41 
in Konstanz; in Dachau 12.12.41. 

12, Lal?:omi, Herz- Jesu-Priester, Freiburg. 

12, Diözese Fulda (Hessen-Nassau), 

1. Vogt Gustav Albert, Pfarrer in Deuna, Kreis Gorbis (Sachsen): 
in Haft 4,10,40 in Erfurt; in Dachau 25,5,41. 

2. T r a g e r : in Haft Mitte Dezember 41 in Dachau; gestorben Mitte 
Januar 42. 

3. Huth Dr. jur. Heinrich, Kaplan in Weyhers (Rhön): in Haft 1940 
in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

4. Albinger Josef, Kaplan' in Hanau a. Main: in Haft 8.11.41 in 
Frankfurt a. M.; in Dachau 6.2.42. 

5. AvereschP. Josef, Redemptorist in Heiligenstadt (Eichsfeld) : in 
Haft 6.2.41 in Erfurt; 19.7.41 in Buchenwald;, in Dachau 19.9.41. 

6. Schmitt P. Karl, Salesianer in Kassel-Bettenhausen: in Haft 
19. 10. 39 in Kassel; 7. 3. 40 in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

7. B r u n k e P. Thaddäus (Wilhelm) Guardian, Franziskaner, Kloster 
Frauenberg: in Haft 14.12,40 in Fulda; 26.12.40 in Breitenau; in 
Dachiau 16,5,41. 

13. Diözese Gurk in Klagenfurt (Kärnten). 

1. Singer Stefan, Dechant, Ehrendomherr in Kappel a. d. Drau: in 
Sachsenhausen im Bunker; in Dachau im Bunker. 

2. Kutaj Anton, Pfarrer in St, Michael-Bleiberg: in Haft Juni 1940 
in Dachau; 16. 8, 40 in Mauthausen; 8. 12, 4Ö in Dachau; gestorben 
in Dachau Mitte Februar 1941. 

3. G e r a m b Dr, Stadtpfarrer in Ferlach, 

4. Pollak, Pfarrer in St, Kanzian, 

5. Hornböck Johann, Dechant in Mies: in Haft 11.4.41 in Prävali; 
16. 4. 41 in Klagenfurt; in Dachau 21, 7. 41, 

6. L'hoste Klaus, Pfarrer in Mörtschach: in Haft 26.3.39; in Lienz 
(Osttirol);' 6. 5. 39 in Klagenfurt; 9.9,39 in Dachau; 27,9.39 in Flos- 
senbürg (Opf.); 2.3.40 in Dachau; 16,8,40 in Mauthausen-Gusen; 
in Dachau 18, 12. 40. 

7. Leeb Marzellus, Pfarrer Zedlitzdorf: in Haft Mai 1940 in Dachau; 
16.8.40 in Mauthausen-Gusen; gestorben 1.12.40 in Gusen. 

8. Kasimir P, (Benediktiner), Olivetaner der Abtei St. Josef auf 
Tanzenberg bei Maria-Saal: in Haft in Dachau Sommer 1940; jetzt? 

339 



9. Zwacka, Kaplan in Obervellach: Gestorben 8.12.41 im Abort des 
Transportzuges von Gusen nach Dachau. 

10. Schuster Dr. Otto, Pfarrer in Vorderberg im Geibtal: in Haft 
seit 1939 Klagenfurt, Garsten; in Dachau 17, 4. 1942. 

14. Diözese Hildesheim (Hannover). 

1. Jäger Johannes, Kaplan in Goslar: in Haft 29. 4. 41 in Goslar, in 
Dachau 13. 6. 41. 

2. Hacke tal Christoph, Pfarrer in Bad Harzburg: in Haft 18. 4. 41 
in Hallendorf, in Dachau 8. 8. 41. 

3. K ö 1 1 e r Heinrich, Kaplan in Duderstadt-Laggenbeck: in Haft 
3. 10. 41 in Duderstadt; 31. 10. Libenau a. d. W.; in Dachau 5. 12. 41. 

15. Diözese Innsbruck (Tirol). 

1. Steinkelderer Jos. Dr., Katechet in Innsbruck: in Haft 1939 . . . 

2. Wiirl Siegfried, Pfarrer a. D.: in Haft 22. 9. 1939 in Innsbruck, 
7. 11. in Sachsenhausen-Oranienburg bei Berlin; in Dachau 15. 12. 40. 

3. Lampert Karl, Generalvikar in Innsbruck; in Haft Sept. 1940 in 
Innsbruck, in Dachau 12. 12. 40. 

4. S e i t z Josef, O.-Prämonstr. Chorherr Stift Wilten, Gries in Hall ein 
(Tirol): in Haft 5. 12. 41 im Auffanglager Reichenau, 8. 12. 42 in 
Dachau. 

5. Neuruhrer, Pfarrer in Göttbus b^i Innsbruck: in Haft 1938 in 
Dachau, gestorben 1940 in Buchenwalde. 

16. Diözese Kattowitz (Oberschlesien). 
Viele in anderen Blocks. 

17. Erzbistum Köln (Rheinland). 

1. Doppelfeld Franz, Pfarr-Rektor in Neuß-St. Elisabeth: in Haft 
12. 5. 41 in Düsseldorf, in Dachau 22. 8. 41. 

2. Theißen Alois, Rektor, Deutsch-Seelsorger in Haarlem (Holland): 
in Haft 20. 9. 40 in Amsterdam und Berlin, in Dachau 20. 6. 41. 

3. Kilinski. 

4. D r e s b a c h (s. Ermland ^r. 5). 

5. Rohling P. Engelbert, Oblaten-Priester in Essen-Borbeck: in Haft 

28. 10. 41 in Münster, in Dachau 26. 12, 41, 

6. Werhahn Hermann Josef,- Kaplan in Essen-Margarethenhöhe, 
Rektor z. hl. Familie: in Haft 6. 10. 39 in Essen, 9. 12. 39 in Sachsen- 
hausen, 14. 12. 40 in Dachau. 

18. Diözese Königgrätz (Böhmen). 

1. Bradler Wenzel, Pfarrer in Michelsdorf bei Landskron: in Haft 
21.5.41 in Troppau; in Dachau 25.8.41. 

2. Linhart Erich, Administrator in Bassek (Diöz. Leitmeritz) und 
Kaplan von Rochlitz: in Haft 23. 5. 41 in Hohenelbe, in Dachau 

29. 8. 41. 

3. Fischer P. Joseph, Pallottiner, Kloster Vallendar-Schönstatt 
(Trier), Pfarradministrator in Großstiebnitz: in Haft in Dachau 
18. 4. 41 und 6. 6, 41. 

19. Diözese Kulm (Westpreußen). 

1. Juchta Josef, Kaplan in Wielle: in Haft 27. 10. 39 in Stutthof, 
Sachsenhausen, Dachau. 

340 



20. Diözese Leitmeritz (Böhmen). 

1. Bochnia Hieronymus, Pfarrer in Podersaneka, R.B. Karlsbad: in 
Haft 25, 10. 40 in Karlsbad, in Dachau 27. 1. 41. 

2. Langhans Alois, Stadtkaplan in Kaaden: in Haft 19. 10. 40 in 
Karlsbad, 13. 12. 40 in Dachau, Überst. 9. 4. 42, wieder in Dachau 
24. 4. 42 

3. Schneider Frz., Pfarrer von Sebastiansberg (ehem. Salvatorianer). 

4. Schierling Hans, Administrator in Brunnersdorf bei Kaaden: 
in Haft 22.8.41 in Karlsbad; in Dachau 17.10.41. 

5. Ullrich Franz, Kaplan in Lobenau: in Haft 20. 12. 41 in Warns- 
dorf ; 28. 1. 40 in Reichenberg; in Dachau 13. 2. 42. 

6. Franzen Robert, Pfarrer in Rosendorf: in Haft 22. 4, 41 in Te- 
schen; 27. 8. 41 in Sachsenhausen; in Dachau 13. 2. 43. 

7. Bioly Peter, Pfarrer in Seltsch bei Saaz; seit 18.4.1940 verhaftet. 
(Leitmeritz — Waldheim Karlsbad — Dachau.) 3. 5. 42 auf Invaliden- 
transport geschickt, unbel^annt wohin. 

21, Diözese L e s 1 a u (Warthegau). 
Viele in anderen Blocks. Darunter Weihbischof K o z a 1. 

22. Diözese Limburg. (Hessen-Nassau). 

1. Hurm. 

2. Breithecke r. 

3. S p i X P. Walter, Superior und Vize-Provinzial im Kloster Arn- 
stein [Lahn]: in Haft 19,11,41 in Limburg; in Dachau 30.1.42, 

4. Michel P. Justus (Karl), Guardian, Franziskaner, Kloster Hada- 
mar: in Haft 1, 3. 39 in Freiendietz/Limburg; 4. 1. 40 in Sachsen- 
hausen; in Dachau 14. 12. 40. 

23. Linz (Ober-Donau). 

1. Mager Johann (Altmann), reg. Chorherr des Stiftes Schlägl, Prä- 
monstra tenser; in Haft 4. 1. 39 in Linz; in Dachau 28. 10. 40. 

2. Becker P, Gottfried, Trappist, Kloster Engelszell: in Haft 28.7,39 
in^ Linz; 10. 8. 39 in Ried; in Dachau 20, 11, 40, 

3. Ohnmacht Dr. Franz: in Haft 13, 3, 38 in Linz; 17, 6, 38 in 
Dachau; 26, 9. 39 in Buchenwalde; in Dachau 7. 2. 40, 

4. Just P, Konrad, Zisterzienser v. Stift Wilherring: in Haft Juli 38 
Buchenwalde; in Dachau Dezember 40, 

5. Moosbauer Josef, Pfarrer in Waldhausen: in Haft 21,4.39 in 
Wels und Linz; 22,6,40 in Dachau und Mauthausen. 

6. Steiner Heinrieh, Pfarrer in Steinerkirchen: in Haft 4. 10, 39 in 
Wels und Linz; in Dachau 9. 12. 40. 

7. Rohrmoser Josef, Geistl. Rat Pfarrer i. R. in St. Wolfgang: in 
Haft 20. 10. 39 in Linz; 17. 5. 39 in Garsten; 21. 10. 40 in Linz; in 
Dachau 13. 12, 40, 

8. Spitzig P. Dr, Gustav (Makarius) 0,S.B, in St, Ottilien: in Haft 
27,7,39 in Linz und Ried; in Dachau 3,2.41, 

9. Grabmayr Johann, Pfarrer in Prambachkirchen: in Haft 24.1.41 
in Linz; in Dachau 3. 3, 41. 

10, Mayr Franz, Pfarrer in Cutau: in Haft 8,5,40 in Linz, Garsten; 
in Dachau 3. 3. 41. 

11, Arthofer Leopold, Pfarrer in Kronsdorf: in Haft 11. 2. 41 in 
Linz; in Dachau 28. 4, 41. 

341 



12. Wöß Franz, Pfarrer 1. R. in St. Peter am Wimberg: in Haft 2.5.38 
in Linz; 3. 7. 38—19. 11. 38 in Dacliau; in Freilieit bis 29. 7. 41; in Haft 
in Linz; 23.9.41 in Dachau. 

13. FankhauserP. Bernhard, O.F.M.; in Dachau 16. 9. 41. 

14. H e i n z e 1 P. Josef S. J. in Linz: in Haft 30. 10. 41 in Linz; in Dachau 
14.12.41. 

15. Muris P. Leopold, Salesianer in Linz, Don-Bosco-Pfarrei: in Haft 

10. 2. 40 in Linz; 14. 6. 40 Garsten; 30. 9. 41 in Linz; in Dachau 
13.12.41. 

16. Unzeitig P. Engelmar (Hubert) C.M.M. (Mariannliiller) in Maria- 
Anna- Höhe in Riedegg b. Linz: in Haft 24. 4. 41 in Linz; in Dachau 
3. 6. 41. 

17. Kagerer Hermann: in Haft 16.11.40. 

18. Spanlang Matthias: gestorben 1940. 

19. S o m m e r : in Haft November 1940. 

20. K a g e r : gestorben 

21. Grub er Dr. Johannes: in Haft 16. 8. 40 in Linz; in Dachau 6. 4. 41. 

22. Steinboclc Johann, Kooperator in Steyr-Vorstadtpfarr.: in Haft"^ 
15. 9. 41 in Linz; in Dachau 26. 1. 42. 

24. Litzmannstadt ^Warthegau). 
Viele in anderen Bloclcs. 

25. Luxemburg. 
Einige auf anderen Blocks. 

26. Diözese Mainz (Rheinhessen). 

1. Ott Adam, Stadtpfarrer und Dekan in Mainz, St. Ignatiuskirdhe: 
in Haft 23. 8. 41 in Mainz; in Dachau 24. 10. 41. 

2. Brantzen Hans, Kaplan in Heusenstamm bei Offenbach; in Haft 
17. 9. 41 in Darmstadt; 7. 11. 41 in Dachau. 

3. U r b a n Paul, Kaplan in Gernsheim am Rhein: in Haft 11. 9. 40 in 
Darmstadt; 18. 9. 40 in Dachau; 17. 12. 40 in Buchenwalde; in Dachau 
15. 11. 41. 

4. Rodach Benedikt, Kaplan in Ruhlkirchen: in Haft 20. 1. 41 in 
Gießen; 18. 2. 41 in Darmstadt; 7. 5. 41 Mauthausen; in Dachau 

11. 8. 41. 

5. Montwe P. Hugo, Kapuziner, Kloster Dieburg: in Haft in Dachau 
18. 4. 41. 

6. Zöhren P. Dionys, Kapuziner, Kloster Gernsheim-Rhein: in Haft 
20. 3. 41 in Darmstadt; in Dachau 2. 6. 41. 

7. S a u e r P. Evarist, Kapuziner, Kloster Dieburg: in Haft 10, 3. 41 in 
Darmstadt; in Dachau 18. 4. 41. 

27. Diözese Marburg (Steiermark). 

1. Meßner Johann, Pfarrer und Dechant in Mahrenberg: in Haft 
15. 4. 41 in Mahrenberg; 22. 4. 4l' in Marburg, Reichenberg, Marburg, 
Ankenstein; in Dachau 16. 11. 41. , 

28. Diözese Meißen in Bautzen (Sachsen). 

1. Scholze Benno Dr., Pfarrer in Pirna: in Haft 15. 1.41 in Dresden; 
in Dachau 4. 4. 41. 

2. Ziesch Johannes, Pfarrer in Großpostwitz i, S.: in Haft 13.12.40 
in Dresden; in Dachau 4. 4. 41. 

342 



3. Scholze Aloys, Pfarrer in Leutersdorf /Sachs.: in Haft in Dachau 
5.6.41; 2.8.41. 

4. Pies Otto, S.J. 

5. Remy Fritz. 

6. Rothe Hans, Kaplan in Altenburg: in Haft 3.10.39 in Altenburg, 
Thür.; 9.12.39 in Altenburg, Weimar; 7.2.40 Sachsenhausen; 1940 
in Dachau. 

7. Scheipers Hermann, Kaplan in Hubertusburg- Wermsdorf: in 
Haft 4. 10. 40 in Leipzig; in Dachau 28. 3. 41. 

8. Duschak Alfons, Kaplan in Dresden- Hof propsteikir che: in Haft 
in Dachau 19. 5. 41. , 

9. W e n s c h Bernhard, Jugendseelsorger in Berlin: in Haft 12. 7. 41 in 
Sachsenhausen; in Dachau 7. 11. 41. 

10. Andritzki Aloys, Kaplan in Dresden-Propstei: in Haft 21.1.41; 
in Dachau 9.10.41. 

11. Zimmermann Johannes, Kaplan in Freital b. Dresden: in Haft 
27. 5. 41 in Dresden; 5. 7. 41 in Maltheuern b. Brüx; in Dachau 
18. 8. 41. 

29. Erzdiözese München 'und Freising. 

1. Aigner Korbinian, Pfarrer in Hohenbercha. 

2. Neuhäusler Johann, Domkapitular, München: in Haft 4.2.41; 
in Sachsenhausen 24.5.41; in Dachau seit 12.7.41. 

3. Hock Dr. Michael, Pf arrkurat, München: in Haft 23. 5. 41; in 
Dachau 12.7.41. 

30. Diözese Münster' (Westfalen). 

1. Hennen Heinrich, Kaplan, Münster Hl. Geist: in Haft 20. 11. 41 in 
Münster; in Dachau 30. 1. 42. 

2. Stammschröer Hermann, Pf arr-Rektor in Gelmer; in Haft 
31. 7. 41 in Münster; in Dachau 10.10.41. 

3. Reukes Josef, Pfarrer in Gronau, Westf.: in Haft 3.3.41 in Mün- 
ster; 9. 6. in Sachsenhausen; in Dachau 10. 10. 41. 

4. Schumann P. Emil, M.S.C., Herz- Jesu-Missionar in Hiltrup: in 
Haft 20. 9. 41 in Münster; in Dachau 5. 12. 41. 

5. Fresenborg Heinrich, Pfarrer in Neuschattel: in Haft 18.9.41 
W-hauen; in Dachau 28. 11. 41. 

6. Engels Gottfried, Pfarrer in Peheim: in Haft 1.9.39 in Peheim; 
in Dachau 13. 12, 40. 

7. Markötter Josef O.P.M., Franziskaner in Warendorf bei . Mün- 
ster: in Haft 4. 6. 40 in Münster; 15. 1. 41 in Sachsenhausen; in 
Dachau 26.9.41. 

8. Meyer Willy, Kaplan. 

9. Friedrichs Reinhold, Studienrat in Münster: in Haft in Dachau 
12. 9. 41. 

10. Barkholt Werner, S.J., Kaplan in Essen: in Haft 8. 8. 41 Bochum. 

11. Hessing P. Augustin, O.S.B. (Heinrich), Kloster- Abtei St. Josef 
Gerleve: in Haft 1. 8. 41 in Münster; in Dachau 10. 10. 41. 

12. Klumpe Johannes, Vikar in Stadtlohn: in Haft 28.10.41 in Mün- 
ster; in Dachau 26. 10. 41. 

13. P o e t h e r Bernhard, Kaplan in Bottrop: in Haft 22. 9. 39 in Bottrop; 
1.3.40 in Sachsenhausen; in Dachau 18.4.41. 

14. Leisner Karl, Diakon. 

15. Benninghaus August, S.J. 

343 



31. Erzdiözese Ol mutz (Mähren). 

1. S m o 1 i k Johann N., Konsist.-Rat und Pfarter in Neu-Lubitz 
(Sudetenland): in Haft 29. 4, 41 in Troppau; in Dachau 7. 7. 41. 

2. Müller Franz, Pfarrer in Wickstadt. 

3. Otzipka Aloys, Pfarrer in Schildberg: in Haft 2. 7. 41 in Troppau; 
in Dachau 25. 9. 41. 

4. Schammel Karl, Seminardirektor in Freudenthal: in Haft 7. 7. 41 
in Troppau; in Dachau 16. 11. 41. 

5. H i 1 1 e r P. Ludwig (Paul), Salvatorianer, Kloster Jägerndorf-Burg- 
berg: in Haft 22, 5. 41 in Troppau; in Dachau 25. 8. 41. 

6. Mangold P. Petrus (Karl), Franziskaner, kommiss. Prbvinzial im 
Sudetengau, Kloster Mährisch-Trübau: in Haft 29. 3. 41 in Troppau; 
in Dachau 6. 6. 41. 

32. Diözese Osnabrück. 

1. Wiemker Leopold, Viliar in Schwerin-Mecklenburg: in Haft 
19.2.39—28.9.40; 27. 12. 40 in Dachau. 

2. Gförsmann Gustav, Pfarrer i. R. in Köln, Rochstr. 65: in Haft 
27.6.41 in Osnabrück; in Daphau 3.10.41. 

3. Wüste Bernhard, Pastor in Hollenstede: in Haft 19,5.41 in Osna- 
brück; 12. 7. 41 in Sachsenhausen; in Dachau 30.1.42. 

33. Erzdiözese Paderborn (Westfalen). 

1. Oberhaus Wilhelm, Pfarrvikar in Bockwitz (Sachsen): in Haft 
26. 2. 41 in Halle an der Saale; in Dachau 10. 10. 41. 

2. Hoffmann Karl, Vikar in Stendal (Altmark): in Haft 11. 9. *0 in 
Stendal; 1. 11. 40 in Dachau'; 11. 12. 40 in Buchenwalde; in Dachau 
3. 10. 41. 

3. Bahrenberg Hans Dr., Vikar in Lichtenau: in Haft 29.10.40 in 
Bielefeld; 6. 7. 41 in Harsewinkel; 29. 10. 41 in Bielefeld; in Dachau 
9. 1. 42. 

4. Günnewich Otto, Pfarrvikar in Salvey: in Haft 12,7.41 in Dort- 
mund; 15.8.41 in Bochum; in Dachau 21,11.41, 

5. Schamoni Wilhelm, ohne Anstellung, Pfarrvikar in Oynhausen 
über Steinheim: in Haft 29, 12. 39 in Buchenwalde u. a.; in Dachau 
11. 10. 40. 

6. F.arwer Eduard, Pfarrer in Alsleben (Saale): in Haft 20.1.38 in 
Halle; 19. 1. 40 in Naumburg; in, Dachau 18. 4. 41, 

7. König Heinrich, Vikar in Geisenkirchen: in Haft 30. 9. 41 in Gei- 
senkirchen; in Dachau 5. 12. 41. 

8. Becker Heinrich, Pfarrer in Haaren: in Haft 9. 10. 39 an ver- 
schiedenen Orten; in Dachau 16. 1. 42. 

9. Riepe P. Franz, S;V.D., Missionshaus Bad Driburg: in Haft 20.2.41 
in Bielefeld; in Dachau 9. 5, 41. 

10. Ketzlick P. Bernhard M.S.C. (Herz- Jesu-Missionar), Kaplan in 
Hamm: in Haft 31. 7. 41 in Hamm; 1. 8. 41 in Dortmund; 15. 8. 41 in 
Bochum; in Dachau 30. 1. 41. 

34. Passau (Bayern). 

1. Mauerer Ottmar Dr. theol., Kooperator in Haus: in Haft 15. 5. 38 
in Deggendorf; in Dachau 5.4.41. 

2. H o p p e r Josef, Benefiziat in Wallersdorf: in Haft 25. 2. 41 in Karls- 
bad; in Dachau 19. 7. 41. 

344 



35. Erzdiözese Posen-Gnesen. 

1. Wierbinski Thaddäus, Propst in Gembitz: in Haft 10. 8. 41 in 
Posen ; in Dachau 30. 10. 41, 

2. Pietrowski Anton, Pfarrer in Treskan (Posen): in Haft 6. 10. 41 
in Posen; in Dachau 30.10.41, 

3. Koszewski Marian, Pfarrer in Chwalkow (Posen): in Haft 
6.10.41 in Posen; in Dachau 30,10.41. 

4 Racwski Casimir, Pfarrer in Hürschdorf: in Haft 7, 10, 41 in 
Posen; in Dachau 30.10.41. 

5. Kwia + I^owski Milanus, Vicarus substit, in Schmiegel und Lan- 
genbruck: in Haft 6. 10. 41 Posen; 30. 10. 41 in Dachau, 

6. Matysiak Gratian, Pfarrer in Neusiedeln (Posen): in Haft 
6.10.41; in Dachau 30.10.41. 

7. K u r e k Paul (Hubert) P. Franziskaneir- Guardian, Kloster Stor- 
chennest: in Haft 7.10.41 in Posen; in Dachau 30.10.41. 

8. Koranecki Adam, Propst in Skulsk, Dekan: in Haft 6.10.41; 
in Dachau 30 10,41. 

9. Ryglewicz Stephan, Pfarrer in Duninow (Diöz. Plock). 

36. Erzdiözese Prag (Böhmen). 

1. Womes Joh. v. Nep., Pfarrer in Böhm. Domaschlag: in Haft 
20.8.40 in Karlsbad; in Dachau 21,3.41. 

2 PI eil Franz, Pfarrer in Vittma-Schönthal: in Haft 10, 10, 41 in 
. Karlsbad; in Dachau 5.12.41, 

3 Lauber Dr. Robert, Pfarrer in Nürschan: in Haft 17, 6, 41 in 
Karlsbad; in Dachau 8. 8. 41, 

4. Bohr Josef (ehedem S. J,), Pfarrer in Neudorf: in Haft 7,5.41 in 
Karlsbad; in Dachau 27.6.41. 

5. Hirschfe). der Gerhard, Kaplan in Habeischwert: in Haft 1. 8. 41 
in Glatz; in Dachau 27. 12. 41, 

6. S c h m i d I Johann, Dr, theol,, Uni vers, -Lektor, Rel.-Prof. in Prag: 
in Haft 6. 1, 41 in Prag; 20. 10. 41 in Theresienstadt; in Dachau 
21.11.41. ^ . 

7. S r a m e k, Vorsitzender der tschech. kath, Volkspartei, 

8. Kovarik, O.S.B., Prag-S, Emaus. 

38, Diözese Regensbu r g. 

1. Rohrmaier Martin, Pfarrer in Kelheim: in Haft 10,10,41 in 
Regensburg; in Dachau 13. 12. 4l. 

2. Spieß. 1 Ludwig, Pfarrer. 

38, Diözese Rottertburg, 
1, Geiger Franz, Pfarrer in Kirchhausen. 

39. Erzdiözese Salzburg. 

1. Rieser Andreas, Kooperator in Stumm (Zillertal): in Haft 23.6.38 
in Salzburg; 3, 8. 38 in Dachau; 27. 9. 39 in Buchenwalde; 6. 12. 40 in 
Dachau. 

2. Berchtold Alfred, Kaplan in Salzburg-St. Blasius: In Haft 
« 13.5.38 in Graz; 2. 7.38 in Dachau; 27.9.39 in Buchenwalde; in 

Dachau 8.12.40, 

3. G r e d 1 e r Felix, Fürst-Erzb. Rat, Dechant und Pfarrer in Alten- 
markt: in Haft 27.9,40 in Salzburg und Innsbruck; in Dachau 
18, 8, 41, 

345 



4 Summereder Heinrich, Koop. in Mattsee: in Haft 28.10.38 in 
Salzburg; 27. 1. 40 in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

5. Dirnberger Andreas, Kooperator in Goldegg: in Haft 3. 8. 39 in 
Linz; Lager Rodgau (Hessen); Linz; in Dachau 30.3.41. 

6. Sparber Walter, Kaplan in Goldegg: in Haft 7.9.39 in Salzburg; 
19. 2, 40 in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

40. Diözese St. Polten (Nieder-Donau). 

1. Burger Anton, Kaplan in Steinakirchen a. Forst: in Haft 25.4.39 
in St. Polten und Göllersdorf ; in Dachau 8. 2. 4L 

2. S tan gl Josef, Pfarrer in Großau b. Raabs a. d. Thaya: in Haft 
21.9.40 in Znaim; 12.11.40 in Wien; in Dachau 30.11.40. 

41, Prälatur Schneidemühl (Pommern). 

1. Binder Leo, Pfarrer in Großdammer, Kreis Mesenitz: in Hiaft 
12.9.39 in Kottbus; 14.9.39 in Sachsenhausen; in Dachau 13.12.40. 

2. V. S t y p - R e k k s k i (siehe Diözese Berlin). 

3. G e i k e Richard, B'eneflziat in Kitzingen (Würzburg) (geb. in Mese- 
ritz): in Haft 3.11.37 in Würzburg; 13.9.39 in Nürnberg; 11.8.41 in 
Polizei-Feste; in Dachau 17.8.41. 

42. Diözese S e c k ä u - Graz (Steiermark). 

1. Allmer Johann, Pfarrer in Glashütten: in Haft etc. 1938 in Graz, 
Gusen-Mauthausen ; in Dachau 1940; t Aschermittwoch 1941. 

2. Lenz Johann, Mar. S. J. in Wien XXV, Missionskloster St. Gabriel: 
in Haft 5.12.38 in Wien; 9.8.40 in Dachau; 10.8.40 in Gusen; in 
Dachau 6. 12. 40. 

3. Seewald Alexander, Pfarrer in Mürzsteig: in Haft 16. 1. 40 in 
Graz; 22.4.40 in Dachau; 16.8.40 in Gusen; in Dachau 8.12.40. 

4. HornauerP. Josef, Herz- Jesu-Missionar in Graz: in Haft 8. 11. 39 
in Graz; 29,2.40 in Sachsenhausen; in Dachau 14.12.41. 

5. Sin dl er Alois, Pfarrer in'Ranten: in Haft 12. 12. 38 in Leoben, 
Graz; in Dachau 29.3.41. 

43. Diözese Speyer. 

1. Seitz Fritz, Pfarrer in Schallodenbach: in Haft 16. 3. 40 in Neu- 
stadt/Weinstraße; 16.8.40 in Gusen; in Dachau 8.12.40. 

2. Römer Heinz Robert, Kaplan in Ludwigshafen-St. Sebastian: in 
Haft 20.12.40 in Neustadt/ Weinstraße; in Dachau 21.2.41. 

3. C.aroli Wilhelm, Pfarrer a. D., Kottenheim: in Haft 14. 10!41 in 
Koblenz; in Dachau 18.2.42. 

44. Diözese Trier. 

1. Zilliken Josef, Pfarrer in Wasenach: in Haft 27.5.40; in Dachau 
13. 12. 40, 

2. Schulz Johannes, Pfarrer in Nickenich üb. Andernach: in Haft 
27. 5. 40 in Koblenz; 31. 7. 40 in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

3. Schlick er Peter, Kaplan in Niedermending: in Haft 9.1.41 in 
Koblenz; in Dachau 7. 1. 42. 

4. Schmitt Johann, Pfarrer in Niedaltdorf/Saar: in Haft 16. 3.<»40 
in Berlin; 1. 8. 40 in Sachsenhausen; in Dachau 14. 12. 40. 

5. Bettendorf. 

6. Z i e g 1 e r Jakob, Pfarrer in Koöhem-Kondt: in Haft 8. 8. 41 in Kob- 
lenz; in Dachau 12. 12. 4L 

346 ' 



7. Neunzig Heinrich Josef, Pfarrer in Halver (Paderborn): in Haft 
23.7.41 in Dortmund;. in Dachau 17.10.41. 

8. Münch F. Maurus (Jakob), Benediktiner der Abtei St. Matthias 
Trier: in Haft 18.11.40 in Trier; in Dachau 10.10.41. 

9. E i s e F. Albert, Pallottiner in Schönstatt: in Haft 4. 8. 41 in Koblenz; 
in Dachau 14. 11. 41. 

10. Pfeil Hugo, Pfarrer in Humes/Saar: in Haft 20. 9. 39 in St. Wen- 
del/Saar; in Dachau 14.12.40. 

11. B e c h t e 1 Peter Josef, Pfarrer in Niedermedig: in Haft 9. 1. in Kob- 
lenz; in Dachau 7. 2. 41. 

12. K e n t e n i c h P., Pallottiner in Schönstatt. 

45. Tschenstochau (Teil im Warthegau). 
Viele in anderen Blocks. 

i 

, 46. Erzdiözese Wien. 

1. Allmer Franz (OSB., Kapitular des Stiftes Admont), Pfarrer in 
Paulfau: in Haft September 1938 in Graz, Oktober frei; August 1939 
in Wien; September Buchenwalde; in Dachau 1940. 

2. K a r a s Friedrich, Hausgeistlicher in Meyerling: in Haft 30. 6. 41 
in Wien; August 1941 in Dachau, entlassen 24. 1. 42, gestorben im 
Frühling 1942 auf Invalidentransport. 

3. Trompeter P. Ernst, SDS., Katechet von Margarethen a. M.: in 
Haft 8.9.41 in Wien; in Dachau 16.11.41. 

47. Diözese Würzburg. 

1. Weigend Konrad: Entlassen Januar 1942. 

2. Eisenmann August, Pfarrer in Aisleben: in Haft 4. 7. 41 in Würz- 
burg; in Dachau 29.8.41. 

3. Hafner Georg, Pfarrer in Oberschwarzach: in Haft 31. 10. 41 in 
Würzburg; in Dachau 12. 12. 41. 

4. D ü m i g. 

5. Heß P Johann (Salesius), Dr. phil., Benediktiner in Münster- 
schwarzach: in Haft 31,5.41 in Würzburg; in Dachau 12.9.41. 

48. Evangelische Geistliche. 

1. Frischke Edmund, Pfarrer in Radom, Gen.-Gouvernement: in 
Haft 21. 9. 39 in Radom; 21. 12. 39 in Sachsenhausen; in Dachau 
14. 12. 40. 

2. Wildfang Klaas, Pfarrer in Rysum bei Norden: in Haft 7.2.41 
in Dachau; überstellt nach Hannover April 41, von dort entlassen 
wegen Haftunfähigkeit infolge Schlaganfalls. 

3. Gabriel Walter, Pfarrer in Halle/S., St. Laurentius: in Haft 9. 1. 41 
in Halle/Saale; in Dachau 7. 2. 41. 

4. Thurmann' Horst, Hilfsprediger in Euskirchen/Eifel: in Haft 

11.3.40 in Bonn (Köln); in Dachau 2.6.41. 

5. Berendt Ernst» Pfarrer in Baden-Baden: in Haft 21. 12. 40; in 
Dachau 21.5.41. 

6. Kaiser Walter, Pfarrer in Dresden: in Haft 26.3.41 in Dresden; 
in Dachau 30.5.41. 

7. Schief elbein Erich, Pfarrer in Troisdorf bei Köln: in Haft 

15. 4. 41 in Aachen; in Dachau 30. 5. 41. 

8. Sylten Werner, Pfarrer, in Berlin-Köpenik: in Haft 27.2.41; in 
Dachau 30.5.41. 

347 



9. Zippel Friedrich, Pfarrer in Großgrebe bei Mühlhausen: in Haft 
April 1941; in Dachau Juni 1941. 

10. R e y e r Christian, Pfarrer in Stieglitz/Netz-Kreis: in Haft 28. 4. 41 
in Schneidemühl; in Dachau 1. 7. 41. 

11. Wagner Johannes, Pfarrer in Chemnitz: in Haft 12. 2. 41 in Chem- 
nitz; 15.3.41 in Sachsenhausen; in Dachau 12.9.41. 

12. Hoffmann Fritz,- Pfarrer in Wegensted: in Haft in Dachau 
12.9.41; entlassen 12.3.42. 

13. G r ü b e r Heinrich, Pfarrer in Berlin- Käulsdorf : in Haft 19. 12. 40 
in Sachsenhausen; in Dachau 21. 12. 40. 

14. G all in Ernst, Pfarrer in Falkenrehde: in- Haft 19.8.41 in Pots- 
dam; in Dachau 21. 11. 41. 

15. Theek Bruno, Pfarrer in Ludwigslust: in Haft 2.10.41; in Dachau 
2. 1. 42. 

16. Richter Paul, Pfarrer in WilsdrufE b. Dresden: in Haft 10 11.41; 
in Dachau 27.3.42. 

17. Husar, Pfarrer in — b. Chemnitz. 

18. Niemöller Martin, Berlin-Dahlem (über 7 Jahre!). 

Begleitschreiben von P. Petrus Mangold (t) zu vorstehender Liste: 
Reverendissimo Conventui O.F.M. Monacensi 
R, i. Ch. o Pater Guardian! 

Has quatuor thecas tibi tradendas curavi, simul petens, ut eas asser- 
ves, et SUD tempore tradas ei, qui contentum in thecis recte describit. 

Ceteroquin, Reverende Pater, humiliter peto Tuas orationes pro 
me meisque confratribus sacerdotio ddnatis et libertate privatis, ut 
digne id agamus quod Deus a nobis postulat et B. M. Virgine inter- 
cedente sanos nos conservet et libero servitio Christi reddat. 

Pro te quoque tuoque conventu orans salutat Te in Domino unus 
ex 225 sacerdotibue Germanicis Dachoviae captis. 

P.P. 

De ceteris Rev. mo Patri Michaeli Archiepiscopo et per eum Ap. 
Nuntio de prohibitione sacrificii missae, solatii nostri per organas in- 
feriores his in castris et de translatione circa 100 sacerdotum poloni- 
corum in locum incognitum ut „invalidorum" id est fame et labore 
defatigatorum fere carte moribundorum nece turpissima euthanasiae 
notitiam praestare petimus. Grate etiam pro nobis sine intermissione 
quia etiam duo ex nostro sie dicto „Block" idem perpessi sint et fames 
instat. 

In corde Jesu et Mariae salutat vos 

quidam. 

(Übersetzung des Vorstehenden.) 

An den Hochwürdigsten Franziskaner-Konvent in München. 

In Christo verehrtester Pater Guardian! 

Ich ließ Dir beiliegend 4 Kuverts übergeben mit der Bitte, sie auf- 
zubewahren und zu gegebener Zeit dem auszuhändigen, der den Inhalt 
dieses Kuverts richtig angibt. 

Im übrigen bitte ich Dich, Ehrwürdiger Vater, demütig um Dein 
Gebet für mich und meine priesterlichen Mitbrüder, die der Freiheit 
beraubt sind, damit Wir würdig den Willen Gottes erfüllen und er uns 
durch die Fürbitte der seligen Jungfrau Maria gesund erhalte und dem 
freien Dienste für Christus zurückgebe. 

348 



, Auch für Dich und Dekie Ordensgemeiftde betend, grüßt Dich im 
Hefrn einer und 225 deutsche Priester, die in Dachau gefangen sind. 

'P.P. Im übrigen bitten wir, dem Hochwürdigsten Herrn Erzbischof 
Michael und durch ihn dem Apostolischen Nuntius Nachricht zu geben 
über die Einstellung des heiligen Meßopfers, unseres Trostes, durch 
untergeordnete Organe dieses Lagers und über die Verlegung von zirka 
100 polnischen Priestern an einen unbekannten Ort: Es sind Invalide, 
d. h. durch Hunger und Mühsal Erschöpfte, die wohl sicher durch die 
schändliche Euthanasie werden sterben müssen. Betet auch ohne Unter- 
laß für uns, weil auch 2 aus unserm (deutschen) Block schon dasselbe 
erlitten haben und der Hunger vor der Türe steht. 



Im Herzen Jesu und Maria grüßt Euch 
3. Eine Gesamtschau: 



einer. 



Für 15, März 1945 werden an katholischen Priestern im Kz. Dachau 
insgesamt genannt: 

1493 



Davon waren aus 144 Diözesen und 25 Nationen: 



Deutsche . . . 
Polen rund . . 
Franzosen . . . 
Tschecho- 
slowaken . . 
Österreicher . 



261 Holländer . . . 

791 Belgier .... 

122 Italiener . . . 
Jugoslawen . . 
73 Volksdeutsche 
64 Luxemburger . t 



38 Ungarn . . . 

34 Schweizer 

29 Engländer . 

19 Amerikaner 

19 Russen . . . 

8 Verschiedene 



Kirchlicher Rang der geistlichen Häftlinge: 



Erzbischof .... 1 

Archimandriten 2 

Bischof 1 

Äbte 2 

Generalvikare * 2 



Prälaten 

Domherren . . . 
Universitäts- 

professdren . . 11 
Ordensprovinziale 3 
Pfarrer 482 



4 Kapläne .... 

11 Religionslehrer 

Militärpfarrer 

Ordensleute . 

ohne Angabe . 



4 
2 
1 
1 
1 
30 



342 
176 

30 
328 

98 



Der Zahl nach waren besonders stark folgende Diözesen vertreten: 

Münster 24 Freiburg i. Br. . 17 Mainz 13 

Linz 1 22 Breslau 17 Limburg 13 

Trier * 14 



Jesuiten . 
Pallottiner 



Ordensleute: 
26 Benediktiner . . 17 Karmeliter ... 10 
18 Franziskaner . » 11 aus versch. Orden 246 



4. Ein Blick des Heiligen Vaters 

„Je mehr sich tatsächlich die Schleier lüften, die bisher den schmerz- 
vollen Leidensweg der Kirche unter der nationalsozialistischen Herr- 
schaft verdeckten, um so mehr offenbart sich die oft bis zum Tode un- 
verbrüchliche Festigkeit ungezählter Katholiken und der ruhmvolle An- 
teil, den in diesem edlen Wettkampf der Klerus gehabt hat. Wiewohl 
Wir noch nicht im Besitz erschöpfender statistischer Angaben sind, kön- 
nen Wir doch nicht umhin, die eine oder andere Mitteilung zu machen; 
sie sind Uns reichlich zugegangen von Priestern und Laien, die als Inter- 
nierte im Lager Dachau gewürdigt wurden, um des Namens Jesu willen 
Schmach zu dulden (Apg. 5, 41). 

An erster Stelle stehen der Zahl und harten Behandlung nach die 
polnischen Priester. Von 1940 bis 1945 wurden in dem angegebenen Lager 
2800 Geistliche und Ordensleute jener Nationalität gefangengesetzt, unter 



349 



ihnen der Weihbischof von Wloclawek, der dort ah Typhus gestorben ist. 
Im vergangenen April waren davon nur noch 816 übrig, während alle 
anderen gestorben sind jnit Ausnahme von 2 oder 3 in andere Lager 
überführten. Für Sommer 1942 wurden als dort eingebrachte 480 Kult- 
diener deutscher Zunge ausgegeben, von denen 45 Protestanten und alle 
anderen 'katholische Priester waren. Trotz des ständigen Zugangs von 
neuen Internierten, besonders, aus einigen Diözesen Bayerns, des Rhein- 
lands und Westfalens, w;ar ihre Zahl infolge der starken Sterblichkeit zu 
Beginn dieses Jahres nicht über 350. Es können auch nicht mit Still- 
schweigen die Geistlichen übergangen werden, die den besetzten Ländern 
angehören: Holland, Belgien, Frankreich (unter den französischen Prie- 
stern der Bischof von Clermont), Luxemburg, Slowenien, Italien, Viele 
von diesen Priestern und Laien haben um ihres Glaubens willen unsäg- 
liche Leiden erduldet. In einem Fall ging der Haß der Gottlosen gegen 
Christus so weit, daß sie an einem internierten Priester mit Stacheldraht 
die Geißelung und Dornenkrönung unseres Herrn nachäfften. 

Die hochherzigen Menschen, die zwölf Jahre hindurch, von 1933 an, 
in Deutschland für Christus und seine Kirche das Opfer des persönlichen 
Besitzes, der persönlichen Freiheit und des eigenen Lebens gebracht 
haben, erheben zur Sühne ihre Hände zu Gott, Möge der gerechte 
Richter sie annehmen zur Wiedergutmachung so vieler Verbrechen, die 
gleicherweise gegen die Menschheit wie zum Schaden der Gegenwart 
und Zukunft des eigenen Volkes, besonders seiner unglücklichen Jugend 
begangen wurden, und möge auf sein Geheiß hin der Würgengel endlich 
den Arm sinken lassen." 

6. Antichrists Wüten 
gegen eine Hochburg katholischen Glaubens und Lebens. 

Um den Umfang dieser Darstellung nicht gar zu groß werden 
zu lassen, mußte davon Abstand genommen werden, in ausführlicher 
Weise auch kirchlich-religiösen Ausvrirkungen des Nationalsozialis- 
mus außerhalb des Altreiches nachzugehen. Es konnte 
nur hin und wieder ein flüchtiger Seitenblick über die Grenze 
geworfen werden. 

Nun aber seien zwei Dokumente wiedergegeben, die geeignet 
erscheinen, in aller Kürze, aber auch in voller Klarheit eine Gesamt- 
schau auf ein nahes, heiß umstrittenes Kampffeld zu gewinnen und 
tief zu beeindrucken. 

„Imheil'genLandTirol", 

Virie der Volksmund es so gern nennt (vgl. „Andreas-Hofer-Lied"), 
wütete Antichrist mit besonderer Gehässigkeit und Eile. Es ist, als 
ob man dort im Sturm nachholen wollte, was man im Altreich 
während der vorausgegangenen fünf Jahre Schritt für Schritt an 
Boden gewonnen hatte. 

Partei und Gestapo hatten nun schon eine gewisse Erfah- 
rung im Kirchenkampf. Und dann war man auch schon im vollen 
Besitz der Macht, brauchte nicht mehr Rücksicht auf weite Kreise 
des Volkes, auf Papst usw. zu nehmen, war auch nicht gebunden 
durch irgendwelche Konkordatsfesseln. Das öster- 
reichische Konkordat galt für die neuen Herren nicht, da es 

350 



von der „reaktionären Regierung abgeschlossen war; das Reichs- 
konkordat verpflichtete nicht gegenüber Österreich, weil es zu 
eineir Zeit zustandegekommen, da die „Ostmark" noch nicht zum 
Reich gehörte. Und schließlich war der Absperriegel um 
„Großdeutschland" so verstärkt worden, daß das Ausland wenig 
von dem erfahren konnte, was da zwischen den Bergen von Tirol 
geschah. 

Es ist ein Bild von erschütternder Tragik, aber auch von denk- 
würdiger Treue, was zwei offizielle kirchliche Denkschriften aufzeigen. 

Bischof Rusch, Innsbruck, berichtet; 

(Auszug) 
I. 

Übersicht. . 
I. Schließung von Kirchen und Kapellen 
Geschlossen sind: 

1. Konsekrierte Kirchen .*..... 5 

2. Kapellen 24 

Davon entfallen auf Innsbruck allein 

konsekrierte Kirchen 4 

Kapellen •..,-. s 10 

IL Maßnahmen gegen den Klerus 

l.'In Anhaltelagern sind Priester s . . . * -. 3 

2. Interniert wurden 

a) Seelsorgspriester ....,....•.- 40 

b) Ordensangehörige 15 

3. Ausdrückliches Schulverbot haben Seelsorgspriester ... 48 

4. Keine Erlaubnis zur Erteilung des Religionsunterrichtes 
haben zirka 100 Priester 

5. Die staatliche Beihilfe wurde entzogen 93 Priestern 

III. Maß>n ahmen auf dem Gebiet der Schule 

1. Schulen ohne Religionsunterricht sind 52 

2. Katholische Schulen: geschlossen wurden 

a) Theologische Fakultät 1 

b) Mittelschulen . 8 

c) Haupt-, Volks- und Ünterschulen 20 

d) Von Ordensschwestern betreute Kindergärten .... 35 

e) Von Ordensschwestern geleitete Nähschulen . . . . . • 12 

76 

3. Die Zahl der geschlossenen katholischen Konvikte und 
Erziehungsanstalten beträgt 18 

4. Die Zahl der katholischen Ordenspersonen, welche vom 
Schuldienst entlassen resp. pensioniert wurden, ist . . . 215 

IV. Orden und Klöster 

1. Durch verschiedene Maßnahmen wurden Klöster und 
Ordensniederlassungen aufgehoben 7 

2. Für nichtkirchliche Zwecke wurden verwendet, und zwar: 

a) für Militärzwecke 9 

b) für Hilfspolizei . 1 

c) für Militärlazarette 2 

d) für Schulzwecke 7 

V. Aufgelöste Stiftungen 5 

351 



VI. AufgelösteVereinc 

1. Gesellenvereine 8 

davon hatten Häuser 5 

2. Katholische Arbeitervereine 37 

davon hatten Häuser 5 

3. Katholischer Arbeiterinnenverein 1 

4. Beschlagnahmte und eingewiesene Kinder- u. Jugendheime 11 

5. Eingewiesene Ferienheime 5 

6. Aufgelöste Hochschulkorporationen 9 

VII. Maßnahmen auf dem Gebiete der katholischen 
Caritas 

1. Aufgelöster Caritasverband 1 

2. Aufgelöste Vinzenzvereine 16 

3. Aufgelöste Elisabethenvereine 2 

4. Aufgelöster Krankenfürsorgeverein .' . . 1 

VIII. Maßnahmen auf dem Gebiet des religiösen 
Schrifttums und der. Presse 

1. Aufgelöste katholische Pfarr- und Vereinsbüchereien . . 150 

2. Zahl der nicht mehr erscheinenden religiösen Zeitschriften 8 
Ihre Auflage beträgt über . 100 000 

3. Es erscheint nicht mehr das katholische Tägblatt . 
und das katholische Wochenblatt mit einer Auf- 
lage von zirka . . . ... . . •. . . . . . 20000 

4. Katholische Verlagsaristälten wurden umgebildet .... 2 

Ein paar Einzelangaben zu vorstehender Übersicht: 

Die geschlossenen konsekrierten Kirchen sind : In 
Innsbruck die Stiftskirche in Wilten, die Servitenkirche in der Maria- 
Theresien-Straße, die Hofkirche am Renn weg, die Kirche im theologi- 
schen Konvikt, jene im Canisianuitn und in Martinsbühel bei Zirl die 
dortige Kirche. 

Auf gehobene Orden und Klöster: 

Das Stift Stams durch Maßnahmen der Geh. Staatspolizei, das Ser- 
vitehkloster in Innsbruck durch Einweisung an das Land Tirol, das Stift 
Wilten durch einen Kaufvertrag mit dem Land Tirol, welcher der Lei- 
tung des Stiftes Wilten nahgelegt wurde, das Jesuitenkollegium in Inns- 
bruck mit dem dazugehörigen Zenzenhof durch Einweisung an das 
Iiand Tirol, die Benediktinerniederlassung in Volders durch Einweisung, 
die Benediktinerniederlassung in Innsbruck durch Verkauf an eine Ge- 
sellschaft, die Benediktinerniederlässung in Martinsbühel durch Ein- 
weisung an das Land Tirol. 

Auf gelöste Stiftungen : 

Auf Grund der Verfügungen des Stillhaltekommissars für Vereine, 
Organisationen und Verbände wurden alle nichtkirchlichen 
Stiftungen aufgelöst oder mit Abänderung der Stiftungssatzungen 
an Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder Gliederungen der Par- 
tei eingewiesen. 

Aufgelöste Vereine: 

1. Von der Geheimen Staatspolizei wurden sämtliche katholische 
Ges'elleny er eine in Tirol aufgelöst. Im Bereich der Apostolischen 
Administratur gilt dies für die Gesellenvereine in Innsbruck, Hall, 
Schwaz, ötz, Landeck, Wattens, Reutte, Lienz. Die Vereine in Inns- 
bruck, Hall, Schwaz, ötz und Lienz hatten Immobilienbesitz im Werte 
von RM. 25a 000.— . 

352 



2. Die katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenver- 
e i n e wurden vom Stillhaliekommissar für Vereine, Organisationen und 
Verbände aufgelöst und die Vermögenswerte der Deutschen Arbeits- 
front eingewiesen. 

3. Die katholischen Jugendvereine hatten nicht selten in 
einem Verein, wie es z. B. der Verein „Jugendhilfe" ist, ihren wirt- 
schaftlichen und finanziellen Stützpunkt. Der Verein „Jugendhilfe" 
bestand in Innsbruck, dem das Jugendheim in Innsbruck-St. Nikolaus, 
das Ferienheim in Mutters und ein Grundbesitz im Ausmaß von 6000 m- 
gehörte, außerdem in Jenbach (Hausbesitz), in Ehrwald (Hausbesitz) und 
in Inzing (Hausbesitz). Die Vermögenswerte wurden vielfach der NSV 
oder anderen Gliederungen der Partei eingewiesen. Dazu kommen noch 
verschiedene Jugendheime, die zunächst beschlagnahmt und später ein- 
gewiesen wurden, und zwar: das Jugendheim in Innsbruck-Pradl mit 
Haus-, Grund- und Waldbesitz, das Burschenvereinshaus in Rum mit 
Heimbesitz, das Jugendheim zum „Riesen Haymon" in Innsbruck- 
Wilten, das Pfadflnderheim in Lienz (Heimbesitz). Ferner sind die Ver- 
mögenswerte des Bundes der. Jungtircier mit den Ferienheimen am 
Achensee, Haiming, Tarrenz und Absam eingewiesen worden, ebenso der 
große Besitz des Seraphischen Liebeswerkes in Fügen und des Vereines 
der katholischen Kinderfreunde in Martinsbühel und Volders. 

Aufgelöst ^'urden schließlich sämtliche katholische Hochschulkor- 
porationen, von denen die Austria und Leopoldina Hausbesitz hatten.^ 

Vn. Maßnahmen auf dem Gebiete der caritativen 

Einrichtungen 

.1. Der Tiroler'Caritasverband wurde auf Grund einer 
Verfügung des StillhalteKommissars vom 30. November 1939 aufgelöst 
und die Vermögenswfcrle in die NSV eingewiesen. Der Caritasverband 
besaß in Innsbruck ein Haus in der Erlerstraße im Werte von über 
RM 80 000. — ; ein Haus in St. Johann in Tirol im Werte von zirka 
20—30 000.— RM. und das Heim der Unheilbaren in Girlan in Südtirol, 
welcher Besitz mit einer Million Lire zu bewerten ist. 

2. Sämtliche Vihzenzvereine und Vinzenzkonfe- 
r e n z e n sowie die Elisabethenvereine wurden gleichfalls 
über behördliche Anordnung aufgelöst und deren Vermögenswerte Glie- 
derungen der Bewegung eingewiesen. 

II. 1940. 

I.Entwicklung des Verhältnisses zwischen Kirche 

und Staat 

Der neueste Erlaß der Geheimen Staatspolizei Innsbruck vom 2. De- 
zember d. J. (= 1940) hat folgenden Wortlaut: Jede Tätigkeit von 
Pfarrjugend und Jugendkongregationen ist verboten. Unter die Pfarr- 
jugendtätigkeit fällt jede religiöse Betreuungvon Jiigend- 
lichenunter 18 Jahren beiderlei Geschlechts mit Ausnahme: 
1. des zugelassenen Religionsunterrichtes in der Schule, 2. des Firm- 
unterrichtes für die Firmlinge, 3. der Teilnahme an den normalen Got- 
tesdiensten der Erwachsenen. Es fallen unter das Verbot insbesondere: 
alle Glaubensstunden, Gebets-, Sing- und Andachtsstun- 
den, .Einkehrübungen, Exerzitien usw. 

Die Tätigkeit der Ministranten fällt nicht unter das Verbot. In- 
dessen sind die in den letzten beiden Jahren zum Teil außerordentlich 
stark angewachsenen Ministrantentgruppen auf den Stand vom Februar 
1938 zurückzuführen. 

Das Pfarrjugend- und Jugendkongregationsverbot darf vom Klerus 
in keiner Weise öffentlich verkündet oder behandelt werden, insbe- 

Kreuz und Hakenkreuz 2'.5 oco 



sondere nicht von der Kanzel. Es ist vielmehr den in Frage kommen- 
den Jugendlichen mündlich in sachlicher Form zu eröffnen. 

Der Stichtag für das Verbot ist der 5. Dezember und für die Mini- 
' stranten der 1. Januar 1941. Eine Umgehung durch die Geistlichkeit 
oder die Laienhelfer wird bestraft. 

Die B edeutung dieser Verordnung 

liegt darin, daß nunmehr erstmals Seelsorge und innerkirchliches Leben 
gegen alle vorausgehenden Zusagen unter ein staatliches Verbot gestellt 
werden. Im besonderen ist darauf hinzuweisen, daß durch diese Ver- 
ordnung nicht nur, wie es scheinen möchte, die Jugendseelsorge 
betroffen wird, sondern auch die Kinderseelsorge: Wie in per- 
sönlicher Besprechung avvf der Staatspolizei Innsbruclc ausdrücklich 
gesagt wurde, sind auch die Kinderseelsorgestunden und der Erstkom- 
munionunterricht außerhalb der Schule verboten. Hierzu ist noch zu 
berücksichtigen, daß in zahlreichen Schulen überhaupt kein Reli- 
gionsunterricht stattfindet und dort, wo er noch stattfindet, doch 
nur ein reines Lernfach darstellt, vom Katecheten selbst aber die 
Verbindung zwischen Religionsunterricht und religiösem Leben des 
Kindes laut neuesten Anordnungen niclit mehr hergestellt werden darf. 
Das Verbot stellt somit einen erschütternden Schlußpunkt einer Ent- 
wicklung dar, die bereits früher eingeleitet wurde. 

D lese Entwicklung 

verlief in folgenden Abschnitten: Zunächst wurde das religiöse Leben 
auf den kirchlichen Raum beschränkt, zahlreiche Prozessionen wtirden 
verboten, geistliche Schulen und Lehranstalten wurden aufgehoben, 
viele Priester erhielten Schulverbot, die Stundenzahl des Religionsunter- 
richtes wurde in vielen Klassen auf eine Wochenstunde herabgesetzt, 
die oberen Klassen der höheren Lehranstalten sowie die Berufsschulen 
haben überhaupt keinen Religionsunterricht mehr, in zahlreichen 
Schulen wurden die Kreuze entfernt. Eine besondere Beachtung ver- 

^ ^ das Schicksal des Priesterseminars, 

das zunächst in Innsbruck war. Das Gebäude des Priesterseminars 
wurde nämliqh staatlich angefordert, das nach erfolgter Anforderung 
neu geschaffene Priesterseminar in Volders bei Innsbruck wurde ebenso 
von staatlichen Stellen besetzt, das 3. wiederum geschafiiene Priester- 
seminar in Matrei bei Innsbruck für den Arbeitsdienst angefordert, 
nach Abzug des Arbeitsdienstes jedoch beschlagnahmt. Hiezu wurde' 
unter der Hand bekanntgegeben, daß ein Priesterseminar im Gau Tirol- 
Vorarlberg nicht geduldet werde. 

Es folgte sodann ' 

eine große Verhaftungswelle, 

so daß die Gesamtzahl der seit März 1938 inhaftierten Priester nunmehr 
sich auf rund 110 beläuft. Gründe für die Verhaftung waren folgende: 
Übertreten des Kanzelparagraphen (z. B. ein Priester sagte in der Pre- 
digt: das Erwecken der vollkommenen Reue sei besonders für den 
Soldaten sehr wertvoll, der ja in plötzliche Todesgefahr kommen könne, 
so etwa bei der Torpedierung eines Schiffes. Wegen dieses auf der 
Kanzel gesagten Satzes wurde er in Haft genommen, weil das Beispiel 
eine Beunruliigung der Bevölkerung darstelle.) Übertreten des Sammel- 
verbots (z. B. wenn Gläubige dem Priester zum Zweck einer Kirchen- 
renovation Geld in das Pfarrhaus brachten). Nichteinhalten 
der Jugendschutzverordnung (z. B. wurde ein Priester verhaftet, der 
Jugendliche von einer Glaubensstunde bei Anbruch der Dämme- 
rung entließ). Abhalten von Gottesdiensten an abgeschafften Feier- 
tagen (z. B. wurde ein Priester in Haft genommen, der am Fronleich- 

354 



namstag nach 8 Uhr einen Gottesdienst abhielt). Weitere Verhaftungs- 
gründe waren, allgemein gesagt, das Nichteinhalten von staatlichen Vor- 
schriften, die aber im Grenzgebiet zwischen Kirche und Staat sehr rigo- 
ros ausgelegt wurden. So wurde ein Priester in Haft genommen, der 
ein katholisches Mädchen darauf hinwies, daß eine mit einem geschiede- 
nen Manne eingegangene Ehe nicht gültig sei. Diesen Priester ereilte 
die Strafsentenz auf Konzentrationslager, von wo er nicht mehr zurück- 
kehrte. Es erübi-igt sich zu sagen, daß manche Verhaftungsfälle ihren 
Grund in einem Vergehen des Priesters hatten, z. B. in einer im Unmut 
gemachten unfreundlichen Aussage gegen den Staat. 

Es erfolgte sodann 

die Auflösung von zahlreichen religiösen Vereini- 
gungen, 

so u. a. auch des Caritasverbandes, deren Vermögen jeweils beschlag- 
nahmt wurde. Und zugleich setzte die Beschlagnahmung von Klöstern 
und Stiften ein, welche Beschlagnahmung sich besonders in der Zeit ' 
des Krieges fortgesetzt und vermehrt hat. Eine ganz besondere Härte 
stellt dabei folgender Umstand dar: Von den im Kriege beschlagnahm- 
ten Klöstern waren jeweilen mehrere oder auch viele Mitglieder unter 
den Waffen und an der Front. So z. B. befanden sich von dem im Sep- 
tember 1940 aufgelösten Kapuzinerkioster in Innsbruck 22 Angehöi'ige 
'an der Front. Grund der Auflösung des letztgenannten Klosters war 
die Verhaftung eines Ordenspriesters, der jedoch 3 Tage nach Beschlag- 
nahme des Klosters vom Gericht wieder freigegeben v/urde mit der 
Begründung, daß ein besonderer Verhaftungsgrund nicht vorlie|5e. Im 
Zusammenhang mit dieser Aufhebung der Klöster steht auch die 
Schließung mehrerer Seelsorgskirchen. So wurden in Innsbruck allein 
6 öffentliche Kirchen, die vom Volk sehr zahlreich besucht waren, ge- 
schlossen. 

Als vorläufiger Abschluß im Gefolge all dieser Maßnahmen erfolgte 
nun das Verbot der Seelsorge selbst,- und zwar der Seelsorge an der 
jungen Generation. 

2. Wirkung auf die Bevölkerung 

Sogleich nach der Eingliederung Österreichs in Deutschland war 
die Stimmung in der Bevölkerung äußerst gut zu nennen. Der dama- 
lige Leiter der Geheimen Staatspolizei in Innsbruck bestätigte uns dies. 
Als jedoch das Prozessionsverbot erfolgte und die Entfernung der 
Kreuze in vielen Schulen, wandelte sich allmählich das Stimmungsbild. 
In mehreren Orten Tirols wurde ein Schulstreik inszeniert, d. h. 
die Eltern erklärten, daß die Kinder nicht in die Schule kämen, solange 
das- Kreuz entfernt bleibe. Auf diese Schulverweigerung hin erfolgten 
strenge staatspolizeiliche Maßnahmen. Die Bevölkerung selbst sah in 
Zukunft bei Schwierigkeiten von solchen Gehorsamsverweigerungen ab, , 
sie zeigte jedoch durch Abordnungen, die bei den verschiedenen 
Regierungsstellen vorsprachen, lebhaft ihren Unwillen über 
solche und ähnliche Anordnungen. Besonders lag der Bevölkerung die 
Abhaltung des Religionsunterrichtes durch den Priester sehr am Her- 
zen. Zahlreiche Bittschriften und Vorsprachen bei Regierungs- 
stellen geben hievon Zeugnis. Wie dann noch die Verhaftungswelle 
einsetzte, war die Stimmung bei der Bevölkerung so geworden, daß die 
Angelegenheit zu einer offenen Aussprache bei der Staatspolizei in 
Innsbruck führte. Wiederum gab der damalige Leiter der Staatspolizei 
den Vertretern der Bischöflichen Behörde darin recht, daß die anfäng- 
lich gute Stimmung der Bevölkerung durch die inzwischen vorgenom- 
menen Maßnahmen verschiedener Regierungsstellen, nicht aber durch 
die Schuld der Kirche, sich so verschlechtert habe. Einen ganz beson- 
deren Eindruck machte auf die Bevölkerung die Verfolgung dea 

355 



P r i e s t e r s e m i n a r s. Die Landbevölkerung hängt nämlich sehr 
stark an den zukünftigen Priestern, so daß sie sehr bitter davon getrof- 
fen ist, daß ein Priesterstudent nicht mehr im eigenen Land sich dem 
Studium widmen l^ann, sondern in einen anderen Gau gehen muß, um 
studieren zu können. 

Die weitgelaende Beschränkung religiöser Feiertage 

hatte eine weitere Verschlechterung des Zustandsbildes im Gefolge. 
Zahlreiche Kinder erschienen an solchen aufgehobenen Feiertagen nicht 
in der Schule. Als dann an diesen Tagen auch die Abhaltung des Fest- 
gottesdienstes um 8 Uhr oder später verboten wurde, erweckte das ein 
überaus großes Befremden. Die Landbevölkerung arbeitete an diesen 
Tagen nicht. 

In der gleichen Richtung wirkte 

dieAufhebungvonKlöstern. 

Verschiedene Orden sind besonders bei der Landbevölkerung sehr be- 
liebt. Ein Zeichen für diese Wirkung ist z. B. folgendes: Verschiedene 
Tiroler Schützen weigerten sich zu dem sonst in Tirol sehr beliebten 
Landesschießen zu gehen, nachdem die Aufhebung des Kapuziner- 
klosters bekannt wurde. 

Ungesucht und unverlangt erhalte ich als Bischof entweder brief- 
lich oder mündlich z.B. auf Firmungsreisen zahlreiche Nachrichten, die 
einen Einblick in diese Stimmung der Bevölkerung geben. Hiefür fol- 
gen nun einige Zeugnisse. Ein Bauer sagte: „In dieser Zeit, wo man 
uns Tirolern den Glauben nehmen v/ill, möchte ich am liebsten nicht 
mehr leben." Eine Mutter, die früher sehr für den Anschluß an Deutsch- 
land gearbeitet hatte, sagte: „Wenn ich diese Bekämpfung der Religion 
vorausgewußt hätte, wäre ich nie für den Anschluß gewesen." Ein 
Familienvater: „Wir haben kein Vertrauen mehr, weil die uns gegebe- 
nen Ver.sprechungen nicht eingehalten wurden." 

In Hötting bei Innsbruck wurde durch den Streifendienst der HJ 
ein Gottesdienst gestört und mußte abgebrochen werden, und zwar han- 
delte es sich um eine Totengedenkstunde. Die Bevölkerung war dar- 
über sehr empört und beschwerte sich auch bei der Staatspolizei Inns- 
bruck. Der Pfarrer, der den Gottesdienst notgedrungen hatte abbrechen 
müssen, wurde jedoch von der gleichen Staatspolizei zur Verantwor- 
tung gezogen und bestraft, weil er Aufsehen bei der Bevöl- 
kerung gemacht habe. Im Sommer 1939 wurden katholische 
Jugendliche beim Nachhausegehen von einer Feierstunde in der Kirche 
von der H.J tätlich angefallen und mit Faustschlägen und Fußtritten 
traktiert. Das war für die Bevölkerung das Zeichen, daß sie offen von 
einer Verfolgung der Kirche zu sprechen begann. Und wer nun die 
Wirkung des neuen staatspolizeilichen Verbotes, wonach die Jugend- 
stunden abgebrochen werden müssen, auf die Jugendlichen selbst sah 
und ihre todtraurigen Gesichter beim Nachhausegehen beobachten 
konnte, der weiß ganz genau, wie zerstörend dieser Erlaß bei den jun- 
gen Menschen gewirkt hat, die demnächst zum Heeresdienst einbei*ufen 
werden sollten. 

Damit komme ich auf die wehrpsychologische Wirkung 
dieser Maßnahmen zu sprechen: Ein junger Offizier schrieb von 
Norwegen; „Bewahren Sie uns in der Zeit, in der wir für Deutschland 
kämpfen, das Heiligste, was wir in der Heimat haben, nämlich den 
katholischen Glauben." Als er dann zum Urlaub zurückkam und die 
Zustände sehen mußte — es' war damals gerade der Generalvikar, der 
den Text der Todesanzeige für den im Konzentrationslager verstorbenen 
Priester mitverfaßt hatte, ins Konzentrationslager gebracht worden — , 
war er tief erschüttert. Er sagte, er könne nun nicht mehr mit der 
gleichen Kraft kämpfen -wie früher. Oft kommen briefliche Anfragen 

356 



von der Front zu mir, wie es zu Hause der Kirche ergehe. Daraus 
ersehe ich die Sorge der Frontkämpfer für das kirchenpolitische Ge- 
schehen in der Heimat. Wenn alle diese in Urlaub kommen, erfahren sie 
immer wieder von neuen Verboten, neuen Kirchenschließungen und Be- 
schiagnahmungen von Klöstern. Sie alle gehen freudlos wieder an die 
Front hinaus. 

Zwei im Soldatendienst stehende Mitglieder des Kapuzinerordens 
kamen wenige Tage nach Aufhebung des betreffenden Klosters in Ur- 
laub. Wie sie glaubten, sie seien nun zu Hause angekommen und an 
der Klosterpforte läuteten, mußten sie erfahren, daß sie kein Zuhause 
mehr hatten. Während sie an der Front ihr Leben für ihr Land ein- 
setzten, war ihnen ihre Heimat weggenommen worden. Und wenn nun- 
mehr an der Front stehende Familienväter von den Müttern zu Hause 
erfahren müssen, daß es ihren Kindern verboten worden sei, einer Seel- 
sorgestunde in der Kirche beizuwohnen, dann vermag ich die Wirkung 
dieser Nachricht wohl noch nicht abzuschätzen, aber positiv kann sie 
nicht sein. 

Gerade hierzu möchte ich folgendes bemerken: Einer unserer Prie- 
ster wurde zu Ostern dieses Jahres in Haft genommen, weil er in einem 
Brief an die Front mitgeteilt hatte, daß die in diesem Orte bisher 
übliche feierliche Fronleichnanasprozession verboten worden sei. Es wurde 
ihm vorgeworfen, daß diese Nachricht einen wehrzersetzen- 
den Einfluß habe. Ich habe mir daraufhin erlaubt, bei der Staats- 
polizei folgende Gegenvorstellung zu erheben: Von Ihnen gehen zahl- 
reiche Verbote aus, die die freie Religionsübung beschränken. Diese 
Verbote, deren Kundwerden also eine wehrzersetzende Stimmung im 
Gefolge haben, werden durch die Urlauber an der Front im Nachhinein 
doch immer bekannt. Wenn nun der Priester, der die Nachricht an die 
Front gegeben hat, Strafe verdient, wie ist dann die ganze Sache für Sie 
selbst zu bewerten, die Sie doch nicht nur eine Nachricht hinausgeben, 
sondern das Verbot selbst erlassen haben? Darauf erhielt ich keine 
Antwort. 

In dem neuesten Erlaß des Seelsorgeverbotes an Jugend und 
Kindern werden nunmehr sogar die Verfassungsgrund- 
gesetze des Deutschen Reiches, nach denen freie Religionsübung 
vorgesehen ist, in ihrem innersten Wesen getroffen. Im Dienste der 
Volksgemeinschaft selbst kann ich hierzu nicht schweigen. Denn 
die Volksgemeinschaft wird ebenso in ihrem Wesen getroffen, wenn 
ihre Grundgesetze keinen Bestand mehr haben. Und je mehr ich 
die Gefährdung der Stimmung unserer Frontkämpfer erkenne, 
• desto weniger kann ich hierzu schweigen im Dienst eben der 
gleichen Volksgemeinschaft in der Zeit des Krieges. In diesem 
Sinne bitte ich die vorausgehende Darlegung zu verstehen. 

D. Antichrists Geheimwaffeiischmieden. 

Nur wie durch ein Schlüsselloch können wir vorläufig in die 
Werkstätten schauen, in denen der Nationalsozialismus seine ge- 
heimen Waffen für den Kampf gegen das Christentum und die 
Kirchen schmiedete. Einiges zeigte sich davon schon im Voraus- 
gehenden. Ein paar Schlaglichter leuchten auf aus den zwei folgen- 
den Dokumenten: 

357 



1. Eine Geheimanweisung des Reichsleiters Bormann, 

des Nachfolgers von Rudolf H e ß in der Parteileitung, ein Rund- 
schreiben an Gauleiter und Reichsstatthalter im Herbst 1941: 

„BetrelT: Verhältnis von Nationalsozialismus und 
Christentum 

Nationalsozialistische und christliche Auf- 
fassungen sind unvereinbar. Die christlichen 
Kirchen bauen auf der Unwissenheit der Men- 
schen auf und sind bemüht, die Unwissenheit möglichst weiter 
Teile der Bevölkerung zu erhalten; denn nur so können die christ- 
lichen Kirchen ihre Macht loewahren. 

Demgegenüber beruht der Nationalsozialismus auf 
wissenschaftlichen Fundamenten. Das Christentum hat 
unveränderliche Grundsätze, .die vor fast 2000 Jahren gesetzt 
und immer mehr zu wirklichkeitsfremden Dogmen erstarrt sind. Der 
Nationalsozialismus dagegen muß, wenn er seine Aufgabe auch weiter- 
hin erfüllen soll, stets nach den neuesten Erkenntnissen der 
wissenschaftlichen Forschung ausgerichtet werden. 

Die christlichen Kirchen haben die Gefahren, die ihrem Bestand 
durch die exakten wissenschaftlichen Erkenntnisse drohen, seit jeher 
erkannt und sich daher bemüht, durch eine Scheinwissenschaft, wie es 
die Theologie ist, die wissenschaftliche Forschung durch ihr Dogma zu 
unterdrücken oder z^i verfälschen. Unser nationales Weltbild aber steht 
weit höher als die Auffassungen des Christentums, die in ihren wesent- 
lichen Punkten vom Judentum übernommen worden sind. Auch aus 
diesem Grunde bedürfen wir des Christentums nicht. 

Kein Mensch würde etwas vom Christentum wissen, wenn es ihm 
nicht in seiner Kindheit von den Pfarrern eingetrichtert worden wäre. 
Der sogenannte liebe Gott gibt das Wissen von seinem Dasein den jungen 
Menschen keineswegs von vornherein mit auf den Weg, sondern über- 
läßt dies trotz seiner Allmacht erstaunlicherweise den Bemühungen der 
Pfarrer. Wenn also unsere Jugend künftig einmal von diesem Chri- 
stentum, dessenLehren weit unter den unsern st eh e n , 
nichts mehr erfährt, wird das Christentum von selbst verschwinden. 

Verwunderlich ist auch, daß den Menschen vor Beginn der heutigen 
Zeitrechnung nichts von diesem Christengott bekannt war und daß auch 
seit diesem Zeitpunkt der bei weitem größere Teil der Erdenbewohner 
nie etwas von diesem Christengott erfahren hat und daher nach der recht 
anmaßenden, aber christlichen Auffassung von vornherein verdammt ist. 

Wenn wir Nationalsozialisten von einer Gottgläubigkeit 
sprechen, dann verstehen wir unter Gott nicht, wie die naiven 
Christen und ihre geistlichen Nutznießer, ein menschenähnliches 
Wesen, das irgendwo in den Sphären herumsitzt. Wir müssen viel- 
mehr den Menschen die Augen offnen, daß es neben unserer kleinen, 
im großen Weltall höchst unbedeutenden Erde noch eine unvorstell- 
bare große Zahl weiterer Körper im Weltall gibt, noch unzählige 
Körper, die wie die Sonne von Planeten und diese wieder von 
kleineren Körpern, den Monden, umgeben werden. 

Die naturgesetzliche Kraft, mit der sich alle 
diese unzähligen Planeten im Weltall bewegen, 
nennen wir Allmacht oder Gott. Die Behauptung, diese 

358 



Weltkraft könne sich um das Schicksal jedes einzelnen Wesens, um 
jeden kleinsten Erdenbazillus kümmern, könne durch sogenannte 
Gebete oder andere erstaunliche Dinge beeinflußt werden, beruht 
auf einer gehörigen Dosis Naivität oder aber auf einer geschäftigen 
Unverschämtheit. 

Demgegenüber stellen wir Nationalsozialisten uns die Forde- 
rung, möglichst natürlich, d. h. lebensgesetzlich, zu leben. Je ge- 
nauer wir die Gesetze der Natur und des Lebens erkennen und 
beachten, je mehr wir uns an sie halten, desto mehr entsprechen 
wir dem Willen der Allmacht. Je mehr wir den Willen der All- 
macht einsehen, desto größer werden unsere Erfolge sein. 

Aus der Unvereinbarkeit nationalsozialisti- 
scher undchristlicher Auffassungen folgt, daß 
eine Stärkung bestehender undjede Förderung 
neu entstehender christlicher Konfessionen von 
uns abzulehnen ist. Ein Unterschied zwischen den 
christlichen Konfessionen ist hierbei nicht zu 
machen. Aus diesem Grunde ist daher auch der Gedanke auf 
Errichtung einer evangelischen Reichskirche unter Zusammenschluß 
der verschiedenen evangelischen Kirchen endgültig aufgegeben 
worden, weil die evangelische Kirche uns genau so feindlich 
gegenübersteht wie die katholische Kirche. Jede 
Stärkung der evangelischen Kirche würde sich 
lediglichgegenunsauswirken. 

Es ist ein geschichtlicher Fehler der deutschen Kaiser im Mittel- 
alter gewesen, daß sie immer wieder im Vatikan in Rom Ordnung 
schufen. Es ist überhaupt ein Fehler, in den wir Deutsche leider allzu 
oft verfallen, daß wir bestrebt sind, Ordnung zu schaffen, wo wir ein 
Interesse an der Zersplitterung und Uneinigkeit haben müßten. Die 
"üohenstaufen hätten das größte Interesse an der Zersplitterung der 
i^-irchlichen Machtverhältnisse haben müssen. Vom Standpunkt des 
jfleiches aus wäre es das Günstigste gewesen, wenn nicht ein Papst, son- 
dern mindestens zwei, wenn möglich sogar noch mehr Päpste bestanden 
und sich gegenseitig bekämpft hätten. Statt dessen haben die deutschen 
Kaiser und insbesondere die Holienstaufen bei der Kirche immer wieder 
für Ordnung gesorgt, einem Papst zur Macht über alle übrigen Konkur- 
renten verhelfen mit dem Erfolg, daß die Kaiser, sobald der Papst wieder 
stark genug dazu war, von „ihrem" Papst die ersten Nackenschläge er- 
hielten. Die Kirche aber hat zur Stärkung ihrer eigenen Machtposition 
immer wieder den Partikularismtis der Fürsten und später der Parteien 
ausgenützt und nach Kräften geschürt. 

In früheren Generationen lag die Volksführung ausschließlich in den 
Händen der Kirche. Der Staat beschränkte sich darauf, Gesetze und Ver- 
ordnungen zu erlassen und vor allem zu verwalten. Die eigentliche Volks- 
führung aber lag nicht beim Staat, sondern bei der Kirche. Diese übte 
über die Pfarrer stärksten Einfluß auf das Leben des einzelnen Men- 
schen, der Familie und auf die Gesamtheit aus. Alles, was den Kirchen 
nicht paßte, wurde mit beispielloser Rücksichtslosigkeit unterdrückt. 

Jahrhundertelang lieh sich der Staat durch die verschiedensten Zu- 
wendungen die kirchliche Einflußmöglichkeit. Es hing von der Kirche 
ab, ob sie dem Staat helfen oder sich gegen ihn stellen wollte. Der Staat 
war auf die Hilfe der Kirche angewiesen, er war von ihr abhängig. Der 

359 



Kampf der deutschen Kaiser gegen den Papst mußte im Mittelalter und 
auch in der Neuzeit immer wieder scheitern, weil nicht der Kaiser, son- 
dern die Kirche die Volksführung in der Hand hatte. Diese weltanschau- 
Lche Abhängigiceit des Staates von der Kirche, die Uetaerlassvmg der 
Volksführung an die Kirche, waren zur Selbstverständlichkeit geworden, 
so daß niemand wagte, ernsthaft hiergegen anzugehen. Dies nicht als un- 
umstößliche Tatsache von vornherein in Rechnung zu ziehen, galt noch bis 
vmmittelbar vor der Machtübernahme als absurde politische Dummheit. 

Zum erstenmal in. der deutschen Geschichte 
hatderFührerdieVolksführungbewußtundvoll- 
ständig selbst in der Hand. Mit der Partei, ihren Gliede- 
rungen und angeschlossenen Verbänden hat der Führer, sich und da- 
mit der deutschen Reichsführ.ung ein Instrument geschaffen, das ihn 
von der Kirche unabhängig macht." Alle Einflüsse, welche die durch 
den Führer mit Hilfe der Nationalsozialistischen Partei ausgeübte 
"Volksführung beeinträchtigen oder gar schädigen könnten, müssen 
ausgeschaltet werden. I mmermehrmuß das Volk den K i r- 
chen und ihr e n Organen, den Pfarrern, entwunden 
werden. Selbstverständlich werden und müssen, von ihrem 
Standpunkt betrachtet, die Kirchen gegen diese Machteinbuße sich 
wehren. Niemals aber darf den Kirchen wieder ein 
S in.fluß auf. die Volk sführung eingeräumt werden. 
Dieser muß ^restlos'. und endgültig gebrochen werden.. Nur die 
Reichsführung "und" in ihrem Auftrag die Partei, ihre Gliederungen 
und "angeschlossenen Verbände, haben ein Recht zur Volksführung. 

Ebenso wie die schädlichen Einflüsse der 
A s t f ol'og eh, Wah fsäger und sonstigen Schwindler 
ausg es ch al t e t un d dur ch den Staat unterdrückt 
werden,, muß auch die Einflvißmöglichkeit der 
Kirche restlos beseitigt werden. Erst wenn dies ge- 
schehen ist, hat die Staatsführung den vollen Einfluß auf die ein- 
zelnen Volksgenossen. Erst dann sind Volk und Reich für alle Zu- 
'iunft in ihrem Bestand gesichert. 

"Wir würden die Fehler, die in den vergangenen Jahrhunderten 
dem Reich zum Verhängnis wurden, wiederholen, wenn wir nach 
dem Erkennen der weltanschaulichen Gegnerschaft der christlichen 
Konfessionen jetzt noch irgend zur Stärkung einer der verschiedenen 
Kirchen beitragen würden. Das Interesse des Reiches 
liegt nicht in der Überwindung, sondern in der 
Erhaltung und Verstärkung des kirchlichen 
P a r t i k u 1 a r i s m u s." 

2. Eine der vielen Geheimanweisungen der Gestapo: 

„SICHERHEITSDIENST des RFSS 
Oberabschnitt Süd- West. 

Geheime Reichssache! 

1. Dies ist ein Staatsgeheimnis im Sinne des § 88 RSTGBL. in der 
Fassung des Gesetzes vom 24. 4. 1934 (RGBL. I S. 341 ff.). 

360 



2. Nur von Hand zu Hand oder an persönliche Anschrift in dop- 
peltem. Umschlag gegen Empf angsbecheinigung. 

3. Beförderung möglichst durch Kurier oder Vertrauensperson, 
bei Postbeförderung als Wertbrief (Wert 1050 RM.). 

4. Vervielfältigung jeder Art sowie Herstellung von Auszügen ver- 
boten. 

5. Empfänger haftet für sichere Aufbewahrung. 

Verstoß hiergegen. zieht schwerste Strafen 
nachsich. 

SA: 69. 



Sicherheitsdienst RFSS S D — R F S S, 15. Febr. 1938 

Oberabschn. Süd-West Unterabschn. Wttbg.-Hohenz. 

II 113 /■ Lt / Hl / 105 / 38 Eingang Nr. Br. B. N. 19/38 11/113 

Geheime Kommandosache! 

An den 

Sicherheitsdienst RFSS Unterabschn. 

Württemb erg 

Baden / Pfalz / Saar. 

Betr.: Arbeitsanweisungen für II 113 / Vorg. ohne / Anlg. 1 

Zur Aktivierung der Arbeit 1938 werden die auf der Tagung 
der Ober- und Unterabschnittsreferenten vom 18. 7. 1937 gegebenen 
Arbeitsanweisungen schriftlich in Erinnerung gebracht. Es wird 
besonders auf die Zerschlagung des konfessionellen Vereinswesens, 
auf den Aufbau des V-Männer*)-Netzes und auf die Errichtung von 
KA-Außenstellen an den Sitzen der Bischöflichen Ordinariate hin- 
gewiesen. 

Die Arbeitsanweisungen sind von sämtlichen Unterabschnitts- 
referenten von II 113 genauestens durchzuarbeiten. 

Der SD Führer des SS-Oberabschnittes Süd- West 
i. A. der Leiter der Hauptabteilung II 

(folgt Unterschrift) 

SS-Hauptsturmführer. 



*) VM = Verbindungsmänner. Der Verf. 

Geheim- Kommandoiaehe! 
Arbeitsausschuß 1937/38 für II HS. 

1. Nächste Zielsetzung in der Bekämpfung der konfessionellen Gegner. 

2. Richtlinien für die Erörterung der höheren und niederen Geitfe 
lichkeit. 

3. Bekämpfung des katholischen Ordenswesens. 

Kreuz und Hakenkreuz 24 ggj 



4. Die Zerschlagung der konfessionellen Organisationen: 

a) Katholischie Vereine 

b) Evangelisclie Vereine. 

5. Katholizismus und Wissenschaft. 

6. Die Deutsche Evangelische Kirche. 

7. Weltprotestantismus, ÖIcumene und Oxford-Bewegung, 

8. Richtlinien zvir Bekämpfung des Sekten wesens. 

9. Die neueste Lage der völkisch- religiösen Gruppen. 

10. Illegalität der Kirche. 

11. Die finanzielle Macht der Kirchen. 



Nächste Zielsetzung in der Bekämpfung 
der konfessionellen Gegner 

Wenn auch die gegenwärtige Lage sowohl auf katholischem 
Gebiet als auch auf evangelischer Seite innerhalb kürzester Zeit in 
ein akutes Stadium treten kann und wir bei unserer Arbeit auf 
plötzliche schnellste Entscheidungen und einschneidende Maßnahmen 
gefaßt sein müssen, so ist doch für den Gesamtarbeitsplan die Ein- 
haltung eines langsameren Tempos notwendig, da alle Maßnahmen, 
die der weltanschaulichen Entwicklung des deutschen Volkes zu 
weit vorauseilen, zu einem plötzlichen, nur dem Gegner nützenden 
Kulturkampf führen müssen. , 

Im einzelnen ergeben sich zunächst folgende Arbeiten: 

a) Die sachlicheErfassung des Gegners muß auf Grund 
der von hier herausgegebenen Leithefte, z. B. kirchliches Hand- 
buch von Krose, evangelisches kirchliches Adreßbuch, Schema- 
tismen usw., zum Abschluß gebracht werden. 

Mit dieser sachlichen Erfassung muß Hand in Hand die Aus- 
wertung der alten Akten für die Sachkartei und die Aufstellung 
entsprechender kartographischer Übersichten für das Oberabschnitts- 
gebiet gehen. 

Nur wenn dieses Gerippe in allen Oberabschnitten vorliegt, ist 
die schnellste Beantwortung von Anfragen zentraler oder örtlicher 
Dienststellen möglich. Innerhalb eines halben Jahres muß diese 
Aufgabe durchgeführt sein. 

b) Innerhalb dieses Vierjahresplanes besteht die 
besondere Möglichkeit, den wirtschaftlichen 
Überfluß der Kirchen wieder allgemeinen 
Zwecken der deutschen Volkswirtschaft zu- 
zuführen. Da ein großer Teil der gegenwärtigen Kampf- 
möglichkeiten der Kirchen einzig und allein auf ihren un- 
beschränkten finanziellen Mitteln beruht, sind gerade hier große 
Möglichkeiten- zur Eindämmung des kirchlichen Kampfes ge- 
geben. Neben den dauernd laufenden Einzelanweisungen auf 
diesem Gebiet müssen die ausführlichen Sonderaufträge mit 

362 



höchstem Verantwortungsgefühl durchgeführt werden, da von 
diesen Sonderaufträgen einschneidendste Maßnahmen der Re- 
gierung mit abhängen. 

c) Ganz besonderer Wert ist in nächster Zeit auf dieErfassung 
der führenden Persönlichkeiten sämtlicher 
konfessioneller Gruppen zu legen. Zu dem Zweck 
ist erforderlich, daß die Ober- und Unterabschnittsreferenten 
genau das Arbeitsgebiet, die Einflußmöglich- 
keiten, die Fähigkeiten, die charakterliche Ver- 
anlagung, die Verbindungen und die persönlichen 
Schwächen und Leidenschaften der maßgeblichen 
Persönlichkeiten der konfessionellen Gegner ihres Gebietes 
kennen. Es ist klar, daß die zentrale Bearbeitung eines Bischofs 
oder sonstigen wichtigen Kirchenführers nicht dem Außenstellen- 
leiter der betreffenden Stadt überlassen bleiben darf, sondern 
durch den Ober- und Unterabschnittsreferenten selbst durch- 
geführt werden muß. 

d) Es gehört mit zu den wichtigsten Aufgaben unserer nächsten 
Arbeit, überhaupt zu den Voraussetzungen für jede künftige 
Arbeit, daß das V. - M. - N e t z mit größter Intensität ausgebaut- 
wird. In jeder maßgeblichen Organisation und Einrichtung 
sämtlicher konfessionellen Gegner sowie in der Umgebung ihrer 
maßgeblichen Führer muß ein VM eingebaut werden. 

e) Auf dem Gebiet des Vereins- und des Ordenswesens 
kommen zentrale Aktionen zur Zeit nicht in Frage. Für um- 
fassendere Maßnahmen auf dem Gebiet des 
Ordens Wesens muß der Boden erst propagan- 
distischnochmehrvorbereitetwerden. Im Kampf 
gegen das Vereinswesen wird der Angriff von unten her durch- 
geführt. Es muß danach getrachtet werden, den Block der katho- 
lischen und evangelischen Vereine möglichst durch schlagkräftige 
Aktionen zu zerreißen und so das ganze konfessionelle Vereins- 
wesen zu durchlöchern und restlos aufzurollen. Die diesem Ziele 
dienenden Aktionen sind im engsten Einvernehmen mit den zu- 
ständigen Staatspolizeistellen und nur unter Zustimmung des 
SD-Hauptamtes durchzuführen. Die Verantwortung für die 
Durchführung der Aktionen als staatspolizeiliche 
Exekutivmaßnahmen liegt bei den zuständigen Staats- 
polizeistellen. Die Auswertung liegt bei dem Sicherheitsdienst. 

f) Auf dem Gebiet des Protestantismus besteht zur Zeit 
ebenfalls keine Veranlassung, den Kampf irgendwie zu be- 
schleunigen. Eine hinhaltende Verteidigung ist hier 
zur Zeit die beste Methode. 

g) Eingehende Maßnahmen müssen dagegen im Kampf gegen das 
Sektenwesen vorbereitet werden, da Sekten heute nicht 
bloß mit bolschewistischen Methoden arbeiten, sondern gleich- 

363 



zeitig auch vielfach Sammelbecken ehemaliger Marxisten sind 
und durch die Sekten weiterhin ungeheure Zersplitterung in 
die Kreise unseres Volkes gebracht wird. Da ferner unter dem 
Einfluß der Sekten ein beträchtlicher Teil deutscher Menschen 
zu minderwertigen Werkzeugen orientalischen Geistes herab- 
gewürdigt werden und die Sekten schließlich noch im A-Fall 
eine direkte Volksgefahr darstellen, ist hier für die nächste Zeit 
ein planmäßig vorbereiteter Kampf unbedingt erforderlich. 
Harmlose Sekten ohne den voi'stehend geschilderten Einschlag 
können jedoch zunächst ohne Bedenken bestehen bleiben, da 
grundsätzlich selbstverständlich kein Interesse daran besteht, 
die auf kirchlich-religiösem Gebiet bestehende Zersplitterung 
irgendwie zu beseitigen. Auf dem Gebiet der völkisch-religiösen 
Gruppen muß sich stärkste Zurückhaltung mit genauester Be- 
obachtung verbinden. 

Richtlinien für die Er örterung der höheren und 
n i e d e r e n G e i s 1 1 i c h k e i t 

,1. Der Kampf der konfessionellen Gegner ist wesentlich von der 
Stärke ihrer Führer abhängig. Jeder Ober- und Unterabschnitts- 
referent muß deshalb ein klares Bild über die Arbeits- 
weise, die Fähigkeiten, die charakterliche und 
p ersö'nl i ch e H alt ung, die Vorzüge und Seh wa- 
chen derKirchenführerseinesGebieteshäben. 
Jeder Referent muß im Bereich seines Ober- und Unter- 
abschnittes der erste Spezialist auf diesem Gebiet sein und 
muß deshalb" die einzelnen Kräfte in der Führung der kon- 
fessionellen Gegner genauestens kennen. 

2. Am Sitz der Bischöflichen Kurie ist jeweils in der Betrachtung 
die gesainte Lage der Diözese in eine Reihe von Einzelreferaten 
aufgeteilt. Diese sachlichen Aufgabengebiete der einzelnen Mit- 
arbeiter der .Bischöflichen Ordinariate müssen den Ober- und 
Unterabschnittsreferenten völlig klar sein. 

3. Neben dieser allgemeinen Aufgabenverteilung ist an den ein- 
zelnen Ordinariaten das K r äf t e v e rh ältnis von General- 
vikar, Weihbischof, Domdekan, Dompropst usw. sehr ver- 
schieden. Ebenso ist das Verhältnis der einzelnen Würdenträger 
zum Bischof sehr vielfachem Wechsel unterlegen. 'Die Ober- 
abschnittskartei muß über diese Kräfteverteilung restlos Aus- 
kunft geben können. 

4. Katholische höhere und niedere Geistliche sind außerhalb des 
normalen kirchlichen Apparates tätig. Ihre offiziellen und in- 
ternen Aufgabengebiete müssen genauestens festgestellt werden. 

5. Die Dekane oder Erzpriester stellen nach kirchlicher Formu- 
lierung das Auge und Ohr des Bischofs dar. Sie haben das 

364 



ganze Leben in ihrem Dekanat sorgfältig zu beobachten und 
dem Bischof laufend Bericht zu erstatten. Die Beobachtung und 
Überwachung der Dekane oder Erzpriester ist deshalb be- 
sonders wichtig. 

6. Von großer nachrichtendienstlicher Bedeutung sind vielfach 
die personellen und verwandtschaftlichen 
Beziehungender einzelnen Geistlichen. Gleich- 
zeitig ergeben sich dadurch für sie vielfach weitgehende Ein- 
flußmöglichkeiten. Diese personellen und verwandtschaftlichen 
Beziehungen sind deshalb sorgfältigst festzustellen und zu über- 
wachen. 

7. Zahlreiche Geistliche verfügen über umfangreiche Aus- 
land sbeziehungen. Mit diesen gehen vielfach Beziehun- 
gen zu Staatsfeinden Hand in Hand. In Zusammenarbeit mit 
den übrigen zuständigen Abteilungen sind diese Verbindungen 
zu überwachen. 

8. Für die Benachrichtigung ihrer Dienststellen hat die Kirche 
einen umfangreichen Kurierdienst eingerichtet. Einen 
großen Teil dieser Kuriere stellt der katholische Klerus selbst. 
Alle Geistlichen, die irgendwie im Zusammenhang mit dem 
kirchlichen Nachrichtendienst stehen, sind besonders zu er- 
örtern. 

9. Die weltanschauliche Auflockerung macht sich 
bereits in erheblichem Maße auch innerhalb der katholischen 
Geistlichkeit geltend. Mit den katholischen Geistlichen, die im 
gegebenen Augenblick von der Kirche losgesprengt werden 
können, ist durch Mittelsmänner Verbindung aufzunehmen, sie 
sind in ihren Bestrebungen zu bestärken und nachrichten- 
dienstlich entsprechend anzusetzen. Bei diesen Fühlungsmaß- 
nahmen ist jedoch größte Vorsicht am Platze, da dadurch die 
Möglichkeit besteht, daß solche Geistlichen lediglich Agenten 
der Kirche sind. 

10. Vor direkter Zusammenarbeit mit charakterlich und moralisch 
nicht einwandfreien Geistlichen wird gewarnt. 

Bekämpfung des katholischen Ordenswesens 

Die Orden sind der militante Arm der katholischen Kirche. 
Sie müssen daher aus ihren Einf lußg eb i et en zu- 
rückgedrängt, eingeengt und schließlich ver- 
nichtet werden. Beim Kampf gegen die Orden muß auf 
Eigenarten Rücksicht genommen werden, die sich im Laufe der 
Entwicklung bei den einzelnen Ordensgesellschaften herausgebildet 
haben. Nur dann werden sie wirksam bekämpft werden können. 

Daher ist nötig: 

1. Die Orden und ihre Niederlassungen, ebenso auch die Brüder- 
genossenschaften und ihre Niederlassungen, nach ihren Eigenarten zu 

365 



beobachten und dabei Besonderheiten, die zum Arbeitsgebiet eines 
bestimmten Ordens öden einer Niederlassung gehören, herauszustellen. 
z. B. Bibliotheken, Archive, Gewerbebetriebe, landwirtschaftliche Be- 
triebe usw. 

Eine Reihe von Orden haben sich ganz besonders der Seelsorge 
zugewandt. Sie sind oft Träger von Wallfahrtsstätten,, Wallfahrtskirfchen 
und der Veranstaltungen, die dort vonstatten gehen. Ihre Beteiligung 
am Wallfahrtswesen ist im Rahmen der Anweisungen über die Beob- 
achtungen vor Wallfahrten festzustellen. • 

2. Für die Feststellung, gegebenenfalls auch für. die Sicherstellung 
von Material in den Bibliotheken, Archiven usw. ist genaue Orts- 
kenntnis notwendig. Es sind daher Skizzen' von Ordensgebäuden in der 
Lage zur zugehörigen Landschaft und Ortschaft, insbesondere zur 
Grenze anzufertigen. 

3. Nicht selten sind die Ordensniederlassungen Unterschlupf für 
Ordensangehörige, die sich irgendwelcher Vergehen schuldig gemacht 
haben. Durch die Aufnahme von Ausländern können sie zu Brutstätten 
von Greuelpropaganda werden. . ■ 

Zweifellos sind sie aber die ' Schulungsstätten oft wissenschaftlicher 
Art, an denen das Rüstzeug für den Kampf gegen den Nationalsozialis- 
mus geschmiedet wird. Es ist daher , notwendig, die Ordensnieder- 
lassungen auf ihre Insassen hin zu prüfen, insbesondere auch auf den 
Bestand an Ausländern, was gerade für die in der ^ Nähe der Grenze 
gelegenen Niederlassungen gilt. Bei den polizeilichen Meldeämtern sind 
dank der auch für Klosterinsassen bestehenden Meldepflicht deren 
Namen feststellbar. Bei kirchlich gebundenen Behörden ist Vorsicht 
geboten. 

4. Aus den oben angeführten Gründen müssen die an den Grenzen 
gelegenen Ordensniederlassungen besonders scharf überwacht -^werden. 
Es sind vor allem Postverkehr (zunächst auf seinen Umfang, gege- 
benenfalls auf seinen Inhalt hin) und die Bankverbindungen zu kon- 
trollieren. 

5. Für die Bekämpfung derjenigen Orden und Genossenschaften, 
die sich der Schularbeit zugewendet haben, sind entsprechende beson- 
dere Aufgaben zu stellen. Die von Orden oder Genossenschaften unter- 
haltenen Schulen sind bezüglich des Unterrichtsbetriebes zu überprüfen. 
Dabei sind alle Einzelheiten über Form und den Inhalt wichtig. Ferner 
muß die Schülerschaft und ihre Herkunft festgestellt werden. 

6. Im engen Zusammenhang hiermit stehen die Feststellungen über 
diejenigen Jugendlichen, die in Ordensjuvenate und Noviziate eintreten. 
Hierbei sind auch die Gründe zu ermitteln, die den Eintritt herbei- 
geführt haben. 

7. Bei der Feststellung der Herkunft der Schülerschaft i^nd bei Er- 
mittlung der treibenden Kräfte für den Eintritt in Klosterschulen, Juve- 
nate oder Noviziate muß besonderer Wert auf die Ermittlung und Er- 
örterung solcher Personen gelegt werden, die in einem Beamten- oder 
Angestelltenverhältnis zum^ Staat, zu Kommunalbehörden oder zur Par- 
tei stehen oder die Angehörige der NSDAP oder ihrer Gliederungen sind. 
Ebenso sind einzelne Mitglieder von Orden festzustellen. 

8. Einen breiten Raum in der Arbeit der katholischen Orden und 
Genossenschaften nimmt die Caritas in ihren verschiedenen Möglich- 
keiten ein. Die verschiedenen Einrichtungen der Caritas, die unter der 
Leitung oder dem Einfluß von Orden, Genossenschaften oder Mitgliedern 
derselben stehen, sind zu untersuchen auf: 

Art der Beeinflussung allgemein — Pflichtversäumnisse — Stellung 
zum Personal — Sittliches Verhalten — hygienische Verhältnisse — 
Ausbeutung der Pfleglinge — Verhalten zur NSV — Sabotage an der 
Arbeit der NSV. 

366 



9. Mit dieser Arbeit hängt ferner zusammen die Beobachtung der 
Orden und ihrer Mitglieder mit Bezug auf Übertretung der Verord- 
nungen zum Sammlungs-Gesetz, zur Wandergewerbeordnung, zur Ge- 
werbeordnung, zum Vermögens- und Grunderwerb. 

10. Nicht selten hat ein Orden die geistige Führung des katholischen 
Lebens in seinem Wirkungsbereich in der Hand; das kommt vielfach 
durch Beteiligung an der Herausgabe von Zeitschriften, Sonntagsblättern 
u. ä. zum Ausdruck, auch in der Herausgabe von Broschüren und ört- 
lichen Gelegenheitsschriften. Dieser Einfluß der Orden ist ebenfalls 
genauestens festzustellen. 

11. Neben der Beobachtung der Orden und Ordensgenossenschaften 
als Gesamtheit muß, die Ueberwachung der einzelnen Mitglieder dieser 
Gesellschaften stehen, vor allem, wenn sie sich durch besondere Seel- 
sorgetätigkeit herausstellen. Das erfolgt meistens als Prediger und Beicht- 
väter, die sich vielfach besonderer Beliebtheit erfreuen. Oft sind sie auch 
Leiter örtlicher Vereine oder solcher Gruppen. Diese Ordensgeistlichen 
sind besonders zu überwachen. 

12. Für die Bekän>pfung des Ordenswesens ist es von -großer Wich- 
tigkeit, daß es nicht weiter anwächst und seinen Einfluß weder geistig 
noch räumlich weiter auszudehnen vermag. Daher sind alle Versuche zur 
Neagründung von Ordensgenossenschaften oder Filialen sofort zu mel- 
den. Auch die Umsiedlung von bestehenden Genossenschaften und die 
Verlegung einzelner Anstalten von Orden und Ordensgenossenschaften 
müssen beobachtet und gemeldet werden. 

Die Zerschlagung der konfessionellen 
Organisationen 

a)KatholischeVereine: 

1. Die Auflösung der katholischen Organisationen ist auf dem 
Teilgebiet der Jugendverbände durch die gebiets- 
weisen Verbote bereits soweit vorgetrieben, daß die völlige 
Vernichtung dieser Verbände bis zum Ende der Winter- 
arbeit unbedingt erreicht sein muß. Die Oberabschnitte werden 
angewiesen, das Verbot und die Auflösung der Jugendverbände 
für die bis jetzt noch nicht betroffenen Gebiete durch Be- 
schaffung ausreichenden Verbotsmaterials 
mit aller Energie zu betreiben. 

2. Der Kampf gegen das katholische Vereinswesen hat sich aber 
nicht nur ausschließlich auf die Jugendorganisationen zu be- 
schränken, sondern sich mit gleicher Intensität auch gegen 
andere Gruppen, gegen die Standes-, Berufs- und 
sonstigen Vereine zu richten. (Die restlose Beseiti- 
gung der Beamtenvereinigungen auf Grund des Gesetzes vom 
20. Mai 1937 steht bevor, bis jetzt sind bereits die Michaels- 
bünde, der katholische Lehrerinnen- Verband und die Religions- 
lehrerverbände verboten bzw. aufgehoben worden.) 

3. Es hat sich gezeigt, daß bei aufmerksamer Beobachtung der 
Vereine sich immpr wieder eine illegale Betätigung feststellen 
läßt, insbesondere kommen Verstöße gegen die Verordnung der 
Gestapo vom 2 8. Juni 1935 (Verbot weltlicher Ver- 

367 



anstaltungen) und gegen die Verordnung vom 23. Juli 1935 
(betr. konfessionelle Jugendverbände) in Frage. 

Bei der Durchführung von Veranstaltungen, die nicht rein carita- 
tiven oder religiösen Chaial^ter tragen und nicht in kircheneigenen 
Räumen stattfinden, sind die Verordnungen unbedingt in Anwendung 
zu bringen. Selbstverständlich werden auch religiöse Veranstal- 
tungen in kircheneigenen Räumen von diesen Verordnungen be- 
troffen, wenn z. B. gegen einzelne Bestimmungen, wie Uniformver- 
bot etc. verstoßen wird. Ebenso sind nachrichtendienstliche Tätig- 
keit, Verteilung illegalen Schrifttums, Kanzelhetze und sonstige Ver- 
stöße gegen das Heimtückegesetz, sittliche Verfehlungen, hygienische 
und sonstige volksgesundheitsschädliche Mißstände in Internaten 
und caritativen Heimen, Mißbrauch nationalsozialistischer Symbole, 
Beschimpfungen von Angehörigen der NS-Formationen oder von 
Staatsbeamten, Widerstand gegen parteiamtliche oder staatliche Or- 
gane, Beschädigungen von Eigentum des Staates und der Partei, Be- 
hinderung oder Störung von Heimabenden, Versammlungen und 
nationalen Feiern, Fachschulung oder politischer Schulung, z. B. der 
pfarramtlichen Arbeitsstellen, in Vereinsabenden, bei Führertagungen 
und Wallfahrten (u. a. weist auch der neue Arbeitsplan der Kolping- 
familie auf diese Möglichkeiten hin) ohne weiteres zum Anlaß eines 
Verbotes zu nehmen. 

4. Die Verbote haben ,sich — wenn irgend möglich — aus 
gegebenem Anlaß auf größere Gebiete zu erstrecken. Der 
Nachweis einer allgemeinen Anweisung der Dekanate bzw. 
Diözesanleitungen zu Verbotswidrigkeiten oder die sonstige 
Beteiligung höherer Instanzen an der illegalen Betätigung der 
Untergliederungen und Organe rechtfertigen in den meisten 
Fällen eine gebietsweise Auflösung der Verbände. 

5. Bei Durchführung der Auflösung und der Verbotsmäßnahmen 
ist der Vermögensbesitz der Verbände in jedem Fall zu 
beschlagnahm.en, und zwar mit der Begründung, daß er zur 
Durchführung der volks- und staatsfeindlichen Betätigung be- 
stimmt war oder zumindestens dafür verwendet wurde. 

6. Die Oberabschnitte werden noch einmal nachdrücklich auf die 
SD-mäßige Ausv/ertung des bei Durchführung der Aktionen 
beschlagnahmten Materials hingewiesen. Auf die Sicherstellung 
bzw. Erfassung von Personalkarteien, Korrespondenzen, Vereins- 
akten, Unterlagen über das Finanzgebaren, Bibliotheken, Ar- 
beits- und Organisationspläne (u. a. für Nachrichtendienste, 
Kuriere etc.), Tagungsprotokolle, Beweismaterial für die Ein- 
flußnahme der Orden auf die Vereinigungen ist besonderes 
Augenmerk zu richten. 

7. Nach erfolgter Zerschlagung der Vereine ist der Verbleib der 
Mitglieder \md insbesondere die Bildung von Nachfolge-* oder 
Auffangorganisationen genauestens zu überwachen. Als solche 
Auffangorganisationen treten jetzt schon die ideellen Vereine, 
Gesinnungsgemeinschaften, Gebetsvereine und Laienapostolate 
in Erscheinung. (Besonder« Auimerksamkeit verdienen die 

368 



Meßdiener und Pfarrjugendgruppen, die junge Familie und die 
Männerkongregationen.) Auch die Zentralorgane konstituieren 
sich neu, z. B, für die Jugendarbeit die bischöflichen Jugend- 
seelsorgeämter, für die Männer- und Frauenapostolate die auf 
bischöfliche Anweisung errichteten pfarramtlichen Arbeits- 
stellen. Noch vor dem vollendeten Ausbau dieser Organisationen 
und Institutionen müssen alle SD-mäßig wichtigen Unterlagen 
erfaßt sein, um den Angriff auch auf diese letzte Verteidigungs- 
linie führen zu können. 

8. Im Kampf gegen die katholischen Organisationen ist die lau- 
fende und genaue Überwachung ihrer Betätigung unerläßliches 
Erfordernis. Als Sofortmaßnahme ist daher der Einbau von 
V-Männern umgehen(lst und umfassend in Angriff zu nehmen 
bzw. zu vollziehen. 

9. Wesentliches Mittel zum Abbau des katholischen Vereinswesens 
ist die Lahmlegung der Verständigungsorgane: 
der Presse, Zeitschriften, Broschüren und des sonstigen Schrift- 
tums der Verbände. Die Beobachtung des Schrifttums hat 
genauestens mit dem Ziel der Einschränkung durch Verbote zu 
erfolgen. 

10. Die Erfassung des Vermögens und der Mitglieder (notfalls Be- 
schaffung der Mitgliederlisten durch polizeiliche Verfügung 
unter Hinweis auf das Urteil des Preußischen Oberverwaltungs- 
gerichtes vom 26. November 1936, Zeitschrift der Akademie für 
Deutsches Recht, Jahrgang 1937, Heft 10) ist mit Nachdruck 
durchzuführen. Die ehemals politisch hervorgetretenen Partei- 
gänger des Zentrums sind, soweit sie in den Organisationen, in 
Staats- oder Parteistellen oder sonst wichtigen Stellungen sitzen, 
zu ermitteln (eine Möglichkeit hierzu bietet die Auswertung 
der alten Akten). Die Verbindungen, Wirkungsmöglichkeiten 
und Einflußgebiete der wichtigsten Persönlichkeiten sind auf- 
zudecken, die entscheidenden Aktivisten zur Strecke zu bringen. 

11. Über das katholische Vereinswesen ist laufend unter Beifügung 
aufschlußreichen Bildmaterials und von Originalunterlagen an 
das SD-Hauptamt zu berichten. 

12. Die Oberabschnitte haben dafür Sorge zu tragen, daß alle 
Dinge, die zur lokalen und im Reichsmaßstab durchgeführten 
propagandistischen Auswertung geeignet sind, entsprechend 
vorbereitet und vorgelegt werden. 

13. Bei Beginn einer Aktion ist sofort Meldung an das SD-Haupt- 
amt zu erstatten und die einwandfreie Zusammenarbeit zwi- 
schen SD und den Staatspolizeistellen zu gewährleisten. Ebenso 
ist auf die enge Fühlungnahme mit den Verbindungsstellen der 
NS-Gliederungen (z. B. HJ-Gebietsführung, NSV-Gauleitung 
usw.) bedacht zu sein. 

369 



14. Bei den Meldungen über die laufenden Aktionen ist unbedingt 
die Angabe des Umfanges des zu erwirkenden Verbotes zu 
machen bzw. über das erzielte Ermittlungsergebnis ausführlich 
zu berichten. 

15. In allen Fällen ist Abschlußbericht über den Verlauf der Aktion 
und die erfolgte Auflösung zu erstatten. 

b) Evangelische Vereine: 

I. Übersicht: Auf dem Gebiete des evangelischen Vereinswesens ver- 
dienen insbesondere die Männer-, Frauen- und Jugendvereine schärfste 
Beobachtung. Gerade die evangehschen Jugendvereine versuclaen in 
letzter Zeit wieder an Einfluß zu gewinnen. 

Es gibt zwei große Gruppen der Jugendarbeit in der Deutschen 
Evangelischen Kirche: 

1. Die konfessionellen Verbände, vgl. CVJM, Christliche Pfadfinder, 
Jungenwacht, Mädchenbibelkreise usw. 
2. Das Jugendwerk der DEK, deren Mitglieder nur lose und gemeinde- 
weise zusammengefaßt sind. Die Mitgliedschaft bei diesem Jugendwerk 
setzt die Zugehörigkeit der HJ voraus, während Mitgliedschaft in den 
■ konfessionellen Verbänden den Angehörigen der HJ verboten ist. Es 
wird in diesem Zusammenhang nochmals auf die Verfügung des Reichs- 
jugendführers und die hiesigen Rundschreiben hingewiesen. 

Jungmänner- und Jungmädchenwerk, das landschaftlich gegliedert ist. 

II. Arbeitsanweisungen: , 

1. Engste Fühlungnahme mit den Verbindungsstellen der HJ- 
Gebietsführung und der Staatspolizei. 

2. Eventuelle organisatorische, führungsmäßige oder finanzielle Ab- 
hängigkeit des Gemeinde-, Kreis- oder Landes Jugendwerkes von kon- 
fessionellen Verbänden ist durch V-Männer bei den Kirchenregierungen 
festzustellen. Die Unterrichtung -der Gebietsführungen ist zum Erlaß 
des Verbotes der Doppelmitgliedschaft notwendig. Die HJ ist durch die 
Ausführungsbestimmungen zu den Verfügungen der RJF auf engste Zu- 
sammenarbeit mit dem SD hingewiesen. 

3. Feststellen, ob der Veranstalter des von der HJ gemeldeten Lagers 
ein konfessioneller Verband ist. Das Geheime Staatspolizeiamt wird in 
Zukunft von sich aus jedes Lager der evangelischen-konfessionellen 
Verbände verbieten. 

4. Es ist festzustellen, ob sich auch bei Veranstaltungen des Jugend- 
werkes der DEK die Lagertätigkeit nur auf rein religiöse Übungen 
beschränkt. Leichte Freiübungen und Baden sind erlaubt. Hier ist der 
Erlaß des Geheimen Staatspolizeiamtes vom 23. Juli 1935 heranzuziehen. 

5. Auf eventuelle sittliche Verfehlungen in den evangelischen Jugend- 
verbänden ist schärfstens Obacht zu geben. 

6. Weiterhin ist über alle anderen evangelischen-konfessionellen 
Vereinigungen und Verbände alles belastende Material zu sammeln, um 
hier eine systematische Aufrollung vorzubereiten. 
Es kommen hier vor allem in Frage: das Männerwerk, Frauenwerk und 
Frauenhilfe. 

Das Ziel im Kampf gegen die evangelischen Vereine ist deren all- 
mähliche Vernichtung durch Einschränkungen und örtliche Verbote. 

Katholizismus und Wissenschaft 

Die für die Ausbildung der katholischen Geistlichen bestimmten 
Studienanstalten sind die Schulungsstätten des weltanschaulichen 

370 



Gegners. Die aus den katholisch-theologischen Fakultäten der 
Universitäten, an den philosophisch-theologischen Hochschulen, an 
den Priesterseminaren wirkenden Lehrer und Dozenten sind die 
geistigen Führer, Träger und eigentlichen Aktivisten der kultur- 
politischen Opposition. 

Diese Opposition wird vor allem auf denjenigen Wissenschafts- 
gebieten spürbar, die dem Wandel der Weltanschauungen und den 
Veränderungen des Zeitgeistes in erster Linie ausgesetzt sind. 
Dies sind die geisteswissenschaftlichen Fächer und diejenigen Lehr- 
gebiete der Naturwissenschaften, die eine weltanschauliche Grund- 
haltung zu ihrer Bearbeitung erfordern, also z. B. Biologie, Erb- 
lehre, Medizin u. a. 

Die Ausrichtung des völkischen kulturellen Lebens wird durch 
den katholischen Wissenschaftsbetrieb gefährdet. Für den SD er- 
gibt sich darauf die Aufgabe, zunächst einmal ein Bild von dem 
Aufbau dieses Wissenschaftsbetriebes und seiner namhaftesten Ver- 
treter zu gewinnen. Aus diesem Grund müssen die Institutionen 
und die führenden Köpfe der- katholischen Wissenschaft erfaßt 
werden. 

Da die katholische Wissenschaft den weltanschaulichen Aufbau 
und die planmäßige Schulung des nationalsozialistischen Staates 
immer wieder zu verhindern sucht, kommt dieser Aufgabe erhöhte 
Bedeutung zu. 

Es sollen daher an Hand von besonderen Fragebogen die katho- 
lischen theologischen Fakultäten der Universitäten, die philo- 
sophisch-theologischen Hochschulen und die Priesterseminare er- 
örtert werden. Die an diesen Instituten lehrenden Professoren 
werden mit Hilfe eines zweiten Fragebogens erfaßt. Die Erörterung 
der Professoren soll sich nicht nur auf die Vertreter der rein 
theologischen Fächer beschränken, sondern auch auf die kirchlich 
gebundenen Wissenschaftler in anderen Fakultäten erstrecken. Nach 
Abschluß dieser Ermittlungen wird es dem SD möglich sein, den 
anfragenden Stellen umgehend erschöpfende Gutachten zur Ver- 
fügung zu stellen. 

Der katholische Wissenschaftsbetrieb spielt sich nicht nur in 
den genannten Instituten ab. Organisationen, wie der katholische 
Akademikerverband, die Görresgesellschaft usw. tragen wesentlich 
zur Belebung der katholischen Kulturbestrebungen bei. Die Tagungen 
und Maßnahmen dieser Organisationen müssen daher ständig über- 
wacht .werden. 

Einer größeren Öffentlichkeit wird die geistige Arbeit der 
katholischen Wissenschaftler zugänglich in den katholischen Zeit- 
schriften wie „Hochland", „Gral", „Stimmen der Zeit" usf. Die 
hinter diesen Zeitschriften stehenden Mitarbeiterkreise verdienen 
besondere Beachtung. Das SD-Hauptamt wird den Oberabschnitten 

371 



eine Aufstellung der wichtigsten Mitarbeiter zur Beobachtung in 
die Hand geben. 

Besondere Aktivität auf kulturellem Gebiet wird von einigen 
Ordenshäusern der „Gesellschaft Jesu" und den „Benedik- 
tinern" entfaltet. Über die bekanntwerdenden neuen Veröffent- 
lichungen der Ordensangehörigen soll daher jeweils berichtet 
werden. 

Die in den Randstaaten befindlichen Bollwerke gegen das 
„Neuheidentum", die als Hochburgen katholischer Wissenschafts- 
arbeit anzusehen sind (z. B. Salzburg, Lille, Päpstliche Akademie 
usw.), sollen im Auge behalten werden. 

Zur Durchführung der gestellten Aufgaben werden sich die 
Oberabschnitte zweckmäßigerweise mit den örtlichen Dienststellen 
des NS-Stud.-Bundes soweit möglich — des NSD-Dozentenbundes 
in Verbindung setzen, von dort her genaue und sachdienliche Aus- 
künfte zu erlangen. 

Die Deutsche Evangelische Kirche 

I. Übersicht: 

Im deutschen Protestantismus ringen zur Zeit zwei große Gruppen 
um die Macht, Deutsche Christen und Bekenntnisfront. Eine einheithche 
Leitung des deutschen Protestantismus besteht seit Uebertrilt des R.K.A. 
nicht mehr. Die Leitung der Verwaltung obhegt z. Zt. dem von Reichs- 
minister Kerrl beauftragten Juristen Dr. Werner, dem die Verwaltungs- 
ämter der einzelnen Landeskirchen unterstellt sind. Die geistliche Lei- 
tung wird von den kirchlichen Gruppen und den Bischöfen ausgeübt. 

Die Reichsbewegung Deutsche Christen — reformatorische Reichs- 
kirche (gemäßigte Richtung DC) ist gegenüber dem Bund für Deutsches 
Christentum (radikale Richtung DC) außerordentlich zurückgefallen. Der 
Leiter ist Studienrat Rehm. Der Bund für deutsches Christentum um- 
faßt alle Radikalen Gruppen der DC. Führende Männer sind: Leffler- 
Weimar, Hossemfelder-Berlin, Schulz-Schwerin und Reichsbischof Mül- 
ler. Die Stellung beider Richtungen zum Staat als politisches System ist 
positiv. Die beiden Richtungen der DC haben untereinander keine Ge- 
meinschaft Die Einstellung der gemäßigten Richtung zur national- 
sozialistischen Weltanschauung ist negativ. Die radikale Richtung macht . 
den krampfhaften Versuch, eine Synthese zum Nationalsozialismus zu 
schaffen. Beide Richtungen sind schärfste Gegner einer 
Trennung von Kirche und Staat. 

Die Bekenntnisfront ist in der Frage der Stellung zum Staat als poli- 
tisches System gespalten. Die radikale oder reformierte Richtung (Pfarrer 
Niemöller) lehnt jeglichen Eingriff des Staates in die äußere oder innere 
Ordnung der Kirche ab, die gemäßigte (lutherische) Richtung (Landes- 
bischof Marahrens) vermeidet im Interesse der Kirche und z. T. auch 
vom Bekenntnis her, die gleiche gegnerische Haltung -dem Staat gegen- 
über einzunehmen. Z. T. haben sich die beiden Gruppen wieder geeinigt 
und lehnen in gemeinsamen Kanzelabkündigungen und Entschließungen 
die Anordnungen des Staates ab. Die Bekenntnisfront umfaßt weitaus die 
größte Mehrheit der protestantischen Theologen und ebenso auch die 
Mehrheit des gläubigen Kirchenvolkes. Aehnlich wie der Katholizismus, 
mit dem enge Verbindungen persönlicher und geistig-religiöser Art be- 

372 



stehen, versucht auch heute der Protestantismus Einfluß auf die einzel- 
nen Lebensgebiete zu gewinnen. Es zeigen sich die Bestrebungen, 
Ergebnisse der Rassen-, Volkskunde- und Vorgeschichtsforschung 
umzubiegen und das Auslandsdeutschtum im Kampf zwischen Staat und 
Kirche für sich zu gewinnen. 

Das Hauptaugenmerk richtet der Protestantismus heute auf die Er- 
haltung der Bekenntnisschulen, auf die Heranbildung von Laien als 
Religionslehrer, auf die Verlängerung der Vorbereitungszeit zur Kon- 
firmation auf 2 Jahre und auf die Durchführung von Bibellagern. 

Größten Einfluß auf den Menschen besitzt die protestantische Kirche 
durch die Wohlfahrtspflege. — Besondere Beachtung verdient ferner die 
Missionstätigkeit der Kirche im Heer, im Arbeitsdienst, in der Land- 
jahrjugend, beiden Reichsautobahnlagern usw. Ein eigener Nachrichten- 
dienst sorgt für die Erfassung aller Vorfälle in Partei und Staat und 
verwendet sie entsprechend. 

II. Arbeitsanweisungen: 

1. Der OA muß versuchen, in die Kreise der VKL und des Luth. Rats 
durch V-Männer einzudringen. 

2. Es ist Aufgabe der Oberabschnitte, in alle Landes- und Provinzial- 
kirchen, wie auch in die in ihrem Gebiet liegenden 2;entralstellen von 
Vereinen und Organisationen V-Männer einzubauen. 

3. Die Oberabschnitte müssen über die namentliche Besetzung der 
Landes- und Provinzialkirchen jederzeit orientiert sein. 

4. Das Kräfteverhältnis der .einzelnen Gruppen ist möglichst zahlen- 
mäßig festzustellen. 

5. Durch gelegentliche Kontrolle der Teilnahme am Gottesdienst ist 
die Beteiligung des Volkes am kirchlichen Leben zahlenmäßig festzu- 
stellen. 

6. Jeder Oberabschnitt und Unterabschnitt muß im Besitz des Kirch- 
lichen Adreßbuches, Verlag: Evgl. Preß verband für Deutschland, Berlin- 
Steglitz, sein. Zur Information soll jeder Sachbearbeiter des OA und UA 
die Zeitschrift: „Junge Kirche", Erscheinungsort Göttingen, die kirch- 
lichen Amtsblätter und die wichtigsten Sonntagsblätter durcharbeiten. 

7. Die einzelnen theologischen Fakultäten (siehe Kirchl. Adreßbuch) 
sind auf ihre kirchenpolitische Einstellung, auf ihre Einflußnahme auf 
den übrigen Professorenapparat und auf die Einstellung der einzelnen 
Professoren zur Partei und Staat zu erörtern. 

8. Rundfunk, Theater und Film sind auf evtL Einflüsse des Prote- 
stantismus zu beachten. 

9. Die OA müssen über die in ihrem Gebiet liegenden Anstalten der 
Inneren Mission und der kirchlichen Vereine unterrichtet sein. Evtl. 
unhygienische Zustände in Krankenhäusern usw. sind in Zusammenarbeit 
mit der NSV aufzudecken. 

10.. Die Konvikte, Studentenheime, Bekenntnisseminare (siehe Kirchl. 
Adreßbuch) und die evangelischen Internate sind zu erörtern (z. B. auf 
politische Haltung, evtl. Vorkommnisse bezügl. § 175 usw.). 

11. Die kirchlichen Methoden zur Erfassung der Arbeitsdienstangehö- 
rigen usw. sind zu beobachten. 

Weltprotestantismus, Ökumene und Oxfordbewegung 
I. Übersicht: 

Unter Weltprotestantismus werden alle die Kirchen zusammengefaßt, 
deren Bekenntnis auf eines der reformatorischen Bekenntnisse zurück- 
geht. Die Hauptaufgabe sieht der Weltprotestantismus in der Welt- oder 
Äußeren Mission. 

373 



Die Ökumene stellt den politisch internationalen Protestantismus 
dar. Diese Bewegung ist ohne den Hintergrund der liberal-demokrati- 
schen Welt nicht denkbar. Sie trägt einen marxistischen, pazifistischen 
und jüdischen Charakter. Der Einfluß der ökumenischen Bewegung auf 
das deutsche Kirchenleben ist sehr groß. 

Die Oxfordbewegung stellt einen neuen Versuch des internationalen 
Christentums dar, den Totalitätsanspruch Christi auf allen Lebensgebic- 
ten zum Durchbruch zu bringen. Sie arbeitet interkonfessionell, ihr Ein- 
fluß, der in Deutschland im Beginnen ist, erstreckt sich im besonderen 
auf weite kirchliche Kreise. Die katholische Kirche steht ihr mit auf- 
fallender Sympathie gegenüber. Die Gruppe ist im Ausland sehr marxi- 
stisch beeinflußt, während sie sich in Deutschland politisch vollkommen 
einwandfrei verhält. Durch ihre Offenbarungsmethode sind ausländischen 
Nachrichtendiensten gute Informationsquellen gegeben. Ihre Taktik geht 
zur Zeit dahin, in Parteikreise einzudringen. 

II. Arbeitsanweisungen: 

1. Zur Ökumene: 

a) Der OA Süd- West hat die Aufgabe, einen V-Mann in die ökumeni- 
schen Vereinigungen, deren Sitze sämtlich in Genf sind, hereinzu- 
bringen. 

b) Die Verbindungen und Reisen deutscher Theologen und Laienführer 
nach dem Ausland müssen festgestellt werden. 

c) Evangelische Persönlichkeiten, die wiederholt solche Reisen unter- 
nehmen, sind durch periodische Postüberwachung und andere Mittel 
besonders eingehend zu beobachten. 

d) Pressenotizen in- und ausländischer Zeitungen, wie auch Berichte in 
Kirchenblättern und kirchlichen Zeitschriften, sind gesammelt und 
geordnet von Zeit zu Zeit einzusenden. 

e) Die Ökumene stellt für den Vatikan ein weiteres Mittel zur Wieder- 
vereinigung im Glauben dar. Daher ist die Zusammenarbeit zwischen 
den beiden Konfessionen auch im Hinblick auf die Ökumene ge- 
nauestens zu beobachten. 

f) V-Männer der OA im Ausland sind auf die Beobachtung der Be- 
strebungen der ökumenischen Vereine hinzuweisen. 

III. Zur Oxford-Bewegung. 

a) Besonderes Augenmerk ist auf die Beschaffung von belastendem 
Material zu richten, also auf evtl. Einflüsse des Pazifismus, Marxis- 
mus, Judentums usw. 

b) Jeder OA (Oberabschnitt) hat durch Rundfrage die Gruppenkreise in 
seinem Gebiet festzustellen. 

c) In jede festgestellte Gruppe ist ein V-Mann einzubauen. 

d) In Verbindung mit der Rundfrage ist die Zahl der Anhänger, deren 
Veranstaltungen, wie auch der Beruf, die politische Vergangenheit, 
die Auslandsaufenthalte und die Verbindungen zum Ausland der 
Anhänger festzustellen. 

e) Nach sorgfältiger Durchsiebung ist vorsichtige Telefon- und Brief- 
überwachung bei den wichtigsten und genaue Beobachtung bei den 
übrigen Mitgliedern zu veranlassen. 

f) In- und ausländische Zeitungen und kirchliche Zeitschriften sind 
auf Nachrichten über die Bewegung genauestens durchzusehen. 

g) Der Einfluß der Oxford-Bewegung in Staats- und Parteikreisen ist 
zu beobachten. 

h) Die V-Männer der OA im Ausland sind auf die Beobachtung der 
Oxford-Bewegung hinzuweisen. 

374 



Richtlinien zur Bekämpfung des Sektenwesens 

Die Gefährlichkeit des Sektenwesens liegt in folgenden Tatsachen 
begründet: 

1. Erziehung der Anhänger zu egozentrischen Auffassungen und Gleich- 
gültiglieiten gegenüber allen Fragen, die Volk und Staat betreffen. 

2. Zersetzung mit Marxisten und Kommunisten. 

3. Freimaurerische, |üdische und ' internationale Bindungen. 

4. Verweigerung des Eides und des deutschen Grußes. 

5. Ablehnung der allgemeinen Wehrpflicht. 

6. Ablehnung der Übernahme von Ämtern in Organisationen des Staa- 
tes und der Bewegung (DAF, Luftschutz, NSV, WHW usw.). 

7. Verweigerung der Teilnahme an Betriebsappellen und der Mitarbeit 
in der Rüstungsindustrie. 

8. Gesundheitsbeterei. 

9. Ausbeuterei und Volksverdummung. 

10. Ablehnung der nationalsozialistischen Rassentheorie. 

Für die Bearbeitung und Bekämpfung des Sektenwesens durch den 
SD hat sich die Einteilung in folgende drei Hauptgruppen als zweck- 
mäßig erwiesen und soll deshalb auch zukünftig beibehalten werden. 

I. Jüdisch-christliche Sekten. 

II. Freimaurerisch gebundene okkultistische und 
spiritistische Sekten.' 

III. Außerchristliche Sekten. 

Ein ausführliches Verzeichnis, aus dem die Numerierung und die Auf- 
teilung aller Sekten in diese drei Gruppen hervorgeht, wurden OA be- 
reits zugesandt. Darin noch nicht aufgeführte, bzw. neu auftretende 
Sekten sind dem Hauptamt zu melden. Von dort aus wird dann über 
deren Einfügung in die Liste entschieden. Nur so ist notwendige dau- 
ernde Einheitlichkeit für das ganze Reich gewährleistet. 

Erfassung, Bearbeitung und Überwachung jeder einzelnen Sekte so- 
wie die Zusammenstellung von Berichten hat zukünftig nach folgenden 
Punkten zu erfolgen: 

1. Übersicht über Ideengut und geschichtliche Entwicklung. 

2. Organisation und Satzungen. — Statistik. — Finanzielle Mittel, Ver- 
mögenswerte (Grundstücke, Gebäude) usw. 

3. Verbreitungsgebiet. Internationale Bindungen (mit Angabe der Zen- 
trale, falls diese sich im Ausland befindet). 

4. Leitung, Prediger, führende Personen. — Zahl der Mitglieder bzw. 
Anhänger und deren frühere politische Einstellung. 

5. Brauchtum, Rituale, Feste, Feiern. — Symbole. 

6. Verhalten zur Kirche, — Verbindungen zu Freimaurerei und Judentum. 
Marxistische und kommunistische Einflüsse. 

7. Versammlungs- und Erziehungstätigkeit. 

8. Verhalten zu NS-Idee und Staat. 

9. Kulturelle Einflüsse. 

10. Kriminalität, Polizeiliche Erlasse. — Auflösung, Verbot. 

Die- Befolgung dieser Richtlinien und die sorgfältige Bearbeitung der 
Fragebogen ist für die zukünftige Arbeit der OA und Kleinarbeit der 
UA und Außenstellen erforderlich. 

Um die Bekämpfung der Sekten möglichst wirkungsvoll zu gestalten, 
sind für die Durchführung der Bearbeitung folgende Punkte besonders 
zu beachten: 

375 



1. V-Männer: 

In jeder Sekte muß mindestens ein V-Mann eingebaut sein, der 
laufend über Personalveränderungen, Versammlungen und Literatur 
Bericht erstattet. Bei der internationalen Bindung dieser Sekten ist es 
unerläßlich, daß sich auch V-Männer im Ausland befinden und inter- 
nationale Tagungen und Kongresse überwachen. 

2, Zusammenarbeit mit Staats- undParteistellen: 

Reichhaltiges Material ist zu bekommen z. B. durch die Verbindung 
mit der DAF (Amt Information) und NSV (Anmerkung: zahlreiche Sek- 
ten sind Mitglieder der „Reichsarbeitsgemeinschaft für das WHW des 
deutschen Volkes", die der NSV untersteht.) 

Auch die Zusammenarbeit mit den örtlichen Parteileitungen SA, SS, 
HJ, Arbeitsdienst usw. bietet Gelegenheit zur Beschaffung von wichtigen 
Meldungen. 

Bei den Ortspolizeibehörden und Staatspolizeistel- 
len sind über viele Sekten bereits Akten vorhanden, die zweckmäßiger- 
weise photokopiert werden. 

Durch Teilnahme an Aktionen , der Staatspolizei kann der Sach- 
bearbeiter die Person des Gegners selbst kennenlernen und direkt 
Aufschluß über seine Arbeitsmethoden, geistige Einstellung usw. er- 
halten. Den Berichten der Oberabschnitte ist nach Möglichkeit Bild- 
material beizufügen. Dieses ist bei der geplanten Aufklärung des Vol- 
kes über das Sektenwesen in Vorträgen, Zeitschriften und Zeitungsauf- 
sätzen ein unentbehrliches Hilfsmittel. 

Das Ziel dieser Arbeit kann in folgenden Punkten zusammengefaßt 
werden: 

1. Eine einjährige, restlose Erfassungsaktion, die einheitlich im ganzen 
Reich durchgeführt wird. 

2. Eine entsprechende Materialsammlung zur Vorbereitung staatspoliti- 
. scher Maßnahmen. 

3. Die parteiliche und staatliche Aufklärung zum Zwecke der restlosen 
Vernichtung des staatsfeindlichen Sektenwesens in Deutschland. 

4. Erhaltung harmloser Sekten, die zum Zerfall staatsfeindlicher anderer 
Bekenntnisse und Zersplitterung im kirchlich-religiösen Gebiet führen. 

Die neueste Lage der völkisch religiösen Gruppen 

Im großen und ganzen zeigt der völkisch religiöse Kampf heute fol- 
gende Erscheinungen: 

1. Die Mitgliederzahl der deutschgläubigen Gruppen steigen nur schlep- 
pend und stehen teilweise in sehr schwachem Verhältnis zu dem Ruf 
dieser Gruppen. 

2. Maßgebliche wissenschaftliche Kräfte (Rasse- Vorgeschichtsforscher 
und Religionswissenschaftler usw.) stehen außerhalb der Organisa- 
tionen. 

3. Die NSDAP betont in den einzelnen Gauen mehr oder weniger stark 
eine Distanzierung von den deutschgläubigen Organisationen, damit 
hängt zusammen, daß 

4. die Partei selbst in ihren Gliederungen angriffsfreudiger wird und 
heute in starkem Maße Trägerin der Kirchenaustrittsbewegung ist. 

5. Die deutsch- christlichen Gruppen und frei-religiösen Organisationen 
zeigen eine ständige Entwicklung zum reinen Deutschglauben. 

Die deutsche Glaubensbewegung zeigte am 1. Januar 1937 
zirka 22 000 Mitglieder, hiezu kamen zirka 5000 fördernde Mitglieder. 

Die Führerstreitigkeiten der letzten Jahre scheinen zu einem 
gewissen Abschluß gelangt zu sein, offenbar gelingt es dem jetzigen 

376 



Leiter B. Wiedenhöft als geschmeidigem, Rechtsanwalt, sich sicher durch 
, das .Intrigenspiel zu winden. 

Im April 1937 gründete die deutsche Glaubensbewegung eine Arbeits- 
gemeinschaft, die in folgende Arbeitskreise unterteilt ist: 

a) Arbeitskreis zur Erforschung der Zusammenhänge zwischen Gottfrage 
im deutschen Raum, Leiter Prof. Hermann Schwarz in Darmstadt. 

b) Arbeitskreis zur" Erforschung der Zusammenhänge zwischen Glaube 
und Recht, Leiter Rechtsanwalt von .der Becke. ■ •.. ■ . 

.c) Arbeitskreis zur Erforschung des deutschen Glaubensgutes in deut- 
schen Volksliedern . und Märchen, Leiter Magistratsrat Artur Lahn. 

. d) Arbeitskreis zur Erforschung der Zusammenhänge zwischen biologi- 
schen Leistungen eines Volkes und seiner Religion, Leiter Max Kerkes. 

Die Unterredung zwischen dem Führer und General Ludendorff hat 
■für das Haus Ludendorff eine vollkommen neue Lage geschaffen. Das 

Reichs- und Preuß. Ministerium des Innern verfügte mit Erlaß vom 
. 23. April 1937, daß in Zukunft den ehemaligen Tannenbergbündlern aus 

der Tatsache ihrer früheren Zugehörigkeit zum TB keine Nachteile er- 
, wachsen sollen. 

Durch Erlaß der Gestapo vom 11. Mai 1937 sind -dem Haus Luden- 
dorff geschlossene Mitgliederversammlungen mit geladenen Gästen in 
gleicher Weise wie allen anderen deutschgläubigen Organisationen ge- 
stattet. General Ludendorff gründete am 19. Juni '19i37"den Bund für 
„Deutsche Gotterkenntnis" (Ludendorff) e. V. Vom Hause Ludendorff 
drohen nach wie vor zwei Gefahrenmomente: 

1. Reaktion: Auf Gi-und der Entwicklung werden es stark reak- 
tionäre Keime sein, die ihr politisches Nörglertum in die Ludendoi'ff- 
bewegung tragen. 

2. Deutschgläubiges Dogma: Wenn der General an seinem 
70. Geburtstag gegenüber Reichswehroffizieren äußerte: „Das devitsche 
"Volk kann nur durch die Gotterkenntnis meiner Frau selig werden", 
wenn der -General weiterhin in seiner Zeitschrift meinte, daß nur eine 
Frau — heute also seine Frau — wirklich schöpferisch sein kann — 
wenn der General darauf hinwies, daß man auf dem internationalen 
Philosophenkongreß in Paris die Nennung des größten heutigen Philo- 
sophen — nämlich Mathilde Ludendorff — vergaß oder übersah, so zeigt 
das mit aller Klarheit, daß vom Haus Ludendorff tatsächlich die Her- 
ausbildung eines deutschgläubigen Dogmas droht. Trotzem kann nicht 
übersehen werden, daß dieser Anspruch der Einmaligkeit mit seiner 
Totaiitäts.forderung in einem gewissen Grade auch negative Erfolge 
zeitigt. 

Die Astrologie ist, soweit im einzelnen Gefahr für die national- 
sozialistische Weltanschauung besteht, zu beobachten. 

Dagegen ist auch der Nacktkultur, deren gesunde Richtung im 
„Bund für Freikörperkultur" organisiert ist, Aufmerksamkeit zu schen- 
ken. Es bestehen hier ideelle und personelle Verbindungen zu den 
deutschgläubigen Organisationen. 

Die Statistiken zeigen, daß in der Kirchenaustrittsbewe- 
gung die Parteimitglieder führend sind. Auf Grund einer Rundverfü- 
gung des Reichsministers der Justiz vom 14. April 1937 werden in Zu- 
kunft in den norddeutschen Oberländesgerichtsbezirken amtliche Stati- 
stiken erhoben. 

Aufgabe des Sicherheitsdienstes muß sein, sämtliche Schwierig- 
keiten aus dem Wege zu räumen, die immer noch von kirchlichen oder 
kommunalen Stellen gemacht werden. 

377 



Arbeitsanweisung: 

1. Das V-Männersystem ist gründlich auszubauen. Da die völkisch-reli- 
giösen Gruppen zum großen Teil positiv zum nationalsozialistischen 
Staat stehen, muß erreicht werden können, daß in den Leitungen 
sämtlicher Organisationen V-Männer sitzen. 

2. Nachrichtenmäßig sind zu erfassen: 

a) Mitgliederlisten, b) Satzungen, c) Absplitterungen oder Neubildun- 
gen, d) Eindringen marxistischer oder reaktionärer Kreise, e) Verbin- 
dungslinien zwischen den völkisch religiösen Gruppen und der Nackt- 
kulturbewegung. . , • 

3. Zeigen sich bei der -Neubildung deutschgläubiger Gruppen sektiere- 
rische Neigungen oder geschieht Neugründung offensichtlich aus Er- 
werbsgründen der leitenden Personen, so ist die Neubildung nach 
Möglichkeit von vornherein zu unterbinden. 

4. Die Astrologie ist genau zu betrachten, ob und inwieweit sie als Ge- 
werbe mit kaufmännischen Mitteln und Zielen oder mit politischem 
Hintergrund betrieben wird. Verbindungen zur Anthroposophie und 
Theosophie sind wichtig. 

5. Die Kirchenaustrittsbewegung ist zu beobachten, größere, Hemmnisse 
sind zu melden. 

6. Ernstere Mißstimmigkeiten zwischen Partei und deutschgläubigen 
Gruppen sind zu melden. 

Illegalität der Kirchen. 

Infolge der ständig zunehmenden Verschärfung i des Kampfes 
zwischen Kirche und Staat hat sich der Katholizismus in Deutsch- 
land vor allem nach dem Verbot der Enzyklika „Mit brennender 
Sorge" gezwungen gesehen, illegale Wege zur Erreichung seiner 
Ziele zu beschreiten. 

Zum Zwecke des Nachweises, daß die katholische Kirche, ohne 
daß sie dazu ' gezwungen gewesen wäre, die Nachsicht des Staates 
mißbraucht und Mittel für ihre Zwecke eingesetzt hat, die dem 
geltenden Gesetz, den bestehenden Verordnungen und der sittlichen 
Haltung des deutschen Menschen im Dritten Reich zuwiderlaufen, 
muß der SD beweiskräftiges Material sammeln. 

Der Begriff der Illegalität, unter dem alle 
hieher gehörenden Meldungen laufen sollen, ist 
s OjW eit zu fassen, daß darunter nicht nur die Ver- 
stöße gegen staatliche Gesetze oder gegen Ab- 
machungen des Konkordates fallen, sondern auch 
alle die Pläne und Maßnahmen, welche die Kirche 
innerhalb ihres eigenen Bereiches ungestraft 
vornehmen kann, die aber, würden sie im öffent- 
lichen Leben vollzogen, als unerlaubt im Sinne 
der weltanschaulichen Grundsätze der NSDAP 
verhindert werden würden. Es gehören also unter das 
Kennwort „Illegalität" auch alle die Fälle, in denen die Kirche auf 
Grund der ihr noch zustehenden Eigenmächtigkeit nicht rechtlich 
belangbar ist, die aber außerhalb des für alle geltenden Gesetzes 

378 



liegen. Durch Beibringung entsprechender Fälle soll der Nachweis 
erbracht werden, daß die Kirche in ihren eigenen Institutionen 
und Organisationen nach anderen als den zur Zeit in Deutschland 
gewohnheitsmäßig geübten Rechten handelt. 

Da dem Katholizismus eine Beeinflussung der öffentlichen 
Meinung durch die Presse, durch Amtsblätter und dergleichen weit- 
gehend unmöglich gemacht worden ist, versucht der Klerus an 
Stelle der Einflußnahme mit Hilfe von Druckerzeugnissen die 
mündliche, private oder öffentliche Beeinflussung zu setzen. Kanzel- 
hetze wird immer häufiger zu verzeichnen sein. Eine syste- 
matische Predigtübe rwachUNng muß demgemäß 
durchgeführt werden. Schwieriger festzustellen ist, wie 
weit sich die Pfarrer für die direkte Mundpropaganda einsetzen. 
Hier sollen nach Möglichkeit beglaubigte Zeugenaussagen erlangt 
werden, aus denen der Inhalt der Unterlagen zu ersehen ist. 

Bei den Fällen von Kanzelhetze handelt es sich erfahrungs- 
gemäß nur selten um spontane Einzelaktionen, sondern um ein von 
autoritärer kirchlicher Stelle angezetteltes . Vorgehen, das meistens 
durch einen aktuellen Anlaß bedingt ist. Die OA-Referenten müssen 
über die jeweilige Lage so genau orientiert sein, daß sie imstande 
sind, mit einiger Sicherheit wesentliche Kanzelverlautbarungen 
vorauszusagen. 

Den höheren und niederen Geistlichen gehen Informationen 
und Richtlinien durch Geheimboten zu. Ein geheimer Kurier- 
dienst vermittelt nicht nur den Verkehr zwischen den Bischöfen, 
sondern auch zwischen den ihnen unterstellten Geistlichen. Wenn 
es gelingt, die Kurie rwege festzustellen und die Kuriere 
zu beobachten, so ist damit jederzeit die Möglichkeit gegeben, die 
Informationen zu unterbinden bzw. rechtzeitig in den Besitz der 
Vorhaben und Pläne zu gelangen. Dies ist eine der wesentlichsten 
Aufgaben für die nächste Zeit. 

Die Nachrichtenübermittlung beschränkt sich nicht auf das In- 
land. Häufig wurden deutschfeindliche Presseorgane über Zwischen- 
fälle unterrichtet, die sich im deutschen kirchlichen Leberi zu- 
getragen haben. Um die Quellen derartiger Informationen fest- 
zustellen, soll künftighin bei Ermittlung über einen Zwischenfall 
immer in Betracht gezogen werden, wer an dem betreffenden Ort 
für eine Orientierung der Auslandspresse in Frage 
kommen kann, bzw. welche Leute Verbindungen zu Mittelsmännern 
aufrechterhalten könnten, die diese Nachrichten dann weiterleiten. 

Besonders bei dem Kampf um die Jugend äußerte sich die 
staatsfeindliche Haltung der Geistlichkeit in illegalen Maßnahmen. 
In den Kämpfen um die Konfessionsschule geht die Kirche mit 
allen Mitteln vor, in der wandernden Kirche, im Arbeitsdienst, in 
der Wehrmachtsseelsorge, im Landjahr versucht die Geistlichkeit 
ihren zersetzenden Einfluß geltend zu machen und läßt sich dabei 
nicht selten zu illegalen Reden und Handlungen hinreißen. 

379 



Es können unmöglich alle vorhandenen Fälle von Illegalität 
von vornherein angegeben werden. Wesentlich ist, daß es sich in 
den meisten Fällen um Maßnahmen handeln wird, durch die sich 
die Kirche außerhalb der Grenzen des lür alle geltenden Gesetzes 
stellt. 

Aufgaben für den SD: aus allen übrigen Vorgängen das unter 
BetretT „Illegalität" fallende Material dem Hauptamt gesondert 
einzureichen. Hierunter sind in diesem Zusammenhang 
alle Maßnahmen und Handlungen des politischen Katholizismus 
und seiner Träger zu verstehen, die 

a) im Widerspruch zu den geltenden Gesetzen und Verordnungen 
stehen, 

b) außerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes vor- 
genommen werden, 

c) geeignet sind, die weltanschaulichen Fundamente des Dritten 
Reiches zu zerstören. 

Besondere Feststellungen: 

1. Feststellung eines Nachrichtendienstes überhaupt. 

2. Ermittlung der Kurierwege und Zentralen. 

3. Beobachtung der Grenzsekretariate und Anlaufstellen. 

4. Ergründung der Nachrichtenübermittlung und der Nachrichten- 
- mittel. 

5. Ausländische Verwaltungs- und Verbindungsmänner. 

6. Flüchtlingshilfe und Hilfskomitees für Rückwanderer für ent- 
. lassene Sträflinge usw. 

7. Beachtung aller Fälle von Emigranten wichtiger Katholiken. 

8. Stoßtruppbildung. 

9. Revolutionäre Bewegungen, Bewaffnung. 

Die finanzielle Macht der Kirchen 

Die Kirche ist neben dem Staat der größte Grundeigen- 
tum, e r Deutschlands. Unter Herbeiziehung statistischer Unter- 
lagen wurde der gesamte Grundbesitz der katholischen und evan- 
gelischen Kirche auf insgesamt eine Million Hektar, das sind 
4 000 000 Morgen, geschätzt. Das entspricht etwa der Größe des 
Landes Thüringen. Wollte man den Quadratmeter mit RM. 1. — 
veranschlagen, so würde sich der Wert dieser im Eigentum der 
Kirchen befindlichen land- und forstwissenschaftlich genutzten 
Flächen auf 10 Milliarden Reichsmark beziffern. 

In Köln besitzt die katholische Kirche und die ihr angeschlos- 
senen Organisationen 55 Kirchen und 416 Gebäude. Der Wert der 
Gebäude ist grundbuchamtlich mit über 23 000 000 RM. verzeichnet. 

380 



Neben dem Grundbesitz verfügt die katholische Kirche ins- 
besondere über erhebliche Einnahmequellen. So brachte 
beispielsweise die Caritassammlung 1934 über RM. 300 000. — . 

An Zuschüssen des Staates werden an die Kirchen beider Kon- 
fessionen jährlich RM. 100 000 000. — gezahlt, und die Höhe der ver- 
einnahmten Kirchensteuer läßt sich auf RM. 200 000 000. — veran- 
schlagen. 

Diese Zahlen, über die nur selten etwas in der Öffentlichkeit 
verlautet, bezeugen, daß die katholische Kirche über einen erheb- 
lichen Finanzapparat verfügt. 

Die Unabhängigkeit der katholischen Kirche mit diesen Vermögens- 
massen von dem nationalsozialistischen Geschehen in Deutschland 
beweist die Tatsache, daß in Krisenzeiten ab 1929, einer Zeit, in der die 
Arbeitslosigkeit in Deutschland am größten war und die Konkurse deut- 
scher Unternehmen am zahlreichsten waren, ausgerechnet von der katho- 
lischen Kirche am meisten Kapital in Deutschland investiert worden ist. 
Die Gründe dafür sind darin za sehen, daß in dieser Zeit der politische 
Einfluß des Zentrums für die Sicherheit und Förderung der katholischen 
Kirche die notwendige Garantie anbot. So ist nicht verwunderlich, daß 
nach der nationalsozialistischen Revolution, d. h. 'nach Verschwinden des 
politischen Einflusses des Zentrums kirchlicherseits eine Kapitalverschie- 
bung nach dem Ausland betrieben wurde, die in zahlreichen Devisen- 
prozessen ihren Ausdruck fand. 

Im Rahmen der Erzeugungsschlacht und den Aufgaben des Vier- 
jahresplanes ist es unmöglich, daß derartige gewaltige Vermögensmassen 
unabhängig von dem nationalwirtschaftlichen Geschehen in Deutschland 
unter Sonderrechten und abseits allen Geschehens bestehen bleiben 
können. Deshalb ist es notwendig, daß zunächst eine Übersicht über die 
verschiedensten Vermögensarten, wirtschaftlichen Betätigungszweige und 
Einkommenquellen der Kirche verschafft wird. 

Eine besondere Beachtung bei der Bearbeitung der wirtschaftlichen 
Verhältnisse und Betätigung der Kirchen- verdienen die verschiedenen 
Arten wie kirchlicherseits Tarnungen von Vermögensmassen vorgenom- 
men werden. 

Um Vermögensträger zu sein, ist für die verschiedensten Organi- 
sationen erforderlich, sich entweder in bürgerlich-rechtliche oder han- 
dels-rechtliche Formen zu kleiden. 

Es ist verschiedentlich festgestellt worden, daß sich die Vermögens- 
verwaltung kirchlicher Organisationen unter rein weltlichen Bezeich- 
nungen verbergen, die nicht ohne weiteres als kirchliche Vermögens- 
träger erkennbar, sind. 

Beispielsweise verbirgt sich hinter den rein weltlichen Namen wie: 
Böhmer & Co., GmbH., Mecking Hovenner Grunderwerbs- und Bau- 
gesellschaft AG., Aachener Immobilien AG., Stadthalle AG., Osnabrück, 
die Vermögensverwaltung der Dominikaner, Franziskaner, Jesuiten und 
des Bischöflichen Stuhles Osnabrück. 

Im Zusammenhang mit diesen Ermittlungen verdienen dann die 
verschiedensten wirtschaftlichen Betätigungszweige der Kirchen Be- 
achtung, sei es, daß die Ordensgenossenschaften ein Gewerbe betreiben 
oder daß es sich um eigens gegründete Erwerbsgesellschaften handelt, 
die mit kirchlichen Geldern betrieben werden und deren Gewinne den 
Kirchen bzw. ihren Organisationen zufließen, wie z. B. Bonifatiusdr uckerei, 
die Leo-Film-AG., Kath. Volkshilfe, gemeinnützige Versicherungs AG. 
usw. Die wirtschaftliche Betätigung der Kirchen bildet insbeson- 
dere deshalb eine lästige Konkurrenz für die anderen Gewei-bezweige, 

381 



weil die ersteren einerseits mit billigen Arbeitskräften, wie Erholungs- 
bedürftigen, Krüppeln und Ordensangehörigen, arbeiten und anderei-- 
seits unter dem Vorwand, daß es sich um gemeinnützige mildtätige und 
kirchliche Zwecke handelt, in weitestem Maße steuerliche Befreiungen 
in Anspruch genommen werden. 

Besondere Aufmerksamkeit verdient noch der internationale Ver- 
mögensverkehr insbesondere der katholischen Kirche. Wenn in einem, 
einzigen Fall von einer Person eine Million Rentenmark innerhalb kür- 
zester Zeit aus Deutschland herausgeschoben werden konnte, so ist 
allein dies ein Beispiel dafür, wie notwendig die Überwachung des 
internationalen Vermögensverl^ehrs der katholischen Kirche ist. 

Gleiche Beachttmg muß die innerkirchliche Vermögensverschiebung 
finden, insbesondere kurz vor Auflösung von kirchlichen Organisationen, 
damit eine Übertragung des Vermögens an andere Stellen verhindert 
werden kann. 

Das Sammel- und Kollektenwesen der Kirche, das auch heute noch 
einen wesentlichen Bestandteil der kirchlichen Einkünfte ausmacht, ist 
zu beobachten, damit in Fällen, in denen noch Umgehungen des Samm- 
lungsgesetzes vorliommen, entsprechende Änderungen der gesetzlichen 
Bestimmungen von hier aus angeregt werden können. 

Arbeitsanw eisung: 

Im wesentlichen wird die Feststellung des kirchlichen Ver- 
mögensbesitzes im Rahmen des „Sonderauftrages T.H." durch- 
geführt. Daneben ist noch folgenden Punkten besondere Beachtung 
zu schenken: 

1. Nachdem durch den Reichsarbeitsminister die Stellenvermittlung 
durch kirchliche Organisationen grundsätzlich verboten ist, ist 
über die Tätigkeit der stellenvermittelnden Organisationen im 
Rahmen der noch gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten für 
nicht Vollerwerbsfähige zu berichten. 

2. Die Feststellungen über die Kirchenneubauten nach 1933 sind 
weiter zu treffen. Anfang 1938 ist über die Kirchenneu- und 
-umbauten seit dem Erlaß des Beauftragten für den Vier jahres- 
plan zu berichten, wonach Kirchenneubauten, bei denen mehr 
als 2 Tonnen Baueisen Verwendung finden, genehmigungs- 
pflichtig sind. 

3. Bei geplanten Auflösungen von kirchlichen Organisationen sind 
die Vermögensverhältnisse vorher eingehend zu prüfen, damit 
innerkirchliche Verschiebungen vermieden werden. 

4. Über Umgehung des Reichssammlungsgesetzes bezüglich der 
Kollekten ist in berichten, damit gegebenenfalls entsprechende 
Gesetzesänderungen angeregt werden können. 

5. Die Transferierung kirchlicher Gelder nach derai Ausland ist zu 
beobachten, und festgestellte Fälle (wenn auch mit Genehmi- 
gung) sind zu berichten. 

6. Das katholische Siedlungswesen verdient weiterhin besondere 
Beachtung. 

7. Bei Einzelfeststellungen über kirchlichen Haus- und Grundbesitz 
sind von besonderer Bedeutung die Höhe der Belastungen und 
die Gläubiger. 

382 



\ 



„Weltnotorisch!" 

Trotz Geheimhaltung, Tarnung, Absperrung und 

Ableugnung 

Diese „Arbeitsanweisungen" des SD (Sicherheitsdienstes) waren 
ganz geheim.' Und Tausende solcher Anweisungen ebenso! Alles 
sollte getarnt sein, ein schönes Mäntelchen und irgendeine Schein- 
begründung haben, vor In- und Ausland verborgen bleiben, im 
Notfall abgeleugnet werden können. 

Dr. Joseph Eberle schreibt in seinem Schriftchen: „Das Los der 
christlichen Presse im Dritten Reich" (Ruß, Bregenz, S. 11): 

„Der Nationalsozialismus hat das Reden in bisher nicht gekannten 
Ausmaßen und Lautstärken geübt. Daneben aber betrieb er eine noch 
fast größere und wirksamere Arbeit des Verbergens und Verschweigens. 
Nie wurden die Menschen so mit Propaganda überschüttet; nie aber 
wurden sie auch bezüglich zahlreicher Vorgänge so im Dunkel gehalten 
wie von diesei^ Bewegung. Man erfuhr bezüglich vieler Dinge kaum 
von dem, was in der nächsten Nachbarschaft vorging. Und was man 
erfuhr, .war so unbestimmt, daß man nie wußte: Ist das Gerücht oder 
ist das Wahrheit?" 

Trotzdem brachte auch hier die Sonne manches an den Tag 
und hatten auch hier Lügen schließlich kurze Beine, auch wenn 
es jene von Goebbels waren. 

Der Heilige Stuhl konnte in seiner Note vom 14. Mai 1934 vieles 
„W eltnotorisch" nennen, was die Nationalsozialisten ver- 
bergen oder verleugnen wollten. 

Feststellungen des Hl. Stuhles 

„ W eltnotorisch ist, daß die Kirche im heutigen 
Deutschland diejenige Freiheit nicht mehr hat, die sie beanspruchen 
muß. 

Weltnotorisch ist, daß die frühere katholische 
Presse^ zum großen Teil eingegangen ist, daß die noch ver- 
bleibende, wie in dem staatlichen Promemoria zugegeben und so- 
gar verteidigt wird, sich nicht mehr katholisch nennen und keine 
normale Mitgliederwerbung betreiben darf. 

Weltnotorisch ist, daß die Freiheit der katholischen 
Presse selbst in der Verteidigung katholischer Lehr- und Lebens- 
grundsätze behindert ist.' 

Weltnotorisch ist, daß der Klerus in der Ausübung 
seiner Seelsorge von Hemmungen und Gefährdungen umgeben ist, 
die er früher nicht gekannt hat. 

Weltnotorisch ist, daß zahlreicheMitglieder 
des geistlichen Standes längere oder kürzere Zeit in 
Schutzhaft genommen wurden: in vielen Fällen aus Gründen, 

383 



die man auch bei mildester Beurteilung als berechtigt nicht an- 
sehen kann, sehr oft lediglich wegen pflichtmäßigen Widerstandes 
gegen gewissenswidrige Zumutungen von dieser oder jener staat- 
lichen oder staatlich gestützten Seite. 

Weltnotorisch ist, daß selbst die Mitglieder des 
Episkopats in der lehrmäßigen Verteidigung katholischer 
Glaubens- und Lebensgrundsätze, in der üblichen Veröffentlichung 
von Hirtenbriefen gehindert sind, daß sie im partei- und organi- 
sationsamtlichen Schrifttum Schmähungen und Angriffen aus- 
gesetzt sind. Unter konstruierten Vorwänden wird selbst rein reli- 
giöses Eintreten für pflichtmäßige Belange ihres Amtes als „Politik" 
bezeichnet und von der Presse der herrschenden Partei beschimpft. 

Weltnotorisch ist, daß einzelne Päpstliche Ver- 
lautbarungen nicht in der Presse veröffentlicht werden dür- 
fen und daß ein Papstbrief an die schwer leidende katholische 
Jugend von Uniformträgern auf offener Straße verhöhnt werden 
konnte." 

Dieser kräftigen Feststellung des Hl. Stuhles vom Jahre 1934 
sei als Abschluß und Zusammenfassung alles Vorhergehenden nur 
noch die Feststellung Papst Pius XH. in seiner Ansprache an das 
Kardinalskollegium vom 2. Juni 1945 angefügt: 

„Tatsächlich hat sich der Kampf gegen die 
Kirche immer mehr verschärft: Zerstörung der 
katholischen Organisationen, fortschreitende 
Auflösung der blühenden öffentlichen und pri- 
vaten katholischen Schulen;, gewaltsame Tren- 
nung der Jugend von Familie undKirche! Ver- 
gewaltigung der Gewissen der Staatsbürger, be- 
sonders der Beamten; systematische V e r 1 e u m - 
düng der Kirche, des Klerus, der Gläubigen, ihrer 
Einrichtungen, ihrer Lehre, ihrer Geschichte 
durch eine verschlagene und straff aufgebaute 
Propaganda; Schließung, Aufhebung, Einziehung 
von Ordenshäusern und anderen kirchlichen In- 
stituten; Vernichtung der katholischen Presse 
und Buchproduktio n." 

So löste Hitler sein Wort in der Reichstagsrede vom 23. März 
1933 ein: 

„Die nationale Regierung sieht in den beiden christlichen Kon- 
fessionen wichtigste Faktoren der Erhaltung unseres Volkstums. 
Sie wird die zwischen ihnen und den Ländern abgeschlossenen Ver- 
träge respektieren; ihre Rechte sollen nicht angetastet werden . . . 

Die nationale Regierung wird in Schule und Erziehung den 
christlichen Konfessionen den ihnen zukommenden Einfluß ein- 
räumen und sicherstellen. Ihre Sorge gilt dem aufrichtigen Zu- 
sammenleben zwischen Kirche und Staat"!! 

384 



KREUZ 



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Der Kampf des Nationalsosiairsmus 
gegen die katl^olTscbe KiVckje 



und 



der ki'rcVjircl^c Wi'derstand 
Zwci'ier Teil 



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von 



Dol^ann Neul^öusler 
Vcrlog-Kotl^oli'scl^G Kirch)c Bayerns 

4946 



Imprimatur: 

G. V- 2785 München, 11. März 1946 

Erzbischöfliches Ordinariat 
München und Freising 

Buchwieser 
Gen.-V. 



Alle Rechte vorbehalten. 

Copyright by Verlag der Kath. Kirche Bayerns in München. 

Zulassung Nr. 6 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung. 

Druck: Val. Höfling (Dr. Valentin Mayer), München, Bayerstraße 57/59. 

Die Zeichnungen sind von Anton und Franz Neuhäusler in München. 

Auslieferung: Pfeiflers Buchhandlung, München 2, Herzogspitalstr. 5 u. 6 



EIN GELEITWORT GOTTES 

1. Ueber seine Widersacher 

„Uebermut ist ihr Halsgeschmeide. 
Wie ein Gewand umhüllt sie Gewalttat, 
Wie aus fettem Grund schießt ihre Sünde auf. 
Maßlos sind ihres Herzens Lüste. 
Sie höhnen, und voll Bosheit ist ihr Wort. 
Sie drohen mit Gewalt von oben her. 
Sie setzen an den Himmel ihren Mund, 
und ihre Zunge schreitet durch die Welt. 
Deshalb wendet sich das Volk dorthin 
und schlürft mit vollen Zügen ihrer Lehre Wasser . . . 
Doch Du (Gott) stellst sie hin auf schlüpfrigen Boden, 
lassest sie zum Trümmerhaufen werden. 
Wie sind sie doch im Nu vernichtet worden! 
Sie sind dahin; ihr Elend war voll Schrecken." 

(Ps, 72, 9-10, 18, 19) 



„Ach, idi höre so viele raunen: 
.Zeigt ihn an! 

Jawohl, wir denunzieren ihn.' 

All meine Vertrauten lauern auf einen Fehltrift von mir: 
.Vielleicht läßt er sich verleiten. 
Dann haben wir ihn in der Hand. 
Dann können wir unsere Rache an ihm kühlen.* 
Doch mit mir ist der Herr als ein starker Held. 
Darum werden meine Verfolger straucheln und nicht obsiegei 
Ewig wird ihre Schande dauern und nicht vergessen werder 

(Jer. 20, 10 ff) 

3 



2. An seine verfolgten Getreuen 

, Zieht nicht mit den Ungläubigen an einem Joch! 

Denn was haben Gerechtigkeit und Gottlosigkeit 
miteinander zu tun? 

Was haben Licht und Finsternis gemeinsam? 

Wie stimmen Christus und Belial zusammen? 

Was hat der Gläubige mit dem Ungläubigen zu schaffen?" 

(2 Cor, 6, 11 ff.) 



„Es ist doch besser, wenn es Gottes Wille ist, um des Guten 
willen zu leiden als wegen des Bösen." (i. Petr. 3. 17) 

„Keiner von Euch soll als Mörder, Dieb, Verbrecher oder Auf- 
ruhrer zu leiden haben. 

Hat aber einer zu leidfen, weil er ein Christ ist, 

so schäme er sich dessen nicht, 

sondern preise Gott um seines Namens willen!" 

(iPetr. 4, 25 ff.) 



„Gedenket der früheren Tage! 

Da habt ihr nach eurer Erleuchtung so manchen Leidens- 
kampt bestanden, 

bald als Schauspiel von Schmähungen und Bedrängnissen, 

bald als Genossen von solchen, die zum Schauspiel geworden. 

Aber wir gehören nicht zu denen, die sich zurück' 
ziehen und zugrunde gehen, 

wohl aber zu denen, die glauben, um ihre Seele zu retten." 

(Hebr 10. 32, 33. 39) 

4 



I N H A LT S VERZEICHNIS 



Ein Geleitwort Gottes 

Zweiter Teil 

Der Widerstand der katholischen Kirche 

gegen den Nationalsozialismus 

Seite 

A. Der kirchliche Widerstand eine Tatsache 9 

B. Kr af t zent r en d es kir chli ch en Wi d e rst an d es 26 

1. Der Fels Petri 26 

Reichskonkordat 26 

Päpstliche Noten 27 

Weltrundschreiben Papst Plus' XI. vom 4. März 1937 . . 34 

Antwort auf die Beschwerde der Reichsregierung ... 42 

2. Der einmütige deutsche Episkopat 50 

a) Gemeinschaf ts h i r te n b r i e f e der Icatholischen Bi- 
schöfe Deutschlands . 50 

b) Gemeinsame Denkschriften der kathohschen Bi- 
schöfe Deutschlands . 71 

aa) Denkschrift der deutschen Bischöfe an den Führer 

zur religiös-kirchlichen Lage im Jahre 1935 ... 73 

bb) Denkschrift der deutschen Bischöfe an das Reichs- 
ministerium für kirchliche Angelegenheiten am 

13. Januar 1937 94 

c) Ein Freundschaftsecho aus Noi-damerika 98 

3. Der einmütige bayerische Episkopat 100 

a) Eine deutliche Sprache schon im ersten Jahr .... 100 

b) Ein Beispiel geschlossenen Widerstandes .102 

c) Eine ernste Jahresrückschau ' ... 113 

d) Zur Steuer der Wahrheit über die Sittlichkeitsprozesse 115 

e) Die Auflösung des katholischen Jungmännerverbandes 117 

f) Protest gegen den Religionskrieg mitten im Weltkrieg 117 

4. Wächter, Rufer und Streiter Gottes: Kardinal Faulhaber . 119 

Eine Christenlehre über Rechte und Pflichten des Staates 

und der Staatsbürger 119 

Die Sittenlehre der katholischen Kirche 122 

Ein Posaunenstoß für die Freiheit der Kirche 124 

Der Glaube, ein dreifacher Segen 128 

Abwehr von Steinwürfen gegen den Päpstlichen Thron 129 

Lehramt, Priesteramt und Hirtenamt 133 

5 



Seite 

Leidenskraft und Tatkraft in der christlichen Lebens- 
anschauung 135 

Deutschsein und Christlichbleiben 136 

Elternrechte und Elternpflichten 137 

Das Reichskonkordat — Ja oder Nein? 140 

Aus der Kirche austreten? Dreimal Nein! ...... 143 

Ein Hirtenwort, vom Kardinal selbst verlesen 145 

5. Epaphroditus, mein Bruder, Mitarbeiter und Mit- 
kämpfer ..,,,.., 149 

a) Bischof Michael Rackl, Eichstätt 150 

b) Bischof Clemens August von Galen, Münster .... 158 

c) Bischof Franz Rudolf Bornewasser, Trier 159 

d) Bischof Konrad Graf von Preysing, Berlin 162 

6. Verbundenheit von Oberhirten, Hirten und Herde . 163 

a) Kardinal Faulhaber stellt sich vor seinen Männer- 
apostel 163 

b) Bischof Rackl von Eichstätt stellt sich vor seinen 
Dompfarrer 168 

c) Dompfarrer Kraus von Eichstätt stellt sich vor seinen 
Bischof . 170 

d) Bi.<5chof Rackl von Eichstätt stellt sich vor einen Land- 
pfarrer 174 

e) Bischof Galen von Münster stellt sich vor verbannte 
Domkapitulare, Ordensleüte, rechtlos Vetfolgte, Ge- , 
fangene i 177 

f) Ein Laie stellt sich vor den Priester, Gelehrten, 
Jesuiten 180 

g) Die „Katholische Aktion" stellt sich vor 2wei verfolgte 
Priester 181 

.7. . „Treue Söhne und Töchter" ........... 181 

In langer, harter Leidensschule 185 

Betreuung des Bundes deutscher Mädchen 192 

C. Hauptpunkte des kirchlichen Wider Standes 198 

1. „Hütet Euch vor den Götzen, Kläffern, Pfuschern!" 198 

a) Abwehr von Rosenbergs Neuheidentum 199 

b) Abwehr der Heuchelei vom „positiven Christentum" 202 

c) Abwehr der „falschen Propheten" im „gottgläubigen" 
Schafskleid .208 

d) Abwehr des „falschen Propheten" im Feldherrnmantel 210 

e) Abwehr der Kreuzfrevel . . , . 212 

f) Abwehr der NS-Kirchenaustritts-Propaganda .... 213 

2. Der kirchliche Widerstand im Schulkampf . ^ ... 216 

a) Deutliche Papstworte 216 

b) Beharrlicher Widerstand der Bischöfe ....... 220 

- c) Beispiel dieses bischöflichen Widerstandes ..... 223 

6 



Seite 

3. Die katholischen Orden \ **.... 250 

a) Der Papst fordert Gerechtigkeit ...,».... 250 

aa) Der Papst zu den Devisenprozessen 251 

bb) Der Papst zu den Sittlichkeitsprozessen .... 255 

b) Deutsche Bischöfe erheben ein Flammenschwert ge- 
gen die Klosterstürmer 257 

c) Die Orden wehren sich auch selbst ...... i . 271 

d) Wider Goebbels' Diffamierung der Orden . i ... 276 

Bischöfliche Feststellungen ....*. 277 

Ungenannte und unbekannte Verteidiger 282 

e) Ein hochherziger amerikanischer Anwalt der deutschen 
Orden und Katholiken: Kardinal Mundelein .... 288 

4. Die katholischen Vereine 292 

a) Die Verteidigung der katholischen Jugendvereine 292 

aa). Der Papst schätzt und schützt sie 292 

bb) Deutschlands Bischöfe kämpfen gleicherweise für 

die katholische Jugend 298 

cc) Die Jugend selbst wehrt sich gegen den Zwang . . 305 

b) Der Kirche Sorge und Kampf für die katholischen 
Standesvereine 309 

aa) Kampf um die Auslegungsgrundsätze RK. Art. 31 310 

bb) Wirtschaftliche und moralische Gleichberechtigung 

für die katholischen Arbeiter ........ 311 

cc) Klare Feststellungen von Kardinal Faulhaber . . 315 

5. Das katholische Schrifttum 318 

a) Beschwerden und Forderungen des Hl. Stuhles ... 318 

b) Beschwerden und Forderungen der deutschen Bischöfe 326 

c) Kampf um Artikel 4 des Reichskonkordates .... 327 
aa) Kampf gegen die rechtswidrige Beschlagnahme 

bischöflicher Amtsblätter und Bischofspredigten 328 

bb) Kampf gegen Verbot und Beschlagnahme religiö- 
ser Flugschriften und Seelsorgsbriefe 332 

cc) Kampf gegen Behinderung des Bistumsblattes in 

Erfüllung seiner Wesensauf gäbe . . . . . . , 341 

d) Abwehr antichristlichen Schrifttums 343 

> aa) Front gegen die kirchenfeindliche Hetze der SS- 
Zeitung „Das Schwarze Korps" 344 

bb) Front gegen den „Pfaffenspiegel" 349 

6. Schutz von Leib und Leben Schuldloser .351 

a) Kampf gegen die Verstümmelung Schuldloser .... 352 

b) Kampf gegen die Tötung Schuldloser 354 

aa) Klarer prinzipieller Standpunkt 354 

bb) Bischöfliche Proteste bei den höchsten Reichsstellen: 

Erzbischof Conrad-Freiburg 356 

Gesamtheit der katholischen Bischöfe Deutschlands 357 

Kardinal Faulhaber-München . . ' 359 

Bischof Hilfrich-Limburg 363 

7 



Seite 

cc) öffentlichß Anklagen auf amtlichen Mord .... 364 

Bischof Galen-Münster * . . . . 364 

Bischof Bornewasser-Trier 371 

Kai'dinal Faulhaber-München 373 

Gesamtheit der deutschen Bischöfe ...... 373 

dd) Das mutige Schreiben und edle Angebot einer 

Ordensfrau .375 

7. Die Gleichberechtigung der Rassen 377 

a) Schützende Worte 377 

aa) Papstworte 377 

bb) Bischofsworte 381 

cc) Kirchenamtliche Worte 385 

dd) Priesterworte 386 

b) Schützende Taten 389 

aa) Rundschreiben des „Raphaelvereins" vom Jahre 
1936 an die Bischöflichen Ordinariate und Caritas- 
stellen Deutschlands 390 

bb) Bischöfliche Anordnung 392 

cc) Eine Brücl^e über den Ozean für die verfolgten 

Nichtarier • 392 

8. Ein Kampfbericht über zwei Monate 399 

D. Schlußwort:DasKreuzsteht! 405 

Personenverzeichnis 412 

Sachverzeichnis 419 



8 



ZWEITER TEIL 

Der Widerstand der katholischen Kirche 
gegen den Nationalsozialismus 

A. Der kirchliche Widerstand — eine Tatsache. 

„Du aber gürte die Hüften! 
Auf! Verkünde ihnen, was ich dich heiße! 
Erschrick nicht vor ihnen! 
, Sonst will ich dich schrecken durch sie. 

Ich aber — ich mache dich heute zur festen Burg, 

Zur eisernen Säule, 

Zur ehernen Mavfer wider das ganze Land, 

Wider Judas Könige, 

Wider seine Großen, 

Wider seine Priester 

Und wider des Landes Volk. 

Bekriegen werden sie dich, 

Doch nicht dich bezwingen. 

Denn ich steh dir zur Seite." (Jer. l,17ff.) 

So lautete Sendungsbefehl und Verheißung für einen Gottes- 
boten des Alten Bundes. ' 

„F e st e B u r g", „E iserne Sau 1 e", ,,E h e r n e Mauer": 
lauter Bilder stärkster Widerstandskraft und zähesten Widerstands- 
willens und unerschütterlicher Widerstandszuversicht. 

Der Neue Bund fügte noch ein neues Bild hinzu: „F eis, 
Kirche auf dem Felsen, selbst von den Pforten der 
Hölle nicht zu überwältigen" (Mt. 16,18). 

War nun . Widerstands kraft, Widerstands willen, Wider- 
stands Zuversicht solcher Art in der Kirche Gottes, in ihren 
Sendboten und Gläubigen? 

Als die dämonischen Mächte des Nationalsozialismus aus der 
Unterwelt emporstiegen, 

als Despoten, mächtiger denn die ,,K ö n i g e Judas" und 
grausamer denn die Kaiser Roms, aufstanden und das Schwert 
gegen die Welt, den Hammer gegen die Altäre schwangen. 

als Verbrecher, „mit einem Maul voll hochtrabender und gottes- 
lästerlicher Reden" (Oifb. 13,5), voll Lug und Trug, über Nacht xu 
„G r o ß e n" wurden, 

als Rosenberg, Ley, Baidur v. Schirach u. a. zu ,,P r i e s t e r n* 
des Antichrists; wurden und von allen Dächern eine neue WeWi- 
anschauung predigten, 

Kreuz und Hakenkreuz 2 Bd. II g 



als mehr denn 10 Millionen, wohl vielmal mehr denn „des 
Landes Volk" zu Jeremias' Zeiten, „groß und klein, reich und 
arm, frei und unfrei dazu gebracht wurden, ein Zeichen zu tragen' 
(OiTb. 13,16), das nicht Christi Zeichen war, 

war da Widerstand wie Fels und Eisen und Stahl 

undMauer? 

So zweifelhaft erschien das alles, daß bei einer ameri- 
kanisch-englischen Pressekonferenz zu Anfang Juni 1945 
in Neapel, an der der Verfasser zusammen mit Pastor Niemöller 
teilnahm, des öfteren nachdrücklichst gefragt wurde: 

„W o war denn der Widerstand gegen den 
Nationalsozialismus?" 

Jetzt, nachde^n die Mauern gefallen sind, welche, das- Dritte 
Reich an seinen Grenzen aufgerichtet hatte, hat dieganzeWelt 
das Recht, Antwort zu heischln auf diese Frage. 

Soweit aber hiebei nach dem' Widerstand mit Waffengewalt 
und Bombenattentaten, mit Verschwörungen und Sabotageakten, 
mit Revolution und Volksaufständen u. ä gefragt wird, mögen 
andere darauf antworten. 

Hier steht nur der weltanschaulich-religiöse 
W i d e r s t a n d in Frage. 

Und d a kann laut und entschieden geantwortet werden: 

„Der Widerstand war da." 

Der Widerstand war da während all der 12 Jahre der national- 
sozialistischen Diktatur und auch schon in dem Jahrzehnt, da Hitler 
noch um die Macht kämpfte (1923—1933). i 

Der Widerstand war kräftig und zäh, bei hoch und 
nieder, bei Papst und Bischöfen, bei Klerus und Volk, 
bei Einzelpersonen und ganzen Organisationen. 

Der Widerstand war da gegen Führer und Regierung," gegen 
Partei und Parteigliederungen, gegen Willkür und Parteilichkeit, 
gegen Gewissenszwang und Erpressung, gegen Wortbruch und Ver- 
tragsuntreue, gegen Unglaube und Unrecht, gegen Entrechtung und 
Enteignung, gegen Entchristlichung und Entkonfessionalisierung, 
gegen neuheidnische Weltanschauung und Zwangseinheitsschule, 
gegen Orden- und Judenverfolgung, gegen Presseknechtung und 
Fressehetze, gegen Sterilisierung und Euthanasie. 

Der Widerstand konnte freilich nicht immer s o geleistet werden, 
wie ihn manche Heißsporne erwarteten oder wünschten, vielleicht 
auch selbst leisteten oder wie ihn Außenstehende, vielleicht im 
sicheren Ausland Wohnende, ohne Sachkenntnis und Verantwortung 
rieten oder kommandierten. 

10 . 



Der Widerstand konnte auch nicht in jedem einzelnen 
Falle und nicht in jedem Augenblick offen und mäch- 
tig zutagetreten und sich zu lauten Protesten vor In-^ und Ausland, 
inner- und außerhalb der Kirchenmauern verdichten. 

Schwierigkeiten des Widerstandes 

Es fehlte ja letzten Endes im Reich der Diktatur schon jeg- 
liches Organ zu öffentlicher Aufklärung und 
Verwahrung. Es war ja weder Pressefreiheit noch Redefreiheit 
noch Versammlungsfreiheit; Artikel 117 — 118 der Verfassung des 
Deutschen Reiches waren von Anfang an aufgehoben und blieben 
es bis zum Schluß (Verordnung vom 28, Februar 1933). 

Zeitungen durften nie ein Wort gegen Partei und Regierung 
bringen, überhaupt nichts Unliebes, Ungünstiges, „Defaitistisches" 
aufnehmen. Alle mußten unisono heulen, mit Goebbels verdammen 
und verhimmeln oder verstummen und verschwinden. 

Dr. Joseph E b e r 1 e bemerkt in seiner Broschüre: „Das Los der 
christlichen Presse im Dritten Reich" mit Recht: 

„Die Zeitungen waren nicht dazu da, die wichtigeren Tat- 
sachen zu berichten, sondern Werbung für die Partei zu betrei- 
ben. Es gab eigentlich Berichte nur über das, was geeignet war, gute 
Stimmungzumachen; was beunruhigen konnte: z. B. der Aufbau 
und das Arbeiten der Rüstungsindustrie, Naturkatastrophen, Unglücks- 
fälle, die meisten Verhaftungen und Justizaburteiluhgen, später die Wir- 
kungen von Luftangriffen, wurde verschwiegen. Diejenigen, denen es als 
Mitbeteiligten oder Augenzeugen nicht verborgen werden konnte, wur- 
den unter Androhung schwerster Strafen zum Schweigen verhalten. (Im 
Jahre 1944 wurden Menschen aus Wiener-Neustadt ins Gefängnis gewor- 
fen, weil sie ihren Arbeitskollegen in Wien von den Fliegerschäden in 
Wiener- Neustadt genauer berichtet hatten!) 

. Gerade langjährige Publizisten mit vielen Verbindungen wie ich, 
hätten eigentlich auf dem laufenden sein müssen — aber wir waren es 
in vielem nicht." 

Freilich manche ,, Allesbesserwisser" und „hundertfünfzig- 
prozentige" Kritiker und „Entweder-oder-Politiker" sind schnell 
fertig mit dem Urteil: Unter solchen Umständen, bei solchem nega- 
tiven und positiven Zwang mußte jeder anständige Journalist die 
Feder weglegen und vollen passiven Widerstand leisten oder viel- 
leicht — ins Ausland gehen, dort als „freier Mensch" leben und 
schreiben, die Welt über das Dritte Reich aufklären und dagegen 
aufrufen. 

Dr. Joseph Eberle (a. a. O.) gibt meines Erachtens auch darauf die 
rechte Antwort, wenn er sagt: 

„Es ist keine Kunst, zu schweigen oder auszuwan- 
dern. Kunst und Aufgabe ist, in der Heimat möglichst 
lange auszuhalten u n d weiterzukämpfen. 

Arbeit, wenn auch nur mehr Dreiviertelarbeit, ist besser als 
keine. Abstinenzpolitik treiben heißt freiwillig die Waffen weg- 

n 



werfen. Das ist allmählich der beste Dienst für die Gegner. Es ist 
nach Thomas von Aquin nicht notwendig, jeweils alles zu sagen. Man 
darf auch zu vielem schweigen. Wichtig ist nur, daß das, was gesagt 
wird, in Ordnung geht." 

Nach dieser Norm handelte Eberle selbst gleich vielen andern katho- 
lischen Redakteuren und Verlegern mit seiner Zeitschrift: „Schönere Zu- 
kunft". Freilich muß er klagen: „Die Haltung der Schöneren Zukunft 
wurde weder früher noch jetzt von allen Lesern verstanden. Die Taktik 
konnte ja nicht in der Öffentlichkeit begründet werden. Das Blatt, 
das früher so kämpferisch und freimütig gewesen war, erschien ange- 
sichts des Schweigens zu manchen Vorgängen, des Verzichtes auf direkte 
Polemiken, etwas kleinlaut geworden. Weder das Inland noch viel weni- 
ger das Ausland hatten eine genaue Vorstellung von dem ungeheuren 
Druck, der im deutschen Gebiet auf der Presse lag. Erst die spätere 
M i 1 i t ä r z e n s u r in vielen Ländern während des Krieges ließ dann 
wohl manche Herrschaften ahnen, was es heißt, als Publizist unter einem ■ 
Diktator zu leben." 

Auch Aufklärung durch Flugschriften 
s V i e 1 w i e u n m ö g 1 i c h ! 

Diktator Nationalismus legte aber nicht bloß Zeitungen 
und Zeitschriften tausenderlei Fesseln an und Lasten auf, 
sondern unterband auch jegliche freie Meinungsäußerung im 
sonstigen Schrifttum, in Flugschriften, Flugblättern, 
Plakaten u. ä. 

Und wenn das eine oder andere Flugblatt, gedruckt oder hekto- 
graphiert, ,,s c h w a r z" erschien und mit Interesse von Hand zu 
Hand weitergegeben wurde (z.. B. der „Offene Brief" von ,, Michael 
Germanikus" an Goebbels wegen der Sittlichkeitsprozesse oder das 
Flugblatt: ,, Hakenkreuz oder Seelenheil", „mit Ratschlägen für gute 
Katholiken im Gewissenskonflikt"), dann war die Gestapo monate- 
lang fieberhaft auf der Suche nach Urhebern und Verbreitern und 
nahm ungezählte Spitzel und Provokateure dafür in Dienst. Und 
wehe, wenn nur e i n Schuldiger, ein Glied der Kette gefunden 
v/urdel Es folgten dann Verhaftungen, Erpressungen, Verurteilungen 
am laufenden Band. 

Auch bischöfliche Amtsblätter unter Zensur! 

Auch kirchliche Amtsblätter wurden auf jede Zeile geprüft 
und mußten der Polizei vorgelegt werden. Dazu kam, daß in jeder 
Druckerei ein ,, Spitzel" saß, ein Arbeiter oder ein Angestellter 
verpflichtet war, der Gestapo schon während des Setzens und 
Drückens Nachricht von allem zu geben, was erscheinen sollte. Die 
Beschlagnahme, zeitweilige Schließung und volle Enteignung 
mehrerer Druckereien wegen Herstellung der Enzyklika ,,Mit 
brennender Sorge" führte dazu, daß das Personal von Druckereien 
sich des öfteren in aller Form weigerte, eine Bischofspredigt oder 
ein bischöfliches Amtsblatt mit „gefährlichem Inhalt" zu setzen 
und zu drucken. 

12 



Ein hoher Zeuge der Unfreiheit: 

Kardinal Mundelein von Chicago hat richtig ge- 
sehen, wenn er in seiner Rede am 18. Mai 1937 in Quigley sagte: 

„Niemals vorher war die Kirche in Deutschland so hilflos, wie 
sie heute ist — nicht einmal in den Tagen des Kulturkampfes. Da- 
mals hatten sie die Zentrumspartei im Parlament; damals hatten sie 
eine katholische Presse. 

Heute hat die Kirche kein Sprachrohr. Wenn die 
Bischöfe sprechen, so werden ihre Worte übertönt von dem Spek- 
takel der fürchterlichen Propagandamaschine der Regierung." 

Auch die mündliche Aufklärung und Abwehr 

erschwert 

Jedes Wort von Mund zu Mund lief Gefahr, denunziert und 
als „Greuelpropaganda" oder ,, Heimtücke" verfolgt oder gar als 
„Wehrmachtszersetzung" mit dem Tode bestraft zu werden. 

Nochmals müssen wir Kardinal Munde.lein als Zeugen an- 
rufen. In seiner obengenannten, vom nationalsozialistischen Deutsch- 
land schwerstens angegriffenen Rede führte er auch aus: 

„Ihr werdet vielleicht fragen, wie eine Nation von sechzig 
Millionen Menschen, intelligenten Menschen, 
sich in Furcht und Knechtschaft einem Aus- 
länder unterwerfen kann, einem österreichi- 
schen Tapezierer, und — wie mir gesagt wird — einem 
schlechten dazu, und einigen Verbündeten, wie Goebbels 
und Göring, die in einer Zeit der Preissteigerung und Erhöhung 
der Lebenskosten einer ganzen Nation sagen können: ,Die Löhne 
können nicht erhöht werden.' 

Vielleicht könnten wir es verstehen, wenn wir in einem Lande 
leben v/ürden, in dem jede zweite Person ein Spion 
der Regierung ist, wo bewaffneteMächte in die 
Häuser dringen und private Bücher und Zei- 
tungen ohne gerichtliches Verfahren beschlag- 
nahmen, wo der Vater seinen Buben nicht mehr 
strafen kann aus Furcht, derselbekönnte ihn zvir 
Anzeige und ins Gefängnis bringen, wo persön- 
liche Ersparnisse und wertvolle Sicherheiten 
beschlagnahmt und verkauft werden, um den 
Goldvorratzuerhöhen. 

Vielleicht könnten wir es verstehen, wenn 
wir in einem Lande leben würden, in welchem 
Briefe geöffnet und gelesenwerden, wie man es 
in Kriegszeiten nur mit de'r Korrespondenz der 
Feinde mach t." 

13 



Sperrzonen im eigenen Land 

Ob dieser Knebelung der Presse und Bespitzelung des Brief- 
verkehrs und sogar der privaten Unterhaltung ward auch die Ver- 
ständigung zwischen den einzelnen Diözesen und Landesteilen 
immer schwieriger. Man wußte im Süden vielfach nicht, was im 
Norden oder Osten geschah. 

So berichtet der ehemalige Provinzial der Jesuiten, P. Rösch: 
„Als die bayerischen Klöster angegriffen wurden, übernahmen P, 
König und ich die Aufgabe, auch in diesem Kampf für die Bischöfe 
die Kurierdienste zu besorgen. Wir fuhren nach Berlin zum Nun- 
tius, zu Bischof von Preysing, zu Bischof Wiencken: Niemand wußte 
etwas vom bayerischen Klosterkampf. Von Berlin ging es nach 
Breslau — aber auch da war nichts bekannt. Anderseits erfuhren 
.wir hier erst, daß in der dortigen Erzdiözese über 60 Klöster und 
andere kirchliche Institute gefaßt worden waren. Davon hatte nie- 
mand im übrigen katholischen Deutschland eine Ahnung." 

Ähnlich war es mit der Beseitigung der Geisteskranken. Alles 
geschah heimlich, getarnt, verschwiegen und auf Umwegen. Um 
einigermaßen sichere Unterlagen für den Protest vqn Kardinal 
Faulhaber beim Reichs justizminister zu bekommen, mußte ein Mit- 
glied des Münchener Domkapitels nach Württemberg, Salzburg, 
Linz usw. reisen und einzelnen Fällen nachspüren, bei kirchlichen 
Stellen, in Pflegeanstalten, bei - Angehörigen von verstorbenen 
Pfleglingen nachforschen. 

Die Gestapo, so mächtig sie war und so gewalttätig sie zumeist 
vorging, suchte doch in vielem „das Gesicht zu wahren" und ge- 
traute sich für manches nicht die Verantwortung vor der Öffent- 
lichkeit zu übernehmen. Sie verbot den kirchlichen Behörden dies 
und jenes, verbot aber zugleich bekanntzugeben, daß das 
Verbot von ihr ausgehe, z. B. fügte die Staatspolizei Innsbruck 
ihrem Verbot „jeder religiösen Betreuung von Jugendlichen unter 
18 Jahren beiderlei Geschlechtes" die Bestimmung an: 

„Das Pfarrjugend- und Jugendkongregationsverbot darf vom 
Klerus in keiner Weise öffentlich verkündet oder behandelt werden, 
insbesonders nicht von der Kanzel. Es ist vielmehr den in Frage 
kommenden Jugendlichen mündlich in sachlicher Form zu eröffnen." 
(Siehe 1, Teil S. 187.). 

Auf das Dritte Reich konnte man wirklich das Bibelwort 
(2, Mos. 10,28) anwenden: „Tiefste Finsternis entstand in 
ganz Ägypten, drei Tage lan g". Freilich die deutsche 
Finsternis dauerte viel länger als die ägyptische: 12volleJahre, 
und dank Gestapoterror und Goebbels' Nachrichtenlenkung wurde 
die geistige „Verdunkelung" immer stärker, „so daß man sie greifen 
konnte" (10,21) und „keiner den andern sah" (10,23), erst recht 
keiner dem andern helfen konnte. 

14 



„Chinesische" Ma'uern um das Dritte Reich 

Noch mehr waren die Tore ins Ausland verrammelt und 
versperrt. Jegliche Korrespondenz dorthin wurde überwacht, jeg- 
liche Nachricht ausländischer Zeitungen oder privater Post nach 
der Quelle verfolgt. 

Kamen ausländische Korrespondenten ins Reich, 
so verbot die elementarste Klugheit, ihnen gegenüber den Mund auf- 
zumachen, weil man ja nie wußte, wie weit sie nicht von Regierung 
oder Gestapo geschickt und bezahlt waren, überhaupt nur ob ihrer 
Willfährigkeit gegenüber dem Nationalsozialismus hereingelassen, 
im Lande herumgeführt und gastfreundschaftlich behandelt wurden. 

Selbst private Äußerungen, die im Ausland gegenüber gut- 
gesinnten Personen gemacht wurden, liefen Gefahr, durch wohl- 
gemeintes Weitererzählen zu Ohren der Gestapospitzel zu kommen 
und nach ihrer Herkunft erforscht zu werden. 

Zwei Zangen für den Prediger 

Auf der Kanzel durfte über die meisten Dinge nichts ge- 
sagt werden, es begegnete trotz gegenteiliger Konkordatssicherung 
(Schlußprotokoll zu Artikel 32) selbst die Verkündigung mancher 
Glaubens- und Sittenlehre schon Schwierigkeiten. „Kanzel- 
paragraph" und „H e i m t ü c k e g e s e t z" waren zwei Zangen, 
die den Prediger umklammerten. 

W e h e s ch o n d em W i s s e n d e n ! 

Ja, es war im Dritten Reich schon gefährlich, auch nur ein 
Wissen um gewisse geheime Dinge zu offenbaren, z. B. durch 
eine Beschwerde bei einer Amtsstelle. Sofort wurde erpresserisch 
nachgeforscht, woher diese Kenntnis eines Amtsgeheimnisses, 
einer vertraulichen Anweisung, einer geheimen Gerichtsverhand- 
^iung über einen Parteiamtswalter oder ähnliches stamme, und 
§ 353b und c des Strafgesetzbuches' angewendet, der lautete: 

„Ein Beamter oder früherer Beamter, der unbefugt ein ihm bei Aus- 
übung seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheim- 
nis offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, 
wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bis 
zu zehn Jahren bestraft; hat der Täter mit der eingetretenen Gefähr- 
dung fahrlässig nicht gerechnet, so ist auf Gefängnis bis zu zwei Jahren 
oder auf Geldstrafe zu erkennen. 

Einem Beamten steht eine für eine Behörde tätige Person gleich, 
die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Dienstpflicht durch Hand- 
schlag oder zur Verschwiegenheit besonders verpflichtet worden ist. 
Der Versuch ist strafbar ... 

Wer, abgesehen von dem Fall des § 353b, unbefugt ein amtliches 
Schriftstück, das als geheim oder vertraulich bezeichnet worden ist, 
oder dessen wesentlichen Inhalt ganz oder zum Teil einem anderen 
mitteilt und, dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird 
mit Gefängnis bestraft. 

15 



Ebenso wird bestraft, wer unbefugt einem anderen eine Mitteilung 
weitergibt, zu deren Geiieimhaltung er von einer zuständigen Stelle 
besonders verpflichtet worden ist, und dadurch wichtige öffentliche 
Interessen gefährdet. 

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn 
Jahren ..." 

Verwertete also beispielsweise eine oberhirtliche Stelle ge- 
heime oder vertrauliche Amts- oder Parteianordnungen und -plane 
zu entsprechenden Weisungen oder Mitteilungen an, den Klerus, so 
riskierte sie 'durch diese Weitergabe eines „Amtsgeheimnisses" bis 
zu zehn Jahren Zuchthaus. Und trotz dieser Gefahr 
geschah es im Interesse von Klerus und Laien des öfteren. 

Widerstand in Festigkeit und Klugheit! 

Aber wenn auch Papst, Bischöfe und Priester ungeachtet aller 
Fesseln und Sperren, persönlicher und sachlicher Gefährdungen 
und übler Auswirkungen immer entschlossen waren, gegen Gott- 
widriges mit Johannesmut ein entschiedenes „Es ist dir nicht er- 
laubt" zu sprechen, dann war es doch oft noch eine Frage der 
Klugheit, wann und w i e sie dies tun sollten, phne gerade 
die gegenteilige Wirkung zu erreichen. Bei der ganzen Art des 
Terrors, der Rechtlosigkeit und Rücksichtslosigkeit, Gewissenlosig- 
keit und Hartherzigkeit des Nationalsozialismus war ja nur zu 
leicht Gefahr, daß von Widerstand und Protesten vielfach keine 
Besserung, sondern nur eine Verschlimmerung kam, 
daß z. B. bei Verwahrungen gegen die Mißhandlung einzelner Ge- 
fangener nur um so strenger und unbarmherziger gegen sie vor- 
gegangen wurde. Richter und Gestapobeamte des Dritten Reiches 
ließen tatsächlich nicht selten Schritte, die für eines ihrer Opfer 
getan wurden, eben dieses Opfer büßen, verurteilten oder behan- 
delten es noch härter, ließen es auch nach Verbüßung der Gefäng- 
nisstrafe nicht frei, sondern schickten es ins Konzentrationslager. 

Demoristrationen boten der Staatspolizei willkommenen 
Anlaß zu Verschärfungen der Vorschriften und zu allgemeinen 
Terrorakten gegenüber Personen, Vereinigungen, Kirchen. 

Darum mußte z. B. Kardinal Faulhaber nach der Verhaftung von 
P. Rupert Mayer S. J. (1937) eindringlichst vor Kundgebungen und 
Äußerungen des Unwillens warnen. „Wir könnten der Staatspolizei 
keinen größeren Gefallen tun, als ihr Gelegenheit geben, mit Gummi- 
Icnütteln und Verhaftun^sausweisen gegen die katholischen Männer von 
München aufzutreten in ihrem Haß gegen alles Katholische, der größer 
ist als der Haß gegen den Bolschewismus." 

,,Amboß, nicht Hammer!" 

So hat auch Bischof Clemens August von Galen, Münster, 
der doch anerkanntermaßen einer der mutigsten Vorkämpfer der 
katholischen Kirche war, in seiner Predigt vom 20. Juli 1941 die 
Weisung christlichen Duldens und Gehorch ens gegeben. 

16 



„Wir Christen m a ch e n' k e i n e Revolution. Wir 
werden weiter treu unsere Pflicht tun im Gehorsam gegen Gott 
und aus Liebe zu unserem Vollce und Vaterland. Gegen den Feind 
im Innern ' bleibt nur e i n Kampfmittel: Starkes, zähes, 
hartes Durchhalten. Hart werden! Fest bleiben! 
Wir sind in diesem Augenblick nicht Hammer, 
sondern Amboß. Aber seht einmal zu in der Schmiede, fragt 
den Schmiedmeister und laßt es euch von ihm sagen: Was auf dem 
Amboß geschmiedet wird, erhält seine Form nicht nur vom Ham- 
mer, sondern auch vom Amboß. Der Amboß kann nicht und 
braucht auch nicht zurückzuschlagen, er muß nur 
fest, nur hart sein! Wenn er hinreichend zäh, fest, hart ist, 
dann hält meistens der Amboß länger als der 
Hammer. Wie heftig auch der Hammer zuschlägt, der Amboß 
steht in ruhiger Festigkeit da und wird noch lange dazu dienen, 
das zu formen, was neu geschmiedet wird." 

Blind, taub oder stumm? 

Freilich sagt inan jetzt: In einem Punkt hätte es in Deutsch- 
land und insbesdnders bei den Kirchen Deutschlands nie beim 
bloßen passiven Widerstand, beim bloßen ,,Amboß- 
s e i n" oder gar beim , .Blindsein" und ,, Täubsein" und ,, Stumm- 
sein" bleiben dürfen: Gegenüber all den Scheußlich- 
keiten undUnmenschlichkeiten in den Konzen- 
trationslagern und besetzten Gebieten, gegenüber 
all dem geradezu Dämonischen, was nach den sicheren Ermitt- 
lungen der Prozesse in Belsen, Dachau, Nürnberg u. ä. innerhalb 
und außerhalb der Grenzen Deutschlands geschah. Hier hätte das 
ganze deutsche Volk sich zornig und entsetzt aufbäumen 
müssen. Hiegegen hätten vor allem katholische und evangelische 
Kirche einmütig und todesmutig auftreten müssen. 

,,Jedes schweigende Mit wissen machte hier zum 

Mitschuldigen" 

,,W a s siehst du den Gottlosen zu und schweigst, 
wenn Böse die B e sseren verschli ng e n ?" (Hab. 1,13) . 

.,D i e Wächter sind. blind und nehmen allesamt 
nichts wahr! Sie alle sind stumme Hunde und 
können nicht b eil e n !" (Is. 56,10) 

Aber die Frage ist: 

War denn im Dritten Reich alles wahrzunehmen, was an Unrecht 

geschah? 

Drang auch nur ein größerer Bruchteil an die Öffentlich- 
keit von den entsetzlichen Greueln in Konzentrationslagern, von 
dem Elend deportierter . Zwangsarbeiter, von dem Massensterben 
auf Gefangenentransporten, von den Unmenschlichkeiten bei Ver- 

17 



nehmungen, von den Grausamkeiten in besetzten Gebieten, von 
dem Sadismus der Wachleute usf.? 

Wir werden in den nachfolgenden Kapiteln sehen, wie mutig 
und entschieden Päpste, Bischöfe und Priester gegen jedes Unrecht, 
von dem sie erfuhren, protestierten, in diplomatischen Noten, in 
gemeinsamen und einzelnen Hirtenbriefen, in flammenden Predig- 
ten, in ausführlichen Denkschriften u. ä. Das legt schon im vor- 
hinein die Vermutung nahe, daß sie gegen obengenannte Greuel 
nur deswegen keine Vorstellungen erhoben, weil sie eben davon 
keine Kenntnis hatten. Und ebensowenig oder noch weniger 
wußten andere Leute von diesen Missetaten. 

Dies läßt sich im einzelnen noch näher begründen und erweisen: 

Acht Jahre lang habe ich alles gesammelt, was an national- 
sozialistischen Gesetzen, Verordnungen, Polizeimaßnahmen, Nach- 
richten über Ungerechtigkeiten, Gewalttätigkeiten, Schändlich- 
keiten, Verbrechen, Gotteslästerungen, Kirchenverfolgung, Mord 
usw. zu erfahren war. Hunderte von Seiten des eingangs erwähnten, 
im Jahre 1940 erschienenen Buches „The persecution of the 
catholic church" stammen aus meiner Sammlung. Um so beweis- 
kräftiger mag es sein, wenn ich versichere: ,,Uber Greuel in den 
Konzentrationslagern und über Verbrechen in den besetzten Ge- 
bieten konnte ich soviel wie nichts erfahren und weiterberichten." 

Ich kam im Konzentrationslager Dachau mit Engländern 
(Stevens, Mac Grath), mit Franzosen (Bischof Gabriel Piguet 
von Clermont-Ferrand, General Delestraint), mit Italienern 
(z. B. General Santo Garibaldi, Colonello Ferrero, Minister Cini 
und Tamburini u. a.), mit Holländern (ehem. Kriegsminister 
van Dyk), Belgiern (Louis), Polen (Graf Zamoiski), Nor- 
wegern (Byörn Hanson, Schiffsreedereibesitzer, Klaveness), Bul- 
garen (Redakteur Tomalesky), Jugoslaven (Popovic) und 
anderen Ausländern zusammen. Die meisten konnten uns nur 
weniges berichten, vielfach nur, wie es ihnen selbst im Gefängnis 
und in anderen Lagern gegangen war; über Geschehnisse in ihrem 
Lande sprachen sie sehr wenig. Bischof Piguet berichtete uns 
meines Erinnerns nur die. traurige Tatsache, daß von einem Trans- 
port von zirka 2000 Franzosen, der im heißesten Sommer bei ver- 
schlossenen Fenstern von Compiegne nach Dachau ging, nuf etwa 
800 in Dachau lebend angekommen seien. Oberst Ferrero er- 
zählte uns von Repressalien, die gegen seine eigene Familie in 
Italien ergriffen worden seien, und davon, daß in . Triest aus den 
Leichen ^er Hingerichteten Seifen bereitet worden seien. Ein 
.anderer Italiener, Tamburini, schilderte uns die fürchterliche Rache, 
welche die SS trotz aller gegenteiligen Versprechen an einem Dorfe 
bei Arezzo nahm, als ein paar SS-Leute von fremden Partisanen 
(also nicht von Dorfleuten) erschossen bzw. verwundet worden 
waren. Das war im großen und ganzen so ziemlich alles, was uns 
diese Angehörigen der von den Deutschen besetzten Länder an 

18 



Untaten größeren Maßstabes berichteten; und sie hätten uns gewiß 
mehr erzählt, wenn sie selbst mehr gewußt hätten; denn sie wuß- 
ten, daß sie uns, c^ie Wir gerade wegen unserer antinazistischen Ge- 
sinnung und Betätigung gefangen waren und ihnen Gutes taten, 
wo und wie es ging, voll vertrauen konnten. 

Ich darf also wohl die Schlußfolgerung ziehen: „Wenn w i r 
trotz dieser guten Beziehungen zu den verschiedensten Ausländern 
so wenig von den Greueln in den Okkupationsländern erfuhren, 
wieviel weniger werden die Leute außerhalb des Lagers 
davon gehört haben!" 

Schweigen über das Konzentrationslager 

Ähnlich erging es> uns übrigens bezüglich der Vorgänge im 
Konzentrationslager selbst. Auch da wurde ängstlich 
darauf geschaut, daß möglichst viel geheim blieb. Und jeder, der 
entlassen wurde, mußte einen Revers unterschreiben, daß er über 
das Lager nichts aussage. So ist es verständlich, daß vor meiner 
Verhaftung im Jahre 1941 recht wohl einige wenige aus dem Kon- 
zentrationslager Entlassene zu mir ins Büro kamen, aber nicht um 
Informationen zu geben, sondern fast durchwegs nur, um eine 
Unterstützung zu erhalten. Man merkte, wie ihnen jede Frage nach 
den Verhältnissen und Erlebnissen im Lager unangenehm war. Man 
war aber auch selbst in Verlegenheit, wenn einzelne von sich aus 
etwas zu erzählen begannen. Wußte man ja nicht, ob sie nicht von 
der Gestapo aus als Spitzel geschickt wurden. Der Gestapo war 
ja kein Mittel !zu schlecht, um Mißliebige in ihr Netz zu bekommen 
und wie Freiwild zu erlegen. 

Neben dem tragischen Fall des Generalvikars von Innsbruck, 
Msgr. Lambert (s. I. Teil, S. 82), mag dies nachfolgender Brief, 
den ich am 12. 11. 1935 erhielt, beleucljten: 

„Sehr geehrter Herr Prälat! 

- Diese Zeilen schreibt ein Mensch, dem von »höchsten' Stellen 
Großes genommen wurde und der deshalb gewillt ist, auszuwandern. 

Bevor er das tut, möchte er der katholischen Kirche Mitteilung 
von ;fntimitäten ,höchster Stellen und der Führerstelle' machen, die 
für eine Geschichtsschreibung und für andere Zwecke sehr dienstbar 
zu machen sind. Denn diese Dinge, die nur ich weiß und die ich mit 
Photographien belegen kann, werden die Nachwelt und 'die heutige 
Bevölkerung Deutschlands veranlassen, die ,Führung' zu verfluchen 
und zu verdammen wegen der Moralität dieser Menschen. 

,Ich werde mir gestatten, Sie, Herr Prälat, in diesen Tagen ein- 
mal anzurufen unter der Namensnennung ,Muckermann' und bitte 
dann kurz um Mitteilung, ob Sie für diese Dinge Interesse haben. 

Als Gegenleistung verlange ich RM. 6000. — , die ich nur verwenden 
will für meine in Deutschland ihre letzten Tage verlebende Mutter. 
Sie soll einen gesicherten Lebensabend haben. 

Da Sie beim SD, Dienst der SS und bei anderen Stellen mit ein 
gehaßter Mann sind, liegt es auch in Ihrem Interesse, wenn Sie diesen 
Brief nach Kenntnisnahme verbreiJiuen. 

19 



Wenn ich' diesen Brief mit Maschine schreibe und keinen Namen 
nenne, so bitte ich dies wegen der Unsicherheit, mit der heute Briefe 
an Stellen wie Sie behandelt werden, zu entschuldigen." 

Da ich natürlich Grund hatte, zu vermuten, daß der Brief 
mit Wissen und Willen der Polizei als Lockspeise gesandt sei, über- 
gab ich ihn sofort der Polizei. Und der Erfolg? „Muckermann" 
meldete sich daraufhin nicht mehr! Die Falle hatte nicht geklappt. 

Angesichts solcher Spitzelgefahr hätte man also Nachrichten 
über Dachau und ähnliches eigentlich nur von ganz verlässigen 
Bekannten entgegennehmen können. Solche gab es aber im 
kleinen Kreis verhältnismäßig nur wenige, erst recht ganz wenige, 
die nach kürzerer Zeit wieder aus einem Lager herauskamen. Und 
schließlich waren auch diese v/enigen sehr vorsichtig und zurück- 
haltend im Erzählen, weil sie eben fürchteten, es könnte ihr Bericht 
irgendwie weitererzählt oder seitens der bischöflichen Behörde zu 
einer Beschwerde benützt und ihnen dann verhängnisvoll werden. 
Jeder wußte, was er bei der Entlassung aus dem Lager hatte unter- 
schreiben müssen. Und selbst wenn er sich über diese erpreßte 
Schweigepflicht unschwer hätte hinwegsetzen können, so sperrte 
ihm doch die Besorgnis, in die „Hölle von Dachau wieder zurück- 
zukommen", den Mund. 

Ein hoher Kirchenfürst sagte mir erst vor wenigen Tagen, daß 
er des öftern einen Priester F., der im Kz. gewesen sei, im 
Krankenhaus besucht habe. Aber wenn er nur ein Weniges bezüg- 
lich des Kz. gefragt hätte, wäre der Häftling immer in Angst ge- 
raten und hätte gesagt: „Ich darf und kann darüber nichts sagen." 

Der Brotfahrer B r a n d 1 von der Bäckerei HuUer in München 
wurde von einer Bekannten wiederholt gebeten, ihr doch zu sagen, 
wie es in Dachau ausschaue. Er antwortete nur kurz: „Frau E., ich 
will nicht nochmals nach Dachau. Ich kann es Ihnen mit bestem 
V/illen nicht sagen." 

Dr. Hans v. B o m h a r d, Chirurg an der ,,Deckerschen Klinik" 
iii München, bezeugt unter dem 7. Februar 1946: 

,, Mehrere Patienten meiner Sprechstunde, welche ich nach 
ihrer Entlassung aus dem Kz. eindringlich über die dortigen . 
Zustände befragt habe, verweigerten mir strikte jede 
noch so g*eringfügige Auskunft mit dem Hinweis, 
daß dies sonst für sie üble Folgen hätte." 

Ein österreichischer Pfarrer, der nach seiner Ent- 
lassung aus Dachau zu Hause erzählt hatte, daß ein benachbarter 
Geistlicher die berüchtigten 25 Stockschläge ei-halten hätte, mußte 
es schwer büßen; die Gestapo bekam Kenntnis von dieser Nach- 
richt — und der Pfarrer kam wieder ins Kz, 

Am 15. August 1945 berichtete mir Graf Spreti, daß er 
von 1935 bis 1938 in Indien gewesen sei und dort auch Juden 
getroffen habe, die in Dachau waren. Selbst so weit außer Schuß, 

20 



hätten sich diese größtenteils noch nicht Näheres über Dachau zu 
erzählen getraut. So groß war selbst noch im fernsten Ausland die 
Angst, von Geheimspitzeln der Gestapo verfolgt zu sein und da- 
durch entweder sich selbst oder die zu Haus gebliebenen An- 
gehörigen in Gefahr zu bringen. 

Man braucht ja schließlich nur an den Fall des Oberregierungs- 
rates Frommknecht von München zu denken, um mit solcher 
Möglichkeit zu rechnen. Er hatte sich in Sizilien gegenüber zwei 
Holländerinnen offener über die kirchenfeindliche Haltung des 
Nationalsozialismus ausgelassen. Die Damen erzählten dies ohne 
Arg und böse Absicht weiter, die Gestapo erfuhr davon, ging der 
Quelle nach, fand Frommknecht als JErsterzähler heraus, nahm ihn 
gefangen und ließ ihn schwer verurteilen. 

„V ernebelung" des Konzentrationslagei's 

Wie gut es übrigens der Lagerleitung in Dachau gelang, vieles 
geheimzuhalten, mag aus Nachfolgendem hervorgehen: Der Jesuiten- 
pater Lenz aus Linz wollte gelegentlich des im November- 
Dezember 1945 geführten Dachauer Prozesses ein paar Tage nach 
seiner Zeugenvernehmung dem amerikanischen Gericht eine schrift- 
liche Erklärung folgenden Inhalts abgeben, die er mir selbst zur 
Begutachtung vorlegte: „Ich war an die sieben Jahre in verschie- 
denen Konzentrationslagern. Und ich glaubte offene Augen gehabt 
und alles beobachtet zu haben, was vorging. Aber der Prozeß hat 
mir jetzt Dinge enthüllt, von denen ich keine Ahnung hatte, z. B. 
die Abnahme von Menschenhaut, um daraus Handschuhe, Lampen- 
schirme u. ä. für die SS anzufertigen, Ist es da zu verwundern, 
wenn man außerhalb des Lagers von diesen und anderen 
Dingen keine Kenntnis, ja nicht einmal eine Ahnung hatte? Wäre 
es also nicht ein Unrecht, das ganze deutsche Volk für die Scheuß- 
lichkeiten und Verbrechen verantwortlich zu machen?" 

Auch ichselbst hörte im Lager kein Wort von dieser Schän- 
dung von Leichen. Aber selbst wenn man im Lager von diesem und 
jenem „Unerhörten" hörte, wußte man nicht immer leicht zu, ent- 
scheiden, ob es Wahrheit oder bloße Lagerparole, sogenanntes 
„Latrinengerücht" war. 

Ich konnte z. B. bis heute noch nicht Sicherheit darüber ge- 
winnen, ob von dem berüchtigten Dr. Rascher in Dachau auch 
Versuche mit Beinabreißen gemacht wurden. Zunächst glaubte 
ich, dies wirklich als Tatsache hinnehmen zu müssen, da die Quelle 
und die besonderen Umstände der Mitteilung sehr für ihre Wahr- 
heit sprachen, so unglaublich die Sache selbst an sich war. Mit uns 
war nämlich eine Zeitlang SS-Hauptsturmführer Osterhus als 
Gefangener im Bunker. Nach seiner Entlassung kam^ er noch ein 
paarmal zu uns. Dabei erzählte er einmal, daß er im Gefängnis der 
SS-Kaserne in Fi^eimann Dr. Rascher getroffen und sehr nieder- 
geschlagen gefunden hätte. Rascher hätte ihm gesagt, er fürchte, 
von Himmler „liquidiert" zu werden, weil er die von Himmler 

21 



kommandierten Versuche mit Phlegmoneansteckung, Kaltwasser, 
Beinabreißen usw nicht mehr weitermachen wolle. Ich machte so- 
fort die Zwischenbemerkung: „Was soll denn das mit dem B e i n - 
abreißen sein? Davon haben wir ja bisher noch nichts gehört." 
Osterhus antwortete: „Nun daß durch eine besondere maschi- 
nelle Vorrichtung Beine abgerissen und Knochen abgebrochen 
wurden, um zu sehen, welche Wunden dabei entstünden und wie 
sie am besiten geheilt würden." Ich fragte später wiederholt einen 
Gefangenen, der viel im Lager, herumkam, Wilhelm V i s i n t a i - 
n e r, genannt „Kohlenklau", ob denn tatsächlich solche Versuche 
gemacht worden seien. Visintainer bejahte es und sprach 
des näheren von einer Maschine, die ruckweise gearbeitet hätte. 
Dr. Rascher selbst hätte ihm erklärt, daß er diese Versuche im 
Auftrage von Himmler vornehme, um neue Heilverfahren für solche 
Verletzungen und Brüche bei der Wehrmacht ausfindig zu machen. 
Er (Visintainer) selbst hätte zweimal solche Versuche gesehen, als er 
im Garten der Versuchsstation gearbeitet hätte. Die Chefärzte des 
Kz hätten freilich davon nichts gewußt, hätten überhaupt ohne 
besondere Erlaubnis von Himmler keinen Zutritt zur Versuchs- 
station gehabt. So sagte Visintainer auch beim Dachauer Prozess 
als Zeuge aus. Andere Häftlinge aber (Ullmann, Lenz, Carls), die 
ich ebenfalls nach der Tatsächlichkeit dieser Versuche fragte, die 
sogar im Revier tätig waren, also am ehesten etwas davon wissen 
konnten, hatten keine Kenntnis davon, hielten die Sache überhaupt 
für unwahrscheinlich. Was stimmt nun? Wer hätte sich von die- 
sen Versuchen außerhalb des Lagers zu reden getraut? Hätte eine 
kirchliche Behörde, wenn sie je davon erfahren hätte, trotz dieses 
Widerspruches einen amtlichen Schritt tun können? 

Wie man im Lager auch" sonst selbst „Ungefährliches" absolut 
geheimzuhalten suchte, mag daraus hervorgehen, daß man in den 
ersten Monaten von uns drei ersten Sonderhäftlingen 
(Pastor Niemöller. Dr. Hock und Verfasser) nichts bekanntwerden 
lassen wollte. Zu Untersuchungen ins Revier wurden wir trotz 
unserer* vollen Gesundheit in vollständig mit Decken geschlossenen 
Krankenwägen gefahren, • kein Gefangener durfte in der be- 
treffenden Abteilung des Reviers sein, wo wir vom Arzt und Zahn- 
arzt untersucht wurden. Wir wurden in den Kartotheken des Re- 
viers nur mit Anfangsbuchstaben oder Decknamen geführt. 

Wir waren zuerst an der Stirnseite des langen Bunkerbaues 
untergebracht. Schon ein paar Wochen hernach wurden wir ans 
äußerste Ende verlegt, weil man fürchtete, daß wir am Eingang des 
Bunkers zu viel sähen. Und so oft im Nachbarhof Erhängungen 
geschahen, mußten wir vom Hofe herein und wurden in den sonst 
geöffneten Zellen eingeschlossen. Dabei war gar keine Gefahr, daß 
wir von der Erhängung etwas gesehen hätten; denn es war zwischen 
den zwei Höfen eine hohe Mauer. Aber wir sollten eben gar keine 
Ahnung von solchen Geschehnissen haben, erst recht nichts davon 
weitergeben können. 

22 



Die Krematoriumskommandos, die an den Leichen 
sahen, wer ,, liquidiert" worden war und wie grausam manche ent- 
stellt waren, wurden von den anderen Häftlingen vollständig ab- 
gesondert, damit sie ja nichts weitererzählen konnten. Sie wu?:den 
außerhalb des allgemeinen Lagers im sogenajnnten „Bunker" separat 
untergebracht, jeden Morgen dort von einem SS-Mann abgeholt 
und abends wieder dorthin gebracht und, wenn ihr Wissen im 
Laufe von einigen Monaten gar zu reich geworden war, ebenfalls 
„liquidiert". 

Auch im Bunker selbst bekamen einzelne Gefangene zur Ver- 
heimlichung ihrer Persönlichkeit ,, Decknamen", z. B. der Engländer 
Stevens, der am 10. November 1939 zusammen mit M. Best von' 
SS über die holländische Grenze geschleppt worden war; er durfte 
im Lager nur der Herr „Fuchs" sein. Der berüchtigte Bürger- 
bräu'attentäter, Schreinergeselle Eiser, hieß für das Lager 
nur Eller. Und es wäre uns wohl nicht gut bekommen, wenn wir 
verraten hätten, daß wir recht wohl wußten, welches sein wahrer 
Name war und wer hinter ihm steckte. Als man keine Aussicht 
mehr hatte, ihn zu einem Schauprozeß gegen den Secret Service 
von England verwerten zu können, mußte er, der über fünf Jahre 
lang ,,auf besondere Anordnung des Führers" bevorzugt behandelt 
worden war, nach Ostern 1945 auf einmal vom Abendtisch weg für 
immer „verschwinden". 

Im Intejesse der absoluten Geheimhaltung gewisser Dinge und 
Vorfälle im Lager wollte die Gestapo sogar auf die Durchführung 
von Prozessen verzichten. Ein gutgesinnter Staatsanwalt in 
München gab uns im Jahre 1939 den Wink, den Geistlichen zu raten, 
falls sie ihrer Sache sicher seien, unbedingt den Wahrheitsbeweis 
anzubieten, z. B. für Behauptungen, die sie über irgendwelche 
Greuel oder Ungerechtigkeiten gemacht hätten. In diesem Falle 
dürfte der Prozeß nicht ohne spezielle Erlaubnis des Justizministe- 
riums durchgeführt werden. Dies wurde auch im November des 
Jahres 1945 bei der Vernehmung des ehemaligen Gestapobeamten 
Hollweck bezüglich des Falles Muhler bestätigt. Hollweck erklärte: 

„In der Sache Dr. Muljiiler haben langwierige Verhandlungen mit 
Dr. Muhler und Dr. Warmuth stattgefunden, ob der Wahrheitsbeweis 
angetreten werden sollte oder nicht, Muhler wollte es, sein Verteidiger 
Warmuth hat das abgelehnt. Wenn der Wahrheitsbeweis angetreten 
worden wäre, hätten wir Schwierigkeiten bekommen; es waren damals 
schon Greueltaten in Dachau vorgekommen und unsere Vorgesetzten 
wollten deshalb nicht, daß der Wahrheitsbeweis angetreten wird." 

Freilich hätte ein Verzicht auf den Prozeß noch lange nicht 
Straffreiheit bedeutet; statt eines Gerichtsurteils oder Gefängnisses 
wäre das Kz. um so sicherer gewesen. 

Auch durch die sogenannten Arbeitskommandos, die 
in den letzten Jahren immer mehr in Rüstungsbetrieben eingesetzt 
wurden und da auch mit Zivilleuten in Berührung kamen, drang 
weniges aus den Lagern an die Öffentlichkeit; denn die Häftlinge 

23 



wußten, daß sie sehr vorsichtig sein mußten, weil doch in jedem 
Betrieb ,, Spitzel" waren, abgesehen davon, daß sie auch daran 
dachten, daß auch ein wohlgemeintes Weiterverbreiten von Be- 
richten durch die Zivilleute leicht zu einer Katastrophe für sie, die 
Häftlinge, werden konnte. 

So war ja auch ich selbst im Februar 1941 nicht wegen eige- 
n e r Weitergabe von Nachrichten ins Ausland verhaftet worden, 
sondern nur, weil eine andere Person etwas mir nie Genanntes 
an das katholische Presse-Büro in Breda-Holland gemeldet und an- 
geblich sich zum Erweis der Verläßlichkeit der Nachricht auf mich 
berufen haben soll. 

Mißglückte Aufklärung über Dachau 

Dachauberichte waren erst recht verfemt. Eine Nummer des 
Eisturnsblattes von Speyer, ,, Der christliche Pilger", wurde im Jahre 
1937 beschlagnahmt, als darin ein Artikel ,, Häftling von Dachau" 
erschien. 

Zvv^ei katholische geistliche Häftlinge von Dachau, Caritasdirektor 
Carls von Wuppertal-Elberfeld und Rektor Theissen-Aachen, mußten 
es schwer entgelten, als sie etwa im Jahre 1943 versuchten, Nach- 
richten bezüglich der Versuche von Professor Schilling (Malaria- 
ansteckung) und Dr. Rascher (Phlegmoneansteckung u. ä.) aus dem 
Lager bringen zu lassen. Der Brief wurde aufgefangen und beide 
Geistliche wurden schwer bestraft: Carls als Verfasser des Briefes 
wurde trotz schwerer Zuckerkrankheit zweimal wochenlang in den 
Bunker gesperrt; Rektor Theissen, der aus der Schreibstube des 
Reviers die statistischen Angaben angefertigt hatte, kam drei Wo- 
chen in Dunkelzelle und „Stehbunker". Und was noch schlimmer 
war, sämtliche geistliche Häftlinge wurden auf Be- 
fehl der Gestapo Berlin aus allen wichtigen Stellungen 
des Lagers, aus den Schreibstuben, aus dem Revier, kurz aus allen 
Plätzen, wo sie etwa Einblick in die Lagerverhältnisse bekommen 
konnten, entfernt. Die Entfernung aus dem Revier hatte die miß- 
liche Folge, daß den Kranken die von nicht wenigen gewünschte 
tägliche heilige Kommunion, den Schwerkranken nicht einmal mehr 
die heiligen Sterbsakramente gespendet und der letzte Beistand 
geleistet werden konnten. Der Versuch der Information der Außen- 
welt mußte also teuer bezahlt werden. 

So ähnlich war die Lage in manchen Fällen: Es mußte ernst- 
lich überlegt werden, ob die mißlichen Folgen von Gegen- 
vorstellungen und Gegenmaßnahmen nicht größer waren als viel- 
leicht zu erwartende Vorteile. Es mußte darauf geachtet wer- 
den, daß die verlogene, mächtige Propaganda von Reich und Partei 
es nicht zu leicht hatte, die Schuld für neue Spannungen oder 
gar für einen vollen Bruch ganz der Kirche zuzuschieben. Es 
mußte auch geprüft werden, ob der Zeitpunkt und Anlaß zu einem 
Appell an das ganze katholische Volk geeignet war, es in seiner 

24 ' ■ 



Mehrheit mitzureißen. Nur wer all diese Momente unparteiisch, 
unvoreingenommen und leidenschaftslos beachtet, wird den tat- 
sächlichen Widerstand kirchlicher Obrigkeiten und weiter kirch- 
licher Kreise gerecht beurteilen können. 

Selbstverständlich soll und will damit nicht gesagt sein, daß 
in jedem Fall und von jedermann immer der allein rich- 
tige Standpunkt gewahrt, der nötige Abstand gehalten, der ge- 
nügende Widerstand geleistet worden ist. Menschen sind eben nicht 
unfehlbar. Was im einzelnen Stadium des Kampfes das Richtige 
war oder gewesen wäre, ob öffentliches Protestieren und offenes 
Kämpfen oder stilles Arbeiten und geduldiges Schweigen, ob 
Christus selbst da und "dort gegen den Antichrist „National- 
sozialismus" laute Klage erhoben hätte wie gegen Pharisäer und 
Sadduzäer (Mt. 23; Jo. 7 und 8 usf.), oder ob er auch da des öftern 
geschwiegen hätte wie vor Herodes und teilweise auch vor Pilatus, 
wir wissen es nicht. Wir kurzsichtige Menschen wollen darurn 
nicht vorschnell Ankläger und Richter über solche spielen, die es 
mit Kirche und Volk gut und ehrlich meinten und gern bereit 
waren, ihr eigen Gut und Blut zu opfern. Selbstverständlich soll 
damit nicht eine ^ehrliche Überprüfung eigenen und fremden 
Redens und Tuns abgewiesen, erst recht nicht dem Urteil der 
Geschichte vorgegrilTen werden. 

Denen aber, die außerhalb der Feuerzone des Kampfes standen 
und draußen seelenruhig die Nachrichten über den Kampf der 
Kirchen im Dritten Reich entgegennahmen und mehr oder minder 
übel kommentierten, darf vielleicht gesagt werden: ,,Habt Ihr eine 
Ahnung, wieviel Mut, Opfergeist und Einsatzbereitschaft dazu ge- 
hörte, Euch diese Informationen antinazistischen Inhalts zukommen- 
zulassen?" 

Das eingangs erwähnte Buch „Die Verfolgung der katholischen 
Kirche im Dritten Reich" zählt weit über 500 Seiten im Kleindruck 
und enthält eine Unmenge von Dokumenten und Tatsachenberichten. 
Wohl wenige können ermessen, wie oft Geistliche und 
Laien wortwörtlich ihren Kopf riskierten, um all 
dieses ,, staatsgefährliche" Material auf verschiedensten Wegen dem • 
Ausland zur Kenntnis zu bringen. Wieviele haben ob solcher Auf- 
klärungsarbeit tatsächlich Freiheit und Leben verloren! 

Wir haben Achtung vor den Soldaten, die ihr Leben einsetzten 
in schweren Gefechten. Ich glaube: Wir müssen auch Achtung 
haben vor diesen stillen Kämpfern im Lande, die während eines 
zwölfjährigen Krieges gegen einen unerbittlichen und grausamen 
Feind im Innern des Reiches ihr Leben einsetzten für die Rechte 
Gottes und der Menschen, für Wahrheit und Gerechtigkeit, für 
Freiheit des Volkes und der Kirche, für Überwindung von Tyrannis 
und Gottlosigkeit. 

Abschließend darf wohl gesagt werden: 

Mag auch vielen vorgehalten werden müssen, daß sie im 
Kampfe nicht bis aufs Blut widerstanden haben (Hebr. 12,4), so ist 

25 



doch in die Annalen fast jeden Tages dieser zwölf Jahre geradezu 
mit Biut eingeschrieben: 

„Der Widerstand war da!" 

Und mit Märtyrerblut ist auf viele Blätter der Geschichte der 
katholischen Kirche Deutschlands in diesen zwölf Jahren 
geschrieben: 

„Der Widerstand war auch kirchlicherseits da!" 

* 

B. Kraftzentren des kirchlichen Widerstandes. 

' ' 1. Der Fels Petri. 

Am mächtigsten war katholischerseits die Gegenwehr gegen 
den antichristlichen Nationalsozialismus an der höchsten Stelle der 
katholischen Kirche, am Felsen Petri. Freilich versuchte der 
Hl. Stuhl zunächst die schlimmen Geister des Nationalsozialismus 
mit einer „feierlichen Übereinkunft" zu bändigen. 

Reichskonkordat vom 2 0. Juli 193 3, 
ratifiziert am 10. September 1933 

Die Gründe für diesen Versuch gab der Hl. Vater Pius XII. 
selbst in seiner Ansprache an das Kardinalskollegium am 2. Juni 1945 
bekannt: 

„Solange noch nicht jeder Hoffnungsschimmer geschwunden war, ' 
daß jene Bewegung eine andere und weniger verderbliche Richtung 
einschlagen könne — sei es durch Einlenken ihrer gemäßigteren Ver- 
treter, sei es durch tatkräftigen Widersand des nicht einverstandenen 
Teiles des deutschen Volkes — , solange tat die Kirche, was in ihrer 
Macht lag, um dem , Überhandnehmen jener ebenso zerstörerischen 
wie gewalttätigen Lehren einen starken Damm entgegenzusetzen. 

Im Frühjahr 1933 ersuchte die deutsche Regierung den 
Hl. Stuhl um den Abschluß eines Konkordats mit dem Reich; der 
Gedanke fand die Zustimmung auch des Episkopats und wenigstens des 
größeren Teiles der deutschen Katholiken. Tatsächlich schienen weder 
die mit einzelnen Ländern bereits .abgeschlossenen Sonderkonkordate 
noch die Weimarer Verfassung ihnen genügend Sicherung und Gewähr 
zu bieten für die Achtung ihrer Überzeugungen, ihres Glaubens, ihrer 
Rechte und ihrer Betätigungsfreiheit. Unter solchen Umständen konn- 
ten diese Sicherungen nur erreicht werden durch eine Abmachung mit 
der Reichsregierung in der feierlichen Form eines Konkordats. Da zu- 
dem sie selbst den Vorschlag gemacht hatte, wäre im Fall der 
Ablehnung die Verantwortung für alle üblen Folgen 
aufden Hl, Stuhlzurückgefallen. 

Nicht als ob die Kirche ihrerseits sich von übertriebenen Hoffnun- 
gen hätte täuschen lassen, auch nicht, als ob sie mit Abschluß 
des Konkor d-a ts die Lehre und die Ziele des National- 
sozialismus hätte gutheißen wollen, wie damals ausdrück- 
lich erklärt und dargelegt wurde (vgl. „L'Osservatore Romano" Nr. 174 
vom 2. Juli 1933). Immerhin muß man zugeben, daß das Konkordat in 
den folgenden Jahren verschiedene Vorteile brachte oder wenigstens 

26 



größeres Unheil verhütete. Trotz aller Verletzungen, denen 
es ausgesetzt war, ließ das Konkordat tatsächlich den Katholiken doch 
eine rechtliche Verteidigungsgrundlage, eine Stellung, in 
der sie sich verschanzen konnten, um von da aus, solange es ihnen mög- 
lich war, der ständig steigenden Flut der religiösen Verfolgung sich zu 
erwehren. ... 

. . . Inzwischen vervielfachte der Hl. Stuhl seinerseits ohne Zögern 
bei der Deutschen Regierung seine Vorstellungen und seine Einsprüche,, 
indem er sie nachdrücklich und klar auf die Achtung und Einhaltung 
der schon aus dem Naturrecht sich ergebenden und durch das Konkor- 
dat bekräftigten Pflichten hinwies. Die wache Aufmericsamkeit 
des Hirten mit der geduldigen L a n gm ut des Vaters vereinend, 
erfüllte Unser großer Vorgänger Pius XI. in jenen kritischen Jahren 
mit Kraft und Unerschrockenheit seine Sendung als Haupt der Kirche." 

Es ist zur Zeit unmöglich, eine erschöpfende Darstellung dieser 
jahrelangen, mit allen Mitteln geführten Abwehr zu geben. 

Da waren zunächst ungezählte mündliche und schrift- 
lichfe Vojrstellungen, päpstliche Noten und Pro- 
m e m o r i a s des Kardinalstaatssekretärs Sr. Heiligkeit bei der 
deutschen Botschaft am Hl. Stuhl und ebenso des Apostolischen 
Nuntius Exz. Orsenigo in Berlin bei der deutschen Reichsregierung. 
In drei Weißbüchern des Hl, Siuhles vom 25. September 1933 bis 
26. Juni 1936 sind auf 330 Seiten nicht weniger als 34 Noten an 
die deutsche Reichsregierung, 5 Promemoriae, 
3 Aide-Memoires, 6 Schreiben mit Vorsehlägen 
und Entwürfen, 6 sonstige Schreiben abgedruckt: 
wahrhaftig eine grelle Beleuchtung und ein deutlicher Erweis für 
das erschütternde Wort, das der Verfasser einmal aus dem Munde 
S. E. des Kardinalstaatssekretärs Pacelli, des jetzigen Hl. Vaters 
Pius XII., als Antwort auf eine Danksagung bekam: „Ja, es ist 
wahr: Deutschland macht mir mehr Arbeit als die 
ganze andere Wel t." Man bedenke: Mehr als Italien, Frank- 
reich, Spanien, Portugal, Polen, Nord- und Südamerika und viele 
andere Länder zusammen! 

Zu diesen diplomatischen Vorstellungen kamen aber noch viele 
diesbezügliche Ansprachen des Hl. Vaters vor dem Kar- 
dinalskollegium, Weisungen an die deutschen • Bischöfe, 
Winke an Einzelpersonen bei Privataudienzen, Hinweise bei 
Empfängen von deutschen Pilgerzügen, endlich eine Un- 
menge von Artikeln in der Vatikanischen Zeitung 
„L'Osservatore Romano", ebenso ungezählte Klagen und Anklagen 
des Vatikansenders über die Irrlehre des Nationalsozialismus, 
über Rechtsverweigerungen, Zwangsmaßnahmen, Gewalttätigkeiten, 
Presseunterdrückung, antikirchliche Reden in Versammlungen und 
auf Schulungskursen, Konkordatsverletzungen, Kreuzschändungen, 
Gottesdienststörungen, Gotteslästerungen, Neuheidentum, Verhaf- 
tungen und Verurteilungen von Geistlichen und ^Bischöfen, Lug 
und Trug bei Abstimmungen über Bekenntnisschule, Beschlag- 
nahme von bischöflichen Amtsblättern und Hirtenbriefen, Sterili- 
sation und Tötung von Geisteskranken usf. 

27 



Die Kritiken des „L'Osservatore Romano" wurden den Herren 
des Dritten Reiches so unangenehm, daß viele Nummern den deut- 
schen Beziehern, selbst den Bischöfen, nicht ausgehändigt wurden. 
Die Sendungen des Vatikanischen Rundfunks wurden mit Beginn 
des Krieges unter die verbotenen „a u s 1 ä n d i s c h e n S e n d e r" 
gerechnet. 

Aus der Fülle einer einzigen Note des Hl. Stuhles: 

Ein paar Ausschnitte aus einer einzigen Note des Hl. Stuhles 
an die deutsche Reichsregierung (vom 4. Mai 1934) mögen zeigen, 
wie vielerlei Beschwerden vorgebracht wurden, in aller 
Offenheit und Deutlichkeit, vielfach mit schneidender 
Schärfe, immer infeinerSprache und geistigerübe r- 
legenheit, stets auf sicherer Rechtsgrundlage und mit 
ebenso festem Willen zum Frieden wie gegebenenfalls zum un- 
nachgiebigen Widerstände. 

a. DerPapst verlangt Gleichberechtigung 
der Katholiken Deutschlands 

„Der katholische Volksteil, gleich welcher politischen Richtung er in 
einer früheren Zeit folgte, ist gleichberechtigter Bestandteil des gesamten 
deutschen Volkes. Ei hat den Anspruch, nicht unter Ausnahmerecht und 
Ausnahmemißtrauen gestellt zu bleiben. Er hat dieses Recht mindestens 
in demselben Maße wie die ungezählten früheren Anhänger marxistischer 
Richtungen, die heute in deTTIleiHen der herrschenden politischen Partei 
"und '"damit "des Staates nicht nur normale Zulassung, sondern an vielen 
Stellen sogar Funktionen gefunden haben, die Katholiken anderer Rich- 
tungen verweigert werden." 

b. Der Papst rechtfertigt den kirchlichen 

Widerstand 

„Der Hl. Stuhl kann seine oberstkirchlichen Erwägungen und Urteile 
nicht von irgendwelchen parteipolitischen Rücksichten beein- 
flussen lassen. Seine Mission ist das Heil der unsterb- 
lichen Seelen. Er befaßt sich mit po 1 i t i s c h e n Fragen insoweit, 
als sie in den Bereich eingreifen, in dem sich die H e iPmi s s i on der 
Kirche an den Menschenseelen vollzieht. In diesem Bereich ist die Kirche 
verpflichtet, die ihr nicht von irgendwelcher irdischen Gewalt, son- 
dern von Gott überkommene Heilsmission in ihren Grundlagen und 
Zielen, in ihren notwendigen und dienlichen Mitteln zu wahren. Wenn 
sie staatlichen Eingriifen in diesen ihren Rechts- und Wirkungs- 
bereich ihr ,Non possumus' (,Wir können nicht') entgegenhält, dann 
tut der Staat ihr und ihren gläubigen Anhängern unrecht, wenn er das 
vom christlichen Gewissen und der Achtung vor dem Gotteswort gebo- 
tene ,N o n possumus' umdeutet in ein von menschlichen oder partei- 
politischen oder gar staatsgegrierischen Gesichtspunkten inspiriertes 
,N n V o 1 u m u s' (, Wir w o 1 1 e n nicht'). 

Hier liegt der grundlegende Irrtum, den das staatliche Promemoria 
sowohl in der Rückschau auf die jüngere Vergangenheit wie in der 
Beurteilung der Gegenwart begangen hat. Aus diesem Grundirrtum und 
der ihm folgenden Wahl des Blickpunktes heraus sieht das Promemoria 
der Reichsregierung sowohl Vergangenes als Gegenwärtiges in schiefem 

28 



und täuschendem Winkel. Aus dieser verfehlten Sicht erwachsen dann, 
ohne daß man sich augenscheinlich dessen bewußt wird, Fehlurteile be- 
denklichen Ausmaßes und noch tragischerer Auswirkung. Hier liegt der 
Ausgangspunkt für so vieles, noch immer sich fortsetzendes und steigern- 
des seelisches Leid des katholischen Volksteils, Von hier erwachsen 
steigender Gewissensdruck und fortwährende Charakterkonflikte gerade 
für die Besten und Treuesten — zum Schaden für das innere Einswer- 
den, das gemeinschaftsfrohe Zusammenwachsen der Staatsbürger aller 
Richtungen, das menschlich nur möglich und vollziehbar ist, wenn alle 
wissen und es in der Erfahrung des täglichen Lebens spüren, daß dieser 
Staat und die ihn gestaltende Führung sich der Grenzen bewußt bleiben, 
welche das am göttlichen Recht geformte Gewissen jedem amtlichen 
Handeln und Fordern, jeder irdischen Autoritätsbeanspruchung zieht. 

Das Promemoria der Reichsregierung vereinfacht die Be- 
weisführung dadurch, daß es den Gewissenswiderstand des deut- 
schen Episkopats und bestimmter, hauptsächlich aus Katholiken be- 
stehender politischer Richtungen der Vergangenheit gegen bedenkliche, 
vom christlichen Standpunkt aus abzulehnende Einstelkmgen des natio- 
nalsozialistischen Programms oder der nationalsozialistischen Führer- 
und Anhängerschaft lediglich als Ausfluß parteipolitischer 
Überlegungen und parteipolitischer Interessiertheit 
bezeichnet. Die hierdurch erreichte Vereinfachung der Beweisfüh- 
rung geht auf Kosten der Tatsachen. Die von dem deutschen Episkopat 
erhobenen Bedenken gegen manche programmatische und faktische Stel- 
lungnahmen des Nationalsozialismus vor der Machtergreifung waren von 
pflichtmäßigen religiösen undseeisorgerlichen Ge- 
sichtspunkten diktiert. Ihnen andere Motive zu unterschieben, 
ist unberechtigt. Ebenso war der tiefste und wesentlichste Grund, aus 
dem die Katholiken Deutschlands, den Weisungen der Bischöfe folgend, 
die Unvereinbarkeit gewisser Betätigungsformen mit christlichem und 
katholischem Denken herauszustellen bestrebt waren, die ehrliche Be- 
sorgnis, daß diese weltanschaulich-religiöse Gegensätzlichkeit sich mit 
innerer Folgerichtigkeit weiter entwickeln werde. Diese Katholiken heute 
noch wegen ihres damaligen Gehorsams gegen die Weisungen der 
Bischöfe zu tadeln und darüber hinaus rechtlich und faktisch, 
politisch und wirtschaftlich zu schädigen und die Exi- 
stenz vieler geradezu zu vernichten, kann niemals als Postulat echter 
Staatsnotwendigkeit und Gerechtigkeit begründet werden." 

c. Der Papst weist die „falsehverstandene 
Totalität" desStaateszu rück 

Im Kampf gegen den erzieherischen Totalitätsanspruch des 
Dritten Reiches sagt die Päpstliche Note: 

.,Wie Seine Heiligkeit Papst Pius XI. in Seinem Schreiben vom 
26. April 1931 darlegt, ist hinsichtlich des Begriffes der .Totalität' des 
Staates eine wesentliche Unterscheidung zwischen richtig und falsch 
verstandener Totalität vonnöten, wenn nicht verhängnisvolle Begriffs- 
verwirrungen eintreten sollen. Wird die Totalität so verstanden, daß 
in all dem, was gemäß dem eigentlichen Daseinszweck des Staates 
der staatlichen Zuständigkeit angehört, die Gesamtheit aller Staatsbür- 
ger ohne Ausnahme dem Staat und der ihn lenkenden rechtmäßigen 
Regierung Untertan sei (subjektive Totalität = Totalität des 
staatsunterworfenen P e r s o n e n 1< r e i s e s), so ist das zweifellos zu be- 
jahen. Gleiches läßt sich jedoch keineswegs sagen, wenn man darunter 
eine sogenannte objektive Totalität (Totalität der Sach- 
gebiete) verstehen ' will und behauptet, die Gesamtheit der Staats- 

29 



bürger unterstehe auch in der Gesamtheit dessen, was ihr persön- 
liches, familienmäßiges, geistiges und übernatür- 
liches Leben beinhalte, dem Staate oder — was nofch falscher 
wäre — dem Staate gar allein oder vornehmlich. Unter Beschränkung 
auf das, was im vorliegenden Zusammenhang in vorderster Linie steht, 
kann mit dem genannten Papstbrief nur nachdrücklich darauf hinge- 
wiesen werden, daß ,eine Totalität des Regimes und des 
Staates, die auch das übernatürliche Lebensgebiet um- 
fassen wollte, schon in der Vorstellung eine offenbare Sinn- 
losigkeit (assurditä) sein würde und — in die Tat übersetzt — eine 
wirkliche Ungeheuerlichkeit (mostruositä),' 

Der erzieherische Totalitätsanspruch des Staates 
ist demnach nicht nur in thesi falsch, sondern auch in praxi auf die Dauer 
selbstmörderisch. Die Geister, die er auf den Wegen einer kon- 
fessionsfreien und konfessionsfeindlichen Staatserziehung heranzieht, 
werden in ihrer religiösen Entbundenheit seine Feinde von morgen sein. 
Es gibt keine wahre Volks- und Staatswohlfahrt ohne 
Religion. Nur zuchtvolle Kraft ist wahren Auf baus fähig. Zucht- 
entwöhnte physische Kraft wird in Zerstörung enden. Zucht ist un- 
denkbar ohne Norm. Menschliche Norm ist undenkbar 
ohne Verankerung im Göttliche n." 

d. Der Wolf soll nicht das Schaf anklagen! 

Energisch wendet sich der Hl. Stuhl in seiner Note vom 
14. Mai 1934 gegen den Versuch, den Katholiken, auch Bischöfen 
und Priestern, die Abwehr von Angriffen zu verbieten, jegliche 
„Defensive" als „Offensive" zu mißdeuten: 

„Die. Verkümmerung der Gewissens- undBekenntnisfrei- 
h e i t der Katholiken Deutschlands geht so weit, daß man neuerdings in 
immer zunehmendem Maße ihnen auch die berechtigte Abwehr des 
von anderer Seite vertretenen, halbamtlich geförderten Neu- 
heidentums unmöglich zu machen suchte. Immer mehr häufen sich 
die Fälle, in denen es der katholischen Presse, selbst Kirchen- und Sonn- 
tagsblättern verargt wird, wenn sie gegen diese Bewegung Front machen. 
Die Regierung ist sich der aufreizenden Inkonsequenz dieser Handlungs- 
weise augenscheinlich nicht hinreichend bewußt. Auf der einen Seite 
wird Herr Rosenberg zum Privatmann erklärt, auf der anderen 
Seite wird der berechtigte und notwendige Kampf gegen das von diesem 
Privatmann vertretene Neuheidentum als Kampf gegen den 
neuen Staat charakterisiert und verfolgt. Die Offensive 
des Neuheidentums wird erlaubt. Die Defensive der gläubigen Chri- 
sten verboten. Der F-t i e d e ist doch nicht dadurch herzustellen, daß 
man auf die Verteidigungverzichtet, sondern nur dtirch A u f - 
hören der Angriffe. Im Interesse der Wahrheit und des Friedens 
kann nur dem Wunsche Ausdruck gegeben werden, daß diese aus der 
Vergangenheit hergeleiteten Argumente möglichst bald aus dem Verkehr 
/sezogen werden. Wenn selbst die pflichtmäßige, im Konkordat ausdrück- 
lich geschützte lehramtliche Stellungnahme und der öif ent- 
liche Widerst a nd der Bischöfe gegen den Unglauben, der 
in einem halben Dutzend von Spielarten nach dem neuen Staate greift 
und ihn seinen feierlich übernommenen Verpflichtungen entziehen will, 
darauf gefaßt sein muß, als ,Z e n t r u m s r e d e n' und als ,V e r - 
wechslung der Kanzel mit der Parlamentstribüne' be- 
zeichnet zu werden, und zwar von den zentralsten parteiamtlichen' 
Presseorganen, dann sind die Dinge auch bei mildester Beurteilung an 
einem Punkte angelangt, der schwerlich überboten werden kann." 

30 



e. Keine Ausflüchte! Ro senbergs „Mythus" ist 
nicht Qualitätund nicht Privatarbeit! 

In dem Promembria vom 14. März 1934 hatte die Reichs- 
regierung eine „Mohrenwäsche" an Rosenberg versucht, erhielt aber 
vom Hl. Stuhl folgende klare Antwort: 

„Der Hl. Stuhl ist nicht in der Lage, die auf das Rosenberg'sche 
Buch und die Person seines Verfassers bezüglichen Teile des staatlichen 
Promemoria irgendwie überzeugend zu finden. Nicht, was Herr Rosen- 
berg erklärt, sondern was er tut, bzw. was andere — sei es auf 
seine Anweisung als Schulungsleiter, sei es ohne sie — mit seinem 
Buche und der in ihm vertretenen kirchen- und christentumsfeindlichen 
Weltanschauung tun, ist für die kirchliche Betrachtungsweise maß- 
gebend. Das wissenschaftliche Niveau dieses Buches ist selbst 
nach dem Geständnis maßgebendster Parteigenossen des Verfassers so 
tief anzusetzen, daß darüber nicht gesprochen zu werden, braucht. Im 
Zusammenhang mit dem durch das Reichskonkordat anerkannten Ge- 
samtverhältnis zwischen katholischer Kirche und Deutschem Reich 
interessiert den Hl. Stuhl konkordatsrechtlich die immer deutlicher in 
Erscheinung tretende Tatsache, daß die den Staat tragende, herrschende 
Partei und teilweise der Staat und staatlich bevorzugte 
Organisationen selbst ihre Einflußmacht zu einer, wenn nicht 
amtlichen, dann mindestens offiziösen Massenverbreitung 
dieses Buches benutzen, die zu den Beteuerungen des rein privaten 
Charakters der Schrift in unversöhnbarem Gegensatz steht. Was be- 
deuten solchen Tatsachen gegenüber gutgemeinte, aber der harten Rea- 
lität der Dinge nicht gerecht werdende, im Promemoria übrigens auch 
nicht vollständig wiedergegebene Äußerungen des Herrn Bayerischen 
Staatssekretärs D a u s e r ! Was bedeutet die Einzelstimme eines an der 
Peripherie stehenden Mannes gegenüber der umfassenden Funktion des- 
sen, der als Leiter der weltanschaulichen Schulung der 
nationalsozialistischen Partei und aller von ihr ab- 
hängigen Organisationen auf tausendWegen seine 
unchristLichen Anschauungen in die Massen zu pres- 
sen weiß, dem insbesondere auch auf - dem Umweg über die Schule 
und die vielgestaltigen Zwangsorganisationen ein 
Einflußbereich ausgeliefert worden ist, der sich nie und nimmer unter 
die Rubrik des Privaten unterbringen läßt! Kann man sich wundern, 
wenn das katholische Volk gerade in der Betreuung dieses kämpferi- 
schen Christentumsfeindes mit dem Amt des Schulungsleiters einen 
symbolischen Akt sieht, gegen den alle Wortargumente nicht an- 
kommen, weil die dieser Ernennung folgenden Tatsachen eine 
Sprache reden, die jeder versteht? Der an anderer Stelle mitgeteilte 
Berichtstext über die Zustände in gewissen Ausbildungslagern zeigt, wie 
die amtliche und halbamtliche ,Empfehlung' des Rosen- 
berg'schen Buches in den unteren Führerschichten verstanden und ge- 
handhabt wird. Über den Druck, mit dem das Buch in alle 
möglichen Bibliotheken, einschließlich der Volks- 
und Schulungsbibliotheken hineingepreßt wird, hat 
der Hl. Stuhl sich schon früher ausgesprochen. Neuerdings macht 
man das Buch bereits zum amtlichen Geschenk bei 
Trauungen, von den direkten Anweisungen zu schweigen, die seine 
Verbreitung unter Ausnutzung der Parteidisziplin zu erzwingen suchen, 
und von denen dem Hl. Stuhl mehrfache Originaltexte vorliegen. 

In klar erkennbarer Steigerung nimmt der organisationsamtliche 
Druck zugunsten des Rosenbergbuches vor allem auch im National- 
sozialistischen Lehr erb und zu, dem alle Lehrer und Lehre- 
rinnen angehören müssen. Mit welchen Methoden diese Unterdruck- 
setzüng der Lehrkörper betrieben wird, dafür sei als ein noch ganz 

31 



neuer Beleg aus einer rein katholischen Gegend angeführt das folgende 
Rundschreiben eines rheinischen Ortsgruppenleiters des NSLB: 

,An alle Mitglieder der Ortsgruppe! Auf Anregung des Obmanns 
des Kreises im NSLB, Pg. . . ,, muß in der Folge mit der intensiven 
weltanschaulichen Schulung im Geiste des vom Führer beauftragten 
Alfred Rosenberg begonnen werden. — Sein Geist ist in seinem Buche: 
jMythus des 20. Jahrhunderts' festgelegt. 

Das Buch muß selbstverständlich im Besitz eines 
jeden Lehrers sein, denn nur so ist er in der Lage, seinen inne- 
ren dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen. 

In nächster Zeit wird außerdem ' ein diesbezügliches Thema in der 
Ortsgruppentagung besprochen werden und wird einem jeden Gelegen- 
heit geboten, Sinn und Geist Alfred Rosenbergs willig oder unwillig 
aufzunehmen. 

Ich bin für die Durchführung genannter Schulung verantwortlich 
und werde in der nächsten Tagung feststellen, in welchem Umfange 
meine Anregungen befolgt worden sind. 

Nach diesem Erlaß. ist also auch für den katholischen Lehrer 
dasvon der Kirche verboteneBuch Voraussetzung dafür, 
,seinen inneren dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen.' Der Zweck 
der Organisationstagung ist, ,Sinn und Geist Rosenbergs willig oder 
unwillig aufzunehmen.' 

An Hand solcher Tatsachen kann nur erklärt werden, daß die zum 
Zwecke der amtlichen Entlastung geschriebenen Darlegungen des staat- 
lichen Promemoria jedweder Beweislcraft entbehren." 

f. Der Papst beklagt die starken a.ntich ristlichen 
Strömungen inn erhalb der Partei 

„Als Kernursache aller dem Aufgabengebiet des Hl. Stuhles 
angehörigen oder naheliegenden Schwierigkeiten und Spannungen" 
benennt die päpstliche Note vom 14, Mai 1934 in Punkt IV: 

„In steigend emMaße bemächtigen sich kirchen- 
feindliche Strömungen der Macht- und Einfluß mittel 
des Staates zu einem teils getarnten, teils offenen 
Kampf gegen die sachlichen, seelischen, erzieheri- 
schen und rechtlichen Vorwerke des christlichen Ge- 
dankens in Deutschland. In wachsendem Maße wissen sie die 
geistigen Kraft- und Autoritätszentralen mit Angehörigen ihrer Richtung 
zu besetzen. In immer erkenntlicherer Klarheit okkupieren sie den Staat 
und die dem Staatseinfluß .zugänglichen Positionen und führen von 
dort auf tausend Wegen und Schleichpfaden einen 
Kampf ge gen Chris tu Sgl aub en und Kirche, wie er 
in den kritischsten Zeiten des Freidenk er t um sim 
eigentlichen staatlichen Einfluß- und Machtbereich 
nie geführt werden konnte. Das Material, das dem Hl. Stuhl 
darüber zugänglich geworden ist, stellt ein geradezu erschütterndes Be- 
weismittel für dasjenige Maß von offiziösem Kampf gegen die katholische 
Kirche dar, das unbeschadet und neben den amtlichen Erklärungen der 
obersten Regierungsstellen gewagt wird. Die Deutsche Reichsregierung 
wird es nicht erstaunlich finden können, wenn die im obigen geschilderte 
steigende Spannung zwischen amtlicher und faktischer Haltung, zwischen 
Konkordatsvorschrift und konkordatswidriger Wirklichkeit allmählich 
einen Grad erreicht, wo die Kritik an diesen Zuständen von 
der beginnenden Bezweiflu n g selbst des amtlichen 
Konkordatserfüllungswillens nicht mehr allzu weit 
entfernt ist. Angesichts einer Regierung, die wie keine ihrer Vor- 

32 



gängerinnen sich als autoritäre und machtgetragene Regierung fühlt und 
bezeichnet, der Einflußmöglichkeiten und physische Gewalt in einem 
früher nie gel^:annten Maße zur Verfügung stehen, weiß der gesunde Sinn 
des Volkes, dessen das Promemoria wiederholt Erwähnung tut, sich 
nicht zu erklären, wie das Bestehen und die ungestörte, die Staatsautori- 
tät mißbrauchende Tätigkeit solcher Kreise möglich sein soll ohne die 
Gewißheit der stillschweigenden Deckung oder allermindestens der Un- 
gestraftheit. Immer deutlicher meldet sich, selbst von solchen Seiten, die 
anfänglich einer sehr viel arideren Auffassung waren, die für das An- 
sehen und die moralische Autorität der Regierung zersetzende Hypothese 
einer befremdlichen Begünstigung dieser Kreise, wenn nicht durch die 
Regierung direkt, dann jedenfalls durch Stellen, die angesichts der pri- 
mären Stellung der NSDAP innerhalb der Staatsorganisation und Staats- 
gestaltung mit den formellen Inhabern der Staatsgewalt an effektivem 
Einfluß gleichgestellt werden müssen. Durch die äußere und immer 
'drastischere Apparenz der Dinge sieht sich der Heilige Stuhl jedenfalls 
in die Notwendigkeit versetzt, die Deutsche Reichsregierüng mit noch 
stärkerem Nachdruck als bisher zu bitten, mit dem Ernst, welcher der 
Bedeutung der Sache und den im Konkordat übernommenen Verpflich- 
tungen entspricht, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen. Es ist höchste 
Zeit, den jenigen die Autorität des Staates zum Be- 
wußtsein zu bringen, die das, was der Staat in feier- 
licher Vereinbarung' gewährleistethat, zum Spiel- 
ballihrerprivatenSonderauffassungenundkir'chen- 
feindlichen Endpläne zumachen suchen. 

Nicht mit der Vergangenheit braucht der Staat sich aus- 
einanderzusetzen, wie es in seinem letzten Promemoria reichlich ge- 
schieht, sondern mit der Gegenwart. Seine Feinde stehen nicht 
jenseits, wo er sie anscheinend sucht, sondern innerhalb sei- 
ner eigensten Reihen. Sie setzen sichaus denjenigen 
z u s a-ni m e n, die, aus liber a listisch e r, _jnaj: x i s tj,^ c h^ r 
und, k o m m u_n i_s t i_s c ITeT^ L e,ßÄ01öÄ""CO. s_s.u n^^^ k o m nie n'd, 
o H h e Irfn e r e n G e s In h ü n gswandel — mindestens ohne Tüm- 
reichende Gewähr dafür -—_übej|den Na yojLa^^^^ zu 

E i n f 1 u ß i nl_S .t_a_a t e g ^1 alTgT^i^n d! Die GrolSzügigkeit 'gegehüber 
dei: einen Seite wirkt neben "dei: betonten Exklusive gegenüber Angehö- 
rigen gläubig-katholischer Richtung besonders beziehungsvoll. Die eine 
Tatsache steht jedenfalls fest und könnte mit zahlreichen typischen Bei- 
spielen belegt werden: daß die so eingeströmten und als Ziflernzuwachs 
begrüßten Anhänger der geschilderten Weltanschauungen innerhalb der 
Bewegung, der von ihr abhängigen oder kontrollierten Organisationen, 
ja innerhalb der Staatsmaschinerie selbst auf kultureller^ Gebiete Be- 
tätigungsmöglichkeiten im Sinne ihrer. früheren und eigentlichen Grund- 
einslellung finden, die sie gewiß nicht zu erhoffen gewagt hätten. Viel- 
fach entlader^ Personen der bezeichneten Art heute 
gegen Kirche und 'Geistliche die Haß.komplexe, die sie 
als Sendlinge des Bolschewismus früher in sich ge- 
sammelt habe n."- 

Als aber alle noch so kräftigen diplomatischen Vor- 
stellungen nichts nützten, da trat der Heilige Vater an die 
Öffentlichkeit und sprach zur ganzen Welt über seine ,, brennende 
Sorge, über die Lage der katholischen' Kirche im Deutschen Reich." 

Schon in der Note vom 21. Januar 1936 hatte der Hl. Stuhl der 
Reichsregierung andeuten und bedeuten müssen, daß er es auf die 
Dauer nicht bei bloßen internen Auseinandersetzungen zwischen 
kirchlichen und staatlichen Stellen belassen könne, zumal das Reich 

Kreuz und Hakenkrei.iz 3 Bd. II gg 



seinerseits gegenteilig handle, z. B. öffentlich eine „groß aufgemachte 
Aktion gegen den angeblichen Mißbrauch des geistlichen Amtes zu 
politischen Zwecken" ankündige (Erlaß vom 17. Juli 1935). „Es be- 
clarf keines Zweifels, daß ohne die Gewährleistung loyaler Gegen- 
seitigkeit dieses in dem Charakter des Konkordatsregimes begrün- 
deten offenen und freimütigen fair play der Heilige Stuhl bei der 
"Wahl der für ihn künftig in Frage konimenden Abwehrmaßregeln 
gegen Beeinträchtigungen des konkordatlichen Kechtszustandes 
volle Freiheit beanspruchen muß." Doch auch diese Warnung fand 
seitens der deutschen Reichsregierüng und der NSDAP keine Be- 
achtung. 5o mußte es wirklich zum Schritt in die Öffentlichkeit 
kommen. Es geschah am 14. März 1937 mit der Enzyklika:' „M i t 
brennender Sorg e." 

Dieses einzigartige Papstwort mag wohl den meisten deutschen 
Katholiken bekannt sein, aber wegen der Beschlagnahme tausender 
von Abdrucken vielen nicht in die Hände oder mittlerweile wieder 
aus der Hand und auch aus dem Gedächtnis gekommen sein. Darum 
sei es hiep wenigstens auszugsweise wiedergegeben, upa einen Über- 
blick zu geb^n und seinen mächtigen Eindruck zu erneuern. 

Weltrundschreiben Papst Pius' XI. 
vom 4. März 1937 

über die Lage der katholischen Kirche 
im D eu tsch en R eich 

t 

Einleitend betont der Hl. Vater, daß er „mit brennender Sorge 
und steigendem Befremden seit geraumer Zeit den Leidensweg der 
Kirche, die wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat 
treubieibenden Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes 
und des Volkes beobachte, dem St. Bonifatius einst die Licht- und 
Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht habe." 

Konkordatsentwurf schon alt*) 

„Als Wir, Ehrwürdige Brüder, im Sommer 1933 die Uns von d^r 
Reichsregierung in Anknüpfung an einen jahrealten früheren Entwurf 
angetragenen Konkordatsverhandlungen aufnehmen und zu Euer aller 
Befriedigung mit einer feierlichen Vereinbarung abschließen ließen, 
leitete Uns die pflichtgemäße Sorge um die Freiheit der kirchlichen 
Heilsmission in Deutschland und um das Heil der'ihr anvertrauten Seelen 
— zugleich aber auch der aufrichtige Wunsch, der friedlichen Weiter- 
entwicklung und Wohlfahrt des deutschen Volkes einen wesentlichen 
Dienst zu leisten." 

Warum K onk ordat? 

„Trotz mancher schwerer Bedenken haben Wir daher Uns damals 
den Entschluß abgerungen, Unsere Zustimmung nicht zu versagen. Wir 
wollten Unsern treuen Söhnen und Töchtern in Deutschland im Rahmen 
des Menschenmöglichen die Spannungen und Leiden ersparen, die an- 
dernfalls unter den damaligen Verhältnissen mit Gewißheit zu erwarten 
gewesen wären." 



*) Titel und Unterstreichungen sind vom Verfasser. 
34 



Warnung vor Vertragsuntreue 

„Wir haben alles getan, um die Heiligkeit des feierlich gegebenen 

Wortes, die Unverbrüchlichkeit der freiwillig eingegangenen Verpflich* 

tungen zu verteidigen gegen Theorien und Praktiken, die — falls amtlich 

gebilligt — alles Vertrauen töten und jedes au!ch in Zukunft gegebene 

. Wort innerlich entwerten müßten." 

Und doch dauernde Vertragsverletzung! 

„Jeder, dessen Geist sich noch einen Rest von Wahrheitsempfin'den, 
dessen Herz sich noch einen Schatten von Gerechtigkeitsgefühl bewahrt 
hat, wird dann zugeben müssen, daß in diesen schweren und ereignis- 
vollen Jahren der Nachkonkordatszeit jedes Unserer Worte und jede. 
Unserer Handlungen unter dem Ge^setze-'der Vereinbarungstreue standen. 
Er. wird aber auch mit Befremden und Innerster Ablehnung feststellen 
müssen, wie von der anderen Seite die Vertragsumdeutung, die Vertrags- 
umgehung, die Vertragsaushöhlung, schließlich die mehr oder minder 
öffentliche Vertragsverletzung zum ungeschriebenen Gesetz des Handelns 
gemacht wurden." 

Nach diesen Grundgedanken der Einleitung legt der Hl. Vater 
den Finger auf die brennenden Wunden des Volkskörpers und legt 
dar, daß die Gesundung von all diesen Krankheiten nur durch die 
Rückkehr zum reinen Glauben und zur gottbezpgenen Sittlichkeit 
kommen könne. Jeder Satz ist kostbar" und „auf der Waage der 
Wahrheit und zugleich der Liebe abgewogen." Doch können hier 
nur die wichtigsten Gedanken wiedergegeben werden, die in be- 
sonderer Klarheit eine Zurückweisung nationalsozialistischer Ideen 
und Praktiken bedeuten: 

1. Reiner- Gottesglaube 

„Habet acht, Ehrwürdige Brüder, daß vor allem der Gottesglaube, 
die erste und unersetzbare Grundlage jeder Religion, in deutschen Lan- 
den rein und unverfälscht erhalben bleibe. Gottgläubig ist nicht, 
wer das Wort Gottes rednerisch gebraucht, sondern nur, wer mit diesem 
hehren Wort den wahren und würdigen Gottesbegriif verbindet. / 

Wer •'in pantheistischer Verschwommenheit Gott mit 
dem Weltall gleichsetzt, Gott in der Welt verweltlicht und die Welt in 
Gott vergöttUcht, gehört nicht zu den Gottgläubigen. 

Wer nach angeblich altgermanisch- vorchristlicher Vorstellung das 
düstere unpersönliche Schicksal an die Stelle des persön- 
lichen Gottes rückt, leugnet Gottes Weisheit und Vorsehung, die „kraft- 
voll und gütig von einem Ende der Welt bis zum andern waltet" (Weish. 
8,1) und alles zum guten Ende leitet. Ein solcher kann nicht beanspru- 
chen, zu den Gottgläubigen gerechnet zu werden. 

Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die 
Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere 
Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung — die innerhalb 
der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz 
behaupten — aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur 
höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit 
Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und 
gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit von wahrem 
Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauf- 
fassung entfernt. 

Nur oberflächliche Geister können der Irrlehre verfallen, vpi 
einem national^en Gott, von einer nationalen Religion 

35 



zu sprechen, können den Wahnversuch unternehmen, Gott, den Schöpfer 
aller Welt, den König und Gesetzgeber aller Völker, vor dessen Größe 
die Nationen Idein sind wie Tropfen am Wassereimer (Is. 40,15),, in die 
Grenzen eines einzelnen Volkes, in die blutmäßige Enge einer einzelnen 
Rasse einkerkern zu wollen. 

Wir danken Euch, Ehrwürdige Brüder, Euren Priestern, und all den 
Gläubigen, die in der Verteidigung der Majestätsrechte Gottes gegen 
angriffslüsternes, von einflußreicher Seite leider vielfach begünstigtes 
Neuheidentum ihre Christenpflicht erfüllt haben und erfüllen." 

2. Reiner Christusglaube 

Kein Gottesglaube wird sich auf die Dauer rein und unver- 
fälscht erhalten, wenn er nicht gestützt wird vom Glauben an 
Christus. „Niemand kennt den Sohn außer dem Vater, und niemand 
kennt den Vater außer dem Sohn, und wem es der Sohn offenbaren 
will" (Mt. 11,27) Es darf also niemand, sagen: Ich. bin gottgläubig, das 
ist mir Rehgion genug. Des . Heil'ands Wort hat für Ausflüchte dieser Art 
keinen Platz. „Wer den Sohn leugnet, hat auch nicht den Vater; wer 
den Sohn bekennt, hat auch den Vater" (1 Joh. 2,23). 

In Jesus Christus, dem menschgewordenen Gottessohn, ist die Fülle 
der göttlichen Offenbarung erschienen. Die heiligen Bücher des 
Alten Bundes. sind ganz .Gottes Wort, ein organischer Teil Seiner 
Offenbarung. Nur Blindheit und Hochmut können ihr Auge vor den 
heilserzieherischen Schätzen verschließen, die das Alte Testament birgt. 
Wer die biblische Geschichte und die Lehrweisheit des Alten Bundes 
aus Kirche und Schule verbannt sehen will, lästert das Wort Gottes, 
lästert den Heilsplan des Allmächtigen, macht enges und beschränktes 
Menschendenken zum Richter .über göttliche Geschichtsplanung. Er ver- 
neint den. Glauben an den wirklichen, im Fleische erschienenen Christus, 
der die menschliche Natur aus dem Volke annahm, das 
ihniansKreuzschlagensollte. 

Der im Evangelium Jesu Christi erreichte Höhe- 
punkt de-r Offenbarung ist verpflichtend für immer. 
Diese Offenbarung kennt keine Nachträge durch Menschenhand, kennt 

„Offenbarungen", 
aus dem soge.^ 
leiten wollen. 

■ Wer in sakrilegischer Verkennung der zwischen Gott und 
Geschöpf, zwischen dem Gottmenschen und den Menschenkindern klaf- 
fenden Wesensunterschiede irgendeinen Sterblichen, und wäre 
er der größte aller Zeiten, neben Christuszu stellen wagt, 
oder gar über ihn und gegen ihn, der muß sich sagen lassen, daß er ein 
Wahnp::ophet ist, auf den das Sprichwort erschütternde Anwendung 
findet: „Der im Himmel wohnt, lachet ihrer" (Ps 2,4), 

3. Reiner Kirchenglaube 

„Der Christusglaube wird sich nicht rein und unverfälscht erhalten, 
wenn er nicht gestützt und umhegt wird vom Glauben an die Kirche, 
„die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1 Tim. 3,15). 

Unter ihrem Kuppelbau, der wie Gottes Firmament die ganze Erde 
überwölbt, ist Platz und Heimat für alle Völker und Sprachen, 
ist Raum für die Entfaltung aller von Gott dem Schöpfer und Erlöser 
in die Einzelnen und in die Volksgemeinschaften hineingelegten beson- 
deren Eigenschaften, Vorzüge, Aufgaben und Berufungen. 

36 



Das Mutterherz der Kirche ist weit und groß genug, um in der gott- 
gemäßen Entfaltung solcher Eigenarten und Eigengaben mehr den 
Reichtum der Mannigfaltigkeit zu sehen als die Gefahr, von Absonderun- 
gen. Aber sie weiß auch, daß dieser Freiheit Grenzen gezogen sind 
durch die Majestät des Gottesgebotes, das diese Kirche in allem Wesen- 
haften als untrennbare Einheit gewollt und gegründet hat. 

Die göttliche Sendung der Kirche, die unter Menschen wirkt und 
durch Menschen wirken muß, mag schmerzlich verdunkelt werden 
durch das Menschlich-Allzumenschliche, das zu Zeiten 
immer und immer wieder als Unkraut unter dem Weizen des Gottes- 
reiches durchwuchert. Wer des Heilands Wort über die Ärgernisse und 
die Ärgernisgeber kennt, weiß, wie die Kirche und wie jeder einzelne 
über das zu urteilen hat, was Sünde war und Sünde ist. Wer aber über 
diesen verurteilehswerten Abweichungen zwischen Glauben und Leben, 
zwischen Wort und Tat, zwischen äußerer Haltung und innerer Gesin- 
nung bei einzelnen — und wären es ihrer auch viele — die Unsumme 
von echtem Tugendstreben, von Opfersinn, von Bruderliebe, 
von heldenhaftem- Heiligkeitsdrang vergißt oder gar wissentlich ver- 
schweigt, der enthüllt eine bedauernswerte Blindheit und Un- 
gerechti g k e i t. Wenn dann vollends erkennbar wird, daß er den 
harten Maßstab, den. er an die gehaßte Kirche anlegt, in demselben 
Augenblick vergißt, wo es sich um Gemeinschaften anderer Art handelt, 
die ihm aus Gefühl oder Interesse nahestehen, dann offenbart er sich 
in seinem angeblich verletzten Reinlichkeitsgefühl als verwandt mit 
denen, die nach des Heilands schneidendem Wort über den Splitter im 
Auge des Bruders den Balken im eigenen Auge übersehen. So wenig 
rein aber auch die Absicht derer ist, die aus der Beschäftigung 
mit dem Menschlichen in der Kirche einen Beruf, viel- 
fach sogar ein niedriges Geschäft machen, und obgleich die 
in Gott ruhende Gewalt des kirchlichen Amtsträgers nicht abhängig ist 
von seiner menschlichen und sittlichen Höhe, so ist doch keine Zeit- 
epoche, kein Einzelner, keine Gemeinschaft frei von 
der Pflicht ehrlicher Gewissenserforschung, unerbitt- 
licher Läuterung, durchgreifender Erneuerung in Gesinnung und Tat." 

Kir^chenaustritt 

„In Euren Gegenden, Ehrw. Brüder, werden in immer stärkerem 
Chor Stimmen laut, die zum Austritt aus der Kirche aufrufen. Unter 
den Wortführern sind vielfach solche, die durch ihre amtliche Stellung 
den Eindruck zu erwecken suchen, als ob dieser Kirchenaustritt und die 
damit verbundene Treulosigkeit gegen Christus den König 
eine besonders überzeugende und verdienstvolle Form 
des Treubekenntnisses zu dem gegenwärtigen Staate 
darstelle. Mit verhüllten und sichtbaren Zwangsmaßnahmen, Ein- 
schüchterungen, Inaussichtstellung wirtschaftlicher, beruflicher, bürger- 
licher und sonstiger Nachteile wird die Glaubenstreue der Katholiken 
und insbesondere gewisser Klassen katholischer Beamter unter einen 
Druck gesetzt, der ebenso rechtswidrig wie mensch- 
lich unwürdig ist. 'Unser ganzes väterliches Mitgefühl un# tiefstes 
Mitleid begleitet diejenigen, die ihre Treue zu Christus und Kirche um 
so hohen. Preis bezahlen müssen. Aber — hier ist der Punkt erreicht, 
wo es um Letztes und Höchstes, um Rettung öder Untergang geht, und 
wo infolgedessen dem Gläubigen der Weg heldenmütigen Starkmutes 
der einzige Weg des Heiles ist. 

Solchen aber, die vermeinen, sie könnten mit äußerlichem Kirchen- 
austritt das innere Treueverhältnis zur Kirche verbinden, möge des 
Heilands Wort ernste Warnung sein: „Wer mich vor den Menschen ver- 
leugnet, den werde auch ich vor meinem Vater verleugnen, der im 
Himmel ist." (Lc.,12,9.) 

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4. Reiner Glaube an den Primat 

„Der Kirchenglaube wird nicht rein und unverälscht erhalten, wenn 
er nicht gestützt wird vom Glauben an den Primat des Bischofs von 
Rom... Wenn Leute, die nicht einmal im Glauben an Christus einig 
sind, Euch das Wünsch- und Lockbild einer deutschen Natio- 
nalkirche vorhalten, so wisset: sie ist nichts als eine Verneinung 
der einen Kirche Christi, ein offenkundiger Abfall von dem an die ganze 
Welt gerichteten Missionsbefehl, dem nur eine Weltkirche genügen und 
nachleben kann." 

5, Reine Begriffe und Worte 

„Ein besonders wachsames Auge, Ehrw. Brüder, werdet Ihr haben 
müssen, wenn religiöse Grundbegriffe ihres Wesensinhaltes beraubt und 
in einem profanen Sinne umgedeutet werden. 

Offenbarung im christlichen Sinn ist das .Wort Gottes an die 
Menschen. Dieses gleiche Wort zu gebrauchen für die ,Einflüslerungen 
von Blut und Rasse, für die Ausstrahlungen der Geschichte eines Vol- 
kes' ist in jedem Fall verwirrend. Solch falsche Münze verdient nicht, 
in den Sprachschatz eines gläubigen Christen überzi;|^ehen. 

Glaube ist das sichere Fürwahrhalten dessen, was Gott ge- 
offenbart hat und durch die Kirche zu glauben vorstellt: ,die feste 
Überzeugung vom Unsichtbaren' (Hebr. 11,1). Das freudige und stolze 
Vertrauen auf die Zukunft seines Volkes, das jedem teuer ist, bedeutet 
etwas ganz anderes als der Glaube im religiösen Sinne. 

Unsterblichkeit im christlichen Sinn ist das Fortleben des 
Menschen nach dem irdischen Tode als persönliches Einzel- 
wesen — zum ewigen Lohn oder zur ewigen Strafe, Wer mit dem 
Worte Unsterblichkeit nichts anderes bezeichnen will als das kollek- 
tive Mitfortleben im Weiterbestand seines Volkes für 
eine unbestimmt lange Zukunft im Diesseits, der verkehrt und ver- 
fälscht eine der Grundwahrheiten christlichen Glaubens, rührt an die 
Fundamente jeder religiösen, eine sittliche Weltordnung fordernden 
Weltanschauung. 

Demut im Geist des Evangeliums und Gebet um Gottes Gna- 
denhilfe sind mit Selbstachtung, Selbstvertrauen und heldischem 
Sinn wohl vereinbar. In seinem seichten Gerede über christliche Demut 
als Selbstentwürdigung und unheldische Haltung spottet der widerliche 
Hochmut dieser Neuerer seiner selbst. 

Gnade im uneigentlichen Sinne mag alles genannt werden, was 
dem Geschöpf vom Schöpfer zukommt. Gnade im eigentlichen und 
christlichen Sinne umfaßt jedoch die übernatürlichen Erweise göttlicher 
Liebe. Die Gleichsetzung der übernatürlichen Gnade mit den 
Gaben der Natur ist ein Eingriff in den durch die Religion geschaffe- 
nen und geweihten Wortschatz." '^ 

6. Sittenlehre und sittliche Ordnung 

„Auf dem wahren und rein bewahrten Gottesglauben ruht die 
Sittlichkeit der Menschheit. Alle Versuche, die Sittenlehre und die 
sittliche Ordnung vom Felsenboden des Glaubehs abzuheben und auf 
dem wehenden Flugsand menschlicher Normen aufzubauen, 
führen früher oder später einzelne und Gemeinschaften in moralischen 
Niedergang. 

Die Auslieferung der Sittenlehre an subjektive, mit den Zeit- 
strömungen wechselnde Menschenmeinung, statt ihrer Verankerung im 
heiligen Willen des ewigen Gottes, in Seinen Geboten, öffnet zersetzen- 
den Kräften Tür und Tor." 

38 



7. Anerkennung des Naturrechtes 

„Im verhängnisvollen Zug der Zeit liegt es, wie die Sittenlehre so 
auch die Grundlegung des Rechtslebens und der Rechtspflege vom 
wahren Gottesglauben und von den geoffenbarten Gottesgeboten mehr 
und mehr abzulösen. Wir denken hier besonders an das sogenannte. 
Naturrecht, das vom Finger des Schöpfers selbst in die 
Tafeln des Menschenherzens geschrieben würde (Rom. 2,15 f.). Mensch- 
liche Gesetze, die mit dem Naturrecht in unlösbarem Widerspruch 
stehen, kranken an einem Geburtsfehler, den kein Zwangsmittel, keine 
äußere Machtentfaltung sanieren kann. Mit diesem Maßstab muß auch 
der Grundsatz: ,Recht ist, was dem Volke nützt', gemessen 
werden. Zw.ar kann dem Satz ein rechter Sinn gegeben werden, wenn 
man unterstellt, daß sittlich Unerlaubtes nie dem wahren Wohle des 
Volkes zu dienen vermag. Indes hat schon das alte Heidentum erkannt, 
daß der Satz, um völlig richtig zu sein, eigentlich umgekehrt werden und 
lauten muß: ,Nie ist etwas nützlich, wenn es nicht gleichzeitig sittlich 
gut ist. Und nicht weil nützlich, ist es sittlich gut, sondern weil sittlich 
gut, ist es auch nützlich.' (Cicero, De officiis 3,30.) Von dieser Sittenregel 
losgelöst würde jener Grundsatz im z w i s c h "e n,s t a a 1 1 i c h e n Leben 
den ewigen Kriegszustand zwischen den verschiedenen Nationen bedeu- 
ten. Im innerstaatlichen Leben verkennt er, Nützlichkeits- und 
Rechtserwägungen miteinander verquickend, die grundlegende Tatsache, 
daß der Mensch als Persönlichkeit gottgegebene Rechte besitzt, 
die jedem auf ihre Leugnung, Aufhebung oder Brachlegung abzielenden 
Eingriff von s6iten der Gemeinschaft entzogen bleiben müssen." 

8. Recht freier Religi-onsübung 

„Der gläubige Mensch hat ein unverlierbares Recht, seinen Glauben 
zu bekennen und in den ihm gemäßen Formen zu ^betätigen. Gesetze, 
die das Bekenntnis und die Betätigung dieses Glaubens unterdrücken 
oder erschweren, stehen im' Widerspruch mit einem Naturgesetz, 

Gewissenhafte, ihrer erzieherischen Pflicht bewußte Eltern 
haben ein erstes und ursprüngliches Recht, die Erziehung der ihnen von 
Gott geschenkten Kinder im Geiste des wahren Glaubens und in Über- 
einstimmung mit seinen Grundsätzen und Vorschriften zu bestimmen. 
Gesetze oder andere Maßnahmen, die diesen naturrechtlich gegebenen 
Elternwillen in Schulfragen ausschalten oder durch Drohung und 
Zwang unwirksam machen, stehen im Widerspruch zum Naturrecht und 
sind im tiefsten und letzten Kern unsittlich. 

Die Kirche, die berufene Hüterin und Äuslegerin des göttlichen 
Naturrechtes, .kann daher gar nicht anders, als die im Zustand noto- 
rischer Unfreiheit erfolgten Schule i,n Schreibungen der jüng- 
sten Vergangenheit ais ein Zwangsproduk't zu erklä- 
ren, dem jeglicher Rechtscharakterabgeh t." 

9. AndieJugend 

„Von tausend Zungen wird heute vor euren Ohren ein Evangelium 
verkündet, das nicht vom Vater im Himmel geoffenbart ist. Tausend 
Federn schreiben im Dienst eines Scheinchristentums, das nicht 'das 
Christentum Christi igt. Druckerpresse und Hadio überschütten euch Tag 
für Tag mit Erzeugnissen glaubens- und kirchenfeindlichen Inhaltes 
und greifen rücksichts- und ehrfurchtslos an, was euch hehr und heilig 
sein muß. 

Wir wissen, daß viele von euch um der Treue zu Glauben und 
Kirche, um der Zugehörigkeit zu kirchlichen, im Konkordat geschützten 
Vereinigungen, willen düstere Zeiten der Verkennung, der Beargwöh- 
nung, der Schmähung, der Verneinung eurer vaterländischen Treue, viel- 

35 



facher Schädigung im beruflichen und gesellschaftlichen Leben ertragen 
mußten und müssen. Es ist Uns nicht unbeltannt, wie mancher un- 
genannte Soldat Christi in euren Reihen steht, der trauernden Herzens, 
aber erhobenen Hauptes sein Schicksal trägt und Trost allein findet in 
dem Gedanken, für den Namen Jesu Schmach zu leiden, (Apg. 5,41.) 

Wer das Lied der Treue zum irdischen Vaterland singt, 
darf nicht in Untreue an seinem Gott, an seiner Kirche, 
an seinem ewigen Vaterland zum Übei-läufer und Verräter wer- 
den. Man redet zu euch viel von heldischer Größe — in bewuß- 
tem und unwahrem Gegensatz zur Demut und Geduld des Evangeliums. 
Warum verschweigt man euch, daß es auch ein Heldentum gibt im sitt- 
lichen Kampf? 

Man redet euch viel vor von den menschlichen Schwächen in 
der Geschichte der Kirche. Warum verschweigt man euch die 
Großtaten, die ihren Weg durch die Jahrhunderte begleiteten, die 
Heiligen, die sie. hervorbx'achte, den Segnen, der aus der lebendigen 
Verbindung zwischen dieser Kirche und eurem Volke für die abend- 
ländische Kult;urwelt floß? 

Man redet zu euch viel von sportlichen Übungen. Mit Maß 
und Ziel betrieben, bedeutet die körperliche Ertüchtigung eine Wohltat 
für die Jugend. Ihrem Betätigungsraum wird jetzt aber vielfach ein 
Umfang gegeben, der weder der harmonischen Gesamtausbildung von 
Körper und Geist noch der gebührenden Pflege des Familienlebens noch 
dem Gebot der Sonntagsheiligung Rechnung trägt." 



10. An die Priester und Ordensleute 

„Ein besonderes Wort der Anerkennung, der Aufmunterung, der 
Mahnung richten Wir an die Priester Deutschlands, denen in Unter- 
ordnung unter ihre Bischöfe in schwerer Zeit und unter harten Um- 
ständen die Aufgabe obliegt, der Herde Christi die rechten Wege zu 
weisen in Lehre und Beispiel, in täglicher Hingabe, in apostolischer 
Geduld. Bewähret euch Tag für Tag in makellosem Wandel vor Gott, 
in unablässiger Selbstzucht und Selbstvervollkommnung, in erbarmen- 
der Liebe zu allen euch Anvertrauten, insbesondere zu den Gefährdeten,' 
den Schwachen und Schwankenden. Seid die Führer der Treuen, die 
■Stütze dter Strauchelnden, die Lehrer der Zweifelnden, die Tröster der 
Trauernden, die uneigennützigen Helfer und Berater aller! 

Diese verstehende und erbarmende Liebe zu den Irrenden, ja selbst 
zu den Schmähenden bedeutet allerdings nicht und kann nicht bedeuten 
irgendwelchen Verzicht auf die Verkündigung, die 
Geltendmachung, die mutige Verteidigung der Wahrheit und ihre frei- 
mütige Anwendung auf die euch umgebende Wirklichkeit. 

All denen, die ihren Bischöfen die bei der Weihe versprochene Treue 
gehalten, all denen, die wegen Ausübung ihrer Hirtenpflicht 
Leid und Verfolgung tragen m'ußten und müssen, folgt — 
für manche bis in die Kerkerzelle und das Konzentrationslager hinein — 
der Dank und die Anerkennung des Vaters der Christenheit. 

Den katholischen O.rdensleuten beiderlei Geschlechtes 
gilt ebenfalls Unser väterlicher Dank, verbunden mit inniger Anteilnahme 
an dem Geschick, das infolge ordensfeindlicher Maßnahmen viele von 
ihnen aus segensreicher und liebgewonnener Berufsarbeit herausgerissen 
hat. Wenn einzelne gefehlt vmd sich ihres Berufes unWürdig erwiesen 
haben, so mindern ihre auch von der Kirche geahndeten Vergehen nicht 
die Verdienste der gewaltigen Überzahl, die in Uneigennützigkeit und 

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freiwilliger Armut bemüht war, ihrem Gott und ihrem -Volk mit Hin- 
gabe zu dienen." 

11. An die Getreuen aus dem Laienstande 

„Vor Unserem Auge steht die unübersehbar große Schar treuer Söhne 
und Töchter, denen das Leid der Kirche in Deutschland und ihr eigenes 
Leid nichts geraubt hat von ihrer Hingabe an die Sache Gottes, ' nichts 
von ihrer zärtlichen Liebe gegen den Vater der Christenheit, nichts von 
ihrem . Gehorsam gegen Bischöfe und Priester, nichts von ihrer freudigen 
Bereitschaft, auch in Zukunft — komme, was da wolle — dem treu zu 
bleiben, was sie geglaubt und von ihren Voreltern als heiliges Erbe er- 
worben haben. Ihnen allen senden Wir aus gerührtem Herzen Unseren 
Vatergruß. 

Allen voran den Mitgliedern der kirchlichen Verbände, 
die tapfer und um den Preis vielfach schmerzlicher Opfer Christus die 
Treue hielten und sich nicht bereit fanden, die Rechte preiszugeben, die 
ein feierliches .Abkommen der Kirche und ihnen nach Treu und Glau- 
ben gewährleistet hatte. 

Ein besonders inniger Gruß ergeht an die katholischen Eltern. 
Ihre gottgegebenen Erzieherrechte und Erzieherpfiichten stehen gerade 
im gegenwärtigen Augenblick im Mittelpunkt eines Kampfes, wie er 
Schicksals voller kaum gedacht werden kann. Die Kirche Christi 
kann nicht erst anfangen, zu trauern und zu klagen, 
wenn die Altäre verwüstet werden, wenn sakrile- 
gische Hände die Gotteshäuser in Rauch und Flammen 
aufgehen lassen. Wenn man versucht, den Tabernakel der 
durch die Taufe geweihten Kindesseele durch eine christusfeindliche 
Erziehung zu entweihen, wenn aus diesem lebendigen Tempel Gottes die 
ewige Lampe des Christusglaubens herausgerissen und an ihrer Statt das 
Irrlicht eines Ersatzglaubens gesetzt werden soll, der mit dem Glauben 
des Kreuzes nichts mehr zu tun hat — dann ist die geistige Tem- 
pelschändung nahe, dann wird es für jeden bekennenden Christen 
Pflicht, seine Verantwortung von der der Gegenseite klar zu scheiden, 
sein Gewissen von jeder schuldhaften Mitwirkung an solchem Verhäng- 
nis und Verderbnis freizuhalten. 

Und je mehr die Gegner sich bemühen, ihre dunklen Absichten 
abzustreiten und zu beschönigen, um so mehr ist wachsames Mißtrauen 
am Platze und mißtrauische, durch bittere Erfahrung aufgerüttelte Wach- 
samkeit. 

■ Die formelle Aufrechterhalt ung eines, zudem von Un- 
berufenen kontrollierten und gefesselten Religions- 
unterrichtes im Rahmen einer Schule, die in anderen Gesinnungs- 
fäöhern planmäßig und gehässig derselben Religion entgegenarbeitet, 
kann niemals einen Rechtfertigungsgrund abgeben, um einer solchen, 
religiös zersetzenden Schulart die freiwilligö Billigung eines 
gläubigen Christen einzutragen. Wir wissen, geliebte katholische Eltern, 
daß von einer solchen Freiwilligkeit bei euch nicht die Rede sein kann." 

Eine zweifache B et euer ung 

„Er, der Herz und Nieren durchforscht (Ps. 7,10), ist Unser Zeuge, 
daß wir keinen innigeren Wunsch haben als die Wiederherstellung 
eines wahre,n Friedens zwischen Kirche und Staat in 
Deutschland. 

Wennaber — ohneUnsere Schuld. — derFriedenicht 
sein soll, dann wird die Kirche Gottes ihre Rechte und 
Freiheiten verteidigen im Namen des Allmächtigen, 
dessen Arm auch heute nicht verkürzt ist." 

Kreuz und Hakenkreuz 4 Bd. II ^j 



Eine lahme Antwort der Reichsregierung 
Eine kräftige Zurückweisung durch den Hl. Stuhl' 

Das Deutsche Reich legte unter dem 12. April 1937 beim 
'HL Stuhl Protest gegen das Päpstliche Weltrundschreiben vom 
14. März 1937 ein. Die Haupteinwände dieser Verwahrung ersehen 
wir aus der umfangreichen Antwort des Hl. Stuhles vom 30. April 
1,937. Er brauchte hiebei nicht ein Wort der Enzyklika zurück- 
zunehmen oder auch nur zu mild e.r n, sondern konnte im 
Gegenteil die Ausführungen derselben noch kräftig unterstreichen 
und mit Einzelheiten belegen. 

Als wertvolle Ergänzung des Weltrundschreibens selbst, als 
Erweis wahrer Hirtenliebe und lauterer Hirtensorge, als Kund- 
gebung überragender Gesichtspunkte und festen Standpunktes, als 
Beispiel unerschrockener und deutlicher, aber immer sachlicher 
und vornehmer Sprache sei es vollständig wiedergegeben: 

Aus dem Vatikan, den 30. April 1937. 

Euere Exzellenz! 

In Beantwortung der unter dem 12. d. M. überreichten Note beehre 
ich mich, folgende Fest- und' Ri chtigstellungen*) zu machen: 

1. Die genannte Note geht offenbar von der unbewiesenen und un- 
beweisbaren Voraussetzung aus, daß der Heilige Stuhl sich bei seinem 
bisherigen Verhalten und insbesondere bei der Veröffentlichung der En- 
zyklika „Mit brennender Sorge" von feindseligen Einstellun- 
gen gegen das d e u tsche Volk oder den deutschen Staat habe 
leiten oder beeinflussen lassen. . , 

Der Heilige Stuhl ist es seiner eigenen Würde wie auch der Wahr- 
heit schuldig, solche Ausdeutungen zurückzuweisen. Jeder Schritt 
des deutschenVolkes auf dem W^ege zu wahrer Wohl- 
fahrt, jede Zielsetzung und Handlung seiner Regie- 
rung, die diesem Ziele dient, ist der verständnisvol- 
len Zustimm ungund der moralischen Unterstützung 
des Heiligen' Stuhles sicher. Wer die von lauterer Sorge ■ und 
leidenschaftsloser Sachlichkeit getragenen Worte Seiner Heiligkeit in 
allen ihren Teilen auf sich wirken läßt, wird auch in denjenigen Stel- 
len, welche das Werden der heutigen Mißstände und den Umfang der 
Krise festlegen, nur die unvermeidliche Diagnose eines Kranlcheitsbildes 
sehen, die kein anderes Ziel kennt als das baldiger, gründlicher und 
gesicherter Heilung. Die freimütige Feststellung solcher Schäden schließt 
nicht die Anerkennung für Leistungen aus, die der Wohlfahrt des deut- 
schen Volkes dienen. Gerade die Deutsche Regierung, die bezüglich der 
Grenzziehung zwischen religiösem und politischem Bereich ihre eigenen 
Auffassungen hat, wird es dem Hl. Stuhl nicht verargen können,' wenn 
er sich in der Eällung von politischen Werturteilen, die nicht durch 
religiöse Notwendigkeiten bedingt sind, Zurückhaltung auferlegt. 

2. Wenn das Päpstliche Rundschreiben außer an die Erzbischöfe und 
Bischöfe auch an die „anderen Ober hirten, die in Frieden und 
Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl leben"' gerichtet wurde, so, 
entspricht diese Anschrift der üblichen Formel bei Enzykliken an ein- 
zelne Nationen. 

Die kirchenrechtlichen Sachbearbeiter der Note vom 12. d. M. haben 
vergessen, daß in Deutschland außer den Erzbischöfen und Bischöfen der 



•*=) Unterstreichungen ,sind vom Verfasser. 
42 



Pr^latus nullius von Schneidemühl, die erzbischöflichen Generalvikare 
von Katscher und Glatz, der interimistische Administrator Apostolicus 
für die Militärseelsorge nebst anderen zu den Ordinarie;i im Sinne des 
can. 198 § 1 CJC gehören. Auf Grund einer solchen ■ Überschrift das 
Rundschreiben als „Politisches D o I? u m e n t" zu charakterisieren 
oder vollends gar den Schluß zu ziehen: „Es wird also der Versuch ge- 
macht, die Welt gegen das neue Deutschland aufzurufen", ist ebenso ab- 
wegig wie bezeichnend für die Geisteshaltung, aus der die für diesen 
Teil der Note verantwortlichen Stellen an die Wertung der Enzyklika 
herangegangen sind. Im, ' übrigen, haben die Deutsche Regierung 
und die sie tragende Partei auch in weltanschaulichen Fragen ihrer 
Propaganda nie geograph i s che Grenzen gezogen. Es ist 
daher doppelt unverständlich, wie sie durch eine aufklärende Abwehr 
der Kirche sich beschwert fühlen können. 

3. In Fortsetzung des gekennzeichneten Fehlschlusses behauptet die 
Note vom 12. d. M.: „Die politischen Gegner des Reiches, und zwar auch 
solche, die gleichzeitig auch Gegner der katholischen Kirche sind, haben 
diesen Aufruf denn auch verstanden, freudig begrüßt und dadurch 
neuen Antrieb zu ihrem politischen Kampf gegen das Reich erhalten." 

Der Heilige Stuhl glaubt demgegenüber betonen zu dürfen: Für 
jeden, der ohne Voreingenommenheit die Enzyklika auf sich wirken 
läßt, ist ihre r e 1 i g i ö se, allen politisch e n Tendenzen 
ferne Zielsetzung eindeutig und einleuchtend. Viele Auslands- 
stimmen haben gerade dies mit Nachdruck hervorgehoben. Hieran ver- 
mögen tendenziöse Mißdeutungen anderer nichts zu ändern. Daß der 
Hl. Stuhl niißbräuchliche politisierende Ausdeutungen seiner Amtsver- 
lautbarungen und Amtshandlungen leider nicht verhindern kann, dafür 
bietet die unter ministerieller Kontrolle und Leitung stehende und trotz- 
dem sich peinlicher Verdrehungen schuldig machende Presse Deutsch- 
lands fortdauernde Beweise. Der Heilige Stuhl ist nicht ge- 
wohnt und nicht willens, bei lehramtlichen Verlaut- 
barungen sich von anderen Gesichtspunkten leiten 
zu lassen als der Überzeugung von ihrer seelsorger- 
lichen Not wendigkeit. • Er hat bei solchem Vorgehen 
keine andern Bundesgenossen ais die Wahrheiti Sein 
Ziel war auch im gegenwärtigen Fall alles andere ^als irgendeine, sei 
es direkte, sei es indirekte Schädigung des deutschen Volkes. Seine 
• Absicht war und ist die Ausmerzung der Schäden und die Überwindung 
der Störungen, die in den^ gegenwärtigen Deutschland dadurch ent- 
stehen, daß öffentliche Gewalten und die den Staat tragende Bewegung 
in eine steigende Verstrickung mit Ideen, Kräften, Richtungen und 
Weltanschauungsgruppen geraten sind, deren eingestandenes oder tat- 
sächliches Ziel die Versklavung der Kirche und die Vernichtung des 
christlichen Glauben^ ist. Dadurch, daß Träger der Staatsgewalt und 
führende Vertreter der den Staat tragenden politischen Bewegung sich 
bis heute nicht dazu entschließen konnten, die verhängnisvolle Symbiose 
zu beenden, die sie den geschilderten anticßristlicHen sFförnüngen geistfg 
verhaftet und dienstbar macht, ist der tragische Zustand erwachsen, der 
— nach langem Abwarten — mit unentrinnbarer 'Notwendigkeit eiE 
klarstellendes und richtungweisendes Wort der obersten kirchlichen 
Stelle forderte. Wenn die Note vom 12. d. M. die nichtdeutschen Presse- 
äußerungen zu der Enzyklika in ihrer Gänze würdigen wollte, so wür- 
den ihr diejenigen Auslassungen nicht entgangen sein, welche neben 
der Klarheit der Feststellungen zur Konkordatsgeschichte und der lehr- 
amtlichen Darlegungen des Rundschreibens seine bewußt auf Frieden 
und Verständigung gerichtete AUgeraeintendenz erkannt und gewürdigt 
haben. 

4. Die Note Eurer Exzellenz vom 12. d. M. behauptet, das Rund- 
schreiben „Mit brennender Sorge" habe „insbesondere die Wirkung, der 

43 



kurz. zuvor erlassenen päpstlichen Enzyklika gegen den Kommunis- 
mus zerstört und der gerade für die katliolische Kirche so sehr er- 
strebenswerten Abwehrfront gegen die Weltgefalir des Bolschewismus 
einen gefährlichen Stoß versetzt." 

Auch dieser Gedankengang stellt ein bedauerliches Fehlurteil dar. 
Der Hl. Stuhl verkennt nicht die große Bedeutung, welche die Bildung 
innerlich gesunder und lebensfähiger politischer Abwehrfronten gegen die 
Gefahr des atheistischen Bolschewismus besitzt. Sein aus seelsorgerlichen 
Motiven kommendes, mit geistigen Mitteln arbeitendes Bemühen um die 
Überwindung dieser Irrtümer hat seine eigenen Gesetze und Wege. Er 
■ weiß aber, daß gegen die offenen und geheimen, auf illegale Gewalt- 
anwendung abgestellten Machenschaften, des Umsturzes den auf der Seite 
der Ordnung stehenden staatlichen Gewalten sowie ihrem planmäßigen 
Zusammenschluß zur Geltendmachung auch äußerer Machtmittel gegen 
die bolschewistische Gefahr eine wesentliche Sendung und Aufgabe zu- 
kommt. So wie er zu einer Zeit, wo heutige sehr laute Gegn-er 
des Bolschewismus bewußt oder unbewußt dessen 
Schrittmacher waren, mit nie ermüdender Energie die nicht nur 
religiösen, sondern auch kulturellen' und sozialen Gefahren dieses Systems 
freimütig entlarvt hat, so hat er bis in die jüngsten Tage hinein keine 
Gelegenheit vorübergehen lassen, die geistige Abwehrfront der Gläubi- 
gen gegen den atheistischen Bolschewismus zu festigen und auszubauen. 
Der Würde und pflichtmäßigen Unparteilichkeit seines 'obersten Hirten- 
amtes ist der Heilige Vater es jedoch schuldig, über der Verurteilung 
des bolschewistischen Wahxi- und Ümsturzsystems das Auge nicht zu 
verschließen vor solchen Irrtümern, die sich in anderen politischen imd 
weltanschaulichen Richtungen einzunisten und nach der Herrschaft zu 
drängen anheben. Die Tatsache, daß solche Irrtümer sich 
auch innerhalb politischer Abwehrfronten finden, 
die eine antibolschewistische Gesamtrichtung au fr- 
weisen, kann kein Freibrief sein für ihre Duldung 
oder I g n orierung seitens des obersten kirchlicheft 
Lehramtes. Eine solche vor dem christlichen Gewissen unverant- 
wortliche Parteilichkeit würde sich letzten Endes zum Unheil auch derer 
auswirken, die heute — wie es in der deutschen Note geschieht — in 
kurzsichtiger Selbsttäuschung von der Kirche eine Solche Haltung bean- 
spruchen und ihre Nichtgewährung als deutschfeindlichen Akt anzu- ' 
sprechen belieben. Für den inneren und äußeren Zusammenhalt und die 
auch schweren Belastungen gewachsene Lebensdauer einer Abwehrfront 
gegen die Weltgefahr des atheistischen Kommunismus wäre nichts ver- 
hängnisvoller als der Irrglaube, diese Abwehr lediglich auf äußere 
Macht stellen und in ihr den geistigen Mächten den Platz vorenthalten 
zu können, der ihnen zukommt. Nichts ist abwegiger, als unter den 
geistigen Mächten der Welt dem Christentum und den ihm eigenen 
Wahrheits- und Lebenswerten ihre Wirkungsmöglichkeiten zu verengen 
und die Kirche daran zu verhindern, in ihr die ruhenden und einsatz- 
bereiten Kräfte zur geistigen Überwindung der im Bolschewismus ent- 
haltenen Irrtümer und Irrwege zum Segen der Völker voll zu verwirk- 
lichen. Gerade diesem Irrtum und der aus ihm' erwachsenden Fehl- 
haltung sind führende Kreise des gegenwärtigen Deutschlands in seinem 
besorgniserregenden Umfang verfallen. Nicht nur, daß die freien Wir- 
kungsmöglichkeiten des Christentums immer mehr gehemmt werden — 
darüber hinaus führen unter den Augen und mit Duldung und Förde- 
rung amtlicher Stellen ein gewisses Schrifttum, eine begünstigte Presse, 
ein vielfältiges Organisationswesen gegen Christentum und 
Kirche einen planmäßigen Kampf, der in Anlage und 
Methode, in Gehässigkeit und Böswilligkeit an Vorbilder gerade aus dem 
Lager erinnert, das man zu bekämpfen erklärt. Da die Deutsche Regie- 
rung Presse, Schrifttum und Organisationsw;...en in einer früher nie 
gekannten Konzentration zusammengefaßt hat und infolgedessen aus der 

44 



täglichen Amtserfahrung die Einzelheiten dieses trüben Bildes besser 
kennen muß als der Heilige Stuhl, dessen dokumentarische Unterlagen 
Bände füllen, kann hier auf nähere Darlegungen verzichtet werden. Die 
eine FeststelKmg jedoch kann wahrheitsgemäß nicht unterbleiben: 
Zwischen der offiziellen Programmatik der antibol- 
schewistischenAbwehrfront und der geschilderten 
Praxis bestehen Kontraste, die ebenso beredt wie 
peinlich sind. Wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche ,die 
Hand auf diese offene Wunde gelegt und in ehi*licher Sorge um die 
von hier der Wohlfahrt des deutschen Volkes drohenden Gefahren Seine 
Stimme erhoben hat, so war nicht Bloßstellung und Anklage, sondern 
Heilung und Rettung' Sein einziges und pflichtmäßiges . Ziel. In diesem 
Licht betrachtet, bedeutet die Behauptung der deutschen Note, die En- 
zyklika „Mit brennender Sorge" habe „der Abwehrfront gegen die Welt- 
gefahr des Bolschewismus einen gefährlichen Stoß versetzt", eine Ver- 
kennung der Wirklichkeit und eine Selbsttäuschung, von der man im 
Interesse des deutschen Volkes nur wünschen kann, daß sie bald einer 
gerechten und leidenschaftslosen Würdigung weichen möge. ' 

5. Die Note Euerer Exzellenz bezeichnet es als „unannehmbar, daß 
der kirchliche Konkbrdatspartner, wider alle diplomatischen Gepflogen- 
heiten und mitten in noch schwebenden Auseinandersetzungen über eine 
keihe schwieriger Konkordatsfragen, sich über die für die Verhandr- 
lungen über Meinungsverschiedenheiten zuständigen Stellen hinweg 
unmittelbar an die katholischen Staatsbürger wenr 
d e t uhd diese gegen ihre eigene Regierung aufruft. 

Diese Behauptung und der in ihr erhobene Vorwurf ist hur erklär- 
lich aus dem Munde eines staatlichen Vertreters, der entweder die Zeit- 
folge der internen Verhandlungen zwischen Heiligem Stuhl und Deut- 
scher Regierung nicht kennt oder sich über eine etwa vorhandene 
Kenntnis mit befremdender Unbekümmertheit hinwegsetzt. Der Heilige 
Stuhl glaubt die sich aus den diplomatischen Gepflogenheiten ergeben- 
den Rechts- und Taktpflichten ebenso gut beurteilen zu können wie 
irgendeine andere Stelle. Es würde ihm ein leichtes sein, aktenmäßig 
nachzuweisen, wie er in den vier Nachkonkordatsjahren mit einer nie 
ermüdenden Sorgfalt und mit einer Geduld, die von vielen als zu weit- 
gehend empfunden wurde, jede echte Möglichkeit einer verantwortbaren 
Verständigung zu nutzen böstrebt war, auch dann, wenn Verhandlungs- 
methoden und Praktiken staatlicher Unterhändler ihm dieses Abwarten 
mehr als einmal erschwerten und negativ lohnten. 

Angesichts der Ignorierung ganzer Serien von einzel- 
ne.n und kollektiven Eingaben und Vorstellungen des 
Episkopats, 

angesichts der von staatlicher Seite zu veranworten- 
den Ergebnislosigkeit mehrfacher persönlicher Füh- 
lungnahme zwischen kirchlichen und staatlichen Vertretern in 
Deutschland, 

angesichts der „wider alle diplomatischen Gepflogenheiten" im Ge- 
schäftsverkehr des Dritten Reiches üblich gewordenen vielfachen 
Nichtbeantwortung von Noten des Heiligen Stuhles, 
eine Nichtbeantwortung, die bereits früher einen im diplomatischen 
Verkehr mit anderen Mächten ungekannten Umfang erreicht und in 
der allerletzten Zeit in wichtigsten Schulangelegenheiten ein bewußt 
unhöfliches Maß angenommen hatte, 

angesichts der wiederholten v ergeblichen Anrufung des im 
Konkordat vorgesehenen und deshalb pflichtmäßigen Einigungsartikels 33 
durch den Heiligen Stuhl, 

'45 



angesichts der n ach \v eis baren planmäßigen Ver- 
schleppungen der Verhandlungen und der sowohl dem Apostoli- 
schen iNuntius wie der> Vertretern des Episkopats gegenüber beliebten 
Hinausschiebung der Konkordatsfragen erster Ordnung zugewandten 
Besprechungen, * 

ist es ein befremdliches, diplomatisch unmögliches Öe- 
sinnen, die aus dieser Gesamtsituation heraus gewachsene Enzyklika 
eine konkordatswidrige, von politischen Zielsetzungen eingegebene oder 
we°higstens von solchen beeinflußte Stellungnahme des Heiligen Stuhles 
zu nennen und den aussichtslosen Versuch zu machen, sie als solche 
vor der Weltöffentlichkeit zu charakterisieren. 

Wenn die Note Euerer Exzellenz von Verletzung diplomatischer Ge- 
pflogenheiten und von „noch schwebenden Verhandlungen" zu sprechen 
beliebt, vergißt sie die viel näher liegende Anwendung, die sich lür das 
Verhalten der staatlicher! Stellen ergibt. In diesem Zusammenhang 
drängt sich die Frage auf: Entspricht es den „diplomati- 
schen Gepflogenheiten" und der Achtung vor ,;noch 
schwebenden Verhandlunge n", wenn _ der staatliche Partner 
— trotzdem er über die abweichende Auffassung des kirchlichen Kon- 
kordatspartners amtlich unterrichtet war — • durch einseitige Gesetzfes- 
und Verwaltungsmaßnahmen den vereinbarlich umschriebenen Rechts- 
bereich der Kirche einschränkt, wenn er aui dem bequemen, 
aber vertragswidrigen Wege der Schaffung vollendeter Tatsachen den 
rechtlichen und faktischen Status der katholischen Kirche 
verletzt, wenn er in den zentralen Fragen der' christlichen Er- 
ziehung und der konfessionellen Schule sich überdie Freiheits- 
rechte derg laubigen Eltern durch al^tenmäßig beleg- 
bare Einschüchterungen tmd Schi im meres hinweg- 
setzt und dann von der Kirche erwartet, daß sie in solchen, auf so 
unmögliche Weise und mit so verwerflichen Methoden herbeigeführten 
.Trugergebnissen Tatsachen anerkenne, die konkordatsrechtlich unbean- 
standbar seien? Die Frage stellen, heißt sie beantworten; heißt aber 
auch feststellen, daß die an den Hl. Stuhl gerichteten Anklagen jeder 
sachlichen Grundlage entbehrend 

. 6. Die deutsche Note vom 12. d. M. will einen „Verstoß gegen die 
elementarsten Grundsätze des Konkordats" sehen in dem Verhalten des 
Heiligen Stuhles bezüglich der Abfassung, Veröffentlichung und Ver- 
lesung des Rui^dschreibens „Mit* brennender Sorge". Die Note schreckt 
selbst nicht vor dem seltsamen Schluß zurück: „Die Tatsache, daß 
Druck und Verb reitung des Rundschreibens nfiit groß-' 
t e r H.e imlichkeit betrieben wurde, beweist, daß sich die für 
die Abfassung und Verbreitung verantwortlichen kirchlichen Stellen 
der Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens und der Verletzung ihrer staats- 
bürgerlichen Pflichten sehr wohl bewußt waren." 

- Der Heilige Stuhl weist diese Unterstellung mit Nachdruck zurück. 
Er verwahrt sich gegen die Behauptung rechtswidrigen Handelns; E r 
kennt keinen Kohkordatsartikel, welcher' für die Ab- 
fassung von Enzykliken das öffentliche Verfahren 
vorschreibe. Soweit die von der Note beanstandete „Heimlichkeit" 
des Dl-uckes und der Verbreitung zutrifft, bieten die in seinem Besitz 
befindlichen Unterlagen keinen Anhalt für die Verletzung einer presse- 
gesetzlichen .Vorschrift. Dieselbe Staatspolizei, die kircheiqifeind- 
liche Veröffentlichungen in weitestem Maße duldet und begünstigt, hatte 
in - der Behandlung der Hirtenbriefe deutscher Bischöfe seit langem 
einen Weg beschritten, der gleichbedeutend war mit der Versagun^ 
konkordatlich geschützter Rechte. Angesichts dieser fort- 
gesetzten Mißbräuche einer schikanösen und offenbar parteiischen Poli- 
zeipraxis kann aus dem Vorgehen der Hochwürdigsten Herren Bischöfe 
Deutschlands lediglich das eine gefolgert werden, daß sie bemüht waren, 

46 



das aufklärende, richtunggebende und bei aller Freimütigkeit wohlwol- 
lende Hirtenwort des Pap'stes vor dem Schicksal zu bewahren, das viele 
Hirtenbriefe ungerecht gefunden hatten. Wenn die Geheime Staats- 
polizei die Verlesung in den Kirchen nicht behindert hat, so doch wohl 
auch deshalb, weil sie von Anfang an sachliche Unrichtigkeiten im Text 
des Päpstliclien Rundschreibens nicht feststellen konnte. Es ist dem Heili- 
gen Stuhl unverständlich,, wie. die Deutsche ■ Regierung nachträglich den 
Vorwurf vertreten will, das Päpstliche Rundschreiben stelle „seinem 
Ton und Inhalt nach eine so offene Kampfansage an d i e 
deutsche Staatsführung, Justizpflege, Scliul- und 
Pressepolitik dar, daß die Deutsche Regierung es nicht mit ihrer 
Würde' und Souveränität für vereinbar hält, auf Einzelheiten des Rund- 
schreibens einzugehen."" Die in dieser Bemerkung angewandte Methode 
erleichtert' der Deutschen Regierung zwar wesentlich die Beantwortung 
oder genauer gesagt das Ausweichen vor einer Beantwor- 
tung und Widerlegung der Enzyklika; sie nimmt ihrer 
Stellungnahme aber auch jede Beweiskraft. Es ist dies die Fortsetzung 
jener Praxis, die auch in der Vergangenheit in ungezählten Fällen der 
sachlichen Erörterung ausgewichen ist und damit an der Versteifung 
der Beziehungen zwischen Kirche und Staat einen entscheidenden An- 
teil hat. Der Heilige Ötuhl sträubt sich dagegen, anzunehmen, daß die 
deutsche Staatsführun^, die deutsche Justiz, die deutsche Schule und die 
deutsche Presse ein Interesse daran haben könnten, sich mit den offen- 
baren Entgleisungen und Mißbräuchen zu identifizieren, die in der En- 
zyklika andeutungsweise zur Sprache gekommen sind. Solange die Re- 
gierung das nicht tut, hat sie keine Veranlassung, sachliche Erörterun- 
gen dieser Mißbrauche als gegen sich gerichtet zu betrachten. Die Form 
dieser Erörterungen in der Enzyklika und das von anderer Seite nicht 
unbemerkt gebliebene Bestreben des Hl. Stuhles, die von ihm pflicht- 
mäßig beanstandeten Fehlentwicklungen nicht mit dem Staat als sol- 
chem oder mit der den Staat tragenden Bewegung endgültig gleichzu- 
setzen, hätten für jeden, der die Enzyklika als einheitliches Ganzes nahm 
und die in ihr enthaltenen oder angedeuteten positiven Wegweisungen 
leidenschaftslos zu würdigen suchte, Anlaß sein müssen, ohne Vorein- 
genommenheit und ohne unangebrachte Empfindlichkeit zu prüfen, wie 
aus den Wirrnissen der jüngsten Vergangenheit und der bedrohlichen 
Versteifung der Gegenwart ein Weg ins Freie gefunden werden könnte. 
Damit würde den Intentionen Seiner Heiligkeit des Papstes wie auch 
der Wohlfahrt, dem Frieden und dem Aufstieg des deutschen Volkes 
und Staates besser gedient worden sein als mit den gereizten, lediglich 
nagativ eingestellten und damit naturnotwendig ins Leere greifenden 
und ins Leere führenden Mißdeutungen, die der Note vom 12. d. M. ihr 
Gepräge geben. 

7. Den Hinweis der Päpstlichen Enzyklika auf „Machenschaften, die 
von, Anfang kein anderes Ziel kannten als den Vernichtungskampf", 
beantwortet die Deutsche Regierung mit einer Reihe von Einzelfest- 
s^tellungen, aus denen ihre ' positive Haltung zur 
KirchegefolgertwerdensoU. 

Eine genaue Nachprüfung des Enzyklikatextes wißd die Regierung 
davon überzeugen, daß lediglich das Vorhandensein solcher Machen- 
schäften festgestellt war, ohne daß die Staatsführung als solche damit 
gleichgesetzt, wurde. Es genügt, das Schrifttum und die Rhetorik ge- 
wisser führender Persönlichkeiten und Organe der nationalsozialistischen 
Bewegung und von ihr begünstigter Meinungsgrup'pen zu kennen, um 
die bedauerliche Feststellung zu machen, daß die Erklärung der En- 
zyklika der Wirklichkeit entspricht. Diesen Mißstand abzustellen, liegt 
in der Hand der Regierung, wie Äußerungen höchstgestellter Persön- 
lichkeiten der Staatsführung kirchlichen Vertretern gegenüber beweisen. 
Sie hat von dieser Möglichkeit bisher keinen Gebrauch gemacht. 

47 



Zum Erweis ihrer positiven Haltung gegenüber der Kirche bedient 
sich die Note „des Hinweises auf die auch vom Hl. Stuhl anerkannte 
Tatsache, daß die katholische Kirche Deutschlands durch 
den Nationalsozialismus vor dem bolschewistischen Chaos 
gerettet worden is t". Der Heilige Stuhl verkennt nicht, daß die 
heutige Deutsche Regierung den Kommunismus als öffentliche Organisa- 
tion erfolgreich beseitigt hat. Wie weit der deutsche Kommunismus zur 
Zeit der Machtergreifung des Nationalsozialismus eine 'unmittelbare 
Gefahr bedeutete, deren Überwindung mit anderen Mitteln ausgeschlos- 
sen war, stellt eine Tatsachenfrage dar, die der Heilige Stuhl von sich 
aus nicht zu entscheiden hat. Auf alle Fälle würdigt er jedes ehrliche 
Bemühen um Ordnung und Frieden. 

Die Note vom 12. d. M. weist hin auf „das von der Deutschen Re- 
-gierung durch Wort und Tat bewiesene große Entgegenkommen gegen- 
über der katholischen Kirche bei Festlegung der materiellen Kon- 
kordatsbedingunge n". In diesem Zusammenhang darf daran er- 
innert werden, daß das von der gegenwärtigen Regierung abgeschlossene 
Reichskonkordat keine finanziellen Neufeststellungen enthält und ledig- 
lich das bestehen läßt, was frühere Regierungen ver- 
einbart hatten. Daß Entsprechendes gilt für außerkonkordatliche 
Leistungen auf Grund von früheren Gesetzen, für die Erhebung von 
Kirchensteuern, für die Gründung neuer Seelsorgsbezirke usf., ist der 
Reichsregierung bekannt. 

Ebenso wird sie nicht leugnen können, daß wesentliche Her- 
absetzungen vorgenommen worden sind. Darüber hinaus ist fest- 
zustellen, daß durch eine Reihe von Maßnahmen der Gesetzgebung und 
Verwaltung den kirchlichen Instituten und Vereinigungen schwerste 
Vermögens- und Einkommenschäden erwachsen sind, deren 
statistische Feststellung vorbehalten bleibt. Im übrigen darf der Heilige 
Stuhl in diesem Zusammenhang, ohne Mißverständnisse befürchten zu 
müssen, darauf aufmerksam machen, daß für ihn die hier von der 
Reichsregierung in den Vordergrultd geschobenen Fragen nicht In- 
teressenfragen, sondern Rechtsfragen darstellen und daß 
eine richtige Würdigung der in Deutschland bestehenden Regelung die- 
ser Fragen ohne Zurückgr(äifen auf die aus der Säkularisation und ande- 
ren Tatsachen herzuleitenden Rechtstitel unmöglich ist. Es bedarf so- 
dann keines Hinweises, daß der Kirche ihre Freiheit in der 
Erfüllung ihrer Heilsmission an erster Stelle steht 
und daß keinerlei mate.rielle Interessen sie davon abhalten 
können, von jedem Staate, welches auch seine verfassungsmäßige Form 
im einzelnen sein mag, diese Freiheit nicht als ein Almosen 
zu erbitten, sondern — auch im Interesse des Staates und Volkes 
selbst alsihrGottesrechtzufordern. 

■ 8. Wenn die Note vom 12. April d. J. . den Heiligen Stuhl daran 
erinnern zu müssen glaubt, daß „der autoritäre deutsche Staat auf allen 
Gebieten des öffentlichen Lebens, der Staatsführung, der Justizpflege, 
der Schul- und Pressepolitik, mi t den Auffassungen und 
Methoden, der liberalistisch-parlamentarischen De- 
mokratie endgültig gebrochen. ha t", so verkennt sie die Ab- 
sichten der Päpstlichen Enzyklika in ungewöhnlicher Weise. 

Nicht hier liegen die wirklichen oder möglichen Konfliktquellen 
zwischen katholischer Kirche und Deutschem Staat. Der Hl. Stuhl, 
der freundschaftliche, korrekte oder wenigstens erträgliche Beziehungen 
hat zu Staaten der einen wie der anderen verfassungsmäßigen Form und 
Richtung, wird niemals sich in die Frage einmischen, 
welche konkrete Staatsform ein bestimmtes Volk als 
die seinem Wesen und seinen Bedürfnissen entspre- 
chendste ansehen will. Diesem seinen Grundsatz ist er auch 
Deutschland gegenüber treugeblieben und beabsichtigt es weiter zu tun, 

48 



Die Papstenzyklika hat lediglich den Grundsatz aufgestellt, 
daß jede staatliche Rechtssatzung unter dem Gottes- 
gesetz steht. Wenn dieser Grundsatz von der deutschen Staats- 
führung im Prinzip anerkannt und in der Praxis gehandhabt wird, sind 
Konflikte zwischen der Gewissenspflicht des Christen und der Treue- 
pflicht des Staatsbürgers ausgeschlossen. Eine Staatsführung jedoch, die 
sich dieser fundamentalen Forderung jeder sittlichen Rechts- und Ge- 
meinschaftsordnung grundsätzlich oder praktisch entziehen wollte, 
schafft bewußt oder unbewußt Spannungen und Gegensätze, die das 
Werden der von ihm angestrebten und auch von der Kirche mit allen 
erlaubten Mitteln geförderten Gemeinschaftsgesinnung unmöglich 
machen. 

9. Zusammenfassend stellt der Hl. Stuhl als Kerntatsache fest: -Die 
Note vom 12. d. M. hat keine einzige der in der Enzyklika 
„M it brennender Sorge" enthaltenen Feststellungen 
sachlich widerlegt. Sie hat mit politisierenden Miß- 
deutungen sowohl des Inhalts des Rundschreibens als auch der 
Absichten Seiner Heiligkeit des Papstes die in Deutschland vor- 
gekommenen und vorkommenden Konkordatsverletzung e n 
dadurch zu überdecken gesucht, daß sie behauptet, die ge- 
nannte Enzyklika stelle eine Konkordatsverletzung dar. Eine er- 
staunlichere Umkehrung aller Grundbegriffe des 
Vertragsrechtes ais die hier in einem diplomatischen 
Aktenstück versuchte ist schwer denkbar. Nach vier 
langen Jahren vergeblichen Mahnens zu korrekter Konkordatserfüllung, 
nach wiederholtem vertraulichem Hinweis, daß der 
Heilige Stuhl bei weiterem Fortgang der regierungsseitig geübten Taktik 
zu öffentlicher Stellungnahme genötigt werde,, nach 
zahlreichen Versuchen, an die Stelle der im Juni 1934 von staatlicher 
Seite versuchten Konkordatsverschlechterung eine für beide Seiten ver- 
antwortbare Lösung bezüglich der katholischen . Vereinigungen zu setzen, 
nach wiederholten Bemühungen, durch mündliche Fühlungnahmen von 
Vertretern des Episkopats mit hohen Staatspersonen die eingetretene 
Versteifung zu lockern, nach mehrfacher ergebnisloser' Anrufung der in 
Art. 33 vorgesehenen Einigungsinstanz gegenüber den sich überstürzen- 
den einseitigen Regierungsmaßnahmen auf dem schulrechtlichen Gebiet 
und in verschiedenen anderen wichtigen Fragen — hat Seine Heiligkeit 
der Papst das Oberhirtliche Wort gesprochen, das Seine amtliche Pflicht 
und Sein vertragliches Recht war. In Seinem hohen Auftrag habe ich 
die Pflicht, die diesem Seinem Rundschreiben in der Note vom 12. d. M. 
zuteilgewordene ungerechte Beurteilung und darüber hinaus die Form 
dieser Beurteilung zurückzuweisen. Nach der sachlichen Seite muß ab- 
schließend geltend gemacht werden, daß der grundlegende, die gesamte 
Betrachtungsweise der Deutschen Regierung verschuldende Sehfehler 
der ist, die Ursache der bestehenden Konflikte auf politischem Gebiete 
zu sehen und in politischen Strömungen und Strebungen auf deutscher 
kirchlicher Seite. Je schneller und endgültiger die Deutsche Reichs- 
regierung sich entschließen kann, diesen Bestandteil journa- 
listischer Polemik aus den amtlichen Erwägungen und dem 
Verhandlungsverkehr mit dena Hl. Stuhl auszuschalten, um so eher wird 
die Atmosphäre entstehen können, in der, wie die Note vom 12. d. M. 
sagt, „von beiden Teilen, Staat und Kirche, am Wohl des deutschen 
Staatsvolks und Kirche.nvolks gearbeitet werden kann". Die erste und 
wesentliche Bedingung für die Erreichung dieses im beiderseitigen Inter- 
esse erstrebenswerten Zieles ist die Lösung der Staatsführung und 
der den Staat tragenden Bewegung aus der steigenden Um- 
klammerung und Durchdringung mit den weltan- 
schaulichen und antichristlichen Strömungen, die 
vom Kampf gegen die Kirche leben und aus diesem 
Kampf ein Lebensgesetz und eine Lebensvoraus- 

49 



Setzung für den deutschen Staat ihrer Prägung and 
ihres Geistes machen wollen. Diese Diagnose der Konflikts- 
lage wird hier nicht zum erstenmal dem Staat nahegebracht. Sie wird 
nur mit der durch die Erfahrungen bedingten, beschwörenden Eindring- 
lichkeit wiederholt. Am deutschen Staate und an seiner Führung ist es, 
wenigstens jetzt die Entschließungen zu treffen, denen bisher immer 
wieder aasgewichen worden ist. In diesem Sinne hat der Staat und 
nicht der Heilige Stuhl es in der Hand, darüber zu entscheiden, wie sich 
in Zukunft das Verhältnis zwischen Kirche und Staat gestalten soll. 

Mit dem Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung habe ich 
die Ehre, zu verbleiben 

Euerer Exzellenz 
ergebenster , 

gez. E. Card. Pacelli. 
Sr. Exzellenz 

Herrn Dr. Diego von Bergen 
Botschafter des Deutschen Reiches 
beim Hl. Stuhl in Rom. ' . • ' 

Weitere Beispiele und Dokurhente Päpstlicher Noten werden 
in den nachfolgenden Kapiteln wiedergegeben werden. 



2. Der einmütige deutsche Episkopat. 

„Die Aktensch ranke, der beteiligten Ministerien 
un d B ehö r den sin d notorisch voll von fortlaufenden 
Beschwerden der kirchlichen Stellen. Es gibt gewiß 
imganzen Reich keine Diözese und wohl kaum eine 
Pfarrei, in der die Spuren und Wunden dieses Kampfes 
nicht offenbar wäre n." (Päpstliche Note vom 29. Januar 1936 ^än 
die deutsche Reichsregierung.) 

a. Gemeinschaftshirtenbriefe der katholischen Bischöfe Deutschlands. 

Wenige_Wochen nach d er Macht ergreifung durch den National- 
sozi^Tlsnius und der ersten feierlichen Regierungserklärung ver- 
ölTentlichten die deutschen Bischöfe gehieinsam eine Kundgebung. 
Wesentlich ist dabei, daß die allgemeinen Verbote und 
Warnungen gegen den Nationalsozialismus nur 
beschränkt und bedingungsweise aufgehoben 
v/ erden: , "" 1 "- 

„Die Oberhirten der Diözesen Deutschlands haben aus triftigen 
Gründen, die wiederholt dargelegt sind, in ihrer pflichtmäßigen Sorge 
für. Reinerhaltung des katholischen Glaubens und für Schutz der un- 
antastbaren Aufeaben und Rechte der katholischen Kirche in den letzten 
Jahren gegenüber der nationalsozialistischen Bewegung eine ablehnende 
Haltung durch Verbote und Warnungen eingenommen, die so- 
lange und insoweit in Geltung bleiben sollten, wie diese Gründe fort- 
bestehen. 

Es ist nunmehr anzuerkennen, daß von dem höchsten Vertreter der 
Reichsregierung, der zugleich autoritärer Führer jener Bewegung ist, 
öffentlich und feierlich Erklärungen, gegeben sind, 
durch die der Unverletz;lichkeit der katholischen Glaubenslehre und den 
unveränderlichen Aufgaben und Rechten der Kirche Rechnung". getragen 
sowie die vollinhaltliche Geltung der von den einzelnen deutschen Län- 
dern mit der Kirche abgeschlossenen Staatsverträge durch die Reichs- 

50 



regierung ausdrücklich zugesichert wird. Ohne die in unseren früheren 
Maßnahmen liegende Verurteilung bestimmter religiös-sittlicher 
Irrtümer aufzuheben," glaubt daher der Episkopat, das Vertrauen 
hegen zu dürfen, daß die vorbezeichneten allgemeinen Verbote und 
Warnungen nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden brauchen. 

' In Gerrü'"ng'''b'l"elbt' die so oft in feierlicher , Kundgebung an 
alle Katholiken ergangene Mahnung, stets wachsam und opfer- 
freudig einzutreten für den Frieden und die soziale Wohlfahrt des 
Volkes, für Schutz der christlichen Religion und Sitte, für Freiheit und 
Rechte der katholischen Kirche und Schutz der konfessionellen Schule 
und katholischen Jugendorganisationen. 

In Geltung bleibt ferner die Mahnung an die politischen 
und ähnlichen Vereine und Organisationen, in Gotteshaus 
und kirchlichen Funktionen aus Ehrfurcht vor^ der Heiligkeit derselben 
zu vermeiden, was als politische oder parteimäßige Demonstration er- 
scheinen und dahqr Anstoß erregen kann. 

In Geltung bleibt endlich die so oft und eindringlich ergangene 
Aufforderung für Ausbreitung, und Wirksamkeit der katholischen 
Vereine, deren Arbeit so überaus segensreich ist für Kirche, Volk 
und Vaterland, für christliche Kultur und sozialen Frieden, stets mit 
weitblickender Umsicht, und mit treuer opferwilliger iJinigkeit ein- 
zutreten." (29. März 1933.) 



Auch die gleichzeitig erlassenen Pastoralen Anweisun- 
gen des bayerischen Episkopates an den Klerus halten die Rechte 
der Kirche und ihrer Seelsorger voll' aufrecht, an die Spitze den 
allgemeinen Grundsatz stellend: „Die Grundsätze der 
Pastoral werden von den Umstellungen des poli- 
tischen Lebens nicht berührt." 

Im einzelnen bestimmten die Anweisungen in den Leitsätzen: 

„1. Außerordentlich eGottesdiens'te können nur von den 
kirchlichen Oberbehörden angeordnet werden. 

2," Ein besonderer Go tt es dien st für einzelne Vereine 
oder Verbände innerhalb der Kirche oder im Freien kann nur dann an- 
gesetzt werden, wenn die gleichen Voraussetzungen erfüllt sind, die bis- 
her bei solchen Gottesdiensten für die Wehrmacht oder für große Gau- 
tage oder Katholikentage gegeben waren. 

3. Das Läuten der Kirchenglocken anläßlich einer staat- 
lichen oder politischen Feier darf nur auf Anordnung oder wenigstens 
mit Erlaubnis der oberhirtlichen Stelle geschehen. 

4. Dei: Besuch des Gottesdienstes in Uniforin und ge- 
schlossener Kolonne soll nur unter folgenden Voraussetzungen gestattet 
werdep: Die Kirchenparade darf nicht zu einer Störung des Gemeinde- 
gottesdienstes für die übrigen Angehörigen der Pfarrei ausarten . . . Für 
jeden Fall bleibt der Pfarrer als Hausherr der Kirche ^ür die Kirchen- 
ordnung verantwortlich. 

5,. Das Mitbringen von Fahn,en, die kirchlich nicht geweiht 
sind imd kein religiöses Abzeichen tragen, widerspricht dem Her- 
kommen der Vorkriegszeit. 

6. Für die Zulassung von Nationalsozialisten zu den 
heiligen Sakramenten gelten die gleichen kirchlichen Vorschriften 
wie für jeden anderen Katholiken. 

7. Ebenso gelten für die kirchliche Beerdigung von Natio- 
nalsozialisten die gleichen kirchenrechtlichen Grundsätze wie für andere 
Katholiken... Das Begräbnis darf nicht zu einer politischen Demon- 

51 



stration mißbraucht, die liturgische Feier am Grabe nicht durch poli- 
tische Reden gestört werden. 

8. In der Frage „Nationalsozialismus und katholische Vereine" bleibt 
für den Seelsorger der Grundsatz, daß sowohl die rein kirchlichen Ver- 
eine als auch die Standesvereine und Jugendorganisa- 
tionen als solche keirie politischen, sondern weltanschauliche 
Vereinigungen sind und bleiben müssen . . . Die weltanschaulichen Grund- 
lagen der katholischen Vereine dürfen nicht erschüttert werden . . . 

9. Sollten auch weiterhin Pfarrhöfe, Klöster und andere 
kirchliche Gebäude nach Waffen durchsucht werden, so möge der 
Pfarrer oder Rektor immer zunächst den Ausweis fordern und über den 
Hergang und das Ergebnis der Durchsuchung ein kurzes Protokoll auf- 
nehmen ... Die Beflaggung der Kirchen darf nur aus kirch- 
lichen Anlässen und in kirchlichen Farben erfolgen. 

10. Bei dieser Gelegenheit sprechen die Bischöfe von Bayern dem 
Hochwürdigen Klerus herzlichen Dank und volle Anerken- 
nung aus für die musterhafte Disziplin, die er in schwerster Zeit 
gegenüber den Anweisungen der Bischöfe vom Februar 1931 geübt hat. 
Wir haben zu unserem Klerus das Vertrauen, daß er auch weiterhin 
m i t a po stolischem Freimut für die unbeugsame katho- 
lische Glaubenslehre und für die Grundsätze der kirch- 
lichen Disziplin eintritt. 

Wir bleiben der früheren bayerischen Staats- 
regierung unauslöschlichen Dank schuldig, die im letzten Jahr- 
zehnt den drohenden Kommunismus und Bo Ische vi^is- 
m u s von unserer Heimat abgehalten und für die religiös-sittliche 
wie für die sozial-wirtschaftliche Gesundung unseres Volkes sich 
eingesetzt hat. 

Wir müssen nach wie vor Irrtum nennen, was Irrtum ist, 
Unrecht, ■ was Unrecht ist, und kulturpolitische An- 
schauungen ablehnen, die nach der Überzeugung unseres Ge- 
wissens für unser Volkstum den größten Schaden brächten. Wir 
können auch einzelne Ausschreitungen von Unterbehörden 
nicht gutheißen und zu den gewalttätigen Sonder aktionen 
nicht ja und aiyien sagen, die gegen den Willen der obersten Reichs- 
sl eilen von nachgeordneten Stellen durchgeführt wurden. 

Wir vertrauen zu unserem Klerus, daß er in Wort und Be- 
nehmen, in Predigt und Grabrede alles vermeide, was als' 
Mißachtung der Staatsregierung oder auch als 
würdelose Verbeugung gedeutet werden könnte, 

München, 5. April 1933. 






Der gemeinsame Hirtenbrief der deutschen 

Bischöfe^///? 
vom Juni 1933 fl^^pfin'^a 

nahm in freimütiger Weise Stellung zu den verschiedensten aktu- 
ellen Fragen. 

Keine Überspannung des Nationalbewußtseins! 
•Verbundenheit mit anderen Völkern! 

„Wir deutschen Katholiken brauchen deswegen auch keine Neuein- 
stellung dem Volke und Vaterland gegenüber, sondern setzen höchstens 

52 ( . ' 

■1 ■■ ...J7.^.(lÄ:,^ :^V---^^-^^'>^^.{/^-;^,•■^^^•-Ä■^ 






bewußter und betonter fort, was wir bisher schon als unsere natürliche 
und christliche Pflicht erl^annten und erfüllten. Freilich vergessen wir 
über unserer Liebe zum Volke und Vaterland die natürliche und 
christliche Verbundenheit mit den andern Völkern 
und Völkef-familien nicht, sondern denken an das große, welt- 
weite Gottesreich auf Erden, das der Heiland dazu berief, alle Menschen 
OhneUnterschiedderSpracheundderZeit, derNation 
und Rasse erlösend zu erfassen. (1 Tirn. 2,5) Wir entziehen damit 
der Liebe zu unserem Volke nichts von ihrer iirsprünglichen Wärme 
und Kraft, sondern verbinden mit ihr nur die Gerechtigkeit und die 
allumfassende,' christliche Liebe, die mittelbar wieder den Frieden und 
die Sicherheit unseres eigenen Volkes verbürgen." 

Keine Überspannung des Au t o r i t ä t s g e dan k en s ! 

„Wir dürfen erwarten, daß die staatliche Autorität nach dem Vor- 
bild der Autorität innerhalb der katholischen Kirche die menschliche 
Freiheit nicht mehr beschneide, als es das Gesamtwohl 
verlangt, sondern sich mit der Gerechtigkeit schmücke und damit 
jedem Untertanen das Seine, sei es Eigentum, Ehre oder Frei- 
heit gebe und lasse. Jeder Mißbrauch der Autorität führt zu ihrer 
eigenen Schwächung und Auflösung und jedes Unrecht, das die staat- 
liche Autorität durch Überspannung oder durch Duldung von 
Übergriffen untergeordneter^ oder unbefugter Eindringlinge 
am Volksganzen begeht, rächt sich sowohl an ihr als am Volksganzen." 

Kein Imperialismus und Militarismus! 

„Nach Jahren der Unfreiheit unserer Nation und der Mißachtung 
und schmachvollen Verkürzung' unserer völkischen Hechte muß unser 
deutsches Volk jene Freiheit und jenen Ehrenplatz in der Völ- 
kerfamilie wieder erhalten, die ihm auf Grund seiner zahlenmäßigen 
Größe und seiner kulturellen Veranlagung und Leistung gebühren . . . 
...Wir reden aber auch nicht einer un ehr i s t li chen 
Rachepolitik oder gar einem kommenden Kriege das 
Wort, sondern verlangen nur Gerechtigkeit und Lebensraum im Inter- 
esse des allgemeinen Friedens, wie es auch unser Heiliger Vater des 
öftern feierlich betonte." 

Keine üb er tr ieb ene Kör p er p f 1 ege ! 

„Wir Katholiken tragen deswegen gerne dazu bei, daß zumal 
unsere Jugend durch Icörperliche Ertüchtigung erstarke und im 
Arbeits dienst ihre Kraft zum Nutzen des Volksganzen und zur eige- 
nen sozialen Einführung und Einordnung verwerte. Nur müssen wir als 
,Diener Christi und Ausspender der Geheimnisse Gottes' (1 Cor. 4,1 f.) 
dringend verlangen, daß dabei nicht die Seele über dem Körper not- 
leide, der Sonntag der Mißachtung und Entweihung verfalle oder 
das katholische Glaubensleben durch gemeinsame, inter- 
konfessionelle Gottesdienste mit Umgehung -der pflichtmäßi- 
gen hl. Messe in Verwirrung gerate oder endlich sittenlose Ele- 
mente die Guten und Unverdorbenen verführerisch bedrohen. Des- 
gleichen darf die staatliche Autorität bei der Förderung der Volksgfesun- 
dung nicht zu Gesetzen und Verfahren greifen, die sie vor Gott, dem 
alleinigen Herrn alles Lebens (Rom. 14,8), nicht verantworten kann." 

Keine Überspannung von Blut- und Rassekult! 

„Ausgehend von der katholischen Einheit bedauern wir jegliche Ge- 
spaltenheit und Zerklüftung, weil sie dem Geiste Gottes widersprechen 
und die Volkskraft nach außen und innen verhängnisvoll lähmen. Nur 
glauben wir, daß eine Volkseinheit sich nicht nur durch die Bluts- 

53 



g 1 e i c h h e i t, sondern auch durch die Gesinnungsgleichheit 
verwirklichen läßt und daß bei der Zugehörigkeit zu einem Staatswesen 
die ausschließliche Betonung der" Rasse und des Blu- 
tes zu Ungerechtigkeiten führt, die das christliche 
Gewissen belasten, vor allem, wenn sie Mitmenschen treffen, die 
in Christus durch das hl. Sakrament der Taufe wiedergeboren sind, und 
,ein neues Geschöpf in ihm wurden (2 Cor. 5,11). Was bisher für jede 
Volksgemeinschaft galt, daß die Gerechtigkeit die Grundlage 
aller Volkswohlfahrt sei, muß erst recht bei der Neuordnung 
des deutschen Volkswesens gelten. Diese Gerechtigkeit darf 
auch dem bisherigen Feinde gegenüber nicht ver- 
sagen, sondern muß, zUmal bei. seiner Verurteilung und Bestrafung,- 
weniger an die rücksichtslose Ausmerzung der Men- 
schen als ari ihre Besserung und Wiedergewinnung für die Volks- 
familie denken. Den politisch Andersgesinnten aber wird 
diese Gerechtigkeit, sofern er aufrichtig entschlossen ist, im neuen Staate 
ehrlich und opferwillig zu dienen,' nicht einem ungewissen Schicksal, 
trotz aller bishez'igen, oft überaus großen, vaterländischen Verdienste, 
hartherzig überliefern, sondern seine Mitarbeit wiederum ermöglichen. 
Nicht die Menschen der leichten Anpassung und die 
Ausbeuter einer günstigen Zeitlage sind die besten eines 
Volkes, sondern jene, die Überzeugung und Charakter besitzen und sich, 
wenn auch manchmal erst nach starkem, innerem Ringen, zu einer Sache' 
mit ihrem Gewissen und ihrer ganzen Hingabe bekennen." 

Freiheit für die Kirche! ' 

„Die Kirche selber kann nur dann ihre Kräfte entfalten, wenn ihr 
jene Freiheit gewährt wird, die sie auf Grund ihres Wesens und 
ihrer Aufgabe braucht und verdient. iErst dann ist sie in der Lage, den 
Völkern und Staaten ihren ganzen mütterlichen Segen zu vermitteln,- 
wenn sie ihre segnende Hand ohne Hemmung erheben kann. Die Lenker 
unseres Staatswesens handeln darum im Interesse unseres Staates selbst, 
wenn sie die katholische Kirche nicht als eine dienstpflich-- 
t i g e Magd betrachten, sondern als eine Gottesmacht auf Erden vei:- 
ehren, die die Menschen an Gott und damit auch mit ihrem Gewissen 
an die Bürgerpflichten bindet, gemäß jenem Worte des Herrn: , Gebet 
Gott, was G-ottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist!' Die Ge- 
schichte selber lehi-t es an einer Fülle von Beispielen, daß alles 
Staatskirchentum nicht bloß das kirchliche, sondern auch das . 
staatliche Leben verhängnisvoll lähmt und langsam zum Zusammen- 
bruch führt." 

Freiheit für kirchliches Leben außerhalb der 

Kirchen, mauern! 

„IJie Uneingeschränktheit der Kirche darf sich nicht nur auf das 
kirchliche Leben im engen Sinne beziehen. Es genügt nicht, daß die 
Kirche nur innerhalb der Kirchp, d. h. des Gotteshauses, und bei der 
Spendung der Sakramente frei ist.. Es liegt in ihrer, Aufgabe, das 
ganze Leben des Menschen, das private und öffent-- 
liehe zu durchdringen. . . . Erst dann empfängt ein Volk den 
Charakter eines christlichen, wenn es christlich denkt und strebt, er- 
trägt und entsagt und aus seinen christlichen Zielsetzungen und An- 
trieben handelt und lebt. Es ist deswegen auch im Interesse des Staates 
gelegen, die konfessionelle Schule und konfessionelle 
Lehrerbildung zu schützen." 

Freiheit für die Jugend- und Standesvereine! , 

„Wollte die Kirche den reifenden oder schon erwachsenen Menschen 
religiös sich selber überlassen, so würde sie damit ihre eigene seelsorger- 

54 . 



liehe Aufgabe und das Wesen des Menschen verkennen. Aus diesen 
Erwägungen heraus sind unsere Jugendorganisationen ent- 
standen. Wer den Bestand derselben in ihren vielfachen Verzweigungen 
verwirft, dient damit dem Staatswesen schlecht, weil er die religiösen 
Kräfte verschmäht, die durch keine anderen ersetzt werden können. 
Wenn man einwendet, daß wenigstens der jugendliche Sport mit 
Religion und Kirche nichts zu tun habe, so verkennt man damit, daß 
. Christentum und Kirche das gesamte Leben des Menschen umprägen 
und der körperlichen Ertüchtigung einen ganz anderen Charakter ver- 
leihen, als der rein natürliche Sinn es vermag. 

Was dann die Standes- und Berufsvereine angeht, so 
wäre es auch hier verkehrt, in ihpen lediglich weltliche, vom Religiösen 
unabhängige Organisationen zu erblicken. Die Religion ragt in den 
Beruf lebensvoll hinein; denn sie ist es zuletzt, die in ihm nicht etwas 
durch den Volksorganismus Bedingtes, sondern von Gott Gewolltes und 
nach seinem .Willen zu Erfüllendes erkennt." 

Freiheitfürdie Caritas! 

„Die caritativen Vereine bilden die naturgemäi^e Verkörperung 
des christlichen Geistes. Es Wäre die Gleichschaltung und Ver- 
staatlichung der christlichen Wohlfahrtspflege ein unersetzlicher 
Verlust für den Staat selbst, ganz abgesehen davon, daß das deutsche 
Volk damit seine seelischen Kräfte verlieren würde, auf die ein christ- 
liches Kulturvolk niemals verzichten darf." . 

i 

Freiheit für die Presse ! 

„Soll die Kirche im neuen Staat ihre Freiheit genießen, so, wird sie 
auch berechtigt sein müssen, eine katholische Presse zu be- 
sitzen. Wir meinen damit jene, die mit den Tagesbotschaften den katho- 
lischen Geist in,' die Seelen ihrer Leser leitet und die Ereignisse des 
Menschenlebens und. Weltgeschehens am Maßstab des Christentums mißt 
und im Spiegel der Ewigkeit beschaut. Die Kirche kann auf 
dieses modernste Seelsorgemittel auf keinen 
Fall verzic^hten und muß dafür' Jenes Maß von Freiheit 
verlangen, das ihre segensreiche Wirksamkeit ermöglicht, wenn sie 
nicht wahrnehmen will, daß sich die im gottesdienstlichen Leben ge- 
sammelten und in den katholischen Organisationen vertieften Kennt- 
nisse und Entschließungen in der Flut einer ' religiös unbestimmten 
Tagespresse verwässern." 



Ein Beispiel unerschrockenen kirchli'C henWider- 
s tan des gegen nationalsozialistischen Terror und Unglauben ist 

derHirtenbrief der deutschen Bisch.öfe 
a m 2 0. A u g u s t 1 9 3 5. ' 

Der Kampf des Nationalsozialismus war ja mittlerweile schon, 
viel offener und heftiger entbrannt. 'Die H. H. Bischöfe aber parier- 
ten jeden Schlag: 

Gegen die Glaubensfeinde und Glaubensschmäher: 

„Die Zahl der Feinde des christlichen Glaubens und der 
katholischen Kirche ist Legion geworden. Jugendliche Geister, 
die niemals oder nur oberflächlich den Katechismus der Glaubenslehre 
kennen -lernten, fühlen sich berufen, über alles Katholische zu Gericht 
zu sitzen. Männer und Frauen, die niemals die Schönheit unserer Litur- 
gie und den Seelenfrieden nach einer hl. Kommunion empfunden haben, 
machen sich daran, mit allen Mitteln der Propaganda zum Austritt 

55 



aus der Kirche und zum Abfall vom Christentum aufzurufen. 
Schriftsteller, die niemals Kirchengeschichte und. Kirchenrecht 
aus reinen Quellen studierten, verwirren mit großen Worten urteilslose 
Geister. Die H e,i ligen Schriften des Alten Bundes und sogar die 
Evangelien und Paulusbriefe sollen nicht mehr gelten. Jesus Chri- 
stus, unser Herr und Heiland, soll nicht mehr der Weg, die Wahrheit 
und das Leben sein, und mit dem von Christus eingesetzten Primat 
soll jede Verbindung gelöst und dafür eine sogenannte romfreie 
National kir che errichtet werden. Unter sich sind diese Todfeinde 
des Christentums in Gegensätze gespalten wie die Völker beim babylo- 
nischen Turmbau. Nur darin sind sie einig, daß es ihnen nicht mehr 
um einzelne Glaubenswahrheiten geht wie in früheren 
Glaubenskämpfen, sondern um das Wesen und die Fundamente der 
christlichen Religion, und auch darin stimmen sie überein, daß i h r 
Vernichtungskampf in erster Linie sich gegen Rom und den 
römisch-katholischen Glauben richtet. 

. In dieser ernsten, entscheidenden Stunde unseres Volkes ermahnen 
wir unsere geliebten Diözesanen: ,Steht fest im Glauben!' (1 Kor. 16,13.) 
,Brüder, werdet stark im Herrn! Legt die Rüstung Gottes an!' (Ephes. 
6,10 15.). Stehet fest im Glauben an Gott, den allmächtigen Vater, den 
Schöpfer des Himmels und der Erde, den obersten Herren aller Völkej;^ 
und aller Menschen! Im Glauben an den eingeborenen Sohn des Vaters, 
den wahren und einzigen Erlöser der Welt! Im Glauben an den Heiligen 
Geist, der die Kirche regiert und die Gnade der Erlösung den einzelnen 
Seelen zuwendet. ^ 

Man hat aus allen Winkeln der bald 2000jährigen Kirchengeschichte 
Schatten und Sünden kirchlichefPersonen zusam- 
mengetragen, die katholische Kirche aber, die Mutterkirche des 
Erdkreises, bleibt, trotz menschlicher Armseligkeiten an Haupt und Glie- 
dfcrn, das größte Wunder der Weltgeschichte. Wir wissen, wem wir 
glauben." 

Gegen die glaubensfeindliche Presse : 

„Nun versteht ihr, ' geliebte Diözesanen, warum wir Bischöfe euch 
nicht gestatten dürfen, Zeitungen und Bücher zu lesen und Ver- 
sammlungen zu besuchen, in denen unser Glaube und unsere Kirche 
geschmäht und Gotteslästerungen gegen alles, was dem religiösen Men- 
schen heilig ist, ausgestoßen werden. Nicht jeder erkennt sofort, wieviel 
Irrtum hinter diesen Worten steckt, und mancher wurde durch das 
Lesen solcher Zeitungen und durch den Besuch solcher Versammlungen 
vom Glauben an Christus und seine Kirche abgezogen oder wenigstens 
in seiner Glaubensfreude erschüttert. Auf der anderen Seite ist es 
doppelt geboten, Äie kirchlichen Predigten zu be, suchen und 
anzuhören — ,'Wie kann man an Gott glauben, wenn man nicht von ihm 
gehört hat' (Rom. 10,14) — und aus anderen Quellen der religiösen Fort- 
bildung zu schöpfen. Ai^ßerhalb der Kirchen dürfen zur Zeit Versamm- 
lungen mit religiösen Vorträgen nicht mehr gehalten werden. Die 
Freiheit der Presse ist, was wir mit tiefem Schmerz feststellen, 
so weit eingeschränkt, daß die früher katholischen Zeitungen 
religiöse Artikel nicht mehr bringen dürfen und zuweilen zur Auf- 
nahme von Artikeln gezwungen werden, die den^ katholi- 
schen Leser verletzen. Da ist es zum Ersatz doppelt notwendig, zu Hause 
treuer als sonst im hl. Evangelium zu lesen, um dem Heifand innerlich 
nahe zu bleiben, und fleißiger als sonst die kirchlichen Predigten zu 
besuchen. Ihr müßt gerüstet sein, über euren Glauben Rede und Ant- 
wort zu geben. ,Legt die Rüstung Gottes an!'" 

Gegen die Feinde christlicher Sitte: 

„Stehet fest im Glauben! Dieser Glaube ist die Grundlage der 
sittlichen Weltordnung. Die heidnische Weltan schau - 

§6 



u n g , die ohne Gottes Gebot, ohne Gottes Gnade die Welt ordnen will, 
bietet für eine Volksgemeinschaft keinen sittlichen Halt. Ohne Gottes- 
glauben müssen Gewissenhaftigkeit und Edcjmenschentum, Gemein- 
schaf issinn und GiDf ergeist, soziale Gerechtigl'ieit und Liebe mit der Zeit 
verkümmern. 

Der christliche Glaube verkündet ein objektives, göttliches 
Sittengesetz, das in den zehn Geboten Gottes den kürzesten Aus- 
druck gefunden und dem Wechsel der Zeiten und der Willkür der Völ- 
ker entrücltt ist. Im vierten dieser zehn Gebote wird die Ehrfurcht vor 
der staatlichen Obrigl<;eit und der Gehorsam gegen ihre Gesetze gefor- 
dert. Wenn aber die Gesetze des Staates mit dem Natur- 
recht und den GebotenGottes in Widerspruch gera- 
ten, gilt das Wort, für das die ersten Apostel sich 
geii3eln und in den Kerker werfen ließen: ,Man muß 
Gott mehr gehorchen als den Menschen,' (Apg. 5,29.)" 

Gegen den Pharisäismus der Devisen- und Sittl'ich- 

keitsprozesse: 

„Wir verurteilen alle Vergehen gegen zu Recht bestehende Staats- 
gesetze. Wir verurteilen aber auch mit dem Evangelium jenen phari- 
säischen Hochmut,- der immer nur auf andere Menschen 
Steine wirft und die Balken im eigenen Auge nicht sieht, der bei 
Gesinnungsgenossen alles mit dem Mantel des Schweigens zudeckt, bei 
anderen Menschen aber alles an die große Glocke hängt. Wir verurteilen 
es, wenn mit dop p c Iten Maßen gemessen wird und die Ver- 
gehen von einzelnen Katholilcen der Gesamtheit der deutschen Katho- 
liken angerechnet werden." 

Gegen die, nationalsozialistische Entwertung der Ehe: 

„Der Prüfstein für den Hochstand oder Tiefstand der Volksmoral ist 
die E h e m r a 1. Die Ehegesetze der katholischen Kirche, wie das Ver- 
bot der Ver'wandtenehen oder das Verbot der wilden Ehescheidungen, 
waren für die Reinerhaltung des Blutes und der erbgesunden Familie 
ein unendlicher Segen. Es wäre sittlich verhängnisvoll, wenn im Gegen- 
satz zu den christlichen Ehegesetzen die Ehe einzig unter dem Gesichts- 
punkt der Reinerhaltung der Rasse betrachtet würde. Es wäre 
eine furchtbare Belastung der deutschen Ehre vor der ganzen Welt, wenn 
das alte Schlagwort desKommunismusvon der Gleich- 
heit der ehelichen und unehlichen Mutterschaft wie- 
der aufgegriffen und ins Volk geworden werden dürfte: Es sei gleich 
ehrenhaft, ob ein deutsches Mädchen innerhalb oder außei-halb der Ehe 
Mutter werde. Es ist also eine Unwahrheit, wenn man behauptet, 
die christliche Sittenlehre habe die Frau entwürdigt 
und den Niedergang der deutschen Kultur zur Folge gehabt. Auch das 
langsame Sterben eines Volkes durch Rückgang der Gebur- 
ten wird nur durch die sittlichen Kräfte der christlichen Religion, nicht 
durch polizeiliche Maßnahmen aufgehalten; Jeder Versuch einer Volics- 
erneuerung imd Volkserziehung wird an der Kirche und ihren Gnaden - 
mittein den besten Bunde.sgenossen haben. Ganz unmöglich aber. wird 
es. sein, eine sittlich gesunde und starke Jugend ohne die Richtlinien und 
Gnadenmittel der christlichen Religion heranzuziehen." 

Gegen die Anschuldigung des „politischen 
Katholizismus" : 

„Geliebte Diözesanen! Es ist unmöglich, in einem einzigen Hirten- 
brief alle Vorwürfe einzeln zurückzuweisen. Auf einige Kampflosungen 
aber müssen wir eine kurze Antwort geben. Stehet fest im Glauben, 
wenn man euch sagt: Religion' habe mit Politik nichts zu tun, da:um 

57 



müsse der politische Katholizismus ausgerottet wer- 
det. Wir icönnen nicht alles wiederholen, was wir früher gegen diesen 
marxistischen Grundsatz darlegten: .Religion sei Privatsache'. Wohl mUß 
die christliche Religion zuerst und zunächst die einzelne Seele 
in Verbindung mit Gott bringen und das Reich Gottes in der ' einzelnen 
Seele aufbauen. Dann aber soll das Reich Gottes auch im Gemein- 
■schaftsleben aufgebaut werden. Man Icann nicht zu Hause im 
Kämmerlein ein Christ und auf der Straße ein Heide sein. Man Icann 
nicht als Privatmann mit Christus sammeln und als Staats- 
beamter gegen Christus zerstreuen, wenn man nicht ein charakter- 
loser, zwiespältiger Mensch sein will. Die neue Kampflosung 
vom .politischen Katholizismus', der Vorwurf, die 
Katholiken kümmerten sich zuviel um staatsrecht- 
liche Dinge, kann nur auf urteilslose Menschen Eindruck machen. 
Nur auf Menschen, die nicht fragen, warum man soviel von den Die- 
nern der Religion spricht, die angeblich in das staatliche Gebiet über- 
greifen, und so wenig von denPolitikern, die auf das reli- 
giöse kirchliche Gebietübergreifen. Es gibt eine Reihe von 
Rechtsfragen, die sowohl eine staatliche wie eine religiös-sittliche Seite 
haben, wie die Schulfrage und das Eherecht. Für diese sogenannten 
gemischten Fragen wurde im Reichskonkordat die friedliche Zu- 
sammenarbeit von Kirche und Staat vereinbart. Denlcende Menschen 
werden fragen, was man denn überhaupt unter politischem Katholizis- 
mus verstehe und worin sich der vom religiösen Katholizismus 
unterscheide. Es könnte sonst einem Übereifrigen einfallen, in jeder 
Prozession, in jedem Priestertalar auf der Straße eine Herausforderung 
zu erblicken und jedes Glockengeläute als eine Störung der öffentlichen 
Ruhe zu verbieten. Die Losung vom politischen Katholizismus könnte 
gar zu leicht ein Generalpaß werden für jede Willkür 
gegen die Katholiken überhaupt und /eine Handhabe, um ii'igend- 
einen mißliebigen Priester ins Gefängnis zu bringen, Ordensleute ohne 
gerechte Untersuchung in die Verbannung zu, schicken und die Leiden- 
schaften der Gasse gegen irgendeinen treukatholischen Privatmann auf- 
zupeitschen." 

1 

Gegen die Verweltlichung des öffentlichen Lebens: 

„Stehet fest im Glauben, wenn die Entkonfessionalisie- 
r u n g des öffentlichen Lebens, gleichbedeutend mit der Entchrist- 
lichurig des öffentlichen Lebens durchgeführt werden soll. 
In dieser neuen Losung liegt ein Widerspruch mit dem Reichskonkordat, 
das gleich im Anfang ,die öffentliche Ausübung der katholischen Reli- 
gion gewälirleistet'. Es wäre ein unverantwortlicher Widerspruch das 
öffentliche Leben zu entchristlichen, jedes Bekenntnis und Be- 
kenntniszeichen des Christentums im öffentlichen Leben zu ver- 
bieten imd gleichzeitig die öffentlichen Feindselig-' 
keiten gegen das Christentum zu dulden. Darum hat die 
Bischofskonferenz an den Führer und Reichskanzler eine Denk- 
schrift gerichtet und darin auf die Gefahr des Mißbrauches der neuen 
Kampflosungen und auf andere Einschränkungen der kirchlichen Frei- 
heit und Bedrückungen des christlichen Gewissens hingewiesen." 

Für die Bekenntnisschule: 

„Katholische Väter und Mütterl Ihr werdet vor die Frage gestellt 
werden, ob ihr eure Kinder in die Bekenntnisschule oder in die 
Gemeinschaftsschule schicken wollt. In der Bekenntnisschule lebt in 
allen Schulstunden der Geist des Elternhauses. In dieser 
Schule sind Lehrer und Schüler Geist vom gleichen 
Geiste und werden alle Anlagen und Fähigkeiten 

58 



des Kindes ausgebildet, die Anlage zu Kenntnissen und 
technischen Fertigkeiten, die Anlage zur sittlichen Reife des 
Charakters, die Anlage zur religiösen Reife des ,Vollalters Christi' 
(Ephes. 4,13). Die Bekenntnisschule ist also die wahre Einheits- und 
Charakterschule. Das kirchliche Gesetz (can. 1374) verpflichtet euch, 
euere Kinder, solange es nur möglich ist, in die Bekenntnisschule zu 
schicken. Laßt euch nicht irre machen durch den Hinweis auf die Volks- 
gemeinschaft! Die Kinder der Bekenntnisschule werden der Volksgemein- 
schaft nicht weniger dienen und die Volksgenossen anderen Glaubens 
nicht weniger achten als die Kinder der Gemeinschaftsschule. Im Reichs- 
konkordat hat die Deutsche Reichsregierung auf Ehrenwort und Unter- 
schrift ,Die Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnis- 
schulen gewährleistet' (Art. 23)." 

Für die katholischen Jugendvereine v 

„Katholische Eltern 1 Viele von euch stehen vor der Frage, ob sie 
ihre heranwachsenden Söhne und Töchter in Jugendverbände schicken 
sollen; Von zuständigen Staatsstellen wurde wiederholt erklärt, der Ein- 
tritt in, die staatlichen Verbände solle ein freiwilliger, nicht ein 
erzwungener sein. In jedem Fall ist es für euch eine heilige "^ Pflicht, 
euere Kinder nur in solche Verbände zu schicken, in denen die 
religiöse Überzeugung geachtiet, die sittliche Rein- 
heit nicht bedroht, zur Erfüllung der Sonntagsj^flicht 
grundsätzlich und tatsächlich Gelegenheit geboten, das katholische 
Ehrgefühl nicht durch Schmähungen gegen kirchliche Personen oder 
durch Fälschungen der Kirchengeschichte verletzt und die Freiheit 
des Gewissens gewahrt wird. 

Stehe fest im Glauben, katholische Jugend! Eine Freude ist es uns 
Bischöfen, den Mitgliedern der katholischen Jugendverbände Lob und 
Anerkennxmg auszusprechen. Durch den Eintritt in diese Verbände haben 
sie ein tapferes Bekenntnis abgelegt und trotz bitterer Vorkommnisse 
sind sie ihrem Verband treu geblieben. Wir Bischöfe haben das Ver- 
trauen: Diese katholische Jugend wird auch weiterhin vorbildlich blei- 
ben in der Ehrfurcht vor der elterlichen Autorität, vorbildlich in der 
Treue zur Kirche, in der Treue zu ihrem Verband, vorbildlich in der 
sittlichen Reinheit und in der gesamten Lebensführung und damit ab- 
rücken von jenem ehrfurchtslosen, vorlauten Wesen, das befehlen will, 
bevor es gehorchen lernte." 

Ma h n u n: g a n d i e H J : 

,,Mit der ganzen Hirtenliebe unseres Herzens Wenden wir uns auch 
an die katholische Jugend in den staatlichen Verbänden. Am Tag ihrer 
ersten heiligen Kommunion und nochmals am Tage ihrer Firmung haben 
diese > Jugendlichen dem Heiland und seiner Kirche Treue geschworen. 

'Für deutsche Menschen ist die Treue kein leerer Wahn. Deutsche Jung- 
männer stehen zu dem Wort, das sie der staatlichen Obrigkeit gegeben 
haben. Deutsche Jungmänner dürfen aber auch dem 
heiligen Gelöbnis ihres Firmungs tages nicht untreu 

, we r d e n. T r e u e ist es, an die Wahrheiten der Offenbarung zu glauben 
und den Weg der Gebote Gottes zu wandeln. Untreue ist es, die 
Spottreden über Glaubenswahrheiten mitzumachen oder auch nur an- 
zuhören und an den Geboten Gottes zu freveln. Treue ist es, seine 
Gebete nicht zu vergessen, die Sönnta^spflicht zu erfüllen und in den 
heiligen Sakramenten der Buße und des Altares seine Seele rein und 
stark zu ' erhalten. Mit großer Sorge beobachten wir die 
kiffchenfeind liehe Haltung mancher Jugendführer 
und Jugendzeitschriften. Und doch liegt mehr Heldenmut 
darin, vorzutreten und. sich z;un Kirchgang zu melden, als darin, über 
die Kirchgänger zu spottw." 

59 



Bürger 2. Klasse? 

„Deutsche Katholiken! Bewahret Ruhe und Ordnung! .Vergeltet 
nicht Böses mit Bösem! Soweit es auf euch ankommt, lebt mit allen 
Menschen in Frieden!' (Rom. 12,171) Ihr habt in den letzten Wochen 
oft gefragt: M.üssen denn wir Katholiken uns im eigenen 
Vaterland alles gefallen lassen? Dürfen wir als Lan- 
des- und Volksverräter gescholten werden, nachdem wir 
im Weltkrieg ein gerütteltes Maß von Blutopfern brachten? Es ist euch 
nicht verwehrt, ja, es kann Pflicht werden, mit ruhigem, festem Wort 
von euerem Glauben Rechenschaft zu geben (1 Petr. 3,15) und_zu fragen: 
jWarum schlägst du uns?' Der Geist Christi kämpft nach anderen Ge- 
setzen und kommt mit anderen Waffen zum Siege als der Geist der Welt. 
Ihr dürft nicht Feuer vom Himmel rufen! Ja, ihr müßt verzeihen und 
für euere Feinde beten. ,Laßt euch nicht vom Bösen überwinden', von 
Zorn und Rachsucht! ,Überwindet das Böse durch das Gute!' (Rom. 
J.2,21.) Katholiken machen keine Revolte und leisten keinen gewalt- 
tätigen Widerstand. Das ist so bekannt, daß sich von jeher solche, die 
einen leichten Sieg gewinnen wollen, gerade auf die Katholiken stürzten." 

Einigundtreu! 

„Mit Paulus, ,dem Gefangenen im Herrn', ermahnen wir euch weiter; 
.Ertraget einander in Liebe und bestrebt euch [in den eigenen Reihen] 
die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens' (Ephes. 
4,1 — 3). Der Geist der Einheit und Seelengemeinschaft ist ein tiefer Zug 
des katholischen Wesens." 

Treu zum Papst! 

„Wahret die Einheit des Geistes mit dem Heiligen Vater in Rom! 
Man hält euch -entgegen, man könne katholisch sein, ohne römisch 
zu sein. Wir Bischöfe sagen euch: ,Wenn ihr nicht mehr 
römisch-katholisch seid, seid ihr nicht mehr katho- 
lisch.' Die Lehre vom Primat ist ein Glaubenssatz, und in Glaubens- 
sätzen gibt es keine Kompromisse." 

Treu zum Bischof ! 

„Wahret die Einheit des Geistes mit euerem Bischof! In vollkom- 
mener Einmütigkeit haben die deutschen Bischöfe am Grabe des heiligen 
Bonifatius sich beraten und gleich den fünf Aposteln im Galaterbrief 
(Gal. 2,9) den Handschlag der Gemeinschaft wiederum getauscht. So 
dunkel die Zeit ist, leuchtet doch ein Licht im Dunkel, die unzer-, 
reiß bare Verbindung der deutschen Bischöfe mit dem 
Heiligen Vater in Rom und die Tatsache, daß die deutschen 
Bischöfe ein Herz und eine Seele sind." 

„Die Einheit des Geistes bleibe gewahrt zwischen dem Bischpf und 
seinem Klerus. Im Kulturkampf der 70er Jahre versuchte man einen 
Keil des Mißtrauens zwischen Bischof und Klerus zu treiben, indem 
man den Geistlichen vorredete: ,Die Unnachgiebigkeit euerer Bischöfe 
ist schuld daran, daß man den Geistlichen den Brotkorb höher hängt.' 
Auch das neueste Schlagwort, man müsse zwischen den höheren und 
niederen Geistlichen unterscheiden, darf kein Mißtrauen auf- 
kommen lassen. Die wenigen traurigen Abfälle im Klerus haben das 
,Band des Friedens' nicht um einen Zwirnsfaden gelockert." 

Treu zum Priester! 

„Die Einheit des Geistes bleibe gewahrt zwischen Klerus und 
Volk. Ob man versucht, den Priester vom Volk zu trennen oder das 
Volk vom Priester, es ist immer die gleiche Taktik, den Hirten zu schla- 

60 



gen, um die Herde zu zerstreuen. (Mark. 14,27.) Wahret die Einheit des 
Geistes!" 

Deutschland darf nicht heidnisch werden! 

„Wir sind nicht in Sorge um unsere Kirche. Wir sind aber in 
großer Sorge um unser Volle und Vaterland. Unsere 
Kirche hat das alte Heidentum überwunden und wird auch vom 
neuenHeidentum nicht überwältigt werden. Wohl aber 
kann von einzelnen Ländern, die in der Stunde der Prüfung versagen, 
der Leuchter des Glaubens weggerückt werden (Of£b. 2,5). Darum seid 
beharrlich im Gebete fürunserVolk!" 



Im nächsten Jahr, 1936, richteten Deutschlands katholische 

III " *— " " " " " — 

Bischöfe schon im ersten Monat erneut ein ernstes Hirtenwort an 
"~3!^ljläubigen. 

Darin hieß es mit einem offenen Hinweis auf eine 
ernste Denkschrift: 

„Wie es schon in den mannigfachen Sorgen des vergangenen Jahres 
der Fall war, so haben wir auch nach dieser Gesamtkonferenz dem 
Herrn Führer und Reichskanzler feine eingehende Denkschrift zu- 
geleitet. Wir haben darin in aufrichtiger Volles Verbunden- 
heit und christlicher S t aa ts tr e^ie, aber auch in deut- 
scher Ehrlichkeit und Offenheit auf die zunehmenden 
schmerzlichen Störungen und Abschnürungen des reli- 
giösen und kirchlichen Lebens, auf all die unverdienten Verall- 
gemeinerungen und schweren Beschuldigungen, auf all die 
Kränkungen des Hl. Vaters, der Bischöfe, der Priester und der 
Ordensleute hingewiesen . . . 

Wir beanspruchen im neuen Staat keine Ausnahmegesetze 
und Vergünstigungen, sondern nur jene Bewegungsmöglichkeit und 
Freiheit, die unsere Gegner sich alltäglich im Übermaß heraus- 
nehmen " 

„Unbegreifliches" im nationalsozialistischen Reich: 

„Von diesen unwiderleglichen Gedankengängen aus können wir 
deutschen Bischöfe es um so weniger begreifen, daß man auch 
in unserem Vaterland und Volk den Einflußkreis des Christentums und 
der Kirche immer mehr verengt und zuletzt nur noch auf den 
Kirchenraumbeschränkt. 

Wir können es nicht begreifen, daß man unsere katholi- 
schen Vereine in ihrer segensreichen Tätigkeit immer noch behindert 
oder gar deren Weiterbestand überhaupt in Frage stellt. Wir können 
es nicht begreifen, daß man die Doppelmitgliedschaft den Mit- 
■ gliedern der kirchlichen Vereine bis zu den Jungfrauenkongregationen 
immer wieder verbietet und sogar da und dort damit droht, brave 
Familienväter und ihre Angehörigen ums tägliche Brot zu bringen, wenn 
sie ihre bisherigen Beziehungen zu den katholischen Vereinen nicht 
lösen. 

Wir können es nicht begreifen, daß man den mildtätigen, 
segnenden Arm der Caritas immer mehr verkürzt und die katholi- 
schen Schwestern von den Krankenbetten und aus den Kinderhorten 
verdrängt. 

Wir können es nicht begreifen, daß die katholische 
Presse, bis zur rein kirchlichen und religiösen einschließlich, durch 
Verordnungen eingeschnürt wird, die beim. Volke den Anschein er- 
wecken, als bezwecken sie den Untergang der katholischen Presse 
überhaupt. 

61 



Wir können es nicht begreifen, daß man die heranwach- 
sende deutsche Jugend den christlichen Einflüssen häufig 
entzieht, um sie auf christusfeindliche Ideen festzulegen oder durch 
interkonfessionelle Vermischung um die Lebenskraft ihrer katholischen 
Überzeugung zu bringen. 

Wir können es nicht begreifen, daß man in einzelnen 
deutschen Ländern die konfessionellen Schul,en und die pri- 
vaten katholischen Schulen zu beseitigen versucht oder durch Volks- 
entscheide beseitigt, obgleich das deutsche Konkordat deren Beibehal- 
tung und Neueinrichtung oder wenigstens, was die Privatschulen 
betrifft, deren Berechtigung und Führung durch Orden und Mi- 
giöse Kongregationen gewährleistet. Wir Katholiken wollen doch wahr- 
lich nichts anderes, als von den Grundsätzen unseres Glaubens her am 
Wohle des deutschen Volkes mitwirken...." 



'Noch vor Ende desselben Jahres 1936 erschien ein neues Hirten- 
wort der deutschen Bischöfe. Daraus möchten wir entnehmen: 

Keine Politik der Bischöfe! 

„Den Bischöfen liegt es ferne, die Religion in das poli- 
tische Gebiet zu tragen oder gar zu einem neuen Krieg aufzurufen. 

Wir sind und bleiben Sendboten des Friedens und reden als 
solche auch religiösen Menschen ins Gewissen, an der Abwehr der gro- 
ßen Gefahr mitzuwirken mit den Mitteln, die wir die Waffen der 
Kirche nennen." 

Vielfache Sorgen der deutschen Bischöfe: 

„Wir beobachten mi't Sorge das beständige Miß- 
trauen, das in jedem kirchentreuen' Katholiken einen versteckten 
Staatsfeind und sogar in der rein religiösen Marianischen ^Kongregation 
einen Bund von Verschwörern vermutet. 

Wir beobachten mit Sorge die aufdringliche Werbearbeit 
der sogenannten Deutschen Glaubensbewegung, die den 
Christusglauben und das Christentum aus dem öffentlichen Leben unse- 
res Volkes ausrotten und an die Stelle des Christentums eine aus Fleisch 
und Blut gewachsene Naturreligion setzen will. Diese Glaubensbewe- 
gung hatte in der letzten Zeit für ihre Werbetätigkeit und Presse, über- 
haupt für ihren Angriff auf das Christentum mancherorts mehr Frei- 
heit und mehr behördlichen Schutz, als die kirchlichen Stellen für seine 
Verteidigung hatten. 

Wir beobachten mit Sorge einen Schulkampf, der die' 
im Reichskonkordat gevi^ährleistete Bekenntnisschule in eine Gemein- 
schaftsschule umwandeln und die klösterlichen Lehrkräfte abbauen will. 
Wir bedauern ein Schulgesetz und eine Schuldiktatur, die in 
•einigen Ländern den Willen der Eltern in der Erziehung ihrer Kinder 
mehr oder minder ausschalten und durch solche Einschränkung der' 
heiligsten Elternrechte' lähmend auf die Kinderfreudigkeit der deutschen 
Familien einwirken. Die Bedrückung der Elterngewissen 
in der Schulfrage hat unerträgliche Formen angenommen. Wir Bischöfe 
können niemals einen Religionsunterricht anerkennen, der aus 
den jugendlichen Seelen den Glauben an Christus mehr ausreißt 
als einpflanzt und von Lehrpersonen erteilt wird, die nicht mehr 
auf dem Boden der katholischen Glaubens- und Sittenlehre stehen. 

Wir beobachten mit Sorge, daß die heranwachsende 
Jugend dem Seelsorger und der Kirche entfremdet wird und in vielen 
Arbeitslagern nicht einmal ihfe Sonntags pflich-t erfüllen 
kann, ohne dem Spott ,der Kameraden zu verfallen. 

62 



Wir beobachtenmit Sorge, wie die Ehrfurcht vor der 
christlichen Religion zerstört ,wird, wie • Gotteslästerungen und 
Verhöhnungen katholischer Glaubenslehren und Einrichtungen verbreitet 
werden, wie überhaupt in der öffentlichen Aussprache ein 
Ton einreißt, der für das Aufbauwerk des Führers keine Hilfe und für 
den deutschen Namen keine Ehre bedeutet. 

Wir beobachten mit Sorge, wie planmäßig zum Austritt 
aus der Kirche. gehetzt wird, wie im besonderen auf die kirchen- 
treüen Beamten und Angestellten der Bewegung mit allen 
Mitteln, sogar durch wirtschaftlichen Druck eingewirkt wird, ihre Kin- 
der aus der Bekenntnisschule zu nehmen und selber aus der Kirche 
auszutreten und so am Gelöbnis ihres Firmungstages zum Verräter zu 
werden. ^^ , 

Wir verstehen, daß der Freiheit Grenzen gezogen werden müs- 
sen dort, wo sie zu staatsfeindlichen Unternehmungen oder nach dem 
biblischen Wort (1 Petr. 2,16) als »Deckmantel der Bosheit' mißbraucht 
wird. 

Wir können aber nichtver stehen, warum die Freiheit des 
Gottesdienstes ui;id derSeelsorge, die Freiheit der kirch- 
lichen Predigt, die kirchliche Vers^mmlungs- und Presse- 
freiheit eingeschränkt werden, sollen. 

Wir Katholiken werden bereit sein, trotz des Mißtrauens, das man 
uns entgegenbringt, dem Staate zu geben, was das Staates ist und den 
Führer in der Abwehr des Bolschewismus und 'seinen anderen Aufgaben 
zu unterstützen. Wir müssen aber verlangen, daß der Jugend und 
dem Volk nicht mehr vorgeredet wird, nach" Überwindung des Bol- 
schewismus, des ersten Staatsfeindes, werde die katho- 
lische Kirche als zweiter Staatsfeind an die Reihe kom-. 
men. Wir müssen für das kirchliche Rechts- und Arbeitsgebiet jene 
Freiheit fordern, die im ersten Artikel des Reichskonkordates- für 
die ,öffentliche Ausübung der katholischen Religion gewährleistet' wurde. 

Wir werden von den Wahrheiten unseres heiligen 
Glaubens kein Jota preisgeben und für die unver- 
äußerlichen Rechte unserer heiligen Kirche immer 
einstehen!" 



2 8 katholische Bischöfe undBischofs- 
stellvertreter klagen den NS neuerdings 

öffentlich an: 

^ Am 28. August 1938 ließen Deutschlands katholische Bischöfe 
(viederum ein Hirtenwort von allen Kanzeln verlesen. Daraus 
folgendes: , 

Ein Gruß ah die gleicherweise leidende Kirche 

Österreichs ! 

„Wir entsenden sodann einen brüderlich-herzlichen Gruß dem Hst. 
Episkopat und allen Glaubensgenossen der bisher österreichischen Lande. 
Leider ist es der gleiche weltanschauliche Kampf, der dies- 
seits und jenseits der früheren Grenzen offen und im Verborgenen wogt, 
und das gleiche Kampfziel, das unsere Gegner drüben und hüben 
erstreben, wie auch die angewandten Mittel und Kampfweisen 
sich gleichen." > 

BlutentziehungdeskathoIischenLebens! 

„Wir katholischen deutschen Bischöfe haben dieses uns aufgezwun- 
gene Ringen schon in früheren Hirtenschreiben mit warnenden und 

63 



mahnenden Worten gekennzeichnet. Auch heute müssen wir wieder aus 
mancherlei Erfahrungen feststellen, daß die Angriffe nicht gemäßigter 
und erträglicher, sondern noch feindseliger und heftiger, da- 
mit freilich aber auch noch zielklarer geworden sind. Sie erstreben die 
Hemmung und Blutentziehung des katholischen 
Lebens; noch mehr: die Zerstörung der katholischen 
Kirche innerhalb unseres Volkes, ja selbst Ausrottung des 
Christentums überhaupt und die Einführung eines' 
Glaubens, der mit dem wahren Gottesglauben und dem <2hristlichen 
Glauben an ein Jenseits nicht das geringste mehr zu tun hat." 

EinBischofver trieben! 

„Was die neueren Hemmungen des katholischen Lebens betrifft, so 
brennt Tausenden von katholischen deutschen Menschen in ihrer reli- 
giösen Not die Frage auf den Lippen, ob sie denn, ungeachtet der Volks- 
gemeinschaft und Staatstreue, nicht mehr des gleichen Rechtes wie die 
übrigen Volksgenossen seien und bei Anschuldigungen weder Gehör 
noch Glauben, weder Verteidigung noch Sühne verdienen. Wenn man 
an einen deutschen Bischof sogar mit der unbegreiflichen Zumutung 
herangetreten ist, seine Diözese zu verlassen, und ihn nach seiner pflicht- 
gemäßen Rückkehr, ohne das verhindernde Eingreifen der öffentlichen 
Organe, mit beispiellos häßlichen Aufläufen und Gewalttaten immer 
wieder bedrängte, so kann sich das katholische Volk wohl kaum der 
Befürchtung entziehen, daß wir Bischöfe überhaupt in absehbarer Zeit 
solch planmäßig aufgebotenen Massen ausgeliefert werden." 

DerPapstverunglimpft! 

„Zu unserem größten Bedauern haben wir sogar erfahren und er- 
lebt, daß die persönliche Ehre des Heiligen Vaters in über- 
aus verletzender Weise angetastet worden ist. Wir deutschen Bischöfe 
und Katholiken teilen die Entrüstung der ganzen katholischen Welt. 
Wir stehen um so geschlossener und getreuer hinter ihm, als er unsert- 
wegen leidet und bitteren Undank für jahrzehntelanges, auf- 
richtiges Wohlwollen erntet. Eine ruhigere, für die Wahrheit 
und Gerechtigkeit zugänglichere deutsche Zukunft wird es einwandfrei 
feststellen, daß alle Maßnahmen und Kundgebungen des Papstes nur 
von der pflichtgemäßen Absicht getragen waren, den katholischen Teil 
des deutschen Volkes in seinem Glauben zu schützen." 

Z er s tör un g d es ka tholi sehen Gl a üb ens ! 

„Aber gerade das ist es, was man in der Gegenwart mancherorts 
mit allem Nachdruck und immer ungehemmter erstrebt: die völlige 
Zerstörung des katholischen Glaubens in Deutsch- 
1 a n d. ' 

Man werfe nicht ein, das sei eine unbegründete Furcht oder gar 
ein verleum.derischer Vorwurf aus volkswidriger Gesinnung. Maßgebende 
Persönlichkeiten haben es ja selber in breitester Öffentlichkeit verkün- 
det, im Untergang des deutschen Katholizismus liege 
ihr weltanschauliches Ziel. 

Man halte dem nicht entgegen, daß doch der katholischen gottes- 
dienstlichen Übung kein Hemmnis in den Weg gelegt werde. Das trifft 
wohl im großen und ganzen noch zu. In Wirklichkeit jedoch strebt man 
immer mehr danach, namentlich der Jugend und in den Lagern 
den Kirchenbesuch zu verleiden und zu verwehren, alles 
Bekenntnis mäßige als yolksspaltend zu verurteilen und 
alles Kirchliche aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. 
Ein Katakombenschicksal wird uns damit zugedacht, das der 
Anfang vom Ende sein soll. Zur Begründung und Rechtfertigung dafür 

64 



wird in der Geschichte unserer Kirche (sogar in den Lehrmitteln 
der Schule) das Große und Heilige übersehen oder unter- 
d r ü c k t oder rassisch umgedeutet, das Tadelnswerte und 
Schlechte aber- ans helle Licht gezogen und aufgebauscht, ohne daß die 
vorurteilsfreie Wissenschaft befragt und der natürlichen Gerechtigkeit 
genügt wird. Oder verdienen die im Tode wehrlos und stumm geworde- 
nen Menschen, und Zeiten weniger Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit als 
der noch wahrhaft Lebendige? Bei dieser geschichtlichen Ausbeutung 
sind sogar Bücher und Schriften . willkommen und zur weitesten Ver- 
breitung zugelassen und empfohlen, über die sowohl die deutsche Wis- 
senschaft als jeder belesene und sachlich denkende Mann genugsam 
Bescheid weiß. 

Das katholische Buch- und Schriftwesen hingegen 
unterliegt nicht selten der strengsten Überwachung bis zum Verbot, zur 
Beschlagnahmung und Vernichtung. 

Daneben spürt man andauernd und überall, oft unter Anwendung 
von zweifelhaften Mitteln und Werkzeugen, etwaigen sittlichen 
Vergehen der Geistlichkeit und Ordensleute in Einseitigkeit nach 
und stellt längst fällige gerichtliche Verfahren immer wieder zurück. 

Innerhalb der deutschen Grenzen werden Kirchenaustritts- 
bewegungen eingeleitet und gefördert und wirtschaftliche 
Schädigungen gegen treukatholische Beamte, Angestellte und Ar- 
beiter und die katholischen Studierenden der höheren und Hochschulen 
in wachsendem Maße , angedroht oder gar mit Harte vollzogen. 

In der Ehegesetzgebung wurde eine grundsätzliche Auffas- 
sung vertreten, die wir ohne gemeinsamen feierlichen Protest nicht hin- 
zunehmen vermögen. 

In der Begründung zum Gesetz über die Testamentserrich- 
tung wurde sogar von .der „geldgierigen Erbschleicherei der Geistlich- 
keit unter schimpflicher Ausnützung der Todesnot gesprochen". 

Unbeugsam! * 

„Das aber sei für jetzt und alle Zeit in aller Bestimmtheit erklärt, 
daß wir deutschen katholischen Bischöfe das Wohlwollen oder auch nur 
das Geduldet- und Unbehelligtsein weder durch Abstriche an unserem 
religiösen Glaubensgut noch durch ^Preisgabe der kirchlichen Rechte 
noch durch Einbuße an persönlichem Mut und Charakter erkaufen." 

Der Kampf geht ums ganze C h ristentum! 

„Daß aber nicht nur gegen die Kirche, sondern gegen das Christen- 
tum als solches der Kampf geht, haben wiederum eindeutige Kund- 
gebungen bewiesen. Schon die Ablehnung des Alten Testamentes 
liegt in dieser Linie. Dazu hat man das Christentum als greisenhaft ver- 
kalktes Überbleibsel einer überwundenen Zeitperiode und als völlig 
wertlos und ohnmächtig in der Gegenwart bezeichnet. 

Abgesehen davon, wurde von Rasse und Blut her behauptet, die 
Persönlichkeit und das Leben Jesu Christi widersprächen der Ar- 
tung des deutschen Menschen, wie auch die Hauptlehren des von ihm 
verkündeten Glaubens, insonderheit das Dogma von der Erbsünde und der 
Erlösung, vom Lohn und der Strafe nach dem Tode, vorderasiatischer 
Aberglaube seien, den man den germanischen Stämmen aufgezwvmge^^ 
habe, indem man sie hinterrücks überfiel. 

Auch die sittlichen christlichen Grundsätze und VorschriftiT; 
werden als rückständig und kraftlos verfehmt." 

^ JCreuz und Hakenkreuz 5 Bd. 11 ß'i 



DerSturm gegen Christi Kr e.uz 

„Von solcherlei Anschauungen getrieben, gingen, in einzelnen Gegen- 
den namentlich Jugendliche dazu über, die Kreuze, gleichgültig ob sie 
hohe Kunst 'A'erte enthielten oder nicht, als die Wahrzeichen der christ- 
lichen Religion aus dqr Öffentlichkeit zu entfernen oder gar zum bit- 
teren Schmerz dos christlichen Volkes zu z e r s t ö r e n. Ob diese Frevler 
denn nicht wufJten, daß sie ihre eigenen christgläubigen Ahnen da- 
mit schmähten und mit schimpilichem Undank die vielen Hundert- 
tausende belohnen, die in überzeugtem Kreuzesglauben üür. unser Volk 
und Vaterland kämpften und das Eiserne Kreuz auf der taptci'en Brust 
tragen oder unter den zahllosen kleinen Kreuzen unserer Heldeni'ried- 
höfe schlummern? 

In einzelnen Ki'cisen unserer Gegner möchte man sogar — wie 
schmerzt es uns, davon zu reden! — die überzeugten C h r i s t u s b e k c n - 
n e r, die ;Gott mehr gehorchen als den Menschen', aus der Volks- 
g<^meinschaft' verstoßen oder als ,poUtisch unzuverlässig' 
brandmarken mit all den peinlichen Folgen, die sich daraus ergeben. 

Verkennt man in seiner Leidens,chaft violleicht, daß der Kampf 
um das Christentum bereits jetzt schon eine beängstigende Zerklüftung 
. des deutschen Volkswesens erzeugt, die das Gegenteil von Volks- 
gemeinschaft bedeutet' und alles eher als aufbauend wirkt? 

Man hat den K o n f e s s i o n e n j den Vernichtungskampf angesagt, 
weil sie, wie man vorgibt, durch die Spaltung der deutschen Volks- 
seele die Kraft des deutschen Wesens vermindern, Glaubt man im 
Ernst daran, daß ein vei'schärfter Gegensatz zwischen Christen und 
christusfejndlichcn Volksgenossen sich als weniger volksschädlich er- 
weise als die etwaigen Auseinandersetzungen der Konfessionen?" 

Eine Musterkar tevon deutschen Gottesbegriffen 

„Es hat sich im^ Laufe der Jahrhunderte imrner wieder bewahrheitet^! 
daß der Abfall vom'Christentum und von der Kirche auch den Abfall vom 
wahren Gott vorbereitet. Das trifft auch für die Gegenwart zu. Man 
spricht zwar von der , Gottgläubigkeit', die dem deutschen Volk gewahrt 
bleiben soll. Wenn man aber diese , Gottgläubigkeit', auf ihren Inhalt 
und Wert untersucht, so fällt ohne weiteres auf, daß dieser ,Gott' selber 
von einem Neuzeitlichen so, vom andern anders gedacht wird, so daß 
sich eine ganze M u s t e r k a r t e von deutschen G o 1 1 e s b e g r,i f- 
f e n ergibt, die sich oft so unversöhnlich entgegengesetzt sind, .wie das 
Wasser dem Feuer, 

Man will den Christengott verdrängen und einen ,deut suchen 
Gott' an seine Stelle setzen. Aber was heißt das zuletzt: ,Ein deutscher 
Gott'? Ist dieser Gott etwa verschieden vom Gott der anderen Völker? 
Vv^enn ja, dann gibt es sovielo Götter als Rassen und Völker, also im 
Grunde genommen keinen. Denn der wahre Gott ist nur Einer, 
das vollkommenste und geistigste aller Wesen, der unumschränkte Herr 
aller Völker und Zeiten, der ewige Schöpfer aller Dinge und die letzte 
Sehnsucht alles dessen, was unstoffli6h und gottähnlich ist und nach der 
Seelenheimat strebt, wie die wandernden Wasser nach dem Meer. 

Wenn der christliche Gottesbegriff preisgegeben ist, treten damit 
auch die Bezweiflung und völlige Leugnung eines Lebens nach 
d e mT d e und einer Verantwortung vor einer letzten, sittlichen Macht' 
zutage. _ ■ . 

Aus dem Bewußtsein unserer Verantwortlichkeit erheben wir darum 
gegen die auschließllche Verdiesseitlgung des Menschen und die Leug- 
nung , eines Fortlebens der Seele nach dem Tode laut unsere Stimme, 
/ um unser deutsches Volk vor solchen verhängnisvollen Irrlehren zu be- 
v/;ihren und vom Niedergang zu retten. Auch hier wiederi^olen wir e.s: 

66 . . 



NichtgegenVolkundStaatgehtunserKampf, sondern, 
für den Staat und das Volk und darum gegen jene, die wir mit 
dem Mute des apostolischen Charakters als Feinde unseres Volkes kenn- 
zeichnen müssen. Man wird ,uns dafür verkennen und schmähen. Es 
gibt aber eine Gerechtigkeit, die kein geräuschvolleres Schlagwort zu 
übertönen und kein Übermut zu bezwingen vermag. Ein jeder von uns. 
spricht mit St. Paulus: , Wer mich richtet, ist der Herr.' (1 Kor. 4,4.)" 



Ungestüm über fast ganz Europa stürmend, glaubten, die Nazis 
doch den Krieg gegen Christentum .und Kirchen nicht abbrechen 
zu müssen, sondern im Gegenteil noch verstärken zu können. So 
sahen sich die deutschen Bischöfe aufs neue zur Gegenwehr ge- 
zwungen und appellierten am 6. Juli 1941 ans gläubige Volk: 

,,. . . Nicht nur der Krieg, auch andere Zeitereignisse, die das reli-' 
giöse Gebiet berühren, bewegen Euch, von Euren Bischöfen ein Wort 
der Aufklärung zu erbitten. In Erfüllung unserer oberhirtlichen Pflicht 
wollen wir Eurer Bitte und Erwartung entsprechen. Ihr sollt wissen, 
daß Eure Bischöfe in diesen aufgeregten Zeiten auf dem 
Posten sind und für die Belange unseres hl. Glaubens in voller 
Einmütigkeit miteinander mit allen erlaubten und 
rnöglicheri Mitteln eingetreten sind und eintreten. 
Immer wieder haben die Bischöfe ihre berechtigten , Forderungen und 
Beschwerden bei den zuständigen Stellen erhoben. Seid versichert: Die 
Bischöfe reden offen, weil sie als Lehrer des Glaubens und als 
Verteidiger der Rechte der Kirche die heilige Pflicht dazu in 
sich fühlen... 

Die Zeitereignisse, i die wir meinen, sind Euch allen längst bekannt 
und Gegenstand Eurer und unserer ernsten Sorge. Es 
sind die Beschränkungen und Beengungen, die der freien 
Glaubensverkündigung und dem religiös-kirchlichen 
Leben in, der letzten Zeit bereitet wurden. 

. . . Aber wir verstehen es nicht und sind mit großem Schmerz dar- 
über brfüllt, daß manche Maßnahmen getroffen wurden, die tief in ^das 
kirchliche Leben eingreifen, ohne daß sie durch Kriegsnotwendigkeit 
begründet wären. Wir erinnern nur an die Einschränkungen auf dem 
Gebiet der religiösen Erziehung, des religiösen Schrifttums, der 
außerordentlichen Seelsorge in Exerzitie n und Einkehrtagen, 
der Seelsorge in öffentlichen Krankenanstalten, des Gottesdienstes und 
der kirchlichen Feiertage . . . 

Mit tiefem Schmerz hören wir die Kunde, daß die katholischen 
Kindergärten, die als Ergänzung der religiösen Familienerziehung 
vom katholischen Volk mit besonderer Liebe gepflegt wurden, nunmehr 
trotz alle? Proteste der Bischöfe in weiten Gebieten des Reicl;ies besei- 
tigt werden." 

' Der gemeinsame Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom Jahre 
19 4 2 betont den Mut der Kirche als Trägerin und Ver- 
künderin der, Wahrheit Christi: 

,,,,, Unsere heilige Kirche ist die Trägerin und Verkünderin . der 
Wahrheit Christi auf dem ganzen Erdkreis geworden. Siö hatte auch 
immer den Mut, diese Wahrheit zu künden wider alle Unwahrheit, wider 
allen Irrtum und wider alle Verkehrung des von Christus gewollten 
christlichen Lebens. 

Sie hat den Mut zur Wahrl^eit im Kampfe wider den weltanschau- 
lichen Liberalismus, seine Überbetonung der Einzelpersönlichkeit 
und seine Verkürzung der Rechte der Gemeinschaft. 

67 



Sie hat den Mut 7x\r Wahrheit in der Bekämpfung eines wider- 
christlichen Kollektivismus in jeder Form. 

Sie hat den Mut zur Wahrheit im Kampr um die G e w i s s e n s - 
Freiheit, um die Würde des Menschen und um die Freiheit in der 
Ausübung der von Gott und der Natur dem Menschen gegebenen Reclite. 

Sie hat den Mut zur Wahrheit im Kampfe um das Krongut der 
menschlichen Gssellschai't, die Einheit, Reinheit und Unaul'lösiichkeit 
der einmal gültig geschlossenen E h e." 



Das Hirtenwort der deutschen Bischöfe vom 29. August 19 4 3 
ruft ein ernstes „Kehre zurück zum Herrn, deinem 
Gott!" 

1. DenGottlosen: 

„Der Ruf ergeht an alle jene, die den einen, wahren, lebendigen 
Gott, den Schöpfer, Vater und Richter aller Menschen verlassen, haben, 
die sich um keinen Herrgott, um kein Gebot Gottes mehr kümmern, die 
an die Stelle der Liebe den H aß, an Stelle von Recht und Gerech- 
tigkeit die Gewalt, an Stelle der Sittlichkeit die Nützlich- 
keit zum Lebensgesetz der Menschheit ei'heben wollen." 

2; Den Anbetern der Götzen „Nation u,n d Rasse": 

„Auch an jene ergeht der Ruf, welche sich einen Gott zurechtrichten 
nach ihrem eigenen Denken, Leben und Handeln oder einen eigenen 
Gott, der nur für ihre Nation und Rasse da ist und für sie zu 
sorgen hat. An sie hat der Hl. Vater Plus XI. das mahnende Wort ge- 
richtet: ,Nur oberflächliche Geister können der In'lehre verfallen, von 
einem nationalen Gott, von einer nationalen Religion zu sprechen, kön- 
nen den Wahnversuch unternehmen, Gott, den Schöpfer aller Welt, den 
König aller Völker, vor dessen Größe die Nationen klein sind wie Tropfen 
am Wassereimer (Is. 40,15) in die Greinzen eines Volkes, in die bluts- 
mäßige Enge einer einzelnen Rasse einkerkern zu wollen. 



i(t 



3. D e n E 1 1 e r n u n d E r z i e h e r n : 

„Ihr habt als Eltern und Erziehungsberechtigte das Recht, zu fordern, 
daß eure Kinder, auch in den Lage'rn, die Möglichkeit haben, sonn- 
tags der hl. Messe beizuwohnen und religiösen Unterricht nach den 
Lehi-en unseres heiligen Glaubens zu erhalten. Kämpfet für dieses 
Recht und ruhet nicht, bis es euch gewährt ist!" 

4. Den Religionsfeinden: 

„Leider müssen wir mit tiefem Bedauern feststellen, daß der 
Kampf gegen Christentum und Kirche immer noch fort- 
geht, daß Unterricht und Schulung in weitem Umfange in den Dienst 
der Entchristlichung des Volkes, besonders der Jugend gestellt wird; 
daß landverschickten, in Lagern, Heimschulen und Schülerheimen unter- 
gebrachten Kindern und Jugendlichen der Gottesdienst und Sakramen- 
tenempfang vielfach sehr erschwert, wenn nicht ganz unmöglich gemacht 
u'ird; daß auf viele Christen immer noch ein schwerer Gewissensdruck 
ausgeübt wirji, der im Warthegau einer fast völligen Unterdrückung 
der christlichen Religion gleichkommt. Wir müssen es aufs schmerz- 
lichste bedauern, daß^an manchen Orten auch heute noch die Abhaltung 
von Gottesdiensten verhindert wird, daß der Gottesdienst nach 
nächtlichem Fliegeralarm unter Ausnahmegesetz 
steht und daß an kirchlichen Hochfesten sogar die rein kirchliche 
Feier drückenden Beschränkungen unterliegt. Gebe Gott der Herr, daß 
bald alle Bedrückung von Kirche und Christentum aufhöre und daß 

68 



uns Not und Gefahr wieder zu einem einigen, geschlossenen deutschen 
Volke, machen!" 



Gottes Gebote vom Berge Sinai waren für die Nationalsozialisten 
etwas Veraltetes und Verachtetes, etwas Jüdisches, Ungermanisches. 
Demgegenüber erwies der gemeinsame Hirtenbrief der deutschen 
Bischöfe vom 12. Septemberl943 „die 10 Gebote als Lebens- 
gesetz der Völker": 

I- 
„Achte d i e K r n r e c h t e Gottes!" 

Zum 1. Gebot: „...Fremde Götter, das sind aber nicht nur 
die groben, handgeschnitzten Götter der kulturlosen Naturvölker, son- 
dern auch die feinen Phantasie-Götzen der wahrheits- 
überdrüssigen Kulturmenschen. Diese Wahn- und Wunsch- 
bilder ihres mythischen Dichtens nennen sie dann ,das Göttliche', um 
nicht an den wirklichen, persönlichen Gott glauben zu müssen und doch 
den Schein der Gottgläubigkeit wahren zu können. ,Unser Gott', sagt 
der Hl. Vater Pius XI., ,ist der persönliche, übermenschliche, allmäch- 
tige, unendlich vollkommene Gott, Schöpfer alles Geschaffenen, der Herr 
und König und letzte Vollender der Weltgeschichte, der keine fremden 
Götter neben sich dulden kann.' Dieser unser Gott hat die alten Hei^den- 
götter entlarvt, kein Volk darf sie in irgendwelchen neuen verfeinerten 
Formen wieder auf den Thron erheben wollen. Kein Volk darf sich 
selbst zum Abgott machen, als ob _ sein Wille und nicht der 
Wille Gottes die Quelle der Sittlichkeit und alles Rechtes sei." 

Zum 2. Gebot: „Es stellt mit dem, E i d das öffentliche Gemein- 
schaftsleben unter die Aufsicht und den Schutz Gottes, wehrt dem Be- 
streben, die Religion aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. Die 
Religion ist wahrlich nicht eine Privatsache für das verriegelte 
Privatkämmerlein des Einzelmenschen, sondern die öffentlichste Größe, 
die es gibt — zufolge der Allgemeinheit und Allverbindlichkeit ihrer 
Wahrheit, Sittlichkeit und Gnade. Der Mensch darf nicht bloß in seinem 
verschwiegenen Innern ein Christ, im Äußern aber ein Heide 
sein, nur in den vier Wän^den seines Hauses ein Katholik, auf seiner 
Arbeitsstätte aber ein Gottloser. Das öffentliche Recht, das 
durch die Auferlegung des Fahnen-, Amts- und Verfassungseides Gott, 
den Herrn, immer und immer wieder in feierlichster Form .zum Zeugen 
und Bürgen anlaufen läßt, kann nicht gleichzeitig die Rechte Gottes im 
Gemeinschaftsleben dadurch verneinen, daß es die Religion zur unver- 
bindlichen Privatsache erklärt." 

Zum 3. Gebot: „. . . Heilige den Tag'des Herrn! Darum 
darf in keinem Volk und zu keiner Zeit der Sonntag grundsätzlich 
.und allgemein zum W e r k t a g gemacht werden, d:-irum darf b:;sonders 
die heranwachsende Jugend nicht so für and'jre Dinge bean- 
sprucht werden, daß für die andächtige Teilnahme am Sonnlagsgottes- 
dienst und für die Pflege des christlichen Familienlebens Ic.ein Platz mehr 
bleibt. Darum darf auch für die Erwachsenen der Dienst Gottes 
nicht ohne -Not durch den Frondienst des rein irdischen Schaltens ^'er- 
drängt werden. Auch für die Volksgemeinschaft gilt: ,Wenn der Herr 
das Haus nicht baut, bauen die Bauleute vergebens' (Ps. 126,1). 

II. 

Verkürze nicht die Menschenrechte! 

Das Elternrecht (4. Gebot): „Die öffentliche Jugenderziehung 
darf der Autorität der Eltern keinen Abbruch tun. darf 
mit dem gottverantwortlichen Gewissen der Eltern nicht in Konflikt 
kommen, indem sie etwa in Schulen und Lagern durch unchristliche 

69 



und unkirchliche Beeinflussung auf dem Gebiete des Glaubens oder der 
Sitte die Herzen der Kinder den Vätern entfremdet" (Lulc. 1,17). 

D a s L e b e n s r e c h t (5. Gebot): „Darum darf Ic eineirdische 
Macht in das Recht des Herrn über Leben und Tod willkürlich 
eingreifen und das Leben eines Unschuldigen frevelhaft 
verletzen und vernichten. ,Elnen Unschuldigen und 
einen, der im Recht ist, sollst du nicht töten' (Exod. 23,7). 
Wer ein solches Leben angreift, greift Gott selbst an, stößt eine gött- 
liche Ordnung um, verletzt das göttliche Recht. Wohl trägt die welt- 
liche Obrigkeit, das Schwert, um als ,Dienerin Gottes', wie der Apostel 
sagt (Rom. 13,14), schwere Verbrechen Schuldiger zvt bestrafen und un- 
gerechte Angriffe auf das Vaterland mit Waffengewalt abzuwehren. 
Sonst aber gilt für sie wie für jede Privatperson: Du 
darfst nicht töten, du darfst ' Leib und Leben eines unschuldigen 
Menschen nicht direkt verletzen und vernichten. Die Begründung dafür 
gibt der Heilige Vater Plus XI.: ,Die Obrigkeit hat über die Organe 
ihrer Untertanen keine direkte Gewalt. Wo keine Schuld und damit 
kein Grund für eine körperliche Bestrafung vorliegt, kann sie die Un- 
versehrtheit des Leibes weder aus eugenischen noch irgendwelchen 
anderen Griinden direlct verletzen und antasten.' 

Tötung ist in sich schlecht, auch wenn sie angeb- 
lich im Interesse des Gemeinwohls verübt würde: An 
schuld- und wehrlosen Geistesschwachen und -kran- 
ken, an unheilbar Siechen und tödlich Verletzten, 
an erblich Belasteten und lebensuntüchtigen Neu- 
geborenen, an unschuldigen Geiseln und entwaffneten Kriegs- 
oder Strafgefangenen, an Menschen fremder Rassen 
und Abstammung. Auch die Obrigkeit kann und darf 
nur wirklich todeswürdige Verbrecher mit dem Tode 
bestrafen. 

jJenseits von Gut und Bös' ist auf der Landkarte eines menschen- 
würdigen Lebens kein einziger . . . ; die Sterne des Gewissens leuchten 
in allen Breitegraden des Menschenlebens; kein Streifen daran ist Aus- 
land für das Gewissen (für das in ihm widerleuchtende göttliche Gesetz), 
auch die Politik nicht, auch der Handel nicht, auch das ganze öffent- 
liche Leben nicht (A. Giesler, Der 2. Schweizer Katholikentag 1907, 70ff.). 

Das Gemeinwohl darf nur mit sittlich erlaubten 
Mitteln angestrebt und verwirklicht werden. Schon der Heide 
Cicero wendet sich gegen die Verkehrung der Sittlichkeit zur bloßen 
Nützlichkeit: ,Nichts ist wahrhaft nützlich, was nicht zugleich sittlich- 
gut ist. Und es ist etwas nicht, gut, weil es nützlich, 
sondern es ist nützlich, weil es gut ist. Man zerstört die 
ganze Lebensgrundlage der Natur, wenn man den Nutzen von der Sitt- . 
lichkeit trennt. Der Nutzen hat sich nach der Sittlichkeit zu richten'" 
(de off. in, 28—30). 

Das Eherecht (6. Gebot): „Auch die sogenannte rassische 
Mischehe (die der Nationalsozialismus so leicht scheiden läßt) hat, 
sofern sie nach göttlichem und kirchlichem Gesetz gültig geschlossen ist, 
den vollen Anspruch auf den göttlichen Schutz des sech- 
sten Gebotes, auf die darin verbrieften Segensgüter: Einheit, Heiligkeit 
und Unauflöslichkeit, auf ihre natürliche Frucht der Nachkommen- 
schaft."' 

Das Eigentumsrecht (7. Gebot). (Hier zitiert "der Hirten- 
brief das Papstwort: Weihnachten 1936): „Die Persönlichkeitswürde des 
Menschen erheischt also das persönliche Nutzungsrecht an den Gütern 
dieser Erde als normale und naturgemäße Lebensgrundlage. Dem ent- 
spricht die grundsätzliche Förderung des Privateigentums, 

70 



soweit möglich für alle. Die positiv-rechtlichen Bfistimmungen zur Re- 
ßelung de.s Privateigentums mögen wechseln und eine mehr oder weniger 
gebundene Nutzung gestatten. Wollen sie jedoch ihre Friedensaui'- 
gabe im Dienste der Gemeinschaft erfüllen, so haben sie zu, verhmdern, 
cltil,'. der arbeitende Mensch, -der gegenwärtige und zukünftige 
, F a m i l'i e-n V a t e r einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, oder Unfrei- 
heit verfällt, die mit seinen Persönlichkeitsrechten vinvereinbar sind. Ob 
diet'.e Unfreiheit von der Übermacht des Privat kapitals oder 
der öffentlichen Macht ausgeht, ist für die Wirkung selbst ohne 
Belang., Im Gegenteil, unter dem Druck eines Staates, der alles 
beherrscht und das Gesamtgeblet des öffentlichen und privaten 
Lebens regeln will bis hinein selbst in den Gesinnung s-, 
Überzeugungs- und Ge Wissensbereich, könnte diese Un- 
freiheit noch viel schwerer wiegende Folgen zeitigen, wie die Erfahrung 
lehrt und bezeugt." 

Das Recht auf Wahrheit und Ehre (8. Gebot): „Ein Ge- 
meinwesen, das sich nur auf den Schutz der physischen und materie'.len 
Güter seiner Bürger beschränken, aber ihre idealen Rechtsgüter, ihr 
Recht auf ihre Ehre und guten Namen, auf Glaube und Vertrauen, auf 
Wahrheit und Ehrlichkeit für vogelfrei erklären wollte, würde in 
einem Hauptpunkt eine wesentliche Aufgabe der Rochtsv/ahrung und des 
' Rechtsschutzes versäumen und verleugnen. Die Lüge — von w e m 
sie auch ausgeht — zerstört Glaube und Vertrauen unter den 
Menschen und untergräbt damit die menschliche Lebens- 
gemeinschaft. Wie die falsche Münze, von Falschmünzern in Um^ 
lauf gesetzt, auch die echten verdächtig macht und so das Vertrauen 
zum Geld überhaupt untergräbt . . ., so fälscht die Lüge gleich'^am das 
Umlaufsmittel des geistigen Verkehrs; die falsche Rede macht aucli die 
wahre verdächtig, und das Ende wäre ein allgemeines Mißtrauen." 

b. Gemeinsame Denkschriften der katholischen Bischöfe 

Deutschlands. 

Hatten die gemeinschaftlichen Hirtenbriefe der deutschen Bi- . 
schöfe den Zweck, die Katholiken Deutschlands wachzuhalten 
gegenüber den Gefahren und Lockungen der Zeit, aufzurufen zu 
geschlossentem Widerstand gegen Unglauben, Unrecht und. Unmoral, 
zu festigen in der Treue gegen Christus und Kirche, kurz alles zu 
künden, was der Hefrr gebietet (Jer. 1,17), so wollten gemeinsame 
Denkschriften des Episkopates den höchsten Stellen des 
Reiches offen, nachdrücklich und ausführlich die Klagen und For- 
derungen zur Kenntnis bringen, welche zur Wahrung der Rechte 
Gottes und der Kirche, der Menschenwürde und Gewissensfreiheit 
u. a. erhoben werden mußten. Diese Denkschriften dürften bisher 
dem In- und Ausland zumeist noch nicht bekanntgeworden sein, 
seien darum vollständig wiedergegeben. 

Zunächst sei aber ein Auszug des Begleitschreibens voraus- 
geschickt, das Kardinal Faulhaber der Denkschrift beifügte. 
' Es zeigt ja,' wie umfassend die Sorgen der 27 deutschen Erzbischöfe, 
Bischöfe und Prälaten waren und wie offen sie darüber zum Führer 
als dem höchst verantwortlichen Mann des Reiches sprachen. Da 
heißt es unter anderem: 

„Wir haben in. der Denkschrift den Nachweis erbracht, daß viele 
hervorragende Mitkämpfer der Bewegung und noeh mehr eine Reihe von 

71 



Zeitungen den religiösen Streit mit der völkischen Bewegung ver- 
quicken und entgegen Ihrem bestimmten Wort, Kulturkämpi'er müßten 
aus den Reihen der Bewegung entfernt werden, immer wieder den Ein- 
druck erwecken, als ob der Feldzug gegen Christentum und 
Kirche von Staat und Partei amtlich unterstützt 
w e r d e. Im besonderen haben wir den Nachweis erbracht, daß 
innerhalb der Partei die wider oh ristlichen Anschauungen des 
Herrn Schulungsleiters Rosenberg mit der nationalsozialistischen 
Weltanschauung gleichgesetzt und^'daß die Bücher von Alfred Rosenberg, 
obwohl sie als Privatarbeiten und persönliche Bekenntnisse erscheinen, 
durch die Empfehlungen der parteiamtlichen Presse verbreitet werden. 
Dabei haben wir festgestellt, daß, während , die Propaganda für das 
Heidentum mit dem ganzen Apparat neuzeitlicher Sprachrohre arbeitet, 
den Vertretern des Christentums das Recht der Abwehr außerlialb der 
Kirche überhaupt genommen und die Freiheit des Wortes im Dienste 
der religiösen Wahrheit außerordontlicli eingeschränkt wird. Wir ver- 
langen in der Staatsgemeinschaft keine Vorrechte, wir wehren uns 
aber gegen Ausnahmegesetze und gegen den Vorwurf, j oder 
Katholik stehe im voraus im Verdacht des Vo 1 k s - und 
Landesverrates und müsse mit Vorsicht und Mißtrauen behandelt 
werden. 

Im Zusammenhang mit diesen Fragen der sittlichen Ordnung haben 
die Bischöfe auch auf das natürliche und göttliche Recht der Ge- 
wissensfreiheit hingewiesen, auf das Recht der Gewissensfreiheit 
der Eltern, ihre Kinder in die Bekenntnisschule zu schicken, auf das 
Recht der Gewissensfreiheit der k a tholischen Staatsbeamten, 
ohne Gewissensdruck den Treueid zu leisten, auf das auch im Kon- 
kordat verbriefte Rechtder Bischöfe, unbehindert in ihren Hirten- 
briefen zu ihren Diözesanen zu sprechen, auf 'das Recht der Gewissens- 
freiheit der katholischen Schriftsteller und Buchverlage. 

Mit großer Sorge haben die Bischöfe auch die neue Kampflosung 
gegen den ,Politischen Katholizismus' vernommen, und, da 
sie wissen, mit welchem Übereifer die Unterbehörden die Losungen 
höchster Reichsstellen aufgreifen, müssen sie fürchten, es werde die 
Losung gegen den ,Politischen Katholizismus' wie ein Freibrief betrach- 
tet werden, um auch das religiöse Leben des religiösen Katholizismus 
zu unterdrücken, und als eine Blanko-Vollmacht, um auch ohne rechtlich 
begründeten Anlaß gegen die Bischöfe und alle Katholiken strafrechtlich 
vorzugehen. 

Auf der Linie dieser Gedankengänge bitten die Bischöfe, das Miß- 
trauen gegen die Katholische Aktion abzulegen, die mit dem 
sogenannten .Politischen Katholizismus' nichts zu tun hat, und der 
hemmungslosen Hetze einer großen Zahl von Zeitungen einen Damm 
zu setzen, deren aufpeitschende Artikel nicht bloß den wildesten- 
Kulturkampf, sondern auch die blutigste Kirchen- und 
Priesterverfolgung vorbereiten. ■ 

Des weiteren haben die Bischöfe in der Denkschrift auf den Ver- 
nichtungskampf gegen die katholischenVereine hin- 
gewiesen und auf das Trommelfeuer von Verordnungen, das in den 
letzten Wochen über die katholischen Vereine niederging. Einerseits 
wird der Eintritt in die HJ. als freiwilliger erklärt, andererseits wird 
durch neue Verordnungen auf die Beamten und Angestellten in den 
Betrieben ein schwerer Gewissenszwang ausgeübt, ihre Kinder in die 
HJ. zu schicken. 

Wir richten an den Führer die Bitte, die kirchenfeindliche 
Einstellung ^d-eTr staatlichen Jug en d verb ände zum 
Schweigen zu bringen und ein autoritatives Wort zu sprechen, 
auf daß an Sonn- und Feiertagen denen, die sich aus der Staats Jugend 

72 



freiwillig zum Gottesdienst melden, grundsätzlich und wirklich Ge- 
legenheit dazu gegeben werde." 

Zum Schluß nehmen die Bischöfe noch Stellung zur Kampflosung 
der ,,Entkonfessionalisierung des öffentlichen Le- 
bens", die den ersten Artikel des Reichskonkordates durchbreche: „Das 
Deutsche Reich gewährleistet die Freiheit der öffentlichen Aus- 
übung der katholischen Religion." 

„Wir Bischöfe haben nicht aus Freude am Kritisieren geschrieben, 
nicht aus machtpolitischen Absichten. Wir haben geschrieben in pflicht- 
mäßiger Sorge um die Rechte der Kii'che in kirchlichen Dingen, in 
Sorge um die Freiheit der Gewissen und in dem festen Vertrauen, daß 
die friedliche Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche beiden Teilen 
bessere Dienste leiste als ein Kulturkampf." 

aa. Denkschrift der deutschen Bischöfe an den 

Führer' und Reichskanzler Adolf Hitler 
zur religiös-kirchlichen Lage. Au gus t 1J9_3 5^ 

„Die in Fulda zur herkömmlichen Jahreskonferenz versammelten 
Bischöfe senden dem Führer und Reichskanzler des Deutschen Reiches 
den Gruß treuer Gesinnung mit der Ehrfurcht, die wir nach göttlichem 
Gebot dem Inhaber der höchsten staatlichen Macht und Würde schuldig 
sind, und mit dem Freimut, den wir unserem Amt als Nachfolger der 
Apostel schulden. Es sei uns gestattet, vertrauensvoll und offentierzig 
Euerer Exzellenz die schweren Sorgen vorzutragen, die uns bewegen 
angesichts der kulturellen Entwicklung in Deutschland, angesichts der 
immer lauter gegen Christentum und Kirche gerichteten Angriffe, an- 
gesichts der jünsten Vorkommnisse und Verordnungen, die das fried- 
liche Verhältnis zwischen Staat und Kirche zu stören drohen. 

Angriffe gegen Christentum und Kirche 

Die Deutsche Glaubensbewegung- unter Führung von Hauer und 
Genossen, die Nordische Glaubensbewegung, der Ludendorff-Kreis und 
andere Systeme heidnischer Prägung haben dem Christentum wegen 
seiner angeblich deutschfremden und deutschfeindlichen Art den Kampf 
angesagt. In diesen Kreisen wird offen erklärt, die christlichen Bekennt- 
nisse müßten mit der Zeit verschwinden, weil sie dem deutschen Volk 
nichts Positives zu geben hätten, die christliche Religion sei überhaupt 
eine Staatsgefahr, die Dogmen des Evangeliums und der Kirche, im be- 
sonderen das Do^ma von Erbsühde und Erlösung, seien ebenso abzu- 
lehnen wie der ganze Apparat von Liturgie und Sakramenten. Neben 
diesen ausgesprochen heidnischen Bewegungen gibt es eine Reihe von 
Reformern, darunter Artur Dinter mit seiner Deutschen Volkskirche, 
die das Christentum nicht abschaffen, aber bis in die Fundamente hinab 
umbauen und germanisieren, die Reformation des 16. Jahrhunderts zu 
Ende führen und auf den Trümmern der beiden christlichen Bekennt- 
nisse eine neue, wie sie sagen, reine Jesusreligion aufrichten wollen, 
die aber von dem Chri'stentum Christi kaum noch den Namen hat. 
Andere Vorwürfe der neuen Glaubensstifter und Religionsnihilisten 
sind Euerer Exzellenz bekannt. 

Wir bitten Sie, Herr Reichskanzler, bei Ihrer Liebe zum deutschen 
Volk, diesen planmäßigen Vei'suchen, das deutsche Volk zu entchristlichen, 
mit der in Deutschland einzigartigen Autorität Ihrer Person ein Ende zu 
machen. Ihre Regierung hat mit fester Hand die Gottlosenverbände der 
früheren Zeit aufgelöst, kann also nicht dulden, daß die alten Freidenker 
und Gottlosen in diesen neuen heidnischen und halbheidnischen Be- 
wegungen neu auftauchen. Ihre Regierung hat in einer Kundgebung des 
Herrn Staatsminister^Hans Schemm vom 28.3.33 feierlich erklärt: „Kein 
Kind ohne nationale und christliche Erziehung", „Christentum und 
Kreuz und Hakenkx'euz 6 Bd. II no 



Deutschtum die obersten Gesetze eines jeglichen Unterrichts", Ihre 
Regierung kann also folgerichtig dem Heranwachsen einer heidnischen 
Jugend nicht ruhig zusehön und den Christuslästerungen nicht ruhig -zu- 
hören. Wie im staatlichen Leben der Grundsatz der starken 
Führung sich bewährte und die einzelnen Völksgenossen einer Autorität 
sich fügen müssen, können auch im religiösen Leben die einzelnen 
ihre subjektiven, millionenfach schillernden Auffassungen nicht an die 
Stelle der göttlichen Offenbarung und der kirchlichen Autorität setzen, 
muß also auch hier die Autorität der Bibel und der Kirche anerkannt 
werden. Die Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts hat dem deutschen Volk 
in der Folge auch in nationaler Hinsicht eine tiefe Wunde geschlagen. Wir 
bedauern die Tatsache der Glaubenszweiheit in Deutschland, auch im 
Hinblick auf die Gefahr für den' inneren Frieden in unserem Volk. Wir 
müssen aber offen aussprechen: Das viele Reden über die konfessionelle 
Zerklüftung unseres Volkes entspricht nicht der Wirklichkeit, und 
jedenfalls wird durch menschliche Klugheit die Glaubenszweiheit nicht 
aus der Welt geschafft. Es wäre ein wahnsinniger Gedanke, durch 
staatliche Gewaltmittel eine einheitliche deutsche 
Nationalkirche schaffen zu wollen. Durch die obengenannten 
neuen Glaubensbewegungen wird unsere Volksgemeinschaft noch mehr 
zerrissen und die bisherige Glaubenszweiheit versechsfacht und ver- 
zehnfacht. 

Wir berufen uns, Herr Reichskanzler, auf Ihre eigenen Worte: „Dem 
politischen Führer haben religiöse Lehren und Ein- 
richtungen seines Volkes i mm" er unantastb a r zu sein, 
sonst darf er nicht Politiker sein, sondern soll Re- 
formator werden, -wenn er, das Zeug hierzu besitzt! 
Eine andere Haltung würde vor allem in Deutschland 
zu einer Katastrophe führen" (Mein Kampf, S. 127). „Ich 
stehe nicht ah, zu erklären, daß ich in den Männern, 
die heute dieVölkischeBewegungindieKrisereligiö- 
-ser Streitigkeiten hineinziehen, schlimmere Feinde 
ttieines Volkes sehe, als im nächstbesten internatio- 
n'a 1 eingestellten Kommunisten" (S. 631). Daß nicht alle Mit-, 
kämpfer Ihrer Bewegung an diese programmatischen Worte sich hielten 
und die völkische Bewegung mit religiösen Streitigkeiten belasteten, 
haben Sie in Ihrem Buch S. 631 selber festgestellt und verurteilt. In 
gleicher Weise haben die deutschen Bischöfe die Gefahr einer religiösen 
Verwirrung durchschaut und. 1931 gegen den Nationalsozialismus ihre 
warnende Stimme erhoben, nicht' gegen seine wirtschaft- 
1 i c h' e n und politischen, sondern gegen seine reli- 
gionsfeindlichen Ziele : „Solange und soweit er kulturpolitische 
Auffassungen kundgibt, die mit der katholischen Lehre nicht vereinbar 
sind." Dann habqn Sie als Führer in weltgeschichtlicher Stunde, in der 
großen Reichstagsrede vom 23. 3. 33 erklärt, die' Reichsregierung erblic.ke 
im Christentum die unerschütterliche Grundlage ihrer Aufbauarbeit und 
werde die freundschaftlichen Beziehungen zum Hl. Stuhl weiterpflegen 
und ausgestalten. Mit diesen Worten haben Sie "vor aller Welt als der 
oberste Leiter der Reichspolitik die Rechte und Aufgaben der christ- 
lichen Bekenntnisse anerkannt. Auf diese Erklärungen hin haben die 
deutschen Bischöfe fünf Tage später, am 28. 3, 33, ihre früheren Be- 
denken 'gegen die Kulturpolitik der Bewegung zurückgestellt und im 
gemeinsamen Hirtenbrief Pfingsten 1933 nochmals öffentlich die deut- 
schen Katholiken zur freudigen Mitarbeit aufgerufen: „Wir wollen dem 
Staate um keinen Preis die Kräfte der Kirche entziehen... Ein ab- 
wartendes Beiseitestehen oder gar eine Feindseligkeit der Kirche gegen-, 
über dem Staat müßte Kirche und Staat verhängnisvoll treffen"... Fest 
verwurzelt im deutschen Boden, aber nicht minder fest verankert im 
Felsen Petri und vmserer Kirche, . reithen wir deutschen 'Bischöfe und 

74 



Kktholikfen auch unseren anderen Brüdern die Hand, um mitzuhelfen 
am Wiederaufbau des Volkes." 

Es ist also eine Unwahrheit, zu sägen, die deutschen Bischof e hätten 
denn^eueh "Staat' niemals änerkariht,. niemals die Mitarbeit im Erneue- 
rungswerk des neuen Staates zugesagt. Jenen Männern aber, die mit den 
Kebehflüssendes Liberalismus und Marxismus in die Bewegung eingemün- 
den waren und mit den alten Schlagwörtern gegen den „Ultramontanimus" 
und damit gegen die katholische Kirche ankämpfen wollten, haben Euere 
Exz. in Ihrem Buch S. 631 im voraus die Abführ erteilt mit den Worten: 
„Es werde immer die oberste Pflicht der Leitung der nationalsozialistischen 
Bewegung sein, gegen jedenVer.such, diese Bewegung in 
den Dienst solcher Kämpfe (gegen den Ultramontanismus) z u 
stellen, sc härfstens Front zu machen und die Propa- 
gandisten einer solchen Absicht augenblicklich aus 
den Reihen der Bewegung zu entferne n.". Die feierlichste 
Erklärung aber, daß- Sie keinen Kulturkampf wollen und kulturpolitische 
Nebenregierungen nicht dulden werden, ^war der Abschluß des 
Reichskonkordates mit dem Hl. Stuhl, eine Großtat ohne- 
gleichen in der deutschen Geschichte und ein olferieg~Bekenntnis, daß 
'Si'e' mit starker Hand alle Hemmungen ausräumen wollen, die dem 
vollfen Einsatz der im Katholizismus ruhenden Kräfte entgegenstehen. 
Damit war ein gegenseitiges Vertrau e n s v e r h ä_l tn i^ _zwi- 
schen dein Oberhaupt der Kirche und der Deutschen JReichsregie^^ 
hergestellt, das in der Folge allerdings durch die heidnische Giaübens- 
bewegung und durch kulturpolitische Nebenregierungen vom Geiste des 
alten Liberalismus bald wieder gelockert wurde. 

Es kann Ihrem scharfen Auge nicht entgehen, Herr Reichskanzler, 
daß diese heidnischen und liberalen Kämpfe gegen Christus und seine 
Kirche im Inland weite Volkskreise, die treu am Glauben ihrer Väter 
hängen, kopfscheu und mißtrauisch machen und nur allzu- 
sehr geeignet sind, in der seelischen Auswirkung auch das Vertrauen zu 
den volkswirtschaftlichen und politischen Zielen der Regierung zu zer- 
stören. Ebensowenig kann es Ihnen entgangen sein, daß solche Angriffe 
auf die Grundlagen des Christentums, dessen 1900jährige Mission das 
Angesicht der Erde erneuert hat, auch im Ausland das Ansehen 
des deutschen Volkes aufs schwerste schädigen und in christlichen Län- 
dern, besonders in England und Amerika, ein Mißtrauen erwecken, das 
sich fürihre aufrichtigen jßemühungen um frieden 
undVerständigung der Völkerverhängnisvoll auswirkt. 
Zum Beweis dafür verweisen wir nur auf eine Stimme, auf die Erklä- 
rung des Erzbischofs Lang von Canterbury in Manchester Guardian vom 
6 Juni 1935: Dort erklärt der Erzbischof mit großer Bewunderung Ihre 
Friedensrede (vom 21. Mai 1935) als tragfeste Grundlage für den Welt- 
frieden, fährt aber dann fort, man dürfe die Augen nicht verschließen 
vor der Haltung des Deutschen Staates gegenüber den christlichen Kir- 
chen. Die Reden und Schriften eines Herrn Rpsenberg seien eine Be- 
drohung des Christentums, „das allein die letzte Sicherheit gibt für jene 
Grundsätze, auf denen der Weltfriede aufgebaut werden und Bestand 
haben kann". 

At^tliche Duldung und Unterstützung des Kampfes gegen Christentum 

und Kirche? 

In dem Promemoria an den Vatikan vom 15. 1. 34 hat Ihre Regierung, 
Herr Reichskanzler, erklärt: „Der Nationalsozialismus er- 
strebt nicht die Schaffung einer neuen Glaubens- 
bewegung." 

In Ihrem Buche S. 124' haben Sie geschrieben: „Dem politi» 
sehen Führer haben religiöse Lehren und Einrich« 

75 



tungen seines Volkes unantastbarzu sein. Wer «über den 
Umweg einer politischen Organisation zu einer religiösen Reformation 
kommen zu Ivönnen glaubt, zeigt nur, daß ihm auch jeder Schimmer 
vom Werden religiöser Vorstellungen oder gar Glaubenslehren und 
deren kirchliche Auswirkungen abgeht." Auf dem Ehrenbreitstein Ende 
August 1934 haben Sie nochmals Ihr Wort gegeben: „D er Na t i on al- 
sozialismus steht auf dem Boden eines wirklichen 
C h r i s t e n u m s." 

Trotz dieser feierlichen eindeutigen Erklärungen von höchster Stelle 
erwecken die Reden und Versammlungen der Deutschen Glaubens- 
bewegung und ihr^r Abarten den Eindruck, es handle sich um einen 
amtlichen Feldzug von Staat und Partei gegen das 
Christentum. „Wir Nationalsozialisten," schreibt Artur Dinter in 
seinem bekannten Stil, „kämpfen g^gen ,den jüdisch-römischen Wahn- 
glauben', der als Weltanschauung ebenso verschwinden müsse, wie der 
Marxismus nicht bloß als Partei, sondern auch als Weltanschauung 
überwunden wurde" (Die religiöse Revolution Nr. 32 Juli 35). Der Mythus 
von Alfred Rosenberg, der nach d^r Erklärung der höchsten kirchlichen 
Lehrautorität „alle Dogmen der katholischen Kirche, ja sogar die Fun- 
damentalwahrheiten der christlichen Religion auszur,otten versucht", 
wurde wiederholt als nichtamtliche, private Arbeit erklärt. Dabei 
wird der Mythus in der Parteipresse über alles gelobt und auf amt- 
liche Anweisung hin in den Lehrgängen und Schulungskursen wie ein 
Evangelium der nationalsozialistischen Weltanschauung zugrundegelegt, 
t^ber den wissenschaftlichen Wert dieses Buches, besonders in den ge- 
schichtlichen Avisführungen, haben Fachmänner der geschichtlichen 
Wissenschaft ein vernichtendes Urteil gesprochen. Trotzdem werden 
durch dieses Buch viele Menschen ohne tiefere Bildung und ohne 
eigenes Denken' auf den Aberglauben gebracht, die Abkehr von Christus 
und seiner Lehre werde einen Fortschritt für das Deutsche Volk bringen, 
und dadurch, daß seitens der Partei für Rosenberg eine ungeheuere 
Propaganda entfaltet wird und zahlreiche Parteistellen und Partei- 
genossen für die von Rosenberg verkündete widerchristliche Welt- 
anschauung eintreten (Beispiele und Namen folgen),- obgleich der Mythus 
in der Literaturgeschichte dem deutschen Namen keine Ehre machen 
wird, muß die breite Öffentlichkeit auf den Gedanken kommen, .die 
neuheidnische Bewegung sei mit der nationalsozia- 
listischen identisch. Dabei weiß kein Mensch, ob in diesem 
oder jenem Fall Rosenberg als Privatmann spricht oder als der amt- 
liche Schulungsleiter der nationalsozialistischen Weltanschauung. Im 
deutschen Volk und noch mehr im Ausland festigt sich mehr und mehr 
die Auffassung, der nationalsozialistische Staat sei Trä- 
ger und Schutzherr des neuen Heidentums und der 
neuen Reformation. Wenn bei solchen neuheidnischen Versamm- 
lungen hinter dem Rednerpult das lebensgroße Bild des Fiihrers auf- 
gestellt wird, wenn zu solchen Versammlungen die SA und HJ in ge- 
schlossenen Kolonnen anmarschieren (München 13. 6. 35), wenn die 
Redner so sprechen, als ob die Führung des Dritten Reiches hinter ihnen 
stünde, müssen die Zuhörer den Eindruck gewinnen, es handle sich, im 
Gegensatz zu den feierlichen Bekenntnissen des Führers zum Christen- 
tum, ura eine amtliche Befürwortung des Heidentums. Nehmen wir 
dazu die amftich geduldeten täglichen Beschimpfungen des Christen- 
tums in deutschen Zeitungen, die Reden und das Gebaren amtlicher 
Organisationen, die Drohungen amtlicher Stellen, so müssen wir mit 
tiefem. Schmerz feststellen, Gotteslästerung und Gottesverachtung, Be- 
schimpfung und Verleumdung des Christentums und seiner Bekenner 
dürfen frei und offen zutage treten und ungehindert öffentlich in Wort 
luid Schrift verbreitet werden. 

Als der Staatssekretär des Heiligen Vaters wiederholt und besonders 
in der Denkschrift, die am 31. 1. 34 dem Deutschen Botschafter über- 

76 ■ 



reicht wurde, unter Anführung zahlreicher "Belege, seiner Sorge Ausdruck 
gab, weil unter den Augen der Deutschen Regierung die kirchenfeind- 
liche Bewegung s.olchen Umfang annahm und das Schrifttum von Rosen- 
berg parteiamtlich solche Verbreitung fand, antwortete die Reichsregie- 
rung am 14. 3. 34, Rosenberg habe „persönliche Bekenntnisse, 
nicht Programmpunkte der politischen Bewegung 
vorgetragen". Er habe mit der jedem Privatmann zustehenden 
Freiheit seine eigenen religiösen Meinungen, es sei aber ihm und 
anderen Mitgliedern der Partei „um des konfessionellen Friedens willen 
nicht gestattet, die Partei als solche mit religiösen 
Streitigkeiten zu belaste n". 

Angesichts der Ereignisse der letzten Monate müssen wir heute die 
Frage stellen, ob jene feierliche Erklärung der Reichsregierung vom 
14. 3.- 34 heute noch gelte und den höheren und niederen Parteidienst- 
stellen bekannt sei. Viele Parteistellen und Parteigenossen tragen heute 
kein Bedenken, an der Seite von Rosenberg das Christentum zu be- 
kämpfen und so fortwährend „die Partei mit religiösen Streitigkeiten 
zu belasten". Als Rosenberg den Versuch unternahm, in einer neuen 
Schrift „An die Dunkelmänne r" seinen schriftstellerischen Ruf, 
der durch die wissenschaftliche Kritik an seinem Mythus schwer ge- 
fährdet war, zu verteidigen, wurde er wiederum von parteiamtlicher 
Seite unterstützt. Diese neue Schrift bietet nicht, wie der Verfasser 
von dem Mythus behauptet, einen Plan für den geistigen Wiederaufbau, 
sondern ist eine einzige Polemik gegen Christentum und Kirche, gegen 
Gottes- und Erlöserglauben, gegen das Dogma vom römischen Primat. 
Wir geben aus der neuesten Zeit Belege dafür, daß die von der Reichs-' 
regierung am 14. 3. 34 geforderte Trennung zwischen Rosen- 
berg als Wortführer des geistigen Kulturkampfes und 
zwischen der Partei nicht m eh r beste h t. 

Die neue Schrift wurde von den parteiamtlichen „Nationalsozialisti- 
schen Monatsheften" (Heft 61, April 1935) schon vor ihrem Erscheinen 
angekündigt und empfohlen mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß es bei 
der Zurückweisung der historischen und religiösen Behauptung Rosenbergs 
durch seinen Kritiker „gar nicht um Rosenberg allein, sondern ganz grund- 
sätzlich um Sein oder Nichtsein der nationalsozialistischen 
Weltanschauung überhaupt geht". Hier wenden also die Christen- 
tums- und kirchenfeindlichen Anschauungen Rosenbergs, die ausschließ- 
lich in der neuen Schrift zum Ausdruck kommen und welche Rosenberg 
in ihr verteidigt, als zum Bestand der nationalsozialisti- 
schen Weitanschauung gehörig h i.n'g e s t e 11 1 . Ist es den 
„Nationalsozialistischen Monatsheften" erlaubt, die Partei als solche mit 
religiösen Streitigkeiten zu belasten? 

Dieselbe. Art der Anpreisung der Schrift Rosenbergs findet sich in 
dem parteiamtlichen Organ der Reichsführung der Schutzstaffeln der 
NSDAP. „Das Schwarze Korps", 9. Folge, voni 1. Mai 1935. Ebenso in 
der NSBZ Nationalsozialistischen Beamtenzeitung, Zentralorgan des 
Hauptamtes für Beamte der Reichsleitung der NSDAP Nr. 11 vom 
26. Mai 1935. 

Sogar der unreifen Jugend wird die neue Kampfschrift Rosenbergs 
gegen das ererbte Christentum parteiamtlich empfohlen. Die „HJ",. amt- 
liches Organ der Reichs Jugendführung der NSDAP (Folge 20 vom 18. Mai 
1935) behauptet kühn, daß dite Gegner des angeblichen „wissenschaft- 
lichen Ernstes" des Mythus mit ihrer Kritik beabsichtigen, „die Grund- 
lagen der Nationalsozialistischen Weltanschauung überhaupt 
anzugreifen und zu unterhöhlen". Sogar „Die Kameradschaft", das offi- 
zielle Hilfsorgan für Heimabendgestaltung in der HJ (21. Maiausgabe 
1935, Folge 10), empfiehlt die Kampfschrift Rosenbergs den HJ-Führern, 
auch den christlichen, den katholischen, mit der Begründung, daß sie 
gegen jene gerichtet sei, welche „gegendie Fundamente natio- 

77 



.nalsozialistischer Weltanschauung" Sturm laufen. Die 
Auseinandersetzung mit den religionsfeindlichen Ansichten Rosenbergs 
wird also auch hier parteiamtlich als Angriff auf die „Fundamente 
Nationalsozialistischer Weltanschauung" hingestellt. Heißt das nicht ent- 
gegen der von der Reichsregierung dem Hl. Stuhl gegebenen Versicherung 
„die Partei als solche mit religiösen Streitigl^eiten belasten", ja die Feind- 
schaft gegen das Christentum zu einem Grundprinzip des National- 
sozialismus zu machen? 

t 

Dieselbe Behauptung von der grundsätzlichen Übereinstimmung der 
christentumsfeindlichen Haltung Rosenbergs und der nationalsozialisti- 
schen Weltanschauung wird in zahlreichen parteiamtlichen Verlaut- 
barungen zur Empfehlung der neuen Kampfschrift Rosenbergs aus- 
gesprochen. 

Als Beleg für diese Anklage zitieren wir wörtlich: 

1. Das Schreiben des Bundes Reichsdeutscher Buchhändler an all^ 
. Gauobmänner des Bundes, Berlin, -den 9. Mai 1935. „Die heute noch vor- 
handenen Gegner unserer nationalsozialistischen Welt- 
anschauung verbergen sich leider sehr oft hinter religiösen Organi- 
sationen. Eines der Hauptgebiete, auf dem der Kampf gegen die n a t i o - 
nalsozialistische Bewegung geführt wird, betrifft die Stellung- 
nahme zu der im »Mythus des 20. Jahrhunderts' von Alfred Rosenberg 
niedergelegten Philosophie . . Die Antwort auf alle diese unter dem 
Deckmantel des Christentums erscheinenden Gegenschriften zur natio- 
nalsoziallstischenBewegung hat in einer soeben erschienenen 
Broschüre Alfred Rosenberg herausgegeben (,An die Dunkelmänner 
unserer Zeit') . . . Der deutsche Buchhandel wird darauf hingewiesen, daß 
diese Broschüre in den nächsten Tagen und Wochen in besonders großem 
Ausm^ von sämtlichen Gliederungen der Partei verlangt 
werden wird. Die von den verschiedensten Stellen herausgehenden Rund- 
schreiben und Anordnungen werden auf die Schrift »Dunkelmänner' 
hinweisen. Der Bund hält es für seine Pflicht, Sie (davon zu verständigen, 
damit alle Ortsobleute sich unverzüglich in der Zusammenarbeit mit den , 
Gliederungen der Bewegung, insbesondere mit den Schulungs- 
ämtern in Verbindung setzen .. ." 

2. Das Rundschreiben der Gauamtsleitung der NS-Frauenschaft West- 
falen-Nord, Münster, den 14: Mai 1935: 

„Alfred Rosenberg hat in seiner Schrift ,An die, Dunkelmänner 
unserer Zeit' den Feinden unserer nationalsozialistischen 
Weltanschauung geantwortet. • Im Einvernehmen mit dem Gau- 
leiter Pg. Dr. Meyer hat das GaUschulungsamt den Vertrieb 
der genannten Schrift übernommen . . . Wir verbinden damit auch von 
uns aus die dringende Bitte, dafür Sorge zu tragen, daß diese Schrift in 
den weitesten Kreisen der NS-Frauenschaft Verbreitung findet, da sie 
uns eine gute Hilfe sein wird in der Antwort auf die Einwände der 
gegnerischen Seite." 

3. Das Schreiben des Reichsbundes der Deutschen Beamten, Gau 
Westfalen-Nord, Münster den 17. Mai 1935: 

„Betr. Alfred Rosenberg, eine Antwort an die Dunkelmänner unserer 
Zeit ... Es ist erforderlich, daß die Schrift weitgehendst verbreitet wird. 
Eine größere Anzahl ist von, der Gau Verwaltung bestellt und wird 
den Kreisen umgehend zugesandt . . . Ich bitte Sie, sich sofort recht rege 
und energisch für den Vertrieb einzusetzen." 

4. Das Schreiben der NSDAP, Ortsgruppe' Münster-Mitte, an alle 
Amtsleiter, Amtswalter und Amts warte der Gliederungen, Münster, den 
20. Mai 1935: 

„Betr. Alfred Rosenberg: Eine Antwort an die Dunkelmänner unserer 
Zeit. Das Gauschulungsamt der NSDAP hat für das gesamte 

78 



Gaugebiet den Vertrieb obiger Schrift übernommen . . . Die Lehrer- und 
Beamtenschaft bezieht die Schrift durch ihre Fachorganisatipn 
direlft . . . Gerade hier in Münster müssen wir dafür sorgen, daß diese 
Schrift weitesten Volksl?:reisen zugänglich gemacht wird, da sie die beste 
Antwort an die Feinde unserer Weltan^schauung ist. Ich er- 
warte daher, daß die Schrift mindestens von jedem Partei- 
genossen bezogen wird." In Hinsicht auf das zuletzt zitierte Schrei- 
ben hat man, als christliche Parteigenossen sich darüber beschwerten, 
daß man parteiamtlich die Anschauungen Rosenbergs über das Christen- 
tum mit der nationalsozialistischen Weltanschauung gleichsetze, am 
23, Mai 1935 erklärt, daß die Anordnung auf einem Mißverständnis be- 
ruhe und daß weder ein parteiamtlicher Vertrieb der Schrift Rosenbergs 
noch ein Zwang zu ihrer. Beschaffung bestehe. Aber wir fragen: Wie 
konnte ein solches „Mißverständnis" , entstehen und mindestens vom 
9. bis 21. Mai bestehen, ohne daß die führenden Parteistellen eingegrifEen 
haben? Jedenfalls haben die Dienststellen der NSDAP, resp. ihre Leiter, 
welche solche Schreiben herausgaben, die Auffassung gehegt und bei den 
Mitgliedern der Parteigliederungen vorausgesetzt, daß die Bekämpfung 
der christentumsfei nd liehen Einstellung Rosenbergs 
gleichbedeutend sei mit einer Gegnerschaft gegen die national- 
. sozialistische Weltanschauung und daß die Parteimitglieder 
in den Gegnern ' von Rosenbergs „Mythus" „Feinde unserer Welt- 
anschauung" sehen. Sie und ihre Gesinnungsgenossen sind es also, 
welche nach den Worten Euerer Exzellenz durch das Hineinziehen der 
Völkischen Bewegung in die Krise religiöser Streitigkeiten sich als 
Feinde unseres Volkes erweisen und die als Propagandisten einer solchen 
Absicht augenblicklich aus den Reihen der Bewegung zu entfernen sind! 

Wir und die Iieidnisclie Bewegung. 

Während der Propaganda des Heidentums der ganze parteiamtliche 
Apparat 'zur Verfügung steht, wird uns Katholiken das Recht der 
Abwehr in Versammlungen und öffentlichen Verlautbarungen nicht 
zugestanden. Wir dürfen außerhalb der Kirche keine Versamm- 
lungen mit religiösen Themen halten und auch nicht in kleineren Krei- 
sen, etwa in' Jugendschulungsstunden, auf die Vorwürfe und Verleum- 
dungen der Gegner des Christentums antworten. Das Wort des Führers, 
uferlose und unfruchtbare KHtik körinen im Dritten Reich nicht ge- 
duldet A^erden, haben wir nicht vergessen. Hier aber handelt es sich 
nicht umi unfruchtbare Kritik, hier handelt es sich um die Freiheit 
des Wortes im Die.nsteder religiösen Wahrheit und um 
die Abwehr unwahrer Angriffe auf Religion und Kirche, Das Volk muß 
verwirrt und unruhig werden, wenn die Gegner der Kirche überall ihre 
Kanzeln aufschlagen, überallhin ihre Zeitungen werfen, während den 
, Katholiken das Recht außerkirchlicher VersaiTimlungen mit polizeilichem 
. Saalschutz und die Freiheit der katholischen Presse verweigert werden. 
Das Buch von Rosenberg „An die Dunkelmänner" wird für 20 Pfennig 
ins Volk geworfen, während das Buch von Dr. Algermissen „Germanen- 
tum und Christentum" in der 6. Auflage verboten wurde mit der Be- 
gründung, es polemisiere gegen Rosenberg. Der Bauernkalender 1935 
durfte ungestört den christlichen Bauernfamilien das nackte Heidentum 
predigen, während der Elternkalender 1936 von der Münchener Polizei 
beschlagnahmt wurde, weil er, wie die Polizei neben anderen Gründen 
schreibt, aus dem Rundschreiben von Papst Plus XI. Zitate über katho- 
lische Erziehungsgrundsätze brachte. Wir erheben Einspruch gegen diese 
unter amtlichem Schutz geübte Verführung des katholischen Volksteiles, 
im besonderen der innerlich unfertigen Jugend, und fordern die Freiheit 
der Abwehr solcher Angriffe auf Christentum und Kirche, 

Das Reichskonkordat hat in Artikel 4/5 die Freiheit der 
Verkündung der Glaubens- und Sittenlehre unserer 

79 



Kirche unter staailichon Schulz gestellt, un(jl das Promemoria der 
Deutschen Reich.^'regicrun!^ an den Hl. Vater vom 14.3.34 hat neuer- 
dings versichert, die Deutsche Regierung sei „gewillt, die Freiheit der 
Verkündigung der Lehre zu gewährleisten". Wir erfüllen nicht bloß 
eine amtliche Pflicht als Hüter dos christlichen Glaubensgutes, wir er- 
füllen auch eine vaterländische Pflicht, wenn wir in Liebe zu unserem 
Volk und in Sorge um das Gelingen Ihres Erneuerungswerkes um ent- 
schiedene Gegenmaßnahmen gegen die hemmungslose heidnische Pro- 
paganda bitten. Euere Exzellenz haben beim gesamten Empfang der 
drei Bischöfe, die als Vertreter des gesamten Episkopates am 27. 6. 34 
die Ehre hatten, bei Ihnen vorzusprechen, die Zusage gegeben, die Amts- 
träger des Staates und der Partei mit bestimmten Weisungen gegen die 
neuheidnische Propaganda zu versehen. Es ist also von unserer Seite 
nicht politischer Machthunger., sondern Ausübung 
einer Amts- und G e w i s s e n s p f 1 i c h t , wenn wir die Freiheit 
des Wortes fordern, um für die unveräußerlichen Majestätsrechte Gottes 
gegenüber den falschen Göttern einzutx'eten, die ewigen Wahrheiten der 
Offenbarung und die Tatsache der Erlösung im Blute Christi zu ver- 
künden, die Ehre und die Rechte der Kirche auch im Gemeinschafts- 
leben zu verteidigen und die Versuche, unser Volk zu entchristlichen, 
zurückzuweisen. Wir verlangen als Katholiken -keine Vorrechte, wir 
wehren uns aber gegen Ausnahmegesetze und fordern das Recht, katho- 
lische Deutsche zu sein. 

Fragen des Sittengesetzes und Gewissens. 

Die gleiche Verpflichtung und Verantwortung wie gegenüber der 
Glaubenslehre tragen v/ir Bischöfe gegenüber dem christlichen 
S i tj; e n g e s e t z. Euere Exzellenz haben in weltgeschichtlicher Stunde 
am '23. 3. 33 das aufreißende Wort gesprochen: „Wir werden eine durch- 
greifende moralische Erneuerung in unserem Volkskörper vornehmen", 
und das andere Wort: „Die Reichsregierung erblicke ira Christentum 
die unerschütterlichen Fundamente der moralen Sittlichkeit des Volkes." 
Der Nationalsozialismus hatte tatsächlich und tatkräftig begonnen, mit 
manchen Schändlichkeiten , im Volksleben aufzuräumen, besonders mit 
Nacktkulturbetrieben und schamlosen Druck-Erzeugnissen. Wir vertrauen 
heute noch, daß hohe und höchste Polizeibehörden, die in der letzten 
Zeit ihre Aufmerksamkeit auf die Überwachung harmloser Jugendspiele 
und katholischer Gottesdienste verwendeten, ihre Wachsamkeit wieder 
den im deutschen Volk zurückgebliebenen oder wieder aufkeimeriden 
sittlichen Mißständen zuwenden. Dann wird die Sittenpolizei auch nach- 
sehen, ob wirklich, wie eine private Feststellung behauptet, die Ver- 
käufer von empfängnisverhütenden Mitteln heute mancherorts bessere 
Geschäfte machen als jemals. Der Nationalsozialismus darf felsenfest 
davon überzeugt sein, daß er in diesem Kampf gegen das Laster, positiv 
gesprochen, m der Schulung der Gewissen an der Kirche die aller- 
beste Bundesgenossin haben wird. 

Es wäre eine heillöse Blutsvergiftung für das deutsche Volk, wenn 
wenn seine Ehern oral, die bekanntlich der sicherste Maßstab ist für 
den sittlichen Hoch- oder Tiefstand eines Volkes, die sittliche Ein- 
schätzung der Ehe verlassen und zur nackten Rassenzucht herabsinken, 
oder wenn das alte Schlagwort der Kommunisten von der sittlichen 
Gleichheit der ehelichen und unehelichen Mutterschaft wieder aufge- 
griffen und von Ernst Bergmann wiederholt wird: Es sei gleich ehren- 
haft, ob ein deutsches Mädchen innerhalb oder außerhalb der Ehe Mutter 
werde (Erkenntnisgeist und Muttergeist S. 404), wenn also die deutsche 
Frau nur nach ihrem Züchtungswert eingeschätzt würde. Die Statistik 
über die Zahl der Kinder in katholischen und nichtkatholischen Kreisen 
hat festgestellt, daß auch der Geburtenrückgang im deutschen Volk 
nicht ohne das christliche Sittengesetz aufgehalten werden kann. 

80 



Die Vorwürfe, die christliche Sittenlehre habe den moralischen 
Niedergang des deutschen V o llc e s zur Folge gehabt und die 
deutsche Frau entwürdigt, weisen wir als geschichtliche Unwahrheit 
ebenso zurück wie jene "Willkür, die wegen menschlicher Schwächen 
einzelner Personen in der bald 2000,iährigen Kirchengeschichte über die 
Gesamtkirche den Stab bricht oder wegen sittlicher Verfehlungen ein- 
zelner Geistlichen und einzelner Ordenspersonen auf die Gesamtheit 
der Katholiken Steine wirft. Wir vertrauen, daß nach dem Wort des 
Führers die deutsche Regierung auch fernerhin im Christentum das 
stärkste Fundament der Sittlichkeit des Volkes erblickt und in Treue zu 
ihrem Programm, das ölTentliche Leben sauber zu erhalten, Bühnen- 
stücke und Filme, die dem christlichen Sittengesetz Hohn sprechen, von 
den Spielplänen absetzt. Wir sind nach dem 4. Gebot zum Gehörsam 
gegen die staatliche Obrigkeit verpflichtet. Es gibt aber ein objek- 
tives, ewiges, göttliches Sittengesetz, das die Gewissen 
der Katholiken bindet, und wo eine solche Bindung der Gewissen vor- 
liegt, müssen wir eine Diktatur über die Gewissen ablehnen/imd die Auf- 
fassung eines Ortsgruppenleiters zurückweisen, der eine Gewissensfrage 
für eine Parteifr§ige erklärt, „die Außenstehende nichts angehe" (Orts- 
gruppenleiter Bickel, Borghorst i. W.). Ebenso weisen wir mit Entrüstung 
das Wort von Dr. Groß zurück, jeder Widerstand gegen ein Staatsgesetz 
schaffe den Tatbestand des Hochverrats (Nationalsozialistische Monats- 
hefte, Heft 64, Juli 1935, S. 601), auch wenn es sich um ein Staatsgesetz 
handelt, das im Widerspruch mit den kirchlichen Gesetzen und mit dem 
Gewissen steht. 

Wir halten es für unsere Pflicht, Herr Führer und Reichskanzler, mit 
Freimut , und Vertrauen auf die Gewissensnöte jener katho- 
lischen Eltern hinzuweisen, die einerseits durch Kirchengesetz (can. 
13,74) und noch feierlicher durch das Weltrundschreiben von Papst 
Pius XL über die christliche Erziehung der Jugend vom 31. Januar 1929 
im Gewissen verpflichtet sind, ihre Kinder in die Bekenntnisschule zu 
schicken, anderseits durch den neuen Schulkampf um die Gemein- 
schaftsschule im Gegensatz zur Bekenntnisschule in ihrem Gewissen sich 
bedrängt fühlen. In Ihrer weltgeschichtlichen Rede im Reichstag 23. März 
1933 haben Sie Ihr Wort gegeben, „in Schule und Erziehung den christ- 
lichen Konfessionen den ihnen zukomnaenden Einfluß einzuräumen". Im 
Reichskonkordat hat die deutsche Reichsregierung in Art. 23 „die Bei- 
behaltung und Neueini'ichtung katholischer Bekenntnisschulen gewähr- 
leistet." Da das RK. zugleich Reichsgesetz ist, stght die Bekenntnisschule 
auf reichgesetzlichem Boden, und es ist unbegreiflich, wie in einem 
Rechtsstaat die Eltern und Lehrkräfte, letztere als Staatsbeamte, di-^ für 
eine reichsgesetzlich geschützte Schulart eintreten, als Volksfeinde ge- 
scholten werden können. Die Deutsche Schulgemeinde -hat unter Führung 
von Oberstadtschuldirektor Josef Bauer in offener Kampfgemeinschaft 
mit den Parteistellen für die Schuleinschreibung in München 13. Februar 
1935 einen Kampf gegen die Bekenntnisschule geführt, der in seinem 
leidenschaftlichen und brutalen Ton die Anhänger der Bekenntnisschule 
öffentlich als Verräter an der Volksgemeinschaft beschimpfte und einen 
Gewissensterror ohnegleichen auf die Eltern ausübte, ohne sich zurück- 
halten zu lassen durch die Erwägung, daß die Simultanschule von jeher 
das Schul ideal des freisinnigen Liberalismus war und in den letzten 
15 Jahren vom Marxismus als Übergang zur weltlichen Schule gefordert 
wurde. Das Staatssekretariat Seiner Heiligkeit hat in einer diplomati- 
schen Note vom 20. März 1935 gegen diese Verletzung des RK und diese 
Bedrückung der Elterngewissen Einspruch erhoben. Der bis zum Über- 
druß wiederholte Vorwurf, nur die Gemeinschaftsschule erziehe zur 
Volksgemeinschaft, wurde am schlagendsten widerlegt von den Saar- 
ländern, die niemals eine andere als die Bekenntnisschule besucht hatten 
und doch am 13. Januar 1935 das überwältigende Bekenntnis zum deut- 
schen Mutterland ablegten. Bei einer Besprechung im Bayerischen Staats- 

81 



ministerium für Unterricht und Kultus am 2, April 1935 wurde festge- 
stellt, daß trotz aller Werbetätigkeit für die Gemeinschaftsscluüe die 
Melurzahl der Eltern für die Bekenntnisschule abstimmte und daß, bevor 
im Widerspruch mit dem Reichskonkordat durch einen Gewaltstreich der 
Verwaltungsbehörden die Bekenntnisschulen in Bayern in gemischte 
Schulen umgewandelt werden, die Entscheidung des Führers 
eingeholt werden solle, ob er einem solcheh Vorgehen in Rücksicht auf 
die allgemeine Politik zustimmen könne. Darum bitten wir Bischöfe 
heute den Führer, diese Zustimmung zur Fortsetzung des Kampfes gegen 
Belvenntnisschule und Reichskonlcordat zu versagen und das Gewissen 
der katholischen Eltern nicht weiter unter so schweren Druck zu setzen, 
überhaupt die Schulfrage als Gewisser^ssache, nicht als politische Partei- 
frage behandeln zu lassen. • - 

Eine überaus ernste Gewissensfrage bleibt' für uns die Frage des 
Eides. Schon am 1. 3. 34 hat Kardinal Schulte von Köln im ,;Kirch~ 
liehen Anzeiger" auf Anfragen aus der Erzdiözese erklärt: „Laßt Euch 
nicht beunruhigen und irremachen durch die, welche öffentlich zu sägen 
wagten, eine Vereidigung verpflichtet zu einer Änderung der religiösen 
Überzeugung. Für den Christen ist jede Eidesleistung zunächst und vor 
allem eine feierliche Anerkennung der Majestätsrechte des allheiligen 
Gottes. Sie kann deshalb niemal zu etwas verpflichten, was gegen Gottes 
Gebot und Gesetz ist". Es ist und war von jeher katholische Lehre, daß 
ein Eid als feierlicher Akt der Gottesverehrung unter Anrufung des 
göttlichen Namens niemals eine Lästerung Gottes und eine Verunehrung 
des göttlichen Namens werden darf, das heißt, daß er mit der Treue zur 
Wahrheit und mit einem Gebote Gottep nicht in Widersprüche geraten 
und nicht zu einer Leistung oder Unterlassung, verpflichten darf, die nach 
katholischer Glaubens- und Sittenlehre einem Gebot Gottes wider- 
sprechen würde. Die Zusage, Gott durch eine Sünde zu beleidigen, kann 
also überhaupt nicht Gegenstand eines Eides sein. Die deutschen Staats- 
beamten müssen und können' ruhigen Gewissens den Eid schwören: „Ich 
werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu 
un^ gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflicht 
gewissenhaft erfüllen." Nach Erlaß des Herrn Reichsministers für Wis- 
senschaft, Erziehung und Volksbildung vom 12. 7. 35 ist dieser Eid ohne 
Vorbehalte und ohne Einschränkung zu leisten. Für den katholischen 
Christen bedarf es nach dem oben Besagten keiner Vorbehalte und 
keiner Einschränkung. Für sein Gewissen ist der Treueid eine heilig- 
ernste Bindung vor Gott, wobei selbstverständlich nur solche Verpflich- 
tungen übernommen werden, die mit Gottesgesetz im Einklang stehen. 
Die Treue, mit der auch die katholischen Soldaten des Weltkrieges ihren 
Fahneneid gehalten haben, gibt wahrhaftig keinen Anlaß, heute gegen 
den Eid der katholischen Staatsbeamten mißtrauisch zu sein. 

Im Namen der Gewissensfreiheit dürfen wir das Verständnis Euerer 
Exzellenz auch dafür annehmen, daß viele katholische Beamte und Ärzte 
in die schwersten Gewissenskonflikte gestoßen werden, wenn sie das . 
Sterilisierungsgesetz durchführen müssen, weil sie im Weige- 
rungsfall Gefahr laufen, ihre Stelle zu verlieren und samt ihren Familien 
in die bitterste Armut zu geraten. Hier handelt es sich doch um Beamte, 
deren Gewissenhaftigkeit ebenso in ihren übrigen Amtspflichten zutage 
tritt, also um wertvolle Kräfte im Staatsdienst. Wir geben die Hoffnung 
nicht auf, daß auch in dieser Frage eine friedliche Lösung sich finden 
lasse. Etwa dadurch, daß solche Beamte und Ärzte, die nach ihrer all- 
gemeinen Qualifikation für den Staatsdienst erhalten bleiben sollen, in 
jenen Fällen, in denen sie aus Gründen des Gewissens bei der Durch- 
führung des Sterilisierungsgesetzes nicht mitwirken können, eine Ver- 
tretung erhalten, ohne im übrigen ihre Stelle aufgeben zu müssen. Wer- 
tet man diese Frajge. nicht als Machtfrage des totalen Staates, sondern 
als Gewissensfrage einer staatstreuen Beamtenschaft, wird sich eine 
Lösung finden, ohne daß man viel in der Öffentlichkeit davon spricht. 

82 



Im Zusammenhang mit den Fragen der sittlichen Freiheit erheben 
die Bischöfe einmütig Einspruch gegen die Diktatur der Ge- 
heimen Staatspolizei, die fortwährend Bistumsblätter 
und religiöse Drucke in Buchform beschlagnahmt, Seelsorger- 
briefe unter die verbotenen Flugblätter rechnet und die persönliche Frei- 
heit der religiösen Schriftsteller in einer Weise einschränkt, die eines 
Kulturvolkes nicht würdig ist. Auch ohne Angabe von Gründen, . einzig 
nach dem „Gesamteindruck" werden Bücher verboten (Bayer. Politische 
Polizei, München 1. 7. 35). Für alle rechtlich Denkenden wird es ein Rät- 
sel bleiben, wie etwa das Buch von Dr. Algermissen „Germanentum und 
Christentum", ein so tiefgrabendes, wissenschaftliches Werk, von der 
Staatspolizei unterdrückt werden konnte, weil es gegen die „Privat- 
arbeit" von Rosenberg sich 'Oi^endete. Sie als Schriftsteller, Herr Reichs- 
kanzler, verstehen unsere Klage über die Unfreiheit der früher katholi- 
schen Zeitungen, sowie der katholischen Verlage, und unsere Teilnahme 
für' solche Schriftsteller, die wegen ihrer Grundsatztreue oder wegen' 
Abdruck eines kirchlichen Erlasses ,samt ihren Familien auf die Straße 
gesetzt werden. Im besonderen bitten wir den Führer, den Bischöfen die 
im Art. 4 des Reichskonkordats zugesagte Freiheit des Bischöf- 
lichen Lehramtes zu gewähren, um „Anweisungen, Verordnungen, 
Hirtenbriefe, amtliche Diözesanblätter und sonstige, die geistliche Leitung 
der Gläubigen betreffende Verfügungen" unbehindert zur Kenntnis der 
Gläubigen zu bringen. Sollte sich einmal ein Zweifelsfall ergeben, dann 
bitten wir, die Entscheidung darüber, ob Hirtenbriefe der Bi- 
schöfe in den Kirchen vorgelesen werden dürfen oder nicht, einzig 
dem neuen Kirchenminister vorzubehalten und uns üBischöfe in der 
Ausübung unseres Lehramtes nicht im Widerspruch mit Art. 4 des 
Reichskonkordates der Staatspolizei auf Gnade und Ungnade zu über- 
lassen. Auf den Dörfern entsteht immer eine große Beunruhigung, nicht 
zum Vorteil des Ansehens staatlicher Behörden, wenn Telephon oder 
Gendarm Sonnabend in der Nacht oder Sonntag in aller Frühe das Ver- 
bot' überbringen, ein Hirtenwort dürfe nicht verlesen werden. Wieder- 
holt wurde ein Verbot auch für Hirtenbriefe überbracht, die dem Pfarr- 
amt ganz unbekannt oder gar nicht zum Vorlesen bestimmt waren. Wir 
urteilen hier nicht über die Diktatur als Staatsform., Die Diktatur in 
religiösen Fragen ist immier auch eine Diktatur über die Gewissen. 

Seh mä hungengegenPapst,Bischöfeundalles 

Katholische 

Verehrter Führer und Reichskanzler! Es sei uns weiterhin gestattet, 
Ihr Augenmerk auf die immer mehr anwachsenden Schmähungen gegen 
lapst, Bischöfe und alles Katholische zu lenken. Alfred Rosenberg hat 
dem Papst Schimpfnamen beigelegt, die auch im Auslande helle Empö- 
rung hervorgerufen haben. Qeist vom Geiste Rosenbergs und Ludendorffs 
ist es, wenn Zeitungsschreiber dritten Grades Tag für Tag in Presse- 
artikeln, deren Gedanken und Wortprägungen zum Teil aus alten kom- 
munistischen Lügenquellen geschöpft sind, oder Dichterlinge in Spott- 
liedern, wie in einem der neuen Devisenlieder, "cias Ansehen des 
Papsttums herunterreißen und für eine romfreie Kirche Stim- 
mung machen. Es wird uns versichert,, in manchen Arbeitsdienstlagern 
würde über kein Thema so viel gesprochen wie über die Sünden der 
Päpste, und auch außerhalb der Lager werde die schamlose Lüge ver- 
breitet, der Papst habe den Siebziger Krieg und den Weltkrieg in Szene 
gesetzt, um mit dem Blut der Millionen ein Geschäft zu, machen. 

. Wir haben zu Ihnen, Herr Reichskanzler, das Vertrauen, daß 
Sie dieser Hetze gegen das Papsttum ein Ende machen. Mit Ihnen hat 
Papst Pius XL als erster Souverän des Auslandes durch das Reichskon- 
kordat den Handschlag des Vertrauens getauscht. Ihnen hat Papst Pius XI. 
am 13. März 1933 im Konsistorium vor aufhorchenden Vertretern anderer 

83 



Nationen das hohe Lob ausgesprochen, daß Sie als erster Staatsmann mit 
Ihm vom Bolschewismus abrückten. Millionen im Ausland, Katholiken- 
wie Nichtkatholiken, haben aui' diese Vertrauenskundgebungen des 
Papstes hin das anfängliche Mißtrauen überwunden und Vertrauen zu 
Ihrer Regierung gefaßt. 

Unter diesen Verhältnissen ist es schwer verständlich, wie gegen das 
Konkordat von deutscher Seite Schmähschriften geschrieben werden 
• konnten wie die von Dr. Armin Roth im Verlage Ludendorff. Wer 
behauptet, im Reichskonkordat sei Deutschland der nur gebende und 
bezahlende Teil, der Papst der gewinnende Teil gewesen, wer also das 
Konkordat nur nach seinen finanziellen Verpflichtungen beurteilt wie 
einen Handelsvertrag, hat keinen Blick dafür, daß durch einen Vertrag 
mit dem Heiligen Vater, in dessen Einleitung von den, „zwischen dem 
Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich bestehenden freundschaftlichen 
Beziehungen" die Rede ist, das moralische Ansehen Ihrer 
Person und Ihrer Regierung in einzigartigerweise 
begründet und gehoben wurde. Es wäre für das deutsche Volk 
ein Verhängnis von unabsehbarer Tragweite, wenn die friedliche, im 
Konkordat verbürgte Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in den 
sogenannten gemischten Rechtsfragen wieder abgebrochen imd durch 
förmliche oder tatsächliche Aufkündung des Konkordates dieser ein- 
zigartige, weltgeschichtliche Erfolg Ihrer Regierung im Vergleich mit 
unseren westlichen Nachbarn und anderen Ländern wieder preisgegeben 
würde. Herr Reichskanzler, Sie dürfen das Vertrauen des Pap- 
stes nicht enttäuschen und das Reichskonkordat, dies©'' erste 
außenpolitische Großtat vor Ihren Priedensreden, nicht zerbrechen. Sie 
dürfen auch die Ehre Ihres Vertragspartners nicht in den Staub ziehen 
lassen. Am 31. Jvili 1935 brachte der „Völkische Beobachter" unter der 
Überschrift: „Moskau und Vatikan betreiben die Restauration der Habs- 
burger, der Heilige Stuhl verhandelt mit den Bolschewisten über ein 
Konkordat", sowie die ganze übrige Presse wohl als • Zwangsauf läge in 
großen Schlagzeilen und sogar in Maueranschlägen die Meldung: „Ver- 
handlungen über ein Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und der 
Sowjetregierung, Litwinow und der Papst arbeiten an der Rückführung 
der Habsburger."- Eine Welle des Hasses und des Hohnes wälzte sich 
auf diese Meldung- hin durch ganz Deutschland, Am 4. August 1935 er- 
klärte der „Osservatore Romano" obige Meldung als den „Gipfel jour- 
nalistischer Erfindungen, die offenbare, mit welchen grptesken Methoden 
von gewissen Kreisen in Deutschland die öffentliche Meinung gegen den 
Heiligen Stuhl aufzupeitschen versucht werde." ,Bis heute hat die 
deutsche Presse nicht so viel Wahrheitssinn aufgebracht, obige Falsch- 
meldung gegen den Papst richtigzustellen. 

Wie gegen den Papst, so werden auch gegen die Bischöfe in 
Wort und Druck Schmähungen und Verdächtigungen geschleudert, die 
schon in ihrer Form, in Schimpfnamen wie „Zentrumsbischof", und in 
Schlagwörtern aus dem Wortschatz des Liberalismus und Bolschewismus 
die einfachsten Gesetze des öffentlichen Anstandes außer acht lassen. 
„Frevelhafte Phantasien eines Erzbischofs" überschreibt der „Blitz" vom 
30. 6. 1935 seine Schmähartikel über eine sachlich ruhige, wissenschaft- 
liche Arbeit des Erzbischofs von Freiburg. „Unverschämte Herausforde- 
rung von Partei und Staat durch den Bischof von Münster" verkündet 
in großen Schlagzeilen der „Völkische Beobachter" vom 8. 7. 1935. „Freche 
Verschleierungsmanöver des Erzbischöflichen Ordinariats Breslau" steht 
am Kopf des Völkischen Beobachters vom 4. 6. 1935. Erzbischof Klein 
von Paderborn wurde in Hamm auf der ■ Fahrt zur Kirche von HJ in 
einer Weise angepöbelt, die an die Straßenszenen . der französischen Re- 
volution erinnert. Bischof Bornewasser von Trier wurde am 26. 5. 1935 
in ähnlicher Weise nach der Firmung in Kreuznach wieder von HJ be- 
lästigt und beschimpft. Wie die Bischöfe vielfach auch sonst auf ihre 

84 



Beschwerden entweder gar keine Antwort oder eine nichtssagende 
Empfangsbestätigung erhalten, hat sich auch der Reichs Jugendführer, 
an den die Beschwerde des Bischofs von Trier ging, bis heute weder 
durch die Gesetze des Anstandes noch durch die Gesetze der Gerechtig- 
l^eit verpflichtet gefühlt, eine Antwort zu geben. In München wurde in 
einer Versammlung der Deutschen Schulgemeinde am 15. 2. 35 (Redner 
Stadtschulrat Bauer), ebenso in einer Versammlung der Deutschen Glau- 
bensbewegung am 17. 5. 35 (Redner Landesleiter Backofen), ebenso in 
einer Versammlung des Ludendorff-Redners Dr. Engel am 13. 6. 35 
wiederholt und stürmisch zur Ermordung des Erzbischofs von München 
aufgefordert, und in gleicher Weise wurde die Nennung irgendeines 
Bischofsnamens mit den Zwischenrufen begleitet: „Hängt ihn auf! An die 
Wand mit ihm!", Die Bischöfe mögen tun, was sie wollen, durch Kir- 
chenbauten Arbeit beschaffen, Saarkundgebungen erlassen, das Winter- 
hilfswerk empfehlen, alles wird als Ausdruck staatsfeindlicher Gesin- 
nung oder als Heuchelei verdächtigt. In einer Rede haben Sie, Herr 
Reichskanzler, " einmal ein erschütterndes Wort gesprochen: „Was ich 
auch .mache, es wird alles mißdeutet. Was soll ich überhaupt noch 
machen!" Wir Bischöfe fühlen uns manchmal in der gleichen Lage. Die 
Rücksichtslosigkeit, mit der die Geheime Staatspolizei Hirtenbriefe der 
Bischöfe verbietet und die Gründe, die sie für solche Maßnahmen an- 
gibt, müssen Ehr- und Rechtsgefühl tief verletzen. 

Auch unser Klerus wird mit ewigem Mißtrauen beobachtet 
und wie in den schlimmsten Zeiten des siebziger Kulturkampfes über- 
wacht. Für die Predigten sind Horchposten aufgestellt, junge Menschen, ' 
die über religiöse Fragen gar kein Urteil haben und ihre ganze Anklage 
oft auf einzelne falschverstandene Wörter aufbauen. Auf deren An- 
gebereien hin wird der Geistliche verurteilt oder auf die Schwarze Liste 
gesetzt, ohne daß ihm Gelegenheit gegeben wird, aus seinem Predigt- 
manuskript den Wortlaut des Gesagten und das Gesamtthema festzu- 
stellen. Die Geistlichen müssen sich in Zeitungen und auf der Gasse als 
„Schwarze Hunde", als „Schwarze Bande", als „Halunken" beschimpfen 
lassen, ohne daß ihnen ein staatlicher Schutz zuteil wird. In der Nähe 
des Jugendlagers bei Lenggries war seitens der oberhirtlichen Stelle von 
München ein Altar für die freiwillig zum Gottesdienst sich Meldenden 
aufgerichtet worden. Eines Tages war der Altar mit Inschriften be- 
schmiert: „Pfaffen an die Wand! Hängt die Pfaffen, die Devisenschieber!" 
Eine behördliche Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Das Volk 
aber erkannte die Täter, als kurz darauf HJ aus dem gleichen Lager 
durch das Dorf Lenggries einen Umzug hielt mit dem Sprechchor: „Was 
tun wir mit den Pfaffen? — Aufhängen, aufhängen!" Hier werden 
Schrittmacher des Bolschewismus gezüchtet, hier wird eine Saat gesät, 
die zwangsläufig auf eine blutige Ernte hinausläuft. 

Es hat zuweilen den Anschein, als hätten die Katholiken in 
Deutschland überhaupt keinen Anspruch mehr auf Ehrenschutz und 
Gerechtigkeit. „Überstaatliches Gesindel" konnte „Der Heidelberger 
Student" in der Nummer 4. Mai 1935 die Katholiken beschimpfen. „Kir- 
chenmoi'al mit doppeltem Boden" durfte „Das Schwarze Korps" die 
Nummer vom 12. Juni 1935 groß überschreiben. „Der große Schwindel 
vom jüdischen Eingottglauben" war im „Morgenrot" vom 1. Juli 1935 zu 
lesen. „Jude und Christ sei gleich" meinte Dr. Engel in einem Vortrag 
am 2. Juli 1935. In einer großen Zahl von Tages- und Wochenzeitungen 
werden die Katholiken fast in jeder Nummer mit einer Flut von Un- 
wahrheiten und Verleumdungen Übergossen. 

Mit Entrüstung weisen wir besonders auf die Versuche der aller- 
jüngsten Zeit hin, einen geistigen und politischen Zusammenhang? 
zwischen den deutschen Katholiken und den russi- 
schen Bolschewisten herzustellen. Deshalb, weil ein ein^ 
zelner marxistische Schriften verteilte, kann doch ein solcher Zusammeftü 

85 



hang nicht behaupte^ werden. Deshalb, weil eine Moskauer Jugendzeit- 
schrift bei unserer katholischen Jugend sich anbiedern will oder ein 
kommunistisches Flugblatt in einer recht plumpen und verdächtigen 
Weise sich an die Katholiken wendet, kann doch den Katholiken, die auf 
derartige Annäherungsversuche in keiner Weise eingehen, eine Gesiri- 
nungsgemeinschaft nicht nachgesagt werden. In aller Welt kann man 
doch nur den Verfasser eines Briefes oder Flugblattes und den Ver- 
teiler, nicht den Empfänger für den Inhalt des Machwerkes verantwort- 
licii machen. Wir weisen also Zeitungsartikel und Maueranschläge mit 
der Überschrift „Moskau schürt den politischen Katholizismus" zurück 
und erblicken in solchen Kundgebungen einen planmäßigen Versuch, im 
deutschen Volk Stimmung für einen K u Iturkampfzu machen. 

Was ist politischer Katholizismus? 

Kundgebungen von höchsten Regierungsstellen in der letzten Zeit . 
zwingen uns, auch die Frage des politischen Katholizis- 
mus zur Sprache zu bringen. Herr Ministerpräsident Göring hat ii;i 
seinem Erlaß vom. 18. 7. 35 den neuen F-eldzug gegen den politischen 
Katholizismus damit begründet, der politische Katholizismus wolle dem 
nationalsozialistischen Staat „im Kampf entgegentreten". Herr Reichs- 
justizminister Dr. Gürtner hat hiezu die Strafverfolgungsbehörden unter 
Hinweis auf verschiedene Gesetze, darunter auf das Gesetz „gegen 
Neubildung von Parteien" verpflichtet, gegen den politischen 
Katholizismus „Strafen zu beantragen, die nach dem Rechtsempfinden 
des Volkes der . Gefährlichkeit dieser Staats- und volksfeindlichen Um- 
triebe und der Gewissenlosigkeit der Täter "Entsprechen". Der politische 
Katholizismus soll also als besonders gefährlicher, staatsfeindlicher, ge- 
wissenloser Um trieb mit einer nur in der Klassenjustiz bisher üblichen 
Formel „nach dem Rechtsempfinden des Volkes" gestraft 
werden. Soll dadurch der katholische Volkst^il nicht der , Willkür aus- 
geliefert und das Vertrauen auf deutsche Rechtssprechung erschüttert 
werden, ist es unerläßlich, vor allem über das Wesen des politischen 
Katholizismus sich klar zu werden und eine klare Scheidung zwi- 
schen dem' politischen und dem nichtpolitischen 
katholizis m u s zu vollziehen? Ist es politischer Katholizismus, wenn 
ein Katholik der Auffassung ist, die Bekenntnisschule stehe auf dem 
Rechtsboden des Konkordats, also auf reichsgesetzlichem , Boden, könne 
also von jedem Staatsbeamten als Recht erklärt werden? Ist es politi- 
scher Katholizismus, wenn man die katholische Jugend, auch die Staats- 
jugend, an das .Gebot der Kirche erinnert, an jedem Sonn- und Feiertag 
die hl. M^sse zu besuchen? Ist es politischer Katholizismus, wenn man 
sagt, der Staat habe nach göttlichen Geboten kein Recht, altersschwaches 
Leben einzuschläfern oder Kirchengut zu enteignen? Wir haben schon 
bisher schmerzlich erlebt, daß mit diesem Schlagwort aus der liberalen 
Zeit alles, aber auch alles, was ein Bischof in pflichtmäßiger Ausübung 
seines Lehr- und Hirtenamtes tut, als, politische Kundgebung und als 
machtpolitisches Streben verdächtigt werden kann. Wir kön- 
nen nicht glauben, daß der Herr Ministerpräsident sich die Auffassung 
einiger Stellen der Geheimen Staatspolizei zu eigen macht, die jede 
Genera l.kommunion der Jugend, jede Wallfahrt, jede Abend- 
feier in der Kirche, sogar den sakramentalen Segen eines Bischofs bei 
einer Abendandacht, auch die Einführung des Ewigen Gebetes als 
Demonstration des politischen Katholizismus erklärt. 
Nach dieser Auffassung könnte die neue Kampflosung gegen den politi- 
schen Katholizismus ein Freibrief werden, um auch den religiösen 
KathoHzismus rechtlos und schutzlos unter Staatsaufsicht zu stellen, und 
eine Blankovollmacht an die Polizei, um den Katholiken alle möglichen 
Staats- und volksfeindlichen Umtriebe ohne jeden Beweis aufzubürden 
, und die Bischöfe als Führer des politischen Katholizismus zu verdäch- 

86 ^ 



tigen und „ohne Rücksicht auf die Person und Stellung des Täters" 
anzuklagen. 

, Um eine Antwort auf die Frage, wo der religiöse Katholi- 
zismus aufhört und der politische Katholizismus an- 
fängt, müssen wir die Gesetzgeber um so lauter bitten, als Herr Staats- 
minister Adolf Wagner am 13. 7. 35 den SA-Führern in Erding erklärte, 
es gehe in der nächsten Zeit überhaupt nicht gegen die Kommunisten, 
sondern gegen die Katholiken unter der Losung: „Entweder deutsch oder 
katholisch". Die Definition, die „Das Schwarze Korps" vom 24. 7. 35 vom 
politischen Katljolizismus gibt, öffnet der Willkür in der Justiz alle Tore. 
Der politische Katholizismus, -schreibt diese Zeitung, lasse eingeschmug- ' 
gelte Hetzschriften gegen den nationalsozialistischen Staat verteilen, ver- 
sorge die reichsfeindliche Presse mit politischen Tendenzmeldungen, 
stehe in Verbindung mit Freimaurern, und Kommunisten, treibe die 
Gläubigen durch Hirtenbriefe, im Beichtstuhl, durch konfessionelle 
Vereine in Gegensatz zum Nationalsozialismus. Es gehe ihnen um die 
politische Macht, um den Abfall im 16. Jahrhundert wieder wettzu- 
machen und das Mittelalter wieder heraufzuführen und „die schmutzigen 
und verräterischen Geschäfte des Zentrums fortzusetzen". Solche Ver- 
brechen dürfen über die Kathpliken > ohne jede Spur von Beweis be- 
hauptet werden. Dann folgen in der gleichen Zeitung, wieder ohne jeden 
peweis, Schimpfnamen wie klerikale Dolchstößler, Hochverräter in der 
Priesterkutte usw. Ähnliche Auslassungen, die selbst in der kommuni-, 
stischen Rätezeit im Kampf gegen ,die Kirche nicht übertroffen wurden, 
Anden sich auch in der Zeitschrift „Deutsche Volksschöpfung" 1935 
Folge 12, wo das Christentum ein greisenhaftes Ungeheuer, eine Mischung 
aus Dummheit und Irrwahn, der Schwindel einer herrschsüchtigen 
•Priesierschaft genannt wird, und so geht es Tag für Tag in Zeitungen 
und Zeitschriften weiter. Herr Reichskanzler! Darüber dürfen sich die 
verantwortlichen Stellen nicht täuschen, daß durch solche Hetzartikel unter 
der Flagge „gegen den politischen Katholizismus" iri Zeiten politischer 
Hochspannung nicht bloß der wildeste Kulturkampf, son- 
dern auch die blutigste Kirchen- und Priesterverfol- 
gungvorbereitetwird. 

Wenn der Gegensatz zum Staafoder einem Staats- 
gesetz das Kennzeichen des politischen Katholizismus sein soll, ist 
nicht einzusehen, warum die Deutsche Glaubensbewegung 
nicht auch als politische Bewegung erklärt wird. Die Reichsregierung 
betont feierlich, sie stehe auf christlichem Boden, die Deutsche Glau- 
bensbewegung dagegen lehnt das Christentijm ab. Die Reichsregierung 
verbürgt im RK. den Fortbestand der theologischen Fakultäten, die 
Glaubensbewegung erklärt im Gegensatz zur Reichsregierung: Wir wer- 
den nicht ruhen, bis die theologischen Fakultäten aus den Hochschulen 
verschwunden sind (Backofen, München 17. Mai 1935). Trotz dieses 
Gegensatzes zu staatlichen Gesetzen und Gründsätzen erhebt niemand 
gegen die Deutsche Glaubehsbewegung den Vorwurf, sie. sei eine poli- 
tische Bewegung, während die Katholiken, die das Heidentum und die 
Gewissensdiktatur der kulturpolitischen Nebenregierungen ablehnen, so- 
fort mit dem Vorwurf des politischen Katholizismus bedacht werden. 
Überall, wo der Geist von Rosenberg, dem Schulungsleiter der national- 
sozialistischen Weltanschauung, herrscht, wird jeder katholische Christ, 
er mag tun, was er will, schon in seinem Dasein als Staats- und Volks- 
feind betrachtet werden. Nur so erklären sich viele Maßnahmen von 
behördlichen und parteiamtlicl>en Stellen, die jede Bekundung dogmen- 
treuen Christentums im voraus mißtrauisch beol^achten und ohne richter- 
liche Beweisaufnahme verurteilen. In den Augen dieser Behörde gelten 
im voraus christlicher Glaube und Treue zur Kirche als unvereinbar mit 
der Treue zum Staat. In dieser Atmosphäre haben auch die in ganz 
Deutschland verbreiteten Plakate der letzten Wochen „Deutsches Vollt:, 

87 



horch auf" eine neue Sturzwelle des Hasses gegeri die Katholiken auf- 
gewühll, ohne daß die MilHonen Leser sich darüber klar waren, was 
politischer und was religiöser Katholizismus sei. 

Es Itann unmöglich die Absicht der Staatsregierung sein, mit dem 
neuen Stichwort vom politischen Katholizismus die Katholiken von dem 
inneren Miterleben der Wende in unserem Volk und von dem äußeren 
Mitwirken in der Staatsgemeinschaft auszuschließen. Erst recht nicht 
die Biscliöfc, die den Bischofseid des RK. Art. 16 schwören, „pflicht- 
mäßig um das Wohl und Interesse des deutschen Staatswesens besorgt 
zu sein". Es gibt eine Reihe von Fragen, die sowohl eine politische 
.Seite haben, die also, wie dieses Wort sagt, zum Rechtsgebiet des Staates 
gehören und Gegenstand eines staatlichen Gesetzes sein können, und zu- 
gleich eine religiöse Seite haben, also für das religiös-sittliche Leben 
bedeutsam sind und Gegenstand eines göttlichen oder kirchlichen Ge- 
setzes sein. Ivönnen. Für die sogenannten gemischten Fragen wurde im 
RK. die friedliche Zusammenarbeit der kirchlichen 
und staatlichen Kräfte vereinbart. Die Mitarbeit in diesen 
Fragen kann also nicht von dem Vorwurf des politischen 
Katholizismus getroffen werden. Zu Art. 32 des RK., dessen nähere 
Bestimmungen „für die Geistlichen und Ordensleute die Mitgliedschaft 
in politischen Parteien vmd die Tätigkeit für solche Parteien aus- 
schließen", gibt, das Schlußprotokoll des RK. in verbindlicher Form die 
Erklärung, das „bedeute keinerlei Einengung der pflicht- 
mäßigen Verkündigung und Erläuterangderdogma- 
tischen und sittlichen Lehren und Grundsätze der 
Kirche". Wo immer also diese Sittenlehren und Grundsätze der Kirche, 
auch solche, die sich auf das Gemeinschaftsleben eines Volkes beziehen, 
im staatsbejahenden Sinn verkündet und erläutert werden, kann von 
einem staatsfeindlichen politischen Katholizismus nicht die Rede sein. 

In diesem Zusammenhang ersuchen wir, Herr Reichskanzler, Ihre 
Regierungsstellen, endlich einmal das Mißtrauen gegen die Ka- 
tholische Aktion abzulegen und die neue Kampf losung gegen den 
politischen Katholizismus nicht auf diese rein religiöse Sache zu über- 
tragen. Die Katholische Aktion ist nicht „getarnte hinterhältige Politik", 
sondern eine vom Papst für die ganze katholische Welt angeordnete seel- 
sorghche Einrichtung, die nach strenger Weisung des Heiligen Vaters 
unter der Verantwortung der Bischöfe jeden politischen Nebengedanken 
ausschließt und eine größere ' Aktivität der Laien zu rein religiösen 
Zweclcen erwecken wül. Die sogenannte Pf arr j ugend, die im Erlaß 
des Herrn Reichsführers Himmler vom 23. Juli 1935 erwähnt wird, hat 
mit den bisherigen Jugendvereinen nichts zu tun, ist vielmehr eine auch 
in andern katholischen Ländern längst bestehende Einrichtung der 
Katholischen Aktion zu dem Zweck, die gesamte katholische Jugend 
einer Pfarrei ohne Rücksicht darauf, ob sie sonstwie organisiert ist oder 
nicht, zu religiösen Weihestunden, zu liturgischen Sprechchören . oder 
Gesängen oder sonstigen rein religiösen Veranstaltungen zusammenzu- 
fassen. Es wäre wirklich an der Zeit, diese Angst vor der Katholischen 
Aktion wie vor einem Gespenst abzulegen. 

Konfessionelle Vereine, besonders Jugend- und Arbeitervereine 

In den letzten Wochen ist eine Flut von Erlassen über die kon- 
fessionellen Vereine ergangen. Der Herr Reichsminister des 
Innern hat am 20. Juli 1935 die Landesregierungen angewiesen, den kon- 
fessionellen Verbänden das Tragen von Uniformen und das öffentliche 
Auftreten mit Fahnen und Abzeichen sowie jeden Geländesport zu ver- 
bieten. Herr Reichsführer Himmler hat am 23. Juli 1935 in gleichem 
Sinn in positiver Weise die Betätigung der Verbände auf das r?in kirch- 
lich-religiöse Gebiet beschränkt. Unterbehörden sind auch "hier auf 
eigene Faust weit über die Verordnungen der obersten Reichsbehörden 

' 88 • 



hinausgegangen, indem sie außerdem dasVermögenvonJugend- 
gruppen beschlagnahmten und katholische Verbände ' nicht 
bloß auf das rein religiöse Gebiet beschränkten, sondern vollständig 
auflösten. So das Bezirksamt Wasserburg in Oberbayern bereits am 
19. Juli 1935 und der badische Innenminister am 23. Juli 1935 in bezug 
auf die Deutsche Jugendkraft. Solches Vorgehen ist mit Art. 31 des RK. 
nicht ■ vereinbar, weil dort unter bestimmten Voraussetzungen, die bei 
diesen Vereinen erfüllt waren, der staatliche Schutz zugesagt wurde. 
Auch die Beschlagnahme des Vereinsvermögens ist unvereinbar mit 
Ihrem feierlichen Wort, Herr Reichskanzler, am 21. Mai 1935, im Dritten 
Reich werde das Privateigentum im Gegensatz zum russischen Bolsche- 
v/ismus geachtet. Andere Stellen, unter den ersten der Herr Regierungs- 
präsident von Niederbayern und die Bürgermeister von Duisburg und 
Würzburg, haben die Beamten und Angestellten ihres Amts- 
bereiches verpflichtet, ihre Kinder aus den konfessionellen Jugendver- 
bänden herauszunehmen. Wieder andere haben eine Erklärung an Eides- 
statt abgefordert, daß weder sie selber noch jemand aus ihrer Familie 
einem konfessionellen Verband angehören. Die ausführenden Organe 
haben da und dort sogar die Mitgliedschaft bei Marianischen Kongre- 
gationen, bei Bruderschaften und dem III. Orden festgestellt und Mit- 
gliederverzeichnisse abgefordert, ohne sich darum zu kümmern, daß im 
1. Absatz des Art. 31 diesen rein religiösen Vereinen und Bruderschaften 
der staatliche Schutz sogar bedingungslos gewährleistet ist. Dieses 
Vorgehen brachte für die Beamten und Angestellten einen unerträglichen 
Gewissenzwang und einen Widerspruch mit der wäederholten amt- 
lichen Erklärung, die HJ sei' eine freiwillige Organisation und der 
Beitritt zur Staatsjugend müsse ein freiwilliger bleiben und dürfe nicht 
erzwungen werden (so der Reichs Jugendführer vor ausländischen Presse- 
vertretern nach Dnb. 4. April 1935). 

Der gegenwärtig gegen diekatholischen Vereine to- 
ben d,e Vernichtung.s kämpf steht im Widerspruch mit dem 
Reichskonkordat und im schreienden Widerspruch rnit Ihrem Brief, Herr 

r Reichskanzler, an. Herrn Kardinal Bertram vom 28. 4. 33: „Ich darf 
Ihnen, Herr Kardinal, versichern, daß, insoweit solche 

X Verbände keine parteipolitischen, dem 'je tilgen Re- 
giment feindlichen Tendenzen pflegen, auch keine 
Absicht besteht, sie aufzulöse n". Wir Bischöfe, auf deren 
Gewissen die Aufsicht über die katholischen Vereine liegt, verbürgen 
uns, daß diese katholischen Verbände keine politischen oder gar, was 
Wahnsinn wäre, dem jetzigen Regiment feindlichen Tendenzen pflegen. 
Nur ein Voreingenommener kann in diesen Vereinen Überreste vergan- 
gener Parteien und getarnte Zentrumspolitik erblicken. Die Vorstände 
der kirchU.chen ^Verbände geben uns nach genauer Umschau und Um- 
frage^'nüchmals die~ Erklärung ab: „Die katholischen kirchlichen Ver- 
bände werden dem d'eiTf&chBiT Volk und Vaterland im nationalsozialisti- 
schen deutschen Staat stets in Opfermut und Treue dienen. Wir lehnen jede 
staatsfeindliche Haltung oder Handlung von Mitgliedern strengstens ab. 
Wir enthalten uns auch strengstens jeder politischen Tätigkeit." Ebenso 
erklären die Vorstände der katholischen Jugendverbände gegenüber den 
verhetzenden Artikeln der letzten Zeit: „Es ist nie und nirgends an 
katholische Jugendverbände ein Bündnisangebot kommuni- 
stischerJugend oder sonst von kommunistischer Seite gerichtet 
worden, und es ist selbstverständlich für uns als Katholiken und als 
deutsche Staatsbürger, daß jeder derartige Versuch sofort zurückgewie- 
-sen und gerichtlicher Verfolgung übergeben würde." Die Bedingungen 
Euerer Exzisllenz in dem Schreiben an Herrn Kardinal Bertram sind 
also erfüllt, und wir bitten, daß nun auch der dort zugesicherte Schutz 
den katholischen Verbänden gewährt werde 

Wir verstehen nicht, wie Regierungsstellen so tief unter die staats- 
männische Linie herabsinken können, daß sie über die Farbe von Hemd 

89 



und Hose der Jungmänner strenge Vorschriften ei'lassen und den jungen 
Menschen, denen unser Hcj'rgott eine schöne Hciinut und gesunde Glie- 
der gab, das gemeinsame Wanclern und Singen in ihrer Heimat, das 
Spielen und Turnen mit ihren ticsunden Gliedern verbicitcn wollen. 
.Solche Vei^bole greifen an ein Naturreeht. Trotzdem verpilichtcn wir die 
katholische Jugend, sich an diese .staatlichen Unit'ormverbote zu halten, 
bis eine weitere Regelung getroffen wird. So aber, wie heute noch der 
Geist in den s t a a 1 1 i c h e n J u g e n d o r g a n i s a t i o n e n u n d 
J VI g e n d 1 a g e r n i s t, bei diesem HalÜ gegen Christentum und Kirche, 
bei diesen Vorurteilen gegen alle l^atholischen Altersgenossen, können 
wir katholische E 1 1 e r n n i c h t v e r p J: 1 i c h t e n, ihre Kinder 
in die staatlichen Jvigendorganisationen zu schiclcen. Ja wir müssen die 
katholischen Eltern warnen, ihre Söhife solchen Führern anzuver- 
trauen, die planmüßig und zielbewußt das Christentum und seine Ver- 
tz-eter als Widerspruch mit dem deutschen Wesen verächtlich machen 
und so die Jugend in ihrem Glauben erschüttern und in ihrem Gewissen 
belasten. Katholische Eltern haben uns erklärt; „Solange das Wort des 
Reichsjugendlührers vom 5. 11. 34 im Preußenhaus zu iSerlin: ,Der Weg 
Rosenbergs ist aucli der Weg der deutischen Jugend' nicht zurückgenom- 
men wird, solange die Staatsjugend auf Tagungen und in Lagern nicht 
grundsätzlich an Sonn- und Feiertagen Gelegenheit zum Gottesdienst er- 
hält, solange dort, solche Feindseligkeit in religiösen- Fragen und solcher 
Haß gegeii alles Katholische an die Jugend herangetragen werden, so- 
lange unsere Söhne also nicht mitmachen können ohne Gefahr, ihren 
Glauben zu verraten und ihr Gewissen zu verwirren, solange können 
wir Eitern unsere Kinder nicht in die Staatsjugend schicken." 

In der Zeit der Parteienherrschaft war es notwendig, in den Vereinen 
parteipolitische Fragen zu, behandeln und die Mitglieder gegen die mar- 
xistische Agitation ihrer Arbeitskollegen zu schützen. In dieser Be- 
ziehung haben die berufsständischen Organisationen einen vaterländi- 
schen Dienst geleistet. Heute, da eine autoritäre Regierung die Parteien 
abgelöst hat, fällt die Notwendigkeit einer besonderen parteipolitischen 
Schulung fort, besteht also für unsere Vereine kein Bedürfnis mehr und 
kein' Verlangen nachi parteipolitischer Schulung. Wer heute in das 
Vereinslefoen parteipolitische, regierungsfeindliche Strömungen leiten 
wollte, müßte unnachsichtlich aus dem Verein entfernt' werden. Wir 
leiden schwer darunter, daß trotz dieser politikfernen Haltung die Vereine 
in ihrer Tätigkeit unterbunden und womöglich noch vor Abschluß der 
Verhandlungen zu Art. 31 des RK., zu deren Fortsetzung wir 
jederzeit bereit sind, zum Absterben gebracht werden sollen. 

Es müßte doch möglich sein, in den staatlichen Verbänden die kir- 
chenfeindliche Einstellung :^um Schweigen zu brin- 
gen, die Roheiten in sittlicher Beziehung abzuschaffen, die Freiheit 
der Gewissen zu wahi'en, den Besuch des Gottesdienstes an Sonn- und 
Feiertagen grundsätzlich uhd tatsächlich zu ermöglichen' und nur geistig 
und charakterlich ernste Führer vor die Front zu stellen. Ohne Bürg- 
schaft dafür, daß diese Voraussetzungen erfüllt werden, kann über eine 
friedliche Zusammenarbeit der staatlichen und katholischen Jugend- 
organisation-en überhaupt nicht gesprochen werden. Vor Diplomaten und 
ausländischen Pressevertretern äußerte sich der'Reichsjugen'dführcr am 
2. 5. 35 in Berlin dem Sinne nach folgendermaßen: Ich habe nichts da- 
gegen, daß die konfessionelle Jugend Deutschlands in konfessio- 
nellen Verbänden organisiert ist mit rein religiösem 
Streben, Nach einer' solchen Beschränkung auf rein religiöse Er- 
ziehungsarbeit ita Sinne konfessioneUer Seelsorge v/ürde ich bereit sein, 
das Verbot der Doppelmitgliedscha'ft für HJ und konfessionelle Ver- 
bände aufzuheben. , .' Herr Führer! Um. das Ziel zu erreichen, das in 
diesen Worten von ferne gezeigt wird, muß allerdings nach unserer 
Überzeugung ein persönliches Eingreifen Ihrer alle 

90 



Nebenführer überragenden Autorität erfolgen. Unsere 
Jugendvereine sind bereits auf rein religiöse Aufgaben eingestellt unter 
Ausschluß aller politischen Nebenziele. Das Icann aber nicht bedeuten: 
Sie sind in die Sakristei eingesperrt. In unseren Augen ist es ein 
Naturrecht der Jugend, unter freiem Himmel in .jugendtümlicher Frei- 
heit und Frohheit Spiel und Sport (ohne militärische Formen,- also ohne 
Wehr- und Geländesport) zu treiben. 

Für die Arbeiter- und Arbei terihn en ver e'ine,wurde 
das Verbot der Doppelmitgliedschaft von Herrn Reichs- 
organisationsleiter der Deutschen Arbeitsfront, Dr. Robert Ley, in den 
Erlassen vom 27. 4. 34 und 22. 7. 35 aufrechterhalten, bei der Veröffent- 
lichung durch die ., Nationalsozialistische Parteikorrespondenz" wird aber 
amtlich beigefügt; „Zugehörigkeit zu konfessionellen 
kirchlichen Organisationen und' Verbänden, die aus- 
schließlich religiösen,' kulturellen oder caritätiven Zwecken dienen, ist 
selbstverständlich auch für die Mitglieder der Deutschen Arbeitsfront 
gestattet und gilt nicht als Doppelmitgliedschaft im vor- 
stehenden Sin n". Die katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnen- 
Vereine, deren Mitglieder, bis 95 vom Hundert der Deutschen 
Arbeitsfront angehören, hatten sich schon vor dem Erlaß des 
22, 7. 35 durch neue Statuten und neue Namen unter Ausschluß aller ge- 
.werkschaf tlichen und berufsständischen Ziele auf r^in religiöse, kultu- 
relle und caritative Aufgaben umgestellt. Trotzdem wurde und wird in 
vielen Betrieben das Verbot der Doppelmitgliedschaft, teilweise mit An- 
drohung dar Entlassung, durchgeführt und werden die Arbeiter gezwun- 
gen, entweder aus der. Arbeitsfront oder aus ihrem religiösen Verband 
auszutreten. Auch hier bitten wir den Führer, ein autoritatives 
Wort zu sprechen, daß diese Arbeiter und Arbeiterinnen nach wie 
vor bei der Deutschen Arbeitsfront bleiben dürfen, ohne von ihrem auf 
rein religiös-kulturelle Aufgaben beschränkten Verband sich abwenden 
zu müssen. Ebenso bitten wir, daß durch die Vorträge bei der Arbeits- 
front und sonstige Darbietungen die religiöse Überzeugung der katho- 
lischen Arbeiter nicht verletzt und daß ihr Vereinseigentum samt den 
wirtschaftlichen Rechten, die sie sich pfennigweise in der vergangenen 
Zeit erworben haben, nicht angetastet werde. Wir Bischöfe übernehmen 
auch hier die Bürgschaft, daß die neuen Sjatzungen, die alle parteipoli- 
tischen und gewerkschaftlichen Ziele ausschalten, streng eingehalten 
werden. 

Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens 

Eine harte, aber unabweisbare Pflicht ist es uns Bischöfen, Ihnen, 
Führer, und Reichskanzler, noch folgende Erklärungen abzugeben: Im 
gläubigen Volksteil, nicht bloß im katholischen, droht eine große Beun- 
ruhigung einzureißen, weil das Vertrauen auf die Wahrheit 
der B e r i c h-t e in Zeitungen und Sendern und, was noch' schwerer in 
die Waage fällt, das Vertrauen auf die unparteiische 
Rechtspflege erschüttert zu werden droht. Das Volk versteht nicht, 
warum den Vertretern der Kirche fortwährend „Einmischung in 
politische Dinge" als Verbrechen angerechnet wird, während die 
Politiker unbeanstandet in rein Icirchliche Dinge und sogar in dogrpa- 
tische Fragen zwischen Himmel und Hölle eingreifen. Das Volk versteht 
nicht, warum die Religion nicht mit der Politik, wohl aber die Politik 
mit der Religion fortwährend verquickt werden darf. Warum über- 
eifrige Behörden den (nicht kolonnenmäßigen) Kirchgang der Ju- 
g e ii d zu einem Gottesdienst ' für eine Störung der öffentlichen Ruhe 
halten können, während die Umzüge der SA-Kolonnen mit den gröbsten 
Schmähtmgen gegen „Pfaffen und Juden" keine Störung der öffentlichen 
Ruhe sind. Warum die Zeitungen und Sender Tag für Tag in großer 
Aufmachung von Devisenverbrechen einzelner Ordenspersonen 

91 



und von den ..Sitilichen Vei-brechen der Barmherzigen Brüder" („Völ- 
ki.-xhor Bcobachler" 31. Juli 1935) berichten, während die Sittenstaüstik 
der Parieigcnossen mit dem Mantel des Schweigens zugedeckt wird. 
Warum den Salesianern in Endorf Bayern das B ü h n e n s t i^i c k „D e r 
Weinberg des Herr n", das die Eucharistie verherrlicht, also ganz 
unpolitisch ist, verboten wird, „wegen einseitig konfessioneller Tendenz" 
(2Ü. Juni 1935), während das Drama „Pfarrer Peder", das „die seelischen 
Folgen des Zölibats" bckandelt, für die kommende Spielzeit Emgekündigt 
wird, und eine Theatergruppe der „Kraft durch Freude" als Wander- 
gruppe Theaterstücke aufführt mit Titeln wie „Die Liebesbeicht" und 
„Kreuzlschreitaer". In letzterem Stück wird nicht bloß das Dogma von 
der Unfehlbarkeit des Papstes verspottet, es wird auch der ganze 
Bauernstand als Analphabetenherde („Kreuzlschreiber") dem Spott preis- 
gegeben, ausgerechnet in einer Zeit, in der Sie, Herr Reichskanzler, "d a s 
Standesbewußtsein undAnsehen des Bauernstandes 
gehoben haben. Wir erinnern an die Rede in Königsberg 4. März 1933, 
an die Rede 11. März 1933 und besonders an die Rede im Reichstag 
30. Januar 1934, wo der Bauernstand der starke Rückhalt der Nation 
genannt wird. Das Volk versteht nicht, warum in dem in Aussicht ge- 
nommenen N r m a 1 k a 1 e n d e r des Reichsinnenministeriums jene Per- 
sonennamen weniger Hausrecht haben sollen, die zwar biblischen, also 
nichtdeutschen Ursprungs sind, wie die Namen der Engel und Apostel, 
die aber durch Kirchengeschichte und Liturgie dem Volke lieb gewor- 
den sind, wie die Namen der Märtyrer und späteren Heiligen, auch aus 
anderen Völkern, und mit denen die Chroniken der deutschen Familien 
und die großen Stunden der deutschen Geschichte unlöslich verbunden 
sind. Ihr persönliches Feingefühl für Volkspsychologie, Herr Reichs- 
kanzler, wird uns nachfühlen, wie stark das Vertrauen und die innere 
Ruhe des Volkes durch solche Dinge erschüttert werden. Die Unter- 
drückung der Pressefreiheit hat eine zweifache traurig'e Wir- 
kung: Die einen halten sich Auslandsblätter und hören di^ oft 
unwahren Meldungen von Auslandssendern " — ein unnatürlicher und 
grotesker Zustand! Und im Volke bilden sich, gerade weil -die früher 
katholischen Zeitungen dieser Volkskreise unterdrückt wurden, wilde 
Gerüchte und Auffassungen, die eine freudige und vertrauensvolle 
Mitarbeit ungünstig beeinflussen. Wir gestatten uns, dieser Denkschrift 
Euerer Exzellenz den Hirtenbrief nachzusenden, den wir gleich- 
zeitig an Klerus und Volk richten und worin wir vor diesen Gerüchten 
warnen, nachdem wir zuvor gegenüber der Propaganda des Heidentums 
zur Treue im Glauben ermahnt, den unendlichen Wert des Gottesglau- 
bens für die sittliche Weltordnung dargelegt, das Recht der christlichen 
Familie auf Bekenntnisschule betont und ein besonderes Wort an, die 
Jugend gerichtet haben. 

Unruhe und Mißtrauen im katholischen Volk werden noch größer 
werden, wenn der Aufruf des Herrn Reichsministers Dr. Frick in Essen 
(Dnb. 4. August 1935) zur Entkonfessionalisierung des 
öffentlichen Lebens sich auswirkt. So wie erfahrungsgemäß 
Untertaehörden in ihrem Haß- gegen alles Katholische die Aufrufe der 
obersten Reichsstellen ausführen, ohne daß ihnen von dorther Einhalt 
geboten wird, müssen wir gefaßt sein, daß zur Entkonfessionalisierung 
oder, wie bereits gesagt wurde, zur Entrümpelung des öffentlichen Lebens 
jedes Feldkreuz, jedes Marienbild an der Außenwand alter Bürger- 
häuser, jede von einem Heiligennamen übernommene Bezeichnung von 
Dörfern und öffentlichen Plätzen, am Ende sogar jede Kirche und Ka- 
pelle an öffentlicher Straße als konfessionelle Demonstra- 
tionen aufgefaßt werden. 

Zu dieser Frage „Freiheit des Kultes" mögen sie uns, Herr Führer 
und Reichskanzler, noch gestatten, zu einer anderen Verordnung der 
jüngsten Zeit vom kirchenrechtlichen Standpunkt aus^ Stellung zu neh- 

92 



men. In Konzentrationslagern und Untersuchungsgefängnissen wird seit 
etwa dreiviertel Jahren den Gefangenen der Empfang des 
Büß Sakramentes verweigert. Nicht einmal in der österlichen 
Zeit, in der das Kirchengetaot zum Empfang der hl. Sakramente streng 
verpflichtet, wurde es ilinen zugestanden. Die Verwaltung der hl. Sakra- 
mente aber, also auch die Zulassung zur Beicht, ist eine rein kirchliche 
Angelegenheit und dem Befinden des weltlichen Richters entzogen. Die 
für die Gefangenen bestellten Geistlichen werden selbstverständlich 
nicht in das Gebiet des Untersuchungsrichters eingreifen, vielmehr den 
Sträfling zur absoluten Wahrhaftigkeit und Anerkennung der staatlichen 
Obrigkeit verpflichten und so zur inneren Umstellung und Besserung 
der Gefangenen mithelfen. Wir 'Bischöfe bitten Sie, Herr Reichskanzler, 
das grausame, eines Kulturstaates unwürdige Beichtverbot auf- 
zuheben und jene, die freiwillig nach den Sakramenten verlangen, in 
den Lagern und Gefängnissen zu den hl. Sakramenten einschließlich der 
Beicht zuzulassen. Ebenso bitten wir, auch den zum Tode Verurteilten 
auf deren Wunsch den priesterlichen Beistand vor dem Vollzug des 
Urteils zu gewähren. Was die Franzosen als Feinde unserem tapferen 
Schlageter gestatteten, möge von deutschen Richtern nicht verweigert 
werden. 

Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Die deutschen Bischöfe haben mit 
allem Freimut, aber auch mit allem Vertrauen, Ihnen, dem Führer, mit 
dem tiefen Bewußtsein der Verantwortung vor Gott (Reichstagsrede 
21. Mai 1935) die heutige Lage der katholisdhen Kirche im Dritten Reich 
geschildert und Ihnen aus den Sorgen heraus, die uns angesichts der 
kulturpolitischen .Entwicklung der letzten Zeit auf der Seele lasten, die 
Bitte vorgetragen, das Unglück eines neuen Kulturkampfes von unserem 
Volk fernzuhalten. Wir versichern nochmals, wir haben nicht aus 
Frevide an der Kritik, geschrieben und nich^t aus macht- 
politischen Atasichten. Wir haben es für unsere Pflicht ge- 
halten, 'Männer mit Namen zu nennen, die, um Ihr eigenes Wort zu ge- 
brauchen, „die völkische BcAvegung in die Krise religiöser Streitigkeiten 
hineinziehen" („Mein Kampf" S. 631). — Wir wollten aber dabei sachlich 
bleiben- und nicht Personen anklagen, auf daß diese irgendwie benach- 
teiligt oder im Gegenteil befördert würden. Wir haben geschrieben in 
pflichtmäßiger Sorge um die Rechte der Kirche in kirchlichen Dingen, 
in Sorge um die Gewissensfreiheit der deutschen Katholiken, in der 
Überzeugung, daß die Entchristlichung unser Volk in namenloses Un- 
glück stürzt, und in dem festen Vertrauen, daß der Führer persönlich 
die friedliche Zusammenarbeit von Staat und Kirche und nicht den 
Kulturkampf will. Wir halten uns an Ihr Wort: „Ein Angriff gegen 
die Dogmen (der Kirche) gleicht sehr stark dem Kampf 
gegen die allgemeinen gesetzlichen Grundlagen des 
Staates." („Mein Kampf" S. 293). Wir sind nach wie vor gewillt und 
Entschlossen, in bejahender Einstellung zum Staat mit den unvergleich- 
lichen moralischen Kräften der katholischen Religion dem deutschen 
Volk zu dienen und^ Ihr Erneuerungswerk zu unterstützen. Wir hoffen 
nur, als Bischöfe und'als treudeutsche Männer, daß diese Mitarbeit nicht 
durch staatliche Gesetze und Forderungen gehemmt werde, die einem 
göttlichen Gebot und damit unserem Gewissen widersprechen. Wir bitten 
den allmächtigen Gott,' daß Er das Leben' unseres Führers und Reichs- 
kanzlers in Seinen Schutz nehme und zu Ihren großen staatsraännischer 
'Zielen, im besonderen zur Beschaffung von Arbeit, zur Erhaltung de; 
europäischen Friedens, zur Festigung der inneren Einheit unserer Volles- 
gemeinschaft, Seinen allmächtigen Segen gebe. 

Mit dem Gruß der Ehrfurcht 

Fulda, 20. August 1935. 
Adolf Cardinal Bertram, Erzbischof von Breslau. 
Michael Cardinal Faulhataer, Ei-zbischof von München. 

9$ 



\ 



Carl Joseph Cardinal Schulte,' Erzbischof von Köln. 

Jakobus, Erzbischof von Bamberg. 

Kaspar, Erzbischof von Paderborn. 

Konrad, Erzbischof von Freiburg. 

Sigismund Felix, Bischof von Passau. 

Joseph Damian, Bischof von Fulda. 

WilhelKi, Bischof von Osnabrück. l 

Ludwig, Bischof von Speyer. 

Franz Rudolf, Bischof von Trier. 

Matthias, Bischof von Würzburg. 

Johannes Baptista, Bischof von Rottenburg. 

Michael, Bischof von Regensburg, 

Antonius, Bischof von Limburg. 

Joseph, Bischof von Augsbui'g. 

Maximilian, Bischof von Ermland, 

Joseph, Bischof von Aachen. 

Konrad, ernannter Bischof von Berlin, zugleich für Elchstätt, 

Petrus, Bischof, von Meißen. 

Clemens August, Bischof von Münster. 

Joseph Godehard, Bischof von Hildesheim. 

Albert, ernannter Bischof von Mainz. 

Franziskus Hartz, Prälat der Freien Prälatur Schneidemühl. 

Prälat Dittert, Generalvikar des Preuß, Anteils der Erzdiözese Prag. 

Prälat Nathan, Generalvikar des Preuß, Anteils der Erzdiözese Olraütz. 

bb. Denkschrift der deutschen Bischöfe an das 

Reichsministerium für die kirchlichen 

Angelegenheiten am 13, Januar 1937 

Eine Antwort auf die ernste Denkschrift der Gesamtheit der 
deutschen katholischen Bischöfe vom Jahre 1935 ist nie erfolgt. 
Die kirchen- ujnd christentumsfeindlichen Maßnahmen gingen un- 
verändert weiter, ja verstärkten sich andauernd. So salien sich 
Deutschlands katholische Kirchenfürsten gezwungen, eine neue 
Denkschrift zu Händen des Reichskirchenministers aus- 
zuarbeiten. 

Pflichtgemäß und nachdrücklich auf die großen Wider- 
sprüche zwischen dem Reichskonkordat und der Wirklichkeit 
hinweisend, wiederholen die deutschen Bischöfe nicht weniger als 
siebzehnmal die Formel: „Nach dem Reichskonkordat" „In ' 
Wirklichkeit". Es sind wirklich 17 Keulenschläge verant- 
vi/ortlicher Wahrheitskünder voll apostolischen Freimutes, die wert 
sind; auch heute noch in ihrer Wucht wiedergegeben zu wWden. 

Fulda, den 13. Januar 1937.. 

Die deutsche Bischofskonferenz in Fulda an das 
Reichs m i nisterium für kirchliche. Angelegenheiten 

inBerlin,. 

Die deutschen Bischöfe halten es für ihre Pflicht, auf die großen 
WidersprüchezwischendemReichskonkordatundder 

94 



W 1 r k 1 1 c hic e 1 1 mit allem ernsten Nachdruck hinzuweisen. Insbeson- 
dere seien folgende Feststellungen gemacht: 

l.Das Rcichskonkordat (RK.) gibt in seiner Einleitung als Zweck an: 
„Die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich be- 
stehenden Freundschaft liehen Bez;iehungen zu. festi- 
gen und /SU fördern" und „das Verhältnis zwischen der katho- 
lisciion Kirche und dem Staat für den gesamten Bereich des Deut- 
schen Reiches in einer für beide Teile befriedigenden Weise dauernd 
'/M regeln". 

In W i r k 1 1 c h k e i t werden die Beziehungen zwischen dem 
Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich dauernd von fast der ge- 
samten parteiamiliehen PresiJe, von parteiamtlichen Rednern und 
Leitern, in, Kursen und Schulungslagern aufs schwerste g e s t ö r t und 
erschüttert. Der Heilige Stuhl wird als überstaatliche Macht 
neben den Juden und Freimaurern erklärt und behandelt und eine 
romfreie Kirche als unerläßliche Forderung für ein fx'eies und einiges 
Deutschland' aufgestellt. Eine befriedigende Regelung des Verhält- 
hiöses zwischen der' katholischen Kirche und dem Staat wird dadurch 
völlig und absichtlich unmöglich gemacht. Es wird auch schon offen 
ausgesprochen, daß die katholische Kirche in Deutschland keinen 
Plat^ mclir habe und deshalb verschwinden müsse. Wir verweisen 
insbesondere auf die Gesamthaltung und viele Einzelbeiträge der 
Blätter der SS (Das Schwarze Korps), der, SA (Der SA-Mann), des 
NSLB, des Reiclisschulungsomtes und der Deutschen Arbeitsfront 
(der Schulungsbrief) mit einer Auflage von 1 Million 340 Tausend, 
dos NSD-Stucientenbundes (Die Bewegung), der nationalsozialistischen 
Jugend (Wille und Macht), der HJ und des BDM, die alle auf den 
Kampf gegen die k^itholische Kirche, ja sogar gegen das Chri- 
tentum überhaupt eingestellt sind. Den „Stürmer" wollen wir 
unter den anderen Blättern gar. nicht nennen, weil er nach 
unserer Ansicht dem Ansehen des • deutschen Volkes ' noch viel 
mehr schadet als dem Ansehen der. Kirche und des geistiic'hen Stan- 
des. Aber mit ebenso bitterem Schmerz wie männlichem. Freimut stel- 
len wir nochmals fest, daß das parteiamtliche Schrifttum dos Dritten 
Reiches an der Entchristhchung Deutschlands und dem Untergang 
der Icatholischen Kirche arbeitet. Eine Folge davon ist eine weit- 
gehende Verwirrung und Verbitterung, namentlich unter der Jugend, 
und die immer zunehmende, mit parteiamtlichem Druck vielfach ge- 

. förderte Kirchenaustrittsbewegung. 

■ >■ 

2. Artikel I des RK. „gev/ährleistet, die- F r e i h e j t des Bekennt- 
nisses und der öffentlichen Ausübung der Icatholischen 
Religion." 

In W i r li 1 i c h k e i t ist die katholische Kirche in Deutschland in der 
Freiheit des Bekenntnisses und der Ausübung der Religion kaum je 
mehr gehindert gewesen als jetzt. Außerhalb der Kirche und 
kirchenoittenen Gebäuden werden Vori;ammlungen und Kundgebungen 
überhaupt verboten. In der Kirche seibst Priester aufs schärfste ülDor- 
wacht, da und dort wird sogar schon der Gottesdienst selbst; einge- 
schränki;. Jede Abwehr von Angriffen aus gottlosen und antichrist- 
lichen Kreisen auf Kirche und Christentum wird als Kampfstellung 
gegen Staat und Regierung gedeutet, so daß viele Staat und Regierung 
mit der Christentums- und larchenfcindlichen Bewegung zu identifi- 
zieren scheinen. Vv^ährend so die Gegner des Christentums und der 
Kirche auch für die gehässigste und verlogenste Bekämpfung freies 
Wort und freie Feder haben, während kirchen- und christentums- 
foindliche Blätter und Bücher vielfach parteiamtliche Empfehlungön 
erhallen und von Partei wegen verbreitet werden, wird der Kirche 
^dio Abwehr von Unrecht und Unwahrheit und die Aufklärung gOHoa- 
über völliger Entstellung ihres Wesens und ihrer Geschichte versagt. 

95 

/ 



\ 



3. Nach Artikel 4 des RK. „genießen die Bischöfe und sonstigen Diö- 
zesanbehörden für ihren Vei'l^ehr mit den Gläubigen in allen An- 
gelegenheiten ihres Hirtenamtes volle Freiheit. Anweisungen, 
Verordnungen, Hirtenbriefe, amtliche Diözesanblätter und sonstige die 
geistliclie Leitung der Gläubigen betreffende Verfügungen, die von 
den kirchliclien Behörden im Rahmen . ihrer Zuständigkeit erlassen 
werden, können ungehindert veröffentlicht und in den bisher üblichen 
Formen zur Kenntnis der Gläubigen gebracht werden." 

In W i r Ic 1 i c h k e i t wurden Hirtenbriefe wiederholt be- 
schlagnahmt und ihre Verlesung, ja sogar die Drucklegung im 
Amtsblatt verboten (so der Hirtenbrief dec^ bayerischen Bischöfe vom 
13. Dezember 1936). Von ungehinderter Veröffentlichung der Hirten- 
briefe und freiem Verkehr zwischen Bischöfen und Gläubigen kann 
demnach kein Ende sein. Die Veröffentlichung der Hirtenbriefe und 
Ansprachen der Bischöfe wurde in Bistumsblättern (Kirchenblättern) 
direkt verboten. Sogar den Hirtenbrief gegen den Bolschewismus, der 
doch im Anschluß an die Besprechung mit dem Führer auf Ober- 
salzberg iuid nach dem Sinne desselben erlassen wurde, hat die 
Staatspolizei in München unter Sicherheit genommen. 

4. Nach Artikel 5 des RK. „wird der Staat gegen Beleidigungen 
der Person der Geistlichen oder ihrer Eigenschaft als Geist- 
liche sowie gegen Störungen ihrer Amtshandlungen nach Maßgabe 
der allgemeinen staatlichen Gesetzgebung vorgehen und im Bedarfs- 
fall behördlichen Schütz gewähren." ' 

In Wirklichkeit werden die Geistlichen in ihrer Person und in 
ihrer Eigenschaft als Geistliche in kaum noch zu übertreffender Weise 
beleidigt und verächtlich gemacht in parteiamtlichen 
Blättern, so im „Stürmer", im „Schwarzen Korps", in den „Führer- 
blättern der ,HJ" usw. Anstatt die Geistlichen vor Beleidigungen zu 
schützen, wird der geistliche Stand von Organen und Blättern, die 
im Dienste der Partei stehen, aufs schwerste verletzt. 

5. Nach Artikel 7 des RK. „bedürfen Geistliche zur Annahme einer An- 
stellung oder eines Amtes im Staate das nihil obstat ihres 
Diözesanbischofs sowie des Ordinariats des Sitzes der öffentlich-recht- 
lichen Körperschaft", 

In Wirklichkeit ist im Reichsministerium für Kirchenangelegen- 
heiten selbst ein Geistlicher angestellt, der das nihil obstat weder 
von seinem Diözesanbischof noch von dem zuständigen Ordinarius hat. 

6. Nach Artikel 15 des RK. „unterliegen Orden und religiöse Genossen- 
schaften 'n bezug auf ihre Tätigkeit in der Seelsorge, im Unterricht, 
in der Krankenpflege und caritativen Arbeit keiner besonderen 
Beschränk un g". 

In Wirklichkeit wird die Tätigkeit' der Orden und religiösen 
Genossenchaften im Unterricht, in der Krankenpflege und caritativen 
Arbeit immer mehr eingeschränkt, werden ihnen Arbeits- 
gebiete entzogen, welche sie seit Jahrhunderten in opfervollster und 
erfolgreichster Weise gepflegt . haben, und es tritt immer deutlicher 
die Absicht hervor, die Orden wie auch die freie katholische Liebes- 
tätigkeit ./überhaupt aus ihrem Arbeitsfeld zu verdrängen. 

7. Nach Artikel 17 des RK. „wird das Eigentum mit anderen Rech- 
.ten der Verbände der katholischen Kirche an ihrem Vermögen 
nach Maßgabe der allgemeinen Staatsgesetze gewährleistet". 

In Wirklichkeit sind wiederholt Eingriffe in dieses 
Eigentumsrecht gemacht und Einsprüche dagegen nicht weiter 
beachtet worden, obwohl es sich um offenkundige Rechts- und Eigen- 
tumsverletzung handelte. 

96 



8. Nach Artikel 21 des RK. „ist der katholische Religions- 
unterricht in den Volksschulen, Berufsschulen, Mittelschulen und 
höheren Lehranstalten ordentliches Lehrfach und wh^d in 
Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Kirclie er- 
teilt, Den kirchlichen Oberbehörden wird Gelegenheit gegeben, im 
Einvernehmen mit der Schulbehörde zu prüfen, ob die Schüler Reli- 
gionsunterricht in Übreinstimmung mit den Lehren und Anordnungen 
der Kirche erhalten". 

In W i r l'T 1 i c h k e i t werden der Kirche in der ordentlichen und 
pflichtmäßigen Erteilung des Religionsunterrichtes an den genannten 
Schulen vielfache Schwierigkeiten und Hindernisse be- 
reitet und manche Lehrkräfte erteilen den Bibelunterricht nicht in 
Übereinstimmung mit den Lehren und Anforderungen der Kirche, 
benützen ihn sogar zum Kampf gegen die Kirche, insbesondere zum 
Kampf gegen das Alte Testament. 

9. Nach Artikel 23 des RK. „bleibt die Beibehaltung und Neueinrich- 
tung katholischer Bekenntnisschulen gewährleistet.". . 
In W i r k 1 i c •• k e i t tobt ein gewaltiger, auch von parteiamt- 
lichen Organen geförderter Kampf gegen die katholische 
Bekenntnisschule und werden alle Mittel der Agitation, des Druckes 
und moralischen Zwanges angewandt, um auf die Eltern einzuwirken, 
dal3 sie ihre Kinder aus der Belcenntnisschule herausnehmen. 

10. Nach Artikel 21 des RK. „werden an den katholischen Volksschulen 
nur solche Lehrer angestellt, die der katholischen Kirche angehören 
und Gewähr bieten, den besonderen Erfordernissen der Be- 
kenntnisschule zu entsprechen". 

In Wirklichkeit sind in diesen Schulen auch Lehrer angestellt, 
welche ganz offen gegen ihre Kirche auftreten und sie be- 
kämpfen, ja sogar Lehrer, welche aus der katholischen Kirche aus- 
getreten sind oder ihr überhaupt nie angehört haben. 

11. Nach demselben Artikel werden im Rahmen der allgemeinen Berufs- 
ausbildung der Lehrer „Einrichtungen geschaffen, die eine Ausbil- 
dung katholischer Lehrer entsprechend den besonderen Er- 
fordernissen der katholischen Bel^enntnisschule gewährleisten". 

In Wirklichkeit waren alle Bemühungen der Bischöfe um Durch- 
führung dieser Konkordatsbestimmung erfolglos. 

12. Nach Artikel 25 des RK. „sind Orden und religiöse Kongregationen 
im Rahmen der allgemeinen Gesetze und gesetzlichon Bedingungen 
zur Gründung und Führung von Privatschulen berechtigt". 

In Wirklichkeit werden die klösterlichen Privat- 
schulen zum Teil überhaupt aufgehoben oder wird doch deren 
Weiterführung so erschwert, daß sie von selbst aufhören müssen. 

13. Nach dem gleichen Artikel des RK. „gelten für Angehörige von 
Orden oder religiösen Genossenschaften hinsichtlich der Zulassung 
zum Lehramt und für Anstellung an Volksschulen, mittleren oder 
höheren Lehranstalten die allgemeinen Bedingur!£;en". 

In Wirklichkeit werden diese Orden von Anstellung an 
Volksschulen jetzt überhaupt ausgeschlossen. 

14. Nach Artikel 31 des RK. „sind diejenigen katholischen Orga- 
nisationen und Verbände, die ausschließlich religiösen, rem 
kulturellen und caritativen Zwecken dienen und als solche der kirch- 
lichen Behörde unterstellt sind, in ihrer Einrichtung und in .-hrer 
Tätigkeit geschützt". 

In Wirklichkeit wird es Beamten, Lehrern und Angestellten 
vielfach unmöglich gemacht, noch weiter solchen Organisatio- 
nen anzugehören, es wird der Austritt auch direkt und unter .\n- 
Kreuz und Hakenkreuz 7 Bd. II nrj 



drohung von schweren Nachteilen verlangt, das sogar von einer so 
ausschließlich religiösen Vereinigung wie der Lehrerinnenlcongre- 
gation. 

15. Nach dem gleichen Artikel „sollen auch jene katholischen Organisa- 
tionen, die außer religiösen, kulturellen oder caritativen Zwecken 
noch anderen, darunter auch sozialen oder berufsständi- 
gen Aufgaben dienen, den gleichen Schutz genießen, sofern sie 
die Gewähr dafür bieten, ihre Tätigkeit außerhalb jeder politischen 

' Partei zu entfalten". Die Feststellung der Organisationen und Ver- 
bände, die unter die Bestimmung dieses Artikels fallen, bleibt verein- 
barlicher Abmachung zwischen der Reichsregierung und dem deut- 
schen Episkopat vorbehalten. 

In Wirklichkeit haben diese Organisationen, auch wenn sie sich 
verpflichteten, ihre Tätigkeit außer jeder politischen Partei zu entfal- 
ten, nicht nur keinen Schutz, sondern die größten Schwierigkeiten 
gefunden, so daß sie durch den auf sie ausgeübten Druck und mora- 
lischen Zwang vielfach zum Erliegen gebracht wurden. Die 
Vereinbarung zwischen Reichsregierung und Deutschem Episkopat 
wird von dem letzteren seit mehr als drei Jahren erbeten, bisher 
ohne jeglichen Erfolg. 

16. Nach Artikel 33 des RK. „soll bei Meinungsverschieden- 
heiten wegen der Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung 
des RK. in gemeinsamen Einvernehmen zwischen dem HI. Stuhl und 
Deutschem Reich eine freundschaftliche Lösung herbeigeführt wer- 
den". 

In Wirklichkeit hat die Reichsregierung in solchen Fällen 
keine freundschaftliche Lösung herbeigeführt, sondern 
ist ganz einseitig vorgegangen. 

17. Das R K. wird nicht nur in einigen seiner Bestimmungen verletzt, 
sondern auch als Ganzes bekämpft. Es wird als überholt erklärt 
und von manchen auf gleiche Stufe gestellt mit dem Versailler Ver- 
trag, obwohl es sich bei letzterem um ein Gewaltdiktat handelt, beim 
Konkordat aber um einen völlig freien Vertrag. Da die katholische 
Kirche in Deutschland ein Recht hat auf Durchführung des Konkor- 
dates und da sie auch selbst an dessen Bestimmungen gebunden ist, 
ersuchen wir, mit allem Nachdruck Verletzungen und eine Bekämp- 
fung desselben künftig hintanhalteri zu wollen. 

c. Ein Freundschaftsecho aus Nordamerika. 

Unter dem 18. November 1937 richtete der nordamerikanische 
Episkopat nachfolgendes Schreiben an Deutschlands katholische 
Bischöfe (veröffentlicht im „L'Osservatore Romano" vom 27. No- 
vember 1937): 

„Wir, die wir mit der deutschen Hierarchie verbunden sind 
durch das Band des heiligen Glaubens und durch viele 
andere Bande, fühlen innig mit. Familien deutschen 
Blutes, dasin denAdernvielerunsererMitbürger' 
fließt, haben in derTat zurBlüte des katholischen 
und nationalen Lebens unseres Landes bei- 
getragen. Wir amerikanischen Bischöfe wünschen daher, Zeug- 
nis unseres Gemeinschaftsgefühls mit Euch, verehrte Brüder in 
Deutschland, in dieser Stunde zu geben. Und wir b.estätigen Euch 

98 



aufs neue unsere aufrichtige Sympathie, unsere echte Bewunde- 
rung, unsere tiefe Zuneigung." 

Unter Hinweis auf den schmerzlichen Konflikt spricht das 
Schreiben aus, daß der amerikanische Episkopat die 
Entwicklung der Verfolgung in Deutschland vier 
Jahre lang verfolgt hat und überzeugt ist, daß die Gegner 
der übernatürlichen Religion, indem sie in ihrer verhängnisvollen 
Tätigkeit fortschreiten, „wahrlich umsichtiger gewesen sind als die 
Söhne des Lichts". Ausgehend von gelinden Einschränkungen 
sind die Urheber des so wohl durchdachten antireligiösen Planes 
heute bei der Unterdrückung angelangt. Heute wird das 
Gefühl der Gläubigen in der ganzen Welt beleidigt 
durch die Ideen und die Taten des Neuheidentums und durch 
die Tätigkeit seiner Führer, die auf die Zerstörung des Christen- 
tums und auf das Schwinden jeder wahren Kenntnis des Gesetzes 
Gottes und der Liebe zu ihm aus dem Gewissen des deutschen 
Volkes gerichtet ist. 

Eine unanfechtbare Pest Stellung dieser verhängnis- 
vollen Ziele findet sich in der Enzyklika vom 14. März, dem 
„neuen feierlichen Beweis der großen Liebe 
Pius' XL für Deut seh Tand." Dort zeigt der Hl. Väter die 
Verteidigung der Kultur gegen den Bolschewismus, den auch 
Deutschland bekämpft, „in dem Grundgesetz der katholischen 
Moral". Aber das Neuheidentum leugnet mit den Gütern dieser 
Kultur und Moral auch jene anderen ruhmvollen Schätze der deut- 
schen christlichen Nation; es leugnet die Erlösung, nimmt der 
Kirche Chriöti das Ansehen, bekämpft ihr sichtbares Haupt, wür- 
digt das katholische Priestertum herab. Die Mittel selbst, mit 
denen der Kampf geführt wird, beweisen die Absicht, die inan 
auf alle Weise daiiiit verfolgt: die Ehrenrührigkeits- 
prozesse — deren Durchführung in Amerika „das gerade Gegen- 
teil" erzeugt — , die hauptsächlich unter der Jugend betriebene 
Propaganda mit schändlichen Beschuldigungen 
in Zeitschriften, Zeitungen, Büchern und Radioübertragungen; der 
ausgeübte Druck zur Verleitung zum Glaubens- 
abfall al? Zeichen der Loyalität gegenüber dem Regime, während 
man eine entsprechende Verteidigung stört oder unterdrückt, all 
das erweckt den Eindruck, „daß den Katholiken und allen übrigen 
deutschen religiösen Gruppen, die an eine übernatürliche Religion 
glauben, die Mittel einer gesetzmäßigen Verteidigung verweigert 
werden, die einem jeden freien Volk gewährt sind." 

Ungeachtet des scharfen planmäßigen Konfliktes schließt jedoch 
das Schreiben mit Worten festen Vertrauens: „Der Glaube 
lebt noch und wird immer leben und am Ende 
triumphieren. Gott sei Dank, daß die Zahl der Starken be- 
ständig wächst und daß das Beispiel ihrer Tugend immer mehr 
geschätzt wirä; sie sind die Hoffnung des deutschen Volkes, sio 

99 



sind ein Vorbild für die gläubige Welt. Es ist Euer ruhmreiches 
Vorrecht, sie zu ermutigen und zu stützen. Die Kirche 
Amerikas, die l^atholische Welt und alle Gläu- 
bigen sind mit Euch brüderlich in Christus ver- 
bünde n." 

3. Der einmütige bayerisclie Episkopat. 

Die acht Bischöfe Bayerns haben alljährlich eigene Konferenzen 
zur Beratung der besonderen kirchlichen Angelegenheiten' ihres 
Landes Im Anschluß an solche gemeinsame Beratungen verötl'ent- 
lichen sie des öfteren eigene Hirtenbriefe. Auch in den Jahren 1933 
bis 1945 geschah dies fast Jahr für Jahr. 

a) Eine deutliche Sprache schon im ersten Jahr. 

Kraftvoll ist der ^Widerstand, der sich auch hier zeigt, bereits 
im Mai 1933: 

Zweck des Hirtenwortes: 

„Die letzte Zeit hat in unserem bayerischen und deutschen Vater- 
lande die Verhältnisse völhg umgestaltet und eine ganz neue Lage ge- 
schaffen, die auch für das religiös-sittliche und für das kirchliche Leben 
überaus bedeutsam ist. Die Geister sind vielfach noch sehr erregt. Un- 
klarheit herrscht in manchen wichtigen. Angelegenheiten; viele Gemüter 
sind voll Unruhe und Sorge. Daher wollen wir bayerischen Bischöfe an 
Euch ein Hirtenwort richten, das beitragen soll zur Klärung und Be- 
ruhigung, zur Wiederkehr • des inneren Friedens, der brüderlichen Ge- 
sinnung und christlichen Liebe." 

Dem Staat, was des Staates, der Kirche, was der Kirche 

ist! 

„Der Staat ruht auf dem Fundament des christlichen Glaubens und 
der christlichen Sitte: er hat Recht, und Pflicht, darüber zu wachen, daß 
diese seine Grundlage nicht erschüttert wird. Aber das Reich des 
Glaubenslebens und der kirchlichen Ordnung selbst 
muß der Kirche überlassen bleiben. Ein Übergr-eifen 
des Staates in den Wirkungs- und Rechtsbereich der 
Kirche mag noch so gut gemeint sein, es muß trotzdeln zum Unheil 
führen. Sc notwendig und segensvoll die harmonische Zusammenarbeit 
zwischen Staat und Kirche ist, so verhängnisvoll wirkt es sich nach dem 
Zeugnis der Geschichte aus, wenn mit Machtmitteln des Staates in das 
Leben der Kirche eingegriffen, wenn Kirche und Staat verschmolzen 
werden, wenn die Kirche zur Dienerin des Staates herabgewürdigt wer- 
den soll. Wir sind dankbar für die Erklärung des Reichskanzlers, daß 
,die Rechte der Kirche nicht geschmälert, ihre Stel- 
lung zum Staate nicht geändert werden wir d.'" 

Keine National- oder Einheitskirche! 

„Der Versuch, gewaltsam eine National- oder Einheits- 
kirche herbeizuf ühi-en, ist damit von vornherein verurteilt. Daß die 
katholische Kirche nicht zu einer National kirche gemacht 
werden kann, sagt schon ihr Name. Das Programm einer Nationalkirche 
bedeutet für den Katholiken einen Abfall von seinem Glauben. Die Ver- 
suche, eine deutsche Nationalkirche zu gründen, haben jedesmal kläg- 
lich geendet. Das wird uns aber nicht hindern, im Sinne einer leben- 
digen Verbindung zwischen Christentum und Volks- 

100 



t u m zu arbeiten in der Überzeugung, daß, wie die Erneuerung des Vol- 
kes nur aus den Quellen unseres hl. Glaubens kommt, so auch das 
Christentum mit den Lebenstiei'en des Volkes innig verwachsen sein 
soll." 

Gerechtigkeit, nicht Mach'tprinzip! 

„Nach einem alten Wort ist die Gerechtigkeit die Grundlage der 
Staaten. Nicht nach dem heidnischen Machtprinzip, sondern 
nach dem christlichen Prinzip der Gerechtigkeit und Liebe muß 
das Verhältnis der Staaten untereinander und das gegenseitige Ver- 
hältnis der Glieder ein und desselben Staates geregelt und geordnet sein. 
Der Rechtsstaat gewährleistet allen seinen Angehörigen Gleich- 
heit vor dem Rechte. Weil aber die Staatsregierung die Aufgabe hat, 
über das Gemeinwohl zu wachen, kann sie nicht dulden, daß das Recht 
des Einzelnen zum Schaden der Allgemeinheit werde. Daher kann sie 
auch nicht tatenlos zusehen, wenn einige wenige wirtschaftlich starke 
Kräfte immer weiter Wirtschaft und Handel fast für sich 
allein in Beschlag nehmen und die Schwächeren vollständig er- 
drücken. Es ist. durchaus im Sinne des Wirtschaftsprogramms unseres 
Hl. Vaters, wenn die Staatsregierung die Volksgemeinschaft vor völliger 
Vermachtung durch einzelne Kreise schützt und wenn sie auch die 
Handhabung des Rechtes auf Sondereigentum abstimmt 
auf die Erfordernisse des Gemeinwohl s." 

Gleiches Recht für alle! 

„Wir hoffen, daß die Reichsregierung nicht die Bestrebungen und 
das Vorgehen jener billigt, die grundsätzlich einen verschie- 
d e n en Rechtsmaßstab anlegen oder das Wort , Gleichschal- . 
tung' in einer Weise anwenden wollen, die der Versicherung des Herrn 
Reichskanzlers widerspricht, daß er ,die Gleichheit vor dem Rechte allen 
zubillige, die mit für die Nation eintreten und die der Regierung ihre 
Unteistützun';i nicht versagen.' Wie wir für unsere deutschen Brü- 
der in fremden Ländern Gleichberechtigung fordern und Aus- 
nahmegesetze verurteilen, so müssen wir gegenüber Angehö- 
rigen des eigenen Staates jede Rechtsverletzung und 
Rechtsungleichheit grundsätzlich ablehnen. Wir sind 
verpflichtet zu Gerechtigkeit und Liebe gegen alle Menschen." 

Ein unleugbares Recht der Eltern 

„Wir haben stets mit allem Nachdruck Bekenntnisschulen 
gefordert, in denen die Erziehung auf dem Glauben aufgebaut wird und 
der Seelsorger kein Fremdling ist. Die jährlichen Erklärungen der 
Eltern bei der Schuleinschreibung geben Zeugnis dafür, daß der Wille 
der Eltern sich mit dem Willen der K.irche deckt. Nachdem der Herr 
Reichskanzler versichert hat, das Konkordat mit dem Hl. Stuhl zu 
achten, halten wir durch dieses sein Wort auch die im Konkordat fest- 
gelegte Bekenntnisschule für gesichert. Zu einer, allgemeinen 
Gemeinschaftsschule in irgend einer Form könnten 
wir nie und nimmer unsere Zustimmung gebe n." 

Einalt esRechtderKirche 

„Lange, bevor andere sich um diese Jugend angenommen haben, 
hat die Kirche sie gesammelt in unpolitischen katholischen 
Vereinen, welche die körperliche und seelische, die religiös-sittliche 
und berufliche Ertüchtigung zum Ziele haben und insbesondere auch 
Heimats- und Vaterlandsliebe pflegen. Rund eine und eine halbe 
Million Jugendliche sind in diesen Vereinen zusam- 
mengeschlossen. Mit unendlichen Mühen vmd Opfern arbeiten 
katholische Geistliche und Laien an ihrer Weiterbildung und Erziehung; 

101 



der gute Geist und die vortrefflichen Leistungen der Mitglieder dieser 
Organisationen sind allgemein anerkannt. Auf dena Gebiete der 
sozialen Gesinnung und Einrichtungen stehenmanche 
unerreicht da. So bietet z. B. der Katholische Gesellen- 
verein seinen Mitgliedern in seinen '439 Gesellenhäusern im ganzen 
deutschen Vaterland und auch in der Fremde ein Heim. Auch auf dem 
Gebiete der körperlichen Ertüchtigung stehen die katholischen 
Jugendvereine nicht hinter anderen Vereinigungen zurück. Dies gilt ins- 
besondere von der Deutschen Jugendkraf t." 

Das Recht auf Meinungsfreiheit 

„Wir verteidigen auch nicht eine- Kritik, die alle staatliche Auto- 
rität bekämpft und herabsetzt, die im Wühlen und Untergraben ihre 
Aufgabe sieht, die das Volk verwirrt und verführt und von dieser Zer- 
störungsarbeit lebt. Aber der Mißbrauch darf doch nicht zur Unter- 
drückung der freien Meinung und des freien Wortes 
überhaupt führen, besonders auch nicht in der Tagespresse. Die 
Wichtigkeit der katholischen Presse wurde so oft von höchster Warte 
aus betont, daß wir sie jetzt nicht im Stich lassen dürfen." 

Das Recht der Vergewaltigten 

j.Wie die übrigen deutschen Bischöfe, so haben auch wir uns bei der 
Reichsregierung verwendet für jene Männer, die in stürmischer Über- 
gangszeit von ihrer Stelle entfernt wurden, obwohl sie stets treu ihre 
Pflicht erfüllt und dem Vaterland n(iit Einsatz ihrer ganzen Kraft ge- 
dient haben." 

b) Verteidigung wehrloser Ördensfrauen, zugleich ein Beispiel 
geschlossenen Widerstandes des bayerischen Klerus. 

„Alle klösterlichen Lehrerinnen sollen aus unseren öffentlichen 
Volksschulen in Stadt und Land entfernt und schon in den nächsten 
Monaten soll mit dem Abbau von 600 klösterlichen Lehrkräften begonnen 
werden. Die übrigen sollen im Lauf von 3 Jahren folgen." 

Diese Notiz der Tagespresse veranlaßte die bayerischen Bischöfe 
zu einem neuen Hirtenbrief, der am 21. Juni 1936 von der Kanzel 
verlesen werden sollte. 

An die Spitze stellen die Bischöfe die zwei Sätze: 

„UnsereFrauen-undSchulorden, dieseitJahr- 
hunderten so treu, opferfreudig und segensvoll 
dem Staat, dem Volke und der Jugend gedient 
haben, sollen demnach aus unseren Volksschulen 
verbannt werden, und das in größter Eile und in 
härtester For m." 

„W ir können es kaum glauben, daß man heute 
im z' eichen der neuen Volksverbundenheit ein so 
hartes, ja erdrückendes Ausnahmegesetz gegen 
deutsche Frauen im Ordenskleid erlassen wil 1." 

Der HirtenlDrief rühmt zunächst mit wärmsten Worten die Ver- 
dienste der Ordensfrauen um die deutsche Mädchenschulbildung 
und Mädchenerziehung, nennt hiefür die Benediktinerinnen, 
Englischen Fräulein, die Ursulinen, die Servitin- 

102 



n e n in München, die Zisterzienserinnen in Landshut, 
Klarissinnen und Dominikanerinnen in Regensburg, 
die Armen Schulschwestern, die sicli besonders der Kinder 
der „kleinen Leute" und der Jugend auf dem Lande angenommen 
hätten, dabei sagt er: 

„Erst der Orden der Armen Schulschwestern und der Opfersinn 
vieler geistlicher und anderer Jugendfreunde ermöglichten es der baye- 
rischen Regierung, die allgemeine Schulbildung durchzufüh- 
ren ... Es ist nicht so, als ob die Ordensfrauen Unterricht und Er- 
ziehung an sich gerissen und anderen weggenommen hätten, nein, Re- 
gierung und Gemeinde haben sie gerufen und gebeten zur Übernahme 
der Schule . . , Die Ordensfrauen haben in unseren Schulen seit hun- 
dert Jahren so segensvoll und erfolgreich gewirkt, daß sie sich 
überall die Herzen der Kinder, das Vertrauen der Eltern, die Hoch- 
achtung des ganzen Volkes und die Anerkennung des Staates erobert 
haben ... König Maximilian II. erließ einen Befehl an die Schul- 
behörden des ganzen Landes, ,daß die Verbreitung der Schulschwestern 
von der Staatsregierung möglichst gefördert werden solle', weil sich ihre 
Einführung in den Gemeinden überall ,in der wohltätigsten Weise be- 
währt habe' ... 

In den Archiven der staatlichen Schulaufsichtsbehör- 
den liegen Hunderte von amtlichen Prüfungsprotokollen aus alter und 
jüngster Zeit, die ein unwiderlegliches Zeugnis dafür ablegen, daß 
die klösterlichen Schulen in ihren unterrichtlichen und erzieh- 
lichen Leistungen zu den besten SchulendesLandes gehören. 

Wer kann es da verstehen und einen Grund dafür finden, daß jetzt 
dieses segensvolle Wirken gelähmt und in das herzliche Verhältnis zwi- 
schen Eltern, Jugend und Ordensschwestern mit so rauher Hand ein- 
gegriffen werden soll? Und das mit solcher Eile, daß die Klöster kaum 
daran denken können, wie sie die von der Schule verstoßenen Lehrerin- 
nen weiterhin beschäftigen ■ und ernähren können. 

Jeder Dienst böte ist geschützt gegen sofortige und 
grundlose Entlassung — sollen unsere Ordensfrauen, 
die so viele Jahre dem Staat und der Jugend mit größter Aufopferung ge- 
dient haben, denen wirklich immer Gemeinnutz vor Eigennutz ging, einen 
solchen Schutz nicht genießen? Eine so harte Behandlung 
hochverdienter Frauen hält das Volk nicht bloß für einen schwarzen 
Undank, sondern auch für ein Unrecht und einen U n s e g e n. 

Wir halten es für ein 

Unrecht, 

weil die Ordensschwestern ebenso wie die weltlichen Lehrer Kinder 
u n seres deutschen Vaterlandes sind mit den gleichen Rech- 
ten wie alle anderen, weil sie die gleiche Berufsausbildung 
genossen haben wie ihre weltlichen Berufsschwestern, weil sie die staat- 
lichen Prüfungen in Ehren bestanden haben und weil ihre schulischen 
Leistungen immer als vorzüglich anerkannt wurden sowohl 
von den Schulbehörden wie von den Eltern. Wenn be- 
mängelt wurde, daß die Ordensfrauen keine Turn- und Schwimmlehre- 
rinnen für die Kinder machen können, so richtet sich ein solcher Vor- 
wurf im Urteil des Volkes von selbst. Wenn ihnen Mangel an vater- 
ländischer Gesinnung vorgeworfen wird, 'so fragen wir, ob ein so treues, 
hingebungsvolles, zu jedem Opfer bereites, ganz im Beruf aufgehendes 
Wirken im Dienst des Volkes und der Jugend nicht ein besserer Beweis 
vaterländischer Gesinnung ist als bloße Worte und Äußerlichkeiten? . . . 
Das Recht der Ordensfrauen auf die Tätigkeit in 
der Schule und auf die Erziehung der Kinder ist im B a y e - 

103 



r i s c h e n Konkordat und im R e i c h s k o n k o r d a t ausdrücklich 
gewährleistet. Nach Artikel 2 5 des Reichskonkordates gelten lür An- 
gehörige von Orden oder religiösen Genossenschaften hinsichtlich der 
Zulassung zum Lehramt und für die Anstellung an Volksschulen, mitt- 
leren und höheren Lehranstalten die allgemeinen B e d i n g u n - 
g e n, also keine A vi s n a h m e n, keine anderen Bedingungen wie für 
die weltlichen Lehrer und Lehrerinnen. Was kann dieser Artikel noch 
für einen Sinn haben, wenn die Ordensfrauen vom Lehrberuf und von 
der Anstellung an Volksschulen überhaupt ausgeschlossen werden? . . . 
Wie könnte man die Ordenslehrerinnen aus der Schule verdrängen 
ohne offenen Bruch des Konkordates? Wie müßte das 
deutsche Volk und das Ausland denken über deutsche Vertrags- 
treue? 

Eine Entfernung unserer Ordensschwestern halten wir auch für einen 

U n s e g e n. 

Schon deswegen, weil jedes Unrecht auch zum Unsegen ■^^ird, wenn 
nicht augenblicklich, dann sicher mit der Zeit. Zunächst ist sicher, daß 
die Verdrängung der Ordensfrauen aus unseren Schulen dem Staat 
und den Gemeinden neue große Lasten aufbürdet . . . Aber 
uns scheinen andere Folgen noch schwerer und schlimmer zu sein. Wir 
erblicken in der Beseitigung der Ordensfrauen aus den öffentlichen 
Volksschulen einen weiteren 

Schrittzur Einführung der Gemeinschaftsschule. 

Wird aber die Gemeinschaftsschule eingeführt, dann werden die katholi- 
schen Kinder auch solchen Lehrpersonen übergeben, die selber 
nicht katholisch sind. In bestimmten Fällen könnte die Kirche 
nicht einmal gegen die Anstellung von solchen Lehrern und Lehrerinnen 
ihre Stimme erheben, die überhaupt nicht mehr auf dem Boden des 
Christentums stehen. Kirche und Eltern können sich nicht mehr wehren, 
wenn einzelne Lehrpersonen ihren eigenen Unglauben 
auf die Kinder übertragen. Heute schon werden Kinder in 
ihrem Vertrauen auf Kirche und Priester erschüttert. Was soll erst 
werden, wenn die Bekenntnisschule ganz beseitigt ist und die Kinder 
von Lehrpei'sonen, die selber nicht mehr katholisch sind oder niemals 
katholisch waren, ohne Rücksicht auf das religiöse Leben des Eltern- 
hauses in der Gemeinschaftsschule unterrichtet und erzogen werden 
sollen? 

Wir Bischöfe sehen diese Entwicklung der Dinge mit größ- 
ter Sorge und tiefstem Schmerz. Würden wir nicht unsere 
warnende Stimme erheben, würden wir nicht die Eltern mahnen und 
beschwören, mit dem ganzen Ernst unserer Verantwortung und mit der 
ganzen Hirtenliebe, die wir ihnen und ihren Kindexm schuldig sind, dann 
würden wir unsere Pflicht aufs schwerste verletzen. Wir werden das 
niemals und um keinen Preis tun. 

Wir werden lieber in Kerker und Tod gehen, als unserer Pflicht 
untreu werden." 

Der Hirtenbrief wurde, um ihn möglichst lange geheim zu 
halten und eine Beschlagnahme vor der Verlesung zu verhindern, 
durch Boten zu den Dekanaten und durch diese den Seelsorgestellen 
zugeleitet. Das Ordinarat München gab zum Hirtenbrief noch 
folgende 

Anweisungen: 

„1. 'Vorhandensein, Inhalt und Vorlesungsanordnung des Hirten- 
briefes ist bis Sonntag, 21. Juni, streng vertraulich zu behandeln. 

104 



2. Der Hirtenbrief ist beim Hauptgottesdienst — nicht früher. — und bei 
eventuell weiteren stark besuchten Gottesdiensten (z. B. bei Spätmessen,- 
wenn Predigt damit verbunden ist, eventuell auch bei Abendandachten) 
vorzulesen. 

3. Entsprechend seiner großen Bedeutung soll der Hirtenbrief in 
würdiger, ernster, nachdrucksvoller, allen verständlicher Form vor- 
getragen werden, so. daß jeder einzelne Satz in sinngemäßen Absätzen, 
jedes Wort in der richtigen Betonung gesprochen wird und zur vollen 
Geltung kommt. Wo an einer Kirche mehrere Geistliche wirken, möge 
derjenige zur Vorlesung aufgestellt werden, der über das klangvollste 
Organ und den besten Vortrag verfügt. . 

4. Der Hirtenbrief soll nach Kenntnisnahme — vor der Vorlesung — 
an einem sicheren Platz der Kirche aufbewahrt werden. 

5. Jede eigene Beifügung ist zu unterlassen. 

6. Über die Aufnahme des Hirtenwortes an Orten, wo klösterliche 
Lehrkräfte wirken, und ebenso über etwaige Verbots- oder Störungs- 
versuche ist sofort an die oberhirtliche Stelle zu berichten." 

Regierung und Polizei verbieten, 
der Klerus gehorcht seinem Bischof. 

Samstag, den 20. Juni 1936, nachmittags 2 Uhr, telephonierte 
Polizeirat Garns von der Bayerischen Politischen Polizei an Dom- 
kapitular Neuhäusler: „D i e B a yerische Staatsregierung 
hat d en Hi rt enb r i ef d e r bayerischen Bischöfe 
über den Abbau der klösterlichen Lehrkräfte 
beschlagnahmt und seine Verlesung verboten." 
Neuhäusler antwortet: „W as vonder Kanzel verlesen 
wird, bestimmt nicht die bayerische Staats- 
regierung, sondern der Bischo f." 

Polizeirat: „Ganz gleich, wir werden die Verlesung jedenfalls 
zu verhindern wissen." 

Neuhäusler fuhr alsbald zu dem gerade auswärts befindlichen 
Generalvikar Ferdinand Buchwieser — H. Kardinal war gerade auf 
Firmungsreise an einem sehr entfernten Ort der Diözese — und 
begrüßte ihn mit den Worten: „Nun entscheidet es sich, ob die 
bayerischen Bischöfe noch weitere Hirtenbriefe herausgeben sollen 
oder nicht. 

Bayerische Staatsregierung und Politische Polizei haben vereiat 
die Verlesung des Hirtenbriefes verboten. 

Geben wir jetzt nach, so ist jeder weitere Hirtenbrief über- 
flüssig. Die Gestapo wird dann in Zukunft ohne Bedenken jeden 
ihr nicht genehmen Hirtenbrief verbieten. 

Bleiben wir aber jetzt fest, dann wird die Gestapo es sich 
ein andermal wohlweislich überlegen, eine neue Kraftprobe zu 
machen." 

Der Generalvikar erklärte sofort mit aller Bestimmtheit: ,J c h 
bleibefest!" 

Kreuz und Hakenkreuz 8 Bd. II j^Qg 



Und lapidar und klar lautete der Befehl, der alsbald schriftlich 
niedergelegt wurde: 

„Das Ordinariat des Erzbistums München, den 20. Juni 1936 

München und Freising 

An die Hochwürdigen Seelsorgsstellen der Erzdiözese. 
Betreff: Verlesung des Hirtenbriefes. 

Der für 21. Juni erlassene Hirtenbrief ist 
unter allen Umständen von der Kanzel zu 
verlesen. 

Buchwieser, Generalvikar." 

Neuhäusler fuhr mit dem so kurzen und doch so wichtigen und 
entscheidenden Manuskript nach München zurück. Am Eingang des 
Ordinariates begegnete ihm ein Gestapobeamter und übergab ihm 
ein Schreiben: das schriftliche Verbot der Verlesung des, 
Hirtenbriefes, 

Gleich darauf rief der Generalvikar einer anderen baye- 
rischen Diözese an und teilte mit: „Der Hirtenbrief ist beschlag- 
nahmt, seine Verlesung ist verboten. Die Geistlichen, die ihn verlesen, 
werden verhaftet!" Es war schwer, darauf zu antworten, da ja selbst- 
verständlich mit der Überwachung des Ordinariatstelephons zu rechnen 
war, an diesem Tag und zu dieser Stunde mehr als je. 

Neuhäuslers Antwort lautete darum nur kurz: „Was die Bischöfe be- 
fehlen, ist und bleibt Befehl: Apostelgeschichte 5,29." — „Ich 
verstehe", erwiderte der Generalvikar. 

Das angezogene Bibel wort enthielt ja die Norm, welche die ersten 
Bischöfe gegeben haben, als die jüdischen Hohenpriester namens des 
Hohen Rates ihnen vorhielten: „Wir haben euch doch streng verboten, 
in diesem Namen zu lehren." Da erwiderten Petrus und die anderen 
Apostel: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Men- 
sche n." 

Wenige Minuten darauf rief der H. H. Bischof einer anderen Diözese 
an, erhielt die kurze Antwort: „Exzellenz, ich schicke Ihnen sofort einen 
Boten mit der klaren Antwort!" 

Dann ging es fieberhaft an die Arbeit: Schreibpersonal wurde 
zusammengeholt (Samstag nachmittag!). 

Geistliche aus Kirche und Beichtstuhl gerufen un(d gebeten, 
sich und ihr Auto für eine Nachtfahrt- zur Verfügung zu stellen. 
Ein Gasthaus in einem Außenbezirk der Stadt wurde ihnen als 
Treffpunkt für nachts 9 Uhr gegeben. 

Die Weisung des Generalvikars an die Seelsorgestellen wurde 
in rund 1000 Exemplaren hektographiert, fast ebensoviele Adressen 
der Seelsorgsstellen gefertigt. Dann wurden die Sendungen für die 
einzelnen Pfarrer nach Dekanaten zusammengerichtet, die Dekanats- 
pakete geordnet nach den Fahrtrichtungen der einzelnen Autos. 

106 



Um 9 Uhr abends wurden sie dann acht verschiedenen geist- 
lichen Boten am bezeichneten Treffpunkt übergeben. Die ganze 
Nacht hindurch fuhren diese dann zu den einzelnen Dekanen, über- 
gaben die Pakete für die zuständigen Seelsorgsstellen, dazu den 
schriftlichen Auftrag des General vikars: 

„Beiliegendes Zirkular ist noch heute abends oder morgen vor 8 Uhr 
durch Boten an sämtliche Seelsorgsstellen des Dekanats zu überbringen. 

Über den Vollzug der Verlesung und den Verlauf derselben im gan- 
zen Dekanat ist binnen drei Tagen auf sichere Weise an die oberhirt- 
liche Stelle zu melden. Buchwieser, Generalvikar." 

Und keiner der Dekane weigerte sich auch nur 
einen Augenblick, den Befehl noch in der Nacht 
auszuführen. Sie holten ihr eigenes Auto oder baten einen 
Autobesitzer der Pfarrei oder einige Radfahrer, um die oberhirt- 
liche Anordnung noch während der Nacht bis in die entlegensten 
Dörfer zu bringen. 

Alles funktionierte so gut und alle folgten so willig, ja geradezu 
freudig, daß die zirka 8 Seelsorgestellen bis auf wenige Aus- 
nahmen vor Beginn des Sonntagsgottesdienstes (21. Juni, 8 Uhr 
morgens) verständigt waren. 

Wohl waren am Samstag nachmittag die Gendarmen schon in 
alle Pfarrhöfe gekommen und hatten die Herausgabe des Hirten- 
briefes verlangt und bekanntgegeben, daß der Hirtenbrief nicht 
verlesen werden dürfe und daß sie jeden Geistlichen, der ihn trotz 
des Verbotes verlese, sofort verhaften müßten. Einige Polizisten 
wiesen, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen oder auch, um 
sich für den ihnen selbst harten Befehl gleichsam zu entschuldigen, 
auf den telegraphischen Regierungsauftrag hin. 

Der lautete: 

„S t a a t s t e I e g r a m m. 

20. VI. 1936 um 21 Uhr. 

Morgen, Sonntag, Verlesung des Hirtenbriefes aller bayerischen 
Bischofs über die Aufhebung der Klosterschulen usw. 

Hirtenbriefe sofort beschlagnahmen! Verlesung polizeilich verbieten! 
Geistliche vom Verbot verständigen! Gottesdienste überwachen! Wird 
Hirtenbrief trotz Verbot verlesen, dann Geistliche nach Gottesdienst 
zur Vermeidung von Störungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit in 
Folizeihaft zu nehmen. Ist dies der Fall, bis spätestens abends mit 
Eilbrief ausführlich an Bayerische Politische Polizei zu berichten! Bei 
besonderen Störungen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit sofort fern- 
mündlich an Bayerische Politische Polizei berichten! 

Regg.-Präsident . . ." 

Die Geistlichen nahmen das Verbot ruhig auf und verweigerten 
die Auslieferung des Hirtenbriefes, ebenso die Auskunft, wo sie 
ihn versteckt hätten. Nur bei ganz wenigen wurde er bei einer 
Haus- und Sakristeidurchsuchung gefunden. Die meisten hatten 
gemäß Punkt 4 der „Anweisungen" für eine ganz sichere Auf- 

107 



bewahrung Sorge getragen. Einzelne hatten ihn sogar dem Heiland 
im Tabernakel anvertraut, andere hatten ihn in einem nahen Korn- 
feld oder in einer Scheune versteckt. Einer hatte sich die Mühe 
gemacht, den ganzen Hirtenbrief noch eigens abzuschreiben, um 
die Kopie eitler Frau zu geben mit der Weisung, zu Beginn des 
Gottesdienstes an dfer Treppe der Kanzel zu stehen und ihm die 
Abschrift zu übergeben. Er wollte um jeden Preis eine Reserve 
haben. 

Und als dann während der Nacht oder am frühen Morgen die 
klare und bestimmte Weisung der oberhirtlichen Stelle kam, da 
atmeten alle Priester freudig auf: nun wußten sie klaren Bescheid, 
wie sie dran seien. Nun waren sie sicher, daß sie von ihrem Bischof 
gedeckt und aile einig seien. Und „Einigkeit macht stark". 

Noch vor dem. Gottesdienst kam mancherorts der Schutzmann 
zu dem Pfarrer und bat ihn geradezu flehentlich, doch von der Ver- 
lesung des Hirtenbriefes abzustehen. Es wäre ihm fürchterlich, 
wenn er seinen eigenen Pfarrer verhaften müßte. Die Antwort 
lautete zumeist ruhig: „Tun Sie Ihre Pflicht und ich tue die 
meine!" 

• Während der Predigt spielte sich da und dort eine bewegte Szene 
ab: Als sich z. B. in St. Heinrich in München ein Beamter der Politi- 
schen Polizei dem Ambo (Predigtpult) näherte,- dem Geistlichen seinen 
Ausweis vorwies und zuflüsterte, sofort mit der Verlesung des Hirten- 
briefes aufzuhören, da er verboten sei, eilten die Leute aus den Kirchen- 
stühlen zu dem Predigtpult, drängten den Polizeibeamten weg und- stell- 
ten sich schützend um den Priester mit der Bitte: „Wei t erlesen !" 

Anderwärts erklärte der Priester nach der Verlesung: „Liebe LeuteT 
Ich habe nun meine Pflicht getan. Es ist mir gesagt worden, daß ich 
dafür nach dem Gottesdienst verhaftet werde. In Gottes Namen 
und für Gottes Ehre gehe ich in das Gefängnis. Da ich 
aber nicht v/eiß, ob und wann ich wieder zurückkehren werde, muß ich 
die heiligen Hostien zu mir nehmen und, da dann der Heiland nicht 
mehr in der Kirche ist, das ,Ewige Licht' auslöschen. Bleibt dem Herr- 
gott treu und kommt fleißig in die Kirche zum Gebet!" Und so tat er 

dann nach der heiligen Kommunion und Hunderte in der Kirche 

begannen zu weinen. 

Einem anderen Geistlichen, der am Schluß der hl. Messe ähnliches 
erklärte, drängten die Männer in die Sakristei nach, um 
sich von ihm noch segnen zu lassen und um ihn zu schützen. 

Wieder an einem anderen Ort hielten die Männer und Jung- 
männer der Pfarrei den ganzen Tag Wache vor dem Pfarr- 
hof, um' die Verhaftung ihres Pfarrers zu verhindern. 

In Stadtpfarreien Münchens kam nach jedem Gottesdienst, während- 
dessen der Hirtenbrief verlesen wurde, ein Gestapobeamter in die 
Sakristei und verlangte den Namen des Priesters, der das Bischofswort 
verlesen hatte. Auf Mitteilung hierüber und auf die Frage, was in dieser 
bedrohlichen Situation weiter zu tun sei, wurde seitens des Ordinariates 
die kurze Weisung gegeben: „Bei jeder weiteren heiligen 
. Messe den Hirtenbrief neuerdings verlesen; Und wenn 
ein Priester verhaftet werden sollte, soll sofort ein 
anderer Priester den Hirtenbrief verlesen!" 

• 108 



Aber, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, kam es 
nicht zu Verhaftungen bzw., wo eine solche geschehen war, wurde 
sie alsbald wieder aufgehoben. 

Was war geschehen? 

Das Staatstelegramm vom 2 0. Juni 1936 war 
am 2 1. Juni morgens durch ein neues Staatstele- 
gramm aufgehoben worden. Dieses lautete: 

„Staatstelegramm: 

21. VI. 1936 um 10 Uhr 

1. Geistliche unter keinen Umständen verhaften! 

2. Keine Hirtenbriefe beschlagnahmen! 

3. Jede Gewaltanwendung unterlassen! 

4. Namen jener Geistlichen mitteilen, die Hirten- 
briefe trotz Verbot verlesen haben. 

Regg.-Präsident ..." 

Festigkeit und Einigkeit hatten gesiegt! 

Als Bayerische Staatsregierung und Politische Polizei von dem 
entschlossenen Widerstand der bischöflichen Behörden und Geist- 
lichen erfahren hatten, da wichen sie zurück; denn die Zeit 
für eine Massenverhaftung der Geistlichen eines ganzen Landes 
und für eine entscheidende Kraftprobe schien ihnen noch nicht 
gekommen. So konnten sie lediglich an die 4000 — 5000 Namen von 
Geistlichen, Welche den Hirtenbrief verlesen hatten, in ihre Regi- 
stratur aufnehmen. Das Pulver war umsonst verschossen! Man 
konnte sich lediglich an den Wehrlosen, an den armen Lehr- 
schweslern der Orden rächen, und ihre Ausweisung aus den Schu- 
len noch beschleunigen. 

Die bayerischen Bischöfe aber gingen noch einen Schritt weiter: 
Sie gaben Auftrag, daß der Hirtenbrief an allen Orten, an welche 
die Weisung vom 20. Juni nicht mehr rechtzeitig hatte gelangen 
können oder wo der Hirtenbrief gewaltsam weggenommen worden 
war, unter allen Umständen am kommenden Sonntag verlesen 
werde. Ein so entschiedenes und beharrliches und tausendstimmiges 
„Nein !" hatten Regierung und Polizei bisher wohl noch 
nie erhalten. 

Ein deutliches Bischofswort auch an die Regierung. 

Die bayerischen Bischöfe beschränkten sich aber in dieser 
Sache nicht auf den Appell an das katholische Volk. 

Sie erhoben unter dem 31. Oktober 1936 auch feierlich Protest 
bei den verschiedensten Regierungsstellen: 

beim Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten, 

109 



beim Reichs- und Preußischen Minister für Wissenschaft, Er- 
ziehung und Volksbildung, 

beim Reichs- und Preußischen Minister des Innern, Berlin, 

beim Staatsrat Dr. Boepple im Bayerischen Staatsministerium 
für Unterricht und Kultus, München. 

„Die acht Bischöfe in Bayern halten es einstimmig. für 
ihre Pflicht, gegen diesen Abbau der klösterlichen Lehrkräfte 
an den Volksschulen Bayerns neuerdings Verwahrung 
einzulegen und diesen Einspruch wie folgt zu begründen: 

1. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist mit dem Art. 5 § 7 des 
Bayer. Konkordates und dem Art. 25, Abs. 2 des Reichs kon- 
kordates nicht vereinbar. 

2. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte bedeutet eine Aus- 
schaltung des Elternwillens und eine Entrechtung des 
Elternrechtes. 

3. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist eine rechtlich nicht 
zu begründende Ausnahmebestimmung gegen deutsche 
Frauen, die ebenso deutsche Staatsangehörige sind und die gleiche 
Berufsausbildung für den Schuldienst nach den staatlichen Bestim- 
mungen erlangt haben wie ihre weltlichen Kolleginnen, und nun rück- 
sichtslos ohne Schuld in Massen entlassen werden sollen, einzig aus dem 
Grunde, weil sie sich in ihrem religiösen Idealismus einem Schulorden 
angeschlossen haben. 

4. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist ein Verstoß gegen 
die sozialen Pflichten in der Volksgemeinschaft, insofern die 
Ordensfrauen, die als Lehrerinnen an den Staatsschulen auf Grund des 
Dienstverhältnisses nicht bloß Pflichten, sondern auch Rechte haben, 
nunmehr ohne hinreichenden Grund aus ihrem ,Beruf hinausgeworfen 
werden und ihre wirtschaftliche Basis für die Zukunft verlieren. 

5. Der Abbau der klösterlichen Lehi-kräfte ist trotz der gegenteiligen 
Behauptung des Herrn Staatsrates Boepple eine gegen die Kirche 
gerichtete Maßnahme und eine schwere Störung des friedlichen 
Verhältnisses zwischen Staat und Kirche. Während im Reichskonkordat 
Art. 25 das Deutsche Reich der Kirche die Zusicherung gibt, die Zu- 
gehörigkeit zu einem Orden sei kein Hindernis für die Zulassung zur 
Tätigkeit im Schuldienst, erklärt die Kundgebung vom 13. Oktober, der 
nationalsozialistische Staat (der gleiche, der das Reichskon- 
kordat geschlossen hat) könne klösterliche Lehrerinnen 
nicht länger im Schuldienst behalten. 

6. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte bedeutet eine schwere 
finanzielle Mehrbelastung der Kirche. Wir Bischöfe er- 
heben öffentlichen Einspruch dagegen, daß die Kundgebung vom 13. Okt. 
verschweigt, daß jene Millionen Mehrausgabe im staatlichen Schulhaus- 
halt durch Kürzung der staatlichen Leistungen für 
kirchliche Zwecke eingespart werden und daß, zum Teil für 
diesen Zweck, die Zuschüsse des Bayer. Staates für kirchliche Zwecke 
bereits um viereinhalb Millionen gekürzt wurden. 

7. Wenn der Staat als Grund für den Abbau der klösterlichen Lehr- 
kräfte geltend macht, daß sie für andersgläubig eEltern und 
Kinder nicht mehr tragbar seien, so können wir feststellen, daß an 
zwei Drittel der in Betracht kommenden Schulen überhaupt keine nicht- 
katholischen Kinder, und an den übrigen unter hundert höchstens drei 
sind. Es sind uns keine Klagen nichtkatholischer Eltern bekannt, daß 
ihre Kinder von Schulschwestern irger).dwie gegen ihre Glaubensüber- 

110 



Zeugung beeinflußt worden Agaren. Wir können mit viel melir Recht 
darauf verweisen, daß füi katholische Eltern und Kinder 
Lehrer und Lehrerii/inen untragbar sind, welche ihren 
eigenen Unglauben auf die Kinder übertragen, die Kin- 
der durch Beispiel und Unterricht gegen ihren katholischen Glauben 
einnehmen und die daher, nach Art. 5 des Bayerischen Konkordates, 
an katholischen Schulen nicht wirken dürften, weil sie 
weder geeignet noch bereit sind, im Geiste des katholischen Glaubens 
zu erziehen." 

Keiner der vier Adressaten würdigte die acht Bischöfe Bayerns 
auch nur einer Zeile Erwiderung auf diese Verwahrung. 

Im Gemeinschaftshirtenbrief vom 13. Dezember desselben 
Jahres (1936) äußern die baye^isßlhpn Bischöfe noch einmal ihr tiefes 
Mitgefühl mit den verstoßenen klösterlichen Lehrkräften, indemi 
sie sagen: 

„Nach dem Bayerischen Konkordat wird ,die Übertragung eines 
Lehramtes für Angehörige von Orden und religiösen Kongregationen an 
keine anderen Bedingungen geknüpft als für Laien'. Trotz dieser ver- 
traglichen Abmachung werden nun die Ordensschwestern aus 
den staatlichen Volkss oh uien ausgeschlossen. Bereits, 
auf Weihnachten, mitten im Schuljahr und mitten im Wi n.- 
ter, müssen mehrere hundert Schwestern ihr gewohntes und geliebtes 
Arbeitsfeld verlassen, obwohl ihnen niemand die geringste Schuld vor- 
halten kann, vielmehr jedermann . das Zeugnis treuester und 
uneigennützigster Pflichterfüllung ausstellen muß. Viele 
dieser Schwestern haben jetzt kein Obdach und kein Brot. Darunter 
sind Schwestern, die bereits 20, ,30 und noch mehr Jahre im Schul- 
dienst gestanden sind . . . Dankbare Menschen suchen für sie wenigstens; 
für den Winter ein Asyl, da die Mutterhäuser unmöglich auch nur für 
die einfachste Unterbringung so vieler Schwestern sorgen können . . . 
Wir danken ihnen auch für die Treue, die sie ihren Orden und 
ihren Gelübden in so vorbildlicher und heroischer Weise gehalten 
haben, obwohl vielen derselben eine Lehrstelle in der Schule angeboten 
wurde, wenn sie nur aus dem Orden austreten würden." 

Gewissenspfiicht und ernste Sorge um d.ie Jugend, aber 
auch aufrichtiges Erbarmen um weit mehr als 

1200 aus gestoßene Ordensfrauen 

drängten die bayerischen Bischöfe, sich noch einmal (4. Sept. 1938) 
mit einem ausführlichen Hirtenwort über den fortschreitenden Ab- 
bau der klösterlichen Lehrkräfte und Klosterschulen an das katho- 
lische Volk zu wenden. Sie stellten fest und beklagten laut: 

„Zu den bittersten Heimsuchungen und Verfolgungen, die unsere 
Kirche in unserm deutschen Vaterlande erleiden muß, gehört die Ver- 
drängung der katholischen Orden aus dem Erziehungs- und Unterrichts- 
wesen. Mit unheimlicher Geschwindigkeit schreitet von Monat zu Monat 
der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte fort und hat bereits ein solch 
erschreckendes Ausmaß erreicht, daß die völlige Beseitigung 
aller Ordensschulen nicht mehr ferne ist. Weite Kreise 
unseres Volkes sind freilich über diese unheilvolle Entwicklung kaum 
oder nur ungenügend unterrichtet. 

• Wir Bischöfe fühlen uns darum im Gewissen und vor unseren Diö- 
zesanen verpflichtet, noch einmal unsere Stimme zu erheben und im 

111 



Namen der Gerechtigkeit und des religiösen Friedens vor einer Entwick- 
lung noch in letzter Stunde zu warnen, deren Ziel kein an- 
deres ist als die'Verdrängung der Kirche und des Chri- 
stentums aus der Erziehung unserer deutschen Jugend . . . 

Es ist wohl niemand, der den klösterlichen Lehrerinnen ein persön- 
liches Verschulden zur Last legen oder ihre bewährte Berufstreue und 
Berufstüchtigkeit anzweifeln möchte. Nur eines wird ihnen zur 
La st gelegt, daß sie das Ordenskleid tragen und durch 
hl. Gelübde sich dem Dienste Gottes und der Jugend in 
besonderer Weise geweiht und verpflichtet haben . . . 

Über 1200 Ordensfrauen sind auf diese Weise in einem Zeit- 
raum von eineinhalb Jahren, seit 1. Januar 1937, atis dem öffentlichen 
Schuldienst entlassen worden. 

Dazu kommt noch diie von Monat zu Monat wachsende Zahl jener 
Ordensschwestern, die aus den Kleinkinderbewahranstalten, 
aus Kindergärten undKinderhorten ausgewiesen wer- 
den, weil selbst aus diesen Stätten frühkindlichen Wachsens der fromme 
Hauch christlicher Erziehung verbannt werden soll. 

Dazu kommen weiterhin, jene Ordensschwestern, denen nicht mehr 
gestattet wird, die junge Mädchenwelt in Nähstuben, Hand- 
arbeitskursen und Ha ushaltungsschulen für ihren Icünf- 
tigen Beruf als Hausfrauen und Mütter vorzubereiten. Wie soll ein 
solches Vorgehen im Zeichen der neuen Volksverbundenheit verstanden 
und gerechtfertigt werden?" 

Neben Ausweis aus 'Staats- und Gemeindeschulen auch 

Vertreibung aus den eigenen Ordensschulen! 

„Zu Ostern . d. J. aber ist durch das bayerische Unterrichtsministe- 
rium mit einem Schlage die Schließung oder der stufenweise 
Abbau von 8 4 klösterlichen Schulen, 64 weiblichen und 20 
männlichen höheren Lehranstalten, angeordnet und eingeleitet 
worden, die durchwegs im Eigentum der Orden stehen. Schon seit 
geräumer Zeit hat man den vernichtenden Schlag vorbereitet durch 
Maßnahmen, die den Klöstern Lasten über Lasten und Kränkung über 
Kränkung aufgebürdet, gleichwohl aber ihre Pflichttreue nicht erschüt- 
tert und ihren Opferwillen nicht beeinträchtigt haben. So ist im Vor- 
jahr den Kindernvon Beamten undAngestellten des öffent- 
lichen Dienstes durch staatlichen Erlaß der Besuch dieser klösterlichen 
Schulen verboten Worden . . . Wiederum fragen wir, wie eine solche 
Entrechtung sich mit den sittlichen Grundsätzen der Gerechtig- 
keit und Billigkeit vereinbart . . . - . 

Es ist vor kurzem öffenlich erklärt worden, daß man weder gegen 
die persönliche Ehrenhaftigkeit und die beruf liehe Tüchtigkeit der ab- 
gebauten Ordensleute noch gegen die Leistungen ihrer Schulen in der 
Vergangenheit etwas einwenden könne. Aus dem h e u t i g e n Unter- 
richts- und Erziehungswesen aber müßten sie — so erklärt man — des- 
wegen ausgeschaltet werden, weil sie infolge ihrer Ordens- 
gelübde die weltanschaulichen Forderungen des heu- 
tigen Staates an die Jugenderziehung nicht erfüllen 
können. 

Die Kirche und ihre Orden haben sich in der Jugend- 
erziehung immer und überall von dem Gebote des Herrn leiten lassen: 
jGebt dem Staate, was des Staates ist, und Gott, was Gottes 
ist!' Getreu diesem Gebot halben sie in Schule und Erziehung alle For- 
derungen gewissenhaft erfüllt, die der Staat berechtigterweise im Inter- 
esse des Gemeinwohles und der völkischen Gegenwartsaufgaben an di« 
deutsche Jugenderziehung stellt. 

112 



Im Reichskonkordat hat das Deutsche Reich versichert, die friedliche 
Zusammenarbeit mit der Kirche besonders auf dem gemeinsamen Ar- 
beitsgebiet der deutschen Jugenderziehung dauernd zu erhalten und zu 
befestigen und zu diesem Zweck ein dreifaches Versprechen, ein Ver- 
sprechen auf Treu und Glauben gegeben. Nämlich 

1. daß die Orden der katholischen Kirche wie bisher im "Rahmen der 
allgemeinen Gesetze zur Gründung und Führung von Pri- 
vatschulen berechtigt sein sollen; und 

2. daß diese klösterlichen 'Schulen die gleichen Be- 
rechtigungen wie die staatlichen Schulen geben, soweit sie die 
staatlichen Vorschriften erfüllen, und 

3. daß für die Zulassung der Ordensangehörigen zum 
Lehramte und für ihre Anstellung an Volksschulen, mittleren und 
höheren Lehranstalten die allgemeinen Bedingungen, also 
keine Ausnahmegesetze gelten. 

Indem wir an dieses feierliche Vertragsversprechen 
nach dem Wortlaut des Artikels 25 des Reichskonkordates erinnern, fra- 
gen wir Euch, geliebte Diözesänen, ob die Massenentlassung 
von über 1200 Ordensschwestern aus unseren Volks- 
schulen, der Abbau sämtlicher höheren männlichen 
und weiblichen Ordensschulen, die Ausweisung der 
Ordensleute aus allen Erziehungs- und Unterrichts- 
anstalten — angefangen von den Kindergärten — vereinbar 
sind mit diesem eindeutigen Konkordatsversprechen, 
vereinbar sind mit deutscher Vertragstreue, mit dem 
Wohle des deutschen Volkes, mit dem Rechte der 
Kirche und der Eltern auf eine christliche Erziehung 
derJugend? 

Im Bewußtsein unserer Pflicht und Verantwortung vor Gott, vor 
Mitwelt und Nachwelt fordern wir noch einmal Gerechtig- 
keit für unsere Orden und Frieden und Freiheit für ihr Wirken 
im Dienste der christlichen Jugenderziehung." 

c) Eine ernste Jahresrückschau 

Der Kampf des Nationalsozialismus gegen alles Katholische, 
der unentwegt weiterging und sich andauernd verschärfte, zwang 
die bayerischen Bischöfe im schon erwähnten Hirtenbrief am Ende 
des Jahres 1936 (13. Dezember) auch noch zu anderen Fragen und 
Sorgen Stellung zu nehmen, z. B.: 

KampfgegendieKonfessionen, StrebennachEinheits- 
kir che 

„ . . . Unser Führer und Reichskanzler hat in feierlicher Stunde und 
Kundgebung die hohe Bedeutung der beiden christlichen 
Konfessionen für das Staats- und Volksleben in überaus dankens- 
werter Weise anerkannt und sie seines Schutzes versichert. Leider wird 
in schroffem Gegensatz dazu von maßgebenden Männern und Organi- 
sationsleitern nunmehr jede Konfession oder, wie sie sich aus- 
drücken, jederKonfessionalisums grundsätzlich und planmäßig 
bekämpft. Sie wollen eine Einheitskirche, wobei das Glaubens- 
bekenntnis keine Bedeutung hat. Sie wollen vor allem die katho- 
lische Kirche aus dem deutschen Volk völlig verdrängt wissen, 
weil sie ein Fremdkörper im Deutschen Reich und Volke sei." 

113 



Kampf gegen das Papsttum 

„...An die Stelle der von den beiden Vertragsteilen gevvuiT^chien 
Fesliguag des Freundschaftsbandes tritt durch die Gegenarbeii ivatholi- 
kenfeindlicher Kräfte immer mehr der schärfste Kampf gegen das 
Papsttum, ein Kampf, der in Schriften und Reden, in 
Büchern und Kursen, in Organisationen, Schulen und 
Schulungs lagern geführt wird. Dadurch wird in bewußter 
und gewollter Weise Abneigung und Haß gegen ,Rom' in -^as deutsche 
Volk getragen, selbst schon in die Kinderherzen, und der Versuch ge- 
macht, die Katholiken vom Oberhaupt und Mittelpunkt der katholischen 
Kirche loszulösen, eine ,romfreie' Kirche' zu begründen . . . Treue 
Katholiken werden von dieser Seite ständig auf harte Probe- gestellt, 
vielfach wie Fremdlinge im deutschen Volk behandelt, in verletzender 
Weise gekränkt und zurückgesetzt. Wer aber seiner Kirche die Treue 
bricht, der wird von ihnen als vertrauenswürdig und verlässig betrachtet 
und bevorzugt." 

Kampf gegen die katholischen Vereine 

„ . . . Den katholischen Organisationen und Verbänden ist im Konkor- 
dat der Schutz ihrer Einrichtungen und ihrer Tätigkeit zugesichert wor- 
den. Aber an die Stelle dieses Schutzes ist eine .Unterdrückung ihres 
Vereinslebens getreten mit dem ausgesprochenen Zweck, den Fort- 
bestand der katholischen Vereine auf die Dauer unmöglich zu machen. 
Es wird mitunter sogar der Austritt aus rein religiösen Vereinen 
und Bruderschaften verlangt,, ein Eingriff in das innerkirchliche Leben, 
wie es bisher noch niemals vorgekommen ist." 

Kampf gegen den Klerus 

„Nach dem Reichskonkordat wird der Staat gegen Beleidigun- 
gen der Geistlichen vorgehen und im Bedarfsfall dem Geistlichen 
behördlichen Schutz feewähren. Aber wo bleibt dieser Schutz 
angesichts der unaufhörlichen groben Beleidigungen 
des geistlichen Standes in Reden, Schriften, Blättern 
und Bildern? Wo bleibt der staatliche Schutz der Priesterehre 
gegenüber Spottbildern, die auf öffentlichen Tafeln, vor den Augen jedes 
Kindes, bis in das letzte Dorf hinaus angeschlagen werden? ... Es wird 
uns berichtet, daß ein Lehrer ein gemeines Spottbild gegen den geist- 
lichen Stand im Schulzimmer vor den Augen der Kinder anschlug und 
auch auf Bitten des Pfarrers, der dort Religionsunterricht gab, nicht 
entfernte. 

Wann sind je Hirtenbriefe der Bischöfe sogar in Blättern, die 
für Jugend bestimmt sind, so mitHohnund Spott Übergossen 
worden wie jetzt? . . . 

Es gibt Lehrkräfte, die ihren Unterricht in unchristlichem' 
Geiste geben, sogar den Bibelunterricht so erteilen, daß die Kinder 
im Glauben völlig irre werden müssen. Zu dieser unkirchlichen Ein- 
stellung werden sie auch angeregt durch Kurse und Blätter, welche die 
Grundlagen und Wahrheiten des christlichen Glaubens untergraben und 
zerstören. 

In letzter Zeit werden sogar ,Bubenruder gebildet, welche den 
Religionsunterricht und die Bibelstunden unmerklich zu 
überwachen und die , jeweilige tägliche Tendenz' festzustellen haben. 
Den Eltern gegenüber sollen die Rudelbuben als ,Autoritätspersonen' 
auftreten, ,um den Einfluß des Gegners auszugleichen'. . . Es ist ein Er- 
zählerkreis zu bilden, der ,durch Erzählen von Anekdoten, Sagen 
und Kurzgeschichten' dem Bibelunterricht entgegenwirken soll." 

114 ' 



SchwerePflichtderBisGhöfe 

„Es ist uns Bischöfen schwer genug, immer wieder zu klagen und 
zu warnen, aber die strenge und heilige Pflicht gegen Kirche und Vater- 
land fordern; daß wir nicht schweigen, wo so viel auf dem Spiele steht 
und in Gefahr ist. Auch wenn wir für unseren Freimut wieder die 
schwersten Angriffe zu erwarten haben, wird uns nichts abhalten von 
der treuesten Pflichterfüllung bis zum Tode." 

d) Zur Steuer der Wahrheit über die „Sittlichkeitsprozesse", 

Die Sittlich keits Prozesse 

bzw. die skandalöse Berichterstattung und die propagandistische 
Ausschlachtung derselben zwangen die bayerischen Bischöfe fünf 
Monate später (9. Mai 1937) schon wieder zu einer öffentlichen 
Kundgebung. Die Hauptsätze derselben waren: 

„1. Es verstößt gegen Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn 
immer wieder der Vorwurf erhoben Wird, die deutschen Bischöfe 
hätten diese Sittlichkeitsverfehlungen von Priestern und Ordensleuten 
nicht verurteilt... 

V 

2. Die Kirche selbst ist bereits in den Fällen, in denen es eine ab- 
schließende Untersuchung möglich machte, mit kirchlichen Stra- 
fen vorgegangen und wird es noch weiter tun . . . 

3. Mit allem Nachdruck müssen wir uns wenden gegen die Art 
und den Umfang, die Tendenz und 'die Einseitigkeit 
der Berichterstattung, soweit sie die Prozeßfälle ausbeutet zu 
einer systematischen und zielbewußten Aufhetzung gegen die Kirche 
selbst, gegen ihre Lehre und Diener. 

Wir wollen nichts verheimlicht, • vertuscht oder beschönigt haben. 
Aber wir legen feierliche Verwahrung ein gegen Übertreibungen 
und Verallgemeinerungen. Nur ein geringer Bruchteil 
der in die Untersuchung Eingezogenen sind Priester, und diese bilden 
wiederum nur einen kleinen Bruchteil ihrer Standesgenossen, der über 
25 000 Pi'iester in Deutschland. 

Ungerecht ist es, wenn nur die sittlichen Vergehen von Prie- 
stern und Ordensleut e n in voller Öffentlichkeit ver- 
handelt werden und von der gesamten Tagespresse in solcher Aus- 
führlichkeit berichtet werden müssen, während die nicht wenigen, 
schweren Verfehlungen gleicher Art aus anderen 
Volkskreisen größtenteils hinter verschlossenen Türen 
abgeurteilt und in Presse und Rundfunk totgeschwiegen werden. 

Wir verstehen auch nicht — und wir wissen uns hier einig mit wei- 
ten Volkskreisen — , wie man einerseits als Anwalt der Volkssittlichkeit 
auftreten will, anderseits aber vergißt, daß durch Veröffentlichung be- 
denklicher Einzelheiten dem sittlichen Empfinden nament- 
lich der Jugend schwerster Schaden- erwachsen muß. 

4. Das katholische Volk, das in all seinen Schichten den 
Priesternachwuchs stellt und tagtäglich seine Priester beobachtet, weiß, 
was es an diesen seinen Priestern im Leben und Ster- 
ben hat. Das katholische Volk erfährt es tagtäglich, wieviel Opfer- 
geist, Religiosität und Seeleneifer in Welt- und Ordensklerus zu fin- 
den sind. 

115 



Millionen deutscher Volksgenossen kennen aus Krieg und Frieden 
die über jedes Lob erhabene Pflege und Hilfe durch 
Angehörige katholischer Orden. 

5. Völlig abwegig und böswillig wäre es, mit den Berichten über diese 
Priester- und Klosterprozesse unsere heilige Kirche selber 
treffen zu wollen, vielleicht sogar unter Ausnützung dieser traurigen 
Vorkommnisse zum Kirchenaustritt aufzufordern. 

Oder will man gar mit solchen Berichten den Rufdes Papstes 
und der deutschen Bischöfe für Christentum und Gewissens- 
freiheit in unserem deutschen Vaterland übertönen? Ist es ein Zu- 
fall, daß die kirchenfeindliche Auswer-tung der seit Monaten zusammen- 
geballten Prozesse durch die Presse, auch über Fälle aus früheren Jah- 
ren und aus dem Ausland, gerade nach der Verlesung des 
päpstlichen Rundschreibens vom 14. März dieses Jahres 
wieder eingesetzt hat? 

Zugleich müssen die Berichte über diese Prozesse den V o r w a n d 
abgeben, der Kirche das Recht auf Mitwirkung in der Erziehung 
der deutschen Jugend abzusprechen." 

Das Ordinariat München fügte den bischöflichen Worten noch eine 
interessante Statistik bei: 

Wir stellen an gerichtlich verfolgten 

Sittlichkeitsdelikten von Geistlichen und Ordens- 
leuten. 

für den Zeitraum 1. Januar 1936 bis heute (8. Juni 1937) fest: 

1. Von 1398 Weltgeistlichen in der Erzdiözese 

A) an Angehörigen der Erzdiözese selbst: 

a) vor 1. 1. 1937: 1 verurteilt zu IV2 Jahren Gefängnis 

b) nach 1. 1. 1937: 1 verurteilt zu 2 Jahren Gefängnis 

1 Verfahren noch schwebend • 

B) an Angehörigen fremder Diözesen, aber hier wohnend: 

a) vor 1. 1. 1937: — 

b) nach 1. 1. 1937: 1 Geistlicher aus der Diözese Trier, verurteilt 

zu IV3 Jahren Gefängnis 

2. Von 354 O r d e n s g e i s 1 1 i c h e n : 



Von 1182 Ordensbrüdern (einschließlich Klerikern u. ä.) in unse- 
rer Erzdiözese: 

a) vor 1. 1. 1937: 2 Maristen-Schulbrüder (Traunstein u. Rei- 

chenhall), davon 1 verurteilt zu 2 Jahren 
Gefängnis 

1 Verfahren noch schwebend 

b) nach 1. 1. 1937: 3 Barmherzige Brüder (2 von Attel und 1 

von Nymphenburg) 

alle 3 Verfahren noch in Schwebe. 
4. Von 8302 Ordensschwestern: 

116 



e) Die Auflösung des Katholischen Jungmännerverbandes, 

der Ma lianischen Jungfrauenkongregationen, der Studentenbünde 
„Neuöeutschland" und „Quickborn" veranlaßte die bayerischen 
Bischöfe vor dem ganzen katholischen Volk Bayerns zu feier- 
lichstem Protest gegen diese Vergewaltigung der segens- 
reich wirkenden katholischen Vereine (6. Februar 1938). 

Einige bezeichnende Sätze daraus: 

„ . . . Wir Bischöfe haben bei der zuständigen Behörde gegen die 
Verfügung der Geheimen Staatspolizei feierlichen Einspruch erhoben 
und um Rücknahme des Verbotes gebeten. Aber auch in der Öffentlich- 
keit erheben wir feierlichen Einspruch gegen die Maßnahme der Polizei, 
die tief in die Rechte und Pflichten der Kirche eingreift und sie ver- 
letzt. . . 

Wir Bischöfe empfinden es als bitteres Unrecht und schwere Krän- 
kung, daß ausgerechnet mit Berufung auf eine Verord- 
nung zur Abwehr kommunistischerGewaltakte der 
Jungmännerverband, Neudeutschland und die Marianischen Jungfrauen- 
kongregationen aufgelöst worden sind. Wenn man .kommunistische, 
staatsgefährdende Gewaltakte' abwehren will, muß man nicht die A u f - 
1 ö s u n g der kirchlichen Vereine verlangen, sondern deren Erhaltung 
und S chutz . . . 

In Artikel 31 des Reichskonkordates hat das Deutsche Reich 
die Rechtsauffassung der katholischen Kirche, wonach die religiösen 
Verbände als solche der kirchlichen Behörde unterstellt sind, in vollem 
Umfang anerkannt. Darum erklären wir Bischöfe kraft der uns über- 
tragenen apostolischen Vollmachten und kraft der durch das Reichs- 
konkordat anerkannten Rechtsordnung: Die Marianischen Jung- 
frauenkongregationen sind für den kirchlichen 
Rechtsbereich nicht aufgelö'St und nicht verboten . . « 

Liebe katholische Jugend! Bei allem Schmerz dürft Ihr doch das 
stolze Bewußtsein haben: Ihr seid Eurer heiligen Sache bis 
zuletzt treu geblieben. Ihr weicht nur der obrigkeit- 
lichen Gewalt. 

Wir danken aber auch Euch allen, liebe Jungmänner und Jungmäd- 
chen, für so manche Opfer, Zurücksetzungen oder gar 
S c h mäh u.n gen, die Ihr tapfer erduldet habt wegen der Zugehörig- 
keit zu Euren Verbänden. Was Euch lieb und heilig war. Euer Banner 
und Euer Verband, sind Euch durch höhere Gewalt genommen. Was 
Euch noch mehr lieb und heilig ist, C hr istus und seine 
Kirche, können sie Euch durch keine Gewalt nehme n." 

• • v--'> 

f) Protest gegen den Religionskrieg mitten im Weltkrieg. ^^ 

„ W ir können unmöglich schweigen von dem, 
was wir gesehen und gehört habe n", erklärten Petrus 
und Johannes vor dem Hohen Rat (Apg. 4,20). So war auch die 
Seelenverfassung der Nachfolger der Apostel in den Jahren der 
nationalsozialistischen Herrschaft. Freilich, die Apostel meinten mit 
ihrem Wort, daß sie reden mußten von den Großtaten und 
Guttaten ihres Herrn und Meisters. Ihre Nachfolger 
aber mußten immer wieder ihre Stimme erheben gegen all das 
Unrecht, das sie überall gegen die Kirche des Herrn sehen und 

117 



hören mußten. So öffnete den Bischöfen Bayerns die religiöse Not 
auch am 17. August 1941 wiederum den Mund zu lauter Klage: 

„Mit schmerzlichem Bedauern sehen wir Zeiterscheinungen, die das 
Testament der toten Helden umstoßen und die Grenzsteine verrücken- 
wollen, welche die Väter gesetzt haben. 

Im ganzen katholischen Volk zittert schmerzlich verhaltenes Weh, 
daß die Bittprozessionen nicht mehr gehalten werden durften, 
, wie sie seit Jahrhunderten in deutschen Landen gehalten wurden, da das 
Volk betend und singend mit fliegenden Fahnen durch die Fluren wall- 
fahrtete, um den Segen des Allerhöchsten herabzuflehen auf Wiesen und 
Felder. 

Tief unglücklich ist unser Volk und will es nicht verstehen, daß 
man ihm Feiertage nehmen will, an denen es mit ganzer Seele hängt. 
An den Feiertagen werden die größten Geheimnisse unserer Religion 
festlich begangen. Ein Feiertag ist immer ein Hoclifest katholischer 
Freude; und schmerzlich empfinden wir es, wenn in dieser Freude ein 
Mißton mitklingt, der die Feiertagsstimmung verdirbt... 

Nicht verstehen können wir Bischöfe und nicht verstehen kann es 
das katholische Volk, daß, ausgerechnet in der Kriegszeit in den baye- 
rischen Schulen, in den Volksschulen wie in den höheren Schulen, das 
Schulgebet abgeschafft werden muß. 

Noch einen Punkt müssen wir Bischöfe berühren, die Entfer- 
nung des Kräuzes aus den Schulen, die zum Teil schon durch- 
geführt wurde, zum Teil in den gegenwärtigen Schulferien geschehen 
' soll. Ohne Übertreibung können wir sagen: Überall dort, wo die Maß- 
nahme bekannt oder durchgeführt wurde, ging ein Schrei des Ent- 
setzens durch unser Volk, Eltern und Kinder, jung und alt. Es haben 
sich Szenen abgespielt, die an die Zeiten der ersten Ghristenverfolgun- 
gen erinnern. Schon das Verbot des Schulgebetes, aber noch mehr die 
Entfernung des Kreuzes wird nicht bloß als Schmerz, sondern auch 
als Schmach empfunden, weil das Kreuz Sinnbild der christlichen 
Religion ist. Jede Entehrung des Kreuzes ist auch eine Mißachtung der 
christlichen Religion ..." 

„Das Oberkommando der Wehrmacht 

hat. über die Bestattung der Kriegsgefallenen außerordentlich erfreuliche 
und pietätvolle Anweisungen gegeben, die ihren Höhepunkt erreichen 
in der Forderung: 

,Für jeden ein Kreuz mit Namen und näheren An- 
gaben oder ein gemeinsames großes Kreuz, dazu eine 
Tafel, auf der diese Angaben aufgezeichnet sind!' 

Von ganzem Herzen danken wir und mit uns wohl das ganze deutsche 
Volk der Wehrmacht für diese feinfühlige christliche Pflege der Ruhe- 
stätte der toten Kameraden. 

Damit ist aber auch ein. Vorwurf entkräftet, der vielleicht gegen 
uns Bischöfe erhoben werden möchte. Vielleicht liegt dem einen oder 
andern die Frage auf der Zunge: ,Warum legt ihr dem Volk so 
schicksalsschwere Fragen vor in einer' Zeit, da die 
deutsche Wehrmacht den furchtbaren Kampf gegen den Bolschewismus 
kämpft?' Darauf antworten wir: Wir tun es u n d m ü s s e n e s t u n , 
weil uns das Schicksal unseres Volkes und unserer 
Soldaten zu tiefst am Herzen liegt. Das Kreuz auf den 
G r äbern unserer Soldaten hätte keinen Sinn, wenn es nicht 
auch im Leben der Soldaten der beherrschende Gedanke, der An- 
fang und das Ende gewesen wäre. Daß wir im gegenwärtigen Augen- 
blicke reden müssen, daran sind nicht wir Bischöfe schuld, 

118 



l 
Wir haben den Im Krieg doppelt notwendigen Burgfrieden stets mit 
ängstlicher Gewissenhaftigkeit gehalten. Das ist ja gerade das Er- 
schreckendste der ganzen Frage, daß man jetzt während des 
Krieges in der Heimat in den Schulen das Beten ver- 
bieten will, während Väter und Brüder der Schulkinder darauf 
vertrauen, daß sie vom Gebet der Heimat ih solchen Zeiten dem Schutz 
des Allerhöchsten anbefohlen werden. , 

Geliebte Diözesanen, betet, daß die Kruzifixe nicht aus den 
Schulen entfernt werden! Sorget aber auch dafür, daß in den Woh- 
nungen der Familien das Kreuzbild nach der Sitte der Väter heilig 
gehalten werde. Der Herrgottswinkel und das Kreuz, mit Blumen 
geschmückt, müssen als der Hochaltar des häuslichen Lebens neu zu 
Ehren kommen." 

4. Wächter, Rufer und Streiter Gottes. 

„Rufe aus voller Kehle! Halte nicht an dich! 
VvMe eine Trompete erhebe deine Stimme! Tu kund 
meinemVolkseineSünden!" 

Diese Gottesworte an den Propheten Isaias (58,1) hat 

Erzbiscliof Faulhaber von München 

einst zum Vorspruch der Predigt genommen, dje er, seine Firmungs- 
reise unterbrechend, im Dom zu München gegen die Aufführung 
des Schauspiels „Der Weibsteufel" von Schönherr hielt. . 

Nach diesem Gottesbefehl und getreu , seinem bischöflichen 
Wahlspruch: „Vox temporis • — Vox Dei" = die Stimme der Zeit — 
die Stimme Gottes — handelte Kardinal Faulhaber auch angesichts 
des versteckten und offenen Ansturms des Antichrists „National- 
sozialismus" wider das Gottesreich. 

Feinhörig und feinfühlig hörte er da auch schon frühzeitig 
die „Stimme der Zeit" und sprach mit Prophetenmut und Propheten- 
wucht die „Stimme Gottes". Als treuer Wächter sah er, „wie weit 
die Nacht war" (Js. 21,11), sah das Gute und das Böse, die Bedürf- 
nisse und die Nöten, die Schwächen und die Sünden der Zeit, 
nannte sie beim rechten Namen und fand in den ewigen Ge- 
setzen und Worten des Herrn die Heilmittel für alle Wunden, 
„kämpfte, ohne der Wunden zu ächten, arbeitete, ohne Ruhe 
zu suchen" (Gebet des hl. Franz Xaver um Großmut), und litt mit 
allen „als wackerer Streiter Christi" (2. Tim. 2,3). 

Man braucht nur die „Christenlehre" zu lesen, die Kardinal 
Faulhaber in seinem Fastenhirtenbrief vom 10. Fe- 
bruar 193 2, also unmittelbar am Vorabenddernation a 1- 
sozialis tischen Machtübernahme, über 

„die JRechte und Pflichten des Staates gegenüber dem Staatsbürger 
und über die Pflichten und Rechte des Staatsbürgers gegenüber 

dem Staat" 

gehalten hat. Man hat das Gefühl, daß hier ein „Wächter der Zeit 
und des Heiligtums" schon alldie Irrlehren und Irrwege 

119- 



der nächsten zwölf Jahre geradezu voraussah und 
in letzter Stunde bannen wollte, in heiliger Liebe zu Gott und ehr- 
licher Sorge um sein Volk. 

Fast hinter jeden seiner lapidaren Sätze könnten wir jetzt rück- 
schauend schreiben, wie unheilvoll er vom Staatsgötzen „National- 
sozialismus" geleugnet oder mißächtet wurde. Und an den Schluß 
des ganzen Hirtenbriefes möchte man angesichts der Trümmer und 
des Elends, welche uns der Nationalsozialismus zurückgelassen hat, 
das Heilandswort setzen: „O daß du es doch erkannt hättest, was 
dir zum Heile ist!" (Lk. 19,42). Hättest du doch dieser Stimme, 
einer wahren Stimme Gottes, mehr gelauscht als den "schreienden 
Großsprechereien und Lügen hochmütiger und hochstrebender 
Menschen, niedrigstdenkender und tief stgesunkener Hetzer 
und Ver-Führer! 

Titanen dünkten sie sich und gegen den Himmel stürmten 
sie. Zwerge waren sie und wie L u z i f e r stürzten sie. 

Hören wir nachträglich einige Sätze dieser Christenlehre über 
die staatliche Rechtsordnung! 

Grundsätze der christliche n'Staatslehrc 

„Der erste Grundsatz der christlichen Staatslehre lautet: Der 
beste Ausweis der Staatsgewalt ist der Name Gottes. 
Der Staat ist nicht unmittelbar von Gott gegründet wie die Kirche. 
Doch entspricht die staatliche Gemeinschaft mittelbar dem Willen 
Gottes, da der Mensch von Natur aus die Anlage hat, solche Gemein- 
schaften zu gründen und nur durch Gemeinschaftsarbeit die Kultur der 
Erde erreicht. Papst Leo XIII. sagt: ,Die göttliche Vorsehung hat es so 
gefügt, daß der einzelne in eine häusliche und bürgerliche Gemeinschaft 
hineingeboren wurde.' Durch diese Fügung der Vorsehung ist der ein- 
zelne auf Heimat und Vaterland, auf Volk und Staat verpflichtet. 

Von Gott stammt das Recht des Staates, in staatlichen Dingen 
souv^erän zu entscheiden, Gesetze zu geben, Gerichte aufzustellen, Ge- 
horsam von den Untertanen zu fordern ,um des Gewissens willen'. E i n 
Staat ohne Gott oder gar gegen Gott hat den besten Ausweis 
seiner Autorität weggeworfen, auf die religiöse Bindung des staats- 
bürgerlichen Gewissens verzichtet und damit die Axt an die Wur- 
zel seines Bestandes gelegt. Der Geist der Verneinung, der 
dem Allerhöchsten den Gehorsam aufkündigt, wird früher oder 
später zur Empörung gegen die staatliche Autorität sich auswachsen. 
Aus Gründen der Selbsterhaltung müssen also die Staats- 
männer von heute dem Treiben der Gottlosen wehren und ihre Grenzen 
gegen die russische Los-von-Gott-Bewegung abriegeln. 

Ein zweiter Grundsatz der christlichen Staatslehre: Die 
sicherste Richtlinie des Staatsrechtes. ist die sittliche 
Ordnung. Es gibt eine objektive sittliche Weltordnung, aufgebaut auf 
dem Naturrecht und den Gesetzen der Olfenbarung, unabhängig von 
jeder subjektiven Willkür, unabhängig auch von Volksabstimmungen 
und Parlamenten. Jedes Staatswesen ist auf die Gebote des Natur- 
rechts und, soweit es sich um einen christlichen Staat handelt, außer- 
dem auf die Gesetze des Evangeliums verpflichtet. Wenn das Natur- 
recht fordert, einen rechtmäßigen Vertrag zu halten, darf der 
Staat einen Handelsvertrag oder Kirch envertrag nicht 
einseitig durchbrechen. Wenn das Evangelium die ' Ehe für 

120 



unaufl(')?lich erklärt, kann der Staat nicht trennen, was Gott verbun- 
den hat. 

Die gleiche sittliche Ordnung, die den einzelnen ver- 
pflichtet, verpflichtet auch das staatliche Gemeinschaftsleben: 

Wenn der einzelne nach dem 1. und 3. Gebot verpflichtet ist, am 
Tag dos Herrn den Gottesdienst zu besuchen, kann eine staatliche Be- 
hörde für die Stunde, des Gottesdienstes keinen Geiandesport anset/.en. 

Wenn der Untertan nach dem 4. Gebot gegenüber der Obrigkeit 
sittliche Pflichten hat, hat auch die Obrigkeit solche Pflichten gegen- 
über den Untertanen. 

Wenn der einzelne nach dem 7. Gebot soweit als möglich seine 
Schulden bezahlen muf,), darf auch der Staat nichtneu eAusgaben 
für li e e r e s r ü s t u n g ansetzen, solange er nicht den Enterbten der 
Inflation, in erster Ptcihe den Armen und Alten, wenigstens eine Rente 
ihres dem Vaterland geopferten Kapitals zuwendet. 

Wenn der einzelne im Privatleben nach dem 8. Gebot nicht lügen 
darf, müssen auch Volksvertretung und Staatsregierung bei der Wahr- 
heit bleiben. 

Der Egoismus d e s S t a a t e s kann nicht , heilig' sein, wenn der 
Egoismus des einzelnen häßlich ist. 

Der K o c h m u t eines ganzen Volkes kann nicht gut sein, 
wenn für den einzehien die Demut ein Gebot des Evangeliums ist. 

Ein dritter Grundsatz der christlichen Staatslehre: Das höchste 
Ziel der Staatsregierung ist die Obsorge für das G e s a m t w o h 1. 
Die Staatsrsgierung darf Privateigentum enteignen, aber nur dann und nur 
insoweit, als das Allgemeinwohl es erfordert. Gesetzgebung und Ver- 
waltung müssen die Wohlfahrt des Volkes gegen die Selbstsucht einzel- 
ner Schichten verteidigen. Der staatliche Schutz für Gesundheit und 
Eigentum, für Ehre und Freiheit der Bürger muß sich in gleichem Aus- 
maß den Besitzlosen wie den Besitzenden zuwenden. Die öffentlichen 
Schulen dürfen nicht bloß den Kindern reicher Leute offen stehen. Die 
staatlichen Gerichte müssen ohne jede Parteiwirtschaft und Klassen- 
justiz ihr Urteil sprechen." 

Aufgaben des christlichen Staates 

„Ein Rechtsstaat hat die Aufgabe, Recht und Gerechtigkeit 
zu pflegen. Die Gerechtigkeit verpflichtet die Obrigkeit, die Staats- 
ämler nach bestem Wissen und Gewissen zu besetzen, die sozialen Lasten 
in ausgleichender Gerechtigkeit auf alle tragfähigen Schultern zu ver- 
teilen, die Frevler des Gesetzes ohne Ansehen der Person durch einen 
unabhängigen Richtersland zu strafen. Es wäre Unrecht, wenn die 
Güter der Erde in wenigen Händen sich aufhäuften, während Millionen 
von Mitmenschen Hunger litten. Es wäre Unrecht, wenn aufrechte 
Katholiken als national nicht verlässige Staatsbürger zweiter Klasse be- 
trachtet und bei Besetzung von Staatsämtern wegen ihrer religiösen 
Überzeugung zurückgestellt würden. 

Ein Kulturstaat hat die Aufgabe, .für sittliche Ordnung zu 
sorge n. Jeder Staat geht darauf aus, in Ausübung seines Münzrechtes 
den Falschmünzern das Handwerk zu legen. Mit der gleichen Schärfe 
müßte der christliche Staat darüber wachen, daß die sittlichen Werte im 
Volke nicht gefälscht, nicht falsche Begriffe von Kamerad- 
schafts-Ehe und Mutterschaft in Umlauf gesetzt werden. 

Ein Wohlfahrtsstaat hat- die Aufgabe, die öffentliche Für- 
sorge zu pflegen. 

Ein christlicher Staat wird die Rechte der Kirche achten. 
Beide Rechtsgebilde, Staat und Kirche, sind selbständige Gesellschaften, 

121 



beide in ihrem Rechtsbereich souverän. Die Kirche mischt sich 
nicht in rein staatliche Fragen und beansprucht keine Vor- 
lierrschaf t über den Staat. Anderseits wehrt sich die Kirche 
gegen Übergriffe des Staates in reinlcirchliclie Gebiete und 
weist jede Art der Bevormundung zurüclc. Nun aber gibt es ge- 
mischte Fragen, die gleichzeitig das staatliche wie das kirchliche 
Gebiet berühren, zumal der gleiche Mensch im Staat sowohl wie in der 
Kirche beheimatet ist. In solchen Fragen mu3 eine friedliche Zusam- 
menarbeit von Kirche und Staat einsetzen, die ihren feierlichsten Aus- 
druck in den Konkordaten findet. 

Ein christlicher Staat wird die Rech teder Familie achten. 
Die Grundrechte der Familie sind dem Staat gegenüber mit dem Siegel 
Gottes besiegelt. Auch die Verfassung des Deutschen Reiches hat in 
Artikel 120 die Erziehung der Kinder als natürliches Recht 
der Eltern anerkannt. Noch strenger hat die Kirche den Eltern die 
Erziehung der Kinder auf das Gewissen gebunden. Kein Schul- 
gesetz darf also den katholischen Eltern eine Schule 
aufzwingen, die gegen ihr Gewissen ist. 

Ein christlicher Staat wird die Rechte anderer Staaten ach- 
ten. Der einzelne Staat kann sich von den durch Natur- und Völker- 
recht geordneten Beziehungen zu anderen Staaten, besonders zu den 
Nachbarstaaten, nicht absperren. Im besonderen muß er heute an der 
Doppelaufgabe mitarbeiten, die weltwirtschaftliche Notlage 
zu überwinden durch zwischenstaatliche Zusammenarbeit und den 
.Weltfrieden zu sichern durch den überstaatlichen Völkerbund. 

Angesichts der Tatsache, daß der neuzeitliche 
Krieg eine V ernichtungs t echniic in unmenschlichen 
Ausmaßen entfaltet, müssen die Lenker der Staaten 



Staat, der im voraus einenfriedlichen Ausgleich an- 
strebt, muß den Sieg gewinnen über den Machtstaat, 
der mit blutigen Waffen sein Recht sucht, aueh wenn 
er darüber zugrunde geht." 

Pflichten des christlichen Staatsbürgers 

„Wenn der Staat eine soziale Notwendigkeit ist und in der gött- 
lichen Weltordnung einen Platz hat, also nicht eine Erfindung des Teu- 
fels ist, dann müssen wir den Staat bejahen. Dann werden die 
Beziehungen zwischen Staat und Staatsbürger eine Sache des Ge- 
wissensundderVerantwortung. 

Geistig reife Menschen werden den Staat als Rechtsordnung 
anerkennen, als Volksgemeinschaft unterstützen, als Vater- 
land lieben. 

Der Katechismus sagt zum 4. Gebot: ,Wir sind der weltlichen Obrig- 
keit Ehrfurcht und Gehorsam schuldig.' Ehrfurcht und Ge- 
horsam bedeuten aber nicht sklavisches Verstummen oder 
byzantinisches Allesloben. Der Gehorsam, den der Katechis- 
mus verlangt, ist der Gehorsam eines freien Menschen, der niemals an 
gewaltsamen Empörungen und Umwälzungen teilnimmt, dabei aber die 
Unordnung nicht Ordnung und den Wahnsinn nicht Wahrheit heißen 
kann. 

Die meistgenannte Pflicht des Staatsbürgers ist das Steuer- 
zahlen. Christus hat die Steuermünze anerkannt. 

Für den Staatsbürger ist es eine Gewissenspflicht, andenöffent- 
lichen Wahlen teilzunehmen. Die Gegner der. Kirche halten 

122 . ^ 



uns immer wieder das falsch verstandene und verstümmelte Wort von 
Papst Leo XIII. aus dem Jahre 1890 entgegen: ,Der Kirche sei es in 
hohem Maße zuwider, an Parteibestrebungen teilzunehmen oder ihr An- 
sehen den Strömungen einer veränderlichen Politik unterzuordnen.' 
Die Kirche wird niemals sich einer einzelnen Partei, 
verschreiben. Die einzelnen Katholiken aber haben 
als Staatsbürger die Pflicht, im öffentliche nLeben 
Farbe zu bekennen und an den Wahlen sich zu beteili- 
gen. Papst Pius XL hat für unsere Zeit erklärt: ,Die Katholiken sind 
verpflichtet, mit allen Kräften darnach zu trachten, daß das Gesamtleben 
der Republik mit den christlichen Grundsätzen im Einklang stehe.' 

Die Staatsregierung ist auf die Mitarbeit der Staatsbürger angewie- 
sen, um die Aufgaben eines Rechts- und Kulturstaates zu erfüllen . . ; 
Die Katholiken wollen aus ihrem katholischen Gewissen heraus an den 
staatlichen Aufgaben mitarbeiten. ,Auch an den höchsten Staatsangele- 
genheiten', sagt das leoninische Rundschreiben. Nicht als,Staats- 
katholiken', die vor lauter Staatsfrömmigkeit von ihrer Kirche sich 
abwenden, sondern als Bekenner, die trotz aller Zurücksetzungen nicht 
staatsmüde und staatsverdrossen werden. Auch dem Priester 
kann die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte nicht 
verweigert werden, die jedem Staatsbürger mit Aus- 
nahme der Verbrecher zuerkannt werde n." 



Der erste Fastenhirtenbrief Kardinal Faulhabers in der Zeit 
der NS-Herrschaft (1934) behandelte 

die Sittenlehre der katholischen Kirche. 

Zunächst nannte er vier Tatsachen, auf welchen die sittliche Ord- 
nung des Christentums ruht: 

„1. Tatsache: ,Es gibt eine Sittenlehre mit bestimmten 
Gesetzen, die entweder auf den Tafeln des menschlichen Herzens 
als natürliches Sittengesetz aufgeschrieben sind oder als über- 
natürliches Gesetz auf den Tafeln von Sinai, auf den Blättern 
des Neuen Testamentes und im Gesetzbuch der Kirche. 

2. Tatsache: Es gibt ein Gewissen, eine feinfühlige Natur- 
anlage der Seele, das Gute und Böse voneinander zu unterscheiden. 

3. Tatsache ist die Freiheit des menschlichen Gewissens. Das 
Tier lebt am Leitseil der Naturtriebe, der Mensch, größer als das Tier, 
soll unter der Führung sittlicher Gesetze stehen und über die Natur- 
triebe herrschen. 

4. Tatsache: Um ein sittlich geordnetes Leben zu führen, sind wir 
auf die Gnade Gottes angewiesen. Auch eine Volkssittlich- 
keit läßt sich ohne Gottes Gnade nicht aufrichten." , 

Sodann unterstrich und erläuterte der Kardinal noch einzelne 
Forderungen der katholischen Sittenlehre. 

„Als Gebote Gottes sind die sittlichen Gesetze ewige souveräne 
Majestäten, der Willkür der Menschen entzogen. Da können die 
Menschen nicht neben die von Gott gegebenen Gebote eigene Satzungen 
stellen, die den Geboten Gottes widersprechen. Lichter, die von Men- 
schen angezündet wurden, können von Menschen wieder ausgelöscht 
werden. Die ewigen Sterne Gottes aber, die nicht von Men- 
schenhand angezündet wurden, können von Menschen auch nicht aus- 
gelöscht werden. Gewohnheiten und ,Sitten', wissenschaftliche Lehren 
und technische Verkehrsmittel blühen und vergehen wie die Blumen des 

123 



Feldes, die Gi'undge setze der Sittenlehre aber sind 
ü b e r z e • I 1 1 c h und ü b e r v ö 1 l<c i s c h , ewig und s o u v e r ä n. 

Vor kurzer Zeit ist ein 1; u r cii t b a r e s W o r t gefallen: Jede 
Sittenlehre gelte nur eine Zeitlang und sittlich sei 
alles, ;W a s dem Wohle des V o 1 k e s d i e n f. Die christliche 
Sittenlehre ist ein wesentliches Stück des Evangeliums, verpflichtet also 
alle Völker imd alle Zeiten so gut wie die Glaubenslehre des Evan- 
geliums. Sittlich ist, was dem' Willen und den Geboten 
Gottes entspricht. Das wird, auf die Dauer immer auch dem 
Wohle des Volkes dienen. Eine neue sittliche Ordnung aber, die mit den 
Geboten Gottes im Widei-spx'uch stünde, würde Unordnung schaffen und 
dem Wohle des Volkes nicht dienen. 

Da könnte ein Fanatiker auf den Wahn kommen, Enteignung 
des Kirchengutes, Meineid und Mord , dienten dem Wohle des Volkes' 
und seien deshalb sittlich ei-iaubt. 

Es könnte ein Arzt auf den Gedanken kommen, die 
schmerzlose Tötung der sicher unheilbar Kranken, 
auch der unheilbar Geisteskranken, die sogenannte 
Euthanasie, erspare dem Staat große Fürsorgelasten 
und , diene deshalb dem Wohle des Volkes.' 

Der Vater des Gedankens, alte Levite einzuschläfei-n, ist der gleiche 
Nietzsche, der den Staat ein , Ungeheuer', die Nächstenliebe ,das 
größte Laster' nannte, in dessen Augen es die größte Tor-heit war, den 
Unterschied zwischen Herrenmenschen und Sklavenmenschen aufzu- 
heben und die Sklaverei der Arbeiter abzuschalten . . . 

Die Bischöfe haben in früheren Jahren wiederholt ihre Stimme er- 
hoben gegen staatliche Gesetze und Verordnungen, die eine mar- 
xistische Staatsschule oder die E n t e i g n'u ng des Privat- 
eigentums forderten ... In einem Hirtenbrief habe ich im .Namen 
des christlichen Sittengesetzes das Maigesetz von 1926 verurteilt, das 
den Mord an üngeborenen Kindern nahezu für straf- 
frei erklärte. So müssen immer wieder die Bischöfe ihre 
Stimme erheben, wenn das Sonntagsgebot oder andere Gebote des Sit- 
tengesetzes mißachtet werden." 

Gegen das NS-Sterilisierungsgesetz 

„Die Lehre der katholischen Kirche in der Frage der Unfrucht- 
barmachung ist für alle Völker im Weltrundschreiben des Hl. Vaters 
Plus' XI. vom 31. Dezember 1930 ausgesprochen: ,Es sei der gesunden 
VernVinft nicht zuwider, heilsame Ratschläge zur Erziehung einer starken 
und gesunden Nachkommenschaft zu geben. Es sei aber nicht 
erlaubt, durch ärztlichen Eingriff die natürliche 
Fähigkeit wegzunehmen.' Danach ist es dem katholischen Ge- 
wissen nicht erlaubt, solche Eingriffe für die eigene Person zu gestatten 
oder für andere zu beantragen ... 

Die Abwehr d^s ,weißen Todes', das Vei-bot der Verwandten-Ehen 
und die anderen Ebegesetze der katholischen Kirche sind die beste 
E u g e n i k für die Zukunft eines Volkes. Eine Pt ü c k w ä r t s e n t - 
vv i c k 1 u n g der öffentlichen Moral ist immer auch eine Abwärts- 
entwicklung der Kultur." 



Ein Posaunenstoß für die Freiheit der Kirche 

v/SiY die Predigt von Kardinal Faulhaber bei der Papstfeier am 
10. Februar 1935 Sie verrät schon deutlich, daß der Kampf des 
Nationalsozialismus gegen die Freiheit, der Kirche mächtig ent- 
brannt ist. Es heißt da unter anderem: 

124 



Freiheit öffentlicher Gottesverehrung! 

„Das Reichskonkordat vom Juli 1933 beginnt im allerersten Artikel 
mit dem wuchtigen Satz: ;Das Deutsche Reich gewährleistet die Freiheit 
des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katho- 
lischen Religion.' Unser Gottesdienst kann also nicht, wie in anderen 
Ländern, auf das Innere der Kirche eingeschränkt und in die Salu'i- 
stei eingesperrt werden. Wir haben nacli dem Konkordat, also nach 
völkerrechtlich feierlicher Vereinbarung zwischen dem Deutschen Reich 
und dem Apostolischen Thron, die Freiheit der öffentlichen Aus- 
übung der katholischen Religion. Es wäre ein Verstoß gegen den ersten 
Artikel des Konkordates, wenn religiöse Veranstaltungen außerhalb der 
Kirchen verboten würden, etwa der Gottesdienst vor einer Waldkapelle 
oder eine Messe im Stadion vor den Wettspielen oder sonst ein Gottes- 
dienst im Freien, wie wir ihn im Felde in aller Einfachheit, aber mit 
seelischer Ergriffenheit abhielten. ,Das Deutsche Reich gewährleistet 
die Freiheit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der I^atho- 
lischen Religion.' Auch wenn das Konl<:ordat schweigen würde, würde 
das Evangelium reden. Hier lesen wir: ,Geh' in dein Kämmerlein 
und bete im Verborgenen!' (Mt. 6,6.) Wir lesen aber aucl'i: ,Bekennet 
mich vor den Menschen!' (Lk. 12,8). , Gehet hinaus in alle Welt!' (Mk. 
16,15). ,Predigt von den flachen Dächei-n herab!' (Mt. 10,27), Wie in der 
Urkirche sollen auch heute die Feuer zungen des Hl. Geistes im öffent- 
lichen Leben reden und leuchten!" 

Freiheit zur V er Ic ü n d i g u n g der katholischen 

Religion I 

„Im Artiicel 4 des Reichskonkordates wird den l^irchlichen Behörden 
in Deutschland das Recht zuerkannt und verbürgt, »Anweisungen, 
Hirtenbriefe und sonstige die geistliche Leitung der Gläubigen 
betreffende Verfügungen u n g e li i n d e r t zu veröffentlichen 
und in den bisher üblichen Formen zur Kenntnis der Gläubigen zu 
bringen.' Darum liegt es heute wie ein schwerer 
Druck auf dem katholischen Volk und wird es wie ein 
geistlicher Belagerungszustand empfunden, daß ein 
gemeinsamer Hirtenbrief der deutschen Bischöfe 
i in m e r noch verboten ist. Der Apostel Paulus lag im Ker- 
k e r zu Rom und schrieb im gehindert seine Hirtenbriefe 
an die Gemeinden in Kleinacien und schrieb dazu: .Ich bin gefesselt wie 
ein Übeltäter, das Wort Gottes aber läßt sich nicht in 
Fesseln schlagen' (2. Tim. 2,9)." 

Im Artilcel 5 des gleichen Konlvordates ist für die Seelsorge aus- 
gesprochen: ,,In Ausübung ihrer geistlichen Tätigkeit genießen die 
Geistlichen den Schutz des Staates." Mit diesem Artikel läßt sich nicht 
vereinbaren, wenn von unberufenen Geistern die Predigten der 
Geistlichen belauert werden, ähnlich wie die Predigten 
Christi von den Pharisäern bespitzelt wurden, und auf Grund von fal- 
schen Nachschriften oder Naclierzählungen D e n ii n z i a t i o n e n übel- 
ster Art gemacht werden. Wir wollen doch nicht in die Zeiten des 
Kaisers Joseph II. von Österreich zurüclrfallen, der 1783 eine Gottes- 
dienstordnung aufstellte und verfügte, wieviel Kerzen am Altare bren- 
nen dürften. Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. V/o Knechtung 
ist, ist nicht der Geist des HeiTn." 

Freiheit zur Verteidigung der katholischen Religion! 

„Was wird heute in Zeitschriften und Büchern, in öffentlichen und 
privaten Reden an Verleumdungen gegen Kirche und 
Papsttum zusammengetragen! Wir stellen nicht in Abrede, daß auch 
in der Geschichte der Kirche menschliche Untaten und Mißstände vor- 

125 



gekommen sind. Wir erblicken gerade darin die Hand Gottes, dessen 
Allmacht auch mit der Schwäche hinfälliger Menschen die Kirche durch 
die Zeiten führt. Wenn aber all die Verleumdungen, die im ,Mythus' 
gegen Kirche und Papsttum ohne Quellenangabe zusammengetragen sind, 
nur zur Hälfte wahr wären, wäre die Kirche längst vom Erd- 
boden verschwunden. Nun ist die wissenschaftliche Abwehr 
der Geschichtsfälschungen im ,Mythus' den Quellen nachgegangen und 
hat über den wissenschaftlichen Quellenwert des ,Mythus' ein ver- 
nichtendes Urteil gesprochen. Lesen Sie doch einmal die 
»Studien zum Mythus' oder das Heft ,Schönere Zukunft' vom 10. Februar 
1935 Seite 503 f und die anderen Gegenschriften!" 

Freiheit zur Beantwortung von Gewissensfragen! 

„Die Gewissensfrage, die heute den katholischen Eltern auf der Seele 
brennt, ist die Frage dei" Schuleinschreibung am nächsten 
Mittwoch, den 13.. Februar, die Frage, ob sie ihre Sechsjährigen für die 
Bekenntnisschule, früher Konfessionsschule genannt, einschrei- 
ben oder . für die Deutsche Gemeinschaftsschule, die fortan 
an die Stelle der bisherigen christlichen Simultanschule treten soll. 
Auch für jene Kinder, die bereits in der Bekenntnisschule sind, sollen 
die Eltern entscheiden. In öffentlichen Versammlungen macht man auf- 
dringliche Propaganda für die Gemeinschaftsschule. 

Die katholischen Eltern stellen an ihren Bischof die Gewissensfrage: 
Was müssen wir tun? 

Die Bekenntnisschule ist jene Schule, die dem katholischen Kind 
und der katholischen Familie die katholische Schule, dem evangelischen 
Kind und der evangelischen Familie die evangelische Schule gibt. Jene 
Schule, worin nicht bloß die eine oder andere Religionsstunde in 
der Woche erteilt, sondern der ganze Unterricht, also auch das 
Lesebuch unfä der Geschichtsunterricht, auf eine religiös-sitt- 
liche und vaterländische Grundlage gestellt wird. Jene 
Schule, worin auch der Lehrer in religiösen Fi-agen, namentlich über 
Christus und die Kirche, die gleiche Gesinnung hat wie die Eltern der 
Kinder und nicht, wie es in diesen Tagen geschah, öffentlich erklärt, es 
sei ihm: gleichgültig, ob er in die Hölle oder in den Himmel 
komme. 

Katholische Eltetn, hört die Antwort Eures Bischofs auf Eure Frage: 
Es ist für Euch Gewissenspflicht, EureKinder für die 
Bekenntnisschule anzumelden und für jene Kinder, die be- 
reits in der Bekenntnisschule sind, zu erklären: ,Mein Kind bleibt, wo 
es ist\" 

Wir bekennen uns zur Bekenntnisschule im Namen der 

deutschen Treue 

„Der Artikel 23 des Reichskonkordates sagt wörtlich: ,Die Beibehal- 
tung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen bleibt gewähr- 
leistet'." 

Wir bekennen uns zur Bekenntnisschule im Namen 
des natürlichen Elternrechtes 

„Daa erste unveräuiierliche Recht auf die Kinder und ihre Erziehimg 
steht bei den Eltern. Die erste Schule der Kinder ist und 
bleibt das Elternhaus. Eine andere Auffassung, Staatsrecht 
breche Elternrecht, wäre marxistischer Wahnsinn. 
Unsere öffentlichen Schulen sind Staatsschulen, in der ganzen Welt 
rühmlich bekannt. Zusammen mit den Eltern und dem Staat hat aber 
auch die Kirche ein Recht, die als geistige Mutter die Kinder 

126 



am Taufstein zu Gotteskindern wiedergeboren und damit die Pflicht 
übernommen hat, sie als Gotteskinder zu erziehen. 

Die Eltern haben ein Recht, zu verlangen, daß die im Elternhaus 
begonnene Erziehung im gleichen Geist in der Schule fort- 
gesetzt wird. Die Schule darf also nicht niederreißen, was das Eltern- 
haus bis zum sechsten Lebensjahr aufgebaut hat. Die Schule ist nicht 
bloß Unterricht und Anhäufung von Wissensstoff, die Schule ist zu- 
gleich Erziehung. Kein denkender Mensch wird leugnen, daß i n 
der christlichen Glaubenslehre und im Kirchenjahr 
von Weihnachten bis Allerseelen unschätzbare Erziehungswerte 
und ebenso in der christlichen Gnadenlehre, besonders in den 
heiligen Sakramenten, unschätzbare Erziehungskräfte enthalten 
sind. 

Wohl hat die Gemeinschaftsschule auch den bekenntnismäßigen E, e"l i- 
g i o n s u n t e r r i c h t. Wer bürgt aber dafür, daß in den übrigen Unter- 
richtsstunden die biblische Geschichte nicht als jüdisches Märchenbuch 
bezeichnet oder die Person unseres Herrn und Heilandes mißachtet wird, 
weil seine Wiege und sein Kreuz im Judenlande standen? 

Im Namen des natürlichen Elternrechtes .erhebe ich deshalb 
öffentlichen Einspruch dagegen, daß man den katho- 
lischenElternvereinigungenjede Versammlungpoli- 
zeilich verboten, daß man einen Brief der Seelsorger an 
die Eltern, der kein Flugblatt ist, beschlagnahmt und sogar 
-den Aufruf zu einer Betstunde unterdrückt hat." 

Wir bekennen uns zur Bekenntnisschule im Namen 

der Volksgemeinschaft 

„Gerade unter diesem Stichwort sucht man katholische Eltern für 
die Gemeinschaftsschule zu gewinnen mit den gleichen ab- 
genutzten Redensarten, mit denen der Liberalismus in 
den verflossenen Parlamenten für die Simultanschule Stimmung machte. 

Es ist eine Unwahrheit, wenn man sagt, die Bekenntnisschule 
wolle die Recht edes Staates kürzen oder gar eine K i r c h e n--- 
schule an die Stelle der Staatsschule setzen. Auch die Bekenntnis- 
schule will die Kinder, wie es Gottes Gebot ist, zur Ehrfucht vor der 
staatlichen Obrigkeit, zu Vaterlandsliebe und staatsbürgerlichem Gemein- 
sinn erziehen. Auch in der Bekenntnisschule sind die Lehrbücher staat- 
lich genehmigt, der Charakter der Staatsschule bleibt also durchaus 
gewahrt. Auch in der Bekenntnisschule werden den Kindern die Schön- 
' heiten ihrer Heimat und die großen Stunden und Gestalten der deutschen 
Geschichte in geschichtlicher Wahrheit vor Augen gestellt. Auch in der 
Bekenntnisschule sollen die Kinder zu aufrechten und voll- 
wertigen deutschen Menschen- erzogen werden. 

Es ist eine Unwahrheit, wenn man sagt, durch die Bekenntnis- 
schule würden die Kinder auf die Glaubensspaltung in unserem Volk 
hingewiesen und zum religiösen Unfrieden erzogen. Die Tat- 
sache der Glaubenszwei heit, die wir in christlicher Bruderliebe 
hinnehmen müssen, wird auch durch die Gemeinschaftsschule nicsmals 
aus der Welt geschafft. In den Simultanschulen werden die Kinder 
stärker auf diese Tatsache gestoßen als in den Bekenntnisschulen. Wenn 
man doch aufhören wollte, die Kinder schon in den jungen Jahren mit 
dem Zwiespalt der Bekenntnisse oder gar mit Parteilosungen zu be- 
fassen! Die gläubigen Kreise ■ der beiden alten Bekenntnisse leben in 
religiösem Frieden. Der Unfriede und die Spaltung der Volks- 
gemeinschaft kommen heute nicht von den (fJlaubensverschiedenheiten 
zwischen dem katholischen und protestantischen Bekenntnis. Die kom- 
men heute von dem Gegensatz zwischen Christentum 
undHcldentum. Dabei werden wir die Sorge nicht los, die Gemein- 

127 



Schafts schule solle den Weg zur Gemeinschafts k i r c h e frei machen. 
Mit den gleichen Gründen, mit denen bei uns die Gemeinschaftsschule 
gefordert wird, wird anderwärts im Namen der Volksgemeinscliaft die 
einheitliche Deutsche N a t i o n a llc i r c li e gefordert." 



Als der Verfasser nach dem Fronleichnamsfest 1936 zum Mün- 
chener Polizeipräsidenten Freiherrn v, Eberstein gerufen wurde, 
lag auf dessen Tisch ein Exemplar der Predigt, welche der Herr 
Kardinal am Dreifaltigkeitssonntag (7. Juni 1936) zum Abschluß 
der Männerprozession gehalten hatte: 

„Der Glaube ein dreifacher Segen." 

Nicht wenige Stellen waren da dick mit rotem und blauem 
Stift angestrichen, ein Zeichen, daß sie ,,v e r 1 e t z t" hatten. Die 
Wahrheit erregt ja immer leicht Anstoß. Plier waren es besonders 
die Worte: 

(S. 3 :) „W das Wort Gottes keinen Kredit mehr hat, 
da wird auch das Wort der Menschen im Werte sinken, 
da werden auch Treue und Glauben im Volksleben erschüttert werden. 
Wer seinen F i r m'u ngseid gebrochenhat, gibt mir keine 
Sicherheit dafür, daß er nicht eines Tages auch seinen 
Fahneneid bricht. Eid ist Eid. Eidestreue ist Eidestreue, ob es sich 
um den Firmungseid oder Fahneneid, um den Beamteneid oder Priester- 
eid handelt. So sage ich: Die Männer, die an Gottes Wort glauben und 
diesen Glauben ölfentlich zu bekennen den Mannesmut haben, sind ein 
Segen für ihr Volk, weil sie Treue und Glauben im Volke stützen durch 
ihren Glauben an Gottes Wort, weil sie selber auf dem Felsenboden der 
Wahrheit stehen und darum Unwahrheit und Zweizüngig- 
k e i t und das c h a r a k t e r 1 o s e ,b a 1 d Ja, b a 1 d N e i n' ablehnen." 

(S. 4:) „Man kann beobachten: In dem Maße, in dem der Glaube 
a b n i m m t, nimmt bei manchen Menschen der Aberglaube zu, und 
während das Wort Gottes nicht mehr glaubwürdig sein soll, hält man 
sich blind an alle Einfälle der menschlichen Phantasie. Solche Men- 
schen glauben an den Einfluß der Sterne, sehen Gespenster in allen 
Ecken, hören Waffen klirren von allen Seiten. 

Es ist ein Schlagwort gefallen: Jugend, werde nur von 
Jugend erzogen. Wie war es nur möglich, daß ein so ober- 
flächliches Wort i'uhig hingenommen wurde? Jugenderziehung ist 
Jugendführung, Jugendführung aber setzt, wie jede Führung, ein gei- 
stiges Überlegensein, eine Autorität voraus. U n r e i f e k a n n nur von 
Rolfe überwunden werden. Der Glaube mit seinen 
f e 1 s e n h a r t e n Grundsätzen panzert gegen die Dikta- 
tur der Schlagwörte r." 

(S. 5:) „Auf einen Gegenwartssegen des Glaubens für eure Seele muß 
ich noch hinweisen. Ich weiß, es liegt wie ein schwerer Druck auf eurer 
Seele die Erinnerung an die gewalttätige Art, wie bei der letzten 
Schuleinschreibung in München die Eltern sogar mit wirtschaft- 
lichen Drohungen von der Bekenntnisschule zur Gemeinschafts- 
schule gedrängt wurden. Zuweilen in einer Weise, daß man von einer 
Freiheit des Elternwillens nicht mehr sprechen konnte. Und jetzt kommt 
die amtliche Mitteilung: ,In den nächsten Monaten sollen 600 klö- 
sterliche Lehrerinnen und mit der Zeit alle klösterlichen Leh- 
rei'innen an den öll'entlichen bayerischen Schulen abgebaut wer- 
den. Lehrerinnen mit den besten Prüfungsnoten und Zeugnissen, die im 

128 



Dienste der Jugenderziehung nach den staatlichen Schulplänen ihr 
Bestes geleistet haben, sollen ihre wohlerworbenen Rechte gegenüber 
dem Staat und das Recht auf Ausübung ihres Berufes verlieren. Da 
fragt sich das Volk: ,SinddennwirKatholikenrechtlosund 
vogelfrei? Und soll der Wille der Eltern für die Erziehung der Kin- 
der nichts mehr' gelten'?" 

Zu diesem Druck von aiißen kommt nun ein schwerer Druck von 
innen, die Meldungen von sittlichen Verfehlungen von Or- 
densbrüdern, die in der Presse und noch mehr im Volksmund zu 
einer Hetze gegen alle Ordenspersonen und gegen alle Katho- 
liken ausgeschlachtet werden. Niemandvonunswillin Schutz 
nehmen, was schlecht ist. Niemand kann diese zum Himmel 
schreienden Frevel am sittlichen Gesetz schärfer verurteilen als die 
Kirche selber. Glaubt mir, das kirchliche Gericht wird n\it aller Strenge 
diese unfaßlichen, ekelhaften Greuel an heiliger Stätte untersuchen und 
nach kirchlichem Strafrecht dagegen einschreiten. 

Die Aufpeitscher der öffentlichen Meinung aber seien 
an das Evangelium erinnert, wo Christus auch .einmal als Richter in 
einer Freveltat gegen das 6. Gebot angerufen wurde. Er aber schaute 
den Anklägern, den Pharisäern, in die Seele und sprach: „Ihr wollt diese 
Ehebrecherin steinigen? Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den 
ersten Stein auf sie!" Im einfachen Volk fragt man, ob denn in an- 
deren Schichten unseres Volkes lauter sittliche 
Musterknaben seien. Für den jetzigen Fall, der auf kirchlichem 
Boden spielt und ein furchtbares Ärgernis im Volke, besonders in der 
Jugend anrichtet, gilt das strenge Wort des Herrn; „Wehe dem Men- 
schen, durch den Ärgernis kommt!" 



Steinwürfe gegen den Päpstlichen Thron abzuwehren 

war der Zweck der Kardinalspredigt in Müpchen-St. Michael am 
9. Februar 1936. Es regnete ja damals im nationalsozialistischen 
Deutschland Steine gegen Papsttum und Papst. Da erhob Kardinal 
Faulhaber als treuer Gefolgsmann Christi und Petri den Schild der 
Wahrheit und sprach: 

„Seit dem letzten Papstsonntag hat der Kampf gegen Rorq, 
gegen das Papsttum im allgemeinen und gegen die Päpste der letzten 
Zeit im besonderen Formen angenommen und Töne angeschlagen, zu 
denen wir nicht schweigen können. Das Ausland soll nicht sagen, in 
Deutschland dürfe das Oberhaupt der Kirche in Zeitungen und Zeit- 
schriften und ganzen Büchern, auch in Jugendzeitungen beschimpft wer- 
den, ohne daß die Katholiken sich dagegen wehren. Die Ehren- 
rettung des Papstes wird alsozugleich eine Ehren- 
rettungunseresVolkes. 

Erster Einwurf und Steinwurf gegen Rom: 
,Die Päpste seien deutschfeindlich' 

Die Päpste, sagt man, hätten seit Jahrhunderten, ja seit Bonifa tius, 
eine deutschfeindliche Stellung eingenommen. In den Schulungslagern 
und bei jeder Gelegenheit wird das der Jugend voi-geredet. Dieses Vor- 
urteil führt die Freidenker und Kommunisten der alten Zeit mit den 
Romhassern der neuen Zeit unter einem neuen Namen zu einem sehr 
gemischten Chor zusammen. 

Hat man denn vergessen, daß in den Jahren der Hungers- 
not, als die Sperre über Deutschland verhängt war, Papst Benedikt XV. 
1919 einen Aufruf an die Kulturvölker erließ, .,dem in äußerste Nc-t 

Kreuz und Hakenkreuz 9 Bd. II ton 



geratenen deutschen Volk eilige Hilfe zu leisten'. Der päpstliche Aufruf 
war besonders nach Nordamerika gerichtet und ist dort auf guten 
Boden gefallen. Der gleiche Papst hat durch die Hand der deutschen 
Bischöfe viele Hunderttausende von Lire den deutschen 
Kindern, den deutschen Studenten und anderen Not- 
Le i d e n d e n z u k o m ni e n 1 a s s e n. 

Hat man denn vergessen, daß der jetzige Papst Pius XI. (Januar 
1923) in der Zeit der Ruhrbesetzung einen besonderen Legaten 
abordnete, der in seinem Auftrag für die ausgewiesenen oder gefangenen 
oder verurteilten Deutschen im besetzten Gebiet eine Reihe von Milde- 
rungen erwirkte? 

Am 9. Februar 1926, also auf den Tag genau heute vor zehn Jahren, 
hat Reichspräsident von Hindenb u r g dem Staatssekretär 
des Hl. Vaters brieflich- gedankt ,für die unermüdliche und 
wirksame Sorge zugunsten der deutschen Militär- 
und Zi vilkr i eg sgef angen en und besonders für die unablässi- 
gen Bemühungen, um in den Grenzen des Möglichen die Leiden der 
Kriegsgefangenen und das große Elend zu lindern, das sich nach dem 
Krieg in Deutschland einstellte'. In diesem Dankbrief versicherte Reichs- 
präsident von Hindenburg, ,diese caritative l'ätigkeit werde 
im Gedächtnis des deutschen Volkes unaufhörlich 
weiterlebe n'. - Leider hat ,die deutschfreundliche Caritas 
des Papstes Benedikt XV. im Gedächtnis des deutschen Volkes 
nicht lange weitergelebt. Sonst könnte man nach zehn Jahren 
nicht von deutschfeindlichenPäpsten sprechen. 

Wer hat die Stirn, dem jetzigen Hl. Vater Pius XI. eine deutsch- 
feindliche Gesinnung vorzuwerfen? Er hat Deutschland wiederholt be- 
sucht, er spricht und schreibt wie selten ein Ausländer unsere Mutter- 
sprache, er hat deutsche Klassilcer gelesen wie nicht viele Deutsche, er 
hat in Mailand freie Sonntage geopfert und die Seelsorge für die dortige 
Kolonie der Deutschen übernommen, er ist als Präfekt der berühmten 
Bibliothek Ambrosiana in Mailand mit vielen deutschen Gelehrten, 
Katholiken und Nichtkatholilcen, in persönliche Beziehung getreten, und 
viele haben ihm ein dankbares Andenken bewahrt. 

Ein zweiter Einwurf und Steinwurf gegen Rom: 

,Der Papst habe gegen denVersailler Gewaltfrieden 
nicht Einspruch erhoben' 

,Hier müssen wir im voraus alle Redner und Zeitungen dringend 
ersuchen, mit deutscher Ehrlichkeit und Gründlichkeit päpstliche 
Worte nur im genauen Wortlaut und unter Angabe der Quelle 
anzuführen. Eine part^iamtliclie Zeitung (Das Schwarze Korps, 24. Juli 
1935) beruft sich auf einen Brief, den Papst -Benedikt XV. (die Zeitung 
schreibt Benedikt X.) an Kardinal Amette in Paris gerichtet hat, und 
gibt dafür sogar die Quelle an, offenbar von einem Hof theologen be- 
raten. Es handelt sich um den Brief,, der mit dem Datum 7. Okt.' 1919, 
also dreieinhalb Monate nach Abschluß des Versailler Gewaltfriedens, 
zur Einweihung der Herz-Jesu-Kirche auf dem Montmartre in Paris 
geschrieben wurde, und folgende Stelle, enthielt: ,Möge unser Herr ... 
von diesem erhabenen Throne..aus, den Ihr zur Ehre seiner Liebe erbaut - 
habt, nicht bloß Frankreich, sondern das ganze Menschengeschlecht er- 
fassen und erwärmen, so daß, was auf der Versailler Konferenz neulich 
menschliche Klugheit begonnen hat, auf dem Montmartre die göttliche 
Liebe veredeln und vollenden möge!' Die Feinde des Papsttums erblicken 
in dieser Stelle eine Anerkennung des Versailler Vertrages. In 
. Wirklichkeit ist es eine Verurteilung dieses Gewaltfrie- 
dens. Es ist nicht gleich, ob der päpstliche Brief sagt: ,Von Frank- 
reich aus möge sich Gottes Gnade über , die ganze Welt ergießen', wie 
die deutsche Ze^itung ungenau übersetzt, oder ob es heißt: ,Von die- 

130 



sem erhabenen Thron aus (der Herz- Jesu-Kirche) möge unser 
Herr nicht bloß Frankreich, sondern das ganze Menschengeschlecht er- 
fassen und erwärmen^' Der HL Vater stellt die ,m e n s c h 1 i c h e K 1 u g- 
heit'.der Diplomaten und ,die göttliche Liebe', die auf dem 
Montmartre politikfern gefeiert wurde, einander gegenüber: ,Was 
auf der Versailler Konferenz menschliche itlugheit begonnen, möge auf 
dem ,Montmartre die göttlichie Liebe veredeln und vollenden'. In den 
Augen des Papstes war also der Versailler Vertrag etwas Unedles, das 
jVeredelt' werden, etwas Unvollendetes, das ,vollendet' werden muß, 
etwas, was einer Ergänzung und Verbesserung bedarf, etwas, worüber 
noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. In der diplomatischen Sprache, 
die in Frankreich auch verstanden wurde, ist damit eine Überprü- 
fung und Ergänzung des Versailler Vertrages gefor- 
dert. 

Heute vor acht Tagen hat der Münchener Stadtschuldirektor 
am Reichssender München, also vor der weitesten Öffentlichkeit und vor 
dem Ausland, das Versailler Diktat mit dem Reichskon- 
kordat in Vergleich gesetzt: So wie durch die Unterzeichnung des 
Versailler Vertrages, sagte er, die deutschen Vertreter sich nicht grund- 
sätzlich zu den darin enthaltenen Forderungen bekannt hätten, so hätte 
auch der nationalsozialistische Staat durch Art. 23 des Reichskonkordates 
(,D'ie Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen 
bleibt gewährleistet') sich nicht grundsätzlich zur Bekenntnisschule 
bekannt. Das Entsetzen schüttelt uns, wenn der Versailler 
Gewältfriede mit dem Reichskonkordat in Verbindung gebracht, wenn für 
diese beiden Verträge das gleiche sittliche Recht behauptet und der 
Heilige Vater als Partner des Reichskonkordates mit 
demPartner des VersaillerGewaltfri edenszusammen- 
gestellt wird. Was für einen furchtbaren' Eindruck wird diese 
Schmähung gegen den Papst und dieses Abrücken von der sittlichen 
Verpflichtung des Konkordates im Ausland machen, und was werden 
die verantwortlichen Stellen zu dieser unverantwortlichen Kundgebung 
am Reichssender sagen?' ' 

Ein dritter Einwurf und Steinwurf gegen Rom: 
,DiePäpsteseien überhaupt nicht gegeA den Krieg, 

wenn sie dadurch ihre Herrschaft und Macht in der Welt ausdehnen 
könnten. Päpste trügen eine Schuld oder wenigstens eineMitschuld 
am 70er -Krieg, am Weltkrieg und jetzt am abessinischen 
Krieg.' ' 

Mir will das Wort im Halse stecken bleiben, wenn ich diese himmel- 
schreienden Lügen und Verleumdungen gegen die Stellvertreter des 
Friedensfürsten an dieser Stätte wiederhole. Sie werden aber so laut 
und aufdringlich in tmser Volk hineingeschrien, daß wir in Kürze dazu 
Stellung nehmen müssen. 

^ Der Hl. Vater muß im Streit der Staaten die überstaatliche, 
u n p arteiische Höhenlinie einhalten. Er ist das Oberhaupt 
der Weltkirche, der Vater der großen Gottesfamilie vom Aufgang der 
Sonne bis zum Niedergang. Wo immer Völker in blutigem Kampf 
einander gegenüberstehen, befindet sich der Papst in der Lage eines 
Familienvaters, dessen Söhne in Streit geraten sind. Sagt der Familien- 
vater dem einen Sohn, dem Max, ein gutes Wort, meint der andere Sohn, 
der Moritz, ,der Vater habe für seinen Bruder Partei genommen. Und 
sagt er dem Moritz ein gutes Wort, glaubt der Max, der Vater habe für 
seinen Bruder Partei genommen. Wir haben es während des Krieges 
und nach dem Kriege erlebt, daß die gleiche päpstliche Kund- 
g e b uoi g von den Deut sie hen alsfranzosenfreundlich, von 
den Franzosen als deutschfreundlich gekennzeichnet 

131 



wurde. Schon deshalb muß der Hl. Vater die unparteiische Höhenlinie 
einhalten, um zur rechten Stunde die streitenden Völker auf den Weg 
des Friedens leiten zu Icönnen. 

Es ist eine Unwahrheit zu sagen, der P a p st sei am 70er Krieg 
mitschuldig gewesen. Es ist geschichtliche Tatsache: Papst 
P i u s IX. hat vor dem Ausbruch des 70er Krieges an König Wilhelm 
von Preußen und an Kaiser Napoleon einen Brief geschrieben, um in 
letzter Stunde einen friedlichen Ausgleich zu versuchen. 

Es ist eine himmelschreiende Verleumdung zu sagen, der Papst 
sei am Weltkrieg mitschuldig'gewesen. Papst P i u s X. ist 
im ersten Monat des Weltkrieges. August 1914, gestorben, niedergebeugt 
von dem schweren Kummer, weil es nicht möglich war, den mörderi- 
schen Kampf zwischen Millionen zu verhüten. 

Sein Nachfolger, Papst Benedikt XV., hat bereits am 28. Juli 1915 
einen Friedensgrußan die streitenden Völker gerich- 
t e t'. Ströme von Menschenblut wären erspart geblieben, und statt des 
späteren Gewaltfriedens mit seinen furchtbaren Folgen wäre auf der 
Grundlage der Gleichberechtigung ein wirklicher und gerechter Friede 
gekommen, hätten die Völker auf diesen und die späteren Friedensrufe 
des Papstes gehört (1. August 1917) und wenigstens nach dem Friedens- 
schluß, der nur eine Fortsetzung des Krieges war, nach dem Wort des 
Papstes zuerst den Haß abgerüstet (28. Juni 1919; 23. Mai 1920). 

In den vorausgehenden 14 Jahren seines gottgesegneten Pontiflkates 
hatte der Hl. Vater Pius XI. immer wieder seine Stimme für den Frie- 
den der Völker erhoben, getreu seinem Wahlspruche: ,Der Friede 
Christi im Reiche Christi'. Es ist nicht möglich, im Rahmen 
einer Predigt all die Kundgebungen von Pius XI. für den Frieden auf- 
zuzählen. In der • Weihnachtsansprache 1934 wandte sich der Hl. Vater 
gegen dfen Grundsatz: ,Wenn du den Frieden willst, 
rüste den Krieg!' Als am internationalen Himmel die dunklen 
Wolken der politischen Spannung immer dichter heraufzogen, richtete 
er einen Aufruf nach dem anderen an die Völker . . , Am 27. August 1935 
erklärte er bei einem Kongreßempfang in Castel Gandolfo: ,Wir wün- 
schen den Frieden. Wir beten zum lieben Gott, daß wir vom Krieg ver- 
schont bleiben . . . Wir bitten Gott, daß er das Bemühen segnen möge', 
in aufrichtiger Absicht einen Krieg fernzuhalten (Oss. Rom. 29.8.35). 
Am 4. September 35 kam er bei einem Empfang der Frontkämpfer in 
St. Paul in Rom wieder auf die Frage des Friedens zu sprechen: Die 
ganze Welt sehne sich nach Frieden in Erinnerung an den Weltkrieg, 
Er wünsche, daß der Friede als ,Friede der Gerechtigkeit, der Wahrheit, 
der Liebe' erhalten bleibe (Oss. Rom. 8. 9. 35). Die meisten Bemühungen 
des Papstes sind im einzelnen nicht bekannt. Es ist nicht die Art der 
Päpste, alles, was sie tun, an die große Glocke zu hängen , . . 

Nun haben wir -auch die Antwort auf die Frage, die manche Geister 
in Unruhe versetzt: .Warum hat sich der Hl. Vater nicht der Friedens- 
kundgebung des Erzbischofs von Canterbury gegen den abessinischen 
Krieg angeschlossen?' Antwort: ,Weil der Hl. Vater schon vorher seine 
Kundgebungen für den Frieden erlassen hatte. Man hätte also eher er- 
wartet, daß sich die anglikanischen Bischöfe den früheren Kundgebun- 
gen des Papstes anschließen würden.' 

Weitere Einwürfe u n d Steinwürfe gegen Rom: 

. . . ,Ich rede heute nicht von' den Fälschungen der Papstgeschichte. 
Ich kann aber hier in München nicht dazu schweigen, daß die NS- 
Kulturgemeinde München gegen Ende des Jahres 1935 in süd- 
bayerischen Orten, im November auch in Freising, eine Kunstaus- 
stellung veranstaltete, die neben vielen kunstgeschichtlich und volks- 
erzieherisch wertvollen Nachbildungen aus dem 16. und 19. Jahrhundert 
rpehrere Spottbilder über das Papsttum zeigte, so ein 

132 



Spottbild über den Ablaßhandel mit der Unterschrift, ^Um Geld ist dem 
Papst alles feil', ein anderes Spottbild, auf dem der Papst Geld zusam- 
menrafft und durch seine ,Knechte' das Volk wie Schafe scheren läßt . . . 

Es bedeutet für den deutschen Namen keine Ehre, wenn gerade jetzt 
diese Spottbilder ,die unersättliche Geldgier' früherer Päpste vor Augen 
stellen, nachdem die letzten Päpste für die Hungersnot der deutschen 
Kinder und Studenten, für Sanatorien und Anstalten viele Hundert- 
tausende von Lire gespendet haben. Am 8. April 1921 wurden für Kinder- 
not in Bayern vom Papste 500 000 Lire gespendet, im gleichen Jahr für 
deutsche Studenten 100 000 Mark, 1922 200 000 Lire Kurbeihilfe für kranke 
Studenten. Am 11. Februar 1922 durch die Hand der bayerischen Bischöfe 
200 000 Lire (im Gegenwert 2,5 Millionen Mark), im gleichen. Jahre 
600 000 Lire für deutsche Not im allgemeinen. Und jetzt soll diese groß- 
zügige Nothilfe der letzten Päpste durch Spottbilder über ,unersättliche 
Geldgier' früherer Päpste öffentlich bedankt werden? ... 

Die persönlich gehässigste Unwahrheit gegen den Hl. Vater PiusXI. 
wurde zum ersten Tag dieses Jahres dem deutschen Volk von einer 
deutschen Zeitung (Deutsche Volksschöpfung, Düsseldorf 1. 1. 36) vor- 
gesetzt: Der Papst sei Halbjude, seine Mutter sei eine hollän- 
dische Jüdin gewesen. Ich sehe, meine Zuhörer fahren vor Entsetzen 
zurück. Diese Lüge ist besonders geeignet, in Deutschland das An- 
sehen des Papstes dem Gespött preiszugeben. Diese Lüge war schon 
früher durch ausländische und inländische Zeitungen gewandert (vgl. 
Katholik 5. 1. 1936), und nun durfte zum neuen Jahr der Haß gegen Rom 
nochmals einen der größten Päpste aller Zeiten samt seiner Mutter dem 
Spott der Gasse überliefern. Im Taufbuch von Desio, der Heimat 
Pius' XI., ist neben dem Namen seines Vaters der Name seiner Mutter 
eingetragen. Theresia, geborene Galli aus Saronno. Die Heimat seiner 
Mutter lag also 4 Stunden nordwestlich von Mailand (M. Bierbaum, 
Pius XI., S. 67). . 

Durften wir am Papstsonntag diesen Lügenfeldzug gegen das 
Papsttum abwehren? Wir durften nicht bloß, wir mußten es tun 
aus Liebe zur Wahrheit, aus Liebe zum Oberhaupt unserer Kirche, auch 
aus Liebe zu unserem Volk, das in der Welt und vor der Geschichte als 
ein Volk der Wahrhaftigkeit dastehen soll. De^* Tiefpunkt religiöser Un- 
freiheit aber wäre es, wenn es nicht mehr erlaub't wäre, am Papstsonn- 
tag die Schmähungen auf das Papsttum zurückzuweisen, die das ganze 
^ahr ungehindert verbreitet werden dürfen. ' Die Lüge ist nicht bloß 
"durch das 8. Gebot Gottes verboten, sie ist auch durch das Gesetz der 
inneren Sauberkeit und durch das Gesetz des öffentli- 
chen Anstandes verboten. Die kirchenfeindlichen Lügen in den 
Jugendzeitschriften zerstören die Ehrfurcht der Jugend. Wehe 
dem Volk, dessen Jugend keine Ehrfurcht mehr hat! Darüber soll man 
sich nicht täuschen: Die Jugend, die heute die Ehrfurcht vor der kirch- 
lichen Obrigkeit verloren hat, wird übermorgen auch die Ehrfurcht vor 
der staatlichen Obrigkeit, verlieren. Von den Katholiken aber verlangt 
das katholische Ehrgefühl, daß sie entgegen diesen Unwahrheiten Zeug- 
nis geben und keine Zeitungen halten oder lesen, in denen 
derartige Unwahrheiten über Papsttum und Papst verbreitet werden." 



Auch in seinem Fastenhirtenbrief 193 6, der in Rück- 
sicht auf sein 25 jähriges Bischofs Jubiläum vom 

Lehramt und Priesteramt und Hirtenamt 

der katholischen Bischöfe handelt, spielt Kardinal Faulhaber des 
öfteren auf die Zeitverhältnisse, auf nationalsozialistische Schmäh- 
und Wühlarbeit an, z. B.: 

(S. 17.) „Höret auf die Stimme eurer Bischöfe! Höret 
nicht auf die Christus- und Kirchenhasser, die im Ton 

133 



der Unfehlbarkeit auch in religiösen Fragen alles besser wissen wollen 
als eure Bischöfe, obwohl sie niemals Glaubenswissenchaft studiert 
haben, ja nicht einmal den Katechismus der Schulliinder kennen. Ein 
• Hunger nach dem Worte Gottes ist über unser Volk gekommen. Ein 
Aufhorchen, wenn ein Hirtenbrief des Bischofs vorgelesen wird." 

(S, 20.) „Der Bischof hat eine heilige Sendung in allem, was religiös- 
sittlich bedeutsam 'st, oder, wie es in der Hl. Schrift heißt, ,in dem, was 
s^ch auf Gott bezieht', auf die Ehre Gottes und die Ehrfurcht vor dem 
Göttlichen, auf die Offenbarung Gottes und die Haltung seiner Gebote, 
auf das Reich Gottes und die Rechte seiner Kirche, auf die Gestaltung 
des Gottesdienstes und die Bildung der Gewissen. Für diese Aufgaben 
soll er sich opfern, frei und ungeteilt, nicht gebunden, nicht geteilt 
durch Rücksichten auf Familie und Verwandtschaft. Der Bischof hat 
keine Sendung in rein weltlichen oder rein staatsrechtlichen Frageh. 
Man kann also nicht von ihm verlangen, daß er in seinem Hause eine 
Armenpflege oder Stellenvermittlung oder Darlehenskasse einrichte. 

Wenn nun ein Bischof von seinem guten Recht Gebrauch macht, in 
dem, was sich auf Gott und das religiöse Leben bezieht, Anordnungen 
zu treffen, wenn er die Reinheit des Glaubens gegen Unglauben tmd 
Irrlehre verteidigt, wenn er pflichtmäßig die Lehren und Grundsätze 
der Kirche verkündigt, wenn er für die, sittliche Ordnung sich einsetzt, 
wenn er die katholischen Grundsätze für Schule und Erziehung darlegt, 
dann ist das nicht politisches Machtstreben, nicht 
Herrschsucht, sondern Dienstam Volk und Ausübung 
eines gutenRechtes » .■." 



Das Jubiläumsgeschenk von Erzbischof Dr. M. Faulhaber api 
25. Jahrestag seiner Bischofsweihe (19. Februar 1936) ^n seine 
Diözesanpriester war eine Predigt über das Thema: 

„DerBischofund sein Kler u^s". 

Gewaltiges Aufsehen machten daraus die Sätze des vierten 
Hauptpunktes, die Klage führten 'gegen die niedrigen Fälschungen 
und Schmähungen in „Roseribergs Mythus": 

„Die Verbundenheit zwischen Bischof und Klerus ist in der Wur- 
zel eine Seelen gern eins chaft, im Stamm eine Gebets- und 
Arbeitsgemeinschaft, in der Krone eine Leidensgemein- 
schaft. So ist es in allen Zeiten gewesen, so wird es zu allen Zeiten 
bleiben: Wo gegen die ewigen Wahrheiten der Offenbarung der Kampf 
geführt wird, wird sich der Ansturm auch gegen die Prediger dieser 
"Wahrheiten wenden. Wo es erlaubt ist, die Person Christi zu lästern, 
•das Opfer des Neuen Bundes mit dem Mithraskult in Verbindung zu 
bringen,, die heiligen Sakramente als ma'gische Zauberformeln zu miß- 
achten, die Kirche als deutschfeindlich hinzustellen, da wird der Haß 
von selber auch gegen den Verkünder und Ausspender dieser Geheim- 
nisse sich richten. Der Hl. Vater sagt in seinem Weltrundschreiben: 
,Am verbissensten hassen jene das katholische Priestertum, die Gott 
hassen.' Wenn irgend etwas fehlgeht oder eine Ablen- 
kungnötigwird, müssen wlralsSündenbockherhalten. 
Der Verfasser fles Mythus hat dem Erzbischof von München seine Hoch- 
achtung abgesprochen. Der Erzbischof von München müßte sich in den 
Boden schämen, wenn ihm von dieser Seite die Hochachtung zugespro- 
chen würde. (Die ganze Zuhörerschaft gab da unwillkürlich laut Beifall.) 

Schmach und Schande dem Priester, der als Überläufer im Sold der 
Kirchenfeinde steht und von Kirchenfeinden sich loben läßt! Am Ende 
gar in Zeitungen oder Versammlungen, wo gleichzeitig Papst und BIt 
schöfe und die ehemaligen Mitbrüder dieses Geistlichen geschmäht wer- 

■ 134 , 



den! Wir verzichten auf das Lob der Christus- und 
Kirchenhasser!" 



„Leidenskraft und Tatkraft in der cKristlichen Lebensanschauung. 

Das Thema der Allerseelenpredigt Kardinal Faul- 
habers am 8. Novemher 1936 war eine Abwehr der Vor- 
würfe, welche die Anhänger dei: nationalsozialistischen Welt- 
anschauung gegen „die passiven Tugenden (ies 
Christentum s", gegen Geduld und Leidensergebung, Sanftmut 
und Demut, gegen das „Selig sind die Armen im Geiste, Selig sind 
die Trauernden, Selig sind, die Verfolgung leiden um der Gerechtig- 
keit willen." Der Bischof von München, der das Schwert des Geistes, 
das ist das Wort Gottes (Eph. 6,17), so gut zu handhaben weiß, ant- 
wortete darauf: 

„Das Dogma von der leidenden Kirche ist unserer I^eit ' ein 
hartes Wort. Die germanische Lebens anschauung will ein 
.tatenfrohes, ein männliches, ein heldisches Geschlecht er- 
ziehen, und Predigten vom Leiden nicht hören. Sie will Kämpfer, 
nicht Kreuzträger;. Helden, nicht Märtyrer. Man ging so 
weit, die Frage überspitzend, das Passionsspiel von Ober- 
amme r g a u, das Spiel vom Leiden und Sterben des Herrn, als das 
Mysterium der christlichen Lebensanschauung in Gegensatz zu 
stellen zu den olympischen Spielen in Berlin, den Schau- 
spielen sportlicher Kraft, dem .Mysterium, germanischer Lebensauffas- 
sung' . . . Man spottet heute wieder über das vGebet: ,Zu dir rufen wir 
weinend in diesem Tale der Tränen'. Man redet der Jugend vor: ,Bei 
uns gibt 'es keine Sünde.' Aber, wenn wir sagen, wir haben 
keine Sünde, betrügen wir uns, selbst.' (1 Joh. 1,8.) Wir würden damit 
sagen, auch die giftige Saat 'der Sünde, das Leiden und Sterben, habe 
aufgehört, und aus allen Winkeln der :^rde und allen Wohnungen der 
Menschen würde es widerklingen: ,Ihr betrügt euch selbst.' Die Ju- 
gend, gesund und taten<^urstig, lausch tder neuen Bo, tschaft 
vom Tat menschen im Gegensatz zum Leidens menschen. Sie weiß 
noch nichts oder nur wenig von deni Heer von Krankheiten und seelischen 
Leiden, die den Menschen überiallen, von den bitteren Erlebnissen, die 
wie Stacheln sich ins Herz bohren, noch wenig von wirtschaftlichen 
Sorgen und Leiden aller Art. 

Das Christentum predigt aber nicht bloß die nüchterne Tat- 
sache vom Erdenleid, es erschließt auch heilige Quellen 
der Leidenskraft. Man kann die leidgeprüften Menschen in drei 
Klassen einteilen:- Die einen knirschen und fluchen unter dem Kreuz 
und sprechen: ,Ich muß leiden!' Die anderen fassen es mit, christlicher 
Gesinnung und sprechen: ,In Gottes Namen, ich soll leiden!' Die 
Heiligen aber, die großen und seltenen Menschen, sprechen: ,Ich darf 
leiden!' Wer Augen hat zu sehen, kann nicht leugnen, die Religion 
hat Quellen der Leidenskraft aufgeschlossen ... 

Übrigens lautet' die Frage gar nicht so schroff auf ,Entweder — Oder. 
Entweder Tatmensch und Kämpfer oder Leidensmensch und Dulder. 
Entweder Hammer oder Amboß.' Auch das geduldige Ertragen 
von Leiden ist eine Tatlei-s tung, ein stilles, aber echtes 
Heldentum. Es kann sogar in einem tapferen Erdulden und Sterben 
mehr Kraft und M u t liegen als in einer frischfröh- 
lich e n T a t. Es kann an der Palme des Märtyrers mehr Heldentum 
leuchten als am Lorbeer des Feldherrn ... In der christlichen Welt- 
anschauuung schließen sich also Tatkraft und Leidenskraft nicht aus 

135 



wie zwei Gegensätze, sie sind vielmehr wie zwei Palmen ineinander 
verschlungen. 

. Das lebendige Vorbild und Gesetz für diese Verbin- 
dung ist Christus selber. ,Ich muß die Werke dessen tun, der 
mich gesandt hat, solange es Tag ist. Es kommt die Nacht, in der nie- 
mand mehr wirlven kann.' .Christus hat durch das größte 
Leid die größte Tat vollbracht, das Reich Gottes aufgerichtet, 
in dem die Sonne nicht mehr untergeht. Er hat durch die größte Nieder- 
lage den größten Sieg errungen, der größte Wundertäter und 
größte Leidens mann in einer Person. Es wäre eine Fäl- 
schung des Christusbildes des Evangeliums, wollte man den Heiland als 
einen Kämpfer darstellen. Wohl ist er gekommen, ,das Schwert zu 
bringen', weil, wie der Zusammenhang deutlich erkennen läßt, der Gegen- 
satz für Christus und wider Christus sogar die Familien trennen wird. 
Wohl hat er auch den Strick genommen, um das Haus seines Vaters von 
Schändern zu reinigen; im Gesamtbild der Evangelien aber war Jesus 
nicht Kämpfer, sondern Heiland und Erlöser, dessen An- 
gesicht zeitlebens auf das Kreuz gerichtet war." 



Abwehr der inneren Christusfeinde 
in Deutschland 

war das Ziel der Silvester predigt Kardinal Faulhabers am 
31. Dezember 1936. 

Die Anlässe hiefür sind in der Einleitung mit folgenden Worten 
gegeben: 

„ ... Es hat eine Propaganda eingesetzt, die mit allen Mitteln,' 
auch mit wirtschaftlichem Druck, das öffentliche Leben unseres Volkes 
entchristlichen und möglichst viele zum Austritt aus 
der Kirche drängen will. Die Propaganda wendet sich besonders 
an Beamte und leitende Stellen der Bewegung und solche Berufe, die 
wirtschaftlich abhängig sind. Es ist die Stunde gekommen, die Christus 
angekündigt hat: ,Satan hat verlangt, euch zu sieben, wie man den Wei- 
zen siebt' (Lk. 22,31). Die Zahl der aus der Kirche Ausgetre- 
tenen ist, wenigstens beim katholischen Volksteil, nicht so groß, wie 
es mit fanatischer Übertreibung angegeben wird. Immex'hin bedeuten 
auch kleine Zahlen eine große Sorge. Wir haben schon einmal eine 
solche Abfallbewegung erlebt vor 16 und 17 Jahren, als die Marxisten 
in München eigene Büros einrichteten, um die Abmeldungen aus der 
Kirche zu erleichtern mit der Begründung: ,Dann bi;auchst du keine 
Kirchensteuer mehr zu zahlen.' Heute kann man zur Begründung 
hören: Das Christentum sei wegen seiner He'rkunft aus 
demMorgenl an d, wegen seiner biblischen Unterlagen, 
wegen seiner römischen Oberleitung mit der neuen 
Weltanschauung nicht vereinbar. Auch dort, wo es nicht 
zum förmlichen Austritt aus der Kirche kommt, ist doch in weiten Krei- 
:;en eine Entfremdung, teilweise sogar eine Gegnerschaft, vereinzelt ein 
satanischer Haß gegenüber der Kirche zu beobachten." 

„Deutschsein und Christlichbleiben 

ist kein Widerspruch. Die Christusreligion ist seit, mehr als 
einem Jahrtausend mit dem deutschen Volk verbunden und soll auch 
für die Zukunft mit dem deutschen Volke verbunden bleiben . . . 

Entchristlichung unseres Volkes wäre Entartung, Christ- 
werdung war keine Artzerstörung, Entchristlichung aber wäre Ent- 
artung. Nicht bloß die Kultur des deutschen Volkes würde ins Mark ge- 
troffen. Bei der solidarischen Gemeinschaft des deutschen Volkes mit 

136 



dem ganzen Abendland würde der Abfall unseres Volkes vom Christen- 
tum unheilvoll auf das ganze Abendland zurückwirken. Entchrist- 
lichung wäre Entseelung des deutschen Volkes. 

Ein großes Volk kann eine tauser^djährige Tradition 
nicht einfach verleugnen und das Erbgut einer so langen Vergangenheit 
nicht einfach verschleudern. Wenn es eine Sünde wider das Blut gibt, 
gibt es auch eine Sünde wider die Geschichte eines Vol- 
kes. Abfall vom Christentum wäre eine Sünde wider die Geschichte 
des deutschen Volkes. 

Unzertrennlich ist mit Christus das Kreuz verbunden, das Feld- 
zeichen und Wahrzeichen der christlichen Religion. Hierzuland hat das 
Kreuz seinen Ehrenplatz im Herrgottswinkel der Familienwohnungen, 
in den Schulen und auf den Denkmälern der gefallenen Soldaten. Soll 
mit der Entchristiichung und Entkirchlichung des öffentlichen Lebens auch 
das Kreuz, das Wahrzeichen des Christentums, verschwinden? Die 
Zeitung der Deutschen Glaubensbewegung (Durchbruch Folge 31) hat das 
furchtbare Wort geschrieben: ,Das Kreuzmuß fallen, wenn Deutsch- 
land leben will', und in einer späteren Folge (Folge 34): ,Nehmt Ab- 
schied, Deutsche, von dem Christusbild.' Wenn Deutschland 
leben will, muß der sittliche Aufstieg mit dem völkischen Aufstieg 
Gleichschritt halten, und das Kreuz ist die Standarte sittlicher Kraft. 
Noch steht das Kreuz auf deutscher Erde, noch ist es in dep Schulen, 
und die ersten Versuche, die Frevlerhand an das Banner des 
Christentums legten, wurden zurückgewiesen. Wir Deutsche neh- 
men nicht Abschied vom Christusbild. Herr, bleib bei uns,' 
es will Abend werden." 



. Den Irrtümern und Fehlern der nationalsozialisti- 
schen Jugenderziehung rückt Kardinal Faulhaber zu Leibe 
in seinem Fastenhirtenbrief 1937: 

„Elternrechte und Elternpflichten.*' 

Hauptleitsätze sind dabei: 

„Die Erziehung des Kindes, sagt das Weltrundschreiben des Hl. 
Vaters, ist nicht die Arbeit eines einzelnen, sondern Gemein- 
schaftsarbeit zwischen drei Erziehungsfaktoren, die 
voneinander verschieden und doch wieder von Gott harmonisch mitein- 
ander verbunden sind, zwei Gemeinschaften der • natürlichen Ordnung, 
Familie Und Staat, während der dritte Erzieher, die Kirche, 
der übernatürlichen Ordnung angehört. 

Das erste und heiligste Recht auf die Erziehung der Kinder steht 
nach der natürlichen und göttlichen Ordnung bei den Eltern der 
Kinder. Es wäre eine Umkehr der naturrechtlichen Ord- 
nung, wenn unter denen, die in der Frage der Erziehung ein bestim- 
mendes Wort mitzureden haben, die Eltern nicht an erster 
Stelle genannt würden, wie das auch in amtlichen Erlassen ge- 
schah . . . Der gesunde Menschenverstand entsetzt sich über die wahn- 
sinnige Familienmoral des Kommunismus, der die Kinder 
aus der Familie herausnehmen und in Kinderlagern des Staatskommu- 
nismus gemeinsam erziehen will. 

Der Staat hat ein wirkliches Eigenrecht auf die Er- 

z i e hu n g d e r S t a a t S b ü r g e r, da er die Aufgabe hat, das diesseitige 

Gemeinwohl zu fördern, und jeder zugeben muß, daß die allgemeine 

Schulpflicht der Kinder und die berufliche Ausbildung der Jugend das 

Kreuz und Hakenkreuz 10 Bd. II -i on 



' \ 



Wohl der Volksgemeinschaft in einem wichti'gen und wesentlichen 
Punkt berühren ... 

Der Staat muß die Grundrechteder Familie aner- 
kennen, da das Kind zuerst in die Familie hineingeboren wird, da 
nach der göttlichen Weltordnung die Familie zeitlich zuerst vorhanden 
war und erst aus der wachsenden Zahl der Familien die staatliche Ge- 
meinschaft sich bildete, da also die Familie auf die Erziehung des 
Kindes zwar auch kein absolutes, aber doch ein moralisches Vor- 
recht besitzt. Der Staat kann also die Erziehungsarbeit der Familie 
auf das Gemeinwohl hinordnen, er kann aber das gottverbriefte 
Recht der Familie nicht einfach entrechten. Er kann den 
Willen der Eltern in einer Erziehungsfrage nicht einfach ausschalten und 
an dessen Stelle -das Ermessen der staatlichen Schulbehörde setzen. 
Auch durch das Gesetz der Verstaatlichung der ge- 
samten Jugend vom 1. Dezember 1936 sind die Rechte 
der Familie nicht ohne weiteres auf den Staat über- 
gegangen. 

Die Kirche hat ein überragendes Erziehungsrecht, 
das nach dem Päpstlichen Rundschreiben in der Hauptsache auf zwei 
Glaubenstatsachen beruht: 1. auf dem ausdrücklichen Lehrauftrag 
des göttlichen Heilandes an die ersten Sendboten der Kirche: 
jGehethin und lehret alle Völker!' Daß sich dieser Lehrauftrag auch auf 
die Kinder, nicht bloß auf die Erwachsenen bezieht, ergibt sich aus dem 
Vi^eiteren Auftrag Christi an das Oberhaupt der Kirche: ,Weide meine 
Lämmer.' Mit diesem Auftrag ist deutlich unter dem Gleichnis 
der Lämmerweide den Hirten, und 'Oberhirten der Kirche die religiöse 
Unterweisung der Kinder und die religiöse Führung 
der Jugend auf das Gewissen gebunden und der immer 
wieder auftauchende Vorschlag, man solle den Kindern ei'st im 12. oder 
gar erst im 18. Lebensjahr von Gott und Religion sprechen, als Wider- 
spruch mit dem Geiste Christi gekennzeichnet. Das Rechi derKirche 
• auf die Mitarbeit im. Werk der Erziehung ruht 

2. auf der Tatsache, daß die Kirche diese Kinder durch die 
Taufe, das Sakrament der Wiedergeburt, zum übernatürlichen Leben 
wiedergeboren hat." 

Gegen HJ-Geist in der Erziehung: 

„...Aus gegenseitiger Achtung wird der Vater das Ansehen der 
Mutter, die Mutter das Ansehen des Vaters jederzeit in iSchutz nehmen 
und nicht dulden, daß in Gegenwart der Kinder, von Verwandten und 
sonstigen Gästen das Ansehen des andereiji Elternteiis geschädigt werde. 
Freilich dürfen dann die Eltern auch das nicht dulden, daß in ihrem 
Familienkreis das Ansehender geistlichen und weltlich e n 
Obrigkeit in den Staub gezogen werde, das ebenfalls unter dem 
Schutz des 4. Gebotes steht. Heute sind die Tage dfes Evangeliums ge- 
kommen, in denen der Sohn gegen den Vater, dife Tochter 
gegen die Mutter mit der Kritik an Religion und Kirche 
sich erheben und die eigenen Hausgenossen Feinde 
werden.' Die Eltern, die über den Einklang der Seelen in ihrer Familie 
auch in religiösen Fragen zu wacheiji haben, werden das ehrfurchtslose 
Reden über Geistliche und kirchliche Maßnahmen nicht dulden und ihre 
Wohnung nicht entweihen lassen durch Lästerungen über Gott und die 
Ptlrche ... . - 

Erziehen kann nur der, der selber erzogen ist. Wir lehnen des- 
halb das neue Schlagwort ab: Jugend könne nur von 
j'ugend erzogen werden. Das kameradschaftliche Zusammensein 
mit Altersgenossen kann gewiß auch in günstiger Weise einwirken. Im 

138 •'' ' ' 



allgemeinen jedoch ist Jugenderziehung, Jugend führung, Jugend- 
führung aber setzt wie jede Führung eine geistige Überlegenheit vor- 
aus, eine Autorität, die selber die Unreife überwunden hat. 

Unsere Regierung hat ein' besonderes Augenmerk auf die Fami- 
lienforschung gerichtet und damit den Sinn für die Tradition der 
Familie geweckt. Dieser Sinn für Familienkunde kann wie für die 
Seelsorge, so auch für die Familienerziehung von Bedeutung wer- 
den .. . Wenn die Vorfahren den katholischen Glauben in früheren 
Glaubensstürmen bewahrten, dürfen die Nachkommen von heute 
diese Tradition ihrer Familie nicht durch Austritt aus der Kirche ver- 
raten. Die Vorfahren würden sich, wie man sagt, im Grabe umdrehen, 
wenn die Nachkommen so leichthin das heilige Erbe des Glaubens 
verschleudern würden. Hier gilt es, die Stimme des Blutes 
zu hörenund der Verantwortung gegenüber den Vor- 
fahren wie gegenüber den Nachkommen sich bewußt ; 
zuwerden. In diesem Sinn kann auch die neuzeitliche Familienfor- 
schung die Erziehung unterstützen . . . ■ 

Das kirchliche Rechtsbuch hat mit besonderem Ernst den katho- 
lischen Eltern die Pflicht der religiösen Erziehung verkündet ... Je wei- 
ter die deutsche Schule der Gegenwart vom bekenntnismäßigen Chri- 
stentum und seinen Erziehungsgrundsätzen abrückt, je mehr der 
R.eligionsun t err icht in der Schule von den übrigen Schul- 
fächern isoliert und durch den kirchlichkalten Geist der übrigen 
Schulstunden abgeschwä^cht wird, auch wenn vorerst die' gleiche 
Zahl von Religionsstunden ,genau so wie bisher' gewährleistet ist, um so 
ernster wird die Pflicht des Elt-ernhauses, den Religionsunter- \^ 
rieht der Schule von/ der Familie aus zu unterstützen 
und durch die Gewöhnung an das religiös-kirchliche 
Leben zu ergänzen. Im besonderen werden christliche Eltern dar- 
auf bestehen, daß an den Sonntagen ihre Kinder vom Besuch des 
Gottesdienstes in keiner Weise zurückgehalten wer- 
den .... 

Wenn gar in Jugendzeitschriften über Erbsünde und Sünden- 
bewußtsein überhaupt gespottet wird, muß das Elternhaus diesen 
Spott über eine Glaubenslehre zurückweisen. 

Die Sendung für den katholischen Religionsunterricht kann nur vom ■ 
Bischof, von sonst niemandem erteilt werden. Wer über Religion nach 
dem Katechismus oder nach der Biblischen Geschichte unterrichten' will, 
ob Priester oder Nichtpriester, muß die kanonische Sendung des 
Bischofs besitzen und selbstverständlich an die Glaubenslehren 
des- Katechismus und an die göttliche Eingebung der Biblischen Bücher 
des Alten und Neuen Bundes selber glauben. Sollten Zeiten kommen, 
in denen der Biblischen Geschichte das Heimatrecht in der deutschen 
Schule bestritten und der Religionsunterricht nicht mehr in Überein- 
stimmung mit den Grundsätzen der katholischen Kirche erteilt wird . . ., 
dann werden unsere katholischen Eltern ihre Kinder zu dem Religions- 
unterricht schicken, der ...außerhalb der Schule eingerichtet werden 
müßte ... 

Habtach t,* Chris t licheElter n, daßaneurenKindern 
kein Gottesraub begangen werde! Es ist der Wille eures 
Vaters im /Himmel, daß auch nicht eines von diesen Kindern verloren- 
gehe. Wer die Jugend dem Gottesglauben entfremdet, vom Gottesdienst 
zurückhält, die Kommunionfeiern der Jugend erschwert, . hat einen Got- 
tesraub an deutscher Jugend begangen. Der vollendete Gottesraub aber 
wäre der Austritt aus der Kirche,- die Trennung von der Gnadengemein- 
schaft der Erlösten, der Gang in die Nacht, wie es von Judas, dem Ver- '' 
räter, heißt, als er den Abendmahlsaal und den Meister verließ: Es war 
Nacht! ..." 



Das Reichskonkordat —4 Ja oder Nein? 

war das Thema der Predigt des H. H. Kardinals Faulhaber am 
Jahrestag der Papstkrönung 1937, 

Im ersten Teil: „Wie das Reichskonkordat zustande kam durch 
ein gemeinschaftliches Ja von Kirche und Staat", erinnert der 
Prediger an das Wort Adolf Hitlers in der Reichstagsversammlung 
vom 23. März 1933: 

„Die Sorge der Regierung gilt dem aufrichtigen Zusammenleben 
von Kirche und Staat... Ebenso legt die Regierung, die im Christen- 
tum das unerschjAtterliche Fundament- des sittlichen und moralischen 
Lebens unseres Volkes sieht, den größten Wert darauf, die freund- 
schaftlichen Beziehungen zum. Hl. Stuhl weiter zu 
pflegen und auszubauen." 

Am 20. Juli 1933 war dann der Abschluß, des Reichskonkordates 
zwischen Papst Pius XI. .und der .deutschen Reichsregierung. 

Später wurde es als Reichsgesetz erklärt und im Reichsgesetzblatt 
vom 18. September 1933 verkündet. 

Aus den Konkordatsbestimmungen ergeben sich auch als Folgerun- 
gen mancherlei Verpflichtungen: 

, . . Wenn Artikel 1 die Freiheit der öffentlichen Ausübung der katho- 
lischen Religion gewährleistet, ist die Fronleiclmamsprozession samt den 
anderen herkömmlichen Prozessionen nicht zu verbieten, 
auch nicht aus Gründen der Verkehrsordnung, und das Schlagwort von 
der ■ Entkonfessionalisierung des ölSentlichen Lebens nicht aufrechtzu- 
erhalten. 

• Wenn in Artikel 5 der Staat den Geistlichen gegen Beleidigungen 
Schutz gewährt, dürften Schmähartikel gegen die Geistlichen in der 
Presse nicht geduldet werden. 

Wenn Artikel 17 der katholischen Kirche die Vermögensrechte und 
Stiftungen gewährleistet, kann eine Säkularisation oder eine 
sonstige Enteignung kirchlichen Eigentums nicht in Frage kom- 
men. In all dem hat sich das bestimmte „Ja" von Kirche und Staat 
beim Abschluß des Reichskonkordates ausgesprochen. 

Das Reichskonkordat heute umkämpft im Ja und N-ein 

derGeister! 

„Von Christus, dem Sohne Gottes, hat der Apostel das schöne Wort 
gesprochen: ,Er war nicht Ja und Nein zugleich. Bei ihm gab es nur ein 
Ja.' Wie schade, daß dieses charaktervolle, der deutschen Treue so see- 
lenverwandte Ja in der Durchfiihrung des Reichskonkordates ver- 
stummte! Wie schade, daß d e m Üeichskonkordat geg^enüber 
heute ein Ja, und Nein zugleich, sogar mehr ein Nein 
als ein Ja zum Ausdruck kommt! Das Reichskonkordat 
will geregelte Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem - 
Reich. Tatsächlich sind ungezählte Geister am Werk, das deutsche 
Volk zu entchristlichen und die katholische Kirche im deutschen Raum 
zu vernichten. 

Das Reichskonkordat gewährleistet die Freiheit des Be- 
kenntnisses. T a tsächlich werden ununterbrochen Angriffe auf 
kirchliche Einrichtungen und Dogmen gerichtet, unter Aufgebot aller 
Sprachrohre der öffentlichen Meinung, während es der Kirche nicht 
möglich ist, diese Angriffe in der gleichen Reichweite abzuwehren. 

Nach dem Reichs konkordat soll der R e 1 i g.i o n s u n t e r - 
rieht in Volksschulen und Berufsschulen ,in Übereinstimmung mit 



/ 



140 



äen Grundsätzen der katholischen . Kirche' erteilt werden. Tatsäch- 
lich steht da und dort die Erteilung des Bibelunterrichtes, zumal über 
das Alte Testament, im Wi<äerspruch mit der kirchlichen Glaubenslehre. 

Nach dem Reiehskonkordat sollen für Ordenslehrerin- 
nen zwecks Zulassung zum Lehramt und zur Führung von Volksschulen 
und höheren Lehranstalten die gleichen Bedingungen gelten 
wie für die weltlichen Lehrkräfte. Tatsächlich werden Lehrkräfte 
im Ordenskleid heute von den Volksschulen und sogar von Privatschulen 
ausgewiesen. 

Besonders schwer wird das religiöse Leben getroifen durch die 
Einschränkung der Lehrfreiheit, durch das Verbot der Son- 
derdrucke von Hirtenbriefen, durch das Spjtzeltum unter den Kanzeln. 

Die Kirche muß frei sein in ihrer Liturgie und Spendung 
der hl. Sakramente, in der Handhabung der Disziplin ihrer Geistlichen, 
in der Besetzung der Kirchenämter, vor allem aber in der Verkündigung 
der Glaubens- und Sittenlehre. 

Der Hirtenbrief der bayerischen Bischöfe, der am 13. De- 
zember 1936 in den Kirchen verlesen wurde, wurde danach poli- 
zeilichverboten, und das Reichsministerium für kirchliche An- 
gelegenheiten hält das Verbot aufrecht. 

Der Hirtenbrief der gesamten deutschen Bischöfe, 
der am 3. Januar 1937 verlesen wurde mit dem Thema: , Wir müssen den 
Führer in der Abwehr des Bolschewismus unterstützen', wurde eben- 
falls, hier in München ■ zuerst polizeilich .sichergestellt' und dann be- 
schlagnahmt und verboten. 

Predigtmanuskripte, die von erfahrenen Predigern, wie 
Pater L i p p e r t, für die katholische Morgenfeier am Reichssender Mün- 
chen eingereicht wurden, wurden wie die Aufsätze von Schulknaben 
schulmeisterlich bekritelt und zur Verbesserung zu- 
rückgegeben. 

Wenn diese Einschränkung der Lehrfreiheit und die Unterdrückung 
des freien Wortes überhaupt so weitergehen, geraten wir in eine 
Knechtschaft des geistigen Lebens, die vor der Geschichte 
nicht bestehen kann. 

Die religiösen B ekenntni sse sind die einzigen, die 
den Mut haben, fürdie religiöse Freiheit, und damit 
für die Geistesfreiheit ihre Stimme zu erheben, wäh- 
rend die berufenen Vertreter der Wissenschaft ver- 
stummtsind. 

Bei der Schuleinschreibung in München vor wenigen 
Wochen wurde für die Gemeinschaftsschule eine ungeheure Propaganda 
entfaltet und gegen die Bekenntnisschule ein ungeheue- 
rer Kampf entfacht. Das war Widerspruch mit dem Reichskon- 
kordat, dessen 23. Artikel die Bekenntnisschule gewährleistet, Wider- 
spruch auch mit dem feierlichen Wort des Führers vom 23. März 1933: 
,Die nationale Regierung wird in Schule und Erziehung den christlichen 
Konfessionen den ihnen zukommenden Einfluß einräumen und sicher- 
stellen.' Durch die Drohung vom weiten Schulweg und andere 
Drohungen wurde die freie Entschließung der Elter'n unterdrückt. Die 
Angabe, es bleibe in der Gemeinschaftsschule , alles 
wie bisher', ist eine Irreführung. In der Bekenntnisschule 
ist die Lehrkraft vom gleichen Glauben wie das Schul- 
kind, in der Gemeinschaftsschule kann die Lehrkraft auch anderen 
Glaubens, auch eines christenfeindlichen Glaubens sein. In der Be- 
kenntnisschule k Önnen die anderen Schulfächer dem Reli- 
gionsunterricht nicht entgegenarbeiten, in der Gemein- 
schaftsschule werden, wenn nicht jetzt im Übergang, aber später, die 
anderen Schulstunden niederreißen, was der, Religionsunterricht auf- 

141 



I 



gebiaut hat. Wenn es zu spät ist, werden die Eltern er- 
kennen, daß in der Gemeinschaftsschule nicht alles 
wiebisherbleibt. 

Für die Ausführung des Reichskonkordates ist es lehrreich, auf das 
Konkordat Italiens mit dem Hl. Vater am 11. Februar 1929, auf 
die sog. Lateranverträge, hinzuweisen. Durcfi diese Verträge 
wurde in Italien die Souveränität des Papstes anerlc an n t 
und ein Attentat gegen den Papst wie ein Majestätsverbrechen bestraft ■ 
(Trattato Art. 2 und 8). Bei uns durfte bis in die letzte Zeit der Papst' 
in Wort und Bild bescliimpft und die Papstgeschiqhte nach l^kandalen 
durchwühlt werden. . ; 

Durch das italienische Konkordat wurde eine Reihe von 
kirchlichen Feiertagen für das staatliche und schulische Leben 
neu eingeführt, darunter Dreikönig, St. Josef, Peter und Paul, 
Maria Himmelfahrt (Art, 11). Bei uns wurde ei'ne Reihe von 
Feiertagen abgeschafft, die dem Volke überaus vertraut und 
mit den Vollcsbräuchen tief verbunden waren. 

Durch das italienische Konkordat wurde in Volksschulen 
und' Mittelschulen der Religionsunterricht als 
Pflichtfach neu eingeführt, wo er vorher nicht war (Art. 36). 
Bei uns wird der RU.- in Schulen, wo er bisher war, da und dort den 
Geistlichen abgenommen . und in seiner erzieherischen Kraft abge- 
schwächt. 

Nach dem italienischen Konkordat muß dem Jungvolk 
'andderBalilla an Sonn- und Feiertagen Gelegenheit gegeben wer- 
den, die religiösen Pflichten zu erfüllen (Art. 37), weshalb dort ' für 
Jungvolk und Balilla eigene Kuraten aufgestellt sind. Bei uns ist' 
bisher jede Seelsorge in den Jugendlagern unmög- 
lich gewesen." 

Die Zukunft des Reichs konkordates 

„Wie wird das Morgen des Reichskonkordates sich gestalten? Wird 
es seine Rechtskraft verlieren? Wird es von der deutschen Ver- 
tragstreue aufrechterhalten werden? 

Die erste Antwort ist . 

ein Nein von zwei verschiedenen Breiten, 

von kirchen feindlicher und kirchen freundlicher Seite. 

In kirchen feindlichem Sinn hat ein hohei: Reichsbeamter das 
Reichskonkordat als ,überholt und r e vi s^ionsbedür f tig' be- 
zeichnej; (,Deutschlands Erneuerung', August 1936, S. 364) und. damit die 
Auffassung weiter Regierungskreise zum Ausdruck gebracht. In der 
Sprache des Volkes heißt das: ,Wir haben 1933 das Reichskon- 
kordat gebraucht, um. Wurzel zu fassen im Volke und 
das Vertrauen des Volkes zu, gewinnen. Heute ist die Entwicklung 
weitergegangen, heute brauchen wir das Reichskonkordat nicht mehr'. 
Solche Rede ist mit den einfachsten Begriffen deutscher Treue nicht ver- 
einbar. Es wäre so, wie wenn einer mit einer Ausländerin einen Ehebund 
einging und später, als gegen das Ausland Mißstimmung herrschte, sie' 
fortschickte und eine Inländerin heiratete. Das wäre erstens m o s a i - 
sches Eherecht, das gestattete, der Frau den Abschiedsbrief zu 
geben, und zweitens wäre es eine Meintat gegen deutsche 
Treue, ein Jawort auf Widerruf zu geben. Treue ist Treue, 
Untreue ist Untreue. 

Ein zweites Nein kommt von kirchen freundlicher Seite. Man 
kann von Laien und besonders von Geistlichen hören: ,Das Reichskon- 
kordat wird doch nicht gehalten, es wird doch fortwährend 
durchbrochen, es hat also keinen Zweck, es noch weiter aufrechtzuerhal- 

142 



ten. Was nicht zusammen kann bestehen, das tut am besten, sich zu 
lösen. Mit Konkordat werden wir gehängt, sagen sie, ohne 
Konkordat werden wir wie die englischen Märtyrer zuerst zu 
Tode geschleift, und dann noch gehängt und gevier- 
teilt.' 

Antwort: Solange die beiden Vertragspartner das Konkordat 
nicht auflösen; solange die deutschen Bischöfe sich bemühen, 
durch schriftliche Vorstellungen und persönlicheVer- 
handlungen immer wieder die Spannungen auszu- 
gleichen, manchmal mit einem ,HofEen ohne Hoffnung', solange mögen 
Geistliche und. Laien in dieser Frage mit. ihrem Urteil zurückhalten! 
Nach dem Syliabus Pius' IX. hat das Konkordatsverhältnis zwischen 
Kirche und Staat den Vorzug vor der Trennung von Kirche und Staat, 
und als Frankreich sein Konkordat auflöste, hat Pius 'X. am 11. Februar 
1906 gegen das Trennungsgesetz Einspruch erhoben und auch dadurch 
die kirchliche Auffassung zum Ausdruck gebracht. 

Die Kirche würde ohne K onkordat manche -Rechte verlieren, 
sie würde aber nicht zugrunde gehen. Die Kirche würde die Zu- 
schüsse d^s Staates zu ihrem Haushalt verlieren, die in Bayern im 
Grunde nichts anderes sind als eine kleine Verzinsung der vom Staate 
säkularisierten Kirchengüter. Für uns ist aber das Konkordat keine 
Finanz- oder Gehaltsf r a g e, für uns handelt es sich um höhere 
Gesichtspunkte. Die Kirche . würde im Falle der Trennung wahrschein- 
lich ihren öffentlich-i'echtlichen Charakter verlieren 
und dem allgemeinen Vereinsgesetz untergeordnet werden. Die Feiertage 
würden nicht bloß zum Teil, sondern total abgeschafft, der Geistliche 
würde aus der Schule ausgewiesen wie in Frankreich, die theologischen 
Fakultäten würden aus den staatlichen Hochschulen verdrängt, und der 
Staat hätte es ohne Artikel 7 des Reichskonkordates leichter, abgefallene 
Priester in Ehrenämter einzuweisen. 

Alles in allem bekennen wir uns mit einem treuen und 
ehrlichen Ja zumWeiterbestehen des R,e ichskonkor- 
d a t e s, vorausgesetzt, daß es nicht auf dem Papier stehen bleibt und 
nicht wie ein Fetzen Papier behandelt wird. J a s a g e n'und N e i n t u n 
wäre keine Vertragstreue ... 

In der Einleitung zum Reichskonkordat ist von einer dauernden, 
also auch für morgen weitergeltenden Regelung der Beziehungen zwi- 
schen Staat und Kirche die Rede . . . 

Was im Namen Gottes durch feierlichen Vertrag verbunden wurde, 
soll nicht im Spiel mit dem Ehrenwort leichtfertig wieder zerrissen wer- 
den. Die deutsche Treue soll ihren reinen Klang in der Welt bewahren. 
Was eine reine Rechtsfrage ist wie dieser feierliche Vertrag, soll 
nicht zu einer Machtfrage umgebogen werden." 

Die deutsche Reichsregierung erhob gegen diese Kardinals- 
. predigt Protest beim Hl, Stuhl!! 



, „Aus der Kirche austreten? 
D r e i m a 1 N 6 i n !" 
antwortet darauf Kardinal Faulhaber in seiner Silvesterpredigt 1941. 

Einleitend klagt er: 

„. . . Zwischen Bekenntnis ,und Bekenntnis ist Friede. Sonst aber 
herrscht in der Heimat der wildeste Unfriede, der 
unnötigste und traurigste aller Kriege, der Kulturkampf gegen 
die Kirche. Während die katholischen Soldaten an der Front Schul- 
ter an Schulter mit den anderen deutschen Männern stehen, mit 

143 



gleichen Lasten und gleichen Leistungen, mit heldenmütigen Blutopfern, 
während die Katholiken in der Heimat die gleichen Opfer bringen, an 
den gleichen Sammlungen sich beteiligen, an den pflichtmäßigen wie 
an den freiwilligen, besonders in diesen Tagen an der Sammlung von 
warmen Wintersachen für unsere Soldaten im Felde, wird die Kirche 
in der Heimat mit ständigem Mißtrauen behandelt, 
von Spionen umlauert, mit Ausnahmebestimmungen 
bedrückt, werden kirchliche und klösterliche Räume 
ungleich mehr als Privatwohnungen beschlagnahmt. 
Schon im vergangenen Jahr gipfelte der Kulturkampf in 
der Forderung, aus derKirche auszutreten. Deutliche An- 
zeichen sprechen dafür, daß diese Forderung im neuen Jahr mit ver- 
mehrtem Druck erhoben werde und noch lauter die Frage wieder- 
kehre: , Werden' Sie aus der Kirche austreten oder auf Ihre Stellung 
verzichten?' Auf diese Frage soll die Silvesterpredigt die Antwort geben: 
jNein und dreimal nein, ich werde nicht aus der Kirche austreten.'" 

Schlagfertig bekämpft dann der Kardinal die von den National- 
sozialisten neu aufgewärmten 

Schlagwörter der Kommunistenzeit: 

„Wer aus der Kirche austritt, braucht keine Kirchensteuer 
mehr zu bezahlen." 

„Die Kirche ist international, richtiger gesagt übej^ational und 
damit für ein Volk mit nationalem Bewußtsein überlebt.' 

„Das Gerede vom politischen Katholizismu s." 

Dann wendet sich der Prediger gegen die neuen Gewalt- 
maßnahmen, das Christentum auszurotten. 

Solche Gewaltmaßnahmen richteten sich.'' 

Gegen den Religionsunterricht in den Schulen: „Der Religionsunter- 
richt wurde als das mindeste Fach der Schule gewertet. Die 
jReligionskunde' wurde in den Schulzeugnissen an der letzten Stelle auf- 
geführt und später (im Schulzeugnis ganz unterdrückt und auf ein Son- 
derblatt verwiesen. 

Schulverbote wurden über Geistliche verhängt, ohne daß die 
oberste Schulbehörde sich verpflichtet fühlte, von Fall zu Fall den be- 
troffenen Geistlichen zu verhören oder ihm auch nur den Grund der 
Strafe anzugeben. 

Für den Neudruck des Katechismus, des Religions- 
büchleins für die Kleinen, derBiblischen Geschichte, 
des Diözesangebetbuches. soll kein Papier bewilligt 
werden. Zuerst wurden Kirchenzeitungeri und Sonntagsblätter, Mis- 
sionszeitschriften und religiöse Literatur fast ganz unterdrückt, und jetzt 
sollen für den Religionsunterricht auch der Katechismus und die anderen 
Religionslehrbücher nicht mehr erscheinen dürfen. Die Wirtschaftsstelle 
des Deutschen Buchhandels erklärte es als eine Kriegsnotwendigkeit, an 
Papier zu sparen/ Gleichzeitig können kirchenfeindliche 
Kampfschriften in Riesenauflagen erscheinen. Ein 
Büchlein erhebt die grundsätzliche Forderung, die 2000jährige christliche 
Tradition bis auf die Wurzeln auszurotten und ist in mehr als einer 
halben Million verbreitet. Ein Buch richtet die gemeinsten 
Schmähungen gegen das Papsttum und wurde immer wieder neu ge- 
druckt. Nur für Religionsbücher, wie Katechismus und Gebetbuch, ist 
kein Papier vorhanden. 

In den 'oberen Klassen der höheren Schulen wird überhaupt kein 
Religionsunterricht mehr gegeben. Früher war- es ein Welt- 

144 



rühm der höheren Schulen in Deutschland, daß sie eine gediegene geistige 
Bildung vermittelten. Auch heute noch wäre es folgerichtig, wenn die 
Schüler an den höheren Schulen, deren Wissen in den allgemeinen 
/Fächern über den Durchschnitt der Volksschule sich erhebt, auch im 
religiösen Wissen eine höhere Bildung erhielten. 

Als eine Wohltat für die Erziehung der Jugend wurde eine poli- 
zeiliche Verordnung ,Zum Schutz derJugend' vom 9. März 
1940 begrüßt, derzufolge der Jugend verboten -war, sich in den Abend- 
stunden nach der 'Verdunkelung auf der Straße ,herumzutreiben'. Nun- 
mehr aber wird diese Verordnung mit Gewalt herbeigezogen, um den 
Besuch von abendlichen Glaubensstunden zur religiösen 
Unterweisung in der Kirche oder in kircheneigenen Räumen z u 
verbieten. Da die Jugendlichen untertags beruflich beschäftigt sind, 
bleibt für diese jungen Menschen — es sind herrliche Gestalten unter 
ihnen — nur eine Abendstunde übrig. Ihre Altersgenossen dürfen bis 
21 Uhr Lichtspieltheater und Varietes besuchen, nur der Besuch von 
religiösen Unterweisungen in d'er Kirc,he soll verboten sein. 
Solche Gewaltmaßnahmen können nur den Zweck haben, die Jugend 
planmäßig der Kirche zu entfremden und so den Austritt aus der Kirche 
vorzubereiten." 

„. . . Der Bischof fühlt es tief in der Seele mit, wie schwer die Ent- 
scheidung für die Beamten, besonders" für Familienväter und 
andere abhängige Berufe ist. Das Gewissen kann aber nicht 
dadurch betäubt werden, daß man sagt: ,Ich trete nur 
äußerlich ausundbleibe innerlich dochbeiderKirche, 
Auch die alten Christen haben nicht sprechen dürfen: Ich opfere nur 
äußerlich den Weihrauch vor dem Götzenbild und bleibe innerlich ein 
Christ. Hier kann nur gelten: Kalt oder warm. (Offb. 3,15).'" 



Kardinal Faulhaber 

liest in seiner Kathedrale 

persönlich 

eün Hirtenwort vor, um ihm um so mehr Nachdruck zu geben und 
um keinen seiner Priester zu gefährden (22. März 1942). 

Es lautete: 

H i r t en wort 

\iberdie Lage der katholischen Kirche 

in Deutschland 

Liebe Diözesanen! Seit Jahren tobt in unserem 
Vaterland ein Kampf gegen Christen^tum und 
Kirche. Sogar im Krieg, wo doch der Burgfriede immer selbst- 
verständlich war, geht der Kampf weiter, ja, er nimmt an Schärfe 
und Bitterkeit immer noch zu und liegt wie ein schwerer Alpdruck 
auf dem deutschen Volk, von dem sich 95 Prozent, in Bayern sogar 
98 Prozent bei der letzten Volkszählung als Christen bekannt haben. 
In Fortsetzung meinet Silvesterpredigt bringe ich folgende ' Punkte 
zur Sprache: 

L 

Der katholischen Kirche gab die Reichsregierung im Konkordat 
1933 die Zusicherung staatlichen Schutzes zur freien Entfaltung 

145 



ihres Lebens. Tatsächlich aber wurden diese Zusicherungen nicht 
gehalten. 

1. Versprochen und verbürgt war „die Freiheit des 
Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung 
der katholischen Religio n." 

Tatsächlich aber wird auf solche, die von staatlichen oder 
Parteistellen abhängig sind, vielfach ein Druck ausgeübt, der si6 
zur Verheimlichung oder Verleugnung ihres katho- 
lischen Bekenntnisses oder sogar zum Austritt au^ der Kirche 
nötigen soll. Die öffentliche Ausübung der katholischen 
Religiori ist durch zahlreiche Verordnungen- und Verbote ein-^ 
geschränkt. Es ist, als wenn das Zeichen Christi, das 
im Jahre 312 aus den Katakomben glorreich in die 
Öffentlichkeit treten durfte, in die Katakomben 
wieder zurückgedrängt werden solle. 

Sogar die Übung der Religion im Innern der Gottes- 
haus e r ist vielfach beschränkt und unterdrückt. Nichtwenige 
Gotteshäuser, besonders in der Ostmark, in den neuerwor- 
benen Gebieten, aber auch im Altreich, sind zwangsweise 
geschlossen und sogar für profane Zwecke ver- 
wendet. Der Erwerb von Grundstücken zur Errichtung 
neuer Kirchen wird unmöglich gemacht. Stellenweise hat man die 
Abhaltung von Seeiso rgsstunden für Kinder und 
Jugendliche, sogar in kircheneigenen Häusern, verboten und 
durch Bestrafung geahndet. 

2. Die katholischen Eltern und die katholische Kirche haben 
das natürliche und göttliche Recht, ihre Ki nvd e r 
n a,ch den Gründsätzendes ehr i.s t'l i chen Glaubens- 
und Sittengesetzes und nach den Forderungen ihres eigenen 
Gewissens religiös zu erziehen. Den christlichen Eltern ist 
durch Konkordat ihr Einfluß auf Schule und Erziehung ausdrück- 
lich zugesichert. 

Tatsächlich aber werden die Rechte der Eltern und der 
Kirche immer mehr eingeschränkt und unwirksam gen!iacht. Die 
Jugend wird in staatlichen Jugendorganisationen, 
in Landjahrheimen und Arbeitsdienstlagern, vielfach sogar in den 
Schulen und Heimen der erweiterten Kinderlandverschickung i n 
widerchristlichem Sinne beein'flußt und von /der Teil- 
nahme an Gottesdienst und religiösen Veranstaltungen ferngehalten. 
In den neuen staatlichen Heimschulen (z. B. Lehrerbildungsanstal- 
ten, nationalpolitischen Erziehungsanstalten u. a.) ist jede christlich- 
religiöse Beeinflussung grundsätzlich ausgeschlossen. 

3. Die katholische Kirch/C und ihre Priester 
haben das Recht und die Pflicht, die Glaubenswahrheiten 
und Sittenlehren der christlichen Religion frei. und unbehin- 
dert in Wort und Schriftzu verkünden und zuver- 

146 



(^ 



t eidigen. Den Geistlichen ist für die Ausübung ihrer Amts- 
pflichten staatHcher Schutz vertraglich zugesichert worden. 

Tatsächlich aber werden die katHolischen Priester in Ausübung 
ihres Lehr- und Seelsorgsamtes beständig mißtrauisch über- 
wacht, wurden Priester ohne Nachweis einer Verfehlung aus 
ihrem Amtsbereich und ihrer Heimat verbannt, ja sogar ihrer Frei- 
heit beraubt und bestraft, weil sie treu und gewissenhaft ihre 
Priesterpflichten erfüllt haben. 

Es ist untragbar, daß Seelsorgsgeistliche mit 
Landesverweisung oder Internierung im Kon- 
zentrationslager bestraft werden, \ohne voraus-'' 
gehendes entsprechendes gerichtliches Verfah- 
ren und ohne jede Fühlungnahme mit der kirchlichen Obrigkeit, 
während doch die Verständigung mit der bischöflichen Behörde 
zur Aufklärung von Mißverständnissen ^oder Abstellung von Miß- 
griffen hätte führen können. 

Die Abhaltung von Exerzitien und Einkehr- 
tagen ist fast unmöglich gemacht. Die kirchliche Presse 
ist" fast restlos vernichtet. • Der Neudruck christlich- 
religiöser Schriften, sogar der Katechismen, Schulbibeln 
und Diözesangebetbüchern wird nicht genehmigt, während christen- 
tumsfeindliche Schriften in Massenauflagen gedruckt und verbreitet ■ 
werden dürfen., 

4. Es ist vertraglich festgelegt und verbürgt: „Orden und 
religiöse Genossenschaften unterliegen in bezug auf 
ihre Tätigkeit in der Seelsorge, im Unterricht, in der Kranken- 
pflege und caritativen Arbeit, in der Ordnung ihrer Angelegen- 
heiten und der Verwaltung ihres Vermögens staatlicherseits 
keiner besonder e a Beschränkun g." 

- Tfitsächlich hat man die katholischen Orden aus dem 
Unterricht fast völlig, aus ihren sonstigen Tätigkeiten in immer 
steigendem. Maße verdrängt, ihr Eigentum und ihre An- 
stalten zum großen Teil ihnen genommen, viele durch das Verbot 
des Eintritts arbeitsfähiger Menschen zum Aussterben verurteilt. 

IL 

Ein Bischof hat aber nicht nur für die religiösen kirchlichen 
Rechte in äer Volksgemeinschaft einzutreten, sondern auch für die 
gottverliehenen Menschenrechte. Ohne Achtung für 
diese Menschenrechte muß die ganze Kultur zusammenbrechen. 

1. Jeder Mensch hat das natürliche Recht auf per- 
sönliche Freiheit innerhalb der Grenzen, die der Dienst 
Gottes, die Rücksicht auf die Mitmenschen und das Gemeinwohl 
und die Pflicht des Gehorsams gegen die gerechten Gebote der 
rechtmäßigen Obrigkeit ihm ziehen. Euer Erzbischof er- 
hebt Einspruch gegen jede Mißachtung der per- 

I 147 



sönlichen Freiheit. Wir verlangen gerichtliche 
Nachprüfung aller Straf maßnahmen und Frei- 
lassung aller Volksgenossen, die ohneNachweis 
einer Straftat ihrer Freiheit beraubt sind. 

2. Jeder Mensch hat zweitens dasnatürlicheRechtauf 
das Leben und die zum Leben notwendigen Güter. Der lebendige 
Gott, der Schöpfer alles Lebens, ist allein Herr über Leben und Tod. 

Mit tiefem Erschrecken hat das christlich-deutsche " Volk es 
vernommen, daß auf Anordnung staatlicher Stellen 
Zahlreichegeistes k rankeMensche n, diedenHeil- 
und Pflegeanstalten anvertraut waren, als so- 
genannte „unproduktive Volksgenossen" um s 
L e b e ngebrachtwurden. Zur Zeit wird durch einen behörd- 
lich empfohlenen Film, der die Bedenken der Gewissen durch Er- 
weckung von Mitleid beschwichtigen will, für die Freigabe der 
Tötung unheilbarer Kranker in weitesten Kreisen Pro- 
paganda gemacht. Euer E^rzbischof wird nicht nach- 
lassen, geg\en die Tötung Unschuldiger Verwah- 
rung einzulegen. Niemand ist seines Lebens sicher, wenn 
das 5. Gebot nicht anerkannt wird: „Du sollst nicht töten!" 

3. Jeder Mensch hat drittens das natürliche Recht auf 
den Besitz und Gebrauch rechtmäßig erworbenen 
Eigentums und auf den staatlichen Schutz des Privateigentums 
gegen willkürliche Eingriffe. Dennoch wurden in den letzten Jahren 
kirchliche Besitzungen genommen und anderen 
Zwecken zugeführt, nicht kriegswichtigen Zwecken. Es wurden 
sogar Gotteshäuser enteignet und profaniert. 

Euer Erzbischof legt namens des katholischen Volkes, dem 
unsere Ordensleute entstammen, gegen diese Verletzung 
des natürlichen EigentumsrechtesVerwahrung 
ein und verlangt die Rückgabe des widerrecht- 
lich beschlagnahmten und vielfach eingezogenen 
Gutes. Wir erheben Einspruch dagegen auch um des Gemein- 
wohls willen und als Verteidiger der Grundlagen der von Gott 
gewollten Sozialordnung. Was heute dem kirchlichen Besitz wider- 
fährt, kann morgen jedem rechtmäßigen Eigentum widerfahren. ■ 

4. Jeder Mensch hat viertens das natürliche Rechtauf 
Schutz seiner Ehre gegen Lüge und Verleumdung. 
An der Front wie in der Heimat stehen die glaubenstreuen Christen 
in der Erfüllung ihrer vaterländischen Pflichten hinter keinem 
Volksgenossen zurück. Dennoch werden katholische Priester 
und Laien argwöhnisch überwacht, heimlich verdächtigt, sogar 
öffentlich als Volksverräter und Landesfeinde 
bezeichnet, nur weil sie für die Freiheit der 
Kirche und für die Wahrheiten des katholischen 
Glaubenseintreten. • 

148 



Die katholischen Orden sleute haben in Feld und Heimat, 
auch im Kriege heldenmütig ihre Pflicht getan, wie vielfach durch 
die Verleihung von Kriegsauszeichnungen anerkannt ist. Dennoch 
hat man vielen von ihnen die klösterliche Heimat genommen. Wir 
Katholiken fordern wirksamen Ehrenschutz für jeden Volks- 
genossen, auch für die glaubenstreuen Katholiken und katholischen 
Ordensleute. 

Seit Monaten geht, ungeachtet der Kriegsnot, eine wider- 
christliche Propagandawelle, getragen von Partei- 
versammlungen und Parteidruckschriften, durch das Land mit dem 
klar eikennbaren, auch euch klaren Ziel, die Lebenskraft der katho- 
lischen Kirche in deutschen Landen zu ersticken, womöglich 
das Christentum in Deutschland zu vernichten, 
und zwar noch während des Krieges, noch bevor die Soldaten in 
die Heimat zurückkehren. Die große Mehrheit des deut- 
schenVolkes fühlt sich durch solche Angriffe auf das Christen- 
tum in ihren heiligsten Empfindungen verletzt und erwartet mit 
Recht, daß dieser Kampf gegen Christentum und Kirche eingestellt 
werde. 

Meine lieben Diözesanen! Heute am Passionssonntag wollte ich 
euch teilnehmen lassen an meinen schweren Sorgen. Unterstützt 
alle Bemühungen um den religiösen Frieden und die religiöse Frei- 
heit durch euer Gebet und durch eure unerschütterliche Treue 
und weiset alle Versuche, euch im Glauben wankend und abtrünnig 
zu machen, entschieden und kraftvoll zurück. Gott segne unser 
Vaterland und unsere heilige Kirche! Gott gebe der Kirche und 
dem Vaterland einen ehrenvollen glücklichen, dauernden Frieden! 
München, am Passionssonntag 1942. 

Michael, Kardinal Faulhaber, 
Erzbischof von München. 

* 
5. „Epaphroditus, mein Bruder, Mitarbeiter und Mitkämpfer." 

Kardinal Faulhaber war sozusagen ein Herzog im großen 
Heerbann deutscher Katholiken, die immer wieder unerschrocken 
gegen Hitler und seine Trabanten, wider alle ihre Gotteslästerungen 
und Intrigen, Lügen und Fälschungen, Verleumdungen und Schmä- 
• hungen, Wortbrüche und Vertragsuntreuen, Gewalttätigkeiten und 
Morde zu Felde zogen. 

, Er war aber kein „einsamer Rufer in der Wüst e". 
Auf jedem deutschen Bischofsitz war ein „Epaphroditus, ein 
Bruder, Mitarbeiterund Mitkämpfer" (Phil. 2,25). 
Und es wäre wert, auch ihrer aller Stimme zu hören. Aber es 
ginge einem fast wie dem vierten Evangelisten, der bekennen muß: 
„Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wollte man 
dies im einzelnen niederschreiben, so könnte, glaube ich, die ganze 
Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müßte." (Jo. 21,25.) 

"149 



Es kann darum nur eine ganz kleine Auswahl gemacht werden, 
zunächst hier in einem kleinen Sonderkapitel und dann bei der 
nachfolgenden Behandlung einiger Sonderthemen. 

a) Bischof Dr. Michael Rackl-Eichstätt: 

aa. Aus der Predigt vom 2 4. Mai 1936 in Ingolstadt: 

ZeugenderWahrheit 

„. . . Wir deutschen Bischöfe, wir haben in den letzten Monaten und 
Wochen oftmals ernste Hirtenworte an^ die Gläubigen unserer Diözesen 
erlassen, und vielleicht ist nicht immer der Geist der Liebe, der aus 
diesen Worten leuchtet, so voll und ganz verstanden worden. ^ 

. Bas war nicht eine Politik der Nadelstiche, das w-ar nicht eine 
Politik der Verhetzung, sondern, das glaube, ich im Angesichte des 
göttlichen Heilandes vor diesen Tausenden von Menschen sagen zu dür- 
fen, das war die Politik der Liebe, der Hirtensorge und Verant- 
wortlichkeit, das war das, was das Bürgerliche Gesetzbuch heißt: ,Wah- 
rungb er echtigterinter essen'. 

In meinem ganzen Leben habe ich mich an den Grundsatz gehalten, 
den ein alter deutscher Dichter zum Ausdruck gebracht hat: ,Vor allem 
eins, mein Kind, sei wahr und treu, laß nie die Luge deinen Mund ent- 
weih'n!' Und ich darf hier, gerade im Hinblick auf manche Schmach, 
die uns deutschen Bischöfen und auch rnir angetan worden ist,_ an ein 
Wort erinnern, das der göttliche Heiland gesprochen hat; als ihm vor 
dem Hohen Rat einer der Diener einen Faustschlag ins Gesicht gab, da 
hat der göttliche Heiland gesagt: ,Habe ich unrecht geredet, dann be- 
weise mir das Unrecht! Habe ich aber recht geredet, warum schlägst 
du mich? . . .' ,^ 

Wenn ein Hirtenwort von eurem Bischof kommt, dann dürft ihr über- 
zeugt sein, da ist jedes Wort genau überlegt, jedes Wort auf 
seine Richtigkeit geprüft, und insbesondere prüfe ich auch immer sehr 
gewissenhaft, ob nicht vielleicht jemand .ungerechtfertigterweise sich 
verletzt fühlen könnte. Aber eines wird mir immer wieder dann ^zum 
Bewußtsein gebracht, daß ich mit dem göttlichen Heiland davon über- 
zeugt sein muß: ,Ich bin dazu gekommen und dazu geboren' und ich bin 
dazu Bischof geworden, ,daß ich Zeugnis . ablege für die Wahrheit!' 
(Jo. 18,37). ... ' 

Ein wahrer, ernster Kulturkampf i 

,Wir leben in einer furchtbar ernsten Zeit, und die meisten Menschen 
haben es noch nicht begriffen, daß die Axt an die Wurzel gelegt ist, daß 
die Fundamente der hl. katholischen Kirche untergraben werden sollen. 
Es werden viele unter euch sein, die die neueste Literatur kennen, und 
werden wissen, wer das Wort gesprochen hat: ,Wir müssen die 
katholische Kirche aushöhlen.' Im- Kulturkampf der 
70er Jahre wollte man das Volk ohne Priester haben und — 
Ich weiß wieder, was ich sage — inderGegenwartmöchteman 
Priester ohne Volk.' 

Weltanschauungskämpfe 

,. . . Im vorigen Jahr ist die Parole ausgegeben worden: ,Die politische 
Revolution ist vorbei, und nun beginnt die Revolution der W'elt- 
anschauun g'. Es handelt sich also jetzt nicht um Politik, es handelt 
sich um Weltanschauungskämpfe, und in diesem Weltanschauungskampf, 
der entbrannt ist, sind wir . Katholiken, wir katholischen Priester und 
Bischöfe angegriffen. Ihr wißt, wie man vor einigen Jahren gesagt hat: 

150 



,Die Geistlichen, die Priester sollen sich nicht mit der Politik befassen!' 
Und man hat den ,politischen Katholizismus' aufs schärfste bekämpft. 
Ich kann sagen, die Bischöfe und Priester haben sich mit dieser Parole 
ganz leicht abgefunden und .schließlich waren wohl die allermeisten 
Priester froh, daß sie mit Politik nichts mehr zu tun hatten . . .* 

Was ist wirkliche Weltanschauung? 

,Aber nun ging es weiter. Nun kommt auf einmal die Frage der 
Weltanschauung. Das heißt: mit welchen Augen schaue ich die Welt an? 
Schaue ich bloß, immer auf den Erdboden, bloß immer 
auf das Diesseits, m u ß ich vielleicht äuchmanchmai 
hinaufschauen zum Himmel? Muß ich mich auch manchmal 
fragen: Was war denn vor dieser Welt und was wird denn n a c li dieser 
Welt sein? Gibt es einen Schöpfer dieserWelt oder gibt es 
keinen? Ist meine Aufgabe mit dem Diesseits erledigt, oder gibt 
es auch ein Jenseits? Wie steht die allerheiligste Dreifaltigkeit, wie" 
Christus, wie die katholische Kirche zu dieser Welt? . . .' 

Falsche Religion ! 

Nach meiner Auffassung — und das ist die katholische Auffassung — 
ist das Volk etwas Großes, etwas Hohes und ist das Vaterland 
— ich getraue mir auch den Ausdruck zu gebrauchen — etwas Heili- 
ges, aber das Allerhöchste ist der Gott, der die Nation 
geschaffen hat, der Gott, der die Völker geschaffen hat, dem infolge- 
dessen auch die Nationen und Völker dienen müssen. Und deswegen 
versteht ihr ohne weiteres, wenn ich sage: Der Satz .Poliiik ist 
Religion' ist falsch! »Gewiß, die Politik muß getragen sein von 
der Religion, muß herauswachsen aus der Religion, sie muß sich die 
Wege weisen lassen von den Grundsätzen des Gewissens, wie sie in der 
hl. Religion sind. 

. Man hat aber nun in der Gegenwart diesen Grundsatz wahr ge- 
macht, man hat getan, als ob Politik die. Religion ersetzen könnte. Man 
hat den Satz aufgestellt: ,Die Liebe zum Volk ist die Reli- 
gion!' Noch einmal sage ich es, die Liebe zum Volk wächst 
aus der Religion heraus, ist eine Frucht der Religion, eine Folge 
der Religion, ist aber nicht identisch mit der Religion. 
Und deswegen wäre es auch falsch, wenn man etwa meinen würde, der 
Politiker habe zu entscheiden, wie die Religion sein muß. Nein, das hat 
nicht der Politiker zu entscheiden, sondern der Theologe. Es mag jetzt 
vielleicht der Ausdruck etwas hart pointiert klingen, aber es ist richtig: 
Wenn die ,politisierenden Geistlichen' keine Berechtigung 
haben, dann- ist doch die Frage erlaubt, haben denn die theolo- 
gisierenden Politiker eine Berechtigung? Ist das nicht 
unsere Domäne? Haben nicht die Priester, die Bischöfe zu entscheiden, 
was Religion ist und was nicht Religion ist? Haben nicht wir zu ent- 
scheiden, was wahre Weltanschauung ist und was falsche Weltanschau- 
ung ist? 

jEuch die Religion — uns das Volk!* 

Wer die neue Literatur kennt, der weiß, wie im vorigen Jahr oft 
gesagt worden ist zu den Priestern: ,Euch die Religion und uns das 
Volk!' Man trennt also Volk und Religion; man tut, als ob die Religion 
etwas wäre, was über und außer den Menschen wäre, was die Menschen 
nichts angeht. Man will trennen und hat getrennt die Religion vom 
öfCentlichen politischen Leben, das heißt, 'man sagt eben, unsere Politik 
ist für uns selbst Religion und eure Religion hat mit Politik 
nichts zu tun. Deswegen hat man nun zunächst in der Presse 
das Religiöse vollständig ausgeschaltet in der politischen 
Tagespresse. Diese ist geradezu verpflichtet worden, nichts 

151 



Religiöses zu bringen. Leider Gottes aber bringt sie oft genug 
etwas gegen die Religion. Und wir dürfen dann in dieser Tages- 
presse keine Verteidigung bringen für die Grundsätze und 
Wahrheiten unserer Religion. 

Am allerdeutlichsten brennt uns jetzt die Frage der Konfessions- 
schule n auf den Fingern. Wieder ist es das Schlagwort E n t k o n - 
fesisionalisierung, wieder ist es das Schlagwort ,Der Deutsche 
hat keine andere Religion als Deutschland'. Wieder sage 
ich: Gewiß, gerade aus religiösen Beweggründen liebe ich mein deut- 
sches Vaterland mit der letzten Faser meines Herzens und bin genau 
so bereit, wie für meinen katholischen Glauben auch für mein heiß- 
geliebtes deutsches Vaterland mein Leben hinzugeben. Aber das hin- 
dert mich nicht daran, festzustellen, daß es falsch ist, zu 
sagen: »Unsere Religion ist Deutschland!' 

jEntweder-— Oder!' 

Ihr seht nun aber, worauf es in der Gegenwart ankommt. Für uns 
Katholiken heißt die Frage: ,Will ich der katholi- 
schen Weltanschauung folgen oder der nichtkatholi- 
schen?' Und der Bischof fühlt sich verpflichtet, zu sagen: Der Katho- 
lik, der der nichtkatholischen Weltanschauung folgt, der muß wissen, 
daß er sich von selbstaußerhalb der katholis chen Kirch e 
gestellt hat. Wenn einer eine Weltanschauung vertritt, die nicht 
katholisch ist, dann ist er eben nicht mehr katholisch, dann hat er seinen 
Glauben verleugnet, dann ist er das, was man im religiösen Sinne 
einen Apostaten heißt. Ich möchte nun doch ganz entschieden 
sagen, liebe Katholiken, seid doch auch da wahr, auch da gibt es doch 
nur einEntweder — Oder. 

Ich sehe furchtbare Gefahren; denn die Religion ist das 
Fundament unseres Staates, unseres Volkes. Wer unserem Volk die Reli- 
gion aus dem Herzen rauben will, der raubt ihm alles. Unsere Vorfahren 
sind christlich geworden, weil sie gesehen haben, die christliche Religion 
ist viel mehr als die alte germanische Religion; sie haben gesehen, wie 
die katholische Religion die Menschen stärk macht, treu macht, opfer- 
bereit macht. Wer die alte Literatur kennt, der weiß, wie immer der 
Gedanke, der starke Gott, der heilige Gott,-der getreue Gott im Vorder- 
grund steht, und deswegen sage ich es blutenden Herzens — und ich 
bitte alle, die hier sind, nun nicht etwa morgen mir andere Beweggründe 
unterzuschieben — ich sage es blutenden Herzens: ,Rettet die hei- 
lige katholis-che Religion und rettet damit unser ge- 
ll e b t e s d e u t s c h e s V a t e r 1 a n d !'" 



bb. AusderPredigtvom?. Juni 1936: 

Gegen die neuheidnische nationalsozialistische 

Weltanschauung 

„. . . Wenn eine solche Weltanschauung auftritt, die nicht katho- 
lisch ist und nicht katholisch sein will, dann muß der Katholik 
wissen: Wenn ich dieser Weltanschauung beitrete, bin ich nicht mehr 
katholisch; denn ich habe eben meinen katholischen Glauben verleugnet. 
Da- hilft es nicht zu sagen: ich bin auch katholisch. Da hilft nur ein Ent- 
weder — Oder. Der Bischof hat lange, und alle Bischöfe Deutschlands 
haben lange mit sich gerungen, haben lange zugesehen, haben lange ge- 
schwiegen, aber es würde allmählich Verrat an unserer katholischen 
Sache werden, wenn wir schweigen würden. Und es muß auch einmal 
autoritativ vom Bischof gesagt werden: 

Rosenbergs Buch ,Der Mythus des 3 0. Jahrhunderts' ist 
vom Hl. Vater auf die Liste der verbotenen Bücher gesetzt worden, und 
zwar deswegen, weil er die Fundamente des Christentums darin unter- 

152 



gräbt. Wer deswegen dieses Buch liest, liest ein Buch, das die Funda- 
mente der katholischen Religion und des Christentums untergräbt; und 
wer andere dazu verpflichtet, dieses Buch zu lesen, verpflichtet sie dazu, 
daß sie etwas lesen, was gegen ihre katholische Weltanschauung ist; und 
wer sich auf den Standpunkt dieses Buches stellt, steht auf einem Stand- 
punkt, der nicht katholisch ist." 



cc. Aus der Predigt vom 2 7. Juni 1936 in Ingolstadt: 



„Herr, mach uns frei!" 
Ein Notschrei der Christen Deutschland 



s 



„Ein Mann, der ein freies, offenes Wort spricht, wird nie 
eine Gefahr für die Gesellschaft, für Staat und Kirche. Gerade das 
deutsche Volk hat für die Freiheit immer ein so großes Verständnis ge- 
habt. In den letzten Jahren sind tms zwei Worte geradezu eingehämmert 
worden, die beiden Worte: .Deutschland, erwache !' und ,H e r r, 
m a ch u n s f r ei !' Es hat mit ergriffen, als bei der letzten Wahl die 
Parole ausgegeben wurde, das deutsche Volk solle durch die geschlos- 
senste Einmütigkeit in die Welt hinausschreien: ,Herr, mach uns frei!' 

Da dürfen wir aber nicht vergessen, daß die höchste und edelste Form 
der Freiheit ist die Religionsfreiheit, Bekenntnisfreiheit, 
G e w i s s e n s f r e i'li e i t. Das Deutsche Reich hat in seinem Reichskon- 
kordat feierlich zugesichert: ,Das Deutsche Reich garantiert — ■ der 
Ausdruck ist gebraucht — garantiert der katholischen Kirche Reli- 
gionsfreiheit und öffentliche Ausübung des katholischen Bekenntnisses.' 
Es wäre keine Religionsfreiheit, wenn es den katholischen 
Bischöfen verboten würde, in Hirtenbriefen zum katho- 
lischen Volk frei zu sprechen. Es wäre eine Unterdrückung der 
Gewissensfreiheit, wenn dem katholischen ^ Volke etwas zu- 
gemutet würde, was gegen das katholische Gewissen ist. Der göttliche 
Heiland hat gesagt: ,Die Wahrheit wird euch frei machen.' Daraus 
ergibt sich, daß wir immer wieder die Wahrheit verkünden und nach 
dem Grundsatz des Heilandes handeln müssen: ,Dazu bin ich geboren 
und dazu bin ich in die Welt gekommen, um der Wahrheit Zeug- 
nis zu geben.' Leider Gottes kann ich es nicht verschweigen, daß 
doch in den letzten Jahren oft dem katholischen Volke etwas 
zugemutetwurde, wasgegendaskatholischeGewissen 
ist. Der Hl. Vater in Rom hat erklärt, daß das Buch ,Der Mythus 
des 2 0. Jahrhunderts' dem Katholiken zu lesen verboten ist, weil 
es die Fundamente der katholischen und der christlichen Religion über- 
haupt untei'gräbt. Wer dieses Buch liest, verletzt den Gehorsam gegen- 
über der obersten kirchlichen Autorität. Wer sich zu diesem Buche be- 
kennt, der hat eine Weltanschauung sich zu eigen gemacht, die nicht 
katholisch ist, hat sich also außei-halb der katholischen Gemeinschaft 
gestellt. Und wer einen Katholiken zwingt, sei es physisch 
oder moralisch, dieses Buch zu lesen, der vergewaltigt ihn in 
seinem Gewissen und verletzt die Gewissensfreiheit. 
Man darf es uns nicht übel nehmen, wennwirauchsagen: ,Herr, 
m a c h u n s f r e i !' Die katholische Kirche betet seit Jahrzehnten nach 
der hl. Messe: ,Erhöre gnädig die Gebete, die wir für die Freiheit und 
Erhöhung der hl. Mutter, der Kirche, an dich richten.' Und deshalb 
fürchtet nicht den Freimut der katholischen Kirche! Ich erinnere an das 
Wort des Führers: .Deutschland ist das freieste Land der 
Welt.' Muß dann nicht auch die katholische Kirche in 
D'e utschland so frei sein wie in keinem Land der Welt? 
Und daher halte ich es für falsch, wenn man uns immer wieder sagt: 
,Was wollt ihr doch eigentlich? Schaut auf Rußland, Spanien, Mexiko!' 
Ich sage: ,DeutschlandistnichtRußland, nicht Spanien, 
nicht Mexiko. Deutschland soll sein das freieste Land der Welt und 

153 



deshalb kann man es einem deutschenMannnichtverübeln, 
wenn er auch hinausschreit um Religionsfreiheit, 
Bekenntnisfreiheit, Gewissensfreiheit.' Deutschland ist 
nicht mehr das freie Volk der Germanen, wenn der deutsche Mann nicht 
in Freiheit sein) Glaubensbekenntnis ausüben kann. 

,Vor dem Sklaven, der die Kette bricht, 
vor dem freien Mann erzittert nicht!' 

Der freie Mann, der offen, frei und ehrlich seine Mei- 
nung sagt, ist kein Feind des Staates, gar nicht ein Feind des 
deutschenStaates, des ,freiesten Staates der Welt'. Wenigstens 
fühle ich mich als freier Sohn meiner freien deutschen Heimat. Ich 
würde todunglücklich sein, wenn ich dieses höchste Gut der Freiheit, der 
Religionsfreiheit, Bekenntnisfreiheit, Gewissensfreiheit nicht mein eigen 
nennen dürfte." 



dd. Aus der Predigt vom 14. Sept. 193 6 in Bergen 

bei Neuburg : 

„D a s K r e u z m u ß f a 1 1 e n !" 

„Das Kreuz muß fallen, wenn Deutschland leben soll!" „Dieses furcht- 
bare Wort' stand n i c h t in einer bplschewistischen russischen 
Zeitschrift, n i c h t in einer kommunistischen spanischen Zeit- 
schrift, nicht in • einer bolschewistischen mexikanischen 
Zeitschi'ift, sondern dieses furchtbare Wort stand in einer deut- 
schenZeitschrift, in einer Zeitschrift des Landes, in dem man doch 
immer wieder sagt, man wolle den Bolschewismus niederkämpfen. Und ich 
muß es zu meinem schmerzlichsten Bedauern sagen, diese Zeitschrift 
darf ruhig verbreitet "vverden, darf überall ausgehängt werden. Keine 
Zensur, k e ine Polizei nimmt dagegen Stellung. Aber wenn wir 
Bischöfe unser Wort ergehen lassen "an unsere, Diözesanen, dann dürfen 
unsere Hirtenbriefe nicht überallhin verbreitet werden. Wo stehst du 
denn, deutsches Volk?" 

„StelltdieSchwarzenandieWand!". 

„Jüngst stand in den Zeitungen in einer Schlagzeile: ,Mos,kau 
funkt: Tötet die Priester!' Es ist noch nicht lange her, da hat 
man auch in unserer Gegend immer und immer wieder gesungen ,Stellt 
die Schwarzen an die Wand!' Ist da ein großer Unterschied zwischen 
dem Worte: ,Tötet die Priester!' und dem anderen Wort: ,Stellt die 
Schwarzen an die Wand!' Das durfte überall öffentlich, gesungen werden, 
und es hat viele Proteste gebraucht, bis endlich das Lied verboten wurde. . 

Da müssen wir uns die ernste Frage vorlegen: .DeutschesVolk, 
wohin gehst du? Wir dürfen nicht mehr meinen, daß es sich nur um 
einige nebensächliche Dinge handle. Wir müssen wissen: wenn der furcht- 
bare Satz ,Das Kreuz muß fallen, wenn Deutschland leben soll', einmal 
in einer weitverbreiteten Zeitschrift niedergelegt werden darf, dann geht 
es um das Allerwichtigste, um das Allerheiligste, um die Fundamente 
unserer. heiligen Religion. Es kommt eine furchtbare Zeiten- 
wende, eine fvirchtbar ernste Entscheidung: Entweder christlich oder 
nicht christlich. Und wir sind immer berechtigt zu sagen — wenn man 
das auch nicht zugeben will — : Nichtchristlich ist soviel wie heidnisch, 
und deswegen heißt doch die wichtige Frage: Entwed er christlich 
oder heidnisch ! 

. . . Man sagt nun oft: ,DieKreuzesreIig'ionistetwasfür 
das deutsche Volk W-e sensfremdes. Artfremdes.' Man 
hat oft in den letzten Jahren die Religion des Kreuzes als eine n e g a - 

154 



/ 



tive Religion bezeichnet und hat dann gemeint, ihr* gegenüber 
müsse man aufstellen eine Religion der Kraft, die Religion des 
Heroischen, die Religion des Heldischen, Die Religion vom ster- 
benden Heiland sei etwas für ein sterbendes Volle, für eine 
sterbende Menschheit, aber nicht für ein Volk, das leben will. 

Da ist nun die Frage: Haben wir deutsche Katholil?;en 
ein Recht, am heutigen Fest ,Kreuz-Erhöhung' uns im Gotteshaus 
einzufinden, haben^ wir ein Recht, da? Kreuz mitten hineihzu- 
stellen in das deutsche Volk, mitten hinein in unsere Glottes- 
häuser, in unsere Familien, in unsere Fluren und Felder, in unsere 
Schulen und Kirchen? Dürfen wir immer wieder das Kreuz aufrichten 
und dürfen wir uns immer wieder am Kreuze aufrichten? Kreuz- 
erhöhung — das heißt: das Kreuz in die Höhe richten, das Kreuz auf- 
richten! 

Wann ist je ein Mensch so heroisch, so heldisch gestorben wie Chri- 
stus am Kreuze? Hat nicht ein Hauptmann der römischen Weltarmee, 
der Christus so sterben sah, ausgerufen: ,Dieser Mann war wirklich Got- 
tes Sohn!' (Mc 15, 39.) So heroisch, so heldisch hatte er noch 
keihen Soldaten auf dem Schlachtfelde sterben ge- 
sehen. 

Wenn unserem deutschen Vaterland die Gefahr droht, daß der hei- 
lige katholische Glaube, das Christentum in seinen Fundamenten er- 
schüttert wird, dann fühle ich die Pflicht, immer' wieder das 
deutsche Volk auf diese große Gefahr aufmerksam zu machen, 
immer wieder zu mahnen und zu bitten auf der Hut zu sein: ,Hütet euch 
vor den falschen Propheten!* Dann bin ich-kein Vaterlands- 
feind, kein Reichsfeind, im Gegenteil! Dann bin ich der wärmste 
Freund der deutschen Heimat, der aufrichtigste Freund der deutschen 
Heimat, des heißgeliebten deutschen Vaterlandes. Es ist in der heutigen 
Zeit nicht immer leicht, diesen Mut aufzubringen; aber 
wenn jemand diesen Mut hat, dann hat man auch die Verpflichtung, 
diesenMut zu respektieren, der du'rch ein offenes 
Wort dem Vaterland nützen will." ' 



ee.'Aus der Predigt vom 2 9. Sept. 1936 in Buxhetmj 

Vernichtungskampf gegen die katholische Religion! 

„. . . Ich brauche es euch nicht zu sagen, in welch furchtbar ern- 
ster Zeit wir leben. Ihr habt euch nicht gewundert, wenn in den letzten 
Monaten Hirtenbrief um Hirtenbrief ersc,hieneA ist. Ihr 
habt es verstanden, daß die Bischöfe jetzt in heiligler Verantwortung 
reden müssen und nicht schweigen dürfen. Ihr habt es verstanden, daß 
in einer Zeit, da es um die Grundfesten eurer heiligen Religion geht, 
die. Hüter des Heiligtums auf den Plan treten undl 
reden müssen. 

Kardinal Bertram, Fürsterzbischof von Breslau, richtete vor einiger 
Zeit im Namen der Fuldaer Bischofskonferenz ein Schreiben an 
die Reichsregierung. Er spricht darin von einem Vernich- 
tungskampf gegen die katholische Religion und fügt hinzu: jWenn 
ich von einem Vernichtungskampf spreche, so ist das nicht etwa nur 
Schwarzseherei, sondern es ist eine klare Erkenntnis, die sich aus der 
Lektüre zahlloser Zeitschriftenartikel ergibt.' Und der Kardinal bemerkt 
weiterhin — fast überlege ich mir, ob ich es an dieser heiligen Stätte 
wiederholen soll; aber da der überaus scharfe Ausdruck an die 
Reichsregierung gegeben und somit kein Geheimnis 
ist, mag er hier ausgesprochen werden. — Der Kardinal erklärte: ,D i e 
Hetzegegen die katholische Kirche nimmt eine Form 
an, dieweitüberdashinaus geht, wasmanvon Rußland 

155 



her gewohnt ist!' Das mag sehr scharf klingen, doch muß ich auf 
Grund eigener Erfahrungen bestätigen: Ich selbst habe viel Zeitungen 
und Zeitschriften der Gegenwart gelesen, von dieser heiligen Stätte aus 
sei es gesagt, im Bewußtsein meiner schweren Verantwortung, um euch 
vor falschen Propheten zu warnen: »Tatsächlich nimmt die 
Hetze gegen die katholische Kirche, gegen den Hl. Va- 
ter, die Bischöfe und Priester vielfach Formen an, die 
weit über das von Rußland Gewohnte hinausgehe n.' 

Kein ,Ewiges Deutschland' garantiert! 

,, . , Ich liebe mein deutsches Vaterland von ganzem Herzen und bin 
bereit, für dieses heißgeliebte Vaterland Gut, Blut und Leben hinzu- 
geben. Doch weiß ich auch: Zur Kirche und nicht zu einem ein- 
zelnen Land hat Christus die Worte gesprochen: ,Auf einen Felsen 
will ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht 
überwältigen.' Dieses Wo rt ist nicht zu Deutschland ge- 
sagt. Darum ist es falsch, von einem ,ewigen Deutsch- 
land' zu reden. Und ebenso sage ich noch einmal: Wenn ich auch mein 
Vaterland li,ebe aus dem tiefsten Grund und mit jeder Faser meines 
Herzens, und wenn ich immer wieder die Liebe zur Heimat und zum 
Vaterlande, den Gehorsam gegen die Obrigkeit predige, m u ß i c h d o c h 
mit aller Entschiedenheit klarstellen: der Satz: ,Unser e 
Religion f s t D eu ts chl an d!', di es er Satz ist falsch! Ge- 
wiß, unsere Liebe zu Deutschland wächst heraus aus der Religion, ist 
eine Frucht der Religion; doch die Religion selbst wurzelt in Gott, dem 
Herrn, der ,Gott auch über Deutschland, Herr auch des deutschen Vol- 
kes ist . . ,' 

,Deutsche Glaubensbewegung' 

,. . . Die Seele des deutschen Volkes ist durch und durch religiös. 
Man spricht in der Gegenwart von einer .Deutschen Glaubensbewegung'. 
Jedoch, was hier als , Glaubensbewegung' bezeichnet wird, ist, vom reli- 
giösen Standpunkt aus gesehen, eine Bewegung des Unglau- 
bens und etwas ganz und gar Undeutsches. .Deutsche Glau- 
bensbewegung' ist — das getraue ich mir vor jedem Forum zu ver- 
treten — jUndeutsche Unglaubensbewegung'. Das Wort 
.Glaube', das '^a immer gebraucht wird und in aller Mund ist, ist nichts 
anderes als Verneinung des Glaubens an die heilige 
katholische Kirche. Was man hier ,Glaube' nennt, ist nur Glaube 
an Deutschland. Nun weiß jeder: Glaube im religiösen Sinp ist Glaube 
an Gott. So kann also Glaube an Deutschland kein religiöser Glaube 
sein. Das sage ich trotz meiner großen Liebe zum deutschen Vaterland, 
trotz meiner großen Ehrfurcht vor der deutschen Heimat und vor un- 
serer deutschen Geschichte. Glaube an Deutschland kann niemals Glaube 
im religiösen Sinne sein. In der Religion ist- Glaube ein Glaube an Gott: 
,Ich glaube alles, was Gott geoffenbart hat und durch seine heilige 
katholische Kirche zu glauben vorstellt.' Man soll doch den Be- 
griffen ihren alten Sinn lassen!" 



ff. Au s der Predigt vom 2 6. F^ebruar 1938 
in Eichstätt, St. Walburg: 

„Zentnerschwere Sorgen"! 

„Zentnerschwere Sorgen lasten auf dem Bischof. Man hat sich oft 
gefragt: Können und dürfen wir sagen, daß in Deutschland ein 
Kulturkampf herrscht? Ich meine, man darf den Kampf heißen, 
wie man will, ob Kulturkampf oder anders; niemand, der aufrichtig die 
Wahrheit sagt und der Wahrheit ins Antlitz schauen will, wird leugnen 

156 



können, daß ^wir in Deutschland in einem furchtbaren 
Religions krieg leben, daß zwei Weltanschauungen einander gegen- 
überstehen und sich auf Leben und Tod belcämpfen. Jetzt soll dieser 
Kampf hineingetragen werden in jedes Dorf, in jedes Haus, 
in jede Familie, in jedes Herz. Auf der einen Seite steht 
Christus, auf der anderen Seite eine Weltanschauung, die gegen Christus 
ist, die man deswegen in der Sprache der Hl. Schrift als" Anti- 
christenbezieichnenkönnte. 

Was nun diese schweren Kämpfe in der Gegenwart ganz be- 
sonders gefahrdrohend macht, ist dies, daß man dort, wo man das 
Christentum bekämpft, sagt, man wolle dem Christentum 
nichts tun. Immer und immer wieder wird gesagt, das Christentum 
verdanke seine Rettung der neuen Bewegung und deswegen müsse man 
dankbar sein, daß die neue Bewegung das Christentum ge- 
rettethabe. 

,W e n n N e i n N e i n i s t . . ." 

Wenn man die eigentlich maßgebenden Schriften der Gegenwart 
liest, dann sieht man, daß alles, was christlich ist, all6s, was 
katholisch ist, auf Leben und Tod bekämpft wird. Ich 
glaube wohl, daß in den einzelnen Orten und in den '^einzelnen Dörfern 
die führenden Kräfte die letzten Folgerungen gar nicht kennen und gar 
nicht wollen, A^er eines würde ich dankbar begrüßen, wenn man die 
Ehrlichkeit aufbrächte, die ein Philosoph des vorigen Jahrhunderts ge- 
habt hat, David Friedrich Strauß, der einmal dem deutschen Volk 
die Frage vorgelegt hat: ,,Sind wir noch Christen?' Auf diese Frage 
hat David Strauß geantwortet: ,Wenn wir ehrlich sein wollen, wenn ja 
ja ist und nein nein, dann müssen wir sagen: Wir sind keine 
Christen mehr!' Dieses Bekenntnis war ehrlich und, wie gesagt, 
ich würde mich freuen, wenn die. Anhänger der neuen Weltanschauung 
dieses aufrichtige 'Bekenntnis auch an die Spitze stellten und erklärten: 
,Wenn wir ehrlich sein wollen, wenn ja ja ist und nein nein, dann 
müssen wir sagen, daß wir keine Christen mehr sind.' Dann würde das 
einfache, schlichte gläubige Volk sich nicht immer wieder 
in die Irre, führen lasse n>. dann würde das christliche Volk 
sagen: ,Wir aber sind Christen und wollen Christen bleiben. Wir sind 
katholisch getauft worden und wollen katholisch sterben, und deswegen 
lehnen wir alles ab, was diesem Glauben widerspricht.'' 

,,Sittliche Voraus'^ etzungen für Kinderbeihilfe,' 

Zunächst möchte ich doch einmal vor aller Öffentlichkeit sagen, daß 
ein solches Verfahren ungerecht ist: In einer. Pfarrei hat ein kinder- 
reicher Familienvater sich 'gegen die Gem'einschafts- 
schule entschieden und das betreffende Finanzamt hat ihm d i e 
gesetzliche Kinderbeihilfe versagt mit der Begründung, daß 
bei ihm die sittlichen Voraussetzungen fehlen, die für 
eine solche Unterstützung notwendig vorhanden sein 
müssen. Ich habe mich daraufhin an die höchste Landesbehörde ge- 
wendet und die Frage gestellt, ob das auch die Auffassung der höchsten 
Behörde sei; denn es gelte doch noch das Reichskonkordat und das 
Bayerische Landeskonkordat, und beide stellten den Satz auf: „Die Er- 
haltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen bleibt ge- 
währleistet." Ich stellte die Frage, ob es denn wahr sei, daß bei einem 
katholischen Bürger die Voraussetzungen für eine Unterstützung fehlen, 
wenn er sich auf Grund des Reichskonkordates für die Bekenntnisschule 
entschied. Die höchste Landesbehörde hat mir Recht gegeben und er- 
klärt: ,,Ich billige die Anschauung des Finanzamtes nicht und habe den 
Auftrag gegeben, daß dem betreffenden Mann die Kinderbeihilfe ge- 
währt werde,* 

157 



,Gold und Silber,habe ich nicht!* 

,Es hat mir tief weh getan, als ich hörte, daß eine katholische Frau 
aus der Umgebung, als die Abstimmung über die Schule war, in der 
Eisenbahn sagte: ,I?ie Pfarrer und der Bischof, die geben 
uns nichts.' Man hat- ja oft in den letzten Wochen auf die Unter- 
stiAtzungen des Winterhilsfwerkes hingewiesen, hat das, was der Bischof 
aus religiösen Gründen empfohlen hat, dazu benützt, um gegen die 
Kirche zu arbeiten. Man hat gesagt:., Ihr bekommt keine Unterstützung 
mehr vom WHW, wenn ihr euch nicht für die Gemeinschaftsschule ein- 
schreibt . . .* 

Es ist wahr, der Bischof ist kein Grpßkapitalist und kann deswegen 
nicht immer Geld austeilen, wohin er kommt. Obwohl ich wirklich gern 
alles, was ich habe, den Armen gebe, muß ich doch schließlich mit dem 
hl. Petrus sagen: ,Gold und Silber habe ich nicht; was ich 
habe, gebe ich dir.' Und ich meine, Bischof und Priester geben dem Volk 
den Segen Gottes, und an Gottes Segen ist alles gelegen. Christliche 
Mütter, habt ihr nicht oft schon erfahren, daß alles, nichts hilft, wenn 
der Segen Gottes fehlt? Nicht bloß wenn man ein Haus baut, gilt das 
Wort: ,Wenn der Herr das Haus nicht baut, bauen die Bauleute umsonst', 
sondern imnier, und überall gilt das Wort: ,An Gottes Segen ist alles 
gelegen.' Und was die katholische Kirche vom ersten Augenblick des 
Lebens, vom hl. Sakrament der Taufe an bis zum letzten Atemzuge den 
einzelnen Gläubigen gibt an Seele und Leib, ich meine, da kann man 
nicht sagen: ,Die Priester geben uns nichts! Die Kirche gibt 
uns nichts.' Ich würde mich an einem solchen Wort nicht stoßen, wenn 
ich nicht wüßte, daß eine katholische Frau es gesagt hat. Schließlich 
sind Geldunterstützüngen nicht das Allerwichtigste. Schließlich kommt 
ein Augenblick, von dem man immer sagt: ,Da kann man nichts mehr 
mitnehmen.' Nur die guten Werke imd die Gnade und die Segnungen 
der heiligen katholischen Kirche folgen ihnen nach. 

Ebenso hat es mich tief betrübt, daß christliche Eltern, als ich am 
1. Dezember die Gläubigen noch einmal zur Wachsamkeit in der Schul- 
frage ermahnen Heß, aus der Kirche kamen und sagten: ,Der Pfarrer 
sagt so und die heraußen sagen so! Da weiß man überhaupt nicht mehr, 
wem man glauben soll.' Meine Lieben! Haben denn die Gläubigen den 
Wahrheitsauftrag der katholischen Kirche verges- 
sen? Glauben denn die Gläubigen, daß wir in der 
Kirche die Unwahrheit sagen? Glauben sie denn nicht mehr 
an das Wort: ,Wer euch hört,- der hört mich; und wer euch verachtet, 
verachtet mich'?" 



b) Clemens August von Galen, 

Bischof von Münster, 

ist in der ganzen Welt bekannt geworden ob seines unerschrockenen 
Auftretens wider den Nationalsozialismus und seine vielerlei Ver- 
leumdungen und Gewalttätigkeiten. Ein Beispiel davon sei hier 
wiedergegeben (weitere siehe im Kapitel B 2 und 5). 

In der Predigt vom 9» Februar 1936, bei der Weihe des Altares 
der hl. Märtyrer von Xanten, verband er mit der Ehrung der Mär- 
tyrer der christlichen Frühzeit ein Gedenken an die Verfolgten der 
Gegenwart: 

„Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und verfolgen und 
lügenhaft alles Böse euch nachsagen um meinetwillen. Freuet euch und , 
frohlocket; denn euer Lohn wird groß sein im Himmel." 

158 



Ja, freut euch und frohlocket! Ihr wißt es, die Zeit ist da, wo nicht 
wenigen von uns solches Los zuteil wird. Wie wird die heilige Kirche, 
der Papst, die Bischöfe, die Priester, die Ordensleute, wie werden treue 
Kinder der Kirche heute in Deutschland öffentlich und ungestraft ver- 
unglimpft, verlästert und verhöhnt! Wieviele Katholiken, Priester und 
Laien sind in Zeitungen und Versammlungen angegriifen und be- 
schimpft, aus Beruf und Stellung vertrieben und ohne Gerichtsurteil 
gefangengesetzt und mißhandelt worden! Der Leiter der 
bischöflichen Informationsstelle in Berlin, Dr. Banasch, 
schmachtet seit Monaten schon im Kerker, und man hat 
seinen Auftraggebern, den Bischöfen, nicht einmal mitgeteilt, wessen man 
ihn beschuldigt. Der von den Bischöfen bestellte Führer der Jung- 
männervereine, Msgr. Wolker, ist vor drei Tagen verhaftet 
worden, und wie lange wird es dauern, bis er vor einem unab- 
hängigen d e u tschen Gericht seine Unschuld beweisen kann? 

Es gibt in deutschen Landen frische Gräber, in 
denen dieAsche solcher ruht, die das katholischeVolk 
für Märtyrer des Glaubens hält, weil ihr Leben ihnön das 
Zeugnis treuester Pflichterfüllung für Gott und Vaterland, Volk und 
Kirche ausstellt und das Dunkel, das über ihrem Tod gebreitet ist, 
ängstlich gehütet wird. Und wie lastet vielfach schwerster Gewis- 
sensdruck auf Beamten und Angestellten, Eltern und 
Lehrern, die vor die Frage gestellt werden, zu wählen zwischen der 
Treue gegen Gott und ihrem christlichen Gewissen und dem Wohl- 
gefallen und der Gunst derer, von denen ihre Stellung und gar ihr 
Lebensunterhalt abhängt. 

Wundert euch, nicht, daß der gütige Gott solche I^rüfungszeit über 
euch kommen läßt. Unsere hl. Kirche ist die Kirche der Märtyrer." - 



c) Bischof Bornewasser von Trier. 

Am 22. und 23. November 1941 sprach ein hoher Staatsbeamter 
als Hauptredner in großen öffentlichen Versammlungen in Trier 
und Koblenz und erging sich dabei in schauerlichen Gottesläste- 
rungen. . 

Bischof Bornewasser von Trier stand wider ihn auf mit einer 
Predigt am 30. November 1941 im Dom zu Trier und gab darüber 
hinaus vor all seinen Diözesanen in einer feierlichen Protest- 
erklärung seinem Abscheu und Schmerz Ausdruck: 

„Mit den an Zahl wachsenden Versammlimgen geht bittere Ent- 
täuschung durch das Land. Nach den bisherigen Feststellungen dienen 
viele dieser Versammlungen dazu, den seit Jahren gegen Christentum 
und Kirche geführten Kampf zum eigentlichen Thema werden zu lassen, 
auch da, wo der Kampf gegen die Juden in den Vordergrund gestellt 
wird. In unserer Diözese haben wir es am 22. November in Trier, am 
23. November in Koblenz erfahren. Auf beiden war derselbe hohe Staats- 
beamte der Hauptredner ... -' 

Ich habe zunächst Einspruch erhoben gegen die Läste- 
rung des heiligen Namens Gottes. Im Verlauf der Rede sagte 
der Hauptredner das blasphemische Wort: ,Jehova, es ist Feier- 
abend! Jehova, du hast ausgespielt! Jehova, es ist aus!' 
Der Redner scheint ja das Alte Testament besonders gut zu kennen. 
Dann muß er auch wissen, daß die gottestreuen, frommen Israeliten sich 
in einer fast ängstlichen Ehrfurcht scheuten, den Namen ,Gott' auszu- 
sprechen. Sie gebrauchten deshalb das Wort ,Jahwe', d. h. ,Er, der ds 
ist'. Als Jehova ist dieses Wort in die deutsche Literatur und Kunst ein- 
gegangen und bedeutet den einen, ewigen, wahren, persönlichen Gott, 

159 



den Gott des Neuen christlichen Bundes ebenso wie den der alttesta- 
mentlichen Offenbarung. 

Diesem einen, ewigen Gott, vor dem die ganze christliche "Welt an- 
betend ihr Knie beugt, gibt der Redner den Abschied: ,Du hast aus- 
gespielt! Es ist aus!' Gibt es eine schlimmere Verhöhnung dessen, der 
uns das heiligste Erdengut ist? 

Wer Gott den Abschied gibt, gibt auch den 10 Geboten den Ab- 
schied, wie der Redner es tat mit den Worten: ,Nur die Natur- 
gesetze sind für uns maßgebend, nicht die 10. Gebote.' 
,Die 10 Gebote mit ihren Biestereien', so meinte er, ,m ö g e n ja für 
die Judenschweine gut gewesensein, aber nicht für 
uns.' 

Die hl. 10 Gebote gab einst Gott, der Allmächtige, der Herr der Welt, 
der Lenker aller Menschheitsgeschichte, für alle Zeiten und alle Men- 
schen. Zur Festlegung der Rechte Gottes unter den Menschen, zur Wah- 
rung der Menschenrechte, zur eijizig möglichen Grundlage der sozialen 
und sittlichen Ordnung der Welt. Wo man die ehernen Gottestafeln von 
Sinai zerbrochen und zerschlagen, da hat man die 'Ordnung, den Frieden 
auf allen Gebieten, die echte Sitte und das wahre Glück der Menschen 
zerschlagen und zerbrochen. 

Tief schmerzlich war für alle Christen in dieser Rede die Ver- 
höhnung des Gebetes des Herrn. Daß ein hoher Staatsbeamter 
in einer öffentlichen Versammlung, wie in Koblenz, sagt: ,Wer betet, 
jVater unser, unser tägliches Bot gib uns heute!' der ist ein Sklave... 
Um Brot bettelt man nicht, darum kämpft man,' so ist 
das eine Herabsetzung des heiligsten christlichen Gebetes,, die jeden 
Christgläubigen tief schmerzt. 

Wir Christen kennen den Sinn dieser so einfachen, rührenden und 
doch so ernsten Bitte. Die Bitte um das Brot ist uns der Inbegrifl: alles 
dessen, was wir zum Lebensunterhalt notwendig haben. Wie es schon 
im Alten Bunde der Weise betete: ,Herr, Armut und Reichtum gib mir 
nicht, gib mir nur, was ich brauche, mich zu nähren!' Armut und Reich- 
tum, beide haben ihre G^^fahren für die Seele. Auch der Reiche muß 
beten. Der Weg vom Palaste bis zur Hütte, vom Reich- 
tum zur Armut ist oft nur ein kurzer Weg. Der Weltkrieg 
hat's gezeigt, und dieser Krieg wird's vielleicht noch mehr 
zeigen. 

Der Redner sagte in Koblenz, das ,Va terunser' sei das min- 
derwertigsteGebet. Geliebte! Für uns ist das , Vaterunser' das 
Gebet des Herrn. Es ist das Gebet, das Jesus Christus, der Herr, selbst 
verfaßt hat und seinen Jüngern mit den Worten gab: ,So sollt ihr beten!' 

Die Verhöhnung des hl. Sakramentes derTaufe ge- 
schah unter einem Bilde, das an heiliger Stätte wiederzugeben ich mich 
schäme. Ich muß annehmen, daß der Redner vom Wesen der Taufe- 
keine Ahnung hat. Höchstens scheint er zu wissen, daß die Taufe das 
Eingangstor zum Christentum ist, und verwirft sie deshalb, wie- er das 
wahre Christentum scheinbar selbst verwirft. Oder weiß er doch, daß 
die Taufe das von Jesus Christus eingesetzte, für den Menschen not- 
wendigste Sakrament ist, ohne das er nicht selig werden kann? 

Nicht verwundert, aber tief erschüttert hat mich das Wort des Red- 
ners: 

,Ich leiste für Deutschland jeden Meineid und, wenn es sein muß, 

jeden Tag 50!' 

Ob nicht wahrhaft christliche Männer und Frauen am liebsten auf- 
gestanden wären und ob einer solchen Ungeheuerlichkeit unter Protest 
den Saal verlassen hätten! Ob der Vorsitzende der Versammlung den 

160 



Redner zur Ordnung gerufen hat? Ja? Ich weiß es nicht. Aber das weiß 
ich aus einem Bericht, daß bei dieser Stelle ,allgemei.ner Beifall 
des Publikums' kam. 

,Arme Jugend, die du hingehen und die du das erleben mußtest! 
Armes Deutschland, w o h i n g e h s t du? Ist denn das Rechts- 
empfinden in deiner Seele schon so zerstört? Weißt du denn nicht, daß 
durch eine solche Herabwürdigung der Heiligkeit des Eides jede ge- 
ordnete Rechtspflege untergraben und das Vertrauen auf 
die deutsche Rechtsprechung vernichtet wird? Vor Gericht muß der 
Richter jeden Zeugen auf die lieiligkeit des zu leistenden Eides aufmerk- 
sam machen. Und hier wurde in aller Öffentlichkeit von einem hohen 
Staatsbeamten die Bereitwilligkeit zum Meineid für 
Deutschland offen ausgesprochen.. Auch für Deutschland darf 
ich keinen Meindeid leisten. Deutschland bedarf keines Mein- 
eides. Deutschland lehnt den zu seinen Gunsten abgelegten Meineid als 
unmoralisch ab und als seiner unwürdig. Abgesehen von der Unsittlich- 
keit und schweren Sündhaftigkeit auch dieses Meineides, wird der vor 
Gericht geleistete Meineid nach dem deutschen Strafgesetzbuch sogar 
mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft.' 

Der heilige Zeugniszwang des Bischofs 

,,. . . Diese Predigt war für mich heute heilige Pflicht. Wer in meinem 
hohen Alter steht, weiß, daß das Ende seines Lebens nicht mehr ferne 
ist. Ich muß bald vor meinem Richter erscheinen. Deshalb habe ich 
auch jüngst die drei großen Predigten über die ernsten Zeitfragen ge- 
halten. Ich will vor meinem Schöpfer mit reinem Gewissen stehen und 
ihm sagen können : Ich habe für die Wahrheit gekämpft und die Wahr- 
heit den Meinen verkündet, ob es gelegen war oder nicht, solange meine 
Kraft reichte, — ich habe um deines Namens willen Schmach und Ver- 
leumdung schweigend und geduldig ertragen — , ich habe die Meinen, 
die du mir anvertraut, als treuer Hirt bis ins letzte und kleinste Dörf- 
lein hinein mehr als einmal besucht, ihnen das Wort Gottes verkündet, 
ihnen, die hl. Firmung und den Hl. Geist gespendet, sie gestärkt und 
getröstet in schweren Zeiten. Ich habe sie geliebt bis zum Ende, auch 
wenn ich nicht mehr für sie arbeiten und nur noch für sie beten und 
opfern und leiden konnte'." 

Neben dieser feierlichen Verwahrung des Bischofs in beson- 
derer Predigt wurde aber noch in allen Kirchen der ganzen Diözese 
nachfolgender Protest verlesen: 

Erklärung des Hochw. Herrn Bischofs von Trier 

Am Sonntag, 30. November 1941, in den zwei letzten heiligen Messen 

zu verlesen. 

Am Samstag, den 22. November 1941, hat in einer öffentlichen Ver- 
sammlung in der Tonhalle zu Trier, zu der die ganze Bevölkerung 
durch die Presse und öffentlichen Bekanntmachungen an den Anschlag- 
> Säulen, eingeladen war, der Redner in seinen Ausführungen 

die Person Gottes, des Herrn, aufs schwerste beleidigt und Einrich- 
tungen und Lehren der christlichen Religion, wie die heiligen von 
Gott gegebenen 10 Gebote, das Gebet des Herrn, die Heiligkeit des 
Eides und das Sakrament der Taufe 

in schmachvoller Weise herabgesetzt und lächerlich gemacht. Im Nameir 
des christlichen Volkes, das sich durch diese Ausführungen in seiner? 
heiligsten Gütern angegriffen fühlt, und als Beschützer der Rechte Got^- 
• Kreuz und Hakenkreuz 11 Bd. 11 jßi 



tes und der Kirche, erhebe ich als Bischof hierdurch feierlich und 
öffentlich vor dem katholischen Volke unserer Stadt Einspruch 

gegen die Lästerungen des hl. Namens Gottes, 

gegen die Herabsetzung der hl. 10 Gebote des Herrn, 

gegen die Verspottung des hl. Sakramentes der Taufe, 

gegen die Verhöhnung des Gebetes des Herrn, des „Vaterunsers", 

gegen die Herabsetzung des Eides, die so weit ging, daß der Redner 
mit besonderem Nachdrucke erklärte, er leiste für Deutschland jeden 
Meineid, ja täglich 50 Meineide, wenn es sein müsse. 

Gegen den Redner habe ich bei dem Herrn Oberstaatsanwalt 
von Trier S t r a f a n z e i g e e r s t a 1 1 e t. Da ich weiß, daß eine solche, 
Versammlung auch in Koblenz am 33. November stattfand und der 
" Redner ähnliche Reden geführt hat, habe ich Abschriften dieser 
Anzeige auch an den Herrn 'Reichsjustizminister in Berlin und an 
den Heirn Generalstaatsanwalt in Köln gesandt. 

< Gegeben zu Trier, am 28. November 1941. , ' 

gez. Frz. Rudolf, Bischof von Trier. 

\ 

d) Bischof Dr, Konrad Graf von Preysing 

beleuchtete am 5. Dezember 1937 in ausführlicher Weise die Span- 
nung zwischen Kirche und Staat: ' 

„. . Die ernste Lage det katholischen Kirche in Deutschland, die 
Papst Pius XL in 'seiner Enzyklika ,Mit brennender Sorge . . .*' uns, auL- 
g'ezeigt hat, hat sich im Laufe des Jahres noch verschärft. Eine kirchen- 
feindliche Maßnahme löst die andere ab. Der dem Christentum feind- 
liche Geist beherrscht die Öffentlichkeit in zunehmendem Maße, die Ge- 
wissensnot wächst ... V , 

So wie man den Hl. Vater in Zeitungen, Zeitschriften und Reden 
immer wieder verdächtigt, als ob er mit seinen Kundgebungen poli- 
tischen Zielen diente, so wirft man auch uns Bischöfen voj;, daß wir die 
Grenzen unseres Amtes überschreiten und die Kirche in unsex'em Vater- 
lande zu politischen Zwecken mißbrauchen. Eine Reihe von Maßnahmen 
des Staates und der Partei, soll — so wird uns versichert — nur den 
Zweck verfolgen, die politisierende Kirche wieder in wahrhaft 
religiöse Gemeinschaft umzuwandeln. T a t s ä c,h 1 i p h richtet sich dieses 
Vorgehen gegen das wesensgernäße Wirken der Kirche, Da- 
bei sucht man das deutsche Volle glauben zu machen, daß bei uns Kirche 
und Christentum frei und ungehindert ihre Tätigkeit entfalten können . . . 

Jede Abwehr der hem.mungslo s en, die Sittlichkeitspro- 
zesse ausschlachtenden Propaganda wi rd unterbunden. Bro- 
schüren, die hierin der Wahrheit dienen, werden beschlag- 
nahmt. Dagegen dürfen Schriften erscheinen, deren sittengefährden- 
der, unwahrer Inhalt nicht bestritten werden kann. Die Bekennt- 
nisschule wird durch Gewaltmaßnahmen oder Zwangsabstimmun- 
gen beseitigt. Abwehrmaßnahmen werden durch geistigen und Xvirt- I 
schaftlichen Druck unterbunden ... 

Ihr selbst seht täglich die Auswirkungen des antikirchlichen und 
antichristlichen Geistes in der Öffentlichkeit. Es genügt, an einem 
Zeitungskiosk auf der Untergrund- oder Stadtbahn stehenzubleiben 
und sich die Auslagen anzusehen. In Bild, Karikatur, Schlagzeile, Pro- 
pagandaplakat, Broschüre, mitiallen Mitteln-. publizistischer 
Beeinflussung wird eine Einwirkung auf das deutsche Volk er- 
strebt, die zumal in den Seelen der Jugendlichen jede Achtung und 
Ehrfurcht vor Christentum und Kirche zum Erlöschen bringen muß. 

162 / 



Man kennzeichnet nur die wahre Lage der offenbarungsgläubigen Chri- 
sten in unserem Vaterlande, wenn man feststellt: 

,Der gläubige Katholik steht in Deu.tschland unter 
Ausnahmerecht. Er muß Spott und Hohn, Unfreiheit und Be- 
drängnis für seinen Glauben dulden, ohne sich verteidigen zu können, 
während die K'irchenfieinde Fi^eiheit des Wortes, de.s 
AngriffesunddesSpottesgenießen.' 

Man hört und liest demgegenüber: ,Eure Kirchen sind ja noch ge- 
öl^net. Eure Priester können ja noch die hl. Messe lesen und die Sakra- 
mente spenden. Die Kirche hat ja noch das Recht, Kirchensteuern zu 
erheben und erhält noch Zuschüsse vom Staat . . .* 

Ich antworte mit den Worten des Hl. Vaters aus seiner Enzyklika, 
in denen er seine Sorge über die Auswirkungen einer antichristlichen Er- 
ziehung der Jugend ausdrückt und die auf die Gesamtlage der Kirche 
in Deutschland zutreffen: ' • 

. ,Die Kirche Christi kann nicht erst anfangen, zu trauern und zu 
klagen, wenn die Altäre verwüstet werden, wenn sakrilegische Hände 
die Gotteshäuser in Rauch und Flammen aufgehen lassen. Wenn man 
versucht, den Tabernakel der durch die Taufe geweihten Kindesseele 
durch eme christusfeindliche Erziehung zu entweihen, wenn aus diesem 
lebendigen Tempel Gottes die ewige Lampe des Christusglaubens her- 
ausgerissen und an ihrer Statt das Irrlicht eines Ersatzglaubens gesetzt 
werden soll, der mit dem Glauben des Kreuzes nichts mehr zu tun hat, 
dann ist die geistige Tempelschändung nahe, dann wird es für jeden 
bekennenden Christen Pflicht, seine Verantwortung von der der 
Gegenseite klar zu scheiden, sein Gewissen von jeder schuldhaften Mit- 
wirkung an solchem Verhängnis und Verderbnis freizuhalten' 



,< « 



6. Verbundenheit von Oberhirten, Hirten und Herde, 

Mitten im langen, zermürbenden Kampf des Antichrists fehlte 
den Getreuen Christi nicht der Geist ihres Meisters, der gesprochen 
hat: „Ich bin der gute Hirt. Ich kenne die Meinen, 
und. die Meinen kennen mich. Ich gebe mein Leben 
'für meine Schafe." (Je. 10,14.) 

Bischöfe stellten sich schützend vor gefährdete Priester, 
ebenso standen an die 25 000 Priester treu in allen Gefahren und 
Beschwernissen zu ■ ihren Oberhirten. Laien aller Stände ver- 
dienten sich das Lob, das ihnen Papst Pius XI. im Weltrund- 
schreiben „über die Lage der katholischen Kirche im Deutschen 
Reich" spendete, daß „ihnen das Leid der Kirche und ihr eigenes 
Leid nichts geraubt hat . . . von ihrem Gehorsam gegen Bischöfe 
und Priester." Kampf und Leid schloß und schmiedete sie erst 
recht zusammen. und steigerte ihre Liebe und gegenseitige Ein- 
satzbereitschaft. 

Auch dafür ein paar Beispiele: 

a) Kardinal Faulhaber stellt sich vor seinen Männerapostel. 

Anfang Mai 1937 wurde dem Jesuitenpater 

RupertMayer, 

dem todesmutigen Felclseelsorger von 1914/18, dem unerschrockenen 
Vorkämpfer gegen den Kommunismus, dem Männerapostel Mün- ■ 

163 



chens, durch die Geheime Staatspolizei verboten, noch weiterhin 
in Versa m m 1 u n g e n zu reden. 

Am 28. Mai 1937 wurde ihm auch untersagt, in der Kirch 6 
zu predigen. Drei Tage darauf erhob Kardinal Faulhaber 
beim R e i c h s m i n i s t e r für die kirchlichen Angelegenheiten 
Einspruch gegen diesen Eingriff in kirchliche Rechte und gegen 
diese Entelirung eines hochverdienten Mannes' und tadellosen Prie- 
sters. Ordensleitung und Kardinal billigten den Entschluß 
P. Mayers, dem widerrechtlichen Verbot der 
Gestapo nicht Folge zu leisten gemäß dem apostolischen 
Grundsatz: ,,M;an muß Gott mehr gehorchen als den Menschen." 
Der Provinzial P. Rösch begleitete persönlich P. Mayer zu der 
nächsten Predigt. Acht Tage darauf, am 5. Juni 1937, wurde Pater 
Rupert Mayer verhaftet. 

Am 9. Juni 1937 richtete das Erzbischöfliche Ordinariat Mün- 
chen ein schaTfes Protestschreiben 

an den Reichsminister des Innern, 

an das Auswärtige Amt, 

an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, 

an die Geheime Staatspolizei München, 

an den Reichsstatthalter in Bayern, 

an den Bayerischen Ministerpräsidenten. 

"Eskam von keiner Stelle auch nur eine Zeile' 

Antwort. 

Am 30. Juni 1937 besuchte Kardinal Faulhaber 
persönlich den Pater im Gefängnis von Stadelheim in München, 
,,um unserem lieben Präses zu sagen, daß der Bischof und die 
katholischen Männer und das katholische Volk 
in München ihn nicht vergessen haben." 

Am 4. Juli 1937 benützte dann der Kardinal den ersten Kon- 
vent der Münchener Männerkongregation nach der Verhaftung, um 
selbst die Kanzel zu besteigen, von der herab sonst allmonatlich 
P, Mayer zu seinen Männern gesprochen hatte. Eminenz unter- 
brach hierfür eigens seine Firmungsreise und achtete nicht der Er- 
müdung, welche die vormittägige fünfstündige Einweihung der 
Rosenkranzkirche in Rosenheim hervorgerufen hatte. 

Er wollte ,,die erste feierliche Gelegenheit benützen, um öffent- 
lich zu erklären, mit welcher Bestürzung und Entrüstung, ja mit 
welcher Verbitterung die katholischen Männer Münchens die Ver- 
haftung von ■ P. Rupert Mayer am 5. Juni vernommen haben und 
wie schwer die Fortdauer der Haft auf den Katholiken lastet". 
,;Es ist Zeit zu reden", denn 

„Flammenzeichen rauchen". 

. „ . . . Pater Rupert Mayer ist als Volksmann mit dein Charisma des 
Wortes in . Versammlungen und Reden dem Kommunismus ent- 

164 



gegengetreten... er hat als Charakter vom Stil des hl. Johannes 
des Täufers auch den Großen der Erde die Wahrheit ins Gesicht gesagt. 
Er hätte längst frei werden können, wenn er unterschriftlich sich ver- 
pflichtet hätte, außerhalb von München nicht mehr zu predigen. Als 
Charakter konnte er aber den katholischen Grundsatz nicht verleugnen: 
,Das Wort Gottes läßt sich nicht in Fesseln legen' (2 Tim. 2,9). Er er- 
klärte: ,Ich kann das nicht unterschreiben' und blieb in Haft . . . 

Man wird sagen, P. Rupert Mayer habe Politik auf die 
Kanzel gebracht. Wie oft hat er dieses erlogene Schlagwort vom 
politischen Katholizismus zurückgewiesen! Der Führer hat in seinem 
Buch und immer wieder erklärt, er wolle kein religiöser Reformator sein 
und steht heute noch zu diesem Wort. Es sind aber andere starke Kräfte 
am Werk, die aus der politischen Bewegung durchaus eine zweite 
Reformation machen, die entgegen dem Wort des Führers das Chri- 
stentum und jedes christliche Bekenntnis auf deutschem Boden aus- 
rotten wollen, und gegen diese führte P. Rupert Mayer das Schwert des 
Geistes, wie das Wort Gottes im Epheserbrief genannt wird. Der Führer 
hat selber erklärt: ,Das Christentum war mit -dem deutschen Volk tau- 
send Jahre- verbünden. Diese Tatsache kann man doch nicht einfach ab- 
leugnen.' Und ich füge hinzu: ,Was tausend Jahre so innig miteinander 
verwurzelt und verwachsen war wie das Christentum und das deutsche 
Volk, kann man nicht auseinanderreißen, ohne daß beiderseits tiefe 
Wunden gerissen werden. Wer also die christliche Glaubens- und 
Sittenlehre im Volksleben verteidigt, hat auch der 
Volks- und S t a a t s g e m e i n s c h af t einen Dienst erwie- 
s e n.' Schon unter diesem Gesichtspunkt war die Tätigkeit von P. Rupert 
Mayer auch eine vaterländische, nicht bloß eine religiös-kirchliche 
Tätigkeit. 

Als Bischof gebe ich, zur Verhaftung von P. Rupert Mayer fol- 
gende grundsätzliche Erklärung ab: 

Der Staat hat kein Recht, einem Geistlichen die 
Predigttätigkeit im Kirchenraum zu verbieten, wenn 
dieser Geistliche die Anforderungen des Konkordats erfüllt und von 
seinem Bischof (wenn er Ordensmann ist, auch von seinen Ordensobern) 
die Sendung zur Predigttätigkeit erhalten hat. Predigt ist ein wesent- 
liches Stück der Seelsorge. Die Seelsorge aber ist eine rein innerkirch- 
liche Angelegenheit. Im Reichskonkordat Artikel 32 heißt es: Der Geist- 
liche soll keine parteipolitische Tätigkeit entfalten. Dazu wurde, zwischen 
Reichsregierung und Vatikan vereinbart: , Das den Geistlichen und Ordens- 
leuten Deutschlands in Ausführung des Art. 32 zur Pflicht gemachte Ver- 
halten bedeutet keinerlei Einengung der pflichtmäßigen Verkündung und 
Erläuterung der dogmatischen und sittlichen Lehren und Grundsätze der 
Kirche.' Der Staat hat also kein Recht, einem Geistlichen, dem der 
Bischof die Sendung zur Predigt gab, das Predigen zu verbieten 
und ihn im Weigerungsfall zu verhaften. In diesem Fall 
würde eine Stunde der Apostelgeschichte schlagen. Im Kapitel 4 und 5 
können Sie es nachlesen: ,Als die Apostel zum ersten Male ins Gefängnis 
geworfen wurden wegen Verkündigung des Wortes Gottes, versammelte 
sich, so erzählt die Apostelgeschiclite, der Hohe Rat der Juden: ,Man 
führte sie vor und fragte sie:. Mit welcher Vollmacht und in wessen 
Namen habt Ihr das getan?' Die Apostel antworteten: ,Im Namen Jesu, 
des Gesalbten von Nazareth, den ihr ans Kreuz geschlagen habt, den 
aber. Gott von den Toten' auferweckt hat.' Dann verboten sie ihnen, je 
wieder den' Namen Jesus zu predigen und zu lehren. Die Apostel aber 
erwiderten: ,0b es vor Gott recht ist, auf euch mehr zu hören als auf 
Gott, das möget ihr selber urteilen.' 

Katholische Männer! Die Verhaftung von P. Rupert Mayer hat außer 
der persönlichen zugleich eine überpersönliche Bedeutung. 

165 



Diese Vei'haftüng ist ein Zeichen, daß der Kulturkampf zur Ver- 
nichtung der katholischen Kirche in Deutschland ' in einen neuen Ab- 
schnitt eingetreten ist. Es naht die Entscheidung. Der Menschensohn 
hat die Wurfschaufel in die Hand genommen, um Weizen und Spreu zu 
sondern. Es rauchen Flammenzeichen und eines «tüieser Flam- 
nienzeichen ist die Verhaftung unseres Münchener Männerapostels. 

In der gi'oßen Rede von Fürstenfeldbruck (des Gauleiters Wagner) 
wurde die Verhaftung des P. Rupert Mayer mit der gesamten kirchen- 
jDolitischen Lage von heute in Verbindung gebracht. Dort wurde gesagt: 
,Ich muß mit Bedauern feststellen, daß es heute noch eine Kraft und 
eine Macht gibt, die sich störend in unserem völkische'n Leben bemerk- 
bar macht. Diese Kraft sind die Kirchen! Hören wir recht? ' 
Diese Kraft sind nicht die Freimaurer, nicht die Kommunisten, nicht die 
Bolschewisten! Diese letzte staatsfeindliche Macht, die jetzt noch nieder- 
geschlagen werden muß, sind die Kirchen! Die sind ,die einzigen', die 
sich nicht in die Volksgemeinschaft einfügen. Dieses Wort hat uns wie 
ein Flammenzeichen vezicündet, wo wir stehen. Es ist noch nicht lange 
her, da nannte man den Bolschewismus als .Staatsfeind ' Nummer 1'. 
Heute wird von diesem Staatsfeind gar nicht mehr gesprochen. Nun ist 
wenigstens Klarheit geschaffen. 

Ohne hier auf alle einzelnen Angaben der Rede von Fürstenfeld- 
bruck einzugehen, mache ich, ,in der Rede selbst' herausgefordert, nur 
diese kurzen Bemerkungen; Es wurde dort^ von den Zuschüsse'n des 
Staates a,n die Kirche und von den Gehältern" der Bischöfe ge- 
sprochen. Das haben wir in der marxistischen, Zeit oft gehört und in den 
Zeitungen der Kommunisten oft gelesen. Wir vermissen nur, daß in der 
Rede nicht auch über die Gehälter und Dispositionsgelder 
d e r. M i n i s t e r genaue Angaben gemacht wurden. Darüber wird man 
sich keiner Täuschung hingeben, daß diese Frage, die hier angeschnitten 
ward, die Frage der Gehälter und Ausgaben, in weiten Volkskreisen, be- 
sonders in Arbeiterkreisen weitergeführt wird. Noch mehr vermissen 
wir, daß dem Volk, das gegen die Kirche gereizt werden soll, nicht ge- 
sagt wurde: Diese Zuschüsse des bayerischen Staate^ an die katholische 
Kirche und die konkordatsmäßigen Gehälter der Bischöfe sind 
nur eine Abschlagszahlung für das, was der bayerische 
Staat in der Säkularisation den geistlichen Füi-stentümern und 
den Klöstern weggenom me n h a t. Der bayerische Staat gebe der 
Kirche die Grundstücke und Gebäude und besonders die ausgedehnten 
Waldungen zurück, die er in der Säkularisation der Kirche geraubt 
hat, und wir verzichten auf alle sta'atlichen Zuschüsse 
und alle Gehälter. 

Die Rede in Fürstenfeldbruck hat in einer frommen ' Anwandlung 
auf die Gleichheit der Menschen vor Gott und vor dem Gesetz hingewie- 
"sen. Wer will behaupten, daß' heute in der öffentlichen Beri^cht- 
erstattung über- die' Vergehen von geistliche^ Per- 
sonen und von Parteigenossen der Grundsatz der 
Gleichheit durchgeführt sei? Daß die Abwehr der Angriffe gegen 
die christlichen Bekenntnisse in der gleichen Reichweite erfolgen, könne 
durch Sender und- Presse wie die Angriffe selber? 

,,Die Flammenzeichen rauchen!" 

Woche für Woche dürfen in deutschen Zeitungen und Zeitschriften 
in Wort und Bild gegen katholische Bischöfe, gegen Dogmen und Ein- 
richtungen der Kirche die gemeinsten Schmähungen und 
Verleumdungen gebracht werden, ohne daß wir die Möglichkeit 
haben, am Sender, durch ein Korrespondenzbüro oder auch /hur durch 
die Kirchenzeitung die Unwahrheit als Unwahrheit bezeichnen. Wir sind 
im Gewissen verpflichtet, die staatliche Autorität zu ächten und müssen 
es erleben, daß die staatliche Autorität ruhig zusieht, wenn Woche für 

166 ^ 



Woche die kirchliche Autorität mißachtet und in den 
Schmutz getreten wird. Es gibt Reden und Zeitungsartikel, die; 
in der seelischen Auswirkung eine A u i' i; o r d e r u n g zur blutigen 
Beseitigung der römischen ,Volksschädlinge und 
S taat stein de' gleichkommen. Eine Zeitung durfte die deutschen 
Bischöfe in Bausch und Bogen als Hochverräter bezeichnen. Die F r o n- 
leichnamsprozessio.n, das öffentliche, rein religiöse Bekenntnis 
zum zartesten Glaubensgeheimni.s, durfte als staatsfeindliche 
Kundgebung hingestellt werden. Der ,Dui'chbruch' durfte über den 
Abschluß der Fronleichnamsprozession dieses Jahres in München Hetz- 
artikel bringen, und zum Beweis zwei Bilder wiedergeben, die aus einer 
früheren Zeit stammen und verlogenerweise als Aufnahmen von der 
diesjährigen Fronleichnamsprozession ausgegeben werden. 

Ich habe gestern aus Holland einen Brief mit verstellter Schrift er- 
halten, wodurch die G r e n z - u n d B r i e f p o 1 i z e i auf eine Zusam- 
menarbeit zwischen Katholizismus und jüdischem Bolschewismus und 
auf eine Verschwörung von katholischen Meuchel- 
mördern aufmerksam gemacht werden sollte. ,Den mündlichen Be- 
richt . des Pater Egidius', heißt es in diesem Schandbrief, ,nahmen wir 
mit großem Interesse entgegen . . . Von der jüdisch-deutschen Vereini- 
gung werden wir ihnen die nächsten Schritte brieflich mitteilen. Das 
von Ihnen gewünschte Gift, welches bei Gebrauch in kleiner 
Dosis mindestens Wahnsinn bringt, können wir Ihnen aus Indien wohl 
verschaffen. Wir raten Ihnen das Giftmittel aber einstimmig ab. Den... 
in Berlin kriegen wir auch so zu packen . . . Außerdem hat sich uns ein 
entschlossener Mann zur Beschickung gestellt, dem an diesem irdischen 
Jammertal nichts gelegen mehr ist. Unser gemeinsamer Plan wird und 
muß gliicken.' Als Unterschrift ein unbeholfen gezeichneter Sowjetstern. 
Die Fälschung schaut aus jeder Zeile heraus, und doch wird es bei uns 
Menschen geben, die solchen verbrecherischen Wahnsinn für möglich 
halten. 

So nenne ich auch die Verhaftung von P. Rupert Mayer 
ein Flamraenzeichen der Zeit. Als ihm verboten wurde, außer- 
halb der Kirchen in VersammKmgen zu reden, hat er sich an 
dieses Verbot gehalten. Ich stelle das ausdrücklich fest: Er hat in 
außer kirchlichen Versammlungen nicht mehr gere- 
det. Als ihm aber verboten wurde, in der Kirche zu 
predigen, konnte er in seinem Gewissen an dieses Ver- 
bot sich nicht halten. ,Es ist eine Zeit z\.i schweigen und eine 
Zeit zu reden.' ,Man muß Gotf mehr gehorchen als den Menschen.' 

In Regierungskreisen war man darüber entrüstet, daß die Verhaf- 
tung von P. Rupert Mayer in a vi s ländischen Zeitungen gehiel- 
det imd dabei mein Schreiben an das Kii'chenministerium erwähnt 
wurde. Ich gebe grundsätzlich keine Meldung an aus- 
ländische Zeitungen und habe noch in diesen Tagen die Ant- 
wort auf eine fernmündliche Anfrage aus London und andere Versuche, 
mich auszufragen, abgelehnt. Ich kann aber doch ein großes Erstaunen 
nicht unterdrücken, wenn ich höre, daß man sich über die Auslands- 
meldungen über unleugbare Tatsachen mehr entrüstet als über die Tat- 
sachen selber, in unserem Fall über die Verhaftung von P. Rupert Mayer. 
Die Verhaftung am 5. Juni wurde überall in München lebhaft bespro- 
chen. Die Berichterstatter der ausländischen Zeitun- 
gen in München müßten ja blind und taub sein, wenn sie von 
all diesen Dingen nichts erfahren würden." 

Der Schluß der mannhaften Predigt lautete: 

. „Wenn die Flammenzeichen rauchen, 
wird die Stunde Männer brauchen, 
nur am Kreuze wachsen sie." 

167 



b) Bischof Rackl von Eichstätt stellt sich vor seinen Dompfarrer. 

Nach der Ausweisung des Dompfarrers (12. April 1937 im Dom 

zu Eichstätt.) 

„Wohl selten wird ein Bischof von Eichstätt in solch gedrückter, 
trauriger Stimmung aui' die Kanzel seiner Kathedrale gegangen sein 
wie heute ich. Wahrhaftig in Ölbergstimmung! Meine Seele ist betrübt 
bis zum Tode. 

Ihr alle wißt, warum wir hier versammelt sind! Die Kathedrale, die 
mir bei der Ernennung zum Bischof von Eichstätt als besondere Wir- 
kungsstälte vom Hl. Vater übertragen worden ist, soll ihren Dompfarrer 
verlieren! Heute vormittag ist durch Gendarmerie dem Dom- 
pfarrer mitgeteilt worden, daß er innerhalb 24 Stun- 
den den Bezirk der Diözese Eichstätt zu verlassen habe. Ich habe 
heute Telegramme geschiclct: 

an den Stellvertreter des Führers, 

an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten in Berlin, 

an den Reichsstattlialter in Bayern, 

an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 

an die Politische Polizei in München. 

In allen Telegrammen habe ich Verwahrung und Berufung eingelegt, 
habe um den Schutz des Führers, um den landesherrlichen 
S c h u t z, um den Ivonlvordatlichen Schutz gebeten, habe 
ersucht, daß ein ordnungsgemäßes Disziplinar- oder Gerichtsverfahren 
eingeleitet werde und habe allen Behörden mitgeteilt, daß ich dem Dom- 
pfarrer den dienstlichen Befehl gegeben habe, seine Pfarrei nicht zu 
verlassen (stürmischer Beifall).' 

U n d a n Ic und Unrecht 

,Was mir und was euch allen wehe tut, ist dies: daß man einem 
hochgeachteten, arbeitsfreudigen, und allseits beliebten Priester das Recht 
kündigt, in seiner nächsten Ht;imat zu weilen. In der Heimat, für die 
er als Soldat und Offizier in viele Schlachten des Weltkrieges gekämpft 
und schließlich sein Herzblut vergossen hat. Unsere Zeit hat die glor- 
reiche Erinnerung an die großen Tage des Weltkrieges wieder mehr ver- 
standen und hat auch verstanden, was es um die Ehre des Soldaten und 
um die Ehre des Offiziers ist . . . 

Ich glaube, wir dürfen nicht bloß dem ,unbekannten Soldaten' ein 
Denkmal setzen, sondern, wir müssen vor allem dem bekannten Sol- 
daten ein Denl^mal der Dankbarkeit und Liebe setzen (Tosender Beifall). 
Und deswegen hat es mir zu tiefst wehe getan, daß man über einen 
Offizier eine Strafe verhängt, die früher die Polizei nur über Zuhälter 
verhängt hat, und daß man über diesen Offizier eine S t r a f e ver- 
hängte, ohne ein Ehrengericht einzusetzen! Jedem Angeklag- 
ten wird das Recht zugebilligt, daß nicht bloß der Ankläger gehört wird, 
sondern auch der Verteidiger, nicht bloß Belastungszeugen, 
sondern auch die Entlastungszeugen. Der ganze Offiziers- 
stand wird es als eine Schmach empfinden, wenn man einem seiner An- 
gehörigen die Selbstverständlichkeit eines Ehrengerichtes versagt. Dem 
Angeklagten ist nicht einmal schriftlich mitgeteilt wor- 
den, was gegen ihn vorliegt, sondern nur mündlich das Strafurteil mit- 
geteilt worden. Ich muß dann als Bischof mein Befremden darüber zum 
Ausdruck bringen, daß man es in keinem Stadium der Verhandlungen 
der Mühe wert gefunden hat, der geistlichen Behörde, dem 
Bischof oder dem Ordinariat auch nur eine Zeile mitzuteile ti^ 
daß irgend etwas gegen den hochgeachteten Priester vorliegt.' • 

168 



Gegen den staat marschiert? 

,Wenn ich nun frage: Was ist eigentlich das Vergehen, das der Dom- 
pfari-er begangen hat?'' dann l^ann ich nur sagen: ,Sein Vergehen war 
das, was für jeden Soldaten und Offizier, auch für den Soldaten und 
Offizier Jesu Christi das Höchste ist: Sein Vergehen war Treue! 
Gewissenhafte Pflichterfüllung bis zum Äußersten.' 

Wir erinnern uns noch, daß zu Beginn des Weltkrieges ein deutscher 
Offizier aus dem Fernen Osten telegraphierte: ,Einstehe für Pflicht- 
erfüllung bis zum Äußersten!' Vor diesem Offizier hat sich das ganze 
deutsche Volk in Ehrfurcht geneigt. Und ich meine, wenn heute ein 
junger Offizier Jesu Christi sagt: ,Einstehe für Pflichterfüllung bis zum. 
Äul:{ersten', dann kann ich nicht begreifen, daß ein deutscher Mann vor 
solch einem Pflichtbewußtsein sich nicht in Demut beugen soll. Aber 
heute haben wir in einer Zeitung ein Wort gelesen,' das gestern gespro- 
chen worden ist, und das lautet: ,Leider gibt es in Eichstätt immer noch 
Kreise, die meinen, gegen den Staat marschieren zu könne n." 

Im Lichte der heutigen Kriegserklärung — wenn ich so sagen darf — 
bekommt dieses Wort doch eine eigentümliche Färbung! Ich muß an- 
nehmen, daß man habe sagen wollen: , Insbesondere der Dom- 
pfarrer gehöre zu jenen, die gegen den Staat mar- 
schieren !' (Pfui-Rufe, stürmisch!). Meine Lieben! Noch einmal weise 
ich darauf hin: ,Wer im Kriege vier Jahre lang an der Front gestanden 
ist, an der vordersten Front für Deutschlands Ehre und Wohl, der ist 
nie gegen den deutschen Staat marschiert und kann nicht gegen den 
deutschen Staat marschieren (lauter Beifall). Und wenn dann ein Offi- 
zier des Vaterlandes noch Offizier der katholischen Kirche, ein Offizier 
Gottes geworden ist, dann ist die Treue auf seine Fahne geschrieben, 
auch die Treue gegen Staat und Vaterland. Und so treu liebt niemand 
sein Vaterland wie der katholische Priester.* 

Ich habe immer allen Behörden gegenüber in den letzten Jahren 
den Grundsatz vertreten: ,Wer sich wirklich gegen das wahre Wohl des 
Staates versündigt, der soll vom Staat bestraft werden, und ich bin der 
letzte, der vom Staat verlangt, daß er nicht auch gegen den Priester die 
Strafgesetze anwende. Aber eines muß verlangt werden: 
Recht und Gerechtigkeit! Was dem einen recht ist, ist dem 
andern billig. Aber wir haben oft das Empfinden, als ob gegen den 
katholischen Pfarrer alles erlaubt wäre.' 

; N i e ! N i e I 

,Ich habe gar oftmals auf den Ernst der Zeit aufmerksam gemacht 
und immer betont, daß der Kampf nicht ein politischer ist, und 
daß wir eigentlich nicht bestraft werden, weil wir gegen die Politik des 
Staates irgend etwas unternehmen wollen. Ich glaube, der Staat 
weiß, daß der Dompfarrer kein Revolutionär ist. (Bei- 
fall!) Der Kampf geht um zwei Weltanschauungen, die 
einander gegenüberstehen wie Feuer und Wasser. Und in diesem Kampfe 
merkt nun die Kirche, welch furchtbaren Gegner sie 
am Staat hat. Wir sind immer loyal gewesen und wollen dem Staat 
treuen Gehorsam leisten bis zum Tod (großer Beifall). Aber eines lassen 
wir uns von keiner Macht der Erde rauben: Unseren heiligen katholi- 
schen Glauben! Nie! Nie! Ihr habt vorhin spontan gesungen: Chri- 
stus, mein König, Dir allein schwör ich die Treue bis in den Tod! Und 
dieses Gelöbnis wollen wir halten.' 

Die Kirche keine bloße Dienerin des Staates! 

• ,Die Kirche würde sich versündigen, wenn sie die staatlichen Rechte 
nicht anerkennen würde; und der Staat würde sich versündigen, wenn 
Kreuz und Hakenkreuz 12 Bd. II ioq 



er die kix'chlichen Rechte nicht anerkennen wollte. Nun sehen wir leider 
Gottes immer wieder,, daß man die Kirche alsDienerin des Staates 
in dem Sinne behandeln will, als ob sie sich einfach allen willkürlichen 
Gesetzen beugen müßte. Wir haben es erfahren, wie die Kir.che, d i ,e 
Religion, die Religion der allerheiligsten Dreifaltigkeit und des Kreu- 
zes mehr und mehr aus deni öffentlichen Leben heraus- 
gedrängt wird, aus der Presse hinausgedrängt wird, mehr und 
mehr aus der Schule hinausgedrängt werden soll. Bisher hat man 
gesagt: ,Wir lassen die Geistlichen in der Kirche hantieren, .wie sie 
wollen.' Jetzt aber merkt man, wie die Geistlichen mehr und 
mehr aus der Kirche weggenommen werden. Ich habe' 
voriges Jahr in einer vielbeachteten Predigt in Ingolstadt gesagt, daß 
man im Kulturkampf der 70er Jahre dem Volke die Priester nehmen 
wollte. Damals wollte man ein Volk ohne Priester. Jn 
unseren Tagen hat man von der Aushöhlung der Kirche gesprochen. 
Man \Vollte zunächst das Volk wegziehen vom Priester, so daß schließ- 
lich der Priester allein in der Kirche wäre. Man wollte Priester 
ohne Volk. Und weil das nichts geholfen hat, weil man, sah, daß das 
Volk immer mehr in die Kirche hineinströmt (großer Beifall), jetzt 
kommt wieder der alte Schlachtruf des Liberalismus der 70er Jahrs; 
,Ich will den Hirten schlagen, dann wird sich die Herde von selbst zer- 
streuen.' Und deswegen, katholisches, christliches Volk, muß Du es wissen, 
worum es geht. EshandeltsichnichtumeinenEinzelfall! 
Ich könnte aus unserer Diözese mehr Beispiele anführen! (Pfui-Rufe). 
Deswegen, katholisches Volk, erinnere ich Dich hier, am Grabe des 
hl. Willibald, der uns vor mehr als tausend Jahren den hl. katholischen 
Glauben gebracht hat, dessen Gebeine hier ruhen, dessen Geist lebendig 
unter uns wohnt: Wir wollen vor diesem unseren Glaubensboten und 
dem im hl. Sakramente des Altares gegenwärtigen Heiland verspre- 
chen, daß wir. in unserer Treue gegen den katholischen 
Glauben und' gegen das Priestertumder katholischen 
Kirche uns nie wankend machen lasse n.'" (Lauter Beifall.) 

c) Dompfarrer Kraus von Eichstätt stellt sich vor seinen BiscUof. 

Predigt' im Dom'zu Eichstätt 30. Januar 1938, 

„Das ne.ue Jahr ist nun heraufgezogen und siehe, kaum hatte es 
begonnen, da zogen auch schon unheilschwangere Wolken herauf, der 
Sturm fegte durch • die Diözese, und im schai-feh Zusanimenprall . der 
Meinungen erscholl wilder Kampfruf. Der Name des B i s oh o f.s wurde 
mit leidenschaftlicher Erregung in den Tageskampf gezerrt, schwere Vor- 
würfe wurden gegen ihn erhoben, die sich schließlich zu der unfaßbaren- 
Anklage zusammenballten : ,Bischof Michael hintertreibt den 
Religionsunterricht' 

Da ist es wohl an der Zeit, den Blick yon der schwankenden Tages-r 
meinung hinweg auf die ewigen Wahrheiten zu . richten und ein f rei- 
mütiges und aufrichtiges Wort zu sprechen. 

Ich wende mich dabei an jene, die im Bischof den Vater und Hirten 
ihrer Seele sehen und darum • an jeder Kränkung,, die dem Bischof 
vViderfährt, mitleiden und mittragen. Ich wende mich auch an jene 
anderen, die dem Bischof ablehnend gegenüberstehen und die schwersten 
Vorwürfe gegen ihn erheben. Und Ihr dürft mir glauben; die Worte, die 
ich diesen zu sagen habe, werde ich mit besonderer Sorgfalt auf der 
Waage der Gerechtigkeit und Liebe wägen. Ich will ja nicht zerreißen, 
was noch irgendwie verbunden ist; ich möchte einen, was getrennt ist. 
— Ich will den Abgrund überbrücken, aber nicht die Kluft noch tiefer 
aufreißen Ich will hinüberrufen zum andern Ufer, daß wir zusammen- 
kommen, und unser Volk, das heute durch weltanschauliche Kämpfe 
zerrissen wird wie noch nie, zur Einheit führen, zur siegverbürgenden 

170 



Einheit aller in Christus Jesus. Und mag' man nmir hundertmal die Frie- 
densgesinnung absprechen, ich werde mich xiicht erbittern lassen und 
das Böse nicht nachtragen, ich will tragen und dulden, glauben und 
hoffen. Nicht mitzu hassen, mitzulieben bin ich da. 

Ihr kennt alle den erbitterten Kampf, 'der sich seit Jahr und 
Tag um die Schule, um die katholische, Schule erhoben hat. Ihr 
habt diesen Kampf ja selber miterlebt und mit tiefem Schmerz mit- 
ansehen müssen, wie vielfach mit Gewalt und Drohung die Gemein- 
schaftsschule erzwungen wurde, so daß Kardinal Faulhaber sich genötigt 
sah, bei der Reichsregierung Antrag auf Ungültigkeitserklärung der Ab- 
stimmung zu stellen. ■ 

Die Bekenntnisschule wurde als Schädling der Volksgemeinschaft 
öffentlich gebrandmarkt, ihre Anhänger als Feinde des Staates einge- 
schüchtert; Arbeiter, Angestellte, Beamte mit dem Verlust von Arbeit 
und Brot bedroht; armen Eltern wurde die Unterstützung aus dem 
Winterhilfswerk verkürzt oder entzogen. Um katholischen Eltern, die 
in schwerster Gewissensnbt waren, die Gemeinschaftsschule 
schmackhaft zu machen, hat man die Schlagworte in das Volk geworfen: 
,Es bleibt alles beim -alten'; das Kreuz werde nicht aus der Schule 
entfernt, die Pfarrer würden auch fernerhin den Religionsunterricht 
geben. Und in den letzten Wochen hat man als Krönung des Ganzen 
die Lehrer unterschriftlich verpflichtet, daß sie den Religionsunterricht 
auch weiterhin erteilen. 

Mitten in diesen Schulkampf hinein platzte eine Zeitungsnotiz des 
,Eichstätter Anzeigers': 

,Bischof Michael hintertreibt den Religions- 
unterricht.' 

Ich brauche wohl kein Wort wegen dieses Vorwurfes zu verlieren. 
Er ist so ungeheuerlich und so unsinnig, daß kein vernünftiger Mensch, 
geschweige denn ein denkender Katholik auf ihn hereinfallen konnte. 
Aber vielleicht ist es gut, wenn auch ihr wißt, wie es 
zu diesem Vor w u rfgekommenist. 

Am 11. Januar 1938 hat. Bischof Michael an die katholischen Lehr- 
kräfte im Bezirk Feuchtwangen geschrieben: ,Der katholische Religions- 
unterricht wird im Namen und Auftrag der katholischen Kirche erteilt 
und muß herauswachsen aus dem Glauben an die Wahrheit der katho- 
lischen Kirche. Die kommxende Gemeinschaftsschule steht bewußt und 
gewollt auf einem weltanschaulichen Standpunkt, der nicht katholisch 
ist. Wer deswegehinnerlich auf dem S tan dp unkt' der 
neuen Gemeinschaftsschule steht, löst sich innerlich 
vom katholischen Glaubensstandpunkt und kann in- 
folgedessen nicht mehr katholischen Religionsunter- 
richt geben. Ich glaube, die katholischen Lehrer sind mir dankbar, 
wenn sie von dem innerlichen Zwiespalt erlöst werden. Ich halte mich 
deswegen für verpflichtet, den katholischen Lehrern, denen ich für bis- 
herige wertvolle Mitarbeit im Religionsunterricht aufrichtigst und her-z- 
lichst Dank sage, zu erklären, daß der Bischof den kirchlichen 
Lehrauftragfür die Lehrerzurückziehenmüßte, wenn 
die Gedanken der neuen Weltanschauung in der 
Schule durch die Lehrer verwirklicht würden.' 

Den klaren, folgerichtigen Ausführungen des Bischofes ist kein Wort 
hinzuzufügen. Um so unverständlicher und imbegreiflicher erscheint es, 
daß man dem Bischof den Vorwurf machte, er hintertreibe den Reli- 
gionsunterricht. Wäre man wenigstens so ehrlich gewesen, zu schreiben! 
jBischof Michael hintertreibt einen R elig i ons un t erri-cht; 
der bewußt und g e'^w olltun katholischist.' 

Eis ist Aufgabe vmd Pflicht der Bischöfe dafür zu sorgen, daß ei(ii 
v/ahrhaft katholischer Unterricht gegeben werde. Von dieser Aufgate' 

171 



kann niemand den Bischof entbinden; denn diese Aufgabe ist ihnen von 
Jesus Cliristus selbst durch die Apostel gegeben worden. 

Bevor der Heiland in den Himmel aufgefahren ist, ist er zu seinen 
Aposteln getreten und hat gesagt: ,Mir ist alle Gewalt gegeben im Him- 
mel und auf Erden; darum gehet hin und lehret alle Völker, taufet 
sie . . . Und lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe.' Zu wem 
hat der Heiland dieses Wort gesprochen? Er hat es gesagt zu seinen 
Aposteln und in den Aposteln zu den Bischöfen, den Nachfolgern 
der Apostel. Er hat es nicht gesagt zu den Staatsmännern, 
n i c h t zu den politischen Amtswaltern, nicht zu den staatlichen 
L e^'h r k r ä f t e n. 

In Kraft dieses göttlichen' Auftrages müssen die Bischöfe die Gläu- 
bigen lehren; in Kraft dieser göttlichen Vollmacht können sie diesen Auf- 
trag an aridere weitergeben, freilich ihn auch wieder zurücknehmen. 
Und die Bischöfe müssen den kirchlichen Lehrauftrag 
zurückziehen, wenn der Lehz'ende, sei er Priester oder Laie, von 
den Lehren der Kirche, die die Säule und Grundfeste der Wahrheit ist, 
abgewichen wäre. Das ist göttliches Gesetz, das ist kirch- 
liches Gebot, das ist auch staatliches Recht. In Art. 22 
des RK. heißt es: ,Lehrer, welche wegen ihrer Lehre oder sittlichen 
Führung vom Bischof zur Weitererteilung des Religionsunterrichtes für 
tmgeeignet erklärt worden sind, dürfen, solange dieses Hindernis besteht, 
nicht als Religionslehrer verwendet werden.' 

5 F r a gen 

Nach diesen grundsätzlichen Ausführungen lege ich ein paar Fragen 
aus dem Reich der Tatsachen vor, und ich glaube, keinem von euch 
wird es schwer fallen, eine klare und beste Antwort zu geben. 

1. Frage: Kann, die Kirche, können. die Bischöfe den 
Lehrern, welche seinerzeit die Prüfung in der Religionslehre abgelegt 
und die kirchliche Sendung empfangen haben, ohne weiteres und 
allgemein axich für dieZuktinft die kirchliche Sen- 
dung lassen? — Die Frage ist unbedingt zu verneinen.^ 

'In weitem Umfang werden Klagen laut, daß Lehrer christliche 
Glaubenswahrheiten ablehnen oder bei einzelnen Glaubenssätzen Vor- 
behalte machen; daß sie das Alte Testament ganz verwerfen oder ein-,, 
zelne Tatsachen in Zweifel ^ehen und vor den Kindern lächerlich 
machen. 

Ein Lehrer, der solchermaßen mit der katholischen Wahrheit zer- 
fallen ist, kann keinen kirchlichen Religionsunterricht mehr geben; und 
der Bischof darf einem solchen Lehrer den kirchlichen Lehrauftrag nicht 
mehr lassen. Ja, der Bischof würde pflichtvergessen handeln, wenn er 
den kirchlichen Lehrauftrag nicht zurückzöge. 

2. Frage: Kann und darf ein katholischer. Lehrer 
Biblische Geschichte oder den Katechismusunterricht 
noch geben, wenn Staat und Partei ihn zwingen wollen, 
den Unterricht in einem Geiste zu geben, der den kirch- 
lichen Bestimmungen schnurstracks widerspricht? 

Die Antwort lautet klar und eindeutig: Wenn der Lehrer kein 
Heuchler, sondern ein aufrechter deutscher Mann ist, dann wird er 
keinen Religionsunterricht geben, der seiner innersten Überzeugung 
widerspricht. Der Bischof darf einem solchen Lehrer den kirchlichen 
Lehrauftrag nicht mehr lassen. Ja, der Bischof würde pflichtvergessen 
handeln, wenn er den kirchliche» Lehrauftrag nicht zurückzöge. 

3. Frage: Haben staatliche Stellen von Lehr Perso- 
nen schon einen Religionsunterricht verlangt, der 

172 



den kirchlichen Bestimmungen widerspricht? — Ja- 
wohl, das ist geschehen! In Württemberg hat der Kultusminister erklärt: 
.Gewisse Teile des Alten Testamentes könnten für den Religionsunter- 
richt nicht in Frage kommen, andere müßten in den Hintergrund, treten.' 

Der Anhaltische Staatsminister Freyberg hat Richtlinien für den 
Religionsunterricht herausgegeben, in denen es heißt: ,Der Religions- 
unterricht ist undogmatisch zu geben' (also ohne bindende 
Glaubenssätze). ,Das Alte Testament ist in vorsichtiger Auswahl heran- 
zuziehen. Der Kirchengeschichtliche Unterricht befaßt 
sich mit' der Geschichtedes deutschen Glaubens....' ,Der 
Unterricht des Katechismus in zusammenhängender Form bleibe dem 
Konfirmandenunterricht der Kirche überlassen!' 

Wenn ein katholischer Lehrer nach . diesen Richtlinien den Unter- 
richt in der Bibel oder im Katechismus gibt, kann der Bischof ihm den 
kirchlichen Lehrauftrag nicht mehr lassen. Ja, der Bischof würde pflicht- 
vergessen handeln, wenn er den kirchlichen Lehrauftrag nicht zurück- 
zöge. > 

4. Frage: Muß man fürchten, daß auch bei uns ein- 
mal eine Verfügung des Kultusministers kommt, die 
einen derartig zurechtgestutzten Unterricht ver- 
langt? 

Antwort: Ja, und zwar dann, wenn das Volk dazu reif gemacht ist. 
Der Württembergische Kultusminister hat nämlich erklärt, er äehe vor- 
erst von einer ins einzelne gehenden stofflichen Regelung für den Reli- 
gionsunterricht ata, da heute dafür der Zeitpunkt noch nicht gekom- 
men sei. 

Wenn aber dieser Zeitpunkt dafür gekommen ist — so können ■ wir 
fortfahren und ergänzen — , kann dann der Bischof noch den Lehrern 
den kirchlichen Lehrauftrag lassen? — Nein! Der Bischof ' würde sogar 
pflichtvergessen handeln, wenn er ihnen den kirchlichen Lehrauftrag 
nicht entzöge. 

5. Frage: Zeigen sich auch innerhalb der national- 
sozialistischen Bewe g'u ng Strömungen, die den Leh- 
rer veranlassen und drängen wollen, einen unkirch- 
lichen Religionsunterricht zu geben? 

Ja, solche Strömungen zeigen sich in erschreckender Deutlichkeit. 
Der , ,Schlesische Erzieher' , Zeitschrift des NSLB, Gau Schlesien, vom 
5. September 1937 schreibt: ,In unserer Schule soll die religiöse Er- 
ziehung nicht nur Sache eines Unterrichtsfaches sein, sondern er hat die 
Gesamtarbeit der Schule zu begleiten und zu durchdringen.' 

Ihr werdet denken: ,Das ist ja eine alte katholische Forderung; das 
ist es ja, was auch wir immer, verlangt haben, das ist es ja, warum wir' 
nie aufgehört haben, die Bekenntnisschule zu fordern.' Aber das dickere 
Ende kommt nach. Es heißt nämlich weiter: ,,Wi.e unsere Jugend 
erzogen wird, dafür sind nicht die Kirchen und die Geist- 
lichen einer Konfession, sondern einzig und allein der deutsche 
Erziehe r.selbst dem Staat und dem' Volk, unserm eige- 
nen Gewissen und auch Gott gegenüber verantwortlich. 

Es handelt sich nicht darum, daß katholische Lehrer katholische Kin- 
der, protestantische Lelirer protestantische Kinder, deutschgläubige Leh- 
rer deutschgläubige Kinder erziehen, sondern darum, daß der Lehrer 
alle Kinder nach seiner religiösen Überzeugung 
bildet' 

Wie diese religiöse Überzeugung gedacht ist, geht aus einem andern 
Beitrag des Sonderheftes hervor. Es heißt da — wohlgemerkt in einer 
clfiziellen Lehrerzeitschrift: ,Das Alte Testament ist nicht bloß entbehr- 

173 



( 



lieh, sondern schädlich.' — Wir haben die in den Kindern vorhandenen 
religiösen Keime zur Entfaltung zu bringen, und zwar 
in Richtung auf den deutsch geschauten Gott hin. — 
Es muß unserem deutschen Gewissen überlassen bleiben zu entscheiden, 
ob wir ein Wort der Bibel als ein Wort Gottes an uns anerkennen 
können oder nicht. — Sakramente, in dem Sinne zauberhafter Hand- 
lungen, durch die wir in eine mystische Vereinigung mit dem erhöhten 
Christus versetzt werden, kennen wir ebensowenig, wie Jesus Christus 
sie kennt.* 

Genügen diese Proben, zu zeigen, daß unsere Bischöfe das Recht, ja 
die Gewissenspflicht haben, Vorsorge zu treffen, daß nicht einmal Lehrer 
vor die Kinder hintreten und einen Religionsunterricht geben, ^ der 
niederreißt, was eine gläubige Mutter ins Herz ihres Kindes gesenkt 
und die heilige Mutter Kirche aufgebaut hat? 

Dem katholischen Lehrer, der offen erklärt und zu seinem Worte 
steht: ,Ich bin katholisch und werde den Religionsunterricht im Geiste 
der Kirche geben', einem solchen Lehrer wird der Bischof niemals den 
kirchlichen Lehrauftrag vorenthalten oder entziehen. 

Einem Lehrer aber, der innerlich mit der Kirche zerfallen ist, äußer- 
lich aber das Band mit der Kirche nicht löst, vielleicht, um i n der 
Kirche besser gegen die Kirche arbeiten zu können, einem solchen 
Lehrer kann der Bischof den kirchlichen Lehrauftrag nicht lassen, noch 
weniger geben. Ja, der Bischof würde pflichtvergessen handeln, wenn 
er ihm den kirchlichen Lehrauftrag nicht entzöge." 

d) Bischof Rackl von Eichstätt stellt sich vor einen Landpfarrer. 

Predigt in Ochsenfeld am Fest Christi Himmelfahrt 1937. 

Vorbericht: 

Vor 'acht Wochen erhielt Pfarrer Heinloth von Ochsenfeld bei 
Eichstätt durch die Geheime Staatspolizei München mündlich und 
ohne Angabe eines Grundes den strikten Befehl, seine Pfarrei und 
das Gebiet der Diözese Eichstätt innerhalb zweier Tage zu ver- 
lassen. Bischof und Ordinariat wurden davon bis 
heute in keiner W.eise verständigt. Seitdem muß die 
Pfarrei des Seelsorgers und jeden Gottesdie^istes entbehren . . . Das 
AUerheiligste wurde aus den Kirchen der Pfarrei entfernt, und das 
Ewige Licht ausgelöscht. Durch wiederholte Abordnungen ver- 
suchten die Pfarrangehörigen bei den zuständigen staatlichen 
Stellen den Ausweisungsbefehl der Geheimen Staatspolizei 
rückgängig zu machen, doch jedesmal ohne Erfolg, Kummer 
und Entrüstung steigerteii sich, als am 3. Mai ein Todesfall eintrat, 
da der Bischof für die Vornahme der Beerdigung auf der I^ckkehr 
des Pfarrers bestand und diese erneut verweigert wurde. Darauf- 
hin entschloß sich der Bischof, die Beerdigung 
selbst vorzunehmen. Die Nachricht davon verbreitete sich 
'Sehr rasch in der ganzen" Gegend, Unter ungewöhnlich großer Be- 
teiligung nahm der Bischof am Feste Christi Himmelfahrt persön- 
lich die Aussegnung und Beerdigung vor und sprach darnach zu 
den Angehörigen der verwaisten Pfarrgemeinde väterlich tröstende 
Worte, um sie zu weiterem, treuem Ausharren in ihrer schweren 
und unverschuldeten Lage zu ermutigen. 

174 , 



Predigt : 

„In christlicher Trauer Versammelte! 

Die liebe Verstorbene, deren irdische Überreste wir soeben der hei- 
ligen Erde übergeben haben, habe ich nie näher kennenlernen l^önnen; 
nur eines wfeiß ich von ihr, daß sie eine treubesorgte, edle, gute Mut- 
ter war. Als die Verhandlungen wegen der Beerdigung sein mußten 
und sich -aus den allseits bekannten Umständen Schwierigkeiten er- 
gaben, da haben die Angehörigen das schöne Wort gesprochen, das mich 
zutiefst ergriß'en hat: 

,Da~shatunser-eMutternichtverdient." 

,AusLiebezurMutter' 

Ich lag, da ich dieses Wort vom Herrn Qeneralvikar hörte, selbst 
krank zu Bette, das Bild meiner Mütter vor mir. Da dachte ich: ,In 
Gottes Namen, aus Liebe zur Mutter, aus Liebe zur himmlischen 
Mutter Maria, die die Namenspatronin der Verstorbenen war, aus Liebe 
zu meiner Mutter, aus Liebe zu dieser edlen, treubesorgten Mutter, an 
der ihre Kinder mit ganzem Herzen hingen, aus Ehrfurcht vor der 
^VTutterwürde und aus Liebe und Dankbarkeit, die der Bischof gegen die 
Mütter seiner Diözese hat, soll diese Mutter vom Bischof 
selbst begraben werden. Es soll am Feste Christi Himmelfahrt 
dieses Begräbnis der Mutter ein Trost und eine Freude sein für all die 
Armen und Kranken, und namentlich für die Mütter und die alten Leute, 
die in den letzten Wochen so oft den Trost unserer heiligen Religion ent- 
behren mußten!' 

. . . Wenn ich rede von der Mutter und von der Mutterliebe und 
Müttertreue und Muttersorge, dem Mutterleid und der Mutterfreude, 
dann denke ich in diesem Augenblick an die andere Mutter, die heilige 
Mutter, die katholische Kirche. Kein Name wird von der Kirche 
mit Bezug auf sich selbst lieber angewandt als der Name ,Sancta mater 
ecclesia'. ,Die heilige Mutter', die Kirche, ist eine Mutter der Liebe, eine 
Mutter der Sorge, eine Mutter, die uns nie vergißt im Leben und im 
Sterben. Der Vertreter dieser heiligen Mutter, der katholischen Kirche, 
ist der Priester. Da denke ich an ein Wort,, das einmal mein Vater ge- 
sagt h£^t; es war damals die Rede davon, daß mein Heimatpfarrer auf 
Reisen gegangen ser, und da klagten die Leute darüber, daß der Pfarrer 
fort sei. Ich sagte dann: ,Warum vergönnt ihr denn dem Pfarrer nicht 
auch eine Reise? Es gehen ja auch andere fort.' Da hat mein Vater das 
Wort gesprochen, das ich in meinem ganzen Leben nie vergessen kann 
und das ich oft den jungen Primizianten als Regens des Priesterseminars 
ans Herz gelegt habe': , Der Pfarrer ist die Mutter der Pfarrei. Es ist 
nichts, wenn die Mutter nicht daheim ist, und es ist 
nichts, wennderPfarrernichtdaheimist.' 

Aus Liebe zur verwaisten Pfajrrei 

,Meine lieben Pfarrang^hörigen von Ochsenfeld und Biesenhardt! 
Ich weiß, welch schweres Leid euch 'drückt, und ihr diirft überzeugt 
sein: Mit euch leidet der Bischof (lautes Schluchzen). Der Heilige Vater 
hat am Palmsonntag eine Enzyklika herausgegeben, die mit den Worten 
beginnt: ,Mit brennender Sorge.' Mit diesen tief erschütternden Worten 
möchte auch ich das zum Ausdruck bringen, was in den letzten langen, 
langen acht Woöheh um euch mein Herz bedrückt hat. ,Mit brennender 
Sorge' habe ich oft an euch gedacht. Ja, die Sorge brennt nicht bloß 
euch ums Herz, die Sorge brennt auch dem Bischof ums Herz. Mit 
brennender Sorge bin ich deswegen auch heute zu euch gekommen, um 
einmal als Bischof ein Wort hoherpriesterlicher, väterlicher Liebe zu 
euch zu sprechen . . . 

' 175 



Es ist mir ein großei' Trost zu wissen, daß die Pfarrei Biesenhardt 
fsst einstimmig, Oclisenfeld mit überwältigender Melirheit sich schirift- 
licli dafür eingesetzt liat, daß der Pfarrer wieder zurüclckommt. Gott 
vergelte euch diese Liebe! Gott vergelte euch diese treue Anhänglich^ 
keit an den Priester der katholischen Kirche! 

Meine Lieben! Ihr werdet in den letzten Wochen, wo ihr des Prie- 
sters entbehren mußtet, euch auch manchmal gefragt haben: ,Ja, könnte 
denn der Bischof die Sache nicht auch anders machen?' Da muß ich 
euch nun sagen: ,Ich kann beim besten Willen nicht, anders, so leid es 
mir tut und so sehr ich mit brennender Sorge und väterlicher Liebe an 
euer Leid denke.' Ich muß als Bischof der katholischen 
Kirche auch die gr.oßen Interessen der ganzen, heili- 
gen k a t ho lisch en Kirche im Auge behalten. Und ich bitte 
auch euch — ich hoffe ja, daß die Verbannung des Pfarrers bald ein 
Ende findet, ich hoffe sehr bald — , aber ich bitte euch:, Haltet stand in 
Gottes Namen, nicht mit Murren, nicht mit zorniger Anklage, sondern 
mit betender Liebe, mit betender Liebe!' 

Acht Wochen sind es her, daß euer Pfarrer den Ausweisungsbefehl 
aus der Diözese erhalten hat. Und ich muß auch an diesem offenen 
Grabe, umgeben von den Gräbern eurer lieben Toten, in der Nähe eures 
heimatlichen Gotteshauses es sagen: 

,Der Bischof weiß heute noch nicht, warum' 

Es ist mir imd dem bischöflichen Ordinariate nichts, aber auch gar 
nichts mitgeteilt worden, was der Pfarrer für ein Vergehen begangen 
haben soll. Ich kenne die Verteidigungsschrift des Herrn Pfarrers, die 
er im vorigen Jahre anfangs Oktober beim Bezirksamt eingereicht hat 
und worin er sich gegen gewisse Vorwürfe verteidigt. Da muß ich nun 
sagen: , Alles, was gegen den Pfarrer vorgebracht worden ist, scheint auf 
Mißverständnissen zu beruhen.' Er hat im vorigen Jahre eine Predigt 
gehalten über das Evangelium: ,Hütet euch vor den falschen Propheten!' 
Und da ist in seiner Predigt etwas hineingelesen oder herausgelesen oder 
herausgehört worden, was der Pfarrer nicht hineingelegt hat. Mehr kann 
icli nicht sagen. Ich weiß' nui: noch, daß einzelne Pfarrangehörige auch 
schriftlich für den Pfarrer eingetreten sind. Das ist der Tatbestand, der 
dem Bischof bekannt ist. 

Und da meine ich nun wieder, gerade angesichts des ewigen Richters, 
sagen zu dürfen, es ist eine .furchtbare Strafe über den Pfarrer verhängt 
worden, ohne daß ein förmliches Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet 
worden ist. Der Bischof hat das Recht und die Pflicht, die Ehre, die Frei- 
heit und die Rechte der katholischen Kirche zu schützen. Sollte der 
Pfarrer wirklich ein Verbrechen begangen haben, so bin ich der aller- 
letzte, der ein Verbrechen wegleugnen will. Ich bin immer für offene,, 
ehrliche, gerade Wahrheit, wo es sich um Priester handelt. Aber das, 
was über den Pfarrer verhängt worden ist, ist das, was man früher ge- 
heißen 'hat: jemand in Acht und Bann legen, jemand ächte», 
jemand aus der Gesellschaft und Gemeinschaft seiner näheren Heimat 
ausschließen. 

Und ich frage euch, insbesondere euch, Bauern: „Würdet ihr 
verstehen können, wenn man euch von Haus und Hof 
vertreiben würde, ohne daß man euch gericfitHch ein 
Verbr.echen nachgewiesen hat? Und deswegen sage ich und 
bitte ich alle, alle, wie ich alle Behörden gebeten habe, ich bitte auch 
alle Pfarrkinder: 

S teilt euch hinter die Ehre und Rechte euer es Pfar- 
re r s ! 

Der Segen Gottes ist immer dort, wo Recht und Gerechtigkeit 
walten.'" 

176 



e) Bischof Galen von Münster 

stellt sich vor verbannte Domkapitulare, Ordensleute, 
vor rechtlos Verfolgte und Gefangene." 

In einer gewaltigen Predigt am 13. Juli 1941, erhob Bischof 
Clemens August von Galen in Münster feierlichsten Einspruch 
gegen die Vertreibung von Ordensleuten und gegen die Willkür 
und Gewalttätigkeit der Gestapo. Darin sagte er u. a.: 

,, Schon mehrfach und noch vor kurzer Zeit haben wir es erlebt, daß 
die Gestapo unbescholtene, hochangesehene deutsche 
Menschen ohne Gerichtsurteil und Verteidigung ge- 
fangensetzte, ihrer Freiheit beraubte, aus der Heimat auswies und 
irgendwo internierte. 

In den letzten Wochen wurden sogar zwei Mitglieder meines 
engsten Beirates, des Domkapitels unserer Kathedralkirche, von 
der Gestapo plötzlich aus ihrer Wohnung geholt, aus Münster ab- 
transportiert, in weitentlegene Orte verlDannt, die ihnen als 
Zwangsaufenthalt angewiesen wurden. Auf meine Proteste beim Reichs- 
minister habe ich seit den vergangenen Wochen eine Antwort nicht er- 
halten. Aber soviel konnte durch telephonische Nachfrage bei der 
Gestapo festgestellt werden, bei keinem der Herren Domkapitulare liegt 
der Verdacht oder die Anklage einer strafbaren Handlung vor. Sie 
sind'völlig ohne jede eigene Schuld, ohne Anklage und die 
Möglichkeit der Verteidigung durch Verbannung bestraft. 

Und warum? Weil i c h etwas getan habe, das der ^eichsregierung 
nicht genehm war. Bei den vier Besetzungen von Domherrenstellen in 
den letzten zwei Jahren hat die Regierung in drei Fällen mir mit- ' 
geteilt, daß ihr die Ernennung nicht genehm sei. Weil nach 
den Bestimmungen des preußischen Konkordates von 1929 ausdrücklich 
ein Einspruchsrecht der Regierung, ausgeschlossen ist, habe ich in zwei 
von jenen vier Fällen die Ernennung dennoch voll- 
zogen. Ich habe damit kein Unrecht getan, ich habe nur mein ver- 
brieftes Recht ausgeübt. Ich kann das jederzeit beweisen. 

Man möge Aich vor Gericht stellen, wenn man glaubt, daß ich 
gesetzwidrig gehandelt habe. 

Ich bin sicher, kein unabhängiges deutsches Gericht wird mich 
wegen meines Vorgehens bei Besetzung der Domherrenstellen verurteilen 
können. 

jSchutzlos und wehrlos der Gestapo ausgeliefert' 

..Ist es deswegen, daß man nicht ein Gericht, sondern die Gestapo 
eingesetzt hat, deren Maßnahmen im Deutschen Reich einer gericht- 
lichen Nachprüfung leider nicht unterliegen? Der physischen 
Übermacht der pestapo steht jeder deutsche Staats- 
bürger schutzlos und völlig wehrlos gegenüber! Völlig 
wehrlos und schutzlos! Das haben viele deutsche Volksgenossen im Laufe 
der letzten Jahre an sich erfahren, so unser lieber Religionslehrer 
Friedrichs, der -ohne Verhandlung oder Gerichtsurteil gefangen- 
gehalten wird, so die beiden Herren Domkapitulare, die in der Verban- 
nung weilen; so erfahren es jetzt unsere Ordensleute, die gestern und 
heute plötzlich aus ihrem Eigentum, aus Stadt und Land vertrieben 
werden. 

177 



Keiner von uns ist sicher, 

und mag er sich bewußt sein, der treueste, gewissenhafteste Staats- 
bürger zu sein, mag er sich völliger Schuldlosigkeit bewußt sein, daß 
ernicht einesTages aus seiner Wohnun'g geholt, seiner 
Freiheit beraubt, in denKellern undKonze^ntrations- 
lagerniäer Gestapo eingesperrt wird. 

Ich bin mir darüber klar, das kann auch heute, das kann auch eines 
Tages mir geschehen. Weil ich dann nicht mehr öffentlich sprechen 
kann, darum will ich heute öffentlich sprechen, will ich heute öffent- 
lich warnen , vor dem Weiterschreiten auf diesem Wege, der nach 
meiner festen Überzeugung Gottes . Straf gericht auf die Menschen herab- 
ruft und zu Unglück und Verderben für unser Volk und Vaterland 
führen muß. 

Strafrecht, nicht Strafgewalt! 

Wenn ich gegen diese Maßnahmen und Bestrafungen der Gestapo 
protestiere, wenn ich öffentlich die Beseitigung dieses 
Zu Standes und die gerichtliche Nachprüfung oder 
Zurücknahme aller Maßnahmen der Gestapo fordere, 
dann tue ich nichts anderes, als was auch der Generalgouverneur und 
Reichsminister Dr. Frank getan hat, der im Februar dieses 
Jahres in der Zeitschrift der Akademie für deutsches Recht geschrieben 
hat: ,Wir wollen jene solide Ausgeglichenheit der inneren Ordnung, die 
da's Strafrecht nicht umkippen läßt, in die absolute Autorität 
staatsanwaltlicher Verfolgungsmacht gegenüb.er 
einem von vornherein verurteilten und jeglicher 
Verteidigungsmittel beraubten Angeklagten. Das Recht 
muß dem einzelnen die legale Möglichkeit zur Verteidigung, zur Auf- 
klärung des Tatbestandes und damit zur Sicherung gegen Willkür und 
Unrecht bieten . . . Sonst sprechen wir besser nicht von S t r a f r e,_c h t, 
sondern von Strafgewalt.' 

Meine Christen! Die Gefangensetzung vieler unbescholtener Per- 
sonen ohne Verteidigungsmöglichkeit und Gerichtsurteil, die Freiheits- 
beraubung der beiden Herren Domkapitulare, die Aufhebung der Klöster 
und die Ausweisung schuldloser Ordensleute, unserer Brüder und 
Schwestern, nötigen mich, heute öffentlich- an die alte, niemals er- 
schütterte Wahrheit zu erinnern: ,Justitia est fundam^ntum regnorum.. 
Die Gerechtigkeit ist das einzig tragfeste Fundament aller Staatswesen!' 
Das Rechtauf Leben, auf Unverletztheit, auf Freiheit- 
ist ein unentbehrlicher Teil jeder sittlichen Gemein schaftsordnung. 

Wieviele deutsche Menschen schmachten in Polizeihaft, in Konzen- 
trationslagern, sind aus ihrer Heimat ausgewiesen, die niemals von einemr 
ordentlichen Gericht verurteilt worden sind oder die nach Freispruch 
vor Gericht oder nach Verbüßung der vom Gericht verhängten Strafe 
erneut von der Gestapo gefangengenommen sind und in Haft gehalten 
werden! Wieviele sind aus ihrer iteimat und aus dem Ort ihrer Berufs- 
arbeit ausgewiesen! 

Ich erinnere erneut an den ehrwürdigen Bischof von 
Rottenburg, Johann Baptist Sproll, einen Greis von siebzig 
Jahren, der vor kurzem sein 25 jähriges Bischofsjubiläum fern seiner 
Diözese feiern mußte, Weil ihn die Gestapo vor drei Jahren aus 
seinem Bistum ausgewiesen hat. Ich nenne nochmals unsere 
beiden Domkapitulare, die H, Herren Vor merk und Echelmayer. 
Ich gedenke unseres verehrungswürdigen Herrn Religionslehrers Frie- 
drichs, der im Kz.-Lager schmachtet. Weitere Namen zu nennen, will 
ich mir heute versagen." 

178 



Der katholische Bischof gedenkt rühmend des 
evangelischen Pastors Niem jller: 

„Der Name eines e v a ng elischen Mannes, der im Weltkrieg 
als deutscher Offizier und Unterseebootkommandant sein 
Leben für Deutschland eingesetzt hat und nachher als evangeli- 
scher Pfarrer auch in Münster gewirkt hat und der jetzt schon 
seit Jahren seiner Freiheit beraubt ist, ist euch allen be- 
kannt, und wir haben alle die größte Hochachtung vor 
der Tapferkeit und dem Bekennermut dieses edlen 
deutschen Mannes. 

jWir fordern Gerechtigkeit' 

An diesem .Beispiel seht ihr, meine Christen, daß es nicht ein 
konfessionell- katholisches Anliegen ist, das ich heute 
öffentlich vor euch bespreche, wohl aber ein christliches, ja ein 
allgemein menschliches und nationales, religiöses An- 
liegen ist. ,Die Gerechtigkeit ist das Fundament der Staaten'. Wir 
beklagen es, wir beachten es mit größter Sorge, daß wir sehen, wie 
diesesFundamentheuteerschüttertwird, wie die Gerech- 
tigkeit, die natürliche und christliche Tugend unentbehrlich für den 
geordneten Bestand jeder menschlichen Gemeinschaft, nicht für alle un- 
zweideutig erkennbar gewahrt und hochgehalten wird. Nicht nur um 
der Rechte der Kirche willen; nicht nur um der Rechte der 
menschlichen Persönlichkeit willen, sondern auch aus 
Liebe zu unserem Volke und in ernster Sorge um unser Vater- 
land erbitten wir, verlangen wir, fordern wir: Gerech- 
tigkeit! Wer myß nicht fürchten für den Bestand eines Hauses, wenn 
er siehty daß die Fundamente untergraben werden?' 

Bei den Anordnungen von Strafverfügungen der Gestapo ist die 
Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgeschlossen. Da wir alle keinen Weg 
kennen, der für eine unparteiische Kontrolle der Maßnahmen der 
Gestapo, ihrer Freiheitsbeschränkungen, ihrer A u f e n t ~ 
haltsverbote, ihrer Verhaftungen, ihres Geiangen- 
h a 1 1 e"n s deutscher Volksgenoss e n im K z. - L a g e r gegeben 
wäre, so hat bereits in weitesten Kreisen des deutschen Volkes ein Ge- 
fühl der Rechtlosigkeit, ja feiger Ängstlichkeit Platz 
gegriffen, das die deutsche Volksgemeinschaft schwer schädigt. 

Die Pflicht meines bischöflichen Amtes, für die sittliche Ordnung 
einzutreten, die Pflicht meines Eides, in dem ich vor Gott und dem 
Vertreter der Reichsregierung gelobt habe, nach Kräften jeden Schaden 
zu verhüten, der das deutsche Staatswesen bedrohen könnte, drängen 
mich, angesichts der Taten der Gestapo diese Tatsache öffentlich aus- 
zusprechen. I , 

Man wird mir . vielleicht den. Vorwurf «lachen, mit dieser 
offenen Sprache schwäche ich jetzt im Kriege die innere 
Front des deutschen Volkes. Demgegenüber stelle ich fest: ,Nicht ich 
bin die Ursache einer etwaigen Schwächung der inneren Front, son- 
dern jene, die ungeachtet, der Kriegszeit, ungeachtet 
der augenblicklichen Not, ja jetzt hier in Münster zum Ab- 
schluß einer Schreckenswoche schauriger Feindangriffe, 
schuldlose Volksgenossen ohne Gerichtsurteil und Verteidi- 
gungsmöglichkeit in harte Strafen nehmen, unsere Ordensleute, 
unsere Brüder und Sch^yestern ihres Eigentums berauben, auf die Straße 
setzen, aus dem. Lande jagen! Sie zerstören die Rechtssicherheit, 
sie untergraben das .Rechtsbe w u ßtsein, sie vernichten das! 
Vertrauen aufunsere Staaatsführung. 

' . 179 



Und darum erhebe ich im Namen des rechtschaff,enen 
deutschen Volkes, im Namen der Majestät der Gerechtig- 
keit, im Interesse des Friedens und der Geschlossenheit der 
inneren Front m e i.n e Stimme, darum rufe ich laut als 
deutscher Mann, als ehrenhafter Staatsbürger, als Vertreter der christ- 
lichen Religion, als katholischer Bischof: 

,Wir fordern Gerechtigkeit!' 

Bleibt dieser Ruf ungehört und unerhört, wird die 
Herrschaft der Königin Gerechtigkeit nicht wieder hergestellt, so wird 
unser deutsches Volk und Vaterland trotz des Heldentums 
unserer Soldaten und ihrer ruhmreichen Siege an innerer Fäulnis 
und Verrottung zugrundegehe n." 

(Der Protest des Bischofs gegen die Verbannung der Ordensleute 
folgt unter C 2.) 

f) Ein Laie stellt sich vor den Priester, Gelehrten, Jesuiten. 

Am 3. Februar 1935 brachte die „Germania", Berlin, folgenden 
Brief: 

Ein bedauerlicher Vorfall an der Münchener Uniyersität. 

Sehr geehrter Herr Hauptschriftleiter! 

Als ich Ihren prachtvollen Artikel „Vertrauen um Vertrauen''' las, 
habe ich nicht gedacht, daß ich schon am andern Tag eine deutliche 
Illustration dazu erleben sollte. Am Montag s(511te im Rahmen eines Vor- 
tragsabends des Vereins „Akademisch-Gebildeter Katholiken" der be- 
kannte Philosoph Pater Erich Przywara (sein Vortrag auf dem 
Prager Philosophenkongreß ist noch in lebhafter Erinnerung) im großen 
Hörsaal der Universität München über das „Christlich-Heroische" spre- 
chen. Es kam jedoch nicht dazu. Ein Teil der Besucher, etwa 40 an der 
Zahl, meistens Angehörige des staatlichen Kameradschaftshauses, stör- 
ten den Redner durch Trampeln, Zwischenrufe, und ließen ihn kaum 
zu Wort kommen. Man warf mit faulen Eiern nach dem Pult, so daß 
der Vortrag nach wenigen Minuten abgebrochen werden mußte. An- 
schließend kam es dann noch zu Schlägereien. Der Führer der Studenten- 
schaft, Sigwart G o e 1 1er, war ebenfalls anwesend, ohne aber irgendwie 
einzugreifen und die Ruhestörer zur Ordnung zu mahnen. 

War eine derar.lge Provokation — und um eine solche handelt es 
sich doch offenkundig — wirklich nötig? Wir wollen nicht an die Volks- 
gemeinschaft appellieren; . wir wollen auch nicht an die vorbildliche 
nationale Haltung der Katholiken in der Saarfrage erinnern, die erst 
diesen glänzenden Sieg der deutschen Sache ermöglicht hat. Wenn 
irgend etwas dazu führen könnte, die Katholiken ins Getto zu treiben 
und in ihnen das- Gefühl zu überzeugen, als ob sie im heutigen Staat nur 
geduldet wären, so sind es derartige Zwischenfälle. Es widerspricht dem 
klaren Willen des Führers, daß irgendein Teil der deutschen Volks- 
gemeinschaft in dem Rechte benachteiligt wird, seine weltanschaulichen 
Grundsätze öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Eine Hochschule er- 
scheint zu allerletzt als der geeignete Boden, um geistige Auseinander- 
setzungen mit anderen als geistigen Mitteln zu führen. Es wäre daher 
dringend zu wünschen, daß derartigen Vorfällen in Zukunft vorgebeugt 
wird und die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden. Den Nutzen 
hat die Reaktion, den Schaden der Nationalsozialismus. Darauf hinzu- 
weisen, halte ich als Leser der „Germania" für meine Pflicht: Vertrauen 
um Vertrauen! 

■" Mit deutschem Gruß 

Max Eisner, München^ 
180 



g) Die „Katholische Aktion" stellt sich vor zwei verfolgte Priester. 

Der „Regensburger Anzeiger" vom 9. Mai 1933 brachte in 
großer Aufmachung nachfolgende Veröffentlichung: 

An di e B ay er ische S t a a t sr egi e r ung ) 

Das katholische Volk bittet um sofortige Freilassung seiner 

inhaftierten Priester. 

Auf die gestern gemeldete Verhaftung zweier katholischer Priester 
der Diözese Regensburg hin hat der Katholische Aktionsaus- 
schuß st'olgendes Protestschreiben an die Bayerische Staatsregierung 
zu Händen des Herrn Ministerpräsidenten S i e b e r t und Innenministers 
Wagner gerichtet: 

Zwei kathoUsche Priester der Diözese Regensburg, die Hochwürdigen 
Herren Dr. Bauer, Pfarrer von Schwarzhofen, und Beneflziat B r e u 
von Pösing, wurden auf Veranlassung eines örthchen Funktionärs in 
Schwandorf in Schutzhaft genommen. Es handelt sich also nicht um ein 
Vorgehen von Gerichten etwa wegen strafbarer Handlungen, sondern 
um einen Akt der politischen Verwaltung. Wir bitten um sofor- 
tige Aufhebung dieser Maßnahme untergeordneter 
Stellen, um Absetzung und scharfe Maßregelung der 
Verantwortlichen und um öffentliche Genugtuung 
für die öffentlich zugefügte Unbill. Reichsregierung und 
Staatsregierung haben wiederholt kundgegeben, daß Sonderaktionen 
nachgeordneter Organe künftig zu unterbleiben haben; wenn trotzdem 
sich derartige Ausschreitungen wiederholen, so wird es rücksichtslosen 
Zugreifens der Staatsregierung gegenüber den verantwortlichen Per- 
sonen bedürfen, um der katholischen Bevölkerung das Bewußtsein zu 
geben, gegen Willkürakte künftig unter allen Umständen geschützt zu 
sein. Wir bitten die untergeordneten Stellen insbesondere anzuweisen, 
daß Gewalttätigkeiten nicht bloß dadurch begegnet werden kann, daß 
der Angegriffene in Schutzhaft genommen wird, sondern daß in 
einem Rechtsstaate die Staatsgewalt ihre Stärke und ihren Willen zum 
Schutze der Ordnung in erster Linie durch energisches Zugreifen 
gegenüber dem Angreifer und Ruhestörer zu bewähren hat. 

Das Bischöfliche Ordinariat Regensburg wird nach Abschluß der 
Erhebungen in kürzester Frist eingehender Stellung nehmen; das katho- 
lische Volk bittet für seine Priester um sofortige Ver- 
fügung der dringendsten Maßnahmen. 

Regensburg, 8. Mai 1933. 

Im Auftrag der Katholischen Aktion 

gez. Michael Höfner, gez. Dr. Armin Schlegl, 

Bischöflicher Stadtkommissar, Dompfarrer. 1. Vorsitzender. 

7. „Treue Söhne und Töchter." 

„Vor unserem Auge steht die uhübersehhar große Schar 
treuer Söhne undTöchter, denen das Leid der Kirche 
in Deutschland und ihr eigenes Leid nichts geraubt hat von 
ihrer Hingabe an die Sache Gottesj nichts von ihrer zärtlichen 
Liebe gegen den Vater der Christenheit, nichts von ihrem Gehor- 
sam gegen Bischöfe und Priester, nichts von ihrer freudigen Bereit- 
schaft, auch in Zukunft — komme, was da wolle — dem treu zh 

181 



bleiben,, was sie geglaubt und von ihren Voreltern als heiliges Erbe 
erworben haben. Ihnen allen senden Wir aus gerührtem Herzen 
Ünsern Vatergruß." 

(Aus Enzyklika: „Mit brennender Sorge".) 

\ Schon im Vorwort wurde betont, daß zur vollen Schilderung 

und Würdigung des nationalsozialistischen Kampfes und des kirch- 
lichen Widerstandes auch noch Berichte von Einzel- 
personen, von den „Stillen im Lande" kommen müßten, 
die zu Hundei'ttausenden zäh kämpften und Schwerstes erduldeten, 
nicht etwa bloß im Gefängnis oder Konzentrationslager, sondern 
auch in der Fabrik, im Geschäft, in der Amtsstube, in der Schule, 
beruflich und außerberuflich, allein oder mit Frau und Kindern 
und Verwandten. 

Ihre Schar war wirklich, wie der Hl. Vater in obigem Wotte 
sagt, groß und unübersehbar, manchmal vielleicht nicht 
sichtbar, aber überall spürbar. 

Ihr Eifer, ihre Opferbereitschaft, Mitarbeit und Treue war ein 
gewaltiges Kraftzentrum des kirchlichen Widerstandes. 

Da waren Zehntausende katholischer Eltern in den 
Großstädten und Hunderttausende auf dem weiten Land, die' 
Dutzende von lockenden und drohenden Werberji der Simultan- 
schule abwiesen und immer wieder offen ihre Kinder .für die 
katholische Bekenntnisschule anmeldeten, ihnen nach Kürzung 
oder Wegfall' des schulischen Religionsunterrichtes selbst den Ka- 
techismus erklärten, mit ihnen zur Festigung des religiösen Lebens 
tagtäglich Morgen- und Abendandacht hielten usw. 

Da waren Söhne und Töchter,- jüngsten und vorgeschrit- 
tenen Alters, die ebenso treu zum Kreuz Christi wie zur Fahne 
eines katholischen Vereins hielten und anderen Stütze und An- 
eiferung wurden. , 

Da waren katholische Lehrer und besonders Lehre- 
r i n n e n, die auch in der Zwangsjacke der staatlichen Einheits- 
schule noch ganz im Geiste der Konfessionsschule weiterarbeiteten 
und unter besonderen Umständen auf dringendes Bitten von Eltern 
selbst die Betreuung der HJ oder des BDM übernahmen, um die 
Jugend nicht durch „Jugend führen und verführen zu lassen", 
^ sondern dem treu zu erhalten, ,,was sie geglaubt und von ihren 
Voreltern als heiliges Erbe erworben haben". 

Da waren einfache, Arbeiter und Arbeiterinnen, die 
in dem jahrelangen Konflikt zwischen „Arbeitsfront", und Katho- 
lischen Standesvereinen lieber auf alle Vorteile der „Arbeitsfront" 
und von „Kraft durch Freude" usw. verzichteten und selbst die 
Entlassung aus der Arbeitsstätte riskierten oder tatsächlich auf 
sich nahmen, als daß sie ihrem, katholischen Verein untreu 
wurden. 

182 - 



Da waren in staatlichen und gemeindlichen 
Ämtern genug Katholiken, die jahrelang Zurücksetzung um 
Zurücksetzuhg hinter jüngeren, minder qualifizierten Kollegen er- 
trugen, ja schließlich ihren Dienst quittierten, weil sie ihre katho- 
lische Haltung und Betätigung nicht aufgeben wollten. 

Da waren Polizeibeamte, Richter und Staatsanwälte u. ä., 
die trotz aller Gefahr den kirchlichen Behörden wichtige Rat- 
schläge, Nachrichten und Warnungen zugehen ließen, ebenso 
Wachtmeister in den Gefängnissen, welche Priestern 
und Laien die heilige Kommunion in die Zelle brachten, wie es 
dem Verfasser selbst wiederholt als größter Trost geschah. 

Da waren k a t h 1 i's c h e V e r 1 e g e r und B u c h d r u c k e r, 
denen durch Beschlagnahmen und „Sicherstelliingen" ihrer Druck- 
sachen Schaden nach Zehntausenden von Mark zugefügt wurden, 
die aber doch auch weiterhin nur katholische Werke druckten und 
herausgaben. 

Da waren katholische Abgeordnete, die ruhig mehr- 
mals ins Gefängnis oder Kz. gingen und sich doch nicht wandelten. 

Da waren katholische Geschäftsleute und In- 
dustri.eile, welche den aus der Schule vertriebenen katholischen 
Ordensfrauen in ihren Wohn- und Geschäftshäusern Obdach, Be- 
schäftigung und Lebensunterhalt boten, ja sogar eigene geschlossene 
Betriebe für sie eröffneten. 

Da waren Tausende von Katholiken, die immer wieder 
Treuekundgebungen für ihren Bischof wagten aus 
ehrlichem Verlangen, ihrem Oberhirten Genugtuung zu leisten für 
nationalsozialistische Schmähungen und Verleumdungen. Und als 
die Bischöfe sie baten, von „Heir'-rufen u. ä. um ihrer Sicherheit 
willen abzusehen, gehorchten si^, wenn auch schweren Herzens, 
und grüßten schweigend. 

- Und Jahr für Jahr gingen Beamte und Professoren weiter mit 
bei der Fronleichnamsprozession, mochten sie auch da- 
bei photographiert und alsbald als „Schwarze" auf die „Schwarze 
Liste" gesetzt werden. 

Und solange der k atholischen Caritas noch eine öffent- 
liche Straßensammlung gestattet war, hatte sie es nicht zu schwer, 
freiwillige Sammler und Sa mm 1 e rinnen zu finden: 
Tausende erklärten sich freudig bereit, stundenlang mit der Sam- 
melbüchse zu gehen und dabei von Nationalsozialisten Schmä- 
hungen, sogar Gewalttätigkeiten einzustecken. 

Und was redete, betete, kämpfte und duldete manche Frau, 
um ihren Mann davon abzuhalten, dem von Partei oder Gestapo 
oder einer nationalsozialistischen Gliederung ausgeübten Druck 
zum Kirchehaust ritt zu widerstehen und lieber Not 
und Entbehrung, Verspottung, Strafversetzung u. ä. zu leiden! 

183 



In Großstädten vereinigten sich Hunderte zum Paulus- 
diakonat oder einem sonstigen religiösen Bildungswerk, um 
sich während eines ganzen Jahres oder noch länger in wöchent- 
lichen Unterweisungen über katholische Glaubens- und 
Sittenlehre, Kirchengeschichte und -recht u. ä. das Rüstzeug zu 
holen, als Laienapostel an der Seite der Priester zu arbeiten, 
in Hausbesuchen, in der Fabrik, von Mann zu Mann usw. 

In München ward durch Laien das „S a u 1 u s d i a k o n a t" anr 
geregt und mitgetragen, um religiös Abgestandene, vom Glauben. 
Abgefallene, aus der Kirche Ausgetretehe, in wilder Ehe Lebende 
usw. aufzusuchen, in stundenlangen apologetischen Gesprächen 
wieder' aufzurütteln und zu besonderen Abendvorträgen in eine 
Kirche zu bringen. Wie oft wurde Herr Pf. deswegen zur Gestapo 
geladen, wochenlang eingesperrt — , arbeitete aber, kaum frei ge- 
worden, doch wieder weiter! 

Jungmänner und Jungmädchen kamen vor Antritt des Ar- 
beitsdienstes zur bischöflichen Behörde oder zum Seelsorger, 
um sich Konkordatsbestimmungen und staatliche Zusicherungen 
für die Freiheit des Gottesdienstbesuches zu beschaffen und damit 
sich und anderen im Lager das Recht zu erzwingen, sonntags 
in die Kirche zu gehen. 

Laien, Männer und Frauen, brachten jahrelang das Opfer, regel- 
mäßig in die Versammlungen der Deutschen Glaubens- 
bewegung, zu Ludendorff- Vorträgen, in Streicher-Schulungskurse 
usw. zu gehen, dort entgegen Verboten und Schikanen Notizen zu 
machen, noch zu mitternächtlicher Stunde sie zu Hause nieder- 
zuschreiben und schon in den ersten Morgenstunden dem Erz- 
bischöflichen Ordinariat zu bringen. 

Einzelne fuhren ins Ausland, nach Österreich, Belgien, 
Holland, Italien, in die Schweiz, um dortigen kirchlichen Kreisen 
oder der katholischen Presse ein wahrheitsgetreues Bild 
über die Kirc h^e nverfolgung und-bedrückung im. 
Dritten Reich zu geben, ihnen zu berichten über neue Verhaftungen 
von Geistlichen, neue Enteignungen von Klöstern, neue Schlie- 
ßungen von Kirchen, neue Gewaltmaßnahmen gegen katholische 
Vereine, neue Rechtsbeugungen im Schulkampf usw., sie riskierten 
dabei wortwörtlich ihr Leben, und einzelne verloren hiefür tat- 
sächlich den Kopf. 

Für jeden dieser Sätze ließen sich Beispiele anführen, auch für 
den letzten Teil des letzten Satzes. Ihnen allen gebührte ein eigenes 
literarisches Denkmal. 

Hier aber kann nur ein charakteristisches Beispiel heraus- 
gegriffen und ausführlicher dargestellt werden, nachdem es in allen 
Einzelheiten nachgeprüft, größtenteils aber selbst mitbeobachtet 
wurde. Es mag zeigen, unter welchen fortdauernden großen 
Schwierigkeiten einzelne Laien im Dritten Reich arbeiten mußten, 

184 



ja sogar da und dort äußerlich dabei sein mußten und doch ganz 
und gar, vorn Anfang bis zum Ende, innerlich dagegen waren 
und dagegen arbeiteten. 

In langer, harter Leidensschule. 

Der Nationalsozialismus begnügte sich nicht damit, die katho- 
lischen Ordensfrauen aus den pri\taten und öffentlichen 
Schulen zu entfernen — sein Kampf galt auch den 

katholischen weltlichen Lehrkräften, 

die sich nicht ,, umstellten", sondern weiterhin nach christlichen 
Grundsätzen in der Schule arbeiteten. 

Am schlimmsten wirkte sich dieser Kampf in den kleineren 
Landgemeinden aus, wo die Lehrkräfte häufig allein waren 
und dauernd von nationalsozialistischen Bürgermeistern, Orts- 
gruppenleitern, Schulleitern oder Kollegen, HJ-Führern usvv'. be- 
obachtet wurden. 

Zuerst wurden die Mitglieder der Marianischen Lehre- 
rinnenkongregation, wie sie in München und in ver- 
schiedenen Bezirksgruppen Bayerns bestand, aufs Korn genommen. 
Auf dem oft auszufüllenden Fragebogen stand ausdrücklich auch 
die Frage nach der Mitgliedschaft in der Kongregation. Und es kam 
vor, daß man vom Schulrat zitiert und mit wohlmeinenden Grün- 
den oder mit Drehungen zum Austritt aufgefoirdert wurde. 

Ebenso war der Kirchen besuch und Sakramenten- 
e mi p f a n g, die Beteiligung an religiösen Feierlichkeiten, Prozes- 
sionen usw. nicht selten Anlaß zu heftigen Vorwürfen von selten 
des Schulrates. Manche katholische Lehrkräfte sahen sich schließ- 
lich gezwungen, sonntags den Dienstort zu verlassen und an einem 
Ort, an dem sie unbekannt waren, der Sonntagspflicht zu genügen. 

Erst recht war es für eine katholische Lehrkraft in diesen 
Jahren geradezu ein Wagnis, einen Pfarrhof zu betreten. 
Es ^ab nicht leicht eine Schultagung, auf der nicht dieses Thema 
berührt und festgestellt wurde, daß nur ,,ganz charakterlose, im 
heutigen Staat unmögliche Leute noch in Verbindung mit dem 
Ortsgeistlichen stehen könnten." 

Mit besonderer Vorliebe ließen übereifrige nationalsozialistische 
Schulräte die katholischen Lehrkräfte durch HJ- 
Führer und sonstige eifrige Mitglieder der HJ überwachen. 
13- bis 16jährige Buben konnten so darüber urteilen, ob die Lehr- 
kraft des Ortes ,,national verlässig" oder „u n v e r 1 ä s s i g" 
war, ob sie befördert oder straf versetzt werden sollte. Dagegen 
wurden Lehrkräfte, die trotz ihrer früheren religiösen Haltung sich 
„umstellten" und aus ihrer antireligiösen und antikirchlichen 
Einstellung kein Hehl machten, offen bevorzugt und immer wieder 
als Beispiele genannt. 

185 



Schulungstage — Kampftage 

An Stelle der früheren Konferenzen, die der Bezirks- 
schulrat hielt, traten jetzt die „S chu lu n gs t ag e", die von' 
den Kreisamtsleitern des NSLB (Nationalsozialistischer 
Lehrerbund) durchgeführt wurden. ■ Für ihre Ernennung entschied 
nicht berufliche Tüchtigkeit, sondern der echt nationalsozialistische 
K ä m p f e r g e i s t. Das Niveau dieser ,, Schulungen" war auch 
meistens dementsprechend. Die berufliche Fortbildung nahm den 
geringsten Platz ein. Vorherrschend war immer der „weltanschau- 
liche" Teil der Schulung. Ein Schulrat z. B. konnte nicht oft genug 
öffentlich betonen: „Es ist doch ganz gleich, ob die Kinder etwas, 
mehr oder weniger lernen — die Hauptsache ist, daß der Lehrer 
ein Kämpfer ist — und in erster Linie geht dieser Kampf gegen 
die Pfaffe n." Die gemeinsten Verleumdungen gegen Papst, Bi- 
schöfe und Ordensleute, das Auftischen pikanter Pfarrhausgeschich- 
ten usw.-^waren der Hauptinhalt seiner ..Schulungen". Der gleiche 
Schulrat, der, wenn es über beruflich-wissenschaftliche Dinge ging, 
kaum einen Satz sprechen konnte, wurde zum gewandten Redner, 
Wenn er bei „seinem Thema" angelangt war; „Kampf gegen die 
Pfaffen!" 

Gelegentlich dieser Schulungen wurde auch weidlich über die 
mißliebigen „schwarzen Lehrkräfte" gespottet. (Es wurde z. B. die 
Todesanzeige der Mutter einer Lehrerin vorgelesen, in der stand, • 
daß sie am Abend eines Herz-Jesu-Freitags gestorben sei. Der 
Schulrat sagte dazu: „Das muß eine saubere Gesellschaft sein!" 
Ähnlich wurde über Kolleginnen, die im. Krankenhaus lagen und 
dort an einer Maiandacht teilnahmen, gespottet und geschimpft. 

Schulungslager — ihr Neben- o d e r H aup t.z i el 

Nervenzermürbend war die Teilnahme an einem „S c h u - 
lungslage r". Die sehr gute Verpflegung, der Sport und die 
Ruhe waren sicher eine willkommene körperliche Erholung. Aber 
die Vorträge der Lagerführerin und der Spezialreferentin ließen 
mehr oder weniger verschleiert erkennen, daß ein Hauptziel dieser 
Schulungslager war, diekatholischenLehrkräfteihrer 
Kirche zu entfremden. Religiöses und Katho- 
lisches herabzusetzen und den „Schwarzen" Angst um ihr 
berufliches Vorwärtskommen zu machen. 

Von allen Lagern hörte man, daß. gerade der Samstagabend 
meistens bis Mitternacht mit -Verpflichtungen belegt war. Der 
Grund dafür war sehr eindeutig. Man wollte den katholischen 
Lehrkräften die Lust nehmen, zum Sonntagsgottesdienst zu gehen. 
Trotzdem gab es immer so „unkameradschaftliche Leute", die schon 
• früh V26 Uhr aufstanden und so die anderen störten, „bloß damit 
sie in die Kirche laufen konnten". 

186 



\ 



Nach Polen: Auszeichnung oder Strafe? 

Als man für Polen deutsche Lehrkräfte brauchte, erging ein von 
Idealen Sprüchen triefendes Rundschreiben des Reichserziehungsmini- 
steriums an die Schulleitungen. Man wollte zuerst freiwillige Mel- 
dungen und setzte zur „Bedingung", daß „nur politisch ganz ein- 
w a ndfreie, verlä.ssi'ge Lehrkräfte, nur solche, die dem Na- 
tionalsozialismus Ehre machten, für die wichtige deutsche Angelegenheit 
sich bewerben". 

Von der Wichtigkeit dieser vaterländischen Aufgabe waren aber an- 
scheinend sehr wenige Lehrkräfte überzeugt.. Es kamen nur wenige 
freiwillige Meldungen. Man mußte darum zu amtlichen Berufungen 
schreiten. Dabei konnte man die Beobachtung machen, daß Schulräte 
gerade solche Lehrkräfte, die ihnen mißliebig waren, nach Polen ab- 
schoben, vor allem „schwarze". 

Der zuständige Kreisamtslei^er des NSLB im Kreis Laufen gab 
an- einem Schulungstag sogar- bekannt, daß er dafür sorgen würde, Lehr- 
kräfte, die sich immer noch nicht umstellten und immer noch in die 
Kirche liefen, weiterzuschaffen. „Für diesen Zweck" (Abschiebung nach 
Polen) würde er alle „Schwarzen" für „national zuverlässig" erklären. 

Wofür Schulräte und Kreisbeauftragte warben! 

Es gab Schulräte, die mehr oder weniger offen dafür warben, 
daß Lehrerinnen ohne Rücksicht auf religiöse Bindungen für 
ledige Kinder sorgen sollten. Ein Schulrat" (St. in Tr.) gab in 
einem besonders „geschmackvollen" offiziellen Schreiben an die 
Schulleitungen sogar die Anregung, Lehrerinnen und Geistliche 
sollten da zusammenhelfen. Den Geistlichen versprach er, daß er 
sie dapn wieder „als Männer" betrachten würde. Rühmend gedachte 
er in diesem Rundschreiben einiger Lehrerinnen des Bezirkes, die 
in' diesem Sinn schon „vorbildlich wirkten". ' 

Durch alle diese Jahre zog sich auch die beständige Werbung 
unter den katholischen Lehrkräften für den Austritt aus der 
Kirche. Lehrkräfte, die diesen Schritt taten, durften sich der 
ganz besonderen Bevorzugung der. Schulräte erfreuen und erhielten 
Vertrauensposten, z. B. den des Kreisbeauftragt e n. Einer 
dieser Kreisbeauftragten' stellte in einer sehr eindeutigen und ge- 
radezu bedrohlichen Weise fest, daß ,, jetzt endlich alle Brücken zu 
früheren Bi.ndungen gebrochen werden müßten, i^ücksichts- 
los" — und der Schulrat ergänzte diese Ausführungen mit der sehr 
bemerkenswerten Feststellung: „Diejenigen 'unter uns — wir kennen 
sie — , die nicht alle Beziehungen zur alten V/eltanschauung brechen' 
wollen, sollen wenigstens so anständig sein und um ihre Entlassung 
nachsuchen. Es ist nicht angängig, sich vom Staat zahlen zu lassen, 
wenn man nicht im Sinne des Staates arbeitet." Einige wollten 
dies daraufhin tatsächlich tun, erhielten aber von berufener geist- 
Ucher Seite den Rat: „Unter keinen Umständen um Entlassung 
nachsuchen! Diese Herrschaften sollen den Mut haben, katholische 
Lehrerinnen mit dieser Begründung selbst zu entlassen!" 

187 



Totschweigen! 

Eine besonders heimtückische Art gegen katholische 
L e h r k r äf t e vorzugehen war, die guten Leistungen dieser Seite 
herabzusetzen oder totzuschweigen. 

Ein paar Beispiele: 1940 wurde die erste Heilkräuter-Samm- 
lung der Schulen durchgeführt. Das Ergebnis der Schule einer katho- 
lischen Lehrerin stand weit über dem Ergebnis aller anderen Schulen — 
wie der Leiter dieser Sammlung ausdrücklich sagte — , und zwar quali- 
tativ und quantitativ. Bei dem in der Zeitung erscheinenden Bericht 
konnte man zwar nicht umhin, wenigstens den Namen der Schule 
mit dem besten Sammelergebnis zu nennen. Aber auf ausdrückliche An- 
ordnung des Schulrates durfte der Name der ,;schwarzen Lehrerin" nicht 
genannt werden. 

Ähnlich war es, als die gleiche Lehrerin an einen anderen Ort kam. 
Auch hier hatte sie die besten Sammelergebnisse. Die Sammelleiterin 
schrieb ihr zwar: „Ihr Sammelergebnis ist sowohl nach Menge als nach 
Güte über alles Lob erhaben und kann mit anderen Schulen gar nicht 
verglichen werden. Am liebsten würde ich die Sendung auf einem Wagen 
von Schule zu Schule fahren . . ." usw. Aber öffentlich durfte diese 
Anerkennung nicht ausgesprochen werden. Im Gegenteil, bei einer Kreis- 
ausstellung waren die Berichte und Statistiken direkt iireführend. Die 
Schule mit dem besten Ergebnis durfte keine einzige Zeichnung zur Heil- 
kräutersammlung öffentlich zeigen. Auf der ausgestellten Statistik über 
das Ergebnis wurde der Name der Schule rot unterstrichen, welche 
lediglich die Statistik gefertigt, selbst aber ein ganz schlechtes Sam- 
melergebnis hatte. Die Leute mußten so glauben, daß die rot unterstii- 
chene Schule den besten Ertrag eingebracht hätte. 

Selbst die Kinder der katholischen Lehrkraft merkten die Ungerech- 
tigkeit und sagten ihr: „Fräulein, wir wissen es schon: Wenn du nicht 
so katholisch wärst und wenn du bei der Partei wärst, dann hätten sie 
es schon gesagt, daß wir die besten sind." 

NationalsozialistischeUnehriichkeitundHinterhäl- 

t i g k e i t ! 

Ganz auffallend und in wirklich empörender Weise kam diese Ein- 
stellung zum Ausdruck bei einer Kreisausstellung 194 4. Das 
ganze vorausgegangene Jahr schon kamen Schreiben vom Schulrat und 
NSLB und Kreisleitung am laufenden Band, daß jede Schule auf das 
strengste verpflichtet sei, Beiträge für diese Ausstellung (Zeichnungen, 
Bastelarbeiten . . .) zu liefern. Es war sehr unsympathisch, für eine Par- 
teiveranstaltung, wie ein Kreistag immer war, in der Schule zu ar- 
beiten; doch sprach für die Mitarbeit 1. die Rücksicht auf die Schule, 
die wegen ihrer „Schwarzen Lehrerin" verrufen war und deshalb immer 
nur über die Achsel angesehen und abfällig beurteilt wurde, hier nicht 
versagen durfte; 2. die Rücksicht auf die armen Kinder, die einen 
Anteil an den vom Kreisleiter in Aussicht gestellten Geldpreisen sehr 
wohl brauchen konnten. 3. Es ließen sich Zeichnungen über alte, zum 
Teil religiöse Volksbräuche anfertigen, die dem Nationalsozialismus nicht 
das geringste Zugeständnis machten, für die Kinder aber sehr lehrreich 
.waren. 

Die fertigen Arbeiten mußten zuerst in einer „Ortsausstellung" 
gezeigt werden. Eine Kommission sollte diese alle besuchen, Preise ver- 
teilen und eine Auswahl für die Kreisausstellung treffen. Der Herr. 
Kreisleiter kam zwar in die Nähe der „Schwarzen Schule", aber er fuhr 
schließlich doch nicht dorthin, „weil es so weit war". Die Lehrerin aber 
mußte drei Jahre lang täglich den gleichen Weg in die Schule machen; 

188 



ihr du'rfte es nicht zu weit sein. Dfe ganze Gemeinde — vom Bürger- 
meister bis zu den kleinsten Schulkindern — hatte recht gut verstanden, 
warum es dem Kreisleiter zu ihnen „zu weit" war!! 

Nun wählte die Lehrerin selbst einen Icleinen Teil aus 52 Arbeiten 
aus und schickte ihn ein. Die Ausstellung war in den Ferien. Am Er- 
öffnungstag wurde sie schon vom Kreisleiter, Schulrat und anderen 
hellen Herrn besichtigt. Drei Tage später fuhr die Lehrerin eigens nach 
dem Kreistagungsort, um die Ausstellung zu sehen. Im Zug erfuhr sie 
schon, daß alle Schulen ausgestellt hätten, „nur die Schwarze Lehrerin 
hat natüi^lich wieder nicht mitgetan und nichts gemacht, obwohl es Vor- 
schrift gewesen ist". Als sie in die Ausstellung kam, mußte sie sich über- 
zeugen, daß von ihren Arbeiten keine einzige zu sehen war. Die 
„Kollegen", welche die Veranstaltung betreuten, erschraken sichtlicli, als 
sie die „Schuldige" kommen sahen, der eine verschwand sofort durch 
die Hintertür. Als die Lehrerin den zweiten zur Rede stellte, warum von 
ihrer Schule keine Arbeit ausgestellt sei, meinte er zuerst: „Ja, da wer- 
den Sie schon nichts eingeschickt haben." Als ihm aber bewiesen wurde, 
daß die Arbeit bestimmt und persönlich abgegeben worden sei, hatte er 
tausend Ausflüchte: „Nicht geeignet für die Ausstellung, zu l^lein usw." 
Das war nun doch zu stark; denn die Arbeiten entsprachen be- 
stimm't allen Anforderungen: sie waren alle sehr groß, farbig, deutlich. 
Kein Strich an ihnen war von jemand anderem als den Kindern selbst. 
Das Urteil dieses „Kollegen" war um so ungerechter, als von anderen 
Schulen je 40 und 50 Arbeiten ' ausgestellt w,aren, die den Anforde- 
rung e n i nk e i n er Weise entsprachen, zum Teil nur die Größe 
von Schulheftblättern hatten, auch auf den ersten Blick die Hilfe von 
Erwachsenen verrieten. Die Lehrerin verlangte nun den Schlüssel zum 
Lagerraum der Ausstellung — , einem Schulzimmer. Dort konnte nun 
festgestellt werden, daß ihre Arbeiten buchstäblich unter die Bank 
geworfen waren! Und das getraute man sich, obwohl es w e i t - 
ausdiebestenArbeitenwar,en! 

Eine als Nationalsozialistin und Freundin Adolf Hitlers bekannte 
Person, die gleichzeitig die Ausstellung besuchte, hatte die Auseinander- 
setzung mit dem aufsichtführenden Kollegen beobachtet und äußerte laut 
ihre Empörung über diesen „Schwindel", der nicht einmal vor den Ar- 
beiten von Schulkindern haltmäche. In ihrer Gegenwart zwang die 
Leiirerin den aufsichtführenden Kollegen, vier Arbeiten ihrer Schule 
noch an gut sichtbarer Stelle unterzubringen. Die anwesenden zahl- 
reichen Ausstellungsbesucher stimmten ihr lebhaft zu und äußerten Ab- 
scheu über das Verhalten der Ausstellungsleitung. Das Urteil in der 
Gemeinde war allgemein: „Es darf doch nicht sein, daß die Schulkinder 
einer ,Schwarzen Lehrerin' weita'us bessere Leistungen haben als die 
Kinder anderer Schulen mit nationalen Lehrkräften." 

Zurücksetzungen und Versetzungen: 

Im Sommer 1941 gab der Schulrat bei einer Schulung bekannt, 
daß im Herbst eine Hauptschule errichtet würde, für die er 
zwei geeignete Lehrkräfte vorschlagen solle. Er sagte: ,,Ich als 
Schulrat kann natürlich nur s o 1 c he Lehrkräfte vorschlagen, die 
dieser neuen Aufgabe gewachsen sind als Lehrkräfte. Was aber 
der Regierungsschulrat Streicher zu meinen Vorschlägen sagen 
wird und ob er damit einverstanden sein wird, das ist eine andere 
Frage. Sie wissen, da spielen andere Dinge herein." Unter den 
drei vorgeschlagenen weiblichen Lehrkräften war auch die katho- 
lische, aber politisch verfemte Landschullehrerin. Diese kam aber 
nicht an die Hauptschule, obwohl Lehrkräfte und Eltern der 

189 



'Provinzstadt dies dringend gewünscht hätten — ihnen, war sie aus 
der Zeit einer Aushilfeleistung bekannt — Sqhulrat Streicher war 
nicht einverstanden mit ihrer „schwarzen'' Art. 

Da und dort haben Schulbehörden es sehr gut verstanden, 
„schwai'z" angeschriebenen Lehrkräften möglichst viel, Arbeit auf- 
zubürden, irri Krieg vor allem solche von einer Aushilfe zur 
.anderen zu schieben Katholische Lehrkräfte mit IS^und 20 
Dienstjahren mußten auf Kriegsaushilfe. Viel jüngere national- 
sozialistische Kolleginnen aber wurden nie zu einer Aushilfeleistung 
herangezogen. Als gelegentlich einer Schulung der Schulrat eine 
junge Lehrerin für eine Aushilfe bestimmte, widersprach diese 
heftig: „Kommt gar nicht in Frage, da bin ich so weit weg vom 
Verkehr, da kann ich meinen Bräutigam nicht mehr treffen . . ." 
Der Sehulrat hatte nicht den Mut, entgegen diesen Gründen die 
junge Lehrerin einfach für diese Schule zu bestimmen. Nun wies 
er der älteren ,, schwarzen" Lehrerin diesen Posten an. Als sie es 
wagte, in höflicher Form zu widersprechen, da sie eben erst von 
einer Aushilfe an ihren Dienstort zurückgekehrt war, hatte er aber 
sehr wohl den Mut, ihr zu sagen: „Bitte, keinen Widerspruch! ' Sie 
wissen, daß Sie froh sein nwssen, wenn Sie im Dienst belassen 
werden!" 

Wie man mit antinazistischen Lehrkräften, die noch dazu „schwarz" 
waren, umgesprungen ist, zeigt auch folgendisr Fall. Im Oktober 1941 
wurde eine katholische, politisch „unzuverlässige" Lehrerin von ihrem 
WJrkungsort weg an die verrufenste Schule des -Kreises befohlen. Der 
dortige 'Pfarrer War auf Anzeige der Schulleiterin eingesperrt, die Leh- 
rerin versetzt worden, eine junge Aushilfe war davongelaufen, seit 
14 Tagen- fand kein Unterricht mehr statt, die Disziplin in der Schule 
war vollständig verwildert, das Schriftwesen in skandalösem Zvistand. 
Der Schulrat fügte der Anweisung bei, er brauchte die Lehrerin not- 
wendig für diese Aushilfe. Es sei sehr schwierig, und er wisse sonst 
niemand, der dieser Aufgabe gewachsen sei. Der Bürgermeister und 
Gemeindesekretär boten ihr an, zur Einführung und zu ihrem Schutz 
mit in die Schule zu gehen; Dafür dankte sie aber. Es war eine äußerst 
mühevolle, nervenaufreibende Arbeit, hier wieder Ordnung, zu machen. 
Aber bei vollem Krafteinsatz war in der vom Schulrat angekündigten 
Zeit der Aushilfe (Oktober bis Juli) Erfolg zu erwarten. Doch nach etwa 
5 Wochen, da bereits erträgliche Zustände in der Schule herrschten, 
stand eines Tages ein junger Hilfslehrer, der das Examen noch nicht 
abgelegt hatte, vor der Türe mit der mündlichen Mitteilung von Re- 
gierungsschulrat Streicher, daß er sofort diese Aushilfe anzutreten habe ' 
und daß die Lehrerin zu anderer Aushilfe sich zur Verfügung stellen 
müsse. Grund: Seine Braut, war Ladnerin in einem Ge- 
schäft des Ortes, deshalb bildete er sich die Schule .ein und des« 
halb konnte man eine „Schwarze Lehrerin" ohne weiteres wieder vor 
die Türe setzen. 

Gefährliches Lob 

Parteiredner (Kreisleiter u. a.) haben bei Reden an die Lehrer- 
schaft gern zum. Ausdruck gebracht, daß die Lehrerschaft 
verantwortlich ist für die politische Stimmung 
in einer Gemeinde, für die. Opferbereitschaft der Leute bei Samm- 

190 



limgen, für den Besuch der Parteiversammlungen usw. Besonders 
in den letzten Kriegsjahren, wo die Stimmung allmählich immer 
schlechter wurde, war die Lehrperson „verantwortlich" dafür. Ein 
Kreisamtsleiter des NSLB (zugleich Schulrat) bezeichnete eine 
katholische Lehrerin als das retardierende Moment in der Ge- 
meinde. Er machte sie verantwortlich für den schlechten Besuch 
bei Parteiversammlungen; sie war schuld an schlechten Sammel- 
ergebnissen; sie war schuld, daß in HJ und BDM nichts zusammen- 
ging. „Wenn eine Lehrerin von den schwarzen Bauern so gelobt 
wird wie Sie, dann habe ich schon gleich genug." 

Als gelegentlich des Vorgehens des Schulrates gegen 
sie eigens ein Vertreter des Landrates an d^n Dienstort kam und 
eine ganze Reihe von Persönlichkeiten des^ Ortes einzeln über sie 
vernommen wurde, sprachen sich alle positiv für die ,,politiscii 
Unzuverlässige" aus. Die Folge davon war, daß der Schulrat noch 
wütender auf sie war. „Ein schlechteres Zeugnis hätte Ihnen diese 
schwarze Gemeinde gar nicht geben können, als daß sie alle zu 
Ihnen helfen." 

Als- sie in der Folgezeit dann wiederholt um Versetzung nach 
München bat, bedeutete man ihr immer wieder, daß bei ihrer „Ein- 
stellung" das nicht in Frage kommen könne. 

Verleumdet! 

Infolge eines schweren Nervenzusammenbruches und einer 
Kopfgrippe mußte sie sich Anfang Februar 1939 in Krankenhaus- 
behandlung begeben. Dort ließ sie der Schulrat nicht bloß dauernd 
von Kolleginnen und Braunen Schwestern bei Tag und Nacht be- 
spitzeln, sondern benützte auch ihre Abwesenheit vom Schulort, 
den dortigen Schulleiter gegen sie aufzuhetzen. Diesem hatte sie 
monatelang alle schwierigen Arbeiten abgenommen; aber trotzdem' 
gab er sich jetzt zum Judas her und machte gege|i die kranke 
Lehrerin vierzehn Aussagen, die sie schwer belasten und ihr das 
Genick brechen sollten. Diese Aussagen waren nahezu 
alle erfunden, z. B. daß sie Auslandssender höre — sie hatte 
aber gar kein Radio. Daß sie von Haus zu Haus gehe und „dunkle 
Gerüchte verbreite". Sie war aber pflichtverbunden grundsätzlich 
nur zu kranken Schulkindern zu Besuch gekommen. 

Auf Grund dieser Anklagen, die an die Behörden geleitet wur- 
den, erfolgte ein Verhör nach dem. anderen in der Provinzstadt, 
einmal sogar mitten in den Ferien, am Maria-Himmelfahrts-Tag, 
eine vierstündige Vernehmung. Andere ,, Verbreche n", die ihr 
bei diesen Verhören vorgeworfen wurden: Sie habe Knaben, die 
studieren wollten, vorbereitet. Sie hätte ehemalige Schüler, die im 
Priesterseminar waren, besucht und sich weiter um sie gekümmert. 
Sie sei beim Sakramentsempfang gesehen worden. Sie sei Abonnent 
von religiösen Zeitschriften usw. Alles in allem: sie sei „rom- 
hörig". 

191 



Von Kollegen und Kolleginnen geächtet! 

Wie sie in dieser Zeit von Kollegen und Kolleginnen behandelt 
wurde, ist ein Kapitel für sich. Man grüßte sie nicht und dankte ihr 
nicht lür ihren Gruß. Wenn sie bei einer Schulung sich einen Platz 
suchte, standen die anderen auf und suchten sich. einen anderen Platz 
oder blieben stundenlang stehen, vun sich nicht neben eine solche „Staats- 
verbrecherin" setzen zu müssen; ähnlich im Eisenbahnabteil. 

Mehrere Monate schwer leidend im Krankenhaus-, erhielt sie einen 
einzigen ehrlichen Besuch von einer Kollegin in dieser Zeit, und diese 
getraute sich nicht zu setzen und ging schnell wieder, um ja nicht ge- 
sehen zu werden. Alle anderen Besuche, die gekommen waren, hatten — 
als ausgesprochene Spitzel — dem Schulrat zu berichten. Man spürte 
überall: Sie hatten Angst, ein Gespz'äch niit der verpönten Kranken oder 
das geringste Sichabgeben mit ihr könnte eine Belastung für sie selbst 
sein ! 

Das Schönste und Tröstlichste in dieser furchtbaren Zeit war 
die Treue der guten Leute in der Gemeinde, Bürgermeister und 
Ortsgruppenleiter eingeschlossen. Die beiden letzteren haben ihret- 
wegen viel Schikane von selten der Kreisleitung auf sich nehmen 
müssen; sie hatten ihr ja alle nur mögliche Unterstützung geschenkt. 

Als nach langer und nervenzermürbender Verfolgung endlich der 
Schlußstein kam, die „Berufung" (Strafversetzung sagte der Schul- 
leiter) in einen anderen Kreis, da veranstaltete die Gemeinde eine 
große Abschiedsfeier. Der Bürgermeister und der Stützpunktleiter 
stellten in ergreifenden Worten fest, daß sie ihr ewig dankbar da- . 
für seien, daß sie trotz aller Widerstände die Kinder christ- 
lich erzogen habe. Gerade so wollten die Eltern ihre Kinder 
erzogen haben. 

Und zu dieser Erziehungsarbeit der katholischen Lehrerin ge- 
hörte hierorts auch die 

Betreuung des Bundes deutscher Mädchen. 

Das mag im ersten Augenblick überraschen, ist eben nur aus 
den örtlichen Verhältnissen zu erklären. Es war eine Angelegen- 
heit, die vielen katholischen Landlehrerinnen schwerste seelische 
Konflikte, Schwierigkeiten mit den nationalsozialistischen Behörden 
und den Schul behörden und ungeheure Opfer an Mehrarbeit neben 
der ohnehin bedeutenden Überbelastung mit Arbeit brachte — und 
jetzt bei der politischen Überprüfung in nicht seltenen Fällen die 
Entlassung aus dem Schuldienst. 

Wenn aber das Gift der nationalsozialistischen Irrlehren vieler- 
orts nicht in weite Kreise der Landbevölkerung eindringen konnte, 
wenn vor allem die ländliche heranwachsende Jugend vor schwer- 
sten seelischen und auch körperlichen Schäden bewahrt wurde, 
dem Glauben treu blieb, ohne Furcht ihren religiösen Übungen 
nachkam und die Ehrfurcht vor Kirche und Priestern hochhielt, so 
ist das nicht zu einem geringen Teil das Verdienst von Land- 
leb rerinnen, die unter ungeheuren Schwierigkeiten, exponiert, be- 
spitzelt und verfolgt von allen Seiten, notgedrungen und mit 

192 "^ 



innerem Widerstreben die Führung der Jungmädelschaft (JM) und 
des Bundes deutscher Mädchen (BDM) in die Hand nahmen, um 
Übel zu verhindern und die Jugend auch unter der neuen 
Flagge im alten Geiste, im christlichen Geiste, zu erziehen. 

a)DieNotbeiJMundBDM: 

So geringes Verständnis die eigentliche Landbevölkerung dafür 
hatte, daß die Kinder auch außerhalb der Schule noch gesammelt 
und beschäftigt waren (bei dem dauernden Mangel an landwirt- 
schaftlichen Arbeitskräften leicht verständlich) — das Dorf konnte 
noch so klein sein, daß nicht einige Beamte, Angestellte, Geschäfts- 
leute, die selbst Pg. waren, dagewesen wären, die unbedingt glaub- 
ten, daß auch ihre Kinder nationalsozialistisch organisiert sein 
müßten, auch schon i.n der Zeit, in der die Mitgliedschaft noch frei- 
willig war. 

In den meisten Orten war es nun so, daß BDM und Jungmädel- 
gruppen gegründet wurden und daß die Führerinnen aus 
den Reihen der Mädel selbst aufgestellt wurden — die 
Lehrerstochter, Gendarms- oder Wirtstochter z. B., auch wenn sie 
noch so ungeeignet waren, rissen sich um diese Ehre. 

Sehr bald, oft schon nach einigen Wochen, stellte sich heraus, 
daß diese „Führerinnen" sehr notwendig selbst noch eine Führung 
gebraucht hätten. Die Unzufriedenheit kam vor allem aus den 
Reihen der Mädeln selbst, die — eine bekannte pädagogische Er- 
fahrung — am allerwenigsten gleichalterigen Kameradinnen sich 
fügen und , folgen mögen. Unzufrieden wurden vielfach auch die 
Eltern, wenn sie sahen, daß diese jugendlichen „Führerinnen" nicht 
selten ein schlechtes Beispiel gaben, nicht unparteiisch waren, 
,,nach bewährter Anleitung" in ihren Schulungsbriefen und Schu- 
lungskursen die elterliche Autorität untergruben, die Mädeln gegen 
Kirche und Priester aufhetzten, bei Tagungen nicht für die Er- 
füllung der Sonntagspflicht sorgten, bei dringenden landwirtschaft- 
lichen Arbeiten rücksichtslos und ohne Verständnis für die Bauern 
ihre Appelle durchführten, mit Vorliebe am Abend Appelle hielten 
und nicht Rücksicht nahmen auf die weiten Wege der Kinder usw. 
Die Leute • scheuten sich dann auch nicht, ihre Unzufriedenheit 
darüber am Biertisch auszudrücken. Die Mädeln fingen dann selbst 
an, den Appellen fernzubleiben, zahlreiche Eltern verboten es ihren 
Kindern, noch teilzunehmen — und da kam es nicht selten vor, 
daß „Führerinnen" eines Tages keinen Appell mehr hielten und 
erklärten: „Ich mag nicht mehr, die Mädeln folgen mir nicht!" 

Nun stockten die regelmäßigeBeitragseinzahlung 
und. die vorgeschriebenen Berichte; es kamen Klagen der Unter- 
gauführung, daß ■ der „Läden nicht mehr klappe", schließlick' 
Drohungen an den Ortsgruppenleiter bzw. an die Gemeinde, ddc' 
Kreuz und Hakenkreuz 13 Bd. II j^nq 



eine hauptarntliche Führerin aus dem Untergau geschickt werden 
inüßte, wenn nicht die Gemeinde selbst eine geeignete Persönlich- 
keit aufstellen und einen geordneten Betrieb durchführen, könne. 

Diese ortsfremden Führerinnen, vom Untergau ge- 
schickt, waren nun sehr gefürchtet; sie waren sich meistens ihrer 
„Würde" sehr bewußt, hatten einen anmaßenden Ton. Mit großer 
Rücksichtslosigkeit und ohne jedes Verständnis für die örtlichen 
Gepflogenheiten, vor allem ohne jedes Verständnis für die katho- 
lische Bevölkerung und die religiösen Bedürfnisse und Wünsche 
der ansässigen Leute,- führten sie den ,, Dienst" durch und übten 
häufig einen denkbar schlechten Einfluß auf die Mädeln aus. 

b) Das Drängen der Eltern 

Lassen wir uns hierüber von der katholischenLehrerin 
selbst berichten: 

„In dieser Not kamen nun- alle an der . Jugend interessierten 
Leute zur katholischen Lehrerin: Bürgermeister und Gemeinderäte, 
Ortsgruppenleiter und Frauenschaf tsführerinnen. Sie hatten alle 
entweder selbst Kinder, die sie zwar aus irgendwelchen „Rück- 
sichten" beim BDM und JM sehen wollten, für die sie aber eine 
gute Führung wünschten, oder sie standen unter dem Druck der 
Eltern, die nicht bei der Partei waren und die damit drohten, alle 
. Kinder aus der Organisation zu nehmen, wenn nicht die katholische 
Lehrerin die Führung in die Hand nähme. In vielen Fällen kam 
sogar der Ortsgeistliche selbst zur Lehrerin mit der dringen- 
den Bitte, au? Liebe zur Jugend und zur Kirche dieses 
Opfer zu bringen und die Führung in die Hand zu nehmen. Ein 
Pfarrer, der mich monatelang in diesem Sinn bearbeitete, sagte 
schließlich: „Ihre religiöse Einstellung ist nicht viel wert, wenn Sie 
diese Opferbereitschaft nicht aufbringen können." Dieser Vorwurf 
beeindruckte mich nicht sonderlich. Als aber am gleichen Tage 
eine brave katholische Mutter mit acht Kindern kam und sagte: 
„Fräulein, wenn Sie nicht die Führung übernehmen, möchte ich 
am liebsten alle meine Kinder eigenhändig erschießen.. Lieber sie 
tot wissen, als von dieser Bande sittlich verdorben!" — wurde ich 
doch wankend. y ■ 

Die Bitten der Eltern verstärkten und mehrten sich dann noch, 
als die Mitgliedschaft zur' HJ Pflicht für die ganze Jugend wurde. 
Doch ich suchte immer noch einen Ausweg für mich und für die 
Gemeinde, indem ich den Eltern riet, mit aller Bestimmtheit zu 
erklären: Die Lehrerin will die Führung des BDM nicht über- 
nehmen. Einer anderen vertrauen wir aber unsere Kinder nicht an. 

Unter dem Druck von oben suchte auch die Gemeinde einen 
neuen Ausweg und sie beauftragte mich geradezu amtlich, die 
„Betreuung" der BDMpflichtigen Jugend solange zu über- 

194 



nehmen, bis die Gemeinde selbst eine geeignete Führerin habe. 
Nun konnte ich nicht mehr widerstehen. Freilich, ich wußte, die 
Gemeinde und die Eltern hatten die stille , Hoffnung, daß sich recht 
lange „keine geeignete Führerin" finden würde, daß ich also wohl 
oder übel ' die Betreuung der Jugend behalten' würde. Ich teilte 
dieses auch der Untergauführerin mit und erhielt von derselben 
dann folgende Mitteilung: „Es ist nicht notwendig, daß D u (!) uns 
mitteilst, daß Du nicht Führerin werden Willstl Wir wollen 
Dichgarnicht alsFührerin. Wir werden Dich mit Deiner 
Einstellung gar nicht als Führerin anerkennen, weil wir wissen, 
daß Du es nur deshalb tun würdest, damit die Mädeln in Eurem 
schwarzen Dorf keine echte nationalsozialistische Führerin be- 
kommen. Du brauchst deshalb auch keinen Vorteil davon haben 
und bekommst keinen Ausweis." Dieser Vorwurf berührte, mich in 
keiner Weise. Ich war und blieb entschlossen, die Jugend nach 
meinem Sinn und Gewissen zu führen." 

c) Eine Betreuung des BDM, die alles andere als 
nationalsozialistischwar! 

„Den ,D i e n s t' füjirte ich grundsätzlich nur am Nach- 
mittag durch, für BDM am Sonntag, für die Jungmädeln ah 
einem Nachmittag der Woche. Wir lernten alte Volkslieder 
(kein einziges Kampflied!), strickten fürs WHW, zeichneten, 
spielten, turnten. Ich erzählte den Kindern von alten christ- 
lichen Volksbräu C'hen (naCh dem Büchlein von Rathgeber 
,Im Schatten d6s Dorfkirchleins'). Wenn in der Umgebung eine 
sogenannte ,Frauentagüng' war (Standespredigt und Andacht), 
machten wir eine Wanderung und nahmen daran teil. Wir be- 
suchten die historisch interessanten. und wertvollsten alten Kirchen 
aller nahen Orte. 

Wenn wir bei schlechtem Wetter im Ort blieben, war Dienst 
von 1 — V24' Uhr. Von ^U2 Uhr bis VsS Uhr war Pause, damit alle, 
die wollten, an der Nachmittagsandacht teilnehmen 
konnten. (Es waren meistens alle!) Als wir an einem Kreistag in der 
Prov'inzstadt teilnahmen, gingen wir zuerst geschlossen zur 
heiligen Messe in die Klosterkirche. Wir wurden beobachtet. 
Zur ,Strafe' dafür wurde .uns beim nächsten Kreistag die freie 
Fahrt auf der Eisenbahn entzogen. . — Wir nahmen deshalb • an 
keinem weiteren Kreistag mehr teil! Niemand war unglücklich 
darüber! ' ' 

Wir hatten in all den Jahren kein einziges Abannement 
für die illustrierte Zeitschrift des BDM. Werbe- 
schriften habe ich regelmäßig sofort verbrannt. Die Kinder be- 
kamen kein einziges ,S c h u 1 u n g s h e f t' in die Hand, überhaupt 
nie etwas , Gedrucktes', das von der Untergauführerin zugeleitet 
wurde. 

195 



Ich schickte nie ein Mädel in ein Schulungslager — nur 
zwei, deren Eltern es wünschten, nahmen einmal an einem Lager 
teil. 

An Veranstaltungen der Partei abends im Gasthaus nahmen 
wir nie geschlossen teil. 

Ich hielt nie einen Werbeabend oder sonst eine öffent- 
liche Veranstaltung, an der auch Eltern hätten teilnehmen können. 

Die jährliche Weihnachtsfeier, die immer rein 
katholisch war (von der Herbergsuche bis zur Anbetung der hl. 3 
Könige), hielt ich immer als S c h u 1 1 e i t e r i n --- es war immer 
eine ausgesprochene Schulfeier." 

Zufriedenheit der Eltern — Mißfallen der Partei 

u n d d e s „B u n d e s" 

Es ist begreiflich, daß die katholische Elternschaft mit dieser 
„Betreuung" der BDMpfiichtigen Jugend sehr zufrieden war. Nicht 
zufrieden war aber damit der Untergau. Man ließ uns dieses auch 
bei jeder Gelegenheit fühlen: Es bekam nicht bloß ich keinen 
Mitglieds- bzw. Führerinnenausweis; auch die Mädeln, die zum 
Teil sehr darauf gewartet hatten, erhielten jahrelang keine Aus- 
weise. 

Bei Verteilung yon kostenlosen Turngeräten (Schlagbällen 
usw.) wurden wir fast immer übergangen, ebenso bei der Ver- 
teilung von Uniformstücken (Blusen, Röcken), die die Mädeln 
besonders zu Kriegsbeginn sehr gern gehabt hätten. 

Nach der Teilnahme an einer auswärtigen religiösen „Frauen- 
tagung" wurden wir vom dortigen BDM verklagt. Ich erhielt einen 
'gehässigen Brief, und bei der Verteilung von Gutscheinheften für 
den Besuch von Jugendherbergen wurden wir zur Strafe wieder 
übergangen. 

Einmal war ich bei einer Lehrerinnenschulung. Die Mädeln 
keimen an diesem Tage allein zusamrnen. Diese Situation wurde 
vom Untergau ausgenützt. Die Mädeln erzählten am nächsten Tag, 
wie sie von derselben „gehunzt" und „traktiert" wurden und wie 
dieselbe über den ,,Saustair' in unserer Gruppe und vor allem! über 
meine Person geschimpft hätte. 

Eines Tages kam zur Visitation des Stützpunktes der Kreis- 
leiter. Alle Parteiorganisationen mußten erscheinen. Ich hatte 
mehrere Tage vorher dem 'Stützpunktleiter erklärt, daß BDM und 
JM nicht teilnehmen, weil ich es nicht verantworten könne, daß die 
Kinder spät abends dann die weiten Wege allein heimgehen müssen, 
und weil ich es. vom pädagogischen Standpunkt aus nicht richtig 
fände, .daß die Kinder überall bei den Erwachsenen seien. Der 
Stützpunktleiter hieß meinen Standpunkt gut. Er selbst übernahm 
den Bericht über unsere Gruppe und stellte fest, daß alles „wunder- 

196 



bar klappe", daß die Eltern sehr zufrieden seien und die Kinder 
gern schickten usf. 

,. Zu gleicher Zeit gab es in den BDM-Gruppen benachbarter 
Orte dauernd Schwierigkeiten, Klagen der Eltern über die Führer 
und die späten Abendappelle, an einem Ort sogar schwere sittliche 
Entgleisungen innerhalb dieser Organisationen und HJ. Eltern und 
Gemeinden gingen beschwerdeführend zur Kreisleitung und zum 
Untergau und beriefen sich immer wieder darauf, daß es in X. 
doch ganz anders söi, daß dort die Kinder immer ihre Sonntags- 
pflicht erfüllen könnten, daß es dort keine Abendappelle gäbe. 
Angesehene Eltern einer Nachbarortschaft stellten den Antrag, ihre 
Kinder den eine Stunde weiten Weg zu mir schicken zu dürfen, 
weil in ihrer Gruppe untragbare Zustände wären. In den Wirts- 
häusern wurde natürlich viel darüber gesprochen und unsere Leute 
waren so unklug, mit den Verhältnissen bei uns zu prahlen-. 

Verklagt 

Die ganze Angelegenheit endete schließlich 
beim Bezirksschulrat. Eine BDM-Führerin der näheren 
Umgebung, die schwer belastet war, klagte dem Schulrat ihr .Leid 
und stellte fest, daß ich allein die Ursache wäre, weil ich mit 
meiner Art der „Führung" überall Ärgernis geben würde. Statt 
diesem sechzehnjährigen Mädchen klarzumachen: es habe sich 
selbst als Führerin so zu .benehmen, daß es sich die Achtung der 
Bevölkerung sichere, gab er ihm das Versprechen, es mit allen 
Mitteln zu unterstützen, damit es das Ziel erreichen könne: „Das 
schwarze Mistvieh muß weiter!" 

Das Versprechen zu dieser zweifelhaften Unterstützung gab 
der gleiche Schulrat, der nicht lange vorher meine Schule visitiert 
und festgestellt hatte, daß sie eine seiner" besten sei, daß er schon 
lange in keiner so guten Schule mehr gewesen sei — der dpn 
Kindern und mir das größte Lob für die schulischen Leistungen 
ausgesprochen hatte. 

Damit war der Auftakt gegeben zu einem jahrelangen Kampfe 
(Sommer 1938), in dessen Verlauf ich persönlich und beruflich ver- 
folgt und gequält wurde und der erst ein Ende" nahm, als im Mai 
1945 die ersten Amerikaner den Boden unseres Dorfes betraten." 

Eine Stimme für Hunderte! 

Viele katholische Lehrerinnen könnten ja 
von sich ähnliches berichten. 

UndungezählteBeamte, Angestellte, Arbeiter, 
Geschäftsleute, Gesellen, Dienstmädchen usw. 
desgleichen! 

Wir grüßen sie alle in Hochachtung, „alle, die ihr Knie nicht 
beugten vor Baal" (3. Kg. 19,18). 

197 



C, Hauptpunkte des kirchliclien Widerstandes. 

So wenig erschöpfend auch die vorstehende Darstellung der 
Kraftzentren des kirchlichen Widerstandes war,_ 
so mag sie doch schon überzeugen, daß Papst, Bischöfe, Priester 
und Gläubige dem nationalsozialistischen Ansturm auf Christentum' 
und Kirche auf der ganzen Linie entgegentraten und all seine 
Fesseln zu sprengen suchten. 

Aber einzelne, besonders heiß umkämpfte Frontabschnitte ver- 
langen doch noch ausführlichere „Sonderberichte", die freilich auch 
wieder bloß von einer verhältnismäßig kleinen Warte aus gegeben 
werden können unci darum noch viele Ergänzungen von' anderer 
Seite benötigen. 

1. Hütet Euch vor den Götzen, Kläffern und Pfuschern! 

(1. Jo. 5.21) (Pliil; 3,2) 

„Habet acht, Ehrwürdige Brüder, daß vor allem der 
G o ttesglaube, die erste und, unersetzbare Grundlage jeder 
Religion, in deutschen Landen rein und unverfälscht , erhalten 
bleibel" (Enz. „Mit brennender^ Sorge".) 

Das war die erste Mahnung des Nachfolgers dessen, zu dem 
der Herr gesprochen hat: „Ich habe für dich gebetet, daß dein 
Glaube nicht wanke, und du hinwiederum stärke deine Brüder." 
(Lk. 22,32.) . 

Wenige Zeilen später schrieb der HL Vater: 

„W ir danken Euch, Ehrwürdige Brüder, Euren Priestern 
und all den Gläubigen, die in der Verteidigung der Majestätsrechte 
Gottes gegen ein angriffslüsterhes, von einflußreicher Seite leider 
vielfach begünstigtes Neuheidentum ihre Christenpflicht erfüllt 
haben und erfüllen. Dieser Dank ist doppelt innig und mit an- 
erkennender Verbundenheit für diejenigen verknüpft, die in Aus- 
übung dieser Pflicht gewürdigt wurden, um Gottes willen irdische 
Opfer und, irdische Leiden auf' sich nehmen zu dürfen." 

Damit wurde vor aller Welt anerkannt, daß Deutschlands 
katholische Bischöfe, Priester und Gläubige in dem schweren An- 
griff gegen feinen Gottes- und Christusglauben auf der Wache 
standen und mutig Schwert und Schild erhoben gegen den Anti- 
christ Nationalsozialismus. Hirtenbriefe, Denkschriften, Bischofs- 
predigten, kirchenamtliche Erlasse haben uns dafür schon genug 
der Beweise und Beispiele erbracht. 

Aber auch die deutsche katholisch eWis,senschaft 
trat trotz aller Fesseln immer offener auf den Plan und kreuzte die 
Klingen mit den Mannen Thors und Verfechtern der national- 
sozialistischen Weltanschauung, besonders mit ihrem Vorkämpfer 
A. Rosenberg, „dem Beauftragten des Führers für die Über- 

198 



wachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Erziehung 
der NSDAP." 

Zwar hatte der Papst das Hauptwerk dieses „Theologen der 
Nationalsozialisten", den „Mythus des 20. Jahrhunderts", bereits am 
7. Februar 1934 gebrandmarl^t und verfemt, indem er es an 
diesem Tage in das amtliche „Verzeichnis verbotener 
Bücher" aufnahm und damit jedem ehrlichen Katholiken verbot, 
dieses Buch ohne besondere Erlaubnis zu lesen, aufzubewahren, zu 
leihen oder auszuleihen (can 1998). 

Aber die parteiamtliche und amtliche Förderung dieses Mach- 
werkes ging ununterbrochen weiter und verstärkte sich vielfach 
zum schwersten Druck, so daß der Hl. Stuhl in einer Note , an die 
Reichsr'egierung am 29. Januar 1936 feststellen mußte: 

„Die Darlegungen der Note zu der Frage Rosenberg usw. weichen 
den Erörterungen des Häuptproblems sichtlich aus, nämlich dem der 
amtlichen und halbamtlichen Durchdringung des ge- 
samten Schulungswesens mit dem kirchenfeindlichen und anti- 
christlichen Geist, der in den Schriften dieses einflußreichen Amtsträgers 
der den Staat tragenden Partei kämpferisch vertreten ist. Nicht die Ab- 
wehr der 'Bischöfe, sondern der allseits eingesetzte amtliche und halb- 
amtliche Druck, der die genannten- Schriften zur Grundlage staatlicher 
Schukmgs- und Erziehungsveranstaltungen machte und macht, hat sie 
zu der Verbreitung kommen lassen, die sie- gefunden haben. . Diese vom 
Hl. Stuhl bereits früher dargelegte und bewiesene Tatsache dauert un- 
vermindert fort mit all den unerträglichen Auswirkungen, die sie' für 
d6n inneren Frieden, die Gewissen der Gläubigen, die Erziehung der 
jungen Generation haben. Aus dieser Quelle träufelt Tag für Tag 
das Gift der Verhetzung und Verächtlichmachung der 
Kirche, ihrer Geschichte und Einrichtungen, ihrer Diener und Leiter 
bis zur höchsten Spitze, dem Papsttum und seinem jetzigen Träger." 

a) Abwehr von Rosenbergs Neuheidentum! 

„H üt e t' E u c h V o r d e n P f u s c h e r n !" 
(Phil. 3,2) 

Gegenüber dieser fortdauernden Propaganda für Rosenbergs 
Werk und seiner Auswertung in allen Gliederungen, Parteiblättern 
und Schulungskursen war es notwendig, dieses Buch auch innerlich 
zu überwinden, seine ganze Hohlheit und Haltlosigkeit, . Verlogen- 
heit und Verbogenheit aufzuzeigen. Und das war Aufgabe der 
katholischen Wissenschaft Deutschlands.' 

Zu anderen Zeiten wäre dies gar keine schwere Sache gewesen 
— das Werk stand ja auf ganz tönernen Füßen, war wirklich 
nur unwissenschaftliches Sammelsurium von Dilettantismus, Über- 
treibungen, Fehlschlüssen, Verleumdungen und^ Schmähungen — ; 
aber in der Zeit der nationalsozialistischen Knechtung der Wissen- 
schaft, des Wortes und Schrifttums war es ein Wagnis und Kunst- 
stück. 

Die ^Entgegnung mußte als „Kir ch li ch es Am tsblatt" 
erscheinen, um einigermaßen gegen sofortige Beschlagnahme ge- 

199 



sichert zu sein. Darlegung und Widerlegung der Irrtümer mußte 
vorsichtig formuliert werden, um der Gestapo nicht so leicht einen' 
Vorwand zum Verbot zu geben. Druck und Verbreitung mußte 
schlagartig und heimlich über ganz Deutschland geschehen. Die 
Verfasser mußten ungenannt bleiben und sich dafür „Dunkel- 
männer" schmähen lassen, wenn sie nicht riskieren wollten, alsbald 
ihrer Hochschullehrstühle verlustig zu gehen und ins Konzen- 
trationslager zu wandern. 

Aber trotz all dieser Erschwernis gelang der Gegenstoß: Im 
Oktober 1934 erschienen als „Kirchliches Amtsblatt" von Köln, 
Münster usw. die 

„Studien zum Mythus des XX. Jahrhunderts." 

In streng wissenschaftlicher Weise wurde hier von katholischen 
Fachleuten zu allen von Rosenberg aufgeworfenen wichtigen Fragen 
Stellung genommien, zuerst zur Geschichte der Kirche in 
Altertum, Mittelalter und neuer Zeit, dann zu Rosenbergs Kritik 
an der Hl. Schrift (besonders am Alten Testament), endlich 
zum E c k h a r d t - P r o b 1 e m. Trotz aller Beschlagnahmegefahren 
gaben alle Diözesen Deutschlands ihrem Klerus und interessierten 
Laien diese gründliche Widerlegung des „Mythus". In der Regel 
wurde die Erlaubnis zum Lesen des ,, Mythus" nur noch gegeben 
gegen die Verpflichtung und das Versprechen, auch diese Gegen- 
schrift: „Studien zum Mythus des XX. Jahrhunderts" zu lesen. 

Rosenberg spie zwar Gift und Galle gegen diese Schrift und 
ihre Verfasser und schrieb gegen sie eine neue Schrift: „Die 
Dunkelmänner unserer Zeit" (1935), die mit allen natio- 
nalsozialistischen Propaganda- und Druckmitteln weitestens ver- 
breitet, Beamten geradezu amtlich aufgezwungen wurde. 

Anton Koch gab trotz aller Verbotsgefahr (das Verbot ließ 
tatsächlich nicht lange auf sich warten) 1934 eine Broschüre heraus: 
.,,Der neue Mythus und der alte Glaub e", die als Amts- 
blattbeilage dem ganzen Klerus der Erzdiözese u. a. gegebeifi wurde. 

Als dann der 

„Deutsche B a u e r n k a 1 e n d e r 1935" 

es wagte, die antichristlichen Gedanken Rosenbergs auch ins Bauernhaus 
zu tragen (siehe I.Teil unter „Kampf gegen das katholische Schrifttum"), 
da erhob z. B. der Bischof von T r i e r laut seine Stimme dagegen. 
Die „Germania" berichtet darüber am 7. Februar 1935: 

,.Im , Kirchlichen Amtsanzeiger für die Diözese Trier' nimmt jetzt der 
Bischof von Trier Stellung zu dem ^Deutschen Bauernkalender 1935", 
herausgegeben vom Reichsnährstand. Der Bischof ist erstaunt und bis 
ins tiefste erschüttert, daß der Reichsnähz-stand, in dem alle deutschen 
Bauern und Bäuerinnen vereinigt sind, dem christlichen deutschen 
Bauernstand diesen Kalender anbietet. In das Haus Icatholischer Bauern 
und Bäuerinnen gehört dieser Kalender wirkhch nicht hinein, d a e r 
jedes christkatholische Empfin'den auf das tiefste 
verletzt. Das Selbstbewußtsein des katholischen Bauern und der 
Icatholischen Bäuerinnen wird sich eine solche Mißachtung ihres Glau- 
bens und ihrer heiligen Kirche auf das entschiedenste verbitten." 

200 



Diese und ähnliche Versuche der Popularisierung der 
Rosenbergideen macht;en noch ergänzende, zur Massen- 
verbreitung geeignete wissenschaftliche Verteidigungsschriften 
katholischen Glaubens nötig. 

So nahm der Paderborner Neutestamentier Karl Pieper 
im Juni 1935 in einer Broschüre: „Die angebliche Ein- 
setzung des Petrus?" (Schöningh, Paderborn) Stellung gegen 
das 1. Kapitel der „Dunkelmänner"-Schrift, gegen die negative 
Bearitwortung der „Kernfrage, mit deren Behandlung 
jede Darstellung der römischen, Kirche ihren 
Anfang nimm t." 

P. Th. Paffrath O.F.M. wandte sich 1936 in einer Schrift: 
„Das •Gotteslicht im Alten Testament" gegen die von 
Ptosenberg beliebte Verunglimpfung und Mißdeutung des Alten 
Testamentes (bald verboten!). 

Gegen Ludendorffs Streitschrift: ,,Das große Ent- 
setzen — die Bibel nicht Gottes Wort" und ihre gröb- 
lichen Irrtümer und Fehlschlüsse schrieb Dr. Karl Pieper, 
Pcxderborn, auf Veranlassung des Erzbischöflichen Ordinariats Mi^n- 
chen eine Broschüre: ,;D i e Bibel — Gottes Wort", die. in 
weit über 100 000 Exemplaren in ganz Deutschland verbreitet 
wurde. 

In ganz Deutschland aber wurde die nationalsozialistische Hetze 
gegen die Bibel mit einer Mehrung der Bibelpredigten, 
mitgesteigerterWerbungf.ürBibelerwerb, Bi b,e 1- 
lesung und Bibelkurse erwidert. Die Ausgaben des 
Neuen Testamentes von P. Dr. Konstantin Rösch (Schöningh- 
Verlag), ebenso jene von Dr. Peter Ketter (Keppler-Verlag) 
nahmen um Hunderttausende zu. In Stuttgart erstand die „K a t h o- 
lische Bibelbewegun g", welche sich rasch über alle Diö- 
zesen Deutschlands ausbreitete. 

Gaben die gemeindlichen Standesämter den Brautleuten Hitlers 
„Mein Kampf" als Hochzeitsgeschenk, so schenkte ihnen die Kirche 
vielerorts eine schön ausgestattete Bibel. Das „Katholische Bibel- 
apostolat München" z. B. erwarb hiefür auf einmal über 7000 Exem- 
plare der „Familienbibel" von Dr. Peter Ketter (Keppler-Verlag). 

Im Jahre 1937 trat dann 

Erzbischof Dr. Konrad Gröber von Freiburg 

mit einem scharfen Schwert in die Arena, mit dem 600 Seiten 
starken Buch: 

„Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen" 

(Verlag Herder, Freiburg). 

Den Zweck seiner Schrift umreißt der hohe Verfasser selbst 
in dem Vorwort mit den Sätzen: 



Kreuz und Hakenkreuz 14 Bd. II 



201 



„Den gegenwärtigen Mißverständnissen unseres Glaubens und 
der Verkennung unserer heiligen Kirche ' gegenüber will dieses 
Buch zunächst in den eigenen, von Verwirrung bedrohten Reihen 
das wirkliche Wesen und Leben der Kirche bezeugen und über den 
Auftrag, mit dem sie als der auf Erden fortlebende Christus auch 
"in unser deutsches Volk gesandt ist, Rechenschaft geben. Seine 
Fragestellung ist überall,- auch dort, wo Geschichte und biologische 
Gegenstände gestreift werden, die theologisch-wissenscha;Etliche, 
seine Grundhaltung die Seelsorge." 

Mit umfassendem Wissen und schreibgewandter Feder behandelt er 
in alphabetischer Reihenfolge die verschiedensten aktuellen Fragen, teil- 
weise in längeren Sonderaufsätzen, vor allem solche Punkte, die vom 
Nationalsozialismus besonders angegriffen, entstellt. oder geleugnet wur- 
den, z. B. Ablaß, Abstammungslehre, . Ägyptischer Joseph, Altes Testa- 
ment, -Arier, Artgemäßes Christentum, Aszese, Autorität, Bauernkriege, 
Caritas, Christianisierung der Germanen, Demut, Deutsch-religiöse Be- 
wegung, Dogma, Eckhart, Ehe, Ehre, Eid, Eigentum, Erbsünde, Erlösung, 
Erziehung, Eugenik, Frau, Freimaurerei, Gebet, Gebot, Gebräuche (heid- 
nische und religiöse), Gemeinschaft, Germanentum, Gesetz, Gottesglaube, 
Gottesdienst, Heiligkeit und Heiligenverehrung, Hexen, Humanität, Jen- 
seits, Jesuiten, Jesus, Index, Inquisition, Judentum, Internationalismus, 
Kapitalismus, Karl der Große, Katholische Aktion, Ketzerverfolgung, 
Keuschheit, Kirche, Kommunismus, Konfession, Konkordat, Körperkultur, 
Lebensrecht (Euthanasie, Sterilisation), Leid, Liberalismus, Marxismus, 
Mittelalter, Moral, Mystik, Mythus, Nationalkirche, Nietzsche, Offen- 
barung, Orden, Papsttum, Paulus, Politischer Katholizismus, Priestertum, ■ 
Rasse, Recht, Sakrament, Säkularisation, Schule, Staatskult, Sünde, Tal- 
mud, Todesstrafe, Totalität, Tugend, Vaterland, Vererbung, Volk, Welt- 
anschauung, Zölibat Tjsf. 

Ein verlässiger Kömpaß auf dem Ozean von Irrtümern, auf welchen 
der Nationalsozialismus groß und klein trieb! 

b) Abwehr der Heuchelei vom „positiven Christentum**. 

Punkt 24 des Programms der NSDAP lautet: „Die Partei als 
solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christen- 
tums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu 
binden." 

Noch ein volles Jahr nach der Machtübernahme wagte es der 
Heiaüsgeber der Zeitschrift „S e e 1 e", 

Dr. Alois Wurm, 

die ganze Le'ere undVieldeutig k'e it dieses Satzes 
aufzuzeigen. In Nr. 6 des Jahrganges 1934 schrieb er: 

„Von' positivem Christentum' 

Der bayerische Ministerpräsident Siebert sprach 'jüngst in 
einem Sinne, der das' ernste Ringen mit den religiösen 
Pioblemen um Nationalsozialismus und christliche Kirchen zu er- 
mutigen schien. Ein solches steckt in Punkt 24 des Programmes 
der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Als religiöse 
Zeitschrift haben wir Anlaß, dieser Frage auf den Grund zu gehen. 

202 



Punkt 24 des Programmes der NSDAP lautet: ,Die Partei als 
solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne 
sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden'. 

'Was galt bisher als ,positives -Christentum'? 

Der Glaube an Gott Vater, den allmächtigen Schöpfer 
Himmels und der Erde und an Jesum dhri^tum seinen ein- 
gebornen Sohn, der, Mensch geworden aus Maria, der Jung- 
frau, die sündigen Menschen durch seinen Liebestod am 
Kreuze erlöst hat, am dritten Tage von den Toten auferstanden, 
in den Himmel aufgefahren ist und einst kommen wird, zu richten 
die Lebendigen und die Toten; und an Gott, den Heiligen 
Geist, der die aus allen Völkern sich bildende K'i rche Christi 
durchwaltet. Und in ihm an die Gemeinschaft der Heiligen, Nach- 
laß der Sünden, Auferstehung der Toten und ein ewiges Leben. 

Das war der Glaube des Christentums^ seit den Zeiten der 
Apostel und ist es geblieben bis auf den heutigen Tag bei allen, 
die auf positiv christlichem Boden stehen. 

Ist es nun nötig, eine einzige dieser christ- 
li(;hen Grundwahrheiten zu glauben, um der 
NSDAP oder der SA oder einer sonstigen NS-Organisation an- 
zugehören? 

Nein, eä ist nicht nötig. ,Ein jeder kann nach seiner 
Fasson! selig werden', erklären Minister Goebbels und A. Rosen- 
berg: ,Wir kämpfen nicht mehr um Dogmen, dieser Kampf ist zu 
' Ende.* Selbst Ministerpräsident Siebert, der den ,Glauben an Gott* 
das ,Größte und Herrlichste' nennt, sagt, daß »dagegen das Dogma 
immer Menschenwerk' gei. 

Eine zweite Frage: Kann man der NSDAPoder der SA 
usw. a n g eh ö r e n, wenn man auf ausgesprochen nicht- 
christlichem Boden steht, ja einer Organisation angehört, 
in der weite Kreise wie in der ^Deutschen Glaubensbewegung' das 
Christentum als ungermanische Fremdreligion grundsätzlich ver- 
werfen? 

J a, m an k a n n e s. Denn die Tatsachen beweisen es. . Es wird 
nur nicht, wie einzelne Vorfälle dartun, geduldet, daß germanisch- 
freidenkerisch gerichtete u. ä. Vereine oder Organe tun, als ob der 
Führer des NS-Staates auf eine deutsche Religion in ihrem Sinne 
hinarbeite. Man läßt auch in den eigenen Reihen Artikel, und 
Bücher wirken, wie die indizierten von Ernst Bergmann (,Die 
deutsche Nationalkirche') und von dem offiziellen Weltanschauungs- 
dezernenten der Partei, A. R o s e n b e r g, die alle fundamentalen 
christlichen Dogmen leugnen oder bekämpfen, ja,, die Partei macht 
Rosenbergs ,Mythus des 20. Jahrhunderts' neben A. Hitlers ,Meiii 
Kampf' zur geistigen Grundlage für das nationalsozialistische Werk 
jKraft durch Freude', von dem jüngst auf der Münchener Tagung 

203 



vom 12. und 13. Mai der Reichsorganisationsleiter der Partei und 
der deutschen Arbeitsfront, Claus Selzner, sagte: ,Die NS-Gemein- 
scha.ft Kraft durch Freude , wird das ganze Volk total umfassen. 

Kampf gegen die Gottlosigkeit?*) •> 

Man wird darauf verweisen, daß die NS-Bewegung den 
Atheismus bekämpft. Das trifft für den Atheismus mar- 
xistischer Herkunft zu. Aber extreme Nationalisten, die wie Ernst 
Bergmann die ,Idee eines außerweltlichen und votweltlichen 
Geistes- und Schöpfergottes' für , kindlich und widersinnig' erklären 
(Die deutsche Nationalkirche,, S. 26) und nur an ,das Göttliche 
i n u n s' glauben, und das sind ,wir selbst und unser heiliger Wille' 
(ebenda, S. 15), solche Vertreter , deutsch-nordischen' Wesens (und 
sie sind nicht vereinzelt) sind zugelassen und haben Einfluß. Und 
veranlaßt durch die Besorgnisse der deutschen Glaubensbewegung 
hat ja der Stellvertreter des Führers die Gewissensfreiheit ver- 
bürgt, und Rosenberg vertritt sie emphatisch. 

Wird man den Sinn: jenes Wortes also dann darin suchen 
müssen, daß die NS-Bewegung zwar nicht auf dem Boden der 
christlichen Lehre stehe, aber die christliche Tat verlange? 
Manche Äußerungen NS-Führer scheinen diese Lösung nahezulegen. 
Aber kommt nicht die christliche Tat aus christlicher Überzeugung, 
d. h. aus der Ergriffenheit über die Liebestat Gottes an den Men- 
schen in der Erlösung durch Jesus Christus? 

Oder welche Taten sind gemeint? 

Reichsminister Goebbels wird, ähnlich wie Rosenberg in seiner 
Königsberger Rede, konkret, wenn er dem Streit in der protestan- 
tischen Kirche vorwurfsvoll die christliche Tat der NS-Reichs- 
regierung entgegensetzt, die 320 Millionen für die Winter- 
hilfe aufgebracht habe. 

Die NS-, Winterhilfe' ein Ausfluß undErweis 
,positiven' Christentums? 

Es bedarf wirklich unserer Anerkennung dafür nicht, daß es 
der NS-Regierung, allerdings nicht ohne tatkräftige Unterstützung 
der beiden christlichen Kirchen, gelungen ist, soviel mehr für die 
Winterhilfe aufzubringen, als es ihre Vorgängerinnen vermocht 
haben. 

Aber , Winterhilfe' hieß, einen namhaften Teil des deutschen 
Volkes vor Hunger und Frost schützen, und wenn die Vplkswohl- 
f ahrt eine natürliche Aufgabe jeder Regierung ist 
und als solche seit langem anerkannt ist, dann ;fällt die Beseitigung 
oder wesentliche Herabminderung ihrer ärgsten Hemmungen — 



*) Die Überschriften sind zur Verdeutlichung vom Verfasser ein- 
gefügt. 

204 



hier ist auch die Arbeitslosigkeit zu, nennen — nicht außerhalb 
dieses natürlichen Rahmens. 

Man stieß auch in der von der NS-feewegung betriebenen 
Winterkampagne in der Tat auf kein Motiv christlicher 
Caritas (solche verwandte die Kirche), sondern immer nur auf 
das natürliche Motiv der Volksverbundenheit. 

Es war nicht die Rede von der gemeinsamen absoluten Bettler- 
schaft vor Gott, von der gemeinsamen Zugehörigkeit zu Gott, von 
der Verbundenheit durch Taufe und im Herrenmahl, von denviEleich 
Gottes? und seinem heiligen Geist der Liebe, von der Bruderschaft 
Christi> von dem ,Alles, was ihr dem Geringsten getan habt, habt 
ihr mir getan', von der Heilserfahrung unermeßlicher Erbarmung 
Gottes, die von selbst zur Erbarmung mit dem Nächsten wird usw., 
sondern nur davon, daß einer dem andern helfen 
müsse, weil er dessen Volksgenosse ist. Das ist gewiß 
ein gutes Motiv und wie alles natürlich Gute (um dies wiederholt 
zu sagen) von der christlichen Kirche anerkannt. Aber es 
bleibt eben doch im Rahmender natürlichen Ethik- 
wie alle sittlichen Begriffe des Nationalsozialis- 
mus v,' i e Liebe zum Volk und Volkstum, Ehre, Mut, 
männlicher Geist, kämpferischer Sinn^usw. Um 
diese zu lehren, ist der Sohn Gottes nicht Mensch geworden. Dazu 
bedurfte es also kfeines Christentums. 

Das Ziel der NS-Partei rein irdisch-politisch! 

Das ergibt sich ja auch klar aus dem Ziel der Partei. Der 
Nationalsozialismus will das deutsche Volk in jeder Hinsicht geeint 
sehen, damit es, innerlich erstarkt, groß und königlich im Kreis 
der Völker dieser We\t sich durchsetze und erscheine — : eine nicht 
geringe politische Aufgabe, aber keine. religiöse 
oderreligiösbegründete. 

Es dreht sich um Wohlfahrt, Macht und stolze 
Größe in der We^t (und das liegt in der natürlichen Ziel- 
richtung jedes Staates), nicht um ein Kleinsein vor Gott, nicht um 
ein wachsendes Freiwerden in dem begnadigten Lichtkreis der gött- 
lichen Liebe, nicht um den Dienstwillen am Bruder aus der Er- 
grifl'enheit von Gott her, nicht um demütige Bereitschaft (denn 
Hochmut läßt es nie dazu kommen), als Volk das Einmalige darzu- 
stellen, das in Gottes Willen die Berufung jeder einzelnen Nation ist. 

Das alles könnte nur von Gott und von Christus her mit Hilfe 
der Kirchen in Bewegung gesetzt werden. Aber es spricht wenig 
dafür, daß die Partei ein wirkliches inneres Verhältnis dazu hätte. 
Sie müßte ja sonst die Einflußsphäre der Kirchen, insbesondere auf 
die Jugend, eher erweitern als einengen, auch wenn der ns. Staat 
im Rahmen seiner weltlichen Aufgabe verbliebe. So ist auch von 
da aus der positive Kern jenes Programmwortes 

205 



nicht zu finden, sofern man den Begriff des Christlichen in 
dem wahren und hohen Sinn nimmt, den es von Christus her hat. 

Soviel hat sich also bis. jetzt ergeben: Mit Punkt 24 des 
Parteipro grammes soll eine positive Bindung an 
irgendein christliches Grunddogma (der Trinität, In- 
karnation, Erlösung, Auferstehung usw.) nicht ausgesprochen 
sein. Ein über das Natürliche hinausgehendes s p e z i f i s c h - 
christliches Ethos wird 'gleichfalls nicht gefordert. Viel- 
mehr ist das positiv Treibende der Bewegung nicht 
Erf ülltheit von Christi Wort und Tat, sondern Bestimmtheit 
durch die natürlichen Gegebenheiten: Boden, 
Blut, R a s s e. und ihre charakterliche Auswirkung. M'b t i v e 
und Ziele der Bewegung sind, gleichviel wie man sie be- 
wertet, s am tlichnatürlicherOrdnung. 

Religiöses Hauptziel: Einheitliche deutsche 

Gotteserkenntnis und deutsche Natiofialkirche 

Also wieder nicht .Positives Christentum' 

Aber ein Hauptziel ist die Einheit der Nation. Diese 
aber ist konfessionell gespalten. Diese Spaltung zu beseitigen ist 
immanentes Verlangen der NS-Bewegung. Gewaltsamkeit aber 
könnte das Übel -möglicherweise verschlimmern. So nimmt auch 
G. Feders Programmerklärung zu Punkt 24 Rücksicht auf' die der- 
zeitige Gegebenheit, ohne freilich die Möglichkeit auszuschließen, 
daß das .deutsche Volk dereinst einmal eine neue 
Form finden wird für seine G'o tteserkenntnis und 
sein G 1 1 e r 1 e b e n'. Andere nicht unbeträchtliche Kreise ar- 
beiten schon gegenwärtig auf das Ziel der .deutschen Natio- 
nalkirche' hin. ■ Und selbst Baidur von Schirach, der 
sich jüngst einen ,positiven Christen' nannte, aber 
•keinesfalls evangelisch ' oder katholisch sein will, sieht den tiefsten 
Sinn der NS-Bewegung darin, ,daß sie in der kämpferischen Ge- 
meinschaft das konfessionelle Bekenntnis überwindet und a n 
Stelle der kirchlichen Überzeugung die völkische 
setzt' (5; Oktober 1933 in Frankfurt a. O. nach der .Oderzeitung' 
vom 6. Okto'ber 1933). Aber auch er trug in seiner Rede vom 
19. März in ^Halle der realpolitischen Lage mehr Rechnung. , 

Der Sinn der Formelvom .Standpunkt 
despositivenChristentums' 

ist also, je nach der realpolitischen oder ideologischen Einstellung 
verschieden: - 

1. In realpolitischer Hinsicht: es sollen die 
gegebenen christlichen Bekenntnisse nicht ge- 
waltsam beseitigt, sondern eher, soweit sie sich positiv zur 
NS-Bewegung stellen, dafür ausgenutzt werden. 

206 



Aus dieser realpolitischen Einsicht heraus schließt der Staat 
auch sein Konkordat mit dem Hl. Stuhl und führt das 
Kultusbudget weiter, wie es gewisse deutsche Länder vor- 
her getan haben. Dies war im Zeichen der liberalistischen Auf- 
fassung geschehen. , 

Ein „christlicher Staat" war damit nicht begründet. Natürlich 
wird er auch durch das wesentlich gleiche Verfahren der NS nicht 
begründet, wenn auch der mit Brünings Verbot der Gottlosen- 
bewegung anhebende, vom NS energisch geführte Kampf gegen 
die marxistisch bestimmte Gottlosigkeit wie auch gegen 
Schmutz und Schund von kirchlichen Instanzen hoch- 
gewertet wurde. Eine christliche Grundlegung des Staates ist da- 
mit schon deshalb nicht gemeint, weil, wie wir sahen, eine Gott- 
gläubigkeit in christlich-dogmatischem Sinn nicht von der den 
Staat tragenden Partei gefordert ist und die sittliche Staats- 
gebarung nicht aus christlichen, sondern rassisch-völkischen Prin- 
zipien hergeleitet wird. ■ 

Der Sinn des Wortes vom ,positiven Christentum* ist also 
realpolitisch der, daß die bestehenden christlichen Konfes- 
sionen vom NS-Staat anerkannt sind in der Erwartung, daß sie 
sich in den Dienst der NS-Staatsidee stellen, ohne daß der Staat 
selber christlichen Dogmen, christlichem Ethos, christlichem Geiste 
seine Zielsetzung, seine Richtlinien, seine Handlungsweise ent- 
nähme. 

2. Neben der realpolitischen Betrachtung, in gewissem Sinn 
auch gegen sie, steht die ideologische. Sie geht aus von der 
Frage nach dem Inhalt der Formel. Die' Antwort lautet zunächst 
nach der negativen Seite, ^aß das ,positive Christen- 
t um' nicht identisch sein will mit dem offiziellen 
evangelischen oder katholischen Bekenntnis. Was 
der positive Inhalt sein wird, vermag derzeit keiner der 
I'ührer zu sagen. Es wird als Ergebnis eines geistigen Prozesses 
im deutschen Volk erwartet. Doch ist schon jetzt zu sagen, daß es 
wohl keines der alten christlichen Dogmen als verbindlich erklären 
vvird. Man rechnet indessen mit irgendeinem christlichen 
Niederschlag, dergewiß germanisch durchtränkt 
sein wir d." - 

Einein.facherLa'ndpfarrer 

wagte in gleicher Sache folgenden Brief an den allgewaltigen Verfasser 
des Parteiprogramms: * 

Vom katholischen Pfarramt Perasdorf. Perasdorf, 15. April 1Ö35 

Herr Reichskanzler und Reichspräsident! 

Betreff: Beeinträchtigung der religiösen Rechte. 

Was daspositive Christentum ist, das kann nicht der 
Staat bestimmen. Hier spricht allein die Kirche. 

Noch weniger ist es die Sache irgendwelcher einzelner Per- 
sönlichkeiten, den Inhalt des Gottesglaubens nach eigenem Gut- 

207 



dünken maßgebend zu bestimmen. Das Vergnügen ihrer privaten Mei-' 
n.Ling soll ihnen unbenommen bleiben. Wenn aber ein Rosenberg, ein 
Baidur von Schi i'ach und noch mancher andere ihrer Art mit auHallen- 
der Angelegentlichkeit ihren Glauben an Gott öffentlich beteuern, so 
muß ein solches Bekenntnis dem Angehörigen irgendeiner positiven, d. h. 
kirchlichen Form des Christentums notwendigerweise äußerst gleich- 
gültig sein. 

Der Katholik kann sich oft des unwillkürlichen Eindruckes nicht 
erwehren, daß der tonangebende Zeitgeist nicht ebenso besonders viel, 
dagegen einzuwenden hätte, wenn vom deutschen Volke eine Geistes- 
richtimg Besitz ergreifen würde, welche der gläubige Christ moder- 
nes Heidentum nennen müßte, wenn sie auch gleich nur schaler, 
hohler Rationalismus ist. 

Rosenbergs „M y t h u s", diese neue Sammlung alter ratio- 
nalistischer Irrtümer, ist eine religiöse Kriegserklärung. Kaum einmal 
wird eine politische Rede ' gehalten, welche nicht durch Angriffe 
auf die Konfessionen ^entstellt wäre. Manche derai'tige Leistung 
ist geradezu unerhört, '^s wäre nicht gut, wenn sich die Gegensätze so 
lange zuspitzen würden, bis die Lage unerträglich würde. 

Wenn wir amtliche Vertreter des positiven Christentums ferner noch 
ernst genommen werden wollen, werden wir in absehbarer Zeit jeden 
öffentlichen Angriff auf die Religion ebenso öffentlich und bestimmt ab- 
weisen müssen. 

Schließlich täte uns positiven Christen — Katholiken wie Protestan- 
ten — wieder eine strengere Kirchenzucht not. Man hat sie ja schon 
gehabt. Auch in nicht mehr konfessionellen Schulen müßten die Kir- 
chen auf diese W e ise ihre natürlichen Rechte wahren. 

Als zufällige Probe blinder Gehässigkeit liegt ein Flügblatt bei, wel- 
ches jüngst im katholischen Straubing verbreitet worden ist. Empörend 
waren allerlei Vorgänge bei der katholischen Caritassammlung in Mün- 
chen. Wenn sich die Polizei nachträglich in starken Worten gefiel, so 
hat sie sich damit vor der breitesten . Öffentlichkeit bloß selbst ins Un- 
recht gesetzt. 

gez. Witt, Pfarrer. 

c) Abwehr der „falschen Propheten" im „gottgläubigen" Schafskleid 

Ana 20. Juli !1937 verordnete das Erzbischöfliche Ordinariat 
München nachfolgende Kanzelverkündigung: 

„Der Reichsminister des Innern hat am 26. November 1936 
neue Bezeichnungen für die Religionszugehörigkeit angeordnet. 
Demgemäß unterscheiden die staatlichen Ämter in Zukunft folgende 
drei Gruppen: 

1. Angehörige einer Religionsgemeinschaft oder einer Welt- 
anschauungsgemeinschaft, 

2. Gottgläubige, « 

3. Glaubenslose. 

Zur Verhütung jeglichen Irrtums sei hiezu folgendes bemerkt: 
Die Katholiken sind Angehörige einer Religionsgemeinschaft, 
nämlich der katholischen Kirche. Sie bezeichnen sich daher bei 
jeder Fersonenstandsauf nähme, vor jedem Standesamt, auf jedem 
Fragebogen als »Katholisch' oder als »Angehörige der katholischen 
Religionsgemeinschaft', niemals aber als ,gottgläubig'. Denn dieses 

208 



Wort besagt im Sinne der genannten staatsamtlichen Verordnung, 
daß jemand n u r an ein höheres Wesen irgendwelcher Art glaubt, 
nicht aber an den dreieinigen Gott, nicht an die Er- 
lösung du rch Christus, nicht an die von Christus 
gestiftete Kirche, nicht an die von Christus ein- 
gesetztenSakramente. 

Katholiken! Seid daruhi auf der Hut! Laßt euch nicht täuschen 
durch das Wort ,gottgläubig'.. Laßt euch nicht irreführen durch 
andere Erklärungen und Ausdeutungen! Laßt euch nicht ein- 
schüchtern durch irgendwelche Drohungen! Bei auftauchenden 
Zweifeln oder Schwierigkeiten wendet euch sofort an den Seel- 
sorger! 

Steht in dieser Stunde der Entscheidung fest zum Glauben 
eurer Väter und bekennt ihn offen und unerschrocken! Gedenkt 
des ernsten Heilandswortes: ,Wer mich vor den Menschen bekennt, 
den werde auch ich vor meinem Vater bekennen, der im Himmel 
ist. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch 
ich vor meinem Vater verleugnen, der im Himmel ist'!" 

Abfall vom Glauben, und Austritt aus der 
Kirche gelten seit apostolischen Zeiten als größte Schmach 
und als schwerste Sünde. Umgekehrt erfleht die Kirche die 
Barmherzigkeit Gottes für hinscheidende Seelen gerade mit dem 
Hinweis auf ihre Glaubehstreue, indem sie spricht: 

,, Erfreue, o Herr, diese Seele mit Deinem Anblick! Mag sie 
auch, gesündigt haben, so hat sie doch den Vater und den Sohn und 
den Heiligen Geist nicht verleugnet, sondern an sie geglaubt." 

Zum Ausdruck unseres Glaubens an den dreieinigen Gott im 
Leben und Sterbea laßt uns nun stehend miteinander das alte 
apostolische Glaubensbekenntnis beten: ,,Ich glaube an Gott ..." 

Zur Stütze dieser Kanzelverkündigung wurden auc]i noch an 
allen Kirchentüren mehrere Plakate angeschlagen, die in 
kurzen Worten Aufklärung über die neue ,, Gottgläubigkeit" boten 
und zum Festhalten am alten katholischen Glauben mahnten. 
Außerdem wurden Hunderttausende von Handzetteln ähn- 
lichen Inhalts bei Sonntagsgottesdiensten verteilt. Erst recht wurde 
in Predigten dargelegt, was der Glaube, den die Apostel vom 
Herrn überkommen und uns überliefert haben und die Kirche uns 
lehrt, beinhalte und bedeute im Gegensatz zu dem, was die sinn- 
leere Etikette ,, Gottgläubigkeit" für „irgendein mehr oder minder 
willkürliches Gebilde menschlichen Suchens und Sehnens" vor- 
täuscht. Mit aller Deutlichkeit und Eindringlichkeit wurde iminer 
wieder dargelegt: „Unser Gott ist der persönliche, übermenschliche, 
allmächtige, unendlich vollkommene Gott, einer in der Dreiheit 
der Person, dreipersönlich in der Einheit des göttlichen Wesens, 
der Schöpfer alles Geschaffenen, der Herr und König und letzte 
Vollender der Weltgeschichte, der keine Götter neben sich duldet 
i;ioch dulden kann" (Aus der Enzyklika „Mit brennender Sorge"). 

209 



d) Abwehr des „falschen Propheten" im Feldherrnmantel. 

„HütetEuchvordenKläffern!" 
(Phil. 3,2) 

Wir haben schon im ersten Teil dieses Kapitels gesehen, wie 
energisch die katholische Kirche gegen die- unsachlichen, unwissen- 
schaftlichen und unfeinen Angriffe Ludendorffs und seiner 
Gattin Mathilde auf die Bibel reagierte. LudendorlTs Haß und 
Kampf gegen Christentum, Kirche und Priestertum erfreute sich 
aber immer größerer Freiheit, parteiamtlicher und polizeilicher 
Unterstützung, 'je mehr er mit Hitler politisch zusammenging. 
Pilatus und Herodes wurden auch hier Freunde in ihrer gemein- 
samen Gegnerschaft zu Christus. 

Beim Tode Ludendorffs boten darum Reichsregierung, National- 
sozialismus und Militarismus alles auf, um ihn noch mächtig zu 
ehren. Die Kirche aber blieb fern und still, selbst in 
München, wo der General gestorben war und sein feierlicher 
Leichenzug nach Tutzing begann. 

Das Erzbischöfliche Ordinariat München gab hierfür 
folgende Weisung: 

„An die Hochw. katholischen Seelsorgestellen der Erzdiözese. 

Die deutschen Bischöfe haben in Ausübung ihrer amtlichen Vollmacht, 

■ die auch im Reichskonkordat gewährleistet ist, für ihre Kirchen und ihre 

Geistlichen einstimmig angeordnet, daß aus Anlaß des Todes von General 

Ludendorff die Kirchen, kircheneigenen Gebäude und die Wohnungen 

von kirchlichen Dienststellen nicht zu beflaggen sind. 

Zur Begründung dieser Anordnung geben wir nachstehende Er- 
klärung. Diese Erklärung ist vorerst nicht zum Verlesen auf der Kanzel 
bestimmt, kann aber bei einem amtlichen Verhör oder sonstigen Anlaß 
sachlich und ruhig, ohne Polemik verwertet werden. 

Erklärung, warum wir unsere Kirchen nicht beflaggen. 

Die kirchlichen Behörden verstehen es durchaus, wenn staatliche, 
parteiamtliche und militärische Stellen ' in dem verstorbenen General 
von Ludendorff nur den Feldherrn im Weltkrieg sehen und seine Bei- 
setzung mit höchsten Ehren umgeben. Die kirchlichen Behörden . aner- 
kennen die Verdienste, die der verstorbene General mit vielen anderen 
•Führern im -Weltkrieg sich erwarb, mußten aber mit tiefem Schmerz 
feststellen, daß General Ludendorff nach dem Weltkrieg sein Kriegs- 
talent und seine ganze Energie zum leidenschaft- 
lichen Kampf gegen , Chris ten tum und Kirche ein- 
setzte. 

Wir erinnern an die Gotteslästerungen, wenn General Luden- 
dorff den dreimal heiligen Gott der Offenbarung den Götzen der Natur- 
völker gleichsetzte oder als Stifter einer neuen Weltanschäuungsgemein- 
schaft »Deutsche Gotteserkenntn i's' dem deutschen Volk einen 
deutschen Gott aufdrängen wollte. . 

Wir erinnern an die Christüslästerungen, wenn er die 
These seines Hauses sich zu eigen machte, man müsse das deutsche Volk 
,von Christus, dem Juden, erlösen'. 

Wir erinnern an die lästerliche Sprache über die Bibel, 
die er eine ,Fälschung', ,ein trügerisches Menschenwerk für die Juden, 
für Roms vind für herrschsüchtiger Priester Herrschaft'' nannte, * 

210 



an die Schmähungen kirchlicher Lehrsätze und Ein- 
richtungen, die in Wort und Bild in den Schaukästen des Verlags 
dem Volk vor Augen gestellt wurden, 

an die Schmähungen gegen Papst und Papsttum, 

an den 'Spott über die Mutter Gottes unter Hinweis auf ein von 
einem Neger geschnitztes Madonnenbild, 

an die Lästerungen über das zarteste Geheimnis unserer Liturgie, 
über das Altarssakrament, 

an den nicht mehr menschlichen Haß gegen Priester und 
Ordensleute, im besonderen gegen die Jesuiten und gegen den 
hl. Alfons V. Liguori, wobei er auch davor nicht zurückschreckte, 
zur Verhöhnung der christlichen Sittenlehre aus trüben Quellen, wie aus 
dem Schmähbuch Graßmanns, zu schöpfen und allgemein ,vc)m Unheil 
der Christenlehre' zu reden. • 

In ungezählten Artikeln hat Ludendorff die katholische Kirche als 
eine ,überstaatllche Macht' mit allen staatsfeindlichen 
Mächten auf die gleiche Stufe gestellt. 

Mit einer Kühnheit, bei der die Phantasie alle Beweisgründe er- 
setzen mußte, hat er oftmals die himmelschreiende Unwahr- 
heit behauptet, der Papst habe aus Haß gegen Deutschland den 
vierjährigen Weltkrieg angeschürt, der das Blut von Mil- 
lionen kostete, und plane jetzt schon wieder neue Kriege. In der Bro- 
schüre ,Hitlers Rompolitik im Dienste der päpstlichen Kriegshetze', 
Seite 8, steht der furchtbare Satz: >Nahezu alle unsere Kriege sind 
Kriege der römisch-jüdischen Kirche gegen uns ge- 
wesen.' 

Mit diesen und vielen ähnlichen Aussprüchen hat General. Luden- 
dorff in uferloser Gehässigkeit den Kampf gegen Christentum und Kirche 
geführt und diesen unrühmlichen Kampf bis in die letzten Monate fort- 
gesetzt. 

Die Bischöfe des Deutschen Reiches haben deshalb aus deut- 
schem Ehrgefühl und ai^s christlicher Selbstachtung in 
geschlossener Einmütigkeit die Anordnung erlassen: ,Z urBeisetzung 
von General Ludendörff dürfen Kirchen, kirchen- 
eigene Gebäude, Wohnungen von kirchlichen ^D ienst- 
stellennichtbeflaggtwerden.' ^ 

Wir würden durch Beflaggung vor unserem Volk Ärgernis geben. 
Wir würden ui;isere Sittenlehre' in den Verdacht bringen, der Grundsatz 
der Ehre sei uns unbekannt. Wie könnten wir unsere Kirchen zur Ehre 
eines Mannes beflaggen, der das sakramentale Geheimnis dieser Kirche 
in gehässigster Weise verlästert hat? Auch im Reichskonkordat ist uns 
Bischöfen das Recht gewährleistet, für unsere Kirchen und unsere Geist- 
lichen-Anordnungen zu erlassen. 

Wir weisen im voraus alle kirchenfeindlichen .Mißdeutungen dieser 
Anordnung zurück. Wir handeln nicht aus Rachsucht und un- 
christlicher Feindschaft über das Grab hinaus. Wir fühlen uns im Ge- 
wissen verpflichtet, unsere heilige Religion gegen die in den Wer- 
ken des Generals fortwirkende Todfeindschaft zu 
schützen. Wir werfen nicht Steineaufdas Grab eines deutschen 
Soldaten. Wir erheben den Schild zur Abwehr unrühmlicher An- 
griffe auf unsere innerste Überzeugung, gegen die General Ludendörff 
als Anführer einer 'Kulturkämpferschar ins Feld rückte. 

Die Anordnung, kirchliche Gebäude nicht zu beflaggen, nachdem wir 
bei vielen anderen Anlässen beflaggten, ist kein böswilliger Un- 
gehorsam gegendas Flaggengesetz. Die Reichsregierung hat 
Viäederholt die religiöse Freiheit verkündet und kann in Fragen des 
Gewissens keine Gewissensdiktatur beabsichtigen. 

' 211 



Ebensowenig wollen wir mit der obigen Anordnung uns von der 
V 1 k s g e m e i n s eil a i; t a b s o n d e r n oder gar eine feindselige Ein- 
stellung gegen die deutsche Wehrmacht zum Ausdruck bringen. Beim 
Tode des Generall'eldmarschalls und Reichspräsidenten vonHinden- 
b u r g und bei anderen Gelegenheiten haben die Bischöfe ihre Verbun- 
denheit mit dem Volk und ihre Achtung vor der deutschen Wehrmacht 
unter Beweis gestellt. Heute können wir uns nicht an der Ehrung eines 
Generals beteiligen, der seit Abschluß des Krieges seine Lebensaufgabe 
in der Todfeindschaft gegen vuisere Religion erblickte. 

Der Kulturkampf von General Ludendorlf wurde auch dadurch nicht 
in Schranken gehalten, dafi die vom Feindbund geforderte Ausliefe- 
rung des Kaisers und seiner Generäle, d a r vi n t e r auch 
General Ludendorffs, nur durch die diplomatischen 
Schritte des päpstlichen Staatssekretärs, Gasparri 
v e r h ü t e t w r d e n w a r. Diese geschichtliche Tatsache widerlegt fiir 
sich aliein die Hauptthese Ludendorffs, die Päpste seien grundsätzlich 
und bei all ihrem Tun und Lassen von einer deutschfeindlichen Gesin- 
nung geleitet worden. 



• Vorstehende Aufklärung soll bei allen, die guten Willens . sind, die 
Anordnung der Nichtbefiaggung rechtfertigen und gegen gehässige Miß- 
deutung im voraus in Schutz nehmen. Die Verantwortung für die Nicht- 
befiaggung und für obige Auf klärung übernehmen die deutschen Bischöfe, 
nicht die einzelnen Seelsorgsgeistlichen. 

Der allmächtige Gott schütze Vaterland und Kirche 
vor ihren Feinden! 

Für das Erzbistum München : der Erzbischof von München 

M. Kard. Faulhabe r." 

e) Abwehr der Kreuzfrevel 

„Christus, der Gekreuzigte, für die Heiden 
eine Torheit!" (1. Cor. 1,23) 

Sehr peinlich war der Gestapo in München nachstehende Ver- 
öffentlichung und Weisung des Erzbischöflichen Ordinariates Mün- 
chen, die ihren Weg über die ganze Welt fand. Die Gestapo ver- 
demütigte sich damals sogar zu einer Bitte, nämlich in Zukunft 
statt solcher Bekanntgaben ihr sofort Mitteilung der -Vorkomm- 
nisse zu machen; sie werde dann sofort Nachforschungen und 
Ahndungen vornehmen. Aber soviel Mitteilungen auch oberhirt- 
licherseits geschahen, die polizeilichen Fahndungen 
hatten nie Erfolg. Begreiflich! Denn nur „wer suchet, der 
findet". Die Gestapo aber wollte die nicht finden, noch 
weniger bekanntgeben und strafen, die letzten Endes ganz in ihrem 
Sinne arbeiteten, weil ihnen allen das Kreuz eine Torheit und ein 
Ärgernis war. Echte Neuheiden! 

Der Erlaß des „Amtsblattes der Erzdiözese München und Frei- 
sing" vom Jahre 1937, S. 140/141, lautete: 

Kreuzfrevel 

Leider mehren sich nunmehr auch in unserer Erzdiözese die 
Kreuzfrevel: 

212 



In der Nacht vom Pfingstmontag auf -dienstag (17./18. Mai 1937) 
wurde in der Pfarrei Glonn bei Ö-rafing ein. 130 Jahre altes Feld- 
ivreuz umgerissen und ein Pflug dar aufgelegt. 

In der Nacht vom 12. /13. Juli 1937 wurde ein Feldkreuz in der Pfarrei 
H h e n k a m m e r angebohrt, mit Gewalt umgerissen und (wahrschein- 
lich mit Auto) fortgeschafft. 

In der Nacht vom 24. /25. Juli 1937 wurde von dem gegenüber dem 
Kircheingang befindlichen, iVn Meter hohen Kreuz in Lustheim, 
Pfarrei Oberschleißheim, der Christuskörper heruntergerissen, vollstän- 
dig zertrümmert und in den Schloßkanal geworfen. 

In der Nacht vom 27. /28. Juli 1937 wurde von einem Kreuz in T e i - 
s e n d r f bei Traunstein ebenfalls der Christuskörper herabgenommen 
und verschleppt, so daß er bis heute nicht auffindbar ist. 

Wir möchten aus Liebe zum gekreuzigten Heiland und im Interesse 
der Ehre und des Wohles unseres Vaterlandes dringendst wünschen, daß 
solche Frevel in Zukunft unterbleiben. 

Sollten sie sich traurigerweise wiederholen, so ist folgendes zu 
beachten: 

1. Jede Kreuzschändung ist sofort unter genauer Benennung der 
Personen, welche den Frevel zuerst bemerkten, der Polizei 
zu melden, noch ehe irgendeine Änderung an dem Befund 
des Kreuzes vorgenommen wird. Sehr zweckdienlich für die 
Nachforschung können photographische Aufnahmen sein. 

2. Umgehend ist ein ausführlicher und verlässiger Bericht an 
das Erzbischöfliche Ordinariat zu richten (ev. unter 
Beilage einer Abschrift der Anzieige, etwaiger schriftlicher Zeu- 
genbekundigungen und Photos). 

3. Am Freitag oder Sonntag; die auf den Kreuzfrevel folgen, ist in 
der Kirche eine feierliche Sührieandacht (Predigt 

und Kreuzwegandacht) zu halten. Alle Kruzifixe in der Kirche 
oder eventuell das Hauptkreuz daselbst mögen dabei würdig mit 
Blumen und Kerzen geschmückt werden. Passend und anregend 
wäre es auch, alle Feldkreuze der betr. Pfarrei zur Sühne 
schön zu zieren, gegebenenfalls auch zu restaurieren. 

Des weiteren sind die Familien der Pfarrei anzueifern, zum 
Ersatz der dem Heiland geschehenen Unbill das Kruzifix 
im „Herrgottswinkel" der Wohnstube zu schmücken 
und davor während einer Woche allabendlich gemeinsam den 
schmerzhaften Rosenkranz oder den Kreuzweg zu beten. 

5. Baldmöglichst ist die Neuerrichtung des geschän- 
deten oder zerstörten Kreuzes anzustreben und seine 
Einweihung feierlieh zu gestalten. 

f) Abwehr der NS-Kirchenaustrittspropaganda. 

„Du hast den Glauben an mich nicht verleugnet." 

(Offbg. 2,13) 

Als ein. Beispiel mutiger Abwehr der aufdringlichen, mit Ver- 
sprechungen und Drohungen arbeitenden Werbung für Kirchen- 

213 



/ 



austritt durch die Nationalsozialisten sei einiges wiedergegeben 
aus einem Artikel des St. -Gabriel-Boten (für den Pfarr-, 
bezirk St. Gabriel in München) vom März 1937: ^ 

„Der Hochwürdigste Herr Kardinal sagte in seiner Silvesterpredigt: 
,Das Christentum im Deutschen Volk': Es hat eine Propaganda ein- 
gesetzt, die mit allen Mitteln, auch mit wirtschaftlichem 
Druck, das öffentliche Leben unseres Volkes entchristlichen und mög- 
lichst viele zum Austritt aus der Kirche drängen will. Die PropagE^nda 
wendet sich besonders an Beamte und leitende Stellen der Bewegung 
und solche Berufe, die wirtschaftlich abhängig sind. Es ist die Stunde 
gekommen, die Christus angekündigt hat: ,Satan hat versucht, euch zu 
sieben, wie man den Weizen siebt'. (Luk. 22,31)." 

„Die Zahl der aus der Kirche Ausgetretenen ist, 
wenigstens beim katholischen Volksteil, nicht so groß, wie e? mit 
fanatischer Übertreibung angegeben wird. Immerhin bedeuten auch 
kleine Zahlen eine große Sorge. Wir haben schon einmal eine solche 
Abfallsbewegung erlebt, vor 16 bis 17 Jahren, als, die Marxisten in Mün- 
chen eigene Büros einrichteten, um die Abmeldungen aus der Kirche zu 
erleichtern mit der Begründung: ,Dann brauchst dukeineKirchen- 
steuern mehr ^u bezahlen.' Heute kann man zur Begründung 
hören: Das Christentum sei wegen seiner Herkunft aus dem Morgen- 
land, wegen seiner biblischen Unterlagen, wegen seiner römischen Ober- 
leitung mit der Deutschen Weltanschauung nicht vereinbar." 

Herzlich bittet Euch, liebe Pf arrkinder, ,Euer Seelsorger, sich ja nicht 
durch diese Propaganda verführen zu lassen. 

Es Wäre eine gr o b e'^Un d ankb ar kei t und eine, schmäh- 
liche Untreue, unwürdig eines Deutschen, gegen die heilige Mutter, 
die Kirche. Ja, wie die allerbeste Mutter nur kann, hat sie sich um Dich 
angenommen. Niemand kann Dich besser ti'östen in Trübsal und Leid 
als Deine heilige Mutter, die Kirche. Niemand kann Dir mehr Mut und 
Kraft verleihen in jeder Lebenslage als Deine hl. Mutter Kirche durch 
die übernatürliche, göttliche Kraft, die sie Dir im Gebet, im hl. Meß- 
opfer und in den hl. Sakramenten vermittelt. Schon um Deines Glük- 
kes willen wärest Du töricht, wenn Du Dich von Deiner Mutter, der 
Kirche, trenntest. 

Du wendest mir vielleicht ein, durch den Glauben meiner Kirche 
bin ich behindert ein echter Deutscher z,u sein. Doch das ist nicht 
wahr. Das steht vielmehr fest, wenn es drum und drauf ankommt, sind 
die besten katholischen Christen auch die besten Deutschen. 

Du fürchtest zeitlichen Nachteil für Dich, Verspottung und 
Verfolgung, Zumcksetzung oder gar den Verlust Deines Berufes und 
Deiner Arbeit. Das istw.ohl leidermöglich. Aber sei versichert, ' 
■daß Dein lieber Herrgott, wenn Du ihm in schwersten Stunden die Treue 
hältst. Dich nicht verlassen wird, und bedenke es wohl: Noch ein größe- 
res Unglück als zeitlicher Schaden wäre es, wenn Deine Seele zugrunde 
ginge, ■' ■ ■ 

Und wenn Du von Deiner Kirche Dich losmachst, von Deinem 
Herrgott kommst Du nicht los. Und ihm gegenüber mußt Du diesen 
Schritt einmal verantworten. Ob Du das kannst? Und ob Dich doch 
nicht manchmal Dein Gewissen und die Furcht vor dem göttlichen Rich- 
ter beunruhigen werden? 

Du wendest mir ein: Ich bleibe ja trotzdem religiös. Ja, religiös 
heißt man heute auch, wenn man Führer und Vater- 
land liebt. Gewiß gehört das auch zur Religion. Aber vor allem ist 
auch notwendig, Gott den Überweltlichen, Dreieinigen-Persön- 

214 , 



liehen, den Herrn und Schöpfer und Erhalter der Welt, Gott, Deinen 
, Heiland, Erlöser und Richter zu lieben und ihm zu dienen von ganzem 
Herzen, ihm zu dienen, wie er in seiner göttlichen Einrichtung, der 
Kirche, es lehrt und verlangt, 

Seitast wenn Du religiös bleiben willst, losgetrennt von Deiner Kirche, 
_ kannst Du Pich gerade im Tiefsten und Wesentlichen der 
Religionnicht betätigen: in dem Streben nach .Gottverbunden- 
heit, wie es durch die hl, Sakramente geschieht, denn Du. bist ausge- 
schlossen vom Empfang der hl. Sakramente. Nicht einmal in der Sterbe- 
stunde dürfen sie Dir gespendet werden, wenn Du nicht zugleich reu- 
■' mutig zuriickkehren willst. Ob Dir auf Deine Treulosigkeit hin der liebe 
Gott noch einmal die Gnade schenkt? 

Du nimmst all die Einwände nicht so ernst, denn Du willst ja, um 
Dir Unannehmlichkeiten zu ersparen, nur äußerlich den Schritt 
des Austrittes tun, innerlich, der Gesinnung nach, dabei bleiben. 

Ich ;will einmal absehen, daß Du Dich eben doch dadurch von -den 
Sakramenten ausschließt, nicht losgesprochen werden kannst, oder daß 
Du ungültig sakrilegisch beichtest und kommunizierst, wenn Du die 
Sünde des' Kirchenaustrittes verschweigst. 

Der Austritt aus der Kirche ist ein öffentlicher Akt, ist ein 
öffentlicher Abfall von der K.i rche, ist eine öffent- 
liche Erklärung der XJntreuewider Deipe hl. Mutter 
und zugleich wider den Heiland, der gesagt: „Wer die Kirche 
nicht hört, der sei Dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder!" Diese 
öffentliche Erklärung ist ebenso unmöglich für jemand, der noch Katho- 
lik "bleiben will, wie das Weihrauchopfer zu Ehren der Götzen für die 
ersten Christen, Der Abfallvon der Ki r c h'e und dem Glau- 
ben wu r d e damals überaus hart bestraft. Sind auch heute Kir- 
chenbußen dafür nicht mehr so groß und schwer, auf jeden Fall muß 
die Kirche Deine Treue und Dein Bleiben in ihr fordern, und 
wenn Dir die größten Nachteile drohten. Sie muß das, 
weil Gott es fordert. Brüder, Schwestern! Seid auf der Hut, steht fest 
im Glauben. P. Alexius. 

D a r a u f h i n k a m f 1 g e n d e s S c h r e i b e n 
V o n G e b b e 1 s ' A m t : 

Der Reichsminister für Volksauf klärung Berlin W8, 5. April 1937 

und Propaganda 

Gesch.Zeich. IV 4003/15. 3. 37/104—3 / 

An den Herrn Schriftwalter der Zeitschrift 

„St. Gabrielsbote für den Pfarrbezirk St. Gabriel" in Müncnen: 

In der Nr. 3 Ihrer Zeitschrift vom März 1937 haben Sie auf der 2. Seite 
unter der Überschrift „Kirchenaustritt" Ausführungen veröffentlicht, die 
ernstlich zu beanstanden sind. Es finden sich in diesem Aufsatz folgende 
Sätze vor: 

„Der Austritt aus der Kirche ist ein öffentlicher Akt, ist ein öffent- 
licher Abfall von der Kirche, ist eine öffentliche Erklärung der Untreue 
wider Deine hl. Mutter und zugleich wider den Heiland, der gesagt hat: 
,Wer die Kirche nicht hört, der sei Dir wie ein Heide und öffentlicher 
Sünder.' 

Wenn' es der Kirche auch unbenommen werden soll, sich gegen 
Kirchenaustritte zu wenden, so hat das doch ohne Beleidigungen der 
Ausgetretenen zu geschehen. In diesen Ausführungen aber' sehe ich eine 
Beschimpfung andersdenkender Volksgenossen, denen 
allgemein ,Abfair und Untreue ,am Heiland' vorgeworfen wird, wenn sie 

215 



aus der Kirche austreten, obwohl diese damit vielleicht der Lehre Christi 
getreuer sein wollen, als ihnen dies nach ihrer Ansicht innerhalb der 
Kirche möglich ist." 

Ich erteile Ihnen wegen der Veröffentlichung die- 
serAusführungeneineVerwarnung. 

Beglaubigt: 

Im Auftrag gez. Berndt. gez. Mets, Regierungsinspektor. 

2. Der kirchliclie Widerstand im Schulkampf. 

„Lasset die Kleinen zu mir kommen und wehret es ihnen 
nicht!" Dies Heilands wort verpflichtete die Diener der Kirche, sich 
um keinen Preis die Sorge um die Kinder, ihre christliche Unter- 
weisung und Erziehung wehren zu lassen. 

a) Deutliehe Papstworte. 

D er Pap st selbst 
griff wiederholt mit starker Hand in den Kampf ein. 

Am 11. Februar 1935 übei;gab Kardjnalstaatssekretär Pacelli 
dem Botschafter des Deutschen Reiches beim Heiligen Stuhl nach- 
folgende Note: 

Staatssekretariat Sr. Heiligkeit. Aus dem Vatikan, den 11. Febr. 35. 

Nr. 477/35. „Euere Exzellenz! 

Darf icii ergebenst bitten, Nachstehendes telegraphisch zur Kenntnis 
der Deutschen Reichsregierung zu bringen: 

Nach zuverlässigen amtlichen Meldungen vollzieht sich zur Zeit 
unter den Augen und mit unverkennbarer Unterstützung der Bayeri- 
schen Staatsbehörden im Zusammenliang mit der Schuleinschreibung 
zum 13. des Monats eine umfassende Kampfbewegung gegen die Kon- 
fessionsschule und für die Simultanschule oder die sogenannte Gemein- 
schaftsschule- 
Staatliche Schulbeamte treten in Versammlungen und in Flugschrif- 
ten, die — übrigens in Widerspruch zu einem. Erlaß des Reichsministers 
des Innern — durch die Fachschaften des Nationalsozialistischen Lehrer- 
bundes in cjen Schulen zur Verteilung gelangen, gegen die im Konkordat 
geschützte Konfessionsschule auf. Amtliche Presseorgane der NSDAP 
ergreifen ebenfalls offen Partei gegen die Konfessionsschule. 

Auf der anderen Seite werden die Versammlungen der katholischen 
Elternvereinigungen durch die Münchener Polizeidirektion verboten. 
Rundschreiben des katiiolischen Pfarrklerus, deren Inhalt durchaus ein- 
wandfrei ist, werden von der politischen Polizei unter dem Vorwand der 
Gefährdung" der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bqschiagnalimt. 
Denjenigen also, die bisher für die Erhaltung der von Liberalismus und 
Marxismus bekämpften Bekenntnisschule erfolgreich eingetreten sind, 
niacht der Staat die Werbung für ihre religiöse Überzeugung gerade in 
dern Augenblick unmöglich, wo die. Gegner der Konfessions- 
schule unter behördlichem Schutz und mit behörd- 
licher Unterstützung den offenen Kampf gegen ein 
konkordatlich gewährleistetes Recht der bayerischen 
Katholiken in ein akutes Stadium treten lassen. 

'Der Hl. Stuhl kann nicht umhin, gegen die offenbare Verletzung des 
Bayerischen Konkordates Art. 5 und des Reichskonkordates Art. 2 und 23 

216 



feierlich Protest zu erheben und die Deutsche Reichsegierung um un- 
verzügliches Eingreifen bei den Münchener Behörden zu ersuchen. 

Mit dem Ausdruclc besonderer Wertschätzung verbleibe ich 

Euer Exzellenz 

ergebenster gez. E. Card. Pacelli, 

Sr. Exzellenz Herrn Dr. Diego von Bergen, 

Deutscher Botschafter beim Hl. Stuhl, Ptom, Deutsche Botschaft." 

Zu Beginn des nächsten Jahres führte der. Hl. Stuhl all das 
Unrecht des ' Nationalsozialismus auf dem Gebiet der 
Schule und Erziehung noch viel ausführlicher und nach- 
drücl^licher aus, indem er der Deutschen Reichsregierung schrieb: 

Aus dem Vatikan, den 5. Januar 1936 
„Euere Exzellenz! 

Ungeachtet mehrfacher Vorstellungen seitens des Hl. Stuhles und 
anderer kirchlicher Stellen geht die konkordatswidrige Umwandlung 
von Bekenntnisschulen in Simultanschulen in Deutschland weiter. Neuer- 
dings ist auf Antrag des Herrn. Oberbürgermeisters von München durch 
die Regierung von Oberbayern die Umwandlung der katholischen Be- 
Irennlnisschule in München-Englschalking, beginnend mit dem 
neuen Schuljahr 1936, in eine konfessionell gemischte Schule verfügt 
worden. Den pflichtmäßig eingelegten Einspruch Seiner 
Eminenz des Herrn Kardinal-Erzbischofs von München-Freising hat das 
Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus verworfen. 
In der Sitzung des Münchener Stadtrats und in der Presse wurde die 
Erbauung einer Gemeinschaftsschule öffentlich verkündigt. 

Zur Beurteilung der Größe des Unrechts, das mit einem sol- 
chen Akt den in Frage kommenden katholischen Bürgern Münchens 
geschieht, genügt es nach der tatsächlichen Seite darauf hinzuweisen, 
daß in dem Schulbezirk München-Englschalking 91,6 Prozent der 
Schulkinder dem katholischen und kaum 9 Prozent anderen Be- 
kenntnissen angeboten. 

Nach der rechtlichen Seite ist die voin Staatsmini^terium in seiner 
Antwort auf den Einspruch des Herrn Kardinals vertretene Auffassung 
unhaltbar. Der Hl. Stuhl hält nach wie vor daran fest, daß das Vor- 
gehen der staatlichen. Stellen in unvereinbarem Gegensatze zu den Ga- 
rantien steht, welche der Besitzstand der katholischen Bekenntnisschule 
in Art 6 des Bayerischen Konkordates und in Art. 23 des Reichskon- 
kordates gefunden hat. Er verzichtet vorerst daravif, die in dem Ent- 
scheid der Staatsregierung angegebenen Gründe an dieser Stelle' im ein- 
zelnen zu widerlegen, möchte jedoch nicht unterlassen, auf eines auf- 
merksam zu machen: der dort vertretene Grundsatz, daß bei Aus- 
legung und Anwendung der für die Fragen der Konfessionsschule gel- 
tenden Rechtsnormen auch der „Bedeutungswandel" berück- 
s i^c h t i g t werden müsse, der für diese Rechtsnormen seit der 
Machtübernahme des Nationalsozialismus eingetreten sei, ist für ihn un- 
annehmbar. Da es sich um eine Materie handelt, in der zwischen Kirche 
und Staat mehrfache Abmachungen bestehen, ist vom Standpunkt der 
Vertragstreue und der korrekten Vertragserfüllung 
nach Wortlaut und Geist der Abmachungen für die Auslegung der frag- 
lichen Bestimmungen alles das unerheblich, was durch einseitigen' staat- 
lichen Akt geschehen ist und geschieht. In Anbetracht der zentralen 
Stellung, welche den Abmachungen über Schulfragen in dem Gesamt- 
rahmen der kirchlich-staatlichen Vereinbarungen zukommt, kann der 
Hl. Stuhl nicht darauf verzichten, gegen die fortgesetzten Min- 
derungen des katholis'Chen Reichsstatuts feierlich 
EinspruchzuerÄeben. 

217 



Er muß dies um so mehr tun, als die von den deutschen Gesetzen 
ebenso wie durch die' Konltordate geschützte freie W i 1 1 e n s b e s t i m- 
mung und Willens liundgebung der katholischen 
Elternscha^ftin offenbarster und ärgerlichster Weise 
eingeschränkt und praktisch zunichte gemacht wird. 
Wo aber diese erste und wesentlichste Voraussetzung der konkordatlich 
verbrieften Garantie fortgesetzt verletzt wird, ist die Ungesetzlich- 
keit des staatlichen Vorgehens offensichtlich. 

Konkordatswidrigistes, wenn: 

1. den Anhängern der Bek^enntnisschule jede 
Versammlungstätigkeit seit Januar 1935 polizeilich ver- 
boten, den Anhängern der Simultanschule Versammlungen 
unbeschränkt erlaubt sind^ 

2. den „katholischen Ell te^rnve rein igungen" jede 
Betätigung polizeilich verboten ist, dagegen der Kampforganisation 
für die Gemeinschaftsschule, die im Januar 1935 durch den Mün- 
chener Stadtschulrat Bauer und den obei;bayerischen Regierungs- 
schulrat Streicher unter dem Namen „Deutsche Schul- 
gemeinde" gegründet wurde, nicht bloß freie Betätigung; son- 
dern wärmste Ernpfehlung und Förderung durch die 
amtlichen Stellen eingeräumt wird; 

3. wenn die staatlichen Schulbehörden selbst die 
Simultanschule als die allein förderungswürdige, 
die Bekenntnisschule als die zufolge des Konkordates lediglich zu' 
duldende Schulart bezeichnen; ^ 

4. wenn von den Parteistellen erklärt wird, daß es ihre 
Aufgabe sei, durch Kampf die Bekenntnisschule zu 
beseitigen, weil der Staat infolge des Reichskonkordates sie 
auf dem Wege der Gesetzgebung nicht beseitigen könne (vgl. Schul- 
fall in Weißenburg); 

5. wenn an särntliohen katholischen Bekenntnis- 
schulen Münchens während des Schuljahres- 1935/36 die Eltern- 
schaft jeden Monat zu Schul elternabenden versammelt 
wurde, und zwar durch Verfügung der Regierung von Oberbayern 
vom 6. März 1935, und bei diesen schulamtlichen Elternabenden 
ihnen gesagt wurde: „Wenn ihr eure Kinder im nächsten Schuljahr 
von der Bekenntnisschule nicht abmeldet, dann stellt ihr euch in 
Gegensatz zu Staat und Partei, schädigt die Volksgemeinschaft und 
das Aufbauwerk des Führers"; 

6. wenn Arbeiter, Angestellte und Bea^mte des 
öffentlichen Dienstes von ihren Vorgesetzten unter Androhung 
v/irtschaf tlicher Schädigung in dringendster Form aufgefor- 
dert werden, ihre Kinder nicht in Bekenntnisschulen ein- 
schreiben z;u Igssen; 

7. wenn der von den katholischen Elternvereinigungen Bayerns 
seit fünfzehn Jahren herausgegebene „Katholische Eltern- 

218 



kalen'der" durch Verfügung der Bayerischen Politischen Polizei 
vom 30. Juli 1935 wegen „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit 
und Ordnung" polizeilich beschlagnahmt und eingezogen 
wurde, wenn die in diesem Kalender • abgedruckten Stellen aus der 
Erziehungsenzyklika Papst Pius' XI. beanstandet wurden, während 
zwei Monate später die „Deutsche Schulgefheinde" einen 
„Ober b-a yeri sehen Elternkalender" herausgeben 
durfte und das Bayerische Staatsministerium für 
Unterricht und Kultus durch Ministerialbekanntmachung vom 
28. September 1935 die Propaganda und den Verkauf dieser Werbe- 
schrift für die . Simultanschule genehmigte und ausdrücklich 
empfahl; 

8. wenn weiterhin das Bayerische Staatsministerium 
für Unterrieht und Kultus die Werbung für die Gemein- 
schaftsschule durch Verbreitung von Druckschriften (der 
Zeitschrift „Deutsche Schulgemeinde" und der Zeitschrift „Eltern- 
abend") durch besondere Ministerialbekanntmachung allen 
Schulen ausdrücklich empfiehlt; 

9. wenn die gesamte Lehrerschaft Münchens von 
ihren Vorgesetzten in zwingendster, Weise aufgefor- 
dert wird, in der Kampforganisation für die Gemeinschaftsschule 
mitzukämpfen, wenn ' die Schulleiter sämtlicher katholischer 
Bekenntnisschulen von Stadtschulrat Bauer in zwingendster 
Weise aufgefordert werden, die örtliche Führu.ng dieser 
Kampforganisation zu übernehn^en, mit , der An- 
drohung, daß sie im Weigerungsfalle die Konsequenz zu tragen 

»haben; i 

10. wenn die k a t h o 1 i s c h e n Geistlichen, die auf der 
Kanzel den katholischen Eltern die Grundsätze der päpst- 
lichen Erziehungsenzyklika verkünden, die Rechte und 
Pflichten der katholischen Eltern in der ßchülf rage nach den gelten- 
den staatlichen Gesetzen und den Bestimmungen des Reichskonkor- 
dates darlegen, in schulamtlichen Elternversammlungen als „p o 1 i - 
tlsierendePfaffen" verunglimpft werden; 

11. wenn jedeBehajidlung derSchulfrage im Sinne 
der kirchlichen Grundsätze und der Bestimmungen des Reichs- 
konkordates durch Druckschriften, katholische Kirchen- und Sonn- 
tagsblätter, als „Beunruhigung der Bevölkerung" von 
den Polizeibehörden verhindert wird; 

12. wenn, wie schon oben angedeutet, die katholischen Er- 
ziehungsberechtigten des Münchener Vorortbezirkes München- 
Englschalking durch das Eingreifen der Bayerischen Politischen 
Polizei vom 21. September 1935 an der Ausübung des ihnen in 
Art. 6 des Bayerischen Konkordates und Art. 23 des Reichskonkor- 
dates gewährleisteten Antragsrechtes verhindert 
wurden; ^ 

219 



13. wenn also jede Willensäußerung- von katho- 
lisch e n E 1 1 e r n, L e h r e r n u n d Geistlichen für die Bei- 
behaltung der katholischen Bekenntnisschule als Sabotage der 
Volksgemeinschaft und staatsfeindliche Gesinnung gebrandmarkt 
und durch Androhung wirtschaftlicher und rechtlicher Schädigung 
untei'bunden wird. 

Da der Heilige Stuhl seinerseit nichts unterlassen 
möchte, um den A/"ersuch einer Klärung der auf diesem wichtigen 
Gebiete eingetretenen Störungen zu unternehmen, hat er den 
Apostolischen Nun^tius in Berlin angewiesen, bei 
der Deutschen Reichsregierung unter Hinweis auf die Münchener 
Vorgänge und die binnen kurzem in Aussicht stehenden Schul- 
einschreibungen in München, Nürnberg und Weißenburg den Art. 
23,2 des Reichskonkordates anzurufen. Bis zum Abschluß des Eini- 
gungsverfahrens betrachtet er die Sistierung der in München 
in Aussicht genommenen Maßnahmen für unerläßlich. 

Indem ich bitte, das Vorstehende beschleunigt zur Kenntnis 
der Reichsregierung bringen zu wollen, verbleibe ich mit dem Aus- 
druck ausgezeichneter Wertschätzung 

Euer Exzellenz ergebenster gez. E. Card. Pacelli. 

b) Beharrlicher Widerstand der Bischöfe. 

D'i e Bischöfe ganz Deutschlands 

erachteten es als. ihre Pflicht, alles zu tun, um die katholische 
Bekenntnisschule und die kirchlichen Belange in der' gesamten 
Jugenderziehung zu retten. 

Schon 1933 erklärten die bayerischen Bischöfe in ihrem Hirten- 
brief vom 5. Mai vor aller Öffentlichkeit; 

„Wir haben stets mit allem Nachdruck Bekenntnisschulen gefordert, 
in denen die Erziehung auf dem Glauben aufgebaut wird und der Seel- 
sorger kein Fremdling ist. Die jährlichen Erklärungen der Eltern bei 
der Schuleinschreibung geben Zeugnis dafür, daß der Wille der Eltern 
sich mit dem Willen der Kirche deckt. Nachdem der Herr Reichskanzler 
versichert hat, das Konkordat mit dem Hl. Stuhl zu achten, halten wir 
durch dieses sein Wort auch die im Konkordat festgelegte Bekenntnis- 
schule für gesichert. Zu einer allgemeinen Gemeinschafts- 
schule in irgendeiner Form könnten wir nie und nim- 
mer unsere Zustimmung gebe n." 



1935 mahnten dann sämtliche katholische Bischöfe einmütig 
und einstimmig: 

„Katholische Väter und Mütter, ihr werdet vor die Frage gestellt 
v/erden, ob ihr eure Kinder in die Bekenntnisschule oder in die Gemein- 
schaftsschule schicken wollt. In der Bekenntnisschule lebt in. 
allen Schulstunden der Geist des Elternhauses. In die- 
ser sind Lehre^: und Schüler Geist vom gleichen Geiste und wer- 
den alle Anlagen und Fähigkeiten des Kindes ausgebildet, die Anlage zu 
Kenntnissen und technischen Fertigkeiten, die Anlage zur sittlichen Reife 

220 ■ 



des Charakters, die Anlage zur religiösen Reife des „Vollalters Christi". 
Die Bekenntnisschule ist also die wahre Einheits- und 
C h a r a k t e r s c h u 1 e. Das kirchliche Gesetz verpflichtet euch, eure 
Kinder, solange es nur möglich ist, in die Bekenntnisschule zu schicken. 

Laßt euch nicht irre machen durch den Hinweis auf 
die Volksgemeinschaft! Die Kinder der Bekenntnisschule wer- 
den der Volksgemeinschaft nicht weniger dienen und die Volksgenossen 
anderen Glaubens nicht weniger achten als die Kinder der- Gemein- 
schaftsschule. Im Reichskonkordat hat die Deutsche Reichsregierung auf 
Ehrenwort und Unterschrift ,die Beibehaltung und Neueinrichtung 
katholischer Bekenntnisschulen gewährleistet'." 



InderDenkschriftvomAugustl935 

an den Führer und Reichskanzler selbst legen die deutschen Bi- 
schöfe auch den Finger auf die schwere Wunde, welche Partei- 
funktionäre, Staatsbeamte in ihi-em Eifer für die Gemeinschafts- 
schule brutal dem Gewissen der Eltern und dem. Rechte der Kirche 
schlugen: 

„Wir halten es für unsere Pflicht, Herr Führer und Reichslcanzler, 
mit Freimut und Vertrauen auf die Gewissensnöte j ener katho-" 
lischen Eltern hinzuweisen, die einerseits durch Kirchengesetz 
(can. 1374) und noch feierlicher durch das Weltrundschreiben von Papst 
Pius XI. über die christliche Erziehung der Jugend vom 31. Januar 1929 
im Gewissen verpflichtet sind, ihre Kinder in die Bekenntnisschule zu 
schicken, andererseits durch den neuen Schulkampf um die. Gemein- 
schaftsschule im Gegensatz zur Bekenntnisschule in ihrem Gewissen 
sich bedrängt fühlen. 

In Ihrer weltgeschichtlichen Rede im Reichstag 23. März 1933 haben 
Sie Ihr Wort gegeben, ,in Schiile" und Erziehung den christlichen Kon- 
fessionen den ihnen zukommenden Einfluß einzuräumen.' 

Im Reichskonkordat hat die deutsche Reichsregierung in Art. 23 ,die 
Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen ge- 
währleistet.' Da das RK. zugleich Reichsgesetz ist, steht die Bekenntnis- 
schule, auf reichsgesetzlichem Boden, und es ist unbegreiflich, wie in 
einem Rechtsstaat, die Eltern und Lehrkräfte, letztere als Staats- 
bearnte, die für eine reichsgesetzlich geschützte Schul- 
art eintreten, als Volksfeinde gescholten^ werden 
können. Die Deutsche Schulgemeinde hat unter Führung von Ober- 
Stadtschuldirektor Josef Bauer in offener Kampfgemeinschaft mit den 
Parteistellen für die Schuleinschreibuns in München am 13. Februar 1935 
einen Kampf gegen die Belcenntnisschule geführt, der in seinem leiden- 
schaftlichen und brutalen Ton die Anhänger der Bekenntnis- 
schule öffentlich als Verräter an der Volksgemein- 
schaft beschimpfte und . einen Gewissensterror ohneglei- 
chen auf die Eltern ausübte, ohne sich zurückhalten zu lassen durch 
die Erwägung, daß die Simultanschule von jöher das Schulideal des 
freisinnigen Liberalismus war und in den letzten 15 Jahren vom Mar- 
xismus als Übergang zur weltlichen Schule gefordert wurde. 

Das Staatssekretariat Seiner Heiligkeit hat in einer diplomatischen 
Note vom 20. 3. 1935 gegen diese Verletzung des RK. und diese Bedrük- 
kung der Elterngewissen Einspruch erhoben. Der bis zum Überdruß 
wiederholte Vorwurf, nur die Gemeinschaftsschule erziehe zur Volks- 
gemeinschaft, wurde am schlagendsten widerlegt von den Saarlän- 
dern, die niemals eine andere als die Bekenntnisschule besucht hatten 

• 221 



und doch am 13. 1. 35 das überwältigende Bekenntnis zum deutschen 
Mutterland ablegten. ' \ 

Bei einer Besprechung im Bayerischen Staatsministerium für Unter- 
richt und Kultus am 2, 4. 35 wurde festgestellt, daß trotz aller Werbe- 
tätigkeit für die Gemeinschaftsschule die Mehrzahl der Eltern für die 
Bekenntnisschule abstimmte und daß, bevor im Widerspruch mit, dem 
Reichskonkordat durch einen Gewaltstreich der Verwaltungsbehörden 
die Belienntnisschul^n in Bayern in gemischte Schulen umgewandelt 
werden, die E n tscheidung des Führers eingeholt werden solle, 
ob er einem solclien Vorgehen mit Rücksicht auf die allgemeine Politik 
zustimmen Icönne. Darum bitten wir Bischöfe heute den Führer, diese 
Zustimmung zur Fortsetzvuig deä Kampfes gegen Bekenntnisscliule und 
Reiclisl^onkordat zu versagen und das Gewissen der katholischen Eltern 
nicht weiter unter so scliweren Druck zu setzen, überhaupt die Schul- 
frage als Gewissenssache, nicht ais politische Partei- 
frage behandeln zu lasse n." 



1936 führen die katholischen Bischöfe im Januar-Hirtenbrief 
unter deji Unbegreiflichkeiten im Nationalsozialistischen Reich auch 
diese auf: 

„Wir können es nicht begreifen, daß man in einzelnen deutschen 
Ländern die konfessionellen Schulen und die privaten katho- 
lischen Schulen zu beseitigen versucht oder durch Volksentscheide be- 
seitigt, obgleich das deutsche Konkordat deren Beibehaltung und Neu- 
einrichtung oder wenigstens, was die Privatschulen betrifft, deren 
Berechtigung und Führung durch Orden und religiöse Kongi-ega- 
tionen gewährleistet. Wir Katholiken wollen doch wahrlich nichts ande- 
res, als von den Grundsätzen unseres Glaubens her am Wohle des deut- 
schen Volkes mitwirken ..." , 



Zu Ende des Jahres 1936 ergriffen die deutschen Bi- 
schöfe noch einmal das Wort, um. ihrem bedrückten Herzen Luft 
zu rnachen und besonders auch ihre Kümmernisse über den Schul- 
kampf auszudrücken: 

„Wir beobachten mit Sorge einen S c h u 1 k a m p f, /der die im 
Reichskonkordat gewährleistete Bekenntnisschule in eine Ge- 
meinschaftsschule umwandeln und die klösterlichen Lehr- 
kräfte abbaufen will. Wir bedauern ein Schulgesetz und eine. 
S c h u 1 d i k t a t u r, die in einigen Ländern den Willen der Eltern in der 
Erziehung ihrer Kinder mehr oder minder ausschalten und. durch solche 
Einschränl^uhg der heiligsten Elternrechte lähmend auf die Kinderfreu- 
digkeit der deutschen Familien einwirken. Die Bedrückung der 
Elterngewissen in der Schulfrage hat unerträgliche Formen an- 
genommen, wir Bischöfe können niemals einen Religionsunter- 
richt anerkennen, der aus den jugendlichen Seelen den Glauben an 
Christus mehr ausreißt als e in pflanzt und von Lehrper- 
sonen erteilt wird, die nicht mehr auf dem Boden der katholischen Glau- 
bens- und Sittenlehre stehen." 



1937 stellt die deutsche Bischofskonferenz in F u 1 d a in einer 
Denkschrift an das Reichsministerium für kirchliche Angelegen- 
heiten auch die vielfachen Verletzungen des Reichskonkordates in 



222 



bezug auf Schule und Erziehung fest, indem sie unter Punkt 8 — 11 
erklärt: 

8. NachArtikel21 desRK. „ist der katholische Rehgionsunter- 
richt in 'den Volksschulen, Berufsschulen, Mittelschulen und höheren 
Lehranstalten ordentliches Lehrfach und wird in Übereinstimmung mit 
den Grundsätzen der katholischen Kirche erteilt. Den kirchlichen Ober- 
behörden wird Gelegenheit gegeben, im Einvernehmen mit der Schul- 
behörde zu prüfen, ob die Schüler Religionsunterricht in Übereinstim- 
mung mit den Lehren und Anordnungen der Kirche erhalten." 

In Wirklichkeit werden der Kirche in der ordentlichen und 
pflichtmäßigen Erteilung des Religionsunterrichtes an den genannten 
Schulen vielfache Schwierigkeiten und Hindernisse bereitet und manche 
Lehrkräfte erteilen Bibelunterricht nicht in Übereinstimmung mit den 
Lehren und Anforderungen der Kirche, benutzen ihn sogar zum Kampf 
gegen die Kirche, insbesondere zum Kampf gegen das Alte Testament. 

9. Nach Artikel 23 desRK. „bleibt die Beibehaltung und Neu- 
einijichtung katholischer Bekenntnisschulen gewährleistet." 

In Wirklichkeit tobt ein gewaltiger, auch von parteiamtlichen 
Organen geförderter Kampf gegen die katholische Beicenntnisschule und 
werden alle Mittel der Agitation, des Druckes und moralischen Zwanges 
angewandt, um auf die Eltern einzuwirkeh, daß sie ihre Kinder aus der 
Bekenntnisschule herausnehmen. 

10. Nach Artikel 24 des RK. „werden an den katholischen 
Volksschulen nur solche Lehrer angestellt, die der katholischen Kirche 
angehören und Gewähr bieten, den besonderen Erfordernissen der katho- 
lischen Bekenntnisschule zu entsprechen." 

In Wirklich l^eit sind an diesen Schulen auch Lehrer angestellt, 
welche ganz offen gegen ihre Kirche auftreten und sie bekämpfen, ja so- 
gar Lehrer, welche aus der katholischen Kirche ausgetreten sind oder 
ihr überhaupt nie angehört haben. 

11. Nach demselben Artikel werden im Rahmen der allgem"einen 
Berufsausbildung der Lehrer „Einrichtungen geschaffen, die eine Ausbil- 
dung katholischer Lehrer entsprechend den besonderen Erfordernissen 
der Ivatholischen Bekenntnisschule gewährleisten." 

In Wirklichkeit waren alle Bemühungen der Bischöfe um 
Durchführung dieser Konkordatsbestimmung erfolglos, (diehe B 2 b.) 

c) Beispiel dieses bischöfirchen Widerstandes. 

- 14 Kanzel V er kün digungen u. ä. innerhalb 

kürzesterZeit 

Die einz einen deutsch en B is chöfe 

ergriffen so oft das Schwert des Geistes für die Erhaltung der 
Bekenntnisschule, für die Weiterführung des schulischen Religions- 
unterrichtes, für die Wahrung der kirchlichen Erziehungsrechte 
u. ä., daß es unmöglich ist, all ihre tapfere Abwehr der national- 
sozialistischen Angriffe darzustellen. 

' Lediglich als Ergänzung zu all dem vielen, was . der Oberhirte 
der Erzdiözese München, 

KardinalFaulhaber, 

zur Verteidigung der kirchlichen Rechte in -Schule und Erziehung 
von der Kanzel sprach odeir als Hirtenwort verlesen ließ (z. B. im 

223 



Fast.enhirtenbrief vom 10. Februar 1933, bei der Papstfeier im, 
Jahre 1935, im Fastenhirtenbrief 1937, in der Papstpredigt 1937, 
in der Silvesterpredigt 1941, im Hirtenwort vom Passionssonntag 
1942, siehe oben unter B 4: ,, Wächter, Rufer, Streiter Gottes"), sei 
erstens das Telegramm wiedergegeben, das Eminenz im Januar 
1936 an den „Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten" 
sandte: 

„Zur Zeit in München Anstui-ni auf Bekenntnisschule, obwohl Reichs- 
konkordat gewährleistet. Schulbehördenleitung, Stadtschulrat Bauer und 
Lehrkräfte üben unerhörten Terror auf Eltern für Gemeinschaftsschule 
gegen Bekenntnisschule. Staatsbeamte also im Kampf gegen Staats- 
gesetz! Eltern in schwerster Gewissensnot! Ersuche dringend Schutz 
der Gewissensfreiheit und schriftliche Antwort auf meine Fragen dritten 
Januar. Kardinal Faulhaber." 

Zv/eitens sei zusammengestellt, was im Auftrag und unter 
Führung des Kardinals 

das Erzbischöfliche Ordinariat München 

im Laufe von 2V2 Jahren an vielerlei Einzelgefechten für die katho- 
lische Schule bestand. 

Es mag auch dies wiederum nur ein Beispiel für das treue 
Mitkämpfen aller Diözesanbehörden njit ihren Bischöfen sein, zu- 
gleich ein Zeichen dafür, wie scharf und heimtückisch der NS- 
Schulkampf war, wie mutig und zäh die Kirche bis zum letzten 
den Auftrag des Herrn erfüllte, die Rechte der Eltern und die 
Gewissensfreiheit verteidigte, ungeachtet ' des größten Terrors und 
der skrupellosesten Lügenpropaganda. 

Eine Serie von Kanzelverkündigungeri und 

Seelsorgsb riefen 

aa) Um die Jahreswende 1935/36 ergihg folgende 
Kanzel v'erkündigung: 

„Die oberhirtliche Stelle sieht sich veranlaßt, heute schon zur be- 
vorstehenden Schuleinschreibung den katholischen Eltern 
folgende Aufklärungen zu geben: 

Bereits in der letzten Woche sind über die Schuleinschreibungen 
irreführende Behauptvmgen und einschüchternde Drohungen 
verbreitet worden, durch die sowohl katholische Eltern als auch katho- 
lische Lehrkräfte unserer Bekenntnisschulen im Gewissen schwer be- 
unruhigt' werden. 

1. 

Man sagt, die Bekenntnisschulen würden über kurz oder lang 
allgemein abgeschafft werden. Es sei darum zwecklos, wenn die 
Ellern weiterhin an der Bekenntnisschule festhielten und ihre Kinder 
bei der nächsten Schuleinschreibung wieder für die Bekenntnisschule 
anmeldeten. 

Diese Behauptung ist völlig falsch. Wahr ist vielmehr, daß die 
katholische Bekenntnisschule in Deutschland bestehen bleibt. 97 Prozent 
aller Volksschulen sind in den beiden größten Ländern Deutschlands, 
nämlich in Preußen und in Bayern, Bekenntnisschulen. Führer und 

224 



Reichsregiei^ing haben im Reichs konkordat vor der ganzen Welt 
das feierliche Versprechen abgelegt: ,Die Beibehaltung und 
Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschvilen bleibt gewährleistet.' 
Dieses Versprechen ist ein völkerrechtlicher Vertrag und ist geltendes 
.|deutsches Reichsrecht. 

Wer trotzdem gegenteilige Behauptungen verbreitet, der 
erschüttert den Glauben an die alte deutsche Vertragstreue, der verletzt 
die Ehre der hohen deutschen Vertragspartner, der schädigt das An- 
sehen von Regierung und Stqiat. Also: Die Beibehaltung und Neuein- 
richtung von Bekenntnisschulen bleibt auch in München gewährleistet. 



Weiterhin sagt man den Eltern: Alle städtischen und staat- 
lichen Beamten, Angestellten und Arbeiter würden aus 
dem Dienst entlassen und würden also brotlos werden, wenn sie 
ihre Kinder in Bekenntnisschulen schicken. 

Katholische Eltern! Bedenket, daß Hunderttausende von staatstreuen 
Beamten und Angestellten in ganz Deutschland ihre Kinder in 
Bekenntnisschulen schicken. Niemand in ganz Deutschland verwehrt 
es ihnen, niemand in ganz Deutschland droht ihnen mit Entlas- 
sung, Warum sollten ausgerechnet die Eltern Münchens Anstel- * 
lung und Brot verlieren, wenn sie ihre Kinder nach wie vor in Bekennt- 
nisschulen schicken? Katholische Eltern! Laßt Euch durch solche ebenso 
törichte wie böswillige Drohungen in gar keiner Weise einschüchtern! 
Die maßgebende Stelle der Stadtgemeinde hat vor wenigen Tagen 
den Vertretern" des Erzbischöilichen Ordinariates ganz eindeutig ver- 
sichert, daß kein Vater beruflich oder wirtschaftlich geschädigt wird, 
wenn er seine Kinder auch weiterhin in die staatlich gewährleisteten Be- 
kenntnisschulen schickt. 

3. 

Sämtliche Schulleiter und Lehrkräfte der 81 Bekenntnisschulen in 
München sind in den letzten Tagen in zwingendster Form aufgefordert 
worden, Elternabende zu halten imd den Eltern der B,ekenntnis- 
schulen zu sagen: Ihr sollt Eure Kinder aus der Bekenntnisschule heraus- 
nehmen und für die Gemeinschaftsschule anmelden. 

Katholische Eltern! Diese von den Schulleitern unserer Bekenntnis- 
schulen einberufenen und durchgeführten Werbeversammlungen sind 
wider alles Recht und Gesetz. Die einschlägige schulrechtliche 
Vorschrift verlangt ausdrücklich: ,Die Lehrer haben sich jeder Beein- 
flussung der Erziehungsberechtigten hinsichtlich ihrer Willenserklärung 
zu enthalten.' Wir wissen und beklagen aufs schmerzlichste, daß Hun- 
derte von staatstreuen und gewissenstreuen Lehrkräften . durch die An- 
ordnung in die größte Gewissensnot gedrängt werden. Die oberhirtliche 
Stelle hat bereits die maßgebenden Behörden dringend um Abhilfe ge- 
beten. 

Katholische Eltern Münchens! Die oberhirtliche Stelle hat, wie Ihr 
wißt, keinen anderen Weg als die Kanzel, um die Eltern über 
diese ernsten Gewissens- und Elternrechtsfragen aufzuklären. Den An- 
, hängern der Bekenntnisschule ist, wie Ihr wißt, jede öffentliche Aufklä- 
rung durch Versammlung oder Druckschrift untersagt. Um so drin- 
gender rufen wir Euch darum auf: Stehet fest zu Eurem Recht! Laßt 
Euch in den nächsten Tagen durch keine Propaganda, auch nicht durch 
die erwähnten Elternabende irre machen oder einschüchtern! 
Kältet in diesen entscheidungsvollen Tagen unserer Bekenntnisschule 
in München wie bisher unentwegt die Treue! Sie war die Schule 
Eurer eigenen Kindheit; sie ist das Erbe unserer Voreltern; sie muß un- 
seren eigenen Kindern und den kommenden Geschlechtern erhalten blei- 
ben durch unsere Bekenntnistreue und unseren Bekenntnismut zum 
Segen für unser geliebtes christliches deutsches Volk." 

Kreuz und Hakenkreuz 15 Bd. II 225 



bb) Ein paar Wochen darauf sah sich das Erzbischöfliche 
Ordinariat München zu einer neuen Kanzelverkündigu'ng 
mit nachfolgenden Feststellungen genötigte 

„In aller Öffentlichkeit ist gegen die Oberhirtliche Stelle der Vor- 
wurf erhoben worden, daß sie durch Entstellungen, falsche Behaup- 
tungen und Verdrehung der Dinge und Tatsachen die deutschen Eltern 
in der Schulfrage bewußt irreführe. Wir sehen uns dadurch zu folgender 
Feststellung gezwungen: 

1. 

Wir sollen gesagt haben, daß die Propaganda für die 
deutsche Gemeinschaftsschule ungesetzlich und gegen die Bestimmungen 
des Konkordates sei. Wahr ist, daß wir gesägt haben, daß die von 
Schulleitern unserer Bekenntnisschulen einberufenen und durch- 
geführten Werbeversammlungen wider alles Recht sind, weil nach den 
geltenden schvürechtlichen Bestimmungen die Lehrer sich jeder Beein- 
flussung der Erziehungsberechtigten hinsichtlich ihrer Willenserklärung 
zu enthalten haben. 

Wir sollen gesagt haben, daß in Deutschland 97 Pro- 
zent aller Schulen Belcenntnisschulen seien. Wahr ist, daß wir gesagt 
haben, daß 97 Prozent aller Volksschulen in den berden größten 
Ländern Deutschland, nämlich in Preußen und in Bayern, Be- 
kenntnisschulen sind, und das ist eine unanfechtbare, durch amtliche 
Statistik festgelegte Tatsache. 



Wir sollen dem- katholischen Volke den Artikel 146 der Reichs- 
verfassung vorenthalten haben, wonach die Gemeinschaftsschule die 
einzige Schulform sei. In Wirlclichkeit garantiert gerade Artikel 146 
den Erziehungsberechtigten Volksschulen ihres Bekenntnisses und er- 
klärt ausdrücklich, daß der Wille der Erziehungsberechtigten möglichst 
zu berücksichtigen sei. 

4. 

Wir sollen durch unser .Eintreten für die Bekenntnisschulen die 
Volksgemeinschaft gefährden. Wir glauben, daß zu echter 
Volksgemeinschaft auch die Duldsamkeit gehört. Und Duldsamkeit 
wird am besten dann geübt, wenn man jeder Konfession die von ihr 
gewünschte und ihr gesetzlich gewährleistete Bekenntnisschule läßt. 

5. 

in dieser Treue zur Bekenntnisschule lassen wir uns auch nicht be- 
irren, wenn man zur Zeit einen abgefallenen katholischen 
Priester von Versammlung zu Versammlung schickt, um gegen die 
Bekenntnisschule zu reden. Katholische Eltern brauchen sich 
über ihre Rechte und Pflichten nicht von einem abtrünnigen Priester 
belehren lassen. 

6. 

Wir erklären noch einmal, daß wir nichts anderes wollen, als daß 
den katholischen Kindern ihre katholischen Lehr- 
kräfte erhalten bleiben, daß jede Schule eine wirkliche Einheit dar- 
stelle, in der die Kinder nie, auch nicht beim Religionsunterricht, aus 
der Klasseneinheit herausgerissen werden, wie das in der Gemeinschafts- 
schule jede Woche ein paarmal geschieht. 

Daß der Segen der' Bekenntnisschule den Kindern erhalten bleibe, 
ist unser aller Wunsch und Gebet. Dies soll besonders zum; Ausdruck, 
kommen in den Elternstunden, die in dieser Woche in den Pfarr- 

226 



kircheil Münchens gehalten werden, und wo^u alle katholischen Eltern 
dringend eingeladen werden." 



cc) Durch die katholischen Pfarrämter der Stadt ließ 
dann die oberhirtliche Stelle allen Eltern, welche isin Kind in 
die Schule einzuschreiben "hatten, einen ' 

„S e e 1 s r g s b r i e f " 

persönlich aushändigen. Dieser mußte vom zuständigen Pfarrer 
persönlich gezeichnet sein, damit er nicht als „Flugblatt" betrachtet 
und so als unter das polizeiliche „Flugblattverbot" fallend erachtet 
wurde. Desgleichen mußte zuvor eine genaue Nachforschung an- 
gestellt werden, welche Kinder neu in die Schule eintreten sollten 
und ob ihre Eltern katholisch waren; denn eine Aushändigung des 
Seelsorgsbriefes an Nichtkatholiken bot der Polizei sofort einen 
Vorwand zur Beschlagnahme. Das, wäre ja nach Auffassung der 
Polizei nicht mehr Seelsorge an den Katholiken der 
Pfarrei, sondern allgemeine, öffentliche Werbung, 
und diese war doch nur der Partei' und den Freunden der Gemein- 
' Schaftsschule erlaubt, auch mit Flugblättern! 

Dei* Seelsorgsbrief lautete: 
Katholisches Pfarramt ... München, ini Januar 1936 

Liebe Eltern! 

„In den nächsten Tagen wird ein Kind aus Ihrer Familie zum 
ersten Male in die Schule eingeschrieben werden. Für Eltern und Kind 
ein wichtiges Ereignis! Sechs Jahre haben die Eltern allein in gewissen- 
hafter Sorge und Liebe die Entwicklung des Kindes geleitet. Von nun 
an soll die Sorge um die Erziehung des Kindes die gemeinsame Aufgabe 
von Eltern, Lehrern und Seelsorgern sein. 

Aus diesem Anlaß erlaubt^ sich Euer Seelsorger, ein wohlgemeintes 
Wort an die Eltern der lieben Schulanfänger zu richten. Lassen Sie 
Ihr Kind in die katholische Bekenntnisschule ein- 
'Schreiben! 

Die katholische Bekenntnisschule ist die bewährte Erziehungsschule 
für Eure Kinder. Sie war die Schule Eurer eigenen Kindheit. Sie ist das 
segensvolle Erbe unserer Voreltern. Sie hat uns fürs Leben ausgerüstet 
nicht bloß mit nützlichen Kenntnissen und Fertigkeiten; sie hat uns die 
Liebe zu Glaube und Heimat, die Treue zu Kirche und Volk, die Ver- 
bundenheit mitvGott und Vaterland ins Herz gesenkt. »Zuerst gehörst 
Du Deinem Gott, ihm zunächst der Heimaterde', das' ist das Leitwort 
dieser Schule. Nur in katholischen Bekenntnisschulen werden Eure 
Kinder nicht bloß in den Religionsstunden, sondern' in allen Schul- 
stunden und in allen Schulklassen von katholischen Lehrkräften unter- 
richtet und erzogen in Übereinstimmung mit ihrer Familie und Kirche. 
Der schöne Dreiklang von ,Elternhaus, Schule und Kirche', der aus 
unserer Jugendzeit nachklingt durchs ganze Leben, soll auch Eure 
Kinder begleiten durch die Jahre der Erziehung. 

Darum, verehrte Eltern, laßt Euch nicht beirren durch 
Schlagworte! Ihr seid selbst in katholischen Schulen erzogen 
worden und könnt darum selbst urteilen, was von solchen Schlagworten 
zu hallen ist. Gereifte Erfahrungen gelten mehr als S'chlagworte. Ver- 
geblich berufen sich die Gegner der Bekenntnisschule auf den Willen 
des Führers und Reichskanzlers. Dieser hat seinen Willen hinsichtlich 

. 227 



der deutschen Volksschule In einem feierlichen Vertrage niedergelegt, 
dessen Bestimniungen" allgemein geltendes Reichsgesetz sind. In Artikel 23 
des Reichskonkordates hat er erklärt: ,Die Beibehaltung katho- 
lischer Bekenntnisse h/U len bleibt gewähinleistet'. 

Dieses Wort dürft Ihr allen sagen; die Euch von der Er-füllung Eurer 
elterlichen Pflicht und der Ausübung Eures staatsbürgerlichen Rechtes 
abhalten wollen. Und dazu das andere Wort: Die letzte Verant- 
wortung für die Erziehung unserer Kinder liegt bei 
uns Eltern! 

Wer sein Kind in die katholische Bekenntnisschule schickt, der 
handelt also in voller Übereinstimmung mit der geltenden staatlichen 
Rechtsordnung, der braucht also keinerlei rechtlichen Nachteil zu be- 
fürchten. Die erdrückende Mehrheit der Icatholischen Eltern Münchens 
hat bis heute ihre Kinder den katholischen Bekenntnisschulen Münchens 
anvertraut. 

Liebe Eltei'n! Eui-e Seelsorger vertrauen auf Euch, daß Ihr aus Liebe 
zu Euren Kindern, aus Verständnis für bewährte Erziehungsgrundsätze, 
^us Verantwortungstreue und Bekennermut am kommenden Schul- 
einschreibungstage erldären werdet: , 

Unser Kind soll in die katholischeBekenntnisschule 

eingeschrieben werden. 

Möget Ihr an Euren Kindern dereinst viel Freude und Dankbarkeit 
erleben! 

Mit diesem Segenswunsch und priesterlichem Gruße 

.Euer Seelsorger . . ." 



dd) Die aufdringliche Werbung der „Deutschen 
Schulgemeinde" veranlaßte das Erzbischöfliche Ordinariat 
München i m M a i 19 3 6 zu einer neuen 

* 

Kanzel-Bekanntmachung : 

Betreff: Aufklärung der katholischen Eltern über die 
„Deutsche Schuigemeinde" 

„Die katholischen Eltern unserer schulpflichtigen Kinder werden z. Z. 
von den Schulen aufgefordert, der Organisation der sog. ,Deutschen 
Schulgemeinde' als Mitglieder beizutreten gegen einen Monätsbeitrag von 
10 Pfennig. Da viele Eltern im unklaren sind, wie sie sich zu dieser Auf- 
forderung verhalten sollen, wird ihnen folgende Aufklärung gegeben: 

Die jDeutsche Schulgemeinde' ist nach den öffentlichen Erklärungen 
ihrer Führer eine Kampf Organisation. Sie will die katho- 
lische Bekenntnisschule bekämpfen und bes ei t i g e n. 
Sie ist im Kampf gegen die katholische Bekenntnisschule 
in München in vorderster Linie gestanden. Den katholischen 
Eltern verbietet es daher das religiöse Gewissen, dieser Kampf- 
organisation als Mitglieder beizutreten. Die katholischen Eltern halten 
getreu dem Gebot ihrer Kirche an der katholischen Bekenntnisschule 
fest. Im Reichskonkordat (Art. 23) hat der Staat feierlich versprochen: 
,Die Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen 
bleibt gewährleistet.' 

Auch das staatsbürgerliche Gewissen verbietet es den 
Eltern, dieser Kampforganisation beizutreten. Denn die katholische Be- 
kenntnisschule ist eine gesetzlich anerkannte öffentliche Einrichtung des 
Staates. Wer aber eine solche öffentliche Einrichtung des Staates be- 

228 , 



kämpft, der verletzt damit den öffentlichen Frieden und schadet der 
Volksgemeinschaft. Unser Staat und Volk brauchen heute zum Aufbau 
im Innern und zur Selbstbehauptung nach außen vor allem Frieden und 
Eintracht und nicht Kampf, am allerwenigsten den Kampf gegen die 
katholische Schule, die seit Jahrhunderten die bewährte Erziehungsschule 
der deutschen Kinder und das Erbe unserer Eltern und Voreltern ist." 
(5. Mai 1936.) 



ee) Am 21. Juni 1936 bestand dann die oberhirtliche Stelle die 
große Kraftprobe mit der Gestapo. Gegen deren ausdrück- 
liches, mündlich und schriftlich mitgeteiltes Verbot, das Hirtenwort 
der bayerischen Bischöfe über die geplante Auflösung der klöster- 
lichen Volksschulen in. Bayern zu "verlesen, gab das ErzbischöIIiche 
Ordinariat München seinen kürzesten, aber inhaltsschwersten und 
gewagtesten Erlaß im Schulkampf heraus: 

„Der für 21. Juni erlassene Hirtenbrief ist unter allen Um- 
ständen von der Kanzel zu verlesen." (Siehe Kapitel B 3.) 

Auf Weisung des Ordinariates forderten dann die Pfarrer 
der Orte, wo klösterliche Lehrkräfte waren, die Eltern zu einer 
Willenserklärung für die Beibehaltung dieser klösterlichen Lehr- 
kräfte auf. 

Ein Beispiel: 

„An die Eltern unserer Schülerinnen! 

Der Vertreter des Bayerischen Ministeriums für Unterricht und Kul- 
tus hat erklärt: Alle klösterlichen Lehrerinnen sollen aus unseren Öffent- 
lichen Volksschulen in Stadt und Land entfernt werden. Schon in den 
nächsten Monaten soll mit dem Abbau von 600 klösterlichen Lehrkräften 
begonnen werden. 

Nach Artikel 24 Abs. 2 des Schulbedarfsgesetzes steht den Eltern 
ein Recht zu, ihre Stimme gegen die Entfernung der klösterlichen Lehr- 
kräfte geltend zu machen. Wenn Sie nun, liebe Väter und Mütter, ein- 
gedenk all des Guten, das die Schwestern an unserer Schule den Kindern 
getan haben, sich für das Verbleiben der Schwestern an unserer Schule 
einsetzen wollen, so unterschreiben Sie beiliegende Erklärung. Wir wer- 
den uns dann im Namen aller Unterzeichneten an die Regierung von 
Oberbayern wenden und alles aufbieten, damit die Schwestern unserer 
Schule erhalten bleiben. 

Mit treuem Seelsorgsgruß: gez. A. Weinsteiger, 

Erklärung: Die unterzeichneten Eltern erklären, daß es ihr drin- 
gendster Wille ist, daß die klösterlichen Lehrkräfte an der hiesigen 
Mädchenschule bleiben. ' ' 

Haag, Obb., den 3. JuJi 1936." 



ff) die rechtswidrige Umwandlung von 44 Bekenntnisschulen 
in Gemeinschaftsschulen im August 1936 rief die oberhirtliche 
Stelle München neuerdings auf den Plan mit nachfolgender Er- 
klärung: 

„Kanzelverkündigung zur Aufklärung über die Lage 
der katholischen Bekenntnisschule. 

Wir sind von neuem gezwungen an die Katholiken, besonders an die 
katholischen Eltern, von der Kanzel ein Wort der Aufklärung über 

229 



katholische Bekenntnisschule zu richten, nachdem uns — 
wie allgemein bekannt ist — außerhalb der Kirch^ jede Äußerung zu 
dieser Gewissensfrage noch immer verboten ist. 

Die Zeitungen haben in den letzten Tagen die Ausführungen des 
Leiters des Münchener Schulwesens in der Sitzung der Ratsherren mit- 
geteilt, wonach 44 München er Bekenntnisschulen trotz der 
Beschwerde des Eyzbischöf liehen Ordinariates und 'mit nachträglicher 
Genehmigung der Regierung in Gemeinschaftsschulen, früher 
Simultanschulen genannt, umgewandelt worden sind. 
Dabei wird behauptet, daß diese Massenaufhebung von katholischen Be- 
kenntnigschulen auf Grund des Verlangens der Mehrheit der Münchener 
Eltern und nach dem Ergebnis der letzten Schul'einschreibung erfolgt sei. 
Es wird aber dabei völlig verschwiegen, auf welche Weise dieses Schul- 
einschreibungsergebnis zustandegekommen ist und wogegen sich die Be- 
schwerde des Erzbischöflichen Ordinariates gerichtet hat. 

Dazu haben wir folgendes festzustellen: 

Das letzte Schuleinschreibungsergebnis ist auf eine völlig un- 
gerechte und ungeusetzliche Weise zustandegekom- 
men. Das ist den betroffenen Eltern Münchens aus bitterer Erfahrung 
allgemein bekannt, und das ist in der Beschwerdeschrift, des Erzbischöf- 
lichen Ordinariates an Hand eines umfangreichen Tatsachenbeweises 
unwiderleglich nachgewiesen worden< Tausenden von Eltern ist die 
freie Anmeldung der Kinder für die Bekenntnisschule gegen alles' 
Recht und Gesetz infolge eines beispiellosen Terrors einfach unmöglich 
gemacht worden. Der gesamte schulamtliche Apparat ist 
von dem Leiter des Münchener Schulwesens aufgeboten worden, um die 
Anmeldungen für die -Bekenntnisschule zu verhindern. Die ' gesamte 
Lehrerschaft ist von ihren Vorgesetzten amtlich beauftragt worden, 
für die Gemeinschaftsschule zu werben. Alle Werb e m ittel der 
Partei, die Tagespresse, Tausende von Flugblättern und Hunderte von 
Versammlungen, selbst der Luftschutzbund und der amtliche 
Rundfunk sind eingesetzt worden, um die Bekenntnisschule 
als Schädling der Volksgemeinschaft öffentlich zu brand- 
marken und ihre Anhänger als Feinde des Staates zu schmähen und 
einzuschüchtern. Arbeiter, Angestellte und Beamte sind mit 
wirtschaftlichen Nachteilen, mit dem Verlust von Arbeit und 
Brot bedroht worden, damit sie ihre Kinder von der Bekenntnisschule 
abmelden und für die Gemeinschaftsschule anmelden. Armen Eltern sind 
die Unterstützungen aus dem Winterhilfswerk ver- 
kürzt oder entzogen worden. Ein eigener parteiamtlicher 
Schlepp- und Kontrolldienst ist dazu eingerichtet worden, um 
von Haus zu Haus auf die Familienväter und Familienmütter einen un- 
widerstehlichen Zwang auszuüben. Zugunsten der Bekenntnis- 
schule durfte dagegen außerhalb der Kirche kein aufklären- 
des Wort verbreitet werden, ohne daß es als Störung der öffent- 
lichen Ordnung mit Gewalt unterdrückt wurde. Selbst ein Seelsorger- 
brief der Münchener Pfarrämter an die katholischen Eltern ist polizeilich 
beschlagnahmt worden. 

Alle diese erschütternden Tatsachen hat das Erzbischöfliche Ordi- 
nariat in seiner Beschwerdeschrift den verantwortlichen staat- 
lichen Stellen unter Protest unterbreitet und, daran die Frage ge- 
knüpft: Wb in aller Welt wird ein Abstimmungsergebnis, das durch 
solche Ungesetzlichkeit, durch solche Erdrosselung der freien Selbst- 
bestimmung, durch solche Vergewaltigung der Gewissensfreiheit und des 
Elternrechtes zustandegekommen ist, als rechtsgültig und als eine freie 
Willenserklärung der Eltern anerkannt? Wo immer man noch Recht und 
Gerechtigkeit v^d die freie Selbstbestimmung in einer Gewissensfrage 

230 ' 



achtet, da muß ein solches Schuleinschreibungsergebnis für null und 
nichtig erkannt werden. 

Wenn trotzdem in München nunmehr unter Berufung auf dieses 
Schuleinschreibungsergebnis 44 Bekenntnisschulen aufgehoben wurden, s o 
s i n d das Recht, die Gerechtigkeit vind die Gewissens- 
freiheit der Eltern mit Füßen getreten worden.- Gerech- 
tigkeit und Gewissensfreiheit aber gehören zu den höchsten Gütern einer 
Volksgemeinschaft. Wer sie mißachtet, der fügt der Volksgemeinscha'ft 
den schwersten Schaden zu. 

In den Zeitungsberichten wird weiterhin gemeldet, daß trotz des 
Rechtseinspruches des Erzbischöflichen Ordinariates in den drei Mün- 
chener Vorortsbezirken Kirchtrudering, Waldtrudering und Freimann die 
Bekenntnisschulen aufgp hoben worden sind. Wiederholt hat 
der Heilige Vater auf Grund des Konkordates dagegen feierlichen Ein- 
spruch erhoben, daß durch einseitige staatliche Verfügungen katholische 
Bekenntnisschulen aufgehoben werden, weil der Staat in Art. 23 des 
Reichskonkordates durch einen völkerrechtlichen Vertrag die G a r a n - 
tiepflicht übernommen hat, daß er ,die Beibehaltung und 
Neueinrichtung katholischer- Bekenntnis schule nge- 
w ä h r 1 e i s t e f. Der Pleilige Vater hat die Reichsregierung im Interesse 
des Friedens wiederholt gebeten, in freundschaftliche Verhandlungen 
einzutreten, damit diese Vertragspflicht entsprechend durchgeführt 
werde. Diese Einigungsverhandlungen sind eingeleitet, aber noch nicht 
zum Abschluß gekommen. Wenn trotzdem vor Abschluß dieser Verhand- 
lungen katholische Bekenntnisschulen aufgehoben werden, so bedeutet 
diese Maßnahme eine Verletzung der in der ganzen Welt anerkannten 
Grundsätze des Vertragsrechtes und damit eine schwere 
Schädigung des deutschen Namens und der deutschen -Ehre. 

Wir versichern den katholischen Eltern, daß wir unsere Bemühungen 
pflichtgemäß fortsetzen werden, um in der so ernsten Gewissens- 
ir age der katholischen Schule endlich jenen Frieden der 
Gerechtigkeit herbeizuführen, nach dem sich alle kirchentreuen 
und staatstreuen katholischen Eltern sehnen. Von den 'katholischen 
Eltern aber dürfen wir gewiß* erwarten, daß auch sie pflichtgemäß und 
beharrlich mit alien gesetzlich erlaubten Mitteln ein- 
treten für die Durchführung der feierlichen Konkordatsvereinbarung, 
diö da lautet: 

,Die Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen 

bleibt gewährleistet'." 



gg) Durch besonderen Kurierdienst gab das Erzbischöf- 
liche Ordinariat dem Gesamtklerus Kenntnis von dem 

Protestschreiben der bayerischen Bischöfe 

gegen- den „Abbau der klösterlichen Lehrkräfte an den öffentlichen 
Volksschulen in Bayern". 

An die Hochwürdigen Dekanalämter der Erzdiözese. 
Beiliegende Abschriften einer Eingabe der bayerischen Bischöfe 
betr. Abbau der klösterlichen Lehrkräfte sind umgehend den 
einzelnen Seelsorgsstellen zuzuleiten. Der Klerus der Erzdiözese 
soll dadurch Gelegenheit bekommen, sich über diese wichtigen 
Fragen zuverlässig zu imterrichten. 

/ Zugleich sind alle Hochw. Herrn Pfarrer und Kuiraten zu be- 
auftragen, mit tunlichster Beschleunigung alle Fälle zu berichten, 

231 . 



in, denen Lehrkräfte, sei es innerhalb der Schule oder sei es in der 
Öffentlichkeit, sich gegen die Bibel oder gegen katho- 
lische Glaubenswahrheiten in einer Weise geäußert 
haben, die sich mit dem Geist der B e k e n n tnisschu-le nicht 
verträgt. Nur sicher beglaubigte Tatsachen sind zu melden. 

„Der Auftrag ist streng vertraulich zu behandeln. Empfangs- 
anzeige möge binnen acht Tagen durch die H. H. Dekane anher- 
geleitet werden. 

Vertraulich! Nicht für die Öffentlichkeit! 

Die bayerischen Bischöfe München, den 31. Oktober 1936 

an den Herrn Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten, 

an den Herrn Reichs- und Preußischen Minister für Wissenschaft, Er- 
ziehung und Volksbildung, 

an den Herrn Reichs- und Preußischen Minister des Innern, Berlin, 

an Herrn Staatsrat Dr. Boepple im Bayer. Staatsministerium für Unter- 
richt und Kultus, München. 

Betreff: Abbau der klösterlichen Lehrkräfte an den. öffentlichen Volks- 
schulen in Bayern. 

„Im Mai dieses Jahres hat Herr Staatsrat Dr. Boepple in öffentlicher 
Lehrerversammlung die Entfernung aller klösterlichen Lehrerinnen aus 
dfen öffentlichen Volksschulen in Bayern und den Abbau von 600 klöster- 
lichen Lehrkräften , schon in den nächsten Monaten' angekündigt. In 
einer Erklärung am 13. Oktober des Jahres hat der gleiche Staatsrat 
aufs neue den Abbau der 1676 klösterlichen Lehrkräfte an den Volks- 
schulen in Bayern in Aussicht gestellt. Tatsächlich wurde in den letzten 
Oktobertagen von den Kreisregierungen den einzelnen Mutterhäusern 
mitgeteilt, daß sie mi^t der Entfei-nung aus den mit Namen aufgezählten 
Volksschulen ab 1. Januar 1937 rechnen müßten. Die 8 Bischöfe in Bayern 
halten es einstimmig für ihre Pflicht, gegen diesen Abbau der klöster- 
lichen Lehrkräfte an den Volksschulen Bayerns neuerdings Verwahrung 
einzulegen und diesen Einspruch wie folgt zu begründen: 

1. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist mit dem Art. 5 und 7 
des Bayerischen Konkordates und dem Art. 25 Abs. 2 des 
Reichskonkordates nicht vereinbar. Bei der Auslegung, die 
Herr Staatsrat Boepple diesen Konli:ordatsbestim- 
mungen gibt, wäre es sinn- und zwecklos gewesen, 
solche Bestimmungen überhaupt in das Konkordat 
aufzunehmen.. Eine solche Auslegung widerspricht dem gesunden 
Rechtsempfinden und dem gegenseitigen Vertrauen, das bei Abschluß 
eines so feierlichen Vertrages, wie es ein Konkordat ist, die beiden 
Partner beseelte. In jedem Fäll konnte der staatliche Partner nicht ein- 
seitig Konkor datsartiliel in dieser Weise auslegen, ohne sich mit dem 
kirchlichen Partner in Verbindung zu setzen. Wir verweisen zu dieser 
Frage auf unsere Zuschrifl; vom 1. September. 1936. 

2. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte bedeutet eine Aus- 
schaltung des Eltern willens und eine Entrechtung. des 
Elternrechts. Das Recht der Eltern in bezug auf die Erziehung ihrer 
Kinder in der Schule war bisher durch den Artikel 24 des Schul- 
bedarf sgesetzes gesetzlich geschützt, demzufolge die klösterlichen 
Lehrerinnen hur dort aus der Schule entfernt werden dürfen, wo das 
von der Mehrheit der Eltern beantragt wird, und selbst der marxistische 
Unterrichtsminister von 1919 fühlte sich in seinem Streben, eine staat- 
liche Schuldiktatur aufzurichten, durch dieses Gesetz gebunden. Das Vor- 

232 



gehen von Staatsrat Boepple war zu einer Zeit, da der Art. 24 des Schul- 
bedarfsgesetzes noch Gesetzeskraft hatte, um so offensichtHcher ein Un- 
recht, da ihm die unterscliriftlichen Anträge der Eltern für Beibehaltung 
der Ivlöste.rlichen Lehrerinnen mit einer Stimmzahl von 90 bis 99 vom 
Hundert bekannt sein mußten. 

Die amtliche Erklärung sagt: Es widerspreche den Grundsätzen des 
nationalsozialistischen Staates, die Entscheidungen über derart wichtige 
schulorganisatorische Fragen von Abstimmungen der Eltern .abhängig zu 
machen. In Wirldichkeit haben noch in letzter Zeit Kreisregierungen 
dort, wo eine Abstimmung zugunsten der Umwandlung einer Be- 
kenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule ausgefallen 
war, sich selber auf den Elternwillen berufen. Wir erbliclcen in der Auf- 
hebung des Art. 24 des Schulbedarfsgesetzes eine Entrechtung der Eltern 
in bezug auf die schulische Erziehung ihrer Kinder und einen Eingriff 
in das Elterngewissen. 

3. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist eine rechtlich nicht 
zu begründende Ausnahmebestimmung gegen deutsche 
Frauen, die ebenso deutsche Staatsangehörige sind und die gleiche 
Berufsausbildung für den Schuldienst nach den staatlichen Bestimmungen 
erlangt haben wie ihre weltlichen Kolleginnen, und nun rücksichtslos 
ohne Schuld in Massen entlassen werden sollen, einzig aus dem Grunde, 
v/eil sie sich in ihrem religiösen Idealismus einem Schulorden angeschlos- 
sen haben. 

Es handelt sich nicht um ,gefühlsmäßige Überlegungen', es wider- 
spricht vielmehr dem gesunden Rechtsempfinden, wenn eine Staats- 
behörde, die das herrliche Ziel verfolgt, allen Volksgenossen Arbeit und 
Brot zu verschaffen, diesen hundert und hixndert klöster- 
lichen Lehrerinnen Stelle und Gehalt ohne Pension 
entzieht, obwohl ihnen die staatlichen Aufsichtsbehörden selber die 
allerbesten Zeugnisse über ihre berufliche Wirksamkeit ausgestellt haben 
und ihnen nicht die geringste Schuld im Dienste nachgewiesen ist. Die 
deutschen Abendsender des 15. Oktober 1936 haben sich mit Recht ent- 
rüstet, daß in der Tschechoslowakei sudetendeutsche Beamte ohne jede 
Schuld ihrer Stellen enthoben wurden. 

4. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist ein V e r s t o ß gegen 
die sozialen Pflichten in der Volksgemeinschaft, insofern die 
Ordensfrauen, die als Lehrerinnen an den Staatsschulen auf Grund des 
Dienstverhältnisses nicht bloß Pflichten, sondern auch Rechte haben, nun- 
mehr ohne hinreichenden Grund aus ihrem Beruf hinausgeworfen wer- 
den und ihre wirtschaftliche Basis für die Zukunft verlieren. 

Die Erklärung vom 13. Oktober spricht nur davon, daß das Wirken 
klösterlicher Lehrerinnen an den staatlichen Pflichtschulen 
mit den nationalsozialistischen Grundsätzen nicht vereinbar sei. Die Tat- 
sache aber, daß außerhalb Bayern auch klösterliche Privat- 
schulen abgebaut, in Bayern die Ordensschwestern aus Kinder- 
gärten vertrieben, neue Kindergärten nicht mehr genehmigt und 
andere Gebiete der Erziehung ihnen verschlossen werden, läßt keinen 
Zweifel darüber, daß den Ordensfrauen auch die privaten Foi-men er- 
zieherischer Arbeit schrittweise verboten werden sollen. Damit ist eine 
Reihe von Klöstern und Ordenshäusern ohne weiteres dem wirtschaft- 
lichen Untergang geweiht. Ohne den Gehalt der Lehrerinnen müssen 
diese Schulorden wirtschaftlich zusammenbrechen, zumal dort, wo auch 
schon die staatlichen Zuschüsse für die höheren Mädchenschulen ent- 
zogen wurden. 

Die Orden selber haben den aus der Ordensgemeinschaft Austreten- 
den durch eine Abfindungssumme den Unterhalt für die nächsten Mo- 
nate gesichert und nun sollen sie selber ohne Pension, am Ende gar ohne 
eine Abfindungssumme aus ihrem ehrlichen und gemeinnützigen Beruf 
Kreuz und Hakenkreuz 16 Bd. II poo 



in die Arbeits- und Mittellosigkeit verstoßen werden. Nicht einmal 
in der Säkularisation hat man die Ordensmänner und 
Ordensfrauen aus ihrenKlöstern vertrieben, ohne 
wenigstens für ihren künftigen Unterhalt zu sorgen. 

Würde ein Privater gegen seine Arbeiter oder Angestellten so vor- 
gehen wie jetzt der Bayerische Staat gegen die Ordensfrauen, von denen, 
viele jahrzehntelang im Schuldienst standen, dann würde er mit Recht 
durch staatliche Maßnahmen zur Erfüllung seiner sozialen Pflichten an- 
gehalten werden. Was aber ein Rechtsstaat seinen Untergebenen als 
strafbares Unrecht auslegt, kann er ohne Schaden für sein Ansehen nicht 
selber tun. 

5. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte ist trotz der gegenteiligen 
Behauptung des Herrn Staatsrates Boepple eine gegen die Kirche 
gerichtete Maßnahme und eine schwere Störung des friedlichen 
Verhältnisses zwischen Staat und Kirche. 

Während im Reichskonlcordat Art. 25 das Deutsche Reich der Kirche 
die Zusicherung gibt, die Zugehörigkeit zu einem Orden sei kein Hinder- 
nis für die Zulassung zur Tätigkeit im Schuldienst, erklärt die Kund- 
gebung vom 13. Oktober, der Nationalsozialistische Staat (der gleiche, 
der das Reichskonkordat geschlossen hat), könne klösterliche Lehrerin- 
nen nicht länger im Schuldienst behalten. 

Dabei vex'wickelt sich die Kundgebung in einen unglaublichen 
Widerspruch, wenn sie sich bereit erklärt, die gleiche bisher 
klösterliche Lehrerin in den Schuldienst zu über- 
nehmen, sobald sie aus ihrem Orden ausscheidet. Tatsächlich ist man 
auf Lehrerversammlungen und in Privatgesprächen an jüngere Or- 
denslehrerinnen herangetreten mit dem Ansinnen, sie sollten zu 
den weltlichen Lehrerinnen überlaufen. Die Zvimutung; sich durch Un- 
treue gegenüber den Ordensgelübden den Weg zu einer weiteren Ver- 
wendung im Schuldienst zu öffnen, muß auf kirchlicher Seite als eine 
feindselige Einstellung zur Kirche empfunden werden. 

6. Der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte bedeutet eine schwere 
finanzielle Mehrbelastung der Kirche. Der amtliche Erlaß 
vom 13. Oktober sucht die Tatsache, daß die Einstellung weltlicher Lehr- 
kräfte an Stelle der klösterlichen für den staatlichen Haushalt eine jähr- 
liche Mehrausgabe von mehreren Millionen mit sich bringt, mit dem 
Hinweis zu rechtfertigen, daß der heutige Staat, ,der nicht dem Mate- 
rialismus huldigt' , in solchen Grundfragen nicht nach finanziellen Rück- 
sichten entscheide und daß der Abbau der klösterlichen Lehrkräfte 
,keinen Steuerzahler zu schrecken brauche'. 

Wir Bischöfe erheben öffentlichen Einspruch dagegen, daß die Kund- 
gebung vom 13. Oktober verschweigt, daß jene Millionen Mehrausgabe 
im staatlichen Schulhaushalt durch Kürzung der staatlichen- 
Leistungen für kirchliche Zwecke eingespart werden 
und daß, zum Teil für diesen Zweck, die Zuschüsse des Bayerischen 
Staates für kirchliche Zwecke bereits um 4% Millionen gekürzt wurden. 
Die Behauptung, das brauche keinen Steuerzahler zu schrecken, stimmt 
nicht zu der Tatsache, daß infolge der Kürzung der staatlichen Zu- 
schüsse an vielen Orten die Ortskirchenumlagen erhöht werden müssen, 
daß also doch in anderer Weise der Steuerzahler zum großen "peil dafür 
aufkommen muß. 

Wir weisen deshalb auch die hämische Bemerkung zurück, kirch- 
liche Stellen hätten sich besorgt geäußert übet neue finanzielle Lasten 
des Staates. Da nach dem Gesagten die Mehrausgabe für weltliche 
Lehrkräfte den bisherigen Zuschüssen für kirchliche Zwecke entnommen 
werden, ist es begreiflich, wenn kirchliche Stellen sich um die neuen 
finanziellen Lasten Sorge machen. 

234 



Auf alle Fälle ist der Staat verpflichtet, jene freiwllHgen 
Leistungen zurückzugeben, die von Geistlichen und Laien für 
Schulen unter der Bedingung oder in der Annahme gemacht wurden, 
daß diese Schulen klösterliche Lehrkräfte erhalten und be- 
halten. Wir setzen voraus, daß die Rechtsverhältnisse im einzelnen im 
Benehmen nnit den Ordensleitungen geprüft werden. 

7. Wenn der Staat als Grund für den Abbau der klösterlichen Lehr- 
kräfte geltend macht, daß sie für andersgläubige Eltern und 
Kinder nicht mehr tragbar seien, so können wir feststellen, daß an zwei 
Drittel der in Betracht kommenden Schulen überhaupt keine 
nicht katholischen Kinder und an den übrigen unter hundert 
höchstens drei sind. Es sind uns keine Klagen nichtkatholischer Eltern 
bekannt, daß ihre Kinder von Schulschwestern irgendwie gegen ihre 
Glaubensüberzeugung beeinflußt worden wären. 

Wir können mit viel mehr Recht darauf verweisen, daß für katho- 
lische Eltern und Kinder Lehrer und Lehrerinnen untragbar sind, welche 
ihren eigenen Unglauben auf die Kinder übertragen, die Kinder durch 
Beispiel und Unterricht gegen ihren katholischen Glauben einnehmen 
und die daher nach Art, 5 des Bayerischen Konkordates an katholische 
Schulen nicht wirken dürften, weil sie weder geeignet noch bereit sind, 
im Geiste des katholischen Glaubens zu erziehen. 

Im Namen und Auftrag der Bischöfe in Bayern. 

gez. Kardinal Faulhaber." 



hh) Um den .Jahreswechsel 1936/1937 setzte iii München der 
Kampf gegen die Bekenntnisschule wieder in voller Schärfe und 
Heimtücke ein. Das Erzbischöfliche Ordinariat München übergab 
darum den katholischen Pfarrämtern Münchens einen neuen 

„S e e 1 s r g s b r i e f" 

zur "Weiterreichung an die katholischen Eltern: 

Liebe Eltern! München, im Januar 1937. 

„In tiefster Sorge wende ich mich als Ihr verantwortlicher Seelsorger 
an Sie, um Ihnen zum Tag der Schuleinschreibung ein wohlgemeintes 
Wort zu sagen. Es geht diesmal um den Bestand der Bekenntnisschule 
in München. Die Bekenntnisschule, im rechten Geiste geführt, ist für 
die Kinder ein Stück Heimat./ Das religiöse Familienleben mit seinem 
ganzen Geiste, mit all seinen Festen und Pflichten findet seine harmo- 
nische Fortsetzung in der Schule. Die Lehrkräfte sind einer Glaubens- 
überzeugung mit Eltern und Kindern und können die unerschöpflichen 
Erziehungskräfte, die im Leben Jesu Christi und der Heiligen liegen, in 
der Schule einsetzen. Schule und Haus sind ein Ganzes. 

Die Bekenntnisschule hat — Sie selbst haben sie ja besucht und kön- 
nen es bezeugen — die auf sie gesetzten Erwartungen vollauf erfüllt. Sie 
hat fast alle Helden des Weltkrieges erzogen; aus Tausenden von Feld- 
briefen spricht noch heute die wundervolle Kraft religiöser Überzeugung 
zu uns, die sie aus Elternhaus und Schule geschöpft haben; sie hat die 
Heldenmütter erzogen, die schwersten Heimatdienst geleistet, die das 
Bki topf er ihrer Kinder gebracht und gegen den Umsturz von 1918 so 
erfolgreich sich für die Bekenntnisschule eingesetzt haben. Sie hat sich 
zu allen Zeiten ehrlich bemüht, die ihr anvertraute Jugend zur Wahr- 
heit und Treue, zur Reinheit, zur Liebe zu Heimat und Vaterland und 
zum Gemeinsinn zu erziehen. Noch bis vor kurzem besuchte der Groß- 
teil aller Münchener Kinder die Bekenntnisschule, und die Ergebnisse der 
dort geleisteten Erziehungs- und Unterrichtsarbeit, wie sie alljährlich 

235 



durch Prüfungen sichergestellt war, gereichen nach dem Urteil aller 
Kundigen der Bekenntnisschule nur zur Ehre. 

Trotzdem soll sie jetzt der Gemeinschaftsschule weichen müssen. 
Aber selbst wenn auch die Gemeinschaftsscliule, wie versichert wird, 
wirlilicli cliristlich bleiben sollte, wenn auch nicht, wie es da und dort 
schon gescliehen ist, die Kreuze avis der Schule entfernt, Kreuzzeichen 
und Händefalten verboten, die Heilige Schrift vor den Kindern verächt- 
licli gemaclit, Spottbilder auf Kirche und Priester in der Schule auf- 
gehängt werden, — die tiefere Einheit der Erziehung, die 
höchste, vertrauensvollste Zusammenarbeitzwischen 
Schule und Elternhaus, wie sie aus der Religion erwächst, ist 
in der Gemeinschaftsschule nicht mehr möglich. Der Religions- 
unterricht bildet dort nicht mehr den Mittelpunkt des 
gesamten Unterrichtes, sondern wird nur bewertet wie ein 
Fach neben anderen Fächern; der Lehrer, der selbst in einer Klasse mit 
lauter Ivatholisclien Kindern anderen Bekenntnisses sein kann, darf nicht 
mehr seine ganze Persönlichkeit einsetzen, es darf außerhalb des Reli- 
gionsunterrichtes nicht mehr die Rede sein von der hl. Messe, von der 
Muttergottes, vom Schutzengel, von den kirchlichen Festtagen; der ganze 
Reichtum katholisclier Bildungswerte kann somit nicht mehr ausgebrei- 
tet und wirksam gemacht werden. Die Einheit der religiösen Erziehung 
ist zerstört, unersetzliche Erziehungskräfte sind aus der Schule verbannt. 
Katholische Eltern, können Sie das wirklich für Ihre Kinder, die Ihnen 
ans Herz gewachsen sind, ertragen? 

Aber noch haben Sie die Entscheidung in der Hand. In feierlichem 
Vertrage, der die Unterschrift der Reichsregierung trägt, ist die Bei- 
behaltung und Neueri-ichtung von Bel^enntnisschulen gewährleistet. Sie 
haben als ^Katholiken ein staatlich verbürgtes Recht darauf. Melden Sie 
daher Ihr Kind unter allen Umständen für die Bekenntnisschule an, und 
zwar die Schulneulinge am Samstag nachmittag, die übrigen Kinder am 
Sonntag zur festgesetzten Stunde. Alle vor diesen Terminen abgeforder- 
ten und in der Schule abgegebenen Unterschriften sind rechtsungültig. 
Lassen Sie sich nicht einschüchtern durch Drohungen, die wider alles 
Recht atxsgesprochen werden! Lassen Sie sich nicht beeinflussen durch 
die billige Ausrede: Andere schicken ja ihre Kinder auch in die Gemein- 
schaftsschule! Sie sind persönlich und ganz allein verantwortlich für 
Ihr Kind! 

Als Ihr Seelenhirte, getrieben von der Verantwortung vor Gott und 
der Sorge um die Jugend, habe ich Ihnen diesen Brief geschrieben. Sie 
werden mir das Recht nicht atasprechen, in der Lebensfrage katholischer 
Erziehung als Ihr Berater aufzutreten. Ich habe keine Machtmittel; ich 
kann Sie nicht zwingen. Ich kann nur als Ihr Seelsorger an Ihre gläu- 
bige Überzeugung, an Ihre aufrichtige Liebe zu Ihren Kindern appel- 
lieren; ich kann Sie nur im Namen Jesu bitten, Ihren Kindern den Segen 
der Bekenntnisschule zu erhalten. 

Am nächsten Freitag, um 8 Uhr abends, halten wir in diesem An- 
liegen eine eigene Elternstunde in der Pfarrkirche ab. Hierzu ladet Sie 
dringend ein 

mit priesterlichem Segenswunsch Ihr Seelsorger . . . !" 



ii) Um die Gesamtheit der Katholiken Münchens 
über die Gemeinschaftsschule aufzuklären, verordnete das Erz- 
bischöfliche Ordinariat im Januar 1937 eine neue 

Kanzelverkündigung: 

..Katholische Eltern! In letzter Stunde vor der Schuleinschreibung 
wenden sich Eure Seelsorger noch einmal an Euch und mahnen und 

236 



bitten Euch: Laßt doch Eure Kinder in die Bekenntnisschule ein- 
schreiben! 

Die Bekenntnisschule ist die beste Form religiöser Er- 
ziehung. In ihr kommt das katholische Kind zu katholischen Lehr- 
kräften. In ihr wird das Werk, das die katholische Mutter an ihren 
Kindern begonnen, am sichersten v/eitergeführt. 

Die Bekenntnisschule ist die Schule wahrer G e m e i n s c h a f J;. 
In ihr werden die Kinder niemals, auch nicht in den Religionsstunden, 
voneinander getrennt. In ihr findet die erzieherische Kraft der Religion, 
die für Millionen von Deutschen schon Lebenslicht und Lebenstrost ge- 
wesen ist, ihre segensreichste Entfaltung. 

Die Bekenntnisschule ist die Schule des konfessionellen 
Friedens. Die beiden großen christlichen Bekenntnisse Deutschlands 
haben stets an der Bekenntnisschule festgehalten. Denn der Gewissens- 
freiheit wird am besten gedient, wenn jedes Bekenntnis die ihm anver- 
traute Jugend in geschlossener Einheit erziehen kann. Die Gemein- 
schaftsschule hebt die konfessionelle Verschiedenheit in Deutschland 
nicht auf. Im Gegenteil, gerade durch das ständige Auseinanderreißen 
der Klassen im Religionsunterricht bringt die Gemeinschaftsschule den 
Kindern die konfessionellen Unterschiede immer wieder und wieder zum 
Bewußtsein. 

Die Bekenntnisschule ist die Schule wahrhaft vaterlän- 
discher Erziehung. In ihrem Vertrag mit der Reichsregierung hat 
sich die Kirche feierlich dazu verpflichtet, die Jugend zu vaterländischem, 
staatsbürgerlichem und sozialem Pflichtbewußtsein zu erziehen. Sie kann 
ihr Wort nirgend besser einlösen als in der Bekenntnisschule, wo sie in 
einheitlicher Erziehungsarbeit ihre Grundsätze von Treue und Opfer- 
wille,' von Heimat- und Nächstenliebe den Kinderherzen einprägen kann. 

Die Bekenntnisschule ist staatlich verbürgtes Recht. Die 
Deutsche Reichsregierung hat sich in einem feierlich abgeschlossenen 
Vertrag mit Gesetzeskraft dazu verpflichtet, nicht nur die bestehenden 
katholischen Bekenntnisschulen beizubehalten, sondern auf Antrag der 
katholischen Eltern auch neue Bekerintnisschulen zu errichten. Angriffe 
auf den Fortbestand der Bekenntnisschulen richten sich darum letzten 
Endes auch gegen die staatliche Autorität, die ihre Rechtsgeltung ga- 
rantiert. 

Die Bekenntnisschule hat Millionen deutscher Kinder, hat auch Euch 
und Eure Väter und Mütter erzogen. Die Millionen deutscher Helden, 
die in treuer Kameradschaft für ihr Vaterland Blut und Leben eingesetzt 
haben, sind durch die Bekenntnisschule gegangen. Warum sollen ihre 
treuen Dienste heute auf einmal nicht mehr genügen? 

Darum, katholische Eltern, ist es für Euch ernste Gewissenspflicht, 
festzustehen zu Eurem klaren Recht! 

Laßt Euch nicht einschüchtern, wenn es heißt: Man wird 
Euch Brot und Stellung nehmen. In keinem Rechtsstaat der 
ganzen Welt kann ein Bürger Beruf imd Stellung deswegen verlieren, 
weil er von einem staatlich verbürgten Rechte Gebrauch macht. Und 
wir haben das ausdrückliche Wort maßgebender Behörden, daß keinem 
Vater und keiner Mutter, auch nicht ihren Kindern, irgendwelche Nach- 
teile entstehen dürfen, wenn sie sich für die Bekenntnisschule ent- 
scheiden. 

Laßt Euch nicht einschüchtern, wenn es heißt: Eure 
bisherige Schule wird Gemeinschaftsschule und Eure 
Kinder werden an eine weitentfernte Schule abgeschoben. Vergesset 
nicht, Ihr selbst seid es, die über den künftigen Charakter der Schule 
zu entscheiden haben. Wenn Ihr so treu wie im Vorjahre zur Bekennt- 
nisschule steht, dann wird auch nicht eine von unseren 76 Bekenntnis- 
schulen in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt werden. 

237 



Laßt Euch auch nicht Irre machen, wenn man Euch in 
den letzten Tagen unter irgendeinem Vorgeben eine Unterschrift 
h e r a u s g e 1 clc t hat. Der Tag der Schuieinschreibung ist der 2. Fe- 
bruar. Unterschriften, die in den Häusern gesammelt wurden, haben 
keine rechtliche Gültigkeit. 

Laßt Euch auch nicht irre machen, wenn man Euch sagt: 
Wer gegen die Gemeinschaftsschule ist, deristeinFeind des Vol- 
kes und des Staates. Wir Katholiken wissen, daß wir unser Vater- 
land liebhaben, so warm und so treu wie nur irgendjemand in der Welt. 
Es ist eine unerhörte Verleumdung, uns Feindschaft gegen Staat und 
Volk vorzuwerfen, nur, weil wir uns auf ein gesetzliches Recht berufen, 
das die Untersclirift der Reichsregierung trägt. 

Laßt Euch auch nicht irre machen, wenn Eure eigenen 
Kinder mit Forderungen zu Euch kommen, die von außen 
her mehr oder weniger zwangsweise in sie hineingetragen wurden. Die 
Behörden selbst haben verfügt, daß Kinder auf keinen Fall in den 
Schulkampf hereingezogen werden dürfen. Denn wo in aller Welt dür- 
fen Kinder ihren Eltern befehlen, wie sie erzogen werden wollen? 

Laßt Euch auch nicht kontro 11 leren durch Leute, die 
kein Recht dazu haben. Privatpersonen gegenüber seid Ilar selbstver- 
ständlich zu keiner Ausicunft verpflichtet, auch nicht zur Ausfül- 
lung der aufgenötigten Kontrollkarten. Laßt Euch ferner 
nicht einschüchtern durch den zu diesem Zwecke eigens eingerichteten 
Schleppdienst. Das Gesetz garantiert die völlig freie Abstimmung 
der Eltern. In der einschlägigen Gesetzesvorschrift heißt es ausdrüclc- 
lich: Die Lehrer haben sich jeder Beeinflussung bei der Erklärungs- 
abgabe im Schulzimmer oder sonst zur Anmeldung bestimmten Räume 
zu enthalten. 

Somit kommt den katholischen Eltern am Lichtmeßtag die dreifache 
Aufgabe zu: 

1. Eltern, die einen Schulanfänger haben, melden ihr Kind persönlich für 
die Bekenntnisschule an. 

2. Eltern, deren Kinder die Bekenntnisschule schon besuchen, schicken 
lediglich ihre Kinder am Lichtmeßtage in das Schulzimmer ihrer bis- 
herigen Lehrlcraft, sie selbst aber bleiben am Einschreibtag zu Hause 
und lassen sich durch keinen Vorwand zur Umschreibung in die Schule 

. locken. 

3. Eltern, deren Kinder bisher die Gemeinschaftsschule besucht haben, 
gehen an diesem Tage in die Schule und lassen ihre Kinder um- 
schreiben in die Bekenntnisschule. 

Katholische Eltern! Wir wissen, daß wir ein schweres und 
ernstes Bekenntnis von Euch verlangen. Aber die Kirche 
kann und darf hier nicht schweigen. Das wäre eine Pflichtverletzung 
und ein Verrat an dem katholischen Elternrecht. Solange deutsche Kin- 
der Schulen besuchen, ist immer die Religion das Licht gewesen, das 
über dem ganzen Schulleben leuchtete. Die heranwachsende Jugend zur 
Ehrfurcht vor Gott, zur Liebe Jesu Christi, zur Treue gegen Kirche und 
Vaterland zu erziehen, hat in der Bekenntnisschule immer als höchstes 
Lehrziel gegolten. 

Jetzt soll mit einem Male der Religionsunterricht nur noch ein Fach, 
etwa wie Rechnen oder Turnen, sein. Also nicht mehr das feier- 
liche Licht der Welt, das das ganze Schulleben überstrahlt, son- 
dern nur noch eine kümmerliche Kerze, die ein paar Scliul- 
stunden in der Woche erhellt. Eine solche Entthronung der Religion 
können wir nicht schweigend geschehen lassen. 

Wir müssen unsere Stimme erheben, nicht aus Machtpolitik, wie 
man uns unterschiebt, sondern aus Sorge um die Jugend und um die 
Zukunft unseres Vaterlandes. Denn alle Völker leben aus der Religion. 

288 



Freilich wir Icönnen gegenüber der maßlosen Propaganda für die 
Gemeinschaftsschule nichts anderes tun als aufklären und mahnen, bit- 
ten und beten. Eure Sache, katholische Eltern, ist es, zu Eurem Rechte 
zu stehen und Euren Kindern den vollen Segen religiöser Schulerziehung 
zu retten. 

Das Fest Maria Lichtmeß erinnert uns an das Licht der Welt, an 
den unermeßlichen Segen von Friede und Gnade, Trost und Kraft, Rein- 
heit und Güte, der von Christus aus über die ganze Welt gegangen ist. 
Erhaltet diesen Segen in seiner ganzen Fülle Euren Kindern und stimmet 
für die Bekenntnisschule! Gott segne Euch und Euere Kinder für Euer 
Bekenntnis und Euere Treue in entscheidungsvoller Stunde!" 



kk) Acht Tage darauf nötigten Entstellungen der letzten Kanzel- 
erklärung zu neuen, öffentlichen Feststellungen von 
derKanzelaus: 

An die H. H. Stadtpfarrer und Pfarrkuraten Münchens. 

Betreff; Schuleinschreibung 1937. 

Nachstehender Schriftsatz ist am Sonntag, den 31. Januar, bei allen 
Vormittags- Gottesdiensten zur Verlesung zu bringen. Auf nachdrucks- 
vollen Vortrag ist besonderes Gewicht zu legen. 

„Zur Schuleinschreibung haben die Seelsorger Münchens aus dem 
Gebot der Stunde heraus noch folgende letzte Erklärung abzugeben: 

Gegen Behauptungen der Kanzelerklärung vom letzten Sonntag ist 
der Vorwurf sachlicher Unrichtigkeit und Unwahrheit erhoben worden. 

Wir hatten gesagt, daß in einer Gemeinschaftsschule in Regensburg 
das Kreuzzeichen ixnd H ä ndefalten verboten worden sei. 
Wir stellen neuerdings fest, daß am 9. Dezember 1936 den Kindern der 
Hans-Schemm-Schule in Regensburg-Schottenheim in allen Klassen das 
Kreuzzeichen und Händefalten beim Schulgebet verboten wurde. Auf 
Beschwerden hin erklärte der Schulleiter, daß dieses Verbot von der 
Kreisleitung ausgehe und daß er jeden Widerstand dorthin zu melden 
habe. 

Wir hatten gesagt, daß da und dort das Kreuz aus den Schu- 
len entfernt wurde. Wir erinnern nur an die Vorgänge in Olden- 
burg; dasselbe geschah in Waibstadt in Baden, und es ist auch in unserer 
eigenen Diözese vorgekommen, daß man Kreuze von ihrem Ehrenplatz 
entfernt und in eine Ecke gehängt hat. 

Wir hatten gesagt, daß von verantwortlicher Stelle aus die Grund- 
wahrheit des Christentums lächerlich gemacht worden sei. 
Wir stellen fest, daß bei der .Schulungstagung der Lehrerschaft Münchens 
am 12. Dezember 1936 von der verantwortlichen Stelle des Münchener 
Schulwesens tatsächlich gesagt wurde: Wir sind auf Erden zur 
Erhaltung der Art. Des weiteren fuhr der Redner fort: Das ist 
etwas ganz anderes, als wenn in der ersten Religionsstunde der Koope- 
rator den kleinen Sepperl mit der Frage belästigt: ,Wozu sind wir auf 
Erden?' und der Kleine dann hersagen muß: ,Wir sind auf Erden, um 
Gott zu erkennen, ihn zu lieben und ihm zu dienen und dadurch selig 
zu werden', wobei dieser Satz unter dem Gelächter der Versammlung in 
leierndem Schulton aufgesagt wurde. In derselben Versammlung war 
übrigens auch die Rede von der ,Lehre des Zimmermannssohnes von 
Nazareth' und die katholische Kirche wurde mit dem Bolschewismus auf 
eine Stufe gestellt. 

Wir verwahren uns auch feierlich gegen den ungeheuerlichen Vor- 
wurf, als ob durch die Bekenntnisschule die deutsche 
Volksgemeinschaft zerstört würde, wie es besonders stark im 

239 



R u n d f u n k g e s p r ä c h Donnerstag mittags zum Ausdruck kam. Wenn 
durch die Bekenntnisscliule die deutsche Volksgemeinschai't zerstört 
würde, dann hätte sicherlich der Präsident des Deutschen Reiches nie 
und nimmer die Beibehaltung und Neuerrichtung von Bekenntnisschulen 
in feierlichem Staatsvertrag gewährleistet. Wahi'hat'tig, wir nehmen Gott 
und Euch selbst zu Zeugen, daß durch die Bekenntnisschule nicht zer- 
rissen v/ird, was Gott zu einem Volk und einem Schicksal verbunden hat. 
Wir wollen nur, daß Haus und Schule, Lehrkräfte und 
Kinder unter dem Segen desselben Bekenntnisses stehen 
und so die volle Erziehungskraft unserer heiligen Religion offenbar 
werde. 

Wir hatten nun gehofft, daß die Abstimmung dieses Jahres vielleicht 
doch eine freie Gewissensentscheidung der katholischen Eltern sein 
würde. Allein unsere Erwartung ist bitter enttäuscht worden. Für die 
•Gemeinschaftsschule wurde mit allen Mitteln gewor- 
ben: durch Versammlungen, durch Aufgebot des gesamten amtlichen 
Schulapparates, durch Einsatz von Parteistellen, durch Hereinziehung 
der Schulkinder, durch ständigen pruck auf Beamte und Angestellte des 
Staates, der Gemeinde und Privatbetriebe, durch Zeitungsaufrufe, Pla- 
kate und Flugblätter, durch Rundfunk imd schließlich durch wieder- 
holten Einsatz der höchsten staatlichen Autorität, kurz mit allen 
Mitteln einer schrankenlosen Werbung, wobei insbeson- 
dere die gesetzliche Bestimmung tausendfach verletzt wurde, daß sich 
die Lehrer jeder Beeinflussung der Erziehungsberechtigten hinsichtlich 
ihrer 'Willenserklärung zu enthalten haben. 

Demgegenüber waren wir, abgesehen von der Kanzelverkündigung, 
jeder Möglichkeit einer wirlvungsvollen Aufklärung der Eltern in der 
Öffentlichkeit völlig beraubt. Jede Tätigkeit unserer Eltern vereini- 
gungen blieb nach wie vor verboten. Man ist sogar mit dem 
Ansinnen an uns herangetreten, einen Seelsorgsbrief 
an die Eltern zu unterbinden, obwohl nach Art. 4 des RK. dem Verkehr 
der Diözesanbehörden mit den Gläubigen in allen Angelegenheiten ihres 
Hirtenamtes volle Freiheit garantiert ist. Ordinariat und Pfarr- 
häuser wurden Tag und Nacht zwecks Verhinderung einer Ausliefe- 
rung dieses Seelsorgsbrief es polizeilich überwacht, ein Teil 
wurde beschlagnahmt, s o g a r Kirche n-b esucher auf dies- 
bezügliche Schriftstücke untersucht. Außerdem hat man 
vor aller Öffentlichkeit nachweisbare Feststellungen, die wir gemacht, 
als sachliche Unrichtigkeit und Unwahi'heit bezeichnet, und zwar von 
höciister Staatsstelle aus. . 

Angesichts all dessen halten wir dafür, daß die Voraussetzun- 
gen für einen freien Willensentscheid der Eltern 
nicht mehr gegeben sind. Katholische Eltern können zwar auf 
ein durch Gesetz und Konkordat verbürgtes Recht nicht verzichten, aber 
wir müssen feststellen, daß es den Eltern unmöglich gemacht ist, unter 
dem auf ihnen lastenden Druck dieses Recht in wahrer staatsbürger- 
licher Freiheit auszuüben. So bleibt uns nur noch ein letzter Weg: Wir 
werden gegen diese Abstimmung,, die -man unter den ge- 
schilderten Umständen vielmehr als S c h e i n a b s t i m m u n g bezeich- 
nen könnte, bei den höchsten zuständigen Reichsbehörden 
Rechts Verwahrung einlegen. Zwang schafft kein neues Recht, 
und -so hört auch das Recht auf die Bekenntnisschule 
11 i e m a 1 s a u f . 

Wir halten uns für verpflichtet, dies den katholischen Eltern mit- 
zuteilen zugleich mit der Bitte, nun erst recht alle Kräfte einzusetzen 
für die katholische .Erziehung der Jugend. Die Seelsorger Mün- 
chens geloben feierlich, in unermüdlicher Sorge alles 
zii tun, um die katholische Jugend imGeisteJesu 

240 



Christi zu aufrechten, opferwilligen und treuen Men- 
schen zu erziehen. Euere und unsere Sorge aber stellen wir unter 
den Schutz des allmächtigen Gottes, der zwar die Seinen prüft, aber 
ihnen auch Hilfe sendet zur rechten Zeit. Amen." 

Selbstverständlich bedeutete auch eine rein praktische Notstands- 
m a 1:1 n a h m e, die nach dieser Abstimmung in Müncheji getroffen wer- 
den mußte, keinerlei Änderung des grundsätzlichen kirchlichen 
Standpunktes: Da nämlich nur noch etwa 16 Prozent der schulpflichtigen 
Kinder für die Bekenntnisschule gemeldet waren und die Stadtschul- 
behörde die Bekenntnisschulen mit voller Absicht möglichst ungünstig 
im Stadtgebiet- verteilte, hätten einzelne, für die Bekenntnisschule ge- 
meldeten Kinder einen ungewöhnli ch weiten und bei den städti- 
schen Verkehrsverhältnissen gefahrenreichen Schulweg ge- 
habt. Für Kinder, bei denen solch ein Notstand gegeben war, wurde 
dann vom Erzbischöflichen Ordinariat der Besuch einer nähergelegenen 
GemeinschaJjtsschule gestattet. 



11) Wie schon im Kapitel: „Kampf gegen katholische Schule 
und Schultätigkeit" dargestellt wurde, ließ Gauleiter Wagner im 
Juni 1937 in Oberbayern für die Gemeinschaftsschule „abstimmen". 
Der Ausdruck „Abstimmung" war hier freilich ein Hohn. Tatsäch- 
lich war ja alles Zwang und Betrug, Dies yeranlaßte die oberhirt- 
liche Stelle, eine neue, von Kardinal Faulhaber selbst gezeichnete 
Aufklärung und Mahnung zu geben: 

O b e r hir tli che Erklärung 
zur Abstimmung über die Gemeinschaftsschule 

Um den 11. Juni 1937 wurde in Oberbayern, mit Ausnahme der 
Stadt München, mit dem Aufgebot des parteiamtlichen Apparates, eine 
Z u s t im m ung der Eltern zur Gemeinschaftsschule oder, 
wie sie jetzt heißt, zur deutschen Volksschule, eingeholt. 
Schulbeamte übersandten den Eltern durch die Schulkinder 
Flugblätter-, auf denen die Gemeinschaftsschule als die allein rich- 
tige Schule angepriesen wurde. Lehrer gingen von Haus zu 
Haus, um die Unterschriften der Erziehungsberechtigten für die Ge- 
meinschaftsschule einzuholen. Versammlungen wurden unter ganz 
anderen Titeln einberufen, um durch eine pauschale Abstimmung, 
woran auch Nichtverheiratete sich beteiligten, ein für das ganze Dorf 
gültiges Gesamtergebnis zu erlangen. Am Reichssender Mün- 
chen wurde in entscheidender Stunde ein Aufruf der höchsten staat- 
lichen Schulbehörde mit schwersten Ausfällen gegen die Kirche und die 
Bekenntnisschule bekanntgegeben. Darum sollen noch einmal die katho- 
lischen Grundsätze über Schulerziehung in der Frage 
Bekenntnisschule oder Gemeinschaftsschule zusammengestellt werden im 
Anschluß an einige Flugblätter, die den Eltern zugeteilt werden. 

Es ist eine Unwahrheit, wenn man sagt, die Bekenntnisschule, 
das heißt -die. katholische Schule -für katholische Kinder, werde von der 
Kirche aus politischen Ab sichten und aus machtpolitischen An- 
sprüchen gefordert. Die Frage, Bekenntnisschule oder Gemeinschafts- 
schule, ist nicht eine Frage der Politik, sondern eine Frage des katho- 
lischen Gewissens und der deutschen Treue. 

Wieso eine Frage des katholischen Gewissens? Im Kir- 
chenrecht wird den katholischen Eltern auf das Gewissen gebunden, ihre 
Kinder, solange es möglich ist, in eine Bekenntnisschule zu schicken. 

Wieso eine Frage der deutschen Treue? Durch feierlichen 
Vertrag hat die Deutsche Reichsregierung im Reichskonkordat Juli 1933 

241 



dem Hl. Vater die Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Be- 
kenntnisschulen gewährleistet. 

Katholische Eltern haben also nicht bloß vor Gott und ihrem Ge- 
wissen die heilige Pflicht, ihre Kinder in Bekenntnisschulen zu schik- 
ken, sie haben auch dem Staate gegenüber nach Artikel 23 des Reichs- 
konkordates ein helliges Recht, die Beibehaltung oder Wiedererrich- 
tung einer katholischen Volksschule zu fordern. 

Solange es noch eine deutsche Vertragstreue gibt, 
solange deutsche Unterschrift und deutsches Ehrenwort noch etwas gel- 
ten, solange haben katholische Eltern im Deutschen 
Reich ein Recht auf die Bekenntnisschule. 

Da das Reichskonkordat zugleich deutsches Reichsgesetz ist, 
kann es dem Lehrer oder einem anderen Reichsbeamten nicht als un- 
gesetzliches und staatsfeindliches Verhalten ausgelegt werden, wenn er 
zu der gesetzlich gewährleisteten Bekenntnisschule sich bekennt. 

Man kann auch nicht sagen, die B e k e n n tnisschule habe 
den religiösen Unfrieden gebracht, die Gemeinschaftsschule 
werde den religiösen Frieden bringen. Wir haben in der Zeit der Be- 
kenntnisschule den schönsten religiösen Frieden gehabt. Wenn alle Kin- 
der einer Schule vom gleichen Glauben sind, ist viel weniger Anlaß zu 
religiösen Streitigkeiten als in der Schule, in der die religiösen Bekennt- 
nisse gemischt sind. Erst als die .Kampf Organisation' zur Ein- 
führung der Gemeinschaftsschule gegründet wurde, mußte man ihr das 
Wort des deutschen Dichters entgegenhalten: ,Die wilde Zwietracht und 
den Klang der Waffen rufst du in dieses friedgewohnte Tal.' 

Flugblätter erinnern, geschichtlich etwas weit zurückgreifend, an die 
unendlich traurigen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges. 
Die Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert war ein furchtbar großes Un- 
glück in der Geschichte unseres Volkes. Wir Christen des 20. Jahrhun- 
derts tragen keine Schuld daran und können diese Tatsache nicht aus 
der Welt schaffen. Die christlichen Bekenntnisse müssen sich gegenseitig 
ertragen, im Glauben getrennt, in der Liebe zum gemeinsamen Vater- 
land geeinigt. 

Es ist eine Unwahrheit, wenn man heute dem Volke von end- 
losen Streitigkeiten zwischen den beiden christ- 
lichen Bekenntnissen erzählt. Wenn wir die Bekenntnisschule 
fordern, so fordern wir ebenso für die evangelischen Kinder die evan- 
gelische Schule wie für die katholischen Kinder die katholische' Schule. 
Die Bekenntnisschule wird also nicht aus Abneigung und Streitsucht 
gegenüber dem anderen Bekenntnisse gefordert. 

Wo von den Neuheiden Christus und sein Evangelium 
verleugnet, wo überhaupt die biblische Offenbarung als morgen- 
ländisches Märchen bezeichnet, wo Erbsünde und Er- 
lösung aus dem Credo gestrichen werden, da wird die Axt 
ebenso an die Wurzeln des katholischen wie des protestantischen Be- 
kenntnisses gelegt. Auch aus diesem Grund hat die Bekenntnisschule 
keine feindselige Einstellung gegen das andere christliche Bekenntnis. 

Die Gemeinschaftsschule wird den Eltern besonders mit dem Hin- 
weis auf die deutsche Volksgemeinschaft aufgedrängt. Die 
deutsche Volksgemeinschaft ist ein herrliches Ziel des Führers. Wir wol- 
len hoffen,' daß es ebenso glücklich erreicht werde, wie das große Ziel 
der Arbeitsbeschaffung erreicht wurde. In der Bekenntnisschule wird 
der Sinn für Volksgemeinschaft nicht weniger gepflegt. als in der 
Gemeinschaftsschule. Auch in der Bekenntnisschule wurden die Kinder 
nicht nach arm und reich, nicht nach Name und Stand getrennt. 

Man kann aber das an sich schöne Wort .Gemeinschaft' auch 
überspitzen. In früheren Zeiten haben die Bischöfe sich dem Staats- 

242 



kommunismus widersetzen müssen, der die Kinder aus den Familien 
. neiimen und in Gemein achai'tslagern erzleiien wollte. 

Kathollsclie Eltern! In Wort und Druck wird eucli vorgehalten: 
Ein Führer, ein Volk, eine Schule I ,Ein Führer und ein 
Volk' ist, wie die Volksgemeinschaft selber, ein herrliches Ziel. Wenn 
man aber daraus die Einheit der Gemeinschafts schule ataleiten will, 
Jcann man mit dem gleichen Unrecht auch die Einheit der Kirche 
ableiten. Wenn man die Gemeinschaftsschule so begründen will: ,Unsere 
Kinder spielen miteinander, sie stehen später beieinander im Arbeits- 
dienst, in der Armee; warum sollen wir sie in den Schulen trennen', 
dann kann man mit den gleichen Gründen auch üür die einheit- 
liche deutsche Nationalkirche werben. Wir behaupten niclit, 
die Wortführer der Gemeinschaftsschule wollten alle bewußt der deut- 
schen Gemeins^haftskirche eine Gasse brechen. Es kann aber niemand 
leugnen, es sind in unserem Volk starIce Kräfte am Werk, die heute 
schon in dieser Richtung arbeiten: Ein Führer, ein Volk, eine Schule, 
ein Glaube. Viele haben die Erklärung für die Gemeinschaftsschule 
unterzeichnet, ohne sich über die^e weitere Entwicklung bis zur Ver^^ 
nichtung der christlichen Belcenntnisse Gedanken zu machen. 

Denlcenden Menschen muß es auffallen, daß die abgefallenen 
Priester fanatisch für die Gemeinschaftsscliule eintreten. Jene trau- 
rigen Gestalten, deren Zahl man an den Fingern einer Hand abzählen 
kann, bel<:unden heute ihren Apostatenhaß gegen die Kirche besonders 
durch ihr Eintreten für die Gemeinschaftsschule. Das muß doch zu den- 
ken geben. 

In allen Tonarten wird versichert, auch in der Gemeinschaftsschule 
werde ,der Religionsunterricht in derselben Stundenzahl, von den gleichen 
Religionslehrern, nach Bekenntnissen getrennt, wie bisher gegeben.' Nie- 
mand hat beliauptet, in der Gemeinscliaftsschule werde kein Religions- 
unterricht mehr gegeben. Wohl aber setzen wir ein großes Fragezei- 
chen hinter di'e Behauptung, der Religionsunterricht 
werde in der Gemeinschaftsschule ,wie bisher' in der 
Bekenntnisschule gegeben. Bisher war in der Bekenntnis- 
schule der Lehrer vom gleichen Glauben wie die Schulkinder und deren 
Eltern. Der Lehrer baute also im Religiösen auf dem Grunde weiter, den 
das Elternhaus gelegt hatte. In der Gemeinschaftsschule kann 
der Lehrer auch anderen Glaubens sein, er kann deutsch- 
gläubig sein, er kann Heide sein, er kann die Biblische Ge* 
schichte lächerlich machen, er kann Christus, unsern Hei- 
land, lästern, wie es Woche für Woche in deutschen Zeitungen ge* 
schiebt, er kann das Evangelium für ininderwertig erklä- 
re n im Vergleich mit den Heldengeschichten der deutschen Vergangen- 
heit, er kann das Christentum als ein Unglück und eine Ent- 
artung des deutschen Volkes hinstellen und so das nieder- 
reißen, was die paar Religionsstunden in den Kindern aufzubauen ver- 
suchten. Das ist doch nicht mehr der Religionsunterricht ,w i e b i s - 
h e r'. Da wird ein Zwiespalt In die Seele des Kindes ge- 
tragen, wenn in der Religionsstunde die Biblische Geschichte von der 
Erschaffung des Menschen erklärt, in einer anderen Schulstunde die Ab- 
stammung des Menschen vom Affen gelehrt wird oder \wenn den Kin- 
dern das schon hundertmal widerlegte Lügenmärchen von der Päpstin 
Johanna aufgetischt wird. 

Flugblätter und Sender haben den Eltern das amtliche Versprechen 
gegeben, der Religionsunterricht werde ein ordentliches Unterrichtsfach 
im Lehrplan der Gemeinschaftsschule wie bisher bleiben. Dagegen wird 
in der Zeitschrift ,Weltanschauung und Schule' (Berlin, März 1937, 
S. 295), herausgegeben von Professor Baeunaler, Hauptstellenleiter beim' 
Beauftragten des Führers, offen erklärt: ,In der Tendenz der Zeit 
liegt die deutsche Volksschule bei privater religiö- 

243 



ser Unterweisung der Kinder durch die Religions- 
gesellschaften.' Der nach Bekenntnissen getrennte und in den 
Lehrplan eingebaute Religionsunterricht werde vorläufig noch beibe- 
halten, später aber müßten die Kuxhen die religiöse Unterweisung selber 
übernehmen. Hier wird alöo erklärt: Späterhin wird die deutsche Volks- 
schule keinen christlichen Religionsunterricht mehr erteilen. Hebt euch 
deshalb die Flugblätter gut auf, um später ihre Versicherungen nach- 
prüfen zu können! 

Auf eine wichtige Frage geben die Flugblätter keine Antwort, auf 
die Frage: Bleiben die Kreuze in den Schulen? Das Reichs- 
kirchenministerium hat in einem Erlaß vom 23. Dezember 1935 den Bil- 
derstürmern Einhalt geboten: ,So lange wir noch Bekenntnisschulen 
haben, solange darf das Kreuz nicht aus der Schule entfernt werden.' 
Solange wir noch Bekenntnisschulen haben! Angesichts der Arbeit für 
die Gemeinschaftsschule, angesichts des furchtbaren Frevels an dem 
Feldlvreuz bei Glonn erhebt sicli neuerdings die Frage: Werden die 
Kreuze in den Schulen bleiben? Es gibt in Deutschland christliche 
Simultanschulen, \y^o es den Kindern verboten ist, beim Schulgebet außer 
dem Religionsunterricht das Kreuzzeichen zu machen aus Rücksicht auf 
andersgläubige Mitschüler. An einzelnen Münchener Gemeinschafts- 
schulen düi-fen zwar die Kinder das Kreuzzeichen machen, aber sie 
düi'fen nicht mehr laut dabei sagen: Im. Namen des Vaters und des Soh- 
nes und des Heiligen Geistes. Sohatesbeg o n nen, undwiewird 
esenden? 

Wenn die Eltern vor Gott die Pflicht haben, ihre Kinder im katho- 
lischen Glauben zu erziehen, haben sie auch das Recht, zu erwarten, daß 
in den staatlichen Schulen der Glaube der Kinder nicht erschüttert 
werde. So habe ich vor 23 Jahren das gute Recht der Eltern auf christ- 
liche Erziehung in Schutz genommen, als die Freidenker den reli- 
gionsfreien Unterricht forderten, und vor 18 Jahren, als die marxi- 
stische Schulbehörde in Bayern die Bekenntnisschule zerschla- 
gen wollte. 

Es wäre ein Unrecht, wenn die Freiheit der elterlichen Abstimmung 
durch Drohungen oder wirtschaftlichen Druck ein- 
geschränkt würde. Wir machen den Männern und Frauen keine Vor- 
würfe, die unterzeichnet haben, um nicht stellenlos und brotlos zu wer- 
den. Wir erheben aber Anklage gegen alle jene, die das Elterngewissen 
in diese Zwangslage versetzt haben. Wie damals bei der Abstimmung in 
München werden wir auch jetzt bei der Abstimmung im übrigen Ober- 
bayern die Fälle, in denen nachweisbar wirtschaftlicher Druck auf die 
Eltern ausgeübt wurde, den höchsten staatlichen Schulbehörden vor- 
legen. 

Die amtliche Kundgebung schreibt: ,Wäre es nicht besser, wenn die 
Kirchen nach Rußland und Spanien schauen würden?' Ge- 
rade weil wir nach Rußland und Spanien schauen, wehren wir uns da- 
gegen, daß das allgemeine Menschenrecht, seinen Glauben bekennen zu 
dürfen, und das allgemeine Elternrecht, die Kinder im Glauben der 
Eltern erziehen zu lassen, verkümmert werde. Es wäre auch gut, wenn 
die Staatsmänner nach Frankreich schauen würden, wo 
zwar Juden und Freimaurer in der Regierung sitzen, wo man 
aber den Eltern die freie Walil läßt, ihre Kinder sogar in eine 
klösterliche Bekenntnisschule zu schicken. 

Die nächste Frage wird nun sein, ob den Eltern das 
im Reichs konkordat verbürgte Recht, katholische 
Vollcsschulen zu fordern und zu beantragen, auch 
wirklich zuerkannt wird. 

Mit einem wahren Entsetzen haben die Eltern den Grundsatz des 
Herrn' Stadtschulrates Bauer vernommen, das Kind gehöre in 

244 



erster Linie dem Staat. Es kann niemancj in Abrede stellen: 
Die Familie hat geschichtlich und naturrechtlich in der Frage des 
Kindes ein Vorrecht vor dem Staate. Die Kinder wurden zu- 
erst in die Familie hineingeboren und erst, als aus einer Mehrzahl von 
Familien eine Staatsgemeinschaft sich gebildet hatte, auch in diese ein- 
gegliedert. Der Heilige Vater Pius XI. sagt in seinem Rundschreiben 
über die christliche Erziehung vom Jahre 1929: ,Die Familie hat un- 
mittelbar vom Schöpfer den Auftrag und daher auch das Recht auf Er- 
ziehung ihrer Kinder, ein Recht, das vor dem Recht der Volks- und 
Staatsgemeinschaft den Vorrang hat und gegenüber jeder irdischen 
Macht heilig ist'. 

Auf den Versammlungen der Kinderreichen wird 
immer wieder verkündet, die Regierung werde dvirch Ehestandsdarlehen, 
durch erhöhte Gehaltsbezüge, durch Erleichterungen in Schulgeld und 
Steuersätzen, durch Kinderbeihilfen die kinderreiche Familie 
unterstützen und fördern. Dieser weitschauende Plan, im Wesen von 
bevölkerungspolitischen Absichten getragen, wird aber nicht zum Ziele 
kommen und die Kinderscheu nicht überwinden, wenn nicht eine sittlich 
hohe Auffassung von Ehe und Familie im Hintergrund steht und die 
Eltern nicht aus ihrer religiösen Weltanschauung heraus die Kinder als 
ein Geschenk und einen Segen Gottes betrachten/. Auf die Kinderfreudig- 
keit der Eltern wird es hemmend zurückwirken, wenn heilige,- 
gottgegebene Rechte der Eltern auf ihre Kinder von 
staatlicherSeiteeingeschränktwerden. 

An dem Tage, an dem in München eine Mutter, um die Stellung 
ihres Mannes nicht zu gefährden, ihr Kind für die Gemeinschaftsschule 
anmeldete, kam sie nachher auf das Pfarramt und mit einer gellenden 
Stimme fluchte sie dem Tag, an dem sie dieses Kind geboren habe. Bei 
der Abstimmung für die Gemeinschaftsschule auf dem Lande sprach eine 
gläubige Mutter: ,Herr Pfarrer, wenn es keine Sünde wäre, ich würde 
den Herrgott bitten, daß er meine vier Buben an einem Tag sterben 
ließe.' Die katholische Kirche hat von jeher die kinderreiche und kin- 
derfreudige Familie glücklich geheißen, und es bleibt dabei. Was ich 
sagen will, ist dieses: Es ist ein Widerspruch, auf der einen Seite durch 
steuerliche Erleichterung und wirtschaftliche Beihilfen die kinderreiche 
Familie zu unterstützen und auf der anderen Seite durch Einschrän- 
kung der Elternrechte die Kinderfreudigkeit wieder herabzudrückeri. 

Wir wissen, daß wir Euch zu einem ernsten und schweren Bekennt- 
nis aufrufen. Aber wir müssen es tun, weil wir uns der Verantwortung 
bewußt sind, die wir mit Euch für die religiöse Erziehung der Kinder 
tragen. Darum stehet treu in dieser entscheidenden Stunde zu Eurer 
Kirche. Euch und Eure Kinder empfehlen wir dem Schutze des all- 
mächtigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes. Amen. 

München, den 14, Juni 1937. 

gez. M. Card. Faulhaber, Erzb. v. M." 



mm) Die schwindelhafte „Abstimmung", die amtlicherseits im 
Juni 1937 allenthalben zugunsten der Gemeinschaftsschule gema,cht 
worden war, legte nahe, den wirklichen Willen der 
katholischen Eltern kirchlicherseits zu erforschen. Da sich 
hiebei, wie erwartet, sofort ein ganz anderes Bild ergab, als die 
,",öITentliche Abstimmung" vorzutäuschen versucht hatte, gab das 
Erzbischöfliche Ordinariat München sämtlichen Seelsorgestellen den 
Auftrag, „konkordatsmäßigen Antrag auf Beibehal- 
tung bzw. Neueinrichtung katholischer Bekennt- 
nisschulen zu stellen". Die Vez^fügung lautete: 

245 



Konkordatsanträge auf Einrichtung katholischer 

Bekenntnisschulen 

„In der Anlage geben wir dem Diözesanklerus in Abschrift die 
R e c h t s V e r w a h r u n g gegen die Aufhebung der Bekenntnisschulen 
im Regierungsbezirk Oberbayern zur Kenntnis. Nunmehr soll auch das 
andere Rechtsmittel eingelegt werden, das in Art. 6 des Baye- 
rischen Konkordates und Art. 23 des Reichskonkordates den Erziehungs- 
berechtigten eingeräumt ist, nämlich die Antragstellung auf Bei- 
behaltung bzw. Neueinriclitung katholischer Bekenntnisschulen an allen 
betroffenen Schulorten. 

Für die Anträgstellung kommen insgesamt 955 Schulorte (Schul- 
sprenge] ) im Regierungsbezirk Oberbayern in Betracht. Von diesen ge- 
hören 680 zur Erzdiözese München. 

Nach dem bisherigen Berichtstand liegen uns für rund 
500 Schulsprengel Abstimmungsergebnisse für die Antragstelkmg gemäß 
Art. 6 des Bayerischen Konkordates vor. Diese vorläufigen Abstimmungs- 
ergebnisse betragen in 160 Schulorten über 75 Prozent, 

in 150 „ „ 50—74 Prozent 

im Rest unter 50 Prozent der Gesamtzahl der volks- 
hauptschulpfiichtigen Kinder. Um die Antragstellung für die ge- 
samte Diözese einheitlich und in der rechtlich vorgeschrie- 
benen Form durchführen zu können, ist die Mitarbeit aller 
Seelsorgsstellen nach folgenden Weisungen erforderlich: 

1. Von allen Seelsorgsstellen, soweit noch nicht geschehen, ist die 
Unterschriftensammlung für den Konkordatsantrag entsprechend den 
bereits ergangenen Weisungen durchzuführen. Zur Unterzeichnung des 
Konkordatsantrages ist jeder der beiden Elternteile berechtigt. Indessen 
kann die Erklärung der Mutter durch eine nachträgliche Erklärung des 
Vaters widerrufen werden. Deshalb soll möglichst die Unterschrift der 
Väter eingeholt werden. Die für' die Unterschriftensammlung verwen- 
deten Formulare (siehe Beilage L, S. 3) müssen nach den pressegesetz- 
lichen Vorschriften den Vermerk über den Herausgeber und Hersteller 
enthalten. Sie können vom Ordinariat bezogen werden. 

2. Von allen anderen Seelsorgsstellen wollen die Bemühungen fort- 
gesetzt werden, die bereits erzielten Ergebnisse zu verbessern. Mancher- 
orts sind nach dem Erscheinen der Regierungsentschließung (betr. Ein- 
führung der Gemeinschaftsschule) die Unterschriftensammlungen abge- 
brochen worden in der Annahme, sie hätten keine rechtliche Bedeutung 
mehr. Diese Annahme ist irrig. In anderen Gemeinden hat man von der 
Unterschriftensammlung jene Eltern ausgeschlossen, die am 10. Juni und 
den folgenden Tagen die sogenannte ,Freiwillige Erklärung' für die 
Gemeinschaftsschule unterschrieben haben. Zu Unrecht! Alle Eltern 
von katholischen volkshauptschulpflichtigen Kindern dürfen und sollen 
den Konkordatsantrag, unterschreiben. In den .Freiwilligen Erklärungen' 
ist ja mit keinem Wort die Beseitigung der Bekenntnisschule und die 
Einführung der Gemeinschaftsschule erwähnt worden. Von vielen Eltern 
ist der Ausdruck .deutsche Volkssc'hule', der in diesen Er- 
klärungen unter Vermeidung des Wortes Gemeinschaftsschule ausschließ- 
lich verwendet wird, von der bisher bestehenden Volksschule verstan- 
den worden, und das mit Recht, weil die katholische Volksschule alle 
Erfordernisse erfüllt hat, die in den Erklärungen besonders hervorgeho- 
ben werden. 

3. Auf Grund der erzielten Unterschriftsergebnisse ist der Konkor^ 
datsantrag für jeden Schulsprengel (nicht für den Seelsorgs- 
sprengel), für den bisher eine katholische Bekenntnisschule eingerichtet 
war, gesondert nath beiliegendem Musterbeispiel (Beilage 2) zu stellen 
und beim Erzbischöflichen Ordinariat in zweifacher Ausferti- 
gung einzureichen. Den Anträgen sind die schriftlichen Willenserklärun- 

246 



gen der beteiligten Erziehungsberechtigten vollzählig beizulegen (bzw. 
die Nachträge), damit das Ordinariat die Richtigkeit der Angaben be- 
glaubigen l^ann. Diese Belege bleiben bei den Alcten des Ordinariates. 
Den staatlichen Behörden werden also nicht die Namen, sondern nur die 
Zahl der Antragsteller berichtet. 

Bei S c h ^1 1 sprengein,, die sich aus verschiedenen Seelsorgssprengeln 
zusammensetzen, müssen demnacli bei Ermittlung der Abstimmungs- 
ergebnisse die beteiligten Seelsorgsvorstande zusammenwirlten. Noch- 
mals sei darauf hingewiesen, daß für die Antragstellung nur die volks- 
hauptschulpflichtigen Kinder zu zählen sind. 

Auch für die zahlreichen einklassigen Volksschulen mit weniger als 
50 Sc'liülern sollen die Konkordatsanträge eingereicht werden. 

4. Vorsorglich legen wir über das bereits berichtete Abstimmungs- 
ergebnis deri einzelnen Seelsorgsstellen eine Aufstellung bei. 

5. Mit der Einreichung der Konkordatsanträge und der Unterschrif- 
tenbelege (durch Boten, nicht durch Post) wolle zusammenfassend be- 
richtet werden über folgende Fragen: 

a) Gesamtschülerzahl der Volkshauptschule; 

b) Zahl der nichtkatholischen Schüler; 

c) Zahl der volkshauptschulpflichtigen Kinder, für die der Konkor- 
datsantrag unterzeichnet wurde; 

d) Wieviel Prozent der Gesamtzahl der katholischcnSchüler 
sind das? 

e) Besondere Bemerkungen. 

6. Äußerster Termin für die Erledigung des Auftrages ist der 15. Sep- 
tember 1937. 

Anlage 1 

Die Eltern (Erziehungsberechtigten) des schulpflichtigen Kindes 
Name ....... Schulklasse .... Wohnung . . , a s s 

beantragen auf Grund Art. 6 des Bayerischen Konkordates für obiges 
Kind eine katholische Bekenntnisschule und beauftragen das zuständige 
katholische Pfarramt mit der Vertretung dieses Antrages. 

Datum Unterschrift der Eltern (Erziehungsberechtigten) 

Anlage 2 Musterbeispiel 

Katholisches Pfarramt , den .... 1937 



Durch das Erzbischöfliche Ordinariat München-Freising 
an die Regierung von Oberbayern, München 

Betreff: Anträge der Erziehungsberechtigten auf Grund Art. 6 des Baye- 
rischen Konkordates. 

Im Schulsprengel , Bez.-Amt haben die Er- 

zieliungsberechtigten für volkshauptschul- 

pfiichtige katholische Kinder die Beibehaltung bzw. Neueinrichtung der 
katholischen Bekenntnisschule auf Grund von Art. 6 des Bayerischen 
Konkordates durch schriftliche Willenserklärung beantragt und das 
unterzeichnete Pfarramt mit der Vertretung dieses Antrages beauftragt. 

.Pfarramtssiegel: ' Unterschrift. 



Die Richtigkeit obiger Angabe wird beglaubigt. 

München, den 1937. 

Das Erzbischöfliche Ordinariat München und Freisinn, 
Siegel. ' Unterschrift: 

247 



nn) Der „Eid aufden Führer , der da und dort auch von 
den Geistlichen verlangt wurde, wenn sie weiterhin Religions- 
unterricht an öfPentlichen Schulen erteilen wollten, gab dem 
Erzbischöflichen Ordinariat Anlaß zu folgender Weisung an den 
Klerus: 

„Das Ordinariat des Erzbistvims München, 21. Juli 1937 

München und Freising 

Gen.-Vik. Nr. 9288 

An die Hochw. Dekanalämter der Erzdiözese. 

Betreff: Treuegelöbnis, 

Dem Hüch'würdigen Dekanalklerus ist in einer demnächst ein- 
zuberufenden Konferenz folgendes mitzuteilen: 

In der Diözese Rottenburg wurde den Geistlichen, die in öffentlichen 
Schulen Religionsunterricht erteilen, die Leistung eines Treuegelöbnisses 
auf den Führer auferlegt.. Hiebe! kam es mehrmals zu' Schwierigkeiten, 
da durch vei'pflichtende Beamte wiederholt der Wortlaut des Gelöbnisses 
in einem mit dem Gewissen der Geistlichen nicht vereinbaren Sinne 
interpretiert wurde. 

Um etwa ähnlichen Schwierigkeiten auch bei uns von vorneherein 
zu begegnen und eine einheitliche Linie festzulegen, bestimmen wir: 
Sollte evtl. auch von unserem Diözesanklerus ein staatliches Treue- 
gelöbnis irgendwelcher Art abverlangt werden, so ist vor Leistung des- 
selben der Wortlaut unverzüglich der oberhirtlichen Stelle mitzuteilen, 
die das weitere veranlassen wird. 

gez.: Buchwieser, Generalvikar." 



oo) Auch die günstigsten Ergebnisse der kirchlicherseits veran- 
laßten Abstimmung änderten nichts an der Sache. Gewalt ging 
eben vor Recht. Und Verträge galten nur „rebus sie 
stantibus", solange die Sachlage so war, auf deutsch: solange 
man die Verträge brauchte. 

Sc war es auch mit der Verpflichtung, die man in den Werbe- 
versammlungen für die Gemeinschaftsschule, z. B. in München am 
11! Juni 1937 eingegangen war, indem man auf die Frage des Red- 
ners, ,,Wollt ihr mit uns an der deutschen Volksschule den 
Religionsunterricht beibehalten?" chorweise ant- 
worten ließ: „Ja!" (s. Band L S. 97). 

Sc sollten zunächst nur alle Bedenken ängstlicher Gemüter 
gegen die neue Einheitszwangsschule beseitigt werden, 

Zvv^ei Jahre darauf, als man sich schon in sicherem Besitz der 
,,entkonfessionalisierten Schule" wußte, um die Jahreswende 
1939/40, konnte der Schafspelz ruhig abgeworfen werden, konnte 
der Wolf Nationalsozialismus gierig ein neues Opfer seines Kirchen- 
hasses verschlingen: 

den Religionsunterricht an den Berufsschulen. 

Kardinal Faulhaber legte hiegegen in einem Hirtenwort 
vjsm 4. Februar 1940 von allen Kanzeln der Erzdiözese feierlichen 
Einspruch ein und sorgte zugleich für eine andere Form der so 

248 



notwendigen religiösen Unterweisung der männlichen und weib- 
lichen Jugend nacli Abschluß der Volksschule. 

I-Ii r t e n w o r t ! 

Die Abschaffung des Religionsunterrichtes an den Berufsschulen, zu ver- 
lesen bei allen Gottesdiensten am Sonntag Quinquagesima, 4. Febr. 1940: 

„Geliebte Diözesanen! 

Die Ordinariate der baj'erischen Bischöfe haben zur Jahreswende 
die Mitteilung erhalten, daß im Auftrag des Bayerischen Staatsministe- 
riums für Unterricht und Kultus und im Vollzug eines Erlasses des 
Eeichserziehungsministeriums der Religionsunterricht an den 
Berufsschulen mit sofortiger Wirksamkeit entfällt. Unter 
Berufsschulen — bisher Fortbildungsschulen genannt — sind jene Schu- 
len zu verstehen, zu deren Besuch die männliche und weibliche Jugend 
nach dem Abschluß der Volksschule allgemein verpflichtet ist. An allen 
diösen Schulen, sowohl den gewerblichen und kaufmännischen als auch 
den hauswirtschaftlichen und ländlichen Berufsschulen, soll also in Zu- 
kunft kein Religionsunterricht mehr erteilt werden. Die bis- 
her dem Religionsunterricht zur Verfügung gestellte Zeit soll — wie die 
Anordnung lautet — ,tür die fachliche und nationalpolitische Erziehung 
verwendet werden'. Weiterhin soll diese Neuregelung zur Folge haben, 
daß künftig ,die Berufsschüler nicht mehr von der Schulaufsichtsbehörde 
verpiiichtet werden ''können', den allgemeinen, von der Kirche eingerich- 
teten Religionsunterricht zu besuchen. 

Mit tiefem Schmerze bringt Euer Erzbischof diese für die christ- 
liche Jugenderziehung folgenschwere Maßnahme 
seinen Diözesanen zur Kenntnis. Ich teile das insbesondere den Eltern 
mit, denen die Sorgepflicht für die heranwachsende Jugend am meisten 
am Herzen liegt. Ihr wißt, daß gerade diejungen Me n s c h e n 
nach cTer Entlassung aus der Volksschule, in den Ent- 
wicklungsjahren die erzieherischen Werte der Reli- 
gion am allernotwendigsten brauchen. Wer von den 
Jugendlichen in diesen kritischen Jahren der seelischen und körperlichen 
Reife sittliche Selbstzucht und Charakterbildung fordert, der d-arf ihnen 
die tiefsten Beweggründe und die stärksten Antriebe nicht vorentealten, 
die der Religionsunterricht zvir Verfügung stellt. 

Eingedenk unserer Gewissenspflicht rmd aus vaterländischem Ver- 
antwortungsgefühl haben wir Bischöfe gegen die Abschaffung des Reli- 
gionsunterrichtes in den Berufsschulen Einspruch erhoben. 

Wir haben die Landesregierung auch daran erinnert, daß in Art. 7 
des Bayerischen Konkordates das feierliche Versprechen . ge- 
geben wurde: ,An allen Volksschulen bleibt der Religionsunter- 
richt ordentliches Lehrfach'. Volksschulen im damaligen Begriff sind 
alle Schulen, die zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht, d. i. der 
Volksschul- und Berufsschulpflicht, eingerichtet sind. 

Und in Art. 21 des Reichskonkordates steht der Satz: ,Der 
katholische Religionsunterricht in den Volksschulen, Berufsschulen, Mit- 
telschulen und höheren Lehranstalten ist ordentliches Lehrfach und wird 
in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der katholischen Kirche er- 
teilt'. Wir haben ferner nicht vergessen, daß bei der Einführung der 
Gemeinschaftsschule den Eltern feierlich versprochen wurde, es werde 
der Religionsunterricht auch in den Gemeinschaftsschulen, also 
auch in den Fortbildungs- oder Berufsschulen, ordentliches Lehrfach 
bleiben und mit derselben Stundenzahl gegeben werden. 

Unsere dringende Bitte um die Beibehaltung des Religionsunter- 
richtes ist ohne Erfolg geblieben. Der Religionsunterricht ist in den 

249 



letzten Wochen in sämtlichen Berufsschulen aus dem Schulplan entfernt 
worden. 

Geliebte Diözesanen! -Euer Erzbischof und Eure Seelsorger können 
nicht länger mehr die Verantwortung tragen, daß , die berufsschul- 
pflichtige Jugend ohne einen geregelten und ihrem geistigen Wachstum 
entsprechenden Religionsunterricht aufwTächst. Wir haben uns darum 
entschlossen, in Fortsetzung des bisherigen schulischen Religionsunter- 
richtes in allen Pfari'gemeinden e i n e n Ic i r c h 1 i c h e n U n t e r r i c h t 
für die Berufsschulpflichtigen einzurichten. Wir 
knüpfen dabei an das Vorbild der Christenlehrpflicht an, die bekanntlich 
früher allgemein eingeführt war und heute noch in vielen Gegenden 
segensreich fortbesteht, und erklären hiemit: 

,Für die männliche und weibliche Jugend besteht nunmehr allgemein 
nach Entlassung aus der Volksschule die kirchliche Christenlehrpflicht 
neben der staatlichen Berufsschulpflicht' . . ." 

14 Kanzelverkündigungen und Erlasse, Richtigstellungen und 
ProtiBste einer einzigen bischöflichen Stelle zu einem ein- 
zigen Punkte (Bekenntnisschule), jedesmal laut verkündet von 
zirka 80 Seelsorgsstellen der Stadt München bzw. zirka 800 Seel- 
sorgsstellen der Erzdiözese München, teilweise in „Seelsorgsbriefen" 
hineingetragen in Tausende von Familien, befolgt von Zehn- 
lausenden katholischer Väter und Mütter! 

Gewiß, hier war zä bester Widerstand! / 

* 
3. Die katholischen Orden. 

a) Der Papst fordert Gerechtigkeit. 

„Den katholischen Ordensleuten beiderlei Geschlechts gilt ebenfalls 
unser väterlicher Dank, verbunden mit inniger Anteilnahme an dem Ge- 
schick, das infolge ordensfeindlicher Maßnahmen viele von ihnen aus 
segensreicher und liebgewonnener Berufsarbeit herausgerissen hat. Wenn 
einzelne gefehlt und sich ihres Berufes unwürdig erwiesen haben, so 
mindern ihre auch von der Kirche geahndeten Vergehen nicht die Ver- 
dienste der gewaltigen Überzahl, die in Uneigennützigkeit und freiwil- 
liger Armut bemüht war, ihrem Gott und ihrem Volk mit Hingabe zu 
dienen. Der Eifer, die Treue, das Tugandsfrsban, die tätige Nächstenliebe 
und Hilfsbereitschaft der in Seelsorge, Krankendienst und Schule wir- 
kenden Orden sind und bleiben ein ruhmwürdiger Beitrag zur privaten 
und öffentlichen Wohlfahrt, dem zweifellos eine spätere, ruhigere Zeit 
mehr Gerechtigkeit wird widerfahren lassen als die aufgewühlte Gegen- 
wart. Wir haben das Vertrauen zu den Leitern der Ordensgen^ossen- 
schaften, daß sie die Schwierigkeiten und Prüfungen zum Anlaß nehmen, 
um durch verdoppelten Eifer, vertieftes Gebetsleben, heiligen Berufs- 
ernst und echt klösterliche Zucht von dem Allmächtigen neuen Segen 
und neue Fruchtbarkeit auf ihre schwere Arbeit herabzurufen." 

(Enz. V. 14. 3. 37.) 

Das waren wahrhaft väterliche Worte, Anerkennung und 
Dank verbindend mit Bedauern. und Mahnung. 

Eben dieser gütige Vater und gerechte Richter griff aber von 
Anfang an unerschrocken' in den Kampf um die Orden ein und 

250 



hielt seinen Schild über die vielen . Ordenspriester, -brüder und 
-Schwestern, die in den Devisen- und Sittlichkeitsprozessen in 
Bausch und Bogen zusammen mit den wenigen Schuldigen ver- 
urteilt ui^d durch eine unerhörte Berichterstattung vor der ganzen 
Welt verdächtigt und bloßgestellt wurden. 

aa) Der Papst zu den Devisenprozessen. 

In der Note vom 14. Mai 1935 widmet der Hl. Stuhl längere 
Ausführungen den Mißdeutungen und Mißgriffen bei den Devisen- 
prozessen. Vor allem wendet er sich gegen 

die skandalöse, amtlich beeinflußte Bericht- 
erstattung. 1 

„Die Note der Reichsregierung vom 16. Dezember v. J. räumt in 
ihren Ausführungen den sogenannten Devisenprozessen katholischer 
Weltgeistlicher und Ordensangehöriger einen besonderen Platz ein und 
benützt diesen Anlaß zu Ausführungen, die dem Hl. Stuhl deshalb 
'nicht neu sind, weil er sie in ähnlicher, wenn auch gröberer Form 
und mit gleicher Tendenz in der amtlichen Presse der den Staat 
tragenden Partei seit geraumen Monaten zu finden gewohnt war. An- 
gesichts • der in Deutschland durchgeführten Uniformierung der 
Presse und ihi:er gedanklichen Leitung und Beherr- 
schung durch ein besonderes Ministerium hat' er die teil- 
weise geradezu empörenden, für die Kirche \md ihre Gläubigen tief 
beleidigenden, jeder Wahrhaftigkeit und .Würde 
widersprechenden Kommentare in der behördlich in- 
spirierten, teilweise zum Ausdruck direkt gezwungenen 
Presse nicht als rein journalistische Entgleisungen betrachten und 
dementsprechend werten können. Sie sind ihm vielmehr ernste und un- 
erträgliche Symptome für den Geist der Kirchenfeindschaft, 
der von maßgebenden Persönlichkeiten unter Nichtachtung,' 
Duldung oder gar Förderung verantwortlicher Stellen in die amtliche 
Presse, in die staatsbevorzugten Organisationen und in die den 
Staat beherrschende Partei hineingetragen wird. Die .dagegen er- 
hobenen kirchlichen Vorstellungen sind, von einzelnen anerkennens- 
werten Fällen abgesehen, nicht imstande gewesen, die obersten Staats- 
stellen zu der ihnen jederzeit möglichen Sistierung dieses Vorgehens zu 
veranlassen." ■ 

Kirchenbehördliche Untätigkeit? 

„Hätte die Reichsregierung, wie- es an sicli nahelag, sofort nach 
Kenntnisnahme der behaupteten staatsfeindlichen Wirtschaftsbetätigung 
kirchlicher Persönlichkeiten und Organisationen sich mit ihm (= dem 
Hl. Stuhl) in Verbindung gesetzt uijid ihm die Möglichkeit einer zu- 
verlässigen Einsicht in die erweisbaren Tatbestände gegeben, so würde 
es an dem gewünschten Einschreiten nicht gefehlt haben. Der nunmehr 
angedeutete Vorwurf kirchehbehördlicher Untätigkeit 
ist mindestens unverständlich. Ein amtliches Eingreifen des Hl. Stuhles 
hätte sich ohne die Ermöglichung solcher Einsichtnahme lediglich auf 
Zeitungsberichte stützen können, allenfalls auf Darstellung betroffener 
Personen und Organisationen, deren . erschöpfende Einvernahme jedoch 
durch staatliche Maßnahmen meistens unmöglich gemacht wurde. Ein 
initiatives Vorgehen des Hl. Stuhles auf Grund 1 ü c k e n - 
haft erBeweis mittel hätte weder dem kirchenrechtlich unabding- 
baren Grundsatz der O bjektivität und Unparteilichkeit ent- 
sprochen, noch wäre es vor dem Vorwurf des Eingriffs in inner- 
deutsche staatliche Angelegenheiten sicher gewesen." 

251 



Der Hl. Stuhl urteilt ohne Rücksicht auf Person, 
allein nach dem katholischen Sitteng6setz 

„Grundsätzlich sei zunächst vorausgeschickt, daß bei der Beurteilung 
von wirklich nachgewiesenen Vergehen die Person des Schuldi- 
gen für den Hl. Stuhl wie für jeden, dem es um die Gej-echtigkeit zu 
tun ist, außer Betracht bleibt. Ebensowenig wie er es verstehen 
würde, daß im sogenannten höheren Staatsinteresse die Ver- 
folgung von Gesetzesübertretungen unterbleibt, lediglich des- 
halb, weil sie der in dem jeweiligen Staatswesen herrschenden 
Richtung angehören oder in ihr f ü h r e n d e S t e 1 1 e n b e k 1 e i - 
den, ebensowenig wird er je für wirklich schuldige Angehörige des 
geistlichen Standes die Nichtanwendung strafender Gerechtigkeit er- 
warten. Diese seine Stellungnahme ergibt sich zwangsläufig aus den 
Prinzipien der katholischen Sittenlehre, die Grundlegung und Norm für 
die Gewissensbildung der Kirche in Haupt und Gliedern ist. 

Wie selbstverständlich auch diese Feststellungen sind, und so ent- 
behrlich sie in Zeiten waren, wo der Verteidigung der Wahrheit auch 
in der Presse und breiten Öffentlichkeit dieselben Rechte und Möglich- 
keiten eingeräumt waren, wie dem Irrtum und der Irreführung, so not- 
wendig erscheinen sie heute und für die gegenwärtige deutsche Wirk-' 
lichkeit. Gewisse Bemerkungen in Reden von Staatsanwälten 
und anderen Amtsträgern, hetzerische Artikel in der der Zen- ■ 
sur und Leitung der Reichsregierung unterliegenden Presse haben mehr- 
fach unbeanstandet die gegenteilige Auffassung verbreitet und gehen 
darauf aus, die Katholiken als solche in Fragen der Nation und 
Volksgemeinschaft und in Erfüllung der staatsbürgerlichen Pflichten als 
minderwertigundunzuverlässighinzustellen. Ganz ab- 
gesehen von dem praktischen Nachweis der Vaterlands- und Volksliebe, 
den katholisches Volk, Klerus und Ordensgesellschaften in Krieg und 
Frieden, unter größten persönlichen und materiellen Opfern erbracht 
haben, werden Verdächtigungen der genannten Art schon allein durcfi 
die klar vorliegende Lehre der Kirche in Fragen dieser Art, widerlegt. 

Angesichts dieser Tatsachen ist es unerfindlich, wie die Reichs- 
regierung in Widerspruch zu ihrem oft betonten Ziel der Volksver- 
söhnung und der Überbrückung der Gegensätze es zulassen konnte, daß 
im Anschluß an die Devisenprozesse und nach offensichtlich einheit- 
lichen Stichworten in einer beispiellosen Hetze gegen Klöster, Klerus 
und Kirche die katholische Sittenlehre, also eine ihrer wich- 
tigsten volksbiJdenden Betätigungen, i n jn aßloser Weise an- 
gegriffen, verdreht und geschmäht wurd e." 

Propaganda gefährdet die Objektivität des Gerichts! 

„Diese nicht genug zu bedauernde Beeinflussung der öffentlichen 
Meinung ist wegen der durch sie geschaffenen Atmosphäre für die Ob- 
jektivität der Rechtsfindung in den in Rede stehenden Verfahren ein 
schwerwiegendes Gefahrenmoment, weil die beteiligten Amtspersonen 
selbst bei ehrlichem Streben nach Objektivität sich der Suggestion 
und dem Druck der propagandistisch geschafffenen 
öffentlichen Meinung nicht entziehenkönnen. Das nicht 
selten auffallend jugendliche Alter der zur Anklagevertretung beord- . 
neten Herren konnte ihre innere Unabhängigkeit gegenüber der durch 
die amtliche Propaganda geschaffenen Gesamtatmosphäre nicht ver- 
stärken. Die nianchmal geradezu peinlich sich offenbarende Fremdheit 
der staatsamtlichen Organe gegenüber Leben und Idealen der Menschen, 
über die sie zu befinden hatten, schloß ebenfalls die Gefahr schwerer 
Fehlbeurteilungen in sich. Daß diese Gefahr Wirklichkeit geworden ist, 
ergibt sich aus der Tatsache, daß die Reden gewisser Staatsanwälte in 
Ausdrucksweise, Tendenz und Wertungen sich als weitgehendes, un- 

252 



kritisches Echo der oben geschilderten Pressekampagne darstellen. Wenn 
ein Staatsanwalt beispielsweise in seiner Anklagerede sogar die in 
Deutschland bestehende Butterknappheit in ursächlichen 
Zusammenhang mitden Devisenvergehen kirchlicher 
Personen zu bringen wußte, so zeigt das einen beschämenden 
Tiefstand forensischer Selbstzucht und eine schwer zu überbietende Ab- 
hängigkeit amtlicher Personen von den Argumenten und Instinkten der 
Straße . . ." 

Abstoßendes Bild des Untersuchungsverfahrens. 

' „War durch die geschilderte Beeinflussung der öffentlichen Meinung 
von vornherein die Objektivität der Rechtsfindung ernsthaft gefährdet, 
so gilt dies nicht minder für die Art der Behandlung der An- 
geklagten im Verlauf der Untersuchungsverfahren. Aus den zur Zeit 
verfügbaren, begrenzten, aber zuverlässigen Teilmaterialien ergibt sich 
für den HL Stuhl ein denkbar ungünstiges und abstoßen- 
de s B i 1 d. 

Die mehrfach harte und ungehörige Form der Untersuchungen und 
Beschlagnahmungen in den kirchlichen Anstalten, die willkürliche Aus- 
dehnvmg der Beschlagnahmungen auf interne, dem Gewissensbereich und 
der privaten Sphäre angehörige Schriftstücke, .die Art und Weise der 
Vernehmungen von Geistlichen, Ordensmännei-n und Ordensfrauen, die 
vielfach mit erschreckender Rücksichtslosigkeit auf Erschöpfung und 
Quälung der Beschuldigten ausgehende Gestaltung der Verhöre, die ver- 
letzenden und tiefbeleidigenden Äußerungen staatlicher Autoritätsträger 
bei ihren Amtshandlungen: alles dies sind Tatsachen, an denen 
auch für diejenigen, die außerhalb der durch die Zwangsmaßnahmen der 
Geheimen Staatspolizei geschaffenen Zone des Schweigens stehen, kein 
Zweifel möglich ist. 

In einigen Fällen hat die rohe Art der Behandlung zum Tod von 
Verhafteten und in nicht wenigen Fällen zu schwerster ge- 
sundheitlicher Schädigung geführt, und dies ausgerechnet in 
Fällen, wo sich nachher die relative Geringfügigkeit der Anschuldigungen 
klar ergab. Die Absperrung der Verhafteten ging soweit, daß man ihnen 
monatelang nicht einmal die Möglichkeit der sakramentalen 
Beichte bei dem amtlichen Gefängnisseelsorger gab. 

Avich der Verkehr mit dem Verteidiger wurde teilweise durch die 
Art der Überwachung bis zum Augenblick der förmlichen Anklage- 
erhebung und damit in nicht wenigen Fällen bis unmittelbar vor der 
Gerichtsverhandlung zu einer für das Verfahren fast wertlosen An- 
gelegenheit. Die durch solche Methoden herbeigeführte seelische Zer- 
mürbung und geistige Depression der Häftlinge hat ihre Aussagefähig- 
keit bei Verhören und bei der Verhandlung oft sehr ungünstig beein- 
flußt. Daß dann Staatsanwälte und eine gewisse Presse ein leichtes Spiel 
hatten, einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Ausdrücke und Aus- 
sagen der Beschuldigten gegen sie und gegen die von ihnen bekannte 
Religion- und .Kirche auszvimünzen, ist leider Tatsache, aber sicherlich 
nicht geeigr^et gewesen, einei- objektiven Rechtsfindung zu dienen. 

Gerade tiei den Devisensachen kam der seelischen Verfassung, der Auf- 
nahme- und Verteidigungsfähigkeit der Angeschuldigten prozessual eine 
besondere Bedeutung zu. Es handelt sich um ein sehr verwiclceltes Stoff- 
gebiet, das durch die intensive Gesetzgebung und Verordnungstätigkeit 
der gegenwärtigen Reichsregierung selbst für den Durchschnitts- 
juristen undurchsichtig geworden , ist. Zur Feststellung der 
Legalität und Illegalität gewisser finanzieller Handlungen bedarf es 
nachgerade ausgesprochener Spezialisten. Selbst unter ihnen sind die 
Meinungen nicht konform. 

Wenn der deutschen Justiz verhältnismäßig viele Verfahren gegen 
kirchliche Personen und Organisationen überwiesen wurden, so erklärt 

253 



sich diese auf , den ersten Blick befremdliche Tatsache bei der oben ge- 
schilderten Sachlage unschwer dadurch, dal? diese Klasse von Beschul- 
digten eben nicht mit dem. .Raffinement der Methoden', nicht ,mit gut 
eingespielten Organisationen' und nicht so .planmäßig' vorgegangen war^ 
wie es die Note der Reichsregierung hinstellt. Es spricht vielmehr alles 
dafür, daß, wie es bei anormal komplizierten Gesetzesvorscliriften zu 
sein pflegt — um bei dem Sprachgebrauch der Reichsregierung zu 
bleiben — , die eigentlich .Raffinierten', die wohl mehr i n 
anderen Kreisen zu suchen sind und die die technischen Finessen 
der Gesetzesumgehung gewohnheitsmäßig besser beherrschen, nicht oder 
nur selten gefaßt werden." , ■ . . 

Wirtschaftli.c he Schädigung? 
So fest dieBehauptung, so zweifelhaft die Tatsache! 

„Bei dem in der Note erhobenen Vorwurf ,des planmäßigen Angriffs 
auf das Wirtschaftsleben ihres Vaterlandes und ihres schwer um seinen 
Wiederaufbau ringenden Volkes' vermißt der Hl. Stuhl den bei einer so 
weitti-agenden und auch nach der Gesinnungsseite ehrenrührigen Be- 
hauptung doppelt notwendigen Beweis. Wie die Gutachten uninteres- 
sierter Sachverständiger dartun. ist die Klärung dieser Frage keineswegs 
'mit summarischen Pauschalsätzen zu erreichen, wie die Note sie ent- 
hält. Da es sich hier nicht um die moralische Wertung der Gesetzes- 
übertretung als solche handelt, sondern vm eine wirtschaftliche Tat- 
sachenfrage, so > ist für ihre Bejahung oder Verneinung das wirt- 
schaftliche Endergebnis maßgebend; und nichts als dieses. 
Gerade in solcher Richtung sind aber dem Hl. Stuhl vorliegende Gut- 
achten von .Fachleuten keineswegs so zuversichtlich wie die Reichsregie- 
rung in ihren diesbezüglichen Auslassungen, 

Diese Fachleute weisen darauf hin, daß der Abbau von Schulden 
und Zinslasten nicht nur privatwirtschaftlich den Schuldner stärkt, son- 
dern auch volkswirtschaftlich einen Gewinn darstellt. Wenn 
zudem Schuldner, die als caritative und volksbildende kirchliche Ein- 
richtungen auch öffentlichen Interessen dienen, durch möglichste Ab- 
stoßung der Schulden wirtschaftlich gesunden, so werden sie damit auch 
für ihre die öffentliche Hand entlastenden Aufgaben 
leistungsfähiger und können als zahlungsfähige Arbeitgeber be- 
lebend auf den einheimischen Arbeitsmarkt wirken. 

Es ist daher, um nicht mehr zu sagen, mindestens voreilig, wenn 
ohne umfassende Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte die Schä- 
digung der deutschen VoUcswirtschaftskraft und darüber hinaus sogar 
die planmäßige Tendefnz hierzu so unbekümmert als feststehende Tat- 
sache ausgegeben wird, wie es in der Note' geschieht. 

Durch die Art der Strafverfolgung und publizistischen Aufmachung 
der bisherigen Prozesse ist neben dem Kredit der in Frage kommenden 
Personen und Einrichtungen nach sachverständigem Urteil auch der 
allgemeine Kredit Deutschlands im Ausland geschädigt wor- 
den. Die beispiellosen hohen, neben Zuchthaus und Gefängnis einher- . 
laufenden Geldstrafen und Beschlagnahmungen bedingen, gewollt oder, 
ungewollt, einen in seinen Fernwirkungen noch nicht überrechenbaren 
volkswirtschaftlichen Schaden, der einer unvergleichlich höheren Größen- 
ordnung angehören dürfte, als das dem Angeklagten vorgeworfene und 
vorgerechnete volkswirtschaftliche Minus. Die innerdeutsche Schwächung 
der betroffenen Orden und Einrichtungen wirkt sich automatisch auch 
auf die außer deutschen Institute aus und bewirkt, daß von 
letzteren die sonst zu erhoffenden Zuschüsse an außerdeutschen Zah- 
lungsmitteln immer mehr zum Versiegen kommen. 

Rechnet. man diese nicht auf die Gegenwart beschränkte Wirkung 
ein und überlegt dabei, daß in nicht wenigen. Fällen durch kirchliche, 



insbesondere missionarische Organisationen ungleich mehr ausländische 
Zahlungsmittel ins Reich eingeführt wurden, als durch die behaupteten 
Verstöße gegen die Devisfengesetze dem Reich entgangen sind, so gelangen 
zuverlässige Fachleute zu der Feststellung, daß — alles in allem ge- 
nommen und alle Tatbestände zusammen betrachtet — die von der 
Reichsregicrung behauptete wirtschaftliche Schädigung sich zwar als 
feststehende These ergibt, aber wohl nicht mehr als eine starke ten- 
denzielle Einsprengsel aufweisende und mehr als bestreitbare Hypothese 
ist ...» 

Zweifaches Maß ! 

„Der Heilige Stuhl kann in besonderer Beziehung auf die Devisen- 
prozesse nicht unerwähnt lassen, daß nach zuverlässigen Nachrichten in 
gewissen Fällen umfassendster Verletzungen der deutschen Devisen- 
gesetze durch nicht kirchliche Personen — und zwar in einem 
Ausmaß, mit dem die überhöhten Schätzungen der Anklagebehörde'n in 
den Devisenprozessen gerade gegen katholische Geistliche und Ordens- 
leute keirien Vergleich aushalten — auf ein Strafverfahren verzichtet und 
die in der Devisengesetzgebung vorgesehene Möglichkeit einer außer- 
gerichtlichen Regelung angewandt worden ist. Auch in Prozessen wegen 
anderer Straftaten ist die deutsche Justiz selbst bei sehr zuverlässigen 
und unterrichteten Gewährsleuten von der Feststellung nicht frei- 
geblieben, daß sie ein zweifaches Maß kenne und in gewissen, Staat und 
Partei persönlich interessierenden Fällen nichts von der Härte erkennen 
lasse, die sie anderen gegenüber unter Bezugnahme auf die Gleichheit 
aller Staatsbürger vor dem Gesetz für geboten erkläre . . ." 

bb) Der Papst zu den Sittlichkeitsprozessen. 

Die Ungeheuerlichkeiten der sogenannten Sittlichkeitsprozesse 

und ihrer ekelhaften propagandistischen Ausbeute veranlaßten den 
Keiligen Stuhl zu telegraphischen Protesten nachfolgender Gestalt: 

„Aide-Memoir,e des Hl. Stuhls, überreicht an Se. Exzellenz den Bot- 
schafter des Deutschen Reichö beim Hl. Stuhl, Herrn Dr. von Bergen. 

Aus dem Vatikan, den 30. Mai 1936. 

Aus der Presseberichterstattung übet den in Koblenz begonnenen 
Prozeß gegen eine Reihe von Ordensbrüdern (unter Einschluß auch be- 
reits entlassener Ordensangehöriger) geht mit peinlicher Deutlich- 
keit die Absicht hervor, die zur Verhandlung und Aburteilung kommen- 
den Verf ehhmgen in tendenziöser Weise gegen die Kirche und die 
Ordensgönossenschaften auszunützen. 

In einer für die öffentliche Sittlichkeit höchst bedenklichen und für 
die Ehre der schuldlosen Mitglieder der betreffenden Genossenschaften 
tief verletzend enWöise werden Vergehen der öffentlichen Er- 
örterung und Schilderung preisgegeben, in deren Verurteilung kirchliche 
und staatliche Stellen zugleich mit allen Wohlgesinnten einig sind. 

Nun ist aber dem Heiligen Stuhl zuverlässig bekannt, daß in zahl- 
reichen Fällen, wo gleiche oder ähnliche Vergehen, in anderen, der den 
Staat tragenden Partei und ihren Organisationen angehörigen Kreisen 
vorgekommen sind, falls überhaupt gerichtliche Ahndung eintrat, mit 
allen Mitteln der Öffentlichkeit die Zugehörigkeit zu den genannten Ge- 
meinschaften vorenthalten wurde. 

Darüber hinaus ist es sogar vorgekommen, daß die Anzeige solcher 
Vergehen durch in ihrem Gewissen beunruhigte Katholiken zu einer 
Maßregelung der letzteren führte, statt zu einer gerichtlichen Bestrafung 
des Schuldigen. 

'255 



Der Hl. Stuhl kann von sich aus selbstverständlich nur wünschet^, 
daß wirkliche Vergehen ihre Ahndung finden, obwohl angenommen wer- 
den kann, daß unter den" Angeklagten auch Unschuldige sind. Er muß 
aber ebenso erwarten, daß die' für die deutsche Rechtspflege und die 
Berichterstattung maßgebenden Stellen nicht ein Au s^i a h m e r e c h t 
zu Ungunsten k a t h o 1 i,s ch e r Orden schaffen, das weder mit 
den Grundsätzen der Wahrhaftigkeit noch mit den Forderungen der 
öffentlichen Sittlichkeit vereinbar ist. Er ersucht um telegraphische 
Übermittlung dieses seines Einspruchs." 

Telegraphisiihe Antwort, überreicht durch den Botschaftsrat Herrn 
Dr. Klee, an Seine Exzellenz Erzbischof Pizzardo, Sekretär für die außer- 
ordentlichen kirchlichen Angelegenheiten, am 8. Juni 1936. 

T e 1 e g r a ni m. 

Vatikanisches Pro Memoria vom 30. Mai entbehrt jeder sachlichen 
Begründung. Pressebericht hält sich im Rahmen üblicher Berichterstat- 
tung über Kriminaiprozesse von begreiflichem öffentlichem Interesse, un- 
geaclitet Tatsache, daß es sich hier um besonders schwere, unter Miß- 
brauch Aufsichtsgewalt- und Abhängigkeitsverhältnisses begangene 
Verbrechen von Männern in Ordehskleid handelt. Die im Pro Memoria 
enthaltene unerhörte Insinuation, daß zahlreiche ähnliche Verbrechen in 
Parteikreisen vorkommen und hier nur in Ausnahmefällen geahndet, auf 
alle Fälle immer vertuscht werden, muß aufs schärfste zurückgewiesen 
werden. 

Rom, den 8. Juni 1936. 

Aide-Memoire des Hl. Stuhles, überreicht durch Se. .Eminenz Kar- 
^dinal Eugenio Pacelli, Staatssekretär Sr. Heiligkeit, an den ersten Sekre- 
tär der Deutschen Botschaft beim Hl. Stuhl, Herrn Dr. Budde, am 
13. 6. 36. 

„Der Hl. Stuhl hat die Antwort der Reichsregierung auf das Aide- 
Memoire vom 30. V. M. bezüglich der Presseberichterstattung über Sitt- 
lichkeitsprozesse mit Befremden zur Kenntnis genommen und weist den 
• Versuch zurück, seine Vorstellungen als sachlich unbegründet erscheinen 
zu lassen. 

In Übereinstimmung mit den Vorschriften des kirchlichen Rechtes 
verurteilt und ahndet die geistliche Obrigkeit Verfehlungen der genann- 
ten Art, soweit sie einwandfrei nachgewiesen sind, mit dem ganzen' 
Ernst, den die Schwere der Fälle jeweils verlangt. Sie weiß aber auch, 
daß der öffentlichen Erörterung gerade im Interesse der Sittlichkeit wie 
auch der Ehre schuldloser Mitglieder verdienter Gerheinschaf ten Gren- 
zen gezogen sein müssen. Die Überschreitung dieser Grenzen seitens des 
Staates ist um so peinlicher, wenn sie den Charakter bewußter und ge- 
wollter Unterschiedlichkeit, an sich trägt. 

Der Zweck der Aide-Memoire vom 30. v. M. war, diese Unterschied- 
lichkeit festzustellen und die Reichsregierung um Abhilfe zu ersuchen. 

Angesichts der Antwort vom 8. d- M. erneuert der Hl. Stuhl die Fest- 
stellung, daß in Fällen, wo parteiangehörige Persönlich- 
keiten — auch unter Mißbrauch des Aufsichtsgewalt- und des Ab- 
hängigkeitsverhältnisses — sich schwere Verfehlungen der bewußten 
Art zuschulden kommen ließen, die maßgebenden behördlichen Stellen 
keinerlei Bestreben gezeigt haben, die angeblich „übliche Berichterstat- 
tung über Kriminalfjrozesse von begreiflichem öffentlichem Interesse" 
. zuzulassen oder gar von sich aus in Gang zu setzen. Der 
Vorwurf ungleicher Behandlung ist demnach keineswegs, eine „unerhörte 
Insinuation". Er gründet auf einer bedauerlichen Wirk- 
lichkeit., j 

256 



Der Heilige Stuhl vermißt in der ihm ' zugestellten Antwort vom 
8. d. M. selbst die Bereitwilligkeit, der Gleichheit der Staatsbürger vor 
dem Richter und der amtlichen Gerichtsberichterstattung wenigstens in 
der Folge Rechnung zu tragen. 

Er verzichtet darauf, sich auf dem amtlichen Schriftwege mit einer 
Geisteshaltung auseinanderzusetzen, die, wie beim Verfasser des ge- 
nannten Schriftsatzes, elementare Forderungen der Rechtsgleichheit und 
Wahrhaftigkeit nackten Nützlichkeits- und Kampfabsichten opfert. 

Das ihm zur Verfügung stehende Material ist bis zur Stunde unver- 
wertet geblieben, weil er auf Grund anderwärts gemachter Erfahrungen 
besorgen mußte, daß die strafende Energie gewisser maßgebender Stel- 
len sich eher gegen die Informatoren als gegen die Schuldigen richten 
werdei. 

Er kann aber nicht unterlassen, sich schon jetzt gegen die maßlose, 
offenbar Propagandazwecken dienende Entstellung des wirklichen Sach- 
verhalts zur Wehr zu setzen, die sich Oberstaatsanwalt Hattingen gleich 
zu Begiitn seines. Plädoyers zuschulden kommen ließ, wenn er behauptet, 
„daß von den 5.00 in Deutschland ansässigen Brüdern nicht weniger als 
276 wegen Sittlichkeitsdelikte unter Anklage gestellt werden mußten" — 
und die der Pressebericht 'liegeht, wenn er gleich unter der Schlagzeile 
„Riesenprozeß in Koblenz gegen entsittlichte Ordensbrüder" schreibt: 
„276 Verbrecher sehen ihrer Bestrafung entgegen" (Nationalblatt Amt- 
liche Gauzeitung. Ausgabe Trier, 27. und 28. Mai). 

Nach beachtlichen, dem Hl. Stuhl zugegangenen Informationen soll 
die Zahl der Angeklagten etwas über 40 betragen, wovon aber die Hälfte 
unschuldigt seien, während von den übrigen die Mehrheit schon lange 
nicht mehr dem Orden angehören. • S 

Der Hl. Stuhl behält sich vor, gegebenenfalls in geeigneter Weise für 
Klarstellung zu sorgen. 

Zum Schluß legt der Hl. Stuhl gegen die Art, in der die hohe Per- 
son Seiner Heiligkeit selbst ohne jede prozessuale Notwendigkeit in den 
Verhandlungen Erwähnung fand, schärfste Verwahrung ein. 

Vatikan, den 12. Juni 1936. 

b) Deutsche Bischöfe erheben ein Flammenschwert gegen 

die Klosterstürmer. 

Als im Jahr 1941 der offene und volle Kampf gegen männliche 
und weibliche ' Ordensleute begann uhd sich zur Enteignung vieler 
Klöster und Verbannung ihrer Insassen verdichtete, erstand ihnen 
vor allem in • 

Bischof Galen von Münster 

ein mächtiger Herold, mitfühlender Schützer und gewaltiger Vor- 
kämpfer. Immer wieder bestieg er die Kanzel und immer schnei- 
dender wurden seine Worte und immer kräftiger seine Hiebe. Den 
Auftakt gab seine Predigt am 13. Juli 1941. Darin sagte er u. a.: 

Zwei Orden a vi s g e w i e s e n : 

„ . . . Noch steht ganz Münster unter dem Eindruck der furchtbaren 
Verwüstungen, die der äußere Feind und Kriegsgegner in dieser Woche 
uns zugefügt hat. Da hat gestern, zum Schlüsse dieser Woche, am 12. Juli, 
die Geheime Staatspolizei die beiden Niederlassungen dei 
Gesellschaft Jesu in unserer Stadt, Haus Sentmaring an der Wqm« 
1er Straße und das Ignatiushaus an der Königsstraße, bes c.h !<»({•• 
n a h m t , die Bewohner aus ihrem Eigentum vertrieben. 



Kreuz und Hakenkreuz 17 Bd. IT 



257 



die Patres und Brüder genötigt, unverzüglich noch am gestrigen Tage, 
nicht nur ihre Höuaer, nicht nur unsere Stadt, sondern auch die Pro- 
vinz Westfalen und die Rheinprovinz zu verlassen. 
Und das gleiche harte Los hat man ebenfalls gestern den Schwestern 
-der Steinfür terstraße bereitet, Auch ihr Haus wurde beschlag- 
nahmt, die Schwestern sind aus Westfalen ausgewiesen und müssen 
Münster bis heute abend 6 Uhr verlassen. Die Ordenshäuser und 
Besitzungen samt Inventar wurden zu Gunsten der 
GauleitungWestfalen -Nordenteignet. 

So ist also der K 1 o s t e r s t u r m, der schon länger in der Ostmark, 
in Süddeutschland, in den neuerworbenen Gebieten Warthegau, Luxem- 
burg, Lothringen und anderen Reichsstellon wütete, auch hier in 
Westfalen ausgebrochen. 

Weshalb? Man sagte mir; „...aus staatspolitischen Grün- 
den!" Weitere Gründe wurden nicht angegeben! Kein 
Bewohner dieser Klöster ist eines Vergehens oder Verbrechens beschul" 
digt, vor Gericht angeklagt oder gar vex'urteilt! 

Ich frage euch, vor deren Augen die -Patres Jesuiten, die Imma- 
kulataschwestern seit Jahren ihr stilles, ni^r der Ehre Gottes und dem 
Heil der Mitmenschen geweihtes Leben geführt haben, ich frage 'euch:» 
„Wer hält diese Männer, und diese Frauen eines strafwürdigen Ver- 
gehens schuldig. Wer es wagt, der mag seine Behauptung beweisen!" 
Nicht einmal die Gestapo hat solche Anlclage erhoben, geschweige denn 
ein Gericht oder die Staatsanwaltschaft! 

Ich bezeuge es hier öffentlich als Bischof, dem die 
Überwachung der Orden amtlich zusteht, daß ich die größte Hoch- 
achtung habe vor den stillen, bescheidenen Missionsschwe- 
Stern von Wilkinghege; die heute vertrieben werden. 

Ich bezeuge es als deutscher' Mann und als Bise ho f, 
daß ich vor dem Jesuitenorden, den ich seit meiner frühen 
Jugend, seit 50 Jahren aus nächster Beobachtung kenne, die größte 
Hochachtung und Verehrung empfinde, daß ich der Gesell- 
schaft Jesu, meinen Lehrern, Erziehern und Freunden bis zum letzten 
Atemzug in Liebe und Dankbarkeit verbunden bleiben werde. 

So begrüße ich heute von dieser Stelle aus, auch irri Namen 
der treuen Katholiken der Stadt Münster und des Bistums Münster, 
diese von Christus Erwählten, von der Weif Gehaßten, 
in inniger Liebe bei ihrem Auszug in die unverdiente Ver- 
bannung. 

Meine lieben Diözesanen! Um der schweren Heimsuchung willen, 
die durch die feindlichen Angriffe über uns gekommen ist, wollte ich 
zunächst in der Öffentlichkeit, schweigen über andere kürzlich erfolgte 
Maßnahmen der Gestapo, die meinen 'öffentlichen- 
Protest geradezu herausfordern. Aber wenn die Gestapo keine 
Rücksicht nimmt auf jene Ereignisse, durch die Hunderte unserer Mit- 
bürger obdachlos geworden sind, wenn sie gerade in diesem Augenblick 
fortfährt, schuldlose Mitbürger auf die Straße zu werfen, des Landes 
zu verweisen, dann darf ich auch nicht mehr zögern, meinen berech- 
tigten Protest und meine ernste Warnung öffentlicli auszusprechen." 



„Himmelschreiendes Unrecht" fortgesetztund 

gesteigert! 

Acht Tage später, am 20. Juli 1941, mußte Bischof Galen 
neuerdings die Kanzel besteigen und laute Klage führen wider 
nationalsozialistische Ungerechtigkeit, Hartherzigkeit und Gewalt- 

258 



tat. Blutenden Herzens verkündete er in der Liebfrauenkirche zu 

Münster: 

„Am vorigen Sonntag habe ich es öffentlich beklagt und als himmel- 
schreiendes Unrecht gebrandmarkt, daß die Gestapo die Ordensnieder- 
lassüngen der Immakulataschwestern in Wilkinghege und der Jesuiterj. 
in Münster aufgehoben, Häuser und Inventar beschlagnahmt und die 
Bewohner auf die Straße gejagt, aus der Heimat vertrieben hatte. 

Auch das L urdesklosteran der Frauenstraße ist für die Gaur- 
leitung beschlagnahmt. Ich wußte damajs noch nicht, daß am gleichen 
Tage, am Sonntag, -den 1 3. Juli, die Gestapo das 

Kamillus-Kolleg in Mauritz-Sudmühle und 

unsere Benediktinerabtei St. Josef in Gerleve bei Coes« 
feld besetzte, beschlagnahmte und die Patres und Brüder von dort ver- 
ti'ieb. Sie mußten' am gleichen Tage Westfalen verlassen. 

Am 1 5. Juli wurden auch die Benediktinerinnen von der 
Ewigen Anbetung in Vinnenberg bei Warendorf auggetrieben und 
über die Provinzgrenzq gejagt. 

Am 1 7, Juli mußten dieKreuzschwestern im Haus Aspel 
bei Bees ihr Besitztum und den Kreis Eees verlassen. Hätte nicht cbrigt-r 
liehe Liebe sich all dieser Obdachlosen erbarmt, so wären sie, zumal all 
diese wehrlosen Frauen, dem Huhger und den Unbilden der Witterung 
überlassen. 

Vor 'wenigen Stunden bekam ich auch noch die Trauernachricht, 
daß gestern, am 1 9, Juli, zum Abschluß dieser zweiten Schreekenswoche 
für unser Münsterland die Gestapo auch das deutsehe Provinzialhaus 
der Missionare vom hl, Herzen Jesu, das euch allen wohl- 
bekannte große Miaslonskloster in H i 1 1 r u p besetzt, besehlagnahmt und 
enteignet hat. Die dort noch wohnenden Patres und Brüder muß' 
ten bis gestern abend 8 Uhr ihr Heim und ihren Besitz verlassen. Auch 
sie sind aus Westfalen und wiederum auch aus^der Rheinprovinz au?" 
gewiesen." 

Der Dank des Vaterlandes 

„Die dort noch wohnenden Patres und Brüder, ich sage das 
mit besonderer Betonung: denn aus den Reihen der Hiltruper Missionäre 
stehen z. Z., wie ich zuverlässig erfuhr, 161 Männer als deutsehe 
Soldaten im Felde, teilweise direkt vor dem Feinde! 
53 Patres von Hiltrup sind als Sanitäter im Dienst der verwundeten 
Soldaten tätig, 42 Theologen und 66 Brüder dienen als Soldaten mit der 
Waffe dem Vaterland, sind teilweise schon mit dem Eisernen Kreuz, 
dem Sturmabzeichen und anderen Auszeichnungen geschmückt. 

Ähnlich ist es bei den PP, Kamillianern von Sudmühle, bei 
den Jesuiten von Sentmaring und bei den Benediktinern von 
St, Josef in Gerleve. Während diese deutschen Männer, in treuer Käme-' 
radschaft mi>t den anderen deutschen Brüdern unter Einsatz ihres Lebens, 
gehorsam ihrer Pflicht, für die Heimat kämpfen, wird ihnen im 
Vaterland riiclcsichtslos und ohne jeden Rechtsgrund die Heimat ge- 
nommen, das klösterliche Elternhaus zerstört! Wenn sie, 
wie wir hoffen, siegreich wieder kommen, finden sie ihre Klosterfamilie 
von Haus und Hof vertrieben, ihre Heimat von Fremden, von Feinden 
besetzt! > 

Was soll das? Wie soll das enden? Es handelt sich nicht etwa darum, 
für obdachlose Bewohner von Münster eine vorübergehende 
Unterkunft zu schaffen. Die Ordensleute waren bereit und entschlossen, 
ihre Wohnungen für solche Zwecke änts äußerste einzuschrän- 
ken, um gleich anderen Obdachlose aufzunehmen und zu verpflegen. 
Nein,, darum handelt es sich nicht. Im Immakulatakloster in 

259 



Wilkinghege richtet, sich, wie ich höre, die Gaufilmstelle ein. 
Man sagt mir, in. der B c n e d i k t i n e r a b t e i St. Josef werde ein 
E n 1 b i n d II n g s h c i m i' ü r uneheliche Mütter eingerichtet. Was 
in Senlmaring und Sudmühle und im Kloster Vinnenberg eingezogen ist, 
habe ich noch nicht erfahren; ich bin ja überhaupt oline amtli,che 
B c n a c h r i c h t i g u n g gelassen. iJnd keine Zeitung hat bis- 
her b e r i c li t e t von den l'reilich gefahrlosen Siegen, die in 
diesen Tagen die Beamten der Gestapo über wehrlose Ordensmänner 
und schutzlose deutsche Frauen errungen haben, und von den E r 6 b e - 
•r u n g e n, die die G a u 1 e i t u n g in der Heimat am Eigentum 
deutscher Volksgenossen gemacht ha t." 

Vergebens 
sind alle mündlichen u n.d telegraphischen Proteste! 

,,I c h bin am Montag, den 14. Juli, persönlich beim Herrn Re- 
gierungspräsidenten gewesen und h a b e i h n um Schutz für die Frei- 
heit und das Eigentum schuldloser deutscher Menschen ge- 
be t e n. Er hat mir erklärt, daß die Gestapo eine völlig selbständige 
und von der Regierung unabhängige Behörde sei, in deren Maßnahmen 
er nicht eingreifen könne. Er hat mir aber versprochen, meine Be- 
schwerden und Bitten sofort dem Herrn Oberpräsidenten und Gauleiter 
Dr. Meyer vorzutragen. 

Es hat nichts genützt! 

Am gleichen Montag, den 14. Juli, habe ich an die Reichskanz- 
lei des Führers in Berlin ein T e 1 e g r-a m m gesandt mit 
folgendem Wortlaut: »Nachdem seit dem 6. Juli. die Kriegsgegner die 
Stadt Münster in furchtbaren Nachtangriffen zu zerstören ' versuchten, 
hat die Gestapo am 12. Juli begonnen, die Klöster und Ordenshäuser in 
Stadt und Umgebung zu beschlagnahmen und samt Inventar zu Gun- 
sten der Gauleitung zu enteignen. Die Bewohner, schuldlose Männer 
und Frauen, ehrenhafte Mitglieder der deutschen Familien, deren An- 
gehörige zum Teil als Soldaten für Deutschland kämpfen, werden ihres 
Heimes und ihres Eigentums beraubt, auf die Straße gejagt, aus der 
Heimatprovinz verbannt. — Ich bitte den Führer und Reichskanzler im 
Interesse der Gerechtigkeit und der Geschlossenheit der inneren Front 
um den Schutz der Freiheit und des Eigentums deutscher Menschen 
gegen die Willkür der Oestapo und gegen Beraubung zu Gunsten der 
Gauleitung!' - 

Ähnliche Bitten habe ich telegraphisch: 

dem Reichsstatthalter für Preußen, Reichsmarschall Hermann Gö- 
r i n g, dem Reichs kirchenminister und schließlich noch dem 
Oberkommando der Wehrmacht unterbreitet. Ich hatte gehofft, . 
daß, wenn nicht Erwägungen der Gerechtigkeit, so doch wenigstens die 
Erkenntnis der Folgen für die Geschlossenheit der inneren Front jetzt 
im Kriege jene Stellen bewegen würden, dem Vorgehen der Gestapo 
gegen unsere Brüder und Schwestern Einhalt zu tun, und daß man 
schuldlosen deutschen Frauen ritterlichen Schutz nicht versagen werde. 



Es war vergebens. 

Das Vorgehen wurde fortgesetzt, und es ist bereits eingetreten, was ich 
schon lange vorausgesehen und am vorigen Sonntag gesagt habe: Wir 
stehen vor den Trümmern der inneren Volksgemein- 
schaft, die in diesen Tagen rücksichtslos zerschlagen wurde. 

Ich habe den Regierungspräsidenten, die Herren Minister, das Ober- 
kommando der Wehrmacht eindringlich darauf hingewiesen, wie die 
Gewalttaten gegen unbescholtene deutsche Männer, wie diese 

260 



Roheit gegenüber wehrlosen deutschen Frauen, die aller Ritterlich^ 
keit Hohn spricht und nur aus einem abgründigen Haß gegen die christ- 
liche Religion und gegen die katholische Kirche entspringen kann: wie 
diese Machenschaften geradezu als Sabotage und Sprengung 
der Volksgemeinschaft wirke n." 

Keine Volksgemeinschaft mit den Klosterstürmern! 

„Volksgemeinschaft mit den Männern, die unsere Ordensleute, unsere 
Brüder .und Schwestörn ohne Rechtsgrund, ohne Unter- 
suchung, Verteidigungsmöglichkeit und Gerichts- 
urteil wie Freiwild aus dem Lande hetzen? 

Nein! Mit ihnen und allen dafür Verantwortlichen ist mir keine Ge- 
meinschaft in Fühlen und Denken mehr möglich. 

Ich werde nicht hassen, ich wünsche von Herzen, daß sie 
zur Einsicht kommen und sich bekehren — wie ich auch sofort ein für- 
bittendes Gebet zum Himmel gesandt habe für die Seele des am 5. Juli 
plötzlich verstorbenen MinisterialdirigentenRoth. Er war 
katholischer Priester der Erzdiözese München, war seit Jahren ohne Er- 
laubnis und gegen den Willen seines Bischofs Beamter des Reichs- 
k i r c h e n m i n i s t e r i u m s und hat gar viele, die Rechte der Kirche 
verletzende, die Würde der Kirche Ic rank ende Schriftstücke 
für den M i n i.s t e r K e r r 1 verfaßt und unterzeichnet. Jetzt ist er 
bei einer Bootsfahrt auf dem Inn verunglückt und im reißen- 
den Strom ertrunken. Gott sei seiner armen Seele gnädig! 

So wollen wir nach dem Gebot des Heilandes beten für alle, die uns 
verfolgen und verleumden. Aber solange sie sich nicht ändern, solange 
sie fortfahren. Unschuldige zu berauben, aus dem Lande zu treiben, ein- 
zukerkern, solange lehne ich jede Gemeinschaft mit 
ihnen ab !" 

Gemeinschaft mit solchen Unritterlichen?. 
Ich müßte mich schämen! 

„Nein, die Gemeinsamkeit in Gesinnung und Streben 
in unserem Volk ist gegen unsern Willen, ungeachtet unserer Warnun- 
gen, ist unheilbar gestört. Ich kann mir nicht vorstellen, daß 
unsere alteingesessenen Bürger und Bauern, Handwerker und Arbeiter, 
daß unsere Väter, Brüder und Söhne, die jetzt an der Front ihr Leben 
für Deutschland einsetzen, mit den Verfolgern und Vertreibern unserer 
Ordensleute irgendwie Gesinnungsgemeinschaft pflegen werden. Wir 
werden ihnen gehorchen, soweit sie als Vertreter der rechtmäßigen Ob- 
rigkeit uns Befehle zu erteilen haben. Aber G e s i n.n u n g s g e m e i n- 
Schaft, ein Gefühl innerer Verbundenheit mit diesen Kirchen Verfol- 
gern, mit diesen Klosterstürmern, die wehrlose Frauen und Mädchen, 
Kinder imserer besten Familien, unsere Schwestern, aus ihrer klöster- 
lichen Heimat 'jagen, wo sie, teilweise seit Jahrzehnten, in Arbeit und 
Gebet nur Gutes unserem Volke getan haben, das kann es für uns 
nicht geben! 

Ich müßte mich schämen vor Gott und vor euch, müßte mich 
schämen vor unseren edlen deutschen Vorfahren, vor meinem 
ritterlichen seligen Vater, der meine Brüder und mich mit unerbitt- 
lichem Ernst zu zarter Hochachtung vor jeder Frau und jedem Mädchen, 
zu ritterlichem Schutz aller unschuldig Bedrängten, besonders jener, die 
als Frauen Abbilder unserer eigenen Mutter, ja der lieben Gottesmutter 
im Himmel sind, 'ermahnt, erzogen und angeleitet hat — wenn ich Ge- 
meinschaft halten würde mit jenen, die schutzlose Frauen aus Heim urld 
Heimat vertreiben und obdachlos, und mittellos aus dem Lai^^o- jagen., 

2<n 



Gewiß, wir Christen machen keine Revolution! Wir 
werden weiter treu unsere Pflicht tun im Gehorsam gegen Gott, aus 
Liebe zu unserem deutschen Volle und Vaterland. 

Gegen den Feind im Innern, der uns peinigt und 
schlägt, können wir nicht mit Waffen kämpfen. Da bleibt nur ein 
Kampfmittel: starkes, zähes, hartesDurchhaltenl 

. Hart werden! Fest bleiben! 

Wir sehen und erfahren jetzt deutlich, was hinter den neuen Lehren 
steht, die man uns seit einigen Jahren aufdrängt, denen zuliebe man die 
Religion aus der Schule verbannt, unsere Vereine unterdrückt hat, jetzt 
die Kindergärten zerstören will: abgrundtiefer Haß gegen das 
Christentum, das man ausrotten möchte. 

Wir sind in diesem Augenbliclc nicht Hammer, sondern Amboß. 
Andere, meist Fremde und Abtrünnige, hämmern auf uns, wollen mit 
Gewaltanwendung unser Volk, und selbst unsere Jugend neu formen, 
aus der geraden Haltung zu Gott verbiegen. 

Wir sindAmboß und nicht Hammer 

Aber seht einmal zu in der Schmiede, fragt den Schmiedmeister und 
laßt es euch von ihm sagen: was auf dem Amboß geschmiedet, wird, 
erhält seine Form nicht ' nur vom ■ Haminer, sondern auch vom Amboß. 
Der Amboß kann nicht und braucht auch nicht zurück- 
schlagen, er m u ß 'nur fest, nur hart sein! Wenn er hin- 
reichend zäh, fest, hart ist, dann hält meistens der Amboß länger als 
der Hammer. Wie heftig auch der Hammer zuschlägt, der Amboß steht 
in ruhiger Festigkeit da und wird noch lange dazu dienen, das zu for- 
men, was neu geschmiedet wird. 

Was jetzt geschmiedet wird, das sind die ungerecht 
Eingekerkerten, die schuldlos Ausgewiesenen und 
Verbannten. Gott wird ihnen beistehen, ^aß sie Form und Haltung 
christlicher Festigkeit nicht verlieren, wenn der Hammer der Verfolgung 
sie bitter trifft und ihnen ungerechte Wunden schlägt. 

Was in diesen Tagen geschmiedet wird, sind unsere 
Ordensleute, Patres, Brüder und Schwestern. Ich habe vorgestern 
einen Teil der .Vertriebenen in ihren provisorischen Unterkünften be- 
suchen können und mit ihnen gesprochen. Ich habe mich erbaut 
und begeistert an der tapferen Haltung der braven Männer, der wehr- 
losen, schwachen Frauen, die man roh und rücksichtslos aus ihrer Klo- 
sterheimat, aus der Kapellp und der Nähe des Tabernakels verjagte, die 
erhobenen Hauptes im Bewußtsein ihrer Schuld. - 
losigkeit in dieunge wisse Verbannung gehen, vertrauend 
auf jenen, der die Vögel des Himmels speist und die Lilien des Feldes 
kleidet: ,Selig seid ihr, wenn' euch die Me'nschen hassen und verfolgen 
um meinetwillen! Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß 
im Himmel!' Wahrhaftig, diese Männer und. Frauen sind Meister- 
werke der göttlichen Schmied e w er k statt! 

Was in dieser Zeit geschmiedet wird zwischen Hammer und Amboß, 
ist unsere Jugend, die heranwachsende, die noch unfertige, dia 
noch bildungsfähig weiche Jugend! Wir können sie den Hammerschiägen 
des Unglaubens, der Christentumsfeindlichkeit, der falschen Lehren und 
Sitten nicht entziehen. Was wird ihnen voi'getragen und aufgedrängt in 
ihren Heimabenden und den Di ens tstun den jener Jugend- 
vereinigungen, denen sie, wie man sagt. Unter Zustimmung ihrer Eltern 
»freiwillig' beigetreten sind? Was hören sie in den Schulen, in die 

262 / 



heute alle Kinder ohne Rücksicht auf den Willen der Eltern 
h in ei ngez wu'ng.en werden? Was lesen sie in den neuen 
Schulbüchern? Laßt euch doch, christliche Eltern, die Bücher 
zeigen, besonders die Geschichtsbücher der höheren Schulen I Ihr werdet 
entsetzt sein, mit welcher Unbekümmertheit um die geschichtliche Wahr- 
heit dort versucht wird, die unerfahrenen Kinder mit Mißtrauen gegen 
Christentum und Kirche, ja mit Haß gegen den christlichen Glauben zu 
erfüllen! In den bevorzugten staatlichen Lehranstalten, deri Hitler- 
schulen und den neuen Lehranstalten für kühftige Lehrer und Lehre- 
rinnen wird jeder christliche Einfluß, ja jede kirchlich religiöse Betäti- 
gung ausgeschlossen. 

Und was geschieht mit den -im letzten Frühjahr unter Hinweis auf 
die Luftgefahr in ferne Gegenden verschickten Kin- 
dern? Wie steht es mit dem Religionsunterricht für sie und mit der 
Übung der Religion? Christliche Eltern, um all das müßt ihr euch küm- 
mern, sonst versäumt ihr eure heiligsten Pflichten, sonst Icönnt ihr, nicht 
bestehen vor eurem Gewissen und jehem, der euch die Kinder anver- 
traute, damit ihr sie auf dem Weg zum Himmel führt. 

Wir sind Amboß, nicht Hammer! Ihr könnt eure Kinder, 
das edle, aber noch ungehärtete und ungestählte Rohmetall, leider den 
Hammerschlägen der Glaubertsfeindlichkeit, der Kirchenfeindlichkeit 
nicht entziehen. Aber auch der Amboß formt mit. Laßt eu6r 
Elternhaus, laßt eure Elternliebe und -treue, laßt euer vorbild- 
liches Christenleben den starken,, zähen, festen, unerschütter- 
lichen Amboß sein, der die Wucht der feindlichen Schläge auffängt, 
der die noch schwache Kraft der jungen Menschen immer wieder stärkt 
und befestigt in dem hl. Willen, sich nicht verbiegen zu lassen aus der 
Richtung zu Gott! 

Was in dieser Zeit geschmiedet wird, seid fast alle ohne Ausnahme 
ihr alle. Wieviele sind abhängig durch Pensionen, Staatsrenten, Kin- 
derbeihilfen u. ä. 'Wer ist denn heute noch u n abhängig und 
freier Herr in seinem Besitz oder Geschäft? Es mag sein, daß, zumal im 
Kriege, eine starke Überwachung und Lenkung, Zusammenfassung und 
Zwangssteuerung von Produktion, Wirtschaft, Erzeugnis und Verbrauch 
notwendig sind, und wer wird das nicht aus Liebe zu Volk und Vater- 
land willig tragen? Aber damit ist auch eine Abhängigkeit jedes ein- 
zelnen von vielen Personen und Dienststellen gegeben, die nicht nur die 
Freiheit des Handels beschränken, sondern auch die freie Unabhängig- 
keit der Gesinnung in schwere Gefahr und Versuchung bringen, wenn 
diese Personen und Dienststellen zugleich eine christen- 
tumsfeindliche Weltanschauung vertreten und bei den von 
ihnen Abhängigen durchzusetzen suchen. Erst recht ist solche Abhängig- 
keit gegeben bei allen B'eamten, und welcher Mut, welcher 
Heldenmut mag für manche Beamte dazu gehören, sich 
trotz allen Druckes noch immer als treue Katholiken zu beweisen 
und öffentlich zu bekennen! 

Wir -sind zur Zeit Amboß und nicht Hammer! Bleibt stark und fest 
und unerschütterlich wie der Amboß bei allen Schlägen, die auf uns 
niedersausen! In treuestem Dienst für Volk und Vaterland, aber auch 
stets bereit, 'in äußerstem Opfermut nach dem Wort zu handeln: ,Man 
muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!' 

Gehorchet stets unweigerlich der Stimme des Gewissens! Nehmt 
euch zum BeispieL und Vorbild jenen preußischen Justizminister der 
alten Zeit — ich habe ihn schon früher einmal erwähnt — •, dem einst 
sein König' Friedlich der Große das Ansinnen ^teilte, er solle ein gesetz- 
mäßig gefälltes Gerichtsurteil nach dem Wunsche des Monarchen um- 
stoßen und abändern. Da hat dieser echte Edelmann,' ein Herr von 
Münchhausen, seinem König die prachtvolle Antwort gegeben: ,Mein 

263 



Kopf steht Euer Majestät zur Verfügung, aber nicht 
m e i n G e w i s s e n.' p 

Ist idas Geschlecht solcher Edelleute, die so gesinnt sind und han- 
deln, sind die preußischen Beamten dieser Art ausgestorben? Gibt es 
nicht mehr Bürger und Bauern, Handwerksmeister und Ai'beiter von 
gleicher Gewissenhaftigkeit und gleichem Edelmut? Das kann und will 
ich nicht glauben! 

Und darum noch einmal: Werdet hart! Werdet fest! Bleibt stand- 
haft! Wie der Amboß unter den Hammerschlägen! Es k a n,n sein, 
daß der Gehorsam gegen Gott, die Treue gegen das Gewissen m i r 
öder euch das Leben, die Freiheit, die Heimat kostet. 
Aber: ,Lieber sterben als sündigen!' 

Möge Gottes Gnade, ohne die wir nichts vermögen, euch und mir 
diese unerschüttei'liche Festigkeit geben und erhalten!" 



14 Tage später neuer Klosterraub, ne'uer Protest! 

Am 3. August 1941 hatte Bischof Galen Veranlassurig, in einer 
Predigt in der Lambertikirche zu Münster, die traurige Liste der 
Klosterbeschlagnahmen und Ordensausweisungen fortzusetzen: 

„Am Mittwoch, den 30. Juli, hat die Gestapo das Provinzial- 
Mutterhaus der Genossenschaft der Schwestern U. L. Frau 
in M ü h 1 h a u s e n, Kr. Kempen, das früher zum Bistum Münster ge- 
hörte, besetzt und für aufgehoben erklärt. Die Schwestern, von 
denen viele aus dem Bistum Münster stammen, wurden zum größten 
Teil ausgewiesen und mußten noch am gleichen T.age den 
KreisKem penverlassen. 

Nach glaubwürdigen Nachrichten ist am Donnerstag, den 31. Juli, 
das K Lo s t e r der Patres Missionäre von Hiltrup in Hamm 
ebenfalls von der Gestapo besetzt und beschlagnahmt worden. Die dort 
weilenden Patres sind ebenfalls ausgewiesen. 

Ich habe bereits am 13. Juli in der Lambertikirche hier nach Ver- 
treibung der Jesuiten und Missionsklarissen aus Münster öffentlich 
festgestellt: ,Keiner der Bewohner dieser Klöster ist eines Ver- 
gehens oder Verbrechens schuldig, vor Gericht angeklagt oder gar ver- 
urteilt worden.' Wie ich höre, werden jetzt in Münster Gerüchte ver- 
breitet, daß diese Ordensleute, insbesondere die Jesuiten, doch wegen 
gesetzwidriger Verfehlungen, ja sogar wegen Lan- 
desverrats angeklagt und sogar überführt seien. 

Ich erkläre: Das ist eine gemeine Verleumdung deut- 
scher Volksgenossen, unserer Brüder und Schwestern, die wir 
uns nicht gefallen lassen. 

Gegen einen Burschen, der vor Wochen es wagte, derartiges zu be- 
haupffen, habe i\C h bereits Strafanzeige bei dem Herrn 
Oberstaatsanwalt gemacht. Ich spreche die Erwartung aus, daß 
der Mann schleunigst zur Verantwortung gezogen wird, und daß un- 
sere Gerichte noch den Mut haben, Verleumder, die es 
wagen, unbescholtene deutsche Volksgenos'sen, nach- 
dem ihnen schon ihr Eigentum genommen wurde, auch 
noch die Ehre zu rauben, zur Verantwortung zu ziehen 
u n d z u bestrafen. 

Ich fordere alle meine Zuhörer, ja alle anständigen Mit- 
bürger a u f, von heute an, falls in ihrer Gegenwart solche Anschuldi- 
gungen gegen die aus Münster ausgewiesenen Ordensleute ausgesprochen 

264 



werden, sofort den Namen und die Wohnung des Anklä- 
gers und der etwa anwesenden Zeugen festzustellen. 

Ich hoffe, es gibt hier noch Männer, die den Mut haben, zur gericht- 
lichen Klarstellung solcher, die Volksgemeinschaft vergiftender Beschul- 
digungen durch offenes Eintreten mit ihrer Person, ihrem Namen, nöti- 
genfalls mit ihrem Eide mitzuwirken. Diese bitte ich, falls vor ihnen 
solche Beschuldigungen gegen unsere Ordensleute ausgesprochen wer- 
den, alsbald bei ihrem Pfarrer oder auch beim bischöflichen General- 
vikariat das zu melden und zu Protokoll zu geben. 

Ich bin es der Ehre unserer Ordensleute, der Ehre 
unserer hl. Kirche, auch der Ehre unseres de u t sehen 
Volkes schuldig, daß ich durch Strafanzeige bei der Staatsanwalt- 
schaft für die gerichtliche Klarstellung des Tatbestandes für die Be- 
strafung gemeiner Verleumder unserer Ordensleute Sorge 
trag e." 



Nach der Klage vor dem Volke 
Klagen bei den höchsten Ämtern 

Am 14. Juli 1941 hatte Bischof Galen telegraphisch Verwahrung 
gegen die Klosterenteignungen eingelegt, 

bei der Reichskanzlei, ' 

bei ReichsmarschaÜl Hermann Göring, 

beim Reichsinnenminister, 

beim Reichskirchenminister, 

beim Reichs justizminister, 

beim Oberkommando der Wehrmacht, 

- Nur eine einzige Stelle würdigte ihn einer Antwort: Die Reichs- 
kanzlei! Von den übrigen erhielt er nicht einmal eine Empfangs- 
bestätigung. 

Die Reichskanzlei, beschränkte sich aber auch auf die Mit- 
teilung, daß das Telegramm dem Reichsführer SS und ,Chef der 
Deutschen Polizei zum weiteren Befinden zugeleitet worden sei. 

Dazu bemerkt Bischof Galen in einem Brief vom 22. Juli 1941 
an Heirn Reichsminister Dr. Lammers, Chef der Reichskanzlei: 

„Gerade gegen die unter der Leitung des. Herrn 
Himmler stehende Staatspolizei hatte ich um Schutz 
für Freiheit und Eigentum schuldloser deutscher 
Volksgenossen gebeten. Wenn nunmehr derselbe Herr Himmler 
über das Schicksal der gegen das Vorgehen der Geheimen Staatspolizei 
beim Führer und Reichslcanzler erhobenen Beschwerde ,zu befinden' 
hat, dann ist es schon von vorneherein sicher, daß mein Eintreten für 
Freiheit und Gerechtigkeit, mein Bemühen um Erhaltung der inneren 
Front ohne jedes Ergebnis bleiben wird. Dann ist ja der Auftrag- 
geber der Geheimen Staatspolizei, also der für ihr Vorgehen 
hauptsächlich Verantwortliche, 

zum Richter in eigener Sache 

gemacht! Dann wird also die Schreclvensherrschaft der Geheimen 
Staaispolizei auch weiter als furchbarer Drucli auf allen Voll^sgenossen 
lasten. 

Dann wird sio rjuch in Zukunft willkürlich über die Freiheil und 
das Eigentum, ja auch über Isörperliche Unverletztheit und selbst das 
Kreu2 und Hakenkreuz i8 Bd 11 ORS 



Leben deutscher Volksgenossen verfügen. Dann wird sie auch in Zu- 
kunf l nicht gehindert werden, aus niemals näher erklärten 
,staatspolizeilichen Gründen' ihr mißliebige, vielleicht von 
irgendeinem feigen Denunzianten verleumdete ehrenwerte 
Männer und Frauen zu enteignen, aus der Heimat zu verbannen, 
in ihren Kellern und Konzentrationslagern gefangen zu halten oder auch 
zu töten." 

Gegen die Vereinigung aller Macht in Hitlers Hand 

„Sehr geehrter Herr Reichsminister! Es muß jedem Verständigen 
klar sein, daß der Führer, Reichskanzler und Oberste Befehlshaber der 
Wehrmacht so sehr mit außenpolitischen und militärischen Dingen, be- 
faßt ist, daß er nicht imstande ist, alle Eingaben und Beschwerden, die 
an ihn gesandt werden, selbst zu bearbeiten und zu erledigen. In dieser 
Voraussicht habe ich mich seinerzeit nicht entschließen können, bei der 
diesbezüglichen Volksabstimmung für die Vereinigung der beiden Ämter 
des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers meine Stimme abzugeben. 
Ich wußte ja: Adolf Hitler ist nicht ein göttliches Wesen, das, über jede 
geschöpfliche Beschränktheit erhaben, imstande wäre, alles zu gleicher 
Zeil im Auge zu behalten und zu dirigieren. Zu den damals von ihm 
übernommenen Aufgaben ist später noch das Amt des Obersten 
Befehlshabers der Wehrmacht hinzugekommen, das 
allein heute auch den genialsten Feldherrn schon 
über alles Maß voll beschäftigen und in Anspruch nehmen 
würde." 

Ernste Warnung und Ankündigung 

„Wenn es aber infolge Geschäftsüberhäufung des verantwortlichen 
Führex's dahin kommt, daß die Geheime Staatspolizei 
ungehindert jetzt mitten im Kriege die innere Front 
des deutschen Volkes zersprengt dadurch, daß im deutschen 
Vaterland, während unsere Soldaten für Deutschland kämpfen, die Ge- 
heime Staatspolizei gefahrlose Siege über wehrlose deutsche Männer, 
über schutzlose deiitsche Frauen erringt und die Gauleitung am leicht 
eroberten Gut deutscher Volksgenossen sich bereichert; wenn so, ohne 
Eingreifen der zum Schutze der Rechtsordnung verpflichteten Stellen 
die Rechtssicherheit zerstört, das Rechtsbewußtsein untergraben und das 
Vertrauen auf die Staatsführung vernichtet wird, dann weiß ich mich 
als deutscher Mann, als berufener Vertreter und Verteidiger deut- 
schen Rechts und deutscher Freiheit, als verantwortlicher Bi- 
schof über fast zv/ei Millionen deutscher Katholiken 
aufgerufen und verpflichtet, ungeachtet der Folgen, 
die daraus für mich persönlich entstehen mögen, laut 
meine Stimme zu erheben, anklagend gegen die inneren 
Feinde, die Volk und Vaterland zugrunde richten, warnend, u m d a s 
Volk und seine Regierung zurückzurufen von einem Wege, 
der nach den Erfahrungen der Geschichte und nach seiner naturnot- 
wendigen Konsequenz dahin führen wird, daß unser deutsches Volk und 
Vaterland trotz des Heldentums xmserer Soldaten und ihrer ruhmreichen 
Siege an innerer Fäulnis und Verröttung zugrunde 
gehen wir d." 

i'fi 

Bischof Bornewasser von Trier trat mit gleicher 
Un er s ch rockenh ei t gegen den Klostersturm 

im Westen auf. 

Seine diesbezügliche Predigt vom 31. August 1941 stellt er 
bezeichnenderweise unter das Pauluswort: , .Predige das Wort. Tritt 

266 



dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen. Überführe, rüge, ermahne 
in Geduld und Belehrung" (2, Tim. 4,1 ff.). Und er sagt notgedrungen 
viel „U n g e 1 e g e n e s" : 

„Ich predige zunächst heute als katholischer Bischof. Der 
Kampf gegen die hl. Kirche Jesu Christi hat in unserem Vaterland, mit- 
ten im Kriege, ja wie es scheint, .bewußt, bevor der Krieg zu Ende 
geht und die Männer heimgekehrt sind, einen Umfang und Formen an- 
genommen, die jedem Rechte und jeder Gerechtigkeit, ganz zu schwei- 
gen von der Liebe, direkt ins Gesicht schlagen. Es ist deshalb Not- 
wehr, die uns katholische Bischöfe zwingt, sehr ernst 
zu sprechen. Wenn andere den Krieg benützen — ja man darf das 
Wort anwenden: mißbrauchen — , um ihre Christus- und kirchenfei'nd- 
lichen Ziele zu ei-reichen, dann ist das Wort der Verteidigung Christi 
und seiner hl. Kirche gebotene und verpflichtende Notwehr jedes katho- 
lischen Bischofs. Dann muß für ihn das Wort der Schrift gelten: ,Kämpfe 
aus allen Kräften für die Gerechtigkeit, kämpfe für die Gerechtigkeit 
bis in den Tod!' (Ecclesiasticus 4,33) 

Keine Antwort! 

,Wir deutsche hBischöfehabenseitJahren in Predigten 
in Einzelschreiben, in gemeinsamen Hirtenbriefen immer und immer 
wieder darauf hingewiesen, welch furchtbare Schäden dem 
deutschen Volke, der deutschen Volksgemeinschaft, dem Deutschen Reich 
zugefügt werden durch den unausgesetzten wüsten Kampf gegen Christus 
den Herrn, gegen Christi heilige Kirche, gegen Christus- und kirchen- 
treue Volksgenossen, selbst gegen die von der Regierung feierlich garan- 
tierten kirchlichen Einrichtungen. 

Man hört nicht auf uns oder will nicht auf uns hören. Es geht 
uns deutschen Bischöfen so wie dem hl. Paulus, der im 1. Korintherbrief 
(4, 9) schreibt: ,Wie mir scheint, hat Gott unsApostel in 
die letzte Reihe gestellt, wie zum Tod Verurteilte.' Wir 
Bischöfe bekommen heute auf sehr ernste Beschwerden bei den in Be- 
tracht kommenden Berliner Stellen meistens noch nicht einmal 
eine Empfangsbestätigung. Trotzdemwerden wir fort- 
fahren, aufGrund unserer Pflicht Kirche und Staat gegen- 
über unsere Stimme zu erheben, wenn dem Staate und der 
Kirche Gefahren drohen, von welcher Seite sie auch kommen mögen.' 

Gegen den Klostersturm in Lothringen, Luxemburg: 

,Im August 1940 begann, wie das den Trierer Diözesanen als Nach- 
barn bekannt ist, in Lothringen der große Klostersturm, 
der Sturm gegen Bischof, Klerus und kirchliche Institute, Der Bischof, 
6 von 8 Domherren, 270 Priester — heute sind es mehr — waren am 
21. November 1940 ausgewiesen. Das gleiche Los traf die Familien, Män- 
ner, Frauen und Kinder von rund 70 Ortschaften. Sie verloren ihr Hab 
und Gut. 100 RM. und 50 kg Gepäck durften sie mitnehmen. Mit einem 
Federstrich hob man sämtliche Männerklöster auf. Eben- 
so nahm man Ordensfrauen Arbeit und Brot. Die überaus 
schmerzlichen und für den deutschen Namen tief bedauerlichen Einzel- 
heiten, die dabei vorgekommen sind, hier aufzuzählen, muß ich mir ver- 
sagen. Wir Stadttrierer wissen auch, daß in Luxemburg alle 
Männerklösteraufgehoben sind; und als die wehr- und schutzr 
losen Klosterfrauen der beschaulichen Orden in Luxemburg 
aus Heimat und Eigentum vertrieben, mit ein paar Mark und ihren 
kleinen persönlichen Habseligkeiten in Trier und .Klausen abgeliefert 
wurden, hat das Volk in rührender Sorge sich der armen Schwestern 
angenommen; sonst hätten sie auf der Straße gesessen, weil das kleine 
Klösterlein dort sie nicht aufnehmen konnte. Daß man aus dem 

267 



von deutschen Truppen besetzten Frankreich die Dirnen 
ausgewiesen hätte, die viele Männer und Jungmänner an Leib und Seele 
verpesten und dadurch unsägliches Leid über deren Familien bringen, 
davon habe ich bis heute noch nichts gehört.' 

Gegen den Klostersturm in Deutschland, Ostmark, 

.Warthegau: 

„Ich bin mit Erlaubnis der deutschen Behörde kurz vor Weihnachten 
1940 nach Metz gefahren — es gehörte ja früher zum Erzbistum Trier, 
vun zu erfahren, ob denn all das Furchtbare wahr sei. Leider muß ich 
sagen : Ich war tief erschüttert, als ich an Ort und Stelle 
erfuhr, daß es schlimmer war, als man mir berichtet 
hatte. Als mir dann aber ein alter deutschfreundlicher Herr erklärte, 
man habe ihm gesagt, genau so würde es bald der Kirche 
und den l^irchlichen Einrichtungen im Altreich er- 
gehen, sah ich ihn ungläubig an und fragte ihn: ,Mitten im Kriege? 
Das glaube ich nicht, das halte ich für unmöglich'. 

Wie habe ich mich getäuscht! Aus dem Sturm in Luxem- 
bvirg und Lothringen (auch im Elsaß) ist in Deutsch- 
lan-d ein Orkan geworden. Ich spreche nur von dem kleinen 
Ausschnitt in Devitschland, vom Westen, weil ich über ihn genau unter- 
richtet bin; in anderen Teilen Deutschlands, besonders in der 
Ostmark undim Wartheg au, ist es vielleicht noch schlim- 
m e r. In der Kölner Kirchenprovinz, zu der wir Trierer gehören, sind 
bis jetzt 47 Abteien, Mutterhäuser, Klöster aufgehoben, 
,s i c h e r g e s t e 1 1 1', wie das die Gestapo nennt, oder enteignet. In 
25 Kirchen und Kapellen ist das Ewige Licht er- 
loschen. Jesus Christus, der menschgewordene Gottessohn im aller- 
heiligsten Sakrament, wurde aus ihnen verjagt und vertrieben. Als ich 
das las, habe ich meine Hände gefaltet und gebetet: ,Herr Jesus Christus, 
strafe nicht an deinem treuen, gläubigen Volke, was himmel- 
schreiende Untreue dir angetan!' 

Auch hier himmelschreiendes Unrecht! 

.,Ist das alles nicht furchtbar? Hochangesehene deutsche Männer, 
die zum größten Teile im Felde stehen, zahlreich mit dem Eisernen 
Kreuze geschmückt sind, verwundet vmd Icrank in den Lazaretten liegen, 
soweit sie nicht schon den Heldentod gestorben sind — wehrlose 
Frauen aus edlen deutschen Familien, deren Väter und Brüder auf den 
russischen Schlachtfeldern kämpfen und bluten und sterben — wehrlose 
Frauen, die daheim als Schwestern, betend und opfernd, helfend tmd 
arbeitend, ihr ganzes Leben Gott und dem deutschen Volke gewidmet 
haben — diese Männer und Frauen, die wir hochachten und lieben, 
werden in wenigen Stunden ihrer Klosterheimat, ihres Eigentums und 
dazu oft noch ihres guten Namens beraubt, indem man als Grund 
für die Austreibung angibt, sie seien volks- und 
staatsfeindlich. Denen, die sich erl<:ühnen, solches zu sagen, sage 
ich: .Das katholische Volk kennt besser seine Ordens- 
priester, seine Ordensfrauen als ihr, die ihr sie ver- 
trieben und verjagt habt zum Schaden für das 
deutscheVolkundVaterland'. 

Alle diese traurigen, für den deutschen Namen in der 
ganzen Welt schmerzlichen Dinge zerstören das 
R e c h t s g e f ü h 1 im Volke und sind geeignet, die innere Volksgemein- 
schaft, die uns doch gerade heute im Schicksalskampf so bitter nottut, 
zu zerreißen. 

Hai übrigens wirklich einer von ihnen staatsfeindliche oder 
gar landesverräterische Handlungen begangen — 

26y 



Worte, mit denen man heute in sträflichem Leicht- 
sinn schnell bei der Hand ist — , gut, dann stelle man ihn vor 
Gericht und strafe den wirklich Schuldigen nach Recht und Gesetz! 
Aber darf man denn Hunderte seiner schuldlosen Brü- 
der oder Schwestern entrechten, ihnen Heimat, Haus und 
Herd nehmen? Wird man vielleicht auch einer kinderreichen 
deutschen Familie, die einen unglücklichen Sohn hat, der vom 
Gerichte bestraft oder von dem auch nur etwas Unrechtes gegen den 
Staat behauptet wurde — wird man dann deshalb der schuldlosen 
kinderreichen Familie Haus und Hof nehmen,' sie auf die Straße setzen 
und dem Hunger preisgeben? In der Frage liegt schon die Antwort!'' 

Scharfer Seitenhieb auf Jugenderziehung,, 
Sterilisation, Tötung von Schwachsinnigen 

,Ich sehe in dieser Stunde im Geiste vor mir all die treuen Ordens- 
männer und Ordensfrauen, die aus ihrer Ordensheimat rechtlos und 
wehrlos vertrieben sind. Auch das neue Deutschland wird 
einmal euer bedürfen zu seinem Nutz und Frommen; 
dann, wenn die Früchte einer unchristlichen, ja wider- 
christlichen Jugenderziehung, wenn die Früchte 
einer dem Naturrecht und göttlichen Recht wider- 
sprechenden Sterilisation einmal reifen, dann, wenn die 
Tötung sogenannter .unproduktiver', unwerter, aber 
doch schuldloser Menschen zum Himmel um Rache 
schreit, wenn die durch Kriegs- und Zeitverhältnisse gesunkene 
christliche Moral und die schwerbetroffene christliche Kultur ihre Auf- 
erstehung feiern müssen, damit das Reich bestehen kann.' 

Dank des Bischofs an die Vertriebenen: 

,Euch aus St. Wendel vertriebenen SteylerMissions- 
patres und Missionsbrüder, die ihr nicht nur Befehlen Christi folgtet, 
das Reich Gottes in alle Welt trugt und die Menschen aus der Finsternis 
des Heidentums zum Lichte des Christentums führtet, sondern auch 
durch eure Volksschulen, Gymnasien und Universitäten in Übersee die 
besten Träger des Deutschtums seid und den deutschen Namen zu hohen 
Ehren brachtet, 

euch, ihr treuen Ursulinen, die ihr in Marienberg-Boppard, 
Saarbrücken und. Trier so viele Tausende junger Mädchen zu frohen, 
sittenreinen, echten Christen, zu tüchtigen Menschen tmd treudeutschen 
Frauen und Müttern erzogen habt; 

euch, ihr meine lieben Benediktiner von St. Mat- 
thias, die ihr in Treuen das Apostelgrab behütetet, Tag und Nacht das 
Gotteslob im Chore sänget, euere Pfarrgemeinde so eifrig betreutet u.na 
für das ganze Triererland in seelsorgerlicher Liebe gearbeitet und dabei 
fast alle eure jungen Theologen und Brüder ins Feld gesandt habt; 

euch, ihr treuen H e r z - J e s u. - P r i e s t e r, die ihr dem alten 
Eifelwallfahrtsort Martental wieder neues Leben gabt und in der neuen, 
so trauten Wallfahrtskirche viele tausend Pilger in ihren Sorgen zum 
Gnadenbild der Schmerzhaften Mutter führtet; 

euch allen sende ich "meinen Dank, meinen Gruß und meinen Segen. 
Auch euch, den um die Kirche, das Volk und Vaterland 
hochverdienten Jesuiten, Franziskanern, Redempto- 
r i s t e n — den Kreuzschwestern, den Elisabetherinnen und anderen, die 
ihr im' Kölner- und Münsterland eure Verjagung aus der Klosterheimat 
erdulden mußtet. 

Bei euch allen geht einmal wieder das Heilandswort in Erfüllung': 
,Wie sie mich verfolgt haben, so werden sie auch euch verfolgen.' Aber 

269 



ihr kennt auch das andere Heilandswort: ,Selig seid ihr, wenn euch die 
Menschen hassen und verfolgen um meinetwillen. Freuet euch und froh- 
locket, denn euer Lohn ist groß im Himmel.' Darum geht ihr als auf- 
rechte deutsche Männer und tapfere deutsche Frauen, 
die da wissen, daß die ,Leiden dieser Welt in keinem Verhältnis stehen 
zur künftigen Herrlichkeit' (Rom. 8, 18), den harten Weg eueres Leides, 
des großen Leides, das euch nicht auswärtige Feinde an- 
taten, sondern deutsche Volksgenossen in der eigenen 
Heimat. Wir tragen die harte Prüfung mit, die unseren Brüdern und 
Schwestern auferlegt wurde, und wir vergessen sie nicht in unserem 
Gebet." 

* 

In Triers Nachbardiözese Köln 

wurde auch eine Reihe von Klöstern aufgehoben und ihre In- 
wohner wurden verjagt. Besonders erschütternd war die Beraubung 
und Ausweisung stiller, zum Teil betagter Anbeterinnen des AUer- 
heiligsten mitten im Krieg und Winter. Der Kapitularvikar der 
Erzdiözese stellte sich schützend und anklagend vor die armen 
Klosterfrauen und schrieb unter dem 29. März 1942 an den Reichs- 
minister des Innern: 

„Am 11. dieses Monats erhielten die kirchlicherseits der Aufsicht 
des Erzbischofs von Köln unterstellten Benediktinerinnen von der Ewigen 
Anbetung von Bonn-Endenich ein vom 6. Februar d. J. datiertes Schrei- 
ben des Herrn Regierungspräsidenten von Köln, in dem das Kloster der 
genannten Ordensfrauen mit dem gesamten lebenden und toten Inventar 
als zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen erklärt wird. Die Ein- 
ziehung wird damit begründet, daß der Herr Reichsminister 
des Innern festgestellt habe, ,daß das Vermögen, des Vereins der 
Benediktinerinnen zur Ewigen Anbetung, Eingetragener Verein, in Bonn- 
Endenich, volks- und staatsfeindlichen Zwecken ge- 
dient hat und daß die Bestrebungen der Insassen des 
obigen Hauses volks- und staatsfeindlich gewesen sind'. 

Zwecks der zur Zeit mir obliegenden Wahrnehmung der kirchlichen 
Interessen im Gebiete der Erzdiözese Köln sehe ich mich genötigt, aus 
dem durch die genannten Maßnahmen geschaffenen Tatbestand folgende 
Momente hervorzuheben: 

1. Die von der Maßnahme Betroffenen sind etwa 150 wehrlose 
und zum Teil hochbetagte deutsche Frauen, die durch die Einziehung 
des Klosterbesitzes ihrer Existenzgrundlage beraubt und zum Teil von 
nun an für ihren Lebensunterhalt auf private Wohltätigkeit angewiesen 
sind. 

2. Diese deutschen Frauen werden der Volks- und 
Staatsfeindlichkeit bezichtigt und als Volks- und Staatsfeinde 
bestraft, ohne daß man ihnen trotz ihrer monatelangen Bemühung um 
Gehör Gelegenheit gegeben hätte, sich wegen dieser tiefkränkenden 
Anschuldigungen zu verantworten, ja ohne daß man ihnen oder ihren 
kirchlichen Vorgesetzten auch nur mitgeteilt hätte, auf welche 
Tatsachen die Anschuldigungen sich stützen. 

3. Der ganzen Bevölkerung von Bonn ist bekannt, daß von jeher 
einziger Lebensinhalt der Benediktinerinnen von Bonn-Endenich der 
Gottesdienst und die unter größten persönlichen Opfern und Ent- 
behrungen geleistete Unterstützung notleidender Volks- 
genossen gewesen ist. Zudem ist den Benediktinerinnen von Bonn- 
Endenich auch noch neuerdings für ihre Einsatzbereitschaft im vater- 

270 



ländischen Dienste von hoher militärischer Seite Lob ge- 
spendet worden. 

Der durch die Maßnahme gegen die Benediktierinnen geschaffene 
Zustand wiederspricht alio derart den Grundforderungen des Rechtes 
und insbesondere auch dem Sittlichlceitsempfinden des deutschen Volkes, 
daß für jeden um Ehre und Ansehen des deutschen Staates besorgten 
Menschen die Vorstellung unerträglich ist, es seien durch das Schreiben 
des Herrn Regierungspräsidenten die Akten in der Angelegenheit 
Endenich endgültig geschlossen. 

Ich erhebe deshalb unter Bezugnahme auf meine früheren Vor- 
stellungen in gleicher Sache erneut Einspruch gegen die Ein- 
ziehung sverordnung und beantrage ihre Aufhebung. 
Sollten Bedenken gegen die sofortige Zurücknahme der Anordnung be- 
stehen, so beantrage ich, mir oder den Benediktin^rinnen wenigstens 
von den Anklagen, auf die sich der Vorwurf der Staats- und Volks- 
feindlichkeit stützt, Mitteilung zu machen. Da ich überzeugt bin, daß 
diese Anklagen ihren Ursprung nur in böswilliger Verleum- 
dung haben können, so beantrage ich jetzt schon, gegen die 
Urheber der Verleumdung, die in so empörender Weise sich an 
der Ehre und der Existenz von wehrlosen und unbescholtenen deutschen 
Frauen vergangen haben, in entsprechender Weise vor- 
zugehen. 

Der 'Kapitularvikar der Erzdiözese Köln 
gez.; David." 

* 
c) Die Orden wehren sich auch selbst. 

Der Exprovinzial der Jesuiten (oberdeutsche Provinz), Pater 
Augustin Rösch, auch in diesem religiösen Krieg gleichsam ein 
Kompanieführer wie einst im Weltkrieg, gibt uns ein wenig Ein- 
blick in diesen zähen Kampf, bei welchem auf der einen Seite 
infernaler Haß und jegliches Machtmittel, auf der anderen Seite 
das Recht und die geistige Überlegenheit war. 

Nach der Darstellung der bereits früher kurz gestreiften 
Gewalttätigkeiten gegen P. Neil Breunig (Devisenprozeß) und 
F. Rupert Mayer (Kanzelparagraph und Heimtüekegesetz) fährt 
P. Rösch fort: 

„In derselben Zeit (1937) war im ,Völkischen Beobachter', München, 
eine schwere Anklage gegen die Jesuiten, daß sie ,eine Paßfäl- 
scherzentrale' hätten. Ich ging daraufhin mit P. Leicher zum Re- 
dakteur der Zeitung, wies nach, daß das unmöglich sein konnte, weil es 
den genannten Pater in der ganzen. Gesellschaft gar 
nicht gebe, verlangte Widerruf, der zugesagt, aber nicht in der 
Zeitung geleistet Wurde. Im Gegenteil, statt dessen erschien in den 
,Münchener Neuesten Nachrichten' ein entsprechender Anklageartikel. 
Alle Versuche, bei der dortigen Redaktion etwas zu erreichen, schlugen 
fehl. Der Redakteur sagte mir zum Trost nur: ,Das ist eine Gemein- 
heit und eine Sauerei, wie man es Ihnen macht. Wenn ich 
aber widerrufe, dann wird meine Zeitung sofort be- 
schlagnahmt, und dann haben Sie auch nichts davon'. 

Ich fuhr nach Berlin an das Propagandaministerium, wurde wider 
alles Erwarten meiner Berliner Freunde und des HH. Bischofs v. Prey- 
sing nach vielen Versuchen vorgelassen, bewies das ganze Unrecht und 
bekam wieder einen Widerruf zugesagt. Ich wies darauf hin, daß alle 
Provinzen außerhalb Deutschlands auf Grund der gemein- 

271 



samen Kataloge den Schwindel der deutschen Presse 
nachweisen Icönnen und daß das wohl im Ausland einen nicht 
erwünschten Eindruck machen werde. 

Aber uns Jesuiten begannen sie immer mehr zu hassen. Am selben 
Tag, wo ich in Berlin war, wurde dann P. Rupert Mayer ver- 
haftet. Kvu'z darauf war ich in der Gestapo wieder vorgeladen und 
ganz zusammenhanglos wurde ich plötzlich gefragt, was ich von 
Minister Goebbels hielte, der nicht lange vorher am Radio ge- 
sprochen und ungemein gegen die Katholiken losgezogen hatte. Meine 
Antwort war: ,Wenn ein deutscher Minister vor der ganzen Welt so das 
Heiligste angreift wie er (er hatte gegen Christus im allerheiligsten 
Sakrament geredet), dann ist er für mich ein für allemal er- 
ledigt.' 

Bald darauf wurden unsere Häuser in München (Ignatius- 
haus, ,Stimmen der Zeit' , St. Michael, Pullach) zur selben Morgenstunde 
von zusammen fast 100 Gestapoleuten überfallen, alles durchsucht, 
die Patres aus den Zimmern weggeschickt. Man wollte Material finden. 
,Die Aktion geht nicht so sehr gegen den einzelnen, als gegen den gan- 
zen Orden.' Was sie uns alles weggenommen haben, bekamen wir nie 
wieder trotz aller Zusicherungen. 

Inzwischen waren auch in anderen Häusern Überfälle 
gewesen, die Kollegien in Feldkirch, St. Blasien, das Exerzitienhaus 
und Novitiatshaus in Tisis (Vorarlberg) aufgelöst, die Rottmannshöhe 
(Exerzitienhaus) beschlagnahmt worden. Hier wohnten die Mit- 
brüder i n f r irh eren Werkstätten und im Stall. Eminenz 
meinte, wir sollten doch nachgeben und freiwillig das Haus räumen. 
Wir erklärten: ,Nein, das können wir nicht. Es handelt sich nicht so 
sehr um das eine oder andere Haus, sondern um das Prinzip, daß 
wir uns die Häuser nicht widerrechtlich nehmen las- 
sen dürfen, zumal wir Jesuiten auch da wieder die ersten sind, bei 
denen es versucht wird.' 

Außerdem waren unterdessen eine Reihe Pa.tres wegen 
Predigten verhört, angeklagt, eingesperrt worden. Mit 
Ausnahme von P. Grimm konnte ich alle im Gefängnis wenigstens ein- 
mal besuchen, bei den Verhandlungen dabei sein und hatte deswegen 
viele Besprechungen mit den Gestapostellen in den verschiedensten 
Städten. So war ich auch da sehr bekannt geworden. 

Als nun 1941 die vielen bayerischen Klöster angegriffen wurden — 
die ,Stimmen der Zeit' innerhalb 2 Stunden aufgelöst! nur das soge- 
hannte Privateigentum durfte mitgenommen werden (ohne Betten usw.) — , 
übernahmen P. König und ich die Aufgabe für die Bischöfe, auch in 
diesem Kampfe die Kurierdienste zu besorgen. Wir fuhren nach 
Berlin zum Nuntius, ferner zu Bischof von Preysing, zu Bischof Wienk- 
ken. Niemand wußte etwas vom bayerischen Klosterkampf. Von Berlin 
ging es nach Breslau — und auch da war nichts bekannt. Anderer- 
seits erfuhren wir hier erst, daß in der dortigen Erzdiözese 
über 60 Klöster und andere kirchliche Institute gefaßt 
worden waren. Davon hatte niemand im übrigen katholi- 
schen Deutschland eine Ahnung. Es war also klar, was die 
Nazis planten. 

Zunächst wurde die „Superioren-Vereinigung (Vereinigung der ver- 
schiedenen Ordensgesellschaften Deutschlands) als ziviler Verein offiziell 
aufgelöst, um zu verhüten, daß durch das Vorgehen gegen einen Orden 
alle anderen solidarisch gepackt wurden. Dafür wurde beschlossen so- 
genannte , unverbindliche Zusammenkünfte' zu halten (Berlin — Köln — 
München — Wien). Die Führung in München wurde mir anvertraut. 
Dann gab ich Richtlinien, wie man sich am besten bei Beschlag- 
nahmungen und Auflösungen wehren und verhalten- solle, um der 

272 



Gestapo alles zu erschweren. Auch davon hat die Gestapo manches 
eri'ahr'in, nicht durch Verrat, sonderen durch die praktische Betätigung. 
Endlich wollten wir Mitglieder der Vereinigung erreichen, daß der 
deutscheGesamtepiskopat den Orden die Weisung 
geben solle, immer nur der Gewalt zu weichen mit Be- 
ruf u n g a u f d i e s e W e i s u n g. 

Das konnte nicht erreicht werden; es ergaben sich mancherlei 
Schwierigkeiten bezüglich der Exemption. Dagegen haben dann d i e 
Predigten des Bischofs von Münster nach dem Kloster- 
sturm in Rheinland-Westfalen im Juli 1941 so gut gewirkt, daß im 
August eine wesentliche Pause eingetreten ist. 

Am 10. Juli 1941 nach der Rückkehr von der 400jährigen Feier der 
Gelübdeablegung des sei. P. Faber in Regensburg "hörte ich, es gehe das 
Gerücht, am Samstag, den 12. Juli sollten alle Münchener Häu- 
ser der Gesellschaft Jesu von der Gestapo aulgelöst werden. 
Gauleiter Wagner hatte bereits in einer Rede im Mai erklärt, in wenigen 
Wochen werde er die Jesuiten aus Bayern entfernt haben. Am 13. Juli 
verdichtete sich das Gerede immer mehr. Die Mitbrüder wußten noch 
nichts davon. Eine Erkundigung beim SD-Führer durch eine Mittels- 
person ergab, daß die Sache tatsächlich so geplant sei. Wiederholte Vor- 
stellungen (sehr viele Verdienste hatte dabei P. Waldburg-Zeil) erreich- 
ten, daß in Berlin einerseits auf die große Aufregung hingewiesen 
wurde, die das Vorgehen der Gestapo in München haben werde, an- 
dererseits dann wirklich der Sturm unterblieb mit der .Begründung', 
Ende Augustsei derRussenfeldzugohnehin gewonnen, 
dann würde mit den Jesuiten Schluß gemacht und so 
komme es auf die wenigen Wochen auch nicht mehr a n." 

Ein teuflischer Plan der Gestapo wird verraten 

und zunichtegemacht 

In diesen Rahmen gehört auch die Rettung sämtlicher 
Ordenshäuser und Klöster in Elsaß-Lothringen 
i m J u n i 19 4 3. 

Ich gebe hier nur die Skizze: 

Mittwoch, den 12. Juni: 21.30 Uhr, Anruf von Klinik Lebsche: 
„Pater Provinzial, sind Sie zu Hause?' Können Sie in die Klinik 
kommen?" — „Ja". Meine Vermutung ist, ein Schwerkranker 
wünsclie mich. Fahre sofort hin. Es wartet dort auf mich Stadt- 
pfarrer Dr. M u h 1 e r, zeigt den ganzen zweieinhalb Seiten 
(Großformat) langen Auflösungsbefehl für sämtliche 
„beschaulichen Klöster" von Elsaß-Lothringen 
aus der Kanzlei Bormann. Große Bestürzung meinerseits! 
Ausführung angesetzt für die Nacht von Samstög auf Sonntag 
(15. auf 16. Juni 1943). 

Meine erste Frage: ,,Ist der Befehl echt oder ist das Ganze eine 
große Falle? Wenn eine Falle., und wir arbeiten dagegen, wird 
mein ganzer Orden aufgelöst " -— „Er ist echt." „Wer weiß davon?" 
„Herr Generalvikar." „Warum zeigen Sie es mir?" — „Die Jesuiten 
sind nach Ansicht des Herrn Generalvikars und Seiner Eminenz 
die einzigen, die noch helfen können." — „Gut, geben Sie mir, 
bitte, den Erlaß!" (Es war natürlich eine Abschrift.) 

273 



Ich suchte gegen Mitternacht den Herrn Generalvikar auf und 
fand alles bestätigt. „Was wollen Sie tun,- P. Provinzial?" — „Ich 
weiß es noch nicht, werde aber Nachricht geben unter dem Stich- 
namen und Decknamen " 

In der Nacht überlegte ich, rief am Morgen P. König, beriet mit ihm 
die Sache, bestellte ihn dann zum Nachtschnellzug Karlsruhe an die 
Bahn, in Zivil, einfach, eher ärmlich. 

Absicht war, zuerst nach Freiburg i. Br. zu Erzbischof Dr. Grö- 
ber zu reisen. Änderung der Absicht zwischen Stuttgart und Karls- 
ruhe: „Wir müssen vorher wissen, wie es im Elsaß steht, ob man vom 
Sturm etwas weiß, was dagegen geplant ist" usw. Ankunft 24 Uhr in 
Straßburg. 

Wir wollen telephonieren, werden gewarnt, Gestapo mache Razzia. 
Versuch ins Haus vom Bischöflichen Sekretär zu kommen — er selber 
verreist, Hausinwohner flüchten in Keller — öffnen nicht — fürchten 
Gestapo (wie wir hernach hörten). Nun zu P. Studer! Haustor zu, Glocke 
abgestellt! .Letzte Möglichkeit: zu einem bekannten Priester in einem 
Krankenhaus! Weg verfehlt! Sorge vor jedem Polizisten! 

Glücklicherweise wird in dem Krankenhaus, zu dem uns ein Be- 
trunkener noch führen konnte, eine schwerkranke Frau eingeliefert; 
man sieht uns als Angehörige an. So unerkannt hineingekommen, den 
Priester geweckt, ihm alles vorgelesen, erzählt, ihn gefragt, was bekannt 
sei, ob etwas dagegen geschehen könne! — Äußerste Erregung! Aber 
Endergebnis: „In Elsaß-Lothringen istnichts mehr zu 
machen und zu retten. Man müsse alles über sich erlgehen las- 
sen. Aber sehr große Dankbarkeit für unsere Bemühungen." • 

■ Nach Freiburg i. Br. 

Wir zwei Patres legen uns angekleidet für etwa eineinhalb 
Stunden auf Luftschutzbetten, reisen mit dem ersten Arbeiterzug 
(zweite Nacht) nach Freiburg, gehen sofort zum H. Erzbischof, der, 
gottlob, im Palais ist, lesen den Befehl vor. Exzellenz wird (Gott 
sei Dank) sehr empört über diesen neuen Krieg der Partei. Was 
zu tun? 

Unsere Antwort: „Der letzte Satz im Befehl heißt: ,Es muß 
unter allen Umständen alles vermieden werden, daß vor Beginn 
der Aktion irgend etwas an die Öffentlichkeit kommt.' — Also 
der Partei zeigen, daß man den Befehl kennt!" 

„Fahrt nach Straßburg und schaut, wie es dort steht!" „Wir 
waren schon dort. Nichts zu machen in Straßburg." 

„Was schlagen Sie vor?" 

„Telegramme des Inhalts: Genaue Kenntnis 
vom geplanten Klostersturm — dieser untragbar 
für Deutschland und Kirche und Elsaß-Lothrin- 
gen — darumalles zu tun, daß er unterbleib e." 

„An wen die Telegramme?" 

„An Hitler, Bormann, Himmler, Reichssicher- 
heits-Hauptamt Berlin, Gestapostellen: Berlin, 
München, Karlsruhe, Straßburg, Metz, an die Gau- 
le i t e r d e r z u s t ä n d i g e n L ä n d e r." 

274 



„Habt Ihr schon die heilige Messe gelesen?" — „Nein." — „Tut 
es und dann kommt wieder. Ich will überlegen." 

Bei der Rückkehr von der Kirche erhalten wir bereits die erste 
Mitteilung, daß die Telegramme schon laufen. 

Dann ließ Erzbischof Gröber auf unseren Vorschlag Priester 
aus dem Elsaß (Kolmar) kommen, auf daß im ganzen Land 
die Leute am Samstagabend vor die Klöster und 
die Klosterkirchen gingen. Alles soll mobil ge- 
machtwerden. 

Herr Erzbischof sagt: „So, jetzt geht mit mir heim zum Essen." 
„Nein, Exzellenz, wir werden mit Ihnen photographiert." — Auf 
anderen Wegen getrennt in sein Palais — Mittagessen. , 

Wir fragen: „Exzellenz, wenn nun doch der Sturm käme, 
wollen Sie so gut sein und dann öffentlich darüber predigen, damit 
weitere Stürme unterbleiben?" usw. usw. „Ja, wenn die Bischöfe 
von Speyer und Trier auch mittun!" 

Also Reise dahin (dritte Nacht) — beide einverstanden — in 
dei vierten Nacht zurück nach München! 

Vorgeschichte des Ganzen 

Etwa 3 — 4 Wochen vorher hatte das Münchener Ordinariat 
alle hiesigen Ordensleitungen aufgefordert mitzuteilen, wieviel Patres, 
Brüder, Schwestern in den einzelnen Klöstern untergebracht werden 
können — es handle sich nach Gestapo-Mitteilung um 
ausgebombte Ordensleute, die unterzubringen seien. 
Welche Liebe! — Unser Verdacht, da ist wieder etwas Schlechtes los! 

Meine Erklärung ans Ordinariat: „Ich gebe keinen Platz an'; ich 
traue der Gestapo nicht." ,Ich schickte sofort je einen Pater nach Trier, 
Köln, Münster (die damaligen Bombengebiete). Niemand wußte etwas 
von „ausgebombten Ordensleuten". Jeder Bischof erklärte: „Die bleiben 
bei uns, auch wenn sie das Unglück haben, weil wir ja Not an Ordens- 
leuten haben." — Tatsächlich hatte die Gestapo durch das Ordinariat 
Quartier machen lassen wollen für die Patres und Schwestern, die sie 
aus dem Elsaß und Lothringen vertreiben wollte. 

'^ SiegüberGestapogeheimtücke 

Endergebnis: Die Telegramme haben eine fürch- 
terliche Verwirrung angerichtet — der ganze 
Sturmunterblieb. 

Die Gestapo hat wochenlang mit großem Aufgebot in Baden, 
Elsaß-Lothringen, Rheinpfalz nach denen gesucht, die das Ganze 
„verraten" hätten. Wäre der Sturm geglückt, so sollte einige 
Wochen darauf Belgien undHolland, dannFrankreich, 
dann das übrige Reichsgebiet das. Opfer sein. 

Eine der ersten Fragen unmittelbar nach meiner Verhaftung und 
unterwegs zum Gefängnis war: „Wann waren Sie zum letztenmal beim 
Erzbischof von Freiburg? Wann vorher? Wie oft bei ihm? Warum? 



usw." — 



275 



Pater König und ich haben Gott herzlich gedankt, daß wir Werk- 
durften zur Rettung vieler Klöster. Aber wir mußten 
schweigen. 

Geächtet! Wehr unwürdig! 

Unmittelbar vor Beginn des Russenkrieges hatte ein aus- 
gesprochener „Führerbefehl" die Jesuiten als wehr- 
unwürdig erklärt; wie die Juden es schon waren; darum war 
jeder, der als SJ bekannt war oder wurde, auch auf Denunziation 
hin, zu. entlassen mit dem Vermerk: nzv (,, Nicht zu verwenden", 
wie die Juden). 

Absicht war, zuerst zu diffamieren und zu entlassen, 
dann, wie die Juden, nach dem Osten usw. zu brin- 
gen. („Spätestens im Jahre 1942 werden die SJ in Lager nach 
dem Osten geschafft." — So Regierungsrat S c h i m 1 von der Mün- 
chener Gestapo, der durch Mittelspersonen dies sagen und warnen 
ließ, um sich noch etwas vorsehen zu können.) 

Nun war klar, warum die Gestapo bereits im Februar 1941 sämtliche 
Anschriften der Jesuiten beim Militär haben wollte. Ich hatte die Her- 
ausgabe verweigert (die 2. Weigerung gegen das Reichssicherheitsamt 
Himmler). — Ich wurde etwa zwölfmal vorgeladen — es wurde mit 
Dachau gedroht — man versuchte auf allen Umwegen (scheinbar durch 
Frontpakete usw.) die Anschriften zu bekommen. 

Wen man fand, der wurde entlassen, aber nur, wenn es an der 
Front gut ging. Viele Kommandeure führten den Befehl nicht aus — 
andere dagegen waren sehr rigoros, und so kam eine ganz verschiedene 
Handhabung. Wir überließen die Entscheidung im Laufe der Zeit den 
einzelnen. Mit ganz geringen Ausnahmen war die Haltung der Soldaten 
eine ganz ausgezeichnete; sie waren zu allem bereit, vor allem auch 
dazu, im Interesse der Existenzmöglichkeit des ganzen Ordens in Deutsch- 
land beim Militär zu bleiben, wenn sie auch persönlich gerne heim- 
gegangen wären. 

d) Wider Goebbels' Diffamierung der Orden. 

Die schwerste Belastung für die religiösen Orden Deutschlands 
waren die „Sittlichkeitsprozesse" und die skandalöse Berichterstat- 
tung hierüber. Die Bischöfe Deutschlands verurteilten die wirk- 
lichen Verfehlungen einiger Ordensleute aufs schärfste und gingen 
mit schwersten kirchlichen Strafen vor, bis zur Auflösung einzelner 
religiöser Genossenschaften. Aber sie erklärten (so die Bayerischen 
Bischöfe zusammen am 9. Mai 1937): 

„Mit allem Nachdruck müssen wir uns wenden gegen die Art und 
den Umfang, die Tendenz und die Einseitigkeit der Be- 
richterstattung, soweit sie die Prozeßfälle ausbeutet zu einer 
systematischen und zielbewußten Aufhetzung gegen die Kirche 
selbst, gegen ihre Lehre und Diener. 

Wir wollen nichts verheimlicht, vertuscht oder beschönigt haben. 
Aber wir legen feierliche Verwahrung ein gegen Übertrei- 
bungen und' Verallgemeinerungen. Ein weitverbreitetes 
Presseorgan verstieg sich sogar soweit, von 1000 Geistlichen, d. h. ge- 
weihten Priestern zu reden, gegen die ein Verfahren schwebe. Das ist 

276 



irreführend. Nur ein geringer Bruchteil der in die Untersuchung Ein- 
gezogenen sind Priester, und diese bilden wiederum nur einen kleinen 
Brucliteil ihrer Standesgenossen, der über 25 000 Priester in Deutschland. 

Es wäre gegen alle Gerechtigkeit, das Verbrechen der 
Schuldigen den Tausenden von unschuldigen Priestern aufzubürden, 
geradeso wie es ungereclit wäre, das Verbrechen des einen Judas dem 
ganzen Apostellcreis zur Last zu legen. 

Ungerecht ist es, wenn nur die sittlichen Vergehen von 
Priestern und Ordensleuten in voller Öffentlichkeit verhandelt wer- 
den und von der gesamten Tagespresse in solcher Ausführlichkeit be- 
richtet werden müssen, während die nicht wenigen schweren 
Verfelilungen gleicher Art aus anderen Volkskreisen 
größtenteils hinter versclilossenen Türen abgeurteilt und in Presse und 
Rundfunlc totgeschwiegen werden. 

Wir verstehen auch nicht . — und wir wissen uns hier einig mit 
weiten Volkskreisen — , wie man einerseits als Anwalt der Volkssitt- 
lichlceit auftreten will, andererseits aber vergißt, daß durch Veröffent- 
lichung bedenklichster Einzelheiten dem sittlichen Empfinden nament- 
lich der Jugend schwerster Schaden erwachsen muß. 

Das katholische Volk, das in all seinen Schichten den Priesternach- 
wuchs stellt und tagtäglich seine Priester beobachtet, weiß, was es an 
diesen seinen Priestern im Leben und Sterben hat. Das 
katholische Volk erfährt es tagtäglich, wieviel Opfergeist, Religiosität 
und Seeleneifer in Welt- und Ordensklerus zu finden sind. 

Millionen deutscher Volksgenossen l^ennen aus Krieg und Frieden 
die über jedes Lob erhabene Pflege und Hilfe durch Angehörige katho- 
lischer Orden . . . 

Völlig abwegig und böswillig wäre es, mit den Berichten über diese 
Priester- und Klosterprozesse unsere hl. Kirche selber treffen 
zu wollen, vielleicht sogar unter Ausnützung dieser traurigen Vorkomm- 
nisse zum K i r c h e n a u st r i 1 1 aufzufordern. 

Oder will man gar mit solchen Berichten den Ruf des Papstes 
und der deutschen Bischöfe für Christentum und Gewissensfreiheit in 
unserem deutschen Vaterland übertönen? Ist es ein Zufall, 
daß die kirchenfeindliche Auswertung der seit Mo- 
naten z VI sa mm engeballten Prozesse durch die Presse, 
,auch über Fälle aus früheren Jahren und aus dem Aus- 
land, gerade nach der Verlesung des Päpstlichen 
Rundschreibens vom 14. März dieses Jahres wieder 
eingesetzt hat? 

Zugleich müssen die Berichte über die Prozesse den Vorwand ab- 
geben, der Kirche das Recht auf Mitwirkung in der Er- 
ziehung der deutschen Jugend abzuspreche n." 

Das Erzbischöfliche Ordinariat München-Freising fügte diesen 
Hirtenworten noch folgende Statistik an: 

„In der Erzdiözese München und Freising gibt es 1444 Diözesan- und 
415 Ordenspriester, Von all diesen sind uns während der letzten vier 
Jahre drei Verurteilungen wegen Sittlichkeitsdelikte bekannt geworden, 
also wiederum pro Jahr nicht 1 aus tausend. Das ist gegenüber 
den üblich gewordenen Verallgemeinerungen die nüchterne Sprache der 
Zahlen." (23. Juni 1937) 

Noch ausführlicher und kräftiger wies 

Bischof Preysing von Berlin 

die schamlose Heuchelei derer zurück, die mit den Sittlichkeits- 
prozessen ihre dunklen Geschäfte machen wollten. Er wandte sich 

277 



mit einem 17 Seiten langen Schreiben unmittelbar a n 
denAufpeitscherderganzenProzesse, an den Reichs- 
minister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Goebbels, 
und riß ihm die Larve des Sittlichkeitswächters vom Gesicht. 

Einleitend zeigt Bischof Preysing sofort, daß er den Urheber 
der einheitlich propagandistischen Berichterstattung über diese 
Sittlichkeitsprozesse recht wphl kenne: 

Berlin, 27. Mai 1937. 

„In Sachen der bereits gerichtlich erledigten Sittlichkeitsvergehen 
und -verbrechen katholischer Priester und Ordensangehöriger und zu 
den noch schwebenden Verfahren gegen solche erschienen am 29. April 
1937 in der Berliner Tagespresse und in Provinzzeitungen, die eine Ver- 
tretung in der Reichshauptstadt haben, Leitartikel. In einem Teil der 
mir vorliegenden Zeitungen erschienen die entsprechenden Artikel erst 
am 30. April 1937. 

. Die Hauptgedanken dieser Artikel laufen in gleicher Rich- 
tung und enthalten Angaben tatsächlicher Art, die die Schlußfol- 
gerung unwiderlegbar machen, daß die Leitartikel 
von amtlicher Seite angeregt und in ihrem wesent- 
lich enGehaltinspiriertsind. 

Somit geben die Veröffentlichungen vom 29. April 1937 bzw. vom 
30. April 1937 einen Einblick in die Motive und Ziele, die die für 
die Bildung des öffentlichen Urteils maßgeblichen politischen 
Instanzen des deutschen Volkes zunächst bei der pressemäßi- 
gen Behandlung der Sittlichkeitsprozesse habe n." 

Bischof Preysing behandelt dann 

I. Die Anklagen, die in der Öffentlichkeit gegen die 
katholische Kirche erhoben werden: 

Die Breite und Ausführlichkeit in der Berichterstattung über die 
Sittlichkeitsprozesse bis zur Wiedergabe widerlichster Einzelheiten wird 
dem deutschen Volk vor allem durch vier Anklagen gegen die katho- 
lische Kirche begründet, die eine rückhaltlose, offene Berichterstattung 
erfordern sollen: 

1. Anklage: Die Prozesse werden als Teile eines Kampfes gegen die 
katholische Kirche hingestellt. 

2. Anklage: Die Schwere und der Umfang der Sittlichkeitsverbrechen 
werden von der katholischen Kirche vertuscht und verharmlost. 

3. Anklage: Die Sittlichkeitsverbrecher werden von der Kirche als 
politische Märtyrer hingestellt. 

4. Anklage: Die kirchlichen Vorgesetzten versagen in der Ausübung 
ihrer Aufsichtspflicht. 

Im einzelnen bemerke ich zu den Anklagen, für die dem deutschen Volk 
entweder überhaupt keine oder nur eine ungenügende Begründung ge- 
geben wird, folgendes: 

ZuAnklagepunktl: 

„Dazu stelle ich fest, daß die katholischen Bischöfe Deutschlands im 
September 1936 von allen deutschen Kanzeln ausdrücklich erklärt haben, 
daß die deutschen Gerichte nur ihre Pflicht erfüllen, wenn sie gegen die 
Sittlichkeitsverbrechen der katholischen Ordensangehörigen (es handelte 
sich damals besonders um Waldbreitbach) vorgehen. Der deutsche Epis- 
kopat faßte sein Urteil über die Tätigkeit der Gerichte vor den gläubigen 

278 



Katholiken — der Zugang zu einer weiteren Öffentlichkeit wird ihm 
unterbunden — in folgende Worte: 

,Wir verurteilen sie (die Taten der Waldbreiter Brüder) nicht weni- 
ger streng als die weltlichen Gerichte, denen durchaus kein Vorwurf zu 
machen ist, wenn sie nach Recht und Gesetz handeln . . . Das Gericht 
ist an diesem Schaden (kirchenfeindliche Auswertung der Prozesse) un- 
schuldig; denn es hat nach alter Tradition das Bestreben gehabt, daß 
über so peinliche Vorkommnisse mit Rücksicht auf die Allgemeinheit 
und besonders auf die Jugend möglichst kurz und zurückhaltend be- 
richtet werde.' 

Jedenfalls kann es nur als eine bewußte Irreführung be- 
zeichnet werden, wenn der Eindruck erweckt wird, daß eine maßgebliche 
kirchliche Instanz in Deutschland die Prozesse als solche als Teile eines 
Kampfes gegen die katholische Kirche hingestellt hat. 

Von dem ordentlichen Gerichtsverfahren gegen einen Verbrecher 
unterscheidet .sich aber wesentlich die propagandistische Aus- 
nutzung eines Gerichtsverfahrens. Diesen Unterschied haben die 
Bischöfe klar und deutlich auch in ihrem Hirtenbrief vom September 
1936 gemacht." 

Zu den Anklagepunkten 2 und 3: 

„Welche verantwortliche kirchliche Instanz, welche kirchliche Zeit- 
schrift, welcher Hirtenbrief, welche Kanzelvermeldung im deutschen 
Reich hat zum Beispiel die als schuldig erwiesenen Waldbreitbacher 
Brüder oder die mit Grund verurteilten Geistlichen als politische Mär- 
tyrer hingestellt?" 

Zum Anklagepunkt 4: 

„Der deutsche Episkopat hat nicht nur gegenüber seinen Gläubigen 
eine klare eindeutige Verurteilung der geschehenen ' Verbrechen ausge- 
sprochen, sondern auch für den inneren kirchlichen Verwaltungsbereich 
in einer ganzen Reihe von nachgewiesenen Sittlichkeitsvergehen und 
Verbrechen kirchliche Strafen verhängt. Wenn sich diese 
wiederholt als unwirksam erwiesen haben, so ist dabei, nicht zu, ver- 
gessen, daß die Straf- und Disziplinmittel der Kirche beschränkt sind 
und der Wesensart der Kirche Rechnung tragen müssen und daß bei 
ihrer Anwendung menschlicher Irrtum und menschliche Unzulänglich- 
keit wie bei jeder Obrigkeit nicht ausgeschlossen sind. Es wird auch 
der Reichsregierung und den verantwortlichen Parteistellen auf Grund 
ihrer vielfachen Erfahrungen nicht unbekannt sein, wie schwierig bei 
aller grundsätzlichen Verurteilung eines geschehenen Verbrechens die 
Behandlung der Person des Verbrechers sich oft gestaltet. 

Es ist kein Geheimnis, daß die nationalsozialistische 
Bewegung, die ständig Härte und Rücksichtslosigkeit als eines er 
Grundgesetze hervorhebt, in der Personalsphäre unter öe- 
stimmten Voraussetzungen rücksichtsvoll gegen 
Fehlende verfahren is t." 

IL Die zunächst angestrebten Ziele der propagandisti- 
schen Auswertung des Prozeßverlaufes und der Prozeß- 
ergebnisse: 

„Für den Kenner der deutschen Presseverhältnisse steht es außer 
Frage, daß das unablässige Trommelfeuer der Prozeßberichte auf die 
weiteste Öffentlichkeit des deutschen Volkes bestimmten tak- 
tischen Zielen der die deutsche Presse leitenden politischen 
Kreise dienen soll. Außer dem allgemeinen klar erkennbaren 

279 



Ziel, die katholische Kirche zu diffamieren, heben sich 
noch drei besondere Zwecke heraus: 

1. Die publizistische Wirkung der Papstenzyklika ,Mit bren- 
nender Sorge . . .' vom 14. März 1937 soll möglichst abgeschwächt werden. 

2. Der Widerstand der Kirche in der Frage der Gemein- 
schaftsschule und der christentumsfeindlichenJugend- 
e r z i e h u n g soll überwunden werden, 

3. Das Vertrauensverhältnis zwischen Kirche und Gläu- 
bigen im allgemeinen, insbesondere das Vertrauen der Eltern und Lehrer 
zu den Priestern und Ordensleuten soll zerstört werden." 

III. Unwahrheiten in der propagandistischen 
Auswertung der Prozeßberichte: 

„1. Die verantwortlichen Stellen, auf deren Veranlassung und unter 
deren Förderung die Schmutzflut sich seit Wochen über das deutsche 
Volk ergießt, haben ihr Vorgehen auch damit vor der deutschen Öffent- 
lichkeit zu rechtfertigen gesucht, daß sie es als einen Grundsatz des 
Nationalsozialismus hinstellten, rücksichtslos die Wahrheit zu 
sagen. .,Es ist ein offenes Geheimnis, daß der nationalsozia- 
listische Staat mit Vorbedacht und größter Konsequenz Sittlichkeitsver- 
brechen- und andere Straftaten, die in. seinen eigenen Reihen 
vorkommen, der Öffentlichkeit vorenthält. Von diesem 
Grundsatz weicht er nur ab, wenn die Straftaten nicht mehr verheim- 
licht werden können. Auch dann beschränkt er die Veröffentlichung 
auf einen möglichst kleinen Kreis und wählt solche Formulierungen, die 
entweder die Verbindung mit der Partei vollständig ver- 
schweigen oder wenigstens das Ansehen und die Autorität der Partei 
nach Möglichkeit verschonen.' 

Gegen die katholische Kirch-e wendet er die ent- 
gegengesetzte Methode an. Angesichts eines solchen Verhaltens 
klingt es wie ein Hohn, wenn das ,, Hamburger Fremden blatt' vom 
29. April 1937 mit Emphase verkündet: .,Der Nationalsozialismus kennt 
diese Rücksicht nicht, weil er sich zu dem Grundsatz gleicher Rechte 
tind Pflichten für alle Bürger bekennen muß, ob sie nun das 
Ordensgewand tragen oder nicht." 

2. Der deutschen Öffentlichkeit wird .ununterbrochen eingehämmert, 
daß es sich bei den abgeurteilten Verbrechen und den noch schweben- 
den Verfahren nicht um Einzelfälle handle, sondern um ein 
System sittlicher Verdorbenhei t." 

In einer V ausführlichen Statistik, zeigt Bischof Preysing, daß es 
falsch und verlogen ist, wenn die Propaganda von 
einem „System sittlicher Verdorbenheit" spricht. 
Von 25 635 Welt- und Ordensgeistlichen ganz Deutschlands sind 
58 Geistliche in die Prozesse verwickelt, also nur 0,23 Prozent. 

Abschließend bemerkt Bischof Preysing: 

„Die Sittlichkeitsvergehen und -verbrechen katholischer Priester 
und Ordensangehöriger geben für die nationalsozialistische' Bewegung 
das zielbewußt ausgenutzte Mittel ab, um die bereits durchge- 
führten kirchen feindlichen Maßnahmen zu recht- 
fertigen, die in Fluß befindlichen zu begründen und 
weitere vorzubereiten. Diesem Ziele müssen alle Mittel der 
Propaganda dienen. Von der riesigen Schlagzeile auf der ersten 
Sei te bis zu der Eltern und Lehrerschaft ermöglichten 
Anwesenheit bei den Prozessen,' wird ein unabläs- 

280 



siges Tr om m elf eu er ' s ei t' W'och'en gegen die l<jatliolische 
Kirche auf devitsciiem Boden losgelassen. Daß die Parleipresse und das 
ciinlüclie DNB. dabei in vorderster Front.stelien, versteht sich nach dem 
Kampjplan von selbst. \ 

Diese Propaganda wird die antichristlichen und antil-^ivchlichen In- 
stinkte in weiten Kreisen des deutschen Voll^es steigern. Breite Ar- 
beit e r m a s s e n, die vor der,. Machtergreifung des Nationalsozialismus 
jahrzehntelang durch die christentumsfeindliche Schule des Marxismus 
gegangen sind, werden mit Befriedigung die Prozeßberichte in sich auf- 
nehmen. Große Teile des liberalen Bürgertums, das mehr 
den Antiklerikalismus der .Guten Stube' pflegt, werden, soweit der In- 
halt der Berichterstattung nicht ihr ästhetisches Empfinden beleidigt, 
nicht ungern zu den 'Zeitungen greifen. In den Kreisen der Partei, 
denen schon seit Jahren das Wort vom ,schwarzen Feind' eingehämmert , 
worden ist, wird der Haß gegen das offenbarungsgläubige Christentum 
zur Weißglut gebracht werden. Das bedeutet die Erreichung 
des Zieles, das der Propaganda gestellt wurde. 

Ich möchte darauf hinweisen, daß die Aussaat des Hasses 
gegen das Christentum und besonders gegen die katholische Kirche, die 
schon seit Jahren betrieben wird, bereits ihre Früchte reifen lassen. Ich 
erwähne die Zertrümmerung von Kreuzenin den Diözesen 
Freiburg und Rottenburg, das Attentat auf Kardinal Faul-' 
h a b e r, Beschimpfung und deft Angriff auf ihn beim Verlassen eines 
Gotteshauses in München, den zweimaligen Sturm auf das 
bischöfliche Palais in Würzburg, die Schändung einer 
Christusf ahne, die De molierung eines Fronleichnam salta- 
r e s in E i c h s t ä 1 1 bis zur jüngsten B e s ü d el u n g d e r neu zu 
w e i h e n d e n K i r c h e.. i n W a n d 1 i t z s e e. 

- Ich habe nicht die Hoffnung, daß eine Bitte, begründet durch 
die Schäden an den Lebensinteressen dqr Kirche in Deutschland, den 
Staat veranlassen wird, den P r o p a.g a n d a f e 1 d z u g gegen, 
die Kirche in der Öffentlichkeit einzustellen. Ich möchte vielmehr 
annehmen, daß in konsequenter Auswirkung der Seiner Eminenz dem 
Herrn Kardinal unter dem 7. April 1937 mitgeteilten Argumente gegen 
die Wahrheit der Päpstlichen Enzyklika noch die propagandistische Aus- 
wertung zweier weiterer Prozeßwellen gegen die katholische Kirche 
kommen Wird: " . 

1. Auswertung der Devisenprozeßwelle. 

2. Auswertung der Welle der politisclien Prozesse. 

Trotz dieser klaren Erkenntnis möchte ich doch versuchen 
zu erreichen, daß die S,.c h m u t z f 1 u t, die sich durch die Publizi- 
stik aus den Sittlichkeitspi'ozessen in die deutsche Öffentlichkeit ergießt, 
eingedämmt wird. Bei dieser Bitte habe ich jetzt vor allem die 
gesamte deutsche Jugend im Auge. Es ist nicht abzusehen, was 
an seelischen Werten schon vernichtet ist. Wenn die S c h^'m^u t z f 1 u t 
sich in diesen breiten Strömen weitei'hin wochenlang über ganz 
Deutschland, in jede Stadt, jedes Do r f, in jedes Haiis er- 
gießen kann, so wird der Schadennoch ungeheuerlich 
wachsen. ^ 

Ich bitte Rücksicht auf das Wohl des Volkes walten zu lassen und 
sofort die prtjpagand istische Auswertung der Sittlich- 
keitsprozesse einzustellen. 

gez. Dr. Konrad Graf v. Preysing, 
Bischof von Berlin." 

Abschließend sei noch die Abwehr angeführt, die ein ein- 
facher Hilfspriester (Michael Pf.) eines oberbayerischen 

281 



Bauerndorfes für die verfolgten und verlästerten Orden leistete und 
alsbald mit eigener Verfolgung seitens der Gestapo büßen mußte. 
Er sagte in seiner Predigt am 11. August 1935: 

„ . . . Solch einzelne, unglücklich veranlagte Menschen aus dem 
Priester- und Ordensstand kommen vor Gericht, und zwar mit Recht, 
und ihre Verfehlungen werden groß gedruckt in den Zeitungen. ' 
Was aber unzählige andere Ordensleute im stillen und Verborgenen für 
Opfer bringen, Opfer an Gesundheit und Lebenskraft, 
das wird sehr klein gedruckt oder kann man vielmelir überhaupt 
nicht lesen, weil es im V^erborgenen geschieht." 

„ . . . Und wenn dann diese Klosterfrauen in jahrelanger, hinbpfern- 
der Pflege von kranken Menschen duruh Ansteckung und Überarbeitung 
sich den Todeskeim holen, dann bekommen diese Schwestern kein 
Eisernes Kreuz und keineRetturigsmedaiUe und keinen 
Blutorden, obwohl sie vielleicht alle drei verdient hätten. Ihre 
Orden und Ehrenabzeichen stehenauf Schwestern- 
friedhöfen in langen Reihen von scnwarzen Kreuzen, 
und darauf stehen kurz und schlicht die Namen dieser Helden im 
Ordensgewand." -, 

Ungenannte und unbekjinnte Verteidiger 

Im „Linzer Volksblatt" vom 31. Mai 1937 (Deutsche mußten ja 
in ausländischer Presse schreiben, wenn sie ein „Wörtchen" mit, 
der Partei oder Regierung reden wollten) schrieb ein Miinchener: 

„Der Reichspropagandaminister hat für den Fall, daß neuerliche 
Zweifel gegenüber dem deutschen Justizverfahren irgendwo in der Welt 
laut würden, mit der Anwendung ,weit drastischerer Mittel* 
und mit der Zitierung ,sehr hoher Personen des Klerus- 
vor Gericht gedroht, wo sie dann unter Eid Rede und Antwort 
stehen müßten. Wie soll eine Justiz, für dife doch nur sachliche, prozes- 
suale Gründe, nicht aber politische Z\yecke in Betracht kommen dürfen, 
mit derartigen Ankündigungen, des Ministers für politische 'Parteipropa- 
ganda Ansehen und Vertrauen gewinnen können? Gerichtliche Einver- 
nahmeri ,sehr hoher Personen' nur zum Zwecke einer Press i-on auf 
das In- und Ausland sind eine Neuerung, mit der man der deutschen 
Justiz keinen guten Dienst erweist. 

Die jüngste Aktion des Nationalsozialismus hat das zweifelhafte Ver- 
dienst, die deutsche Sittlichkeit, die öfter, als es für den deut- 
schen Ruf in der Welt gut war, das Weltgespräch gebildet hat — 
man braucht nur an das Buch .,Aus einer kleinen Garnison' und an 
Namen wie Eulenburg und Rohm erinnern — wieder zum Objekt inter- 
nationaler Betrachtung und Wertung gemacht zu haben. -Denn daß 
es ausgerechnet nur im Klerus zu üblen Erscheinun- 
gen gekommen sein soll, glaubt auch der lärmendsten 
Propaganda kein Mensch. In deutschen Kreisen fragt man sich 
besorgt, ob das heutige Deutschland wirklich so stark und so glück- 
lich ist, daß es eine, Herausforderung der 400 Millionen 
starken katholischen Gemeinschaft rislcieren kann. 

Die Budapester Blätter berichteten in großer Aufmachung über die 
Rede des deutschen Reichsministers Dr. Goebbels in der Deutsdhland- 
halle und bezeichnen sie als eine ,große politische Entglei- 
sung'. Nur das nationalsozialistische Blatt ,Uj Magyarorszag' sieht ' 
von der Veröffentlichung der Rede ab, der es aus Gründen der ungari- 
schen Innenpolitik nicht beipflichten kann, und die es aus Rücksicht auf 
das Dritte Reich nicht kritisieren Will. ,Nemzeti Ujsag' nennt es ,ünver- 

282 



7,elhlich und verblüffend', daß ein Mitglied der deutschen Regierung ,i n 
einem Ton sprach, den das gesamte gesicherte Europa 
mit Entrüstung zurüclc weisen muß''. Der AngrifJ; in der 
Deiitsclilandhalle auf die kath. Kirche sei niedriger, als das 
zivilisierte Europa bisher erlebt habe. 

Das in 120 000 Exemplaren erscheinende Blatt ,tJj Nemzedek' befaßt 
sich in einem Leitartikel mit der Rede Goebbels', indem es einleitend 
sagt: ,Wer sich noch g^r Hoffnung hingab, daß der Vertreter 
des amtlichen Reiches oe n verschiedensten Verleumdun- 
gen gegen das Christentum ernst und würdevoll entgegen- 
treten wird, hat sich nun. getäuscht. Gestern hat das Dritte 
Reich alle jene Aufsätze amtlich gutgeheißen, in denen die katholische 
Kirche bisher in erschreckender Weise verunglimpft und verleumdet 
wurde. Nun kann es keine Ausrede mehr geben: Selbst der sachliche 
Beobachter und der aufrichtige Freund des deutschen Volkes wird nun 
zugeben müssen, daß die Verleumdungsoffensive gegen die deutsche 
Kirche nicht das persönliche Werk einzelner Unterfüh- 
rer ist, sondern daß sie von der amtlichen^Autorität des 
Nationalsozi'alismus gedeckt wird.' 

In ähnlichem Sinn sind die übrigen ungarischen Blätterstimmen ge- 
halten. Die Rede h,a t der deutschen Sache in Ungarn 
einen sehrschlechtenDiensterw lesen; sie wird die Reihen 
der Freunde Deutschlands weiter lichten und den Gegnern des Dritten 
Reiches neuen Wind in die Segel treiben." 

M i c h a e 1 G e rm a n i k u s 

zeichnete ein anderer Verteidiger der Orden, ebenso sachkundig 
wie sprachgewandt. Sein offener Brief an Goebbels ging in ganz 
Deutschland von Hand zu Hand, brachte freilich auch viele ins 
Gefängnis. Er lautete: 

„Der bekannte greise Deutschenfreund und große Wohltäter ■ des 
ausgehungerten Deutschlands der Nachkriegszeit, S.' Eminenz Kardinal 
Georg Mundelein von Chikago, hat vor 500 Priestern seiner Diözese sich 
anläßlich der Sittlichkeitsprozesse über die deutsche Justiz aus-^ 
gelassen. In diesen Ausführungen haben Sie (Goebbels) die von Ihnen 
lange ersehnte Gelegenheit wahrgenommen, die von den deutschen Ge- 
richten willfährig und wirkungsvoll nach russischem Vorbild aufgezoge- 
nen Schauprozesse gegen katholische Priester und Mitglieder kath. 
religiöser Genossenschaften in großer Propagandaaufmachüng in der 
Deutschlandhalle am 28. 5. 37 vor. einem gut präparierten 
Parteipöbel hemmungslos auszuwerten. 

Sie haben zwar, Herr Minister, nicht einmal vor diesem kritik- 
losen Publikum so wenig wie vorher der gleichgeschalteten deutschen 
Presse gegenüber den Mut gefunden, klipp und klar mitzuteilen, 
was Kardinal Mundelein eigentlich gesagt hat. Aber Sie brauchen ja 
trotzdem nicht zu fürchten, daß jemand in Deutschland Sie mit der 
Frage nach dem .Inhalt jener Rede in Verlegenheit bringen könnte. S i e 
sind ja im Besitz der Macht! Freilich hat dieser Besitz das 
Regime nicht vor der unglaublichen Blamage gerettet, die es mit seinem 
mißglückten Einspruch beim Apostolischen Stuhle sich holte. 

Wenn Ihre Angaben wahr sind, Herr Minister — und wir möchten 
es ausnahmsweise- glaviben — , so hat Kardinal Mundelein den Vorwarf 
erhoben, daß in Deutschland Recht und Gesetz zu eigen- 
nützigen Zwecken gebraucht werden! Diesen Vorwurf glau- 
ben Sie nun mit Ihrer Rede widerlegt zu haben. Die Zergliederung ge- 
rade dieser Rede zeigt indes einem denkenden Menschen, daß der dem 
Braunen Regime gemachte Vorwurf voll und ganz zu Recht besteht. 

• 283 



. 1. Es ist in allen wirklichen Rechtsstaaten Bravich, daß Ver- 
brechen abgeurteilt werden, wenn sie entdeckt sind und Rechts- 
brecfier sich in den Händen der Gerichtsbehörden befinden. In Deutsch- 
land macht man es — genau so übrigens wie in Rußland — nicht so, 
sondern man läßt die Rechtsbrecher zunächst ungeschoren oder ver- 
wahrt sie einstweilen in Schutzhaft. Man legt also wirkliche oder 
angebliche Strafsachen auf Eis, um sie bei passender Gelegen- 
heit herabnehmen, serienweise zusammenzulassen und schlagartig für 
die Bedürfnisse der Parteipro p a»^" anda nutzbar ma- 
ch e n z u k ö n n e n. . 

Eine solch ,passende Gelegenheit' schien nun bei den Strafsachen 
katholischer Priester und Religiösen die Verkündigung des Päpstl. Rund- 
schreibens vom 21. 3. 1937 abzugeben. Oder wollen Sie wirklich der Welt 
weismachen, daß die propagandistische Aufmachung 
schon längst fälliger Prozesse nur zufällig unmittelbar nach 
Verlesung des Päpstl. Rundschreibens in Gang kam? Nein, Herr Goeb- 
bels! Es ist zwar nach dem Wort des Herrn Hitler, unsere Menschheit, 
d. h. das deutsche Volk, von einer , granitenen Dummheit' (A. 
Hitler, Mein Kampf, Volksausgabe, S. 412); aber trotz ,Gebt mir vier 
Jahre Zeit!' ist dieses Volk noch nicht so verblödet, um nicht zu mer- 
ken, daß in Deutschland Justizvorgänge zu Zwecken der 
Staatspropaganda herhalten müssen. Es ist ja immerhin 
schon viel, daß wenigstens die Durchführung solcher Prozesse sogenann- 
ten Justizbeamten überlassen wird. 

2. Nach Ihrem eigenen, sehr unvorsichtigen Geständnis wird das 
, amtliche Material' dieser Prozesse im Propagandamini- 
sterium (!) beruflich und amtlich verarbeitet. Herr Goebbels, 
es ist ein Skandal sondergleichen, daß die Grenzen zwischen 
Justiz und P. ropagandaministerium des Reiches auf solche 
Weise verwischt sind! In Deutschland hat also das,. Justizministe- 
rium für einen artfremden Bereich zu arbeiten! Und da wagen Sie es, 
Herr Minister, zu behaupten, es sei Verleumdung, wenn man Ihnen vor- 
wirft, daß in Deutschland Recht und Gesetz zu eigennützigen, d. h. zu 
Parteizwecken mißbraucht wird? 

Sie haben sich aber noch Unglaublicheres in Ihrer Rede geleistet! 
Sie haben nämlich angedroht, daß Sie, ,wenn noch einmal von einer in 
Betracht kommenden Stelle in Deutschland oder außerhalb des Reiches 
die Wahrheit der Sittlichkeitsprozesse' angezweifelt' 
wird, sehr hohe Personen des Klerus vor die Notwendigkeit stellen, vor 
Gericht unter Eid Rede und Antwort zu stehen. Herr Goebbels! Empfan- 
den Sie wirklich nichtf wie sehr Sie vor aller Welt mit dieser Ankündi- 
gung die deutsche Justiz in nicht wieder gutzumachen- 
der Weise bloßgestellt haben? Es ist also nach Ihrer eigenen 
Angabe die Sache in Deutschland so, daß der Propagandaminister pro- 
zessuale Handlungen nach Bedarf von einem gefügigen Gerichts- ' 
apparat in Gang bringen lasssen kann. 

3. Sie haben, Herr Minister, um noch eine Bemerkung zu beleuchten, 
von .Amtlichem Aktenmaterial' gesprochen. Welches Material haben Sie 
eigentlich damit gemeint? Etwa das Anklagematerial, das — ein 
offenes Geheimnis in ganz Deutschland! — mit Hilfe der Partei 
und ihren Kreaturen den G..e richten für diesen Zweck 
(geliefert' wurde? Wenn ja, dann müßten wir Ihnen sagen, was 
Gerichtsbeamte des Reichsgerichtes in Leipzig gelegentlich der von Ihnen 
in Ihrer Presse 1933 etwas zu voreilig angekündigten, aber nie abge- 
wickelten HochveiTatsprozesse ausgesprochen haben: ,Das Material, 
das uns von Parteistellen geliefert wird, ist entweder 
wertlos oder Fälschung!' 

Oder haben Sie vielleicht das bei den Verhandlungen selbst angefal- 
lene, vielfach aus Aussagen vöriKindern und Halbidioten 

284 



«» 



geformte Beweismaterial gemeint? Herr Goebbels, was hat 
denn dieses Material in Ihren Händen zu suchen? Haben etwa Sie den 
Richtern Anweisung zu geben, in welchem Sinne Sie das Beweismaterial 
zu wüi-digen und das Urteil zu fällen haben? 

Oder haben Sie,. Herr Minister, Material von jener Sorte gemeint, 
mit dem Sie in Ihrer den ., sadistischen Sexualmord im Kloster Manage 
in Belgien' ,bewiesen' haben? Nicht einmal die Ihnen in Ihrer Skrupel- 
losigkeit so gesinnungsverwandte kommunistische Auslandspresse hat es 
gewagt, die in Belgien geschehene Tat eines Schwachsinnigen Kloster- 
leuten in die Schuhe zu schieben (Siehe 1. T. S. 138). Übrigens haben 
Sie die Sache ja schon einmal widerrufen müssen. Herr Goebbels! Sie 
haben sich dieser Aufgabe in einer recht eigenartigen Weise entledigt 
und übrigens den alten Kohl von neuem aufgefrischt. 

4. Sie haben, Herr Goebbels, einerseits die Behauptung aufgestellt, 
daß ,in Deutschland unzählige Geistliche und Ordensleute gegen das 
Gesetz verstoßen haben und daß zahllose dieser. Priester und 
Ordensgeistlichen im Beichtstuhl tätig sind und' durch ihre krankhafte 
Veranlagung unzählige gesunde Menschen verderben'; in der glei- 
chen Rede haben Sie dann andererseits wieder im Namen von 
Tausenden anständigen Geistlichen gesprochen, die, wie ,unzählige 
Briefe an mich beweisen, schmerzerfüllten Herzens den tiefen Fall und 
Verfall der Kirche sehen'. 

Herr Goebbels! Ganz abgesehen davon, daß man die Geistlichen und 
Ordensleute ganz gut zählen kann, ist hier noch die Frage am Platz: 
Ist nun die 1. oder die 2. Ihrer Behauptungen eine Auf- 
schneiderei? Wir wollen Ihnen die Antwort geben: Beide sind 
e.s ! Weder haben u n z ä h 1 i g e Geistliche und Ordensleute gefehlt, noch 
haben Sie von Tausenden von Geistlichen unzählige Zustimmungs- 
briefe erhalten. Herr Minister, wenn Sie schon flunicern, dann flunkftrn 
Sie doch wenigstens im Rahmen rechnerischer Wahrscheinlichkeit und 
Möglichkeit! 

Es Icommt aber noch schlimmer: Sie wagen zu- behaupten, daß die 
,zahllosen Priester und Ordensleute', die gefehlt haben, daß ,die tausend 
imd aber tausend Fälle, die zur Kenntnis der Jusitz gekommen sind, 
nur einen Bruchteil des wahren Umfanges der sittlichen Verwil- 
derung darstellen und nur ein Anzeichen für den Gesamtverfall be- 
deuten!' 

Herr Goebbels, man weiß wirklich nicht, soll man mehr staunen 
über Ihre massive Plumpheit, mit der Sie in Ihrem zelotischen 
Fanatismus aufschneiden, oder über die abgrundtiefe Scham- 
losigkeit, mit der Sie ohne Spur eines Beweises eine derartig verall- 
gemeinernde, verleuinderische Behauptung aufstellen. Was bleibt denn 
eigentlich, Herr Goebbels, von Ihren Tausenden anständiger 
Geistlicher noch übrig? Wir fordern Sie auf, Herr Mini- 
ster: Heraus mit Ihrem dokumentarischem Material! liegen Sie es, bitte, 
in großen, faksimilierten Aktenbänd'en der Welt zur 
Überprüfung vor!!! Das Propagandaministerium vei-fügt ja über Geld 
in Hülle und Fülle aus den Groschen der Rundfunkteilnehmer, die das 
Glück haben, Ihre Reden und Auslassungen Tag für Tag zu genießen. 

Sie haben, Herr Minister — das ist der zweite Hauptgedanke Ihrer 
Rede gewesen — , die Behauptung aufgestellt, daß die. Bischöfe die 
priesterlichen und klösterlichen Rechtsbrecher gedeclct haben. 
Sie wissen selbst, Herr Minister, daß diese Behauptung unwahr ist! Die 
Bischöfe haben, soweit sie zur Kenntnis solcher Dinge .innerhalb des 
kirchlichen Rechtsbereiches kamen (und daraxif kommt es 
an!, denn eine Kenntnis aus dem Gewissensbereich, namentlich aus dem 
sakramentalen, können und dürfen die Bischöfe nicht auswerten), mit 
jenen Mitteln eingegriffen, die ihnen zur Verfügung standen. Daß sie 

285 



dabei ,ein Hecht in Gnaden' (cum misericordia Judicium •«- CIG c22J4§2 ^) 
walten ließen, entspricht kirchlicher Tradition. Die von ihren dienst- 
gefälligen Staatsanwölten zuj? Schau getragene Entrüstung war daher 
ziemlich überflüssig. . • 

Sie haben, Herr Minister, für die Art, wie man Verbrecher i m 
eigenen Hause zur Kechenschaf t ziehen müsse, die Führung der 
NSDAP den Bischöfen als erbauliches Vorbild empfohlen und gesagt; 
,Die Partei hat hier ein klares und deutliches Beispiel gegeben. 1934 
wurden über 60 Personen, die in der Partei dieses Laster zu züchten 
versuchten, kurzerhand erschossen, Darüber hinaus hat die Partei die 
Nation in aller Öffentlichkeit über dieses Vorkommen aufgeklärt.' 

Herr Goebbels!* Wenige Behauptungen Ihrer Rede werden in der 
Welt und bei den denkenden Deutschen soviel Aufhorchen verursacht 
haben, als diese unvorsichtige Erinnerung an den 30. Juni 1934. Zu- 
i-^äehst, Herr Goebbels, sind Sie sehr im Irrtum, wenn Sie sogar 
heute, nach drei Jahren, noch meinen, eine solche kurzhändige 
, J u s t i z', wie die am 30. 6. 1934 und, wie wir hören, zuweilen auch heute 
noch geübte, würde irgend jemand auf der Welt imponie- 
ren! Das Regime zeigt damit nur seine Schwäche. Es 
hat nicht den Mut, die Angeklagten zum Wort kommen 
zulassen! Mit formlosen Erschießungen wird nicht Justiz ge- 
übt, sondern Parteistunk vertuscht! 

Weiter! Wir müssen Ihrem Gedächtnis ein wenig nachhelfen. Nach 
der Rede, die Herr Hitler vierzehn Tage nach der Parteireinigung vom 
30. 6. 1934 im Reichstag am 13. 7. 1934 hielt, waren es nicht 80, sondern 
71 Parteiangehörige! Drei Opfer endigten durch »Selbstmord'. Hierbei 
sind alle übrigen Personen (z. B. Beck, Edgai- Junk, Dr. Gerlich, Dr. Klau- 
sener, Dr. v. Kahr, Willi Sehmld usw.), 'welche Herr Göring, indem er 
seine , Auf gäbe erweitert' hat,, ermorden ließ, gar nicht mitgezählt! 

Und Sie wollen, Henr Goebbels, das Volk über den 30. Juni auf- 
geklärt haben? Sie werden doch nicht so naiv sein zu glauben, daß die 
• Romanze Hitlers im Reichstag bei irgend jemanden ernstlich Glauben 
gefunden hat. Sie bestätigen nun mit Ihrer Behauptung in der Deutsch- 
landhalle, daß Röhm.und Konsorten nicht zwar wegen Staats- 
v errat hingerichtet wurden; Sie beweisen aber auch nicht, daß sie 
wegen Homosexualität hingerichtet wurden! Die schon längst in 
der Partei und in aller Welt bekannte Homosexualität wurde erst dann 
ein Verbrechen, als Röhm und Konsorten politisch unbequem wurden 
und als das Volk mit wirksamem ,Abscheu* vor den Vßrbrechei'n erfüllt 
werden mußte! ... 

Hören Sie Herrn HitlerüberRöhm: ,. . . ich (hatte) jahre- 
lang mit meiner Person diesen Mann in unerschütter- 
licher, treuer Kameradschaft gedeckt.' An Neujahr 1934 
hat Herr Hitler seinen Duzfreund Böhm durch ein Handschreiben 
noch besonders ausgezeichnet! Die nackte Wahrheit ist also die: Herr 
Hitler — und mit -ihm dieganzePartei — haben eingestandener- 
maßen all die Schweinereien Röhms und -einer Menge an- 
derer SA- und SS-Führer sehr wohl gekannt und 
jahrelanggedeckt.! 

Sie haben übrigens auch noch andere Kleinigkeiten gedeckt, z. B. 
die Fememorde des Edmund Heines und bestialische Morde an Partei- 
gegnern (Potempa! usw.). Wir fügen hinzu: DleParteidecktüber- 
haupt grundsätzlich jeden Sumpf inihren Reihen zu, 
solange nicht irgendwelche Unbequemlichkeiten daraus entstehen. 

Sie haben sich, Herr Goebbels, in Ihrer Partei vom 1. 12. 1933 ab in 
fortschreitendem Maße eine eigene Parteigerichts' bar keit 
einiger ich t et, die nach zahlreichen Erfahrungen aus ganz Deutsch- 
land nur dazu da ist, die braunen Rechtsbrecher der ordentlichen Ge- 

286 



richtsbarkelt zu entziehen und innerhalb des Parteigerichtes alles schön 
vertuschen zu können! Sie haben sich, wenn es je einmal brenzlich 
wird, den famosen Ausweg geschaffen, daß Sie im Interesse 
des sogenannten Staatswohls alle für die Partei unangenehmen Dinge i n 
legalerWeisestillerledigen können. 

Meinen Sie denn, Herr Goebbels, es ist den Augen der Schärfer- 
sehenden entgangen, daß, die Reichsregierung am 1. 12. 193i5 auf unter- 
tänig gehorsamsten Vor.schlag desHerrnDr. Gürtnerhinein 

Gesetz über die Vernehmung der Leiter der NSDAP 
. I und ihrer Glieder ungen 

verabschiedet hat? In diesem Gesetz ist verfügt, daß Unterführer der 
NSDAP und ihrer Gliederungen, die die Amtstätigkeit einep Stützpunkt- 
leiters, eine dieser gleichstebenöen oder eine höhere Amtstätigkeit aus- 
üben, für Aussagen als Zeugen oder Sachverständigen über die Um- 
stände, auf die sich ihre Schweigepflicht bezieht, der Genehmigung be- 
dürfen. In den Erläuterungen zu diesem Gesetz ^Ist gesagt, daß 
die Genehmigung versagt werden muß, wenn das Wohl 
des Reiches in Frage steht, und daß aus der Einheit von Partei 
und Staat folge, daß das Wohl der Partei .dem Wohl des 
Reiches gleichzuachten ist! Wissen Sie, was das heißt, Herr 
Minister? Das heißt: Großzügige Korruption zugunsten der Partei In 
juristischer Verkleidung! 

Ja, Herr Goebbels, es ist freilich nicht zum Wohl der Partei, wenn 
das Volk einmal Einblick bekäme in den abgrundtiefen Partei- 
s u m p f , wenn es einmal erführe von den Millionenerpressun- 
gen von Parteigenossen durch wohlwollende Mithilfe der Behörden in 
Düsseldorf und anderen Städten, wenn es erführe von den Riesen- 
unterachlagungen in Lübeck, wenn es hörte vori den Unterschla-' 
gungen beim Winter hilf s werk, von den sexuellen Ausschweifun- 
gen in Landjahrheiraen und . HJ-Lagern, wenn es erführe von 
der oberfaulen Lager m oral, wenn es eine Statistik erhielte von den 
Mädchenunterl4undl6Jahren, die gelegentlich von HJ- und 
BDM-Trßff en an Leib und Seele ruiniert und als ,.iunge' Mütter' zu ihren 
Eltern heimkommen, wenn das Volk ahnen würde den unerhörten 
Luxus in den Villen, Wohnhäusern, Autos, Jachten usw. der Führer 
einer sogenannten , Arbeiterpartei', Ja, Herr Goebbels, solche Dinge unter 
das Volk zu bringen, ist freilich nicht zum Wohl der Partei, Danken 
Sie Gott, daß Sie in der glücklichen Lage sind, alles iii 
,1 egaler' Weise vertuschen zu können! 

Herr Goebbels! Sie hätten besser getan für Ihre Partei, wenn Sie 
auch weiterhin in der von Ihnen in Ihrer Rede gepriesenen , Sphäre des 
Schweigens' verharrt hätten. 

Sorgen Sie sich nicht um die Kirche! Die Katholische Kirche 
wird unwürdige Elemente in ihren Reihen zu beseitigen wissen, und sie 
wird reformieren, was reformbedürftig ist. Sorgen Sie sich um Ihre 
Partei !.Dort herrscht — wie aus Ihren eigenen Verlautbarungen 
hervorgeht — die Verderbnis aus Grundsa'tz! Und im 
Dienste dieser gesetzlichen Verderbnis steht gegen- 
wärt igdiedeutscheJustiz! 

Das ist nun einmal eine gerade ^us IhrerRede sich ergebend« 
Tataache, und diese Tatsache ist es, worüber alle wahren deutschen 
Männer und Frauen und alle Freunde des deutsehen Volkes 
in der Welt entsetzt sind. Herr Kardinal Mundelein von Chikago 
kann mit Ihnen zufrieden sein, Herr Goebbels! Dyrch Ihre Redf^ 
haben Sie den durchschlagenden Beweis geliefert 
daß das Entscheidende seiner Anklage zu Recht be- 
steht. 

Michael Germanicus." 

287 



e) Ein hochherziger amerikanischer Anwalt der deutschen Orden 

und Katholiken. 

H H. K a r d i n a 1 M u n d e 1 e i n - C h i c a g o 
zum dankbare«! Gedächtnis! 

„Sie haben zwar nicht den Mut gefunden, klipp und klar mit- 
zuteilen, was Kardinal Mundelein eigentlich gesagt hat," schrieb 
der unbekannte Verfasser des vorausgehenden „Offenen Briefes" 
an Dr. Goebbels. 

So sei diese, den Deutschen bisher fast unbekannte Rede wenig- 
stens nachträglich zur Kenntnis gebracht, auf daß sich jedermann 
selbst ein Urteil bilden kann, wie ungerechtfertigt die Vorwürfe 
des Ministers Goebbels waren. 

Zugleich sei die Wiedergabe noch ein verspäteter Dank an den 
gießen Freund des deutschen Volkes, dem im Jahre 1927 der 
deutsche Reichskanzler einen Nußbaumbücherschrank mit hundert 
schönen, in Schv/einsleder gebundenen, auserlesenen Büchern als, 
„Ehrengabe der Deutschen Regierung" widmete mit dem Wunsch: 

„Mögen Eure Eminenz diesen. Bücherschrank, mit seinem literari- 
schen Inhalt als äußeres Zeichen der großen, aufrichti g e n ~ 
Dankbarkeit ansehen, welche das deutsche Volk Ihnen 
schuldet, weil Sie in den schweren Nachki'iegs jähren mit echter 
christlicher Nächstenliebe ein so unermüdliches Interesse be- 
zeigten für die leidenden Volksmassen in Deutschland und besonders für 
die hungernden deutschen Kinder. 

Einer meiner Amtsvorgänger hat schon, im Januar 1923, Ihnen den 
Dank des deutschen Volkes ausgesprochen. Es ist mir ein dringendes 
Bedürfnis, die Wiederholung dieses Dankes auszusprechen und densel- 
ben auszudehnen auch auf ' die darauffolgende Zeit, in welcher Eure 
Eminenz sich in wahrhaft hochherziger Weise bemühten um die Linde- 
rung der deutschen Not. 

Mögen diese Bücher aus Deutschland, die ernstes deutsches Wissen 
enthalten, denjenigen, die sie sehen und lesen, kundtun, daß das 
deutsche Volk stets jener, eingedenk sein wird, die im 
Dienste der Liebe seine Leiden und Nöten gelindert 
haben." 

Zehn Jahre später übergössen die Deutsche Reichsregierung 
und die deutsche Presse und Tausende von Versammlungsrednern 
denselben Kardinal Mundelein mit Hohn und Spott. Wir können 
ihm nicht mehr Abbitte leisten. Aber wir wollen wenigstens 
seine Ehre vor dem ganzen deutschen Volk wieder herstellen 
und Unrecht nach Möglichkeit wieder gutmachen, die Dankbar- 
keit gegen ihn wieder w^ken und stärken, i wohl wissend, daß er 
auch mät seiner Kritik an. der Deutschen Regierung und an der 
Nationalsozialistischen Partei letzten Endes nur uns deutschen 
Kctholiken und dem ganzen deutschen Volk aufrichtig 
11 ützenundhellenwollte. 

Wir bringen darum den Bericht des „Katholischen Wochen- 
blattes" Nr 21 vom 20. Mai 1937: 

288 



Kardinal Mundelein wendet sich in scharfen 
Worten gegen Nazipropaganda 

Seine Eminenz George Kardinal Mundelein, Erzbischof von 
Chicago, wandte sich in scharfen Worten gegen die deutsche Nazi- 
regierung und ihren höchsten Vertreter und protestierte energisch 
gegen die antikatholische Propaganda der Nazis und die Unter- 
drückung der Katholiken in Deutschland. 

De:«' Kardinal sprach vor mehr denn 500 Prälaten und Priestern 
gelegentHch der vierteljährlichen Diözesankonferenz des Klerus, 
die am Dienstag, den 18. Mai. 1937, im Quigley Vorbereitungs- 
seminar stattfand. Der hohe Kirchenfürst, dem alle Katholiken 
ohne Unterschied der Nationalität für seine mannhaften Worte 
^herzlichen Dank zollen werden, führte ungefähr folgendes aus: 

„Während und nach dem verflossenen Krieg hat sich die deutsche 
Regierung bitter beschwert über die Greuelpropaganda der 
Alliierten, die den deutschen Truppen alle möglichen Schandtaten zur 
Last legte. In einem mir bekannten Fall protestierte der Kanzler des 
Deutschen Reiches in meinem Büro offiziell gegen Anschuldigungen die- 
ser Ai-t, die in einem Buch' enthalten waren, das von einem Priester 
dieser Diözese veröffentlicht wurde. 

Die jetzige deutsche Regierung macht nunmehr aber von dersel- 
ben Art von Propaganda Gebrauch gegen die katholische Kirche. 
Sie läßt durch den verschrobenen Propagandaminister 
massenweise Geschichten über Unsittlichkeit in religiösen In- 
stituten verbreiten, denen gegenüber die Kriegszeit-Propaganda wie 
Kindermärchen aussieht. 

Ihr und ich zeigen dafür Interesse als einer Sache, die uns selber 
angeht; denn Leute, die außerhalb der' Kirche stehen und vielleicht auch 
Lauwarme unter unseren eigenen Leuten, welche ständig diese Dinge 
lesen, werden zur Schlußfolgerung kommen: ,Sie sind alle gleich.' Etwas 
von dem Schlamm wird sich an unsere eigenen Hemden hängen. 

Dieselben religiösen Orden, welche die Propagandisten 
attackieren, haben wir hier. Sie sind seit vielen Jahren in unserer Mitte. 
Keine Kommunität hat sich um die Diözese soviele Verdienste erworben 
als die Franziskanerpriester, die praktisch alle Deutsche 
sind und sich freiwillig für nahezu jede leibliche und geistige Arbeit 
der Barmherzigkeit zur Verfügung steljten, die ohne Entschädigung in 
Gefängnissen und Zuchthäusern und Armenhäusern dienten und dem 
Wink und Ruf der Priester und Laien zu jeder Stunde des Tages und 
der Nacht folgten. 

Wir haben die A 1 e x i a n e r - B r ü d e i', welche die Kranken und 
Geistesgestörten für nahezu dreiviertel Jahrhundert in unserer Stadt 
pflegen. 

Wir haben die Kommunitäten oder Schwestern, die von Deutsch- 
land kamen, von deren Mitgliedschaft verschiedene in deutschen Ge- 
fängnissen schmachten. 

Sicher hätten diese verächtlichen Dinge, deren diese lautmauligen 
deutschen Propagandisten die Ordensleute beschuldigen, nicht über 
Nacht in Deutschland kommen können, ohne daß eine Erschütterung 
auch in unserer Mitte fühlbar gewesen wäre. 

Und warum wird diese schmutzige Wäsche vor aller Welt gp- 
waschen? Was ist in einem Wort das Motiv zu alldem? 



Kieuz und Hakenkreuz 19 Bd. II 



289 



Ich will einen von einem amei'ikanischen Korrespondenten in Ber- 
lin, einem Nichlkatholiken, gezeichneten Artikel lesen, der vor einer 
Woche in einer New Yorker Tageszeitung erschienen ist: 

,Die öffentliche Reaktion auf die ungeheuere Publizität, welche die 
Sittlichkeilsprozesse gegen Mönche und Laienbrüder der katholischen 
Kirche umgibt, ist eine dreifache: 

Viele loyale Katholiken sind überzeugt, daß die Anklagen 
falsch und die Prozesse ein Gewebe böswillig erfundener Anklagen 
sind. 

Eine andere Gruppe von Katholiken und Protestanten kritisiert im 
geheimen die Ausnützung der Prozesse für antilcatholische 
Propaganda, welche manchmal den Charakter einer offenen antichrist- 
lichen Propaganda annimmt. 

Diejenigen nationalsozialistischen Enthusiasten, weiche die katho- 
lische Kirche als eine .ausländische Institution' hassen, jubeln natürlich 
über deren Mißgeschick und machen aus den Prozessen, soviel sie nur 
können. So sind z. B. viele neuheidnische Zeitschriften angefüllt mit 
Spottbildern sehr zweifelhaften Charakters und giftigen Leitartikeln, in 
welchen die Schriftleiter ihre Schadenfreude nicht zu verbergen ver- 
mögen.' 

Die unmittelbare Veranlassung, welche die Wiederaufnahme der 
Prozesse brachte, war der Kampf um die Schulfrage. Die Regie- 
rung gab dem katholischen Klerus vor- einem Jahr eine Probe der schäd- 
lichen Folgen solcher Prozesse, stellte dieselben aber vor den Olym- 
pischen Spielen ein. Das Beweismaterial wurde viel früher ent-^ 
deckt, als die Klöster in Verbindung mit den Devisenprozessen durch-' 
sucht wurden. 

Während dieses Damoklesschwert über den Köpfen der katholischen 
Bischöfe hing, fuhr die Regierung letzten Herbst und Winter fort, zwei 
wichtige Bollwerke des Katholizismus anzugreifen — die Konfes- 
sionsschulen und die katholischen Jugendorganisa- 
tionen. I 

Die Konfessionsschulen wurden unterdrückt in Württem- 
berg, im Saargebiet und in der Pfalz. Die Schulabstimmungen in Hessen 
endeten sehr zu Gunsten des Regimes, ebenso diejenigen in verschiede- 
nen bayerischen Städten, besonders in München und Nürnberg. 

Ein staatliches Jugendgesetz zerstörte inzwischen die 
noch bestehenden katholischen Jugendorganisationen, indem alle Kna- 
ben und Mädchen gezwungen wurden, den Braunhemden der Hit- 
ler-Jugend beizutreten. 

Der katholische Klerus, das Damoklesschwert ignorierend, 
ging zur .Attacke über. Er stellte die Schulabstimmung 
als Schwindel dar und führte an, daß in den Städten des Saar- 
gebietes und der Pfalz am Nachmittag Bekanntmachungen erlassen wur- 
den, welche besagten, daß in dem Ort die Gemeinschaftsschule ein- 
geführt werde und daß jeder, der dagegen protestieren wolle, solches 
vor 7 Uhr abends im Rathause zu tun habe. Als keiner den Mut zuxh 
Protest aufbrachte, wurde die Stadt als hundertprozentig für die neue 
Schule registriert. 

Hirtenbriefe wurden jeden Monat veröffentlicht und in denselben 
gegen die Schulkampagne als Konkordatsbruch protestiert. 
Schließlich kam die Päpstliche Enzyklika am Palmsonntag, welche 
bis jetzt die drastischste Herausforderung an die Nazis 
darstellte. 

Der Waffenstillstand war gebrochen. Die Regierung zerrte alle 
Sittlich 1? ei tsprozesse gleichzeitig vor die Gerichte und mobili- 
sierte ihre fürchterliche Propagandamaschine, um densel- 
ben das Höchstmaß der Publizität zu verleihen. 

290 



Dei* Ursprung der gegenwärtigen Kampagne läßt erkennen, welchen 
Verlust der Katholizismus zu erwarten hat, sollte der Staat erfolgreich 
sein. Eine Statistik für das ganze Reich ist nicht erhältlich. Allein in 
Preußen befinden sich unter 1,737,000 katholischen Kindern im schul- 
pflichtigen Alter deren 1,612,000 in katholischen Elementarschulen. 
Andere 500,000 bis 700,000 Kinder waren in katholischen Schulen in 
anderen Teilen des Reiches. 

,Diese 2 Millionen oder mehr Kinder stellen die 
augenblickliche Streitfrage dar. Die Presse verhehlt nicht 
die Hoffnung der Regierung, daß die Prozesse bedeutend dazu beitragen 
werden, den Glauben der Öffentlichkeit in katholische Erziehung zu er- 
schüttern,' 

Hier habt Ihr die Geschichte in einer Nußschale und es besteht keine 
Garantie dafür, daß die Schlachtfront nicht eines Tages auf unser Land 
ausgedehnt wird. 

,Hodie mihi, cras tibi. Heute mir, morgen dir!' Der Kampf geht 
darum, die Kinder uns fortzunehmen. Wenn wir jetzt kein Interesse für 
die Sache bekunden, wenn wir die Achseln zucken und munkeln: .Viel- 
leicht ist etwas Wahres daran', oder ,Es ist nicht unser Kampf, wenn 
wii' nicht hinter dem Heiligen Vater stehen, dann werden wir auch allein 
zu kämpfen haben, wenn die Reihe an uns kommt. 

Ihr werdet vielleicht fragen, wie eine Nation von 60 Millionen 
Menschen, intelligenten Menschen, sich in Furcht und 
Knechtschaft einem Ausländer unterwerfen kann, 
einem österreichischen Tapezierer, und — wie mir gesagt 
wird — einem schlechten dazu, und einigen Verbündeten wie 
Goebbels und Göring, die in einer Zeit der Preissteigerung und Er- 
höhung der Lebenskosten einer ganzen Nation sagen können: ,Die Löhne 
können nicht erhöht werden.' 

Vielleicht könnten wir es verstehen, wenn wir in einem Lande leben 
würden, in dem jede zweite Person ein Spion der Regie- 
rung ist, wo bewaffnete Mächte in die Häuser dringen 
und private Bücher und Zeitungen ohne gerichtliches 
Verfahren beschlagnahmen, wo der Vater seinen Bu- 
ben nicht mehr strafen kann ausFti^rcht, derselbe 
könnte ihn zur Anzeige und ins Gefängnis bringen, wo 
persönliche Ersparungen und wertvolle ,Sicherhei- 
ten' beschlagnahmt' und Verkauftwerden, um den Gold- 
vorratzuer höhen. 

Vielleicht könnten wir es verstehen, wenn wir in 
einem Lande leben würden, in welchem Briefe geöff- 
net und gelesen werden, wie man es in Kriegszeiten 
nur mit der K'o rrespondenz der Feinde macht; wo das 
junge, zärtliche Mädchen von der Mutter Seite gerissen und in ein 
Arbeitslager gesandt wird, um mit dem Abschaum der Straße zu leben; 
wo die Kandidaten für religiöses Leben nicht nur in Arbeitslager, son- 
dern auch in Militärlager gesandt werden. 

Niemals vorher war die Kirche in Deutschland so 
hilflos, wie sie heute ist — nicht einmal in den Tag'en 
des Kulturkampfes. 

Damals hatten sie die Zentrumspartei im Parlament; damals hatten 
sie ihre Führer, Laien sowohl als Klerus; damals hatten sie eine katho- 
lische Presse. 

Heute hat die Kirche kein Sprachrohr. Wenn die Bi- 
schöfe sprechen, so werden ihre Worte übertönt von dem Spektakel der 
fürchterlichen Propagandamaschine der Regierung. 

Das wenigste, was wir für die Kirche in Deutschland 
tun können, ist die Bezeugung unserer offenenSy m p a t h i e 

291 



in dieser Stunde der Prüfung. Und noch mehr, unser Gebet — wir 
wollen beten für die Kirche in Deutschland und l'ür das deutsche Volk. 
Wir schulden ihnen etwas; sie haben beigetragen 
7. u m Aufbau unserer Kirche in den Vereinigten Staa- 
ten in der Vergangenheit und wir können ihnen jetzt helfen. Ver- 
einigtes Gebet unseres Volkes wird sich letzten Endes als machtvoller 
und ertolgrcichor erweisen als das Gewicht der heimtückischen Pro- 
paganda, die vom Dritten Deutschen Reich ausgeht." 



Nun liegt's an uns Deutschen, dem toten Freund und Wohl- 
täter nachzurufen: 

„Wir schulden Ihnen etwas: Schulderkenntnis und -bekenntnis, 
Bedauern und Abbitte, Dankbarkeit und Verehrung!" 

* * 

* 

4. Die katholischen Vereine. 

Dem , .Vatergruß", welchen Papst Plus XL in seinem Weltrund- 
schreiben vom 14. März 1937 aus gerührtem Herzen den „treuen 
Söhnen und Töchtern" aus dem Laien stände sandte, fügte er 
noch eine besondere Widmung hinzu: 

„Allen voran den Mitgliedern der kirchlichen Verbände, die 
tapfer und um den Preis vielfach schmerzlicher Opfer Christus die 
Treue hielten und sich nicht bereitfanden, die Rechte preiszugeben, 
die ein feierliches Abkommen der Kirche und ihnen nach Treu 
und Glauben gewährleistet hatte." 

Aus dieser Wertschätzung der katholischen Vereine heraus 
hatte der Hl. Vater schon von Anfang an seinen mächtigen Schild 
über sie gehalten, ganz besonders über die katholischen 
J u g e n d V e r -e i n e. 

Mit ihm stellten sich Deutschlands Bischöfe, Priester, Eltern 
und Laienapostel schützend und kämpfend vor diese Kernscharen 
dej katholischen Phalanx. 

a) Die Verteidigung der katholischen Jugendvereine. 

aa) Der Papst schützt und schätzt sie 

In den schv/eren Verhandlungen über das Reichskonkordat 
und in den langen Nachverhandlungen über seine Auslegung und 
Ausführung, sei es direkt in Rom oder indirekt durch Vertreter 
des Episkopates in Deutschland, verfolgte der Heilige Stuhl ein 
doppeltes Ziel: 

L Weiterbestand und freie Betätigung der katholischen 
Jugend vereine, 

IL Schutz der religiösen Rechte der von staatlicher 
und parteiamtlicher Seite betreuten Jugend 
gemäß Absatz 4 des Artikels 31 des Reichskonkordates: 

..Insov/eit das Reich und die Länder sportliche oder andere 
Jugendorganisationen betreuen, wird Sorge getragen werden, daß 

292 



deren Mitgliedern die Ausübung ihrer kirchlichen Verpflichtungen 
an Sonn- und Feiertagen regelmäßig ermöglicht wird imd sie zu 
nichts veranlaßt werden, was mit ihren religiösen und sittlichen 
Überzeugungen uiid Pflichten nicht vereinbar wäre." 

Posi^tive Forderungen für katholische 
Jugendpflege 

In einem Schreiben vom 23. Juli 1934 an Ministerialdirektor 
Buttmann, den Vertreter der Reichsregierung in den Konkordats- 
nachverhandlungen, betont der Hl. Stuhl nachdrücklichst: 

,,Es kommt darauf an, den katholischen Jugendvereinen ihre 
Eigentümlichkeit, freudige Entwicklung, An- 
ziehungskraft und Werbe kraft zu erhalten, damit 
sie nicht verkümmern und von selbst untergehen. 

Gewiß ist dem Staat zu geben, was er in Ausübung eines ver- 
nünftigen, seinen Aufgaben entsprechenden Rechtsanspruches for- 
dert. Dabei ist aber zu unterscheiden zwischen der systematischen 
Körper- und Sportschulung als Hauptziel und Selbstzweck, die in 
erster Linie der militärischen Ausbildung dienen soll, und dem- 
jenigen Maß an körperlichen Übungen, welches 
als Hilfsmittel der religiösen Erziehung und 
Schulung notwendig ist. 

Erzieherisch ist es eben unmöglich, Jugend religiös heran- 
zubilden, ohne ihr auch jugendgemäße Erholung und Gesundheit 
zu bieten. 

Für die Herausgabe gemeinschaftlichen Schrifttums, Schulung 
von Leitern, Abhaltung von Kursen, Schaffung von Heimen und 
caritativen Institutionen wurde die Beibehaltung bzw. Schaffung 
überdiözesaner Einrichtungen nachdrücklichst gefor- 
dert. Die Entscheidung hierüber muß beim Episkopat liegen." 

, Zur Erfüllung der in Absatz 4 des Artikels 31 des Reichs- 
konkordates übernommenen Verpflichtungen sollte der Jugend- 
führer des Deutschen Reiches einen Verbindungsmann zur 
katholischen Kirche ernennen. 

So schien etwa ein Jahr nach Konkordatsabschluß alles in 
Ordnung — auf dem Papier. 

In Wirklichkeit geschah seitens der NSDAP und insbesonders 
seitens der HJ alles, um alle Abmachungen zu sabotieren und das 
alte Ziel zu verfolgen: Ein Deutsches Reich, eine deutsche 
Jugend. 

In dem schweren Kampf, den nun die katholische Jugend zu 
bestehen hatte, suchte ihr der Heilige Vater nebst ständigen neuen 
Vorstellungen bei der Deutschen Reichsregierung auch Trost und 
Ermutigung zu geben. 

293 



Er erwies der katholischen Jugend Deutschlands eine ganz 
besondere Auszeichnung, schickte ihr zu Ostern 1934 eine eigene 

Osterbotschaft 

, . . . Mit tiefer Anteilnahme und mit großer Genugtuung 
nehmen Wir die Versicherung kindlicher Ergebenheit gegen den 
Stellvertreter Christi und unentwegter Treue zur heiligen Kirche 
entgegen, die Ihr uns übermittelt habt. ,Mit tiefer Anteil- 
nahme', sagen Wir; denn Ihr steht in vorderster Reihe derer, die 
bereits Opfer gebracht haben für' ihre religiösen Ideale 
und sie täglich weiter bringen. 

,Mit großer Genugtuung* ob des tapferen Zeugnisses, 
das Ihr gegeben habt, und ob des wahrhaft übernatürlichen Geistes, 
der Euch beseelt. Ungeachtet alles Ungemachs, durch das Euch die 
Vorsehung führt, und trotz aller Werbung, Lockung und Erpressung 
für einen neuen Lebensweg, der von Christus weg 
zum Heidentum führt, habt Ihr die Liebe und Treue nicht 
aufgegeben, welche Ihr unserm Erlöser und seiner Kirche ge- 
schworen habt. 

Aus eben diesem Grunde steht Ihr fester denn je zu Euerem 
Volk und Vaterland, dem Ihr, wie in vergangenen Tagen, in engster 
Verbundenheit und Selbstvergessenheit dienen wollt. 

Unsere Hirtensorge und Verantwortung hat Uns angetrieben. 
Uns in ständiger Fühlung mit der Lage der katho- 
lischen Jugend Deutschlands zu halten. Und das ist 
auch, wie Wir wissen, die große Sorge und Besorgnis eurer Bischöfe. 

Eure Vereinigungen dürfen- auf jeden Fall versichert sein, daß 
Ihre Interessen auch die Unsern sind. 

Mit väterlicher Liebe führen Wir Euch zu den Füßen des 
Kreuzes, dessen Abzeichen auf Euren Bannern leuchtet. Und von 
Herzen erteilen Wir Euch als eine Quelle der Kraft und un- 
verbrüchlicher Glaubenstreue den erbetenen Apostolischen Segen'." 

Dieser Ostergruß des Hl. Vaters wurde in allen Kirchen verlesen - 
und an allen Kirehentüren angeschlagen, von HJ- und Parteifanatikern 
aber vielerorts abgerissen, bei einer nationalsozialistischen Demonstra- 
tion vor dem Bischofshof in Würzburg Satz für Satz lächerlich ge- 
macht (s. Bd. I, S. 34). 

Papst Pius XI. grüßte und ehrte deutsche katho- 
lische Jugend auch in seinem Haus 

Am Ostermontag 1934 empfing der Hl. Vater Hunderte von 
Vertretern katholischer Jugendvereine Deutschlands in besonderer 
Audienz und hieß sie in äußerst herzlicher Weise willkommen: 

„Das Schauspiel, das sich vor Uns entfaltet, ist wahrhaft so schön, 
Öaß es uns unmöglich scheint, etwas an anderer Schönheit hinzuzufügen. 
Was Wir gehört haben, war so schön, so erhaben, war der Ausdruck so 
erhabener Gefühle, geliebte Söhne, geliebte Kinder in Christo. Diese 

294 



Gefühle^ die Sie zu uns geführt haben aus allen Teilen Deutschlands in' 
diesen so schönen, herrlichen Tagen, haben solch schönen Ausdruck 
vor Uns gefunden. Wir danken Ihnen, geliebte Söhne; Wir danken mit 
väterlicher Dankbarkeit, daß Sie dem betagten Vater eine so schöne 
Stunde bereitet haben. 

Und jetzt sollen Wir auch eigentlich danken für ein so schönes, so 
schön gedachtes Geschenk! Bevor Wir zu Ihnen kamen, haben Wir 
dieses A u t o, das Sie Uns schenken, gesehen. Wir werden dadurch den 
Missionen und Missionaren Freude bereiten, und Wir danken 
herzlich dafür. Wir mußten mit diesem Danke anfangen, weil Unser 
hieiliger Ambrosius so schön und richtig gesagt hat, daß keine Pflicht 
EO dringend ist wie die Pilicht der Dankbarkeit. 

Geliebte Söhne, schon Ihre Anzahl, Ihre verschiedenen 
Gruppen sagen Uns so vieles. Dies haben Wir schon verstanden im 
Glanz der Basilika der heiligen Apostel mit dem weiten und breiten 
Platz. Es war so schön, Sie zu sehen, und so schön, Sie zu hören, 
Ihre feurigen Grüße, Ihre erhabenen Gesänge. 

Diese Freude haben Sie Uns heute nicht nur erneuern, sondern auch 
vermehren wollen. Vermehren wollen, sagen Wir, weil Sie Uns diese 
Freude nicht mehr im Glanz der Basilika, nicht mehr auf dem weiten 
Petersplatz, sondern nun im Innern des väterlichen Hauses 
bereiten. Als gute Kinder und gute Söhne, die Sie Ihren Vater zu be- 
suchen gekommen sind, haben Sie Uns diesen Besuch im väterlichen 
Hause machen wollen, und. Wir danken Ihnen, geliebte Söhne, für diesen 
so kindlichen, guten Gedanken. 

Seid also alle willkommen und ganz besonders willkom- 
men, geliebte Söhne! Sturmschar, Katholischer Jung- 
m. ännerverb a.n d und Neudeutschland, Sankt-Georgs- 
Pfadfinder! Alle, alle willkoxnnien, herzlichst willkommen, und mit 
Ihnen auch willkommen alle die, die mit Ihnen im Geiste und mit dem 
Herzen gekommen sind, diese Hunderte, Hunderttausende, die 
mit Ihnen unter denselben schönen Fahnen, mit denselben schönen Ab- 
zeichen dem gütigen Gott, der Kirch© und dem Vaterland dienen, ja 
dienen wollen! 

Ja, so ist es, so haben Sie es Uns gesagt. Sie lieben Ihr großes 
Vaterland, Sie wollen ihm dienen in Treue und Liebe, und so muß es 
sein, geliebte Söhne. Denn Sie wissen es, daß auch wir 
Deutschland und Unsere deutschen' Söhne lieben, ja 
Wir können sagen, Wir lieben die ganze Welt, und Unsere Liebe gilt, 
Wir können sagen, his qui prope, his qui longe — denen, die nah und 
fern. 

Ja, geliebte Söhne, es freut uns innerlich in der Tiefe des Herzens, 
was Sie Uns so oft gesagt und bestätigt haben. Wir sagen .bestätigt'; 
denn Wir wußten schon. Wir waren schon davon überzeugt, daß Sie die 
Vertreter der ganze nkatholischendeuischenJugendsind, 
die sie in dieser ganz besonderen, in dieser so wich- 
tigen, so schweren, trüben undfürUnsauchso schmerz- 
vollen stunde vertreten, diese Jugend, die die beste 
Reserve für den Widerstand und für den Bestand des 
Christ katholischen Lebens in Deutschland ist. Denn, 
geliebte Söhne, schwere Stunden kommen und können so schwer sein, 
wie sie jetzt sind. Schwere Stunden können auch noch immer kommen. 
Es kann alles zweifelhaft werden, alles vielleicht in Gefahr kommen. 
Aber, geliebte Söhne, etwas ist ganz sicher, ja ganz sicher, ganz un- 
zweifelhaft: der gütige Gott, der allmächtige Gott wird 
mituns, nichtgegenunssein! 

Der auferstandene Erlöser .sagt uns allen und Ihnen ganz besonders, 
was ER den betrübten, furchtsamen Aposteln gesagt hat, geliebte Söhne: 

295 



,Nicht Furcht noch Zweifel soll Euch bedrücken; denn Ich werde immer 
bei Euch sein.' 

Geliebte Söhne! Mit solchen Gedanlcen, mit solchen Gefühlen wollen 
Wir Ihnen den 

väterlichenSegen 

erteilen, den zu suchen Sie hierher gekommen sind. 

Einen großen Segen wollen Wir Ihnen erteilen; denn das soll 
nicht nur für Sie alle, für einen jeden, der hier zugegen ist, genügen, 
sondern es soll Unser Segen auch allen gelten, die im Geiste mit Ihnen 
gelvommen sind. 

Wir sehen Sie alle vor Uns in einer großartigen, wahrhaft apokalyp- 
tischen Vision. Ein prachtvolles geistiges Schauspiel! 
Diese ganzp Jugend, die ganze katholische deutsche 
Jugend, die ganze deutsche Jugend. Und Wir wollen alle, 
alle, alle und jeden segnen. 

Alle, die mit Uns sind, auf daß sie immer mit Uns bleiben! 

Alle, die nicht mit Uns sind, auf daß Unser Segen allen zuteil werde, 
wie Sic es wünsclien: Ihren Familien, Verwandten, Freunden, allen, 
denen Sie wünschen, daß sie mit Ihnen gesegnet werden. 

Einen ganz besonderen Segen — Wir sind sicher, daß Wir Ihren 
Gefühlen Stimme verleihen — erteilen Wir Ihren verdienten Prie- 
stern u n d P r ä 1 a t e n, die sich mit Ihnen so besonders beschäftigen, 
die mit Ihnen stellen, mit Ihnen leben und für Ihre so schönen Organi- 
sationen so Wertvolles und Wichtiges leisten. 

Wir wollen Ihre Banner ganz besonders segnen; denn diese 
Banner sagen Uns so vieles, sie vertreten die ganze Organisation; ihnen 
also ganz besonderen Segen! 

Aber noch einen bedevitungsvollen Segen, geliebte Söhne, wollen Wir 
Ihren Bischöfen widmen, die voll väterlicher Liebe auf Sie schauen 
und die eine so große, glühende, so versprechende Hoffnung auf Sie 
setzen. Ja, Wir icönnen in Ihrem Namen bestätigen, was Sie Uns so oft 
gesclirieben und gesagt haben: ,Sie haben Ihre Bischöfe nicht 
enttäuscht, Sie haben auch den Vikar Christi nicht 
enttäuscht.' Wir wissen, geliebte Söhne, was Sie geleistet und ganz 
besonders der Katholisclien Alvtion geleistet liaben, was Sie noch immer 
leisten werden. Dafür einen ganz besonderen Segen! 

Wir bitten den gütigen, allmächtigen Gott, ER möge geben, daß 
Unser Segen auf Sie herabkommc, auf alle und auf jeden, und mit Ihnen 
bleibe. Dieser Segen bleibe nicht nur bei Ihnen für diesen l^urzen römi- 
schen Aufenthalt. — Auch der römische Aufenthalt sei der angenehmste 
und fruchtbarste. Wenn ein Besucher in seiner Jugend nach Rom Icommt, 
dann ist das immer etwas Einschneidendes im ganzen Leben, im gei- 
stigen Leben. — Bleibe also Unser Segen mit Ihnen nicht nur, solange 
Sie mit Uns hier in Rom weilen, sondern begleite SJe auch bei Ihrer 
glücklichen Heimkehr in Ihr Vaterland und Ihre Familien! 

Dann, geliebte Söhne, bitten Wir den gütigen Gott, daß Unser Segen 
allezeit mit Ihnen bleibe durch das ganze Leben, das noch vor 
Ihnen liegt. Dieses ganze Leben, welches für uns Alte schon hinter uns 
liegt als durchschrittener Weg, liegt vor Ihnen noch als unbegangener 
Pfad. Denn Ihr Leben steht vor Ihnen noch als Zukunft! 

Komme also Unser Segen zu Ihnen herab und bleibe immer mit 
Ihnen! Sie haben Uns ein so schönes Geschenk bringen wollen, und so 
freut es Uns, daß auch Wir Ihnen etwas geben können, zwar eine kleine. 
Sache, kleine Medaillen, unscheinbar zwar, aber sie passen zu allem 

296 



und "jedem, zu der so schönen Stunde. In der Erwartung, daß Wir Ihnen 
einst eine Kolpingsmedaille geben l<:önnen, geben Wir Ihnen 
jetzt die Medaijle des italienischen Kolpi ng, des heiligen Don 
B o s c 0. Wie Sie sehen, geben Wir sie eigenhändig dem Prälaten (Gene- 
ralpräses Wolker), damit sie an alle verteilt werden und damit jeder 
sagen darf und soll, er habe die Medaille aus der Hand des gemein- 
samen Vaters erhalten." 

So ehrte das Haupt der katholischen Kirche die 
katholische deutsche Jugend — und Deutschland? Deutsch- 
land empfing sie wie Staatsverbrecher, nahm ihr an der 
Grenze die Musikinstrumente, Kleidungsstücke, Wimpel und selbst 
die Don-Bosco-Medaillen ab: Ein Faustschlag ins Gesicht 
dessen, der diese Jugend damit beschenkt hatte! 



PapstPiusXI. erklärt: 

Religiosität ein Erziehungsziel, aber nicht das 
einzige Erziehungsmittel! 

In der Note vom 14. Mai 1934 wendet sich der Hl. Stuhl noch- 
mals mit aller Entschiedenheit gegen jegliche Einschränkung der 
katholischen Jugendarbeit, verlangt vielmehr volle Betäti- 
gung smöglichkeit der katholischen Jugendorganisationen: 

„Die staatlicherseits verlangte Beschränkung auf ,rein religiöse Be- 
tätigung' ist leider beireits zum Schlagwort geworden. Abgesehen davon, 
daß dieser sehr mißbräuchliche Begriff keineswegs etwas Neues dar- 
stellt, sondern ein altes Requisit aus dem Wort- und Pro- 
pagandaschatz liberalistischer Kirchenkämpfe einer 
noch sehr erinnerlichen Vergangenheit, auf dessen Ent- 
leihung die nationalsozialistische Staatsführung keinen übermäßigen 
Wert legen sollte, enthüllt sich dieser Begriff bei näherer Prüfung als 
eine Zweideutigkeit, mit der praktisch nichts anzufangen ist. Die 
Religiosität der Zielsetzung ist ein Prinzip, das die Kirche 
ohne weiteres als für sie verpflichtend und grenzziehend anerkennt. 
Wenn man aber darüber hinausgehend die Kirche auch auf die An- 
wendung rein religiöser Mittel beschränken will, so muß sie 
das als ,societas perfecta' nachdrücklich ablehnen. Auch die rein religiö- 
sen Zielen dienende Erziehung der heranwachsenden Generation im Geiste 
des. christlichen Glaubens kann nicht auf die Anwendung be- 
stimmter, den jugendlichen Bedürfnissen angepaßter 
Hilfsmittel verzichten, auch wenn sie ihrer Natur nach nicht 
rein religiös sind. Das der religiösen Erziehung als Ziel gesetzte 
religiöse Leben im Geiste christlichen Glaubens erschöpft sich 
nicht in Gottesdienst und .Wortverkündigung'. Ihr Ziel ist der 
ganze religiöse Mensch. Zu seinem stufenweisen Werden, Wach- 
sen und Reifen sind Gottesdienst und Wortverkündigung gewisse wesent- 
lichste und primärste, keineswegs aber die einzigen erzieherisch not- 
wendigen Mittel. Wer der Kirche solche Mittel verweigert, 
verletzt ihr gottgegebenes Recht und verurteilt sie 
zu einer H a Ib - E r z i eh u n g, deren letzter Schadensträger der 
lätaat selbst sein wird. Jede Lücke, jeder Riß in der religiö- 
sen Erziehung und inneren Mündigmachung eines Men- 
schen ist naturnotwendig ' auch eine Lücke, ein Riß in der sitt- 
lichen Fundanientierung seiner Staatsbürgergcsin- 
n u n g." 

Ki'euz und Hakenkreuz iO Bd. ri 90^ 



Papst Pills XL 

sorgt sich mit den deutschen Katholiken 

um die gefangenen katholischen Jugendführer. 

Als zwei Jahre später der Generalpräses des katholischen 
Jungmännerverbandes, M s g r. L. W o 1 k e r, und Generalsekretär 
C 1 e m e.n s verhaftet wurden, wandte sich der Hl. Stuhl mit einer 
besonderen Note um Aufklärung an die Reichsregierung. 

N. 1425/36 Aus dem Vatikan, den 23. April 1936. 

Euere Exzellenz! 

Gelegentlich der durch die Geheime Staatspolizei erfolgten Verhaf- 
tung der beiden katholischen Jugendtührer Msgr. Wolker und General- 
sekretär Clemens ist in aller Öffentlichkeit die Beschuldigung erhoben 
worden, daß die Betreifenden sich der staatsfeindlichen Zusammenarbeit 
mit dem Kommunismus schuldig gemacht hätten. , 

Angesichts der Schwere dieser Beschuldigung in Ver- 
bindung mit ihrer Ung laubwürdig keit für alle diejenigen, welche 
das Wirken und die Gesinnung der beiden genannten Priester kennen, 
wie auch angesichts der auffällig lang sich hinziehenden 
Untersuchung und der damit verbundenen Haft darf ich Euere 
Exzellenz imbesondereeunddringlichenAuftragSeiner 
Heiligkeit des Papstes ergebenst bitten, durch Rüclcfrage bei der 
Reichsregierung mich möglichst beschleunigt in die Lage zu 
versetzen, dem Hl. Vater zuverlässigen und eingehenden 
Bericht über die Feststellungen erstatten zu können, die behördlicherseits 
in der vorliegenden Angelegenheit gemacht worden sind. 

Mit dem Ausdruck vollkommener Wertschätzung verbleibe ich 

Euerer Exzellenz 

ergebenster 

iE. Card. PACELLI. 
Seiner Exzellenz 
Herrn Dr. Diego von Bergen, 
Deutscher Botschafter beim Hl. Stuhl 
Rom \ 

bb) Deutschlands Bischöfe kämpfen gleicher- 
weise für die katholische Jugend 

Deutschlands Oberhirten gedachten der katholischen Jugend 
und ihrer Vereinigungen fast in allen gemeinschaftlichen Hirten- 
briefen. Einiges sei daraus nochmals kurz wiederholt. 

Wenige Tage nach der Machtübernahme durch den NS betonten 
die deutschen Oberhirten nachdrücklichst: 

„In Geltung bleibt die so oft in feierlichen Kundgebungen an 
alle Katholiken ergangene Mahnung, stets wachsam und opfer- 
freudig einzutreten für den Frieden und die soziale Wohlfahrt des 
Volkes, für Schutz der christlichen Religion und Sitte, für die Frei- 
heit und die Rechte der katholischen Kirche und Schutz der kon- 
fessionellen Schule und der katholischen Jugendorgani- 
sationen." (29. März 1933.) 

298 



Im gemeinsamen Hirtenbrief vom Juni 1933 führen Deutsch- 
lands Bischöfe diese Forderung noch mehr aus, indem sie sagen; 

„Wollte die Kirche den reifenden oder schon erwachsenen Men- 
schen religiös sich selber überlassen, so würde sie damit ihre eigene seel- 
sorgerliche Aufgabe und das Wesen des Menschen verkennen. Aus diesen 
Erwägungen heraus sind unsere Jugendorganisationen entstan- 
den. Wer den Bestand derselben in ihren vielfachen Verzweigungen 
verwirft, dient damit dem Staatswesen schlecht, weil er die religiösen 
Kräfte verschmäht, die durch keine anderen ersetzt werden können. 

Wenn man einwendet, daß wenigstens der jugendliche Sport 
mit Religion und Kirche nichts zu tun habe, so verkennt man damit, 
daß Christentum und Kirche das gesamte Leben des Menschen 
umprägen vmd der körperlichen Ertüchtigung einen ganz anderen 
Charakter verleihen, als der rein natürliche Sinn es vermag." 

Im Hirtenbrief vom Jahre 1935 hören wir das Echo der deut- 
schen Bischöfe auf die Alarmtrommel der „Frühjahrsoffensive der 
Hitler- Jugend": Es wird den Eltern ernst, wenn auch in vorsich- 
tigen, aber für jeden Kenner deutlichen Worten ins Gewissen ge- 
redet, ob sie vor Gott es verantworten können, ihre Kinder in die 
Jugendorganisationen der Partei zu senden: 

„Katholische Eltern! Viele von euch stehen vor der Frage, 
ob sie ihre heranwachsenden .Söhne und Töchter in Jugendverbände 
schicken sollen. Von zuständigen Staatsstellen wurde wiederholt erklärt, 
der Eintritt in die staatlichen Verbände solle ein freiwilliger, nicht 
ein erzwungener sein. In jedem Fall ist es für euch eine heilige Pflicht, 
euere Kinder nur in solche Verbände zu schicken, in 
denen die religiöse Überzeugung geachtet, die sitt- 
liche Reinheit nicht bedroht, zur Erfüllung der Sonn- 
tagspflicht grundsätzlich und tatsächlich Gelegen- 
heit geboten, das katholische Ehrgefühl nicht durch 
Schmähungen gegen kirchliche Personen oder durch 
Fälschungen der Kirchengeschichte verletzt und die 
Freiheit des Gewissens gewahrt wir d," 

Der katholischen Jugend selbst sagen die Bischöfe: 

„Stehe fest im Glauben, katholische Jugend! Eine Freude 
ist es uns Bischöfen, den Mitgliedern der katholischen Jugendverbände 
Lob und Anerkennung auszusprechen. Durch den Eintritt in diese Ver- 
bände haben sie ein tapferes Bekenntnis abgelegt, und trotz bitterer 
Vorkommnisse sind sie ihrem Verband treu geblieben. Die katholische 
Jugend wird auch weiterhin Selbstbeherrschung und Disziplin üben und 
nicht nach jugendlicher Art Gewalt gegen Gewalt setzen. Selbstver- 
ständlich wird sie sich denstaatlichen Anordnungen in 
bezug auf uniformähnliche Einheit st rächt und ge- 
schlossenes öffentliches Auftreten fügen, bis eine an- 
dere Regelung getroffen wird. 

Wir Bischöfe haben das Vertrauen: Diese katholische Jugend wird 
auch weiterhin vorbildlich bleiben in der Ehrfurcht vor der elter- 
lichen Autorität, vorbildlich in der Treue zur Kir(;he, in der Treue zu 
ihrem Verband, vorbildlich m der sittlichen Reinheit und in der ge- 
samten Lebensführung, und damit abrücken von jenem ehr- 
furchtslosen, vorlauten Wesen, das befehlen will, 
bevoresgehorchenlernte. 

Auch den übrigen katholischen Vereinen, den Männer- 
und Frauenvereinen, wird von den Bischöfen dankbare Anerkennung 

299 



ausgesprochen. Ihre Mitglieder haben ihre religiöse Überzeugung im 
Feuer erprobt. Sie haben große Opfer gebracht in Treue zu ihrem 
\'ereni und haben auch dem Staat gegenüber ihre staatsbürgerlichen 
Pflichten erfüllt. In den letzten Wochen wurden die katholischen Ver- 
bände, besonders die J u g e n d v e r b ä n d e, mit kommunisti- 
scher Jugend in Verbindung gebracht. Man hat ihnen 
u n r e c h t g e t a n. Die katholischen kirchlichen Verbände sind dem 
deutschen Volk und Vaterland in Opfermut und Treue ergeben. Sie 
lehnen jede staatsfeidliche Haltung oder Handlung von Mitgliedern ab. 
Niemals istan katholischeJugendverbändeein Bünd- 
nis a n g e b o t kommunistischer Jugend oder sonst von 
kommunistischer Seite gerichtet worden. Selbstverständ- 
lich wäre jeder derartige Versuch sofort zurückgewiesen worden." 

Gleichzeitig mit diesem Appell an die Öffentlichkeit ging ein 
ernstes Bischofswort an den Führer und Reichs- 
kanzler zugunsten der katholischen Jugend. (Denk- 
schrift der deutschen Bischöfe zur religiösen kirchlichen Lage, 
August 1935.) Wir wiederholen einige besonders kräftige Stellen: 

„Wir verstehen nicht, wie Regierungsstellen so tiefvmter 
die staatsmännische Linie herabsinken können, daß 
sie über die Farbe von Hemd und Hose der Jungmänner 
strenge Vorschriften erlassen und den jungen Menschen, 
denen unser Herrgott eine schöne Heimat und gesunde Glieder gab, das 
gemeinsame Wandern und Singen in ihrer Heimat, das Spie- 
len und Turnen mit ihren gesunden' Gliedern verbieten wollen. Solche 
Verbote greifen an ein Naturrecht. Trotzdem verpflichten 
wir die katholische Jugend, sich an diese staatlichen Uniformverbote zu 
halten, bis weitere Regelung getroffen wird. 

So aber, wie heute noch der Geist in den staatlichen 
Jugendorganisationen und Jugendlagern ist, bei diesem 
Hal5 gegen Christentum und Kirche, bei diesen Vorurteilen gegen alle 
katholischen Altersgenossen, können wir katholische Eltern 
nicht verpflichten, ihre Kinder in die staatlichen Jugendorgani- 
sationen zu schicken. Ja, wir müssen die katholischen El- 
tern warnen, ihre Söhne solchen Führern a n z'u v e r - 
traue n, die planmäßig und zielbewußt das Christentvim und seine Ver- 
treter als Widerspruch mit dem deutschen Wesen verächtlich machen 
und so die Jugend in ihrem Glauben erschüttern und in ihrem Ge- 
wissen belasten. Katholische Eltern haben uns erklärt: ,Solange das 
Wort des Reichsjugendführers vom 5. 1. 1934 im Preußenhaus zu Berlin: 
,Der Weg Rosenbergs ist auch der Weg der deutschen 
J u g e n d' nicht zurückgenommen wird, solange die Staatsjugend auf 
Tagungen und in Lägern nicht grundsätzlich an Sonn- und Feiertagen 
Gelegenheit zum Gottesdienst erhält, solange dort solche Feindseligkeit 
in religiösen Fragen und solcher Haß gegen alles Katholische an die 
Jugend herangetragen werden, solange unsere Söhne also nicht mit- 
machen können ohne Gefahr, ihren Glauben zu verraten und ihr Ge- 
wissen zu verwirren, solange können wir Eltern unsere Kinder nicht 
in die Staatsjugend schicken'." 

In dem Begleitschreiben, welches Kardinal Faulhaber zu 
der Denkschrift gab, hieß es: 

„Des weiteren haben die Bischöfe in der Denkschrift auf den Ver- 
nichtungskampf gegen die katholischen Vereine hin- 
gewiesen und auf das Trommelfeuer von Verordnungen, die in den letz- 
ten Wochen über die katholischen Vereine niedergingen. 

300 



ö 



Einerseits wird der Eintritt in die HJ als freiwilliger erklärt, 
anderseits wird durch neue Verordnungen auf die Beamten und An- 
gestellten in den Betrieben ein schwerer Gewissenszwang aus- 
geübt, ihr-e Kinder in die HJ zu schicken. 

Wir richten an den Führer die Bitte, die kirchen feindliche 
Einstellung der staatlichen Jug e n dverbände zum 
Schweigen zu bringen und ein autoritatives Wor^ zu sprechen, auf daß 
an Sonn- und Feiertagen denen, die sich aus der Staatsjugend freiwillig 
zum Gottesdienst melden, grundsätzlich und wirklich Gelegenheit dazu 
gegeben werde." 

Im Hirtenbrief 1936 sprachen die deutschen Bischöfe kurz, aber 
deutlich genug über die Glaubens- und Sittengefährdung der 
Jugend, wenn sie sagten: 

„Wir können es nicht begreifen, daß man die heranwachsende 
deutsche Jugend den christlichen Einflüssen häufig entzieht, um sie auf 
christusfeindliche Ideen festzulegen oder durch interkonfessionelle Ver- 
mischung um die Lebenskraft ihrer katholischen Überzeugung zu brin- 
gen." 



Diebayer^ischenBischöfe 

nannten in ihrem ersten Hirtenwort unter der nationalsozialistischen 
Herrschaft (vom 5. Mai 1933) die Samrhlung und Betreuung der 
Jugend in besonderen Vereinen 

„e i n a 1 1 e s Recht der Kirche" 

„LangebevoranderesichumdieseJugendangeno m- 
men haben, hat die Kirche sie gesammelt in unpolitischen 
katholischen Vereinen, welche die körperliche und seelische, die religiös- 
sittliche und berufliche Ertüchtigung zum Ziele haben und insbesondere 
auch Heimat- und Vaterlandsliebe pflegen, Rund eine und eine 
halbe Million Jugendliche sind in diesen Vereinen zusammen- 
geschlossen. Mit unendlichen Mühen und Opfern arbeiten katholische 
Geistliche und Laien an ihrer Weiterbildung und Erziehung; der gute 
Geist und die vortrefl'lichen Leistungen der Mitglieder dieser Organi- 
sationen sind allgemein anerkannt. 

Auf dem Gebiete der sozialen Gesinnung und Einrich- 
tungen stehen manche unerreicht da. So bietet z.B. der Katho- 
lische Gesellenverein seinen Mitgliedern in seinen 4 3 9 Ge- 
sellenhäusern im ganzen deutschen Vaterland und auch in der 
Fremde ein Heim. Auch auf dem Gebiete der körperlichen Er- 
tüchtigung stehen die katholischen Jttgend vereine nicht hinter ande- 
ren Vereinigungen zurück. Dies gilt insbesonders von der Deutschen 
Jugendkraf t." 

„Rollt die Fahnen ein und gebt sie ins Heiligtum!" 

Als aber die dräuenden Wolken nationalsozialistischen Hasses, 
Zwanges und Raubes immer dichter und dunkler wurden, „eine 
Flut von Erlassen" über die konfessionellen Vereine erging, gab 
das Erzbischöfliche Ordinariat München am 30. Juli 1935 nach- 
folgende Anordnung: 

,.Betreff: Aufbewahrung der katholischen Vereinsfahnen. 
Die Verfügung der Bayerischen Politischen Polizei vom 12. 6. 1935 
betreffs Beteiligung katholischer Vereine an der Fronleichnamsprozes- 

301 



slon, die Rede des Herrn Reichsministers Dr. Frick am 7. 7. 1935 in Mün- 
ster, der Erlaß des Preußischen Ministerpräsidenten Göring vom 18. 7. 
1935, die Anweisung des Herrn Reichsinnenministers vom 20. 7. 1935 an 
die Landesregierungen, den konfessionellen Jugendverbänden das Tragen 
von Uniformen sowie das geschlossene öffentliche Auftreten mit Wim- 
peln und Fahnen zu verbieten, die Erneuerung des Doppelmitglied- 
schaftsverbotes durch den Reichsleiter der Deutschen Arbeitsfront, Dr. 
Ley, am 22, 7. 1935, endlich die Anordnung des Reichsführers SS Himm- 
ler, stellv. Chefs und Inspekteurs der preuß. Geheimen Staatspolizei und 
politischen Polizeikommandeurs der übrigen Länder, vom 23. 7. 1935 füh- 
ren dazu, daß die katholischen Jugend- und Jungmännervereine ihre 
Fahnen und Wimpel überhaupt nur mehr bei rein religiösen Anlässen, 
und Festlichkeiten mittragen dürfen. 

Staatstreu und gehorsam, auch wenn es harte Opfer bringen heißt, 
rollen wir darum die geweihten Fahnen der Katholischen Jugend-, Jung- 
männer- und Jungmädchenvereine (auch Gesellen- und Burschenvereine) 
ein und geben sie als ein Votivgeschenk der katholischen Jugend 
in das Heiligtum der Kirche, so wie Krieger ihre Ehrenzeichen an Wall- 
fahrtsorten u. ä. niederlegten." 

„B i s z u 1 e t z t t r e u !" 

Diese Vorsorge war zeitig, aber* berechtigt; denn den ver- 
einzelten Fällen der Wegnahme von Vereinsf ahnen und Vereins- 
vermögen folgte am 20. Januar 1938 die Auflösung des ganzen 
Katholischen Jungmännerverbandes und' all seiner Untergliede- 
rungen, ebenso der Marianischen Jungfrauenkongregationen und 
des Bundes „Neudeutschland", dazu die Beschlagnahnie ihres 
ganzen Vermögens. 

Die Bischöfe Bayerns nahmen diesen polizeilichen Gewaltakt 
nicht stumm und tatenlos entgegen, sondern führten laute Klage 
bei den Regierungsstellen und vor dem ganzen Volk (siehe S. 117: 
Hirtenbrief vom 6. Februar 1938). Besonders legten sie Verwahrung 
ein gegen die unerhörte und ungerechte Begründung der Verfügung, 
die sich auf die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz 
von Volk und Staat" vom 28. Februar 1933 zur Abwehr kom- 
munistischer, staatsgefährdender Gewaltakte 
stützte. Mit warmen Worten sprachen sie den verfolgten Mitgliedern 
dieser Vereine ihre volle Anerkennung aus für ihre Treue," ihren 
Glauben, ihre Tätigkeit, ihren Märtyrergeist: 

„Ihr seid Eurer heiligen Sache bis zuletzt treu geblieben. Was 
Euch lieb und heilig war, Euer Banner und Euer Verband, sind 
Euch durch höhere Gewalt genommen. Was Euch noch mehr lieb und 
heilig ist, Christus und seine Kirche, können sie Euch 
durch keine Gewalt nehmen." 

„In all dem bleiben wir siegreich !'* (Rom. 8,37) 

Die katholische Jugend blieb diesem Liebsten und Heiligsten, 
Christus und seiner Kirche, auch weiterhin treu: im Herzen und 
vor den Menschen. „Weder Herrschaften noch Gewalten konnten 
sie trennen von der Liebe Gottes" (Rom. 8,38f.). So oft sie auf- 
gerufen wurde zu einer Generalkommunion, zur Adventsandacht, 

302 



Passionsfeier, Glaubenskundgebung (Dreifaltigkeitssonntag), Fron- 
leichnamsprozession, Michaelsfeier, Christkönigsweihe u. ä., immer 
erschien sie zu Tausenden, so daß die größten Kirchen Münchens 
sie nicht fassen konnten. Und mochten Hitlerjungen während der 
Andacht an den Fahrrädern der in der Kirche betenden katho- 
lichen Jugend die Reifen zerschneiden, die katholischen Jung- 
männer und Jungmädchen kamen nächstesmal doch wieder zur 
kirchlichen Jugendfeier. 

Am Fronleichnamsfest feierten sie zuerst auf dem weiten Dom- 
platz das hl, Meßopfer mit und bereiteten dem Heiland eine wür- 
dige Wohnung in ihren Herzen, dann zogen sie mit ihm zu vielen 
Tausenden durch die Straßen der Stadt, singend und spielend und 
betend. Statt der bunten Banner mit dem alten Christuszeichen 
trugen sie nun blumengeschmückte Kruzifixe. 

„Ich habe nbch andere Schafe, die nicht aus dieser 

Hürde sind" (Jo. 10,16) 

Der Bischöfe Sorgen ging aber unvermindert auch 
weiterhin auf die, welche indie staatliche Jugend und 
zvi ihren Veranstaltungen gezwungen wurden. In 
immer neuen Eingaben ah die verschiedensten Stellen, insbesonders 
an die HJ-Leitung und an das Reichsministerium für die kirch- 
lichen Angelegenheiten, drangen sie darauf, daß der HJ und dem 
BDM der Besuch des Gottesdienstes gestattet imd ermöglicht werde. 
Immer wieder protestierten sie gegen das Verbot, in Uniform am 
Gottesdienst teilzunehmen; denn dieses Verbot machte die Beteili- 
gung am Gottesdienst praktisch unmöglich, so z. B., wenn dem 
Gottesdienst zum Schulbeginn sofort die feierliche Fahnenhissung 
folgte, wobei die HJ in Uniform zu erscheinen hatte. Ähnlich war 
es bei den sommerlichen Lagern, im Gau Oberbayern „Hochland- 
lager'' genannt. Jungens und Mädels mußten hiezu in ihrer Uniform 
erscheinen, durften aber in dieser nicht zur Kirche gehen. Im Lager 
selbst wurde ja trotz aller Gesuche und Angebote kein Gottesdienst 
zugelassen, Sondergottesdienste, die in der Nähe abgehalten wurden, 
begegneten zumeist ebenfalls größten Schwierigkeiten. Oft wurde 
der Lagerdienst so angesetzt, vielfach im letzten Augenblick, daß 
die jungen Leute überhaupt nicht aus dem Lager konnten oder nur 
unter größten Opfern (abgesehen von Verspottung usw.). Mit 
Schreiben vom 16. Juni 1936 mußte das Erzbischöfliche Ordinariat 
München bei der Leitung der HJ im Gebiet Hochland nicht weniger 
als acht Beschwerdepunkte wegen religiöser Verstöße im Lager 
Lenggries im Jahre 1935 vorbringen. 

Als all diese Schritte bei der HJ-Leitung nichts oder wenig 
nützten, wandten sich die Bischöfe in einem eigenen Kanzelwort 
vom 31, Mai 1937 an die katholischen Eltern selbst mit 
der Mahnung: 

303 



„Katholische Eltern! Schärft Euren Kindern eindringlichst ein, daß 
sie auch im Hochlandlager Sonntag für Sonntag der hl. Messe beiwohnen 
und sich durch nichts von der Erfüllung dieser Pflicht abhalten lassen. 

Ermuntert sie, sich offen zum Besuch des Gottesdienstes zu melden 
und gegebenenfalls auch dafür das Opfer früheren Aufstehens oder eines 
kleinen Marsches zu bringen. 

Gebt Euren Kindern auch das Nötigste an Zivilkleidern mit, da nach 
yei-ordnung der HJ- Gebietsleitung die Kirche nicht in HJ-Üniform be- 
treten werden darf!" 

Zu diesem .Kanzelwort hinzu wurden die Seelsorger am 
2. Juni 1937 noch verpflichtet, die Hitlerjungen, die ins Hochland- 
lager gehen wollten, einzeln zu mahnen, ihre religiösen Pflichten 
auch weiterhin und trotz Schwierigkeiten zu erfüllen; außerdem 
sollten sie die Eltern aneifern, ihren Kindern ein kurzes Schreiben 
mitzugeben, in dem sie ihren Willen kundgäben, daß ihre Kinder 
regelmäßig den Gottesdienst besuchen. 

Bischöfliche Warnung vor dem „Deutschen 

Jungvolk" 

Das Jahr vorher hatten sich die Bischöfe bereits in einem 
anderen Anliegen an die katholischen Eltern gewendet in der Frage, 
ob sie guten Gewissens ihre zehn- bis zwölfjährigen Kinder in das 
„Deutsche Jungvolk" eintreten lassen könnten. Kardinal 
Faulhaber ließ am Weißen Sonntag 1936 von allen Kanzeln 
verkünden: 

„,., Somit werden viele Eltern vor die Gewissensfrage ge- 
stellt werden, ob sie ihre Kinder freiwillig in das ,Deutsche Jungvolk' 
schicken wollen. Deshalb halte ich es für meine Pflicht, deutlich aus- 
zusprechen, daß von der Reichsjugendführung heraus- 
gegebene Schriften, wenn und solange sie in der gleichen Weise 
wie vielfach bisher Aufsätze und Beiträge veröffentlichen, die die Grund- 
lagen der christlichen Religion zu untergraben oder die katholische 
Kirche und ihre Einrichtungen verächtlich zu machen geeignet sind, z u 
jenen Schriften gehören, diezu lesen und aufzubewah- 
ren vor dem christlichen Gewissen und durch das verbindliche Gesetz 
der katholischen Kirche verboten sind. 

Katholische Eltern, die freiwillig ihre Kinder der Führung solcher 
Personen unterstellen, die ihre Gesinnung, ihr Sprechen und ihr Han- 
deln nach den gekennzeichneten, in dem genannten . Schrifttum hervor- 
tretenden, dem katholischen Christentum feindlichen Auffassungen ge- 
stalten, werden es vor Gott verantworten müssen, wenn 
ihre Kinder dadurch dem katholischen Glauben und 
dem ehr i s 1 11 che n L e b e n entfremdet werden sollten. 

Gewissenhafte Eltern werden daher die zur Aufnahme in das Jung- 
volk erforderliche Zustimmung nur dann geben, wenn und so- 
lange sie sicher sind, daß jene Führer, denen sie ihre Kinder anver- 
trauen, diese nicht in. dem voi-bezeichneten für Glaubensfreude und 
Christustreue gefährlichen Sinne beeinflussen werden . . ." 

Daß die Freiheit der Eltern, die Entscheidung über den Eintritt ihrer 
Kinder in das Deutsche Jungvolk ohne Zwang und nach eigener Ge- 
wissensentscheidung zu treffen, nicht beschränkt werden soll, hat der 
Führer des Jungvolks im Gebiet Westfalen bei der Werbung für den 

304 



Eintritt in der Presse am 4. März 1936 erneut ausdrücklich betont, indem 
er schreibt: 

„Abschließend sei gesagt, daß fiär uns bei der Eingliederung der 
zehn-, eil'- und zwölfjährigen Jungen das Prinzip der unbeding- 
ten Freiwilligkeit gilt! Es wäre niemals im Sinne des Führers, 
wollten wir nun etwa mit Hilfe der Lehrerschaft einen Druck auf alle 
Jungen, die noch nicht in unseren Reihen sind, ausüben." 

Leider wurde aber das hier und anderwärts so stark betonte 
„Prinzip der unbedingten Freiwilligkeit" tausendfach verleugnet 
und tatsächlich stärkster Druck auf die Kinder und Eltern aus- 
geübt, bis dann überhaupt die HJ und ihre Gliederungen einfach 
zur Staatsjugend erklärt wurden und so praktisch nur noch e i n 
Jugendzwangsverein bestand. 



cc) Die Jugend selbst wehrt sich gegen den Zwang. 

Die Jugend bäumte sich ebenso gegen diesen Organisations- 
druck wie gegen den religiösen, vielfach antireligiösen Geist der 
HJ auf und sprach immer entschiedener ein 

„Nun erst r e ch t^ ni ch t !" 

Schon während der langwierigen Verhandlungen des Heiligen 
Stuhles und des deutschen Episkopates mit der Reichsregierung 
über das Weiterbestehen der katholischen Jugendorganisationen 
hatten diese von. sich aus eine mächtige Aktion gegen die Unter- 
drückungsversuche und Verleumdimgen in Szene gesetzt, eine 
,,Ostergabe für den Heiligen Vater und die deutschen Bischöfe". 
Ein Aufruf hiefür ist wohl wert, hier voll wiedergegeben zu werden: 

Katholische Deutsche Jugend! 

Wir wenden uns an alle, die bis heute mit uns unseren Führern in 
den katholischen Verbänden trotz mancher Schwierigkeiten die Treue 
gehalten haben. 

Wir vertrauen fest darauf, daß jeder katholische Junge, dem auch 
in Zukunft dtese Treue heiligste Verpflichtung bedeutet, den Mut hat, 
seine Haltung zu bekennen. 

Katholische Deutsche Jugend! 

Du weißt, wie sehr man sich trotz der Verhandlungen zwischen dem 
Heiligen Vater und der Reichsregierung schon heute bemüht — und zwar 
auf eine uns katholische Jungen tief verletzende Weise — , unseren Ver- 
bänden die Betätigungsmöglichkeiten zu nehmen. Wir haben es erlebt, 
daß Jungen weinend von uns gehen mußten. 

Du weißt, mit welchen Vorwürfen man unsere priesterlichen Führer 
überschüttet. Erst jüngst wieder behauptete man, die katholischen 
Jugendverbände beständen nur wegen des „konfessionellen 
Eigensinnes" der Führer. 

Du weißt, daß durch das lange Schweigen über das, was aus uns 
werden soll und durch die dauernden Anfeindungen vielfach eine Un- 
sicherheit über der Arbeit der Verbände liegt. 

305 



Katholische Deutsche Jugend! 

Wir wollen wieder Mut haben im Glauben an die große Aufgabe, 
die uns gesetzt ist. 

Darum sind in Deutschland' katholische Jungen aufgestanden und 
haben ihren Führern eine Erklärung, von allen unterschrieben, in die 
Hände gelegt mit dem Versprechen, bis zur endgültigen Entscheidung 
des Hl. Vaters die Treue zu halten und sich dann restlos seinen Weisun- 
gen zu unterwerfen. 

Wir schicken diese Erklärung in die deutschen Lande, damit alle 
es uns gleich tun und durch ihre eigenhändige Unterschrift bekunden, 
daß sie sich nicht unter einem „moralischen Druck" fühlen, sondern 
aus eigenste rund freiester Entscheidung zu unseren 
Verbänden stehen. 

Wir wollen diese Aktion durchführen als die geschlossene 
katholische Jugend. Darum helft alle mit aus dem Jungmännerverband 
und seinen Unterorganisationen, aus dem Neudeutschen Bunde, den 
Jünglings-Sodalitäten der Marianischen Kongregation, aus dem Gesellen- 
verein, dem JKKV*), der Deutschen Jugendkraft, und aus allen anderen 
männlichen Jugendorganisationen, die unter geistlicher Führung stehen. 

Wir haben von dieser Erklärung je einen Abzug an den Hwst. Herrn 
päpstlichen Nuntius, an alle deutschen Bischöfe und an die Zentralen 
der verschiedenen Verbände geschickt. 

Wir möchten, daß sich unsere geistlichen Führer nicht 
an dieser Aktion beteiligen, damit in keiner Weise der Anschein eines 
moralischen Druckes erweckt werden kann. 

Um die technische Durchführung möglichst schnell zu erledigen — 
die katholischen Jugendverbände Heiligenstadts haben alle Vorberei- 
tungen selbständig und ohne jede Hilfe getroffen — , schicken wir die 
Erklärungen an die Diözesanleiter des Jungmännerverbandes, die sie an 
einen zuverlässigen und tüchtigen Jungführer jeder Pfarrei weitergeben. 

Es bekommt jeder Jungführer für eine Pfarrei einen Abzug der 
Erklärung und des Begleitschreibens. 

Wir bitten die mit der Durchführung betrauten Jungführer, diese 
Aktion sofort in Gang zu setzen. 

Es mögen dann die Mitglieder aller Verbände, an die sich unser 
Aufruf wendet, und auch alle sonstwie interessierten Jungen auf einem 
Bogen (möglichst Dinformat) der von uns nicht mitgeliefert werden 
kann, ihre eigenhändige Unterschrift setzen. (Die Unterschrift soll unter 
allen Umständen freigestellt werden.) 

Dann sollen diese Erklärungen mit den Unterschriften 
direkt an das Jugendhaus Düsseldorf gesandt werden. 

Die Unterschriften gehen zu treuen Händen, und es wird mit ihnen 
kein Mißbrauch getrieben. -, Wir wünschen nur, daß einmal die Wahr- 
heit klargelegt wird und wollen ihr offen ins Auge sehen. Die Unter- 
schriften sollen nur feststellen, wie die katholische Jugend denkt, und 
stellen keine Bindung dar. 

Diese Kundgebung hat in keiner Weise den Charakter eines Kampfes. 
Unsere Parole kann niemals Kampf lauten, sie heißt Aufbau. 

Und nun bitten wir Euch alle: Greift mutig zu! Wir möchten, daß 
Ihr alle den Beifall und die Begeisterung gesehen hättet, die uns Jun- 
gen erfaßte, als wir am 13. März diese beiliegende Erklärung unseren 
geistlichen Führern als Treue versprechen überreichten, und bitten Euch, 
daß Ihr mit derselben Selbstlosigkeit alle zeitlichen und auch die kleinen 
finanziellen Opfer bringt, vor denen auch die Jugend Heiligenstadts nicht 
zurückgeschreckt ist. 



•) Jugend kath. kaufm. Vereine. 

306 



Wir bitten Euch, liebe Freunde, dafür zu sorgen, daß diese Unter- 
schriften bis zum 29. März (Gründonnerstag) im Jugendhaus zu Düssel- 
dorf eingelaufen sind. 

Es wäre ein machtvolles und großartiges Bekenntnis der katholischen 
deutschen Jugend, wenn wir diese Erklärung als Ostergabe in 
die Hände unseres Heiligen Vaters und unserer deutschen Bischöfe 
legen könnten. 

Für den Führerring der katholischen Jugendverbände Heiligenstadts. 

Reinhold Heißenberg, Heiligenstadt (Eichsfeld), 
Lindenallee 21. 

Im nachfolgenden die vorgeschlagene 

„Erklärung der katholischen Jugend". 

Nach einer Erklärung der Korrespondenz des Reichsjugend- 
führers scheitert die Eingliederung der katholischen Verbände 
nicht an der Überzeugungstreue ihrer Gefolg- 
schaft, sondern lediglich an den höheren Führern. 

Durch die Hitlerjugend müsse ferner die katholische Jugend 
erst wieder deutschden kenlernen. 

Hierzu erklärt die katholische Jugend in freier, von ihren 
Führern unbeeinflußter Entscheidung: 

1. Mit Stolz und in dankbarer Verpflichtung stehen wir z u 
unseren priesterlichen Führern. Wir lassen uns in 
der Treue von niemandem übertreffen. 

2. Die katholische Jugend kennt ihren Weg und ihre Aufgabe. Sie 
ist bereit, diesen Weg auch unter schweren und schwersten 
Verhältnissen zu gehen und ihrer Aufgabe treu zu bleiben. E s 
ist nur Ausdruck ihres eigenen Willens, wenn sie 
in dieser schweren Stunde von ihren Führern nicht aufgegeben 
wird. 

3. Die katholische Jugend braucht nicht erst wieder 
deutsch denkenzulernen. Aus unserem Katholisch- 
sein ergibt sich als Selbstverständlichkeit die richtige 
Wertung des Nationalen. 

4. Wir wollen dem Staate geben, was des Staates ist, aber auch 
der K i rche, was der Kirche ist. Neben der organi- 
satorischen Jugenderziehung des Staates besteht eine ent- 
sprechende der Kirche nach göttlichem Recht. Die katho- 
lische Jugend lehnt die Ausschließlichkeit des 
Entweder — Oder grundsätzlich, ab. Es ist uns un- 
verständlich, daß man bei den kirchlichen Organisationen den 
für jede Gemeinschaft notwendigen Lebensraum als überflüssig 
verw^eigert, ohne den man die staatlichen Organisationen selbst 
nicht aufbauen zu können behauptet. 

Staatspolitische Vorträge allein schaffen nie eine 
lebendige Staatsjugend; religiöse Vorträge 

307 



allein aber ebensowenig eine lebendige junge Kirche 
als Träger der katholischen Aktion. Diese braucht für ihre gewiß 
nicht minder wichtige Aufgabe ebenso wie die Staatsjugend die 
hohen erzieherischen Werte des Gemeinschafts- 
lebens und der Gemeinschaftsarbeit. Das zu ver- 
kennen und zu hemmen, heißt die Arbeit für Gott und die 
Kirche geringer schätzen als die Arbeit für den Staat. 

5. Besonders unentbehrlich ist diese katholische 
Jugenderziehung trotz aller Bestreitung gerade i n 
heutiger Zeit. Allzusehr hat der offene, selbst an die Jugend 
herumgetragene Kampf gegen die christlichen Konfessionen im 
heutigen Volk und in der heutigen Jugend Verwirrung und 
Unsicherheit geschaffen. Um so fester muß dagegen die katho- 
lische Jugend stehen, um so straffer ihre Organisation sein. 

6 Die katholische Jugend erklärt hiemit feierlichst: Sie läßt 
nicht von ihren Organisationen und ihren Füh- 
rern aus Treue. Wir bedauern aufs tiefste jeden Versuch, 
durch Druck oder Gewalt die Überzeugungstreue und den Be- 
kennermut, zwei der unersetzlichsten und wichtigsten Güter 
unseres deutschen Volkstums, zu brechen. Wir wollen 
lieber eine ehrliche und mutige Überzeugung 
inEhrenalsfeigesundüberzeugungslosesKon- 
junkturschwenkertum. Die katholische Jugend braucht 
sich zudem ihrer Vergangenheit nicht zu schämen und hat nichts 
zu verleugnen. 

7. Wir sind der Überzeugung, daß wir durch diese Haltung, gerade 
weil wir rückhaltlos zu unserer Kirche stehen, auch unserem 
deutschen Vaterlande am besten und für die Dauer dienen. 

(Ort), am ... . 1934. 

Ganze Schul klassen streiken gegen HJ-Zwang 

Ein interessantes Parallelstück bietet ein Bericht über ein 
Vorkommnis in der Ludwigs-Realschule zu München, bei dem 
leider das Jahresdatum fehlt: 

„Vor den Weihnachtsferien verlas der Turnlehrer 3 — 4 Strophen des 
Liedes, das nach dem Erlaß des Kultusministers in Zukunft beim 
Fahnenhissen und Einzug gesungen und darum bald auswendig gelernt 
werden sollte. Die Oberklassen aber streikten sofort. In der Pause 
ließen mehrere Klassen durch ihre Vertreter dem Klassenführer von 6a 
zur Weitergabe an den Professor sagen: 

1. Wir sind keine kleinen Kinder, die Verslein aus- 
wendiglernen. 

2. Wir beten keinen Tuch fetzen an, auch wenn er 
HJ-Fahneist. 

Auf den Einwand, . daß es doch eine Verordnung sei, die befolgt 
werden müsse, wurde erklärt: ,Dann zahlen wir kein Schulgeld mehr 
und treten überhaupt aus'." 

308 



Allzu straff gespannt bricht der Bogen! 

Auf der deutschen Jugend wurde in den Jahren des National- 
sozialismus viel herumgehämmert. Aber viele ließen sich dadurch 
nicht „breitschlagen", sondern formten sich erst recht unter diesen 
Kammerschlägen. 

Bischof Galen von Münster drückte dies klassisch aus mit den 
Worten, die verdienen, hier wiederholt zu werden: „Wir sind 
Amboß, nicht Hammer! Ihr könnt eure Kinder, das edle, aber noch 
ungehärtete und ungestählte Rohmaterial, leider den Hammer- 
schlägen der Glaubensfeindlichkeit, der Kirchenfeindlichkeit nicht 
entziehen. Aber auch der Amboß formt mit. Laßt euer Elternhaus, 
laßt eure Elternliebe, laßt euer vorbildliches Christenleben der 
starke, zähe, feste, unerschütterliche Amboß sein, der die Wucht 
der feindlichen Schläge auffängt, die noch schwache Kraft der 
jungen Menschen immer wieder stärkt und befestigt in dem heiligen 
Willen, sich nicht verbiegen zu lassen aus 'Üer Richtung zu Gott." 

b) Der Kirche Soijge und Kampf für die katholischen Standesvereine. 

Neben der wertvollen Vorhut und Edelgarde der katholischen 
Vereine, den katholischen Jugendvereinen, vergaß die 
Kirche keinen Augenblick das große Heer ihrer in den religiösen, 
kulturellen, berufsständischen und caritativen Vereinen gesammelten 
Elite. Für sie hatte sie 

Artikel 31 des Reichskonkordates 

durchgesetzt: 

Diejenigen katholischen Organisationen und Ver- 
bände, die ausschließlich religiösen, rein kulturellen und caritativen 
Zwecken dienen und als solche der kirchlichen Behörde unterstellt sind, 
werden in ihren Einrichtungen und in ihrer Tätigkeit 
geschützt. 

Diejenigen katholischen Organisationen, die außer religiösen, kul- 
turellen oder caritativen Zwecken auch anderen, darunter auch so- 
zialen und berufs ständischen Aufgaben dienen, sollen un- 
beschadet einer etwaigen Einordnung in staatliche Verbände, den Schutz 
des Artikels 31 Absatz 1 genießen, sofern sie Gewähr dafür bieten, ihre 
Tätigkeit außerhalb jeder politischen Partei zu entfalten. 

Die Feststellung der Organisationen und Verbände, die unter die 
Bestimmungen dieses Artikels fallen, bleibt vereinbarlicher Ab- 
machung zwischen der Reichsregierung und dem deutschen Episkopat 
vorbehalten. 

Insoweit das Reich und die Länder sportliche oder andere Jugend- 
organisationen betreuen, wird Sorge getragen werden, daß deren Mit- 
gliedern die Ausübung ihrer kirchlichen Verpflichtun- 
gen an Sonn- und Feiertagen regelmäßig ei-möglicht wird und sie zu 
nichts veranlaßt werden, was mit ihren religiösen und sittlichen Über- 
zeugungen und Pflichten nicht vereinbar wäre. 

309 



aa) Kampf um die Auslegungsgrundsätze 

R K. A r t. 3 1 

In zähem Ringen erreichte die. Kirche am 
18, Juli 1934 fürArtikelSl folgendeAuslegungs- 
g r u n d s ä t z e : 

„Die katholischen Organisationen und Ver- 
bände, die in Abs. 1 aufgeführt sind, sollen ihr Eigen- 
leben völlig in sich führen können. Der Staat hat ihnen gegen- 
über keine weitergehenden Einmischungsbefugnisse, als sie sich 
aus der allgemeinen Treuepflicht der Staatsbürger gegenüber dem 
Staat an sich ergeben. 

Die katholischen Organisationen, die in Abs. 2 aufgeführt sind, 
können, müssen aber nicht in staatliche Verbände (Dach- 
organisationen) eingeordnet werden. Die Einordnung darf nicht 
ihr Vereins- und verbandsmäßiges Eigentum und 
Eigenleben, d. h. den katholischen Charakter und die Selb- 
ständigkeit in der Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben ein- 
schließlich der Führung der bisherigen Vereihs- 
tracht, der Abzeichenund Banner bei öffent- 
lichem Auftreten ausschließen. Sie sollen also ihre 
bisherigen Satzungen beibehalten, es sei denn, daß in diesen 
Satzungen Zwecke vorgesehen wären, die dem neuen Staat an sich 
zuwiderlaufen. Ihr Vorstand soll nach den bisherigen 
Vereinssatzungen bestellt werden. Soweit nicht die etwaige Ein- 
gliederung in staatliche Verbände die Befolgung von Vorschriften 
notwendig macht, die sich aus der Einordnung an sich ergeben, soll 
von Eingriffen in das Vereinsleben abgesehen 
werden. 

Die Mitglieder der katholischen Organisatio- 
nen dürfen irgendeinen rechtlichen Nachteil in 
Schule und Staat aus ihrer Zugeh örigkeit nicht 
erfahren. 

Die Reichsregierung setzt voraus, daß die katholischen Organi- 
sationen bei einer Eingliederung sich mitihren kirchlichen 
Behörden ins Einvernehmen setze n." 

Dementsprechend verordneten die deutschen 

Bischöfe: 

„Die Zentralverbände der katholischen Jugend melden, daß in 
Deutschland eine ganze Reihe von Pfarrern und Vereinspräsides 
auf Grund von Verfügungen untergeordneter Regierungsstellen oder 
Organen der SA oder HJ die eigenen katholischen Vereine auf- 
lösen, das Eigentum preisgeben oder eine Gleichschaltung vor- 
nehmen lassen. 

Um weitere Schäden von den katholischen Verbänden fern- 
zuhalten, wird unter Bezugnahme auf den Artikel 31 des Reichs- 

310 



konkordates und die zwischen dem Reichsministerium und den 
Bischöfen vereinbarten Auslegungsgrundsätze .daran erinnert, daß 
die bestehenden katholischen Organisationen in ihrem Bestände zu 
erhalten sind und kein Pfarrer oder Präses befugt ist, ohne aus- 
drückliche bischöfliche Genehmigung einen Verein aufzulösen oder 
ihn gleichschalten zu lassen. Nach den Auslegungsgrundsätzen des 
Artikels 31 wird auch von selten des Staates ausdrücklich erwartet, 
daß die katholischen Organisationen bei ihrer Eingliederung sich 
mit ihrer kirchlichen Behörde ins Einvernehmen setzen." 

bb) Wirtschaftliche und moralische Gleich- 
berechtigung für die katholischen Arbeiter! 

Als dann im Laufe des Jahres 1935 ijeben den Katholischen 
Jugend vereinen die Katholischen Arbeiter- und Ar- 
beiterinnenvereine in die Feuerzone einrückten, richteten 
BayernsErzbischöfe am 4. Juni 1935 ein besonderes Hirten- 
wort an sie. Darin wandten sie sich besonders gegen das Verbot 
der sogenannten „Doppelmitgliedschaft": 

„Der schwerste Stoß gegen den im Konkordat zugesagten Rechts- 
schutz liegt in der Anordnung des Leiters der Deutschen Arbeitsfront, 
Dr. Robert Ley, vom 28. April 1934: 

,Es besteht Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß Mitglieder ander- 
weitiger Berufs- und Standesorganisationen, insbesondere konfessionel- 
ler Arbeiter- und Gesellenvereine, nicht Mitglieder der Deutschen Ar- 
beitsfront sein liönnen. Wo Doppelmitgliedschaft bei der 
Deutschen Arbeitsfront und einem der oben genannten Vereine besteht, 
ist die Mitgliedschaft zur Deutschen Arbeitsfront sofort zu löschen.' 

Im Namen aller deutschen Bischöfe hat damals Eminenz Dr. Bertram 
am 3. Mai 1934 beim Reichsinnenminister Verwahrung gegen diese An- 
ordnung eingelegt, sie als unvereinbar mit Artikel 31 Abs. 2 des Reichs- 
konkordates bezeichnet und um ihre Aufhebung ersucht. 

Wenige Tage später, am 12. Mai 1934, gab Bischof Bares von Berlin 
der Auffassung der deutschen Bischöfe Ausdruck mit der 
Aufforderung an die Mitglieder der katholischen Organisationen : J e d e 
Zumutung zum Austritt aus den katholischen Orga- 
nisationen mit männlichem Mute abzulehnen. 

Trotz dieser Erl^lärungen des deutschen Episkopates und trotz der 
Zusicherungen zur Frage der Doppelmitgliedschaft ist eine Entspannung 
der Lage nicht eingetreten. 

Nach all dem mußte es auf alle rechtlich Denkenden und vaterlän- 
disch Gesinnten einen tiefschmerzlichen Eindruck machen, als der Leiter 
der Deutschen Arbeitsfront am 25. April 1935 neuerdings und in brei- 
tester Öffentlichkeit die Erklärung abgab: 

,Nicht zuletzt wollen wir die letzten Überreste konfessioneller Ge- 
sellenvereine zerschlagen! . . . Wir wollen — vmd das verstößt nicht im 
geringsten gegen das Konkordat oder sonstige Verträge — die Deutsche 
Arbeitsfront freihalten von Hader und Zersetzung. Deshalb möchte ich 
bei dieser Gelegenheit betonen, daß meine Anordnung, wonach Ange- 
hörige konfessioneller Gesellen- und Arbeitervereine 'nicht der Deut- 
schen Arbeitsfront angehören können, d. h. sie von einer Doppelmit- 
gliedschaft ausgeschlossen sind, heute genau so weiter Geltung hat wtC 
damals, als ich sie traf." 

311 



Widerspruch gegen das Konkordat 

„Wenn der Leiter der Deutsciien Arbeitsfront öffentlich erklärt, 
sein Vorgehen verstoße^! nicht im geringsten gegen das Konkordat, sei 
also rechtmäßig, so stellen wir Bischöfe nochmals fest: Nach unserer 
übereinstimmenden Aulfassung widerspricht das Verbot der 
Doppel mitgliedschaft dem Wortlaut und dem Sinn des 
R e i c h s k o n k r d a t e s. 

Unsere Pflicht ist es nach wie vor, die im Reichskonkordat feierlich 
verbrieften Rechte zu wahi'en und den im Artikel 31 zugesagten Schutz 
auch wirklich zu fordern. 

In den Augen der Bischöfe ist es ein schweres Unrecht, 
den Mitgliedern katholischer Vereine wegen ihrer Treue 
zv\ ihrer Kirche und den kirchlich anerkannten Vereinen jene Ehren- 
rechte und wirtschaftlichen Rechte zu verweigern, 
die in der Arbeitsfront anderen Volksgenossen gewähi-t werden. In der 
schon genannten Aussprache zwischen Reichsregierung und deutschen 
Bischöfen vom 18. Juli 19^ wurde ausdrücklich vex'einbart: ,D i e Mit- 
glieder der katholischen Organisationen dürfen 
irgendeinen rechtlichen Nachteil in Schule und Staat 
aus ihrer Zugehörigkeit nicht erfahren.' 

Mit unseren Ai'beitern und Arbeiterinnen legen wir Bischöfe noch- 
mals Verwahrung dagegen ein, daß deutschen Männern und 
Frauen einzig und allein wegen ihrer treu katholi- 
schen Gesinnung die wirtschaftliche und moralische 
Gleichberechtigung mit ihren Berufsgenossen abge- 
sprochen werdensoll. 

Wenn der Leiter der Deutschen Arbeitsfront öffentlich erklärt, der 
Führer habe die Deutsche Arbeitsfront als die ein- 
zige Vertreterin aller schaffenden deutschen Men- 
schen bestimmt, so berufen wir Bischöfe uns ebenfalls 
mit allem Nachdruck auf ein Wort des Führers im Schreiben an 
Herrn Kardinal Bertram vom 28. April 1933, wo es heißt: ,Ich darf 
Ihnen, Herr Kardinal, versichern, daß, insoweit solche Ver- 
bände keine parteipolitischen, demjetzigen Regiment 
feindlichen Tendenzen pflegen, auch keine Absicht 
besteht, gegensievorzugehen.' 

Der Katholische Arbeitei'- und Arbeiterinnen verein pflegt ,keine par- 
teipolitischen, dem jetzigen Regiment feindlichen Tendenzen'. Die Be- 
dingung des Führers ist also erfüllt. 

Der Katholische Arbeiter- und Arbeiterinnen verein bietet, wie das 
Reichskonkordat fordert, die Gewähr, daß er seine Tätigkeit außerhalb 
jeder politischen Partei entfaltet. Die Bedingung des Konkordats ist 
also ebenfalls erfüllt. 

Die Behauptung, die Arbeitervereine seien überrestliche oder ge- 
tarnte Zentrumsorganisationen, ist eine Unwahrheit, die 
auch durch Wiederholung nicht Wahrheit wird. 

Die rein religiös-sittlichen, kulturellen und caritativen Aufgaben der 
den deutschen Bischöfen unterstellten Arbeiter- und Arbeiterinnen- 
verbände sind niedergelegt in folgenden 

neuen Satzungen : 

1. Erziehung des katholischen "Werkvolkes zu religiös-sittlicher 
Lebensführung. 

2. Pflege eines wahrhaft christlichen Familienlebens. 

3. Unterweisung in der katholischen Gesellschaftslehre auf der Basis 
der beiden sozialen Weltrundschreiben von Leo XIII. und Pius XL 

312 



4. Religiös-ethische Vertiefung der Arbeits- und Berufsauffassung. 

5. Anleitung zur aufrichtigen Mitarbeit an der VoUcsgemeinschaft 
aus echt christlichem und echt deutschem Geist. 

6. Bildung von Herz und Gemüt aus den Quellen christlich-deut- 
schen Volkstums und Heimatsinnes. 

7. Leistung gegenseitiger, zusätzlicher Hilfe im Sinne christlicher 
Hebestätigkeit, z. B. durch Krankenhilfe, Erholungsfürsorge, 
Sterbeunterstützung. 

In diesen neuen Richtlinien sind also, wir wiederholen, alle par- 
teipolitischen und gewerkschaftlichen Ziele grund- 
sätzlich ausgeschlossen und die katholischen Arbeiter- und 
Arbeiterinnenvereine in jene Gruppe von Organisationen mit rein reli- 
giösen, kulturellen und caritativen Aufgaben eingereiht, denen in Arti- 
kel 31 Absatz 1 des Reichskonkordates der staatliche Schutz zu- 
gesagt wurde. 

Damit ist auch der Grund zu einem Verbot der Doppelmitglied- 
schaft weggefallen, weil die Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine nicht 
als gewerkschaftliciie und berufsstähdische Nebenorganisationen neben 
der Arbeitsfront erscheinen." 

DreiForderungen: 

Nach diesen Klärungen, Erklärungen und Verwahrungen stell- 
ten die zwei bayerischen Erzbischöfe drei Forderungen: 

„Selbstverständlich setzen wir als e r s t e F o r,4 e r u n g bei diesen 
Vorschlägen und Verhandlungen voraus, daß den katholischen Arbeiter- 
und Ai'beiterinnenorganisationen Eigentum" und wirtschaftliche 
Rechte gewahrt bleiben, die sie sich in den finanziellen Ein- 
richtungen ihrer Organisationen unveräußerlich erworben haben. 

Ebenso setzen wir als zweite Forderung voraus, daß die Vor- 
träge bei der Arbeitsfront und deren Veranstaltungen dem katholischen 
Arbeiter nichts zumuten,, w a s seine religiöse Überzeugung 
gefährdet,, sein Gewissen belastet und sein inneres Verhältnis zur 
Kirche erschüttert, daß also z. B. die Teilnahme am Sonnlagsgottes- 
dienst, die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession und anderen 
kirchlichen Veranstaltungen seiner Pfarrei nicht erschwert werde. 

Ebenso müssen wir die dritte Forderung erheben, daß die 
Veranstaltungen der Arbeitervereine in keiner Weise durch terroristische 
Unruhestifter gestört werden dürfen und wirklich den im Konkordat 
vei^bürgten staatlichen Schutz genießen." 

In der Denkschrift vom August 1935 geben die deutschen 
Bischöfe eine feierliche Garantie für den unpolitischen 
Charakter der katholischen Vereine: 

„Wir Bischöfe, auf deren Gewissen die Aufsicht über die katho- 
lischen Vereine liegt, verbürgen uns, daß diese katholischen 
Verbände keine politischen oder gar, was Wahnsinn wäre, dem 
jetzigen Regiment feindlichen Tendenzen pflegen. Nur ein Vorein- 
genommener kann in diesen Vereinen Überreste vergangener Par- 
teien und getarnte Zentrumspolitik erblicken." (S. 26 der Denk- 
schrift.) 

Im Hinblick auf diese verbürgte unpolitische Haltung der 
katholischen Vereine fordern die Bischöfe erneut die Zurücknahme 
des Verbotes der Doppelmitgliedschaft. 

313 



Auch der öffentliche Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom 
Jahre 1935 gedenkt mit ehrenden Worten der gesamten katholischen 
Vereine, „ihrer im Feuer erprobten Mitglieder". 

Das gemeinsame Hirtenwort 1936 schlägt wieder schär- 
feren Ton an, wenn es bezüglich der Knechtungs- und Aus- 
rottungsversuche an katholischen Vereinen sagt: 

„Von diesen unwiderleglichen Gedankengängen aus können \vir 
deutschen Bischöfe es um so weniger begreifen, daß man auch in un- 
serem Vaterland und Volk den Einflußkreis des Christentums und der 
Kii'che immer mehr verengt und zuletzt nur noch auf den Kirchenraum 
beschränkt. 

Wir können es nicht begreifen, daß man unsere katholischen Ver- 
eine in ihrer segensreichen Tätigkeit immer noch behindert 
oder gar deren Weiterbestand überhaupt in Frage stellt. 

Wir können es nicht begreifen, daß man die Doppelmitglied- 
schaft den Mitgliedern der kirchlichen Vereine bis zu den Jungfrauen- 
kongregationen immer wieder verbietet und sogar da und dort damit 
drolit, brave Familienväter und ihre Angehörigen ums tägliche Brot zu 
bringen, wenn sie ihre bislierigen Beziehungen zu den katholischen 
Vereinen nicht lösen ..." 

Neben diesen allgemeinen öffentlichen Verwahrungen 
gegen die Entrechtung der katholischen Vereinsmitglieder pro- 
testierten die kirchlichen Stellen auch noch bei einzelnen 
öffentlichen Institutionen und Privatbetrieben 
wider die Gesinnungsschnüffelei und den Gewissenszwang bei 
katholischen Angestellten und Arbeitern, z. B. beim Fern- 
sprechamt München am. 30. September 1936, das daraufhin 
seine Verfügung zurücknahm. 

Unter den 17 „Keulenschlägen", welche die deutschen Bischöfe 
in ihrer Denkschrift von 1937 an das Reichskirchenministerium der 
nationalsozialistischen Vertragsuntreue versetzten, waren auch zwei 
gegen die Mißachtung von Artikel 31 des Reichskonkordates. Beide 
seien hier nochmals in Erinnerung gebracht. 

14. 

„Nach Artikel 31 des RK. sind diejenigen katholischen Orga- 
nisationen und Verbände, die ausschließlich religiösen, rein kulturellen 
und caritativen Zwecken dienen und als solche der kirchlichen Behörde 
unterstellt sind, in ihrer Einrichtung und in ihrer Tätigkeit geschützt." 

„In Wirklichkeit wird es Beamten, Lehrern und Angestellten 
vielfach unmöglich gemacht, noch weiter solchen Organisationen anzu- 
gehören, es wird der Austritt auch direkt und unter Androhung von 
schweren Nachteilen verlangt, das sogar von einer so ausschließlich 
religiösen Vereinigung wie die Lehrerinnenkongregation." 

15. 

„Nach dem gleichen Artikel sollen auch jene katholischen 
Organisationen, die außer religiösen, kulturellen oder caritativen Zwecken 
noch anderen, darunter auch sozialen oder berufsständischen Aufgaben 
dienen, den gleichen Schutz genießen, sofern sie die Gewähr dafür 
bieten, ihre Tätigkeit außerhalb jeder politischen Partei zu entfalten. 
Die Feststellung der Organisationen und Verbände, die unter die Be- 

314 



Stimmung dieses Artikels fallen, bleibt vereinbarlicher Abmachung 
zwischen der Reichsregierung und dem deutschen Episkopat vorbe- 
halten." 

„In Wirklichkeit haben diese Organisationen, auch wenn sie 
sich verpflichteten, ihre Tätigkeit außer jeder politischen Partei zu ent- 
falten, nicht nur Iceinen Schutz, sondern die größten Schwierigkeiten 
gefunden, so daß sie durch den auf sie ausgeübten Druck und morali- 
schen Zwang vielfach zum Erliegen gebracht wurden. 

Die Vereinbarung zwischen Reichsregierung und Deutschem Episko- 
pat wird von dem letzteren seit mehr als 3 Jahren erbeten, 
bisher ohne jeglichen Erfol g." 

cc) Klare Feststellungen von Kardinal Faulhaber 

Abschließend sei noch ein Rundschreiben von Kardinal Faul- 
haber vom 30. Juli 1935 an den Diözesanklerus wiedergegeben, das 
die damalige Lage der katholischen Vereine umreißt und die staat- 
lichen und parteiamtlichen ÜbergrilTe und rechtswidrigen Absichten 
entschieden zurückweist, freilich auch zeigt, wie man damals natio- 
nalsozialistischerseits in manchen Punkten noch nicht die letzten 
Ziele aufdeckte und noch nicht die letzten Schritte wagte, vielmehr 
noch etwas Rücksicht und Vorsicht walten ließ, um dann ein paar 
Jahre später im vollen Besitz der Macht brutal alles Nichtnational- 
sozialistische niederzutreten und zu erwürgen. 

Nach Bekanntgabe verschiedener neuer staatlicher Anord- 
nungen und parteilicher Kundgebungen gegen die katholischen 
Vereine fährt der Kardinal fort: 

Wir stellen fest: 

1. Der Reichs- und Preußische Minister des Innern hat die 
Landesregierungen angewiesen, Tragen von einheitlicher 
Kleidung, Abzeichen und dergleichen zu verbieten. Er hat aber 
keine Anweisung gegeben, die konfessionellen 
Vereine aufzulösen. Alle diesbezüglichen Anordnungen der 
Unterbehörden, die auf Auflösung der Vereine abzielen, gehen also 
über die Anweisung der höchsten Reichsstelle hinaus. 

2. Verfügungen, daß die Beamten und Angestellten 
aus konfessionellen Vereinen austreten und ihre Kinder zum Aus- 
tritt zwingen müssen, bedeuten trotz der beigefügten Klausel einen 
Gewissenszwang, während nach wriederholten Erklärungen 
von amtlichen Stellen der Beitritt zur HJ und anderen staatlichen 
Organisationen ein freiwilliger und nicht ein erzwungener sein soll. 

3. Das Verbot der Doppelmitgliedschaft von 
Dr. Ley enthält am Schluß die Bestimmung: 

„Zugehörigkeit zu kirchlichen Organisationen und Verbänden, 
die ausschließlich religiösen, kulturellen oder caritativen Zwecken 
dienen, ist selbstverständlich auch für die Mitglieder der Deutschen 
Arbeitsfront gestattet und gilt nicht als Doppelmitgliedschaft im 
vorstehenden Sinne." 

315 



Zeitungen und amtliche Verfügungen haben in unbegreiflicher 
Weise diesen v/ichtigen Abschnitt unterdrückt. Schon durch den 
Wortlaut der Ausdrücke: „die ausschließlich religiösen, kulturellen 
oder caritativen Zwecken dienen" ist hier auf Art. 31, Abs. 1, des 
Reichskonkordates Bezug genommen. Nun aber ist im Hirtenwort 
der Erzbischöfe von München und Bamberg vom 1. Juli 1935 fest- 
gestellt:, daß die katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine 
unter Ausschaltung aller parteipolitischen und gewerkschaftlichen 
und berufsständischen Ziele nach ihren heutigen Satzungen nur 
mehr rein religiöse, rein berufsethische, rein 
kulturelle und c a r i t a t i v e Aufgaben sich gesteckt 
haben. Auf diese Tatsache muß im Zusammenhang mit dem Schluß- 
wort von Dr. Ley mit allem Nachdruck hingewiesen werden. 

Auch der Reichsjugendführer hat den katholischen Jugend- 
vereinen das Recht des Fortbestandes zuerkannt unter der Be- 
dingung, daß sie sich auf rein religiös-kirchliche Aufgaben be- 
schränken; z. B. erklärte er am 2. M a i 1 9 3 5 auf einem Empfang 
des außenpolitischen Amtes der NSDAP vor zahlreichen An- 
gehörigen des Diplomatischen Korps und ausländischen Journalisten: 

„Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß die konfessionelle 
Jugend Deutschlands, mag sie nun viele oder wenige Mitglieder 
umfassen, in konfessionellen Bünden organisiert .ist, deren Führung 
und Tätigkeit uns alle von ihrem rein religiösen Streben überzeugt. 
Nach einer solchen Beschränkung der konfessionellen Jugend auf 
das Feld rein religiöser Erziehungsarbeit im Sinne konfessioneller' 
Seelsorge, würde ich bereit sein, das Verbot der Doppelmitglied- 
schaft der Hitler-Jugend aufzuheben, weil die Gefahr gebannt 
wäre, daß sich angeblich religiöse Vereinigungen mit Aufgaben 
befassen, für deren Stellung und Lösung der Staat allein zuständig 
bleiben muß." 

Wenn nun durch den Erlaß des Reichsführers Himmler die 
katholischen Jugendvereine ganz auf das vom Reichsjugendführer 
zugegebene Betätigungsfeld beschränkt werden und sich in Gehor- 
sam beschränken, so ist kein Grund und Recht dazu gegeben, die 
Beamten zu zwingen, ihre Kinder aus den katholischen Jugend- 
vereinen herauszunehmen. 

Katholische Jugendvereine wie Arbeitervereine genießen somit 
den im Art. 31, Abs. 1 des RK. gewährten Schutz. Wo das Verbot 
der Doppelmitgliedschaft durchgeführt wird, kommt das praktisch 
einer Auflösung des Vereines gleich. 

4. Wenn einzelne Stellen fordern, Mitgliederverzeich- 
nisse der katholischen Vereine einzuliefern, so ver- 
stoßen sie gegen § 3 des Reichsvereinsgesetzes vom 18. April 1908. 
In den Anordnungen der höchsten Reichsstellen ist von Einreichutig 
der Mitgliederverzeichnisse keine Rede. Die Erfahrung zeigt, daß 
durch solche Anforderungen ein gewisser Druck auf die Mitglieder 

316 



der Vereine ausgeübt werden soll, während, wie oben gesagt, der 
Beitritt zu staatlichen Verbänden ein freiwilliger sein soll. 

5. Wir stellen fest, daß in den Anordnungen der höchsten 
Stellen auch von Beschlagnahme des Vermögens keine 
Rede ist. Der Führer hat in seiner großen Reichstagsrede vom 
21. Mai 1935 im Gegensatz zum russischen Staatskommunismus das 
Privateigentum im Dritten Reich für heilig erklärt. 

6. Wir stellen fest, daß obige Maßnahmen nicht im Einklang 
stehen mit dem feierlichen Wort des Führers in einem 
Schreiben an Herrn Kardinal Bertram vom 28. April 1933: 

„Ich darf Ihnen, Herr Kardinal, versichern, daß, insoweit 
solche Verbände keine parteipolitischen, dem jetzigen Regiment 
feindlichen Tendenzen pflegen, auch keine Absicht besteht, 
gegen sie vorzugehen," 

7. Wenn gar die Ablieferung der Vereinsfahnen und 
Banner gefordert werden sollte, stellen wir fest, daß kirchlich 
geweihte Fahnen nicht profaniert werden dürfen. 
Solche Fahnen sollen als Votivgabe der Pfarrkirche übergeben und 
mil den übrigen Kirchenfahnen als Eigentum der Kirche verwahrt 
werden. 

III. 

Und dann erhebt der Kardinal feierlichen Protest gegen mehr- 
faches Unrecht der verschiedenen Verordnungen und Kundgebun- 
gen und erklärt: 

„1. Wir erheben Einspruch , dagegen, daß in einigen Anord- 
nungen in dieser Frage wie in dem Erlaß des Herrn Regierungs- 
präsidenten von Niederbayern eine unwahre, nicht begründete all- 
gemeine Anschuldigung gegen den gesamten Klerus 
erhoben wird, der im Gegensatz zu der in Art. 32 des Konkordates 
übernommenen Verpflichtung ,in abträglicher und gehässiger Weise 
politisiere'. Die kirchlichen Behörden halten streng darauf, daß 
die im Konkordat übernommenen Verpflichtungen auch wirklich 
eingehalten werden, daß also Geistliche und katholische Vereine 
sich jeder politischen und gewerkschaftlichen Tätigkeit enthalten. 
Was das Deutsche Reich im Schlußprotokoll zu Art. 32 des RK. zu- 
gesagt hat, daß nämlich die ,pflichtmäßige Verkündigung und Er- 
läuterung der dogmatischen und sittlichen Lehren und Grundsätze 
der Kirche' nicht eingeengt werden solle, kann nicht als politischer 
Katholizismus bezeichnet werden. Die Führer der katholischen 
Vereine sind nicht Männer der alten politischen Parteien, sondern 
jugendliche Priester, die zumeist den Krieg mit Auszeichnung mit- 
gemacht haben. 

2. Wir erheben Einspruch dagegen, daß polizeiliche Verord- 
nungen gegen katholische Vereine sich vielfach auf die V e r o r d - 

317 



nung vom 2 8. Februar 1933 stützen, die seinerzeit gegen 
kommunistische Unruhestifter erlassen wurde, daß 
also hier unsere katholischen Vereine mit politischen, staatsfeind- 
lichen Vereinigungen auf gleiche Stufe gestellt werden. 

3. Wir erheben Einspruch dagegen, daß der katholischen Jugend 
die schwere Verleumdung entgegengeschleudert wird, siö sei 
bolschewistisch durchseucht. Eine Notiz in der kom- 
munistischen Jugendzeitschrift ,Internationale der Jugend', die 
ohne Wissen und Willen unserer Jugend erfolgte, kann nicht als 
Beweis für bolschewistische Durchseuchung angenommen werden 
(,Völk. Beobachter' Nr. 207 und 208 vom 26. und 27. Juli 1935). 
Wir bedauern und verurteilen alle Zusammenstöße zwischen HJ 
und katholischer Jugend, wir ^Verden aber derartige Zusammen- 
stöße aus dem jugendlichen Drang, nicht aus bolschewistischer 
Roheit erklären, w&der bei der katholischen Jugend noch bei den 
zehnmal häufigeren Überfällen seitens der HJ. 

M. Kardinal Faulhaber, 
Erzbischof von München." 

* 
5. Das katholische Schrifttum. 

Widerstand gegen Pressehetze und Presse- ^ 

knechtung 

» 

Eines der Grundrechte des freien Menschen und deutschen 
Staatsbürgers ist das der freien Meinungsäußerung „in Wort, 
Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise". 

Der Diktator Nationalsozialismus hat durch die Aufhebung der 
Artikel 117/118 der Verfassung des Deutschen Reiches auch dieses 
Grundrecht für die ganze Dauer seiner Herrschaft beseitigt. So 
hemmungslos er selbst die Druckerschwärze gegen alles Christliche 
verspritzte, so despotisch legte er der konfessionellen Presse Fessel 
um Fesselan und vernichtete sie Stück, um Stück. 

Aber auch gegen diese Tyrannei wandte sich der kirchliche 
Widerstand mit aller Kraft. 

a) Beschwerden und Forderungen des Hl. Stuhles. 

Schon in einem Promemoria vom 19. Oktober 1933, also schon 
40 Tage nach der Ratifikation des Reichskonkordates. (10. 9. 1933), 
mußte der Hl. Stuhl die Reichsregierung u. a. hinweisen auf 

„die planmäßige Lahmlegung, die wirtschaftliche 
Vernichtung sowie auch die meinungsmäßige Knechtung 
der katholischen Presse, letzteres selbst in solchen Fragen, wo 
es sich um die pflichtmäßige Geltendmachung katho-, 
li scher Glaubens- und Lebensgrundsätze handelt. Selbst 
die Bezeichnung „Katholische Presse" ist, jedenfalls ver- 

318 



einzelt, verboten worden. Die Entziehung amtlicher Nach- 
richten, Inserate und Publikationen, der ZwangzurHaltung 
nationalsozialistischer Blätter, die Drohung wirt- 
schaftlichen Boykotts oder anderer schwerwiegender Nachteile 
gegen die Abonnenten katholischer Blätter werden aus den verschieden- 
sten Orten mit solcher Gleichmäßiglceit berichtet, daß von zufälligen 
Exzessen einzelner nicht gesprochen werden kann. Mancherorts sind 
Zeitungsverleger sogar wegen der Veröffentlichung bischöflicher Hirten - 
schreiben in schwerster Weise gemaßregelt worden." 

Acht Tage darauf suchte der Vatikan in 

„Vorschlägen betreff Konkordatsführung" 

von der Reichsregierung folgende Zugeständnisse zu erreichen: 

„Die Verkündigung und Erklärung der kirchlichen Grundsätze für 
die verschiedenen Bereiche des Öffentlichen Lebens, z. B. für 
die sozialen Fragen, fällt nicht unter den Begriff der Partei- 
Politik. 

Die kirchliche Oberbehörde kann sich zu Kundgebungen 
an die Gläubigen der katholischen Presse und jedes anderen ihr zur 
Verfügung stehenden Mittels bedienen. 

Zur katholischen Presse zählen alle die Presseorgane, die von der 
kirchlichen Oberbehörde als katholisch anerkannt werden. 
Die katholische Presse darf sich als solche bezeichnen. Die katho- 
lische Presse wird keinen wirtschaftlichen und rechtlichen 
Sonderbestimmungen unterwerfe n." 

In einer neuen Note vom 31. Januar 1934 mußte jedoch der 
Hi. Stuhl einen besonders langen Abschnitt der 

„Unfreiheit der katholischen Presse" 

widmen und darüber schreiben: 

„Über diese Unfreiheit brauchen keine weiteren Worte verloren 
werden, da sie f f e n k u n d i g z u t a g e t r i 1 1. 

Der Hl. Stuhl meint hier, um Mißverständnissen von vornherein zu 
begegnen, nicht die politische Uniformierung der Presse in solchen Din- 
gen, die ausschließlich zum Zuständigkeitsgebiet des Staates gehören. Er 
bat diejenige Unfreiheit im Auge, die der Entfaltung der 
religiösen Mission der Kirche entgegensteht und ihr die 
Anwendung derjenigen Mittel versagt, deren sie zur wirksamen Aus- 
übung dieser Mission bedarf. 

Zunächst ist hier das Verbot zu nennen, sich überhaupt als 
katholische Zeitung oder als Zeitung für Katholiken zu nennen. 
Der Hl. Stuhl ist im Zweifel, ob die ganze Tragweite eines solchen Ver- 
botes denen bewußt gewesen ist, die dasselbe erlassen haben oder ver- 
teidigen. Die Kirche bedarf, ebenso wie jede andere geistige Bewegung, 
der Presse als eines unentbehrlichen Mittels zur Betätigung und Ent- 
faltung ihrer geistig-sittlichen Kräfte. Wer der katholischen Presse in 
den Geisteskämpfen der Gegenwart und im Ringen gegen die Mächte 
des Umsturzes und der Verneinung durch Verfügungen der oben bezeich- 
neten Art die Führung ihres Namens untersagt, verletzt damit nicht nur 
das öffentliche Bekenntnisrecht des katholischen Volksteiles, sondern 
mindert damit auch die Kampfkraft derer, die im Zeichen Christi gegea 
das wachsende An ti ch r i s t en t um aus innerer Über- 
zeugung und nicht bloß aus äußerer Opportunität an- 
kämpfen. 

310 



Die mit schwersten wirtschaftlichen Schäden ver- 
bundenen Maßregelungen katholisclier Blätter haben in dem an sicli 
schon harten Daseinslcampi" dieser Unternehmen die Folge gehabt, daß 
die katliolisclie Presse ohne Verbotsrisilco nicht wagen darf, pflichtmäßige 
Verlautbarungen der Bischöfe zu veröffentlichen. 

Der Erlaß des Bischofs von Trier über die katholische Presse 
konnte von keiner Zeitung", außer denen des Saai'gebietes, gebracht wer- 
den. Ebenso liat keine es wagen Ivönnen, ein Wort über die Silvester- 
predigt desselben Bischofs zu bringen. Von seiten der Geheimen Staats- 
polizei ist sogar der Versuch gemaclit worden, das Manuskript der Pre- 
digt zur Einsicht zu erhalten. 

In München durften die Adventspredigten Seiner Eminenz des 
Herrn Kardinals von Faulhaber in gegnerischen Zeitungen, darunter 
die amtliche Bayerische Staatszeitung, angegriffen 
werden. Eine von dem Herrn Kardinal dem Herrn Chef der St»ats- 
k a n z 1 e i zugesandte Berichtigung wurde von letzterem zurück- 
gereicht mit der Erlvlärung, er sei nicht in der Lage, diese Erwiderung 
an die Schriftleitung der Bayerischen Staatszeitung weiterzugeben, da es 
sich um keine amtliche Verlautbarung handle; der Herr Kardinal l^önne 
die Berichtigung direlct an die S c h r i f 1 1 e i t u n g einsenden, die dann 
nacli dem Reichspressegesetz prüfen werde, inwieweit sie die Richtig- 
stellung aufnehmen wolle. Am gleichen Abend erging dann aber, von 
dem gleichen Herrn Staatsminister Esser gezeichnet, die Anord- 
nung, daß die bayerische Presse l<;eine Berichte über die 
Adventspredigten bringen dürfe. Die Reichsregierung wird es ver- 
stehen, wenn Vorkommnisse der bezeichneten Art nicht geeignet sind, 
das Zutrauen der kirchlichen Behörden in die sachliche Haltung einzelner 
Staatsbehörden zu stärken. 

Zu der Behinderung der katholischen Presse in der Veröffentlichung 
von Dingen, die absolut im Rahmen des Aufgabengebiets von Kirche 
und Religion liegen, kommt die erschwerende Tatsache, daß diese Presse 
durch direkten Befehl oder indirelcten Druck von behördlicher oder 
behördlich gestützter Seite auf dem Wege sogenannter ,A u f 1 a g e n' 
gezwungen wird, Veröffentlichungen aufzunehmen,"^ die mit der reli- 
giösen Überzeugung von Verlag und Leserschaft in 
d i r e k t e m W i d e r s p r u c h s t e h e n. 

So wurde das Verbot der Veröffentlichung der bischöflichen 
Verlautbarungen über die Sterilisation ergänzt durch den 
erzwungenen Abdruck von bebilderten Propagandatexten 
für die Durchführung des Sterilisationsgesetzes, die von der 
nationalsozialistischen Volkswohlfahrt herausgegeben werden und in 
G.ffenem Gegensatz zu den Erlclärungen des Hl. Stuhles und des Episko- 
pats stehen. Solche Vorgänge (vgl. die , Augsburger Postzeitung' vom 
19. Januar 1934) stellen einen Gewissensdruck dar, den der 
Kl. Stuhl nicht ohne nachdrückliche Verwahrung und ohne Forderung 
nach wirksamen Gegenmaßnahmen hinnehmen darf. 

Alles in allem genommen, wird man zur Abstellung dieser Schäden 
und zur Vermeidung anderer in Zukunft nicht umhin können, zwischen 
Kirche und Staat zvu' Festlegung genauer, bindender Grundsätze zu ■ 
gelangen, welche die Freiheit der katholischen Presse des nähern um- 
schreiben und vor EingTift'en schützen. Der Hl. Stuhl behält sich ein 
neuerliches Eingehen auf diesen wesentlichen Punkt für die mündlichen 
Verhandlungen vor, da auch er in Übereinstimmung mit der Deutschen 
Reichsregierung der Auffassung ist, daß eine beschleunigte und sach- 
gemäße Verständigung hierüber leichter auf diesem Wege zu erreichen 
ist als auf dem des schriftlichen Notenaustausches." 

320 



Der nächste Abschnitt (Nr. X) der gleichen Note vom 31. 1. 1934 
behandelte sodann ebenso freimütig das 

„Neuaufleben religions- und kirchenfeindlicher 

Bewegungen". 

„In offenem G e g e n .s a t z zu den Erklärungen des 
Herrn Reichskanzlers, daß die Regierung im Christentum die 
unerschütterlichen Fundamente des geistigen und morahschen Lebens 
des deutschen Volkes sehe und daß sie den größten Wert darauf lege, 
die freundschaftlichen Beziehungen zum Hl. Stuhl weiter zu vertiefen 
und auszugestalten, stehen die vor dem Konkordat schon vorhandenen 
und seit seinem Abschluß nicht geringer, sondern eher stärker 
v/erdenden Ausfälle gegen Christentum, Kirche und 
Hl. Stuhl seitens solcher Kreise, die in engstem Zusammenhang mit 
der Reichsregierung stehen, sich auf diesen ihren Zusammenhang be- 
rufen und den Anschein zu erwecken suchen, als ob die von ihnen ver- 
tretene Richtung sich der inneren Zustimmung und des äußeren Schutzes 
der Reichsregierung gewiß halten könne. 

Sowohl in dem Schrifttum der viele Millionen umfassenden 
deutschen Arbeitsfront wie auch der mit staatlichen Monopol- 
rechten ausgestatteten Hitlerjugend einschließlich der politi- 
schen Parteipresse tritt in wachsender Stärke ein Geist zutage, 
der als die Verneinung gläubigen Christentums und als ein unverhüllter 
Angriff gegen die Kirche bezeichnet Averden muß. 

Der von der Arbeitsfront in vier Millionen Exemplaren heraus- 
gegebene Kalender f ü r 1 9 3 4 vertritt eine Geschichtsauffassung, die 
eine offenkundige Beleidigung der katholischen Kirche darstellt. 

In Heft 1 1934 der Zeitschrift ,D a s kommende Reich', Führer- 
zeitschrift der saardeutschen Jugend, finden sich folgende Sätze: ,Un- 
glück und Zerrissenheit des deutschen Volkes ist es, keine solche 
geschlossene Weltanschauvmg zu besitzen. Es klafft noch in unzähligen 
Gruppen und Grüppchen auseinander, es ist immer noch in Katholiken, 
Protestanten, Lutheraner, Methodisten usw. zersplittert. Erst dann kön- 
nen wir von einem deutschen Volk sprechen, wenn die 
geschlossene Einheit im Glauben errungen ist... Es 
bedarf wohl keines Beweises, daß diese Glaubenseinheit nicht auf 
dem Boden des Christentums erkämpft werden kann; 
denn Christentum und Deutschtum scheiden sich wie 
Wasser und Feuer.'. Darauf folgt als Zitat aus Rosenberg , Mythus 
des 20. Jahrhunderts' : ,Hier ist aber unsere Seele jüdisch 
verseucht worden; das Mittel dazu waren die Bibel 
und die Kirche Roms.' Dann fährt der Artikel fort: ,W i r freie, 
junge Deutschen, die wir diesem ewigen Glaubenshader den Gar- 
aus machen wollen, müssen uns auf einer anderen Ebene 
als der des Christentums zusammenfinden. Eine neue, 
eine deutsche Gotteserkenntnis soll die Einheit von 
Blut, Glauben, Kultur, Recht und Wissenschaft ver- 
wirklichen. Solange wir noch glauben, unsere religiöse Sehnsucht 
in Vorstellungen, die unserem angeborenen Empfinden widersprechen, 
befriedigen zu können, solange uns noch ein andei-es Land als unser 
deutsches Vaterland .heilig' ist, ist für uns nicht unser Ziel der Volks- 
werdung erreicht.' 

Am 14. Januar 1934 erklärte Gauleiter Grohe: , Alfred Rosenberg 

hat vor einigen Tagen mit treffender Deutlichkeit darauf hingewiesen, 
daß der Nationalsozialismus durchaus nicht den totalen Staat 
wolle und herbeiführe, daß er vielmehr die Anerkennung der tatsäch- 
lichen Totalität der nationalsozialistischen Welt- 
anschauung wolle und fordere . .' 

Kreuz und Hakenkreuz 21 Bd. II 32^ 



Im Anschluß an diese Rede und eine andere des Reichsführers der 
deutschen Arbeitsfront schreibt der .Westdeutsche Beobachter', 
Nr. 14 vom 15. Januar 1934: ,Nur' Narren und Toren können behaupten, 
der Nationalsozialismus erschöpfe sich im Politischen, im Wirtschaft- 
lichen und Sozialen. Nein, dieser Kongreß und die Reden Dr. Leys und 
Grohes kreisten nicht mehr um Probleme der Tagespolitik; sie waren ein 
unerhört kühner, leidenschaftlicher Vorstoß ins Weltanschau- 
liche, Seelische, ins Religiöse. Die deutsche Seele ist erwacht 
und beginnt um die arteigene, aus dem eigenen Blut, aus dem 
eigenen Volkstum herausgewachsene Gestalt vi ng 
ihrer religiösen Sehnsucht zu ringen. Weltanschauungen 
kennen keine Kompromisse, im Kampf der Weltanschauungen gibt es 
nur sie oder Vernichtung.' 

Solchen Äußerungen, die beliebig vermehrt werden könnten, halte 
man die Regierungserklärung des Memorandums gegenüber, daß der 
Nationalsozialismus nicht die Schöpfung einer neuen Glaubensbewegung 
erstrebe. Wie sollen angesichts der sich von Tag zu Tag häufenden Pro- 
klamationen solcher Art auch die staatstreuesten deutschen Geistlichen 
davon überzeugen, daß ihre religiösen Sorgen und Befürchtungen nach 
dieser Richtung unberechtigt sind? 

Es genügt, Äußerungen dieser Art mit den amtlichen Erklärungen 
zu vergleichen, um sich ihres unerträglichen Kontrastes bewußt zu wer- 
den. Selbstverständlich denkt der Hl. Stuhl nicht daran, die Reichs- 
regierung für einzelne Entgleisungen direkt haftbar zu machen. Leider 
handelt es sich aber nicht um Einzelentgleisungen, sondern um das Fort- 
schreiten einer Gesamteinstellung, die ohne zentrale Beeinflussung un- 
erklärlich ist. 

Der Hl, Stuhl sieht als Ausgangspunkt solchen Geistes die Gesamt- 
haltung der gegenwärtigen Führung der Hit-lerjugend und anderer 
großen Organisationen an und nicht zuletzt die Duldung, ja die 
Begünstigung eines Schrifttums, dessen religions- 
undkirchenfeindlicheEinsteilungaußerjedemZwei- 
f e 1 s t e h t. 

Hierher gehören die Veröffentlichungen der sogenannten Deut- 
schen Glauben sbewegung, des Kreises um den Grafen von 
Reventlow, um General Ludendorff, vor allem aber das kul- 
turpolitische Schrifttum von Dr. Rosenberg. 

Das ol^en den Kampf gegen jede geoffenbarte Religion prokla- 
mierende, auch in seiner Form höchst beleidigende Buch 

,Der Mythus des 2 0. Jahrhunderts' 

ist wiederholt von Regierungs- und nationalsozialistischer Parteiseite als 
reine Privat arbeit bezeichnet worden, für die Regierung und 
Partei keinerlei Verantwortung tragen. Hiermit steht im Widerspruch, 
daß dieses Buch durch die zum amtlichen Zentralorgan erklärte Zeitung 
,Völkischer Beobachter' dauernd als Grundlage aller poli- 
tischen und weltanschaulichen Schulung im neuen 
Deutschland, vor allem auch für die Jugend, empfohlen wird. Einwand- 
frei ist festgestellt worden, daß dieses Buch zur Grundlage von 
Kursen und Übungen in Arbeitslagern, Jugendheimen und 
sonst gemacht wird. Ebenso steht fest, daß mit allen Mitteln sein Ver- 
trieb an öffentlichen Büchereien, Schul- und Lehrer- 
bibliotheken auch von behördlicher Seite .aus unterstützt wird. So- 
gar über die Grenzen des Reiches hinaus, in Danzig, ist nach amtlichen, 
dem Hl. Stuhl vorliegenden Mitteilungen durch Verfügung der zustän- 
digen Senatsstelle die Einstellung dieses Buches in öffentlichen Biblio- 
theken in die Wege geleitet worden, - wogegen der Diözesanbischof mit 
Recht Protest erhoben hat. 

322 



Im Reiche selbst stellt sich somit folgende Lage heraus: Unter Dul- 
dung, ja mit Unterstützung parteiamtlicher und Regierungsstellen wird 
trotz des Konkordates und im Gegensatz zu ihm ein alle Vorstellungen 
überschreitender Kampf gegen Glauben, Christentum und Kirche geführt. 
Die Kirche selbst aber und die ihr treu ergebenen Kreise werden durch 
die Maßnahmen der Regierung bzw. untergeordneter Stellen daran ge- 
hindert, sich in wirlcsamer Weise in einer dem Umfang und der Wucht 
des Angriffs entsprechenden Art zu verteidigen und ihre Mitglieder auf- 
zuli:lären, obschon es im ureigenen Interesse des Staates gelegen wäre, 
diesen unter .dem Deckmantel einer völkischen Religion auftretenden 
Atlieismus vom deutschen Volk fernzuhalten, der, wenn auch un- 
gewollt, eine geistige Wegbereitung zum Kommunismus in sich schließt." 

Wenige Tage später,. am 11, Februar 1934, versuchte der Heilige 
Stuhl neuerdings praktische 

„Vorschläge betreffs Freiheit der katholischen 

r ess e , 

und legte der Deutschen Reichsregierung nachfolgende Grundsätze 
nahe: 

„1. Die Deutsche Reichsregierung erkennt an, daß es unter den 
deutschen Zeitungen Organe gibt, die das öffentliche Leben auch im 
Lichte der katholischen Glaubens- und Sittenlehre betrachten. 
Organe dieser Art sind berechtigt, diese ihre Eigenart in entspre- 
chender Weise kenntlich zu machen. 

2. Diese Organe, denen loyale Grundhaltung zum deutschen 
Staat selbstverständlich Pflicht und Aufgabe ist, genießen dieselben 
Rechte und Freiheiten wie die übrige staatlich anerkannte deutsche 
Presse. 

3. Diese Organe haben das Recht zur öffentlichen Darlegung 
und Erklärung der dogmatischen und sittlichen Lehren und Grund- 
sätze der katholischen Kirche und zu ihrer wirksamen Verteidigung 
gegen irrige Darstellungen oder Angriffe von anderer Seite. 

4. Diese Organe haben insonderheit das Recht, die Verlaut- 
barungen des Hl. Stuhles und der deutschen bischöflichen Behörden 
zu veröffentlichen. 

■ 5. Die lehramtliche Beurteilung der religiös-sittlichen Haltung 
von Zeitungen, Zeitschriften sowie des sonstigen Schrifttums ist 
Sache der katholisch-kirchlichen Oberbehörden. 

6. Glaubt die staatliche Behörde zur Beanstandung des Ver- 
haltens eines Schriftleiters in kulturell-kirchlichem Bereich Ver- 
anlassung zu haben, so wird sie den Fall der zuständigen geist- 
lichen Behörde vorlegen, die bejahendenfalls die entsprechenden 
Maßnahmen ergreifen wird. 

^ 7. Die Mitarbeit des Klerus an der Presse unterliegt — neben 
den einschlägigen Bestimmungen des kirchlichen Gesetzbuches — 
den Vorschriften, die in Artikel 32 des Reichskonkordäts sowie in 
dem zugehörigen Schlußprotokoll festgelegt sind. 

323 



8. Bei sogenannten Aufjagenachrichten, die sich auf das reli- 
giös-kirchliche Gebiet beziehen, haben die Redaktionen der unter 
Ziffer 1 gekennzeichneten Blätter das Recht, zu prüfen, ob die- 
selben kirchlich anerkannten Grundsätzen entsprechen. Auf alle 
P'älle steht den hier in Frage kommenden Organen frei, die Her- 
kunft solcher Auflagen anzugeben." 

Eine schlechte Eröffnungsbilanz: 

Zu Beginn des Jahres 1936, nach 3 Jahren nationalsozialistischer 
Herrschaft, zog der HI. Stuhl folgendes Fazit: 

„Die katholische Tagespresse ist vernichtet und mit unwürdigen 
Mitteln zur Hergabe ihrer Verlagsrechte gezwungen worden. Die 
katholische Publizität steht unter einer gehässigen, den Angriff auf 
die Kirche schützenden, die Verteidigung knebelnden Zensur. Hir- 
tenbriefe der Bischöfe werden beschlagnahmt oder an der Verbrei- 
tung gehindert.'"' (Note vom 29. Januar 1936.) 

Keine Bevormundung der Auslandspresse! 

In der gleichen Note weist der Hl. Stuhl mit allem Nachdruck 
den Versuch der nationalsozialistischen Reichsregierung zurück, den 
Vatikan verantwortlich zu machen für Kritiken, welche auslän- 
dische katholische Blätter an Äußerungen, Verordnun- 
gen, Geschehnissen, Gewalttätigkeiten, Ungerechtigkeiten, Devisen- 
und Sittlichkeitsprozessen u. ä. des Dritten Reiches- übten. 

„Eine Konkordatsbestimmung", die ihn zur Verhängung der 
Zensur über außerhalb des deutschen Staatsgebietes . erscheinende 
Zeitungen verpflichtete, ist dem Hl. Stuhl nicht geläufig. Er wäre der 
deutschen Reichsregierung dankbar, wenn sie die rechtlichen Grundlagen 
näher darlegen wollte, kraft deren er für den Inhalt solcher Blätter, 
beispielsweise des in Holland erscheinenden Wochenblattes „D e r 
Deutsche Weg", verantwortlich gemacht werden kann. Soviel be- 
kannt ist, besteht in Holland Pressefreiheit. Der Versuch, holländische 
Staatsbürger oder solche, die holländischen Gesetzen unterstehen, in dem 
Genuß der ihnen zustehenden bürgerliehen Rechte zu behindern, und 
zwar auf ein mit dem deutschen Reichskonkordat begründetes Ersuchen 
einer fremden Macht hin, steht für den Hl. Stuhl außerhalb jeder mög- 
lichen Erörterung. 

Im übrigen ist ihm seitens der zuständigen Obern des Hochw. P. 
E' r i e d r i c h M u c k e r m a n n auf Anfrage folgende verbindliche Er- 
klärung abgegeben worden: ,.P. Muckermann ist weder Herausgeber noch 
Schriftleiter der Wochenschrift ,Der Deutsche Weg', noch irgendwie für 
sie verantwortlich. Es ist dem Pater von seinen Ordensobern streng ver- 
boten, sich an dem Unternehmen zu beteiligen." Wie der Heilige Stuhl 
die Unwahrheit und Roheit überall verurteilt, sei es in der deutsclien, 
sei es in der nichtdeutschen Presse, so würde er selbstverständlich für 
den Fall der Tatsächlichkeit von Verstößen dieser Art mit einer Miß- 
billigung nicht zurückhalten. 

Er weist jedoch auf einen doppelten Umstand hin, der in 'iesem Zu- 
sammenhang sich der Erwägung aufdrängt. Die totale Vernich- 
tung der katholischen Tagespresse in Deutschland, 
die zwangsmäßig durchgeführte Gleichschaltung der 

324 



übrigen Presse in Verbindung mit der Unterdrückung 
jeder Kritik in einzelnen, das Gewissen der gläubigen Christen ver- 
letzenden Dingen innerhalb der deutschen Landesgrenzen hat augen- 
scheinlich nach einem, der Jetzigen Staatsführung naturgemäß unan- 
genehmen, aber natürlichen Gesetz diese Kritik und die in der Heimat 
unmögliche Abwehr in andere Kanäle verdrängt. Diese Nebenprodul<;te 
äußerer Gewalteinwirl^ung sind unvermeidlich. Selbst wenn der Heilige 
Stuhl es rechtlich könnte, würde er faktisch nicht in der Lage sein, die 
deutsche Reichsregierung von dieser gewiß peinlichen, aber auch zvir 
Nachprüfung der getroffenen Zwangsmaßnahmen mahnenden Folge- 
wirkung zu befreien." 

„W er selbst im Glashaus sitzt, soll auf andere nicht 

mitSteinenwerfen!" 

Zum zweiten darf darauf hingewiesen werden, daß dieEmpfind- 
samkeit der Reichsregierung gegenüber Beschimp- 
-.f u n g e n durch die Presse dem Hl. Stuhl die Hoffnung gibt, daß sie in 
Zukunft den gleichen Maßstab für andere gelten läßt. 
Sie wird in Verwirlclichung dieses Grundsatzes ihre unbezweifelbare 
Macht einsetzen, um der unter ihren Augen und ihrer Direk- 
tivestehenden deutschen Presse, in erster Linie derjenigen, 
welche parteiamtliche ist oder sich als besonders berufene Wortführerin 
und Sinndeuterin nationalsozialistischen Denkens darstellt, die Fort- 
setzung einer Haltung unmöglich zu machen, die mit normalen Beziehun- 
gen zwischen Kirche und Staat, geschvs^ige denn mit einem Konkordats- 
regime unvereinbar ist. 

Wenn die Reichsregierung Wert darauf legt, Fälle „erstaunlicher 
Sachunlcenntnis, aber desto stärkerer Überheblichkeit" (vgl. Note vom 
18. Dezember v. J., Seite 13) kennenzulernen, so wird s\e bei der Nach- 
prüfung auch nur der letzten Monate bis in die jüngsten Tage hinein ein 
überreiches Material finden und feststellen müssen, daß die unter inten- 
sivster Staatsaufsicht erscheinende, sich zum Nationalsozialismus be- 
kennende Presse — einschließlich der diesen letzteren Umstand beson- 
ders betonenden Blätter der verschiedenen kämpferischen Glaubens- 
bzw Unglaubensbewegungen — in unterbrochener Serie die 
Gefühle des katholischen Volkes aufs schmählichste 
verletzen, dieEinricht^mgen der katholischen Kirche 
in abstoßendster Weise verächtlich machen, die Ge- 
schichte der katholischen Kirche in einer an Porno- 
graphie grenzenden Form ungestraft verzerren und 
besudeln, die Maßnahmen und Absichten auch des 
gegenwärtigen Oberhauptes der Kirche, der zugleich ein 
mit dem Deutschen Reich ,in freundschaf^ichen Beziehungen' (Proömium 
des Reichskonkordates Absatz 1) stehender Souverän ist, in bös- 
artigster und unwahrhaftigster Art mißdeuten und beschimp- 
fen dar f, ohne daß — verschwindende, aber deshalb doch nicht un- 
gewürdigte Fälle ausgenommen — die dazu berufenen deutschen Be- 
hörden sich entschließen können, die ihnen straff unterstellte deutsche 
Presse von diesen Niedrigkeiten und Roheiten zu befreien. 

Wenn die deutsche Reichsregierung nach D u r c h f ü h r tt n g oder 
wenigstens nach wirksamer und umfassender Inangriffnahme dieser 
Reinigungsprozedur an den Hl. Stuhl heranträte, um mit ihm über die 
Normalisierung der öffentlichen Presseauseinandersetzungen zu verhan- 
deln, dann würde solcher Meinungsaustausch in einer ganz andei-en 
Atmosphäre und unter ganz anderen Erfolgsaussichten stattfinden können. 
Es liegt in der Natur der Sache, daß die Beendigung eines Kampf zustan- 
des mit der Einstellung der Angriffe beginnen muß, nicht mit dem Ver- 
zicht auf Verteidigung. 

325 



b) Beschwerden und Forderungen der deutschen Bischöfe. 

Es müßte hier vieles wiederholt werden, was schon oben aus 
Hirtenbriefen und Denkschriften der deutschen Bischöfe von ein- 
zelnen Bischöfen in Predigten über Schikanen und Gewalttätig- 
keiten gegen die katholische Presse gesagt worden ist. Wir wollen 
nur einiges Wenige daraus wiederholen, z. B. was die bayerischen 
Bischöfe in ihrem Hirtenbrief vom 5. Mai 1933 betonten: 

„Der, Mißbrauch darf nicht zur Unterdrückung der freien 
Meinung und des freien Wortes überhaupt führen, besonders auch 
nicht in der Tagespresse. Die Wichtigkeit der katholischen Presse 
wurde oft und von höchster Warte aus betont, daß wir sie jetzt 
nicht im Stiche lassen dürfen." 

Und ganz Deutschlands Bischöfe forderten einen Monat später 
(Juni 1933): 

„Soll die Kirche im neuen Staat ihre Freiheit genießen, so wird es 
auch berechtigt sein müssen, eine katholische Presse zu be- 
sitzen. Wir meinen damit jene, die mit den Tagesbotschaften den katho- 
lischen Geist in die Seelen ihrer Leser leitet und die Ereignisse des 
Menschenlebens und Weltgeschehms am Maßstab des Christentums mißt 
und im Spiegel der Ewigkeit b^chaut. Die Kirche kann- auf 
dieses modernste Seelsorgsmittel aufkeinen F a 11 ver- 
zichten und muß dafür jenes Maß von Freiheit ver- 
langen, das ihr eine segensreiche Wirksamkeit ermöglicht, wenn sie 
nicht wahrnehmen will, daß sich die im gottesdienstlichen Leben ge- 
sammelten und in den katholischen Organisationen vertieften Kenntnisse 
und Entsdiließungen in der Flut einer religiös üxibestimmten Tagespresse 
verwässern." 



Aus dem Hirtenbrief vom 20. August 1935: 

„. . . Nun versteht Ihr, geliebte Diözesanen, warum wir Bischöfe auch 
nicht gestatten dürfen, Zeitungen und Bücher zu lesen und 
Versammlungen zu besuchen, in denen unser Glaube und unsere Kirche 
geschmäht und Gotteslästerungen gegen alles, was dem religiösen Men- 
schen heilig ist, ausgestoßen werden. Nicht jeder erkennt sofort, wieviel 
Irrtum hinter diesen Worten steckt, und mancher wurde durch das Lesen 
solcher Zeitungen und durch den Besuch solcher Versammlungen vom 
Glauben an Christus und seine Kirche abgezogen oder wenigstens in 
seiner Glaubensfreude erschüttert. Auf der anderen Seite ist es doppelt 
geboten, die kirchlichen Predigten zu besuchen und anzuhören. ,Wie 
kann man an Gott glauben, wenn man nichts von ihm gehört hat' (Rom. 
10,14) und aus anderen Quellen der religiösen Fortbildung zu schöpfen. 
Außerhalb der Kirche dürfen zur Zeit Versammlungen mit religiösen 
Vorträgen nicht mehr gehalten werden. Die Freiheit der Presse 
ist, was wir mit tiefem Schmerz feststellen, so weit eingeschränkt, daß 
die früher katholischen Zeitungen religiöse Artikel nicht mehr 
bringen dürfen und zuweilen zur Aufnahme von Artikeln 
gezwungen werden, die den katholischen Leser verletzen. Da ist 
es zum Ersatz doppelt notwendig, zu Hause treuer als sonst im heiligen 
Evangelium zu lesen, um dem Heiland innerlich nahe zu bleiben und 
fleißiger als sonät die kirchlichen Predigten zu besuchen. Ihr müßt ge- 
rüstet sein, über Euren Glauben Rede und Antwort zu geben. ,Legt die 
Rüstung Gottes an'!" 

326 



In der 

Denkschrift an Hitler selbst 

im August 1935 erheben die deutschen Bischöfe mehrfach ernste 
Vorstellungen gegen die Knechtung der Presse, besonders der kirch- 
lichen Presse: 

„Im Zusammenhang mit den Fragen der sitt- 
lichen Freiheit erheben die Bischöfe einmütig 
Einspruch gegen die Diktatur der Geheimen 
Staatspolizei, die fortwährend Bistums blätter 
und religiöse Drucke in Buchform beschlag- 
nahmt, Seelsorgsbriefe unter die verbotenen 
Flugblätter rechnet .u,nd die persönliche Frei- 
he^it der religiösen Schriftsteller in einer Weise 
einschränkt, dieeines Kulturvolkesnicht würdig 
ist . . ." 

c) Kampf um Artikel 4 des Reichskonkordates. 

Nebst Artikel 31 gehörte wohl Artikel 4 des Reichskonkordates 
zu den meistumstrittenen Punkten dieser „feierlichen- Überein- 
kunft" zwischen dem Hl. Stuhl und dem Deutschen Reich, 

Der Artikel lautete: ; 

. „Der Heilige Stuhl genießt in seinem Verkehr und seiner Korrespon- 
denz mit den Bischöfen, dem Klerus und den übrigen Angehörigen der 
katholischen Kirche in Deutschland volle Freiheit. Dasselbe gilt für die 
Bischöfe und sonstigen Diözesanbehörden für ihren Verkehr mit den 
Gläubigen in allen Angelegenheiten ihres Hirtenamtes. 

Anweisungen, Verordnungen, Hirtenbriefe, amtliche Diözesanblätter 
und sonstige die geistliche Leitung der Gläubigen' betreffende Ver- 
fügungen, die von den kirchlichen Behörden im Rahmen ihrer Zustän- 
digkeit (Artikel 1, Absatz 2) erlassen werden, können ungehindert ver- 
öffentlicht und in den bisher üblichen Formen zur Kenntnis der Gläu- 
bigen gebracht werden." 

Das war eine der gefährlichen 

„Nietstellen** 

des Reichskonkordates. Die kleine einschränkende Beifügung in 
Absatz 2: ,,im Rahmen ihrer Zuständigkeit" fand im 
Zusammenhang mit dem Klammerzusatz (Art. 1, Abs. 2) eine 
solche Auslegung, Ausweitung und Ausführung durch Reichs- 
regierung, Partei und Gestapo, daß praktisch fast alle Zugeständ- 
nisse des ganzen Artikels 4 aufgehoben wurden. 

Artikel 1, Absatz 2, anerkannte ja bloß „das Recht der katho- 
lischen Kirche, innerhalb der Grenzen des für alle 
geltenden Gesetzes ihre Angelegenheiten selbständig zu 
ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zustän- 
digkeit für ihre Mitgliedef" bindende Gesetze und Anordnungen 
zu erlassen." 

327 



„Innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes" und 
„im Rcihmen ihrer Zuständigkeit": das waren die zwei Handfesseln, 
mit welchen man die kirchliche Bewegungsfreiheit immer wieder 
einzuschränken suchte. 

War beispielsweise ,,ein für alle geltendes Gesetz", daß das 
Briefgeheimnis aufgehoben sei, so galt dies nach national- 
sozialistischer Auffassung und Vertragsauslegung a u ch für den 
Verkehr und die Korrespondenz der Bischöfe und 
Gläubigen mit dem Hl. Stuhl. Es wurden darum trotz 
Absatzes 1 des Artikels 4 alle amtlichen Schreiben des Bischofs 
von Würzburg auf seiner Reise nach Rom im Jahre 1938 an der 
Gienze kontrolliert und photokopiert. 

Ebenso wurden die amtlichen Schreiben der bischöf- 
lichen Behörden an vSeelsorger und Gläubige unter Beobach- 
tung gestellt, Hirtenbriefe und amtliche Diözesanblätter mit der 
Zeit beinahe ebenso streng der polizeilichen Zensur unterworfen 
wie Tageszeitungen und Zeitschriften, Weil es eben in Deutschland 
„für alle geltendes Gesetz" war, daß es keine Pressefreiheit gab. ■ 

Ein Flugblattverbot konnte zwar für Partei, deutsche 
Schulgemeinde usw. eine Ausnalime zulassen, war aber sonst so 
sehr ein ,,für alle geltendes Gesetz", daß es auch keine ,,Seel- 
sorgsb riefe" zuließ, auch wenn sie von den kirchlichen 
Behörden (Ordinariat oder Pfarramt) ,,im Rahmen ihrer 
Zuständigkeit" zur „pflichtmäßigen Verkündigung und Er- 
läuterung der dogmatischen und sittlichen Lehren und Grundsätze"'' 
der Kirche" (siehe Schlußprotokoll des Reichskonkordates zu 
Art. 32) und „in den bisher üblichen Formen zur Kenntnis der 
Gläubigen gebracht wurden." 

„Gegen diese Vertragsumdeutung, Vertrags- 
umgehung, Vertragsaushöhlung, schließlich mehr oder 
minder öffentliche Vertragsverletzung" (Enzyklika ,,Mit 
brennender Sorge", Einleitung) führten nebst dem Hl. Stuhl die 
Bischöfe ganz Deutschlands einen zähen und entschlossenen Kampf. 

Sie wehrten sich insbesonders gegen die rechtswidrige B e - 
sc'hlagnahme von bischöflichen Amtsblättern 
und Bischofspredigten, aber auch gegen das Verbot 
religiöser Flugschriften und Werbeblätter, wie gegen 
die Knechtung und Fesselung ihrer Bistumsblätter in der elemen- 
tarsten Darlegung und Verteidigung ,,der dogmatischen und sitt- 
lichen Lehren und Grundsätze der Kirche", 



C! 



aa) Kampf gegen die rechtswidrige Beschlag- 
nahme von bischöflichen Amtsblättern und 
Bischofspredigten 

Als imi Juni 1936 die Predigt von Kardinal Faulhaber: ,,Der 
Glaube, ein dreifacher Segen" samt dem Amtsblatt, dem der 
Predigtabdruck als Beilage beigefügt war, polizeilich ,,sicher- 

328 



gestellt" wurde, wandte sich das Erzbischöfliche Ordinariat 
München mit nachfolgendem energischen Protest an das Reichs- 
kirchenministerium, der wiederum nur als ein Beispiel für viele 
ähnliche Schritte bischöflicher Stellen wiedergegeben sei: 

G.V. 6097 

Das Ordinariat des Erzbistums München, den 15. Juni 1936 

München und Freising Pfandhausstr. 1 

An das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten 
in Berlin, Leipziger Straße 3. 

Betreff : Polizeiliche Sicherstellung des Amtsblattes Nummer 16. 

Am 13. ds, wurde Amtsblatt Nr. 16 der Erdzdiözese München und 
Freising samt der Beilage sowie ein Sonderdruck dieser Beilage durch 
die Polizeidirektion München sichergestellt. Wir gestatten uns, Amts- 
blatt und Beilage anzufügen. 

Wir erheben Einspruch gegen diese neuerliche 
Verletzung des Art. 4 des Reichs konkordats und der im 
Schlußprotoltoll des Reichs l^onliordats zu Art. 32 
gegebenen Zusicherung. 

Eine schriftliche Begründung der Sicherstellung ist uns bis jetzt 
von der Polizeidirektion München noch nicht zugegangen. In einer per- 
sönlichen Unterredung von zwei Vertretern unseres Ordinariats mit dem 
Herrn Polizeipräsidenten Friedrich Karl Freiherrn von Eberstein 
wurden hauptsächlich nachfolgende Stellen der Kardinalspredigt vom 
7. Juni beanstandet, denen wir einige kurze Erläuterungen beifügen 
wollen. 

1. „Es ist das Schlagwort gefallen: Jugend wird nur 
von Jugend erzöge n." 

Wir glauben besondere Ausführungen über die Haltlosigl^eit dieses 
Schlagwortes uns wirklich ersparen zu können. Jeder Pädagoge wird 
diesen Satz ablehnen, wenn anders sein Name ernst genommen werden 
soll. Se. Eminenz selbst Iiat mit wenigen Worten die Zurückweisung 
dieses Schlagwortes begründet: , 

„Jugenderziehung ist Jugendführung; Jugendführung aber setzt, wie 
jede Führung,, ein geistiges Ütaerlegensein, eine Autorität voraus. Un- 
reife Icann nur von Reife überwunden werden." 

2. „Ich weiß, es liegt wie ein schweizer Druck auf eurer Seele, die Er- 
innerung an die gewalttätige Art, wie bei der letzten Schulein- 
schreibung in. München die Eltern sogar mit wirt- 
schaftlichen Drohungen von der Bekenntnisschule zur Ge- 
meinschaftsschule gedrängt wurden. Zuweilen in einer Weise, daß man 
von einer Freiheit des Elternwillens nicht mehr sprechen konnte" usw. 

Wir verweisen zur Beleuchtung dieser Worte 

a) auf das Schreiben vom 20. 3. 1936 und die Denkschrift gleichen Da- 
tums über die Bekämpfung der katholischen Bekenntnisschule in 
München. Wir legen beides noch einmal bei; 

b) auf beiliegende Ataschrift eines Fragebogens des RDB (Reichsbund 
der Deutschen Beamten); 

c) auf ein fast unglaubliches Vorkommnis in allerletzter Zeit: Ein 
Famihenvater hatte nach 4 Jahren Arbeitslosigkeit zu Anfang d. J. 
Anstellung in einem staatlichen Betrieb in München gefunden. Vor 
wenigen Tagen erhielt er , einen eingeschriebenen Brief, mit wel- 
chem ihm die fristlose Entlassung mitgeteilt wurde, weil „die Kreis- 
leitung der NSDAP gegen seine Verwendung Bedenken politischer 

. Kreuz und Hakenkreuz 22 Bd. 11 229 



Art habe". Als er dann zum Ortsgruppenführer der NSDAP ging, 
um zu fragen, welche politischen Bedenken die Kreisleitung gegen 
ihn habe, wurde ihm als Grund angegeben, „daß er seine drei 
Kinder bei der Konfessionsschule habe einschrei- 
ben lassen. Wenn er sich schriftlich verpflichte, seine Kinder 
nächstes Jahr in die Gemeinschaftsschule zu schicken, könne viel- 
leicht die Scharte wieder ausgewetzt werden"; 

d) auf die Tatsache, daß die Ankündigung des Abbaues von 600 klö- 
sterlichen Lehrerinnen in diesem Jahr und von sämtlichen klöster- 
lichen Lehrerinnen im Laufe der Zeit, in einer öffentlichen Ver- 
sammlung und in Gegenwart der Schulschwestern selbst geschah, 
ohne daß es für nötig befunden worden wäre, vorher mit den 
kirchlichen Stellen oder den Ordensobern auch nur mit einem 
Worte in Verbindung zu treten; daß weiterhin über die Konkor- 
/ datssicherungen von Artikel 5, § 7 Bayer. K. bzw. Art. 25, Abs. 2 
RK. sowie über die Vorschrift des Art. 24 des Bayerischen Schul- 
bedarfsgesetzes, wonach eine Abberufung klösterlicher Lehrkräfte 
nur mit Zustimmung der Mehrheit der Erziehungsberechtigten ge- 
schehen könne, einfach hinweggegangen wird, als wenn sie gar 
nicht mehr bestünden. 

Ist da die von Eminenz erwähnte „Frage des Volkes" nicht be- 
greiflich: „Sind denn wir Katholiken rechtlos und 
vogelfrei?" Wie der in Art. 24 des Bayerischen Schulbedarf s- 
gesetzes angezogene Wille der Erziehungsberechtigten tatsächlich 
ausschaut, zeigt die Unterschriftensammlung, welche sämtliche Er- 
ziehungsberechtigte in Glonn (Obb.) aus eigener Initiative für die 
Beibehaltung der klösterlichen Lehrkräfte machten. Sie ergab 
unseres Wissens 100 Prozent. 

Zum Verständnis der im Volk oft gehörten Frage: „Sind denn 
wir Katholiken rechtlos und vogelfrei?" gestatten wir uns noch 
auf folgende Tatsachen hinzuweisen: 

aa) Auf die gerade i n M ü n c hen so häufige Beschlag- 
nahme des bischöflichen Amtsblattes, selbst ob 
Abdrucks von gemeinsamen Hirtenworten, die in anderen 
Amtsblättern ohne jede Beanstandung erscheinen dürfen. . 

bb) Auf die wiederholte Beschlagnahme der Münchener 
Katholischen Kirchenzeitung aus ganz gering- 
fügigen Ursachen, z. B. ob des einen Satzes in Nr. 10 vom 
8. März 1936: „In diesem Zusammenhang möchten wir hin- 
weisen, daß gerade in den letzten Wochen .eine Legion' An- 
griffe gegen unsei'en vielgeliebten Oberhirten erfolgt sind"; 
dabei ist es eine unwiderlegbare Tatsache, daß gerade auch 
in jener Zeit in Versammlungen und in der Presse schwerste 
Angriife gegen den Herrn Kardinal erfolgt sind. Den Katho- 
liken ist also nicht einmal die Konstatierung einer solchen Tat- 
sache erlaubt. Ähnlich verhält es sich mit der Beschlagnahme 
der Kirchenzeitung wegen Artikel, die in ganz Deutschland 
ungehindert abgedruckt werden durften (z. B. Nr. 28 vom 
14. Juli 1935, wegen des Artikels „Westfälischer Gradsinn"). 

Das Volk stellt dieser außerordentlich strengen Zensur von 
bischöflichen Anitsblättern und Kirchenzeitungen die fast un- 
beschränkte Freiheit gegenüber, mit welcher Blätter vom 
Schlage des „Durchbruch", „Die Stimme", „Nordland", „Der 
Blitz", „Der romfreie Katholik", aber auch „Der SA-Mann", 
„Das Schwarze Korps", „Die Bewegung", „Die HJ" usw. die 
schwersten Angriffe gegen Papsttum, Bischöfe, religiöse Ein- 
richtungen der katholischen Kirche usw. schreiben dürfen. Wir 
sind jederzeit in der Lage, dafür Beweise zu erbringen, waren 

330 



auch schon wiederholt gezwungen, darob an das Reichs- 
ministerium zu schreiben. 

cc) Auf di? vielfach, ohne Angabe von Gründen erfolgte Be- 
schlagnahme von religiösen Broschüren in 
Bücherständen der katholischen Kirchen Münchens, z. B. am 
11. Mai d. J. die Beschlagnahme von Schriften aus der Samm- 
lung „Katholische Volksschriften zu Tagesfragen" (Saarbrücker 
Druckerei und Verlag). Darunter ist z. B. das Schriftchen „Was 
beweisen die Sünden der Päpste?" Das Volk vergleicht wiede- 
rum die Unterdrückung dieser katholischen Verteidigungs- 
schrift mit der Duldung der gemeinsten Angriffe auf das Papst- 
tum in verschiedenen Wochenzeitschriften und ganz besonders 
mit der Duldung des „Pfaffenspiegels" von Corvin, der im. 
Reichsbahn-Ausbesserungswerk München-Freimann auf einem 
Plakat sogar auf gleiche Stufe mit dem Werk des Führers 
„Mein Kampf" gestellt wurde und durch den Aufdruck des 
Stempels „Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft, Reichsbahn-Aus- 
besserungswerk München-Freimann" auch eine Art amtliche 
Empfehlung erhielt. 

„Die Aufpeitscher der öffentlichen Meinung aber 
seien an das Evangelium erinnert, wo Christus auch 
einmal als Richter in einer Freveltat gegen das 
6. Gebot angerufen wurd e." 

Wir wissen recht wohl, daß die Tageszeitungen im großen und 
ganzen sich an die offenbar vorhandene Weisung höherer Stellen 
halten, aus den Prozessen, die zur Zeit in Koblenz stattfinden, keine 
Sensation zu machen und sie besonders nicht zu Angriffen allgemeiner 
Art auszunützen. Aber es wirkt schon die ungewöhnlich ausführliche 
Berichte^rstattung aufpeitschend. Außerdem möchten wir auf folgende 
Tatsachen hinweisen: 

a) Für sonstige Gerichtsverhandlungen besteht seit Jahr und Tag die 
Vorschrift, daß der Stand des Delinquenten nicht angegeben 
werden darf, damit nicht aus dem Vergehen eines einzelnen ein 
Schatten auf seinen ganzen Stand falle. 

Das Volk fragt: „Warum macht die Presse nur bei Vergehen des 
Klerus eine Ausnahme von diesem Verbot?" 

b) Einzelne Blätter benützten tatsächlich die betrüblichen Vorfälle 
zum Aufpeitschen der öffentlichen Meinung und auch zu allgemei- 
nen Angriffen auf die katholische Kirche und die katholische 
Moral. Z. B. überschreibt das Kampfblatt „Durchbruch", Folge 23 
vom 5. 6. 36, einen Artikel auf der 1. Seite mit „Römische Sittlich- 
keit" und schreibt u. a. folgende Stellen: 

„Und was wird in dieser Zahl noch nicht erfaßt sein? Und wie 
wird es in all den anderen über 100 Orden und ordensähnlichen 
Gebilden aussehen? Und wie in dem Treiben der zölifcstären 
römischgläubigen Priesterschaft überhaupt?" 

„Denn das ist es, was wir uns immer wieder im Zusammenhang mit 
dem Aufgehen solcher Eiterbeulen vergegenwärtigen müssen: es 
handelt sich in diesen und ähnlichen Prozessen nicht um Einzel- 
erscheinungen, um Fehltaten, wie sie vom einzelnen immer mög- 
lich sind, sondern eben um die volkszersetzenden Auswirkungen 
einer Glaubenslehre, die in ihren Grundanschauungen, ja sogar in 
dem, was sie als ihre ,Moral' ausgibt, nichts als Unmoral ist, 
jedenfalls für germanisches Moralgefühl." 

„Deutsche Vollendung hat darum dieses zu ihrer Voraussetzung: 
1. daßdasChristent umradikal — bisandieWiir- 
zel gehend — überwunden werde und 

331 



2. daß deutsche Sittlichkeit voll ins Bewußtsein der deutschen 
Menschen trete!" 

c) Der „Blitz" Nr. 24 vom 14. 6. 36 stellt die Frage: „Entgleisungen 
einzelner Priester und Brüder? Das steht fest: Käme alles das ans 
klare Licht des Tages, was auf das Konto der von der Romkirche 
als besonders verdienstvoll hingestellten Ehelosigkeit der Priester, 
Mönche und Nonnen zu setzen ist, ein Schrei des tiefsten Ab- 
scheues und grausigsten Entsetzens ginge durch die Welt und 
machte dem naturwidrigen Spuk schnell ein Ende." 

„Das Schwarze Korps", 24. Folge vom 11. 6. 36, bringt eine häß- 
liche Karikatur von Franziskanern mit sarkastischer Unterschrift 
und entsprechendem Text. 

4. „Im einfachen Volk fragt man, ob denn in anderen 
Schichten unseres Volkes lauter sittliche Muster- 
knaben seie n." 

Es ist Tatsache, daß das Volk diese Frage sehr oft stellt; denn das 
Volk weiß recht wohl, daß auch in anderen Kreisen allerhand Ver- 
fehlungen vorkommen, ohne daß die Presse auch nur ein Wort dar- 
über veröffentlichen darf. Wir könnten dafür Beispiele anführen. 

5. „U n d jetzt konnte man an den Straßenecken in 
großen Buchstaben am Kopf der Zeitung lesen: ,Sie 
beten um Hitlers Tod!' Wir fühlen uns beleidigt 
durcli diese Verdächtigung unserer Staatsgesin- 
n u n g." 

Darauf haben wir nur zu antworten: Es wäre traurig, wenn wir uns 
durch eine solche Verdächtigung nicht beleidigt fühlten. Wir müssen es 
mit aller Entschiedenheit ablehnen, daß man uns in den Schuh schiebt, 
was irgendein uns vollständig unbekannter Ausländer schreibt. Welches 
Gebet wir für den Führer verrichten, ist nach jedem Sonntags-Gottes- 
dienst in jeder Pfarrkirche Deutschlands zu hören, wie es auch Eminenz 
bei der Predigt selbst gezeigt hat. 

Wir finden darum auch keinen gerechten Grund zu einer Sicher- 
stellung oder gar Beschlagnahme des Predigtabdruckes Sr. Eminenz und 
möchten darum die baldigste Freigabe desselben erwarten. 

Wie man dazu kommen konnte, auch das Amtsblatt Nr. 16, das nur 
Erlasse von kirchlicher Natur enthält, sicherzustellen, ist uns ganz un- 
erfindlich. Wird die Freigabe verweigert, so sehen wir uns gezwungen, 
die Angelegenheit als einen Konkordatsfall grundsätzlicher Natur zur 
Vorbescheidung an die Kontrahenten des RK weiterzuleiten. 

gez. Euchwieser 
General Vikar 
In Abschrift 

an die Polizeidirektion in München. 

gez.: Thalhammer. 

bb) Kampf gegen Verbot und Beschlagnahme 
religiöser Flugschriften und Seeiso rgsbriefe 

Ebenfalls nur als Beispiel zähen kirchlichen Widerstandes gegen 
nationalsozialistische Presseknechtung sei ausführlich der Schrift- 
wechsel zwischen dem Erzbischöflichen Ordinariat München und 
Regierungsstellen bez. des Verbotes religiöser Flug- und Werbe- 
schriften bekanntgegeben, wie er am 2. Mai 1936 dem gesamten 
Diözesanklerus mitgeteilt wurde. 

332 



Das Ordinariat des Erzbistums 
München und Freising. 

An das 



Mühchen, den 30. März 1935. 



Reichsministerium des Innern 



Berlin. 



B e t r e f i: : Verbot rein religiöser Flugschriftverteilung. 

Die Expositur Kirchseeon bei München hat ab 7. April gemäß can. 
1349 CIC eine sogenannte „Volksmission" (religiöse Woche für den gan- 
zen Seelsorgsbezirk) durch Redemptoristenpatres. Zur Vorbereitung der- 
selben wollte der Expositus, wie es seit Jahrzehnten üblich ist, beiliegen- 
den „Missionsboten" in die Häuser der Katholilcen seiner Expositur 
tragen lassen und erbat sich hierfür die Erlaubnis des Bezirksamtes 
Ebersberg gemäß § 2 der Bayerischen Ministerialverordnung vom 8.5.29: 

„Plal<;ate, Flugblätter und Flugschriften sind mindestens 24 Stun- 
den, ehe sie an vind auf öffentlichen Wegen,- Straßen und Plätzen an- 
geschlagen, ausgestellt, verbreitet oder sonst der Öffentlichiveit zu- 
gänglich gemacht werden, der Bezirkspolizeibehörde, in Städten mit 
Polizeidirektionen der Polizeidirektion zur Kenntnisnahme vorzulegen." 

Das Bezirksamt antwortete hierauf: 

„Eine Verteilung der ,Werbeblätter zur Volksmission' auf öffent- 
lichen Wegen oder Plätzen oder von Haus zu Haus kann nicht ge- 
stattet werden." 

Auf Ersuchen des Herrn Expositus rief das Erzbischöfliche Ordi- 
nariat beim Bezirksamt Ebersberg an und bat um Auskunft, warum der 
anderswo, z. B. in München, nicht beanstandete „Missionsbote" in seinem 
Bezirk nicht verteilt werden dürfe. Herr Otaerregierungsrat Kummer 
erklärte, daß nicht der Inhalt des „Missionsboten" Grund zur Beanstan- 
dung gegeben hätte, sondern daß eine Anordnung der Bayer. Polit. Poli- 
zei vom 6. 4. 34 jegliche Verteilung von Flugblättern auf öffentlichen 
Plätzen oder von Haus zu Haus verbietet. Die Bayer. Polit. Polizei (Ober- 
inspektor Schmeling), die daraufhin von uns sofort angerufen wurde, 
gab die Auskunft, daß das Verbot auf eine Weisung der Geheimen 
Staatspolizei von Berlin zurückgehe. Auf den Einwand, daß der uns be- 
kannte Erlaß der Bayer. Polit. Polizei vom 14. 11. 34 doch nur das Ver- 
teilen von Flugblättern politischen oder kirchenpolitischen Inhalts ver- 
biete, wurde geantwortet: Der Inhalt spiele keine Rolle; jegliche Art von 
Flugblättern sei untersagt. 

Es erheben sich nun folgende Fragen: 

1. Besteht tatsächlich ein von der Geheimen Staatspolizei Berlin er- 
lassenes allgemeines Verbot für die Verteilung jeglicher Art von Flug- 
blättern auf öffentlichen Wegen oder Plätzen oder von Haus zu Haus, 
ohne jede Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne die Möglichkeit, in 

• Rücksicht auf die Unbeanstandbarkeit des Inhalts und des Zweckes ~ 
von der Polizei auf Antrag die Erlaubnis zu bekommen? 

2. Will ein evtl. allgemeines Flugblattverbot tatsächlich auch die aus 
rein seelsorglichen Gründen von amtlicher Seite angeordnete Ver- 
breitung einer rein religiösen- Druckschrift, wie es der fragliche 
„Missionsbote" ist, einbezogen haben? 

3. Wenn nach der ständigen Praxis und nach wiederholt mündlichen 
Erklärungen der Politischen Polizei und nach ihrer Verfügung vom 
14. November 1934 von einem solchen Flugblattverbot „die Druck- 
schriften, die von staatlichen oder Parteidienststellen verbreitet wer- 
den" ausgenommen sind, ist dann ein Verbot von kirclilichen Flug- 
blättern mit dem Reichskonkordat, Abs. 2, Art. 1, vereinbar? Das hielt 

333 



der Kirche zuerkannte „Recht, innerhalb der Grenzen des für alle 
geltenden Gesetzes ihre Angelegenheiten zu ordnen", schließt unseres 
Erachtens ein Ausnahms- oder Verbotsgesetz aus, welches die katho- 
lische Kirche schlechter stellt als andere juristische Personen. 

Da die Volksmission in Kirchseeon bereits am 7. April beginnt, die 
Einladung und Aufmunterung der Katholiken, gerade auch der am Sonn- 
tag nicht in die Kirchen kommenden Katholiken, zur Teilnahme an der 
Volksmission unbedingt in den nächsten Tagen erfolgen muß, wären wir 
dem hohen Reichsministerium für eine umgehende Auskunft und evtl. 
Weisung an das Bayerische Staatsministerlum des Innern sehr verbunden. 

gez.: Buchwieser, jGen.-Vic. 

IIa 

Polizeidirektion München München 6, den 18. Februar 1936 

Gegen Pöatzustellungsurkunde! 
An den Verlag P. Scherzi, München, Kaulbachstraße 47. 
Betreff: Polizeiliche Beschlagnahme und Einziehung. 

Beschluß 

Tm Verlag P. Scherzi sollte eine als Flugblatt gedachte Druck- 
schrift „Missionsbote Nr. 3" herausgegeben werden. Die Verbreitung 
von Flugblättern wird grundsätzlich nicht mehr gestattet. Gemäß § 7 
der VO. vom 4. 2. 33 ist daher die Druckschrift „Missionsbote" Nr. 3 
sowie die ebenfalls als Flugblatt gedachte Druckschrift; „Wer hilft? 
Missionsbote der iledemptoristen (3)", die sich inhaltlich mit dem „Mis- 
sionsboten Nr. 3" deckt, zu beschlagnahmen. 

I. A. gez.: Mayr. 

Bemerkung des Erzbischoflichen Ordinariates: 

Mündlich war die Beschlagnahme bereits am 13. Februar durch zwei 
Beamte der Polizei ausgesprochen worden. 

.IIb 
G. V. 1283 München, den 14. Februar 1936 

Das .Ordinariat des Erzbistums 
München und Freising 

An das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten 

Berlin 
Leipziger Straße 3. 

Betreff: Verbot rein religiöser Flugschriftenverteilung. 

Am 30. März 1935 richteten wir beiliegendes Schreiben an das Reichs- 
ministerium des Innern, bekamen aber, wohl infolge der Übernahme der 
kirchlichen Angelegenheiten durch das neue Reichsministerium, keine 
Antwort. 

Da nunmehr die angeschnittene Frage wiederum sehr akut geworden, 
speziell in Hinsicht auf die Vorbereitung von Volksmissionen in mehre- 
ren Stadtpfarreien Münchens für März ds. Js. und die vorläufige Ein- 
ziehung des „Missionsboten Nr. 3" In der Stödtpf arrei St. Rupert, Mün- 
chen, bitten wir um beschleunigte Prüfung und Entscheidung der An- 
gelegenheit. 

334 



Wir möchten in besonderer Weise noch auf nachfolgende Punkte hin- 
weisen: 

.1. In großen Stadtpfarreien von 20 000 bis 25 000 Seelen ist eine Benach- 
richtigung sämtlicher Pfarrangehöriger nur durch Seelsorgerbrief oder" 
Flugschrift möglich. 

2, Die Vorbereitung und Einladung zu den „Volksmissionen", die nach 
can, 1340 CIC in sämtlichen Pfarreien wenigstens alle 10 Jahre ab- 
zuhalten sind, geschieht seit Jahrzehnten durch Verteilung eigenef 
Flugschriften in sämtlichen katholischen Familien, gehört also gewiß 
zu „den bisher üblichen Formen", in welchen kirchliche Behörden — 
in diesem Falle Pfarrämter — im Rahmen ihrer Zuständigkeit „eine 
die geliStliche Leitung der Gläubigen betreffende Verfügung zur Kennt- 
nis der Gläubigen bringen" (Reichskonkordat Art. 4, Abs. 2). — Eine 
Behinderung dieser üblichen Benachrichtigungsform würde, insbeson" 
derä ih der Gt-oßstadt, eine ganz wesentliche Behinderung der gesam- 
ten Seelsorge bedeuten. 

3. Eine inhaltliche Beanstandung des „Missionsboten Nr. 3" steht 
nach den bisher gewordenen Informationen nicht in Frage. Wir legeil 
ein Exemplar desselben zur gefälligen Einsichtnahme bei. 

gez.: Buch wieser, Gen.- Vikar. 

Illa 

Einladung des katholischen Pfarramtes St. Bonifaz München an die 
Frauen der Stadtpfarrei zu einer Abendandacht auf 13X21 cm großen, 
hektographierten Zetteln: 

Kath. Frauenund Mütter derPfarrei St. Bonifaz! 

Euer Seelsorger lädt Euch alle herzlich ein zu einem großen 
Frauenabehd in unserer Pfarrei, der am 2 7. Febr. 1936, 
abends 7. 3 Uhr, in der Basilika stattfindet. 

1. Predigt: „Die Frau im Leben der Pfarrei" (P. L. Rid). 

2, Segensandacht. 

Recht viele Frauen hofft an diesem Abend zu sehen 

gez.: Ludger Rid O. S- B. 
Stadtpfarrer und geistl. Rat. 

Bitte: Für den am Freitag, den 28. Febr., abends 7,30 Uhr, 
stattfindenden Männerabend wird nicht schriftlich eingeladen. 
Die Frauen werden gebeten, die Männer darauf aufmerksam zu 
machen. 
Hersteller: Pfarrkanzlei St. Bonifaz. 

Illb 

Polizeidirektion München München 6, den 3. März 1936 

Fernsprecher 1 43 21 Ettstraße 2. 

Gegen Postzu stell ungsürkunde. 

An das Katholische Pfarramt St. Bonifaz, München, Karlstr. 34. 

Betreff: Polizeiliche Beschlagnahme und Einziehung. 

Beschluß 

Das von der Pfarrkanzlei St. Bonifaz hergestellte Flugblatt an die 
katholischen Frauen und Mütter der Pfarrei St. Bonifaz zur Teilnahme 

335 



an einem Frauenabend am 27. Februar 1936 wird auf Grund § 7 der VO. 
vom 4. 2. 33 polizeilich beschlagnahmt und eingezogen, weil jede Flug- 
blattpropaganda grundsätzlich verboten ist. 

I. A. gez.: Mayr. 

IIIc 

Das Ordinariat des Erzbistums München, den 27. Februar 193Ö 

München und Freising 

An das Reichsministerium für kirchliche Angelegenheiten 

Berlin, Leipziger Straiße 3. 

Betreff: Verbot rein religiöser Druckschriften und gottesdienstlicher 
Bekanntmachungen von PfaxTämtern an ihre Pfarrangehörigen. 

Mit Schreiben GV. 1283 vom 14. ds. erhoben wir unter Beilage einer 
unter dem 30. März 1935 an das Reichsministerium gerichteten Anfrage 
" Vorstellung gegen die Anwendung eines „Flugblatf'-Verbotes der Baye- 
rischen Politischen Polizei vom 6. 4. 34 auf rein ;L-eligiös-pastorelle Druck- 
schriften oder sogar bloße gottesdienstliche Bekanntmachungen I<;irch- 
licher Behörden an die ihrer geistlichen Leitung unterstehenden Kon- 
fessionsangehörigen. Die erwähnte Verordnung Icennt nvir -Ausnahmen 
für Flugblätter von Staats- und Parteistellen. 

Es sind zwar seit unserer Anfrage erst zwölf Tage verflossen, aber 
die Verhältnisse zwingen uns, das Reichsministerium neuerdings um be- 
schleunigte Prüfung der Angelegenlieit zu bitten. Die Schwierigkeiten 
häufen und steigern sich ja von Tag zu Tag. 

Heute wurde von der Polizeidirektion Mühchen eine bloße Einladung 
des Stadtpfarramtes St. Bonifaz an die Frauen der Stadtpfarrei zu einer 
Standespredigt, die durch Vertrauenspersonen persönlich unter Kuvert 
zugestellt wurde, als unerlaubt erl^ilärt und beschlagnahmt. 

Das Stadtpfai'ramt St. Rupert, München, dessen „Missionsbote Nr. ,3" 
gemäß unserer Mitteilung vom 14. ds. beschlagnahmt wurde, ist in größ- 
ter Verlegenheit, wie es die bereits am 22. März zu beginnende Volks- 
mission den Pfarrangeliörigen zur Kenntnis bringen soll. Eine Verschie- 
bung der Volksmission ist aber unmöglich, weil die hierfür bestimmten 
Patres für die "kommenden Monate längstens für andere Pfarreien be- 
stellt sind. Es besteht also nach Aussage des Missionsleiters Gefahr, daß 
die von dem Pfarrklerus seit Monaten mit viel Mühe und mancherlei 
Kosten vorbereitete Volksmission direkt ausfallen muß und eine strenge 
Vorschrift des Ivirchlichen Rechtes (can. 1349) wegen polizeilicher Be- 
hinderung ihrer Bekanntmachung nicht erfüllt werden kann. 

So sei uns die erneute Bitte um raschestes Eingreifen des Reichs- 
ministeriums gestattet. 

Zur vollen Beleuchtung der Sache 'stellen wir als wichtigste Punkte 
zusammen: 

1. In Frage steht nicht die öffentliche Verteilung von wirklichen 
Flugblättern an die Allgemeinheit auf Straßen und auf öffentlichen 
Plätzen, sondern lediglich die Zustellung seelsorgerlicher Drucicschriften 
oder Bekanntmachungen an einen geschlossenen Personenkreis (Katho- 
liken) innerhalb eines genau umgrenzten Bezirkes (Pfarrei). 

2. Die Übermittlung geschieht entweder durch die Post oder durch 
Vertrauenspersonen, sei es mit adressierten Kuverts oder auf Grund 
einer Liste, die nur die katholischen Pfarrangehörigen der einzelnen 
Häuser angibt. 

336 



3. Der Inhalt der Druckschriften oder Vervielfältigungen ist rein 
religiös-pastorell, sei es eine religiöse Belehrung oder gottesdienstliche 
Bekanntmachung. 

4. Die Mitteilungen werden „von den kirchlichen Behörden (erz- 
bischöfl. Ordinariat oder Pfarramt) im Rahmen ihrer Zuständigkeit er- 
lassen" (Abs. 2 des Art. 4 des RK). 

5. Diese gedi'uckten oder vervielfältigten diözesanen oder pfarramtlichen 
Belehrungen und Bekannimachungen .gehören zu „den bisher üblichen 
Formen", in welchen Verfügungen kirchlicher Behörden den Gläubigen 
zur Kenntnis gebracht werden. 

6. Große Stadtpfarreien wie überhaupt größere Pfarreien haben kein 
anderes Mittel, an die Gesamtheit der Gläubigen heranzukommen, als 
das gedruckte oder vervielfältigte Wort. Eine Behinderung dieser Be- 
nachrichtigungsform würde in vielen Pfarreien zu einer Lahmlegung 
eines Großteils der Seelsorge führen. 

IV. 

Flugblatt zur Verbreitung der Mission (München-Ebersberg). 
Mündliche Auskunft des Referenten des Reichskirchenministeriums; 

Am 4. März 1.936 sprach H. H. A. Lang, Generalsekretär des Ludwig- 
Missions-Vereins München, in Missionsangelegenheiten bei H. H. Studien- 
rat (jetzt Ministerialrat) Josef Roth im „Reichsministerium für die kirch- 
lichen Angelegenheiten" \/or. Dabei trug Herr Studienrat dem Herrn 
Geneialsekretär auf: „Sagen Sie Herrn Generalvikar Buch wieser und 
Herrn Domkapitular Neuhäusler: Das Schreiben (vom 14. und 27. Fe- 
bruar ds.) ist begutachtet in dem Sinne, daß diese Zettel nicht als Flug- 
blatt im allgemeinen Sinne zu betrachten sind, sondern unter Art. 4 
RK. fallen und unter den gewönlichen schriftlichen Verkehr zwischen 
Seelsorger und Volk fallen. 

Diese Begutachtung ist an die Gestapo weiterzugeben, mit dem Er- 
suchen, die Bayerische Politische Polizei zu verständigen." 

Va 
Bezirksamt Bad Tölz Bad Tölz, den 15. März 1936 

An das Katholische Stadtpfarramt Bad Tölz. 

Betreff : Verbreitung von Flugblättern und Flugschriften. 

Die Verteilung von Druckschriften von Haus zu Haus anläßlich der 
Volksmission sowie überhaupt jede flugblattmäßige Verbreitung, sei es 
gegen oder ohne Entgelt, ist unzulässig und muß daher künftig unter- 
bleiben. 

gez.: Fergg. 
IVb 

Das Ordinai'iat des Erzbistums München, den 20. März 1936. 

München und Freising. 

An das Reichsministerium für die kirchlichen Angelegenheiten 

Berlin, Leipziger Straße 3. 
Betreff: Verbot pfarrlicher Druckschriften. 

Zu unserem Bedauern müssen wir nochmals zurückkommen auf die 
bereits im Schreiben vom 14. und 27. Februar 1936 mitgeteilte Schwie- 
rigkeit, welche der Herausgabe rein seelsorgerlicher Druckschriften und 
Bekanntmachungen von Pfarrämtern an ihre Pfarrangehörigen bereitet 
wird. 

Wiederum sollte in einer Pfarrei, in Bad Tölz, zur Vorbereitung auf 
die am 22. ds. beginnende Volksmission der amtlich in keiner Weise be- 

337 



anstandete „MlssionsbotG" durch Vertrauenspersonen den einzelnen 
katholischen Familien zugestellt werden. 

Es wurde zunächst mündlich beim Bezirlcsamt angefragt, ob die Ver- 
teilung geschehen dürfe. Das Bezirksamt gab dann die Erlaubnis. Ein 
paar Tage darauf kam aber beiliegendes Schreiben. Auf mündliche An- 
frage wurde mündlich erklärt, es sei in Erinnerung gekommen, daß 
voriges Jahr ein allgemeines Verbot herausgekommen sei, jedwelche 
Flugblätter zu verbreiten. 

So entstehen fast täglich neue Schwierigkeiten und Hindernisse für 
die notwendigsten Seelsorgsarbeiten. Das Volk, dem soviel gedruckte und 
vervielfäl^tigte Flugblätter der Partei und ihrer Gliederungen zugehen, 
versteht nicht, warum ihm rein religiöse Mitteilungen und Belehrungen 
der Pfarrämter nicht mehr zugestellt werden dürfen. Und wie wir schon 
manchen schriftlichen und mündlichen Erklärungen von Laien entneh- 
men mußten, empfinden viele dieses Verbot rein seelsorgerücher Druck- 
schriften als eine kirchenfeindliche Maßnahme. Bedauerlicherweise wird 
so in vielen Orten und in weiten Kreisen eine starlce .Erbitterung hervor- 
gerufen. 

Wir möchten darum das Reichsministerium erneut und dringendst 
bitten, sich um die baldigste Aufhebung dieses Verbotes bei der Ge- 
heimen Staatspolizei bzw. bei der Bayerischen Politischen Polizei be- 
mühen iu wollen. 

gez.: Buchwieser. 

VI. 

Telephongespräch zwischen Domkapitular Neuhäusler und Studien- 
rat Roth vom Reichskirchenministerium: 

Am 22, April 1936 hatte Herr Domkapitular Neuhäusler ein Fern- 
gespräch mit Studienrat Roth vom Reichsministerium für die kirch- 
lichen Angelegenheiten in Sachen: „Sicherstellung des Amtsblattes 
Nr. 11 der Erzdiözese (Hirten wort; Werbung für den Eintritt in das Jung- 
volk)". Im Anschluß daran stellte Neuhäusler die Frage: „Wie steht es 
denn mit der Flugblattangelegenheit?" Darauf der Studienrat: „Die 
Sache hat eine Schwierigkeit. Ich habe wohl seinerzeit in dem Herrn 
Lang mitgeteilten Sinne an die Gestapo hinübergeschrieben bzw. hin- 
überschreiben lassen. Allein die Gestapo hat zurücltgeschrieben, daß sie 
an ihrer Auffassung festhält, solche Volksmissionsblätter und Einladun- 
gen für Flugblätter halte und darum unter das allgemeine Flugblatt- 
verbot einbeziehe". Als Neuhäusler neuerdings auf Abs. 2 im Art. 4 des 
RK. Verweist, sagt Roth, daß die Geötapo erkläre, dieser beziehe sich nur 
auf amtliche Verfügungen kirchlicher Behörden. Neühäusler er- 
widert: „Mit dieser Erklärung der Gestapo könne man es doch nicht be- 
wenden lassen. Das Reichskirchenministerium muß doch zu seiner ur- 
sprünglichen, einzig richtigen Auffassung stehen und diese verteidigen. 
Kirchlicherseits wird man sich damit jedenfalls nicht abfinden lassen." 

VII. 

Der Reichs- und Preußische Minister Berlin, W 8, den 22. April 1936 
für die kirchlichen Angelegenheiten. Leipziger Straße 3. 

G II Nr. 1793 

An das Ordinariat des Erzbistums München 

in München, 

Betrifft: Blätter zur Verbreitung der Volksmission. 

Auf die Schreiben vom 14. und 27. Februar und 20. März 1936 
— G. V. Nr. 1280, 1669 und 2453. — 

Im Benehmen mit dem Geheimen Staatspolizeiamt teile ich auf 
Ihre eben benannten Schreiben mit, daß die Verbreitung der Missions- 

338 



blätter der VolksmlsBion auf Grund des Runderlasses des Pol. Pol. Komm, 
der Länder vom 1. Juni 1934 — I 1 A/831/34 untersagt worden ist. Nach 
diesem Erlaß kann die Verbreitung von Flugblättern und Flugschriften 
— mit Ausnahme der von staatlicher oder parteiamtlicher Seite heraus- 
gegebenen Flugschriften — künftig nicht mehr geduldet werden, wobei 
es nicht darauf ankommt, ob der Inhalt polizeilich zu beanstanden ist 
öder nicht. Aus grundsätzlichen Erwägungen kann für die flugblatt- 
artige Verbreitung der hier in Frage kommenden Missionsblätter keine 
Ausnahme geschaffen werden. 

Der Runderlaß vom 1. Juni 1934 steht nicht im Gegensatz zu den 
Bestimmungen des Reichskonkordats. Art. 4 Abs. 2 gibt den kirchlichen 
Öehörden lediglich das Recht, amtliche Anweisungen und Verfügungen 
ungehindert den Gläubigen zur Kenntnis zu bringen. Unter den Sch\jtz 
dieser Bestimmungen fallen die Missionsblätter nicht. Die Bayerische 
Politische Polizei berichtete, daß in Bayern mit dem Zeitpunkt der Zu- 
rückdrängüng de.«: Konfessionellen aus der Tagespresse die Verbreitung 
von konfessionellen Druckschriften von Haus zu Haus einen derartigen 
Umfang angenommen habe, daß ein polizeiliches Vorgehen im Interesse 
der, Aufrechterhaltung der Öffentlichen Ordnung unbedingt erforderlich 
und die Unterbindung der Flugblattpropaganda sowohl aus staatspoli- 
tischen als auch präventivpolizeilichen Gründen notwendig war. 

Die Auffassung, daß durch den Erlaß vom 1. Juni 1934 die katho- 
lische Kirche unter Ausnahmegesetz gestellt sei, vermag ich nicht zu 
teilen. Der Erlaß gegen die Flugblattpropagarida wird in Bayern ganz 
allgemein angewandt. Nach Art. 1 Abs. 2 des Reichskonkordates sind 
der Kirche bei Ordnung ihrer Angelegenheiten durch „das für alle 
geltende Gesetz" Grenzen gesetzt. Votj einem Ausnahme- oder 
einem Verbotsgesetz zu reden, weil der Staat seine eigene Plugblatt- 
propaganda oder die von Parteidienststellen nicht beanstandet, ist ab- 
wegig. 

Es muß äarum bei der Durchführimg des Erlasses vom 1. Juni 1934 

Verbleiben. 

I. A. gez.: Herm. v. Vetten. 

VIIL 

Das Ordinariat des Erzbistums München, den 2, Mai 1936 

München und FreiSlng. 

Ah das Reichsministerium 

für die kirchlichen Angelegenheiten 
Berlin, Leipziger Straße 3 

Betreff: Anwendung des Plugblattverbotes auf pfarramtliche Be- 
kanntmachungen und Seelsorgsbriefe. 

Zum jenseitigen Schreiben G II Nr. 1793 
vom 22. April 1936. 

Im Besitz der Antwort des Reichsministeriums auf unsere Anfragen 
vom 14. und 27. Februar und 20. März 1936 gestatten wir uns zu er- 
widern: 

1. Wir können nicht der Anschauung der Bayerischen Politischen Polizei 
beipflichten, daß seit Zurückdrängung des Konfessionellen in der Tages- 
presse die Verbreitung von konfessionellen Druckschriften von Haus 
zu Haus einen derartigen Umfang angenommen habe . . . Nach unserer 
Kenntnis der Verhältnisse gilt vielmehr das Gegenteil. 

Bis 1933 hatten beispielsweise fast sämtliche Münchener Stadtpfar- 
reien eigene wöchentlich erscheinende „Pfarrnachrichten", die ent- 

339 



weder in alle katholischen Familien der Pfarrei getragen oder an alle 
Kirchenbesucher abgegeben wurden. Auf unsere Veranlassung wurden 
diese „Pfarrnachrichten" am 31. Dezember 1933 fast durchwegs ein- 
gestellt. 

Ebenso wurden von jeher zur Vorbereitung der kirchlich vorge- 
schriebenen Volksmissionen in allen größeren Pfarreien eigene Flug- 
blätter in alle Häuser verteilt; so z. B. bei der Volksmission sämtlicher 
Stadtpfarreien Münchens i. J. 1919 fünf Wochen lang je ein vierseiti- 
ges Blatt: „Friedensbote", so bei der nächstfolgenden Volksmission 
i. J, 1926 sechs Nummern einer ebenfalls vierseitigen Flugschrift: „Der 
Friedensengel". Wir legen je eine Nummer dieser 2 Serien bei (Nr. 5 
des „Friedensbote" und Nr. 6 „Der Friedensengel". Redakteur dieser 
.Blätter war der damalige Generalvikar der Erzdiözese und jetziger 
Bischof von Regensburg, Herausgeber das erzbischöfiiche Stadtkom- 
missariat der Stadt München. 

Wir erachten darum den Absatz 2 des Artikels 4 RK. für voll und 
ganz gegeben: es handelte sich tatsächlich um „die geistliche Leitung 
der Gläubigen betreffende Verfügungen, die von den kirchlichen Be- 
hörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit erlassen" und „in den bisher 
üblichen Foi-men zur Kenntnis der Gläubigen gebracht werden". 

2. Wir müssen nach wie vor den Flugblattcharakter solcher Seelsorgs- 
briefe und -Schriften bestreiten; sie wenden sich nicht an die Öffent- 
lichkeit und Allgei-neinheit, sondern nur an einen lokalen (Pfarr- 
bezirk) und personell (Katholiken) genau bezeichneten Kreis. 

3. Wir erblicken in einer Behinderung solcher, besonders für Großstadt- 
verhältnisse unbedingt notwendigen seelsorglichen Maßnahmen einen 
Eingriff in die vom Deutschen Reich durch Konkordat gewähr- 
leistete Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu 
verwalten. (Art. 1 RK.) 

4. Wir können einen Erlaß, der Tausende von Amts- und Parteistellen 
ausnimmt, wie es der Erlaß vom 1. Juni 1934 tut, nicht als „ein für 
alle geltendes Gesetz" erachten. Nach diesem Erlaß kann in 
jeder Gemeinde der Bürgermeister, der Stützpunktleiter der NSDAP, 
der Ortsgruppenführer der .SA, die NS-Frauenschaft, die „Arbeits- 
front", die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude", die Leitung von 
HJ und BDM, die NS-Volkswohlfahrt, die Deutsche Schulgemeinde 
usw. Flugblätter in beliebiger Zahl herausgeben; das katholische 
Pfarramt dai-f es nicht, selbst nicht in seinem ureigensten Auf- 
gabenkreis und bei dringendster Notwendigkeit,' wie eine solche ge- 
geben ist für Großstadtpfarreien von nahezu 30 000 Seelen, die auf 
andere Weise (z. B. durch Hausbesuche der Geistlichkeit) überhaupt 
nicht mehr von einer pfarrlichen Veranstaltung verständigt oder für 
dieselbe geworben werden können. 

5. In der Antwort des Reichsministeriums vermissen wir jedes Eingehen 
auf einen wichtigen Punkt unserer Vorstellungen, nämlich auf die 
Frage der amtlichen Bekanntmachungen von Pfarrämtern 
durch Versand oder Zustellung von kurzen Vervielfältigungen oder 
Drucksachen, wie es bei dem in unserem Schreiben vom 27. 2. 1936 er- 
wähnten Fall von St. Bonifaz in München gegeben war. Wir fragen 
an, ob das Reichsministerium auch solche amtliche Gottesdienst- 
einladungen in das Flugblattverbot einbezieht. 

Falls Reichsministerium und Geheime Staatspolizei wirklich auf dem 
im Schreiben vom 22. April 1936 dargelegten Standpunkt beharren und 
für pfarramtliche Bekanntmachungen und Seelsorgsbriefe nicht defi 
Schutz des Artikel 4 RK. gewähren zu können glauben, sehen wir keinen 
anderen Ausweg, als gemäß Abs. 2, Art. 33 RK. diese wichtige Seelsorgs- 

340 



sngelegenheit dem Helligen Stuhl zur Behandlung mit der Reichsregie- 
rung zu unterbreiten. 

gez. Buchwieser, Gen.-Vikar. 

cc) Kampf gegen Behinderung des Bistumsblattes 
in Erfüllung seiner Wesensaufgabe 

Als ein Beispiel nationalsozialistischer Pressebevormundung 
besonderer Art und entschlossener Abwehr sei ein Artikel /aus dem 
„Katholischen Kirchen blatt Berlin" (vom 20. 3. 1938) 
und ein sich daran anschließender Briefwechsel zwischen dem 
Reichspropagandaministerium und dem Bischof 
von Berlin wiedergegeben. 

Der Artikel der „Berliner Kir chenzeitung": 

„Zahlen, die zu denken geben." 

Zunächst ein paar ernste Zahlen. Im Jahre 1936 gingen von allen 
Katholiken, die eine Ehe schlössen, 19,14 Prozent eine konfessionsver- 
schiedene Ehe ein, also fast jeder fünfte Katholik, der heiratete. Dazu 
kommt noch die traurige Tatsache, daß sich von diesen konfessionsver- 
schiedenen Paaren — im Durchschnitt der letzten zehn Jahre — nur 
37,94 Prozent katholisch trauen ließen. Und von diesen listzteren wieder- 
um ließen nur 58,15 Prozent, also kaum die Hälfte, ihre Kinder katho- 
lisch taufen. — Diese wenigen Zahlen reden eine deutliche Sprache. 
Viele Zebntausende von Gläubigen und deren Nachkommen gehen all- 
jährlich der Kirche durch die konfessionsverschiedenen Ehen verloren. 
Kann man es nicht aus diesem Grunde schon verstehen, daß unsere 
Bischöfe so eindringlich vor den konfessionsverschiedenen Ehen warnen, 
und nur dann,' und zwar ungern, die Erlaubnis zu solchen Ehen geben, 
wenn sie vom katholischen Priester eingesegnet werden und wenn von 
den Brautleuten die verpflichtende Zusichei-ung gegeben ist, daß. ihre zu 
erwartenden Kinder katholisch getauft und erzogen werden." 

(Aus dem „Katholischen Kirchenblatt für das Bistum Berlin", Nr. 12 
■vom 20. März 1938, Seite 8.) 



Die ministerielle Zurechtweisung 
Der Reichsminister Berlin W 8, den 14. Aprü 1933 

für Volksaufklärung und Propaganda. Wilhelmsplatz 8, 9. 

Geschäftszeichen: IV 4003/6. 1. 38/102—1 

An die 

Schriftwaltung der Zeitschrift 

„Katholisches Kirchenblatt für das Bistum Berlin" 

in Berlin. 

In Nr. 12 Ihres Kirchenblattes vom 20. März 1938 veröffentlichen Sie 
auf Seite 8 unter der Überschrift „Zahlen, die zu denken geben" u. a. 
im 3. Absatz eine Notiz über die konfessionsverschiedenen Ehen. Ich 
weise Sie darauf hin, daß diese Notiz, die einer Verewigung der konfes- 
sionellen Aufspaltung der deutschen Bevölkerung das Wort redet, im 
Widerspruch zu den bevölkerungspolitischen Bestrebungen des national- 
sozialistischen Staates und den Erfordernissen wahrer Volksgemein- 
schaft steht. 

Im Auftrag, gez. Dürr. 

341 



Die bischöfliche Abwehr 
Der Bischof von Berlin. Berlin, den 24. Mai 1938. 

— J. Nr. 4593 — 

B e t r i f f t : IV. 4003/6. 1. 38/102-rlr- 

An den 

Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda 
Dr. Joseph Goebbels 

Berlin W 8, 

Die Nummer 12 meines Bistumsblattes, des „Katholischen Kirchen- 
blattes für das Bistum Berlin", vom 20, März 1938 veröffentlichte auf 
Seite 8 einen Artikel mit der Überschrift „Zahlen, die zu denken geben". 
In ihm finden sich 18 Zeilen, die sich mit den für das religiöse Leben 
verderblichen Folgen der konfessionsverschiedenen Ehen beschäftigen. 
Auf Grund von Zahlenmaterial wird darin festgestellt, daß diese Ehen 
für den gläubigen Katholiken sehr oft zum Anlaß werden, die sakramen- 
tale Konstituierung seiner Ehe zu unterlassen, daß sie das eigene reli- 
giöse Leben gefährden und die Nachkommenschaft der Kirche entfrem- 
den. Abschließend wird kurz die Stellungnahme der für das religiöse 
Heil der Gläubigen verantwortlichen Bischöfe zu den konfessionsver- 
schiedenen Ehen dargelegt. 

Diese Veröffentlichung in meinem Bistumsblatt erfuhr durch den 
Herrn Reichsminister für Volksauf klärung und Propaganda in seinem 
Schreiben vom 14. April 1938 — IV — 4003/6, 1. 38/102—1— folgende Be- 
urteilung: Er sieht in ihr das Bestreben, die konfessionelle Aufspaltung 
der deutschen Bevölkerung zu verewigen; ferner stellt' er darin einen 
Widerspruch zu den bevölkerungspolitischen Bestrebungen des national- 
sozialistischen Staates fest und beurteilt schließlich die Ausführungen 
als im Gegensatz zu den Erfordernissen wahrer Volksgemeinschaft 
stehend. 

Zu diesen grundsätzlich bedeutsamen Erklärungen des Herrn 
Reichsministers stelle ich folgendes fest: 

Der Hinweis des Herrn Reichsministers hat den Zweck, den Schrift- 
leiter des Katholischen Kirchenblattes daran zu verhindern, Veröffent- 
lichungen mit einem Inhalt, wie ihn die beanstandete Notiz hat, künftig- 
hin zu bringen. Diese Einschränkung ist um so auffälliger, als der 
Gegenstand der fraglichen Notiz einen eminent religiösen Cha- 
rakter hat. Es widerspricht dem Sinn und dem Wesen 
einer katholischen Zeitschrift, ihr die Behandlung 
solcher Fragen zu verwehren; denn der Zweck der katholi- 
schen Zeitschriften besteht darin, der Erhaltung und Pflege des religiö- 
sen Lebens zu dienen. 

Daß die beanstandete Notiz sich auch innerhalb der für die katholi- 
schen Zeitschriften maßgeblichen Bestimmungen hält, ergibt sich aus 
den Erlassen und Verlautbarungen staatlicher Stellen über den Inhalts- 
umfang konfessionell kirchlicher Zeitschriften. 

So heißt es in dem Artikel des Herrn Präsidenten der Reichs- 
pressekammer „Ed gibt nur eine deutsche Presse" im Zeitungsverlag 
vom 27. 4. 1935: „Wenn einer Tagespresse, die nur für Volk und Staat 
arbeitet, jeglicher konfessionelle Inhalt fehlt, so leidet die Pflege kon- 
fessioneller Fragen darunter keinen Schaden. Sie obliegt der kirchlich- 
konfessionellen Presse". 

In der Anordnung des Herrn Präsidenten der Reichspressekammer 
vom 17. Februar 1936 werden als katholische Zeitschriften solche erklärt, 
„deren Inhalt religiöser Aufklärung, Erbauung oder der 

342 



Veröffentlichung kirchlicher Anweisungen, Verord- 
nungen, Hirtenbriefe und sonstiger Veröffentlichungen dienen soll." In 
dem Schreiben des Herrn Ministers für Volksaufklärung und Propaganda 
an den Herrn Kardinal Bertram von Breslau vom 24. März 1937 — IC 
1441/.7. 9. — heißt es: „Die Anordnungen des Präsidenten der Reichs- 
pressekammer stellen keinerlei Eingriffe in die Freiheit der kirchlichen 
Lehrverkündigung dar, die allein der Kirche überlassen ist. Entsprechend 
ihrer inhaltlichen Gestaltung sind die Zeitschriften auch keinerlei Ein- 
engungen ausgesetzt, wenn sie sich unter selbstverständlicher Wahrung 
der politischen Grenzen auf den Zweck beschränken, der allein ihre 
Herausgabe rechtfertigt, also den der kirchlich-seelsorglichen Betätigung 
mit ausschließlich religiösen, religiös-kulturellen, religiös-sittlichen und 
caritativen Angelegenheiten." 

Mit allein Nachdruck stelle ich weiterhin fest, daß, wie ich eingangs 
dargelegt habe, der Herr Reichsminister für Volksaufklärung und Pro- 
paganda das Bestreben des „Katholischen Kirchenblattes für das Bis- 
tum", einem zentralen Problem der katholischen Seelsorge in Deutsch- 
land zu dienen, dahin beurteilt, daß das Bistumsblatt dadurch einer 
Verewigung der konfessionellen Aufspaltung der deutschen Bevölkerung 
das Wort redet, daß er dieses Bestreben meines Blattes als einen Wider- 
spruch gegen fundamentale Auffassungen des nationalsozialistischen 
Staates kennzeichnet. Damit behauptet der Herr Reichsminister von sich 
aus die Unvereinbarkeit der Grundsätze der katholischen Kirche mit 
denen des nationalsozialistischen Staates. Es handelt sich hier um die 
Frage: 

Hat die katholische Kirche noch das Recht, für ihre Existenzgrund- 
fragen, wie hier im Falle der konfessionsverschiedenen Ehen, in ihrem 
Schrifttum einzutreten? 

Die Ausübung dieses Rechtes hat der Herr Minister für Volksauf- 
klärung und Propaganda der Kirche sogar in einem Bistumsblatt 
abgesprochen. 

Somit läßt das Schreiben des Herrn Ministers und die darin gegebene 
Begründung den Plan einer höchsten Reichsstelle erkennen, die christ- 
lichen Bekenntnisse, hier die katholische Kirche, 
unter dem Motto: „Beseitigung der konfessionellen Aufspaltung, bevöl- 
kerungspolitische Bestrebungen, Erfordernisse wahrer Volksgemeinschaft" 
zubeseitigen. 

gez. Dr. Konrad Graf von Preysing, 
Bischof von Berlin. 



d) Abwehr antichristlichen Schrifttums: 

Nebst dem Sturmbock: Rosenbergs „Mythus des XX. Jahr- 
hunderts", der .überall gegen die Kirche angesetzt wurde, und 
SGinenn Nachtragswerk: „An die Dunkelmänner unserer Zeit" 
machte besonders die Zeitung der SS, „Das Schwarze Korps", und 
der massenhaft verbreitete „Pfaffenspiegel" eine besondere Abwehr 
nötig. Daß man auch hier zu scharfen Gegenhieben ausholte, dafür 
ein paar Beispiele: 

343 



aa) Front gegen die kirchenfeinliche Hetze 
der SS -Zeitung „Das Schwarze Korps" 

Aus den zahlreichen Protesten, die gegen die ungezählten lüg- 
nerischen und beleidigenden Artikel des Himmler-Leibblattes er- 
hoben wurden, nur ein paar bezeichnende Beispiele: 

„Das Schwarze Korps", Folge 17/1935: 

„Pikanterien im Beichtstuhl" 

In Württemberg erscheint eine Schrift, die sich „Weg zum Ziel" 
nennt., sich mit der seelischen Genesung des deutschen Volkes befaßt 
und deren Schriftleitung von einem Herrn Krupka in Vaihingen a. Fu- 
dern betreut wird. 

In der Nr. 18/1935 finden wir einen Artikel, der berechtigtes Auf- 
sehen ei'regt und als ein nicht mehr zu überbietendes Kulturkuriosum zu 
werten ist. Der Verfasser, der kein anderer als Krupka selbst ist, läßt 
ihn unter der Spitzmarke: „Anfechtung und Versuchung ringsum" star- 
ten und ergeht sich in scheinheiligen Betrachtungen über den sittlichen 
Verfall des neuen' Deutschland. 

„. . . Besonders erfolgreich , arbeitet' in der Gegenwart die Fleisches- 
lust. Ich habe den starken Eindruck, daß sich ein Geist der Unrein- 
heit über unser Volk ergießt. Es kommt vor, daß in den Städten hin 
und her Dirnen einer, besseren Regung folgen und den Versuch machen, 
ein anderes Leben zu beginnen. Dabei liefern sie ihren Seelsorgern 
die Listen ihrer ,Kunden' aus, und wenn man diese Listen zur Kennt- 
nis nimmt, ist man getroffen bis ins Mark. Es sind Namen darauf, 
deren. Träger führend sind und als Ehrenmänner geachtet werden. 

Als man einer solchen Dirne den Rat erteilte, doch eine Stelle an- 
zunehmen, sagte sie: ,Es ist dies in unserer Stadt ganz unmöglich. Ich 
würde ja in jedem Hause bei Gesellschaften frühere Kunden von mir 
treffen . . ,' 

Anfangs meinten wir, die Sittlichkeit würde sich im Dritten Reich 
heben — heute erweist sich diese Hoffnung mehr und mehr als trü- 
gerisch. Die Menschen sind Fleisch und wollen sich vom Geiste Got- 
tes nicht mehr strafen lassen . . . 

Wir sind heute wie gestern allzumal Sünder, die Erlösung brau- 
chen; und diese Erlösung bringt uns nur der Mann von Golgatha. Übet 
Christus und sein Werk wird die Menschheit nie hinauskommen; auch 
die Botschaft über Rasse, Blut und Boden bleibt, so wertvoll und wahr 
sie teilweise ist, hinter Christus zurück. Das bringe ich mit der größten 
Ruhe zu Papier." 

Und was stellte sich heraus? 

Nachfolgender Briefwechsel spricht für sich selbst: 

Das Ordinariat des Erzbistums 4. Juli 1935. 

München and Freising. > 

Azi das 

Kath. Pfarramt Vaihingen bei Stuttgart (Wttbg.). 

In der Zeitung „Das Schwarze Korps" Folge 17, S. 5 (26. Juni 1935) 
ist ein Artikel erschienen mit dem Titel „Pikanterien im Beichtstuhl". 
Wir legen eine Abschrift des wesentlichen Teiles desselben bei. 

Wir ersuchen um alsbaldige Auskunft über folgende Punkte: 

1. Wer ist Krupka? Laie? Katholik? 

344 



2. Welche Bewandtnis hat es mit der Schrift „Weg zum Ziel"? Im 
Zeitungskatalog ist sie überhaupt nicht angegeben. Hat sie, falls 
Krupl<a überhaupt katholisch ist, kirchliche Approbation? Könn- 
ten wir ein Exemplar der Nr. 18/1935 haben? 

3. Falls Ihnen Krupka persönlich bekannt ist, wäre es von Interesse, 
von ihm folgende Auskunft zu erhalten: ^ 

a) Sind ihm wirklich Falle oder ist auch nur e i n Fall bekannt, 
daß einem Seelsorger solche Listen ausgehändigt wurden? 

b) Wollte er überhaupt sagen, daß solche Listen irgendwie mit 
dem Beichtstuhl zu.sammenhängen? 

Nehmen Sie die Angelegenheit im Interesse der Ehre des katholi- 
schen Klerus und geben Sie uns baldigste Antwort. 

Kath. Pfarramt Vaihingen a. F. (Wttbg.), Vaihingen a. d. F., 6. Juli 1935. 

An das 

Hochwürdigste Ordinariat des Erzbistums München und Freising 

Betreff: Artikel „Pikanterien im Beichtstuhl". 

Auf die Anfrage des Hochwürdigsten Herrn Generalvikars teile ich 
mit, daß Krupka evangelischer Konfession ist. Er ist ein Tochtermann 
des bekannten evangelischen Pastors Modei'sohn und gibt ein Blättchen 
für evangelische Dienstboten heraus, das in Württemberg den Titel 
„Weg zum Ziel", im übrigen Deutschland den Titel „Die Wahrheit" trägt. 
In Nr. 18/1935 hat Krupka katholische Priester, und das katholische 
Beichtinstitut gar nicht erwähnt. Der Schmähartikel kam auch in ver- 
schiedenen württembergischen Zeitungen. Ich habe bei Krupka vor- 
gesprochen und eine von ihm unterschriebene Erklärung erhalten, „diTß 
es sich um evangelische Dirnen handle, die ihre , Kundenlisten' trium- 
phierend ihren evangelischen Seelsorgern ausgehändigt haben, womit sie 
sagefn wollten, daß sie nicht allein so schlecht seien. Es handle sich nicht 
um katholische Priester und ein Mißbrauch des Beichtsiegels komme 
auch nicht in Frage. Diese Erklärung habe ich an das Hochwst. Bischöf- 
liche Ordinariat nach Rottenburg eingesandt. Ich erlaube mir, die Rich- 
tigstellung in^der gestrigen Nummer des hiesigen „Filderboten" und eine 
Erwiderung im Stuttgarter kath. Sonntagsblatt beizulegen. 

gez. Erwin Scherrmann 
Pfarrer. 

Gen. Vic. Nz'. 7543 München 2 M, Pfandhau.=;str. 5, den C. Juli 1535. 

„ Ruf -Nr. 12 801 

Das 

Ordinariat des 

Erzbistums München und Freising 

An die 

Redaktion der Zeitung: „Das Schwarze Korps" 

Berlin SW 68, Zimmerstraßo 88 

In der 17. Folge Ihrer Zeitung (26. Juni 1935) brachten Sie einen Ar- 
tikel „Pikanterien im Beichtstuhl". Derselbe beschäftigt sich mit einem 
Aufsatz von H. Krupka, Vaihingen. 

Wir gestatten uns, darauf aufmerksam zu machen, daß der Artikel 
von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht und dadurch zu Unrecht zu 
Schlußfolgerungen kommt, welche die Ehre des katholischen Klerus 
schwer verletzen und im katholischen Volk nachweisbar große Entrüstung 
hervorgerufen haben. 

345 



Die bischölliche Abwehr 
Der Bischof von Berlin. Berlin, den 24. Mai 1938. 

— J. Nr. 4593 — 

B e t r i f f t : IV. 4003/6. 1. 38/102'-lr- 
An den 

Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda 
Dr. Joseph Goebbels 

Berlin W 8, 

Die Nummer 12 meines Bistumsblattes, des „Katholischen Kirchen- 
blattes für das Bistum Berlin", vom 20. März 1938 veröffentlichte auf 
Seite 8 einen Artikel mit der Überschrift „Zahlen, die zu denken geben". 
In ihm finden sich 18 Zeilen, die sich mit den für das religiöse Leben 
verderblichen Folgen der konfessionsverschiedenen Ehen beschäftigen. 
Auf Grund von Zahlenmaterial wird darin festgestellt, daß diese Ehen 
für den gläubigen Katholiken sehr oft zum Anlaß werden, die sakramen- 
tale Konstituierung seiner Ehe zu unterlassen, daß sie das eigene reli- 
giöse Leben gefährden und die Nachkommenschaft der Kirche entfrem- 
den. Abschließend wird kurz die Stellungnahme der für das religiöse 
Heil der Gläubigen verantwortlichen Bischöfe zu den konfessionsver- 
schiedenen Ehen dargelegt. 

Diese Veröffentlichung in meinem Bistumsblatt erfuhr durch den 
Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda in seinem 
Schreiben vom 14. April 1938 — IV — 4003/6, 1. 38/102— 1— folgende Be- 
urteilung: Er sieht in ihr das Bestreben, die konfessionelle Aufspaltung 
der deutschen Bevölkerung zu verewigen; ferner stellt' er darin einen 
Widerspruch zu den bevölkerungspolitischen Bestrebungen des national- 
sozialistischen Staates fest und beurteilt schließlich die Ausführungen 
als im Gegensatz zu den Erfordernissen wahrer Volksgemeinschaft 
stehend. 

Zu diesen grundsätzlich bedeutsamen Erklärungen des Herrn 
Reichsministers stelle ich folgendes fest; 

Der Hinweis des Herrn Reichsministers hat den Zweck, den Schrift- 
leiter des Katholischen Kirchenblattes daran zu verhindern, Veröffent- 
lichungen mit einem Inhalt, wie ihn die beanstandete Notiz hat, künftig- 
hin zu bringen. Diese Einschränkung ist um so auffälliger, als der 
Gegenstand der fraglichen Notiz einen eminent religiösen Cha- 
rakter hat. Es widersprichtdem Sinn und dem Wesen 
einer katholischenZeitschrift, ihr die Behandlung 
solcher Fragen zu verwehren; denn der Zweck der katholi- 
schen Zeitschriften besteht darin, der Erhaltung und Pflege des religiö- 
sen Lebens zu dienen. 

Daß die beanstandete Notiz sich auch innerhalb der für die katholi- 
schen Zeitschriften maßgeblichen Bestimmungen hält, ergibt sich aus 
den Erlassen und Verlautbarungen staatlicher Stellen über den Inhalts- 
umfang konfessionell kirchlicher Zeitschriften. 

So heißt es in dem Artikel des Herrn Präsidenten der Reichs- 
pressekammer „E3 gibt nur eine deutsche Presse" im Zeitungsverlag 
vom 27. 4. 1935: „Wenn einer Tagespresse, die nur für Volk und Staat 
arbeitet, jeglicher konfessionelle Inhalt fehlt, so leidet die Pflege kon- 
fessioneller Fragen darunter keinen Schaden. Sie obliegt der kirchlich- 
konfessionellen Presse". 

In der Anordnung des Herrn Präsidenten der Reichspressekammer 
vom 17. Februar 1936 werden als katholische Zeitschriften solche erklärt, 
„deren Inhalt religiöser Aufklärung, Erbauung oder der 

342 



Veröffentlichung kirchlicher Anweisungen, Verord- 
nungen, Hirtenbriefe und sonstiger Veröffentlichungen dienen soll." In 
dem Schreiben des Herrn Ministers für Volksaufklärung und Propaganda 
an den Herrn Kardinal Bertram von Breslau vom 24. März 1937 — IC 
1441/.7. 9. — heißt es: ,,Die Anordnungen des Präsidenten der Reichs- 
pressekammer stellen keinerlei Eingriffe in die Freiheit der kirchlichen 
Lehrverkündigung dar, die allein der Kirche überlassen ist. Entsprechend 
ihrer inhaltlichen Gestaltung sind die Zeitschriften auch keinerlei Ein- 
engungen ausgesetzt, wenn sie sich unter selbstverständlicher Wahrung 
der politischen Grenzen auf den Zweck beschränken, der allein ihre 
Herausgabe rechtfertigt, also den der kirchlich-seelsorglichen Betätigung 
mit ausschließlich religiösen, religiös-kulturellen, religiös-sittlichen und 
caritativen Angelegenheiten." 

Mit allem Nachdruck stelle ich weiterhin fest, daß, wie ich eingangs 
dargelegt habe, der Herr Reichsminister für Volksaufklärung und Pro- 
paganda das Bestreben des „Katholischen Kirchenblattes für das Bis- 
tum", einem zentralen Problem der katholischen Seelsorge in Deutsch- 
land zu dienen, dahin beurteilt, daß das Bistumsblatt dadurch einer 
Verewigung der konfessionellen Aufspaltung der deutschen Bevölkerung 
das Wort redet, daß er dieses Bestreben meines Blattes als einen Wider- 
spruch gegen fundamentale Auffassungen des nationalsozialistischen 
Staates kennzeichnet. Damit behauptet der Herr Reichsminister von sich 
aus die Unvereinbarkeit der Grundsätze der katholischen Kirche mit 
denen des nationalsozialistischen Staates. Es handelt sich hier um die 
Frage: 

Hat die katholische Kirche noch das Recht, für ihre Existenzgrund- 
fragen, wie hier im Falle der konfessionsverschiedenen Ehen, in ihrem 
Schrifttum einzutreten? 

Die Ausübung dieses Rechtes hat der Herr Minister für Volfcsauf- 
klärung und Propaganda der Kirche sogar in einem Bistumsblatt 
abgesprochen. 

Somit läßt das Schreiben des Herrn Ministers und die darin gegebene 
Begründung den Plan einer höchsten Reichsstelle erkennen, d i e g h r i s t- 
lichen Bekenntnisse, hier die katholische Kirche, 
unter dem Motto: „Beseitigung der konfessionellen Aufspaltung, bevöl- 
kerungspolitische Bestrebungen, Erfordernisse wahrer Volksgemeinschaft" 
zubeseitigen. 

gez. Dr. Konrad Graf von Preysing, 
Bischof von Berlin. 



d) Abvi'ehr antichristlichen Schrifttums: 

Nebst dem Sturmbock: Rosenbergs „Mythus des XX. Jahr- 
hunderts", der .überall gegen die Kirche angesetzt wurde, und 
seinem Nachtragswerk: „An die Dunkelmänner unserer Zeit" 
machte besonders die Zeitung der SS, „Das Schwarze Korps", und 
der massenhaft verbreitete „Pfaffenspiegel" eine besondere Abwehr 
nötig. Daß man auch hier zu scharfen Gegenhieben ausholte, dafür 
ein paar Beispiele: 

343 



aa) Front gegen die kirchenfeinliche Hetze 
der SS -Zeitung „Das Schwarze Korps" 

Aus den zahlreichen Protesten, die gegen die ungezählten lüg- 
nerischen und beleidigenden Artikel des Himmler-Leibblattes er- 
hoben wurden, nur ein paar bezeichnende Beispiele: 

„Das Schwarze Korps", Folge 17/1935: 

„Pikanterien im Beichtstuhl" 

In Württemberg erscheint eine Schrift, die sich „Weg zum Ziel" 
nennt., sich mit der seelischen Genesung des deutschen Volkes befaßt 
und deren Schriftleitung von einem Herrn Krupka in Vaihingen a. Fil- 
dern betreut wird. 

In der Nr. 18/1935 finden wir einen Artikel, der berechtigtes Auf- 
seilen erragt und als ein nicht mehr zu überbietendes Kulturkuriosum zU 
werten ist. Der Verfasser, der l^ein anderer als Krupka selbst ist, läßt 
ihn unter der Spitzmarke: „Anfechtung und Versuchung ringsum" star- 
ten und ergeht sich in scheinheiligen Betrachtungen über den sittlichen 
Verfall des neueri" Deutschland. 

„. . . Besonders erfolgreich .arbeitet' in der Gegenwart die Fleisches- 
lust. Ich habe den starken Eindruck, daß sich ein Geist der Unrein- 
heit über unser Volk ergießt. Es kommt vor, daß in den Städten hin 
und her Dirnen einer, besseren Regung folgen und den Versuch machen, 
ein anderes Leben zu beginnen. Dabei liefern sie ihren Seelsorgern 
die Listen ihrer .Kunden' aus, und wenn man diese Listen zur Kennt- 
nis nimmt, ist man getroffen bis ins Mark. Es sind Namen daraut, 
deren Träger führend sind und als Ehrenmänner geachtet werden. 

Als man einer solchen Dirne den Rat erteilte, doch eine Stelle an- 
zunehmen, sagte sie: ,Es ist dies in unserer Stadt ganz unmöglich. Ich 
würde ja in jedem Hause bei Gesellschaften frühere Kunden von mir 
treffen , . .' 

Anfangs meinten wir, die Sittlichkeit würde sich im Dritten Reich 
heben — heute erweist sich diese Hoffnung mehr und mehr als trü- 
gerisch. Die Menschen sind Fleisch und wollen sich vom Geiste Got- 
tes nicht mehr strafen lassen... 

Wir sind heute wie gestern allzumal Sünder, die Erlösung brau- 
chen; und diese Erlösung bringt uns nur der Mann von Golgatha. Über 
Christus und sein Werk wird die Menschheit nie hinauskommen; auch 
die Botschaft über Rasse, Blut und Boden bleibt, so wertvoll und wahr 
sie teilweise ist, hinter Christus zurück. Das bringe ich mit der größten 
Ruhe zu Papier." 

Und was stellte sich heraus? 

Nachfolgender Briefwechsel spricht für sich selbst: 

Das Ordinariat des Erzbistums 4. Juli 1935. 

München and Freising. > 

An das 

Kath. Pfarramt Vaihingen bei Stuttgart (Wttbg.). 

In der Zeitung „Das Schwarze Korps" Folge 17, S. 5 (26. Juni 1935) 
ist ein Artikel erschienen mit dem Titel „Pikanterien im Beichtstuhl". 
Wir legen eine Abschrift des wesentlichen Teiles desselben bei. 

Wir ersuchen um alsbaldige Auskunft über folgende Punkte: 

1. Wer ist Krupka? Laie? Katholik? 

344 



2. Welche Bewandtnis hat es mit der Schrift „Weg zum Ziel"? Im 
Zeitungskatalog ist sie überhaupt nicht angegeben. Hat sie, falls 
Krupka überhaupt katholisch ist, kirchliche Approbation? Könn- 
ten wir e i n Exemplar der Nr. 18/1935 haben? 

3. Falls Ihnen Krupka persönlich bekannt ist, wäre es von Interesse, 
von ihm folgende Auskunft zu erhalten: , ^ 

a) Sind ihm wirklich Fälle oder ist auch nur e i n Fall bekannt, 
daß einem Seelsorger solche Listen ausgehändigt wurden? 

b) Wollte er überhaupt sagen, daß solche Listen irgendwie mit 
dem Beichtstuhl zusammenhängen? 

Nehmen Sie die Angelegenheit im Interesse der Ehre des katholi- 
schen Klerus und geben Sie uns baldigste Antwort. 

Kath. Pfarramt Vaihingen a. F. (Wttbg.). Vaihingen a. d. F., 6. Juli 1935. 

An das 

Hochwürdigste Ordinariat des Erzbistums München und Freising 

Betreff: Artikel „Pikanterien im Beichtstuhl". 

Auf die Anfrage des Hochwürdigsten Herrn Generalvikars teile ich 
mit, daß Krupka evangelischer Konfession ist. Er ist ein Tochtermann 
des bekannten evangelischen Pastoi's Modersohn und gibt ein Blättchen 
für evangelische Dienstboten heraus, das in Württemberg den Titel 
„Weg zum Ziel", im übrigen Deutschland den Titel „Die Wahrheit" trägt. 
In Nr. 18/1935 hat Kiaipka katholische Priester, und das katholische 
Beichtinstitut gar nicht erwähnt. Der Schmähartikel kam auch in ver- 
schiedenen württembergisehen Zeitungen. Ich habe bei Krupka vor- 
gesprochen und eine von ihm unterschriebene Erklärung erhalten, „daß 
es sich um evangelische Dirnen handle, die ihre ,Kundenlisten' trium- 
phierend ihren evangelischen Seelsorgern ausgehändigt haben, womit sie 
sagen wollten, daß sie nicht allein so schlecht seien. Es handle sich nicht 
um katholische Priester und ein Mißbrauch des Beichtsiegels komme 
auch nicht in Frage. Diese Erklärung habe ich an das Hochwst. Bischöf- 
liche Ordinariat nach Rottenburg eingesandt. Ich .erlaube mir, die Rich- 
tigstellung inider gestrigen Nummer des hiesigen „Filderboten" und eine 
Erwiderung im Stuttgarter kath. Sonntagsblatt beizulegen. 

^ez. Erwin Scherrmann 
Pfarrer. 

Gen. Vic. Nr. 7543 München 2 M, Pfandhau.=;str. j , den C. Juli 1335. 

j^^g Ruf-Nr. 12 801 

Ordinariat des 
Erzbistums München und Freising 

An die 

Redaktion der Zeitung: „Das Schwarze Korps" 

Berlin SW 68, Zimmerstraße 88 

In der 17. Folge Ihrer Zeitung (.26. Juni 1935) brachten Sie einen Ar- 
tikel „Pikanterien im Beichtstuhl". Derselbe beschäftigt sich mit einem 
Aufsatz von H. Krupka, Vaihingen. 

Wir gestatten uns, darauf aufmerksam zu machen, daß der Artikel 
von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht und dadurch zu Unrecht zu 
Schlußfolgerungen kommt, welche die Ehre des katholischen Klerus 
schwer verletzen und im katholischen Volk nachweisbar große Entrüstung 
hervorgerufen . haben. 

345 



Wir stellen fest: 

1. Der Aufsatz von Krupka in seiner Zeitschrift „Weg zum Ziel" sagt 
überhaupt kein Wort davon, daß die Auslieferung der fraglichen Kun- 
denlisten irgendwie mit dem Beichtstuhl zusammenhängt; das ist ganz 

' Ihre eigene Zutat. 

2. Der Aufsatz .redet auch gar nicht von katholischen Geistlichen, 
sondern nur allgemein von Seelsorgern, was für den Unvoreingenom- 
menen ebenso auf evangelische wie katholische Pastoren gehen konnte. 
Durch Ihre Bemerkungen über Beichtstuhl, „Beschworenes Beicht- 
geheimnis" u. ä. lenken . Sie den Verdacht eindeutig auf den katho- 
lischen Klerus. 

3. Krupka ist selbst nicht katholisch, sondern evangelisch. Auch die von 
ihm herausgegebene Zeitschrift „Weg zum Ziel" ist für evangelische 
Christen, des näheren für evangelische Dienstboten bestimmt. Das 
könnte jedem, der seinen Aufsatz mit der pflichtgemäßen Sorgfalt eines 
Schriftleiters prüft, sofort naheliegen, daß Krupka seine Erfahrungen 
aus evangelischen Kreisen habe. 

4. Krupka hat dem katholischen Pfarrer von Vaihingen unterschriftlich 
bestätigt, „daß es sich um evangelische Dirnen handle, die ihre Kun- 
denlisten triumphierend ihren evangelischen Seelsorgern ausgehändigt 
haben, womit sie sagen wollten, daß sie nicht allein so schlecht seien". 

5. Katholischen Geistlichen ist es durch can. 888 des kirchlichen Gesetz- 
buches ausdrücklich und strengstens verboten, einen Beichtenden 
irgendwie nach dem Namen eines Mitschuldigen zu fragen. Noch viel 
weniger wird ein Beichtvater, der seine Pflicht kennt, sich eine gro߀ 
Liste von Mitschuldigen geben lassen oder gar die Beichtenden „aus- 
quetschen" und ihnen „gewissermaßen den Passierschein in den Him- 
mel verweigern, wenn sie , nicht vorher ihr gewissenhaft geführtes 
jKassenjournar vorlegen". 

Angesichts dieser wesentlichen Irrtümer und der daran geknüpften 
schweren Vorwürfe und des Ärgernisses, das dadurch in weitesten 
Kreisen erregt wurde, dürfen wir wohl eine umgehende Berichtigung 
erwarten. 

Buchwieser, Gen.-Vikar, 

In Abschrift an die Reichsführung der SS 
und an das Reichspropagandaministerium. 

BISCHÖFLICHES ORpiNARIAT Rottenburg a. N., den 9. JuH 1935 

Nr. A 6070 
An die Staatsanwaltschaft 

Tübingen. 

Unter Bezugnahme auf die in den Beilagen unter „Pikanterien im 
Beichtstuhl" (Zeitung „Das Schwarze Korps" vom 26. Juni 1935) und 
„Mißbrauch des Beichtsiegels" . (Rottenburger und Horber Nachrichten 
vom 28. 6. 1935 und Tübinger Chronik vom 28. Juni 1935) enthaltenen 
Artikel stelle ich hiemit gegen die Verfasser und alle Verbreiter dieser 
Artikel, insbesondere die verantwortlichen Schriftleiter des „Schwarzen 
Korps", der „Rottenburger und Horber Nachrichten", der „Tübinger 
Chronik", der „Württembergischen Landeszeitung", des „Leonberger Tag- 
blattes" und des Vaihinger „Filderboten", welche Ende Juni den Arti- 
kel „Mißbrauch des Beichtsiegels" gleichfalls gebracht haben, gemäß 
§ 194 und 196 StGB, im eigenen Namen und namens der mir unterstell- 
ten katholischen Geistlichen der Diözese Rottenburg 

Strafantrag wegen Beleidigung 

im Sinne von § 185, 186 und 187 StGB, und beantrage die Erhebung der 
ÖfEentlichen Anklage. 

346 



Vermutlich ist der Artikel „Mißbrauch des Beichtsiegels" auch noch 
in anderen Zeitungen des Landes erschienen. 

Ich lege zugleich das von Ernst Krupka, Vaihingen a. D. heraus- 
gegebene Blatt „Die Wahrheit", Folge 18/1935 vor, dessen Abhandlung 
„Anfechtung und Versuchung ringsum" zum äußeren Anlaß der schweren 
Anwürfe gegen die katholischen Geistlichen in den bezeichneten Artikeln 
benützt worden ist, Anwürfe, die um so schwerer wiegen, als darin von 
katholischen Beichtvätern, katholischen Beichtgeheimnissen, dem Beicht- 
siegel und seiner Verletzung die Rede ist und gerade das Beichtgeheim- 
nis dem katholischen Geistlichen den Mund zu seiner Verteidigung ver- 
schließt. Dabei bietet die ganze Abhandlung nicht einmal einen Anhalts- 
punkt zu solchen Angriffen gegen die katholischen Geistlichen; denn 
in der Abhandlung ist nur von Seelsorgern (es können dies auch nicht- 
katholische Seelsorger sein), nicht aber von katholischen Geistlichen, ge- 
schweige denn von in der Beichte anvertrauten Geheimnissen die Rede. 
Die Art und Weise aber, wie hier auf erdichteter Grundlage gegen die 
katholischen Geistlichen angegangen wird, „die auf Neuigkeiten" — der 
erwähnten Art — „in den Beichtstühlen lauern", „die mit perverser 
Lüsternheit ein sentimental gewordenes Freudenmädchen ausquetschen 
und ihm gewissermaßen den Passierschein in den Himmel verweigern, 
wenn es nicht vorher sein gewissenhaft geführtes „Kassen Journal vor- 
legt", die sich in den Beichtstühlen mit „Protistuierten über den Geist 
der Unreinheit unterhalten und Schwarze Listen anlegen, aus denen 
sorgfältig die Namen jener gestrichen werden, deren Stimme während 
des sonntäglichen Hochamtes am lautesten zum Himmel schallt", „die 
Schwarze Listen von Dirnenkunden anlegen und also das beschworene 
Beichtgeheimnis verletzen", liefert einen erschreckenden Beweis für die 
Bösartigkeit und Gehässigkeit der Urheber und Verbreiter der Artikel, 
die in jeder ihnen beliebender Weise in der Öffentlichkeit mit der Ehre 
ihrer Mitmenschen und der katholischen Priester umspringen zu können 
glauben, 

gez. Dr. Sproll, Bischof. 



„Das Schwarze Korps", Folge 17/1936, brachte einen Artikel: 
„Lieber Vatikan, bitte etwas mehr Entrüstung." 

Dies veranlaßte das Erzb. Ordinariat München zu folgendem Schreiben: 

Ordinariat des Erzbistums München München, den 4. Mai 1936. 

und Freising. 

Betreff: Papstfeindlicher Artikel An das 

in „Das Schwarze Korps". Reichsministerium für die kirch- 

lichen Angelegenheiten 
Berlin, 
Leipziger Straße 3. 

Die Folge 17 der Zeitung: „Das Schwarze Korps" vom 23. April 1936 
brachte auf Seite 10 einen Artikel: „Lieber Vatikan, bitte etwas mehr 
Entrüstung". 

Ziel des so spöttisch betitelten Artikels ist, zu zeigen, daß der Vati- 
kan viel zu zurückhaltend sei in der Zurückweisung des Bolschewismus, 
seiner Verspottung alles Religiösen wie des Papstes selbst, seiner Ver- 
folgung von Priestern und des Katholizismus überhaupt, weil er sich 
eben innerlich mit dem Bolschewismus verwandt fühle und da und dort 
auch schon mit ihm zusammenarbeite. 

347 



Dabei versteigt sich der Verfasser des Artikels zu den Sätzen: 

„Unverständlich bleibt dem Abendland die Duldsamkeit Roms gegen 
den alles vernichtenden Bolschewismus, der im Kreml systematisch ge- 
führt wurde." 

„Man marschiert getrennt, um gemeinsam den größten Feind ihrer 
grundsätzlichen Theorien zu schlagen, den Nationalsozialismus." 

„Nie hat sich noch die katholische Aktion dem Bolschewismus näher 
gefühlt als heute." 

„Ob Jude oder Inder, Hottentotte ode.r Angelsachse, so sie sich zur 
Kirche Roms bekennen, sind alle gleich und jenes Himmels würdig, zu 
dem irgendein auf demokratischer Grundlage erwählter Papst die 
Schlüssel besitzt." 

Der Gipfelpunkt der Entstellung wird aber erreicht mit den Sätzen: 

„Mögen die Bolschewisten Priester in den Waschküchen zusammen- 
schießen: Rom schweigt. Sind es doch nur Soldaten, die geopfert wer- 
den müssen. Plakate, die den Papst als Zuhälter, Verbrecher und Mäd- 
chenschänder hinstellen? Man lächelt dazu im Vatikan?" 

Und wie man den Teufel mit Beizebub austreiben möchte, gibt man 
zur Illustrierung des letzten Satzes russische Bilder wieder, versieht sie 
aber mit deutschen Unterschriften, die den Eindruck des Einverständ- 
nisses mit der von den Bolschewisten beabsichtigten Verhöhnung er- 
wecken müssen und sie sogar zu verstärken geeignet erscheinen. 

Die deutsche Unterschrift unter dem Bild der Päpstin Johanna 
läßt nicht erkennen, daß es sich um eine von jedem ernsten Historiker 
längst abgelehnte Fabel handelt, sondern redet davon wie von einer 
geschichtlichen Tatsache: 

„Päpstin Johanna, die während einer Prozession auf offener Straße 
ein Kind gebar." 

Und wie wenn man nichts davon wüßte, daß in jeder Kirchen- 
geschichte die Haltlosigkeit dieser Fabel dargelegt wäre, fügt man hinzu: 

„Darüber schweigt der politische Katholizismus." 

Wenn aber diese Beifügung vielleicht sagen möchte: „Über diese 
bolschewistische Darstellung der genannten Fabel schweigt der 
politische Katholizismus", dann müßten wir erwidern: „Immer noch 
besser, hierüber zu schweigen, als darüber so zu schreiben, wie es der 
Verfasser des Artikels tut und dadurch den Eindruck erzeugt, daß man 
der Verspottung des Papsttums mehr zustimmt als sie zurückweist." 

Genau so . verschlimmert man die Wirkung der bolschewistischen 
Karikatur von Papst Alexander VI.," indem man der Bemerkung: „Rus- 
sische Darstellung des Papstes Alexander VI. als Esel" geradezu einen 
rechtfertigenden Kommentar beifügt: „Das Tier wurde zum Symbol für 
seine Sinnlichkeit gewählt, da er nachgewiesenermaßen mit der 
Hetäre Vanozza drei Kinder zeugte und mit seiner eigenen Tochter Lu~ 
krezia Borgia ein Verhältnis unterhielt." 

Diese Bloßstellung des Papsttums gefiel dann der NSDAP-Ortsgi-uppe 
in Obermenzing bei München so gut, daß sie diese Seite. des „Schwarzen 
Korps" im „Stürmerkasten", bei der Landshüter kleinen Unterführung 
aushing, zum Ärgernis weiter Kreise, die besonders die Wirkung solcher 
Bilder auf die Kinder bedauerten und sich beschwerdeführend an uns 
wandten. 

Die katholische Kirche verheimlicht und beschönigt nicht, was ein- 
zelne, sehr vereinzelte Päpste gefehlt haben, aber sie erachtet es als 
ebenso unrecht, das Papsttum nach einigen unwüi'digen Vertretern dar- 
zustellen oder zu beurteilen, als es .unrecht wäre, den Nationalsozialis- 
mus nach einigen unwürdigen Mitgliedern, die ausgestoßen werden 

348 ' 



müßten, zu beurteilen oder daraus Greuelnachrichten mit den ent- 
sprechenden Illustrationen zu machen. 

Der Verfasser des Artikels scheint auch nichts zu wissen öder will 
nichts wissen, daß unser HL Vater last in jeder seiner großen Konsisto- 
riumsansprachen der letzten Jahre die bolschewistischen Christen vei-fol- 
gungen vor aller Welt an den Pranger stellte und verurteilte, das letzte- 
mal erst im Dezember 1935. 

Der Verfasser weiß nichts oder will nichts wissen, daß das Organ 
des Hl.- Stuhles, „L'Osservatore Romano", wie keine andere Zeitung der 
ganzen Welt, seit Jahren und fast Woche für Woche Artikel über den 
Bolschewismus, seine grauenhaften Methoden, seine erschrecklichen Fol- 
gen in Jugendverwilderung, Ehezerrüttung, wirtschaftlichem Ruin und 
Hungersnot, seine grausamen Einkerkerungen und Zwangsarbeiten im 
eisigen Norden, die Hunderttausende von Erschießungen, endlich über 
die unheimliche Propaganda des Bolschewismus in der ganzen Welt 
brachte. 

Der Verfasser, weiß nichts oder will nichts wissen, daß ein Schwestern- 
blätt des „Schwarzen Korps" „Die. Hitlerjvigend" erst vor 6 Wochen 
(Folge 12 vom 21. März 1936) zur Schilderung des Jugendelendes in Ruß- 
land nichts Besseres zu. finden wußte, als einen Artikel des „L'Osserva- 
tore Romano" zu kommentieren mit den Worten: „Davor hat Adolf Hit- 
ler Deutschlands Jugend bewahrt. Grauenhaftes Bild des 
„L'Osservatore Romano" von der Jugend Sowjetruß- 
. 1 a n d s." 

Der Verfasser weiß nichts oder will nichts wissen von der Auf- 
klärung, welche wir in Amtsblatt Nr. 17 vom 7. November 1933 bezüg- 
lich der „illegalen kommunistischen Druckerei in einem katholischen 
Lehrerseminar in München" gegeben haben und bringt in dem einen 
Satz beinahe soviel Unrichtigkeiten als Worte. 

Der Verfasser verfehlt sich unseres Erachtens gegen das Schriftleiter- 
gesetz, dessen § 13 lautet: „Schriftleiter haben die Aufgabe, die Gegen- 
stände, die sie behandeUi, wahrhaft darzustellen und nach ihrem besten 
Wissen zu beurteilen." 

Er verfehlt sich gegen § 14 des gleichen Gesetzes, der da in Ziffer 4 
sagt: „Schriftleiter sind insonderheit verpflichtet, aus den Zeitungen 
fernzuhalten, was die Ehre oder das Wohl eines anderen widerrechtlich 
verletzt, seinem Rufe schadet, ihn lächerlich oder verächtlich macht." 

Wir sind der An.sicht: Was hier gegen eine Einzelperson untersagt 
wird, kann erst recht nicht erlaubt sein gegen den Hl. Stuhl, um so 
mehr als zwischen ihm und dem Deutschen Reich „freundschaftliche Be- 
ziehungen bestehen" und durch feierliche Übereinkunft „gefestigt und 
gefördert" werden sollten. (Präambel vom RK.) 

Wir legen gegen diesen Artikel und gegen seine tendenziöse Ilju- 
strierung mit schärfstem Nachdruck Protest ein und erwarten, daß Vor- 
sorge getroffen wird, daß in Zukxmft derartige Entgleisvmgen im 
„Schwarzen Korps" wie in anderen Zeitungen hintangehalten werden. 

gez. Buchwieser, Gen.- Vikar. 

bb) Front gegen den „Pfaffen Spiegel" 

Als dieses anti christliche Schund- und Schmähbuch nach bloß 
viermonatigem Verbot (29. Januar bis 8. Mai 1934) die volle Un- 
terstützung der, nationalsozialistischen Kreise 
erhielt, mancherorts zusammen mit ,,M ein Kampf" oder 
,,M y t h u s" geradezu um die V/ette angeboten wurde, gab def 
Erzbischöfliche Ordinariat München nachfolgende Weisung an d«sr. 
Diözesanklerus: 

349 



G.V. 2197 München, den 25. 2. 1937. 

Das Ordinariat 

des Erzbistums München und Freising. 

An die 

Hochwürdigen Seelsorgsstellen der Erzdiözese! 

B e,t r e f f : Seelsorgliche Anweisungen. Pfaffenspiegel. 

Sicheren Nachrichten zufolge wird in einzelnen Gegenden den Leuten 
ohne Bestellung massenhaft der „Pl'affenspiegel" zugesandt. An einem 
einzelnen Ort des Chiemgaues kamen drei Postsäcke dieses Inhalts an. 

Dies gibt uns Veranlassung anzuordnen, daß nachfolgende Erklärung 
am kommenden Sonntag, den 28. Februar, bei sämtlichen Vormittags- 
gottesdiensten verlesen wird. 

Wo die Agitation für den „Pfaflenspiegel" besonders stark ist, möge 
noch etwas eingehender über die Minderwertigkeit und Verwerflich- 
keit dieses Buches gesprochen werden. Wir verweisen hiefür auf unsere 
Bekanntmachung Nr. 121 in Amtsblatt 18/1936 und auf das in Amtsblatt 
Nr. 4 angezeigte Buch von Dr. Josef Schneider: „Wider den Pfaffen- 
spiegel". 

Kanzelverkündigung gegen den Pfaffenspiegel 
am 2 8. Februar 19 3,7. 

Mehrfachen Berichten zufolge schickt zur Zeit ein Buchverlag vielen 
Leuten ohne Bestellung das berüchtigte Buch: „Pfaflenspiegel" zu. Dies 
zwingt uns zu folgender öffentlicher Erklärung und Warnung: 

1. Der „Pfaffenspiegel" ist eines der traurigsten Machwerke 
des Christenhasses, ein Buch voll Skandalgeschichten, eine 
Sammlung von gröbsten Verleumdungen und Schmähungen gegen 
Kirche und Priesterstand. 

2. Otto von Corvin-Wierzbitzki, der dies Buch vor 90 Jahren 
aus kirchenfeindlichen Schriften aller Art zusammengetragen hat, war 
ein Abenteurer und Revolutionär (Barrikadenkämpfer in Paris), ein 
Freimaurer und D eutschenhasser, ein Freund der ' Juden 
und Marxisten und Kommunisten. 

Juden machten mit seinen Büchern ein gutes Geschäft, Marxisten und 
Kommunisten erachteten und verbreiteten sie als ein zügiges, Werbe- 
material für ihre verderblichen Ideen. 

3. Dieses Buch war wegen seiner Minderwertigkeit, Unwahrhaftigkeit 
und Anstößigkeit nicht weniger als achtmal gerichtlich 
beschlagnahmt und ist heute noch kirchlicher seits für jeden 
Katholiken verboten, weil es ebenso die Sittlichkeit gefährdet, wie die 
Ehrfurcht vor Kirche und Priesterstand und jegliches Autoritätsgefühl 
zerstört. 

4. Niemand ist vex'pflichtet, ein unbestellt zugesandtes Buch anzunehmen 
pder zu bezahlen. 

Das beste ist,- eine solche Zusendung sofort zurückzuweisen und mit 
dem Vermerk „Annahme verweigert" zurückgehen zu lassen. 
Wurde aber das Buch ohne Bestellung in Unkenntnis des .Inhalts der 
Sendung zunächst angenommen, so ist man auch dann noch nicht zur 
Zahlung und Rücksendung verpflichtet, sondern nur gehalten, das 
Buch ordnungsgemäß zu verwahren, bis es abgeholt oder für eine 
Rücksendung das Porto bezahlt wird. 

5. Katholische Eltern! Verschließt Euer Haus einem solchen 
Buch, das Eure heilige katholische Kirche und Eure Priester schmäht! 

350 



Weist jedem Agenten, der Euch solch ein Buch anzubieten wagt, mit 
Entschiedenheit die'Türe, mag er l?;ommen, woher er will!" Weist jede 
unbestellte Zusendung dieses Buches von Anfang an zurüclc! 
Beschmutzt Eure Hände nicht mit einem solchen Werk! Gefährdet Euch 
selbst und erst recht Eure Kinder nicht mit solchen S.chmutzgeschich- 
ten! 

Verwendet das Geld, das Euch ein geschäftstüchtiger Verlag für dieses 
Schmähbuch abknöpfen will, lieber zum Kauf eines guten Buches, aus 
dem Ihr Euren Glauben festigen, Eure Liebe zu Christus und Kirche 
mehren. Euren Sinn erheben und Euer Herz erfreuen könnt! Erwerbt 
die Hl. Schrift, ein Evangelienbuch, eine „Nachfolge Christi", eine 
„Handpostille", eine Heiligen-Legende und ähnliche Bücher, wie sie 
Väter und Mütter Jahrhunderte her besaßen und schätzten und lasen 
und zur Unterweisung ihrer Kinder benützt haben. Fragt Eure Seel- 
sorger, wenn Ihr Bücher kaufen wollt! 

Ein einziges schlechtes Buch im Haus kann mehr Unglück anrichten 
als ein Zündholz in Kinderhand. Ein gutes Buch kann ein Quell reich- 
sten Segens werden für eine ganze Familie. Vom schlechten 
Buch gilt: „Hütet Euch vor den falschen Propheten!" Vom guten 
Buch gilt, was Gott dem jungen Augustinus sagen ließ: „Nimm 
u n d 1 i e s !" 

Um dann der aufdringlichen Propaganda für nationalsozialistisches 
kirchenfeindliches Schrifttum und der Beseitigung allen „katholischen 
Schriftgutes" aus den öffentlichen Büchereien entgegenzuarbeiten, ließ 
das Erzbischöfliche Ordinariat München am 7. Dezernber 1939 60 000 Ver- 
zeichnisse „Gute Bücher unter dem Christbau m" in allen 
Pfarreien Münchens und größerer Orte verteilen. 



6. Schutz von Leib und Leben Schuldloser. 

„Alle Versuche, die Sittenlehre und die sittliche Ordnung vom Fels- 
boden des Glaubens abzuheben und auf dem wehenden Flugsand mensch- 
licher Normen aufzubauen, führen früher oder später einzelne und Ge- 
meinschaften in moralischen Niedergang. 

V 

. . . Die Auslieferung der Sittenlehre an subjektive, mit den Zeit- 
strömungen wechselnde Menschenineinung, statt ihrer Verankerung im 
heiligen Willen des ewigen Gottes, in seinen Geboten, öffnet zersetzenden 
Kräften Tür und Tor." 

Diese "Worte aus dem Päpstlichen Rundschreiben „Mit bren- 
nender Sorge" vom 14. März 1937 bewahrheiteten sich in traurigster 
Weise an der nationalsozialistischen Weltanschauung und Moral. 
Der Nationalsozialismus verwarf das zehnfache „Du sollst!" ,und 
„Du sollst nicht!" des „jüdischen Gottes vom Berg Sinai" und baute 
seine Sittlichkeitslehre auf dem Prinzip auf: „Gut ist, was nützlich 
ist". Das Ergebnis war; Tür und Tor war zersetzenden Kräften 
geöffnet. Der Zaun des 5. Gebotes war niedergerissen: Verstüm- 
melung und Tötung von Hunderttausenden und 
Millionen du roh Zwangssterilisation, Euth anasie, 
MordallerArtwardieFolge. 

Die katholische Kirche aber sprach auch hier immer wieder ihr: 
„Es ist dir nicht erlaubt" und wehrte den Mördern, wie sie nur 
konnte. 

351 



a) Kampf gegen die Verstümmelung Schuldloser 

Die Reichs regier u n g versuchte zwar in einer Note vom 
4. März 1934 ihren Standpunkt zu rechtfertigen und Teilzugeständ- 
nisse ins Feld zu führen: 

„In der Frage des Sterilisierungsgesetzes sieht sich die Reichsregie- 
rung außerstande, den Ständpunkt des Hl. Stuhles, daß dieses Ge- 
setz ,allersctiärfsten sittlichen Bedenken' 1? e g e g n e t, 
zu teilen. Sie ist vielmehr der Überzeugung, daß die religiös-sittlichen 
Bedenken, die seit jeher aucli von Ivirchlicjaer Seite gegen die Ei-zeugung 
erbkranken Nachwuchses geltend gemacht wurden und werden, bei der 
Schwäche der menschlichen Natur nicht ausreichen, um die Betroffenen 
zur völligen Enthaltsamkeit zu veranlassen und so den beiderseits als 
sittlich gerechtfertigt anerkannten Erfolg zu erzielen. Sie bedauert die 
Verschärfung der Gegensätze, vertraut aber darauf, daß der 
Hl. Stuhl diese Gründe würdigen wird, aus denen die Reichsregie- 
rung entschlossen ist, auf dem einmal als richtig er- 
kannten Wege fortzuschreiten. Die Gesundung des Vollcskör- 
pers wird sicherlich auch der seelischen und geistigen Gesundung 
djenen. 

Die grundsätzliche Auffassung der Reichsregierung und der katho- 
lischen Kirche ist insbesondere in der Besprechung am 3. November 1933 
zur Geltung gebracht worden. Hiei-bei ist auch die Notwendigkeit erör- 
tert worden, beim Vollzuge des Gesetzes nach Lösungen zu suchen, die 
das friedliche Zusammenwirken von Staat und Kirche zu fördern ge- 
eignet sind. Die Reichsregierung hat daher durch Art. 1 der Durch- 
führungsverordnung zum Sterilisierungsgesetz (Reichsges. Bl. I S. 1021) 
vorgesehen, daß bei Anstältsverwahrung eine Sterilisa- 
tion nicht stattfindet, ferner daß die Unfruchtbarmachung bei 
mangelnder Fortpflanzungsfähigkeit oder bei Gefahr für das Leben des 
Erbkranken nicht erfolgen darf und damit dem Gedanken der »clausula 
salva vita' Rechnung getragen. Der gleiche Artikel verbietet die Un- 
fruchtbarmachung vor Vollendung des zehnten Lebensjahres. Schon 
durch diese Bestimmung entfällt ein großer Teil der an sich nach dem 
Gesetz vorzunehmenden Eingriffe. Darüber hinaus hat die Reichsregie- 
rung in Artilcel 6 der gleichen Durchführungsverordnung entgegenkom- 
mend' die Möglichkeit eröffnet, der Unfruchtbarmachung durch Auf- 
nähme in einer geschlossenen Anstalt zu entgehen. Art. 5 derselben 
Verordnung enthält Bestimmungen über die Auswahl der beim Ver- 
fahren der Unfruchtbarmachung mitwirkenden chirurgischen Anstalten, 
die die Durchführung des Gesetzes vuiter Berücksichtigung des 
kirchlichen Standpunktes erleichtern. Der Reichsminister des Innern 
und der Reichsminister, der Justiz haben in ihren Ausführungserlassen 
an die Länderregierungen hinsichtlich der bei dem Verfahren beteiligten 
Ärzte und Richter dem katholischen Standpunkt durch die Weisung 
Rechnung getragen, nur solche Personen zur Mitwirkung zu bestimmen, 
die innerlich auf dem Boden des Gesetzes stehen. 

Es muß bei dieser Sachlage Befremden erregen, daß der deutsche 
Episkopat glaubte, bereits vor endgültiger Klärung der durch das 
Gesetz entstandenen Fragen, am zweiten Sonntag nach Epiphania öffent- 
lich von allen Kanzeln den katholischen Gläubigen vom liirchlichen 
Standpunkt aus Verhaltungsmaßregeln einschärfen zu müssen. Die Her- 
ausstellung des gegensätzlichen kirchlichen Standpunlctes, die als Auf- 
forderung zum Ungehorsam gegen das Reichsgesetz von den Gläubigen 
verstanden werden mußte, ist um so unverständlicher, als dem deutschen 
Episl^opat die Bereitwilligkeit der Reichsregierung zu entgegenkommen- 
der Prüfung vorgetragener Bedenken bekannt war. So hat Seine Emi- 
nenz der Hochwürdigste Herr Erzbischof von Breslau, Kardinal Bertram, 

352 



sich noch unter dem 12. Februar 1934 mit verschiedenen dies- 
bezügliclien Anregungen an die Reichsregierung gewandt, die zur Zeit 
geprüft werden. So unbedingt die Reichsregierüng auch gewillt ist, die 
Freiheit der Verkündigung der Lehre gemäß dem Vertrage zu gewähr- 
leisten, so glaubt sie doch, daß es dem Grundgedanken des Konkordates 
besser entsprochen hätte, wenn der deutsche Episkopat den Ataschluß der 
zwischen ihm und der Reichsregierung gepflogenen Verhandlungen ab- 
gewartet hätte, bevor er seine Bedenken von allen Kanzeln verkünden 
ließ." 



Die Kirche bleibt bei der Ablehnung 

Kurz, aber entschieden führt die päpstliche Note vom 
14. Mai 1934 hiei^zu aus: 

,,Die der Frage der Zwangssterilisation und dem diesbezüglichen 
deutschen Reichsgesetze gewidmeten Teile des staatlichen Promemoina 
offenbaren eine so weitgehende grundsätzliche Ge- 
gensätzlichkeit der beiderseitigen Standpunkte, daß 
der Heilige Stvihl eine prinzipielle Erörterung für unergiebig erachten' 
muß. Seine eigene, im göttlichen Recht begründete 
Stellungnah meist unabänderlich. 

Hinsichtlich des lehramtlichen Verhaltens des Episkopats kann nur 
auf die Ausfühiamgen des Promemoria vom 31. Januar. d. J. Ziffer VIII 
verwiesen werden. Nachdem das Gesetz veröffentlicht war und die Ver- 
handlungen über die Ausführüngsbestimmungen klar ergeben hatten, 
daß die erreichten Einzelmildei'ungen das grundsätzliche Urteil über das 
Gesamtgesetz nicht wesentlich ändern konnten, haben die Bischöfe 
Deutschlands mit der von ihnen beschlossenen Verlautbarung lediglich 
ihre Pflicht getan. Auch der an dem Zeitpunkt der Verlautbarung 
geübten Kritik kann der Hl. Stuhl eine Berechtigung nicht zuerkennen. 
Einmal war dieser Zeitpunkt eine seelsorgerliche Notwendigkeit. Des 
weiteren \yürde, rein praktisch gesehen, ein längeres Abwarten, wie der 
heutige Stand der Sache einwandfrei beweist, kein Verhandlungsergebnis 
gezeitigt haben, das zu einer Tolerierung, geschweige denn zu einer Bil- 
ligung des Gesetzes durch die Kirche berechtigt hätte." 

Begründung der kirchlichen Ab 1 e h n u n g 
de r Sterilisation 

Die schon im Promemoria der Reichsregierung und in der 
päpstlichen Erwiderung erwähnte entschiedene Ablehnung der 
Zwangssterilisation durch den deutschen Episkopat wurde Jahr für 
Jahr in dem Hirtenwort über die Ehe aufs neue verkündet und 
bekräftigt, des näheren dann noch erläutert von Erzbischof Gröber, 
Freiburg, in seinem Werk „Handbuch der religiösen Gegenwarts- 
fragen", S. 381, wo es heißt: 

„Zum Lebensrecht gehört das Recht auf den Leib und seine 
Anlagen und insbesondere auf die Unversehrtheit seiner Glieder. 
Der Mensch ist in keiner Weise unumschränkter Herr seines Leibes,, 
sondern in dessen Gebrauch an Gottes Gesetz gebunden. Wie die 
Selbst- und Fremdtötung, so ist auch die- Selbst- und Fremd- 
verstümmelung zunächst sittlich unerlaubt; sie beraubt selbst- 
herrlich ein leibliches Organ (z. B. der Fortpflanzung) der Befähi- 

Kreuz und Hakenkreuz 2:i Ed. 11 ■ . 353 



gung zur Erfüllung seines Zweckes. Wenn dies auch bei der Opera- 
tion zu Heilzwecl<:en gescliielit, so ist in diesem Fall das er- 
strebte Ziel die Heilung, während' die Zerstörung leiblicher Anlagen, 
nur als unbeabsichtigte Folge der Erstrebung der Heilung auftritt. 

Ebenso steht eine Vernichtung leiblicher Anlagen als Strafe 
für ein entsprechendes Vergehen durchaus im Einklang mit der 
sittlichen Ordnung. Wo aber keine Schuld und damit keine Ursache 
für körperliche Bestrafung vorliegt, da kommt auch der Obrigkeit 
keine direkte Verfügungsgewalt über die körperlichen Ogane 
ihrer Untertanen zu. Sittlich erlaubt ist nur die für das Gemein- 
wohl notwendige Behinderung, z. B. der im wesentlichen 
Maße erblich Belasteten, an der zur Fortpflanzung führenden In- 
gebrauchnahme der Geschlechtsorgane, wie sie z. B. durch die für 
die ganze Dauer der Fortpflanzungsfähigkeit durchgeführte An- 
sta'ltsbewahrung dieser Menschen erreicht wird." 

h) Kampf gegen die Tötung Schuldloser. 

aa) Klarer prinzipieller katholischer Standpunkt 

Katholischerseits setzte der Kämpf gegen die Euthanasie schon 
ein, ehe noch ein Jahr nationalsozialistischer Herrschaft um war. 
Damals schon wies 

Kardinal Faulhaber 

in seinem Fastenhirtenbrief vom 1. Februar 1934 darauf hin, daß 
die vom NS in allen Wendungen propagierte Lehre: „Gut ist, 
was nützlich ist", die furchtbare Konsequenz haben müßte, 
unheilbar Kranke und Geistesschwache zu töten. Seine geradezu 
prophetischen Worte sind es wert, hier wiederholt zu werden. 

„Vor kurzer Zeit ist ein furchtbares Wort gefallen: Jede Sittenlehre 
gelte nur eine Zeitlang und sittlich sei alles, was dem Wohle des 
Volkes dien t." Die christliche Sittenlehre ist ein wesentliches 
Stück des Evangeliums, verpflichtet also alle Völker und alle 
Zeiten so gut wie die Glaubenslehre de^ Evangeliums. Sittlich ist, was 
dem Willen und den Geboten Gottes' entspricht. Das 
wird auf die Dauer immer auch dem Wohle des Volkes dienen. Eine 
neue sittliche Ordnung aber, die mit den. Geboten Gottes im Widerspruch 
stünde, würde Unordnung schaffen und dem Wohle des Volkes nicht 
dienen. 

Da könnte ein Fanatiker auf den Wahn kor^^men, Enteignung des 
Kirchengutes, Meineid und Mord „dienten dem Wohl des Volkes" und 
seien deshalb sittlich erlaubt. 

Es könnte ein Arzt auf den Gedanken kommen, die 
seh mcr ziose Tö t ung der sicher unheilbar Kranken, 
auch der unheilbar Geisteskranken, die sogenannte 
Euthanasie, erspare dem Staat große Fürsorgelasten 
und „diene deshalb dem Wohle des Volkes-." 



Als dann nach ein paar Jahren nationalsozialistischer Herr- 
schaft die Frage der „Euthanasie" immer aktueller wurde, da 



o 



54 



und dort schon auf Versammlungen und liehrkursen, in Zeitungen 
und Büchern demagogisch behandelt wurde, da nahm - ^ 

Erzbischof Gröber von Freiburg 

in seinem „Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen" (1937) auch 
dazu Stellung und gab den katholischen Standpunkt mit aller Deut- 
lichkeil kund. Im Kapitel „Lebensrecht" unter II: ,{Das unantast- 
bare Leben des Nebenmenschen" Punkt 3: „Euthanasie und Ver- 
nichtung lebensunwerten Lebens" schrieb er: 

„So wenig wie die Einwilligung des zu Tötenden können 
irgendwelche besondere Motive und Umstünde die wesenhaft 
schlechte Handlung je einwandfrei machen. Die Tötung aus 
Mitleid in den verschiedenen Formen der Euthanasie bleibt eine ob- 
jektiv unsittliche Handlung, mag sie auch subjektiv und 
psychologisch zu verstehen sein. Wo die Euthanasie nach Qualität 
und Quantität der verabreichten Mittel nur auf Schmerzlin- 
derung eingestellt ist, ist sie einwandfrei; das Aktive an ihr ist ja 
nicht Bewirkung des Todes, selbst für den Fall, daß gegen Berechnung 
und Voraussicht einmal doch eine Verkürzung des Lebens damit ver- 
bunden wäre (reine Euthanasie). Wo aber durch die Injektion nach 
Qualität und Quantität der Dosis der Tod kausal beabsichtigt 
und bewirkt wird, liegt eine echte Tötungshandlung vor, mag 
das subjektive Motiv noch so gut und die besondere Lage des Falles 
noch so eigenartig sein. 

Dies gilt erst recht von der »Vernichtung lebensunwerten 
Lebens', wo das Weiterleben für den Lebensträger selbst und für die 
Gesellschaft angeblich jeden Wert verloren hat, wie bei unheilbar Irren 
und Verblödeten. 

Wollte man den subjektiven Mitleidscharakter der Handlung und 
die Umstände, die im konkreten Fall den Tod des Kranken wirklich 
wünschenswert machen, über den Wesensgehalt der Handlung stellen 
und Euthanasie in irgendeiner Form der wirklichen Todesbewirkung 
für einwandfrei halten, sowärendieWirk u n gen solcherPra- 
xis eben wegen ihrer Wesenswidrigkeit gar nicht ab- 
zusehen. Es ist eine lebensfremde Täuschung, wenn man meint, die 
bewußte Lebensvernichtung ließe sich dann auf jene Fälle und auf das 
Motiv des Mitleids einschränken; denn es gibt in der fast unendlichen 
Vielgestaltigkeit des Lebens auch andere, für den einzelnen und die 
Gesellschaft noch wichtigere Gründe und auch andere edelste Motive. 

Die Vertreter der Euthanasie und der Freigabe der Vernichtung 
,lebensunwerten Lebens' sind ja selbst schon von ihrem Standpunkt aus 
dazu gedrängt worden, auch an die halben, Viertels- und 
Achtelsarbeitskräfte zu denken. Es ließe sich konsequent 
dann auch die Euthanasiegewährung; nicht an die Voraussetzung binden, 
daß der betreifende Lebensträger vorher frei das Verlangen nach Eutha- 
nasie geäußert haben müßte. Denn wenn er diesen Willen sittlich äußern 
kann und wenn man ihn daraufhin töten darf, dann ist nicht einzusehen, 
warum man ihm die ,Sterbehilfe' nicht auch gegen seinen Willen geben 
dürfen sollte, wenn er unvernünftigerweise am Leben festhält. Das 
falsche Prinzip wird sich mit Macht auswirken. Der 
Gang des Lebens wird die Konsequenzen ziehen. 

Umgekehrt sind die Opfer, die eventuell auch die Gesamtheit für 
die ,Ballastexistenzen' bringen muß, wenn ihre Beseitigung un- 
zulässig ist, durchaus nicht nur .unproduktiv'. Durch nichta 
wird die Heiligkeit und Unantastbarkeit des menschlichen Lebens deut- 
licher dargetan, als wenn die Allgemeinheit, der ein leichtes Mittel zur 

355 



Beseitigung der ihr zur Last fallenden Mensehen zu Gebote stände, die- 
sen den Lebensunterhalt von sich aus gewährt. Diese absolute 
Achtung vor dem Leben des Menschen v^^ird von großem 
Segen sei n." 



o 



bb) Bischöfliche Proteste bei den höchsten 

Reichsstellen: 

Als dann um 1939/40 systematisch Geisteskranke aus den Pflege- 
anstalten weggeschafft und kurz darauf von irgendwoher als, „ge- 
storben" gemeldet wurden, ward es bald offenes Geheimnis, daß 
Wegtransport und rascher Tod miteinander in ursächlichem Zu- 
sammenhang standen, daß die nationalsozialistische Nützlichkeits- 
moral auch das Mittel der Tötung heiligte. 

Nun setzte der Widerstand der christlichen Kirchen mit aller 
Entschiedenheit ein, zunächst in ernsten Vorstellungen bei der 
Reichsregierung. 

Katholischei-seits wandte sich als erster 

Erzbischof Konrad von Freiburg 

an die Reichskanzlei mit den Worten: 

1. August 1940. 
Exzellenz, 

Hochverehrter Herr Minister! 

Wir beehren uns, Ew. Exzellenz Nachfolgendes als dringende An- 
gelegenheit vorzutragen: 

Aus den Reihen des Volkes, sowohl Württembergs als Badens, sind 
wir davon unterrichtet worden, daß in den letzten Wochen schon eine 
sehr große Anzahl von Geisteskranken und Geistesschwachen in den 
staatlichen wie auch in den privaten Anstalten der Euthanasie verfallen 
sind. Namentlich die Angehörigen der Verstorbenen, denen nur die 
Aschenurne überlassen worden ist, unter Mitteilung einer auffälligen 
Todesursache, der wenig Glauben geschenkt wird, sind tief erschüttert. 
Viele der Verstorbenen waren durchaus arbeitsfähig, so daß sie keine 
Belastung für den Staat gebildet haben. 

Wir fühlen uns im Gewissen verpflichtet, Ew. Exzellenz dringend zu 
bitten, doch Ihren weitgehenden Einfluß geltend zu machen, damit das 
durch das Naturrecht imd christliche Gesetz verbotene Verfahren ein- 
gestellt werde. Wir denken dabei aus patriotischen Gründen auch an die 
Wirkting, die das Bekanntwerden obiger Vorgänge in der ganzen kulti- 
vierten Welt hervorrufen müßte. 

Wir erklären uns bereit, auf caritativem Wege für alle die 
Unkosten a uf zu k omnien, die dem Staat durch die Pflege der 
zum Tod bestimmten Geisteskranken erwachsen. 

Wir weisen endlich darauf hin, daß der Krieg mit den Opfern, die 
er an das Volk stellt, die ungeeignetste Zeit ist, um das Volksgemüt 
durch die Maßnahmen der Euthanasie zu belasten. Ew. Exzellenz wer- 
den verstehen, wie sehr uns diese Angelegenheit auf dem Gewissen liegt 
und wie herzlich und dringend darum unsere .Bitte ist, es möchte un- 
verzüglich diesen Dingen ein Ende bereitet werden. 

Mit dem Ausdrucke vmserer ganz besonderen Verehrung und Wert- 
schätzung 

* Conrad, Erzbischof von Freiburg 

Dr. Kottmann, Generalvikar von Rottenburg. 

356 



Die Gesamtheit. der katholischen Bischöfe 
Deutschlands 

beauftragte ihren Vorsitzenden 

K a r d i n a 1 B e r t r a m 

bei der Reichskanzlei vorstellig zu werden gegen die Tötung 
,Jeb"ensunwerter Geisteskranker". Dies geschah mit folgendem 
Schreiben: 

Der Vorsitzende Breslau, den 11. August 1940. 

der Fuldaer Bischofskonferenz 

C, A. 5231 

An die Reichskanzlei 
z. H. des Herrn Reichsministers Dr. Lammers 

in Berlin. 

Der Episkopat der Diözesen Deutschlands erachtet es als seine Pflicht, 
die Reichsführung auf schwere Besorgnisse in der Bevölkerung 
aufmerksam zu machen, die uns. als verantwortlich für die seelsorg- 
lichen Aufgaben bekannt geworden sind, zumal auf Grund von Beobach- 
tungen und daran sich knüpfenden Befürchtungen ernste Beunruhi- 
gungen in weiteren Kreisen des Volkes wach geworden sind und sich 
weiter verbreiten, die allgemeine Bedeutung gewinnen und sehr Be- 
achtung erheischen. Es handelt sich darum, daß staatliche Stellen ver- 
anlassen, daß unheilbare, sogenannte „lebensunwerte" Geisteskranke 
getötet werden oder auch zur Erprobung neuer Heilver- 
fahren für andere Krankheiten unter Gefährdung ihres 
Lebens benutzt werden. Die Erörterung über das damit bezeichnete Pro- 
blem ist nicht neu, wie sich aus folgendem ergibt. 

Schon bei den Vorberatungen über Neugestaltung des Picichsstraf- 
gesetzbuches haben wir dieser Erörterung in eingereichten Gutachten 
Rechnung getragen. Wir erwähnen daraus folgendes: 



Unter den Anträgen, die der Episkopat zur Neugestaltung des Deut- 
schen Strafrechts 19 3 4 beim Reichsjustizministerium eingereicht hat, 
befindet sich bezüglich „S t e r b e h i 1 f e u n d Vernichtung 1 e'b e n s- 
unwerten Lebens" folgendes: „Die Euthanasie ist mit dem 
christlichen Sittengesetze, mag das Mitgefühl noch 
so stark für eine Ablcürzung des Leidens eines Ster- 
benden sprechen, unvereinbar. Das gleiche gilt von einer 
D. S. 87 zwar nicht empfohlenen, aber offenbar gebilligten evtl. Anord- 
nung der Vernichtung .lebensunwerten' Lebens, d. h. der Tötung 
unheilbarer Geisteskranker durch amtliche Organe." 

II. 

Die Kömmission, die mit der Empfehlung des Episkopats beim 
Deutschen Caritasverband zur gutachtlichen Äußerung über 
die die Caritas berührenden Fragen bei der Neugestaltung des Deutschen 
Strafrechts gebildet war, hat 1934 in ihrer Denkschrift folgende Ent- 
schließung der amtlichen Strafrechtskommission eingereicht (S. 41 der 
Denkschrift) : 

„Was für die Euthanasie gesagt ist, gilt in ganz wesentlichem Sinne 
von der Vernichtung des sogenannten lebensunwerten Lebens, bei der 

357 



nur das Moment der Erleichterung sut)jektiver Leiden wegfällt. Wir sind 
der Ansicht, daß der Begriff der Heil- und Pflegeanstal- 
ten nichtdadurch in sein Gegenteil verkehrt werden 
darf, daßinihnenwehrloseundbewußtseinsloseMen- 
schengetötetwerden. Wir haben auch stärkste Bedenken nament- 
lich in der Richtung, daß durch die Zulassung einer solchen Tötung die 
Abneigung gegen die Unterbringung eines Kranken in 
einer öffentlichen Anstalt bei den Angehörigen und bei dem 
vielleicht in diesem Augenblicke jioqh entscheidungsfähigen Kranken in 
einer Weise verstärkt würde, die für die Einleitung von Heilmaßnahmen 
und für das Gesamtwohl nur verhängnisvoll sein könnte." 

III. 

Das Werk „Das kommende deutsche Straf recht" (Beson- 
derer Teil. Bericht über die Arbeit der amtlichen Straf rech tskommission; 
herausgegeben von Dr. Gürtner, Reichsjustizminister; 2. Auflage, nach 
den Ergebnissen der zweiten Lesung neu bearbeitet, 1936, Verlag Franz 
Vahlen in Berlin) enthält in dorn von Prof. Dr. Graf v. Gleispach in 
Berlin bearbeiteten Abschnitt „21, Tötung" auf S. 375 folgenden Bericht: 

„Eine Freigabe der Vernichtung sogenannten 
lebensunwerten Lebens kommt nicht in Frage. Der 
Hauptsache nach handelt es gich um schwer Geisteskranke oder Voll- 
idioten. Der nationalsozialistische Staat sucht dem Entstehen solcher 
Ehtartungen im Volkskörper durch umfassende Maßregeln vorzubeugen, 
so daß sie immer seltener werden müssen. Aberdie Kraft der 
sittlichen Norm des T'ötungs verbo tes darf nicht da- 
durch geschwächt werden, daß aug bloßen Zweck- 
mäßig k e itsgründen Ausnahmen für die Opfer schwe- 
rer Erkrankungen oder Unfälle gemacht werden, mögen 
auch diese Unglücklichen nur durch ihre Vergangenheit oder äußere Er- 
scheinung dem Volkskörper verbunden sein." 

Nach diesen Vorgängen, insbesondere auf Grund der Stellungnahme 
der amtlichen Strafrechtskommission hoffte der Episkopat, daß den Be- 
strebungen auf Vernichtung „lebensunwerten" Lebens mindestens jede 
staatliche Förderung versagt werden würde, erst recht irgendwelche 
staatliche Maßnahmen in diesem Sinne ausgeschlossen seien. 

Im Hinblick auf die eingangs erwähnten Wahrnehmungen hält der 
Episkopat nun aber sich für verpflichtet, nochmals aufdie unbe- 
dingte Unerlaubtheit derartiger Handlungen und auf 
ihre verhängnisvollen Folgen hinzuweisen, um seinerseits vorbeugend 
alles getan zu haben, was in seiner Möglichkeit steht. 

Nach Gottes Offenbarung, insbesondere nach der Lehre Christi und 
seiner Kirche, sind derartige Handlungen strengstens ver- 
boten; das ist nicht nur Glaubens" und Sittenlehre der katholischen 
Kirche, das ist auch gläubig-sittliche Überzeugung aller Christen über- 
haupt. So • urteilt offenbar auch das gesunde Empfinden des deutschen 
Volkes und insbesondere auch der deutschen Ärzteschaft im ganzen. 

Zur Anerkennung dieses unbedingten Verbotes 
drängt auch vernünftigerweise eine umsichtige, kom- 
promißlose, von kurzsichtige r>, gelegentlichen Nütz- 
lichkeitserwägungen sich frei haltende Betrachtung 
der Natur der Sache: Die Anerkennung des unersetz- 
lichen Wertes der menschlichen Person im mensch- 
lichenGemeinschaftsleben. Nicht nur , der Glaube anGott 
als den Herrn über Leben und Tod jedes Menschen, sondern auch die 
dauernde Wohlfahrt jedes irdischen Gemeinschaftslebens, ins- 
besondere des staatlichen Lebens, das elementar notwendige 
Vertrauen der Menschen untereinander, zur Ärzteschaft, 

358 



z\x den Krankenpflegeanstalten, zu den gesundheitlichen Maßnahmen des 
Stpiates und seiner sittlichen Autorität .fordert, daß die Unverletzlichkeit 
des Lebens des einzelnen, nicht entsprechend schuldhai't straffälligen 
Volksgenossen, auch unter schwersten wirtschaftlichen und beruflichen 
Opfern der betreffenden Gemeinschaften und Berufe als unbedingter 
Grundsatz gilt. Gerade in der unverbrüchlichen Ausnahmslosigkeit der 
Erhaltung und des Schutzes des Lebens der einzelnen schuldlosen Person 
liegt die erforderliche Kraft dieses Vertrauens, die sich durch Opfer 
der anderen Volksgenossen und der Gemeinschaft in den Fällen, in denen 
vielleicht Nützlichkeitserwägungen dagegen zu sprechen scheinen, erst 
richtig bewährt. 

"Würden nun diesem Grundsatz erst einmal, wenn auch zunächst eng 
begrenzte Ausnahmen nach dem Grundsatz der gelegent- 
lichen Nützlichkeit zugelassen, so würden nach aller Lebens- 
erfahrung nach und nach und schließlich auch von einzelnen aus selbst- 
süchtiger Zweckmäßigkeit weitere Ausnahmen gemacht werden. Statt 
des elementar notwendigen Vertrauens würde .mehr und mehr Mißtrauen 
um sich greifen und die Volksgemeinschaft, insbesondere die ärztlichö 
Berufstätigkeit, Krankenpflege und wichtige staatliche Gesundheitsmaß- 
nahmen verhängnisvoll schädigen. Auch würde dadurch bei der Festig- 
keit des Grundsatzes von der Heiligkeit des Lebens schuldloser Per- 
sonen in aller Welt auf Grund des natürlichen sittlichen Gefühls der 
Menschheit und der christlichen Überzeugung der Ruf des deutschen 
Volkes als eines Kulturvolkes empfindliche Einbuße erleiden. 

Der Episkopat bittet, diese seine Darlegungen, die ebenso aus der 
Verantwortung unseres religiösen Pflichtbewußtseins wie aus heißer 
Liebe zum deutschen Volke, insbesondere auch seiner irdischen Wohl- 
fahrt erfolgen, wohlwollend aufzunehmen und, soweit erforderlich, dafür 
Sorge tragen zu wollen,.' daß die eingangs erwähnten Besorgnisse und 
Gerüchte keinerlei Begründung in entsprechenden Tatsachen finden, 

gez. A. Card. B,ertram, 
Ex'zbischof von Breslau, 

„Der Wächter und Rufer der Zeit" auf dem Bischofsstuhl von 
München 

M Kardinal Faul habe r 

erhob ebenfalls seine Stimme gegen den amtlichen Mord an Schuld- 
und Wehrlosen und schrieb an den verantwortlichen Rechtswahrer 
des Reiches: 

Der Erzbischof München, den 6. November 1940 

von München und Freising 

An 

^ Herrn Reichsjustizminister Dr. Gürtner 

Berlin. 

Es ist heute trotz aller Absperrungen und Bedrohungen öffentliches 
Geheimnis, daß über die Insassen der Heil- und Pflegeanstalten, ihr 
Alter, ihre regelmäßigen Besuche, die Dauer ihrer Krankheit Meldebogen 
angefordert, die Gezeichneten in der Nacht mit der Bahn oder in Auto- 
bussen gruppenweise in andere Anstalten verbracht, nach Grafeneck in 
Württemberg, nach Hartheim bei Linz an der Donau, nach Sonnenstein 
In Thüringen, und nach ungefähr acht Tagen von dort den Angehörigen 
als plötzlich verstorben gemeldet werden. Gleichzeitig wird den ' An- 

359 



gehörigen mitgeteilt, „auf Grund polizeilicher Anordnung" oder „aus 
gesundheitspolizeilichen Gründen" sei die Leiche eingeäschert worden. 
Die Angehörigen wenden sich in ihrem Schmerz und ihrer Verbitterung 
an die kirchlichen Behörden unter Vorlage der schriftlichen Mitteilungen 
und bitten um ein kirchliches Begräbnis. Die deutschen Bischöfe ge- 
währen, ohne ihren grundsätzlichen Standpunkt gegenüber der Feuer- 
bestattung zu ändern, in diesen. Fällen das kirchliche Begräbnis, weil die 
Einäscnerung ohne den Willen des Vormundes oder der Angehörigen und 
gegen deren religiöse Überzeugung erfolgt ist. Aus den Kreisen des 
Volkes wird aber laut und immer lauter nach einem Wort der deutschen 
Bischöfe zu dieser Tatsache „Amtliche Beseitigungvon kran- 
ken Volksgenossen" geru Pen. 

Die in Art. 16 des Reichskonkordates vereinbarte Formel des Treu- 
eides verpflichtet die Bischöfe, „in der pflichtmäßigen Sorge um das 
Wohl und Interesse des deutschen Staatswesens jeden Schaden zu ver- 
hüten, der es bedrohen könnte". So fühlt sich der Erzbischof von Mün- 
chen auch durch das Reichskonkordat, nicht bloß durch die Gebote 
Gottes, die unerschütterlichen Grundlagen jeder öffentlichen Ordnung, 
vind nicht bloß durch den Notschrei des Volkes im Gewissen verpflichtet, 
vor Ihnen, Herr Reichsjuslizministex-, Klage und Anklage da- 
gegen zu erheben, daß seit Monaten Pfleglinge der Heil- und Pflege- 
anstalten in Massen hinter den Anstaltsmauern auf dem Wege der 
Euthanasie beseitigt werden. 

Den christlichen Standpunkt in fieser Frage haben die deutschen 
Bischöfe in einer Zuschrift an das Reichsjustizministerium bereits 1934 
ausgesprochen, als der Entwurf zum neuen Deutschen Strafrecht vorlag 
und darin auch von „Sterbehilfe und Vernichtung unwerten Lebens" die 
Rede war. Die deutschen BischöEe haben damals die Unvereinbarkeit der 
Euthanasie mit dem christlichen Sittengesetz festgestellt mit dem Zusatz: 
„Das gleiche gilt von der Tötung von unheilbaren Geisteskranken." Ein 
Gutachten, das von den deutschen Bischöfen zu dieser Frage veranlaßt 
war, hat im gleichen Jahr 1934 in einer Denkschrift an die amtliche 
Strairechtskommission diesen Standpunlvt näher begründet. Im Jahre 
1936 erschien die zweite Auflage des von Ihnen, Herr Reichsjustiz- 
minister, herausgegebenen Werkes ,,Das kommende deutsche Strafrecht" 
(Verlag Franz Vahlen in Berlin) und darin findet sich, wie in der neuen 
Eingabe der deutschen Bischöfe vom 11. August 1940 angeführt wird, in 
einem von Professor Dr. Graf von Gleispach beai''beiteten Abschnitt, 
Seite 375, die Erklärung: 

„Eine Freigabe der Vernichtung sogenannten lebensunwerten 
Lebens kommt nicht in Frage. Der Hauptsache nach handelt es sich 
vim schwer Geisteskranke oder Vollidioten. Der nationalsozialistische 
Staat sucht dem Entstehen solcher Entartungen im Volkskörper 
durch umfassende Maßregeln vorzubeugen, so daß sie immer seltener 
werden müssen. Aber die Kraft der sittlichen Norm des Tötungs- 
verbotes darf nicht dadurch geschwächt werden, daß aus bloßen 
Zweckmäßigkeilsgründen Ausnahmen für die Opfer schwerer Er- 
krankungen oder Unfälle gemacht werden, mögen auch diese Un- 
glücklichen nur durch ihre Vergangenheit oder äußere Erscheinung 
dem Volkskörper verbunden sein." 

Nach dieser Erklärung durfte der Episkopat annehmen, den Be- 
Bestrebungen auf Vernichtung lebensunwerten Lebens werde eine ge- 
setzliche oder sonstwie staatliche Förderung versagt werden. Die Ent- 
wicklung der letzten Monate, die ein Massensterben der Pfleglinge der 
Heil- und Pflegeanstalten brachte, hat diese Hoffnung enttäuscht und 
den Vorsitzenden der Fuldaer Konferenz, Herrn Kardinal Bertram von 
Breslau, veranlaßt, im Namen und Auftrag der deutschen Bischöfe in 
einer Zuschrift an die Reichskanzlei z. H. des Herrn Reichsministers 
Dr. Lammers vom 11. August 1940 noch einmal die warnende Stimme zu 

360 



erheben. Ich nehme an, diese Zuschrift der deutschen Bischöfe vom 
11. August 1940, der ich die obigen Angaben über ihre Vorgeschichte 
entnehme, ist dem Herrn Reichs] ustizminister im Wortlaut belcannt. 

Der unveräußerliche und unverjährbare Paragraph der natürlichen 
sittlichen Ordnung „Du sollst nicht töten" ist ohne Abstrich auch 
in den christlichen Sittenkodex übernommen. Die Stunde des Ab- 
lebens zu bestimmen, ist Gott, dem Schöpfer des Lebens, dem Herrn über 
Leben und Tod, vorbehalten. Eigenwillige Vernichtung des 
Lebens, des eigenen Lebens durch Selbstinord, frem- 
den Leloens durch Tcitung, ist durch Gottes Gesetz als 
verbrecherischer Eingriff in die sittliche Ordnung 
gebrandmarkt. 

Das natürliche wie das christliche Sittengesetz gibt der staatlichen 
Obrigkeit das Recht, die waffenfähigen Männer zur Verteidigung 
des Vaterlandes bis zum Opfer des Lebens einzusetzen. Die staat- 
liche Obrigkeit führt außerdem als „Anordnung Gottes" „nicht innsonst 
das Schwert" und hat das Recht, ,V erbrechen gegen die sittliche 
Ordnung von besonderer Schwere mit dem, Tode zu bestrafen. In der 
christlichen Weltordnung wird aber ein weitergehendes Recht, etwa das 
Recht, auf dem Wege der Sterbehilfe unwertes Leben 
zu vernichten, aus euthanasischen oder gar aus volkswirtschaft- 
lichen Gründen, nicht anerkannt. Auch wenn ein Staatsgesetz die 
Straffreiheit solcher HandKmgen aussprechen würde, könnte einem sol- 
chen Gesetz die innere Berechtigung innerhalb der christlichen Welt- 
ordnung nicht zvigesprochen werden. 

. Nach christlicher Lebensauffassung hat auch das kranke und 
leidende Menschenleben, nicht bloß das kämpferisclie vmd 
volkswirtschaftlich arbeitende, noch einen Beruf im Volks- 
ganzen zu erfüllen, der allerdings nur im gläubigen Aufblick zur gött- 
lichen Vorsehung erkannt wird. Auch der kranke Mensch hat ein Recht, 
nicht ausschließlich nach seinem Nutzwert für die 
Volkswirtschaft eingeschätzt zu werden. Übrigens be- 
finden sich, da bekanntlich gerade die mit der höchsten geistigen Spann- 
kraft Arbeitenden in der Gefahr der geistigen Überarbeitung schweben, 
unter denen, die auf dem Wege der Sterbehilfe zu Tode gefördert wer- 
den, leicht auch solche, die in ihrem früheren Leben hervorragend für 
das Gemeinwohl gearbeitet haben, und solchis, die im letzten Weltkrieg 
Nerven und Verstaiidesklarheit verloren haben. 

Der Kulturstaat hat, auch wenn er sich nicht als reinen Fürsorge- 
staat betrachtet, in der Schule des Christentums für die Rettung des 
kranken Lebens in großzügiger Weise gesorgt. Er hat die Ärzte 
ausgebildet, Krankenhäuser und Heilanstalten erbaut und gerade im 
deutschen Volk eine für andere vorbildliche Krankenfürsorge ins Leben 
gerufen. Es wäre ein furchtbarer Widerspruch zur Ver- 
gangenheit unseres Volkes, wollte man heute dem Staat das 
Recht zusprechen, Kranke aus dem Wege zu räumen, einzig deshalb, weil 
die Pflege dieser Kranken wertvolle Pflegerkräfte von der Arbeit am 
Volksganzen ablenkt oder die Häuser der Kranken, wie es im vorliegen- 
den Falle begründet wird, für rückgeführte Volksgenossen freigemacht 
werden sollen. Wir können nicht glauben, daß Männer der medizinischen 
Wissenschaft, die sich den hohen Beruf gewählt haben, krankes Leben 
zu retten und zu erhalten, denärztlichenBerufsoinsGegen- 
teil verdrehen, daß sie zur Vernichtung kranken Lebens die Hand 
bieten. Noch weniger können wir glauben, daß die staatliche Rechts- 
pflege eines ihrer höchsten Rechte, das Recht zum Tode zu verurteilen, 
den Männern der Heilkunst überläßt. 

Bei den Opfern der Euthanasie handelt es sich nicht um ver- 
brecherische, sondern um kranke Menschen. Die Geiste»- 
krankheit kann in einzelnen Fällen durch Alkoholismus, durch sexuelJi: 

Kreuz und Hakenkreuz 2-i Bd. II og| 



nur das Moment der Erleichterung subjektiver Leiden wegiällt. Wir sind 
der Ansicht, daß der Begriff der Heil- und Pflegeanstal- 
ten nichtda durch in sein Gegenteil verkehrt werden 
darf, daßinihnenwehrloseundhewußtseinsloseMen- 
schen getötetwerden. Wir haben auch stärkste Bedenlcen nament- 
lich in der Richtung, daß durch die Zulassung einer solchen Tötung die 
Abneigung gegen die Unterbringung eines Kranken in 
einer öffentlichen Anstalt bei den Angehörigen und bei dem 
vielleicht in diesem Augenblicke poch entscheidungsfähigen Kranken in 
einer Weise verstärkt würde, die für die Einleitung von Heilmaßnahmen 
und für das Gesamtwohl nur verhängnisvoll sein könnte." 

III. 

Das Werk „Das kommende deutsche Strafrecht" (Beson- 
derer Teil. Bericht über die Arbeit der amtlichen Strafrechtskommission; 
herausgegeben von Dr. G ü r t n e r, Reichsjustizminister; 2. Auflage, nach 
den Ergebnissen der zweiten Lesung neu bearbeitet, 1936, Verlag Franz 
Vahlen in Berlin) enthält in dem von Prof. Dr. Graf v. Gleispach in 
Berlin bearbeiteten Abschnitt „21. Tötung" auf S. 375 folgenden Bericht: 

„Eine Freigabe der Vernichtung sogenannten 
lebensunwerten Lebens kommt nicht in Frage. Der 
Hauptsache nach handelt es sich um schwer Geisteskranke oder Voll- 
idioten. Der nationalsozialistische Staat sucht dem Entstehen solcher 
Entartungen im Volkskörper durch umfassende Maßregeln vorzubeugen, 
so daß sie immer seltener werden müssen. Aber die Kraft der 
sittlichen Norm des T'ötungs ver bo tes darf nicht da- 
durch geschwächt werden, daß aus bloßen Zweck- 
mäßigkeitsgründen Ausnahmen für die Opfer schwe- 
rer Erkrankungen oder Unfälle gemacht werden, mögen 
auch diese Unglücklichen nur durch ihre Vergangenheit oder äußere Er- 
scheinung dem Volkskörper verbunden sein." 

Nach diesen Vorgängen, insbesondere auf Grund der Stellungnahme 
der amtlichen Strafrechtskommission hoffte der Episkopat, daß den Be- 
strebungen auf Vernichtung „lebensunwerten" Lebens mindestens jede 
staatliche Förderung versagt werden würde, erst recht irgendwelche 
staatliche Maßnahmen in diesem Sinne ausgeschlossen seien. 

Im Hinblick auf die eingangs erwähnten Wahrnehmungen hält der 
Episkopat nun aber sich für verpflichtet, nochmals aufdie unbe- 
dingte Unerlaubtheit derartiger Handlungen und auf 
ihre verhängnisvollen Folgen hinzuweisen, um seinerseits vorbeugend 
alles getan zu haben, was in seiner Möglichkeit steht. 

Nach Gottes Offenbarung, insbesondere nach der Lehre Christi und 
seiner Kirche, sind derartige Handlungen strengstens ver- 
boten; das ist nicht nur Glaubens- und Sittenlehre der katholischen 
Kirche, das ist auch gläubig-sittliche Überzeugung aller Christen über- 
haupt. So • urteilt offenbar auch das gesunde Empfinden des deutschen 
Volkes und insbesondere auch der deutschen Ärzteschaft im ganzen. 

Zur Anerkennung dieses unbedingten Verbotes 
drängt auch vernünftigerweise eine umsichtige, kom- 
promißlose, von kurzsichtigen, gelegentlichen Nütz- 
lichkeitserwägungen sich frei haltende Betrachtung 
der Natur der Sache: Die Anerkennung des unersetz- 
lichenWertes der menschlichen Person im mensch- 
liehen Gemeinschaftsleben. Nicht nur. derGlaubeanGott 
als den Herrn über Leben und Tod jedes Mensehen, sondern auch die 
dauernde Wohlfahrt jedes irdischen Gemeinschaftslebens, ins- 
besondere des staatlichen Lebens, das elementar notwendige 
Vertrauen der Menschen untereinander, zur Ärzteschaft, 

358 



zw den Krankenpflegeanstalten, zu den gesundheitlichen Maßnahmen des 
Staates und seiner sittlichen Autorität .fordert, daß die Unverletzlichkeit 
des Lebens des einzelnen, nicht entsprechend schuldhai't straffälligen 
Volksgenossen, auch unter schwersten wirtschaftlichen vmd beruflichen 
Opfern der betreffenden Gemeinschaften und Berufe als unbedingter 
Grundsatz gilt. Gerade in der unverbrüchlichen Ausnahmslosigkeit der 
Erhaltung und des Schutzes des Lebens der einzelnen schuldlosen Person 
liegt die erforderliche Kraft dieses Vertrauens, die sich durch Opfer 
der anderen Volksgenossen und der Gemeinschaft in den Fällen, in denen 
vielleicht Nützlichkeitserwägungen dagegen zu sprechen scheinen, erst 
richtig bewährt. 

Würden nun diesem Grundsatz erst einmal, wenn auch zunächst eng 
begrenzte Ausnahmen nach dem Grundsatz der gelegent- 
lichen Nützlichkeit zugelassen, so würden nach aller Lebens- 
erfahrung nach und nach und schließlich auch von einzelnen aus selbst- 
süchtiger Zweckmäßigkeit weitere Ausnahmen gemacht werden. Statt 
des elementar notwendigen Vertrauens würde .mehr und melir Mißtrauen 
um sich greifen und die Volksgemeinschaft, insbesondere die ärztlichö 
Berufstätigkeit, Krankenpflege und wichtige staatliche Gesundheitsmaß- 
nahmen verhängnisvoll schädigen. Auch würde dadurch bei der Festig- 
keit des Grundsatzes von der Heiligkeit des Lebens schuldloser Per- 
sonen in aller Welt auf Grund des natürlichen sittlichen Gefühls der 
Menschheit und der christlichen Überzeugung der Ruf des deutschen 
VoUtes als eines Kulturvolkes empfindliche Einbuße erleiden. 

Der Episkopat bittet, diese seine Darlegungen, die ebenso aus der 
Verantwortung unseres religiösen Pflichtbewußtseins wie aus heißer 
Liebe zum deutschen Volke, insbesondere auch seiner irdischen Wohl- 
fahrt erfolgen, wohlwollend aufzunehmen und, soweit erforderlich, dafür 
Sorge tragen zu wollen,.' daß die eingangs erwähnten Besorgnisse und 
Gerüghte keinerlei Begründung in entsprechenden Tatsachen finden. 

gez. A- Card. B^ertram, 
Ex'zbischof von Breslau. 

,,Der Wächter und Rufer der Zeit" auf dem Bischofsstuhl von 
München 

■' K a r d i n a 1 F a u 1 h a b e r 

erhob ebenfalls seine Stimme gegen den amtlichen Mord an Schuld- 
und Wehrlosen und schrieb an den verantwortlichen Rechtswahrer 
des Reiches: 

Der Erzbischof München, den 6. November 1940 

von München und Freising 

An 

^ Herrn Reichsjustizminister Dr. Gürtner 

Berlin. 

Es ist heute trotz aller Absperrungen und Bedrohungen öffentliches 
Geheimnis, daß über die Insassen der Heil- und Pflegeanstalten, ihr 
Alter, ihre regelmäßigen Besuche, die Dauer ihrer Krankheit Meldebogen 
angefordert, die Gezeichneten in der Nacht mit der Bahn oder in Auto- 
bussen gruppenweise in andere Anstalten verbracht, nach Grafeneck in 
Württemberg, nach Hartheim bei Linz an der Donau, nach Sonnenstein 
In Thüringen, und nach ungefähr acht Tagen von dort den Angehörigen 
als plötzlich verstorben gemeldet werden. Gleichzeitig wird den * An- 

359 



gehörigen mitgeteilt, „auf Grund polizeilicher Anordnung" oder „aus 
gesundheitspolizeilichen Gründen" sei die Leiche eingeäschert worden. 
Die Angehörigen wenden sich in ihrem Schmerz und ihrer Verbitterung 
an die kirchlichen Behörden vmter Vorlage der schriftlichen Mitteilungen 
und bitten um ein kii-chliches Begräbnis. Die deutschen Bischöfe ge- 
währen, ohne ihren grundsätzlichen Standpunkt gegenüber der Feuer- 
bestattung zu ändern, in diesen. Fällen das kirchliche Begräbnis, weil die 
Einäscnerung ohne den Willen des Vormundes oder der Angehörigen und 
gegen deren religiöse Überzeugung erfolgt ist. Aus den Kreisen des 
Volkes wird aber laut und immer lauter nach einem Wort der deutschen 
Bischöfe zu dieser Tatsache „Amtliche Beseitigung von kran- 
ken Volksgenossen" geru l'en. 

Die in Art. 16 des Reichskonkoi'dates vereinbarte Formel des Treu- 
eides verpflichtet die Bischöfe, „in der pflichtmäßigen Sorge um das 
Wohl und Interesse des deutschen Staatswesens jeden Schaden zu ver- 
hüten, der es bedrohen könnte". So fühlt sich der Erzbischof von Mün- 
chen auch durch das PJeichskonkordat, nicht bloß durch die Gebote 
Gottes, die unerschütterlichen Grundlagen jeder öflentlichen Ordnung, 
und nicht bloß durch den Notschrei des Volkes im Gewissen verpflichtet, 
vor Ihnen, Herr Reichsjuslizminister, Klage und Anklage da- 
gegen zu erheben, daß seit Monaten Pfleglinge der Heil- und Pflege- 
anstalten in Massen hinter den Anstaltsmauern auf dem Wege der 
Euthanasie beseitigt werden. 

Den christlichen Standpunkt in dieser Frage haben die deutschen 
Bischöfe in einer Zuschrift an das PtCichsjustizministerium bereits 1934 
ausgesprochen, als der Entwurf zum neuen Deutschen Strafrecht vorlag 
und darin auch von „Sterbcliilfe und Vernichtung unwerten Lebens" die 
Rede war. Die deutschen Bischöfe haben damals die Unvereinbarkeit der 
Euthanasie mit dem christlichen Sittengesetz festgestellt mit dem Zusatz: 
„Das gleiche gilt von der Tötung von unheilbaren Geisteskranken." Ein 
Gutachten, das von den deutschen Bischöfen zu dieser Frage veranlaßt 
war, hat im gleichen Jahr 1934 in einer Denkschrift an die amtliche 
Strafrechtskommission diesen Standpunlvt näher begründet. Im Jahre 
1936 erschien die zweite Auflage des von Ihnen, Herr Reichsjustiz- 
minister, herausgegebenen Werkes ,,Das kommende deutsche Strafrecht" 
(Verlag Franz Vahlen in Berlin) und darin findet sich, wie in der neuen 
Eingabe der deutschen Bischöfe vom. 11. August 1940 angeführt wird, in 
einem von Professor Dr. Graf von Gleispach beai"beiteten Abschnitt, 
Seite 375, die Erklärung: 

„Eine Freigabe der Vernichtung sogenannten lebensunwerten 
Lebens kommt nicht in Frage. Der Hauptsache nach handelt es sich 
um schwer Geisteskranke oder Vollidioten. Der nationalsozialistische 
Staat sucht dem Entstehen solcher Entartungen im Volkskörper 
durch umfassende Maßregeln vorzubeugen, so daß sie immer seltener 
werden müssen. Aber die Kraft der sittlichen Norm des Tötungs- 
verbotes darf nicht dadurch geschwächt werden, daß aus bloßen 
Zweckmäßigkeitsgründen Ausnahmen für die Opfer schwerer Er- 
krankungen oder Unfälle gemacht werden, mögen auch diese Un- 
glücklichen nur durch ihre Vergangenheit oder äußere Erscheinung 
dem Volkskörper verbunden sein." 

Nach dieser Erklärung durfte der Episkopat annehmen, den Be- 
Bestrebungen auf Vernichtung lebensunwerten Lebens werde eine ge- 
setzliche oder sonstwie staatliche Förderung versagt werden. Die Ent- 
wiclclung der letzten Monate, die ein Massensterben der Pfleglinge der 
Heil- und Pflegeanstalten brachte, hat diese Hoffnung enttäuscht und 
den Vorsitzenden der Fuldaer Konferenz, Herrn Kardinal Bertram von 
Breslau, veranlaßt, im Namen und Auftrag der deutschen Bischöfe in 
einer Zvischrift an die Reichskanzlei z. H. des Herrn Reichsministers 
Dr. Lammers vom 11. August 1940 noch einmal die warnende Stimme zu 

360 



erheben. Ich nehme an, diese Zuschrift der deutschen Bischöfe vom 
11. August 1940, der ich die obigen Angaben über ihre Vorgeschichte 
entnehme, ist dem Herrn Reichs] ustizminister im Wortlaut bel?;annt. 

Der unveräußerliche und unverjährbare Paragraph der natürlichen 
sittlichen Ordnung „Du sollst nicht töten" ist ohne Abstx'ich auch 
in den christlichen Sittenkodex übernommen. Die Stunde des Ab- 
lebens zu bestimmen, ist Gott, dem Schöpfer des Lebens, dem Herrn über 
Leben und Tod, vorbehalten. Eigenwillige Vernichtung des 
Lebens, des eigenen Lebens durch Selbstmord, frem- 
den Lebens durch Tötung, ist durch Gottes Gesetz als 
verbrecherischer Eingriff in die sittliche Ordnung 
gebrandmarkt. 

Das natürliche wie das christliche Sittengesetz gibt der staatlichen 
Obrigkeit das Recht, die waffenfähigen Männer zur Verteidigung 
des Vaterlandes bis zum Opfer des Lebens einzusetzen. Die staat- 
liche Obrigkeit führt außerdem als „Anordnung Gottes" „nicht umsonst 
das Schwert" und hat das Recht, ,V erbrechen gegen die sittliche 
Ordnung von besonderer Schwere mit dem, Tode zu bestrafen. In der 
christlichen Weltordnung wird aber ein weitergehendes Recht, etwa das 
Recht, auf dem Wege der Sterbehilfe unwertes Leben 
zu vernichten, aus euthanasischen oder gar aus volkswirtschaft- 
lichen Gründen, nicht anerkannt. Auch wenn ein Staatsgesetz die 
Straffreiheit solcher Handlungen aussprechen würde, könnte einem sol- 
chen Gesetz die innere Berechtigung innerhalb der christlichen Welt- 
ordnung nicht zugesprochen werden. 

. Nach christlicher Lebensauffassung hat auch das kranke und 
leidende Menschenleben, nicht bloß das kämpferische und 
volkswirtschaftlich arbeitende, noch einen Beruf im Volks- 
ganzen zu erfüllen, der allerdings nur im gläubigen Avifblick zur gött- 
lichen Vorsehung erkannt wird. Auch der kranke Mensch hat ein Recht, 
nicht ausschließlich nach seinem Nutzwert für die 
Volkswirtschaft eingeschätzt zu werden. Übrigens be- 
finden sich, da bekanntlich gerade die mit der höchsten geistigen Spann- 
kraft Arbeitenden in der Gefahr der geistigen Überarbeitung schweben, 
unter denen, die auf dem Wege der Sterbehilfe zu Tode gefördert wer- 
den, leicht auch solche, die in ihrem früheren Leben hervorragend für 
das Gemeinwohl gearbeitet haben, und solchis, die im letzten Weltkrieg 
Nerven und Verstahdesklarheit verloren haben. 

Der Kulturstaat hat, auch wenn er sich nicht als reinen Fürsorge- 
staat betrachtet, in der Schule des Christentums für die Rettung des 
kranken Lebens in großzügiger Weise gesorgt. Er hat die Ärzte 
ausgebildet, Krankenhäuser und Heilanstalten erbaut und gerade im 
deutschen Volk eine für andere vorbildliche Krankenfürsorge ins Leben 
gerufen. Es wäre ein furchtbarer Widerspruch zur Ver- 
gangenheit unseres Volkes, wollte man heute dem Staat das 
Recht zusprechen. Kranke aus dem Wege zu räumen, einzig deshalb, weil 
die Pflege dieser Kranken wertvolle Pflegerkräfte von der Arbeit am 
Volksganzen ablenkt oder die Häuser der Kranken, wie es im voi'liegen- 
den Falle begründet wird, für rückgeführte Volksgenossen freigemacht 
werden sollen. Wir können nicht glauben, daß Männer der medizinischen 
Wissenschaft, die sich den hohen Beruf gewählt haben, krankes Leben 
zu retten und zu erhalten, denärztlichenBerufsoinsGegen- 
teil verdreh e n, daß sie zur Vernichtung kranken Lebens die Hand 
bieten. Noch weniger können wir glauben, daß die staatliche Rechts- 
pflege eines ihrer höchsten Rechte, das Recht zum Tode zu verurteilen, 
den Männern der Heilkunst überläßt. 

Bei den Opfern der Euthanasie handelt es sich nicht um ver- 
brecherische, sondern um kranke Menschen. Die Geisteii- 
krankheit kann in einzelnen Fällen durch Alkoholismus, durch sexuelJc 

Kreuz und Hakenkreuz 24 Bd. H 3gj 



Ausschwelfungen und sonstwie selbstverschuldet sein. In den meisten 
I'i'.llen aber gilt das Wort: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt. 
Es handelt sich auch nicht immer um Vollidioten und anderes gänzlich 
unwertes Leben. Es sind solche darunter, die, wie die Epileptiker, zeit- 
weise in Feld und Garten, auch in der Werkstatt arbeiten. Es handelt 
sich auch nicht bloß, wie den kirchlichen Behörden gegenüber behauptet 
wurde, um Pfleglinge von staatlichen Anstalten. Es wurden nachweisbar 
auch Pfleglinge von rein cai-itativen Anstalten auf dem Umweg über 
staatliche Anstalten zu Tode gebracht und vorgemerkt. 

Geehrter Herr Reichsjustizminister! Es ist nicht meine Absicht, die 
alte Fi'age avif zurollen, ob der Staat die alleinige Rechtsquelle ist und 
ob mit dem Stichwort: „Recht ist, was dem Volke nützt" eine menschen- 
würdige Rechtsordnung aufgebaut werden kann. Ich halte mich aber 
verpflichtet, noch, darauf hinzuweisen, daß es unserem Volk nicht nützen 
würde, wenn in weiten Volkskreisen — die Pfleglinge der Anstalten sind 
aus allen Gauen und allen Volksschichten zusammengezogen — der 
Glaube an das Wort staatli,cher Beamten aufhören müßte. 
Dieser Glaube ist heute durch das Vorgehen der Sterbehilfe schwer er- 
■ schüttert. Kein Mensch glaubt daran, der Pflegling sei wirklich plötzlich 
an einer Krankheit gestorben, an einem Herzleiden oder an einer Blind- 
darmentzündung. Kein Mensch glaubt daran, daß die Leiche „aus ge- 
sundheitspolizeilichen Gründen" und „wegen Ansteckungsgefahr" ein- 
geäschert werden mußte. Diese Angaben werden einer späteren Nach- 
prüfung, die man in einem Rechtsstaat erwarten darf, nicht standhalten. 
In früheren Mitteilungen sprach der Beamte den Angehörigen gar noch 
seine Teilnahme aus. Man kann sich denken, mit welchen Glossen der 
Volksmund soLche „Teilnahme" begleitet. 

.. Es kann unserem Volke nicht nützen vmd nicht recht sein, wenn 
durch ein solches Vorgehen der staatlichen Gesundheitspflege der Wert 
des einzelnen Menschenlebens und das Recht überhaupt zu leben so 
herabgesetzt und damit die Volksmoral bis ins Tiefste er- 
schüttert wird. Es wird immer Menschen geben, die aus falschem 
Mitleid von einer „Erlösung" der unheilbar Kranken sprechen, Sie wer- 
den aber sofort kleinlaut, wenn man sie daran erinnert, daß sie selber 
durch Krankheit oder Unfall in die gleiche Lage kommen können, auch 
wenrn sie heute noch gesund sind. Sollte einer aber gar auf Nietzsche 
sich berufen, auf den Mann, der das Mitleid und die pflegende Liebe für 
Unsinn erklärte, so würden wir ihm sagen müssen, daß Nietzsche selber 
in seiner späteren Geisteskrankheit auf die dienende Liebe angewiesen 
war und daß Nietzsche, der Mann, der in seinen Büchern wiederholt 
über das deutsche Volk unerhörte Schmähungen ausgesprochen .hat, uns 
in sittlichen Fragen keine Autorität bedeutet. Wie muß die Volksmoral 
erschüttert werden, wenn nach dem Vorbild der Sterbehelfer das ein- 
zelne Menschenleben in der Familie derart entwertet und entrechtet 
wird!, Oder wenn der einzelne aus nacktem Materialismus auf den Ge- 
danken käme, eine Erbtante, einen Vormann auf dem Erbhof oder sonst 
einen Mitmenschen zu beseitigen, um sich selber Raum oder sonst einen 
Nutzen zu verschaffen! 

Es kann unserem Volke nicht nützen, wenn durch die Beseitigung 
von Schwerkranken, die man als Volksschädlinge betrachtet, das Ver- 
trauen zu den Ärzten und vollends zu den Kranken- 
anstalten im Volke zerstört wird. Die Volksgenossen geben ihre 
Kranken auf Treu und Glauben in die staatlichen und caritafiven An- 
stalten, die körperlich Kranken in die Krankenhäuser, die Geisteskran- 
ken oder Geistesschwachen in die Pflegeanstalten. Die staatliche oder 
caritative Gesundheitspflege hat diese Kranken auf Treu und Glauben 
übernommen. Niemand, der offene Augen und offene Ohren hat, kann 
leugnen, daß heute in unserem Volk eine große Unruhe eingetreten ist, 
weil das Massensterben, der Geisteskranken überall besprochen wird 

362 



und leider auch über die Zahl der Toten, die Art des Todes und anderes 
die sinnlosesten Gerüchte auftauchen. Die Geheimnistuerei im ganzen 
Vorgehen — die Kranken werden in tiefer Nacht abgeholt, in Wagen 
iTfiit verhängten Fenstern an den Bestimmungsort gebracht, sie dürfen 
nicht besucht werden — ist allerdings nicht geeignet, die Gerüchte zum 
Schweigen zu bringen. Die Panik hat bereits auch auf Altersheime und 
die Sanatorien von Lungenkranken übergegriffen. 

Ich brauche nicht zu versichern, Herr Reichs justizminister, daß ich 
obige Darlegungen nicht aus Freude am "Widerspruch gemacht habe. Ich 
habe in dieser sittlich-rech-tlichen, nichtpolitischen Frage es als Ge- 
wissenspflicht empfunden, zu reden, weil ich als katholischer 
Bischof nicht schweigen kann, wenn es sich um die Erhaltung der sitt- 
lichen Grundlagen jeder öffentlichen Ordnung handelt, und weil ich als 
deutscher Bischof nach Art. 16 des RK mitverpflichtet bin, einen nach 
meiner Überzeugung bedrohlichen Schaden von unserem Volke fernzu- 
halten und unserem Volk den Ruf einer Kulturnation zu wahren. Wir 
verstehen, wenn in Kriegszeiten außerordentliche Maßnahmen getroffen 
werden, um die Sicherheit des Landes und die Ernährung des Volkes 
sicherzustellen. Wir sagen dem Volk, daß es bereit sein muß, in Kriegs- 
zeiten auch große Opfer, auch Blutopfer, in christlichem Opfergeist auf 
sich zu nehmen, und begegnen mit Ehrfurcht im Straßenbild der Stadt 
den Trägerinnen des schwarzen Schleiers, die für das Vaterland 
das Opfer eines, teueren Lebens gebracht haben. Die unveräußerlichen 
Grundlagen der sittlichen Ordnung und die Grundrechte des, einzelnen 
Menschen dürfen aber auch in Kriegszeiten nicht außer Kraft gesetzt 
werden. 

Ich bitte, Herr Reichsjustizminister, um eine Antwort auf die obigen 
Darlegungen, wenn nicht inzwischen auf die gemeinsame Eingabe der 
deutschen Bischöfe und einige Einzeleingaben eine Antwort erfolgte. 

gez. Kardinal Faulhaber 
Erzbischof von München. 



Sehr deutlich gab 

der Bischof von Limburg 

der Reichsregierung die Wirkung dieser amtlichen Morde auf die 
Bevölkerung zur Kenntnis: 

Der Bischof von Limburg. Limburg/Lahn, den 13. August' 1941. 

An den Herrn Reichsminister der Justiz 

Berlin. 

Stempel und verschiedene handschriftliche Vermerke. 

Bezugnehmend auf die von dem Vorsitzenden der Fuldaer Bischofs- 
konferenz, Herrn Kardinal Dr. Bertram, eingereichte Denkschrift vom 
16. Juli (sub IV. Seite 6/7) halte ich mich verpflichtet betr. Vernichtung 
sogenannten „lebensunwerten Lebens" das folgende als konkrete Illustra- 
tion zu unterbreiten. 

Etwa 8 km von Limburg entfernt ist in dem Städtchen Hadamar 
auf einer Anhöhe unmittelbar über dem Städtchen eine Anstalt, die 
früher zu verschiedenen Zwecken, zuletzt als Heil- und Pflegeanstalt 
gedient hat, umgebaut bzw. eingerichtet worden als eine Stätte, in der 
nach allgemeiner Überzeugung Euthanasie seit Monaten — etwa seit 
Februar 1941 — planmäßig vollzogen wird. Über den Regie- 
rungsbezirk Wiesbaden hinaus wird die Tatsache bekannt, weil Sterbe- 

363 



Urkunden von einem Standesamt Hadamar-Mönchberg in die betreffen-, 
den Heimatgemeinden gesandt werden. 

Öfter in der Wociie kommen Autobusse mit einer größeren Anzalil 
solcher Opfer in Hadamar an. Sciiulkinder der Umgegend l^ennen 
diese Wagen und reden: „Dal?:ommt wieder die Mordkist e." 
Nach der Ankunft solcher Wagen beobachten dann die Hadamarer Bür- 
ger den aus dem Schlot aufsteigenden Rauch und sind von dem stän- 
digen Gedanken an die armen Opfer eivschüttert, zumal wenn sie, je 
nach der Windrichtung, durch die widerlichen Düfte belästigt werden. 

Die Wirkung der hier getätigten Grundsätze: Kinder, einander 
beschimpfend, tun Äußerungen: „Du bist nicht recht gescheit, du kommst 
nach Hadamar in den Backofen" ; s^olche, die nicht heiraten 
wollen oder keine Gelegenheit finden: „Heii-aten, nein! Kinder in die 
Welt setzen, die dann m den Rex-Apparat kommen !" Bei alten 
Leuten hört man die Worte: „Ja in kein staatliches Kran- 
kenhaus! Nach den Schwachsinnigen kommen die Alten als 
unnütze Esser an die Reihe." 

Alle gottesfürchtigen Menschen empfinden diese Vernichtung hilf-, 
loser Wesen als himmelschreiendes Unrecht. Und wenn dabei 
ausgesprochen wird, Deutschland könne den Krieg nicht ge- 
winnen, wenn "es noch, einen gerechten Gott gibt, so 
kommen diese Äußerungen nicht etwa von Mangel an Vaterlandsliebe, 
sondern aus einer um unser Volk tiefbesorgten Gesinnung. 

Es ist der Bevölkerung unf aßiich, daß planmäßig ^Handlungen 
vollzogen werden, die nach § 211 StGB, mit dem Tode zu be- 
strafen sind! Die obrigkeitliche Autorität als sittlicher Begriff er- 
leidet durch die Vorgänge eine furchtbare Erschütterung. Die amtlichen 
Mitteilungen, daß N. N. an einer ansteckenden Krankheit gestorben sei 
und deshalb die Leiche hätte verbrannt werden müssen, finden keinen 
Glauben mehr, tmd es wird durch solche nicht mehr geglaubte amtliche 
Mitteilungen der ethische Wert des AutoritätsbegrilTs noch weiter be- 
einträchtigt. 

Beamte der Geheimen Staatspolizei suchen, wie man hört, das 
Reden über die Hadamarer Vorgänge mit strengen Drohungen zu 
unterdrücken. Es mag im Interesse der öffentlichen Ruhe gute Absicht 
sein. Das Wissen und die Überzeugung und Entrüstung 
der Bevölkerung werden damit nicht geändert; die Überzeugung wird 
um die bittere Erkenntnis vermehrt, daß das Reden mit Drohun- 
gen verboten wird, die Handlungen selbst aber nicht 
strafrechtlich verfolgt werden. 

Facta loquuntur. 

Ich bitte Sie ergebenst, Herr Reichsminister, im Sinne der Denk- 
schrift des Episkopates vom 16. Juli d. J. weitere Verletzungen des 
fünften Gebotes Gottes verhüten zu wollen. 

gez. Dr. Hilfrich. 

Abschrift überreiche ich dem Herrn Reichsminister des Innern und 
dem Herrn Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten. D. O. 



cc) Öffentliche Anklagen auf amtlichen Mord! 

Flammende Bischofsworte! 
Am 3. August 1941 trat Westfalens großer Bischof 

Clemens August von Galen 

auf die Kanzel der St.-Lamberti-Klrche in Münster, verlas das 
Evangelium Lukas 19,41 — 47: „Als Jesus Jerusalem nahe kam und 

364 



die Stadt sah, weinte er über sie." Und er gab seinem tiefsten 
Schmerz und Abscheu Ausdruck über den in Deutschland gang 
und gäbe gewordenen 

Mord an Unschuldigen. 

Nach kurzer Einleitung sprach er über folgende Tatsachen: 
Eine furchtbare Lehre und Praxis! 

„In dem am 6. Juli 1941 in allen katholischen Kirchen Deutschlands 
verlesenen gemeinsamen Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom 
26. Juni 1941 heißt es unt6r anderem: , Gewiß gibt es nach der katho- 
lischen Sittenlehr-e positive Gebote, die nicht mehr verpflichten, wenn 
ihre Erfüllung mit allzu großen Schwierigkeiten verbunden wäre. Es 
gibt aber auch heilige Gewissensverpflicht vi ngen, von 
denen uns niemand befreien kann und die wir erfüllen 
müssen, koste es uns selbst das Leben. Nie, unter keinen Um- 
ständen darf der Mensch — außerhalb von der gerechten Not- 
wehr — einenUnschuldigentöten,' 

Ich hatte schon am 6. Juli Veranlassung, diesen Worten des gemein- 
samen Hircentariefes folgende Erläuterungen hinzuzufügen: Seit einigen 
Monaten hören wir Berichte, daß aus Heil- und Pflegeanstalten für 
Geisteskranke auf Anordnung von Berlin Pfleglinge, die schon länger 
krank sind und vielleicht unheilbar erscheinen, zwangsweise abgeführt 
werden. Regelmäßig erhalten dann die Angehörigen nach kurzer Zeit 
die Mitteilung, der Kranke sei verstorben, die Leiche sei verbrannnt, die 
Asche könne abgeliefert werden. Allgemein herrscht der an Sicherheit 
grenzende Verdacht, daß diese zahlreichen, unerwarteten Todesfälle von 
Geisteskranken nicht von selbst eintreten, sondern absichtlich herbei- 
geführt werden, daß man dabei jener Lehre folgt, die behauptet, man 
dürfe sog. ,lebensunwertes Leben' vernichten, also unschvü- 
dige Menschen töten, wenn man meint, ihr Leben sei für Volk und Staat 
nichts mehr wert. Eine furchtbare Lehre, die die Ermor- 
dung Unschuldiger rechtfertigen will, die die gewalt- 
sameTötungdernichtmehr arbeitsfähigen Invaliden, 
Krüppel, unheilbar Kranken, Alterschwachen grund- 
sätzlichfreigibt! 

Wie ich zuverlässig erfahren habe, werden jetzt auch in den Heil- 
und Pflegeanstalten der Provinz Westfalen Listen aufgestellt von solchen 
Pfleglingen, die als sog. , unproduktive Volksgenossen' abtransportiert und 
nach kurzer Zeit ums Leben gebracht werden sollen. Aus der Anstalt 
Mariental bei Münster ist im Laufe dieser Woche der erste Transport 
abgegangen." 

Ungesetzlich! 

„Deutsche Männer und Frauen! Noch hat Gesetzeskraft der § 211 
des Reichsstrafgesetzbuches, der bestimmt: ,Wer vorsätzlich 
einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit 
Überlegung ausgeführt hat," wegen Mordes mit dem 
Tode bestraft.' 

Wohl um diejenigen, die jene armen, kranken Menschen, Angehörige 
unserer Familien, vorsätzlich töten, vor dieser gesetzlichen Bestrafung 
zu bewahren, werden die zur Tötung bestimmten Kranken aus der Hei- 
mat abtransportiert in eine entfernte Anstalt. Als Todesvirsache wird 
dann irgendeine Krankheit angegeben. Da die Leiche sogleich verbrannt 
wird, können die Angehörigen und auch die Kriminalpolizei es hinterher 
nicht mehr feststellen, ob die Kraiakheit wirkhch vorgelegen hat xmd 
welche Todesursache vorlag. 

365 



Es ist mir aber versichert worden, daß man im Reich s- 
ministerium des Innern und auf der Dienststelle des 
Reichsärzteführers Dr. Conti gar kein Hehl daraus 
mache, daß tatsächlich schon eine große Zahl von 
Geisteskranken in Deutschland vorsätzlich getötet 
worden ist und in Zukunft getötet werden soll. Das 
Reichsstrafgesetzbuch bestimmt aber in § 139: ,Wer von dem Vor- 
haben eines Verbrechens wider das Leben . . . glaub- 
hafte Kenntnis erhält und es unterläßt, der Behörde 
oder den Bedrohten hievon zur rechten Zeit Anzeige 
zu. machen, wird . . . bestraft'." 

Antrag bei der Staatsanwaltschaft 

„Als ich von dem Vorhaben erfulir. Kranke aus Mariental abzutrans- 
portieren, um sie zu töten, habe ich am 28, Juli bei der Staatsanwalt- 
schaft, beim Landgericht in Münster und bei dem Polizeipräsidenten in 
Münster Anzeige erstattet durch eingeschriebenen Brief mit fol- 
gendem Wortlaut: ,Nach mir zugegangenen Nachrichten soll im Laufe 
dieser Woche (man spricht vom 31. Juli) eine große Anzahl Pfleglinge 
der Provinzheilanstalt bei Mariental in Münster als sog. ,unproduktive 
Volksgenossen' nach der Heilanstalt Eichberg überführt werden, um dann 
alsbald, wie es nach solchen Transporten aus anderen Heilanstalten nach 
allgemeiner Überzeugung geschehen ist, vorsätzlich getötet zu werden. 

Da ein derartiges Vorgehen nicht nur den göttlichen und natürlichen 
Sitterigesetzen widerstreitet, sondern auch als Mord nach § 211 des 
Reichsstrafgesetzbuches mit dem Tode zu bestrafen ist, erstatte ich ge- 
mäß § 139 des RS trGB. pflichtgemäß Anzeige und bitte, die bedrohten 
Volksgenossen unverzüglich durch Vorgehen gegen die den Abtransport 
und die Ermordung beabsichtigenden Stellen zu schützen und mir von 
dem Veranlaßten Nachricht zu geben.' 

Nachricht über ein Einschreiten der Staats- 
anwaltschaft und der Polizei ist mir nicht zugegangen. 

Ich hatte bereits am 26. Juli bei der Provinzialverwaltung der Pro- 
vinz Westfalen, der die Anstalten unterstehen, der die Kranken zur 
Pflege und Heilung anvertraut sind, schriftlich ernstesten Einspruch 
erhoben. Es hat nichtsgehützt. Der erste Trarjsport der schuld- 
los zum Tode Verurteilten ist von Mariental abgegangen. Und aus der 
Heil- und Pflegeanstalt Warstein sind, wie ich höre, bereits 800 (acht- 
hundert) Kranke abtransportiert. 

So müssen wir damit rechnen, daß die armen, wehrlosen Kranken 
über kurz oder lang umgebracht werden. Warum? Nicht weil sie ein 
todeswürdiges Verbrechen begangen haben, nicht etwa, weil sie ihren 
Wärter oder Pfleger angegriffen haben, so daß diesem nichts anderes 
übrigblieb, als daß er zur Erhaltung des eigenen Lebens in gerechter 
Notwehr dem Angreifer entgegentrat. Das sind Fälle, in denen neben 
der Tötung des bewaffneten Landesfeindes im gerechten Krieg Gewalt- 
anwendung bis zur Tötung erlaubt und nicht selten geboten ist." 

Häßliche Vergleiche! 

„Nein, nicht aus solchen Gründen müssen jene unglücklichen Kran- 
ken sterben, sondern darum, weil sie nach dem Urteil irgendeines Arztes, 
nach dem Gutachten irgendeiner Kommission ,lebensunwert' geworden 
sind, weil sie nach diesem Gutachten zu den .unproduktiven 
Volksgenossen' gehören. 

• Man urteilt, sie können nicht mehr Güter produzieren, sie sind w i e 
eine alte Maschine, die nicht mehr läijft; sie sind wie ein 

366 



altes Pferd, das unheilbar lahm geworden ist; sie sind wie eine 
Kuh, die nicht mehr Milch gibt. Was tut man mit einer solch alten 
Maschine? Sie wird verschrottet. Was tut man mit einem solch lahmen 
Pferd? Mit einem solch unproduldiven Stück Vieh? — 

Nein, ich will den Vergleich nicht zu Ende führen, so furchtbar 
seine Berechtigung ist und seihe Leuchticraft. Eshandeltsichhier 
nicht um Maschinen, nicht um Pferd oder Kuh, deren ein- 
zige Bestimmung ist, den Menschen zu dienen, den Menschen Güter zu 
produzieren; man mag sie zerschlagen, mag sie schlachten, sobald diese 
die Bestimmung nicht mehr erfüllen. 

Nein, hier handelt es sich um Menschen, unsere Mit- 
menschen, unsere B r ü d er und Schwestern — arme Men- 
schen, kranke Menschen — ,unproduktive Menschen' meinet- 
wegen. Aber haben sie damit das Recht auf das Leben verwirkt? Hast 
du, habe ich nur solange das Recht zu leben, als wir produktiv sind, 
solange wir als produktiv von andern anerkannt werden?" 

Wenn Fundamente wanken .. . 

„Wenn man den Grundsatz aufstellt und anwendet, daß man den 
,unproduktiven Menschen' töten darf, dann wehe uns allen, wenn 
wir alt und altersschwach werden! 

Wenn man die ,unproduktiven Menschen' töten darf, dann wehe 
den Invaliden, die im Produktionsprozesse ihre Kraft, ihre 
gesunden Knochen eingesetzt, geopfert und eingebüßt haben! 

Wenn man die ,unproduktiven Menschen' gewaltsam beseitigen darf, 
dann wehe unseren braven Soldaten, die als S c h w e r - 
kriegsverletzte, als Krüppel, als Invalide in die Heimat 
zurückkehren! 

Wenn einmal zugegeben wird, daß Menschen das Recht haben, ,un- 
produktive Menschen' zu töten, und wenn es jetzt zunächst aucti nur 
arme, wehrlose Geisteskranke betrifft, dann ist grundsätzlich der 
Mord an allen unproduktiven Menschen, also an den un- 
heilbar Kranken, den arbeitsunfähigen Krüppeln, den Invaliden der 
Arbeit und des Krieges, dann ist der Mord an uns allen, wenn 
wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freige- 
geben. 

Dann braucht nur irgend ein Geheimerlaß anzuordnen, daß das bei 
Geisteskranken erprobte Verfahren auch auf andere ,Unproduktive' aus- 
zudehnen ist, daß es auch bei den unheilbaren Lungenkranken, 
bei den Altersschwachen, bei den Arbeitsinvaliden, bei 
den schwerkriegsverletzten Soldaten anzuwenden sei. 
Dann ist keiner von uns seines Lebens noch sicher. Irgend eine Kom- 
mission kann sie auf die Liste der ,Unproduktiven' setzen, die nach ihrem 
Urteil ,lebensunwert' geworden sind. Und keine Polizei wird ihn 
schützen, und kein Gericht wird seine Ermordung ahnden, den 
Mörder seiner verdienten Strafe übergeben. 

Wer kann da noch Vertrauen haben zu einem Arzt? Viel- 
leicht meldet er den Kranken als ,unproduktiv' an und erhält die An- 
weisung, ihn zu töten. Es ist nicht auszudenken, welche Verwilderung, 
der Sitten, welch allgemein gegenseitiges Mißtrauen bis 
in die Familien hineingetragen wird, wenn diese furchtbare Lehre 
geduldet, angenommen und befolgt wird! 

Wehe den Menschen, wehe unserm deutschen V o 1 k e, wenn 
das heilige Gebot Gottes ,Du sollst nicht töten!', das der Herr unter 
Donner und Blitz verkündet hat, das Gott, der Schöpfer, von Anfang an 
in das Gewissen der Menschen geschrieben hat, nicht nur übertreten, 
sondern wenn diese Übertretung sogar geduldet und un- 
gestraft ausgeübt wird!" 

367 



Ein Beispiel für T a u s e n d e ! 

„Ich will evich ein Beispiel sagen von dem, was jetzt geschieht. In 
Mariental war ein Mann von ungefähr 55 Jahren, ein Bauer aus einer 
Landgemeinde des Münsterlandes, ich könnte euch den Namen nennen, 
der seit einigen Jahren unter Geistesstörungen litt und den man daher 
der Provinzialheil- und Pflegeanstalt Mariental zur Pflege anvertraut 
hat. Er war nicht ganz verrückt. Er konnte Besuche empfangen und 
freute sich immer, so oft seine Angehörigen kamen. Noch vor 14 Tagen 
hatte er Besuch von seiner Frau und von einem seiner Söhne, der als 
Soldat an der Front steht und Heimaturlaub hatte. Der Sohn hängt sehr 
an seinem kranken Vater. So war der Abschied schwer. Wer weiß, ob 
der Soldat wieder kommt, den Vater wieder sieht; denn er kann ja im 
Kampf' für die Volksgenossen fallen. Der Sohn, der Soldat, wird den 
Vater wohl sicher auf Erden nicht mehr sehen; denn er ist auf die Liste 
der .Unproduktiven' gesetzt. Ein Verwandter, der den Vater in dieser 
Woche , in Mariental besuchen wollte, wurde abgewiesen mit der Atis- 
kunft, der Kranke sei von hier auf Anordnung des Ministerrats für 
Landesverteidigung abtranspoi,'tiert, wohin könne nicht gesagt werden. — 
Wie wird diese Nachricht lauten? Wieder so wie in anderen Fällen? 
Daß. der Mann gestorben und die Leiche verbrannt sei, daß die Asche 
gegen Entrichtung einer Gebühr abgeliefert werden könne. — Dann wird 
der Sohn, der im Felde steht und sein Leben für die deutschen Volks- 
genossen einsetzt, den Vater hier auf Erden nicht wieder 
sehen, weil deutsche Volksgenossen in der Heimat ihn 
umsLebengebrachthaben! 

Die von mir hier ausgesprochenen Tatsachen stehen fest. Ich kann 
die Namen des kranken Mannes, seiner Frau, seines Sohnes, der Soldat 
ist, nennen und die Orte, wo sie wohnen." 

Du sollst nicht töten! 

„Gott hat dieses Gebot in das Gewissen der Menschen geschrieben, 
längst ehe Staatsanwaltschaft und Gericht den Mörder verfolgten, längst 
ehe ein Gesetzbuch den Mord mit Strafe bedrohte. Kain, der seinen 
Bruder erschlug, war ein Mörder. Lange bevor es Staaten vmd Gerichte 
gab! Und er bekannte, gedrängt von der Anklage seines Gewissens: 
, Größer ist meine Missetat, als daß ich Verzeihung finden könnte. 
Jeder, der m ichfindet, wird m icheine nMördernennen' 
(Gen. 4,1). 

,Du sollst nicht töten!' Dieses Gebot Gottes, des einzigen 
Herrn, der das Recht über Leben und Tod hat, war von Anfang an in 
die Herzen der Menschen geschrieben, längst bevor es Gott den Kindern 
Israels am Berge Sinai mit jenen lapidaren, in Stein gehauenen kurzen 
Sätzen verkündet hat, die uns in der Hl. Schrift aufgezeichnet sind, die 
wir als Kinder im Katechismus auswendig gelernt haben. 

,1 c h bin der Herr, dein Gott.' So hebt dies unabänderliche 
Gesetz an. ,Du sollst keine fremden Götter neben mir haben!' Der ein- 
zige, ewige, ütaerweltliche, allmächtige, allwissende, unendlich heilige 
und gerechte Gott hat diese Gebote gegeben. Unser Schöpfer und ein- 
ziger Richter! Aus Liebe zu uns hat er diese Gebote unsern Herzen 
eingeschrieben und sie uns verkündet. Sie entsprechen dem Bedürfnis 
unserer Natur. Sie sind die unabdingbaren Normen eines 
vernunftgemäßen, eines gottgefälligen, eines heil- 
bringenden und heiligenGemeinschaftslebens. 

Gott, unser Vater, will mit diesem Gebote uns, seine Kinder, sam- 
meln, wie die Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt. Wenn 
wir Menschen diesen Befehlen, Einladungen, diesem Rufen Gottes fol- 
gen, dann sind wir behütet, beschützt vor Unheil und bewahrt, wie die 
Küchlein unter den Flügeln der Henne. — .Jerusalem, wie oft wollte 

368 



ich deine Kinder sammeln wie die Henne ihre Küchlein unter ihre 
Flügel sammelt, aber du hast nicht gewollt.' Soll das aufs neue 
wahr werden an unserem deutschen Vaterland, in unse- 
rer westfälischen Heimat, in unserer Stadt Münster?" 

Eine heuchlerische Antwort voll giftigen 

Geifers? 

„Der Ruhr-Arbeiter" (Jahrgang 10, Nummer 38, 
4. September 3941) glaubte den mutigen Worten und konsequenten 
Schlußfolgerungen des Bischofs von Münster entgegentreten zu 
müssen — und fand nur Beschimpfungen und Drohungen. Ein 
Beispiel, was sich Kirchenfürsten, Prediger der Wahrheit und Ver- 
teidiger des Rechtes, im nationalsozialistischen Deutschland gefallen 
lassen mußten. 

„Der Ruhr-Arbeiter" schrieb: 

„Wir haben uns in Nachstehendem mit einer Angelegenheit zu be- 
schäftigen, die nicht erst seit einigen Stunden zur Debatte steht, sondern 
die schon seit geraumer Zeit die Bevölkerung unseres Gebietes in Un- 
ruhe versetzen könnte, wenn diese nicht so ruhig und besonnen wäre 
und diese nicht genau wüßte, daß der Sieg nur dann errungen werden 
kann, wenn auch die Heimatfront fest und unerschütterlich mitkämpft. 

Es ist dem deutschen Volk hinreichend bekannt, daß der E r z - 
bisch of von Canterbury, ein Engländer, für den Sieg jenes 
Bolschewismus gebetet hat, der bis zum Jahre 1939 30 Millionen Men- 
schen ermordet und zu Tode gefoltert hat und der augenblicklich die 
furchtbarsten Greueltaten verübt Wir erinnern nur an die Massakres 
von Lemberg usw. Wenn der ErzVjischof von Canterbury nicht etwa nur 
für das Seelenheil dieser bolschewistischen Bestien betet, sondern 
für ihren irdischen Sieg, für ihr System, dann könnte man meinen, 
daß sich hier immerhin einige Konflikte mit dem Christentum dieses 
Erzbischofs ergeben müßten. Es soll das seine Sache sein. Mildernde 
Umstände aber muß man diesem englischen Bischof zubilligen, wenn 
man weiß, daß er als Engländer im Augenblick Interesse daran haben 
könnte, daß der ,Bundesgenosse' siegt. In dieser Hinsicht müssen wir 
schon sagen : ,Hut ab vor dem Nationalbewußtsein des 
Erzbischofs von Canterbury!' 

Was soll man aber zu einem Manne sagen, der angibt, ein Deut- 
scher zu sein und der als Bischof Clemens August von 
Münster dran und drauf ist, die Rolle zu spielen, die der Landes- 
verräter Erzberger 1917 spielen konnte: den Feinden einzureden, das 
deutsche Volk sei unruhig? Es lohne sich deshalb den Krieg zu ver- 
längern. 

Was ist geschehen? Der Bischof von Münster unterläßt 
alles, was unserem Siege nützen könnte. Er verzichtet 
darauf, als Abwehr gegen die Gebete des Erzbischofs von Canterbury 
für den Sieg des deutschen Volkes und gegen den Bolschewismus zu 
beten. Dafür hat er nicht geruht, bis ihm eine Scheußlichkeit 
eingefallen ist, aus der er nun einen Dolch machen 
möchte, um ihn der Front in den Rücken zu stoßen. Er 
beunruhigt mit seinen Predigten und Hirtenbriefen unsere schaffenden 
Volksgenossen. Er nimmt den Müttern, die ihre Söhne an der Front im 
schweren Kampf wissen, die Ruhe. Er regt sie auf und ängstigt sie. 
Er lügt ihnen vor, der Führer würde einst die schwerverwundeten Sol- 
daten dieses Krieges umbringen lassen, weil sie ja unproduktiv seien. 

369 



Man stelle sich so etwas einmal vor: Während der nationalsozia- 
listische Staat dabei ist, eine großzügige Altersversorgung auszubauen, 
während er alles tut, um den Verwundeten zu helfen, ihnen in den 
modernsten Lazaretten jede nur denkbare Erleichterung zu gewähren, 
behauptet einermitgeradezuviehischerPhantasie: Jene 
Männer, die für das Vaterland ihre gesunden Knochen hingegeben 
hätten, würden noch von diesem Vaterland beseitigt werden. 

Obwohl wir sonst nicht um Worte verlegen sind, wir müssen schon 
sagen, daß es uns hier an Ausdrücken mangelt, die ein solches Ver- 
halten des Bischofs von Münster kennzeichnen könnten. Keine Mutter 
wird solche Gemeinheiten glauben wollen und können. Sie wird aber 
erschüttert darüber sein, daß ein Mensch überhaupt einen solchen bol- 
schewistischen Gedanken wie die Ausrottung der Schwerverwundeten 
fassen kann. 

Es ist uns aber ganz klar, warum ein Mann wie der Bischof von 
Münster in solcher Weise den Kampf des deutschen Vol- 
kes umsein e Freiheit sabotieren will. Er regt sich nur 
pro forma darüber auf, daß einigeKlösterinden luftgefähr- 
deten Gebie ten zwangsweise geräumt wurden, weil die 
Insassen dieser Klöster von selbst nicht soviel Anstand aufbrachten, um 
ihre geräumigen Etablissements mit den Evakuierten zu teilen. Dabei 
sind in den Kellern dieser Klöster verdorbene Lebensmittel in 
Hülle und Fülle gefunden worden; das ist nun recht aufschluß- 
reich: Man gab zum Nachtisch 1>2 Pfund Weintrauben pro Person — das 
Pfund zu 3,80 RM. — und was man nicht aufessen konnte,- das stellte 
man nicht etwa • der NSV zur Verfügung, sondern ließ es lieber ver- 
schimmeln und verfaulen. 

Wir hätten Beispiele genug! Wir können auch über die sittlichen 
Zustände in den verschiedenen Klöstern, deren Insassen nun etwas 
bescheidener, aber immerhin noch sehr solide an anderer Stelle unter- 
gebracht worden sind, berichten. Es liegen ja auch noch immer die 
Akten über die Waldbreitbacher Prozesse unveröffentlicht da. 
Es sind auch noch genügend polizeilich und ärztlich festgestellte Ver- 
fehlungen von solchen ,Jugenderziehern' vorhanden, die alle von Leuten 
wie dem Bischof von Münster in Schutz genommen werden. 

Wenn es der politische Katholizismus durchaus haben will, dann 
können ja diese Dinge dem deutschen Volke einmal mitgeteilt werden. 
Es besteht kein Zweifel darüber, welches Urteil dann über jene Herren 
gefällt würde. 

Wenn aber der Bischof von Münster und seine Helfershelfer Lügen 
und Beschwerden an das deutsche Volk heranbringen wollen, dann geht 
es ihnen ja nicht um das Christentum, es geht ihnen nicht einmal um 
ihxe katholische Lehre. Sie sind die politischen Beauftragten einer In- 
stitution, die gege-n uns ist. 

Warum sollen wir nicht den Mut haben, das auszusprechen: Der 
politische Katholizismus will niclit, daßDeuts c h 1 a n d 
siegt! Er will nicht, daß in unserem Volke freie und glückliche Men- 
schen leben. Er will, daß in Mitteleuropa eine armselige gedrückte und 
geschundene Bevölkerung vegetiert. Diese, so meint er, wäre dann die 
beste Voraussetzung zur Erfüllung seiner politischen Machtbestrebungen. 

Darum allein jammert auch der Bischof von Münster darüber, daß 
man die Insassen der Idiotenanstalten aus den luft- 
gefährdeten Gebieten abtransportiert hat! Er hätte sie zu gerne in 
seinem Bereich behalten, vielleicht hat er mit ihnen etwas Besonderes vor 
und will sie womöglich noch als die von Gott besonders Geliebten hin- 
stellen. Man male sich einmal aus: In eine Idiotenanstalt würde einmal 
eine Bombe hineinkrachen, würde Tür und Tor öffnen und diese un- 
glücklichen, aber oft tierisch grausamen Geisteskranken in Freiheit 

370 



setzen. Der Bischof von Münster wäre dann nicht in der Lage, sie zur 
Sanftmut zu überreden. 

Als diese Machenschaften des Bischofs von Münster, über die jetzt 
in einer Reihe von Betriebsappellen u. a. GauobmannJohlitzund 
GaustabsleiterFischerzu den schaffenden Männern und Frauen 
sprechen — als diese landesverräterischen Machenschaften des Bischofs 
von Münster bekannt wurden, hörten wir mehr als einen Zwischenruf 
von unseren Artaeitskameraden, der schärfste Maßnahmen yerla'ngt: 
, Warum greift hier die Polizei nicht ein?' — ,Wer die Heimatfront 
sabotiert, ist ein Landesverräter; er verdient den 
Tod! — Der nationalsozialistische Staat greift in diesem Falle deshalb 
nicht ein, weil er dem August von Münster nicht zu einem 
billigen Heiligenschein verhelfen will. Er soll sich nicht 
als Märtyrer aufspielen können. Er mag sich nun auch den Mund ver- 
brennen. Wir hören hin und zeigen mit dem Finger auf ihn, sonst nichts: 
Ein Wolf im Schafspelz! 

. Wir aber wollen weiter arbeiten, unsere Pflicht tun, damit wir uns 
vor denen nicht zu schämen brauchen, die im Kampf gegen den Bolsche- 
wismus, gegen die Mobilisierung der Unterwelt und der Barbarei bereit 
sind, alles herzugeben, was ein Mensch nur opfern kann: wenn es sein 
muß, das eigene Leben! Sie mögen erst zurückkehren, gesund und ehr- 
lich, bei ihnen sind unsere Herzen: Bei den Soldaten und bei 
d e m F ü h r e r !" 

H. H. Bischof 

Bornewasser von Trier 

sah ebenfalls in der „Euthanasi e", dem geradezu blasphemischen 
Ausdruck für „TötungvonunwertemLeben" eine Lebens- 
frage. Und er wich als „Zeuge der Wahrheit" der Antwort auf 
diese Frage nicht aus, so gefährlich dies auch unter national- 
sozialistischem Terror war. Im zweiten Teil seiner Predigt vom 
14. September 1941 sprach er: 

„ W ie steht der gläubige Christ zu der Tötung des 

sog. ,unwerten' oder, wie man heute schon sagt, 

,unproduktiven' Lebens?" 

„Am Sonntag, den 6. Juli 1941, ist auch ein Hirtenbrief der am 
Grabe des hl. Bonifatius in Fulda versammelten deutschen Bischöfe ver- 
lesen worden. Darin stand der Satz: ,Es gibt heilige Gewissenpflichten, 
von denen uns niemand befreien kann und die wir erfüllen müssen, 
koste es uns selbst das Leben ... nie darf der Mensch außerhalb des 
Krieges und der gerechten Notwehr einen Unschuldigen töten. Die 
Wahrheit dieses Satzes entspricht dem Naturgesetz, dem göttlichen Ge- 
setz und dem § 211 des Reichsgesetzbuches. Deshalb haben wir Bischöfe 
auf Grund einer Besprechung in Köln am 28. August ds. Js. folgendes 
Schreiben an den Reichsinnenminister gesandt: 

,Seit einigen Monaten erhalten wir Gerüchte, daß aus den Heil- und 
Pflegeanstalten für Geisteskranke auf staatliche Anordnung Pfleglinge, 
die schon längere Zeit krank sind, zwangsweise durch eine von Polizei- 
kräften begleitete sog. ,Gemeinnützige Transportgesellschaft' abgeführt 
werden. Nach kurzer Zeit erhalten dann die Angehörigen die Mitteilung, 
der Kranke sei gestorben, die Leiche sei auf polizeiliche Anordnung ein- 
geäschert, die Asche könne abgeliefert werden. Allgemein verbreitet ist 
die Überzeugung, daß diese zahlreichen unerwarteten Todesfälle von 
Geisteskranken nicht von selbst eintreten, sondern vorsätzlich herbei- 

371 



geführt werden. Obgleich nach § 211 des Reichsstrafgesetz- 
buches die vorsätzliche und überlegte Tötung eines 
Menschen s t r a f r e c h 1 1 i c h zu verfolgen i s t, wird bisher 
gegen die den Abtransport und die Tötung der Geisteskranken aus- 
führenden Personen ein Strafverfahren nicht eingeleitet und durch- 
geführt. 

Die Nachrichten über die straflose vorsätzliche Tötung von Geistes- 
kranken haben erhebliche Beunruhigungen in der Bevölkerung hervor- 
gerufen, nicht nur bei den Angehörigen der Geisteskranken, sondern bei 
allen, die erkennen, daß mit der Straflosigkeit und der Zulassung der 
vorsätzlichen Tötung von ,unprüduivtiven Volksgenossen' der Grundsatz 
preisgegeben wird, daß die vorsätzliche Tötung Unschuldiger über die 
anerkannten Ausnahmefälle der Tötung im gerechten Krieg und der 
Tötung des ungerechten Angreifers im Falle der Notwehr hinaus durch- 
aus verboten und strafwürdig ist, ein Grundsatz, der als sittliche Norm 
jedem unverbildeten Gewissen selbstverständlich ist und der von allen 
Kulturvölkern, auch vom deutsciien Volke, soweit wir seine Rechtsauf- 
fassung kennen, seit uralten Zeiten festgehalten ist. An diesem Grund- 
satz, als einem von Gott, dem Schöpfer, dem Gewissen , eingeschriebenen 
und überdies in übernatürlicher Offenbarung mitgeteilten Gebot, muß 
und wird die katholische Kirche und jeder Christ wie bisher, so auch 
jetzt und in alle Zukunft festhalten . . . Wir müssen daher in der 
oben angeführten vorsätzlichen Tötung schuldloser, , unproduktiver' 
Geisteskranker einen Abfall von den Grundsätzen menschlicher Sitt- 
lichkeit und die radikale Abkehr von den Grundforderungen des Chri- 
stentums erkennen und erheben dagegen als berufene Ver- 
treter und Verkünder der christlichen Moral ent- 
schieden Einspruch. Wir sehen uns genötigt, zur Aufklärung 
imd Belehrung des katholischen Volkes auch öffentlich dagegen 
.Stellung zu nehmen, damit unser Volk nicht an den 
Grundsätzen der wahren Sittlichkeit irre wir d." 

Das habe ich hiermit getan. Kein Staat, keine Regierung 
hatdas Recht, die Tötung sogenannter „lebensunwerter", „unproduk- 
tiver", schuldloser Schwachsinniger oder Geisteskranker anzuordnen, 
und kein Arzt hat das Recht, an einer solchen Tötung mitzuwir- 
ken. Er verginge sich auf das schwerste am Natur- und göttlichen 
Gesetz. Die vorsätzliche Tötung eines unschuldigen Menscjien, auch 
wenn er ein ai'mer Geisteskranker ist, ist und bleibt unerlaubt. 

Daran ändern auch nichts die geschmacklosen und jedes menschliche 
Feinempfinden auf das peinlichste verletzenden Filmvor- 
f ü h r u n g e n mit den mehr oder weniger geistlosen Reden, die dabei 
geführt werden. Es ist sehr traurig, daß gedankenlose Menschen sich 
durch solche unwürdige Propagandafilme mit den Bildern armer miß- 
gestalteter Menschen und durch billige Redensarten von dem 
schönen schmerzlosen Tod und von dem Sparen von Millionen 
seitens des Staates verwirren und betören lassen. 

Hat man denn schon das gewaltige Gottesgebot „Du sollst nicht 
töten!" vergessen? Weiß man denn nicht, daß die Menschen durch das 
Gottesgebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" diesen 
Ärmsten aller Armen ihre Sorge zuzuwenden verpflichtet sind? Das 
haben doch selbst vom rein natürlichen, humanitären Standpunkt aus 
alle zivilisierten Staaten anerkannt, indem sie bisher Heil- und 
Pflegeanstalten für diese armen Menschen einrichteten, nicht 
aberTötungsinstitute. 

Ich stelle deshalb die Frage: Gilt denn das deutsche Reichsstraf- 
gesetz nicht mehr mit seinem § 211, der da sagt: „Wer vorsätzlich einen 
Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt 
hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft?" Gilt das nicht mehr, dann 
soll man den Mut haben, es dem Volke zu sagen, weil es sich um die 

372 



Aufhebung eines Paragraphen des öffentlich bekanntgegebenen Reichs- 
strafgesetzbuches handelt*). 

Und wenn es aufgehoben ist und man sich sogar eines Propa- 
gandafilms bedient, um die furchtbare Lehre der Tötung 
Unschuldiger vor dem Vollce zu rechtfertigen, dann wissen 
wir wohl, wo heute eine solche, allem Naturrecht und Gottesrecht 
widersprechende Lehre anfängt, aber nicht, wo sie auf- 
hört. Denn es gibt auch noch andere sogenannte „lebensunwerte" oder 
„unproduktive" Menschen, als da sind, die nicht mehr arbeitsfähigen 
Invaliden, Krüppel, unheilbare Kranke, Altersschwache und viele andere. 

„Du sollst nicht töten!" Das ist das gewaltige, die unschul- 
dige Menschheit auf der ganzen Erde schützende Gottesgesetz, hinein- 
geschriebsn in das menschliche Gewissen, längst bevor es ein Straf- 
gesetzbuch gab. Gilt es für deutsche unschuldige Menschen, auch wenn 
sie „unproduktiv" und nach der Auffassung gewisser Volksgenossen 
„lebensunwert' sind, gilt das für deutsche Menschen nicht mehr? 

Dann wehe dir, armes Deutschland! "Wie sagt die Hl. 
Schrift: „Täuschet euch nicht: Gott läßt seiner nicht spotten. Was immer 
der Mensch säet, das wird er ernten." (Gal. 6,7.) Und wie sagt ein deut- 
scher Dichter? 

„Der Schwerter letztes hält Gott in seiner Han d." 

K a r d i n a 1 F a ulh a b e r 

protestierte in dem Hirtenwort, das er am Passionssonntag 1942 
persönlich von 'der Domkanzel verlas, neuerdings gegen die „Eutha- 
nasie" und sprach: 

Mit tiefem Erschrecken hat das christlich-deutsche Volk es ver- 
nommen, daß auf Anordnung staatlicher Stellen zahlreiche geistes- 
kranke Menschen, die den Heil- vmd Pfiegeanstalten anvertraut 
waren, als sogenannte „unproduktive Volksgenossen" ums 
Ijcben gebracht wurden. Zur Zeit wird durch einen behördlich empfoh- 
lenen Film, der die Bedenken der Gewissen durch Erweckvmg von Mit- 
leid beschwichtigen will, für die Freigabe der Tötung unheilbarer Kran- 
ker in weitesten Kreisen Propaganda gemacht. 

Euer Erzbischof wird nicht' nachlassen, gegen die 
Tötung Unschuldiger Verwahrung einzulegen. Niemand 
ist seines Lebens sicher, wenn das 5. Gebot nicht anerkannt wird: „Du 
sollst nicht töten." 

Die Gesamtheit der deutschen Bischöfe 

erhob im Hirtenbrief, vom 12. September 1943 über die „Zehn Ge- 
bote als Letaensgesetz der Völker" neuerdings ihre warnende und 
verurteilende Stimme gegen die Tötung Unschuldiger und ver- 
kündete dem deutschen Volke: 

„ . . . Keine irdische Macht darf in das Recht des Herrn über Leben 
und Tod willkürlich eingreifen und das Leben eines Unschuldi- 
gen frevelhaft verletzen und vernichten. .Einen Unschuldigen 
und einen, der im Recht ist, sollst du nicht töten' (Exöü. 
23,7). 

*) Nach einer Mitteilung, die mich am Tage nach der Predigt, am 15. Septem- 
ber, traf, ■ ist der § 211 tatsächlich insofern abgeändert, als wegen 
Mordens niu- bestraft wird, wenn besonders schiverwiegende, hauptsächlich in 
der Geginnung liegende Umstände vorliegen. Liegen diese nicht vor, so wird, 
,,wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, als Totschläger mit lebensläng- 
lichem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter 5 Jahren bestraft". 

373 



Wer ein solches Leben angreift, greift Gott selbst an, stößt eine gött- 
liche Ordnung um, verletzt das göttliche Recht. 

Wohl trägt die weltliche Obrigkeit das Schwert, um als 
, .Dienerin Gottes', wie der Apostel sagt (Rom. 13,14), schwere Ver- 
brechen Schuldiger zu bestrafen und ungerechte Angriffe 
auf das Vaterland mit Waffengewalt abzuwehren. Sonst aber gilt für 
sie wie für jede Privatperson: ,Du darfst nicht töten! Du darfst Leib 
und Leben eines unschuldigen Menschen nicht direkt verletzen und 
vernichten.' 

Die Begründung dafür gibt der Hl. Vater PIUS XL: ,Die Obrigkeit 
hat über die Organe ihrer Untertanen keine direkte Gewalt. Wo keine 
Schuld und damit kein Grund für eine körperliche Bestrafung vorliegt, 
kann sie die Unversehrtheit des Leibes weder aus eugenischen noch 
irgendwelchen anderen Gründen direkt verletzen und antasten.' 

Tötung ist in sich schlecht, auch wenn sie angeblich im Interesse des 
Gemeinwohles verübt würde: an schuld- und wehrlosen Geistes- 
schwachen, an Geisteskranken, an unheilbar Siechen und 
tödlich Verletzten, an erblich Belasteten und lebensuntüchtigen 
Neugeborenen, an unschuldigen Geiseln und entwaff- 
neten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen 
fremder RassenundAbstammung. 

Auch die Obrigkeit kann und darf nur wirklich todeswürdige 
Verbrecher mit dem Tode bestrafen. 

,JenseitsvonGut und Bös ist auf der Landkarte 
eines menschen würdigen . Lebens kein einziger...; 
die Sterne des Gewissens leuchten in allen Breite- 
graden des Menschenlebens; kein Streifen daran ist 
Auslahd für das Gewissen (für das in ihm Widerleuchtende 
göttliche Gesetz), auch die Politik nicht, auch der Handel nicht, 
auch das öffentliche Leben nicht!' (A. Giesler, Der 2. Schweizer 
Katholikentag 1907, 70 ft.) ' 

Das Gemeinwohl darf nur mit sittlich erlaubten Mitteln angestrebt 
und verwirklicht werden. Schon der Heide Cicero wendet sich- gegen 
die Verkehrung der Sittlichkeit zur bloßen Nützlich- 
keit: jNichts ist wahrhaft nützlich, was nicht zugleich sittlich gut ist. 
Und es ist etwas nicht gut, weil es nützlich, sondern es ist nützlich, 
weil es gut ist.' Man zerstört die ganze Lebensgrundlage der Natur, 
wenn man den Nutzen von der Sittlichkeit trennt. Der Nutzen hat, sich 
nach der Sittlichkeit zu richten." (de off. HL 20—30.) 

Als kleiner Nachtrag darf vielleicht noch angefügt werden, 
was allein 

das Erzbisch öflic he Ordinariat München 

t 

sich abmühte, in das Dunkel dieser traurigen Machenschaften 
hineinzustoßen. 

Ein Mitglied des Domkapitels reiste deswegen eigens nach 
Württemberg, um einerseits über die Vernichtungsanstalt Grafen- 
eck Erkundigungen einzuziehen, dann in verschiedenen Pflege- 
anstalten nachzufragen, ob, auf welche Weise und wieviele Pfleg- 
linge schon weggekommen seien, was man nach dem Abtransport 
von ihrem weiteren Schicksal erfuhr usw. Ähnlich reiste derselbe 

374 



Münchener Domkapitular eigens nach Linz a. D., um Sicheres zu 
erfahren über die Mordzentrale H a r t h e i m. 

Das Resultat dieser Nachforschungen wurde H. H. Bischöfen 
zugeleitet, damit sie für ihre „Schritte" feste Unterlagen hätten. 

Sc darf abschließend wohl gesagt werden: Es geschah 
alles,, was unter der schweren Diktatur mit ihrer Knechtung 
jeglichen Rechtes, ihrer Fesselung der Wort-Gottes- Ver- 
kündigung, ihrer Unterdrückung von Wort und Schrift im Inland 
und nach dem Ausland überhaupt nur geschehen konnte. 

Es geschah bestimmt viel mehr, als die Öffentlich- 
keit jemals erfuhr. 

Es geschah mehr, als hier aus einem kleinen Gesichtswinkel 
hat gesagt werden können. 

Es geschah vieles unter großer Gefahr für Freiheit und Leben: 
Bischöfe gaben Weisungen an kirchliche Pflegeanstalten, die Per- 
sonalbogen nicht einzureichen; 

Anstaltsleitungen erboten sich, die Geisteskranken auf eigene 
Kosten zu behalten; 

die Gesamtheit der deutschen Bischöfe wandte 
sich mit ernsten Worten an die höchsten Stellen, freilich ohne 
jemals auch nur eine Zeile Antwort zu erhalten; 

Bischöfe träten vor das ganze Kirchenvolk, verkündeten wie 
mit Posaunen das „amtliche Verbrechen" und erhoben Anklage 
ä u f M o r d. 

Als alles Bitten und Beschwören, Anklagen und Verdammen 
nichts nützte, suchten einzelne Personen diese Verbrechen, die nach 
dem Willen von Regierung und Gestapo strengstes Geheimnis blei- 
ben sollten, dem Ausland zur Kenntnis zu bringen, um von 
außen her das Gewissen, die Ehre, die Scham wecken zu lassen 
und von der Fortsetzung des Verbrechens abzuschrecken. Was das 
Ausland auf diese Mitteilungen antwortete, wissen wir dank der 
nationalsozialistischen Nachrichtensperre heute noch nicht. Aber 
jedenfalls dürfen Deutschlands katholische Bischöfe diesbezüglich 
ruhigen Gewissens fragen: 

„W as hätte ich noch tun sollen, und hätte es 
nicht getan?" (Is. 5,4). 

Als Letztes, aber, nicht als Geringstes: 
dd) Das mutige Schreiben und edle Angebot einer 

Ordensfrau! 

Salzburg, 23. August 1940. 
Betreff: Verlegung von Krankerl aus Heil- und Pflegeanstalten. 
An den Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis XVIII 

Innsbruck. 

Die Oberin der Versorgungsanstalt Schernbergbei Schwar- 
zach St. Veit erhielt dieser Tage die Mitteilung, die sie mir als 

375 



ihrer Vorgesetzten weitergab, daß Kranke der Anstalt in Sammel- 
transporten abgeholt und in andere Anstalten übergeführt würden. 
Es ist nunmehr schon ein offenes Geheimnis, welches 
Los diese abtransportierten Kranken erwartet; denn nur zu oft 
gelangt " kurz nach ihrer Überführung die Todesnachricht vieler 
dei'selben ein. 

Bedenken Sie, Herr Reichsverteidigungs- 
kommissar, die Folgen dieses Vorgehens: 

Unsere siegreich heimkehrenden Krieger, die Blut und Leben 
fürs Vaterland gewagt haben, werden vielleicht Vater oder Mutter 
oder sonst einen nahen Verwandten nicht mehr vorfinden; wie 
werden sie sich dazu stellen? 

Und bringt es nicht eine große Unruhe und Unsicherheit unter 
das Volk, das gerade heutzutage mehr denn je geeint und ver- 
trauensvoll dastehen sollte, wenn ein jeder sich sagen muß: ,,Was 
wird noch mit mir selbst geschehen? Denn ein jeder von 
uns, auch Sie und ich, wird einmal hilfsbedürftig 
werden oder durch Krankheit oder Unfall der Gemeinschaft 
keinen aktiven Dienst mehr leisten können. ■" 

' Was wird auch das Ausland von uns denken, wenn ein so hoch- 
stehendes Kulturvolk, das die größten Siege der Weltgeschichte er- 
ringt, mitten in seinem Siegeslauf beginnt, sich selbst zu ver- 
stümmeln? 

Müssen Sie nicht auch fürchten, daß die Seelen all dieser 
Armen — denn sie haben eine unsterbliche Seele wie Sie und ich — 
Sie vor dem Richterstuhl Gottes anklagen werden, vor dem wir 
alle erscheinen müssen, ob wir es glauben oder nicht? Und was 
dann? 

Die göttliche Vorsehung; die unser Führer immer 
wieder vertrauensvoll nennt, v/ird auch andere Mittel haben, das 
beabsichtigte Ziel zu erreichen, und ich erlaube mir, folgenden Weg 
vorzuschlagen: . 

Vv''enn Sie uns zusagen, uns unsere Pfleglinge in Schernberg zu . 
belassen, so sind wir bereit, bis zum Ende des Krieges und 
der Rückkehr zu Friedensverhältnissen auf den s.taatlichen 
Beitrag zur Erhaltung der Kranken (die Kopfquote 
des Gaufürsorgeverbandes) zu verzichten und einzig auf 
Kongregationskosten d i e Anstalt imjetzigen Zu- 
stande weiter zu erhalten. 

Wir rechnen dabei auf den Segen der göttlichen Vorsehung. 
Das dadurch dem Gau eingesparte Geld kann dann leicht ver- 
wendet werden, um die ,, notwendigen, jederzeit verfügbaren Betten" 
zu beschaffen. 

Sollte aber aus irgendeinem Grunde der Vorschlag nicht an- 
genommen werden, so bitte ich Sie, nicht auf unsere Mit- 

376 



liilfe beim Abholen und Transpoi't der Kranken 
zurechnen. 

Für die Kongregations- Vorstehung: 

gez.: Bertha Grfn. Königsegg, Visitatorin. 

Für diesen mannhaften Brief und ihr hochherziges Angebot 
schickte Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar H o f e r die 
Frau Provinzoberin in den Kerker. 

Da.s Gericht freilich war von ihrer edlen Gesinnung so beein- 
druckt, daß es sie nach ein paar Wochen freiließ. 

„Wo war der Widerstand?" 
Ist die Antwort hierauf noch schwer? 

* 

7. Die Gleicliberechtioimjr der Rassen. 

Kirchlicher Kampf gegen den Antisemitismus. 

a) S eil ü t z e n d e W o r t e : 

„Zum ersten Male vielleicht, seit es eine Menschengeschichte 
gibt, ist in diesem Land die Erkenntnis dahin gelenkt worden, daß 
von allen Aufgaben, die uns gestellt sind, die er- 
habenste und damit für den Menschen heiligste die Erhaltung 
der von Gott gegebenen blutgebundenen Art ist." 

,,Also sprach" — Hitler in seiner Reiehstagsrede vom 30. Ja- 
nuar 1937. Eineinhalb Monate später, am 14. März 1937, verkündete 

PapstPiusXI. 

in seiner Enzyklika über „die Lage der katholischen Kirche im 
Deutschen Reich" der ganzen Welt in lapidarer Kürze: 

aa) P a p s t w o r t e 

„Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Slaatsform, 
die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Ge- 
meinschartsscstaltnni? — ' die innerhalb der irdischen Ordnung einen 
wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten — aus dieser 
ihrerir dischenWertskalahe raus lös t, siezurh ochsten 
Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie 
mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht 
die gottgeschaffenc und gottbelohlene Ordnung der Dinge. 
Ein solcher ist weit von v/ahrem Gottesglauben und einer solchem 
Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt." 

Das war die ebenso klare wie schlagende Antwort des „Wäch- 
ters der Stunde" und des „Herolds der Wahrheit", des Oberhauptes 
der Kirche, die sich die katholische, die allgemeine nennt und 
allen Völkern und Rassen das Evangelium Christi und das Heil in 
Christo anbietet, getreu seinem Auftrag: „Geht hinaus in alle 
Welt und lehret alle Völker und taufet sie . . .!" 

377 



Der deutschen Reichsregierung gegenüber hatte Papst 
Pius XL schon drei Jahre früher in der Note vom 14. Mai 1934 die 
Rasse- und StaatavergÖtterung verurteilt: 

„Menschliche Norm ist undenkbar ohne Verankerung im Göttlichen. 
Diese letzte Verankerung kann nicht liegen in einem gewillkürten 
jGöttlichen'' der Rasse, nicht in der Verabsolutierung' 
der Nation. Ein solcher ,Gott' des Blutes und der Rasse 
wäre weiter nichts als das selbstges'chaffene Wider- 
bild eigener Beschränktheit und Enge, eine Vergöt- 
terung kollektiven Stolzes, aber nicht das gläubige und 
demütige Anerkennen eines alles Geschöpfliche überragenden höchsten 
Seins, in dessen Vaterhand die ganze Menschheit geborgen ist als in 
ihrem Schöpfer, ihrem Erhalter und Ijenker. 

Die von manchen Kreisen gepredigte Rückkehr zu einer ,N a t i o - 
n a 1 r e 1 i g i o n' wäre nicht nur ein .Sündenfall' im übernatürlichen, 
sohdern auch ein Rücklall im natürlich-kulturellen Sinne, Die Kirche 
als Hüterin. des Glaubenserbes Christi kann nicht widerstandslos zu- 
sehen, wenn der Jugend, der Trägerin der kommenden Generationen, 
statt der Frohbotschaft der Lehre Christi die Trutz- und Trug- 
botschaft eines neuen Materialismus der Rasse gepre- 
digt wird und staatliche Institutionen hierzu mißbraucht werden. 

Die Kirche weiß um die Rasse als biologische Tatsache 
und leugnet in gewissen, von unwissenschaftlichen und unhistorischen 
Übertreibungen sich fernhaltenden Grenzen die Lebenswerte und Kul-" 
turantriebe nicht, die in ihr ruhen. Sie weiß aber auch, daß die Ver- 
absolutierung des Rassegedankens und vor allem seine 
Proklaniation als Religionsersatz ein I i" r w e g ist, dessen 
Unheilsfrüohte nicht auf sich warten lassen werden. Aus solchen Ziel- 
setzungen wird nie eine Jugend erwachsen können, die den gewaltigen 
Belastungsproben der schweren Gegenwart und Zukunft gewachsen ist." 

„V ö 11 i g i r r i g e Li e h r s ät z e !" 

Im Auftrag dieEes J^postoüschen Zeugen der Wahrheit und un- 
bestechlichen Wahrers göttlicher und menschlicher Rechte rief dann 
die oberste kirchliche Leitung der Priesterseminare und katho- 
lischen Universitäten der Weltkirche am 13. April 1938 die Pro- 
fessoren auf, mit allen Kräften und auf allen zuständigen Gebieten 
die völlig abwegige Lehre des Rassismus und die Rassenvergötzung 
zu bel^ampfen. 

Am Vorabend des Hochfestes der Geburt unseres Herrn hat unser 
erhabener Oberpriester und glorreich regierender Papst vor den erlauch- 
ten Kardinälen und Prälaten der römischen Kurie mit traurigem Ernst 
über die schwere Verfolgung der Katholischen Kirche in Deutschland 
gesprochen. 

Insbesondere trifft es das Herz unseres Heiligen Vaters so außer- 
ordentlich schmerzvoll, daß man zur Entschuldigung dieses 
Unrechtes schamlose Xi äster ungen anführt und durch 
die weite Verbreitung höchst verderblicher Lehren unter 
dem Deckmantel einer Scheinwissenschaft die Geister 
irrezuführen und die wahre Religion auszurotten trachtet. 

Unter diesen Umständen spornt die Kongregation die Universitäten 
und katholischen Fakultäten an, ihr besonderes Augenmerk auf die Ver- 
teidigung der Wahrheit gegen die fortwuchernden Irrlehren zu richten. 
Darum müssen die Hochschullehrer mit allen geistigen Kräften der Bio- 

378 



logie, Geschichte, Philosophie, Apologetik, Rechts- und Sittenlehre die 
Waffen entlehnen, um folgende völlig irrige Lehrsätze 
schlagend und sachkundig zu widerlegen. 

1. Die Menschenrassen differenzieren sich in ihrer eingebore- 
nen und unveränderlichen Art so sehr, daß die niedrigste Men- 
schenrasse von der höchsten weiter entfernt ist als von der höch- 
sten t i e r i s c h e n R a s s e. 

2. Die Kraft der Rasse und die Reinheit des Blutes muß auf 
alle mögliche Weise behütet und gefördert werden; alles, was 
diesem Ziel dient, ist in sich selbst bereits gut und erlaubt. 

3. Aus dem Blut, in dem die Art der Rasse eingeschlossen liegt, 
erfließen als der wesentlichsten Quelle alle geistigen und sitt- 
lichen Eigenschaften des Menschen. 

4. Das wichtigste Ziel der Pädagogik ist die Förderung der 
Entwicklung der Rassenart und die Entmündung des Geistes 
zu brennender Liebe für die eigene Rasse als das höchste bestehende 
Gut. ^ , 

5. Die Religion ist dem Gesetz der Rasse untergeordnet 
und muß diesem angepaßt werden. 

6. Die erste Quelle und der höchste Maßstab aller 
Rechtsordnung ist der Rasseninstinkt. 

7. Es gibt nur einen Kosmos oder ein Universum; alle Dinge, mit 
Inbegriff des Menschen sind nichts anderes als verschiedene Er- 
scheinungsformen des lebenden Univers v^nis, Erschei- 
nungsformen, die sich in langen Zeiträumen entwickeln, 

8. Die Individuen existieren allein durch den Staat; alles 
ihnen zukommende Recht erhält seine Kraft aus der Tatsache der Ver- 
leihung durch den Staat. 

Jedermann kann diesen gefährlichen Theorien leicht weitere hinzu- 
fugen. Unser Hl. Vater, der Präfekt dieser Kongregation, ist überzeugt, 
daß Sie, hochwürdigster Herr, nichts unversucht ' lassen werden, um das, 
was durch die Heilige Kongregation ir} diesem Schreiben zur Sprache 
gebracht wird, zu vollem Erfolg zu führen. 

Der Papst selbst spricht gegen den „Rassismus" 

„M an vergißt heute, daß das •Menschen- 
geschlecht nur eine einzige große umfassende 
allgemeine Rasse ist'' 

In diesem Satz gipfelte die Re^e, die Papst Pius XL am 
15. Juli 1938 vor den Schülern der Propaganda Fide hielt, also 
gerade der päpstlichen Hpchschnle, in welcher Angehörige fast 
aller Nationen der Welt studieren. 

Wie sehr dieser „Blitz" von höchster Stelle einschlug, merkt 
man aus dem noch nach 3,4 Tagen nachhallenden „Donnerrollen" 
im „Völl?isehen_^ Beobachter" vom 2. August 1938, wo man grollte 
und schimpfte: 

„Der Vatikan hat die Rassenlehre von Anfang an 
abgelehnt. Teils deshalb, weil sie- vom deutschen Nationalsozialis- 
mus zum erstenmal öjEfentlich verkündet wurde, und weil dieser die 
ersten praktischen Schlußfolgerungen aus der .Erkenntnis gezogen hat; 
denn zum Nationalsozialismus stand der Vatikan in politischer Kampf- 

379 



Stellung. Der Vatikan m u ß t e die Rassenlehre, aber auch ablehnen, 
weil sie seinem D o g m a \' o n der Gleichheit aller Men- 
schen widerspricht, das v/iederum eine Folge des katholischen 
Universalitätsanspruchs ist und das er, nebenbei bemerkt, mit Liberalen, 
Juden und Kommunisten teilt. 

Daß sich jetzt auch das faschistische Italien, sozusagen 
das Wirtsvolk des vatikanischen Kleriker-Staates, auf Grund eigener 
Forscluingsarbeit (?) auf italienischem Boden zu einer praktischen Ras- 
senpolitik anschickt, mußte nach dem Gesagten dem Vatikan unsym- 
pathisch sein. Die päpstlichen Presseorgane haben denn auch die ersten 
faschistischen Äußerungen in dieser Richtung sogleich mit einem leisen 
Donnergrollen beantwortet. Jetzt aber kam der große Blitz — die Rede 
des Papstes vor den Schülern der ,Propagande fide'. 

Die vatikanische Diplomatie, die unauffälligere Methoden liebt, \yird 
in der jüngsten Zeit von einer Krise in die andere gejagt durch ihren 
greisen Chef Pius XL, der mit seinen 82 Jahren keinen Sinn mehr für 
diplonnatische Rücksichten hat und auch bei anderen Anlässen wieder- 
holt mit der Tür ins LIaus gefallen ist. Es lohnt sich nicht, die These 
des Hl. Vaters zu widerlegen, daß die ganze Menschheit ,eine einzige 
tmiversale katholische Rasse' darstelle. Es lohnt sich deshalb 
nicht, weil schließlich rund zwei Milliarden Andersgläubige darüber nur 
lächeln werden. (Daß das Wort , katholische' hier nicht im religiösen 
Sinn gemeint war, sondern einfach ,allgemeine' bedeutete, merkte der 
(Völkische Beobachter' nicht. D. V.). 

Wir wollen auch nicht bei dem ungeschickten Trick verweilen, die 
römischen Faschisten dadurch gegen die Rassenlehre aufzuhetzen, daß 
man diese als eine , schändliche Imitation Deutschlands' 
bezeichnet, ,die Italien nicht nötig habe'. Darauf hat Mussolini gestern 
schon eine so klare und energische Antwort gegeben, wie sie sich der 
alte Herr im Vatikan wohl nicht träumen ließ. 

Viel interessanter finden wir den Versuch, den Vorstoß gegen die 
Rassenlehre mit einem neuen Dogma (!) über die Katholische 
Aktion, zu verbinden. Wer die Katholische Aktion — das heißt den 
politischen Katholizismus — angreift, so sagt Papst Pius, trifft den 
Papst selbst. Und er warnt ernstlich vor einer solchen Schandtat, im 
väterlichen Interesse für den Angreifer; denn ,Qui mange du pape, en 
meurt'. 

Der Vatikan hat seit einiger Zeit eine ausgesprochen unglückliche 
Hand. Das mag, wie gesagt, zum Teil an dem hohen Alter des Heiligen 
Vaters liegen. Es gibt aber so viele gläubige Katholiken in der Welt, 
daß man den Verantwortlichen am päpstlichen Hofe nur ernstlich raten 
kann, sich erstens nicht um wissenschaftliche Angelegenheiten zu küm- 
mern, bei denen sie sich aus dogmatischen Gründen mit der gott- 
gegebenen Natur in Widerspruch setzen müssen, und zweitens alle poli- 
tischen Seitensprünge auf jene Gefilde zu unterlassen, die auch nach 
einem Christuswort den Herren dieser Welt gehören." 

Der Papst selbst schreibt gegen den „Rassismus" 

Die angeblich „unglückliche Hand" des Papstes «chrieb alsbald 
noch einen persönlichen Brief an König E m a n u e 1 von 
Italien und an Mussolini ob des den katholischen Grundsätzen 
widersprechenden antisemitischen Ehegesetzes. Goeb- 
bels „Angriff" vom 17. November 1938 griff daraufhin den Hl. Vater 
persönlich in der niedrigsten Weise an und kündigte an, daß er in 

380 



Zukunft vom Papst Pius dem XL nur noch als von dem „Juden- 
p R pst" sprechen werde. 

bb) Bischofsworte. 

Der Erzbischof von München' 
spricht gegen denRassismus 

„Wenn die Rassenforschung, an sich eine religiös-neutrale 
Sache, zum Kampf gegen die Religion sammelt und an den Grund- 
lagen des Christentums rüttelt, wenn die Abneigung gegen die 
Juden von heute auf die heiligen Bücher des Alten 
Testamentes übertragen und das Christentum wegen seiner 
ursprünglichen Beziehungen zum vorchristlichen Judentum ver- 
dammt wird, wenn Steine gegen die Person unseres 
Herrn und Erlösers geworfen werden in einem Jahr, in dem 
wir das Jahrhundertgedächtnis seines' Erlösungswerkes feiern, kann 
der Bischof nicht schweigen. Darum halte ich diese Advents- 
predigten über das Alte Testament und seine Er- 
füllung im Christentu m." 

Es war an den vier Adventssonntagen und am Silvesterabend 
des ersten Jahres der nationalsozialistischen Herrschaft (1933), daß 
Kardinal Faulhaber fünfmal die Kanzel der größten Kirche Mün- 
chens bestieg und zu einer gewaltigen Zuhörerschaft sprach, die 
sich neben St. Michael auch noch in zwei durch Lautsprecher an- 
geschlossenen Kirchen versammelt hatte. 

Mit solidester Fachkenntnis (er hatte ja an der Universität den 
Lehrstuhl für die Heilige Schrift des Alten Testamentes inne- 
gehabt), mit gewohnter Meisterschaft des Wortes und mit zündender 
Glut des Herzens sprach er über 

die religiösen Werte des Alten Testamentes, 
die sittlichen Werte des Alten Testamentes und ihre Auf- 
wertung im Evangelium, 
die sozialen Werte des Alten Testamentes, 
den Eckstein zwischen Judentum und Christentum, 
da& Christentum und Germanentum. 
(In Druck erschienen bei A. Huber, München, Neuturmstraße.) 

DiereligiösenWertedesA. T. 

Dilettanten des Wissens und Demagogen des Wortes, Leute, die 
kaum jemals eine Hl. Schrift in der Hand noch viel weniger ge- 
lesen oder studiert hatten, wagten es damals landauf, landab in 
Versammlungen und auf Schulungskursen, in Zeitungen, Broschüren 
und Büchern das Alte Testament anzugreifen und abzutun und zu 
fordern: „Fort mit dem Alten Testament! — Ein Christentum, das 
an den Schriften des Alten Testamentes noch festhält, ist einC' 
jüdische Religion, mit dem deutschen Wesen nicht vereinbar." 

381 



Diesem nationalsozialistischen Sprechchor trat Kardinal Paul- 
haber entgegen und erwies zunächst als „ewig-religiösen Wert" des 
Alten • Testam entes 

1. den „reinen und erhabenen Gottesgedanken, das 
Biblischeste an der Bibel, die Offenbarung von Jahwe, dem 
Seienden, von Gott Sabaoth, dem Herrn der Heerscharen, dem 
einzigen, Gott, der keine fremden Götter neben sich duldet, von 
dem überweltlichen, persönlichen Gott"; 

2. den Erlösungsgedanken, „die Frohbotschaft von der 
ewigen Erlösung", so himmelhoch erhaben über die Religions- 
bücher der indischen Gottsucher, die am Ende im Nirwana, in 
der Botschaft der Verzweiflung, ausklingen. 

Mit eindringlicher Mahnung zu heiliger Ehrfurcht betonte der 
hohe Prediger: 

„Die Kirche hat auch über die Schriften des Alten Testamentes die 
schützende Hand gehalten, die 45 Schriften des Alten Testamentes und die 
21 Schriften des Neuen Testamentes zu einem Buch zusammengefaßt 
und auch alttestamentliche Texte in ihre Liturgie aufgenommen. Das 
Christentum wurde durch Übernahme dieser Bücher keine jüdische 
Keligion. Diese Bücher sind nicht von Juden verfaßt, sie 
sind vom Geiste Gottes eingegeben und darum Gottes 
Wort und Gottesbücher. Diese Geschichtsschreiber waren 
Schreibgriffel Gottes; diese Sänger von Sion waren Har- 
fen in der Hand G o 1 1 e s , diese Propheten waren Laut- 
sprecher der Offenbarung Gottes und darum bleiben diese 
Bücher glaubwürdig und ehrwürdig auch für spätere Zeiten." 

Die sittlichen Werte des A. T. 

In der zweiten Predigt ließ Kardinal Faulhaber zunächst „d i e 
Lichter alttestamentlicher Sittenlehre" auf- 
leuchten: 

Die oberste Regel des sittlichen Handelns ist der Wille 
Gottes (nicht der Nutzen, wie es der NS verkündete). 

„Das Zehngebot auf den Tafeln von^ Sinai ragt 
in seinem sittlichen Werte himmelhoch über alle 
Gesetze des außerbi^blischen Altertums empor." 

„Ein zweiter großer Vorzug liegt darin, daß im Zehngebot nicht 
bloß die äußere Bosheit in Worten und Werken ver- 
boten wird, daß auch die innere Gesinnung geordnet 
und dem Willen Gottes untergeordnet wird." 

„Es entspricht dem innersten Wesen der Bibel, des Buches der 
Wahrheit, daß darin die sittliche Tugend der Wahr- 
heit so stark betont, und alle Lüge, alles zwiespältige und 
zweizüngige Wesen so stark abgelehnt wird." 

Helle Lichter der alttestamentlichen Sittenlehre leuchten aus 
dem Buch der „Sinnsprüche" und den übrigen „W eisheits- 
bü ehern", z. B. „Das Bild einer Frau nach dem Wohl- 
gefallen Gottes"' (Spr. 31,10—31) und der „Ewige Beicht- 

382 



Spiegel für die Manne r", Wie ihn Kapitel 31 , des Buches 
Job gibt. 

Wegweiser der sittlichen Ordnung sollten sogar die Speise- 
gesetze des Alten Bundes sein. 

„Lichter altbiblischer Sittlichkeit leuchten, heller als aus 
trockenen Paragraphen, aus einzelnen lebendigen Bildern sittlicher 
Größe." 

Als Schatten der alttestamentlichen Sitten- 
lehre nennt der Kardinal: „ein zu starkes Hervortreten des L o h n - 
ni 1 i V e s, einzelne sittlich anstößige Erzählungen und Texte, 
Fluchpsalmen und Rachelieder, Sünden biblischer Gestalten." 

Die Losung unserer Tage: „Los vom Alten Testament!" kann 
also für uns nur bedeuten: „Los von den Schatten des 
Alten Testamentes! Los von allem, was Cham und 
O n a n und T h a m a r waren! Los von dem Pharisäismus! 
Los von den Fluch- und Racheliedern des Alten Testa- 
mentes! Rachsuchtist Rückfallin die jüdische Vor- 
zeit! 

Die sozialen Werte des A. T. 

Der Kardinal stellt die Predigt hierüber unter das Motto: „D i e 
PJL Schrift des AltenTestamentes, ein Geschenk 
vom Geiste der Gerechtigkeit und Liebe und so 
eine Vorschule der sozialen Ordnun g." 

Er beliandelte dann 

das altbiblische Armen recht (Armenpflege, Armenzehent, litur- 
gisches Armenopfer), 

das altbiblische Privatrecht (Schutz des Privateigentums, der 

Menschenrechte, Familienpflege), 

die altbiblische Rechtspflege (unbestechliche Gerechtigkeit 

in öffentlicher Rechtspflege, im 
Geschäftsleben, Strafrecht), 

das altbiblische Arbeiterrecht (Würde und Entlohnung der 

Arbeit), 

die altbiblische Wirtschaftslehre und Wirtschafts- 
ordnung (gegen wucherischen 
Großgrundbesitz, Überschuldung, 
Wucherzins), 

den religiösen Unterbau der sozialen Ordnung 

„Der Reiche und der Arme begegnen sich. Der Herr hat sie beide 
erschaffen." (Spr.222.) 

„Der Eckstein 
zwischen Judentum und Christentum" 

„Auch vor der Person Christi hat diese reli- 
giöseRevolutionnichthalt gemacht. 

383 



Einige wollten Christus durch einen falschen Geburts- 
schein retten: Er sei überhaupt kein Jude, er sei ein 
Arier gewesen, weil in Galiläa Arier gewohnt hätten. Solange aber 
Geschichtsquellen mehr gelten als Mutmaßungen, solange ist an der 
Tatsache nicht zu zweifeln: Das erste Kapitel des ersten Evan- 
geliums gibt den Stammbaum Jesu mit der Überschrift: ,Stamm- 
baum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams'. Jetzt 
aber rufen andere Stimmen: ,Dann müssen wir ihn erst recht ab- 
lehnen, wenn er ein Jude war'." 

Gegenüber dieser Schreier der Gasse (das Wort „Rufer" 
ist ja zu gut für sie) stellt der Kardinal fest: 

I. „Christus ist das Omega des AltenBundes, 

die Erfüllung und Erlösung des Alten Bundes, 

der' einzige Ȇbermensch', der Weltgeschichte, 

der Erlöser für alle Welt, 

für die vor- und nachchristliche Menschheit." 

* 

IL „Christus ist das Alpha des Neuen Bundes". 

Grundgesetze des neuen Gottesreiches, im Evangelium 
der Kindheit Christi verkündet, sind: das Gesetz des kleinen 
Anfanges, der wachstümlichen und prunklosen Entwicklung, 

Grundwahrheiten des Christentums, im Evangelium von 
Christi öffentlichem Wirken verkündet, sind: Gottheit 
Christi, Verbindung von Menschlichem und Göttlichem, Sendung 
der apostolischen Kirche, Hl. Schrift und Überlieferung als Glau- 
bensquellen, gute Werke, Gebet. 

Arr Jahresschlußtag 1933 gab Kardinal Faulhaber seinen bib- 
lischen Predigten noch einen hochaktuellen Abschluß mit einer 
Predigt über: Christentum und Germanentum. 

Anlaß hiezu war: 

„Im deutschen Volk sind Geister an der Arbeit, um neben den 
beiden christlichen Bekenntnissen eine nordisch-germa- 
nische Religion aufzurichten." 

Aber ,,ein Abfall vom Christentum, ein Rückfall in das Heiden- 
tum wäre der Anfang vom Ende des deutschen Volkes". 

Zur Verteidigung des Christentums beantwortet der Kardinal 
dann die vier Fragen: 

1. Wie es bei den alten Germanen in ihrer vorchristlichen Zeit aus- 
gesehen hat. 

2. Wie das Christentum bei den alten Germanen eingeführt wurde.- 

3. Wie sich das Christentum zur germanischen Rasse stellt. 

4. Wie sich das Christentum zu den germanischen Volksgebräuchen 
stellt. 

384 



Und die Schlußfolgerung aus allem: 

„Wir werden unter dem Kreuze Christi Wache stehen. 

Wir lassen seinem Namen nicht Hohn sprechen. 

Wir lassen an die Stelle des Kreuzes keine Donareichen pflanzen. 

Wir geloben dem Heiland unseres Volkes die alte deutsche 
Mannestreue und Gefolgschaft." 

Groß war die Erbitterung und Schmähflut der unentwegten 
Parteiieute und Ahnenverehrer, Neuheiden und Judenhasser über 
diese Adventpredigten, aber dieKatholikenganzDeutsch- 
1 a n d s waren von Herzen dankbar, daß der Erzbischof von Mün- 
chen auch hier wiederum aus der „Stimme der Zeit" die „Stimme 
Gottes" hörte und trotz allen Ärgernisses und ungeachtet aller Wut 
und Steinwürfe der braunen Pharisäer und Fanatiker dieser jahr- 
tausendalten Stimme Gottes so klaren, wahren und schönen Aus- 
druck gab. 

cc) Kirchenamtliche Worte 

Zahlreiche oberhirtliche Stellen wehrten auch bibel- und juden- 
feindliche Angriffe des BDls/L ab, so nach Vorgang des Erzbistums 
Köln auch das Erzbischöfliche Ordinariat München mit einer Wei- 
sung vom 25. Februar 1937 an alle Seelsorgestellen: 

„Die Blätter für Heimabendgestaltung im ,Bund Deutscher Mädel', 
,D i e M ä d el s ch af t', Berlin, Januarausgabe 1937, bringen auf Seite 7 
und auf Seite 11 ff. Ausführungen, daß die Frömmigkeit und die 
Sittlichkeit der Heiligen Schrift der Frömmigkeit 
und Sittlichkeit des deutschen Menschen widerstrei- 
ten. 

Die Worte des hl. Paulus, mit denen er im 13. Kapitel des Ftömer- 
brief es zum Gehorsam vor der weltlichen Obrigkeit auf- 
fordert, werden als typisch jüdische , Angst vor Strafe' hingestellt. Die 
Strafworte Gottes an das sündig gewordene erste Menschen- 
paar werden als Ausfluß einer typisch jüdischen »Verachtung des 
Bodens' und einer typisch jüdischen Auffassung von dör ,Arbeit als 
Fluch' ausgelegt. — Das Wort des hl. Paulus, daß die Frau in der 
Gemeinde schweigen solle, wird unter der Überschrift gebracht: 
,Mißachtung der Frau / Der Jude sieht die Frau lediglich als ein Wesen, 
das ihm dazu dient, seinen Geschlechtstrieb zu befriedigen.' — Das Wort 
des hl. Petrus: ,Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, 
ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk . . .' wird mit Stellen aus 
dem Alten Testament und dem Talmud als ein Beweis angeführt, daß 
die Juden Weltherrschaftspläne haben! 

Auf der letzten Seite wird mitgeteilt (S. 32), daß die Abschnitte des 
Heftes aus verschiedenen Werken, darunter aus W u 1 f S ö r e n s e n, ,Die 
Stimme der Ahnen', genommen seien. Diese letztere Schrift ist dadurch 
charakterisiert, daß sie die Loslösung von dem ,Gift von Sinai' und von 
dem ,Gift von Nazareth' fordert! 

Da es sich im vorliegenden Falle um ein Blatt handelt, das al3 
Grundlage für die Gestaltung von Heimabenden dienea 
soll, so ist leider damit zu rechnen, daß unseren Jugendlichen und Kin- 
dern die Hl. Schrift in der oben mitgeteilten Verzerrung dargelegt wird 
Die Pfarrer werden angewiesen, die Eltern auf diese Gefahr aufmerk» 

Kreuz und Hakenkreuz 25 Bd. II 285 



sam zu machen, und je nachdem in geeigneter Weise durch das Eltern- 
haus und die Christenlehre den Kindern den wahren Sinn der oben 
mitgeteilten Worte der Hl. Schrift auszulegen und sie darüber zu unter- 
richten, daß die in der Hl. Schrift niedergelegten sittlichen Forderungen, 
insbesondere die Zehn Gebote, nicht Ausfluß des Blutes eines 
Volkes, in diesem Falle des jüdisclien Vollces, sondern Ausflußdes 
heiligen Willens Gottes sind und darum für alle Menschen und 
Völker gelten." 

dd) Priesterworte 

Stadtpfarrer Dr Emil Muhler, München, legte im Jahre 1937 
in einem für die Münchener Katholische Kirchenzeitung gedachten 
Artikel den christlichen Standpunkt zur Rassenf rage dar. Alles 
war schon gesetzt, aber im letzten Augenblick ergaben sich Schwie- 
rigkeiten gegen die Veröffentlichung. Nun kann, was damals bloßer 
Fahnenabzug der Druckerei blieb, endlich an die Öffentlichkeit 
treten. 

Religion und Rasse. 

Von Stadtpfarrer Dr. Emil Muhler. 

ErsterGedan kenkreis : 

„Das Blut ist die stärkste Macht der Wel t". 
„Das Blut ist urgegebene Wirklichkeit". 
„Blut bindet stärker als Wasser." 
„Blut ist stärker als der Geist". 

Zweiter Gedankenkreis: 

Die christliche Religion ist nicht deutschem Blut entsprungen. 

Die christliche Religion ist daher, artfremd. 

Die christliche Religion' ist ein semitisches Gewächs. 

Das Christentum hat die Stimme des deutschen 
Blutes mehr als tausend Jahre unterdrückt. 

Dritter Gedankenkreis: 

Wir müssen dem deutschen Blut wieder freie Bahn 
geben. 

Wir m^üssen das deutsche Volk befreien von der „asiatischen Ver- 
nebelung". 

Das Christentum liegt im Sterben. 
Die Zeit des Christentums ist vorbei. 

(Den Schriften der .Deutschgläubigen entnommen.) 

Solche und ähnliche Gedanken schwirren heute im deutschen 
Volke herum und werden bewußt unklar und ver- 
schwommenverkündet. 

Was sagen wir als gläubige Christen dazu? 

Schon auf den ersten Blick drängt sich uns die Frage auf: 

Wo bleibt hier die Logik? 

Wenn das Blut die stärkste Macht der Welt ist, wie konnte 
dann das Blut unterdrückt werden? Wenn aber wirklich, wie man 

386 



sagt, das deutsche Blut vom „artfremden" Christentum überwunden 
wurde, wenn also die stärkste Macht der Welt von einer noch 
stärkeren Macht überwunden wurde, dann muß ja im Christentum 
eine Kraft aufgebrochen sein, die nicht von dieser Welt stammt, 
dann muß das Christentum etwas Übernatürliches, etwas Göttliches 
sein. Das wäre logisch. 

Man könnte aus dem Gedankenkreis eins und dem Gedanken- 
kreis zwei — immer vorausgesetzt, daß sie überhaupt richtig sind 
— doch viel eher schließen: Also müssen wir alle Christen werden, 
weil hier noch eine stärkere Macht als das Blut uns begegnet. Es 
ist unlogisch zu sagen, also stirbt das Christentum, weil es stärker 
ist als das deutsche Blut. Hier scheint der Wunsch der Vater des 
Gedankens gewesen zu sein, nicht die Logik. Jedenfalls stimmt in 
dieser Rechnung etwas nicht. Warum überhaupt dieser Aufwand 
an Propaganda und dieses Verschanzen hinter der weltlichen Macht, 
wenn die Stimme des Blutes so stark ist, stärker als alles in der 
Welt? Esscheint, alsobdieAposteldesBlutesnicht 
ganz überzeugt wären von der Macht des Blutes. 

Wenn man tiefer hineinschaut in den Zusammenhang dieser 
Dinge, so erkennt man bald, daß der springende Punkt offenbar die 
Frage nach dem Verhältnis von Rasse und Religion ist.. Von der 
Beantwortung dieser Frage hängt alles Weitere ab. Bei der Debatte 
■über das heißumstrittene Thema Religion und Rasse ist heute 
Dichtung und Wahrheit in gleichem Maße vertreten. 

Wahres und Falsches in der Bewertung der Rasse 

Es kann gar kein Zweifel sein, daß die Rasse eine ungeheuer 
große Rolle spielt im Leben der Menschen und der Völker, viel 
größer als frühere Zeiten es geahnt haben. Das ist das Wertvolle 
und Berechtigte an der Begeisterung, die heute allenthalben auf- 
gebrochen ist für die Rass^. Das Blut und die Stimme des Blutes, 
der Instinkt und die Zusammensetzung des Blutes, die Art sind ein 
wichtiger Faktor im menschlichen Leben. Aber wohlgemerkt, nur 
ein Faktor, nicht der einzige. Man erweist der Rassentheorie einen 
schlechten Dienst, wenn man die Rasse und das Blut als die einzige 
Ursache alles Geschehens hinstellt. Wir wollen doch nicht in den 
Fehler verfallen, den die Marxisten begangen haben, die bekannt- 
lich in der Materie, genauer gesagt in den wirtschaftlichen Ver- 
hältnissen, die erste und letzte und einzige Ursache alles Ge- 
schehens gesehen haben. Selbst begeisterte Anhänger der Rassen- 
theorie haben wiederholt in letzter Zeit auf die Gefahr hingewiesen, 
die darin steckt, wenn man die Rasse allzu stark vermaterialisiert. 

Solange die Rassenlehre sich beschränkt auf ihr ureigene« 
Gebiet, auf die Biologie, ist vom Standpunkt der Religion gar 
nichts gegen sie einzuwenden. Da sind überhaupt keine Berührungs- 
punkte da. Auch alles das, was man unter Rassenhygiene versteht; 

387 



kann nur begrüßt werden nach dem alten Grundsatz: In einem 
gesunden Leib wohnt a^uch eine gesunde Seele. 

Ja, wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und sagen: 
Auch für. die Religion selbst ist dieRass.e nicht 
ohne Bedeutung, Die Gestaltung der Religion, das was wir 
gewöhnlich Religiosität nennen, die. Formen der Religion sind weit- 
hin von der Rasse beeinflußt. Auch das haben wir bisher zwar 
schon gewußt, aber zu wenig beachtet. 'Nur eines muß abgelehnt 
Vv'erden, damit wir nicht auf ein irriges Gleis geraten. Wenn 
manche behaupten, daß die Wahrheit einer Reli- 
gionvonderRasseabhängt, dannkönnenwirnicht 
mehr mitgehen. Die W-ahrheit hängt 

1. überhaupt nicht von uns Menschen ab, sondern von Gott, 
der ewigen Wahrheit, und 

2. soweit die Menschen überhaupt dabei beteiligt sind, nämlich 
insofern, als wir ja sagen oder nein sagen zur Wahrheit, entscheidet 
wiederum nicht - das Blut, sondern unser Wille und unser 
Verstand. 

Daß es dabei der einen Rasse vielleicht schwerer fällt als der 
anderen, ja zu sagen, mag sein, ist aber durchaus kein Ruhmestitel 
für diese Rasse. Das letzte Wort jedenfalls hat hier in der Zu- 
stimmung oder Ablehnung der Wahrheit nicht das Blut, sondern 
der Wille, der vom Verstand erleuchtet und von der Gnade unter- 
stützt wird. 

Wer je einmal in seinem Leben einem italienischen Gottes- 
dienst beigewohnt hat, wird bald feststellen können, daß hier 
manches ganz anders in Erscheinung tritt als etwa in einem nord- 
deutschen oder englischen Gottesdienst. Südliche Lebhaftigkeit, 
nordische Kühle, französische Eleganz, österreichische Gemütlich- 
keit, orientalische Farbenfreudigkeit — lauter wertvolle Eigen- 
heiten — verleihen dem gleichen katholischen Gottesdienst ein ganz 
verschiedenes Gepräge. Selbst Menschen, die durch die gleiche 
Schule gegangen sind und die von der gleichen Tradition zehren, 
wie unsere katholischen Ordensschwestern, weisen in ihrem Lebens- 
stil und in ihrer äußeren Haltung große Verschiedenheiten auf. — 
Ich war einmal in einem Frauenkloster in Syrien. Ja, da ist 
alles ganz anders als bei unseren deutschen 
Schwestern und doch, die Religion ist die gleiche. 
Warum? WeildieWahrheitdiegleicheist, Esgibt 
kqine deutsche Wahrheit und keine orientalische 
Wahrheit, so wenig, wie es eine deutsche Sonne 
odereinejüdischeSonnegibt. 

9Leitsätze 

Unsere Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von Rasse 
und Religion lautet daher: 

388 



1. Es gibt überhaupt keine reinen Rassen mehr. 

2. Die Rasse bildet einen, aber nur einen, allerdings sehr wich- 
tigen Faktor für die k ö r p e r 1 i c h e Entwicklung des Menschen. 

3. Rassenlehre im Sinne von Rassen h y g i e n e ist nicht nur nicht 
abzulehnen, sondern zu begrüßen. 

4. Gegen eine Rassentheorie, die auf das Gebiet der Biologie 
sich beschränkt, ist vom Standpunkt der Religion aus nichts ein- 
zuwenden. 

5. Es besteht heute eine große Gefahr, daß die Rassenlehre zu stark 
vermaterialisiert wird. 

6. Ob und inwieweit die Rasse auch, einen Faktor bildet für die 
Entwicklung des Geistes, ist bis heute noch nicht ge- 
klärt. 

7. Die Religionen aller Völker und aller Zeiten sind in dem 
Innersten ihres Wesens, in ihrem Kern, gleich. Die Rasse 
hat füi' das tiefste und innerste Wesen einer 
Religion keine ent s ch e i d e nd e B e d e.u t u ng. 

8. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang 
z w i s c h e n R a s s e u n d R e 1 i g i n. 

9. Es ist möglich, daß die verschiedenen Ausprägungen 
der Religionen rassisch bedingt sind. 

b) Schützende Taten. 

,,Die Liebe erweist sich durch die Tat" 

Darum beschränkte man sich katholischerseits im Kampf gegen 
den Antisemitismus nicht auf bloße theoretische Auseinander- 
setzungen, Verteidigungsworte und Richtigstellungen, sondern 
schritt auch zu praktischer Hilfe: 

Schon 1933 unterstützte man die Gründung eines ,,ReichS" 
Verbandes christlich-deutscher Staatsbürger 
n.ichtari scher oder nicht reinarischer Abstam- 
mung", später. kurz: „Reichsverband der nichtarischen Christen 
E. V." genannt, ab 1937 „Paulus-Bund,- Vereinigung 
nichtarischer Christen E. V." umbenannt. 

Als dann der Zwang zur Auswanderung für Nichtarier immer 
stärker wurde, übernahm es der katholische St. -Raphael- 
Verein unter der Leitung von Bischof Berning, Osnabrück, die 
nichtarischen Katholiken aber auch manch deutschen Juden bei der 
Auswanderung zu beraten und zu unterstützen. 

Drei Dokumente und eine kurze Geschichte sollen diese „Liebe 
durch die Tat" erweisen: 

389 



aa) Rundschreiben des „Raphaelvereins" vom Jahre 1936 
an die Bischöflichen Ordinariate und Caritasstellen 

Deutschlands: 

Kirchliche Arbeit für katholische Nichtarier ■ 

Durch die deutsche Nichtariergesetzgebung sind nicht nur mosaische 
Juden, sondern auch große Zahlen von katholischen Nichtariern im 
Siniie des Gesetzes aus Beamtenstellungen, teilweise aus freien Berufen 
und Ängestelltenposten herausgedrängt worden und verlangen aus 
christlicher Nächstenliebe Hilfe, um entweder auf erlaubte Berufe und 
Arbeit sich umzustellen oder durch Auswanderung ihre Situation zu 
verbessern. — Abgesehen von den Erwachsenen ist für die Caritas der 
Kirche noch dringlicher das Problem der von der Gesetzgebung getrof- 
fenen christlichen nichtarischen Jugend, , da sie nur zu einem ganz 
geringfügigen Prozentsatz in die gebildeten Berufe hineingelassen wird 
und andererseits bei der bisherigen Entwicklung des Gesetzes auch in 
die übrigen Berufe in Deutschland nur sehr schwer hineinkommen 
dürfte. Um dieser Jugend die Verbitterung zu ersparen, um ihnen ihre 
katholische Religion zu erhalten und sie in ihrer deutschen Mutter- 
sprache und ihrem Verwachsensein mit deutscher Kultur zu schützen, 
müssen Fürsorgemaßnahmen ins Werk gesetzt werden, — Bisher konnten 
in bezug auf Unterbringung dieser Leute in Stellungen in Deutschland 
manche Erfolge erzielt werden durch das Caritas-Notwerk, Im 
europäischen und überseeischen Ausland bemühte sich der Raphael- 
verein als anerkannte Beratungsstelle für Auswanderer um die 
Unterbringung im Ausland und um die Auswanderung von Erwachsenen 
und Jugendlichen. 

Da das Problem der Jugend sehr dringlich ist, unterstützte Exzellenz 
Bischof Dr. Berning beim Reichserziehungsministerium einen Antrag, 
besondere Schulungseinric'htungen für christliche 
nichtarische Jugend zu genehmigen, die die Aussiedlung 
dieser Jugend zum Zwecke haben. Dieser Antrag ist unter dem 
8. August 1935 vom Reichserziehungsministerium unter besonderen Be- 
dingungen genehmigt worden, — Darüber hinaus hat der Herr Reichs- 
erziehungsminister verordnet, daß in den Volksschulen die nichtarische 
Abstammung festgestellt werden soll und jüdische und nicht- 
arische, also auch christliche Kinder, in besonderen Schulen 
zusammenzufassen seien, — Es ist nunmehr also an der Zeit, 
nach Billigung der staatlichen Stelle für gewisse Hilfseinrichtungen 
kirchlicherseits ein Programm festzulegen. Im folgenden wird ein sol- 
ches Programm für die allernächste Zeit kurz skizziert: 

I, Fürsorge für erwachsene christliche Nichtarier 

1, Das Caritasnotwerk, das in Berlin beim Deutschen Caritasverband 
besteht und bisher wesentlich arische katholische Persönlichkeiten in 
der Stellenvermittlung erfolgreich unterstützt hat, wird künftig im 
Rahmen der schmalen Möglichkeiten, die noch verbleiben, auch nicht- 
arischen Katholiken in der freien Wirtschaft, besonders in kleineren 
Betrieben, Stellungen zu besorgen suchen. Dazu ist eine Dezentralisation 
der Arbeit, besonders auf die einzelnen Diözesan-Caritasverbände not- 
wendig, 

2. Der St.-Raphael-Ver6in, der mit seinen Nebenstellen im Lande 
amtlich anerkannte Auswandererberatungsstellen besitzt, ist bemüht, wie 
bisher einzelne erwachsene Nichtarier im europäischen oder 
überseeischen Ausland in ihren Berufen oder in anderen Stellungen 
unterzubringen. 

390 



II, Fürsorge für die christlichenichtarische Jugend. 

1. Auf Grund der Bestimmungen des Erlasses des Reichs-Erziehungs- 
ministeriums vom 8. August 1935 werden zunächst zweikatholische 
Umschulungs.einrichtungen mit dem Zweck der Aussiedlung 
vorgenommen. Es wird je eine Einrichtung für Knaben und Jünglinge, 
und eine für Mädchen und Jungfrauen geschaffen. Für die Knaben ist 
an eine Ordensschule gedacht, die landwirtschaftliche und handwerk- 
liche Einrichtungen bieten kann, wie etwa die Benediktiner von Sankt 
Ottilien und die Salesianer. Für die Mädchen ist Verbindung 
aufgenommen mit den Ursulinen in Haselünne (Westhannover), 
die durch ihre überseeische Tätigkeit in Kanada für die beabsichtigte 
Schulungstätigkeit schon vorgebildet erscheinen. Christliche nichtarische 
Eltern können diesen beiden Schulen ihre Kinder zuführen, und zwar 
ist die Finanzierung zunächst durch die Pensionszahlung der Eltern 
zu erwarten. Der Lehrplan wird auf die spätere Tätigkeit der Jugend- 
lichen in Übersee, vornehmlich in Landwirtschaft und verwandten Be- 
rufen, Rücksicht nehmen. Technische und sprachliche Schulung wird 
darum mit im Vordergrund stehen. Nach der ministeriellen Bestimmung 
werden Kinder nichtarischer Frontkämpfer und Jugendliche aufgenom- 
men, bei denen ein Elternteil oder bis zu zwei Großelternteile nicht- 
arischen Blutes sind. — Nach Festlegung der Pläne, der Lehrkräfte und 
des arischen Leiters wird die Genehmigung der Behörden für die beiden 
Schulen angefordert. Als Träger ist ein- Kuratorium gedacht, das kirch- 
liche Stellen bilden. Sobald Unterstützungsmittel vorhanden sind, wer^ 
den auch mittellose christliche nichtarische Schüler 
in die Schule aufgenommen. Der Zweck der Schule ist ausdrücklich, alle 
Schüler nach Übersee umzusiedeln. 

2. Den Schulungseinrichtungen werden Möglich- 
keiten zur Überseesiedlung entsprechen. Zunächst wird 
mit einem Aufwand von einigen tausend Mark seitens des Volks- 
vereins von Parana auf dem Gebiet der Parana Plantation im 
Norden des Staates Parana eine Musterfarm begründet, in der ein 
arischer, katholischer, verheirateter Landwirt, der auf eigenem Boden 
wirtschaftet, als Leiter die Absolventen der Umschulungskurse annimmt 
und in die Landwirtschaft von Brasilien einführt. Die Finanzierung 
der Niederlassung des Einzelnen trägt der Auswanderer selber. Erst 
später kann auch an die Auswanderung Mittelloser gedacht werden. Er- 
wachsene christliche Nichtarier können sich um die Musterfarm herum 
mit eigenen Mitteln ansiedeln. Die Jugendlichen selber können, wenn 
sie nach einigen Jahren soweit sind, ihre Eltern nachkommen lassen. 
Es steht nichts im Wege, daß Absolventen der Umschulungskurse auch 
in anderen geeigneten Siedlungen Brasiliens unterkommen. Dabei ist 
zu vermeiden, daß sie in reichsdeutschen Siedlungen sich ansetzen. Da 
man aber auch damit rechnen muß, daß manche, vor allem Inte;lligenz- 
1er zur bäuerlichen Tätigkeit nicht taugen, wird die Stellenver- 
mittlung des Raphaelvereins in Sao Paulo bemüht sein, 
solche Elemente in der S t a d t in Arbeit zu bringen. — Andere Ansied- 
lungsmöglichkeiten, die u. a. auch Palästina berücksichtigen, müssen noch 
studiert werden. — 

Bei der Siedlung in Brasilien wird nach Möglichkeit vermieden 
werden, den nichtarischen Charakter hervorzuheben. 

III. Vorläufige Einleitung der Fürsorge. 

Da in Anbetracht der großen Spannungen auf dem Gebiete des Nicht- 
ariertums vor der Anerkennung der Lehrpläne dieser Umschulungsein- 
richtungen eine Erfassung der christlichen nichtarischen Kreise auf dem 
Wege der kirchlichen Amtsblätter und Kirchenzeitungen nicht tunlich 
erscheint, wird die Arbeit auf folgendem Wege eingeleitet werden: 

391 



Mitte Oktober werden die Teilnehmer der Zentralratssitzung des 
Deutschen Caritasverbandes in Referaten über die Umschulungseinrich- 
tung, Stellenvermittlungshilfe, geplante Überseesiedlung etc. genauestens 
unterrichtet. Die Caritasselvretäre werden alsdann im Herbst auf Deka- 
natskonferenzen an die einzelnen Pfarrer und Seelsorgsgeistlichen prak- 
tische Informationen geben. Diese wiederum können dann die christ- 
lichen nichtarischen Eltern auf die Schulungseinrichtung und die Aus- 
wanderungsmöglichkeiten hinweisen. 

Wenn die erwähnten Maßnahmen sich eingespielt haben, wird es 
dann an der Zeit sein, der Frage der Erfassung weiterer christlicher 
nichtarischer Ki'eise näherzutreten und vor allem die Wege zu klären, 
auf denen finanzielle Mittel aus kirchlichen und privaten Quellen ge- 
wonnen werden können, 

bb) Bischöfliche Anordnung 

Katholische Nich tarier 

1. Unter der Autorität der deutschen Bischöfe bemüht sich seit ge- 
raumer Zeit mit Wissen der zuständigen staatlichen Stellen ein Hilfs- 
ausschuß, katholischen Nichtariern vor allem auf dem Wege der Aus- 
wanderung eine Existenz zu ermöglichen. 

Die Pfarrämter ersuchen und beauftragen wir hierdurch, aüswande- 
rungswillige geeignete katholisclie Nichtarier festzustellen und ihnen 
anheimzugeben, sich beim St.-Raphael- Verein in Hamburg 5, Große 
Allee 42, zu melden. 

2. Durch Verfügung des Herrn Picichs- und Preußischen Ministers 
für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 10. Dezember 1936 
wurde ein Antrag des hochwürdigsten Herrn Bischofs Dr. Wilhelm B e r - 
n i n g vom 10. Februar 1936 genehmigt, der eine Umschulung von männ- 
lichen Nichtariern christlichen Bekenntnisses für '"die Ansiedlung in über- 
seeischen Ländern vorsieht. 

Die Pfarrämter wollen hiervon den betroffenen Familien in geeigneter 
Weise Kenntnis geben und feststellen, ob sich unter ihnen geeignete 
männliche Jugendliche (15 bis 25 Jahre) finden, die an einer Auswande- 
rung nach Übersee und an der beabsichtigten Umschulung Interesse 
nehmen. Da die Eröffnung der Schule zu einem nahen Termin in Aus- 
sicht genommen ist, mögen Adressen beschleunigt an den, St.-Raphael- 
Verein, Hamburg 5, Große Allee 42, eingesandt werden. 

(Breslauer Kirchl. Amtsblatt v. 28. 1. 37 und anderswo.) 

cc) Eine Brückeüber den Ozean für die verfolgten 

Nichtarier 

Ein Zeugnis engster Zusammenarbeit amerikanischer und deut- 
scher Katholiken zur Hilfe für politisch verfolgte Deutsche, be- 
sonders nichtarische, ist nachfolgendes Organisations- und Arbeits- 
programm: 

Vertraulich! NichtfürdiePresse! 

Programm der Versammlung des Catholic Episcopal Committee 

in New York im „Leohaus" am 12. Juli 1937 

Übersetzt und übersandt von Rev. T i m p e, George, PSM. 

Das Komitee für katholische Emigranten • 
ausDeutschland 

Dies Komitee wurde auf der jährlichen Versammlung der National 
Weifare Catholic Conference am 18. November 1936 in Washington ge- 

392 



bildet zu dem Zweck, um mit der Hierarchie in Deutschland in der 
Fürsorge für katholische Emigranten, die später beschrieben und ein- 
geteilt werden, zusammenzuarbeiten. 

Das Komitee für katholische Emigranten aus Deutschland wurde auf 
der Jahresversammlung der National Catholic Weifare Conference in 
Washington im November 1936 in Übereinstimmung und auf Empfehlung 
einer Gruppe von Bischöfen ins Leben gerufen, die vom Verwaltungsrat 
damit beauftragt waren, das Problem zu studieren. 

Das Komitee besteht hauptsächlich aus einer Gruppe von Bischöfen 
und Erzbischöfen, die zu ihrer Unterstützung eine Anzahl Mitglieder aus 
dem Priester- und Laienstande aus verschiedenen Teilen der Vereinigten 
Staaten von Amerika heranziehen, von denen sie annehmen können, daß 
sie Verständnis, Mitgefühl und Fähigkeit besitzen, an der Lösung des 
Problems mitzuarbeiten. 

Mit gütiger Zustimmung S. E., des Kardinal-Erzbischofs von New 
York, wurde diese Stadt als der bestgeeignete Platz für die Errichtung 
eines Büros der Organisation bestimmt. Das Büro arbeitete schon in- 
offiziell seit Januar 1937. Auf den 12. Juli 1937 wurde die erste Ver- 
sammlung eines allgemeinen Komitees unter der Leitung des Vorsitzen- 
den des Bischöflichen Komitees zusammenberufen. Auf dieser Ver- 
sammlung wurde der folgende Plan der Organisation vorgelegt imd an- 
genommen: 

Plan der Organisation 
Zweck des Komitees. 

Art. I : Das Komitee für katholische Emigranten aus Deutschland hat 
einen dreifachen Zweck: 

1. katholischen deutschen bona fide Emigranten zu helfen, sei es, 
daß sie hier im Lande, sei es, daß sie auswärts sind. Die Hilfe soll sich 
auf materielle, berufliche und geistliche Unterstützung und Rechts- 
beratung beziehen. 

2. Geldmittel aufzubringen für sofortige materielle Unterstützung 
der katholischen Emigranten sowie für deren Unterbringung in anderen 
Ländern. 

3. Die freigebige Unterstützung der amerikanischen Katholiken auf- 
zurufen durch eine zuverlässige Berichterstattung über die Lage der 
katholischen Kirche in Deutschland und die Nöte der deutschen Katho- 
liken. 

Art. II: Bona fide Emigranten sind gemäß der Festlegungen der 
18. Jahresversammlung der Bischöfe im November 1936 die 
folgenden: 

1. a) Katholiken, die Deutschland wegen der Gesetze verlassen müs- 
seri, die es Nichtariern, d, h. solchen, in deren Adern seit vier Gene- 
rationen jüdisches Blut fließt, unmöglich machen, eine höhere Aus- 
bildung, einen gelehrten Beruf zu erreichen und eine politische Stellung 
in Deutschland zu erlangen. 

b) Katholiken, die aus Gewissensbedenken Deutschland verfassen, 
z. B. weil sie sich nicht den Sterilisationsgesetzen unterwerfen wollen. 

c) Katholiken, die aus Deutschland verbannt sind wegen früherer 
politischer Tätigkeit, besonders in Verbindung mit dem Zentrum. 

2, Diese Einteilung kann wieder in folgende Gruppen eingeteilt 
werden: 

a) solche, die Deutschland schon verlassen haben und sich schon in 
den Vereinigten Staaten befinden und in irgendeiner Weise Hilfe nötig, 
haben, 
Kreuz und Hakenkreuz 26 Bd. II ggg 



b) solche, die Deutschland verlassen haben und jetzt in Holland oder 
anderen Ländern sind, die sie aber verlassen müssen, weil sie auf Grund 
von Ortsgesetzen oder Bestimmungen keine Stellung oder Arbeit finden 
konnten, 

c) solche, die jetzt oder in der nächsten Zukunft aus den genannten 
Gründen Deutschland verlassen müssen. 

Organisation und Bestimmungen der Geschäfts- 
ordnung 

Die Geschäftsstelle soll von einem Geschäftsführer geleitet werden, 
der unter dem Bischöflichen Komitee arbeitet und in enger Fühlung mit 
dem ausführenden Komitee, dem Schatzmeister und dem Schriftführer, 
die alle ehrenamtlich ihre Dienste zur Verfügung stellen. 

Der Geschäftsführer soll einen amtlichen Schriftführer, einen Für- 
sorger und die erforderliche Schreibkraft zur Verfügung haben. 

Der amtliche Schriftführer soll die Probleme der Emigranten hier 
in den Vereinigten Staaten behandeln und den Briefwechsel mit den 
fremden Ländern führen bezüglich Einwanderung und Niederlassung — 
alles unter der Leitung und Aufsicht des Geschäftsführers. 

Der Fürsorger soll unter Leitung des Geschäftsführers und des amt- 
lichen Schriftführers alle notwendigen Erkundigungen, Verbindungen 
und Ermittlungen zur Beschaffung von Beschäftigung von Emigranten 
in den Vereinigten Staaten unternehmen und in jeder ^eise die Ziele 
der Organisation zu fördern bestrebt sein. 

Das ausführende Komitee soll aus nicht weniger als zwölf Personen 
bestehen, die aus katholischen Priestern und Laien ausgewählt und vom 
Bischöflichen Vorsitzenden des Komitees bestätigt werden sollen. 

Das ausführende Komitee soll sich unter dem Geschäftsführer an 
jedem ersten Montag im Monat um 4.30 Uhr und zu anderen Zeiten auf 
Einladung des Geschäftsführers zu einer Sitzung versammeln. 

Auf diesen monatlichen Versammlungen soll . der Geschäftsführer 
einen ausführlichen Bericht über die Arbeit und die Aufgaben der Or- 
ganisation zur Beratung und Genehmigung vorlegen. 

Per Geschäftsführer soll die Vollmacht haben, in dringlichen, unter- 
suchten Notfällen eine notwendige Unterstützung zu geben oder den 
amtlichen Schriftführer damit zu beauftragen; er ist aber in keinem 
Fall berechtigt, mehr als 10. — Dollar wöchentlich einer Einzelperson 
oder 15. — Dollar wöchentlich einem Ehepaar oder einer Familie zu 
geben. 

Zuschüsse oder Darlehen an Einzelpersonen oder Familien zum 
Zwecke der Auswanderung oder Niederlassung dürfen nur nach Unter- 
suchung durch das Büro und nach Genehmigung durch das Ausführende 
Komitee in 'einer Monatsversammluhg oder in einer für diesen Zweck 
einberufenen Versammlung gegeben werden. 

Es wird erwartet, daß die Mitglieder des Ausführenden Komitees 
einzeln und zusammen in jeder Weise mit dem Geschäftsführer und den 
anderen Beamten der Organisation zusammenarbeiten, um die In- 
teressen und die Absichten der Organisation in Übereinstimmung mit 
dem Bischöflichen Komitee zu festigen und zu fördern. 

Finanzfragen 

1. Die notwendigen Geldmittel zum Betrieb des Werkes der Organi- 
sation sollen in der Weise aufgebracht werden, wie das Bischöfliche 
Komitee, das von der Hierarchie durch die National Catholic Weifare 
Conference mit der Verantwortlichkeit für das ganze Projekt beauftragt 
wurde, sie bestimmt und gutheißt. 

394 



2. Außer den Fonds, die unter, der unmittelbaren Autorität der ein- 
zelnen Bischöfe in ihren Diözesen aufgebracht werden sollen, dürfen 
durch Aufrufe an und durch katholische Organisationen (wie der Central- 
Verein, die Staatsverbände und die Staatsligen, die katholischen Frauen- 
bünde und verwandte oder angeschlossene Vereine) gerichtet werden. 

3. Der Geschäftsführer darf auch Hilfsaufrufe und Bitten um Geld- 
geschenke an Privatpersonen richten, bei denen man Teilnahme und 
guten Willen kennt oder annimmt. 

4. Alle Geldbeträge sollen an und durch den Schatzmeister der 
Organisation gehen; dieser soll ein Bischof sein, der vom Bischöflichen 
Komitee dafür ernannt worden ist. 

5. Um die Tätigkeit des ausführenden Komitees zu erleichtern, soll 
der Geschäftsführer ermächtigt werden und ist hierdurch ermächtigt, 
ein Guthaben im Namen „The Committee for Catholic Refugees from 
Germany" zu eröffnen. Er soll dort alle Gelder anlegen, die er monat- 
lich vom Schatzmeister nach einem zwischen beiden vereinbarten Budget 
erhält. 

6. Der Geschäftsführer soll einen monatlich geprüften Bericht über 
alle Einnahmen, Ausgaben und Darlehen und die Bedingungen, unter 

' denen sie gegeben wurden, dem Schatzmeister vorlegen. Eine Abschrift 
dieses Berichtes soll auch an den Vorsitzenden des Bischöflichen Komi- 
tees geschickt werden. 

7. Der Geschäftsführer soll auch einen halbjährig geprüften Bericht 
über die Einnahmen, Ausgaben und Darlehen vorbereiten, der an alle 
Mitglieder des Bischöflichen Komitees gehen soll. Dieser Bericht soll 
die Abschnitte vom 1. Oktober bis zum 31. März und vom 1. April bis 
zum 30. September behandeln. 

8. In Übereinstimmung mit den Richtlinien des Bischöflichen Komi- 
tees dürfen keine Überweisungen oder Darlehen an Einzelpersonen 
gemacht werden, die in fremden Ländern wohnen; außergewöhnliche 
Fälle sollen zur Entscheidung und Gutheißung an den Bischöflichen 
Vorsitzenden berichtet werden. In solchen Fällen sollen wenigstens drei 
Abschriften des Berichtes übersandt werden. 

9. Darlehen. Mit Ausnahme jener Darlehen, die Schü-tzlingen in 
Notfällen für ihren augenblicklichen Lebensunterhalt bewilligt werden, 

sollen alle Unterstützungen, die den Betrag von Dollar und 

mehr überschreiten, als Darlehen angesehen und ausgefertigt werden, 
die zurückgezahlt werden müssen, sobald der Klient ein monatliches 
Einkommen von mehr als 100.— Dollar, hat. Diese Darlehen sollen als 
Schuldscheine, rückzahlbar in zwölf Monaten, vom Tag der Ausgabe 
gerechnet und mit Zustimmung des Arbeitskomitees verlängerbar, aus- 
gefertigt werden. Es soll die Pflicht des amtliche.n Schriftführers sein, 
diese Darlehen zu buchen und ihnen nachzugehen. Alle Darlehen müssen 
die Zustimmung des Arbeitskomitees haben, wie unter 2, 5 angegeben. 

Allgemeine Richtlinien* 

Außer finanzieller Hilfe sollte die Organisation auch behilflich sein, 
Einwanderungs-Affldavits*) zu vermitteln, Beschäftigung zu verschaffen 
und Studenten und studierten Berufen Weiterstudium und Weiteraus- 
bildung zu ermöglichen und schließlich auch für religiöse und gesell- 
schaftliche Anpassung ihrer Klienten zu sorgen. 

A) Einwanderungsangelegenheiten und Affidavits sollten an das 
Einwanderungsbüro der N.CW.C. weitergegeben und in Zusammenarbeit 
mit diesem erledigt werden. 

*) =: Eidesstattliche Erklärung oder Bürgschaft, welche die Einreise in die 
Vereinigten Staaten Nordamerilcas ermöglichte. 

395 



B) Beschäftigung soll verschafft werden: 

a) für Gelehrte durch die Universitäten, Colleges und wissen- 

schaftlichen Institute, vornehmlich katholische, 

b) für Ärzte und Pflegepelrsonal durch Hospitäler und Sanatorien 
in den Vereinigten Staaten, wiederum vornehmlich katholische, 

c) für Hausangestellte durch „Domestic Contracts" für Arbeit 
in Häusern und Heimen, über die man sich vergewissert hat, 

d) für alle anderen, nach ihrer Ankunft, durch Priester 
und Laien. ■ 

C) Weiterausbildung und Weiterstudium für studierte Berufe und 
Studenten sollten in Verbindung mit Erziehungsanstalten und anderen 
Stellen, privaten und öffentlichen, die hierin ihre besondere Aufgabe 
sehen, unternommen werden. In besonderen Fällen darf das Arbeits- 
komitee die notwendigen Mittel zur Ausführung dieses Punktes des 
Programms bewilligen. 

D) Religiöse und gesellschaftliche Anpassung sollte durch und unter 
Mitwirkung eines besonderen Unterausschusses der Organisation aus- 
geführt werden. 

E) Alle anderen Aufgaben caritativer und sozialer Art, einschließlich 
der Sorge und Unterbringung der Kinder oder von Kindern, deren 
Eltern zur Zeit verhindert sind, in die Vereinigten Staaten zu gelangen, 
sollten in Verbindung mit örtlichen Caritasstellen und anderen an- 
erkannten Hilfsquellen unternommen werden. 

F) Es soll die feste Grundlinie der Organisation sein, keinen einzigen 
Fall aufzunehmen, wenn ^^er Betreffende oder die Familie nicht ge- 
nügende Empfehlungen beibringen oder wenigstens zwei oder . mehr 
verantwortliche Personen nennen kann,, von . denen solche .Empfeh- 
lungen beschafft werden können. Wo es sich um Emigranten handelt, 
die noch in Deutschland oder Holland oder in einem anderen euro- 
päischen Lande sind, werden Empfehlungen vom Raphaelver^in ver- 
langt oder von einem Emigrantenkomitee, das in dem betreffenden 
Lande tätig- ist. Diese Maßnahme ist durchaus notwendig, um die 
Organisation gegen Betrug, Schwindeleien und falsche Vorspiegelungen 
zu schützen.. 

Allgemeine Zusammenarbeit 

a) Die Organisation sollte allgemeine Zusammenarbeit mit anderen 
Hilfsstellen pflegen sowie mit Einzelpersonen (einschließlich der Pfarrer), 
Diözesan- und Caritasbüros, katholischen Unterrichtsanstalten, Kranken- 
häusern und Klöstern, katholischen Wohnungsvermittlungen und Komi- 
tees für Emigranten, wie auch mit Personen, die geneigt sind, vorüber- 
gehend Unterkunft und Beköstigung für Ankömmlinge, die ohne Freunde 
und Verwandte in den Vereinigten Staaten sind, zu gewähren. 

b) Solche Zusammenarbeit sollte auch mit katholischen und nicht- 
katholischen Komitees und Stellen gepflegt werden, die in diesem Land 
oder in anderen Ländern; gebildet wurden, um für Emigranten aus 
Deutschland zu sorgen, besonders in Deutschland, Holland, Prankreich, 
Schweiz und England. 

c) Fühlungnahme wegen Emigranten in Deutschland sollten vor- 
nehmlich mit dem St.-Raphael-Verein und dem Caritasverband unter- 
nommen werden, da diese Organisationen von der Hierarchie in Deutsch- 
land für diesen Zweck - bestimmt wurden. 

Niederlassung: Das Komitee für katholische Emigranten aus 
Deutschland soll die Niederlassung in anderen Ländern, vorzugsweise 
Brasilien und Venezuela, zu fördern suchen, wenn die katholischen Emi- 
granten in diese Länder gehen wollen oder in die Vereinigten Staaten 
nicht einwandern können. 

396 



. Zusammenarbeit mit anderen Komitees für Emigranten, die ähn- 
liche Zwecke von Niederlassung in anderen Ländern verfolgen, soll 
unter der Leitung des Arbeitskomitees gefördert werden. 

Besondere Ausschüsse 

Um die Tätigkeit des Bischöflichen Komitees zu erweitern und zu 
erleichtern, wird vorgeschlagen, unter den Mitgliedern des Allgemeinen 
Komitees eine Anzahl von Sonderausschüssen zu bilden, deren Mitglieder 
ehrenamtliche Dienste verrichten. Für den Augenblick sollen folgende 
Ausschüsse gebildet werden: 

A) Finanzen: Der Finanzausschuß besteht aus einer Anzahl Prie- 
ster und Laien, die es übernehmen, Geldmittel für die Organisation auf- 
zubringen durch Fühlungnahme mit freundlich gesinnten Vereinigungen 
und Personen. Diese Werbungen sollen der Leitung und der Zustimmung 
des Geschäftsführers unterstehen. Wenn es sich um Werbungen in Pfarr- 
kirchen oder Pfarrvereinen handelt, soll die Erlaubnis des Bischofs und 
des Pfarrers eingeholt werden. 

Alle durch den Finanzausschuß gesammelten Gelder sind an den 
Bischöflichen Schatzmeister zur Einlage in den Generalfonds zu über- 
weisen. 

B) Der Ausschuß für gesellschaftliche Anpassung 
sollte Mittel und Wege suchen, für katholische Emigranten und Emi- 
grantenfamilien gesellschaftliche Fülilungnahme zu finden, die ihren Be- 
rufen und ihrem Lebensstandard entspricht. Der Zweck solcher Fühlung- 
nahme ist es, den Emigranten ihre Last leichter zu machen und ihnen 
die Möglichlceit zu verschaffen, sich in das ihrem Stand und ihrem Beruf 
entsprechende Leben hineinzufinden. Hierfür werden vorgeschlagen: Ein- 
führung bei Privatpersonen und Vereinen, Empfänge in Privathäusern, 
Sorge für geeignete Zerstreuung und Vergnügungen usw. 

C) Der Wohnungsausschuß wird sich damit befassen, ge- 
eignete kostenlose Wohnungen zu finden, in denen katholische Emigran- 
ten oder Familien zeitweilig untergebracht werden können, bis die Or- 
ganisation genügend Zeit hat, ihre besonderen persönlichen Probleme zu 
lösen. Ähnliche Vorsorge soll für kostenlose Beköstigung getroffen 
Werder^. 

D) Der Ausschuß für Arbeitsbeschaffung wird sich be- 
mühen, geeignete Beschäftigung für die Klienten der Organisation zu 
finden, sei es auf Büros oder Fabriken, sei es in verschiedenen Unter- 
nehmungen oder Privathäusern. Diese Aufgabe verlangt eine genaue 
Untersuchung der Arbeitsplätze, damit die Organisation über die Unter- 
bringung ihrer Klienten sicher sein kann. 

E) Der Presseausschuß will Katholiken und die weltliche . 
Presse mit allen Informationen versorgen, die das Werk der Organisa- 
tion fördern können,. Der Ausschuß wird in ständiger Verbindung mit 
dem Pressebüro der N.C.W.C. stehen. Alle für den Druck bestimmten 
Sachen müssen dem Geschäftsführer zur Begutachtung und Gutheißung 
vorgelegt werden. 

F) Der Recht sausschuß soll alle gesetzlichen: Fragen studie- 
ren, die auftauchen mögen, besonders die Bedingungen und Folgerungen 
aus den Affidavits, die für die Garantie notwendig sind, daß ein Ein- 
wanderer während der ersten fünf Jahre oder bis er ein Bürger des 
Landes geworden ist, nicht der öfCentlichen Wohlfahrt der Vereinigten 
Staaten zur Last fällt. 

G) Der Ausschuß für freiwillige Bürohilfe wird eine 
Liste von zuverlässigen Bürohelfern aufstellen und auf der Höhe halten, 

397 



damit das Büro in Zeiten besonderen Andrangs oder im Notfall auf sie 
rechnen kann und die Unkosten der Organisation herabgemindert wer- 
den können. 

Monatliche Versammlungen 

Einladungen für die monatlichen Versammlungen sollen acht Tage 
vor dem Datum der Versammlung ausgeschickt werden. Die Tagesord- 
nung der monatlichen Versammlungen ist wie folgt: 

1. Eröffnungsgebet. 

2. Verlesen der letzten monatlichen Niederschrift. 

3. Berichte des Geschäftsführers. 

4. Berichte der Unterausschüsse: 

a) Finanzausschuß, 

b) Ausschuß für gesellschaftliche Anpassung, 

c) Wohnungsausschuß, 

d) Ausschuß für Arbeitsbeschaffung, 

e) Presseausschuß, - ; 

f) Rechtsausschuß, 

g) Ausschuß für freiwillige Bürohilfe. 

5. Berichte anderer Ausschüsse. 

6. Mitteilungen und neue Fälle. 

7. Empfehlungen des Geschäftsführers. 

8. Schlußgebet. 

Beschlossen wurcje noch: , 

Hauptversammlung:, Es sollen in jedem Jahr wenigstens 
zwei allgemeine Versammlungen sein, eine Ende April, die andere im 
November; die Daten werden vom Bischöflichen Komitee bestimmt. 

Zum Schatzmeister wurde Weihbischof Donahue von New York 
vom Bischöflichen Komitee ernannt. 

Es sollen im ganzen 364 Fälle seit Gründung des Büros im Januar 
behandelt worden sein. 

Die Namen der Erzbischöfe und Bischöfe, die dem „Bischöflichen 
Komitee" angehören, wurden durch den Pressedienst der N.C.W.C. unter 
dem 16. Juli 1937 bekanntgegeben, ebenso die Namen der Mitglieder des 
Ausführenden Ausschusses. Vorsitzender des Bischöflichen Ausschusses 
ist Erzbischof Dr. Joseph Franz Rummel von New Orleans, bekannt 
durch seine Tätigkeit in der Notzeit nach dem Krieg. Er präsidierte auch 
der Versammlung am 12, Juli im Leohaus. 

U n d e s b 1 i e b n i c h t b 1 o ß b e i m P r o g r a m m ! 

Verfasser hatte im Jahre 1938 persönlich Gelegenheit, in New 
York die Arbeitsweise dieses Komitees zu beobachten und mit 
seinem Geschäftsführer, Pfarrer Ostermann, mancherlei Hilfs-' 
möglichkeiten und Dringlichkeitsfälle zu besprechen. 

Die Seele dieser Hilfsaktion für die katholischen Nichtarier 
blieb in Deutschland Pallottinerpater Größer, Generalsekretär 
des Baphaelvereins in Hamburg. Er wurde schließlich auch ein 
Opfer dieser Arbeit. Von der Gestapo viele Monate lang ein- 
gesperrt, brach ihm kurz nach der Freilassung das Herz. 

398 



Tat eines einzelnen, aber nichts Vereinzeltes 

Wieviel mitleidige Herzen zu Hause sich einzeln um ein- 
zelne Nichtarier annahmen, wer kann dies ermessen? Ver- 
fasser hat schon Hunderte von bestens bezeugten Fällen berichtet 
erhalten. Nur einer sei hier für viele angeführt: 

In der nächsten Umgebung Münchens sollte eine katholische 
Nichtarierin, eine Beamtensgattin, Mutter von fünf Kindern, ihrer 
Schwester und ihrem Bruder, die bereits in Auschwitz vergast 
worden waren, und ihrer Mutter, die in Theresienstadt verhungert 
war, folgen. Schon war der Tag für ihren Abtransport nach 
Theresienstadt bestimmt, der 20. Februar 1945. In ihrer entsetz- 
lichen Not ging sie zur Oberin eines kleinen Klosters. Und diese 
half ihr in mutiger Weise und schlug ihr vor: ,, Sobald in den näch- 
sten Tagen Luftschutzalarm ist, fliehen Sie aus Ihrer Arbeitsstätte 
(einer Färberei) in unser Klösterlein, ohne auch nur Ihrem Mann 
oder einem der Kinder ein Wort davon zu sagen. Diese sollen bei 
den kommenden Nachforschungen der Gestapo -unbefangen sein 
und v/irklich über ihren Verbleib nichts wissen. Es wird hart sein 
für die Ihrigen, wie für Sie selbst, aber es ist der einzige Weg der 
Rettung für alle. Für das weitere lassen Sie mich sorgen!" 

Und so geschah es dann auch. Ein paar Tage darauf kam die 
arme Frau, ward liebevoll aufgenommen, zur Vorsicht sogar in ein 
Ordenskleid gesteckt und drei Monate lang verborgen gehalten, bis 
die Herrschaft des Nationalsozialismus aus war. Ihr Mann kam des 
öfteren ins Kloster, sich Trost, Rat und Hilfe zu holen. Ohne daß 
er es wußte, sah ihn seine Frau des öftern vom ersten Stock herab, 
wehen und frohen Herzens. Aber das Geheimnis blieb gewahrt bis 
zur Stunde der Befreiung im Mai 1945. 

Es war ein Risiko für die Oberin und fürs ganze Kloster, aber 
es war eine christliche Tat und Rettung eines Lebens! 

8. Ein Kampfbericht über zwei Monate. 

Um dem Diözesanklerus ein wenig Einblick in die mancherlei 
Kämpfe der oberhirtlichen Stelle zu geben und Mut und Vertrauen 
einzuflößen, veröffentlichte das Amtsblatt der Erzdiözese München 
und Freising im Oktober 1935 nachstehende „Kirchliche Mit- 
teilungen": 

„Wir haben im Laufe der letzten Monate nachstehend bezeichnete 
Schritte in aktuellen, den Klerus interessierenden Fragen unternommen: 

1. Beim Bayer. Staatsministerium des Innern: 

7. Aug.: Gegen die Verteilung von 2 Devisenschietaerliedern bei offi- 

ziellen SA- Appellen in München. 

8. Aug.: Zur Klärung der Frage, ob in Bayern das Uniform-, Abzeichen- 

und Sportverbot des Bayer. Staatsministeriums vom 30. 7. 35 
oder die Anordnung des Reichsführers SS Himmler vom 23. 7. 35 
gilt, welch letztere das Mitführen und Zeigen von Bannern, 

399 



Fahnen und Wimpeln bei Prozessionen, Wallfahrten, Primizen, 
Begräbnissen usw. gestattet, — Die Antwort des Slaatsmini- 
steriums vom 27: August erklärte, es gelte die Bayer. Verord- 
nung: .Hinsichtlich des Mitführens von Fahnen und Abzeichen 
bei Wallfahrten, Prozessionen usw. bleibt es bis auf weiteres 
bei der bisherigen Übung..' 

23. Aug.: Gegen die Verteilung eines gedruckten ,Devisenschieberliedes' 
bei der Propagandafahrt der SA in Freising, 

2. Beim Reichsministerium für kirchliche 
Angelegenheiten: 

3. Sept. : Gegen die Überfälle auf Mitglieder kath. Vereine und Geist- 
liche in Wolfratshausen. 

3. Sept.: Gegen die blasphemische Äußerung eines Versammlungsred- 
ners in Reichenhall: ,Die Entgegnung, Christus sei auch ein 
Jude gewesen, erledige sich ja auch durch das Dogma von der 
unbefleckten Empfängnis von selbst, es sei denn, der Hl. Geist 
sei auch ein Jude gewesen.' 

3. Sept.: Gegen die öffentliche Verteilung des Flugblattes der ,HJ-Zei- 
tung' in München, beginnend mit den Worten:, ,Fort mit den 
Gottlosen und Bilderstürmern!' und gegen n^hrere antireli- 
, giöse Auslassungen dieser Jugendzeitung. 

7. Sept.: Gegen die Beschlagnahme von ,Pfarrnachi:ichten' der ,Mün- 
chener Katli. Kirchenzeitung' wegen Abdruclies einer kurzen 
Stelle aus dem Hirtenbrief der deutschen Bischöfe. 

7. Sept.: Gegen die maßlose Herabsetzung des genannten Hirtenbriefes 
durch Mühldorfer Zeitungen. 

7. Sept.: Gegen die Inschutzliaftnahme von Personen, welche den Hir- 
tenbrief weitergegeben hatten zu einem Zeitpunkt, wo er noch 
nicht beschlagnahmt war. 

7. Sept.: Gegen den Ausschluß von Mitgliedern der Marianischen Män- 
nerkongregation aus der Deutschen Arbeitsfront bei der ,Be- 
triebsgemeinschaft Stadt, ßetriebe, München-Rathaus' wegen 
,Doppelmitgliedschaft'. 

9. Sept.: Gegen die Dienstentlassung eines städt..; Angestellten wegen 
,Störung des Friedens' durch die Verteilung des Hirtenbriefes, 
ebenfalls zu einer Zeit, wo die Beschlagnahme noch nicht er- 
folgt war. 

11. Sept.: Gegen die Abforderung der Mitgliederkartothek des kath, 
Jugendvereins zu Rosenheim. 

23. Sept.: Gegen Ausführungen auf einem Schulungskurs des National- 
sozialistischen deutschen Studentenbundes in Darmstadt. 

23. Sept.: Gegen das Vorgehen der Stadt Laufen, wo vom Herrn Bürger- 
meister den städt. Beamten die Zugehörigkeit zu konfessio- 
nellen Vereinen verboten und mit Disziplinarverfolgung be- 
droht wurde, außerdem Geschäftsleute und Handwerker von 
städtischen Arbeiten und Lieferungen ausgeschlossen werden, 
wenn sie oder ihre Angehörigen oder ihre Arbeiter Mitglieder 
.eines konfessionellen Vereines sind. 

3. Okt.: Erneute Vorstellung wegen des Ausschlusses von Mitgliedern 
der Marianischen Männerkongregation aus der Deutschen Ar- 
beitsfront. 

3. Okt.: Gegen den Erlaß der Handwerkskammer von Oberbayern, 
demzufolge ab 1936 Lehrverträge grundsätzlich nur noch ge- 
nehmigt werden, wenn der Lehrling der HJ oder das Lehr- 
mädchen dem BDM angehört. 

400 



4. Okt.:. Gegen die Vereinbarung der Bannführung der IJJ und der 
Untergauführung des BDM im Werdenf eiser Land mit den 
Kreiswaltern der DAF, den Kreisamtsleitern der NS-Hago, den 
Kreishandwerksmeistern und Kreisbauernführern, dahin zu 
wirken, daß in Zukunft nur noch Angehörige der HJ in die 
Betriebe aufgenommen werden. 

4. Okt.: Gegen die Anordnung des Bezirksamtes Berchtesgaden, auf 
dem Firmenschild einer Buchhandlung das Wort ,Katholisch' 
zu übermalen. 

4. Okt.: Erwiderung auf die Entscheidung betreffs ,Abf orderung der 

Mitgliederkartothek des kath. Jugendvereins in Rosenheim'. 

5. Okt.: Gegen Lieder mit dem vez-letzenden Refrain: 

,Treibt die Juden aus dem Land, 
Stellt die Schwarzen an die Wand!' 

3. Beim Reichsministerium der Justiz: 

14. Aug.: Anfrage wegen des .Plakatanschlages an Privathäusern und 
kirchlichen Amtsgebäuden. 

26. Aug.: Wiederholung dieser Anfrage. 

30. Aug.; Bericht über neue unberechtigte Plakatans'chläge, 

4. Bei der Gebiets leitung der HJ, GebietHochland: 

5. Aug.: Betreffs ungenügender Bekanntmachung des Gottesdienstes im 
Hochlandlager und Belästigungen von Gottesdienstteilnehmern. 

8. Aug.: Gegen die Verteilung des Liedeä der ,Deutschen Glaübens- 
bewegung' (,Der Herbstwind geht übers Stoppelfeld') im Hocn- 
» landlager. 

Am 13. August antwortete die Gebietsführung: ,. . . Eine 
■ Verteilung von derartigen Hetzliedern im Hochlandlagef wurde 
durch die Lagerleitung nicht vorgenommen un'd wird schärf- 
stens mißbilligt. Die Lieder können nur von den Jungen ins 
Lager gebracht worden und von Hand zu Hand weiter- 
gegeben v/orden sein.' 

20. Aug.: Gegen die Verteilung des vorgenannten Liedes und eines 
Devisenschieberliedes im Höchlandlager durch einen J u n g - 
bannführe r. 
8. Okt.: Gegen die fortgesetzte Verteilung vorgenannten Liedes in 
Stamm 3 (Jungvolk), München-West. 

5. Bei verschiedenen Stellen: 

8. Aug.: Bei der Bäyeiischen Politischen Polizei wegen Beschlagnahme 
von Jugendvereinsfahnen in Bad Reichenhall. 

8./9. Aug.: Gegen die antichristliche Demonstration und Deutsche Hoch- 
zeitsfeier einer Münchener SA-Gruppe vor der Gnadenkapelle 
in Altötting: 

Bei der Kanzlei des Führers der NSDAP, 

bei der Reichsbahndirektion München (wegen Verwendung 
von Autos des Reichsbahnausbesserungswerkes München- 
Freimann);, 
beim Reichsverkehrsministerium, 

beim Herrn Präsidenten der Deutschen Reichsbahngesellschaft, 
beim Auswärtigen Amt (wegen Belästigung von Ausländern), 
beim Reichsinnenministerium, 

beim Herrn Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp, 
beim Bayer. Staatsministerium des Innern. 

401 



13. Aug.: Beim Bayefi,schen Staatsministerium für Unterricht und Kultus 
wegen antireligiöser Artikel in der - HJ-Presse, insbescrnders 
gegen die zwei Artikel in ,HJ -Zeitung': ,Wir bieten freibleibend 
an': Die neueste .Seelenbuchhaltung' und ,Ehre, Ruhm, Preis 
sei Dir, Alfonsa!' mit verletzendem Spott über Himmel und 
Fegfeuer. 

16. Aug.: An das Bezirksamt Wolfratshausen wegen der Überfälle auf 

katholische Vereine und Geistliche dortselbst. 

17.' Aug.: Nachtrag zu dem Protest vom 8./9. August wegen der .Deut- 
schen Hochzeit in Altötting' unter Beilage eines diese Hochzeit 
verherrlichenden Artikels im ,Mitteilungsblatt des Kreises 
München der NSDAP' Nr. 32; der Nachtrag wurde sämtlichen 
obengenannten Ämtern und Personen zugesandt. 

17. Aug. : An die Regierung von Oberbayern wegen , Ausnahmemaß- 

nahmen des Bezirksamtes Laufen gegenüber katholischen 
Vereinen' (Einforderung von Angaben über Namen, Mitglieder- 
zahl usw. auch von rein religiösen Vereinen). 

17. Sept.: An den Herrn Oberbürgermeister von München wegen der 
Fragebögen, in welchen die städtischen Beamten und A.n- 
gestellten auch über ihre Zugehörigkeit zu rein religiösen 
Vereinen und über Teilnahme ihrer Kinder an der Pf arr Jugend 
gefragt Wurden. 

23. Sept.: An die Regierung von Oberbayern wegen des Antrages des 
Herrn Oberbürgermeisters von München auf Umwandlung der 
konfessionellen Volksschule in Englschalking in eine kon- 
fessionell gemischte Volksschule. 

Beschwerde beim Bayer. Staatsministerium für Unterricht und 
Kultus gegen den vorstehendem Antrag zustimmenden Be- 
schluß der Regierung vom 20. September 1935 ist in Vor- 
bereitung. 

8. Okt.: Vorstellung beim Bayer. Staatsministerium für Unterricht und 
Kultus wegen Überlassung des Festsaales der Luitpold-Kreis- 
Oberrealschule für Veranstaltungen der ,Deutschen Glaubens- 
bewegung, Kreisgem. München'." 

(Bemerkung: Soviel Abwehrkämpfe in einem einzigen 
Kampfabschnitt! Wiewiele auf der ganzen deutschen 

Innenfront!) ^ 

Ein solcher „Gefechtsbericht" konnte später nicht mehr er- 
scheinen. Es paßte der Gestapo und anderen Regierungs- und Par- 
teistelien nicht, daß ihnen so in aller Öffentlichkeit ihre Sünden 
vorgehalten wurden. Aber die Beschwerden und. Anklagen seitens 
des Ordinariates selbst gingen natürlich weiter. 

Der Bericht umfaßt nur den Zeitraum von zwei Monaten. Wie 
lang würde die Liste all der Vorstellungen und Verwahrungen sein, 
welche im Laufe der zwölf Jahre nazistischer Gewaltherrschaft an 
Länder- und Reichsregierung, Gestapo und Polizeipräsidium, Partei 
und Parteigliederungen gerichtet wurden! 

Und würde man all diese Protestschreiben in vollem Um- 
fang wiedergeben, welch dickes Buch würde daraus entstehen! 

402 



Und nähme man gar alle Einsprüche der 25 deutschen 
Diözesen zusammen, dann würde sich Wohl ein Berg von Ver- 
wahrungen ergeben! 

Dazu kamen aber noch viele m ü n d liehe Verhand- 
lungen und Beschwerden bei allen möglichen hohen und 
höchsten Stellen! 

Verfasser selbst war wiederholt bei Staatsminister Siebert, Wagnei% 
Esser, bei Vizekanzler von Papen, bei Ministerialdirektor Buttmann, bei 
Ministerialdirigenten Roth, bei Polizeipräsident von, Eberstein, bei den 
verschiedensten Beamten der Gestapo in München und Berlin u. a. Und 
es ging oft heiß her bei diesen Unterredungen. Wer nationalsozialistische 
Verhandlungsmethoden oder gar Gestapogepflo^enheiten kennt, der kann 
sich leicht eine Vorstellung davon machen. 

Es geschah freilich nicht selten, daß in bezug auf diese münd- 
lichen und schriftlichen Proteste in den eigenen Reihen gesagt 
wurde: „Schade für Gang und Worte, für Papier und Tinte!" 

Gewiß, es v/ar auch für uns selbst nicht ermutigend, soviele 
ausführliche hieb- und stichfeste Proteste zu machen und zumeist 
überhaupt keine Zeile oder nur eine oder zwei ablehnende Zeilen 
Antwort zu erhalten. 

Und doch erfuhren wir immer wieder auf Umwegen, wie un- 
ang-enehm dei Partei und den Regierungsstellen diese kirch- 
lichen Berichte über neue Verfehlungen, der HJ, neue Gewalttätig- 
keiten von Parteileuten, neue Blasphemien in Versammlungen, neue 
Rechtsbeugungen, neue „Vertragsumdeutung, Vertragsumgehung, 
Vertragsaushöhlung, Vertragsverletzungen" u. ä. waren. Nahmen 
sie auch in echt nationalsozialistischer „Unfehlbarkeit" und Un- 
beugsamkeit fast nie etwas zurück, so zögerten sie doch oft, zum 
mindesten eine Zeitlang, einen weiteren Schritt zu tun. 

Selbst der brutale Christian Weber, der entgegen allen kirchlichen 
Beschwernissen und staatlichen Weisungen die herrliche Kirche im 
Schloß • Nymphenburg dem Institut der Englischen Fräulein wegnahm^ 
um sie zu einem Bibliotheksraum für sein Jagdmuseum zu machen, ge- 
stand später in vertrautem Kreise: „Mit der Kirche will ich nichts mehr 
zu tun haben. Da regnet es Einsprüche und Beschwerden, Schwierig- 
keiten und ,Nasen' von allen Seiten." 

■ Ein Regierungsrat des Polizeipräsidiums München, der dem Erz- 
bischöflichen Ordinariat München sehr viel zu schaffen machte, gestand 
einmal dem Verfasser: „Wenn ich an das Erzbischöfliche Ordinariat 
schreibe, dann überlege ich es mir sehr. Ich weiß: Wenn ich mir nur 
die geringste Blöße gebe, sticht das Ordinariat kräftig hinein." 

Im übrigen: Auch wenn so manche Beschwerde von Bischöfen 
und bischöflichen Ordinariaten keiner Antwort gewürdigt wurde 
und keinen augenblicklich sichtbaren Erfolg hatte, eine Wirkung 
hatte sie sicher: 

Sie zeigte den nationalsozialistischen Herrschaften immer 
wieder, daß es auch im Dritten Reich noch Stellen und Personen 
gab, die es wagten „nein!" zu sagen und die Dinge beim rechten 

^ 403 



Namen zu nennen; die es wagten, Reichsniinister, Gauleiter, Gestapo 
u. a. ins Antlitz zu widersprechen und in dieser oder jener Form 
zu erklären: 

„Was du tust, ist unrecht! 
Was du sagst, ist falsch! 
Was du vertuschest, ist schon bekannt! 
Was du anordnest, ist Kirchenverfolgung, Kulturkampf! 
Was du beschönigst, ist Verbrechen und Mord! 
Was du befiehlst, ist gegen Gottes Gebot und menschliches 
Gewissen!" 

W i r können und werden Gottes Rechte nie durch Staats- 
recht und Staatsgewalt brechen lassen. 

Wir erachten das Reichskonkordat und die Länderkonkordate 
als noch voll und ganz geltendes, innerdeutsches Recht und wer- 
den gegen jede Verletzung derselben Verwahrung einlegen. 

Wir werden auch die Rechte der Eltern wie der Einzel- 
persönlichkeit bis zum letzten verteidigen. 

V/ir werden, wie es Aufgabe unseres gottgegebenen Lehr-, 
Priester- und Hirtenamtes ist und durch das Schlußprotokoll des 
Reichskonkordates zu Artikel 32 ausdrücklich zugestanden ist, 
„keinerlei Einengung der pflichtmäßigen Ver- 
kündigung und Erläuterung der dogmatischen 
und sittlichen Lehren und Grundsätze der 
Kirche" widerspruchslos hinnehmen und dulden, vielmehr 
immer wieder und in jeder Hinsicht die im Naturrecht begründete 
und in Artikel 1 des Reichskonkordates gewährleistete „Freiheit 
des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen 
Religion" verlangen. 

Denn 

„M an muß Gott mehr gehorchen, als den 
Menschen" (Apg. 5,29). 

,,Habe ich unrecht geredet, so beweise es mir! 
Habe ich aber recht geredet, war um schlägst 
d u m i c h ?" (Jo. 18,23). 

„Dazu bin ich (gleich meinem Gründer) geboren 
und in die Welt gekommen, der Wahrheit 
Zeugnis zu geben" (Jo. 18,37). 

Trotz all deiner Machtmittel wirst auch d u noch erfahren, wie 
wahr der Apostel gesagt: 

,,Wir können nichts ,gegen'die Wahrheit, son- 
dern nur ,für' die Wahrheit" (2. Kor. 13,8). 

Wir Bischöfe, Priester und gläubige Christen halten uns jeden- 
falls an das Gebot und die Verheißung des Herrn: 

„Kämpfe für das Recht bis zum Tod! Gott, der Herr, wird für 
dich streiten!" (Sir. 4,28). 

404 



D. Das Kreuz steht! 

Nach langem Dunkel 

Wieder ein Licht. 

Nach langem Schweigen 

W i e d e r e i n W r t. 

Einerspricht:Freunde, 

Vieles ging verloren, 

Eins aber ist gerettet 

Aus N a c h t u n d N o t : 

DasKreuzISehtesan' 

AmMorgenundamAbend! 

Vergeßt nie das Leid! 

Aber verzweifelt auch nicht 

Am Sieg der Liebe! 

Horst Stankowski 
im „Jahr der Jugend" 1946. 

Der Kampf ist zu Ende, der Weltkrieg mit seinen tausenderlei 
Mordwaffen, der Kulturkampf mit seinem Ansturm gegen Gott, 
Christus und Kirche, mit seiner Menschenvergötterung, Menschen- 
versklavung und Menschenvernichtung. Leichen und Ruinen be- 
decken das Feld. 

Was nun ? 

Eine treffliche Antwort auf diese Frage gab Erzbischof Gröber 
von Freiburg in seinem Hirtenbrief vom 8. Mai 1945, aus dem 
bereits im 2. Kapitel des ersten Teiles einiges wiedergegeben wurde. 

„Was nun?" fragt da auch Erzbischof Gröber und fährt dann 
fort: ■ 

„Die Antwort auf diese Frage scheint uns nach den vorausgegangenen 
Darlegungen nicht schwer zu sein. Als Wichtigstes wird wohl gelten 
müssen, daß wir mit dem gründlich aufräumen, was wir eben als die 
geistige Ursache unserer Niederlage erkannten. Die n e u e 
Weltanschauung hat sich in ihrer Auswirkung selber das Urteil 
gesprochen. Es trat ein, was tiefere Kenner der Verhältnisse längst 
schon voraussagten: daß sie wohl zu einem Höhepunkt führen könne, 
aber dann an ihren Folgerungen zusammenbreche; denn ihre 
Grundlagensindfalsch. 

Esistfalsch, daß der nordische Mensch auf Grund seiner 
Veranlagung alle anderen Menschen wesentlich überrage und damit zur 
Weltherrschaft berufen sei. Die Gegenwart straft diese stolze Behaup- 
tung Lügen, ohne daß wir verkennen, daß das deutsche Volk große Vor- 
züge und Verdienste auf einzelnen Gebieten besitzt. 

Es ist falsch, die Rasse und das Volk zu vergotten 
und zu verewigen und den persönlichen Gott zu leugnen, den wir- auch 
wissenschaftlich zu erkennen vermögen. Wie klein war doch neben dem 
Allmächtigen dieser deutsche, eingebildete Gott, und wie jämmerlich 
und unbarmherzig hat der Krieg ihn entthront und ins erbärmliche 
Elend geworfen! 

Es istfalsch, denGlauben an ein Leben im Jenseits 
zu bestreiten und ihn aus den Herzen der Menschen zu reißen. 
Gerade jetzt, wo wir fast nichts mehr besitzen als unseren himmlischen 
Erbarmer'und unsere bittere Not, wird der Mensch nur dann sein 

405 



Schicksal ertragen können, wenn seine Seele an den ewigen und all- 
mächtigen Gott sich klammert ]xnd in ihm ihre Kraft, ihren Trost und 
ihr letztes Ziel- wieder erkennt. Ob nicht auch jene einst so Stolzen und 
Machtvollen, die nun flüchtig wie der Brudermörder Kain weiß Gott wo 
herumirren, um der Gefangenschaft und der verdienten Strafe zu ent- 
gehen, an den Christengott sich erinnern, vielleicht ehe sie ihren Revol- 
ver aus Verzweiflung selbsmörderisch an ihre pochende Schläfe setzen? 

Es ist falsch, das Christentum als Judentum zu 
brandmarken, wo doch jeder wissen konnte, wie sich die Juden zu 
Christus und seiner JLehre und zu den urchristlichen Gemeinden in 
Feindseligkeit stellten. 

Es ist falsch, einem extremen und erbarmungs'- 
losen Antisemitismus zu verfallen, um ein Volk auszurotten, 
das in seiner ihm aufgezwungenen Abwehr uns noch gefährlicher wurde 
als die größte feindliche Armee. 

Es ist falsch, daß das Christentum uns Deutschen 
als artfremd erscheinen müsse, wie ich es , in einer beson- 
deren Abhandlung in einem Gang durch unsere Geschichte vor kurzem 
noch ausführlich bewies. 

Es ist falsch, zu behaupten, daß der Mensch von Natur 
aus gut sei und daß es nur eine Sünde gebe, die Sünde gegen 
das Volk. Durch diesen Satz, der jeder Selbsterkenntnis widerspricht 
und die Herrschaft des Bösen und der Sünde in der Welt übersieht, hat 
in V/irklichkeit die Sünde bis ins Furchtbar- Verbrecherische überhand 
genommen, und es fällt unseren Besiegern leider nicht mehr schwer, 
unsere Schande dokumentarisch und photographisch in fast ganz Europa 
nachzuweisen. 

Es ist falsch, wenn man behauptet hat, der deutsche 
Mensch brauche nur seine Hände zu rühren und sich 
tapfer zu wehren, um ohne Herrgott und Gebet über alle widrigen 
Mächte Herr zu werden. Jetzt, wo wir geschlagen sind wie kaum je 
ein Volk, kann uns- nur die Rückkehr zu Gott und zur christlichen Ge- 
dankenwelt retten, wie sie in unserem Glauben niedergelegt ist und uns 
dazu verpflichtet, auf die Stimnie unseres Gewissens zu hören und die 
Gottesgebote^im Gedanken an die Verantwortung vor einem Ewigen und 
Allwissenden zu, befolgen. 

Das ist die allererste Pflicht in der jetzigen dunklen Stunde: 
Umkehr durch Verchristlichung! 

Das Rad der Zeit können wir freilich nicht zurückdrehen, aber 
Zeitideen können wir ausmerzen, die sich als verhängnis- 
voll und mörderisch erwiesen. Und sie müssen ausgerottet werden, 
in der Jugend zumal, die man, ob männlich oder weiblich, damit 
systematisch sowohl in der Schule als auch in den Organisationen ver- 
darb. 

Wenn wir aber diese Heimkehr zu Christus nicht brauchen, weil 
wir immer treu waren unserem Gott Und seiner Kirche, dann muß uns 
der herrliche Gedanke trösten und mit neuer Schaffensfreude erfüllen, 
daß wir mit dem verlorenen Krieg zwar unendlich viel an natür- 
lichen Gütern einbüßten und noch m-hr vielleicht durch Nach- 
kriegslasten opfern müssen, aber- daß doch unser tiefster und zuletzt 
einzig wahrer und dauernder Reichtum uns blieb und bleiben wird: 
unser Glaube und die unvergleichlich großen G n-a den 
unserer heiligen Religion. 

Sagen wir Gott für diese UnVergänglichkeiten, die niemand uns 
rauben kann, demütig frohen Dank auf den Knien! Wie arm sind hin- 
gegen die anderen, deren ganzeWelt in Trümmern liegt!" 

406 



Müssen wir nicht ebenso erschüttert vor diesen „geistigen 
Trümmern" und seelischen Zusammenbrüchen 
stehen, wie vor unseren ausgebrannten oder zusammengestürzten 
Häusern und Kirchen? 

»Mich erbarmt des Volkes" hat der gesprochen, dessen 
Kreuz wir verehren, und er sprach es zu den Leuten des Volkes, 
das ihn gekreuzigt hat. Und von seinem Kreuze herab hat er noch 
für dieses Volk gebetet, „Ich habe euch ein Beispiel gegeben" 
(Jo. 13,15). 

Gewiß, wir dürfen nicht in Weichheit und Kurzsichtigkeit auf 
die Gerechtigkeit vergessen und dürfen Verbrechen nicht 
ungesühnt lassen, aber wir dürfen und sollen handeln nach dem 
Worte des hl. Augustinus: „Ich verabscheue den Irrtum, liebe 
aber die Irrende n". 

Haben sie einst in Blindheit, Torheit und Haß 'frevelnd ge- 
sprochen: 

„Das Kreuz muß fallen, wenn ■ Deutschland leben soll", 

so wollen wir ihnen nach dem Fall Deutschlands und nach der 
Zertrümmerung des Hakenkreuzes sagen: 

,,Das Kreuz, Christi Kreuz, muß wieder auf- 
gerichtet, geehrt und gläubig umfangen werden, 
wenn Deutschland leben soll, wenn aus den Trüm- 
mern der Häuser, des Volkes und der Herzen etwas 
Neues und Besseres erstehen sol 1." 

Und, Gott sei Dank, es erwacht da und dort auch schon denen, 
die jahrelang das Hakenkreuz getragen haben, Erkenntnis und 
Sehnsucht nach Christi Kreuz. 

Ein Beispiel dafür steht in einem Brief, den der verantwort- 
liche Arzt eines SS-Lazarettes in Bayern, Sturmbannführer N., am 
6. Juli 1945 an den Erzbischof von München, Kardinal Faulhaber, 
geschrieben hat: 

„. . , Nun stehen die meisten unserer jungen Menschen da und kön- 
nen es nicht , glauben, daß ihre verantwortliche Führung sie verließ; 
noch weniger aber, daß das Dritte Reich ein Haus gewesen sein sollte, 
das auf Sand gebaut war und nun nicht mehr ist und auch nicht wieder 
erstehen wird. Es ist nun schwer, alles das wiederzugeben, was sich in 
der Seele dieser jungen Menschen, die hier von ihrer Verwundimg und 
Krankheit genesen, abspielt. 

Da ich ihnen in dieser Seelennot nicht Arzt sein konnte,, bat 
ich nach der Übergabe des Hauses an die Amerikaner den katholischen 
und protestantischen Stadtpfarrer, die Seelsorge meines Lazarettes • zu 
übernehmen, welches beide Herren bereitwilligst und mit großer Freude 
taten. 

Meine Gedanken, die mich zu diesem Entschlüsse führten, gingen 
dahin, daß wir uns im Kampf gegen Christentum und 
Kirche sc hwerversündigthabenundnundenWegzum 
Kreuz Christi wieder zurückfinden müssen, soweit 
wir ihn nicht schon gefunden haben. 

407 



Es ist der einzige, aussichtsreiche Weg für uns selbst und für unser 
Volk, wieder eine einigermaßen aussichtsreiche Lebensbasis zu finden. 
Außerdem wird es auch die einzigste Möglichlceit sein, durch den christ- 
lichen Glauben der Liebe den Haß und die Rachsvicht unserer Feinde 
zu mildern und vielleicht auch die Möglichl^eit herbeiführen, eine Hand 
zu finden, die in die unsere einschlägt. 

So möchte ich Eure Eminenz bitten, die SS-Männer in Ihre Seel- 
sorge einzuschließen; denn ich glaube, sie sind es wert, daß man sich 
um sie kümmert, daß sie auf den rechten Weg geführt werden und ihrem 
Volk nicht verloren gehen. 

Von den , Gottgläubigen', die aus der Kirche ausgetreten sind, haben 
viele den Wunsch, in diese zurückzukehren. 

Ich bitte Sie, Eure Eminenz, den Männern diese Möglichkeit zu 
geben, da es sich meist um sehr junge Menschen handelt, die diesen 
Schritt in jugendlicher Unreife getan haben. 

In der Geborgenheit der Kirche und von den Vertretern der Kirche 
umsorgt, dürften dann diese Menschen gefeit sein gegen alles, auch 
gegen das Gift des Kommunismus." 

Ein Wort aus diesem Briefe sei nochmals aufgegriffen: ,, 

„Meine Gedanken gingen dahin, daß wir uns im Kampf gegen 
Christentum und Kirche schwer versündigt haben und nun den 
W e g 2 um Kreuz Christi wieder zurückfinden 
müsse n." 

Jawohl: Vom Hakenkreuz zurück zu Christi Kreuz! 

Denn in Christi Kreuz allein ist E r 1 ö s u n g. 

„Ecce lignum Crucis, in quo salus mundi pependit!" 

In Christi Kreuz allein ist Heil und Heilung. 

„Crux Christi nos salvet!" 

In Christi Kreuz allein ist Hoffnung und Zuversicht. 

,,0 crux ave, spes unica!" 

In Christi Kreuz allein ist Kraft und Schutz, 

„Crux est fortis armatura 

Et protectio secura 

Conterens daemonia" (Bonaventura) 

In Christi Kreuz allein ist Sieg über alles Dämonische. 

„In hoc signO'Vinces." 

Das Kreuz ist die Standarte des „Herrn der neuen Zeit": 

„Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat." 

Christi Kreuz wird nie fallen! 

Ich schreibe diese Worte am Tage des hl. Johannes 
Chrysostomus (27, Januar). 

Wie einzig schön hat er in schwerster Stunde, vor seinem Gang 
in die Verbannung, die siegesbewußte Zuversicht und Ruhe ge- 
schildert, die ihn im Schatten des Kreuzes trotz aller Verfolgung 
und Bedrohung erfüllte und die jeden Kreuzesnachfolger in gleicher 

408 



cder noch schlimmerer Lage erfüllen kann und nicht bange werden 
läßt für die Zukunft der Kirche, auch wenn alle Macht der Welt 
und die Pforten der Hölle sich miteinander verbünden. 

Ich möchte diese Abschiedsworte des großen Kämpfers wider 
Staatskirchenoberhoheit (Cäsaropapismus) und Sittenlosigkeit hie- 
her setzen in Dankbarkeit für die Aufrichtung; die sie mir selbst 
des öftern in der Gefangenschaft gaben. Ich möchte sie aber auch 
wiederholen mit dem Wunsche, daß sie auch recht vielen anderen 
Stärkung geben, wenn sie verzagt in die dunkle Zukunft schreiten 
und selbst für die Kirche Gottes fürchten möchten: 

„Viele Wogen, furchtbare Stürme ! Aber wir fürchten nicht, daß 
wir zugrunde gehen; denn wir stellen auf einem Felsen. 

Das M e e r, mag es toben, diesen Felsen wird es nicht zerstören. 

Der Stur m, mag er heulen: Christi Schiff wird nicht versenkt 
werden! 

Und wahrhaftig, was .sollten wir fürchten? Den Tod? .Christus 
ist mein Leben, und Sterben mein Gewinn' (Phil. 1,21). 

Die Verbannung? ,Des Herrn ist die Erde und was sie erfüllt' 
(Psalm 25,1). 

Den Verlust der Güter? ,Wir haben nichts in die Welt ge- 
bracht, wir werden auch nichts aus ihx' hinausnehmen.' (1 Tim. 6,7.) 

Was die Welt Schreckliches hat, ich verachte es. 

Was die Welt Reizendes hat, ich spotte dieser Dinge. 

Ich zittere nicht vor der Armut, ich verlange nicht nach Reich- 
t u m, ich bebe nicht vor dem Tod e, ich hänge nicht am Leben, es sei 
denn um eurer Seelen willen. 

Niemand wird uns losreißen von unserer Liebe zueinander. Was 
Gott vereint hat, werden die Menschen nicht trennen. 

O Sterblicher, der du die Kirche bekämpfst, strecke 
deine Waffen, damit du nicht deine eigene Kraft vernichtest!"^ Was 
du tust, das heißt gegen den Himmel anstürmen. 

Kämpfst du gegen Menschen, so ist der Sieg zweifelhaft. Greifst 
du aber die Kirche an, so is er unmöglich. 

Alle Erden macht wird unendlich überragt von der Allmacht 
Gottes. ,Er schaut die Erde an — und sie erzittert'. 

Fester ist die Kirche als Erde und Himmel; denn ,Him- 
mel und Erde werden vergehen', von der Kirche aber ist gesagt: ,Die 
Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.' 

Hörst du nicht den Herrn sprechen: ,Wo zwei oder drei in 
meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.' Und 
wo eine solche Schar vei-eint ist, vereint durch die Bande der Liebe, 
da sollte er fehlen? 

Baue ich vielleicht auf die eigene Kraft? Nein! Ich besitze 
die Verheißvmg -des Herrn: Ich trage seine Handschrift bei 
mir, auf diese stütze ich mich wie auf einen Stab. Mag der ganze Erd- 
kreis erschüttert werden, ich halte den Schutzbrief meines 
Herrn in der Hand; ich lese seinen Inhalt, der mir eine Mauer und 
ein unbezwingbarer Schutzwall ist. Soll ich euch den Schutzbrief meines 
Herrn vorlesen? ,Ich bin bei Euch alle Tage bis ans Ende 
der Zeiten.' 

Christus ist bei mir! Wen soll ich fürchten? 

409 



Mögen die Wogen heranbrausen, mag das ganze Meer sich mir ent- ' 
gegehtürmen, mag der Zorn der Herrscher entbrennen: das alles 
fürchte ich weniger als Spinnengewebe. Mein Wahl- 
spruch bleibt: ,Herr, dein Wille geschehe!' ' \ 

Will Gott meine Verbannung, ich bin bereit. 

Will er, daß ich hier bleibe, auch dafür danke ich ihm, 

,Wie immer er es fügt, stets sage ich ihm Dank'." 

Vielleicht ist mancher beim Lesen dieser Worte versucht, vieles 
davon noch nachträglich den „Tyrannen und Titanen" des Dritten 
Reiches nachzurufen und ihre Vermessenheit zu verdammen. 

Wichtiger aber ist, daß. er sie wie ein Senkblei in sein 
eigenes Herz dringen und dort das Innerste aufwühlen läßt 
mit der Frage: 

Habe i c h den Kampf gegen diese „Himmelsstürmer" ehrlich 
mitgekämpft und mannhaft bestanden, vom Anfang bis zum 
Ende? . 

Habe ich bis aufs Blut dieser Sünde widerstanden? 
(Hebr. 12,4). 

Oder habe ich feige die Waffen gestreckt und ,,H e i 1" dem 
zugerufen, der ein Fluch war für die Welt, für sein Land und 
sein Volk? 

Habe auch ich das Hakenkreuz statt Christi Kreuz ge- 
tragen und mit den Wölfen geheult, sei es still oder laut? 

Habe ich um meiner bürgerlichen Ruhe willen oder zur 
Wahrung meiner Stellung oder zur Erlangung einer Gehalts- 
vorrückung oder zu geschäftlichen Vorteilen oder 
aus Angst vor Drohungen oder aus Besorgnis vor Benach- 
teiligungen oder aus Furcht vor Verspottung meine Über- 
zeugung zurückgehalten oder gar verleugnet und das Knie gebeugt 
vor Baal (3, Kön, 19,18)? 

Bin ich so mitschuldig geworden an der Entfaltung und Ver- 
massung dieser gottwidrigen Macht und ihrer scheußliehen Ver- 
brechen? 

Wie auch der einzelne hierin sich selbst anklagen und schuldig 
bekennen muß, eines wollen -wir alle zusammen tun, gleich Jo- 
hannes Chrysostomus: 

Gott danken! 

Ja, Gott danken, daß wir befreit sind 

von dieser Höllenmacht, 

von Gotte.shaß und Menschenvergötterung, 

von völkischer Überhebung und Kriegsfurie, 

von Gewissenszwang und Verlogenheit, 

von Kirchenverfolgung und Kreuzesverachtung, 

410 



von Menschenentrechtung und Menschenentwürdigung, 

von tausend Fesseln und Ketten, 

von dem „Drachen, der alten Schlange, 

die der Teufel, der Satan ist" (Offbg. 20,2)! 

„Alleluja! Das Heil, die Herrlichkeit und die Macht 
gehören unserna Gott. Wahrhaftig und gerecht sind seine Ge- 
richte. Er hat das Gericht vollzogen an der großen Sünderin, die 
durch ihr Buhlen die Erde verdarb, fcr hat gerächt das Blut seiner 
Knechte, das an ihrer Hand klebt" (Offbg. 19,1 ff.). 

„Stat crux, dum volvitur orbis." 

„Es steht das Kreuz, wenn auch der Erdkreis sich drehtl" 




411 



PE RSONEN VERZE ICHNIS 

Arabische Zahlen ohne römische bedeuten den 1. Teil, mit und nach II den 2. Teil 



Abel, Kreisschulrat ' 117 

Ackermann, Pfr., Rodalben 138 

Aigner Korbinian, Pfr. 335 

Alexander VI. 23, 11/348 

Algermissen, Germanentum u. 

Christentum 226 

Amann, Reichspressekammer 210 

Anders: „Der König reitet" 23, 276 ff. 

Aßmuß Burghardt: 

Jesuitenspiegel 274 

Schicksal von Nonnen 274 

Klosterleben 274 

Auracher, München 314 

Bachem, J.P., Köln 215 

Bäumler, Stab Rosenbergs 122 

Barbarossa, Kaiser 114 

Bares, Bischof von Berlin 11/311 
Bauer J., Stadtschulrat 97 

Barbisch, Pg., Wasserburg 266 

Barion, Professor 105 

Baum Adolf 159 

Baumann Josef S. J. 162 f. 

Beck, Gestapo München 221 f. 

Beer, Kurat, München 192 

Benedikt XV. 23 

Bergen Dr. Diego, Botschafter 11/50 

11/298 
Bergmann Ernst 11/203 

Berkmanp, Dr. Max, Berchtes- 
1 gaden 251 ü. 

Berning, Bischof, Osnabrück 

11/389 ff., 11/392 
Bernreuther-Verlag 215 

Bertram, Kard. v. Breslau 

Mitgliederlisten 193 

Kath. Verbände 11/312 

Presse 11/342 f. 

Sterilisation 11/352 f. 

Euthanasie 11/357 ff., 11/363 

Best M. 11/23 

Bettinger, Oberamtsrichter 195 

Bischöfe Deutschlands 

Jugend 11/298, 11/299, 326 • 

Aug. 1935 Denkschrift 11/313 

11/327 

1935/36 Hirtenwort 11/314 

11/400 

5. 9. 1936 Sittlichkeitsproz. 11/278 

1937 Denkschrift 11/314 f. 

Juli 1937 Aussiedlung der 
Nichtarier 11/392 

1941 11/67, 11/67, 365, 371 

1942 11/67 

412 



1943 August 11/68 

12. 9. 1943 11/69, 301 

Bischöfe Bayerns 
Abbau der Klosterschulen 101 f. 

102 ff. 

Religionsunterricht 109 

Angriffe 143 

Ordenshochschulen 148 

Keine Staatskirche 11/100 

Verschiedenes 11/113 

Sittlichkeitsprozesse 11/115 

Vereine 11/117, 301 f. 

Religionskrieg 11/117 

Orden 11/276 

Jugend 11/301 

Arbeitervereine 11/313 

Presse 11/326 

Bischof von Metz 37 

Bischof von Straßburg 37 

Bischoff, Gestapo Posen 63 f. 

Blank, Schulleiter, Regensburg 115 

Blauärmel J., Gaurevisor - 158 

Blum, Gauleiter 300 

Boepple 65, 100 

Bomhard, Dr. Hans 11/20 

Borcers, Gaurevisor 158 

Bormann, Reichsleiter 157 f., 358 

II/273ff. 
Bornewasser, Bischof von Trier 

28, 36 
Schulabstimmung 98 

Klosterraub 156 

Kirchen in Polen 294 

11/159, 11/200 

Klostersturm 11/266 

Klöster Elsaß 11/275 

kathol. Presse 11/320 

Silvesterpredigt 11/320 

14. 9. 1941 Euthanasie 11/371 

Don Bosco 11/297 

Bracht, Gauleiter, Euthanasie 308 

Breitenberger Franz, Kaplan 338 

Brandl, Brotfahrer 11/20 

Büchting Anton 35 

Bülow, Werner von 113 f. 

Bürckel, Gauleiter 105 

Buchberger, Dr. Mich., Bischof 

von Regensburg 41, 48 

Buchwieser, Generalvikar, 
' München 300 

11/105 f£. 

11/332, 334 f., 337 

341, 346, 350 

Burgmaier, Gesegnete Brautzeit 226 



Burkhard Joh. 336 

Buttmann, Ministerialdirekt. 11/403 
Byörn Hanson, Norwegen 11/18 

Carls 11/22 

Cicero 11/374 

Cini, Minister 11/18 

Clemens, Generalsekretär 185 

11/298 
Conti, Reichsärzteführer 11/366 

Corvin, Pfaffenspiegel, Die 

Geißler 274, 11/331 

11/350 ff. 
Cohnen- Andres: 

Die Lehre von der Kirche 111 

Dähl, Zum Mythus des 20. Jhdt. 226 
Darre, Bauernkalender 212 

Dauser 11/31 

David, Kapitularvik., Köln 11/270 f. 
Delestraint, General 11/18 

Delp P. Alfred, S. J. 162 f. 

Dempf AI., Meister Eckehardt 213 
Deppisch Gregor, Pfr. 334, 336, 347 
Diem, SS-Brigadeführer 304 

Dr. Dinter (Die Deutsche Volks- 
kirche) 24, 27 
Doerner Dr., Justiz-Presseref. 134 f. 
Dollfuß- Gedächtnis-Messe 70 
Gebet 289 
Donahue, Weihbischof v. New- 

York 11/398 

Donderer, Kreisleiter 119 

Dorpmüller Dr., Generaldirekt. 

der Reichsbahn 300 

Dümig Hermann, Benefiziat 333 f. 

336,347 
Dürr, Propagandaministerium 11/341 
Dyck van, holl. Kriegsminister 11/18 
Dym'ek Dr., Weihbischof Posen 63 

Eberle Dr. J., „Das Los der 
Christi. Presse im 3. Reich" 383 

. II/ll f. 
Eberstein, Friedr. Karl, Frhr. v. 186 

11/329, 11/403 
Ehrenfried Dr. M., Bischof von 
Würzburg, Demonstration 33 

Grenzkontrolle 37, 11/328 

Beerdigung Hafner 83 

Mar. Kongregation 174 

Bedrängnis des Bischofs . 334 f. 
Eisenmann, Pf. in Alsleben 334 

336, 347 
Elser-Eller 11/23 

Eisner Max n/180 

Eltz V. Rübenach 300 

Emanuel, König von Italien 11/380 
V. Epp, Reichsstatthalter . 34 

300, 11/401 



Endrös, Kreisleiter ■ 78 

Erzberger 23 

Canterbury, Erzbischof von 11/369 
Esser, Staatsminister 11/320, 403 
Eucharius hl. 280 

Eulenburg, Sittlichkeitsproz. 11/28^2 

Faulhaber, Dr. Mich., Kardinal 
„Steinwürfe" 25 

Beschimpfung 29 

Spottbild 32 

Anpöbelung 34 f. 

Bischofshof 37 

Adventspredigten 44, 11/320 

Predigt, beschlagn. 47 f., n/328 ff. 
Predigtüberwachung 49 

Theol. Hochschule 105 

Judentum, Christentum, Ger- 
manentum 224 f. 
Val. Mayer 3. 4. 1937 231 f. 
Waff enausrüstimg 254 
im Tischgebet 259 
Fronleichnam 1939 306 
Euthanasie 307, n/14, 354, 359 
Judenhetze 327 
Rupert Mayer n/16,163 
Denkschrift, Begleitschr. 11/71 
Hirtenbriefe 11/119 
Silvesterpredigt 11/244 
Attentat 11/281 
Kath. Vereine 11/300 
Staatsjugend 11/304 f. 
Klerus 11/315 
Fahrmeier W., HJ 93 
Fergg, Bad.Tölz 11/337 
Ferrero Colonello 11/18 
Fischer, Gaustabsleiter 11/371 
Fleißner M., Trauung 300 ff. 
Foltz Karl 35 
Freiberger Joh., Pfarrer 237 
Frey Kurt 81 
Frick, Reichsminister 140, 194 

11/302 
Friedrich Henriette 314 

Friedrichs Reinh., Münster 11/177 f. 
Fritsch Dr., Freiburg, Rede 321 

269, 291, 319 
Frommknecht, München 11/21 

Funk Walt., Reichswirtschafts- 
minister 129, 329 
„Fuchs" Stevens II/18, 23 

Gärdtner Camillo 300. 

v. Galen, Bischof von Münster 

Hirtenbrief 1936 106 

Religionsunterricht - 109 

Krankenhaus Duisburg 146 

Kirchenzeitung München 216 

Amboß n/16£, 262, 309 

413 



Klostersturm 11/177, 257 ff., 273 

Anklage: Mord 11/364 ff. 

Beschimpfung 11/369 

Garibaldi Santo, General H/18 

Geiger Karl 35 

Gerhäuser, SS-Sturml, 

Trauung" 304 

Gerlich Dr., „Der gerade Weg" 222 
Geßner, Dr., Hannover 194 

Geusert, Liebe Deine Kirche! 

Verbot 223 

Gieispach Dr., Euthanasie 11/360 

Goebbels Dr. 23, 28 

Hirtenbrief gegen Rede 46 

Propaganda-Aufgabe 123 

Devisenprozesse 129 

Sittlichkeitsprozesse 133 ff. 

140, 11/12, 11/278 

Tageszeitungen 199 

Justiz und Presse 210 

Kirchensteuern 239 

Judenpogrom 325, 11/13, 11/272 

Diffamierung der Orden 11/276 

Rede Deutschlandhalle 11/282 f. 

11/291 
Kirchenblatt Berlin 11/342 

Gie'sler A., Der 2. Schweizer 

Katholikentag 11/374 

Göring H., Meldepflicht jüd. 
Vermögens 329, 11/13 

Münster Klostersturm 11/260 

11/265 
18. 7. 1935 11/302 

11/291 
Göring Frau. ~ 315 

Göttl Heinrich 50, 136 

Gottschling, „Zwei Jahre . . ." 

213 f., 274 

Griese Franz 
Ein Priester ruft: Los von 
Rom und Christus ' 274 

Irrtum des Christentums 274 

Grimm P. Alois, S. J. 162 f., 11/272 

Gröber, Freiburg 
Hirtenbrief 19 

Beleidigung (Fritsch) 33 

Hirtenbrief-Verbot 46 

Wallfahrt Birna 71 

Klosteraktion Elsaß 159 ff. 

„Einer ist Euer Lehrer" 227 

„Kirche, Vaterland, Vater- 
landsliebe" 228 
Kanonenschläger 304 ff., 11/201 
Klostersturm IX/274 ff. 
Sterilisation 11/353 
Euthanasie 11/355 f. 
Hirtenbrief 11/405 

Größer P., Gen.-Skr., Raphael- 
verein 11/398 



Grohe, Gauleiter 


11/321 


Grohne, Dr. 


135 f. 


Groß, Gaurevisor 


158 


Gürtner 


11/287 


„Das kommende 


deutsche 


Strafrecht" 


11/358 


Euthanasie 


n/359 ff. 



Hafner Georg, Pfr. 83, 333, 337, 347 
Hafner J., Verlagsinhaber 224 

Hagen, Ingenieur 83 

Harth, Domkapitular, Würzbg. 335 
Hartmann, SS 285 

Hattingen, Oberstaatsanwalt 143 

, 11/257 
Haß Heinz: „Adresse und An- 
zeige" (Kalender) • 211 
Hausner Dr., Salzburg: Eutha- 
nasie 3,11 
Hayler P., S. J. - 160 
Heine Heinrich: Religion und 

Philosophie in Deutschland 248 
Heinrich der Heilige 327 

Heinzinger J., München 94 

Heinzmann Bernh., Augsburg 336 
Hermann P. Joh. Nep. 60 f. 

Heß, Kirchenerlaß 68 

Weihnachtserlaß 79 

Heß P. Salesius OSB., Münster- 
schwarzach 334, 336, 347 
Hey den P. Gebhard 56 ff. 
Heydrich, SS 125, 175 
Hildl, Bauingenieur 296 f. 
Himmler 
SS-Befehl 80 f. 
Orden 125 
Befehl zur „Umlegung" 163 
Volks-staatsfeindl. Vermög. 242 
Klöster Westfalen 11/265 
Klöster Elsaß 11/274 

276 

Vereine 11/302, 11/399 

Hindenburg, Reichspräsident 277 

Hipp, Kultusminister 99 

Hitler 11 

in Rom 13, 22, 270 

Geburtstagsgeschenk 105 

— und Jesus Ulf., 255 

— als Märchenprinz 115 

— bild 118, 251, 253 

— in Liedern 121, 180 
■— schulen , 122, 282 f. 

— und Ordensnachwuchs 146 

— Herr der neuen Zeit 180 

— und Kirchensteuern 239 

— Rosenberg 258 

— Altar 251 

— Gebet 251 

— = Konrad v. Büren 277 

— Audienz v. Bischöfen 282 



414 



T- und Voltaire 


283 


— Erlöser 


292 


— und Konkordat 


384 


Denkschrift an ilin 


11/71 ff. 



Christentum und Kirche 11/73 ff. 

Mordplan 11/167 

nicht göttl. Wesen 11/266 

Klöster Elsaß 11/274 

Mein Kampf 11/284 

13. 7. 34 Parteireinigung 11/286 

Mundelein 11/13, 291 

Kath. Verbände 11/312 

Reichstagsrede 11/377 

Hlond, Kardinal, Posen 327 f. 

Hock, Dr. Mich. 50, 210, 335, 11/22 

Höfner Mich. 11/181 

Hofer, Gauleiter 105, 149, 296 f., 

11/375 ff. 
Hofius Dr.: Devisenprozesse 127 
Hofmeister Korb., Abt v. Metten 336 
Hollweck, Gestapobeamter 11/23 
Holtzmann, Schw. Angela 314 

Hompf, Dr., „Reich u. Religion" 

123, 272 
Hoppe Aug. 291 

Huber A., München 215, 11/381 

Huber P. Hermann S. J. 162 f. 

Hugger P. S. J. 160 

Jam, Kath. Kirche, eine Gefahr 

für den Staat , 213 

Johannes Chrysostomus 11/408 f. 

Irrgang Thomas, Lehrer, 

Schliersee 121 

Johlitz, Gauobmann 11/371 

Jung P. Alois S. J. 162 f. 

Kahr, Ministerpräsident 29 

Kaller-Ermland: Hirtenbrief 46 
Kammerer, Kreisl. 238, 251 ff., 290 
Karl der Große 223, 263, 266 

Kaspar, Fürsterzbischof Prag 28 
Keitel, Feldpostanschriften .86 

Kerrl Dr.: 

„Priester unbehindert" 42 

Druck 'der Hirtenbriefe 47 

Feldpostanschriften 84 f., 86 

Religionsunterricht 105 f. 

Sittlichkeitsprozesse 140 

Ordensnachwuchs 146 ff. 

Ausstellung Frau u. Mutter 279 

Evangel. Kirche 3721 

Klöster in Münster 11/260 f., 11/265 

Ketter Dr. Peter 11/201 

Kienitz E. v., Christi. Ehe 226 

Kikath Dr. Karl, Berlin 317 

Klaveneß, Norweger 11/18 

Klein, Erzbischof, Paderborn 35, 131 

Klinkowström, ■ Pflegeanstalt 

• Mauer-Ülling 314 f. 



Klausner, Leiter d. Kath. Aktion 263 
Kneip, „Das Reich Christi" 213 
Koch Anton: „Der neue My- 
thus u. der alte Glaube 226 f. 

11/200 
Koehler- Verlag A. F. 213 f. 

König, Pg., Wasserburg 266 

Koenig Emil, Hexenprozesse 274 
König P. S. J. 162, 11/14, 11/272, 

274 ff. 
Königsegg, Berta, Gräfin v. 11/375 ff. 
Körbling P. Anton 54 ff., 162 f. 

„Kohlenklau" s. Visintainer n/22 
Kolbenheyer, Heinrich IV. 23, 276 
Kolping 11/297 

Koluhibus 23 

Kottmann, Generalvikar, Rot- 
tenburg 11/356 
Kraus, Dompf., Eichstätt 11/168 

11/170 
Kraut Magdalena, Grafeneck 312 
Krebs, Dr., Freiburg 44 

Krieger Karl 139 

Kriger (im Polizeipräsidium 

München) 225 

Krone Dr. H., Die Kirche in 

unserer Zeit 215 

Krupka 11/344 ff. 

Kummer, Ebersberg 11/333 

Kurz Josef, Gaurevisor 158 

Lambert Dr. Karl, Gen.-Vikar 

821, 11/19 
Lammers Dr., Reichsminister 

11/265, 11/357, 11/360 
Landgraf Joh., Pfr. 336 

Lang A., Ludwig-Missions-V. 11/337 
Lang P. Berthold S. J. 162 f. 

Lebsche-Klinik, München 11/273 
Lederer, Kapl., Mü.-Trudering 165 1 
Lederer, Kreisleiter 771 

Leffers Msgr. 59, 258 

Legge, Bischof von Meißen 37 

Leicher P. S. J. 160, 11/271 

Lemke, Major a. D. 286 

Lenz Joh. Mar. S. J., Wien 346 

11/21 1 
Leo XIII. 

Weltrundschreiben: Gesell- 
schaftslehre 11/312 f. 
Ley: 
Richtlinien 259 
Hitlerschulen 282 
Sturmbannführer = Priester 292 
Vereine 11/302 
Arbeitsfront Doppelmitglied- 
schaft 11/311 ff., 3151, n/322 

11/400 
Liegl Josel Hartheim 312 1 

Lindauer Berta, Grafeneck 312 



415 



Lindner, Lehrer, Affecking 119 

Linz, Bischof von 28 

Lippert P. 220 

Bücher beschlagnahmt 226 

Loehde, Der Papst amüsiert sich 274 
Loibl, Alfecking 1191 

Lorenz Emil, Gaurevisor, Baden 158 
Louis, Belgier 11/18 

Ludendorff E. u. M. 
. Bibel nicht Gottes Wort 274 

Erlösung v. Jesus Christus 274 
Geh. Ziele u. Macht der Je- 
suiten 274 
Am heiligen Quell ... 328 
Deutsche Gotterkenntnis 377 
Papstschmähung II'83 
Deutsche Glaubensbewegg. 11/322 
Ludwig der Fromme 113, 327 
Luther 26, 111 
Lutherbild 116 
Lutze, Reichsführer SA 74 
NS Glaube 291 

Mac Grath 11/18 

Machens J., Bischof, Hildesheim 36 
Mangold P. Petrus 336 ff., 344, 348 f. 
Marahens, Landesbischof 372 

Martin Dr., Glaube und Leben 110 
Mayer Joh. Gg. 60 

Mayer, Ortsgruppenleiter 90 

Mayer P. Rupert 32, 50, 51 ff., 162 f. 
336, 11/16, 11/163, 11/271 f. 
Mayer, Dr. Valentin 

Weltrundschreiben 231 ff. 

Mayr, Polizeidir. München 48 

216, 11/334 
Mayr Max, Pfarrer 336 

Meisel Paul, Stadtpfarrer 335 

Meyer Dr., Gauleiter Münster 11/260 

11/266 
Michael Germanikus 

Offener Brief 11/12, 11/283 ff. 

Muckermann Hermann 44 

Vorträge 44 

„Grundriß der Rassenkunde" 213 

Eugenik 226 • 

Eugenik u. Katholizismus 226 

Sämtliche Werke 227 

Kind und Volk 228 

Halbjude 327 

Spitzeldeckname 11/19 f. 

Der Deutsche Weg 11/324 

Müller, Reichsbischof 372 

Müller .N., Krim.-Sekr., Münch. 56 

Müller Franz Josef S. J. 162, 336 

Müllner, Kreisan>tsleiter 183 

Münch Kurt, Deutschkunde 273 

Muhler Dr. Emil, Stadtpfarrer 335 f. 

Wahrheitsbeweis 11/23, 11/273 

Religion und Rasse 11/386 ff. 



Mundelein, Kardinal 28, 111, 11/13 

11/98, n/283, 287 ff. 

Mussolini 108, 11/380 

Neil Breunig S. J. 130, 160, 11/271 
Neuhäusler, Domkapitular 17, 192 
336, n/22, 24, 105 ff., 183, 337 f. 
Neururer 82 f. 

New- York, Erzbischof u. Kard. 

11/393 
Niemöller Martin 348, 372, 11/22, 179 
Nietzsche, Euthanasie 308, 11/124, 362 
Nippold, Gauleiter , 48 f., 3221 

Nittweger Pg., Trauung 298 

Nuntius Apostolischer 96, 11/14, 

25, 11/27, 306 

Obermayr, Schliersee 259 

Obermeier Franz, Brandenburg 314 
Oberstötter 35 

Ochsenfeld 11/174 

Orsenigo, Ap. Nuntius 96, 11/14, 

25, 27, 306 
Osterhus, SS-Hauptsturmf. 11/21 f. 
Ostermann, Pfr. New- York 11/398 
Ottmann Dr., München 90 

Paffrath, Gottes Licht im Alten 

Testament 226, 11/201 

Papen, Vizekanzler , 11/403 

Paradies H., Dornröschens Er- 
wachen 112 
Pauly, Minister, Oldenburg, 

Schulkreuz 116 

Peitsch Otto, Heidenlied 256 

Peters Wilhelm, „Adresse und 

Anzeige" (Kalender) 210 

Petzold Karl, Gaurevis., Sachs. 158 
Pfandmüller' Dr., Chefarzt 25 

Pfeifler- Verlag 216, 223 ff. 

Pies P. Otto S. J. ' • 336 

Piguet Gabriel, Bischof v. Cler- 

mont-Ferrand . 37, 11/18 

Pieper Karl 11/201 

Papst Pius XL 11 ff. 

.,Halbiude" 23, 327 

Weltrundschreiben 60, 230 

Empfang d. deutsch. Jugend 181 

Konkordat 11/27 

Verunglimpfung 11/64 

Osterbotschaft an Jugend 11/294 

Euthanasie 11/374 

„Judenpapst" 11/381 

Pius XII. 

Pacelli „Volliude" 23, 327 

Spottbild 25 

Legat in Frankreich 26 

Ansprache vom 2. 6. 45 11/26 

Popovic, Jugoslave 11/18 



416 



Preysing, Bischof von Berlin 

Hirtenbrief 1937 106, 109 

HJ 168 

Kalender 211 

Ausst. „Frau und Mutter" 279 f. 

Klosterkampf 11/14 

Kirche und Staat 11/162 

Jesuiten 11/271 f. 

Sittlichkeitsprozesse 11/277 ff. 

Bistumsblatt 11/342 f. 

Prinz P. S. J. 162 

Probst, Sportleiter der DJK 175 

Przywara Erich 11/180 

Quack Hermann, Pfarrer 336 

Quex, Hitler junge 111 

Rabe, Gaurevisor 158 

Rackl, Dr. Mich., Eichstätt 35 f., 294 

Kreuzfrevel 11/150 If., 168 ff., 

170 ff., 174 ff. 
Kahl Ludwig Paul 35 

Rascher Dr., Dachau 11/21 f. 

Rath Ernst v., Ermordung 330 

Raupp Walter 139 

Resch, Landgericht München 56 
Reventlow 11/322 

Revetzlow K., Priester u. Frau 

im Beichtstuhl 274 

Richter A. 24 

Richter Dr., Reichspressekamm. 233 
Rief Hedwig, Grafeneck 314 

Röhm 
Sittlichkeitsprozesse 143, 11/282 
-Putsch 175, 11/286 f. 

Römer Heinrich 336 

Rösch P. S. J. 160 ff., 11/14, 11/164 

201, 11/271 ff. 
Rohrmeier Martin, Affecking 119 f. 

336 

Rommelt Luise, München 92 f. 

Rose: Rom mordet ... 213 

Rosenberg: Weg der Jugend 175, 239 

Theologe 257 ff., 322 

Rattenfänger 275 

Ausstellung: Judentum 323 f. 

11/72, 76 ff., 126; 134, 152, 198 ff, 300 

Dunkelmänner 22, 258, 276 

Mythus 20, 39, 202, 257 ff ., 279 

11/29 f., 126, 134, 152, n/199 f., 322 

Roth, Regierungsrat 86, 335, 11/261 

n/337 f., 11/403 
Rothaüge, „Mordrichter" in' 

Nürnberg . 163 

Ruder, Gauschulungsleiter 284 

Rummel Dr. Jos. Franz 11/398 

Rust, Minister 176, 177 

Sager Michael, Kath. Arb.-Ver. 196 
Sapicha, Bischof, Krakau 28 

Kreuz und Hakenkreuz 27 Bd. II 



Schacht Dr. H., Devisenproz. 127, 131 
Schemm Hans, Kultusminister 172 f. 
Schenzinger, Hitler junge Quex 111 
Scherrmann Erwin, Pfarrer 11/345 
Scherzi P., Redemptorist 11/334 

Schimmel, Gestapo München 

Regierungsrat 241 f., 11/276 

Schinke, Gau-Schulungsref. 260 
Schirach Baidur v. 175 ff., 183, 219 
255, 11/300, 11/316 
Schleger Fr. Leo, Schriftenver- 
bot 223 
Schlegl Dr. Armin 11/181 
Schmeling, Bayer. Pol. Pol. 11/333 
Schmidt Friedrich (S. J. ?) 139 
Schmidt, Pg. 159 
Schmitthenner Dr. Paul, 

Führer und Völker 111 

Schnabl Dr., Oberstaatsanwalt 50 
Schneider Dr. Josef . 11/350 

Schnell Dr., Kirchenführer 221 f. 
Schönberger Jos., Pfr. in Weil- 
dorf 238 
Schönenberger P. S. J. 160 
Scholz-Klink, Frauenführerin 269 
Schott Dr. 32, 265 ff. 
Schülle, „Theologiestudent" 139 
Schulte, Kard., Köln 11/82 
Schulz, SS-Obergruppenführer 255 
Schwab Fr. Otto, Bamberg (?) 139 
Schwabe, „Westdeutscher Beob- 
achter" 139 
Schwarz, Reichsschatzmeister 

1231, 157, 324 
Schwarzhuber K., SS-Hauptstf. 

300 ff. 
Schweinsdorf . 96 

Sebastian hl., Soldatenpatron 254 
Sebastian, Bischof v. Speyer 28, 98, 

1181 
Sebecker G., Freiheitsflammen 

249 ff. 
Seitz Friedrich 336 

Seitz Jos., Präm.-Stift Wüten 340 
Selzle Erich, Kaplan 337 

Siebert 11/403 

Soden von Karl Oskar, Frhy. 44 
Söchting, Gestapo 2341 

Spießl Ludwig, Benefiziat 336 

Spitzenauer P. Josef S. J. 336 

Spreti, Graf 11/20 

Sproll-Rottenburg : 
Beleidigung 33 

Verbannung 11/64, 178 

Beichtsiegelmißbrauch 11/346 f. 
Stankowski Horst 11/404 

Steiner Dr., „Kirchenführer" 221. 1 
Steinkelderer Dr. Jul., Innsbr. 340 
Stepp Dr., Polizeidir. München 48 

229, 230 1 

417 



Stevens „Fuchs" Engländer 11/18, 21 
Steves Fritz, Führer des Jung- 
bannes 93 
Stier P. S. J. 160 
Stippberger, Gauredner 321 
Stonner Dr. Anton, . . . Führung 

Jugendlicher 227 

Stratmann O.P. 44 

Streicher 31, 76, 237 f., 292, 317 f., 324 

Tamburini 11/18 

Terboven, Staatsrat 45, 176 

Thalhamer Josef 81, 11/332 

Thoma Emil, Ffr., Eppingen 336 
Thoma, Weg, Wahrheit, Leben 111 
Thomas von Aquin 267, 11/12 

Timpe Gg. PSM. 11/392 f. 

Tögel Prof. Hermann 

Germanisches Gottgefühl 112 

Tomalesky, Redakteur 11/18 

Trott, Ortsgruppenleiter 90 

Traber, Stettin, Frauenschafts- 
leiterin 268 f. 
Trellinger (Landger. München) 56 



Ullmann, Kz. Dachau 
Utsch P. Martin, Hiltrup 



11/22 
128 

160 



Villinger P. S. J. 
Visintainer Wilhelm 

„Kohlenklau" 11/22 

Vogl, Schulleiter, Mühldorf 104 
Vogl Msgr. Karl, „Altöttinger 

Liebfrauenbote" 220 

Voltaire 233 

Wagner Adolf, Staatsminister 48 f. 



Feldpostanschriften 85 

Theol. Hochschule 104 f. 

Jesuitenkampf 161 

Wagner Dr. P. Albr., St. Ottilien 337 
Wagner, Gauleiter, Baden 68 

Elsaß 157 

Waldburg-Zeil P. S. J. 161, 11/273 
Waldmann P. S. J. 192 

Warmuth Dr. Jos. 11/23 

Weber Christian 11/403 

Weigand Konrad, Pfr. 334, 336 

Weingartner, Propst, Innsbruck 83 
Weiser, Bubengeschichten ,223 

Werner Dr. 372 

Wiedenhöft B., Deutsche Glau- 
bensbewegung 376 f. 
Wiedenmann P. Joh. S. J. 336 
Wiencken H. 64, 209, 11/14, 11/272 
Wiesend, Kreisamtswalter 115 
Will Ernst, München " 95 
Will Dr., Nürnberg 321 
Willi (Reichspressekammer) 62 
Wilmsen P. Rudolf, Hiltrup 128 
Wohlrab E. H., „Germanisches 

Gottgefühl" 112 

Wolker, Generalpräses 176, 226 

11/159, 11/297 f. 
Worlitschek A., Schriften- Ver- 
bot 222 f. 
Würl Siegfried, Pfarrer 340 
Würschinger, Jungbannführer 108 
Wurm Dr. Alois 11/202 



York, Graf von 
Zamoiski, Graf, Polen 



163 

11/16 



418 



SACHVERZEICHNIS 

Arabische Zahlen ^ohne römische bedeuten den l. Teil, mit und nach II den 2. Teil 



Aachen, Krankenanstalten 145 

Beschlagnahmte Bücher 227 

Druckerei Metz 234 

6 Priest, d. Diöz. in Dachau ' 337 

Abbau klösterl. Lehrkräfte 

Hirtenbrief 46 

Vollzug 100 ff. 

ABC, schwarzes 40 

Abstimmung, Schule 97, 99 

Abwehrbeschränkung 11/79 

Abzeichen, Tragen verboten 168, 
170 f., 184, 11/315, 399 
Aide-Memoires : drei 11/25 

Adolf-Hitler-Schulen 122, 282f., 

11/263 
Adventfeiern, weltliche 269 

Affecking (Ndb.), Schulkreuz 119 
Affidavits, Einwanderungs- 

Affidavits . 11/395 

Aichach, Predigt P, Mayer 54 

Akademikerverband, kath. 371 

Aktion, katholische 108, 254, 275, 

n/72, 88, 181, 296, 305, 380 

Alexianerbrüder 137f., 139 

in Amerika 11/289 

Aller, Schlacht an der — 121 

Allstädt, Residenzkapelle 300 

Alpenverein, Deutscher 87 

Altes Testament 110, 223, 266, 

318 f., n/36, 56, 65, 173, 201, 381 

Altkatholiken 283 

Altötting, Heiden-Hochz. 297, 11/401 

Altöttinger Liebfrauenbote 221 

Amtsblätter, bischöfl. 198 f., 235, 

379, n/12, 328 ff., 332, 338, 391 

Amtsgeheimnisse 11/15 f. 

Andachten, kirchliche Verbote 70 

Angestellte: 

Doppelmitgliedschaft 11/315 

„Angriff", Goebbels-Blatt 11/380 

Anstaltsverwahrung n/352 

Antichrist ohne Fesseln 248 

Wüten gegen Christentum 249 

gegen Heiliges 289 

gegen unwertes Leben 307 

gegen Judentum 316 ff. 

gegen Priester 330 f. 

in Tirol 350 ff. 

Antisemitismus 316 ff., n/377 ff., 

405 

Anzeigen in Zeitungen 217 

Apostaten: 

Schriften 38 

Fühlungnahme 365 



„Apostel des Führers" 291 

Arbeitervereine 186 

Auflösung 197 

-recht 11/71 

Doppelmitgliedschaftsverbot 

n/91, 311 ff. 

Arbeiterinnenvereine 11/312 f. 

Arbeitsämter und Ordensnach- 
wuchs 146 ff. 

Arbeitsdienstpflicht 148, 373, 379 

Arbeitsfront, Deutsche 11/311, 

n/321, 11/340, 11/400 ff. 

Arbeitskommandos in Kz. 11/23 

Arme Schulschwestem 99, 101 ff., 
128, 146, 154, n/103 

Ars Sacra- Verlag 215 f. 

„Heihges Wissen" 226 

Arzt und Euthanasie 11/82, 11/354, 

n/362, 367, 372 
— eines SS-Lazaretts 11/407 

Assessor-Prüfung s. Referen- 
dare 258 

Astrologen 360, 377 f. 

Atheismus der völkischen Re- 
ligion 11/323 

Aufklärung, sexuelle 270 ff. 

Auflagen in Zeitschriften 11/320, 

324 

Augsburg, Diözese: 
4 Priester in Kz. 336 f. 

Augustiner-Eremiten 141 

Augustinerin 128 

Auschwitz 11/399 

Ausland. -Seelsorge 84 

Presse 379, 11/167, 324 

Nachrichtensperre 11/375 

Urteil 11/376 

Verbindung 379, 11/17 

Zeitungen n/167 

Auslese: 

Führer 265 

Hitlerschulen 282 

Ordensburgen 282 

Ausnahmegesetz : 

11/61, 11/72, 11/163, n/334, 339 

Aussiedlung d. Nichtarier 11/390 ff. 

Ausstellung: 
Frau und Mutter 278 ff. 

Schulsammlung 11/188 

Der Ewige Jude 11/323 

Austritt aus der Kirche 20, 239, 

270, 284 ff., 377 
Dreimal Nein 11/143 

419 



Auswanderung der Nichtarier 

11/390 fl. 
Autorität, Überspannung 11/53 

Bad Aibling, SA-Umzug 39 

Bad Tölz, ^reuzfrevel 294 

Flugschriften 11/337 f. 

Bad Reichenhall, Fahnen 11/401 
Baden, Gemeinschaftsschule 100 
Verbot bibl. Geschichte 110 

Kreuzverbot 120 

Ballastexistenzen 11/355 ff. 

Bamberg, St.-Otto-Verlag 234 

Banner-Verbot 184, 11/302, 399 

Barmherzige Brüder: , 
Breslau u. a. 137 

Manage in Belgien 138 

Bahnhofmessen 70 

Bauern-Schulung, NS 196, 266 

Stand 11/92 

Kalender 11/200 

Bayerische Staatsregierung: 
Entfernung klösterlicher Lehr- 
kräfte 100 ff., 11/105 ff. 
Auflösung der Vereine 185 
Doppelmitgliedschaft 194 
BDM von Ulm 67, 87 
München-Trudering 168 
Oberaudorf 168 
Gottesdienstbesuch 11/303 
Lehrmädchen - 11/400 
Betriebe 11/401 
Beamten: 
Wallfahrt 71, 95 
Druck auf die — 182, 193 
Mythus 258 
Beamtengesetz betr. Juden 329 
Amtsgeheimnisse 11/15 1. 
Treueid 11/72, 82 
Gewissensfreiheit 11/72 
Abhängigkeit 11/263 
Doppelmitgliedschaft 11/315 . 
Fragebogen 329, 11/402 
Beerdigung 66, 11/51 
Beflaggung 140, 11/52 
Begräbnis u. Feuerbestattung 48 
Begräbnis und Fahnen 11/400 
Beicht- Verdächtigung 601, 77, 

137, 268 
Verbot in Gefängnissen 

und Kz. 11/93 

Beichtstuhl, Pikanterien 11/344 

Bekenntnisschule 46, 88 ff., 207 

n/28 f., 62 

11/601, 64, 97, 101, 126 ff. 

141, 152, 162, 290, 3291 

Evangelische 260, 3721 

Bekenntnisseminare (ev.) 373 

Belsen 11/17 

420 



Benediktiner: 

17 Mitglieder Kz. 349 

Abtei St. Josef, Gerleve 11/259 f. 
St. Matthias, Trier 11/269 

Clerf 156 

Dillingen 151 

Kellenried (Rottenburg) 150 

Meschede 150 

München ' 151 

Münsterschwarzach 152, 156 

St. Ottilien 150, 156 

Scheyern 196 1 

Schweiklberg 150, 156 

Siegburg 152 

Trier 152 

Altenburg, Bregenz 156 

Göttweig, Seitenstetten 153 

Benediktinerinnen : 
Bonn-Endenich 152, 11/270 

Kellenried 150 

Tutzing 152 

Peppingen 157 

Vinnenberg b. Warendorf 

11/259 1 

Berchtesgaden, Hitlergruß 251 ff. 
Strub bei B. 290 

Schild „katholisch" 11/401 

Berlin, Ordinariat: 
Kirchenblatt 218 

Diözese, 4 Priester Kz. 337 

Klöster 11/271 f. 

Berufsschulen: Religions- 
unterricht 107 f. 

Beschlagnahme: 
Bistums-, Pfarrblätter, Zeit- 
schriften 219 
Kirchenzeitung, Münchener 216 
Bücher 223 ff. 
Druckerei Höfling u. a. 231 ff. 
Predigten 11/328, 332 
• Katholische Presse 11/327 if. 
Broschüren 11/330 

Bestimmungen, kirchliche, für 
militär. Ordenspersonen 228 

Bethel, Bodelschwingsche Heil- 
anstalten 3X5 

Bewegung, Die 
NS-Zeitschrift 11/330 

Bibel: Anmeldung v. Kursen 192 

— „gift" . 249 

— und Deutsche 270, 287 

— der Bewegung („Mein 
Kampf") 292 

— Gottes Wort 11/201 

— lesung 11/326 
Biberach, Kloster (?) 140 
Bibliothek: 

„Sterilisation" 216 

Mythus des 20. Jahrh. 11/322 



Biblische Geschichte: 
Unterrichtsüberwachung 107 

Lehrerfragebogen 109 

Verbot 110 

Biologie der Rasse 11/378 ff., 

11/389 

Birkeneck, Zögling von 137 

Bischöfe: 
Schmähungen 11/84 ff., 11/114 

Bischofseid 11/86 

Lehrfreiheit 11/96 

Gehälter 11/186 

Widerstandszentren 11/198 

Bischöfliche Amtspflicht 11/80, 

11/88, 11/104, 11/115, 11/118, 

11/133 f., 11/150, 11/155, 11/161 

Bischöfl. Informationsstelle 11/159 

Bislich/Westfalen: 
Schulkreuz 116 f. 

Bistumsblatt — Behinderung 

11/341 

St. Blasien 160, 11/272 

Blitz, NS Wochenschrift 236, 256, 

11/330, 332 

Blockwärterinnen, Werbimg für 
Gemeinschaftsschule 90 

Bludenz, Vorarlberg: 
Dominikanerinnenkloster 152 

Kapuzinerkloster .152 

Blutschutzgesetz, Tabelle 324 

Blut- und Rasse- Vergötterung 

11/3781, 386 ff. 

Bolschewisten 39, 96, 104 

Bolschewismus 266 

— und Judentum 323 

11/33, 44 f., 48, 52, 63, 85, 11/348 

Bonifatiusdruckerei 381 

Bonifatiusverein Paderborn: 
Devisenprozesse 128 

Bonn-Endenich: 
Benediktinerinnen ir/278J. 

Borromäerinnen 128,' 157 

Brasilien, Nichtarische Um- 
siedler 11/391, 396 

Brauchtum, völkisches ' 202 

Braune Schwester 139,145 

Brennessel 40 

Breslau, Erzdiözese: 
Druckerei beschlagnahmt 37 

Bibl. Geschichte 110 

Ordinariat: Devisen 128 f. 

60 Klöster beschlagnahmt 149f 

11/14, 272 
7 Priester Kz. Dachau 337 f., 349 
Nichtarier 11/392 

Briefgeheimnis aufgehoben 11/328 

Broschüren, religiöse, 
beschlagnahmt 11/331 

Bruckmühl, SA-Aufzug 39 

Bruderschaften 186 

Kreuz und Hakenkreuz 28 Bd. II 



Brunn, Diözese: 

2 Priester Kz. Dachau 338 
Bubenrudel 107, 11/114 
Buch am Erlbach, Kreuzfrevel 294 
Budapester Blätter über 

Goebbels 11/282 

Buchbesprechung 208 

— verbot 216, 11/29 f., 11/304, 

11/322, 11/324, 327 
Budweis, Diözese 

3 Priester Kz. Dachau 338 
Bücher, beschlagnahmte 225 ff. 
Bühnenstücke 23, 276 ff., 11/92 
Bürgerbräukeller 31 f. 

Eller-Elser 11/23 

Bürgerrechte aufgehoben 19, 11/60 
Bulgaren im Kz. 11/18 

Bund deutscher Mädchen 11/182, 

11/192, 11/340 
Burgenland, Diözese 

2 Priester Kz. Dachau 338 

Burschenvereine 186, 196 f., 11/302 

Canisianum, Innsbruck 105 

Caritas 197 f. 

in Tirol 3521 

Bekämpfung 366 f. 

Sammlung 381 

Freiheit 11/55, 11/61 

-verband, deutscher 11/357, 

11/390 ff. 
-Notwerk 11/390 

Überseesiedlung 11/392 

Chorregenten, Organisten 72 

-proben 192 

Christentum und NS-Antipoden 

256 fl, 261, 283 
Bormanns Geheimerlaß 358 ff. 
öffentliches 11/58, 157 

positives 11/202 

Christentum: Deutschtum 

11/321 ff., 11/384 ff., 11/405 

Christentumsbekämpfung 11/68 

11/72, 11/73 n., 11/75 ff., 11/136 

gegen Deutschtum 11/321, 11/386 

Christus, 
Omega des Alt. Test., 
Alpha des Neuen Test. 11/384 
-fahne, Schändung ' 11/281 

Christuszeichen, PX Tragen 
verboten 170, 180, 184, 11/303 

Comittee for Catholic Refugees 
from Germany 11/394 ff. 



Dachau, Kz., Spottbilddr 
Silvesterabend 
Kreuzfrevel 
Kegelbahn Kz. 
Kz.-Statistik 
Prozeß n/17, 21, 22 

421 



27 
289 
294 
327 
349 



Häftlinge 11/18, 24 

Berichte 11/24 

Dämon und Lichtgestalt, Licht- 

bildeirvortrag • 266 

DAF, Deutsche Arbeitsfront 195, 
197, 202, 278, 375, 11/311 f., 11/401 
Danzig, „Mythus" in Biblio- 
theken n/322 
Darmstadt, Studentenbund 11/400 
DBFE, Deutscher Bund für Ein- 
heitsreligion 122, 272 
DC, Deutsche Christen 18, 372 ft. 
Dekane, Überwachung 365 
Dekanatskonferenzen 11/392 
Demonstration 34, 11/294, 401 
Demut n/38 
Denkschrift Deutscher Bischöfe 

60, 11/71, 94, 300 
Despot und Lahdesvater, 

Lichtbildervortrag 266 

Deutsche Arbeitsfront 195, 197, 

202, 278, 375, 11/311 f., 401 

Deutsche Christen, DC 18, 372 ff. 

Deutsche Glaubensbewegung 

18, 25 

Morgenfeier 49 

Lied der — 121, 278 

Theaterstück 278, 376 ff., 11/62,, 

73, 87, 156, 322, 386, 401 

Deutsche Gotterkenntnis, 

Bund für — 377 

Deutsche Jugendkraft 11/301 

Deutsche Schulgemeinde 31 

Deutsche Volkskirche (Dinter) 24 
Zeitschrift 236 

Deutsche Volksschule, s. Ge- 
meinschaftsschule 97 
Deutscher Bäuernkalender 11/200 
Deutscher Gott 11/66, 

11/136, 11/206 
Deutsches Jungvolk 11/304 

Deutschgelöbnis der Eltern 283 
„Deutschland" (Schiff), Bom- 
bardierung \ 96 
Deuts'^.hland ~ Gott 255, 

II/15Ö, 160 

Deutschlandlied 293 

Devisen-Prozesse 16, 39 

-Vergehen ~ 37 

-Kontrolle der SJ. 159, 161 

-Presseberichte 200, 381, 

11/290 3^4 
-Schieberlied 132, 11/399' 401 

Diakonissen, Diakonissinnen 124 
Dienstmädchenvereine 186 

Dietramszell, Kreuzfrevel 294 

Diffarnierung der Orden 

11/276 ff., 324 
DJK., Deutsche Jugendkraft 167 

422 



Ermordung Ihre? Leiters 
Probst 175, 18.6 

Dinkelsbühl, gegen katholische 

Vereine 195 

Diplomatische Gepflogenheiten, 

des Deutschen Reiches 11/45 f. 
DNB, Deutsches Nachrichten- 
büro 134, 138 
Diözesangebetbücher, Druck- 
verbot 110 
Dogma in der Presse 207 
Dogma der Unfehlbai-keit 267 
„Unsinn" 269, 290 
,<Scheinwissenschaft" 358 
deutschgläubiges • 377 
Dokumentensammlung 15 
Domchormitwirkung, Hindernis 

"für Beförderung 193 

Dominikaner in Retz, Nieder- 
donau 154 ff. 
Gottschling . . 213 
. Deckname 381 
Dominikanerinnen in Bludenz 153 
in Klausen (Triet) 157 
in Limpertsberg 157 
Domkapitel"' , 11/177 
Doppelmitgliedschaft 193 f., 
11/61, 11/302, 11/313 ffl, n/400 
Dorfen b. München, HJ 168 
Druckschriften, religiöse 

H/334 ff., 339 
Düsseldorf, HJ-Kundgebung 173 f. 
■ Jugend.haus 11/306 f. 

Duisburg, Krankenhaus- 
schließung . , 145 
Dunkelmänner, „An die — " 22, 

258, 276 
Durchbruch, NS Zeitschr. 11/330 f. 
Dynamik der HJ 173 f. 

Ebersberg, Oberreg.-R. Kum- 
mer 11/333, 337 
Echfng b. Landshut, Kreuz- 
frevel 294 
Ecksberg-Enteignung 149 
Ehe 78—82 
— biologische 292 
-weihe, NS 300 ff. 
-Entwertung n/57 
-gesetz IJ./65, 380 
Misch-, rassische 11/70 
-moral H/80, 121, 12 i 
Ehre: Recht 11/71, 11/148 ' 
Eichstätt (Bischofshof) 35 
Beschimpfung 36 
Kz, Dachau, Kap. Kand. 338 
Fronleichnamsaltar 11/281 
Eichberg, Heilanstalt 11/366 
Eid 11/69, n/72, 11/82, n/128 
Eigentum, -recht. n/70, n/148 



Einheitskirche 11/100, 11/113, 11/128 
Einkehrtage: Fesseln 11/67, 11/147 
Einwanderungs-Affidavits, 

USA. 11/395 

Elendsmarsch v. Straubing 58 

Elisabetherinnen, Triei^ 11/269 

Elisabetliinnen, Aachen 145 

Ellwangen, Sittlichkeitsprozeß 137 
Elsaß, Klosterraub 157 ff., 11/273 ff. 
Eltern: . ■ 
„Staatsstellvertreter" 262 

-Wille in Schulfragen 11/39 f., 

' 62, 11/194 

-rechte und -pflichten 11/68 f., 

72, 101, 122, 127, 137, 146, 299, 

303 f., 329, 

Pfaffenspiegel 11/350 f. 

Elternvereinigung, kath. 11/127 

England, Emigranten 11/396 

Engländer im Kz. ^ 11/16 

Englische Fräulein in Schilfern, 

Niederdonau 154 

Entkonfessionalisierung des 

öffentl. Lebens 11/38, 11/73, 11/91 
Entwicklung, wirtschaftliche, 

der Kirche 238 ff. 

Enzyklika, s. Weltrundschreiben 
Episkopat, Gemeinschaftshirten- 
briefe 11/501—61 
Jugendpflege 11/293 
Erbgesundheit, Berichte 208 
Erbschaft, s. Testament 244 f. ,11/65 
Erbsünde ^ 73, 257 
Erlöser, neue 254 
Erlösung durch Deutschland 292 
-gedanken im Alt. Test. 11/382 
Ermland, Religionsunterricht 109 
5 Priester Kz. Dachau 338 
Erzählerkreise 107 
Erziehung, NS 261 f. 
Fesseln 11/67, 122, 127 
durch Jugend 11/128 
— und Sittlichkeitsprozesse 

11/116, 137 ff. 

Esting, Kreuzfrevel 294 

Euthanasie , - 19, 44, 307 ff ., 

11/14, 70, 124, 146, 11/269 

Kampf gegen — 11/354 ff. 

Evangelische Kirche 260, 284 

18 Geistliche Kz. Dachau 347 f. 

Reichskirche 359 

Überwachung durch SD 362, 

372 ff. 

Exerzitien: Teilnehmer 72 

Überwachung 124 

verboten 187 

Fesseln 11/67, 147 

Fahnen (f. religiöse Zwecke) 184, 

11/51, 11/301 f. 



Schändung d. Christus ■ 


- 11/281 


„Schwarze Fahne" 


120 


Hissen d. HJ-Fahne 


11/308 


religiöse 


11/400 f. 


Fegfeuer 


289 



Feiergestaltung, NS 269, 292 

Feiertage, Abschaffung kirch- 
licher 62, 11/118, 11/142 
in Tirol 356 
. Feldbischöfe 85 
Feldkirch, Diözese: 
2 Priester Kz. Dachau 338 
Jesuiten-Kolleg 11/272 
Fernsprechamt München gegen 

kath. Vereine 11/314 

Feuerbestattung: Begräbnis 48 

Filderbote, Vaihingen 11/346 

Filme yber Euthanasie 11/372 

Firmung 78 

. Flaggen-Parade 261 

-Sprüche 263 

-hissung ' 11/303 

Flammenzeichen 11/164 

Fliegeralarm: Gottesdienst 11/68 

FlugblätterT Verbot 95, 212, 214 f., 

11/12, 11/327 
Flugschriften, religiöse 11/12, 332 ff. 

334 f. 
von Parteistellen 11/3331, 11/400 
Flüchtlinge: 
Seelsorge 84 

Hilfe 380 

Comittee for Catholic Refugees 
from Germany 11/395 f. 

Frankenholz (Pfalz): Schul- 
kreuz 117 
^ Franlcreichi, Emigranten 11/396 
' Franziskaner (Devisen) 128 
in Esch 156 
Frauenberg in Fulda 149 
München 348 f. 
Kz.-Häftlinge - 349 
Decknanie 381 
Trier 11/269 
in Amerika . 11/289 
Franziskanerbrüder : 
Waldbreitbach 128, 142, 11/278^. 
Karikatur 11/333 
Frau u. Mutter, Ausstellung 278 ff. 
Frau, Tag der deutschen 288 
Frau Welt a. Dom zu Worms 279 f. 
Frauenbund, kath. 193, 195, 197 
Fraüenhilfswerk f. Priester- 
berufe 241 
Frauenschaft, NS 92 
Beiträge in Kalendern 211 
Frauen-Schulungskurse 266 f. 
Freiburg, Erzdiözese: 
Religionsunterricht 109 
Bibl. Geschichte ii.0- 

423 



B/5schlagnahmte Bücher 227 

Kreuzfrevel 294 

Kanonenschläger 304 

12 Priester Kz. Dachau 338 f., 349 
Klostersturm 11/274 ff. 

Freiheit der Kirche, 
Posaunehstoß 11/124, 11/141, 153 

Freiheit der Person . 11/147 

„Freiheitsflammen", 
G. Sebecker "9:491. 

Freimaurer 23 

' -tempel . 323 

Sekten 375 

Corvin 11/350 

Friede 11/122 

Friedensbewegung 19, 44, 11/122 

Friedensbund deutscher Katho- 
liken 44 

Fronleichnam: 
Altar, Eichstätt 11/281 

Prozession München (1939) 35 
Kreuz beschlagnahmt 170 

Zerrbild (1937) 306 

Störung (1939) 306 f. 

Staatsgefahr (1937) 11/167 

Fahnen 11/311 f. 

Jugend 11/302 

Vereine 11/313 

Front, Die junge, Organ des 
Jungmännerverbandes 185 

Frühjahrsoff ehsive derHJ 

175 ff., 11/299 

Fürsorge: 
Mutter und Kind 198 

Altersheim 198 

Fürstenfeldbruck: 
Fragebogen d. Lehrerbund.' 109 
Kirchenschändung 295 

Fulda, Diözese: 
Franziskanerkloster 149 

7 Priester Kz. Dachau , 339 

Gebet zu Hitler 251 

im Landjahrführer-Kurs 263 ff. 

um Hitlers Tbd^ 11/332 

Gebote Gottes: 

n/69, n/160, n/351, n/368, 

n/373,, n/382, 11/386 

Gefangenen-Seelsorge 83 f., n/93 

Geheimanweisung: 
für Orden 124 

für Presse ' 200 

an Landjahrführer 261 

Sicherheitsdienst 360 ff. 

„Geheimbefehl, Der" (Buch) 

Pallottiner 226 

Geheimwaffenschmieden 357 

424 



Gemeinschaftshirtenbriefe der 
deutschen Bischöfe; 
29. März 1933 11/50 f. 

5. April 1933 11/51 

Juni 1933 11/52 

20. August 1935 n/55 ff. 

Januar 1936 11/61 

28. August 1938 11/63 ff. 

Gemeinschaftsschule: 
P. R. Mayer . 52 

Schulgebet 116, n/97, 101, 

104, 126,- 171 
Gemeinwohl n/70 

Geiselnmord " 11/70, 11/374 

Geistesschwachenmord, siehe 

Euthanasie " 11/70 

Geistlichkeit, Bekämpfung 364 f. 

siehe Priester 
Georgianum: Aufhebung 105 

Gerechtigkeit - 11/101 

Staatspflicht 11/121, n/178, 11/179 
Gerleve bei Coesfeld, 
Benediktinerabtei 
St. Josef 11/259 

Germania, über Zeitungen 199, 204 
Germanisches Denken 21 

Geschichte, Vor- und Früh- 
in Kalendern 211 
Gesellenvereine 186, 193, 197, 
202, n/301 f., 311 
Gesellschaftslehre, kath. 11/312 f. 
Gesetze: 
Zum Schutz von Volk und 
Staat 28.2.1933: 184, 186, 199, 
232, 243, n/312 
Geheime Staatspolizei (Gestapo) 

17, 57, 124 ff., 136 ff., 159 

Bayern 198 f., 214, 215, 221, 

224 ff., 229, 230 ff., 239, 241, 

3531, 360 ff., n/16, 83, 105 

177, 257 ff., 265 ff., 274 ff., 333 ff. 

Gewissen 11/70, 123 

Gewissensfreiheit n/68, n/72, 

n/81, n/123, 11/126, n/153 

Glaube: 

Bedeutungswandel 11/38 

— , dreifacher Segen 11/128 

Verleugnung n/169 

Gottesglaube 11/198 

Glaubensstunden, 

Behinderung 11/145 

Gleichschaltung der Vereine 188 f, 
Glockengeläute 721, n/511 

Glonn b. Grafing, Kreuzfrevel 294 
Klosterschule 11/330 

Gnade, ..Bedeutungswandel n/38 
Görresgesellschaft 371 

Götzen 11/69 

Gott: 
Blut, Rasse n/38, 3781, 386 ff. 



Deutschland 


255, 11/152 


Nation, Volk 


11/68, 11/151 


neuer — 


251 


pantheistischer 


11/35 f. 


Weltkraft 


358 f. 



Gottesbegriffe, deutsche 11/66, 

11/152 

Gottesdienst: 
Anweisungen 11/51 f. 

-anzeiger 61 f.', 201, 205 

-besuch, artfremder 262 

im Lager 265, 11/62, 301, 303 

-einladung 11/340 

-fesseln 61 ff. 

— nach Fliegeralarm o 11/68 

— vor Schule 66 
-Störungen 304 fl. 
-Verschiedenheit 11/388 

Gotteslästerungen 11/63, 11/159 

Gottessohn 291, 11/36 

Gottesurteile 209 

Gottgläubig 87, 285, 291, 358, 

11/208, 407 
Gottlosen, Kehre zurück 11/68 

Grafeneck, Württ. 11/359, 11/374 
Gral, Zeitschrift 371 

Graue Schwestern 128 

Grundstücks-Erwerb 244 

-Wegnahme 248 

Gurk, Diözese 

10 Priester im Kz. Dachau 339 f. 

Hadamar bei Limburg 11/363 f. 

Hakenlcreuz 249, 288 

Hamm (Paderborn) ;35 f. 

Klosteraufhebung 11/264 

Handarbeitskurse, klösterl. 101 

Handbuch der religiösen Gegen- 
wartsfragen von Erzbischof 
, K. Gröber 11/201 

»Handel und Gewissen 11/70 

Handwerkskammer, Lehrver- 
träge 11/400 
Hartheim b. Linz 312 ff., 

n/359, 375 
Haselünne, Ursulinen 11/391 

Haushaltungsschulen, klösterl. 101 
Heeresrüstung 11/121 

Heidenlied, deutsches 256 

Heil- und Pflegeanstalten, Neu- 
organisation 310 f. 
Heiligenstadt, Jugendver- 
bände n/305 ff. 
Heilige und Scheinheilige 266 
Ausstellung 281 
Spotf 290 
Heiligenverehrung 254 
Gebet zu — 264 f. 
Heiliges, Antichrists Wüten ^ 
gegen — 289 ff. 



Heilkräutersammlung 11/188 

Heimabend, kultischer 68 

Heimabend, Ritus 292, 11/262, 385 

Heimschulen (Lehrerbildungs- 
Erziehungsanstalt) 11/146 

Heimtückegesetz 501, 140, 368, 

n/13, 15 

Fakultät, kath., Theologisch 104 f., 

148, 351, 371 
Evangelische 378 

Heldentum 11/135 

Herbstwind, Der — fährt über 
das Stoppelfeld 121 

Herz-Jesu-Kloster Fünf- 
brunnen ' 150, 156 

Herz-Jesu-Priester Martental 150 

11/269 

Hexenwahn 267, 274 

-Verfolgung 280 f. 

Hildesheihi, Diözese: 
Religionsunterricht 109 

Generalvikar 128 

Päpstl. Rundschreiben 234 f. 

3. Priester Kz. Dachau 340 

Hiltrup, Herz-Jesu-Missionäre 

1271, 11/259, 264 

Himmel 289 

HJ: 
Spottlieder 25, 120 

Gebietstreffen 64 

Umzug 39 

Fronleichnamsprozession 65 

Gottesdienstverbot 67 

,Lager-Gottesdienst 67 

-Führer 87 

Organ 88 

als Kontrolle 104 

als Bubenrudel 107 

Hitler junge Quex 111 

Lieder 120 

Sittlichkeit 142 f. 

Kampf der HJ 165 fl. 

Oberaudorf, Gewalttaten 168 

Frühjahrsöifensive 175, 11/299 
Mordkornmission 174 

Samstag 179 

Verschweigung v. Ereignissen 201 
Faulhaberbuch 225 

„Flammenzeichen" 250 f. 

Neuer Gott ' 255 

Saugschwamm 260 

Klosterstürmer 270 

Rattenfänger . . , 275 f. 

Radiosendungen 276 

Kanonenschläger 304 ff. 

Nachtappell (Juden) 326 

Kirchenfeindlichkeit ' 11/72, 89, 
128, 142, 147, 299, 301, 303 
Presse 11/321 f. 

Zeitschrift, Die HJ n/330, 11/400 

425 



Hirtenbriefe d. deutschen Bischöfe: 
29. März 1933, Jugend 11/298 

Juni 1933 11/299, 326 

August 1935, Denkschrift 11/313, 

11/327 
1935/36, Hirtenwort 11/314, 11/400 
Sept. 1936, Sittlichkeitsprozeß 

11/278 
1937, Denkschrift 11/314 f. 

Juli 1937, Aussiedlung der 
Nichtarier . .11/392 

1941 11/67, 365, 371 

1942 11/67. 
1943, August n/C8 
2.Sepi 1943 . n/69, 301 

Hirtenbriefe beschlagnahmt 46, 
11/83, 125, 141, 228 ü. 
Verbreitung bestraft 163 

Auch Drucker verantwort- 
lich 207 
Hochland, Zeitschrift 371 
Hochlandlager 265, n/62, 301fE., 

304, 401 

Hochschulen, Theologische 104 f. 

Ordens- 148 

in Tirol 351 

Überwachung 371 

Hochzeitsfeiei- 300, 11/401 f. 

Höfling, Druckerei 231 ff.- 

Hölle 289 

Hohenkanamer, Kreuzfrevel 294 

Holland, „Der Deutsche Weg", 

Wochenblatt 11/324 

Emigranten 11/396 

Homosexualität 11/286 



Jenseitsglaube 


n/405 


Jesuiten 


23, 38 


Wanderprediger 


48 


Auftrag an Gestapo 


59 


Pässe 


139, 160 


Hoheneichen-Dresden 


152 


Köln 


151 



Luxemburg 149, 156 

Mittelsteine, Glaz 151 

München, Kanisiushaus 151 

Kampf gegen SJ 159 ff. 

Pullach 160 f. 

St. Blasien 160 

Rottmannshöhe 161 

Generalstab von Rom 276 

Hexen Verfolgung 280 

Kz. Dachau, 26 Mitglieder 349 
Überwachung vom SD 372, 381 
Münster n/257 ff., 264 

Trier n/269 

Selbstwehr 11/271 ff. 

Münchner Häuser 11/272 f. 

Feldkirch, St. Blasien, Tisis, 
Rottmannshöhe - 11/272 



Wehrunwürdig ' 11/276 

Jesus Christus, artwidrig 11/65 

Jesus-Name 269 

und Kultur 272 f. 

Johanna, Päpstin 11/348 

JKKV., Jugend kath. kaufmän- 
nischer Vereine 11/306 

Illegalität der Kirchen 378, ff. 

Immakulataschwestern, 
Münster 11/258 ff. 

Jndex: 

' Mythus 11/29 ff,, 11/199 

Jugendschriften 11/304 

Innsbruck, Theol. Hochschule 105 
Cani^anum 105 

Wüten „Verkauf" 149 

. Kinderseelsorge . 187 

Kirchensprengung 296 f. 

Diözese, 5 Priester Kz. 

Dachau 340 

Jugendseelsorge 11/12 

Reichsverteidigungskommissar ' 
(Euthanasie) 11/375 f. 

Inquisition 38 f. 

Internate, kath. 172 f. 

Internationale, rote, schwarze, 
gelbe 114 

Italien, faschistisches 11/380 

Josefinismus ' 64f. 

Judenverfolgung 19, 23, 39 

Taufe 76 

Schule , 91 

Verspottung 111 

in Märchendeutung 113 

Juden — Jesuiten 161 

Judentum, Germanentum . . . 224 
antisemitische Zeitschriften 236 
jüdische Lehren 262 

-frage im Lager 264 

Der — und Deutsche 266 

Wüten gegen d. Judentum 316 ff. 

Ausstellung: „Der Ewige Jude" 

322 ff. 
Pogrom 325 f. 

Gesetze gegen — 328 ff. 

„Judenschande ..." 331 

„Juden raus" 331 

in Lagern im Osten 11/276 

Juden aus dem Land 11/401 

Jugend, katholische: 
Audienz in Rom 12 

und Rosenberg 271 

Papstworte (Enzyklika) 11/39 

Bischof Bornewasser 11/269 

Bischof V. Preysing 11/281 

-erziehung 144, 11/329 

-frage — Lösung, NS 265 

-heim, Berlepschstr. Münch. 167 
-lager 11/62, 301 ff. 

-pflege 11/293 f. 



426 



Jugendseelsorge, Tirol 353 ff., 357 

-seelsorgeamt 85, 187 

-vereine: Hirtenbrief 46 

„Jugendvereinigung" 139 

Wolfratshausen 168 

Presseberichte 202 f. 

Zeitschriften 220, 11/52, 

, 56, 59, 290, 292 f. 300 ff. 

-Werk, Pfarr- 186 

Jugoslaven im Kz. 11/16 

Jungfrauenlcongregation 185 f., 196, 

11/61, 302 
Jungmädchenvereine 11/302 

Jungmännervereine 11/302 

Jungmännerverband: Auflösung 

11/295, 11/302 
Jungvolk, Deutsches 11/304 

Justizministerium 17, 128 ff. 

s. Reichs- 133 ff. 

Justizpflege *^ 11/47, 11/282 

Kard. Mundelein 11/283 ff. 

Parteizweclce der Justiz 11/283 ff. 

Kinder-Beihilfe 11/157 

Bewahranstalten 100, 198 • 

-gärten 198, 11/67, 112 

-horte 100, 198 

-Landver'schiclcung 11/263 

-tagesstätten 198 

Kinder : " 

Geistliche 38 

Mehrung 78 ff. 

Zahl nach Bekenntnis 11/291 

Kirchdorf am Inn, Kreuzfrevel 294 

Kalender 210 ff., 215 

Verbote 221, 11/92, 321 

Kamillu's-Kolleg, Mauritz-Sud- 
mühle (Westfalen) 11/259 ~ 

Kampf gegen das Christentum 

n/68, 11/99, 11/114 ff., 11/117 ff., 
11/145, 11/149, n/155 

Kampf, Hitlers Mein — 287 f.. 

292, 299, 11/331, 349 

Kampf bericht: ' 

Kirchliche Mitteilungen 11/399 

Kanonenschläger, Freiburg 304 ff. 

Kanzelparagraph 50, 54, 140, 11/15 

Kapuzinerkloster Bludenz 152, 

Scheibbs, Niederdonau . 154 • 

Innsbruck 156, 357 

Karmeliter, 10 Kz. Dachau 349 

Karlsruhe 274 

Katechismus n/144 , 

Katechismuslehren, staatsfeind- 
liche . 451, 110 
kein Papier 11/144 

Katholiken: 
Beschimpfungen n/85 

Katholik, Der romfreie, NS 
'Zeitschrift 11/330 



Katholische Aktion: 

Kontrolle 103 

neue Heilige 254 

Politische Partei 275, 11/72, 

88, 181, 296, 305, 380 

Katholische Bibelbewegung 11/201 

Katholische Jugendvereine 46, 139, 

168, 202 f., 220, n/52, 56, 59, 77, 

117, 290, 2921, 300 ff. 

Katholische Vereine 11/72,' 11/88, 

unpolitisch 11/90, 

n/961, n/97, n/101, n/ii4 

Katholizismus, politischer 38, 96, 
n/571, 62, 72, 86, 162, 165 
Kattowitz, Diözese, viele Priester 

Kz, Dachau 340 

Kautschukerlaß 45 

Ketteier Wacht beschlagahmt 220 

KJ., Katholische Jugend 165 ff. 

Romfahrt 181 

Auflösung 185 

Kirchenministerium, Reichs- 42, 

47, 84 ff., 1051, 146, 209, 2421, 

279, n/2601, 265, 303, 314, 329, 

334, 337 ff., 364, 400 1 

Kirchenaustritt 20, 239, 270, 

284 ff., 377, n/37, 55 1, 63, 65, 

116, 136, 143, 187, 277 

• Kirchenbau • 382, 11/146 

Kirchenblatt Berlin 218 

Kirchenführer beschlagnahmt 221 

Kirchengläube n/36 f. 

Kirchenkollekten 240 f., 382 

Kirchenschändung 294 ff. 

Kirchenschließung 63, 351, 11/146 

Kirchenüberwachung 49 

Kirchenverfolgung 11/155 

Kirchenverhöhnung 279 ff. 

Kirchenzeitung, Münchener, 

kath. 192, 209 1, 216 ff., n/229 1 
Kirchenzeitungen: nichtarische 

Ansiedler 11/391, 400 

Kirchheim, Predigt P. Mayer 52 

Kirchseeon, Flugblatt 11/333 1 

Kleinschriften-Verbot 222 1. 

beschlagnahmt ^ 223° 

Klerus: 

Kampf gegen — 38 

Überwachung 41 f _ 

Maßnahmen gegen — 35 { 

Anerkennung 11/52 

Beschimpfungen n/85,' 96, 114 

Verfolgung 11/147, 154, 170 

Sittlichkeit 11/277 

Presse-Mitarbeit 11/323 

Verkehr mit Behörden 11/327 

Klerusblatt 220 

Klösterliche Lehrkräfte 46, 100 ff., 

Vertreibung 11/102 

427 



Protest an Regierung 11/109, 

11/111, 11/141, 11/330 

Klösterliche Schulen 11/97, 11/102, 

n/112 

Klosteraufhebung 352, 356, 11/267 
-entvölkerung 146 

-erdrosselung, wirtschJaftl. 145 
-lied 131 

-raub 148 

in Niederdonau 154 

Lothringen und Luxemburg 156 
Elsaß 157 

Diözese Münster 11/257 

-zwang 272 

Koblenzer Prozesse 142 

Köln, Erzdiözese: 
6 Priester Kz. Dachau • 340 

Klostersturm der Kirchen- 
provinz 11/268 
der Diözese 11/270, 272 

. Ordensleute - 11/275 

Königgrätz, Diözese 
3 Priester Kz. Dachau 340 

Kolbermoor 39 

Kollekten 240 f., 382 

Kollektivismus: Bekämpfung 11/68 

Kolportage- Verbot 215 f. 

Komitee für kath. Emigranten 
aus Deutschland 11/392 ff. 

Kommunion 77, 288 

im Gefängnis 11/183 

-kinder, Ausstattung 240^ 242 
Erst- 266 

Kommunismus: 
Bündnisangebot an Jugend 11/87 
Enzyklika 11/44 f., 52 

Gefahr 26, 375, 11/57, 300, 

323, 407 
Gewaltakte, 4. 2. 1933 235 

Vermögen, 26. 5. 1933 und 

14. 7. 1933 und 19. 9. 1933 232 

Konfessionen abgelehnt 359, 11/66, 

113 

Konfessionsschule, s. Bekenntnis- 
schule 

Konfirmation 288 

Kongregation: 

Jungfrauen 185 f., 196, 11/61, 302 
Lehrerinnen 11/185 

Männer 194, 369, 11/400 

Studenten 174 

Kongreß, Eucharistischer: 

Budapest 72 

Laibach 1935 328 

Konkordat, Bayerisches: 

Idösterliche Schulen 101 

Priesternachwuchs 104 

Konkordat 11/122 

Konzentrationslager : 

Geistlichenparade 336 ff. 



Schweigen über — II/191f. 

Korrespondenz, kirchl. Behörden 

ri/327 ft. 
Kraftzentren d. Widerstandes 11/26 
Krankenhäuser ^ 11/362 

Kreisbeauftragte 11/187 

Krematorium-Kommando 

Kz. Dachau 11/23 

Kreuzentfernung 293 f. 

-frevel . 212, 293 f., 11/281 

Kreuz: Hakenkreuz 288 

Sieg 11/407 f. 

Kreuz in der Schule 116 ff. 

— in Gaststätten 253 

— in Landschaften 254 

— auf NS-Altären ,288 
Kreuzzeichen- Verbot 115 
Kreuzschwestern, Haus Aspel 

bei Rees 11/259 

Trier II/269 

Kreuzeshaß 11/66, 11/118, 11/119, 

■ n/137, 11/154 

Kreuzzüge mißdeutet 111, 121, 267 

Krieg: 
Vorbeugen 11/122 

und Kulturkampf ' 11/119 

Kriegsgefangenenmord 11/70 

Kritik verboten 261 f. 

Kroningen, Ordensbtirg in 
Pommern 282 

Kulm, Diözese 

1 Priester Kz. Dachau 340 

Kulturgemeinde, NS-Kunstaus- 
stellung 25 

Verschweigung v. Ereignissen 201 

Kulturkampf 282, n/60,' n/72, 

11/150, n/156, n/166, 11/291, 11/404 
in Deutschland 11/13 

in Mexiko 202 

in Rußland 202 

in Spanien 202 

Kulturpolitisches Amt, NSDAP 
imd Orden ' 124 

— Anschauungen 11/52 
Kultus, NS 292 f. 
Kultusfreiheit n/95, 11/125, n/140, 

^ n/146 
Kunst und Wissenschaft, 

Staatspreis 258 

■ Kunstkritik 2Ö8 

Kurierdienst überwacht 365j 379 f. 

Lager-Vorträge 258 

Gottesdienstbes. n/62, 68, 136, 322 
Laienapostel 11/181 

Laienstand: Papstworte (Enz. 

„Mit brenn. Sorge" 11/41, 11/292 
Landesb. Gollwitzer, Mühldorf 103 
Landes-Buß- und Bettag 288 

Landes-Fürsorgeämter 309 



428 



Landesverrat: 

Vorwurf f. Kath. 11/66, 11/72 

Landjahrführer 261 

Kritik am Landjahr: Hirten- 
brief • 46 

Schulungskurs 261 ff., 379 

-Heime, Sittliclikeit 11/287 

Landshut, St. Jodok 34 

Langemarcl^, Studenten 265 

Lauban, Stiftspropst (Devisen) 128 
Laufen Obb. 195 

Kreisleiter Kammerer 238 

konf. Vereine 11/400, 402 

Lazaristen 128 

Leben, lebensunwertes, siehe 

Euthanasie 
Lebensborn 19, 76 

Lebensrecht 11/70, n/148 

Lehranstalten, klösterl. 101 

Lehrer, Bücher 258 

Altes Testament 318 

Lehrer(innen) 11/97 

unchristl. Unterricht 11/114, 11/172 

11/185 f. 
Lehrerbildung 11/54 

Lehrerbund: 

NS-Bekenntnisschulen 122 

Rosenberg - 265 

Mythus 11/31 f. 

Lehrerzeitung NS 112 

Lehrfreiheit 11/125 

Lehrmittel, staatsgefährlich 110 

-freiheit als Zwang zu HJ 178 
Lehrsätze, irrige 11/378 ff. 

Lehrverträge 11/400 

Leidenskraft 11/135 

Leipzig, Reichsgericht 11/284 

Leitmeritz, Diözese 7 Priester 

Kz. Dachau 341 

Lenggries, Hochlandlager 39, 11/303 
Leo-Film-AG. 381 

Leslau, Üiözese viele Piiester 

Kz. Dachau 341 

Liberalismus, Bekämpfung 11/67 
Lieder, religiöse u. HJ 120 f. 

der Frühjahrsoffensive 180 

Limburg: 

Ordinariat 37 

Beschlagnahmte Bücher 228 

Diözese 4 Priester Kz. Dachau 341 

349 
Linz, Diözese 

22 Priester Kz. Dachau 341 f., 349 
Linzer Volksblatt 11/282 

Liquidierung im Kz. 11/23 

Literatur, katholische 198 ff. 

Steckbrief 214 f. 

Litzmannstadt, Diözese, viele 

Priester Kz. Dachau 342 

"Lochham, Kreuzfrevel 294 



L'Osservatore Romano 
beschlagnahmt 219 f. 

Artikel n/27 f., n/349 

Lothi-ingen: 

Klostersturm 156, 11/267 f., 273 ff. 
Ludendorff-Bewegung 18, 377, n/73 
Lüge n/71 

Lünningk, Westfalen: Hirten- 
brief-Verbot 47 
Luftschutzbund (Reichs.) und 

Bekenntnisschule 94 

LiUstheim, Kreuzfrevel 294 

Luxemburg: Jesuitenkloster 149 
Redemptoristen 149 

Weiße Väter 149 

Herz-Jesu-Kloster 150 

Klosterraub * 156 

Diözese: PrieisterKz. Dachau 342 

Macht der Kirchen 380 ff, 

Mädelschaft, Die 

■ Blatt des BDM 11/385 

Männerkongregation 194, 369, 11/400 
Märchendeutung „Verkalung" 112 
Mainz Diözese, 7 Priester Kz. 

Dachau , 342, 349 

Maisach, Gottesdienstordnung 61 
Malching, KreuzfreveJ 294 

Manage, Kloster Belgien 11/285 

Marburg Diözese, 1 Priester Kz. 

Dachau 342 

Marian,ische Kongregation 11/185 

siehe Kongregation 
Marienburg, Ordensburg 282 

Marienkult 267 

Mariental bei Münster, Pflege- 
anstalt 11/366, 11/368 
Märtyrer des Glaubens 11/159 
Märtyrer poHtische 11/279 
Marxismus 11/281, 387 
Marxisten 375 
Materialismus der Rasse 11/378 f. 

387, 389 

Meineid für Deutschland 11/160 

Meinungsfreiheit 11/102 

Meißen, Generalvikar 128 

Diöz. 11 Priester Kz. Dachau 342 f. 

Metten, Kloster 17a, 336 

Meuchelmord 11/167 

Michael, Zeitschrift der kathol. 

.Jungmänner 135 

beschlagnahmt 220 

Miesbach, Frauenbund 195 

Militarismus n/53 

Ministranten 72, 187 

Mischehe, rassische 44 f., 11/70 

Missionare v. hl. Herzen Jesu 

Hiltrup 127 1, n/259, 264 

Missionare v. Hl. Geist 128, 152 
Missionen, kathol. 241 295 



429 



Missionsbote, Werbeblatt für 

kath, Volksmissionen 11/333 ü. 
Missionsklarissen Münster 11/264 
Missionstätigkeit, evangel. 373 

Mitgliederlisten 193, 369, 11/316, 400 
Mittel und Zweck 11/70 

Modersohn, Pastor: 
Dienstbotenzeitschrift: „Weg 
zum Ziel" 11/345 , 

„Monika", Zeitschrift beschlagn. 220 
Moral, germanische 11/331 f., 11/351 
Mord — Sterilisation 260 

Euthanasie 11/357 ft., IIJ269 

Mühldorf Schulabbau 103 

-er Anzeiger 121 

Waisenhaus ,149 

Zeitung 11/400 

Mühlhausen, Kr, Kempen, 

Schwestern U. L, Frau 11/264 
Mühlheim-Styrum HJ u. KJ 177 f. 
München: Ludw.-Realschule 11/308 
Luitpold-Oberrealschule 11/308 
Obermenzjng 11/348 

München, Pfarreien: 
St. Bonifaz 11/335 f., 340 

St. Emmeram 294, 11/402 

St. Gabriel ^ 304 

St. Joh. B. Haidhausen 167, 296 
St. Joh. B. Solin > 167 

St. Josef 52 

Hl. Kreuz, Giesing 34, 295 

St Ludwig 186 

St. Michael Berg am Laim 296 
St. Paul 167 • 

St. Peter 50 

St. Peter u. Paul, Feldm. 111 
St. Peter u. Paul, Trudering. 165 f. 
St Pius 304 

St. Rupert 85, 167, 11/334 f. 

St. Stephan 167 

St. Theresia 53 

St. Ursula 304 

St. Vinzenz 223, 295 

München. Ordinariat: 
Durchsuchung 37 

Religionsunterricht 109 

HJ-Angriffe 167 

Jugendseelsorge 187 

üb. „Volk. Beobachter" 204 

ScHriftenbeschlagnahme 227 

Vachendorf 237 

Schliersee 259 

Kirchenbeschädigungen 295 

Freimann- Altötting 298 ft. 

Gestapodruck 11/105 ft. 

Fronleichnamsprozession 306 f. 
Amtsblatt 11/329 ff. 

Flugschriften 11/332 f. 

Schwarzes Korps 11/344 ff. 

430 



Bücherverzeichnis 11/351 

Vernichtungsanstalten . 11/374 f. 
Münchener Referendare 42 

Münster: 
Ordinariat Schulkreuz 
Regensberg'sche Druckerei 234 
Diöz., 15 Priester Kz. Dachau 

343, 349 

Klosterraub 1941 11/257 ff. 

Fliegerangriffe 11/257 ff. 

Vereinsfahnen 11/301 

Lagergottesdienst 11/303 

Ordensleitungen 11/275 

Sittlichkeitsprozesse 11/277 

'Mütterverein Scheyern 70, 186, 195 

Mundelein-Rede 11/13, 289 

Mutter (Begräbnis) 11/175 

Mutterschaft, uneheliche 78 ff., 202 

Ausstellg. „Frau u. Mutter" 279 f. 

Mythenweistum 114 

Mythus des 20. Jahrhunderts: 

20, 39, 202, 257 ff,, 279, 11/29. f., 126 

134, 152, 1991, 200, 322, 349 ff. 

Index II 29 ff., 11/199 

Der neue Mythus u. der alte 

Glaube 11/200 

Nacktkultur - 377 

Nacktparade 264 

Nähstuben- Schließung 101 

Namengebung 74, 291 

Nationalbewußtsein 11/52 f. 

National Catholic Weifare Con- 
ference ' 11/392 ff. 
Nationalgott • 11/68 
Nationalkikhe NR 286 ff., 11/56, 100 
^ 113, 128 
Nationalreligion 11/378 
N.C.W.C. National Catholic 

Weifare Conference 11/392 ff. 

Neapel, Pressekonferenz 11/10 

Neuburg (Österreich) Stift 152 

„Neudeutschland" 185 f., 11/302, 295 

Neuheidentum 11/76, 11/99, 11/152 

Neumarkt-O. 56 ff. 

Schulgebet-Verbot ' 115 

New- York, Nichtarier JI/392 

Nichtarier 11/390 ff. . 

Nirwaria 11/382 

Nordamerikanische Bischöfe 11/98 

Nordische Rasse 21 

Frömmigkeit 112 

Glaubensbewegung "^ 11/73 

Monatsschriften 236 f. 

R. und Rom 266 

Vergötterung 316 

Weltherrschaft 11/405 

„Nordland" 87, 250, 290 

NS Zeitschrift 11/330 

Norweger im Kz. 11/18 



Note, Päpstliche: 
31. Januar 1934 1731, 11/319 ff. 
11. Februar 1934 11/323 

15. April 1934 165 

14. Mai 1934 41, 190, 173, 371, 

383, 11/32, 297, 353, 378 
29. Januar 1935 191, 11/324 

26. Februar 1935 32 

18. Dezember 1935 11/325 

21. Januar 1936 11/33 f. 

29. Januar 1936 11/50, 324 

9 Noten ohne Antwort 191 

34 Noten im „Weißbuch" ,11/27 

NR, Nationale Reichskirche 286 f£., 
. 11/56, 100, 113, 128 

Nationalsozialismus u. Christen- 
tum 256 n. 

NSD = Nationalsozialistischer 
Dozentenbund 372 

NSDStB = Nationalsozialistischer 
deutscher Studentenbund 260 f. 

NSF = Nationalsozialistische 
• Frauenschaft 198, 11/340 

NSLB = Nationalsozialistischer 
Lehrerbund 122 

NSV = Nationalsozialistische • ■ 

Volkswohlfahrt 145, 198 

Presse-Werbung 200 f. 

„Anrufe" bei der Speisung 251, 

369, 375, 11/340 

Nürnberg, Zellengefängnis 57 f. 
Parteikongreß 1937 253 

Parteitag 1933 260 

„Wallfahrtsprt" 291 

Prozesse 11/17 

Nützlichkeitsethik 11/70, 11/124 

Nymphenburg, Klosterkirche 11/403 

Oberkommando d. Wehrmacht 
Münster, Klostersturm' 11/260, 265 

Oblatenkloster Valkenburg 150 
Hünfeld 150 

Ökumene • 373 f. 

Österreich: 
Hochschulen 105 

Kampfgleichheit 11/63 

Offenbarung 
Bedeutungswandel 11/38 

Offener Brief an Goebbels 11/283 ff. 

Okkupationsländer, Greuel in 

n/18 f. 

Oldenburg, Regierung 30 

Gemeinschaftsschule 100 

Schulkreuz 116 

Tageszeitungen 199 

Olmütz, Diözese 
6 Priester Kz. Dachau 344 

Orden, Fesseln 122 ff. 

Gemeinnützigkeit fraglich 145 
Besteuerung 145 f., 198 



Nachwuchs 146 ff., 198 

' Hochschulen 148 

Art. 15 RK. 11/96 

Schulorden 11/102 

Münster, Vertreibung 11/177 

Diffamierung 11/276 

Anwalt: Kard. Mundelein 11/288 
Ordensleute: 
Wanderprediger 48 

P. Mayer: Predigt ' 53 

Verspottung 111 

Militärdienst (Theologen) 148 
Papstworte (Enz. M. br. S.) 

n/40 f., 250 ff. 
Ordensburgen, NS 67, 282 

Ordensschulen, Überwachung 

124, 11/97, 141, 146 
in Tirol 351 

Ordenswesen und Gestapo 

361, 363, 365 ff. 

Ordinariate, Überwachung 364 

Organisationen, konfessionelle: 

Zerschlagung 362, 367 f. 

Bestand 11/32, 11/299 

Reichskonkordat, Art. 31 n/309 ff. 

Organistendienst 109 

Osnabrück, Diözese 

3 Priester Kz. Dachau 344, 381 
Osterbotschaft (Jugend) 1934: 11/294 
„Össervatore Romano" 219, 11/27, 
(s. „L'Osservatore Romano") 349 
Ostmark, Klostersturm " II/26'8 

Ottilien, St. 150, 156, 337, 11/391 

Oxfordbewegung i 3731 

Promemoriae an Reichsregierung 

n/27, 31 

Pornographie 143 

Streichers 238, 11/325 

Posen — Gnesen: 
Gottesdienste 63 1 

9 Priester Kz. Dachau 345 

Positives Christentum 11/202, 

Prämonstratenser in Geras 154 

Prag, Erzdiözese 
8 Priester Kz. Dachau 345 

Predigt: 
Überwachung 41, 379 

Besuch n/56, 326 

Beschlagnahme 11/328 ff, 

Presse: 
Ausstellung Rom ' 11, 203 

in Predigt P, Mayers 52 ff. 

gegen Orden 126 ff., 134 ff. 

-konferenz über Sittlichkeits- 
prozesse 1937 143 
sterilisierte — 210 
Schädigung 247 f 
Freiheit \ 11/55 f., 61 
Unfreiheit 11/319 fl 

431 



katholische Presse 11/319 ff: 

Vorschläge f. Freiheit . 11/323 

Freiheit in Holland 11/324 

Prien, SA-Aufzug 39 

Pries ler (tum) : 

Angriffe 40, 277 ff., 330 ff. 

Ausweisung aus der Schule 
, 106, 108 

Maßnahmen in Tirol 351, 354 
Papstworte (Enz. M. br. S.) 11/40 f. 
Diffamierung ' , 266, 11/77 

Priesterseminar Bensberg/ 

Köln 152 

Innsbruck 354 

Priesterseminare gegen Rassis- 
mus 11/378 
Privateigentum 11/70, 11/121 
Paderborn, Erzdiözese: 
Beschlagnahmte Bücher 228 
10 Priester Kz. Dachau 344 
Palling, Kreuzfrevel 294 
Palästina für Nichtarier 11/391 
Pallottiner 128 
„Der Geheimbefehl" 226 
„Omnibus omnia" 227 
Verlust an Mitgliedern 335 
18 Mitglieder Kz. Dachau 349 
Pantheismus ' 11/35 
Papstsegen und konfessionelle 

Presse 203 

Papsttum: 
Kampf gegen 22 ff. 

Film 24 

Kampf gegen Weltrund- 
schreiben 60 
Spottlieder 25 f., 121, 131 
Spott 270, 11/83, 95, 114 
Steinwürfe .11/129 ff., 142 
Karl Pieper: „Die angebliche 
Einsetzung d. Petrus?" 11/201 
Parana,. Siedlung von Nicht- 

äriern 11/391 

Partei 17 

neue Ämter 17 

Sittlichkeit ■ 141 f. 

Gericht 144 

-amtliche Wandzeitung 237 

-Programm 254, 257, 260, 292, 324 
und Kirche 11/123 

Sittlichkeitsprozesse 11/279 f. 

-zwecke der Justiz 11/283 ff., 290 
-gerichtsbarkeit 11/286 f. 

-sumpf 11/287 

-Politik 11/319 

-presse 11/321 

Passau, Diözese 

2 Priester Kz. Dachau 344 

Pastoralanweisungen an den 
deutsch. Klerus, 5. 4. 1933 11/51 f. 



Paulus-Bund, Vereinigung 

nichtarischer Christ., !e. V. 11/389 
Paulusdiakonat 11/184 

Peterskirchen, Kongregation 196 
Peterspfennig 24 

Pfadfinder, St. Georgs .11/295 

Pfaffenhofen a. Um 

NS-Hochzeit 300 ff. 

Pfaffenspiegel 274, 11/331, 11/349 ff. 
„Wider den — " 11/350 

Pfarrbibliotheken 216 

Pfarrblätter 205, 11/339 

Pfarrnachrichten 205', 11/339, 400 
Pflegeanstalten:. 
Kindergärten 108 

Horte 198 

Altersheime 189 

Krankenhäuser 198 

Plakatanschläge 11/401 

Planegg, Maria-Eich, Kreuz- 
frevel 294 
Polen, Kopfsteuer 281 
Schließung der Kirchen 294 
Juden in — 323 
Priester im Kz. Dachau 349 
Zamoiski, Graf 11/18 
Politik und Gewissen 11/70 
Politischer Katholizismus 38, 96, 
11/57 f., 62, 72, 86, 162, 165 
Polizeipräsidium München 95 
Polizei München 48 ff. 
Bayerische 59 
Polizei und HJ 170, 179, 183 f. 
Pfeiffer 216 
Polizei und Rosenberg 259 
Proömium des Reichskonkordates 

11/325 

Propagandaministerium 17 

Devisenprozesse 129 

Sittlichkeitsprozesse 133, 142, 

11/276, 282 
Schriftleitergesetz 209 

Ausstelluhg 278 

Jesuiten 11/271 

Protest der Reichsregierung 
gegen Enzyklika 11/42 

Bayer. Bischöfe gegen Ver- 
treibung d. klöst. Lehr- 
kräfte 11/109 ff. 
Prozessionen 71 f., 77, n/118, 400 f. 

siehe Fronleichnams- 
Prüfungskommission zum Schutz 
NS-Schrifttums 213 

Faulhaber-Buch 225 

Pullach, Jesuiten 160 f., 11/272 

Rasse: 

33, 441, 3191, 375 
-fugenden im Märchen 113 f. 
-frage 201 



432 



Rassekunde in Kalendern 211 

-gefühl verletzt 217 

— und Religion 223 
Monatsschrift 236 
-begriff und Kreuz 254 
germanische — 260 
-Prüfung 263 f. 
-politisches Amt 278 

— und Volk 286 ff. 
-kult 11/35 
-Gott 11/68, 11/405 
-Mord 11/70 
-Mischehe 11/70 
-Gleichberechtigung 11/377 ff. 

— u. Religion 11/388 
\ RDB, Reichsbund Deutscher 

„ Beamter, siehe Beamte 

RAD, Reichsarbeitsdienst 265 

Raphaelverein, St. 11/389 ff. 

Rechtserwerb, Jurist. Pers. 244 ff. 

Recht: 
Gemeinschafts- 262 

Naturrecht 11/39 

Staats- u. Gottesrecht 11/49 

altes Armen- 11/383 

altes Privat- 11/383 

altes Arbeiterrecht 11/383 

Rechtsstaat — nicht Macht- 
staat 11/122, 11/178 

Redakteure, amtsenthoben 128 

Redemptoristen (Devisen): 128 

in Luxemburg 149, 156 

in Bonn 151 

in Aachen 152 

• in Eggenburg, Niederdonau 154 
in Echternach 156 

in Trier 11/269 

Missionsbote 11/333 &. 

Redemptoristinnen 
in Gars, Niederdonau 154 

Rees, Haus Aspel, Kreuz- 
Schwestern 11/259 

Referendare, Fragebogen 42 

Mythus 258, 263 

Regensburg: Polizeigebäude 57 

HJ 165 

' Ordinariat über Schemm- 

schule 115 

Beamtenkinder 195 

SS-Sturmführer über Bibel 270 
Priester im Kz. 336, 345 

Reich, Das kommende, 
Führerzeitschrift der saar- 
deutschen Jugend 11/321 

Reichenhall, Schülerheim 141 

Blasphemie 11/400 

Reichertsbeuern, Kirchen- 

stiftuMg 248 

Reichsarbeitsministerium 
Ordensnachwuchs 146 ff. 



Reichsarbeitsdienst, siehe RAD 

Reichsbahnausbesserungswerk 
München-Freimann 196, 259, 

285, 297 ff., 11/331, 401 

Reichsbauernschaft, 
Bauernkalender 212 

Reichsbund Deutscher Beamten, 
RDB, S.Beamte 95, 182 

Reichsmihisterium des Innern: 
Flugschriften 11/333 f. 

Euthanasie 11/364, 11/371 

NS Öochzeit 11/401 

Reichs] ustizminister ium : 

128 ff., 133 &. 
Rechtserwerb 244 f. 

Mythus-Studium 258 

Euthanasie 11/12, 357 

Klosteraufhebung 11/265 

Mitteilungen 11/401 

Reichskanzlei 11/260, 11/265, 11/401 

Reichskirche, Nationale in 
Deutschland (NR) 286 ff., 11/56, 

100, 113, 128 

Reichskirchenministerium 42, 47, 

84 ff., 105 f., 146, 209, 242 f., 279, 

11/260 f., 265, 303, 314, 329, 334, 

337 ff., 364, 400 f. 

Reichskonkordat 11, 20, 24 

Predigtfreiheit, Art. 32 45 

„Ja oder nein?" 48, 140 ff. 

Schule 87 f. 

Klösterliche Schulen 101 

Priesternachwuchs "^ 104 

Religionsunterricht 109 

Orden 123 

Vereine 171, 189, 191, 193 f. 

Hirtenbriefe 228 f., 235 

Brechung des RK. 265 

23. März 1933 ' 384 

Kanzelfreiheit 11/15 

Denkschrift 1935 11/75 

Verletzungen 11/94 — 98 

Kultusbudget - II/207 

Kath. Jugendvereine 11/292 f. 

Standesvereine 11/309 ff. 

Presse . 11/325 

Artikel 4 11/327 ff., 340 

Artikel 1 iI/340 

Artikel 16 II/360 

Reichskriegsministerium, 
Theologen d. Orden 148" 

Reichslculturkammer 17 

Reichsluftschutzbund 94 f. 

Reichsminister f. Wissenschaft 

11/392 
Reichspressekammer 17 

Maisach gl f. 

Dr. Hock 210 

Strafe für Anzeigen 2I8 

Höfling- Verlag 233, 11/342 f. 



433 



Reichspropagandaministerium 

11/346 f. u.a. 

Beichsregierung 17 

Beschimpfungen 11/325 

Sterilisation 11/352 ff. 

Rassevergötterung II/378 

Reichsschrifttumskammer 

17, 199 fE, 
Höfling- Verlag 233 f. 

Pamphlete 274 f. 

Reichssicherheitsdienst, 
s. Gestapo (SD) , 123 

Geheimanweisung, 15. 2. 1938 

239, 360 ff. 

Reichsstelle zur Förderung 
deutschen Schrifttums 213 

Reichßstraf gesetz : 

§ 211: 11/360, 364, 366, 371, 

Anmerkung 11/373 

§ 139: 11/366 

§353: 11/15 

Reichsstraßenverkehrsordnung 71 

Reichstags wähl: Hirtenbrief 46 

Reichstheaterkammer 233 

Reichsverband der nichtarischen 
Christen n/389 

Reichsverband der Zeitungs- 
verleger 200 ff. 

Reichsveröin für Volkspflege 
und Siedlerhilfe 125 

Reichsverteidigungskommissar, 
.Innsbruck (Hofer) n/375 ff. 

Religion der Kämpfer. 290 f. 

im öffentl. Leben 11/69, 11/95, 

n/151 
falsche 11/151 

~ und Rasse 11/388 ff. 

Religionslehrer an höheren 

Schulen . 185 

Religionsunterricht: 
Fesseln 105 ff., n/41, 62 

Abmeldung i 107 

Staatl. Erlaubnis 108 

durch Lehrer 109 

germanischer 112 

in Tirol 351 

ordentl. Lehrfach 11/97 

„Bubenrudel", „Erzähler- 
kreise" n/114, 139 
Mängel . . 11/140 f. 
Pflichtfach ' 11/142 
-Bücher 11/144 

Religiosität, positive 260 

Quellen 261 

Renten n/121 

Reutberg, Klostergrund 248 

Rex-Apparat 11/364 

RFSS = Reichssicherheitsdienst, 

Geheimanweisung 123, 239, 360 ff. 
Hosenheim, St. Nikolaus 

434, 



(Schaukasten) 38 

Mitgliederkartei 11/400 f. 

Rothenburg o. d. T. 195 

Rottenburg, Bischofshof 36 

Hirtenbrief-Verbot 47 

1 Priester Kz. Dachau 345 

Rottmannshöhe 161, 11/272 

Ruhrarbeiter, Der, Zeitschrift: 

„Dolchstoß . . ." 11/369 

Rundfunkpredigten 49 

Rundschreiben, Päpstliche, 
— s. Weltrundschreiben 136 

SA-Aufzüge 29 

Kirchenbesuch 36, f. 

Sittlichkeit 142 

Berichte 202 

Landjahrführer 263 

„Judenschande . . ." 331 

Homosexualität 11/286 

Auflösung kath. Vereine n/slO 
Appelle, München 11/399 

SA-Mann, Der, NS Zeitschrift 

235, 258, 262, 328, 11/330 

Saarland: 

, Schulkreuz in Frankenholz 118 f. 
Rechtserwerb 244 f. 

-kinder 265 

-Zeitungen n/320 

Sachsen: 
Gemeinschaftsschule 100 

-blut (Verden) 121 

Sachsenhausen, Kz. 17 

Sittlichkeits Verbrecher 144 

Sakramente , 291 

für NS 11/51 

Salesianer für Umsiedlung n/391 

Salzburg, theol, Fakultät " 105 
Kinderseelsorge 187 

Erzdiözese, 6 Priester Kz, 

Dachau 345 f. 

Euthanasie 11/14 

Schernberg 11/375 if. 

Sammlung der Bettelorden 242 
Caritas 243 

Sammlungsgesetz 103 f., 140, 

239 f., 240 f., 382 

Sankt Polten, Diözese 
2 Priester Kz. Dachau 346 

Schauprozesse 11/276 ff. 

Sao Paulo, Brasilien, nichtarische 
Ansiedler 11/391 

Saulusdiakonat . 11/184 

SD = Sicherheitsdienst 17 

in Wiesbaden 125 

in Elsaß .158 f. 

Geheimanweisung 200, 261, 360 ff. ' 
Reichs- 11/274 

Schatzamt NSÖAP und Orden 123 

Schaukasten Friedhof (Stürmer) 237 



Schernberg, Versorgungsanstalt 311 
Scheyern SS-Landscharen- 
Auslese • 1961 

. Schliersee, Pfarramt 259 

Schmähungen von Papst, Bi- 
schöfen u. a. , 11/83, 11/166 
Schneidemühl Prälatur . 
3 Priester Kz. Dachau 346 

Schrift Hl. 56, 65, 110, 173, 201, 215 
266, 292, 318 fl, 11/36, 56 

Schriftleitergesetz 129, 198 f., 209 f. 
-Liste 142 

Schrifttum: Fesseln für das 198 ff. 
in Tirol , 352 

Widerstand 11/318 ff. 

Schrifttum: 
antichristlich 235 ff., 11/343 

antisemitisch 236 

astrologisch 236 

katholisch 11/65, 67, 72, 83, 92 
militärisch 236 

politisch 235 

Schulbrüder, Maristen 138, 141 

in Meppen (Hannover) 152 

in Ahmsen 153 

Schulbedarfsgesetz, Bayer. 11/330 

Schuld des Volkes 11/17 ff. 

Schule, Fesseln' 87 ff. 

antichristlich 260 

anti jüdisch 260 

in Tirol , 351 

Bekenntnis- 46, 88 ff., 207 

n/60 f., 64, 97, 101, 126 ff., n/141 
152, 162, 290, 329 
Gemeinschafts- 89 f., 11/290 

Hitler-Scliulen 122, 282 f., 11/263 

Schulgebet 115 f., 11/118 

Schulgemeinde, Deutsche 89 

Schulgottesdienst höher. Lehr- 
anstalten 47 

Schulkampf ■11/81, 11/126 

Terror 11/128, 216ff. 

Schulkreuz . 116 ^., 118, 355, 11/118 

Schulorden, Bekämpfung 366 f. 

Schulrat 11/187 ff. 

Schulschwestern 99, 101 

Schwanenkirchen 102 

Mühldorf . ' 103 

Devisen 128 

Rüstungsarbeit 146 

in Vöslau, Niederdonau 154 

11/103. 330 

Schulstreik wegen Kreuz 118 

in Tirol 355 

Schulungskurse: Bauern 196 

Rosenberg 258 

Wasserburg 266 

Frauen 266 ff. 

Lehrerinnen 11/186 

11/186, 322 



Schulungslager 11/136 

Schulverbot • 11/144 

Schutzhaft n/40D 

Schwanenkirchen : 

Klosterschulen 102 

Schwarze Fahne, HJ-Lied 120 

Schwarzes Korps: 
Erbsünde 73 

Ehe-Enzyklika • 78 

Ehe 79,- 81, 86 f. 

Devisen 131 

Sittlichkeitsprozesse 1381,141,144 

235, 249 
Kreuz 254 

Wochenkanzel 275, 279, 11/330, 332 

344 ff. 

Schweigepflicht 

der Geistlichen 142 

des Pflegepersonals , 315 

der Beamten H/15 1 

überKz. 11/19 ff. 

Schweiklberg 150, 156, 172 

Schweinfurt: Gaubefehl gegen 

KJ 171 1 

Schweiz: Emigranten 11/396 

Schwestern der christl. Liebe 154 
Schwestern vom Guten Hirten 128 
Schwestern U. L. Frau 128 

Mühlhausen 11/264 

Seckau Diözese 

5 Priester Kz. Dachau 346 

Seelsorge, Fesseln f. 73, 11/67, 93 
Seelsorgsbrief 11/127, 11/327 1, 332 ff. 
Sekten-Bekämpfung 363 f., 375 ff. 
Servitinnen^ München lOl 

Serviten in Gutenstein 154 

in Loretto 154 

Sexualmord, Manage ' 11/285 

Sicherheitsdienst SD 17, 125, 1581, 
200, 261, 360 ff., H/274 
Sittengesetz: 
christliches II/56 f; 

rückständig ii/65 

Grundbedingung der Erneue- 
rung 11/85, 121, 123 
Sittenlehre der kath. Kirche 11/122 
des AT n/382 
Sittlichkeitsprozesse iß 
Predigt v. P. Mayer 53 
' ■ 133 ff. 
Presseberichte 200, 11/57, 65, 115 ff. 
129, 166, 257, 11/276, 276 ff., 290, 324 

331 

Sittlichkeitsstatistik 144 
Sörensen Wulf: 

„Die Stimme der Ahnen" 11/885 

Sonderhäftlinge Dachau II/22 
Sonnenstein, Thüringen 

Vernichtungsanstalt 11/359 

Sonntagsheiligung 11/69 11/121 



435 



Sonnwendfeier 259 

Sonthofen, Ordehsburg 282 

Soziale Fragen 
nicht Parteipolitik 11/319 

Speyer: 
Jägersche Druckerei 234 

Kreuzfrevel 294 

Priester im Kz. 336, 346 

SpitzeltmTi gegen Priester 41 f. 

Sportverbot 184, 11/399 

SS 
Kirchenbesuch 66 f. 

Befehl 80 

Katechismus 108 

Klöster und Orden 125 

Sittlichkeit 142 

Jesuiten 159 ff. 

Volksdeutsche Mittelstelle 
SS-Organisation 161 

Oberaudorf 168 

-Landscharen- Auslese 196 f. 

. Landjahrführer 263 

Homosexualität 11/286 

Staat autoritärer 11/48 

und Nachbarstaaten 11/122 

Staat und Kirche: 
Hitlers Erklärung 11/73 ff. 

Bischöfliche AnerkennuRg 11/75 

n/100, H/.121 

Staat und Kirche: ' 11/122, 11/169 

Staat und Staatsbürger: 
Rechte und Pflichten 11/119 ff. 
Christi. Staatslehre 11/120, 11/297 

Staatsbürger: 
Pflichten und Rechte n/122 

Staatsbürgerrechte und Prie- 
ster n/123, 11/297 

Staatsjugend 11/290 

religiöse Rechte 11/292, 11/300, 

305 

Staatskirchentum ■ 11/54 

Staatskultus 292 f. 

Staatsministerium des Innern 
Bayerisches 11/399 f. 

Staatspolizei, Geheime 
Geheimerlaß für Orden 124 

Presse 200 

Landjahrführer 261 

Sicherheitsdienst 360 ff. 

Staatstelegramme 11/107, 109 

Staatszeitung, Bayerische 
Kardinalspredigten 11/320 

Staatszuschüsse an Kirchen n/166 

Standesvereine ■ 11/54 f., 309 ff. 

Starnberg: NS Sittlichkeit 143 

Steinvi^ürfe gegen den päpstl. 
Thron 11/129 

Sterbehilfe n/357ff. 

436 



Sterilisa,tion 19, 44, 260, 308, 11/82, 

n/124, n/269, 320, 351 ff., 393 

der Bibliotheken 216 

Steuerdruck für Orden 145, 198 

Kirchen-Einziehung 239 

kirchliche Vereine 244 

Steyler Gesellschaft v. göttlich, 

"i/vort: 

Missionsh. St. Gabriel b. Wien 152 
„ Stockerau, Nieder donau 154 
„ Wöllersdorf 154 

Verlust an Mitgliedern 335 

Diözese Trier 11/269 

Stiftungen aufgelöst: Tirol 351 

Stimme, Die 

NS-Zeitschrift 11/230 

Stimmen der Zeit 
Kanisiushaus beschlagnahmt 151 
^Zeitschrift beschlagnahmt 220, 371 
Straßburg 274 

Straubing Zuchthaus 58 f. 

Ursulinenschulen 101 

Stürmer: 
Judentaufen 76 

an Friedhofmauer 237 f. 

an Schulhaus 238 

Aufgabe des „Stürmer" 317 

Fachblatt für Judenkampf 328 
Studentenbund NS 259 ff., 372, 11/400 
Studentenkongregation Würzbg. 174 
Studenten von Langemarck 265 
-Verbindungen kathol. 190 

Studien z. „Mythus d. 20. Jahr- 
hunderts" 11/200 
Sudetengau, Rechtserwerb 245 
Sünde: Feigheit 263 
der Germanen 267 
Vergebung 288 
gegen das Volk 11/405 f. 
Superioren-Vereinigung 11/272 
Syrien Gottesdienst 11/388 
Tagespresse, Vernichtung 11/325 
Taufe 66, 73, 266, 284, 288 
Verhöhnung 11/160 
Tegernsee, Kirch.-Mißbrauch 295 f. 
Teisendorf, Kreuzfrevel 294 
Tengling, Mütterverein 195 
Terror: . 11/102, 128 
Testamente 244 
Testament, Altes 110, 223, 266, 318 ff. 
Gott des A. T. n/36, 56, 65, 173 

201, 318 ff. 
Pfaffrath, Das Gotteslicht im. 

Alten Testament 201 

Neues 56, 266 

Parteiprogramm 292, 11/36, 56 
Theresienstadt, Nichtarier 11/399 
Thüringen, Gemeinschaftsschule 100 
Tierschutz ■ 326 

Tirol, Kirchenverfolgung 350 ff. 



Tischgebet NS 259, 319 f. 

Tisis, Jesuitenkloster 11/272 

Todesstrafe § 211 11/372 

Tötung Schuldloser: 

19, 44, 307, 11/10, 70, 124, 146, 
148 269 354 ff. 

Totalität d. Staates 261, 11/29, 11/321 

Transportgesellschaft, Gemein- 
nützige 311, 315, 11/371 

Traunstein: 
Volkslieder d, Kreisbauernsch. 121 
Schülerheim 141 

'Fähnleinführer 174 

-Zeitung (Juden) 325 f. 

Trauung 81, 288 

deutsche, Altötting 297 

deutsche, PfafEenhofen/Ilm 300 
-geschenk: Mythus 11/31 

Trier Diözese 
Religionsunterricht 109 

Druckerei Herzig 234 

12 Priester Kz. Dachau 346 f., 349 
Klosterfrauen a. Luxembg. 11/267 

Tübingen, Staatsanwaltschaft 11/346 

Tuirnvereine 87 

und Rosenberg 273 

r 

Übersee (Ffr.) Kreuzfrevel 294 

Aussiedlung 11/391 ff. 

Umschulungseinrichtungen für 
Nichtarier 11/391 ff. 

Una-Sancta-Bewegung 8 

Ungarns Enttäuschung über das 
Dritte. Reich 11/282 

Uniform-Verbot für Kirchen 66,69 
für KJ 170 f., 184 

' 11/51, 11/299, 3021, 315, 399 

Universitäten gegen Rassis- 
mus 11/378 

Unsterblichkeit NS 276, 11/38, 11/66 

Ursberg, F. Mayer» Fredigt 52 

Ursulinen: 

Straubing 101 

Marienberg-Boppard 11/269 

Haselünne 11/391 

TT S.A.: 
Aussiedig. v. Nichtariern 11/392 ff, 

Vachendorf, Friedhofmauer 237 
Vagen, Kreuzfrevel 294 

Vaihingen, Pfarramt, Wttbg. 

11/344 ff. 
Väter, Weiße in Mariental 149 

Vaterunser-Schluß 255, 11/160 

Vatikan-Politik 267 f., 374 

Vatikan-Sender 11/25 

Venezuela, nichtarische Um- 
siedler 11/396 
Vereine, evangelische 370 



Vereine, katholische 
Überwachung 42, 165, 192, 363 

Kampf gegen — ^^t/?; 

Papstworte (Enz. M. br. S.) 11/41 
Arbeiter- 186, 197 

Burschen- 186, 196 f. 

Dienstmädchen- 186 

Gesellen- 186, 193, 197, 202 

Mütter- 186, 195. 

Gleichschaltung 188 

Rechtsfähigkeit 243 

Vermögen konfisziert 247 

in Tirol 352 f. 

Zerschlagung 362, 367 ff. 

Widerstand 11/292 ff. 

Vereinigte Staaten Nordamerikas 

Bischöfliche Kundgebung 11/98 
Verfolgung n/72, 11/99 

Verfolgung der Kirche im „Drit- 
ten Reich" (Buch): The perse- 
cution of the Catholic Church 
in the Third Reich 15 f., 38, 11/18, 

25 
„Verkündigung" NS bei der 

Weihestunde 292 f. 

Verleumdungsoffensive der 

Propaganda 11/282 

Versammlungen, Genehmigung 192 
Verstümmelung (Sterilisation) s. d. 
Vertragspflicht 11/120 

Vervielfältigungen . 11/340 

Vinnenberg b. Warendorf 

Benediktinerinheri 11/259 f. 

Vinzentinerin 128 

Völkerbund: 11/122 

Völkischer Beobachter: 

79, 87, 100, 111, 139, 142 f., 168, 181, 
205, 282, 11/271, 11/322, 11/379 f. 
Vogelsang, Burg in der Eifel 67, 282 
„Volk" Bedeutungswandel 45 

Volk: Gott 11/69, 11/151 

Volk und Rasse 286 ff. 

Volksbibliothek 216 

Volksmission 11/333 ff. 

Volksverrat: Vorwurf 11/66, 11/72 
VM Verbindvmgsmänner 361, 363 ff. 

378 
Vinnenberg: 

Benediktinerinnen 11/259 

Vorsegnung 74 

Wahlrecht und -pflicht 11/123 

Wahrheit: 
Recht auf Wahrheit 11/71, 11/121 

Wahrheit, Die, Zeitschrift 11/345 ff. 

Waldbreitbach 142, 11/278 ff. 11/370 

Wallfahrten der Jugend 167 

Berichte über — 200 

nach Nürnberg 291 

kirchliche 11/400 f. 

487 



Wandernde Kirche 379 

Wanderprediger 48 

Christus als — 273 

Wandlitzsee, Kirchenbesude- 
lung 11/281 

Wandzeitung, parteiamtlichie 237 

Warstein, Pflegeanstalt 11/366 

Warthegau: 
Religionsunterdrückung 11/68 

Klostersturm 11/268 

Washington 

Emigranten, nichtarische- 11/392 

Wasserburg a. I.: 
Schulung der Bauern 1935 266 

Weg, „Der Deutsche" 

V holländ. .Wochenschrift 11/324' 

Wehrmacht: ,. . 

-Zersetzung ' . Il/.iS 

Bestattungsanordnung ■. 11/118 

Weib es Verachtung der Kirche 2791* 

Weildorf, Stürmer , ; 238 

Weißenhorn, Predigt P. Mayer 52 

Weihnachtsallokution 1937 
Pius' XI. 13 

Weltanschauung: 

Rosenberg 259 f. 

Blut als — 260 

und Frau 268 f. 

11/56 f., 150, 169 

Weltfrieden 11/122 

„Weltmission d. kath. Kirche" 220 

Weltnotorisch 383 

Weltprotestantismus 373 

Weltrundschreiben : 
Mit brennende Sorge 14.3.37: 

12, 13, 26, 60, 136, 230 &., 378, 

11/12, 34 ff., 377 ff. 

Protest und Verwahrung 11/42 

Sittlichkeitsprozesse 11/99, 116, 

277, 280, 284 
Vereine 11/292 ff. 

Presse * 11/328 

Sittenlehre 11/351 

Rasse 11/377 ff. 

St. Wendel, Saar: 
Stey 1er Missionshaus 150,11/263 

Wer hilft mit? 

Missionswerbeschrift 11/334 

Westfalen: Präsident Lünningk 
Hirtenbrief-Verbot 47 

Ehehilfe 78 

Klosterraub 11/257 if. 

Weyarn, Kirchenschändung 295 

WHW Winterhilfswerk 

21 f., 25 (für Hl. Vater) 200, 375 
Unterschlagungen 11/287 

Widerstand war da II/IO ff. 

passiver 11/17 

der Bischöfe 11/65, 67, 104, 115, 118 
des Klerus 105 ff. 

438 



Wien: Gemeinschaftsschule 99 

Missionshaus St. Gabriel 152 

Reichskommissar : 245 

Erzdiöz. 3 Priester Kz. Dachau 347 
Klosteraufhebung 11/272 

Wiesbaden — Hadamar 11/363 

Wilkinghege, Missionsschwestern ■ 
(Immakulataschwestern) 1^/258 ff. 

Wille und Macht, HJ-Organ 88 

Wihterhilfswerk (für den Hl. 
V^ater) 25 

Presse- Werbung 200, 375, 11/204 
■Wirtschaftliche Fesseln 11/65, 319 f. 

Wirtscha^tslehre, alte 11/383 

Wisserischäft,. katholische 11/198 

Wissenschaft und Katholizismus 

• ' ' 370 ff. 

Weihenblatter, Kampf gegen 205 ff. 

Wbifratshaüsen, Jugendverein 168 
Benefizium - 295 

Vereine . n/400, 402 

Wolfsberg 66 

Wort Gottes: 
Fesseln 11/67 

Mut zur Wahrheit 11/67, 141, 

146 f., 165 

Württemberg: 
Gemeinschaftsschule 100 

, Religionsunterricht 109 

Euthanasie - 11/14 

Würzburg, Bischöfshof 36 

Vereinsabend der Kongre- 
gation 174 
Fränkisches Volksblatt 200 
Verfolgte Priester 333 ff. 
Priester in Kz. 336, 347 
Sturm auf Palais 11/281 

Wunderberichte 208 f. 

Zeitschriften, 
'katholische beschlagnahmt 

2051, 215, 219 ff., 11/323 
antichristliche 235 ff. 

antisemitische 236 

Bekämpfung 367 

Zeitungen 199 ff., 11/11 

Tages- 204 

Wochenblätter 205, 11/56, 319 ff., 

3231, 326 

Zeitungsverleger, Reichsverbänd 
deutsch. — , Geheimanweisg. 200 

Zisterzienser: 
Heilig^nkreuz 154 

Lilienfeld 154 

Zölibat 40, 41, 111, ' 138, 143, 257, 

280, 11/332 

Zurücksetzungen 183, 11/189 

Zuschüsse, staatl., an Klerus 239 

Zuständigkeit 
Art. 4 Abs. 2 des RK. 11/327 f. 





Das, Altarkreuz 

in der „Priesterblock"kapelle des Konzentrationslagers 
Dachau, der Trost und die Stärkung vieler Kreuzträger. 



439 



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Das Konzentrationslager Dachau. 

Auf dem freien Platz im Vordergrund X steht nunmehr 
Hl. -Kreuz-Kirche, 
die H. H, Kardinal Faulhaber am 23. 12. 45 einweihte. 



die 




Des Königs Banner tritt hervor! 
Kath. Jugend bei der Münchenfer Fronleichnamsprozession, (s. S. 11/303) 
440 



Vliiini^i^SIIl.fiF CHICAGO 



34 777 303 



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Neufe^usler. 

Kreuz und Hakenkreuz 



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