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Full text of "Ein Benediktinerbuch [microform] : Geschichte und Beschreibung der Bestehenden und Anführung der aufgehobenen Benediktinerstifte in Oesterreich-Ungarn, Deutschland und der Schweiz"

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Verzeiclmiss 



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Karten etc. 
Ein Cisterzienser-Buch, Gesclüchte und Beschreibung der 

bestellenden u. Aufführung- der aufgehobenen Cister- 

zienserstifte. Mit Hlustratiouen. 
Ein Chorherrn-Buch, Geschichte und Beschreibung- der 

bestehenden und Aufführung der aufgehobenen Chor- 

herrnstifte. Mit Illustrationen. 



Verzeiclmiss 



der 



Woerrschen Eeisebibliothek. 



An frischen Quellen. Gedichte. 200 Seit. geb. 
Gebetbuch für Reisende. 136 Seiten, geb. 

do. broch. 

Humoristisches in Wort und Bild. 148 S. geb. 
Wanderungen in Mexico. 366 Seiten, geb. 

do. broch. 

Auf deutschem Boden. Eine Novelle. 123 S. geb. 

do. broch. 

Vater Eisenhammer. Roman. 440 S. geb. 

Trautheim. Eoman. 400 Seiten. geb. 

do. brocli. 

Rund um den Bodensee. Der Bodensee und 
seine Gescbicbte. 289 Seiten. geb. 

Lustige Geschichten vom Rhein. 204 S. geb. 
Schweizer Album. Eine Sammlung der inter- 
essantesten Ansichten. 40 Seiten, geb. 
Reisebilder aus Italien. geb. 

I. Theil: Yom St. Gotthardt bis Rom. 256 S. 
n. Theil : Rom. 406 Seiten. 
ni. Theil : Von Neapel bis zum Brenner. 367 S. 
Die Kaiserstadt an der Donau. Kleine Bilder 
aus dem grossen Wien. 149 Seiten, geb. 
do. broch. 

Reiseerinnerungen a.Südfrankreich.3l2S.gb. 

do. broch. 

Reiseerinnerungen aus Spanien. geb. 

I. Theil; Ton Barcelona nach Cadix. 280 S. 

n, Theil: A'^on Cadix nach Irun. 285 Seiten. 

I. und n. IL broch. 

Wanderungen durch Vorarlberg. Mit einer 

Karte von Yorarlberg. geb. 

do. broch. 

Nach Nordamerika und Kanada. 2 Bände, 
von Land und Leute. 
Schwäbische Bilder. Die Schweizer Alpen. S 





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■'^EIN 



BENEDIKTINERBUCH. 



GESCHICHTE UND BESCHEEIBUNG 

DER BESTEHENDEN UND ANFÜHRUNG DER 

AUFGEHOBENEN BENEDIKTINERSTIFTE 

IN OESTERREICH-UNGARN, DEUTSCHLAND UND 

DER SCHWEIZ. 



VON 



SEBASTIAN BRUNNEE. 



MIT ILLUSTRATIONEN. 



WüRZBURQ, 



VERLAG VON LEO WOERL. 

AGENTUB IK WIEN. 






BRUCK VON B. G. TEÜBSXE IN LEIPZIG, 



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1693240 



Eiiileitnng. 

I. Zur Entstelmiigsgescliiclite . vorliegender 

Sclirift. 

Der Unterzeichnete ist von dem Verlagsbuclihändler 
Herrn Leo Woerl ersucht worden, eine Schrift über die ge- 
genwärtig in Oesterreich- Ungarn bestehenden geistlichen 
Stifte zu publiciren, und zwar sollte jedem Stifte eine 
historische Skizze, eine kurze Beschreibung und eine Nach- 
richt über den gegenwärtigen Bestand gewidmet werden. 

Nun versammelten sich- zu Melk am 15. August 1879 
Abgeordnete aus den Benediktinerstiften in Oesterreich- 
üngam, in Deutschland und der Schweiz, um bei Gelegen- 
heit der 14. Säkulaffeier des Ordens i. J. 1880 literarische, - 
auf denselben Orden bezügliche Erscheinungen zu verah-i 
lassen. Die Versammlung wählte sich zu ihrem Präses : 
den P. T. Herrn Abt zu Melk Alexander Karl, welcher: 
zur Ausführung dieses Vorhabens die Abgeordneten der' 
Stifte zuvorkommend nach Melk geladen und für den freund- 
lichsten Empfang derselben edle Fürsorge getroffen hat. ; 

Der Herausgeber dieses, welcher während dieser Zu-: 
sammenkünffc in Melk anwesend war, ersuchte die abge- 
ordneten Herren Capitularen, es möge jeder entweder über; 
sein Stift eine historische Skizze xmd Beschreibung an-' 
fertigen , öder für diese Arbeit einen andern Mitbruder ge- • 
winnen, und es möge jeder Herr Autor durch die Unter-' 
fertigung seines Namens die Verantwortlichkeit für seinen 
Artikel übernehmen. 

Das Ansuchen wurde von allen Seiten freundlich auf- • 
genommen und auf diese Weise ist vorliegende Schrift 
entstanden. 

.Eine fernere Schrift über die in Oesterreich- Ungarn 
noch bestehenden ChorheiTen-, Cistercienser- und Domini- 
kaner soll nachfolgen. 



_ 4 — 

n. Das Wirken des Benediktiner-Ordens im 
Allgemeinen. 

Was die Söhne St. Benedikts für wahre Cultur und 
christliche Gesittung, für Wissenschaft und Kunst geleistet, 
lässt sich nicht abstreiten. Sie haben in den Wildnissen 
den Boden urbar gemacht; sie haben im eigentlichen Sinne 
die Geschichte, Philosophie und Dichtkunst der alten klassi- 
schen Völker in den Stürmen barbarischer Zeiten gerettet, 
die Werke der ersten christlichen Jahrhunderte, Schriften 
der Kirchenlehrer imd Historiker sind gerade durch die 
Benediktiner-Kloster schulen und -Abschreiber dem Unter- 
gänge entrissen worden. Die Verdienste der Benediktiner 
um die Rechtswissenschaft sind bisweilen selbst Rechts- 
gelehrten nicht bekannt. Löher (k. Archivdirektor in Mün- 
chen) sagt über Archiv und Bibliothek in Montecasino: 
„M. wurde die Zeitwarte, auf welcher jedes fortziehende 
Jahrhundert seine Schriftstücke, jedes Jahrhundert seine 
Briefe an das folgende niedergelegt. Welcher Jurist kennte 
nicht die Formelbücher, jene ältesten Zeugen der Ver- 
mählung zwischen deutschen und römischen Rechts- 
anschauungen. Von der Rechtsschule auf Montecasino 
nahmen sie ihre Wege nach England , Frankreich und über 
die Alpen." 

Die wissenschaftlichen Leistungen der Mauriner-Con- 
gregation in Frankreich, welche 124 Abteien und Priorate 
zählte, haben sich einen welthistorischen Ruhm erworben. 
Als steinerne Monumente ragen die Ordenshäuser aus hun- 
dert- und mehr als tausendjähriger Vergangenheit noch in 
die Gegenwart hinein. Die Häuser derselben haben fast 
durchgängig wie auch die andern alten Stiftungen in 
Oesterreich-Ungarn grossmüthigen Landesfürsten oder dem 
alten begüterten Adel ihren Grundbesitz zu verdanken, 
welcher ihnen zuvorkommend, ohne dass sie darum ge- 
beten, geschenkt worden ist. Der grossmüthigen Spender 
eingedenk, haben sie in der Regel ihr Einkommen in 
würdiger Weise zum Wohle ihrer Mitmenschen verwendet, 
in ihren Schulen sich der Jugenderziehung ohne Entlohnung 
gewidmet, auf den ihren Häusern incorporirten Pfarren 
die Seelsorge versehen, die Armenpflege und Gastfreund- 



— 5 — 

Schaft im ctiristlichen Sinne edelmütliig geübt, sie haben 
dabei, insoweit es die andern Berufspflichten gestattet, 
das gemeinsame Chorgebet nicht Ternachlässigt , und im 
Verkehr mit andern Orden, wie mit Weltpriestern und 
Laien, insoweit es ohne Pflichtverletzung nur möglich war, 
den gottwohlgefälligen Frieden zu erhalten gesucht. Einen 
wesentlichen Faktor in der Aufgabe des Ordensmannes 
— das Zurückgezogensein von den Händeln der Welt — 
haben sie im Ganzen und Grossen, in der höchsten Blüthe 
wie im zeitweiligen Verfalle des Ordenslebens, immer zu 
wahren gewusst. Nie haben sie sich an die Grossen und 
Mächtigen der Welt herangedrängt, von politischen Hän- 
deln sich immer so fem als möglich gehalten und auch 
die gefürsteten länderbesitzenden Aebte haben im Vergleich 
mit andern Reichsfürsten in den allerseltensten Fällen mit 
ihrer Gewalt auf Kosten Anderer einen Missbrauch getrieben. 

Sind bisweilen Aebte oder Capitularender Benediktiner 
von Fürsten in ihren Rath gezogen oder um ihren Rath 
gefragt worden , so haben auch diese von ihrem Einfluss 
keinen Gebrauch zum Schaden Anderer gemacht, und so 
haben sie zumeist, wie es einer alten grossen ari&tokratischen 
Familie würdig ist, den noblen, ehrenhaften und uneigen- 
nützigen Charakter ihres Ordens hoch gehalten. 

Weil sie nun zudem in ihren Sängerschulen begabten 
Kindern armer Eltern das Studium ermöglicht, so dass 
viele Diener der Kirche und des Staats: Priester, Juristen, 
Staatsmänner, Aerzte und Lehrer an Hochschulen ihnen, 
ihr Lebensglück und ihre Stellung in der Welt zu ver- 
danken hatten , so sind St. Benedikts Söhne im Allgemeinen 
immer beliebt gewesen, ein Umstand, der gewiss auch 
beigetragen, dass die Häuser der Benediktiner manche 
Stürme überdauern konnten, die in irreligiösen Zeiten über 
geistliche Institute hereingebrochen sind. 

Quellenkenner der Geschichte werden zugeben, dass 
die hier im Allgemeinen ausgesprochene Anerkennung des 
Ordens noch dürftig ist und weit hinter den Verdiensten 
desselben zurückbleibt. 

In Oesterreich sind die Benediktiner den Landesfürsten, 
besonders in den schwierigsten Lagen und Bedrängnissen, 
so oft mit pekuniärer und sonst thatkräftiger Hiüfe bei- 
gestanden und haben oft so bedeutende Kriegscontributionen 



geleistet, dass viele Ordenshäuser jahrelang in Erschöpfung 
ihrer materiellen Mittel zwischen Sein und Nichtsein schwe- 
ben mussten. 

Nur noch ein Beispiel von der edlen Aufopferung und 
üneigennützigkeit des Ordens aus neuester Zeit. Der Abt 
Wimmer hat in Amerika durch die Mühe der Priester und 
der Laienbrüder seines Ordens neue Seelsorgestationen 
gegründet^ und nachdem die jeweilige Gründung festen 
Fuss gefasst, diese den betreffenden Bischöfen zur Yer- 
fügung gestellt, welche diese Gründungen mit Weltpriestern 
oder Priestern anderer Orden besetzen konnten. Ein so 
uneigennütziges opferwilliges Arbeiten im Weinberge des 
Herrn, in der reinsten und edelsten Absicht, verdient doch 
sicher hervorgehoben zu werden. Man könnte es frei- 
willige Roharbeit nennen, die ohne irgend eine Eücksicht 
auf irdischen Erfolg — für die Personen und für die Corpo- 
ration — nur in der Hoffnung auf Gotteslohn unternommen 
und durchgeführt werden kann. König Ludwig von Bayern 
beginnt die Stiftungsurkunde von St, Bonifaz in München 
mit den Worten: (4. Novbr. 1856) „Wir haben beschlossen, 
eingedenk des grossen Nutzens, welchen der Benediktiner- 
Orden seit so vielen Jahrhunderten der Kirche^ dem Staate, 
und durch seine Forschungen der Wissenschaft gebracht, 
in der Haupt- und Residenzstadt eine Abtei zu gründen." 
Gewiss ein schönes. Zeugniss von Seite eines Königs 
neuester Zeit, der sich selber zm* Lebensaufgabe gemacht, 
Künste und Wissenschaft zu fördern. 

Es erscheint geradewegs als eine Pflicht, auf das Wir- 
ken dieses ältesten Ordens eben bei Gelegenheit seiner 
1400 jährigen Säcularfeier, um der historischen Gerechtig- 
keit willen besonders hinzuweisen, um so mehr, weil eine 
Schule von modernen Kirchengeschichtsschreibern, die nach 
und nach den Markt ausschliesslich in Anspruch nehmen 
zu wollen scheinen, die neueren Orden auf Kosten der 
alten hervorzuheben sucht und das Wirken der alten Or- 
den entweder ganz todt zu schweigen, oder doch es herab- 
zumindern sich berufen fühlt. 

Wir sind sicher nicht gewillt, die wirklichen Verdienste 
irgend einer geistlichen Genossenschaft zu verkleinern oder 
um die verdiente Anerkennung bringen zu wollen, sondern 
wollen nur den ehrenhaften Grundsatz zur Geltung bringen : 



— 7 — 

man müsse überall für die historische Gerechtigkeit ein- 
stehen und sich nie aus Parteisucht zu Entstellungen der 
Wahrheit oder zu Schönfärbereien verleiten lassen, welche 
der Kirche von jeher immer mehr geschadet haben, als 
sie ihr nützlich gewesen sind. Zudem hat der Herausgeber 
dieser Schrift den Benediktinerorden von Kindheit an kennen 
gelernt, und ist von je schon aus Dankespflicht zu dem- 
selben in freundlichen Beziehungen gestanden. Sein väter- 
liches Haus liegt auf stiffc-schottischem Grunde in Wien, 
nach vormärzlichen Anschauungen ist er als ein herrschaft- 
lich stift-schottiseher Unterthan geboren worden und sol- 
cher bis 1848 geblieben, in welchem Jahre die Patrimonial- 
herrschaften durch die Revolution hinweggefegt wurden. 
Seine Katecheten in der Volksschule sind Benediktiner ge- 
wesen. Er hat den sechsjährigen Gymnasialcurs im Bene- 
diktinergymnasium bei den Schotten in Wien durchgemacht. 
In der Folge besuchte er die historisch denkwürdigen 
Stellen, wo St. Benedikt geweilt, er war in der heiligen 
Grotte bei Subiaco, und auf der Bergkrone des Monte- 
casino. — Wenn man nun aus Dankbarkeit die wahren Ver- 
dienste eines Ordens anerkennt, so braucht man deshalb 
noch nicht von der historischen Wahrheit abzuweichen 
und sich zu einer doch am Ende nur unnützen Lobhudelei 
verleiten lassen. 

Was nun hier über das Wirken des Benediktiner- 
ordens in Oesterreich bemerkt wurde, das verdient dieser 
schon als der älteste in chronologischer Ordnung; dass 
sich die Chorherren, Cistercienser und Dominikaner als 
alte begüterte Orden in Oesterreich ähnlicher Verdienste 
rühmen können, soll in einer nachfolgenden Schrift eben- 
falls historisch dargelegt werden. 

Es kann uns nach unserm zuvor ausgesprochenen 
Grundsatz hier nicht einfallen, zu beschönigen oder in Ab- 
rede stellen zu wollen, dass es Zeiten gegeben hat, in 
denen Häuser des Benediktinerordens in Verfall geriethen. 
Das ist auch bei andern Orden vorgekommen, und zwar 
folgerichtig gerade bei geistlichen Genossenschaften, deren 
Statuten nicht absolutistisch sind und in denen auch der 
persönlichen Freiheit ein Spielraum überlassen bleibt. Nun 
hat aber der Geist des Ordens auch in solchen Fällen schon 
oft seine verjüngende Kraft gezeigt, mit welcher er von 



— 8 — 

innen heraus verjüngen und erneuern kann; denn was 
von aussen einem Organismus aufgezwungen wird, das ist 
bisher noch immer misslungen. 

Wir sehen, dass Stiftungen besonders bei Frauenklöstern 
von Fürsten oder Adeligen für Adelige gemacht wm-den. 
In jener Zeit mögen auch Gründe vorhanden gewesen sein, 
welche derlei Stiftungen in etwas rechtfertigen konnten, 
wir werden auf diesen Umstand noch später zu sprechen 
kommen. Um die Schrift zu vervollständigen und dieselbe 
einerseits für historische Zwecke behufs des Benediktiner- 
ordens zu einem Nachschlagebuch zu machen, andrerseits 
die Momente zum weiteren Nachforschen an die Hand zu 
geben, hat der Herausgeber auch die in Oesterreich-Ungarn, 
Deutschland und 'der Schweiz aufgehobenen Stifte hier 
aufgeführt, wie er hierüber in historischen Schriften, die 
am geeigneten Orte bezeichnet werden , Andeutungen oder 
Aufschlüsse gefunden hat. 

III. Die aufgehobenen Herrenstifte in den 
,. dermaligen österreiclilselien Erblanden. 

, Arnoldstein. Arnold schenkte seine Burg dem Hoch- 
stifte Bamberg zur Zeit Gregor VE. und Heinrich IV. 
Bischof Otto von Bamberg aus dem Hause Andechs machte 
aus der Burg ein Benediktinerkloster. Die grössten Miss- 
geschicke dieser Stiftung waren elementarer und barbari- 
scher Natur. (Der Bergsturz des Dobratsch und die Türken- 
plage.) Wagner in seinem Album für Kärnthen beschreibt 
das furchtbare in Eärnthen allgemein bekannte Ereigniss 
wie folgt: „Jener furchtbarer Bergsturz des Dobratsch i. J. 
1348, welcher noch jetzt in der Geschichte Kärnthens als 
einzig • in seiner Art widerhallt , ereignete sich im Ange^ 
sichte des Stiftes kaum eine Meile davon entfernt. Abt 
Fiorimund, dem ungewöhnliche Erscheinungen in der Natur 
ein ausserordentliches Ereigniss ahnen Hessen, stand an 
seinem Fenster und beobachtete die ungemein trübe' und 
drückende Atmosphäre des 25. Januar. Da neigte sich der 
Berg, der dadurch erzeugte Windsto.ss schleuderte ihn zu- 
rück, und schon meinte er sich und Alles untergegangen 
im Einstürze der Erde, so gewaltig bebte sie. Einem 



— 9 — 

Vulkane gleich, hatte der Bergsturz das Kloster und diQ 
Umgegend mit Staub und Erde bedeckt und -weithin bis 
zur Quelle dieses grässlichen Unglücks sahen die aus 
ihrem todähnlichen Zustande erwachten ße-wohner des 
Stiftes nur Schutt und Trümmer. Ein grosser Theil seinei 
Unterthanen, Dörfer und Weiler -waren in ewige Nacht 
begraben. — Bischof Leopold von Bamberg schenkte dem 
verarmten Stifte 52 Hüben Landes. 1476 hielt das Stift, 
durch einen vortrefflich organisirten Vertheidigungszur 
stand , die im Lande einfallenden Türken vom Stift und 
den Gehöften desselben zurück. Unter den Aebten war 
Aemilian von Aineth ein gerühmter Alterthumsforscher 
(1727) und sein Nachfolger Benedikt Kittelberger ein aus- 
gezeichneter Rechtsgelehrter. — 1783 wurde das Stift auf- 
gehoben, (das Vermögen auf 155,917 /. geschätzt) und ver- . 
kauft. Der Erlös wurde dem Kärnthner Religionsfond ein- 
verleibt. Das Gebäude, ist jetzt Sitz des Bezirksgerichts. 

Garsten war 977 eine Pfarrkirche des Bisthums Lorch. 
Ottokar III. stiftete hier 1082 weltliche Chorherrn, aber 
schon 1107 wurde das Gotteshaus unter Ottokar IV. den 
Benediktinern übergeben. Der erste Abt 1110- war Bert- . 
hold Graf von Würtemberg, früher mit Adelheide Gräfin, 
von Lechsmund vermählt, Hess er sich ins Stift St. Blasien 
aufnehmen. Er starb im 80. Lebensjahre im Rufe der Hei- 
ligkeit. Unter Abt Günther feierte .1170 Firiedrieh Barba- 
rossa den Palmsonntag in Garsten, worauf der Abt als 
Erbhofkaplan von Steyer bestä,tigt wurde. : Als Steyer.: zu 
Oberösterreich kam , ging, dieser. Titel: bei Aufhebung des 
Stiftes auf St. Florian über (PreuenhuberAnnalen). Am 
1. Mai 1787 wurde das Stift aufgehoben. Jetzt hausen im 
Kloster 800 bis 900 Sträflinge von 90 Mann Zuchtmeistern 
bewacht. Der grosse. Prunksaal dient als Kirche. 

Grleink, Die ersten Schritte zur Stiftung geschahen 
durch Arnhalm von Glunek und durch den Markgrafen 
Ottokar IV. in Steyer. Markgraf Leopold, Ottokars Nach- . 
folger, realisirte auf Arnhalm s Grund und. Boden 1125 das 
fromme Vorhaben. Der erste Abt Ulrich war ver-vvandt 
mit dem h. Berthold zu Garsten. Abt Wolfgang (1436— 
1458) erhielt für die Aebte von Pius IL Inful und Stab. 
Das Stift erlag unter Joseph II. 1784 dem allgemeinen Klo- 
sterstunn. Das Gesammtvermögen geschätzt. auf 222,056 /> 



— 10 — 

1792 wurde Gleink als Dotationsherrschaft dem Bischof 
von Linz zugewiesen. Bischof Ziegler überliess das Gebäude 
1832 den von ihm berufenen Salesianerinen, welche hier 
eine Erziehungsanstalt gründeten. 

Grloknitz. Das grosse Gebäude beim Beginn der Sem- 
meringer Bahnfahrt gehörte seit 1094 dem Benediktinerstift 
Varnbach am Inn in Bayern, in der Regel weilten hier 5 
Capitularen und ihr Vorgesetzter wurde Präpositus (Probst) 
genannt. Abt Rümpler von Varnbach weilte hier bisweilen 
und nannte das auf einem Berge gelegene und mit einem, 
Bergkranze umgebene Haus sein Curifugium (Sorgenfiucht). 
Unter Joseph verfiel es der Aufhebung, das Gebäude wurde 
verkauft. 

Mehrerau.*) (Von 610 bis 1807 Benediktinerstift). Kaum 
eine halbe Stunde westlich von Bregenz liegt am Bodensee 
das Stift Mehrerau. In seiner jetzigen Gestalt ist es so- 
wohl wegen seiner herrlichen Lage, als durch den schönen 
regelmässigen Bau eine der schönsten Zierden der Gestade 
des deutschen Meeres. — Den durch das südliche Portal 
Eintretenden nimmt ein grosser Hofraum auf, in dem sich 
gegen 90 Zöglinge tummeln. Zur Rechten steht das Con- 
ventgebäude, das mit der neuen romanischen Kirche ein 
Viereck bildet; zur Linken ist das langgestreckte Schul- 
gebäude mit den Unterrichts-, Studien- und Schlaflokali- 
täten der Zöglinge, während die beiden kürzern Seiten des 
Hofes, die nördliche und südliche durch Oekonomiegebäude 
abgeschlossen sind. 

Es war im Jahre 610, als der h. Columban aus Luxeuil 
vertrieben unter Führung des Priesters Willimar von Ar- 
bon nach langen Irrfahrten hier landete. An der Stelle 
des jetzigen Klosters fand er eine durch Götzendienst ent- 
weihte christliche Kirche, bei der er sich mit seinen Ge- 
nossen, den gallischen und irischen Mönchen, niederliess 
und vorläufig Holz- und Laubhütten baute. Bald kam das 
heidnische Tempelfest heran, das Columban zu einem Be- 
kehrungsversuche zu benutzen gedachte. Sein Schüler Gal- 
lus, der die alemannische Sprache vollständig inne hatte, 
predigte der aus Heiden und unwissenden, abgefallenen 



*) Diese Skizze über Mehrerau wurde dem Herausgeber vom Cister- 
cienserpriester zu Mehrerau H. H. Laurenz Wocher eiugesendet. 



— 11 — 

Christen gemischten Bevölkerung, die zum Feste gekom- 
men war, und machte solchen Eindruck, dass er es wagen 
dm-fte, nach Beendigung der Predigt die im Tempel be- 
festigten Erzbilder Wuodans, Thors und Freyas herab- 
zureissen, zu zerschlagen und in den See zu werfen. So- 
gleich weihte Columban die Kirche neu zu Ehren der hl. 
Aurelia ein, deren Gebeine er im Altare einschloss, und 
feierte sodann die hl. Messe, worauf sich die Menge zer- 
streute, glücklich über die erlangte Erkenntniss ; nur wenige 
Heiden entfernten sich unter Drohungengegen die Fremdlinge. 
Alsbald begann der eigentliche Klosterbau nach dem Muster 
von Luxeuil. Die Mönche, die unter der strengen Regel des 
hl. Columban lebten, übten theils verschiedene Handwerke 
und Künste, theils zogen sie unter Führung des hl. Gallus 
im Lande umher, um das Evangelium zu verkünden; wie- 
der andere beschäftigten sich mit Ackerbau und Land- 
wirthschaft und unterrichteten hierin die Bevölkerung der 
Umgegend. -^ Auf einer seiner Missionsreisen nach dem Bre- 
genzerwald bekehrte Gallus auch eine Jungfrau, der er in 
der hl. Taufe den Namen Haberilia gab. Diese folgte ihm 
nach seinem Kloster nach und hat ihn, ein ganz der christ- 
lichen Vollkommenheit gewidmetes Leben führen zu dür- 
fen. Gallus wies ihr in der Nähe des Klosters eine Ein- 
siedelei an, und gab ihr den Schleier als Liclusa. Ihr Bei- 
spiel zog bald mehrere ihres Geschlechtes an, so dass 
Gallus es für nöthig fand, Columban zu bitten, für die 
Jungfrauen ein eigenes Kloster neben dem andern zu bauen. 
Dies geschah und Haberilia ward die erste Aebtissin des 
Frauenconventes. 

So lebten und wirkten die Mönche hier drei Jahre lang, 
bis nach dem Tode Theudeberts von Austrasien Theude- 
rich, der Feind Columbans, der ihn aus Luxeuil vertrieben, 
Herr Alemanniens wurde. Jetzt begannen die noch übrigen 
Heiden ihre Feindseligkeiten und verklagten die Mönche 
bei Herzog Gunzo in Ueberlingen als Zerstörer der Wälder 
und Beschädiger der königlichen Jagden, worauf sogleich 
ein Ausweisungsbefehl an Columban abging. Die heidni- 
schen Einwohner gaben demselben Nachdruck, indem sie 
zwei Mönche des Klosters erschlugen, die später als Mär- 
tyrer verehrt wurden. Columban zog, von Attalus allein 
begleitet, nach Italien und gründete das Kloster Bobio, 



— 12 — 

die gallischen Mönche kehrten mit Chagnoald und Ensta- 
sius nach Luxenil zurück, während andere sich zerstreuten 
oder zum Schutze und zur Seelsorge des Frauenconventes 
zurückblieben, Sigebert gründete Dissentis in Graubün- 
den, Gallus St. Gallen. So blieb Mehrerau, resp. das 
„Kloster Bregenz", ein Frauenkloster, das unter Haberilia 
stand, obwohl noch Mönche da waren, wie dies in Irland 
fast überall war, bis Gallus nach der Heilung der Tochter 
Gunzos, Friedeburga, die Oberleitung wieder übernehmen 
und mehr Mönche senden konnte. Dasselbe Verhältniss 
bestand unter Magnus fort. Als dieser aber als Prediger 
ins AUgäu zog, ward wieder ein eigener Abt in Bregenz 
eingesetzt. Von ihm und seinen Nachfolgern bis zum Jahre 
1079 sind nur mehr die Namen bekannt. Wann hier die 
Benediktinerregel eingeführt wurde und wann der Frauen- 
convent aufhörte, ist nicht mehr zu ermitteln. "Wahr- 
scheinlich geschah beides im Jahre 1079, als Abt Wilhelm 
von Hirschau seinen Mönch Gottfried mit mehreren Ge- 
nossen sandte, um dem Kloster innerlich und äusserlich 
aufzuhelfen. Gottfried wurde zum Abt gewählt, und er- 
füllte seine Aufgabe vollkommen. Doch, sei es durch Zer- 
störung im Kriegszuge Abt Ulrichs gegen die päpstlich ge- 
sinnten Grafen von Bregenz, sei es durch anderes Unge- 
schick verwüstet, bedurfte das Kloster schon am Ende 
desselben Jahrhunderts wieder einer Aufhilfe. Diesmal 
war es Graf Ulrich VIII. von Bregenz, der Schirmherr- 
selbst, der das Stift von 1097 — 98 neu aufbauen Hess, und 
nachdem er vor dessen Vollendung gestorben, der Erste 
dort seine Ruhestätte fand. Die Mönche postulirten den 
Mönch Meinrad von Petershausen als Abt (reg. von 1098 — 
1139) und begannen ihr Streben aufs neue. Das noch arme 
Stift nahm so zu an Einkünften, dass in einer Bulle vom 
17. September 1249 schon 65 grössere Besitzungen aufgezählt 
sind, darunter die Pfarren Bregenz, Mederstauffen, Weiler, 
Grünenbach, Eöthenbach, Sigmaringen dorf, Sarganz. Die 
Propstei Lingenau u. a. war schon seit ihrer Entstehung 
unter unmittelbarer Leitung, des Stiftes; die Anzahl der 
Patronatspfarreien erreichte bis um die Mitte des 16. 
Jahrhunderts eine bedeutende Höhe. In Alberschwende 
war zu Anfang des 12. Jahrhunderts der Mönch Merbar 
von Mehrerau Pfarrer und starb dort den Martertod und 



— 13 — 

wird von der Bevölkerung heute nocli als heilig verehrt. 
Auch Andelsbuch, Bezau (Ellenbogen), Au, Gestraz und 
seit 1464 auch Schwarzenberg und Mellau sowie die Jüngern 
Pfarreien der Umgend gehörten zum Stifte. 

Nach dem Aussterben der Grafen von Bregenz über- 
nahmen ihre Nachfolger, die Grafen vonMontfort, den Schutz 
des Klosters und viele derselben sind auch unter den 
Wohlthätern verzeichnet. — Die nächste Störung ent- 
stand in Mehrerau durch die Stellung des Stiftes auf die 
päpstliche Seite im Kampfe zwischen Conrad IV. und In- 
nocenz IV. Unversehens wurde es im Jahre 1245 von den 
Kaiserlichen überfallen, geplündert und niedergebrannt; 
dadurch ging auch Bibliothek und Archiv zu Grunde. Das 
mit Hülfe anderer Klöster imd der Grafen von Montfort 
wieder aufgebaute Stift nahm der päpstliche Stuhl in meh- 
reren aufeinanderfolgenden Bullen in Schutz. 

Fast drei Jahrhunderte gingen ohne grossen Schaden 
vorüber, bis die Schweizerkriege losbrachen, in denen das 
Kloster in beständiger Gefahr schwebte und einmal nur 
durch tapfere Hülfe der Bregenzer vom Untergang gerettet 
wurde. So brausten die Stürme, wenn auch oft scharf, 
so doch ohne gänzlichen Untergang des Hauses vorüber, 
so dass es, aussen und innen starke die Glaubensspaltung 
erwarten koimte. Mehrerau stellte im Glaubenskampfe 
mehrere ausgezeichnete Kämpfer, wie z. B. den nachma- 
ligen Abt Ulrich Motz, der als Probst von Lingenau 17 Jahre 
lang (1515 — 1533) den Bregenzerwald predigend durchzog 
und sich für die Erhaltung des Volkes im Glauben grosse 
Verdienste erwarb. P. Jakob Gruoss rottete 1630—39 als 
Pfarrer in Au (Japhausen) die Wiedertäufer im hintern 
Bregenzerwalde aus ,* überhaupt litt keine Mehrerauer Pfarrei 
in dieser Hinsicht Schaden. 

Arge Bedrängniss brachte dem Stifte der 30jährige 
Krieg. Durch die Verwüstungen desselben wurde das Stift 
auf viele Jahre hinaus fast sämmtlicher Einkünfte be- 
raubt, während zahllose Flüchtlinge das Vorhandene auf- 
zehrten. Es regierte damals der ausgezeichnete Abt Pla- 
cidus, ein intimer Freund des hl. Fidelis, des Protomar- 
tyrers der Propaganda, dessen Leben er auch schrieb und 
der endKch selbst im Rufe der Heiligkeit starb. Da 
speisten täglich 90—100 Gäste in Mehrerau ;, meist ge- 



— 14 — 

flüclitete Ordensleute, darunter an einem Tage 7 Aebte und 
Fürsten. Dadurch, und durch die unmässigen Beitrags- 
forderungen der Beamten sowie durch die endliche Plün- 
derung durch die Schweden im Jahre 1647 wurde das Stiit 
gänzlich, erschöpft und war nacli dem 30jährigen Kriege 
ärmer als je. Das Kloster selbst hatte nur die ausser- 
ordentliche Klugheit und Kühnheit des Priors und Chro- 
nisten Dr. Franz Ransperg vom gänzlicuen Untergang ge- 
rettet. Das Archiv hatten die in die Schweiz geflohenen 
Capitularen mit sich genommen und so gerettet. 

Auch St. Gallen musste zweimal zu Mehrerau seine 
Zuflucht nehmen; das erste Mal war es Abt Kilian German, 
der im J. 1529 hieher flüchtete und am 30. August 1530 
hier beerdigt wurde. An seinem Grabe wählten die Con- 
ventualen den Abt Diethelm Blarer. Das zweite Mal wurde 
im J. 1717 Abt Leodegar, der in Neuravensburg gestorben 
war, hier begraben und sein Nachfolger Joseph von Ru- 
dolphis gewählt. Auch Abt Andreas Vogt von Ottobeuren, 
der am 5. März 1633 in Lindau starb, ward hier beerdigt. 

Nach dem Schwedenkriege begann wieder neues Leben. 
Ransperg bearbeitete die Geschichte und lieferte die Haupt- 
quellenwerke der Geschichte Vorarlbergs. P. Apronian 
Hueber, einer der gelehrtesten Benediktiner seiner Zeit, 
schrieb ausser den zahlreichen Beiträgen für Pez, Herrgott 
und andere, mehrere theologische Werke und geschicht- 
liche Abhandlungen. Langenauer, Hellbock und D. von 
Cabalzar schrieben ascetische, Abt Franz I., Pappus von 
Tratzberg etc. theologische "Werke. Abt Magnus IL ver- 
ordnete im J. 1711, dass in Zukunft niemand Mitglied des 
Kapitels werden könne, wenn er nicht, bis die Kirche an- 
ders entscheide, gelobte, die unbefleckte Empfängniss zu 
vertheidigen. 

Erst die Franzosenkriege des letzten Jahrhunderts 
brachten neue Störung und Plünderung über Mehrerau und 
erschöpften dessen Einkünfte durch die beständigen Con- 
tributionen. 

Als das schwere Gewitter sich über Oesterreichs Klöster 
unter Kaiser Joseph II. zusammenzog, begann auch Meh- 
rerau Vorkehrungen für seine Erhaltung zu treffen. Schon 
war das Aufhebungsedikt erlassen, als Abt Benedikt, der 
zur Vorsorge die bis 1604 bestandene und dann mitBregenz. 



— 15 — 

vereinigte Klosterpfarre wieder hergestellt hatte, durch 
alle möglichen Vorschläge und Anerbietungen , mit geist- 
licher und weltlicher Hülfe noch im Stande war, das Edikt 
als „ staatsnachtheilig und falsch motivirt" wieder rück- 
gängig zu machen und so die Fortdauer des Stiftes zu 
sichern, leider nur, um einem andern Feinde anheim 
zu fallen. 

Eben stand die Kirche, seit 1738 durch Abt Franz I. 
neu erbaut, vollendet da, eben war auch das Convent- 
gebäude mit dem Aufwand der letzten Kräfte und mit 
fremder Hülfe neu aufgeführt (von Abt Johann Yl. 1774 
— 81) und eben hatte das Streben neu begonnen, die Schule 
stand ehrenvoll da, da starb der 62. und letzte Abt Franz IL 
am 8. März 1805. Am 21. April d. J. sollte schon die Neu- 
wahl stattfinden, als unerwartet die Regierung Schwierig- 
keiten machte und eine Commission sandte, um den Ver- 
mögensstand des Stiftes zu untersuchen. Doch die Relation 
fiel sehr günstig aus und schon lag die Wahlbewilligung 
in Innsbruck, als durch den Frieden von Pressbnrg am 
26. December 1805 Vorarlberg Bayern zugesprochen wurde. 
Schon Anfangs April 1806 nahm Bayern das Inventar des 
Stiftes auf. Auf den letzten Rettungsversuch, das Aner- 
bieten, aus dem Kloster eine Lehrerbildungsanstalt zu 
machen, erfolgte am 26. August 1806 als Antwort die Er- 
klärung, dass am 1. September d. J. der Klosterverband auf- 
höre und die Conventualen am 28. Februar 1807 das Ge- 
bäude zu räumen hätten, um sich entweder ohne Habit 
dem Weltpriesterstand zu widmen oder mit demselben in 
ein Centralkloster einzutreten. 

Kaum war die Sentenz gesprochen, als man die Biblio- 
thekräume und die Bücher in die feuchten Löcher des 
Erdgeschosses werfen Hess , um dem Volke , während noch 
die Mönche im Kloster waren, eine Tanzbelustigung im 
geräumigen Bibliotheksaal zu bereiten. Die Leute der Um- 
gegend holten sich ganze Karren voll Bücher aus den un- 
verschliessbaren Räumen, so dass bei der bald folgenden 
Versteigerung selten ein Werk mehr vollständig war. Die 
Theologie wanderte grösstentheils auf einen grossen Hau- 
fen, den alte Augenzeugen mit der Grösse einer Scheuer 
verglichen, um den Flammen preisgegeben zu werden. 
Alles Bewegliehe und Unbewegliche, mit Ausnahme des 



— 16 — 

Waldes , den der Staat anneetirte , und des Feldes um das 
das Kloster herum wurde versteigert. Die Mönche selbst 
mussten sich, eine Kuh mit Futter, sowie Getreide, Wein, 
Holz, Küchen- und andere Einrichtung kaufen, um über 
den Winter leben zu können. Die Kirche sollte für die 
Bewohner von Vorkloster und Rieden Pfarrkirche werden; 
diese aber zogen es vor, nach Bregenz zu gehören. Am 
22. Febr. 1807 wurde der letzte G-ottesdienst in der Stifts- 
kirche gehalten und nach der Predigt des P. Qallus Hasler 
über den Text: „Es ist vollbracht!" die Lichter gelöscht, 
die Altäre entkleidet und die Kirche geschlossen. Die 
Klosterpfarre kam zu Bregenz, Das Kirchensüber wanderte 
angeblich nach München, die Altäre, Paramente, Glocken, 
Chorstühle , die Uhr und die Orgel wurden an umliegende 
Kirchen veräussert. Das Archiv wurde, soweit einschlägig, 
an die betreffenden Steuerämter abgegeben und der Rest 
im Steueramte zu Bregenz in grossen Bündeln verwahrt, 
bis er gegen Revers an das Landesmuseum in Bregenz 
überging. Die Anniversarien des Stiftes musste gegen 
einige Kisten voll Bücher das Priesterseminar in Brixen 
übernehmen. Nachdem auf einen billigen Anschlag sich 
anders als auf Abbruch kein Käufer fand, wurde auch die 
Kirche dazu geboten. Um einen Spottpreis ging so das 
Gebäude sammt der Kirche in Privathände über, und der 
Käufer schlug aus dem Kupfer, das an der Kirche war, 
allein den ganzen Kaufpreis heraus. Am 7. December 1808 
wm-de der Thurm gestürzt. Dieser Sturz verursachte in 
der ganzen Gegend eine solche Erschütterung, dass man 
sie auf eine Entfernung von 2 — 3 Stunden deutlich spürte 
und für ein Brdbeben hielt. Der Thurm war aus ver- 
schiedenfarbigen Steingattungen und abwechselnden Säulen- 
reihen bis zu beträchtlicher Höhe geführt und war eine 
der schönsten Zierden des ganzen Seeufers, weshalb sein 
Sturz so allgemeine Wehmuth hervorrief. Dem Thurm 
folgte die Kirche, deren Baumaterial zum Hafen von Lindau 
verwendet wurde. Dahin kamen auch alle alten Grab- 
steine u, dgl., um in den See versenkt zu werden, wo- 
durch ein Portalstein, der jetzt im Hafen zu sehen ist, 
eine für die Stürme auffallende Bedeutung erhielt durch 
die Inschrift: ,,Ingredimini per portas has!" 

Das Gebäude selbst diente zu nichts, bis es die Be- 



— 17 — 

* 

sitzer Adlerwirfch. Braun und Dr, Schneider in Bregenz auf 
Anrathen des Grafen Breisach dem Lande verkauften — 
wenn auch, ohne Geld, so doch, durch Kaufvertrag. Das 
Kloster wurde „Karolinenau" genannt und der Königin 
Karoline von Bayern zum Geschenke gemacht, mit dem 
Verspreclien, es „zu einer reizenden Besitzung" umzuge- 
stalten. Dadurch, sollte der König von Bayern begütigt 
werden wegen des Aufstandes. Als aber die Königin mit 
dem König einmal durchreiste, blieb sie in Bregenz, wäh- 
rend der König das Gebäude besah. Sie hatte nämlich, 
früher, als das Kloster nocli bestand, gesagt: so ein Land- 
sitz würde ihr gefallen; sie verabscheute jedoch den Ge- 
waltakt und wollte denselben durch Besuch des Ortes nicht 
gutheissen. — Als Vorarlberg wieder österreichisch ge- 
worden, wusste man mit dem Gebäude nichts anzufangen 
und liess es halb verfallen. Vom Volke wurde es als herren- 
loses Gut angesehen und sogar die alten eisernen Klam- 
mern aus den Dachstühlen gestohlen. Nachdem es zu ver- 
schiedenen Zwecken verpachtet gewesen, wurde es um 
17,500 /. (!) ausgeschrieben, wobei das heutige Schul- 
gebäude zu 500 /. angeschlagen war. Um diesen Preis 
übernahmen es sammt dem umliegenden Grunde die Ge- 
brüder Feuerstein aus dem Bregenzerwald und vermietheten 
es bald zu industriellen Zwecken, bald als Wohnung für 
Privatleute. Gegen Ende der 40 er Jahre miethete es die 
Stadt als Kaserne und bezahlte für jeden Soldaten täglich 
einen Silberkreuzer. 

Im Jahre 1853 ward Abt Leopold von Wettingen, der 
schon 12 Jahre nach einer neuen Heimat suchte, auf 
Mehrerau aufmerksam gemacht. Er ging darauf ein und 
suchte das Gebäude zu erwerben. Mit vieler Mühe gelang 
es ihm, unter Beistand von geistlicher und weltlicher Seite, 
den Kauf statt um 50,000 um 48,000 /. abzuschliessen. Der 
Kaiser sprach zum Abte: „Ich freue mich, dass Sie in meine 
Lande gekommen und ich glaube, dass sich auch mein Volk 
in und um Bregenz freuen wird." Nach vorläufigen Vor- 
bereitungen war es möglich, schon am 18. October 1854 
den Cistercienser-Convent feierlich zu eröffnen. Mit reich- 
licher Unterstützung von Nah und Fern gelang es, eine 
schöne, romanische Kirche neu herzustellen, so dass das 
Kloster wieder hergestellt war. Die Vollendung erreichte 

Ein Benediktinerbuch. 2 



— 18 — 

es im Jalire 1872 , als der Tliarm wieder aufgebaut wurde. 
Noch lebte nach der Wiederherstellung des Klosters der 
jüngste Conventual P. Martin Fritsch, der herbeieilte, um 
nun als Greis die Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches 
zu schauen und dann gerne zu sterben. So ist nun Meh- 
rerau die einzige und letzte Stätte des hl. Columban, die 
noch dem hl. Dienste geweiht ist. 

quellen: Jonas, Vita S. Columbani. — Vita S. GaUi P. (St. GU.) 
u. "Walafr. Strabo. — Greith, altirisohe Kirche. — Weizenegger- 
Merkle, Vorarlberg. — Tritlieniius , Anal. Hirsaiig. Bruschius. Cent. — 
Bollaud. act. SS. Jan. — Suev. Eccles. — Dann die Melirerauer 
"Werke. — Bansperg, Hist. Kelation. — Chronicon Majoraug. — 
Schwedenkrieg. — Hueber, Epit. hist. Aug. Maj. — Bnllarium Aug. 
Maj. — Genealogia Majoraug. — Tagebücher und Aufzeichnungen. — 
Necrolog. Aug. Maj. Brig. 

Klein-Mariazell. Heinrich und Eapoto von Schwarzen- 
burg, Söhne Haderichs (wahrscheinlich ein Bruder Leo- 
polds IV. des Heiligen) wollten unweit ihrer Burg einBenedik- 
tinerldoster gründen. Leopold IV. kam ihnen zuvor und 
baute auf seinem Grund und auf seine Kosten Klein-Maria- 
zell. Die Stiftungsurkunde zu Klosterneuburg ist 1136 am 
2. Februar ausgefertigt. LeojDold I. und seine Gemahlin 
Claudia haben hier bei ihrer Wallfahrt nach Mariazell in 
Steiermark dereinst übernachtet. Als LeoiDold vom Tode des 
von ihm hochverehrten Abtes Anselm hörte, rief er aus: 
„Der heilige Abt ist nunmehr todt". Im Jahre 1782 wurde 
Klein-Mariazell aufgehoben. Wohin das Archiv verschwun- 
den ist, weiss niemand zu sagen, wahrscheinlich auch zum 
Käsestecher. Die Bibliothek hat Lilienfeld zum grössten 
Theil an sich gekauft. Das Haus hat seit der Aufhebung 
sehr oft seine Besitzer gewechselt. — Vom Melker Capitular 
Kaiblinger existirt eine Geschichte von Klein-Mariazell in : 
Histor. und top ogr. Darstellung der Pfarren, Stifte, Klöster 
etc. Wien 1825. V. Bd. S. 3—68. Ein Nekrologium von 
Klein-Mariazell auf Pergament ist in die Manuscripten- 
sammlung des Stiftes Melk gekommen; es wird eben vom 
Stiftsbibliothekar Vincenz Staufer mit Einleitung und Noten 
in der neuen Benediktiner-Zeitschrift herausgegeben. 

Mondsee (Lunae lacus) hat seinen Namen nach dem 
halbmondartig gekrümmten See. Herzog Odilo und Thas- 
süo begannen den Bau 748. Die ersten 21 Benediktiner 
kamen aus Montecasino. Grassauer: Erzherzogthum 
Oesterreich ob der Enns. Wien 1879. sagt: „Die Mönche 



— 19 — 

cultivirten den umliegenden Boden, pflanzten die Lehre 
des Evangeliums in die Herzen der Umwohner und er- 
hielten durch literarische Leistungen sich in unvergäng- 
lichem Andenken." Mondsee wurde am 5. Januar 1788 aut- 
gehoben. Vermögensstand war: 491,150 /. 

Montserrat. Von Kaiser Ferdinand IL 1633 in Wien 
ausser dem Schottenkloster gestiftet. Die 6 ersten Bene- 
diktiner kamen aus dem Kloster Montserrat in Spanien. 
Der erste Prior war Benedikt von Pennalosa, ein Spanier, 
der erste Abt (1708) war Anton Vogel von Kraleren, ein 
Wiener. Marian in: „Geschichte der Oest. Clerisei. 4 Th. 
VIII. Bd. Wien 1787" berichtet S. 441 : „Amand Hersamb, 
ein Wiener, wurde 1751 Abt in seinem 25. Jahre, welcher 
i. J. 1779 bei Maria Theresia um die Uebersetzung der 
Abtei in die Stadt herein an das akademische CoUegium 
der ehemaligen Jesuiten dringendst anhielt und endlich 
auch solche zu Wege brachte, bis er dann unter der 
grossen Regierungsepoche Kaiser Josephs II. die Aufhebung 
derselben erlebte". Es dürfte dies in der Kirchengeschichte 
der einzige Fall sein, in welchem ein Benediktinerabt seine 
Abtei in ein aufgehobenes Collegium der Gesellschaft Jesu 
auf sein Ansuchen verlegt hat. Wäre er in seiner Abtei 
vorm Schottenthor geblieben, so dürfte er wahrscheinlich 
— wie auch die meisten andern Benediktinerhäuser — der 
Aufhebung entgangen sein. 

Ossiacli. Dieser Bau, an den stillen Ufern des Ossiach- 
sees am Fusse der über 6000 Fuss hohen Görlitzalpc und 
der -Tauern gelegen, reicht mit seinen Erinnerungen ein 
Jahrtausend zurück. Es ist die älteste Abtei Kärnthens; 
von Karlman im 10. Jahrhundert gestiftet. Karlmans 
Stiftungsurkunde ist eines der ältesten Dokumente,' welche 
Innerösterreich besitzt, sie wird jetzt im Joanneum zu 
Gratz aufbewahrt. Der Polenkönig Boleslaus hatte den 
Bischof Stanislaus in Krakau am Altar gemordet. Die 
entsetzliche That Hess den König nicht mehr ruhen, er 
begab sich auf die Reise nach Rom, um die Aufhebung 
des auf ihm lastenden Kirchenbanns zu erwirken. Als er 
nach Ossiach kam, beschloss er, hier ungekannt seine 
Sünden abzubüssen, als Klosterknecht zu dienen, sich den 
beschwerlichsten und niedrigsten Arbeiten freiwillig zu 
unterziehen. 9 Jahre führte er sein Vorhaben aus, erst 



— 20 — 

auf seinem Sterbelager gab er (1079) seinen frühem Stand 
zu erkennen und überreichte den Ossiachern seinen könig- 
lichen Siegelring. Sein Grab wurde 1839 geöf&iet, es 
fanden sich darin Gebeine, Nägel und ein metallener 
Schliesser, der ■wahrscheinlich zum Festhalten seines Pilger- 
mantels gedient. Die lateinische Grabinschrift lautet: „Boles- 
laus Rex Poloniae, Occisor St. Stanislai Episcopi Craco- 
viensis." Die Güter des Klosters (die übrigens durch viele 
Unglücksfälle viel verschuldet waren) wurden 1783 bei der 
Aufhebung auf 246,831 /. geschätzt. 



IV. Die aufgehobenen Prauenstifte in den der- 
maligen österreichisclien Erblanden. 

Fiuine. Knesich, Hauptmann von Tersazzo bei Fiume, 
stiftete die Benediktinerinnen mit der Herrschaft Mune in 
Innerkrain und 4079 /. Die Stiftung wurde 1660 von Rom 
bestätigt. Dreimal mussten die Nonnen flüchten. Einmal 
wegen Nahrungsnoth, dann 1703 wegen der französischen 
Belagerung und 1750, wo sie wegen des Erdbebens eine 
Holzhütte in der Vorstadt bewohnten. (Marian, Wien 1783. 
3. Theil. V. Bd. S. 4.) 

St. Georgen am Läiigsee. Graf Ottwin stiftete nach 
seiner Pilgerfahrt ins heilige Land mit seiner Gemahlin 
Wichburga um 990 dies Frauenkloster für Benediktinerinnen. 
Graf Ottwin lebte in einer Felsenhöhle bei St. Georgen 
Jahre lang als Einsiedler und starb am 8. Januar 1008 im 
Rufe der Heiligkeit und wurde auch als Heiliger verehrt. 
1783 erfolgte die Aufhebung von St. Georgen und die Reli- 
quien Ottwins wurden einfach aus dem Sarge genommen 
und auf dem Ortsfriedhofe eingegraben. "Wichburga lebte 
bis 1029 und sah ihre zweite Tochter Perkhunt noch als 
Aebtissin in St. Georgen. Furchtbare Geschicke kamen 
über die Nonnen von St. Georgen während der Türken- 
kriege und durch die Stürme der Reformation herein. 
Wagner in seinem Album für Kärnthen berichtet: ,, Die Re- 
formation hatte derartig um sich gegriffen, dass die ihrem 
Glauben treu gebliebenen Nonnen oft die heil. Communion 
nur im Geheimen auf dem Schlosse Weyer empfangen konn- 



— 21 — 

ten." Während des SOjährigen Krieges nahm St. Georgen 
die Flüchtlinge aus dem deutschen Reiche und dem kampf- 
durchtobten Böhmen gastlich auf. Schiller lässt Wallen- 
steins Gattin und ihre Tochter Thekla in Käruthen eine 
Zufluchtsstätte gegen die Untreue des Glückes finden, und 
als sein Gestirn zum Niedergang neigte, die Herzogin ihn 
fragen: „Wie, gehen wir nach Kärnthen nicht zurück?" 
Und diese Stätte soll St. Georgen gewesen sein, denn es 
war damals noch das einzige Prauenkloster im Lande. 
Der Erlös aus den Gütern dieses Klosters für adelige Frauen 
betrug (laut Akten im k. k. Finanzarchiv) 274,618 /. 
Leopold IL verwendete die Summe für ein von ihm er- 
richtetes adeliges Fräuleinstift. 

Stift GösSj das älteste in Steiermark, wurde 1002 von 
Adula Gräfin von Leoben und ihren Kindern Aribo (später 
Erzbischof von Mainz) und Kunigunde (später Aebtissin 
von Göss) gegründet. Bis zur Aufhebung hatte das Stift 
40 Aebtissinnen; selbe hatten in Gratz beim Landtag Sitz 
und Stimme auf der Prälatenbank, Im Verzeichniss der 
Aebtissinnen finden sich Namen berühmter Familien, wie 
Traunstein, Herbersdorf, Lichtenstein, Harrach, Schratten- 
bach, Stürgh, Berchthold, Kollonitsch, Saurau, Ueberacker. 
Die letzte Aebtissin war eine Baronin Schaffmann. Im 
Sommer 1274 kamen hier viele vom steirischen und öster- 
reichischen Adel zusammen, um zu berathen, wie der 
schmählichen Bedrückung und Tyrannei Ottokars ein Ende 
zu machen wäre *). Das Stift wurde am 21. März 1782 aufge- 
hoben. Unter den Chorfrauen war damals eine Gräfin Plat, 
eine Althann, eine von Vitweng, von Knorr, von Geis- 
litzer. Vermögen war nach Abzug der Schulden 255,200 /. 
Kaiser Joseph stiftete damit das Bisthum Leobfen. Die 
mit dem Stifte zugleich aufgehobene Lambertikirche wurde 
verkauft und in ein Wohnhaus umgestaltet. Sie war von 
der 6. Aebtissin Wilpurgis gebaut und von Pabst Leo IX. 
1044 persönlich eingeweiht worden. Erster Bischof von 



*) "Wir erwähnen dieses gewiss sehr seltenen Palles , in welchem 
ein Benediktiner Stift als politischer point de ralliement henützt wurde. 
Es ist aher hier zu bemerken, dass die Zusammenkunft des Adels nicht 
durch den geistlichen Charakter des Hauses, sondern durch die adelige 
Genossenschaft bewirkt worden ist. 



— 22 — 

Leoben wurde Graf Alexander Engel von Wagrein. Im 
Gottesacker von St. Erhard (eine Viertelstunde vom Stifte) 
ruhen die letzte Aebtissin, welche depossedirt, und der 
erste Bischof von Leoben, der mit dem weggenommenen 
Besitzthum belehnt wurde. Auf dem Grabstein der erstem 
steht: „Hier ruht Marie Gabriele Freyin von Schaffmann, 
letzte Aebtissin in Göss. An Verdiensten die Erste. Geb. 
1724, dem Stifte einverleibt 1739, erwählt 1779, gest. 1801." 
(Nach Janisch, Topogr.-stat. Lexikon v. Steiermark. Gratz 
1878. Erster Band.) 

Jaroslaw in Galizien, aufgehoben 1783. Vermögens- 
stand 128,004 /. 

Sonnenburg*) (Suane -bürg, d.i. Versöhnungsburg), im 
Pusterthale. Graf Volkold schenkte sein ganzes väterliches 
Erbe 1018 der heil. Jungfrau, wandelte sein Schloss in ein 
Frauenkloster nach der Regel St. Benedikt um, und stattete 
seine Gründung mit vielen Ländereien aus. Die Aebtis- 
sinnen gehörten grösstentheils den berühmtesten Adels- 
geschlechtern an. Im 15. Jahrhundert war die Disciplin 
gesunken; die Aebtissin Verona von Stuben wurde vom 
Bischof von Brixen, Cardinal von Cusa, ihres Amtes ent- 
setzt. Nikolaus behandelte das Kloster ziemlich hart, ja 
grausam. Herzog Sigmund nahm sich der Nonnen an und 
setzte denBischof auf dem Schlosse zu Bruneck in Gefangen- 
schaft. Nikolaus sah sich in Folge dieses Streites ge- 
zwungen, sein Bisthum zu verlassen, er starb 1464 in 
Italien und liegt in S. Pietro in Vincoli (Rom) begraben. Eine 
Aebtissin Genefra von Spaur hatte 1622, eine Sybilla 
Freiin von Schneeberg 1663 Conflicte mit dem Bischof 
von Brixen. 1785 wurde das Stift aufgehoben, die Ge- 
bäude licitando verkauft und das Stift steht jetzt da als 
eine Ruine. .Die Aebtissin hatte Sitz und Stimme im tyro- 
lischen Landtag. Marian (Wien 1781) berichtet (2. Tbl. 
III. ßd, S. 497): „Noch ist nachzutragen, dass die Aebtissin 
zu Sonnenburg zu dem Prälatenstand gehört, dieweil sie 
ein tyrolischer Landstand ist, wie auch Inful und Kruinm- 
stab führt". Das Vermögen war (wie es der Herausgeber 
in den Akten des Finanzministeriums fand) geschätzt auf 



*) Mehreres in Staffier: Tyrol und Vorarlberg. Innsbruck 1844. II. Bd. 
S. 217—220. 



— 23 — 

333,833 /. in liegenden Gründen und an 217,852 /*. in Urbar- 
und Zehenteinkünffeen*), also "weit über eine halbe Million; 
es wurde damals (1785) zur Herstellung des G-eneralseminars 
in Innsbruck verwendet. Es wäre interessant, zu erfahren, 
ob noch etwas und wie viel von der Stiftung des „edlen 
Leviten" (so nannte man ihn seiner Zeit), des Grafen 
Volkold in realem Werthe vorhanden ist, nachdem auch 
diese Stiftung seit hundert Jahren den permanenten Finanz- 
krach mitgemacht und durch den Rauchfang der Staats- 
schuldenkasse verduftet ist. 

Triest. Die Benediktinerinnen hier nahmen nach Marian 
(Wien 1783. 3. Theil. V. Bd. S. 46) ihren Anfang 1287. 
Sie waren sehr arm. Sixtus IV. gab ihnen auf Andringen 
Kaiser Friedrichs IV. eine jährliche Pension von 68 /. 
„Und diess nun ist also die einzige Stiftung derselben, alles 
das übrige , woraus sie sich so ziemlich hart erhalten , be- 
stehet in den mitgebrachten Aussteuerungen der Nonnen, 
die aber bey den jetzigen Zeitläuften in die Menge un- 
möglich erklecken." 

EJinstige Herrenklöster in Böhmen**) waren : Maria 
Himmelfahrt zu Politz von Premysl, Ottokar 1213 gegründet, 
von Joseph II. 1785 aufgehoben. Das Vermögen wurde ge- 
schätzt auf 245,835/. — Wahlstatt in Schlesien zum hl. Kreuz 
und der hl. Hedwig, vomBrevnow-BraunauerabtOthmar 1738 
gegründet, von Friedrich Wilhelm III. eingezogen. — Bösing, 
eine Filialabtei von Emans in Prag, 1786 aufgehoben. 
Vermögensstand 20,803 /. — Ostran auf der Moldauinsel, 
von Boleslaus 1000 gegründet, von den Hussiten zerstört. 

— St. Joliauu am Felsen bei Beraun, gegründet von Ostrau 
aus um 1648, aufgehoben 1785. — Zum hl. Prokop in 
Sazawa, von Bretislaus I. 1039 gegi-ündet, 1785 aufgehoben, 
Vermögenstand 87,370 /. — Opatovic zum hl. Laurenz, 
gegründet von Vratislaus 1086 , durch Feuer zerstört 1425. 

— Kladriip zu Maria Himmelfahrt, gegründet von Svato- 
plukllOS, 1786 aufgehoben. Vermögensstand 613,789 /. — 
Tilemov, gegründet von den Grafen Wilhelm und Her- 
man von Sulzbach um 1120, 1421 zerstört. — Postelberg, 

*) Brunner, Mysterien der Aufklärung. 
**) Nach: Catalogus Eeligiosorum in Archisterio ; Brenov. etBraunau. 
18S0. 



— 24 — . 

gegründet im 12. Jahrhundert, zerstört 1420. — Fodlazic 
im Chrudimer Kreis, inmitten des 12. Jahrhunderts ge- 
gründet, im 15. durch die Hussiten zerstört. — Zum hl. 
Ainbros in Neuprag, von Carl IV. 1357 gegründet (hier 
war der Ambrosianische Eitus von Benediktinern aus Italien 
eingeführt), durch die Hussiten zerstört. — St. Nikolaus, 
Altstadt zu Prag, 1635 der Casino-Congregation übergeben, 
1785 aufgehoben. Vermögensstand 159,162 /. 

Einstige Frauenklöster in Bölimen. St. Georg 
auf der Prager Burg, gegründet von Boleslaus II. 973. 
Aufgehoben 1785. — Zum heiligen Geist auf der Altstadt 
zu Prag, gegründet vom Bürger Rokzaner, zerstört durch 
die Hussiten. — Zu St. Johann in Teplitz, gegründet 1164, 
zerstört im 15. Jahrhundert. 



V. Die Benediktinerabteien im alten deutschen 
Reieli und der Schweiz im 18. Jahrhundert. 

Selbstverständlich erlaubt uns der engbemessene Raum 
hier nur ein dürftiges Namensregister anzuführen. In der 
Bibliothek zu Melk fanden wir ein selten gewordenes 
Büchlein, welches wir dem nachfolgenden Verzeichniss 
zu Grunde legen. Der Titel desselben lautet: „Compen- 
dium Benedictinum, oder gantz kurtzer Anzeig der noch 
heuntigen Tags in Teutschland unter der Eegel des heil. 
Erzvaters Benedikti florirend würklichen Abteien, Prio- 
raten, Probsteien beederlei Geschlechts. Nicht aber exautho- 
ribus, sondern selbstig genommenen Augenschein herge- 
stellt durch Joan. Ant. Maria Schenz von Schemmerberg. 
I. TJ. C. kayserl. und des Reichs Not. Publ. Wienn bei 
Geyinger 1734." Schenz, der in allen diesen Stiften nach 
seiner eigenen Aussage iDcrsönlich gewesen ist, hat sich 
um historische und statistische Daten nicht gekümmert, 
bisweilen sind die Resultate seiner Forschung geradewegs 
drollig, wie z. B. bei „Grafschaft", „Laach". Die Wid- 
mung an den Abt Berthold von Melk schliesst: „in unter- 
thänig gehorsamster Versicherung, dass nach dem Systema 
Teutschlands ausser etwo unbekannten Prioraten keine 
nicht ausgelassen worden, dannanhero die erbittliche Hoff- 
nung mache, Eure Excellenz werden vielmehr die zu des 



— 25 — 

heil. Ordens Elire angelegte Intention, als die Kleinheit des 
Werkeis acceptiren, mich immittelst hoher Hulden und 
Gnaden betheilhaftig machen". 

Der in folgendem Verzeichniss zwischen den Zeichen 
„ " angeführte Text ist immer wörtlich nach dem obigen 
Compendium des Schenz entnommen. Die Namen der 
Ordenshäuser folgen (hier in Herren- und Frauenstifte ge- 
schieden) in alphabetischer Reihe. Der Herausgeber kann 
für die Angaben des Schenz nicht einstehen , er hat diesen 
Angaben aber vorzüglich das entnommen, was die Zeit 
der Herausgabe (1734) besonders charakterisirt und für 
den Historiker doch immer einiges Interesse darbietet. 



VI. Herrenstifte , welclie noch 1734 bestanden: 

Afedinkhofen in Paderborn, ,,vom sei. Meinwero, dem 
10. Bischof von Paderborn, gegründet". 

Ammensleben bei Halberstadt, ,. unter Chur branden- 
burgischer Protektion dahin auch järlich ein Zimmliches 
dero zu prästiren kommet". 

Ainorbacli, Mainzer Diöcese, Odenwald^ zwei Stunden 
ober Miltenberg, gestiftet vom hl. Pirminius, „benannt 
nach dem ersten Abten, hl. Amor". 

Andreasl)erg, Probstei im Eeichsstift Fulda, 2 Stun- 
den von der Stadt, wurde 1734 „von Amand Baron Busek, 
Suffragan und Capiteldekan von Fulda administrirt". 

Aspach, 9 Stunden ober Passau, bezieht sein Einkom- 
men vom Stift Bamberg. 

Attel, 5 Stunden unter Eosenheim, Diöcese Fireysing, 
von Arnolph Graf zu Diessen 1080 gestiftet. 

Bantz, 5 Stunden von Bamberg gegen Coburg zu. 

Benediktbeyrn , Diöcese Freysing, „hat gelehrte Re- 
ligiösen, eine schöne mit schwarzem Marmor ausstaffirte 
Kirchen". 

Benssweiler, Diöcese Basel, 8 Stunden vom Rhein ab, 
„hat hingegen unvergleichlich schöne salva venia Vieh- 
zucht und nutzbares Alpengebürge". 

Blankstette, Diöcese Eichstett, 7 Stunden von Eich- 
städt gegen Nürnberg, „und regieret allda als Abt Fran- 
ciscus Freyherr von Eisenberg". 



— 26 — 

Brauweiler, 3 Stunden ausser Cöln, „deren anselm- 
licber Thurm sich, in viele Meil Weegs präsentirt, kann 
sich anrühmen eines ziemlichen Particuls der Lantzen 
Christi". 

Cornelymüuster, 2 Stunden von Aachen, „allwo Herr 
Hyacinth Alphons Graf von Suys Reichs-abte pfleget kei- 
nen aufzunehmen, er könne dann vorhero seine 16 Ahmen 
Ritter bürtig d. i. ab utroque parente darthun. Die Kost- 
barkeit der von Carolo Magno und Ludovico Pio dahin 
verehrten beil. Reliquien, so zwar nur alle 7 Jabr dem Volk 
gezeigt werden, seynd dieses Orts zu admiriren". 

Corvey, Reichsabtei an der Weser in Niedersachsen, 
2 Stunden ober Bevern. Jetzt regierender Reicbsfürst ist 
Herr Carl Freiherr von Splittersdorf. 

Deckingen, Diöcese Augsburg, 2 Stunden von Haarburg. 

Dissentis in Graubündten, 10 Stunden von Chur. 

Deutz, gegenüber von Cöln, vom Erzbiscbof Heribert 
gegründet, der in der Kirche beigesetzt ist. 

Eberlieimsniünster im Nieder-Elsass. 

Ellingen an der Donau. 

Elcliingen, Reichsabtei unter Ulm an der Donau, 

Eidern, Probstei, nach Oberbayern gehörig. 

Ennssdorf, Diöcese Regensburg, 2 Stunden von Amberg. 

Ecliternaeli, „geniesete vorhin den Reichs-Matrir 
culus cum Voto et Sessione, den aber Chur-Trier an sich 
gebracht", 

Ettal „ist berühmt forderist wegen der grossen Wall- 
fartb zur Mutter Gottes, sodann wegen dem allda flori- 
renden Adelichen Studio, zumahlen ich (Schenz) an die 
bundert Cavagliers zählete, welche sich in all Adelichen 
Exercitii's üben können''. 

Ettenmünster, oder auch S. Landolin im Breisgau. 

Fiscliingen, Schweiz, 8 Stunden von Oonstanz. 

Frauenzeil, „Mannsabtei, 5 Stunden unter Regensburg, 
vnweit Schloss ßramberg". 

Fulda, fürstliche Reichsabtei, „weichet im Römischen 
Reich sowohl an hohen Praerogativen als Einkünften kei- 
ner andern" ii. s. w. 

Fuldenbacli, 5 Stunden von Augsburg, in Territorio 
Austriari. 

Crengenbacli, Reichsabteüm Breisg., Diöcese Strassburg. 



— 27 — 

Geroda. Eine wohlfundirte Mannsabtei auf dem 
Eichsfelde. 

Crlabach. 11 Stunden unter Cöln, „genieset dereinst 
das Praesidium über die Bursfeldische ßenedictiner-Con- 
gregation". 

Graffscliaft im Herzogtbum Engern und Westpbalen 
„oder Collniscben Surland, -welcher Orten das Puraper- 
nikelbrod, rohe Schunken und Speckschwarten zur besten 
Nahrung dienlich sein muss. Das Kloster ist trefflich -wohl 
gebaut, herentgegen in unfmchtbaren kalten Lande schlecht 
situirt". 

Hadersleben im niedersächs. Kreise. 

Heil. Kreuz an der Stadt Donauwerth. 

Hermannsweiler. Diöces Basel „hat viel Notables 
von denen Grafen von Habsburg und Altenburg". 

Höfen. Priorat von Weingarten ausser Buchhom am 
Bodensee. 

Holzkirclien. Probstei nach Fulda gehörig, verwaltet 
der Capitularherr von Fulda Bonifazius von Hütten. 

Jacobsberg auf der Festung zu Mainz. 

Iburg. Diöcese Osnabrück. 

Irsee. Reichsabtei im Allgau eine Stunde ausser 
Kaufbeuren, im Walde und Einöde gelegen. 

Kempten. „Fürstliche Reichsabtei ausser der Stadt 
dieses Nahraens von sonderhohen Praerogativen ziehet von 
der hl. Hildegard Caroli Magni Gemahlin seine Fnndation 
her. Die Gapitulares probiren durch 8 Ahnen ihren Adel 
gleich denen zu Fulda und ist jetziger (1734) Fürst H. 
Anselm Reichlin Baron von Meldegg." 

Laacli. 4 Stunden von Andernach „an eineni schönen 
grossen See die Laach genannt, worin in meinem Dasein 
(Schenz), Hechte zu 44 Pfund erhoben worden, hat zum 
Fundatoren einen Pfalzgrafen vom Rhein". 

Lambspring „mit lauter Engländern besetzt, liegt 5 
Stunden ausser Hildesheim gegen dem Stift Corvey". 

Leissborn. Bisthum Münster, „fundirte der Kayser 
Carolus Magnus, nachdem er die Sachsen überwunden. 
Pabst Leo III. hat dasige Kirchen selbst eingeweihet und 
Caroli Magni Schwester zur Äbtissin vorgesetzt; seynd 
aber nach zweien Seculis umb trifftiger Ursachen willen 
fromme Männer introduciret worden". 



— 28 — 

Lückes im Ober-Elsass „war vorhin eine treffliclie 
Mannsabtei mit Sitz und Stimme bei dem Reich, allein zur 
Repartitionszeit musste solche mit Murbach dem fran- 
zösischen Zwange sich ergeben und des wenigem ver- 
gnügen". 

Malmedi, „zwischen der Lüttisch- und Trierischen ge- 
fürsteten Reichsabtei, connectiret sich mit Stablo". 

Mallersdorf. 7 Stunden ausser Regensburg gegen 
der Isar. 

Marienmünster. 9 Stunden von Paderborn, „haltet 
ein zahlreich Convent bereits von 60 Religiösen". 

Marienmünster im Nieder-Elsass „ist dermalen unter 
den französichten Obsichten, derer Religiösen einige sol- 
ches genug beschmerzen". 

Mengen in Schwaben, „allwo ein Wilhelmiter-Priorat 
vor einigen Jahren dem Stift St. Blasii im Schwartzwald 
incorporirt, die Religiösen aber in habitum Benedictinum 
seynd mutiret worden".'^ 

Miclielsberg, Probstei an der Fuldischen Stiftskirche, 
„verwaltet der dasige Capitularherr Friedrich Baron von 
Kötschau". 

Michelfelden in der bayrischen Pfalz, 10 Stunden von 
Amberg, fundirte der heil. Otto Bischof zu Bamberg, ober 
der Stadt Bamberg „die Kirche, wo der hl. Otto seine Ruhe- 
stätte gefunden, mag für eine der schöneren gehalten 
werden". 

Münster im Eieder-Elsass, „hatte vorhin die Reichs- 
Immeditat zu gemessen, wie dann der Anschlag auf 4 zu 
Ross und 12 zu Fuss annoch in dem alten Matricul zu 
finden ist. Es hatte solche ein staatliches Einkommen, 
musste aber ebenfalls bei Abtrag der schönen Landgraf- 
schaft Elsass, das nach der französischen Mode einge- 
richtete Tractament zum Missvergnügen annehmen". 

Murbach, fürstliche Abtei im Ober-Elsass, „war eine 
der allervortrefflichsten Abteyen in Teutschland der Reichs- 
session gleich nach Ellwangen. Es hatte dieses Stift noch 
zu unsern Zeiten so viele Lehen-Vasallen, dass ein zeit- 
licher Abte die Suite von 1260 Pferden mit sich nacher 
Strassburg bringen können. (?) Allein ist solches von der 
Zeit biss anhero dergestalten von der französischen Finesse 
beschnitten worden, dass gegen vorhin gehaltenen perpe- 



■ — 29 — 

tuirlichen Chor kaum 30 Religiösen mehr können unter- 
halten werden". 

Neresheimb in Schwaben, 2 Stunden oberhalb Bo- 
pfingen. „Ein zeitlicher Prälat geniesst das Praerogativ 
eines perpetuirlichen kayserl. Hofkaplans von der Zeit als 
der ehevorige H. Abt seelig mit der gräflich Wolfgang 
Oettingischen Gesandtschaft nach der Ottomanischen Pforte 
sich meritirt gemacht hat." 

Neu St. Joliann in der Schweitz, wird als eine Abtei 
gerechnet und auf den Fürsten in St. Gallen zuständig 
gegen den Rapperschweiler See — ganz neu gebaut mit 
vielen Religiösen besetzt. 

Neustadt, Carolinische Stiftung am Main 10 Stunden 
unter Würzburg, „deren Aebte über zwölffe gezehlet wer- 
den, so die Bischöflich- Würtzburgische Inful getragen". 

Niederalte ich, 2 Stunden unter Deckendorf ohnweit 
der Donau, „wurde schon anno 741 von Udilone Hertzogen 
in Bayern zu Ehren des heil. Mauritii fundirt", 

Oberaltai ch, 2 Stunden von Straiibing. 

Oberwied, „vorher Wilhelmiter-Eloster jetzt Benedik- 
tiner-Priorat, nach St. Blasien gehörig". 

Oclisenhansen, Reichsabtei in Schwaben, 3 Stunden 
von Memingen, „eine Filia von St. Blasii, ist berühmt wegen 
klösterlichen Disciplin, schönen Kirchen-Ornamenten, ver- 
schiedenen guten Büchern". 

Ottmes, Priorat im Breisgau, nach St. Blasien gehörig. 

Ottobeiiren, 2 Stunden von Kempten. 

Petersberg, Probstei bei Fulda, „besorgt deren Capi- 
tularherr (von Fulda) H. Placidus von und zu Passheimb". 

Petershausen, Reichsabtei bei Constanz, "„über die 
Rheinbruken an einem lustigen Orte in der Vorstadt, von 
dem hl. Gebhardo Bischoffen allda (Grafen von Bregentz) 
fundirt ist, was die Abtei anlangt wohl gebaut, das Con- 
vent hingegen sehr finster". 

Pfeffers, „fürstliche Abtei in der Schweiz, i Stunden 
von Chur, auf einem hohen Berge, hat ihr mehrist Ein- 
kommen von daselbst in einem ungeheuren Thal hervor- 
brechenden natürlich warmen Wasser, zu denen ans ganz 
Teutschland Zulauf beschuhet". 

Priefeming bei Regensburg, vom hl. Otto, Bischof zu 
Bamberg, gegründet. 



— 30 — 

Prüm, fürstliclie Reichsabtei 11 Stunden von Trier, 
„ist mit allen Regalien und Einkünften, so jährlich aut 
36,000 Reichsthaler sich erstrecken mag, unter Regierung 
Churfürst Jacobi von Eltz diesem Erzstifft überlassen (?) 
und incorporirt worden. Uebrigens muss sich Prior und 
Convent mit deme vergnügen, was durch gute Oekonomie 
über dieses erhalten werden kann."*) 

Eeichenau. „Reichsabtei, 2 Stunden unter Constanz 
in einer schönen Insul des Rheins, war eine der alleredelst 
und reichesten in Teutschland, allein stehet solche der- 
malen ebenfalls unter dem Bisthum Constanz sowohl mit 
Reichsregalien und mehristen Einkünfte **). Der daselbstig 
orientalische schöne Shmaragdstein von Carolo Magno 
dahin verehrend und im Grewicht 28 Pfund drei Yierling 
haltend, ist wegen seiner Grössen zu admiriren ***)." 

Reiclienbacli, 5 Stunden von Regensburg, von Leopold 
Markgrafen von Vohnburg gegründet. 

Beiuau, 10 Stunden unter Constanz ober Schafihausen 
in der Schweiz. 

Biclrna, Probstei, dem Kloster Nieder- Alteich incor- 
porirt und als „eine Prälatur gerechnet, gibet daselbstigen 
Herren AbtenAnlass, zwei Stab in seinen Wappen zuführen". 

Ring'ellieim (bei Gosslar), „hat eine treffliche Fun- 
datur von Grafen dieses Nahmens, und war vorhin mit 
lauter Gräfin en besetzt, zumalen aber einige ihren abge- 
legten Gelübden etwas contraire lebten, seynd mit Bewil- 
ligung Pabsts Leonis Noni, fromme Männer dieses Ordens 
dahin gesetzt worden". 

Roscliacli (Rohrschach) Probstei nach St. Gallen 
gehörig. 

Kott, DiöceseFreysingenam Inn, gegründet von Chuno, 
Pfalzgraf am Rhein. 



*) Der Herausgeber dieses hat in seinen historisclien Schriften 
schon öfter aufmerksam gemacht, dass die Herren Churfürsten geist- 
lichen Standes und auch andere Herren geistlichen Standes, welche bei 
Stiftungen die feine Grenzlinie zwischen mein und dein überschritten, 
kein Becht gehabt haben, sich zu verwundern und zu klagen, wenn an- 
dere Gewalthaber das böse Beispiel, was sie als Gewalthaber in Gewalt- 
missbrauch gegeben, nachahmten. Heute mir, morgen dir. 
**) Ein weiteres Beispiel von Einverleibung. 
***) Es wäre interessant zu wissen, wer heutigen Tags diesen Edel- 
stein „adrairirt". 



— 31 — 

St. Blasii, Reichsabtei in dem Schwarz wald (Siehe 
St. Paul in Kärnthen). „Immassen solche (Abtei) von lauter 
Conversen und Eremiten so unter der Regel des hl. Bene- 
dikti from lebten, ihren Anfang genommen, ahero allda 
noch üblich ist, dass heutige Convers und Laien-Brüder 
in dem Convent denen Subdiaconis Vorsitzen." 

St. Enieraiij „uralte Reichsabtei in der Stadt Regens- 
burg ist nunmehro auf Anhalten und gewisser gemachter 
Yorstellung jetzigen (1734) von anno 1719 regierten Hrn. 
Abten Anselm Goudin von Ihrer kays. M. in den Reichs- 
fürstenstand erhoben, und mit seinen Regalien ad Votum 
et Sessionem gelassen." 

St. Gallen, ,,wird derentwillen eine reichsfürstliche 
Abtei genannt, weil solche die kayserliche und des Reichs 
Protection implorirt und angenommen. Sonsten aber hat 
solche weder Sitz noch Stimme und lieget in der Schweiz 
gleich an der Stadt St. Gallen. Sie ist berühmt wegen regu- 
lärer Disciplin, grossen Einkünften und gelehrter Religiösen." 

St. Georg in Isar an der gleichnamigen Reichsstadt 
in Schwaben. 

St. Georg" in Stein in Schwaben, der Reichsabtei 
Petershausen incorporirt. 

St. Georg in Villingen, Reichsabtei in den öster- 
reichischen Vorlanden, 1083 von Hegels und Hezzo gestiftet. 

St. Gerold, Probstei, nach Einsiede! gehörig, 5 Stun- 
den von Feldkirch in Vorarlberg. 

St. Godeliard in Hildesheim, vom dortigen Bischof 
Bernhard Grafen von Rottenburg zu Ehren des heiligen 
Godehardi fundirt, „hat eine ungemein grosse Kirche, so 
mehr eine Basilica zu nennen". 

_ St. Jacob , Schottenabtei in Erfurt, „hat fast gelehrte 
Religiösen und remarcable Bücher, worunter auch ver- 
schiedene Manuscripta Doctor Luthers zu sehen; es wird 
solche vom Schottenabt zu Regensburg administriret". 

St. Jacob in Regensburg, auch von lauter Schott- 
länder besetzt. Hat eine der auserlesensten Bibliotheken, 
das Studium für schottländische Familien, wozu ein eignes 
Seminarium aufgerichtet ist, floriret allda sehr. 

St. Jacob, gleichfalls Schottenabtei ausser Würzburg, 
„man siehet allda die Grabstatt des berühmten Abten 
Trithemii von Spannheimb". 



— 32 — 

St. Johann in der Schweiz, Priorat, „gehört nach 
St. Gallen". 

St. Johann, „Priorat in der österr. Stadt Veldkirch, 
hatte vorhin da solches Weingarten zugehörte, sehr gelehrt 
und wohldisciplinirte Leuth , dagegen uns noch Germania 
Sacra Buccelini Prioris allda Zeugniss gibet. Dermalen ist 
es dem Kloster Ottoheuren verkaufft, und dadurch ausser 
Schranken gesetzt". 

St. Johannesherg, Probstei, 4 Stunden unter Mainz, 
der fürstlichen Abtei Fulda gehörig. 

St. Mang in der Stadt Füssen, am Lechfluss. 

St. Maximin, Abtei ausser Trier, von Constantino 
Magno fundirt. 

St. Martin in Cöln nächst der Rheinpforten. 

St. Martin ausser Trier an der Mosel. 

St. Matheus ausser Trier, „eine -wohlfundirte Abtei". 

St. Mergen, ausser Trier an der Mosel, „inmasseu 
ausser derselben Stadtmauern 4 Abteien anzutreffen als 
Maximin, Mergen, Matheus und Martin". 

St. Mergen, 8 Stunden von Freiburg i. B. im Schwarz- 
■wald. 

St. Michael in Hildesheim, „Der Fundator derselben 
waren der hl. Bernwardus, der 13. Bischof zu Hildesheim." 

St. Pantaleon in Cöln. „Die Abtei hat ein Umcreiss 
von 4500 passibus." 

St. Peter in Erfurt. „Hat nebst vielen gelehrten Re- 
ligiösen eine auserlesene Bibliotec alter Bücher." 

St. Peter im Schwarzwald, 10 Stunden von Freiburg, 
gegründet von einen Grafen von Zähringen 1093. 

St. Siineon in Minden a. d. Weser, „hat jetzt nur 
sieben Religiösen". 

St. Stephan in Würzburg, „ist fordirist Avegen ihrer 
sonderschönen Disciplin, stillen Lebenswandel und gelehrten 
Religiösen zu rühmen". 

St. Trutpert, gegründet von Otpert, einem Anherrn 
des Grafen von Habsbuvg, inmitten des 8. Jahrhunderts, 
5 Stunden von Freiburg gegen den Rhein, „richtig ist, 
dass die Grafen von Zähringen, Habsbm'g und Altenburg 
solches Kloster mächtig unterstützet haben". 

St. Veit „in Bayern Rentsamt Landshuet, hat Diet- 
marus von Leonsperg in Honorem Sti Viti erbaut". 



— 33 — 

St. Ulrich und Afra, Reichsabtei ia Augsburg. 

St. Wallburg im Elsass, von den Grafen von Zäbringea 
gestiftet. 

Scliöuau, 10 Stunden unter Mainz. 

Schütteren, gegründet 603, Beicbsabtei, „im Preuss- 
gau, ist eine ansehnliche Mannsabtei. Auf daselbstigem 
hohen Kirchenthurm hat man auf Strassburg, Elsass und 
der Enden in 10 und 20 Meilen Wegs unvergleichlichen Pro- 
spect". Am 8. Mai 1770 übernachtete hier auf ihrer Braut- 
fahrt nach Paris die unglückliche Königin Maria Antoinette, 
schenkte dem Abt Karl ein werihvolles Pectoral sammt 
Ring, und er -wurde auch k. k. Geheimrath. (Marian.) 

Schwahenheim, ein Priorat, 4 Stunden von Mainz, 
nach S. Maximin bei Trier gehörig. 

Schwartzach in Franken, zwischen Würzburg und 
Bamberg. 

Schwartzach „im Preussgau hat ihre Fundation von 
dem gräflichen Hause Zähringen". 

Seeligen-Stadt, 4 Stunden ober Frankfurt, „ist billig 
unter die fundirte Klöster Kayser Caroli Magni zu zählen". 

Seon. in Bayern, 4 Stunden vom Innfluss; der erste 
Abt kam von Weltenburg. 

Siehurgj „von dem H. Annone Ertzbischofen von Collen 
auf einen hohen runden Berg 2 Stunden von Bonn fun- 
dirte Abtei, nimmt keinen nicht an, er probire denn seine 
Ahnen denen Adelichen Stiftern gemäss". 

Sion, „vorherig Wilhelmiter Closter, jetzt Prioriat, 
nacher S. Blasii hörig". ^^ 

Spannheinib „in der Pfalz, 6 Stunden von Mayntz, 
allwo der berühmte Trithemius Abte gewesen, ist nun (1734) 
der Abtei Jacobsberg überlassen". 

StahIO; „geforstete Reichsabtei, gegen denen Nieder- 
ländischen Provintzien, besitzet die Abtei Malmedi zugleich; 
bei letzter Election 1732 waren hiezu sehr viele auswär- 
tige fürstliche Häuser, so dahin eompetirten, allein seyend 
die Capitulares auf verschiedene Vorstellungen anderer 
Benediktinerabteien endlich in dem Gremio geblieben". 

Stattbergen, adelige Probstei, dem Stift Corvey in- 
corporirt, hat ihren Ursprung von Carolo Magno. 

Tegernsee in Bayern, an der Grenze von Tyrol, in der 
Kirchen- und Kunstgeschichte Deutschlands hochberühmt. 

JEia Benediktinerbuch. 3 



— 34 — 

ThereSj 5 Stunden von Bamberg, „■welche ihren Ur- 
sprung durch die Enthauptung des letzten Grafen von 
Babenberg hernimmt." 

Thierliaupten, Aügsburger Diöcese. 

Thulbia^ Probstei, nach Fulda gehörig. 

Vornibachj 1 Stünde von Shärding, Passauer Diöcese. 

Weihenstepliaii, ober Freysing, auf einem Berge. 
„Der h. Corbinian, Bischof von Freysing, beförderte die 
Fundation selbsten". 

"Weingarten, eine Stunde ausser Eavensburg, ist eine 
der berühmtesten Reichsäbteien, „ein zeitlicher Abte ist 
Herr der Reichsherrschaft Blumenegg, welche zwischen 
Bludentz und Veldkirch lieget und allda das lus Criminale 
zu exerciren hat". 

Weissenoe in der bayrischen Pfalz, „in Kriegszeit so 
ruinirt, dass dereinst (1734) nur 12 Religiösen erhalten 
werden konnten." 

Weidenburg „ist ohndisputirlich die aller'ältiste Manns- 
Abtei in ganz Teutschlaüd, indem solche schon tempore 
S. Mauri ihren Anfang genommen. Sie lieget 5 Stunden 
oberhalb Regensburg an der Donau". (Im Jahr 1734 war 
Maurus ßachel schon der 131. Abt.) 

Wessobrunnj zwei Stunden von Weüheim; „es hat 
solche Thassilo IL, Hertzog in Bayern fandiret 753. Man 
findet allda sehr gelehrte Religiösen". (Bekannt durch 
das Wessobruhner Gebet, eines der wichtigsten Denkmale 
altdeutscher Sprache.) 

Werden, Reichsabtei, von Carölo Magno fundirt, am 
Fluss Ruhr. 

Wiblingen> eine Stunde von Ulm, 1093 von den Grafen 
von Kirchberg und Weissenhorn gestiftet, 

Zell, Probstei, nach Fulda gehörig. 

Zwifalten in Schwaben, Reichsabtei, „ein vermöglich 
und vieler gelehrter Leut versehenes Kloster", 



Vn. Prauenstifte, welche noeli 1734 bestanden» 

Altdorf j eine Jüngfrauenabtei in der Schweiz, 6 Stun- 
den von Einsideln, 10 von Pfeffers an det Alta (1734 waren 
daselbst 70 Nonnen, zumeist aus adeligen Famüien). 



— 35 — 

Ambtenhausenj eine Jtmgfrauenabtei in Schwaben, 

1 Stande ober Tutlingen, Filiale von St. Georg in Willingen. 

Beran, J.-Abtei im Schwarzwald, gestiftet von Kn- 
stenus, Abt von St. Blasien, 1112. 

BrenkliAseiij niedersäcbs. Kreis, 1 Stunde von Hörta, 
„Abtei lauter adeliger Jungfern". 

Ehren, Abtei zwölf adeliger Fräulein, liegt mitten 
in der cburfärstHcben Stadt Trier. 

Eibing, Abtei 12 bis 14 adeliger Fräulein, 6 Stunden 
unter Mainz in dem Rbeingau, „oberhalb des Mäusthurns 
fast an denen Weinbergen liegend". 

Elsenburg, adelige Jxingfrauenabtei, zwischen Magde- 
burg und Halberstadt. 

Esclierdr, Jnngfrauenabtei , Hildesheimer Diöcese, 

2 Stunden von Hannover, „hat eine Kirche der schönsten 
altgothischen Arbeit". 

Fuhr, eine Jungfrauenabtei, Schweiz, Diöcese Constanz, 
8 Stunden von Winterthur. 

Franenalb, „eine treffliche Abtey von lauter Stifft- 
mässig-Reichs Adelichen Fräulen dero dereinst Frau Maria 
Gertrudes Freyin von Ichtersheimb vorsteht, lieget in den 
Schwarz walder Bergen, 5 Stunden von Markgraf Baden". 

Frauenkiemsee, „angenehme Jungfemabtei in Bayrn 
auf einer Insul in dem See, probirt seine Fundation schon 
sub anno 781 von Thassilone II her". 

Franenroda, Jungfernabtei in Thüringen, „ist ziemlich 
in Abgang". 

Oardeiij „eine Adeliche Jungfernabtei Diöces Paderborn 
dero ein Baronessin von Juden als Äbtissin vorgesetzt ist". 

Geisenfeld, „Jungfern Abtei 3 Stunden von Ingol- 
stadt hat die Fundation von einem Grafen von Murach". 

HohenTrarth, „Jungfernabtei 4 Stünden von Ingol- 
stadt will pro fundatore Eaptonem Grafen von und zu An- 
dechs erkennen". 

Holzen, „Jungfern Abtei Gräflich imd Freiherrlicher 
Familien 5 Stunden tmter Augsburg und stehet dero vor 
eine Baronessin von Remchingen". 

Hortzenbroek , ^ „Adeliche Jungfernabtei im Bisthum 
Münster hat zur Äbtissin eine Baronessin von Plettenberg". 

Königsdorf, „Abtei Adelicher Ritterbürtiger Fräulen 

3 Stunden von Cöln gegen Aachen, hat noch die Original- 

3* 



— 36 — 

Fundation- von Kaiser Carolo Magno -welche mir (Schenz) 
von der Frau Eleonora MargaretEa Scharenberg aus dem 
Hause Wäsclipfenning, als Äbtissin selbsten vorgezeiget hat". 

Kürbach „ist auch eine Jungfemabtei in Bayern 4 Stun- 
den unter Augsburg — einig guter Familien von Adal- 
berone Grafen von Sempt 1118 errichtet". 

Lilienbergj „Jungfernkloster ausser der Stadt München 
in sogenannter Au auf einer Höhe, vpird dermaleinst nur 
noch für ein Priorat gehalten". 

Macbabäer „ist ein Jungfern Abtei der Reichsstadt 
Colin nechst den Capuzinem in der Malthesergassen". 

Malgarden „ist ein treffliche Abtey lauter Ritterbür- 
tiger Fräulen im Bisthum Osnabrück". 

Marienthal^ „"v^on Kaiser Henrici sehr stattlich privi- 
legirte Abtei Adelich Ritterbürtiger Fräulen "Westphäli- 
schen Crayses in der Stadt Münster", 

Münster, „eine reiche Jungfemabtei annoch in dem 
Tirolisch gebürgigen Engadein, und aber fast von Calvi- 
nisten umgeben , hat mehrentheils adeliche Familien aus 
Graubünden". Marfan (2. Th. 3. Bd. S. 372) giebt an, die 
Abtei sei von Karl dem Grossen gestiftet -worden. Sämmt- 
liche alte Urkunden sind in z-wei Feuersbrünsten verbrannt. 

Münsterlingen, „Jungfern Abtei auf der Schweitzer- 
seiten hart an dem Bodensee anderthalb Stunde oberhalb 
Constanz hat sehr grosse Einkünften und -weiten Distrikt 
Landes, -welcher jetzige Frau Aebtissin Freyin von Rost zu 
Auf hoffen und Schrott-win ekel immer zu er-weiternbefliessen". 

NeuTverk, „Jungfernabtei Ritterbürtiger Familien 
9 Stunden unter Cöln gegen den Clevischen". 

Medembnrg, Jun^emabtei in Passau, „an dem Ecke 
-wo der Inn und Donau sich verknüpfen, hat Thassilo 
Hertzog in Bayern gestiftet so aber bis zur Zeit Henrici 
Sancti vsdderum in ziemlich Abgang kommen von dessen 
gottseeligen Kayserin Cunigund aber -weiter, erhebt -worden". 

Ifiederprüm/ Jungfemabtei, „sehr gut Ritterbürtigen 
Adels eine halbe Stund von der fürstlichen Abtei. Prüm, ist 
von dem Prümischeu Fürsten Christoforo erbauet -worden". 

Ober wert, „Jungfern Abtei mitten in dem Rhein 
1 Stund ober Coblentz auf einer angenehmen Insul, hat 
lauter Famüien, vp-elche vermög' ihres Adels auf jed-ritter- 
bürtiges Hochstifft des Reichs zu gelangen fähig". 



— 37 — 



Ozade, „Adeliclie Jxmgfernal)tei, deren Äbtissin eine 
Baronessin von Plettenterg". 

Poppart „nennet man sonst Hochkloster zu Poppart 
nhralte hochadeliclie Jungfern Abtei. Ich habe allda ein 
Nekrologium von Anno 1626 durchgangen worinen gefunden, 
dass lauter Hertzoginnen , Fürstinnen und Gräfinnen in 
höchster Devotion unter dieser heil. Benedictiner-Regul 
Gott allda gedient. Jetzige Frau Äbtissin ist des uralten 
Hauses der Wallboten Grafen von Bassenheimb''. 

Kolandtswertli, Jungfemabtei mitten im Rhein auf 
einer Insel 2 Stunden ober Bonn. 

St. Anna, Jungfemabtei in Aachen. 

St. Anna zu Luxemburg, Jungfemabtei, mitten in der 
Stadt. 

St. Anna, Jungfemabtei in Paderborn. 

St. Affra, Jungfemabtei in Würzburg. 

St. Agatlia, Jungfernabtei in Cöln. 

St. Egidi, „Adeliche Jungfemabtei inmitten der Stadt 
Münster". 

St. Crertmdenberg ausser Osnabrück, „eine Jungfern- 
abtei von lauter Ritterbürtigen FamiUen". 

St. Manritii, „Jungfern- Abtei in Colin unweit der 
Weyerstrasse". 

St. Otilienberg im Nieder-Elsass, „ansehnliche Jung- 
fern-Abtei lauter adelicher Familien, hat Roland Graf von 
Zähring 1625 fundiret". 

St. Wallburg in Eichstädt, „eine der vornehmsten 
Jungfemabteien im teutschen Reich". 

Schmerlenbach „ist eine Jungfemabtei mehrist adelicher 
Familien, eine Stunde ausserhalb Aschaffenburg". 

IJnsre Liebe Frau, Jungfemabtei in Fulda. 

TJrspringen, eine adelige Jungfemabtei in Sch-waben, 
eine halbe Stunde ausser Schelklingen; von drei Brüdern 
in Schelklingen 1127 gestiftet. 

Wildebadrsseuj eine reiche Jungfemabtei, 5 Stunden 
von Paderborn in Westphalen. 

Winnenberg, „Jungfemabtei 7 Stunden von Münster 
ist fondirt von zwei edlen Brüdern von Winnenberg". 



— 38 — 

Vin. lieber die Verwendung des eingezogenen 
Klostergutes und Schluss der Einleitung. 

Der Herausgeber muss hier noch auf zwei ■wesent- 
liche Momente hinweisen, die sich zwischen den Benedik- 
tinerstiften in Deutschland und in den innerösterreichischen 
Landen herausstellen. 

Bei manchen Männer- und FrauenMöstem im deutschen 
Eeich ist zu ersehen, wie die adeligen Capitularen, wenn 
dieselben einmal die Majorität erlangt, den Adel als noth- 
wendiges Erfordernis zur Aufnahme erklärten, auch bei 
Stiften, wo die Stiftbriefe nichts von einer solchen Be- 
dingung enthalten. Es wurde eben in den klösterlichen 
Genossenschaften das Verfahren jener deutschen Domcapitel 
nachgeahmt, welches Schreiber dieses in seiner Schrift: „Der 
Humor in der Diplomatie" u. s.w. (I. Bd. S. 8) beleuchtet hat. 

So kam es, dass ia vielen Stiften von den Candidaten 
zur Aufnahme nicht nur der Adel, sondern auch die stift- 
mässige Ahnenprobe (16 Ahnen) verlangt worden ist. 

Wie sichnun während desBestehens der österreichischen 
und deutschen Stifte ein Unterschied herausstellt, so ist 
auch ein wesentlicher bei der Aufhebung bezugs des ein- 
gezogenen Klostergutes bemerkbar. Kaiser Josef ist wohl 
ganz absolutistisch und gewaltsam verfahren, es lag aber 
nicht in seinem Vorhaben, das eingezogene Gut für seine 
Person, seine Familie, oder für Staatszwecke zu verwenden, 
sondern er wollte es wieder für kirchliche Zwecke be- 
stimmt wissen. 

InOesterreich lagdas Unrecht mehr in dem gewaltsamen 
einseitigen Vorgehen des Staatsabsolutismus; er verfügte 
einseitig mit dem Kirchengut, er entfremdete es gewaltsam 
den rechtmässigen Besitzern, und suchte sein Vorgehen 
durch den Umstand zu rechtfertigen, dass er dieses Kirchen- 
gut wieder für kirchliche Zwecke, freüich nach seinem 
Gutdünken verwenden wollte. 

Anders war es zumeist in Deutschland der Fall. Hier 
suchten die Fürsten das Beispiel ihrer Vorfahren während 
der Reformationszeit nachzuahmen, und erklärten das weg- 
genommene liegende und mobile Vermögen als ihr Privat- 
oder als Staatseigenthum, das nun für Privat- oder für 
Staatszwecke verwendet werden sollte. 



— 39 — 

Wer einen kleinen Sinn für pragmatische Geschichte 
hat (leider mangelt dieser Sinn auch vielen Welt- und auch 
mitunter Kirchenhistorikern), der wird bei historischen That- 
aachen nicht nur die Ursachen, sondern auch die Folgen 
derselben ins Auge zu fassen haben. 

Diese ganze Elosteraufhebung war ein lärmendes Vor- 
spiel des hinterdrein kommenden Socialismus. Heute mir, 
morgen dir, Könige oder Fürsten, die das Eigenthum ihrer 
TJnterthanen für ihr Eigenthum erklären, die aus angeb- 
lichen politischen Gründen Länder annektiren, welche nie 
zu ihren Reichen gehört haben, und für die sie keinen 
andern Rechtstitel als ihr Vergnügen an Vergrösserung 
ihrer Macht und ihres Einkommens aufweisen können, 
derlei Könige oder Fürsten oder Machthaber sind im Un- 
recht, wenn sie sich über die Pläne und Bestrebungen der 
Socialisten aufhalten; es dürfte auch ein solches Aufhalten 
dann keinen Erfolg mehr versprechen, wenn sich die Flam- 
men dieses Brandes wie ein wogendes Peuermeer von einem 
Ende Europas zum andern hinwälzen, man hat die Stimme 
des lehrenden Weltgewissens in der Kirche überall zu unter- 
drücken gesucht; — ist nun dieses welthistorische Scha- 
denfeuer im mächtigen Portschreiten, so wird es weder 
theoretisch durch die Handspritzen einiger Staatsweisheits- 
lehrer, die sich auf dem Katheder durch ihren Kampf ge- 
gen die Socialisten lächerlich machen, noch praktisch durch 
die Bajonette stehender Heere mehr aufzuhalten sein. Die 
weltbewegenden Principien — mögen sie nun gut oder 
schlecht sein — gleichen den hoch über der Menschenwelt 
dahineilenden Wolkenzügen, ob sie als befruchtender Regen 
herabkommen, ob sie epidemische Krankheitsstoffe nieder- 
aenken — sie gehen ihren Weg, Segen oder Verheerung 
bringend, aber keine menschliche Macht kann sie aufhalten. 

Professor Dr. Cölestin Wolfsgruber, Capitular des 
Schottenstiftes, hat während einer Abwesenheit des Heraus- 
gebers von Wien die Correspondenz mit den HH. Autoren 
geführt, und Hr. Berthold Bayer, Cleriker-Theolog des- 
selben Stiftes, die Correcturen besorgt. Der Herausgeber 
hält es für eine Pflicht der Dankbarkeit, diese Mühewal- 
tungen zur Kenntnis zu bringen. 

Wien, den 1. Februar 1880, 

S. Brunner. 




Abtei Aämont in Steiermark.*) 

eograpMsche Lage, allgemeine Topograpliie und Name. 
Das Stift Admont liegt unter 32 ° 8' östlicher Länge 
und 47 " 35' nördlicher Breite. Die Seehöhe beträgt 
1969 Fuss. Im unteren Ennsthale zwischen Liezen 
und Hiflau am Einflüsse des Lichtmessbergbaches in die Enns 
und am rechten Ufer dieses Flusses ist der Markt Admont 
situirt, an welchen sich in gering höherer Lage die Gebäude 
der Abtei anschliessen. Der Umblick vom Stifte aus ist ein 
ungemein lieblicher und zugleich hochromantischer. Ein 
Kranz von Hügeln, Vorbergen und Hochgebirgen umsäumt 
das Thal, in welchem die Ortschaften und Häusergruppen 
von Ardning, Frauenberg, Mühläu, Hall, Weng, Krumau 
imd Aigen zerstreut sind. Von den Bergen nennen wir nur 
die höchsten. Diese sind der Saalberg, der Draxelanger, 
die PlöBch, der Leichenberg, der Pyrgas (2244 m), der 
Bosruck, der Scheiblingstein, . die Kreuzmauer, der Hexen- 
thurm, der Nätterriegel, der Grabernstein , der Buchauer- 
sattel, der Buchstein, der Himbeerstein, der Tamischbach- 
thurm, die Johnsbachermauern, der Reichen stein, der Kalb- 
ling, der Lichtmess- oder Dietmannsberg, das Thonegg,^ 
der Klosterkogel, der Piaberg und das Gimschöberl. Von 
einigen Punkten im Thale erblickt man auch die Hoch- 
haiden im Paltenthale, die Esslingalpe bei Altenmarkt» 
den Hochtausing und Griinming im oberen Ennsthale und 
endlich den Dachstein mit seinem ewigen Eise. . Unweit 
des Marktes schaut von einem bewaldeten Vorberge das 
malerische Schloss Rötheistein herab. 

Die Kronprinz -Rudolf bahn durchzieht das Thal und 
hat zu Admont eine Station. Von Admont laufen Strassen- 
züge durch das G;esäuse nach Johnebach und Hiflau, über 
den Lichtmessberg in das Paltenthal, über Aigen und durch 
das Selzthal nach Rottenmann, über Ardning und das Reit- 



*) Die Herren- und Frauer.stifte folgen in alphabetischer Ordnung. 



iiiliii 




— 41 — 

thal nach Liezen und in das obere Ennsthal und überWeng- 
und die Buchau nach St. Gallen. Zu Admont befinden sich 
das Oberforstamt der Innenberger Actien- Gesellschaft, 
ein Gendarmerie- und Finanzwachposten, Postamt und 
Telegraphenstation, eine vom Stifte erhaltene Apotheke 
und zwei Doctoren der Medicin. Gewerbe imd Verkehr 
sind nicht unbedeutend. Erwähnung verdienen die Dampf- 
säge der Firma Gerstle & Compagnie, der Sensenham- 
mer des Michael Adam und der Drahtzug des Josef Liebl 
in der Mühlau. An Kirchen ausserhalb des Stiftes sind zu 
nennen: St. Johann B. zu Ardning, die prachtvolle Wall- 
fahrtskirche auf dem Kulm, Frauenberg genannt, h. Kreuz 
in Hall, St. Cosmas und Damian in Weng und St. Amand 
und Erhard im Markte Admont. Diese Pfarren und Kir- 
chen gehören zum Decanate Admont, dessen Vorsteher den 
Titel eines Kreisdechanten führt. Der Markt Admont zählt 
116 Häuser mit beiläufig 1000 Einwohnern. Drei Häuser, 
das Hofrichter-, Doctor- und Hubererhaus reichen in ihrer 
Bauart noch in das 16. Jahrhundert hinauf. Das sogenannte 
stiftische Spital (jetzt Geflügelhof) ist ein Ueberrest des 
früher hier bestandenen Frauenklosters, an welches auch 
noch das Frauenfeld zu Admont und die Frauenhube zu 
Ardning erinnern. An Bildungs- und humanitären Anstal- 
ten zählt Admont eine Volksschule mit vier Classen, ein 
Bürger- und ein Eisenbahnspital, eine Feuerwehr und einen 
Veteranenverein. Für gesellige Unterhaltung sorgt das 
unter dem Namen Leseverein etablirte Casino, in welches 
auch anständige Fremde Zutritt finden, und eine Schiessstätte. 
Nachdem wir das Wichtigste über die Lage und Be- 
schaffenheit des Ortes vorausgeschickt haben, darf auch der 
Name desselben nicht unerörtert bleiben. Urkundlich ver- 
brieft finden wir die Schreibweise im Jahre 860 Ademundi; 
931 Adamunton; 1005 Adamunda; 1105 Admuntis; c. 1130 
Ademund; 1152 Ademunt; 1184 Agymund; 1224 Admunde 
undAdmunt; 1229 Admonde; 1285 apud Agmundg,m; 1294 
Agmonde; 1298 in Admundia; 1306 Agemuend; sonst in 
deutschen Diplomen dieses Jahrhunderts fast ausschliess- 
lich Admund, Da die Ureinwohner des Admontthales ein 
Zweig des grossen Keltenvolkes waren^ so liegt es nahe, 
dass sift die Lokalität, in der sie sich angesiedelt haben, 
nach und in ihrer Sprache benannten. Nun heisst aa, ach 



— 4:2 — 

Wasser und mund Mündung, also ist Admont ein an der 
Mündung des Wassers (Lichtmessbergbaches) liegender Ort. 
Geschichte der Abtei. Wir haben oben gesehen, dass der 
Name Admont, wenn auch in anderer Form, in den Büchern 
der Geschichte schon im 9. Jahrhundert zu lesen ist. Nach- 
dem unter den Stürmen der Völkerwanderung die Legionen 
EiOms, welche, wie Steine undMünzen beurkunden, in unserem 
Thale Fuss gefasst hatten und deren Hauptstrassenzug von 
Yirunum nach Ovilabanur zwei Stunden von Admont vorbei- 
geführt hat, nach Süden gedrängt worden waren, gesellten 
sieh zu den romanisirten Ureinwohnern unter der Aegide der 
fränkischen und deutschen Könige Colonisten aus Bayern. 
Früher schon waren von den Avaren geschoben slavische 
Stämme im Lande erschienen und hatten sich um 627 im 
Ennsthale festgesetzt. Zeuge dessen sind viele slavisch 
klingende Orts-, Berg- und Flurnamen. Wie die südliche 
Steiermark ihre Christianisirung der Kirche zu Aquileja 
verdankt, so war es der Stuhl des h. Rupert zu Salzburg, 
der durch seine Missionäre die Kreuzesfahne in Karanta- 
nien, im Gaue des Ennsthales, aufpflanzen Hess. Die Grün- 
dung der Kirche St. Amand zu Admont dürfte schon unter 
Erzbischof Arno (797 — 821) stattgefunden haben. Wir 
würden irren, wenn wir uns das Admontthal vor der Stif- 
tung der Abtei als eine unbewohnte Wüste denken möch- 
ten. Die Salzquellen des nahen Hall wurden schon im 
grauen Alterthume, vielleicht weit früher als die Berg- 
werke zu Eisenerz, betrieben. Als daher Admont im 9. Jahr- 
hundert zum ersten Male in einem Dokumente genannt 
ward, war das Thal schon längst der Cultur erschlossen. 
Am 1. October 860 schenkte König Ludwig der Deutsche 
einem Grafen Witagowa zwölf Mausen sammt Zubehör 
im Thale Admundi. Die nächste historische Nachricht 
•datirt vom J. 931. Da gab Erzb. Adalbert IL dem Grafen 
Alberich eine Salzpfannstätbe zu Adamunton. Das Thal 
war also königliches Fiskalgut, und es wurden Theile des- 
selben an Adelige als freies Eigen gespendet. Bisher er- 
schien das gesammte Thal unter dem Namen Admunt. 
In einer Urkunde von 1005 wird dieser Name aber blei- 
bend einem einzelnen Gute oder Gehöfte beigelegt. In 
diesem Jahre nämlich erhielt die Salzburger Kirche von 
König Heinrich II. das „Gut" (predium) Adamuuta mit 



— 43 — 

Gründen, Salzpfannen und Hörigen unter der Badingung, 
dass 63 nach dem Tode des Erzbischofs Hartwik dem 
Kloster zu St. Peter in Salzburg zufallen sollte. 1016 ver- 
lieb derselbe Regent dem Grafen Wilhelm von Friesach 
und Zeltschach und seiner Mutter Hemma den dritten 
Theil einer Saline im Admontthale. Wir begegnen in 
dieser Urkunde der Urstifterin der Abtei. Hemma, eine 
Tochter des Grafen Engelbert von Peilenstein und mit 
dem deutschen Eaiserhause versippt, war nach dem Tode 
ihres Gemahles und dem tragischen Ausgange ihrer Söhne 
eine der reichsten AUodialbesitzerinnen in K'ämten und 
Steiermark. Sie nahm den Schleier in dem von ihr ge- 
gründeten Nonnenkloster zu Gurk und legte einen beträcht- 
lichen Theil ihres ßeichthums an liegenden Gründen in 
die Hände des Erzbischofs Balduin mit der Verpflichtung, 
an dem Ufer der Enns im steierischen Oberlande ein Kloster 
zu errichten. Sie starb 1045. Politische Verhältnisse hin- 
derten Balduin, Hemmas frommes Vermächtnis zu erfüllen. 
Sein Nachfolger Erzbischof Gebhard Graf von Helfenstein 
war endlich in der Lage, den Klosterbau beginnen zu können. 
Gründung des Stiftes. Erste Aebte bis 1199. Hemmas 
Grunddotation -war durch Geschenke Balduins und Geb- 
hards beträchtlich vermehrt -worden. 1072 kam letzterer 
in das Ermsthal, um den Bauplatz der neuen Stiftung 
festzustellen und den Bau selbst beginnen zu lassen. Wie 
bei den meisten Klostergründungen des Mittelalters 
mischen sich auch zu Admont Sage imd Legende mit den 
Thatsachen der Geschichte. Ein Taubstummer soll für 
einen Augenblick die Sprache erlangt und einen sicheren 
Ort für das Kloster bezeichnet haben. Der erste Bau scheint 
von Holz gewesen zu sein. Am 29, September weihte Geb- 
hard in Anwesenheit des steierischen Markgrafen Ottokar V., 
der Bischöfe von Passau, Freising und Gurk und vieler 
Ministerialen die Kirche zu Ehren der h. Maria und des 
h. Blasius ein, und übergab das Kloster einer Colonie von 
12 Mönchen aus dem Stifte St. Peter in Salzburg. Arnold 
vrarde zum Administrator gewählt. Es kann hier nicht 
die gesammte Güterdotation des neuen Stiftes angegeben 
werden und wir müssen es bei der Hindeutung bewenden 
lassen, dass ein grosser Theil des Ennsthales, die Fischerei 
im Ennsflusse, Salzpfannen zu Hall und Reichenhall, Güter 



— 44 — 

und Zehente im Palten- und Triebenthale, an der Mur, 
in Salzburg, Kärnten und in der Ostmark den Grundbesitz 
bildeten. Dieser reiclien Spende fügte Gebbard kostbare 
Kircbengerätlie, Reliquien und Bücher bei. (Daruater eine 
noch, vorhandene Bibel in zwei Grossfoliobänden.) Die 
Gründung Admonts fällt in die traurige Zeit des Investi- 
turstreites. Da Gebbard treu zu Gregor VII. hielt, "war 
er den Verfolgungen Heinrichs IV. und seiner Verbündeten 
anheimgefallen. Er vrurde aus Salzburg vertrieben und 
der Aftererzbischof Berthold von MOosburg und sein Ge- 
nosse Adalbero der Rauhe plünderten wiederholt Admont. 
Arnold hatte nur ein Jahr die Leitung der Ordens- 
gemeinde geführt. Sein Nachfolger und erster Abt war 
Isingrin aus dem Kloster St. Peter. Gebhard, der indessen 
wieder auf seinen Stuhl zurückgekehrt war und dem Kloster 
Admont die Güter Ardning und Hauzenbüchel gegeben 
hatte, starb 1088 auf der Veste Werfen. Seinem Wunsche 
nach wurde er im Blasienmünster zu Admont begraben, 
und ihm daselbst ein Epitaph errichtet. Der neue Erz- 
bischof Thiemo hatte schon als Abt zu St. Peter eine Zu- 
fluchtsstätte zu Admont gefunden. Abt Isingrin starb 10901 
Ihm folgte als Vorsteher Giselbert, bisher Abt zu Reinhards- 
brunn. Dieser führte die strenge Disciplin von Hirschau 
■ — der Cluniacenserregel nachgebildet — in Admiont ein. 
Von Thiemo erhielt dieses Stift 1093 Kirche und Pfarre 
St. Amand, welch letztere sich in der Länge von fast zwei 
Tagreisen erstreckte. Für die Salzarbeiter zu Hall baute 
der Abt die Kirche zu Hall, welche Thiemo 1095 eingeweiht 
hat. Giselbert fand den Tod 1101 auf dem Kreuzzuge bei 
Jerusalem. Abt Heinrich I. erhielt 1105 von Pascal IL 
den ersten päbstlichen Bestätigungsbrief. Unter ihm wurde 
der Admonter Mönch Engelschalk als Abt nach Melk be- 
rufen und fand Erzbischof Conrad I. in unserem Thale eine 
Zuflucht vor seinen Feinden. Heinrich ertrank 1112 in 
den Fluten des Weissenbaches. Der Prior Otto übernahm 
die Leitung des Klosters, und als er zur äbtlichen Würde 
zu Millstadt erhoben wurde, gab Erzbischof Conrad L dem 
verwaisten Convente einen Hirten in der Person des Mönches 
Wolfhold von St. Georgen im Schwarzwalde. 1116 gelangte 
der Admonter Priester Reinbert zur Inful von St. Peter 
und starb 1141 als Bischof von Brixen. Die durch die 



— .45 — 

wiederholten feindliclien Ueberfälle fast zerstörten Kloster- 
gebände erhoben sich in neuer Pracht, und Marmorsäulen 
schmückten die Kirche des h. Blasius. Auch entstand zu 
Admont ein Kloster der Benediktinemonnen, •welches bald 
zu grosser Berühmtheit gelangte. Wolfhold wurde zum 
Archidiakon der Salzburger Diöcese ernannt. Der Erzbischof 
übergab ihm das neugegründete Spital zu Friesach und der 
Admonter Mönch Marquard wurde Yorsteher desselben. 
Ebenso berief der G-raf Engelbert von "Wasserburg eine Colonie 
aus Admont zu Wiedererhebung des Stiftes Attel. Um 
1135 erhielt Admont das Gut Unterjahring. Die fleissigen 
Mönche verwandelten das Wald- und Sumpfland um Bären- 
dorf im Paltenthale in gutes Ackerland. Um die Disciplin 
in dem Nonnenkloster zu St. Georgen am Längsee wieder 
zu erwecken, sandte Abt Wolfhold die Nonne Uta sammt 
zwanzig Genossinnen dahin. Bei dieser Gelegenheit soll 
er eine vornehme Nonne, eine Verwandte des Günther 
von Hohenwart, strenge bestraft haben. Günther liess den 
Abt greifen und ihn rücklings auf ein Pferd gesetzt zum 
Spotte durch das Land führen. Der Thäter verfiel dem 
Kirchenbanne; aber auf seinem Todtenbette zu Regens - 
bürg 1140 ging er reuig in sich und schenkte dem Kloster 
die halbe Kirche St. Martin mit anderen Gütern. Als böse 
Zungen den Ruf des Abtes begeiferten, reinigte sich dieser 
durch die Ordalie des Feuers. Wolfhold starb nach einem 
heihgmässigen Leben im J. 1137. 

Der nächste und einer der denkwürdigsten Aebte war 
Gottfried I. von Venningen, früher Abt zu Weingarten. 
Unter ihm erhob sich die Abtei zum höchsten Gipfel geistiger 
Blüte. Viele andere Klöster erbaten sich und erhielten 
Aebte aus der Brüdergemeinde zu Admont. Es wurden 
berufen Wemher nach Brül, Berthold und Adalbert nach 
St. Emmeran, Günther nach Weihenstephan, Otker nach 
St. Lambrecht, Johann nach Göttweig, Irimbert nach 
Michaelsberg, die Mönche Ortlieb, Conrad, Adalbero, Magan 
und Reginward in ungenannte Klöster. Auch das Frauen- 
Moster erfreute sich hoher Blüthe. Die gelehrten Nonnen 
(sanctimoniales literatae) erzogen Töchter a,us den vor- 
nehmsten Häusern, verstanden Latein und verfassten zier- 
liche Handschriften. Innocenz IL würdigte sie einer Zu- 
schrift. Eine Schaar Admonter Nonnen unter der Aebtissin 



— 46 — 

Eegilla "bezog das Kloster Bergen. TöcMer von erlancMeia 
Stamine nahmen zu Admont den Schleier. So Wilihirg, 
Tochter des Markgrafen Ottokar IV. von Steier (f 1144), 
Sophia, Tochter des ungar. Königs Bela 11. (1145 — 1150), 
Cunegunde von Andechs, und Agnes von Wolfratshausen. — 
1139 und 1144 bestätigten die Pähate Innocenz II. und 
Lucius II. die Rechte des Stiftes Admont. In den hezüg- 
lichen Bullen wird die freie Abtwahl und das Recht der 
Bestattung um das Stift verdienter Personen zugesichert. 
Die ersten, welchen diese Ehre zu Theil ward, waren 
Macelin von Zimmersdorf und Günther von Hohenwart. 
Im Waldlande jenseits der Buchau erbaute um 1140 Gott- 
fried von Wetternfeld die Kirche St. Gallen und übergab 
selbe reich ausgestattet dem Stifte. Das Gut Adamunta, 
an dessen Stelle die Abtei gegründet worden war, hätte 
schon nach dem Tode des Erzbischofs Hartwik dem Stifte 
St. Peter zufallen sollen. Jetzt erneuerte dieses seine An- 
sprüche auf Entschädigung, und es entspann sich ein Streit, 
welcher erst 1229 beendigt worden ist. Ungemein zahl- 
reich waren die Güterspenden, welche auf dem Altare des 
h, Blasius in dieser Zeit niedergelegt wurden. Poppo, Graf 
von Gieche-Plassenburg, dessen Sohn Heinrich den Mönchs- 
habit zu Admont angezogen hatte, schenkte Güter zu 
Schaumberg in Kärnten, und Gottfried von Wieting solche 
zu Sausal. Mit dem Domcapitel zu Salzburg ging um 
1160 Abt Gottfried eine geistliche Verbrüderung ein. Im 
J. 1152 verzehrte eine Peuersbrunst den grössten Theil 
des Stiftes, Aber in kurzer Frist entstand ein neuer Bau, 
welchen Erzbischof Eberhard I. eingeweiht hat. Die Wahl 
dieses Kirchenfürsten war zum Theile dem weitgreifenden 
Einflüsse unsers Abtes zuzuschreiben und Gottfried holte 
für ihn auch das Pallium von Rom. Mit dem heiligen 
Abte Berthold von Garsten und dem gelehrten Probste 
Gerhoch von Reichersberg stand Gottfried im freundlichen 
und literarischen Verkehr. Er selbst war ein Gelehrter 
und als solcher Gönner wissenschaftlicher Bestrebungen. 
Die Stiftsbibliothek wm-de mit dem Ertrage zweier Wein- 
gärten dotirt. Theils als selbständige Autoren, theils als ge- 
wissenhafte und geschickte Abschreiber lebten im Stifte die 
Mönche Wemher, Günther, Salman, Göttschalk, Berthold, 
Lambert, Reimbert, Ukichund die Nonnen Regilind, Irmgard 



I 1 lli» 




— 47 — 

■und Diemnt. Gottfried schrieb Homilien, über die Seg- 
nungen desPatriarcben Jakob und eine Erklärung des Jesaias. 

Nach Gottfrieds Tode (1165) erhob die Wahl der 
Brüder einen aus ihrer Mitte, Liutold von Tovemich, zur 
Prälatur. Unter diesem Abte wurde der Stiftspriester Hein- 
rich auf den Abtenstuhl von Millstatt erhoben, und aus 
dem Nonnenconvente zu Admont wanderten abermals eine 
Schaar von Jungfrauen mit der Meisterin Agnes nach 
Neuburg bei Ingolstadt, um dieses Stift wieder in Flor 
zu bringen. Erzbischof Conrad II., ein Sohn des h. Leo- 
pold des Babenbergers, fand zu Admont nicht nur ein Asyl 
in der Verfolgung, sondern auch seine letzte Ruhestätte. 
Sein Nachfolger Adalbert III. schenkte dem h. Blasius 
die grosse Paltenpfarre St. Lorenz. Abt Liutold ging 
1171 zu den Vätern ein. Der neue Abt Irimbert, des 
grossen Gottfried Bruder, hielt nur kurze Zeit den Krumm- 
stab. Auch er war ein Mann der Wissenschaft und schrieb 
Homilien xmd Commentare über mehrere biblische Bücher. 
Die gebildeten Admonter Nonnen schrieben seine Werke 
ab. 1178 wurde Isenrik, bisher Abt zu Biburg, als Vor- 
steher nach Admont berufen. Die Admonter Mönche Jo- 
hann und Conrad wurden als Aebte nach Biburg und 
Garsten postulirt. 1184 starb im Nonnenkloster Cunegunde,. 
die Mutter des steierischen Herzogs Ottokar VIII. Das Stift 
erhielt Bestätigungsdiplome 1184 von Kaiser Friedrich I., 
und von den Päbsten Lucius III. 1185 und Urban III. 1187. 
Im Jahre 1188 schenkte Herzog Ottokar die l^farre St. Jakob 
in Leoben und die Kirche St. Peter. Abt Isenrik, der 
sich dem Kreuzzuge angeschlossen hatte, fand 1189 den 
Tod in der Bulgarei. Die heimischen Annalen geben ihm 
den Ehrennamen „Literatus". Aus seiner Zeit stammt ein 
nur mehr in Abschrift vorhandenes Schriftdenkmal „Di- 
rectorium antiquissimum Admontense", welches uns über 
den Geist des Ordenslebens, der zu Admont herrschte, die 
klarsten Aufschlüsse ertheilt. Unter dem folgenden Abte 
Eudolf erhielt das Stift (1196) durch Tausch gegen das 
Spital zu Friesach die uralte Mutterpfarre St. Michael an 
der Liesing mit ihren Filialen. 

Bie Aebte von 1199—1275. Unter Abt Johann I. be- 
glückte Leopold der Glorreiche von Oeaterreich zweimal 
das Kloster mit seinem Besuche, welches durch ihn 1201 



— 48 — 

die Kapelle St. Martin an der Salza erhielt. Der folgende' 
Prälat Rüdiger fand zufallig 1205 den Tod in einem Stein- 
bruclie. Er hatte kurz vorher durch Erzbischof Eberhard U. 
die Pfarre St. Leonhard in Freiland erhalten. Unter Abt 
Wolfram (1205—1207) gelangte der Stiftspriester Gottfried 
zur Abtswürde zu Ossiach, um bald darauf Admonts äbt- 
lichen Stuhl selbst zu besteigen. Dieser hatte die Be- 
sitzungen der Abtei zu Elsendorf in Bayern gegen die 
Uebergriffe des Grafen Mainhard von Abensberg zu ver- 
theidigen, erwarb sich besondere Verdienste um die Grün- 
dung des Bisthums Seckau und liess bei Eriesach den 
Bergbau betreiben. 1213 wurde der Mönch Dietmar als 
Abt nach Seitenstetten berufen. Die folgenden Aebte 
Wichpoto und Berthold I. fährten nur kurze Zeit die Re- 
gierung. Der letztere erlangte 1230 für sich und seine 
Nachfolger von dem Pabste Gregor IX. das Recht, sich 
der Inful zu bedienen. Um diese Zeit schenkte auch Otto 
von Langenbach dem Stifte das Gut St. Peter in der Au. 
Berthold resignirte 1231 und ward Abt zu St. Peter. Sein 
Nachfolger zu Admont Conrad fangirte als vom Pabste 
bestellter Vermittler in einem Streite zwischen dem Her- 
zog von Bayern und dem Bisthume Freising. 1234 befreite 
Erzbischof Eberhard II. die Pfarre St. Amand von dem 
Verbände des Ennsthaler Archidiakonates. 1235 beehrte 
Kaiser Friedrich II. Admont mit einem Besuche und gab dem 
Stifte einen umfassenden Schutzbrief. Friedrich der Streit- 
bare von Oesterreieh bestätigte 1242 dem Kloster das Privi- 
legium freier Gerichtsbarkeit mit Ausnahme todeswürdiger 
Verbrecher. Der admontische Güterbesitz zu Kirchheim in 
Kärnten wurde durch Kauf von dem Kloster Mossach und 
durch Schenkungendes GrafenMainhardvonGörz vergrössert. 
Dem Adraonter Nonnenconvente ertheilte 1241 das 
Generalcapitel der Dominikaner zu Paris die Theilnahme 
an den Verdiensten des Ordens, und Sophia, Markgräfin 
von Istrien, liess sich in die Reihe der Nonnen aufnehmen 
und spendete bedeutende Güter zu Mainhardsdorf. Aus 
der Zeit des Abtes Conrad datirt auch ein interessantes 
historisches Monument, das: „Registrum Admuntense". 
Selbes enthält das Leben des seligen Gebhard und seiner 
Nachfolger bis zum Tode Eberhards IL, und eine gedrängte 
'Geschichte der Admonter Aebte. 



— 49 — 

Die Zeit des österreichischen Zwischenreiches war eine 
Zeit der Drangsale für die Klöster. Auch Admont sank 
von der Höhe geistlicher Disciplin, gelehrter Bildung und 
materieller Macht immer mehr herab und sein gänzlicher 
Ruin war nur mehr eine Frage der Zeit. Die fortwähren- 
den Kämpfe der Fürsten und Adeligen, die Unsicherheit 
der Person und des Eigenthums, die Eingriffe gewissen- 
loser Vögte und Kämpen des Paustrechtes in des Klosters 
Rechte und Besitz, der Mangel eines mächtigen und ehr- 
lichen obersten Schirmherrn, die immer höher gespannten 
Forderungen an Geld und Leuten, Misswachs und Theue- 
rung, die allgemeine Yerwilderung der Gemüther, welche 
selbst die Schwelle der Clausur überschritt — dies waren 
die Sturmeswellen, welche das Schifflein des h. Blasius zu 
zerschellen drohten. Die Aebte Berthold II. 1242—1259, 
Friedrich 1259—62, Ulrich I. Zant 1262—68 und Albert I. 
1268—75 waren wohl fromme und wohlmeinende Männer, 
aber den Stürmen der Zeit und der Lenkung eines grossen 
Gemeinwesens nicht gewachsen. Im Jahre 1259 zerstörte 
eine Feuersbrunst das Nonnenkloster. Um 1262 zwang 
eine Hungersnoth Abt, Mönche und Nonnen zur zeitweiligen 
Auswanderung nach Salzburg. 1263 erhielt das Stift durch 
den Statthalter Bischof Bruno von Olmütz Entschädigung 
für jenen Grund und Boden, welchen es zur Erweiterung 
der Stadt Brück an der Mur abtreten musste. 1265 be- 
stätigte Pabst Clemens IV. die Freiheiten des Klosters. 
Um 1270 wurde die Admonter Nonne Herburg von Emfels 
Aebtissin zu Goess. Graf Mainhard von Abensberg-Roteneck 
schenkte dem Stifte einen Hof zu Punhart in Bayern und 
Bischof Conrad II. von Freising ein Haus zu Waidhofen 
an der Tbbs. 1273 baute Abt Albert die Pfarrkirche zu 
Landl, Die Tradition erzählt, dass die Mönche selbst die 
innere Ausschmückung und die Geräthe der Kirche ver^ 
fertigt haben. 

Die Aebte von 1275—1391. In den Tagen äusserster 
Bedrängnis gab die Vorsehung in Heinrich VII. dem 
Blasienstifte einen Vorsteher, den die heimischen Annalen 
mit Recht als zweiten Stifter feiern. Heinrichs Charakter 
und Wirken ist von den meisten Historikern als Zerrbild 
gemalt. Er galt und gilt ihnen als geistlicher Knecht 
Ruprecht, mit dem man alte Kinder schreckt. Der Reim- 

Ein Benedilttinerbuch. 4 



— 50 — 

Chronist Ottokar ist die Quelle, aus welclier sie geschöpft 
hahen und diese ist in kirchlich- politischen Dingen eine 
trübe. Alle haben auf die Worte ihres Meisters geschworen, 
aber die den Ausschlag in der Beurtheilung Heinrichs geben- 
den gleichzeitigen Urkunden ignorirt. 

Wir können aus dem reichen Leben dieses Abtes nur 
Einiges berühren. Seine Stellung als Landschreiber und 
Landeshauptmann in Steiermark und sein getreues Fest- 
halten an dem Herzog Albrecht Ton Habsburg erweckten 
ihm viele Gegner. Im Auftrage des Herzogs zerstörte er 
die Yesten Perneck und Neuhaus, und Albreeht konnte den 
Abt nur durch die Erklärung, derselbe habe nur seine 
Befehle vollzogen, blutiger Kache entziehen. Gegen den 
ungarischen Grafen Iwan von Guus versuchte sich Hein- 
rich als Feldhauptmann, erhielt aber bei Radkersburg eine 
Schlappe. Damit haben wir eine der Schattenseiten in 
des Abtes Charakter gekennzeichnet, sein Einmengen in 
weltliche Händel. Auch zu weit gehender Ehrgeiz und 
gekränkte Eitelkeit, die ihn. hart und unversöhnlich gegen 
seine Gegner machen konnten, waren einer geistlichen Per- 
son unwürdig. Allein seine Fehler wurden durch ander- 
wärtige gute Eigenschaften mehr als aufgewogen. Er hatte 
das vollkommenste Vertrauen seines Stiftscapitels. Für 
das Klosterspital machte er eine grosse Dotationsstiftung. 
Den Verkehr hob er durch Erbauung einer Brücke über 
die Enns bei Weissenbach. Um das Admonterthal -vor 
feindlichen Einfällen zu schützen, erhob er mehrere be- 
festigte Plätze (Clausen). Durch Anlegung der Burgveste 
Gallenstein beförderte er die Sicherheit der Landesgrenze 
und schuf einen Zufluchtsort in Feindesgefahr. Als 1292 
die vereinigten Bayern und Salzburger trotz der Clausen 
das Admonterthal eroberten und das Kloster plünderten, 
fanden Mönche, Unterthanen, Kirchenschätze, Bücher und 
Urkunden Schutz hinter Gallensteins Wällen. Zu Zeiring 
liess Heinrich den Bergbau betreiben. Die dem Ruine 
nahe Kirche zu Admont erhob er in prachtvoller (gothi- 
scher) Bauart und auch die Pfarrkirche zu Kallwang ver- 
dankt ihm einen Neubau. Die Kirche seines Geburtsortes 
St. Walburg ob Leoben beschenkte er mit ausgiebigen 
Renten. Heinrich tilgte nicht bloss die von seinen Vor- 
gängern überkommenen Schulden, er vermehrte auch in 



— 51 — 

orossartigster Weise die Güter der Abtei. So erwarb er 
vom deutsclieii Eitterorden Liegenscliaften unter Marburg 
und Tom Stifte Prüfening einen Hof zu Krems mit Wein- 
o-ärten und Untertbanen. Unter ibm -wurde der Stifts- 
priester Otto Australis Abt von Kleinmariazell. War Hein- 
rich der Sippe der Raubritter verbasst, so war er um so 
beliebter im Kreise der Bürger. Die Stadt Leoben befreite 
aus eigenem Antriebe das stiftiscbe Haus daselbst von 
allen Abgaben. Rudolf und Albrecbt von Habsburg gaben 
ihm und seinem Stifte wiederholt Gnadenbriefe; Albrecht 
weilte als Gast in Admonts Hallen. Die Stiftsherren von 
Melk wählten 1295 Heinrich zu ihrem Abt, der jedoch sein 
liebes Admont nicht verlassen wollte. Nach einem gleich- 
zeitigen Chronisten war Heinrichs Ruhm in Deutschland, 
Frankreich und Italien verbreitet; mit dem französischen 
Könige soll er Briefe gewechselt haben, und der Pabst 
habe ihm ein Bisthum zugedacht. Abt Heinrich fiel durch 
die Hand eines Meuchelmörders im J. 1297. 

Auf den thatkräftigen, kriegerischen Heinrich folgte 
der gelehrte und sanfte Engelbert. Dieser hatte zu Prag 
und Padua studirt imd schrieb mehr als dreissig Werke 
theologischen, philosophischen und naturhistorischen In- 
haltes. Sein Leben als Abt war vorzüglich der Wissen- 
schaft und Ascese gewidmet. In der Pelsenwildnis des 
Johnsbachthaies, wohin er sich häufig zurückzog, erbaute 
er um 1310 die Kirche des h. Aegidius. Er war der Stifter 
der Oblei, durch deren Renten die Verpflegung und Klei- 
dung der Klosterbewohner gesichert werden sollten. Ein 
patriotisches Opfer für Herzog Albrecht war die Verpfän- 
dung der Burg und des Marktes St. Peter in der Au. Zur 
Befestigung von Radstadt trat Engelbert mehrere Güter 
an den Erzbischof Conrad IV. ab. Mit dem Bisthume 
Gurk Bchloss er einen Salzlieferungscontract, der im Wesent- 
lichen noch heute in Geltung ist. Zu Luttenberg kaufte 
er eiaen Weingarten. Unter ihm wurde der Mönch Gun- 
dachar Abt zu Mondsee und Seitenstetten und die Nonne 
Elisabeth von Sunnberg Aebtissin zu Nonnberg. Abt Engel- 
bert ging 1327 zu den Vätern ein. Der folgende Abt 
Eckhard Lauterbeck liess durch seine Mönche viele Hand- 
schriften schreiben und eia Güterurbar verfassen. Er brachte 
zwei Häuser zu Salzburg an das Stift. Abt Ulrich II. (de 



— 52 — 

Welza) erbaute in der Klosterkirche eine Kapelle des h, 
"Wolfgang und stiftete in derselben einen täglichen Gottes- 
dienst. Zu Johnsbach Hess er den alten Bergbau wieder 
in Angriff nehmen. Herzog Albrecht und dessen Schwester 
Johanna ertheilten dem Gotteshause mehrere Privilegien. 
1346 trat der Ritterorden San Jago im fernen Spanien in 
geistliche Verbrüderung mit dem Admonter Frauenkloster 
und das Stift St. Peter erhielt aus dem Blasienstifte einen 
Abt in der Person des Professen Otto. 

Leo und Johann II. lenkten die Geschicke der Abtei 
nur kurze Zeit (1359 — 61.) Abt Albert II. Lauterbeck 
(1361 — 1384) erhielt eine ßeihe von Gnadenbriefen von den 
Herzogen Rudolf IV., der Admont besucht hat, Albert III. 
und Leopold dem Biederen. Er baute den Admonterhof 
zu Graz neu auf und ging eine Conföderation ein mit der 
Karthause zu Grenoble. Unter ihm und auf sein Geheiss 
verfasste der Mönch Peter von Arbon zwei noch vorhan- 
dene Bücherverzeichnisse der Stiftsbibliothek. Dieses ist 
ein Verdienst des Abtes, welches höher anzuschlagen ist, 
als die prachtvollsten Monumentalbauten und die ausge- 
dehnteste Erwerbung von Grund und Boden. Diese Kata- 
loge sind der sprechendste Beleg für die wissenschaftlich- 
literarische Thätigkeit der gelehrten Brüder von Admont 
in jener Zeit. Dem Abte Wilhelm aus dem Geschlechte 
der von ßeissberg verlieh Pabst Urban VI. 1386 das Recht, 
beim feierlichen Gottesdienste bischöfliche Sandalen tragen 
zu dürfen. Dieser Abt hatte den Plan gefasst, den Blasien- 
münster neu zu bauen, allein er erlebte nur noch den Bau 
der unteren Stockwerke der mächtigen Thürme. 

Die Aebte von 1391 bis 1581. Abt Hartnid Gleusser 
setzte den Bau der Thürme fort und richtete in deren 
Erdgeschosse je eine Kapelle zu Ehren der Dreifaltigkeit 
und des h, Geistes ein. Letztere stattete er mit eigenen 
Renten (Officium- Amt ad S. Spiritum) aus. Er liessdie Abtei- 
kirche mit Marmor pflastern und auf dem Hauptaltare 
einen Tabernakel aufstellen. Auch Orgelwerke und Glas- 
gemälde zierten den Münster. Auf dem Friedhofe der 
Amanduskirche baute er die Kapelle des h. Erhard. Wie 
schon früher der Sakristan Hans der Payr machte auch 
der Stiftspriester Otto Metschaeher eine Gottesdienststiftung. 
1393 ertheilten die Bischöfe Berthold von Preising und 



— 53 — 

Johann von Prag "bei ihrer Anwesenheit in Admont Ablässe 
für die Kirche zu Weng. Auf dem Kulmberge, an dessen 
Fuss die Gewässer der Enns ein Marienbild angespült hatten, 
haute der Aht ein hölzernes Kirchlein, welches 1410 einem 
Steinhaue weichen musste, da die Zahl der Wallfahrer auf 
unserer lieben Frauen Berg rasch zugenommen hatte. Pabst 
Johann XXIII. bestätigte des Stiftes Freiheiten und schon 
früher 1399 hatte Bonifaz IX. die Kirchen zu Leoben, 
Trofaiach und St. Lorenzen im Paltenthale der Abtei ein- 
verleibt. 

Nach Hartnids 1411 erfolgtem Tode lenkte ein Priester 
aus Kremsmünster Georg Lurger Admonts Geschicke. Unter 
ihm wurde das Stift durch einen Besuch des Landesfürsten 
Herzogs Emest des Eisernen beglückt. Einer schwäbischen 
Gesellschaft übergab der Abt den Betrieb des Agtsteinbaues 
in der Gams. Er erweiterte die Kirche zu Weng. Bei den 
Bauten zu Frauenberg und Weng war ein geschickter 
Architekt und Steinmetz thätig Namens Niclas Velbacher. 
Um diesen ausgezeichneten Künstler dem Stiftsdienste blei- 
bend zu erhalten,, gab ihm Georg ein Haus sammt Garten 
zu Admont und die volle Pfründe eines Conventherm. 
Auf dem Frauenberge stiftete der Abt eine fromme Bruder- 
schaft, welche über hundert Jahre bestand und unter ihre 
Sodalen Anna von Braunschweig, Herzogin von Oesterreich, 
zu zählen die Ehre gehabt hat. — Abt Andreas von Stett- 
heim (1423--1466) regierte am längsten unter "allen Ad- 
monter Aebten. Unter ihm gelangte die Ortschaft Admont 
unter dem Namen „Häuser in der Zeil" zu besonderem 
Flor. Künste imd Gewerbe entfalteten sich daselbst und 
auf Bitte des Abtes gewährte Friedrich III. (1443) das 
Privilegium eines ständigen Wochenmarktes. Andreas hatte 
mehrere grosse Prozesse zu führen und zwar mit dem 
Cardinalbischof Aeneas Silvius wegen der Starzenalpe, mit 
dem Bisthume Freising bezüglich mehrerer Zehente und 
mit dem Pfarrer zu Pols wegen der Kapelle St. Agatha 
zu Zeiring. 1449 erhielt er zu Lehen Teste, Herrschaft 
und Landgericht zu Wolkenstein. Er spendete Grund und 
Boden zur Erbauung der Kirche St. Leonhard zu Hüttau. 
Das verödete admontische Haus zu Wien wurde neu ge- 
baut. Die Kirche zu Frauenberg erhob er zur Pfankirche 
und vergrösserte sie. Zu Oeblarn baute er die Kirche des 



— 54 — 

h. Andreas, im Stifte den Kreuzgang, ein Refectorium. und 
Dormitorium und über der erneuerten Marienkapelle Hess 
er einen Saal für die Bibliothek einrichten. Seiner Zeit 
gehören zwei prachtvolle Urbarbücher auf Pergament in 
Grrossfolio geschrieben an. Ein grosser Theil der Bibliotheks- 
handschriften datirt aus der Regierungsepoche dieses Abtes, 
Es gebrach nicht an gelehrten Mönchen. Wir nennen den 
Magister und Juristen Johann von Constanz, die Bacca- 
laure der schönen Künste Wolfgang Hyrspeunter und Vitus 
Praun und den Aufseher der Klosterschulen G-utmann von 
Merkenstein, 1481 geschah eine apostolische Visitation der 
beiden Klöster zu Admont. 

Unter Abt Johana von Trautmannsdorf ereignete sich 
der grosse Türkeneinfall in Obersteiermark. Die meisten 
admontischen Kirchen im Palten- und Liesingthal wurden 
verwüstet und Schloss Zeiring ging in Flammen auf. Die 
stiftischen Unterthanen hatten unsäglich zu leiden. Schon 
früher 1467 war die Burg G-allenstein theilweise ein Raub 
des Feuers geworden und da die dortigen Insassen sich 
um die Rettung der Gebäude sehr verdienJ gemacht hatten, 
wurde von denselben bei Güterveräusserungen statt des 
dritten nur der zehnte Pfennig gefordert. Abt Johann er- 
baute ein Schloss im Weingarten zu Eisenthur, einen Altar 
in der Stiftskirche und machte eine Stiftung für das Kloster- 
spital. Die Bibliothek verdankt ihm manche Bereicherung. 
— Die Uneinigkeit des Stiftscapitels war 1483 Ursache, 
dass Kaiser Friedrich III. einen italienischen Weltpriester 
Anton, genannt Gratia Dei, dem Kloster als Abt aufdrängte. 
Dieser verschleuderte das Kirchengut, ergriff nach acht- 
jähriger Regierung bei Nacht und Nebel die Flucht, wurde 
gefangen und starb auf der Veste Gallenstein. Bei Hofe 
war er wohlgelitten und unterhandelte einen Waffenstill- 
stand zwischen Herzog Albrecht von Sachsen und dem 
König von Ungarn. 1485—87 wurden die Admonter Unter- 
thanen bei Obdach von den Ungarn gebrandsehatzt. 1486 
fielen zu Admont zehn Mönche und eine Nonne als Opfer 
der Pest. Durch Abt Anton waren manche italienische 
Drucke in die Stiftsbücherei gelangt. — 1491 wählten die 
Söhne des h. Blasius einen aus ihrer Mitte, Leonhard von 
Stainach. Dieser erhob wieder die von den Türken zer- 
störten Kirchen und Pfarrhöfe zu St. Lorenzen und Kam- 



— 55 — 

mern, erneuerte die Ringmauer um das Stift, Hess durch, 
einen stummen Künstler Chorstühle mit Schnitzarbeit an- 
fertigen und kaufte die Waldungen und den schwarzen 
See in der Kleinsölk. Aus Anlass der Pest gründete um 
1497 der Prior Friedlich Weigel die Sebastianskapelle zu 
Weng. 

Mit Leonhards Abscheiden 1501 beginnt für Admont 
eine traurige achtzigjährige Epoche des stets zunehmenden 
Verfalles der DiscipHn und des Wohlstandes. Nur wenige 
Hoffnungssterne strahlten hin und wieder in jener düstern 
Nacht. Den Reigen des Unheiles eröffuete eine Spaltung 
bei der Prälatenwahl. Acht Stimmen fielen auf Michael 
Griessauer und sechs auf Alexander von Kuendorf, Beide 
gerirten sich als Aebte und stellten als solche Urkunden 
aus. Michael wurde vom Erzbischofe als Abt anerkannt, 
während Alexander Vorschub bei Hofe fand. Also ein 
offenes Schisma. Bald mischte sich die Regierung in des 
Stiftes innere Angelegenheiten. Michael, der vergeblich 
persönlich nach Rom gereist war, um seine Angelegenheit 
zu ordnen, wurde der Prälatur verlustig erklärt und starb 
1519 im Stifte St. Peter zu Salzburg. Der Kaiser Hess 
indessen die Abtei durch Reinprecht von Reichenburg und 
den Melker Conventualen Paul Frech verwalten. Im Jahre 
1508 ernannte er den Laibacher Bischof Christof Rauber 
zum Commendatar-Abt von Admont. Christof war eine 
der hervorragendsten Persönlichkeiten damaliger Zeit. Er 
übernahm die wichtigsten politischen Missionen und führte, 
wie einst Abt Heinrich II., mehr als einmal den stiftischen 
Heerbann persönlich in das Feld. Er war auch Admini- 
strator des Bisthums Seckau und Statthalter in den nieder- 
österreichischen Landen. Unter ihm traf ein schwerer 
Schlag das Stift, von dem es sich erst unter Abt Johann IV. 
zu erholen begann. Es ist dies die berüchtigte Quart, die 
Ablieferung des vierten Theiles des Werthes der geistHchen 
Güter. Admont musste 17,500 Pfund aufbringen und in 
Folge dessen seine meisten Güter verpfänden oder verkaufen. 
1526 war die Abtei gezwungen worden, ihr Tafel- und 
Kirchensilber (auch jenes der incorporirten Pfarren und 
Filialen) auf den Altar des Vaterlandes zu legen. Zur Zeit 
des Bauernkrieges überfielen und beraubten die Meuterer 
das Stift und dessen Besitzungen. Bei dem üeberfalle zu 



— 56 — 

Schladming ging ein grosser Theil des admontisclien Rüst- 
zeuges verloren. Beim Einfalle der Türken 1532 wurden 
das Schloss Jahring und die meisten admontischen Kirclaen 
undPfarrhöfeinUntersteiermark eingeäscliert. Der stiftische 
Hof zu Krems in Niederösterreicli wurde von den spani- 
schen Hülfstruppen zerstört. Unter Abt Christof wurden 
die Kirchen zu Kammern, St. Michael und St. Gallen neu 
erbaut. Er kaufte ein Haus in Marburg, vertheidigte des 
Stiftes Hechte auf die Pfarre Trofaiach und setzte sich den 
ungerechten Eingriffen in das Waldeigenthum des Klosters 
mit mannhaftem Muthe, aber vergebens entgegen. Er be- 
trieb den Bergbau in der Ingering, zu Eisenerz und Schlad- 
ming. Sein Tod erfolgte 1536 zu Wien, von wo er nach 
Oberburg zur Gruft geleitet wurde. 

Admont befand sich schon seit seiner Gründung im 
Besitze von Salzwerken zu Hall und Weissenbach. Unter 
König Ferdinand wurde das ärarische Salzmonopol einge- 
führt und erst nach vielen Bitten des Abtes Amand Hühner- 
wolf wurde 1543 dem Kloster die kostenfreie Behebung von 
100 Fudern Salzes zu Aussee zugestanden. Amand erhielt, 
Avie mehrere seiner Vorgänger und Nachfolger, den Titel 
eines kaiserlichen Eathes. Er führte einen Neubau beim 
Hause zu Brück und erneuerte die Prälatur. Trotz der 
Ungunst der Zeit finden wir damals zu Admont den Bau- 
meister und Bildschnitzer Jörg Klukh und den Steinmetz 
Meister Bernhard. Amand fangirte in wichtigen Angelegen- 
heiten der Stifte Rottenmann und Seckau als Commissär. 
Auch er war genöthigt, die Güter des Stiftes zu belasten 
und musste das Amt Reichenau in Kärnten verkaufen. 

Auch unter dem folgenden Abte Valentin Abel, der 
ein ausgezeichneter Oekonom war, aber der Sturmflut der 
Zeitverhältnisse nicht widerstehen konnte, ging das Stift 
dem materiellen Ruine immer mehr entgegen. Der Staat 
und die Landschaft forderten in kurzen Fristen wiederholte 
Anleheu, so im J. 1556 ein solches von 20,000 Pfund vom 
Kloster. Die Steuern verschlangen enorme Summen. Die 
drohenden Türkeneinfalle machten fortwährende Rüstungen 
nothwendig. So musste Admont 1566 37 Pferde und 111 
Büchsenschützen in das Feld stellen. Valentin hatte das 
Stift als halbe Ruine übernommen. Da waren Bauten noth- 
wendig, so wie bei vielen Kirchen und Schlössern. Er 



— 57 — 

hat meki- gebaut, als sonst je ein Abt. In der Stiftskirclie 
Hess er eine prachtvolle Kanzel aus Marmor errichten. 
Meister Jatoh von Zwettel stellte eine Orgel und ein Hom- 
■werk her. Die Maler Simprecht Schirmer xmd Johann 
Weissmann fanden nebst andern Künstlern im Kloster Be- 
schäftigung. Yalentin hielt stets Stipendiaten an auswärti- 
gen Schulen, bereicherte die Bibliothek und sorgte für die 
Pflege der Musik imd des Choralgesanges. Selbst einen 
Schriftsteller P. Modest Puterer finden wir in jener so trost- 
losen Zeit im Stifte. Valentin versuchte an mehreren Orten 
das Glück des Bergbaues und enichtete Schmelzwerke imd 
Hämmer. Künstler und Gelehrte fanden an dem wissen- 
schaftlich gebildeten Abte, welcher in seinen Briefen häufig 
lateinische Klassiker citirt, einen bereitwilligen Mäcenas, 
So finden wir Kaspar Brusch in literarischer Verbindung 
mit demselben. Valentin fungirte als kaiserlicher Com- 
missär beim steierischen Landtage, führte Prozesse mit 
Freising und Gaming wegen Gebietsgrenzen und mit der 
Regierung und Adeligen um die Vogtei der Pfarren Tro- 
faiach, Leoben und Kammern. Er kaufte das Bauerngut 
Kaiserau, baute es schlossartig auf und errichtete daselbst 
eine Mnsteralpenwirthschaft. Er erwarb Häuser und Wein- 
gärten. Aber seine Hinneigung zum Protestantismus, wel- 
cher seiner Zeit auch imter den Conventherren Anhänger 
zählte und das Ende des einst so berühmten Nonnenklosters 
zu Admont herbeiführte, zwang ihn in Folge zweimaliger 
Eeligionscommissionen zur Abdankung im J. 1568. Er 
starb 1575. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass schon 
zur Zeit des Abtes Christof das Lutherthum in Admont 
spuckte, unter Abt Amand im Stillen fortwucherte rmd dann 
immer kühner das Haupt erhoben hatte. 

Nach Valentins Rücktritte wru-de der Subprior von 
Sittich, Lorenz Lombardo, ein Cistercienser , von der ge- 
mischten Visitationscommission als Abt eingesetzt. Auch 
ihm gelang es nicht, das Kloster von sectischen Mönchen 
ganz zu reinigen. Unter dem Titel „Protectores" hatte 
die Regierung einen weltlichen ßeaufsichtigxings-, richtiger 
Vormimdschaftsapparat für Admont geschaffen, welcher 
auch die Intentionen xmd Kräfte eines besseren Abtes zu 
lähmen geeignet gewesen wäre. Die alten XJebel, welche 
am Mark des Hauses zehrten, Anlehen, Kriegsrüstung, 



— 58 — 

ScliTildeii- und Steuerlast, Niederliege q der klösterlichen 
Zueilt, minderten sich, niclit. Dazu kamen Elementarereig- 
nisse, besonders üeberscli-wemmungen, welche das Stift 
und seine Unterthanen hart schädigten. Unter Aht Lorenz 
gingen die Güter in Oesterreich, Kärnten und Salzburg 
verloren. Lorenz verzichtete auf die Prälatur und sein 
dem Stifte ebenfalls aufgedrungener Nachfolger, Polydor 
von Mantegnano, an der Möglichkeit der Heilung so vieler 
"Wunden verzweifelnd, folgte 1581 diesem Beispiele. Mit 
ihm endet sich die achtzigjährige Leidensepoche desBlasien- 
stiftes und mit dem Abte Johann IV. konnte man das erste 
Aufleuchten einer schöneren Zeit begrüssen. 

Die Aehte von 1581 Ms 1718. Johann Hof mann aus 
dem Stifte St. Lambrecht hatte seine Studien zum Theil 
in Italien gemacht, wohin er auch als Abt mehrmals reiste 
und stets in nahen Beziehungen zu den grossen und ge- 
lehrten Männern dieses Landes blieb. Er richtete sein 
Augenmerk auf zwei Punkte, die finanzielle Lage und die 
reguläre Zucht des Klosters. Um die schreiendsten Gläubiger 
zu befriedigen, musste er die Probstei Mautern und den 
Zehenthof zu Lobming verkaufen. Durch weise Sparsam- 
keit und Ausnützung aller Hülfsquellen gelang es ihm, den 
grössten Theil der Schulden zu zahlen, die Kainacher 
Gülten im Ennsthale zu kaufen, grossartige Bauten im 
Stifte, zu Gallenstein, Admontbüchel und im Hofe zu Graz 
zu bewerkstelligen, anständige Summen dem Landesfürsten, 
mehreren Erzherzogen und der Landschaft vorzustrecken 
und den Kirchenschatz des Stiftes zu vermehren. Er baute 
Kirche und Pfarrhof zu Johnsbach, die Kirche zu Mautern 
und liess ein Hörn werk auf einem der Stiftsthürme an- 
bringen. Er übernahm wichtige kirchliche und politische 
Missionen. Er visitirte das Stift Neuberg und war Ad- 
ministrator von St. Lambrecht. Er musste über das Berg- 
wesen zu Eisenerz Erheb imgen pflegen, erhielt den ehren- 
vollen Auftrag, die Prinzessin Anna, Tochter des Erzherzogs 
Karl, ihrem Bräutigam König Sigmund III. von Polen zu- 
zuführen und im Namen des Salzburger Erzbischofs eine 
Tochter des Erzherzogs Carl, Maria Magdalena, aus der 
Taufe zu heben. Er unterdrückte eine gefährliche Revolte 
der Eisen- und Holzarbeiter und traf energische Yerthei- 
digungsanstalten gegen den oberösterreichischen Bauern- 



— 59 — 

aufstand und den drohenden Einfall des Passauer Volkes. . 
Unter vielen holien Gästen bewirthete er auch den Cardinal 
Aldobrandini, den nacbmaligen Pabst Clemens VIII., in 
seinem Stifte. Auf sein Ansuchen machte Pabst Paul V. 
die Abtei Admont aller Privilegien der Congregation von 
Montecasino theilhaffcig. Abt Johann legte den ersten Stein 
zum Capuzinerkloster in Brück. Den Jesuiten zu Leoben 
schenkte er die Johanneskirche daselbst und 10,000. /. 
Johann war eines der vorzüglichsten Häupter nnd ein Leiter 
der Gegenreformation und sein Eifer brachte ihn mehrmals 
in Lebensgefahr. Zur Erinnerung an sein diesbezügliches 
Wirken -wurde eine Medaille geprägt. Unter ihm blühten 
wieder Ordensgeist, Wissens chafb und Kunst im Stifte. 
P. Theodosius Lang schrieb eine unter dem Namen Saalbuch 
No. 1 bekannte Geschichte des Klosters. Die Schulmeister 
zu Admont waren gelehrte Männer und besonders die Musik 
fand würdige Vertareter. Johann starb 1614. 

Das von ihm _so ruhmvoll begonnene Werk der Re- 
generation setzte sein Nachfolger Mathias Preininger 
mit gleicher Kraft und glücklichem Erfolge fort. Er war 
ebenfalls aus dem Stifte St. Lambrecht. Er baute die 
Stiftskirche im Geschmacke seiner Zeit, wobei freilich der 
Kreuzgang und die Denkmale vieler Aebte und Wohlthäter 
verloren gingen. Der Umbau der Veste Gallenstein und 
der Ankauf der Hammerwerke zu Trieben fallen in seine 
ßegierungszeit. Am Dietmannsberge wurde auf Kupfer ge- 
baut. Er löste die verpfändete Probstei Elsendorf in Bayern 
zurück, lieh zu Staatszwecken bedeutende Summen und 
setzte die Landesgrenzen 1619 gegen Karl Jörgen und 1626 
gegen die aufständischen Bauern in Vertheidigungsstand, 
Der Ruf klösterlicher Zucht hatte sich wieder befestigt. 
Der Stiftspriester Jakob Herzinger wurde als Prior nach 
Ossiach gesendet. Mathias errichtete eine lateinische Schule 
im Stifte; die Bibliothek wurde 1619 in einem Visitations- 
protokolle als gross und reich an alten Werken geschil- 
dert. Auf Anregung und mit Unterstützung unsers Abtes 
gab Raphael Sadeler die Cura pastoralis Gregorii Magni 
zu München im Druck heraus. Mathias sorgte auch für 
die Verbreitung der Bienenzucht. — Sein Nachfolger Urban 
Weber (Textor) kaufte die Herrschaften Strechau, Thalhof 
und Graffenegg, baute die schöne Hofgallerie zu Strechau, 



— 60 — 

die Prälatur uud das Gastgebäude im Stifte, den West- 
tract des Hofes zu Graz, das Schloss Röthelstein und die 
Kirchen zu Hall und St. Martin bei Graz. Er erwarb das 
Hammerwerk Klamm ; unter ihm entstanden die Barbara- 
kapelle in der Stiftskirche, der sogenannte steinerne Saal 
mit den Standbildern deutscher und österreichischer Herr- 
scher und ei?ae neue Bibliothek, welcher er eine ansehn- 
liche Dotation zuwies. Er ist der Schöpfer des grossen 
und schönen Stiftsgartens. Er liess die Gebeine des Erz- 
bischofs Gebhard in eine neue Gruft übertragen, ebenso 
die TJeberreste der Aebte Gottfried I. und Irimbert. Zu 
Winklern gründete 1652 der stiftische Verwalter Thomas 
Langanger die Kapelle Maria -Altötting, welche er dem 
Kloster schenkte, Abt TJrban war Präses der Salzburger 
Benediktiner-CongregationundArchidiakonim.Enns-,Palten- 
und Liesingthäle. Letztgenaraite Würde bekleideten nach 
ihm alle Aebte bis zur josefinischen Zeit. Der Staat- 
war dem Stifte nach und nach 280 000 /. schuldig ge- 
worden; der Abt schenkte den grössten Theil dieser Summe, 
Das Stift war unter ihm die Zufluchtsstätte zahlreicher 
dm-ch die Schweden vertriebener Prälaten, Priester und 
ISIoimen. Dem Rufe des Kaisers, eine Sendung nach Polen 
zu übernehmen, wich er durch ein Adjutum von 10,000/. 
für die Kosten der Gesandtschaft aus. Der Salzburger 
Universität schenkte er das Gut Münnichstein. Er refor- 
mirte die Schulen zu Admont und errichtete ein Convict 
daselbst. TJrban starb 1659. 

Wie TJrban wurde auch der nachfolgende Abt Raimund 
Baron Rehling vom Stiftscapitel kanonisch erwählt. Er 
war ein gottesfürchtiger Mann, streng gegen sich selbst,, 
aber prachtliebend, wenn es galt, das Ansehen seiner Würde 
und der Abtei nach Aussen zu repräsentiren. Er verwendete 
enorme Summen auf Bauten, Kunstwerke und Kirchen- 
schmuck, so dass der Convent sich veranlasst sah, ihn zur 
Sparsamkeit zu mahnen. Er bewirthete mit nie gesehener 
Pracht den Kaiser, den Erzherzog Leopold Wilhelm, den 
Nuntius und die Gesandten von Spanien und Venedig im 
Schlosse St. Martin. Den Edelsitz Grafenegg verschenkte 
er an eiaen seiner Verwalter. Die Bergbauten zu Schlad- 
ming und im Edelgraben verschlangen grosse Summen. 
Er errichtete eine Pulverfabrik zu Admont und da geschah 



— 61 — 

es, dass ein Pulvertiiurin mit 22 Centnern Schiesspulver 
hart an der Mauer des Klostergartens in die Lnft flog, 
ohne besondem Schaden anzurichten. Kaimund errichtete 
zu Johnsbach eine Pfarre, baute die Kirche zu Ardning und 
den Pfarrhof zu Gaishom, den prachtvollen Pavillon im 
Conventgarten, errichtete den schönen Brunnen im Stifts- 
liofe und legte Teiche und Pischbehälter an. Er vertrat 
den Nuntius bei der Abtwahl zu St. Lambrecht und 
visitirte das Nonnenkloster Studenitz. Aus Anlass der 
Türkengefahr nahm er 1664 das Gelübde der Stände Steier- 
marks entgegen, den Vorabend vom Feste der unbefleckten 
Empfängnis als Fasttag im ganzen Lande begehen zu 
-wollen. Er verkaufte die Probstei Elsendorf an das Kloster 
Hobenwart, legte den Grundstein zum Franziskanerkloster 
zu Mautern, taufte einen Sohn des Fürsten von Eggenberg 
und hatte die Ehre, dem Cardinal Bernhard, Markgrafen 
von Baden, Gastfreundschaft erweisen zu können. Eaimund 
war auch literarisch, thätig und hat eine „Relatio logica" 
im Druck erscheinen lassen. Der Admonter Capitular 
P. Marcellin Breimann verfasste eine Chronik des Klosters 
Goess. 

Nach. Raimund bestieg ein ausgezeichneter Mann, 
Adalbert Heufler von .Rasen, den äbtlichen Stuhl. Er 
batte (wie nach ihm noch 14 Admonter) die theologische 
Lehrkanzel an der Salzburger Universität eingenommen 
•und war Statthalter des Pürstabtes von Fulda xmd Kempten 
gewesen. Er baute die grossen Getreidehallen zu Admont 
und Trieben, die herrliche Marienkirche zu Frauenberg, 
den Capitelsaal im Stifte, legte grossartige Teiche an, 
Hess durch Medard Reig Kanonen für das Schloss Röthei- 
stein giessen, kaufte das Hammerwerk Stegmühl und be- 
reicherte die Stiftskirche mit prachtvollen Ornaten. Für 
die Pfarre Leoben erhielt er vom Erzbischofe jene zu 
Gröbming. 1695 erbaute der Stiftspriester Modest Preven- 
huber die Kapelle St. Anna am Lavantegg. Während des 
Türkenkrieges befestigte und bewachte er die nach Oester- 
reich führenden Pässe und fungirte als Kriegscommissär. 
Im Stifte fanden Hunderte von flüchtigen Ordensleuten 
gastliche Aufnahme. Zur „Türkenhülfe" steuerte er 20,000 /. 
bei. Man nannte ihn das Orakel der Steiermark, so sehr 
war sein Rath geschätzt. Die Aemter eines Statthalters 



— 62 — 

der innerösterreicliisclien Lande und eines Kammerpräsi- 
denten schlug er aus. Er starb 1696 und wurde in der 
Kirche zu Prauenberg begraben. Unter diesem Abte schrieb 
der Stiftspriester Edmund Mamiscor einige ascetische und 
juridische Werte, und auch der Prior Friedrich Schumius, 
ein heiligmässiger Mann, hatte eine Unterweisung für 
angehende Ordensmänner geschrieben. 

Den zwei Aebten Gottfried Baron Gold von Lampoding 
und Marian Lendlmayr war nur eine kurze Frist (1696 
bis 1707) für ihr Wirken gestattet. Gottfried erbaute die 
zwei Thürme zu Frauenberg. Kaiser Leopold, an dessen 
Hofe er öfters in wichtigen Angelegenheiten der Landschaft 
verweilte, nannte ihn den gottesfürchtigsten Prälaten. 
Gottfried zeichnete für den Staat ein Anlehen von 22,700 /. 
Zu seiner Zeit starb P. Ignaz von Glavenau, dessen Werke 
unter dem Titel „Ascesis posthuma" im Drucke erschienen. 
Auch Abt Marian war Schriftsteller und er übergab acht 
Werke theologischen und philosophischen Inhaltes der 
Presse. Er vollendete das schon von Gottfried begonnene 
Gebäude für die lateinischen Schulen in Admont, baute 
die Kirche zu St. Nikolai in Sausal und die Josefikapelle 
in der Stiftskirche. — Abt Anselm Luerzer von Zechenthal 
(1707 — 1718) war Doctor der Theologie, apostolischer 
Protonotar und Com es Palatinus. Er erwarb Güter zu 
Mautern und Wald, Weingärten zu Luttenberg und Rad- 
kersburg, baute die Kirche zu Palfau, das Schlösschen im 
Brunn, vollendete den nördlichen Stiftsthurm, errichtete 
das Marienmonument vor dem Klosterthore , das Hof- 
gärtchen mit seinen Statuen, ein Theater und führte die 
Fusswaschung an Armen am Gründonnerstage ein. Er 
gründete eine theologisch- philosophische Lehranstalt im 
Stifte, versah die Pfarrer mit reichen Bibliotheken und 
übergab als Commissär das Stift Rottenmann den Kano- 
nikern von Yorau. Vom Kaiser erhielt er ein Brustkreuz 
und von der Landschaft ein Pastoral. Unter ihm wurde 
der Admonter Placidus von Andrian Abt zum h. Kreuz bei 
Ofen, und wirkten auf literarischem Felde Rochus Schroz 
und Hermann Mörz. 

Die Aebte von 1718 Ms auf unsere Zeit. Einer der 
verdienstvollsten Aebte war Anton von Mainersberg. Er 
baute oder erweiterte die Kirchen zu Wildalpen, Oeblarn, 



— 63 — 

St. Martin an der Salza, St. Gallen, Kallwang, Mautern, 
Hall und St. Jakob in Freiland und die Schlösser Gstadt 
und Razerhof. Er begann den umbau des Stiftsgebäudes 
und des Bibliotbeksaales und versah, die Kirche zu Frauen- 
berg mit einem neuen Hochaltar. Er bestellte und kaufte 
Gemälde, Kupferstiche und Werke der Goldarbeiterkunst, 
darunter einen silbernen Tabernakel im Gewichte von 
113 Mark. Der Laienbruder Benno Haan fertigte die 
prachtyollsten Handstickereien. Unter Abt Anton florirte 
der Bergbau und im Kupferwerke Kalwang waren allein 
über 200 Knappen beschäftigt. Anton administrirte 1737 
die Abtei St. Lambrecht, fungirte im Namen des Pabstes 
als Pathe bei der Taufe eines Sohnes des Grafen Welfers- 
heimb und hatte die Ehi-e, 1747 den Kaiser Franz I. und 
den Prinzen Karl von Lothringen als Jagdgäste in den 
stiftischen Wäldern bei Wildalpen zu begrüssen. Einen 
Bauernaufstand im Ennsthale stillte er durch energische 
Anstalten und gütige Unterredung. Eine dreimalige An- 
leihe des Staates forderte vom Stifte die Summe von 
80,796 /. Abt Anton war für seine Person die verkörperte 
Ascese und legte sich die schwersten Kasteiungen auf, die 
zum Theile erst nach seinem Tode 1751 bekannt wurden. 
Zu seiner Zeit lebten im Kloster Alanus Pfeifer, der neun 
theologische Werke dnicken liess, und Carlmann Tierholz, 
welcher Predigten herausgab, den ,^Annus Benedictinus" 
verdeutschte und eine Apologetik des Ordens handschrift- 
lich hinterüess. 

Abt Matthäus Ofner (1751—1779) baute das jetzige 
Schloss in der Kaiserau, den Pfarrhof in Sausal, die durch 
Feuer zerstörten Kirchen- und Pfarrgebäude zu Mautem, 
die Schulhäuser zu Kammern, Wildalpen, Lorenzen und 
Gaishorn. Die deutsche Schule zu Admont wurde zum 
Eange einer Normalschule und das Hausgymnasium zu 
dem eines kaiserlichen erhoben. Matthäus war Superior 
der Missionen im Ennsthale, machte im Namen der Regie- 
rung persönlich eine Anleihe zu Genua, wobei er selbst 
für 41,000 /. Bürgschaft leistete, und hatte schon früher 
45,000 /. dem Staate voigestreckt. Er kaufte das Amt 
Waltenbach bei Leoben, Weingärten zu Radkersburg, gab 
dem Markte Admont eine Feuerlöschordnung, betheilte in 
den Jahren der Noth die Unterthanen mit in Ungarn auf- 



— G4 — 

gekauftem Getreide und Hess denselben im Stiftsjubeljalire 
1774 die Zelientrückstände nach. Eine im Stifte aus- 
gebrocliene Feuersbrunst gab ilim Anlass zu einer noch 
jetzt jährlich -wiederkehrenden Votivprozession nach Frauen- 
berg. Er vollendete durch die Maler Bartholomäus Alto- 
monte und Job. Gr. Dallicher die Ausschmückung des herr- 
lichen Bibliotheksaales. Unter ihm schrieb P. Bernhard 
Starch historische und poetische Werke, P.Bonifaz Schrazen- 
thaler eine Geschichte des Stiftes und componirte P. Andreas 
Siberer Messen. Der Laienbruder Simeon Grillenauer malte 
nicht ohne Geschick auf Pergament. — Unter dem Abte 
Columban von Wielland (1779— 1787)wurden in Folge der 
josefinischen Reformen neue Seelsorgestationen (Curatien) 
zu Hall, Weng, Oeblarn/ Altenmarkt, Tonegg, St. Martin, 
Ardning, Traboch, Altötting, St. Jakob in Windischbüheln, 
St. Georgen an der Pessnitz und Unter-St. Kunegund er- 
richtet. Das Stift musste grösstentheils auf seine Kosten 
die Pfarrhöfe und Schulhäuser bauen, neue Kirchen, her- 
stellen oder die alten erweitem. Schon hatte Josef IL 
1785 die Aufhebung des Stiftes decretirt, als die Hof kanzlei 
geltend machte, es seien Verwicklungen mit dem Hoch- 
stifte Salzburg, welchem der Kaiser die Erhaltung Admonts 
zugesichert hatte, zu besorgen. Hierauf beschränkte der 
Monarch die Zahl der Conventualen und forderte die Ab- 
fuhr des Ueberschusses des Stiftseinkommens an den ße- 
ligionsfond. Das Admonter Gymnasium wurde nach Leoben 
übertragen, aber vom Stifte besetzt und erhalten. Columban 
kaufte das Amt Stanetinzen und Hess durch Franz Chrismann 
eine Orgel mit 44 Registern und 3000 Pfeifen in der Abtei- 
kirche aufstellen. Der Stiftspriester Michael Seitz schrieb 
eine Chronik des Hauses. 

Abt Gotthard Kugelmayr, welcher zu Rom den nach- 
maligen Pabst Pius VII. zu seinen Lehrern zählen konnte, 
■war ein gelehrter und weltgewohnter Mann der feinsten 
Formen. Für Wissenschaft und Bodencultur, für gemein- 
nützige und humane Zwecke that er viel, mehr, als dem 
stiftischen Säckel frommte. Er baute die Kirchen und 
Pfarrhöfe zu Gams und Kleinsölk, kaufte ein Steinkohlen- 
werk zu Fohnsdorf und Eisenwerke zu Liezen, errichtete 
ein schönes Haustheater und nahm werkthätigen Antheil 
an der Anlegung des Wiener- Neustädter- Canales, an der 



— G5 — , 

Gründung des Joanneums, der ersten Sparkasse und der 
Landwirfcliscliaftsgesellschaft zu Graz. Gottlaard erhielt vom 
Kaiser den Leopoldsorden und den Titel eines geheimen 
ßathes. Die französischen Invasionen mit ihren unerschwing- 
lichen Contributionen, die dadurch erhöhten Staatsforde- 
rungen, Missjahre, das Finanzpatent von 1811 und dazu die 
nobeln Passionen des Abtes, welcher die ökonomische Regie 
in die Hände weltlicher und unredlicher Leute legte — 
dieses Alles brachte das Stift an den Band des Verderbens 
und nöthigte Gotthard 1818 zur Abdankung. Hierauf führte 
der Abt von Renn Abund Kuntschak einige Zeit (1818 bis 
1823) die Administration. Nach dessen Tode wählte das 
Capitel Benno Kreil zum Administrator. Jahre der Sorge 
und der angestrengtesten, Thätigkeit gingen dahin, bis er 
dem Capitel die freudige Versicherung geben konnte, dass 
sein Rettungswerk gelungen sei. Er wurde 1839 zum Abt 
erwählt. Unter ihm erhielt das Stift die Leitung imd Be- 
setzung des Gymnasiums und Convictes zu Graz, nachdem 
schon früher (1820) das Admonter Gymnasium nach Juden- 
burg übertragen worden -war. Benno baute den Maierhof 
und die Trischmaschine, welche ein Raub des Feuers ge- 
worden waren. Am Nationalanlehen (1854) betheüigte sich 
das Stift mit 115,000 /. Die Aufhebung des Unterthanen- 
verbandes und der Zehente und die Waldservitutenablösung 
lähmten des Abtes weitgreifende Pläne für ConsoHdirung 
des stiftischen Wohlstandes. Er hatte die grosse Civil- 
verdienstmedaille und das Ritterkreuz des Leopoldsordens 
erhalten und auch seine Secundiz erlebt. Alter und Ge- 
brechlichkeit bewogen ihn 1861 zm* Resignation, worauf 
Carlmann Hieber zum Administrator xmd 1863 zum Abt 
erwählt wurde. Dieser, der durch seine Wirksamkeit im 
Schulfache zu Augsburg, Judenburg und Graz einen ge- 
achteten Namen sich erworben und mit dem Ritterkreuze 
des Franz-Josefordens geehrt worden war, musste eine der 
unheilvollsten Katastrophen erleben, die je über das Haus 
des h. Blasius hereingebrochen waren. Am 27. April 1865 
zerstörte eine Feuersbrunst nebst 19 Häusern des Marktes 
und der Amanduskirche das Stift sammt der Kirche. Von 
den zerstörten Objecten nennen wir die Orgel Chrismanns, 
das Refectorium, den grünen Saal mit den Gemälden Ku- 
petzkys , den steinernen Saal mit den Standbildern der 

Ein BeiiedU;tinerbiicli. 5 



— 66 — 

Habsburger, die Prälatur, das physikalisclie und natur- 
historische Cabinet (mit Mineralieusammlung, Herbarien, 
Kunstwerken und Antiquitäten), das Haustheater und da& 
Arcbiv. Die Bibliothek wurde gerettet. Der materielle 
Schaden belief sich über 800,000 /. Nur der schnellen und 
werkthätigen Unterstützung von Seite allerhöchster und 
hoher Personen, von Seite befreundeter Stifte und so vieler 
Privatpersonen, denen das Unglück einer mit der Landes- 
geschichte so innig verwebten und um die Cultur der 
Heimat so hoch verdienten Abtei alte Sympathien erweckte, 
ist es zu verdanken, dass Carlmann in kurzer Zeit die 
Stiftsgebäude (freilich in beschränkterer Art) wieder wohn- 
lich einrichten und einen schönen Dom im einfach edlen, 
gothischen Style erheben konnte. Aber er erlebte nicht mehr 
die Einweihung desselben. Ein durch Gram und Sorge 
vermehrtes Herzleiden brachte ihm 1868 den Tod. Seinem 
Nachfolger, dem Herrn Abte Zeno Müller, blieb die Auf- 
gabe, das Innere der Kirche zu vollenden und für einen 
würdigen Schmuck des Münsters Sorge zu tragen. Das& 
er dieser Aufgabe im vollsten Maasse gerecht geworden 
ist, wird die nachfolgende Beschreibung der Kirche dar- 
thun. Abt Zeno bewirkte den Wälderabtretungsvertrag mit 
der Innerberger Actiengesellschaft, wodurch ein durch Jahr- 
hunderte dauernder Streit endlich zum Abschluss gelangte 
und errichtete eine Weissblechfabrik in Trieben. Möge 
stets ein guter Erfolg seine wohlmeinenden Bestrebungen 
krönen ! 

Admonts Schriftsteller in diesem Jahrhundert. Abt 
Gotthard trug sich mit der Idee, Admont in eine Gelehrten- 
Akademie zu verwandeln. Er beförderte daher die wissen- 
schaftliche Ausbildung seiner Capitularen. Diese Anregung 
trug ihre Früchte und seit jener Zeit waren und sind stets 
zu Admont Männer, welche das Feld literarischer Thätig- 
keit betraten. Wir müssen uns begnügen, deren Namen,, 
das Jahr ihres Todes und die wissenschaftlichen Fächer 
zu verzeichnen, welchen sie ihre Studien imd Feder ge- 
weiht haben, und bemerken nur noch, dass jene noch am 
Leben sind, deren Namen keine Jahrzahl in Klammer bei- 
gefügt ist. Das Feld der Theologie bereicherten: Cölestin 
Keppler (1858) und Anselm Purgleitner (1863). Ueber 
Katechetik und Pädagogik schrieb Constantin Keller (1864), 



— 67 — 

über Kirchenreclit Ottokar von Gräfenstein. Im Fache der 
Homiletik versuchten sich Gerald Lehnert (1858) und Gott- 
fried Schrotter (1873). Philosophie nahmen zum Vorwurf 
Alexander Kaltenbrunner (1854) , Dominik Busswald (1862) 
und Hdephons Sorg (1874). Profan- und Eirchengeschichte 
(Hausgeschichte) fanden Vertreter in Placidus Sartore (1809), 
Urhan Ecker (1841), Albert von Muchar (auch Liturgik, 
klassische Philologie und Topographie, 1849), Gregor Fuchs 
(1878), Eichard Peinlich (auch Homiletik und Poesie), Jakob 
Wichner, Florian Kinnast und Theodor Gassner (1877). Die 
Natturwissenschaffcen wurden gepflegt von Basilius Matzke 
(Chemie, 1809), Engelbert Prangner (1853), Tbassilo Wei- 
mayr (auch Topographie und Poesie, 1874), Guido Schenzl 
und Gabriel Strobl. Als Botaniker machten sich — wenn 
auch nicht literarisch thätig — einen geachteten Namen 
Ulrich Speckmoser (1848), Ignatz Somerauer (1854) und 
Moriz von Angelis. Meister im lateinischen Versbaue war 
Benedikt Stadelhofer, der auch grosse bibliographische 
Kenntnisse verwerthete (1804). Die musica sacra und der 
Volksgesang wurden cultivirt von Anton Stenitzer (1797), 
Philipp Pusterhofer (1804), Leonides Kaltenegger, Otmar 
Berger und Josef Pirstinger. Ueber Weinbau schrieb Vincenz 
Schwarzl (1851), über lateinische Sprachwissenschaft Victorin 
Weinreiter (1849), über Rhetorik Edmimd Rieder (auch 
lyrischer und dramatischer Dichter, 1868) und auf germa- 
nistischem Felde leistete Vorzügliches Virgil Käferbäck 
(1877). 

Lehranstalten. Bis auf die neuere Zeit hatte das Stift 
das Recht der Besetzung an den Gymnasien zu Graz imd 
Judenburg. Die politisch -administrative Neugestaltung 
Oesterreichs löste auch jenes Verhältnis. Jetzt wirken 
nur noch drei Professoren aus Admont am Grazer Gymna- 
sium, während das Judenburger schon längst aufgehoben 
ist. Ein Profess des Stiftes ist am Realgymnasium in Leoben 
angestellt. Ein Capitular bekleidet die Stelle eines Di- 
rectors der meteorologischen Reichsanstalt zu Buda-Pest. 
Im Stifte selbst ist eine Gymnasial-Hauslehranstalt für die 
Sängerknaben und eirdge andere Zöglinge, deren Gesammt- 
zahl jetzt zwanzig beträgt. Eine Volksschule, welche früher 
vom Stifte ganz erhalten wurde, geniesst jetzt schöne Unter- 
richtsräume im Kloster nebst Beleuchtung. Die Lehrmittel 



— 68 — 

bestreitet zum Theile das Stift und die Lehrer erhalten 
von demselben theils freie Wobnung, theils den Bezug 
oder Genuss von Naturalien. Ferner besteht im Stifte eine 
theologische Lehranstalt, welche das Recht besitzt, staats- 
giltige Zeugnisse auszustellen. An derselben studiren auch 
die Kleriker des Stiftes St. Lambrecht. Das Sängerknaben- 
Institut unter der Leitung des verdienstvollen Regenschori 
P. Marian Berger trägt viel zur Pflege echt kirchlicher 
Musik bei. Bei dieser Gelegenheit nennen -wir auch einen 
der besten Organisten Oesterreichs, den jungen Stiftspriester 
P. Yictorin Berger. Das Stift zählt unter seinen Mitgliedern 
drei Doctoren der Theologie, einen der Philosophie, viele 
von geistlicher und weltlicher Seite mit Titeln, Orden und 
Ehrenzeichen ausgezeichnete Männer, Mitglieder gelehrter 
und gemeinnütziger Vereine und zwei Jubelpriester. Seit 
vielen Jahren werden auch im Stifte regelmässig meteoro- 
logische Beobachtungen gepflogen und deren Resultate dem 
bezüglichen Reichsinstitute mitgetheilt. 

Seelsorge. Dem Stifte incorporirt und von demselben 
mit Seelsorgern versehen sind die Pfarren Admont (Dekanat), 
Hall, Weng, Frauenberg, Johnsbach, St. Martin an der 
Salza, Oeblarn, Gröbming, -Kleinsölk, Wildalpen, Palfau, 
Garns, Landl, Altenmarkt, St. Gallen (Dekanat), St. Lorenzen 
im Paltenthal, Gaishorn, Wald, Eallwang, Mautern, Kam- 
mern, Traboch, St. Michael, Kraubat, St. Anna am Lavant- 
egg, St. Oswald in Freiland, St. Nikolai in Sausal und 
St. Georgen an der Pessnitz. Auf diesen Stationen werden 
die Pfarrer sammt sechs Kaplänen völlig vom Stifte er- 
halten. Ferner sind Patronatspfarren des Stiftes, aber von 
Weltpriestern besetzt, St. Aegiden, St. Georgen und St. 
Jakob in Windischbüheln, Jaring (Dekanat), St. Leonhard 
(Dekanat), Unter- St. Kunegund und Witschein. 

Besitzungen. HammerwerJce. Weingärten. Oekonomie. 
Seit Aufhebung der Patrimonial-Herrschaften, der Zehente 
xmd Rustikalgebühren, und seit der Servitutenablösung sind 
die Herrschaften mehr eine Last als eine Lust und die 
Herhaltung der Gebäude und die Dotirung der Verwalter 
übersteigen in manchen Fällen den Ertrag. Des Stiftes 
vorzüglichste Besitzungen sind die Schlösser Rötheistein, 
Kaiserau, Gstadt, Zeiring, Admontbühel, Strechau, Thal- 
hof, St. Martin bei Graz, Jahringhof, Razerhof und der 



— 69 — 

Admonterliof in Graz. Gallenstein ist schon lange eine 
Rtiine. Hammerwerke befinden sich in der £lamm bei 
Kottenmann lond zu Trieben ist eine den Fortschritten der 
Technik entspre chende Weissblechf abrik. Die Z erennhämmer 
in der Klamm werden gegenwärtig für Sensenerzeugung 
eingerichtet. Die Weingärten des Stiftes liegen zu St, 
Martin, im Jahringthale, bei Marburg, Eadkersburg, Lutten- 
berg und Pettau. Die Pickerer, Eisenthürer, Stermetzberger 
und Tettenhengster Weine des Stiftes gemessen einen guten 
Eufund werden weit versendet. Die einzelnen Güter haben 
ihre gesonderten Oekonomien. Die Oekonomie in Admont 
selbst (mit dem Alpenschlosse Kaiserau, dem Oberhofe 
und mehreren Hüben) ist eine ziemlich bedeutende. Die 
Zahl des Hornviehes beträgt 180 Stück. Die vorzüglichsten 
Erzeugnisse sind (ausser Schmalz, Butter, Käse und Molke) 
Weizen, Roggen, Hafer (von besonderer Güte) und Gerste. 
Auch Buchweizen gedeiht. Das Gestüte des Stiftes bei 
Wildalpen ist schon längst aufgelassen; doch wird noch 
immer ein starker ausdauernder Pferdeschlag gezüchtet. 
Das Stift unterhält einen eigenen Thierarzt. Der Meier- 
hof ist ein umfangreiches Gebäude und im Kuhstall, der 
100 Schritte Innenlänge hat, stehen die Thiere in vier 
Reihen. Die Obstzucht ist nicht unbedeutend und produ- 
cirt edle Sorten. (Auch Pfirsiche und Aprikosen.) Dem 
Gartenbau wird viele Aufmerksamkeit geschenkt. Dem 
Garteninspector unterstehen ein Gärtner, zwei Eleven und 
zwölf Arbeiter. Der Bienenzucht widmet sich P. Leonides 
Kaltenegger mit grösster Hingebung. Der Prior P. Wilfrid 
Schmidt ist Vorsteher der Landwirthschaftsfiliale Rotten- 
mann. Die Jagden des Stiftes sind zum grossen Theile 
verpachtet. Der Wildstand besteht ausser dem überall vor- 
kommenden Wilde in Gemsen, Hirschen, Fischottern, Dachsen, 
Schild- und Auerhähnen. Fischrechte übt das Stift in der 
Enns, in den vielen Teichen des Admontthales und auf 
dem hohen Tauern und in den Seen bei Wildalpen, Ob- 
dach und Kleinsölk. Hechte, Huchen, Karpfen, Saiblinge 
und Forellen bilden die vorzüglichste Ausbeute. Die Forst- 
producte finden die gewöhnliche Verwendung. Die Be- 
nützung der Torfmoore ist gegenwärtig sistirt. 

Personalstand des Stiftes. Das Stift zählt unter seinen 
Mitgliedern einen infulirten Abt, einen Prior, einen Sub- 



— 70 — 

prior, einen Senior (geboren 1800), 69 Professprieater, drei 
Kleriker, zwei Novizen und einen Laienbruder, 

Wappen des Stiftes und Abtes. Das Wappen der Abtei 
besteht in einer silbernen Raute (Rbombe, Wecken) im 
rotten und einer rothen Raute in silbernem Felde neben 
einander stehend. Der gegenwärtige Abt führt in seinem 
Schilde auf seinen Namen (Müller) anspielend ein Mühlrad 
und darüber ein aufgescblagenes Brevier sammt Kreuz mit 
der Devise: Ora et labora, die Doppelbestimmung des 
Ordensmannes bezeichnend. 

MerTcwürdigJceiten des Stiftes. Ahteikirche. Wir haben 
im historischen Theile nachgewiesen, dass eine Reihe von 
Prunksälen, archäologischen und naturhistorischen Objecten 
nebst vielen Kunstgebilden dem Brande von 1865 zum Opfer 
gefallen sei. Aber auch jetzt noch findet der aufmerksame 
Tourist manches Schöne und Denkwürdige in den Hallen 
des Blasienstiftes. Sein erster Besuch gilt der Kirche, deren 
Thürmepaar schon aus weiter Feme ihn begrüsste. Selbe 
wurde auf den Grundvesten der früheren, daher in den- 
selben Raumdimensionen, durch den Architekten Wilhelm 
Bücher im gothischen Style aufgebaut. An die Portalhalle 
schliesst sich das durch je sechs Pfeiler in drei Schiffe 
getheilte Langhaus. Der um einige Stufen erhöhte Chor 
ist einschiffig mit fünf Seiten aus dem Zehneck endend. 
Die Gesammtlänge der Kirche beträgt 218 Wiener Fuss, 
die Breite 58', die Höhe des Mittelschiffes 63'. Die Thürme 
erheben sich auf den uralten zum Theil romanischen Gre- 
scbossen, setzen oben von dem Quadrat ins Achteck um und 
erreichen verjüngt in eine Kreuzrose auslaufend die Höhe 
von 220'; das Hauptportal wartet noch auf seinen statuari- 
schen Schmuck. Es ist beantragt, über dem Eingänge die 
Statue des Stifters Gebhard, zu Seiten jene der Namens- 
patrone der Erbauer Carlmann und Zeno anzubringen. Im 
Innern der Kirche sind die Pfeilerbasen und Altarstufen 
aus Pignolienstein, die Kapitale und Gewölbschlusssteine 
aus Windischgarstner Sandstein, die Altar- und Kapellen- 
gitter aus Nabresiner Marmor und die sich häufig wieder- 
holenden Ornamente (Maasswerk und Fialen) aus Perlmooser 
Cement gefertigt. Bisher sind ausser dem Hauptaltare 
sechs Seitenaltäre aufgestellt, welche, wie die Kanzel und 
das Orgelgehäuse, ein Werk des Ignaz Prandstetter in 



— 71 — 

Wien sind. Hinter dem Hochaltäre erhebt sich die Statue 
des h. Blasius aus ungarischem Sandstein und auf dem 
Kreuzaltare die aus drei Figuren bestehende Passionsgruppe, 
Beide von dem Tyroler Jacob Gliber. Den Frauenaltar 
zieren eine Madonna von Martin Altomonte und die Me- 
daillons (Mysterien des Rosenkranzes) von Stammel. Drei 
Hauptfenster des Chors enthalten Glasmalereien von Karl 
Schirmer in Graz. (Seenen aus dem Leben der h. Jung- 
frau.) Dieser Künstler stellte auch die übrigen Fenster, 
welche einfach in Arabesken gehalten sind. Hinter dem 
Hauptaltare deckt ein Inschriftstein die Ueberreste des 
Stifters. Die Orgel, ein Werk des Matthäus Mauracher 
in Salzburg, hat 44 Register und 2512 Pfeifen. Beachtens- 
werth ist auch das Taufgefäss und die von Stammel ge- 
fertigte Weihnachtsgruppe (Krippe). Von den acht Thurm- 
glocken wiegt die grösste 88 Centner. Die Sakristei hat 
ein altes Cracifix und einige interessante Schnitzwerke auf- 
zuweisen. 

Paramentensaal. Da für die vorzüglichsten J^este die 
Bekleidung der Altarmensa, die Ornate des Pontificanten 
tmd seiner Assistenz, sowie die Casulen für viele Priester 
von gleicher Farbe nnd Ausstattung vorhanden sind^ so 
stellt sich dadurch schon eine reiche Sammlung der pracht- 
vollsten Stickereien dar. Das Alter dieser Ornate reicht 
in das 16. Jahrhundert hinauf. Wir nennen eine Casula 
von 1519, den Pfingstornat von 1661 und den Weihnachts- 
omat von 1680. Hier sieht man Mitra und Stab des Stifters, 
ein Pastoral, dessen Stab aus dem Stosszahne eines Nar- 
wall besteht^ einen Kelch von 1360, einen Tragaltar von 
1374, ein Ostensorium des 13. Jahrhunderts^ eine 15 Pfund 
schwere Monstranz, eine neue Monstranz in gothischer 
Fprm von Adler in Wien, prächtige Wandteppiche und 
die dem Erzbischofe Thiemo von Salzburg (f 1101) zuge- 
schriebenen zwei Marienbilder aus Steinguss. 

Oratorium. Diese zum Chorgebete der Conventualen 
eingerichtete Kapelle verdient insoferne eine Erwähnung, 
als der Stiftsarchitekt Bücher in derselben seine Studien 
über die gothische Bauart zum ersten Male praktisch ver- 
suchte und verwerthete. In derselben wurde in neuester 
Zeit ein schöner gothischer Altar vom Kunsttischler Pöltl 
in Graz aufgestellt. 



— 72 — 

JBihliofliek. Diese bildet neben der Kirche die Haupt- 
selienswürdigkeit Admonts und ist eine Perle in ihrer Art. 
Sie wird in den Sommermonaten durchschnittlich von 
3000 Fremden besucht. Der Bibliotheksaal nimmt fast 
die Hälfte des Osttraktes ein, ist 223' lang, 44' breit, zwei 
Stockwerkehoch und wirddurcheOFenster erhellt. Der Eiuhm, 
die erste Idee zu diesem grossartigen Bau gefasst und diesen 
begonnen zu haben, gebührt dem Abte Anton von Mainers- 
berg. Matthäus Ofner ist der Schöpfer der inneren Aus- 
schmückung. Zwölf korinthische Halbsäulen aus rothgrauem 
Marmor mit vergoldeten Kapitalen und Basen scheinen das 
Gewölbe der Rotunde zu tragen. An diese Rotunde, welche 
die Mitte des Saales einnimmt, schliessen sich zu beiden Seiten 
je drei oben in Tonnengewölbe auslaufende Abtheilimgen, 
welche in ihrer Gesammtheit den einen Riesensaal bilden 
und auf jeden Beschauer einen überwältigenden Eindruck 
bewirken. Das. Ganze ist in italienischer Renaissance ge- 
halten. Die Bücherschränke sind weiss mit vergoldeten 
Ornamenten und werden durch Karyathiden getrennt, welche 
die vergoldeten Büsten von Gelehrten und Künstlern tragen. 
DerFussboden ist mit weissen, grauen und rothen Marmor- 
rauten belegt. Den Saal, die Rotunde ausgenommen, um- 
läuft oben eine Gallerie mit geschmackvollem, zum Theil 
vergoldetem Eisengitterwerk, deren vier Aufgänge durch 
scheinbare Bücherreihen maskirt sind. DiePlafondmalereien 
(in siebenFeldern), die Künste und Wissenschaften im Dienste 
und Gefolge der Religion darstellend, sind von Barth. Alto- 
monte. In diesem Saale befinden sich vorzügliche Werke 
des Admonter Plastikers Josef Thaddäus Stamme! Diese 
sind: die vier letztenDinge, die Evangelisten, Petrus, Paulus, 
Moses, Elias, Salomos ürtheil, Christus im Tempel und. 
die Statuetten der Weisheit, Wahrheit, Wissenschaft und 
Klugheit. Ueber der nördlichen Thüre sieht man eine 
Kunstuhr, welche mehr als ein Jahr ununterbrochen geht, 
und über dem südlichen Eingange die Alabasterbüste des 
Abtes Matthäus. An den Hauptsaal schliesst sich ein grosses 
Zimmer mit Bücherschränken des 17. Jahrhunderts. Der 
glänzenden Schale entspricht auch der Kern. Die Biblio- 
thek zählt über 900 Handschriften, 800 Inkunabeln und 
80,000 Bände (ohne die Hefte). Indem wir zuerst einige 
Handschriften hervorheben, bemerken wir, dass das be- 



— 73 — 

zügliche Jahrliundert in der Klammer beigefügt ist. Die 
Bibel des Stifters (11), Wörterbuch (9), Origines (9), Evan- 
gelienharmonie (10), Leben des seligen Gebhard und Chronik 
von Admont (12), Admpnter Todtenbuch (12), Missale mit 
prächtigen Miniaturen (13), die Werke der einheimischen 
Aebte Gottfried I., Irimbert und Engelbert (12 — 14), Horaz 
(14), Historia Augusta (15), Josefus Flavius (11), die ganze 
Bibel in Octav (14), Brevier von einer Admonter Nonne 
geschrieben (15), zwei Bibliothekskataloge (14), Eeimchronik 
des Ottokar (15), Bruder Philipps Marienleben (15), die 
heidnische Chronik (Marco Polo) und Loos Salomonis (14) 
und acht Korans. 

Yon alten Drucken nennen wir: Thomas von Aquin 
(1469), deutsche Bibel (1477 und 1483), Consilia Francisci 
de Accoltis (erster Pisaner Druck 1482), Livius (1485), Virgil 
(1492), ein latein. Plato (1491), Teuerdank auf Pergament 
(1517) und derselbe auf Papier mit coloiirten Holzschnitten 
(1519). Sonst enthält die Bibliothek die kostbarsten und 
seltensten Sammelwerke, alte Kupferstiche und Holzschnitte, 
alte spanische, französische und italienische Literatur u. s. w. 

Bas Archiv. Der grosse Brand von 1865 hatte auch 
das Hauptarchiv des Stiftes mit den Diplomen der deut- 
schen Kaiser und steierischen Traungauer in Asche ver- 
wandelt. Das jetzige wurde aus den TJeben-esten des Ka- 
pellen- und Thurmarehives und aus den Urkunden und 
Acten der stiftischen Herrschaften und Pfarren neugestaltet. 
Die Zahl der Originalurkunden beträgt ca. 4000, wovon 
19 dem 12. und 125 dem 13. Jahrhundert angehören. Die 
älteste Urkunde datirt c. 1128, die älteste in deutscher 
Sprache 1290 und die älteste auf Papier 1361. Uniken 
sind das Doppelsiegel des Abtes Rudolf und des Herrand 
von Wildon (c. 1195) und die zwei Siegel des Admonter 
Nonnenklosters und der Priorin. Mit dem Archive ver- 
bunden sind noch einige Sammlungen. So das Münzkabinet 
mit 4000 Stück, die Sammlung von Siegelabdrücken (4450 
Stück), Autographen, Zeitungen (656), Kupferplatten zu 
Vischers steierischem Schlösserbuche. Im Lokale finden, 
sich ferner Porträts der Aebte, Schnitzwerke des Mittel- 
alters, alte Waffen. 

MineraJogisch-hotanisches Mtiseum. Beide Sammlungen 
sind zwar noch in der Zusammenstellung und Ordnung 



— 74 — 

begriffen, sind aber schon jetzt niclit unbedeutend zu nennen. 
Den Grundstock bilden die von P. Thassilo Weimayr ge- 
sammelten Mineralien und das Herbarium des P. Gabriel 
Strubel, welcher -wiederholt Sicilien -wissenschaftlich be- 
reist hat. In Verbindung steht eine CoUection seltener 
ausländischer Käfer und Schmetterlinge. 

Kastengebäude. Dieses steht auf dem Platze der ehe- 
maligen Nonnenkirche und repräsentirt sich mit z-wei Sfcock- 
"werken als stattlicher Bau mit z-wei imposanten Portalen. 
Der grösste Theil des Raumes dient zur Unterbringung 
des Getreides. Im Erdgeschosse eine Kapelle mit "Wand- 
gemälden (St. Rupert) von Leder-wasch, und Sophie von 
Ungarn, Nonne zu Admont, von den Abgesandten ihres 
Bruders Geisa Abschied nehmend. Unter dem Gebäude 
ein zwei Stockwerke tiefer Keller. Einen hübschen An- 
blick bietet auch das im italienischen Style erbaute Mühl-, 
Schmiede- und Bäckereigebäude. 

Stiftsgarten. Dieser mit einem Fläche nraume von mehr 
als 15 Joch zerfällt in den oberen, welcher anständigen 
Fremden zugänglich ist, und unteren oder Gonventgarten. 
Der untere hat beschnittene Buchengänge, einen gemauer- 
ten schönen Pavillon, eine Kapelle des h. Blasius, die schöne 
Lindengruppe bei der Wilhelmshöhe und eine Aussichts- 
warte. Im oberen Garten findet sich eine schöne Kastanien- 
allee, ein ziemlich grosser Teich von Karpfen belebt, eine 
Kapelle des h. Blasius und ein Küchengarfcen mit Glashaus. 
Am Haupteingange eine Steintreppe und Balustrade mit 
den Statuen der Minerva, Flora, Ceres und Diana. 

Kaiserau. Dieses Alpenschloss 4320' über dem Meere 
hat eine Fronte mit 19 Fenstern, einen Balkon mit Aus- 
sicht auf den Dachstein und ein Thürmehen. Der grosse 
Saal und die Zimmer haben Wandgemälde (Jagd- und 
Alpenscenen, Bilder aus der Bibel uad dem Leben des h. 
Benedikt). Grossartige Alpen-wirthschaffc. 

Möthelstein. Schloss des 17. Jahrhuaderfcs mit fünf 
Thürmen. Der Vorhof, in welchem eine mächtige Linde, 
ist von einer mit Schiessscharten und Eckthürmen versehe- 
nen Mauer umgeben. Im Schlosshof ein Falkonet aus der 
Zeit Max I. Der obere Stock enthält einen grossen Saal 
mit Wandtapeten, welche die Besitzungen des Stiftes dar- 
stellen. Die Plafonds und Thüren der Zimmer zeieren schönes 



— 75 — 

Tafel- uud Schnitzwerk aus Zirbelholz. Ziemlicli grosse 
Gemäldesammlung (altdeutsche Schule, Tischbein, Schmidt, 
Sasso Ferrato, Simon de Pesaro). Merkwürdige Oefen. Zu 
ebener Erde Kapelle. 

Armenpflege. Durchreisende wie einheimische Arme 
bekommen täglich in der Stiftsküehe warme Speise. Gewisse 
Parteien werden monatlich mit Mehl und arme Schulkinder 
täglich mit Brot betheilt. Au hohen Festtagen findet eine 
Spende an Fleisch statt. So oft ein Stiftsherr (auch ein 
auswärtiger) stirbt, erhält eüi Armer durch 30 Tage die 
Convehtkost (3 Speisen). Seit undenklichen Zeiten unter- 
hält das Stift stets 12 taubstumme oder blödsinnige Manns- 
personen und giebt ihnen völlige Verpflegung. 

Literatur. Für diejenigen, welche sich ausführlicher 
über die Geschichte und Topographie Admonts unterrichten 
wollen, mögen nachgenannte Werke empfohlen werden: 
Fuchs „Kurzgefasste Geschichte des Benediktiner- Stiftes 
Admont." Graz 1858. — Dasselbe Werk vermehrt durch 
Weimayr: „Versuch einer Topographie des Admontthales." 
Graz 1859. — Weimayr „Der Tourist in Admont." Wien 
1873. — Wichner „Geschichte des Benediktiner- Stiftes 
Admont." Graz 1874—1878. 3 Bände. (Der 4. und letzte 
Band erscheint 1880.) Zu nennen sind noch die Mono- 
graphien über die Admonter Aebte Gottfried I,, Irimbert^ 
Heiarich II. und Engelbert von Gregor Fuchs und Muchars 
Aufsätze in Hormayrs Archiv. Jakob Wichnek. 




Abtei Altenburg. 

as Benediktinerstift Altenburg in Niederösterreich. 
liegt eine Stunde von Hörn in der Nähe des Kamp- 
flusses im sogenannten Boigreich oder Buigreich, 
Der Name Boigreich soll von der Familie der Grafen 
Ton Buige herrühren, welche in dieser Gegend reich begütert 
■waren nnd anch Altenburg gestiftet haben. Der Name der 
Stifterin ist Hildeburg, Wittwe des Grafen von Buige. Diese 
Gräfin Buige erbaute Altenburg und führte 1144 die ersten 
Mönche in ihre Stiftung ein. Sie kamen von S. Lambrecht in 
Steiermark, zwölf an der Zahl, und wählten aus ihrer Mitte 
Gottfried zum Abte. Die edle Stifterin soll nebst einem 
Sohne Hermann zehn Töchter gehabt haben, deren Bild- 
nisse und Namen im Stifte A. aufbewahrt werden, und 
nach einer wohl wenig verbürgten Nachricht hätte sie den 
Abend ihres Lebens in der Nähe ihrer Stiftung in Grosspurk- 
stall zugebracht. Ihre Gebeine ruhen in der alten Stifts- 
kirche im Presbyterium. Die Exequien für sie werden jährlich 
am 4. December gehalten. Ein um die Mitte des 16. Jahr- 
hunderts gefertigtes Gedicht feiert Hildeburg, wie folgt: 
Als ich die althen Schrififten durchlass 
Fandt Ich zum allerersten, dass 
Gestifft ist worden das Closter 
Zu Altenburg In der Ehr 
Lamperti von ainer Frawen Zarth 
gesessen zu Purkhstahl die Warth 
Ein Fraw von Regaw auss Suevia 
Ihr Namb hiess Hildtpurga. 

Diese kleine Stiftung, aus Liebe zu Gott gemacht, er- 
freute sich in der Abfolge der Zeiten sichtlich des Segens 
Gottes, hat sich auch in den schwersten Zeiten erhalten 
nnd obwohl wiederholt ganz zerstört, ist sie doch immer 
wieder aus Schutt und Trümmern von neuem erstanden 
und zu neuer Blüthe gekommen. Der gegenwärtige Abt 
ist der fünfundvierzigste Nachfolger des Protoabbas Gott- 
fried. Das Eloster A. war schon unter den ersten zwölf 
Aebten insbesondere durch Schenkungen, Stiftungen und 




OD 

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+3 






— 77 — 

Ankäufe zu einer nicht unbedeutenden Blüthe gelangt, als 
ea unter Abt Heinricb am Anfange des 14, Jahrhunderts 
durch die Einfälle der Ungarn und Rumänen fast ganz zer- 
stört wurde. Die Erinnerung an den denkwürdigen Sieg 
über diese entsetzlichen Feinde ist in dem „Heidenteich" 
in Altenburg erhalten, weil da die in der Schlacht Geblie- 
benen verscharrt worden sein sollen. Um die Wiederher- 
stellung des Stiftes haben sich die Grafen von Gars grosse 
Verdienste erworben, weshalb sie au.ch als „die zweiten 
Stifter" Altenburgs betrachtet werden. Gertraud nämlich, 
Heidenrichs des Burggrafen, von Gars Wittwe, und ihre 
Tochter Agnes kauften um 600 Pfund Pfennige verschiedene 
Gülten, welche dem Stifte A. gehören sollten gegen fol- 
gende Leistungen. Für ewige Zeiten soll auf dem Frau- 
altare vor der Prim eine heilige Messe für den seligen Ge- 
mahl der Stifterin und seine Vorfahren gelesen werden; 
jährlich soll am Montag vor S. Colomann, im Verhinderungs- 
falle Tags darauf der Jahrtag für den besagten Burggrafen 
begangen, auch an diesem Tage für acht Pfund Pfennige 
Wein, Brot und Fleisch unter die Armen vertheilt werden. 
Vierzig Jahre später gaben die Brüder Albrecht und Leo- 
poldj Herzoge von Oesterreich, um ihres und ihrer Vorfahren 
Seelenheiles willen das Gottesheilsalz, jährlich 60 Fuder, 
1369. Diese Stiftung wurde 1780 sistirt, von Kaiser Fer- 
dinand I. 1837 wieder erneuert. Unter dem Abte Conrad II. 
1649 hatte das Kloster an dem Schrecken jener Gegenden, 
den Hussiten, entsetzlich viel zu leiden. Die Urkunden über- 
bieten sich, den Schreck, welcher diesen Vandalen vorher- 
ging und die entsetzlichen Verwüstungen, welche in ihrem 
Gefolge waren, zu beschreiben. Altenburg wurde fast ganz 
verbrannt, von dem Kloster blieb nur mehr der Tauben- 
schlag über. Die Kirche ward entheiligt, die Orgel zer- 
trümmert und konnte man die Röhren derselben auf dem 
Kirchenpflaster und auf den Aeckern in kleine Stücke zer- 
brochen finden, die Glocken- wm-den geschmolzen, die 
Heiligenbilder durchbohrt und, worüber sich der Chronist 
am_ bittersten beklagt, so weit ging die blinde Wuth der 
Feinde, dass sie die kostbaren Ciborien mitnahmen und 
das heiligste Saki-ament auf den' Boden warfen. Erst nach 
zehn Jalien 1437 reconciliu-te der Sufeagan von Passau, 
Andreas, die Kirche. .Die Vesationen der Hussiten dauerten 



— 78 — 

ater fort und wird insbesondere 1467 von einer totalen 
Zerstörung Altenbnrgs dnrcli Georgs des Böhmerkönigs 
Sohn Victorin, Haereticus zubenannt, berichtet. Doch er- 
holte sich das Stift bald wieder und erhielt Abt Andreas I. 
1511 — 19 Ton Pabst Leo X. 1516 für sich und alle seine 
Nachfolger den usus pontificalium , was sich auf Inful, 
Dalmatik u. s. w. bezieht, da die Altenburger Aebte schon 
ehevor das Privilegium des Pastorales, der Ringe, Hand- 
schuhe und Sandalen erhalten hatten. Dieses Privilegium 
ward für das Stift und alle dem Stifte zustehenden Kirchen, 
über welche der Abt das Präsentationsrecht oder irgend 
welche Superiorität ausübte, gegeben. Dieser erste infulirte 
Abt starb zu früh für sein Stift und hinterliess 14 Capitu- 
laren. In den folgenden wirren Zeiten misste man seine 
umsichtige und weise Leitung schwer. Immer näher kam 
ja der verderben- und unheilvolle Sturm der kirchlichen 
Revolution und die Herren von Purchheim zu Hom sowie 
Erasmus Schnekhenreiter zu Breitenaich suchten aus der 
allgemeinen NothVortheil. Purchheim forderte von Alten- 
burg Mauth, obwohl mehrere herzogliche Privilegien ihm 
Freiheifc sicherten, Schnekhenreiter abverlangt den Stifts- 
unterthanen Robot, sperrt Weiber und Kinder der Prote- 
stirenden ein, treibt den Stiffcsunterthanen ihr Yieh weg, 
nimmt ihnen Maisch und Pferde und verbietet, an das 
Kloster den gebührenden Safranzehent zu entrichten. Dazu 
kamen noch zwei sehr grosse Brände, welche das arme 
Kloster um diese Zeit verheerten. Altenburg konnte die 
zu leistende Kriegssteuer nicht entrichten imd musste den 
„Altenbui-gerhof" in Wien erst verpfänden, dann gar ver- 
kaufen. Die Summen, welche das Stiffc wegen der Türken- 
noth steuerte, sind bedeutend. Um nur ein Jahrzehnt heraus- 
zuheben, lieferte Altenburg 1540: 226 Pfund, 4 Schill., 
26 Pfen.. 2 gerästete Pferde; 1541; 45 Pfund, 2 Schill., 

17 Pfen, 2 ausgerüstete Pferde ; 1544: 376 Pfund, 3 Schill., 
2 Pfen., 1 gerüstetes Pferd; 1546: 313 Pfund, 5 Schill., 
16 Pfen., 3 gerüstete Pferde; 1547: 282 Pfand, 2 Schill., 
14 Pfen., 3 gerüstete Pferde; 1549: 287 Pfund, 2 SchiU., 

18 Pfen.; 1587 stellte Altenburg 18 Mann, 1599 30 Mann, 
1596 60 Manu wohl mit Büchsen, Seitengewehren, Sturm- 
hauben und Dolchen ausgerüstet. Zu gleicher Zeit firass der 
entsetzliche Bauernaufstand die letzten Kräfte des Stiftes, 



— 79 — 

Emem Berichte vom 12. März 1597 zufolge lagerte der 
Kebellenhauptraaim Martin Angerer durch, acht Tage mit 
1000 Mann zu Altenburg. Der grössere Theil der Stifts- 
unterthanen schlug sich zu den Eebellen und bedrängte 
seine Herrschaft. In Folge der fortwährenden Fehden und 
Kriege, der feindlichen Ueberfälle und Zerstörungen, ins- 
besondere wegen des herrschenden Lutherthums war be- 
greiflicher Weise Altenburg sehr im materiellen und geist- 
lichen Wohlstand gesunken und bedurfte es eines klugen 
und tugendhaften Abtes. Einen solchen postulirte man an 
dem Melker Professen Thomas Ziener (1600—1618). Er 
restam-irte das verfallene Kloster und besserte seine Be- 
wohner, hatte aber von Prädikanten imd deren Beschützern 
Hans imd Richard von Puecheim viel zu leiden. Schon dd. 
16. September 1606 reicht er eine Beschwerdeschrift ein, 
dass die Prädikanten frevelhafte TJebergriffe sich erlauben, 
den Stiftspfarrem Taufen und Copulationen wegnehmen 
und dadurch der katholischen Kirche grossen Schaden zu- 
fügen. Hans Jakob Khuefstainer, Herr auf Spitz und Frei- 
herr auf Greilenstein giebt die ins Schloss Greilenstein ge- 
flüchteten Monstranzen, Kelche u. s. w. nimmer heraus. 

Abt Thomas hatte zum Nachfolger Jonas Anser (Gannss), 
ebenfalls aus dem Stifte Melk (1618). Dieser Abt musste in 
den drei Jahren seiner Regierung viel des Bitteren und 
Bösen erleben. Die Protestanten plünderten das Kloster, 
verjagten die Priester und verwüsteten die Güter des Stiftes. 
So raubt 1629 Hauptmann Ardstetten dem Stifte 50 Ec. 
Salz, 12 Stück Tieh, 41 Lämmer, 13 Kälber u. s. w. Am 
22. April desselben Jahres plünderten Oberstlieutenant Hans 
Albrecht von Ardtstetten und Obrist Stetten die Kloster- 
kirche um eine Monstranz, sieben silberne Kelche, 
Ornat, Inful, Levitenröcke u. s. w. , so zwar, dass es nicht 
übertrieben sein dürfte, wenn Abt Jonas schreibt: „Wir 
haben Alle Gott dem Allmächtigen neben unsern Patronis 
höchlich Dank zu sagen, dass dann noch etliche Reliquien 
salvirt worden." Ein heiterer Lichtstrahl für diesen un- 
glücklichen Abt war die Einnahme Horns, wo sich die 
protestantischen Truppen festgesetzt hatten, durch die 
kaiserlichen Truppen. Richard von Puechheim ward ge- 
fangen nach Krumau ins Gefängnis geführt und seine Güter 
confiscirt. Am 22. Februar 1621 hielt Abt Jonas in Hörn 



— 80 — 

seit fast 100 Jalirea die erste katholische Predigt und Messe. 
Die Prädikanten waren schon am 5. Februar abgeschoben 
"worden. Schon 1622 starb dieser Abt, welcher in den engen 
Raum seiner Eegierungszeit Vieles eingefügt hat, zu Wien. 
Sein würdiger Nachfolger war Georg IL Federer, welcher 
zur Zeit der Besetzung des Stiftes ganz allein inmitten der 
Feinde verblieb, während alle Brüder flohen, und den 
Feinden so imponirte, dass sie ihn unangetastet Gottes- 
dienst und Seelsorge ausüben Hessen. Kaum konnte das 
Kloster freier aufathmen und sich in etwas von den harten 
Schlägen, welche es in sehr rascher Folge trafen, er- 
holen, als es die Schweden ganz ausplünderten und ver- 
wüsteten, 1645. Nur ein einziger Priester blieb auch dies- 
mal im Kloster, die Conventualen flüchteten nach Zwettl, 
der Abt nach Melk. Bei dem Tode dieses Abtes zählte 
das Kloster Altenburg Alles in Allem nur neun Mitglieder. 
Sie wählten Benedikt Leiss, einen Melker Profess, Admi- 
nistrator in Wullerstorf, zum Abte. Im Bittgesuche um 
Genehmigung dieser Wahl heisst es, dass ein solcher Mann 
wie Leiss dem Hause noth wendig sei, um es zu retten, 
Altenburg hatte beim Regierungsantritt dieses Abtes 85 /. 
baaren Geldvorrath, dafür aber 11,362 /. Passiven. (Nach 
seinem Tode wies das Inventar nach, dass trotz der auf- 
geführten Bauten die Schulden auf 1100 /. reducirt und bei 
10,000 /. baares Vermögen vorhanden seien. Die Zahl der 
Capitularen war von 9 auf 34 angewachsen.) Abt Benedikt 
war mit der wichtigen und ehrenvollen Mission eines Refor- 
mationscommissärs für das V. 0. M. B. betraut. Am 
12. März wurde mit der Gegenreformation in Krems be- 
gonnen, und schon 1653 war der grösste Theil der Bewohner 
des genannten Viertels bekehrt. Abt Benedikt wurde in 
Wien vom Schlagflusse gerührt und nach seinem Wunsche 
im Schottenkloster begraben. Benedikt hatte seinem Nach- 
folger, dem Prior des Stiftes, Mam-us Boxler, welcher von 
1659 fast ein Vierteljahrhundert ebenso weise als glück- 
lich regierte und unter die verdientesten Aebte Altenburgs 
zählt, tüchtig vorgearbeitet. Abt Maurus restaurirte zu- 
nächst das fast ganz verfallene und zerstörte Stift. Heute 
noch giebt ein grosser Theil des Stiftes, das Conventgebäude, 
die Prälatur und einige Trakte Zeugnis von des Abtes 
Maurus gutem Geschmack und praktischem Urtheile. In 



— 81 — 

<lie Regiemngszeit dieses Abtes fällt auch die ■ grosse Pest, 
welche in Altenburgs Umgebung Viele dahinraffte. Im 
Herbste 1679 schickte Abt Maurus auf Bitten des Schotten- 
abtes einige seiner Brüder in das Schottenkloster in Wien, 
•wo 12 Patres der Pest erlegen waren, und die drei, welche 
nur mehr übrig waren, den Bedürfnissen der Kranken nicht 
genügen konnten. 1663 wurde den Stiftsvorständen in 
Altenburg Befestigung des Klosters anbefohlen, welche 
genau nach den Instruktionen innerhalb eines Jahres ge- 
schehen sollte. Da bei Ablauf der bestimmten Jahresfrist 
die Befestigungen noch nicht vollendet waren, so wurde 
mit grosser Geldstrafe für jede weitere Verzögerung gedroht. 
Natürlich musste die aufs Aeusserste getriebene Rüstung 
gegen den Erbfeind der Christen ganz ausserordentliche 
Opfer seitens der Unterthanen, zumal der Klöster er- 
heischen. Trotz alledem hinterliess doch Abt Maurus 
Boxler 30,000 /. Geld, hatte die Passiven getilgt und die 
Herrschaft S. Marein gekauft. Der um sein Haus hoch- 
verdiente Abt starb am 12. Sept. 1681. Altenburg gab 
zur Erbauung der Festung Arath eiue Beisteuer von 
10,000 /. Dafür verlieh Kaiser Leopold I. am 9. April 
1701 dem Stifte die Filialabtei Tyhan in Ungarn, welche 
1055 von König Andreas für Benediktiner gestiftet worden 
war. Der Altenburger Abt Raimund ernannte seinen Stifts- 
pater Amand Raiyser zum Abt in Tyhan. Doch dieser 
eiste von Altenburg ausgesetzte Abt wai auch der letzte. 
Als er nämlich am 14. Februar 1716 starb, verkauften die 
Altenburger Tyhan an die Martinsberger um 40,000 /., 
weil sie wegen der weiten Entfernung und wegen des 
trostlosen Zustandes der Abtei, die die Türkenkriege und 
die ungarischen Rebellen fast zu einer Ruine gemacht 
hatten, sich nicht zutrauen könnten, die Abtei Tyhan mit 
Erfolg zu verwalten. Doch wurde dieser Pakt von der 
ungarischen Regierung beanstaindet und geltend gemacht, 
Altenburg sei nicht berechtigt zu verkaufen, was die Güte 
des Monarchen ihm geschenkt. Die grossen Summen, 
■welche das Stift für das Vaterland steuern musste (1705: 
10,000 /., 1715: 15,000 /. u.s.w.), zwangen es wiederholt, 
Geld aufzunehmen, so dass Abt Raimund, welcher von 
seiaem Vorgänger Maurus Boxler so wohlgeordnete Finanzen 
übernommen hatte, doch bei 21,000 /. an Passiven hinter- 

Ein Benediktinerbuch. 6 



— 82 — 

Hess. Im Stifte Altenbiirg ist der wohl einzig dastehende 
Fall eingetreten, dass von 1768 — 1875 nur drei Aebte 
regierten, indem die Regierungszeit des Abtes Berthold Rei- 
singer 52 Jahre 5 Monate währte und der letztverstorbene Abt 
Honorius Burger 36 Jahre die äbtliche Würde bekleidete. 
Abt Berthold ist der Gründer der Altenburger Stiftsschule, 
welche in Allem vom Stifte erhalten wird. Als Ersatz für 
die schweren Leiden, welche die schweren Kriege zu An- 
fang unseres Jahrhunderts auch dem Kloster Altenburg^ 
schlugen, feierte Abt Berthold am 20, April 1818 das 
schöne Fest seines 50jährigen Abtthums, zu dessen Ver- 
herrlichung Hoch und Nieder beitrugen. Der Monarch 
erfreute den Jubelabt mit dem Leopoldsorden, wie auch 
insbesondere der österreichische Prälatenstand seinen Senior 
gar besonders ehrte. Der glückliche Abt lebte nach diesem 
herrlichen Feste noch 2 Jahre und 5 Monate, und über- 
lebte eigentlich sein Glück ^ indem noch 3 Monate vor 
seinem Tode der Blitz in den schönen Kirchthurm ein- 
schlug, so dass dieser ganz abbrannte. Wegen der be- 
drängten pekuniären Lage, in der das Stift war, mussten 
bessere Zeiten für den Aufbau des Thurmes abgewartet 
werden, und wurde für jetzt die Brandstätte nur noth- 
dürftigst verschaalt; erst der Nachfolger in der äbtlichert 
Würde, Alois Messerer, konnte den Thurm wieder auf- 
bauen. Der letztverstorbene Abt Honorius Burger regierte, 
wie schon bemerkt, 36 Jahre als Abt das Kloster Alten- 
burg, machte sich durch Verbesserung des Mangelhaften 
•und Anschaffung des Fehlenden um Altenburg sehr ver- 
dient. Er hatte das Glück, im Jahre 1844 das Fest des 
700 jährigen Bestandes des Klosters zu feiern. Durch seine 
bedeutenden literarischen Leistungen hat er sich einen 
geachteten Ruf als Gelehrter verdient. Er gab die Ur- 
kunden Altenburgs heraus und schrieb u. A. auch /eine 
Geschichte des Stiftes Altenburg 1862. Obwohl ihmi Gott 
ein 36 jähriges Abtthum erreichen liess, starb er doch 
der Liebe seiner Untergebenen zu früh am 21. Juli 1878. 
Gegenwärtig zählt das Stift bei 20 Mitglieder, die theils 
in den 9 dem Stifte incorporirten Pfarren als Seelsorger, 
theils auf Weltpriesterstationen zur Aushilfe und in anderer 
Beziehung thätig sind. Recht von Herzen wünschen wir, 
dass treu seiner Vergangenheit des Stiftes Gegenwart und: 



— 83 — 

Zukunft sei, tmd schliessen gerne mit den treulierzigen 
SchlusBWOrten des oben angezogenen Gedichtes: 

Nun woller Wier Gott Bitten mit Begier, 
Das Er vorthan bey diesem Closter 
Erhalth der gelehrten Leith 'viUmehr 
Die dann Zugleich Dem Regimenth 
Und der Kirchen sehr Nutzlich seind. 

CÖLESTm WOLFSÖBÜBEB, 




St. Margaretli in Brevnov und Braunau 
in Böhmen. 

1 1. Margareth liegt zwischen. Prag tmd dem Plateau 
des „Weissen Berges", eine halbe Stunde Wegs 
hinter dem .Eeichsthor, im Orte Brevnov. 

Heute sieht mandembescheidenenHause, dessen 
Bau aus dem vorigen und aus dem Ende des 17. Jahrhunderts 
stammt, das hohe Alter seiner Stiftung und seine ehemalige 
Bedeutung für das Ordensleben und für das ganze Land 
nicht an; Brevnov ist nämlich nicht nur der Stiftung nach 
das erste Männerkloster in Böhmen, sondern es hatte auch 
den Vorrang vor allen späteren Klöstern behalten; seine 
Aebte hatten den ersten Platz neben dem Prager Bischöfe ; 
es selbst hat neue Klöster gegründet und seine Brüder in 
anderen angesiedelt, war zum Haupte und zur Meisterin 
aller in Böhmen und Mähren je zu stiftenden Benediktiner- 
klöster bestimmt worden und hat auch, so lange es eben 
durfte, dieses seines Amtes treu und redlich gewaltet. Das 
hat sich aber nun alles anders gemacht. Es ist schon so das 
Loos mancher Mutter und manches altgewordenen Lehrers! 
In das Verdienst der Gründung unseres Klosters theilen 
sich der Pabst Johannes XV., der zweite Prager Bischof 
Adalbert und Herzog Boleslav II. von Böhmen. 

Boleslavs Schwester Milada hatte nämlich die Errich- 
tung eines eigenen Bisthums für Böhmen beim heiligen 
Vater in Rom persönlich betrieben und um Erlaubnis 
gebeten, in Prag ein Kloster für Benediktiner-Nonnen be- 
gründen zu dürfen, zugleich hatte sie aber auch des Vor- 
habens ihres herzoglichen Bruders gedacht;, in Böhmen auch 
für Männer ein Kloster zu stiften. Milada erreichte den 
Zweck ihrer Reise vollkommen. Das böhmische Bisthum 
kam zu Stande, das Nonnenkloster wurde in der Prager 
Burg gebaut und dem heiligen Georg geweiht (973) und 
zur Gründung eines Männerklosters hatte Boleslav den 
freudigsten Segen des Pabstes erhalten. Der Herzog schien 
es aber mit dieser Stiftung nicht so eilig gehabt zu haben, 




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— 85 — 

wiederholt soll er vom Pabste an sein Verspreclien ge- 
mahnt worden sein, aher ohne Erfolg, bis endlich Pabst 
Johannes eine gute Gelegenheit fand, die Einführung der 
Benediktiner in Böhmen direkt anzuordnen. Das war so 
gekommen. Bischof Adalbert hatte sich seiner unlenk- 
samen Heerde entzogen, war nach Rom gegangen und dort 
ein ganz glücklicher Benediktiner geworden, wurde aber 
über Drängen der reumüthig gewordenen Böhmen von 
seinem Metropoliten zurückbegehrt und vom Pabste auch 
zurückgeschickt, welcher segnend beistimmte, dass den 
heimkehrenden Bischof und Benediktiner-Professen Adalbert 
einige Brüder (es werden 12 angenommen) begleiten, — 
ja er trug dem Bischof und durch diesen dem Herzog von 
Böhmen auf, diesen Brüdern in Böhmen ein entsprechendes 
Kloster zu gründen, und somit den Benediktinerorden in 
unser Vaterland einzuführen. Boleslav war nun auch be- 
reit, und er und Adalbert bauten bei der Villa Bfevnova 
in der Nähe Prags das Kloster gleichen Namens und 
dotirten es gemeinschaftlich 993. Voll Freuden bestätigte 
Pabst Johann XV. diese endlich zu Stande gekommene 
Stiftung, nahm sie unter den Schutz des heiligen Petrus 
und rüstete den neuen Abt und seine Nachfolger mit ganz 
besonderen Privilegien und Vorrechten aus, er nannte 
Bf evnov die Mutter und das Haupt aller in Böhmen noch 
zu errichtenden Benediktinerklöster und bestellte es zur 
Meisterin über dieselben. Zu Patronen hatte Bischof Adalbert 
der neuen Pflanzung die heiligen Bonifacius und Alexius 
gegeben in dankbarer Erinnerung an die seligen Tage, die 
er als Ordensbruder im Kloster dieser Heiligen auf dem 
Aventin verlebt; — zum ersten Abte aber seinen ehemaligen 
Lehrer Eadla (Anastasius, auch Astricus genannt) bestellt. 
Doch genoss er des Trostes des Umganges mit diesem und 
der Andacht der neuen Ansiedlung nicht lange. Adalbert 
konnte seines bischöflichen Amtes in Böhmen nicht froh 
werden. Bald kehrte er wieder zurück in seine Zelle auf 
dem stillen Aventin, und abermals zurückbegehrt und aber- 
mals zurückgeschickt, fand er sich in Folge mittlerweile 
ausgebrochener Verfolgung seiner väterlichen Familie 
Bchßesslich bewogen, von der für alle Fälle schon erhalte- 
nen Erlaubnis des Pabstes Gebrauch zu machen und er 
ging, das Evangelium den Heiden zu predigen. Adalbert 



- 86 -- 

starb als Apostel der Preussen den Märtyrertod an der 
Stelle des heutigen Kaineu (Colouie) bei Tenkitten 997. 

Auch, unser Abt Anastas fand es als Freund der Familie 
Adalberts in Böhmen nicht mehr geheuer; deshalb begab er 
sich mit einigen Brüdern nach Ungarn, wurde Abt des neu- 
gegründeten Klosters St. Martin auf dem heiligen Berge, später 
Bischof, und erwarb sich um das Christenthum in Ungarn 
grosse Verdienste. Unser Martyrologium nennt ihn Beatus. 
Neben Anastas -werden unter den ersten Ansiedlem unseres 
Klosters auch j ene fünf Eremiten genannt (Benedikt, Matthäus, 
Johannes , Isaak und Christinus) , welche 1006 in Polen um 
des Gelübdes der Armuth willen den Martertod erlitten. 

Nach Anastas überkam den Abtsstab Hieronymus. 
Schon unter ihm, und noch mehr unter den nächsten Nach- 
folgern desselben, Gregor und Arsenlus, hatte sich Bfevnov 
seinen Ruhm festzugründen gewusst, denn bereits 1023 be- 
stieg aas hiesiger stiller Zelle Hyzo den bischöflichen Stuhl 
in Prag. Ihm folgte 1030 wieder ein Bfevnover Benedik- 
tiner, Severas, welcher sich 1067 den Ruf der Heiligkeit 
mit ins Grab nahm. 

Auch tief ins Land hinein war Bfevnovs guter Ruf 
gedrungen bis an die Grenze Bayerns, wo der Eremit 
Günther in stiUer Einöde ein strenges Büsserleben führte. 
Günther stammte aus edlem Geschlechte Thüringens, stand 
dem Könige Stephan von Ungarn durch Verwandtschaft 
nahe und war dem Bischöfe Severus und dem böhmischen 
Herzog Bfetislav äusserst lieb und werth. Als er seinen 
Tod nahe fühlte und Bfetislav und Severus ihm tröstend 
zur Seite standen, setzte Günther unser Haus zum Erben 
seines Leichnams ein. Hier fand er seine Ruhestätte vor 
dem Altare des heiligen Stephanus 1045, bis das 15. Jahr- 
hundert mit Bfevnov auch sein Grab zerstörte. 

Gleichzeitig mit Gunthar lebte heiligmässig an der 
Säzava ein anderer Benediktiner-Eremit, Prokop, derWunder- 
thäter Böhmens genannt. In Böhmen geboren, war er 
Priester geworden, war dann in unser Kloster eingetreten, 
hatte da die Ordensgelübde abgelegt, aber mit Zustimmung 
des Abtes später das gemeinsame Leben mit dem einsamen 
vertauscht, imd sich in der wilden Gegend am Flusse 
Säzava niedergelassen. Ueber kurz jedoch war er genöthigt, 
die Einsamkeit mit Anderen zu theilen, welche ihm der 



— 87 — 

laut gewordene Ruf seiner Frömmigkeit als Schüler zu- 
fakrte. Auch Herzog Udalrich, und mehr noch Bretislav 
wurden seine Verehrer. 

Dieser baute und dotirte in jener Gegend ein neues 
Kloster (1039), dessen Regierung Prokop übernehmen musste, 
und dieses ist das Kloster, das später nach seinem ersten 
Abte „St. Prokop an der Säzava" genannt wurde. Hier 
wollte Bf etislav den Mittel- und den Ausgangspunkt eines 
'über sein ganzes Land zu verbreitenden slavischen Ritus 
haben, weshalb er auch, um diesen Plan schneller auszu- 
führen, slavisehe Mönche aus dem Süden Europas berief, 
welche unter Prokops Leitung den Gottesdienst in slavischer 
Sprache feierten, anlehnend an Gebräuche der griechischen 
Kirche. Doch mag's nicht recht zusammen gegangen sein. 
Nach Bfetislavs und Prokops Tode wurden die fremden 
Mönche wieder in ihre Heimat zurückgeschickt, das Kloster 
aber einer Ansiedlnng Bfevnover Brüder übergeben, welche 
alle dem lateinischen Ritus folgten. Säzava blieb eine selb- 
ständige Abtei und errichtete später eine Probstei in Zbyzov. 

Prokop wurde 1204 heilig gesprochen. 

Das ursprüngliche Klostergebäude in Bfevnov war 
nach 50 Jahren seines Bestandes zu klein und unpraktisch 
geworden. Da war es wieder Herzog Bfetislav I., welcher 
Abhülfe traf. Er restaurirte und erweiterte das Kloster, 
baute eine neue grössere Kirche, welche zu Ehren des heili- 
gen Stifters Adalbert geweiht wurde (ca. 1045) und ver- 
mehrte zugleich die Einkünfte des Klosters durch neue 
Schenkungen. Und noch mehr that Bfetislav, er stiftete 
das Kloster Rajgern in Mähren (1048), Hess es von Brüdern 
aus Bfevnov besetzen, jedoch ohne es von der Bfevnover 
Jurisdiction zu befreien, sondern gab es urkundlich unseren 
Aebten zu stetem Besitze und ihnen auch die reichliche 
Dotation in freie Verwaltung, Damals stand unserem Hause 
Abt Mainhard vor. Rajgern blieb als Filiale unter Bfevnov 
bis zum Jahre 1813. Da hatten die Rajgerer Brüder es 
bei der kaiserlichen Regierung in Wien diurchgesetzt, sich 
■einen „selbständigen Prälaten" wählen zu dürfen. Der erste 
w^ar Augustinus Koch.*) 



*) Der tiefe Grund dieser Lostrennung ist vorerst wohl in dem ziem- 
lich allgem.einen menschlichen Streben und Mühen nach möglicher Selb- 



— 88 — 

NicM lange nach Ansiedlung der Brüder in Eajgern 
"wnrde ein Bf eynover Professe Johannes gegen seinen Willen 
nnd trotz seines Sträubens als erster Bischof Mährens auf 
den Leuchter gestellt (1063), -während ein anderer, Bruder 
Mikules (Nikolaus), den Weg aus der Rathsstube des Landes 
glücklich über Bfevnov in die Einöde des heutigen König- 
grätzer Bezirkes fand und sich dort eine von Bfevnov ab- 
hängige „Zelle" baute. König Wratislav erweiterte 108G 
diese Zelle zu einem Kloster, dem später hochberühmten 
Opatovic, Hess aber als Ansiedler desselben Brüder aus 
dem Kloster Monte Casino kommen, und erwirkte ihm volle 
Unabhängigkeit von Bfevnov. 

Das 12. Jahrhundert, d. i. das dritte des Bestandes 
unseres Hauses macht nicht besonders viel von sich reden. 
Gerade nicht ein schlechtes Zeichen. — Dass damals in 
Bfevnov die Wissenschaft etwas galt, möchte aus dem ge- 
folgert werden können, dass der berühmte Chronist Cosmas 
das zweite Buch seiner böhmischen Chronik dem Bf evnover 
Abte Clemens dedicirte, und für die Würdigkeit der Brüder, 
sprechen die auch in jener Zeit nicht ausgebliebenen Wohl- 
thäter. Es war eine Zeit innerer Kräftigung. 

Rajgern hatte einen besonderen Wohlthäter gefunden 
an Herzog Friedrich von Olmütz, welcher dem Kloster den 
Bezirk Weisskirchen schenkte. Bruder Jurik (Jifc, Georg) 
machte ihn urbar. Da fand es 1201 der Markgraf Yladislav 
für gut, diesen Besitz uns zu nehmen und den Prämonstra- 
tensern von Hradisch zu schenken, was unseren Jurik der- 



Btändigkeit und Unabhängigkeit zu suchen. Sann hatten die Bfevnover 
Aebte etwa darin gefehlt, dass sie mit Beginn des 17. Jahrhunderts 
Bajgern zu einem Noviziathause werden und dass sie dort auch Profess 
ablegen Hessen, selbstverständlich mit unserem Gelübde der Stabilität. 
Die weite Entfernimg Eajgeins von Bfevnov und Braunau, und das 
sehr beschwerliche Beisen in jenen Zeiten, namentlich aber die höchst 
traurigen Perioden der Hussitenzeit und des 30jährigen Krieges, sowie 
der Kriege des vorigen Jahrhunderts hatten zu. allem dem die Achte 
weniger oft nach Bajgem kommen lassen, als gut und nothwendig ge- 
wesen, um den immer mehr erstarkenden Geist der Erhebung rechtzeitig- 
in die Schranken des Gehorsams zu bringen. 1813 liess sieh nichts mehr 
thun, als der Sache ihren Ijauf lassen. 

Heut ist Brevnov-Braunau mit Bajgern wenigstens geistig geeint, 
und Bfevnov tröstet sich mit dem Worte der heiligen Eegel: quia ia 
omni loco uni Domino servitur, uni Begi müitatur. 



— 89 — 

art kränkte, dass er um Erlaubnis tat, aus Mähren ganz 
auswandern zu dürfen. Er kam nach Böhmen und siedelte 
sich an der nordöstlichen Grenze des Landes in einer Ein- 
öde an der Mettau, im heutigen PoUc, an, wo er sein 
Eremitenleben und seine Arbeit mit Urbarmachen von 
neuem begann. Hier starb er 1209 „dolore et labore 
fractus". Abt Chuno schickte daraiif den Diakonus VitaUs 
und einige andere Brevnover Brüder dahin, die begonnene 
Arbeit Juriks in Erbschaft zu nehmen. Sie bauten sich 
Zellen und eine Kapelle zu Ehren der seligsten Jungfrau 
Maria (ad coelos assumtae) und der Abt versah sie mit 
allem nöthigen kirchlichen Geräthe. Darauf wandte er 
sich an König Pf emysl Otakar I. mit der Bitte, dem Kloster 
Bfevnov dieses Eremitorium zu eigen zu bestätigen. Der 
König sprach dem Kloster nicht allein den Grund dieser 
neuen Ansiedlung freudig zu, sondern er schenkte ihm 
auch den ganzen Bezirk diesseits und jenseits des Gebirgs- 
zuges Steny. Abt Chuno vereinigte nun die Zellen der 
Brüder zu einem Kloster, 1213, und so entstand die zweite 
Füiale Bf evnovs — Polic. Jetzt begann da ein reges Leben. 
Der Abt berief aus dem Lande zumeist slavische Colonisten, 
Hess die Gegend theils für das Kloster urbar machen, theils 
wurden ganze Flächen den neuen Ansiedlern zu eigenem 
Nutzen überlassen; es wurden sog. Villen gebaut, um welche 
sich mit der Zeit Dörfer erhoben, und bald hatte dieser 
„Winkel" xmseres Vaterlandes ein ganz anderes Aussehen. 
Das Kloster Polic blieb als Probstei bis zur Aufhebung 
(1785) mit Bfevnov und später mit Braunau stets innig 
geeint und theilte kindlich die Schicksale der Mutter. 

Nicht so glatt wie bei Polic ging's mit der Besitz- 
nahme des Landstriches jenseits der Gebirgswand Steny, 
im jetzigen sog. „Braunauer Ländchen", trotz der Urkunde 
König Otakars! Dieses Gebiet war zu jener Zeit noch 
wenig bewohnt und wenig bebaut, zumeist wirthschafteten 
da nur königliche Grenzwächter und Beamtete, denen es, 
leicht erklärlich, nicht zweimal lieb war, dass sie nun von 
hier, wo sie sich als Herren fühlten, weichen sollten. An 
den alten Ansiedlem fanden sie gleichgesinnte Genossen 
und man machte es Bfevnov sehr schwer, dort festen Fuss 
zu fassen. Ein volles Jahrhundert erzählt von Unruhen, 
Zank und offenem Kampfe, bis es endlich dem Abte Bavar 



— 90 — 

gelang, faktisch Herr zu -werden des redlich erhaltenen 
Besitzes. Er gestaltete einen Theil des alten „Schlosses" 
zu einem Kloster um, führte Brüder aus Bfevnov ein und 
errichtete hiermit die dritte Bfevnov untergeordnete Filiale 
desselben, die Probstei Braunau (1322). Kloster Braunau 
liegt, mit der Stadt gleichen Namens eng verbunden, an der 
nordöstlichen Grenze Böhmens gegen Schlesien, auf einem 
Hügel im weiten Kesselthale, und mau sieht dem Hause recht 
gut an, dass da einmal ein königliches Schloss stehen konnte. 
Dazumal hatte Bfevnov seinen Höhepunkt erreicht, 
üeber die Zahl der Brüder, über deren literarische Bildung, 
ascetischen Geist und Fleiss sagt unter anderen ein ein- 
heimischer Dichter: 

„Florente Bfevnov quinquies centum in loco 
visere fratrum in officinis, in choro, 
sophiaeque cathedris, sexies dein pares;" 
Aus jenem Jahrhunderte stammten die meisten frommen, 
Stiftungen (einige derselben sind noch auf uns gelangt) 
tmd aus demselben datiren auch so manche ganz aus- 
schliessliche Privilegien und Vorrechte, die unseren Aebten 
und unseren Klöstern kirchlicherseits und durch königliche 
Huld verliehen -worden -waren. So hatte Pabst Bonifaz IX. 
Bfevnov abermals als „unter apostolischem Schutze stehend" 
erklärt, und den Aebten, um ihnen gefällig zu sein, das 
besondere Vorrecht gegeben „-ut rem divinam cum tribus 
infulis facere possint". (Davon -wird jetzt allerdings kein 
Gebrauch gemacht.) Aber die Aebte suchten nicht et-wa 
nur für sieh Privilegien und Ausnahmen, die vielleicht 
Andere drücken mussten, sondern sie -waren auch hierbei 
ernst bedacht, in die ihrer Jurisdiction unterstehenden 
Gebiete Leben zu bringen, das Leben dort zu erhalten und 
-es den Unterthanen, so viel möglich, froh zu machen. 

Wie im Policer Gebiete sorgten sie auch im Brau- 
nauischen für Ansiedler — hier -waren es zumeist Deutsche 
— führten unter königlicher Zustimmung und Bestätigung 
-überall eine geregelte Rechtspflege ein und bei Bemessung 
•der Abgaben galt ihnen stets der Grundsatz: Leben und 
leben lassen! Die bekannte Geschichte vom Krummstabe 
erlitt bei uns auch in jener Periode keine Ausnahme, als 
fast alle und jede Gerichtsbarkeit in geistlicher Hand lag. 
Dem Orte Braunau z. B. verschaffte Abt Pfedhor vom 



— 91 — 

Könige Karl Stadtreclite, wie „Grätz und Glatz" sie hatten 
(1348), deren es sich heute noch erfreut; Polic wurde gleich 
liebend bedacht. Und dass die Aebte über den Sorgen für 
den zeitlichen Wohlstand ihrer Untergebenen nie vergessen 
haben, unter ihnen auch das Reich Gottes zu fördern, 
braucht wohl auch für jene Zeit keines ' absonderlichen 
Beweises; Grund- und Gerichtsherren waren eben Söhne 
des heil. Benedikt! Betreffend den Unterricht der Jugend 
in der Schule können wir ruhig dasselbe sagen.*) 

Doch eigens! In diese „goldene" Zeit unserer Klöster 
hinein tönt ein ausnehmend starker Ruf, ein ernstes Mahnen, 
sich zu heiligen, fest zu stehen im hehren Stande und, 
wo es nothwendig geworden, eifrigst zu bessern und streng 
zu reformiren. Dieser Ruf kam von Rom (resp. aus Avignon) 
und galt nicht allein Bfevnov und seinen Filialen, er galt 
allen Benediktinern; unserem Abbe aber war zu einem 
Theile die Aufgabe zugefallen, jenen Mahnruf weiter zu 
tragen und die Visitation und Reformation in Böhmen und 
Mähren vorzunehmen. Unwillkürlich drängt sich die Frage 
auf, ob es damit so grosse Noth hatte? Ueberflüssig war 
es keinesfalls, weder rücksichtlich der Vergangenheit noch 
für die damalige Zeit; in Anbetracht der folgenden Ereig- 
nisse aber müssen wir nun die göttliche Vorsehung an- 
betend bekennen: dieses Mahnen war das Vigilate! des 
Herrn selbst, ausgesprochen durch seinen Statthalter. 

Wir sind nämlich beim 15. Jahrhunderte! Vom Höhe- 
punkte jener Glanzperiode fallen wir plötzlich in die 
Schrecken der Hussitenzeit, und — wir fallen ihnen auch 
anheim, doch nicht bis zur Vernichtung. - Das Warum? 
des obigen Rufens und Mahnens ist erklärt: Jeder sollte 



*) Möge hier Platz fiaden, was unser P. Timotheus in seiner „Ge- 
schichte des Gymnasiums der Benediktiner in Braunau" über die Schule 
jener Zeit sagt: Das bleibt ihnen gesichert (den Elosterschulen in Brer-- 
nov), dass sie lange vor der Grändung der Prager üniTersität bestanden 
und sich auch nach Errichtung derselben erhalten haheii , Davon zeugen 
die libri erectionum Tit. X (ap. Baibin. decad. I lib.'V) und es ist hier- 
für der berühmte Baibin ein Gewährsmann . . . indem er nicht nur sich 
selbst als einen gewesenen Schüler der Benediktiner in Braunau anführt, 
sondern auch eine Grösse ausgezeichneten Banges, den ersten Erzbischof 
von Prag, Arnost von Pardubic (gest. 1364, 30. Juni), ausdrücklich einen 
Zögling der Benediktiner in Braunau nennt. 



— 92 — 

vorbereitet sein fürs Martyrium ! Als Opfer jener unglück- 
seligen Zeit sind von Klöstern unseres Ordens gefallen: 
„St. Johann auf der Insel" bei Prag, St, Prokop an der 
Säzava, Opatovic, Vilemov, Podlazic, Postelberg, alle mit 
ihren Filialen in Böhmen, St. Ambros in Prag, das Nonnen- 
kloster beim heil. Geist in Prag und das Nonnenkloster 
in Teplitz; dann die Filialen des Klosters Kladrau, während 
Kladrau selbst und Emaus in Prag hussitische Festungen 
wurden; endlich und zwar unter den ersten unser Bfevnov, 
das am 20. Mai 1420 total zerstört wurde. Um das Schick- 
sal der Brüder, die nicht Yor dem 20. durch die Flucht 
entkommen waren, dürfte man Grott allein fragen. Das 
Kloster Bfevnov war gefallen, aber die Stiftung nicht ver- 
nichtet, noch lebten seine Filialen, und namentlich war 
Braunau bestimmt, der Mutter zum neuen Erstehen mehr 
als behülflich zu sein. 

Eine Anzahl Brüder war rechtzeitig aus Bfevnov ent- 
flohen, die meisten nach Braunau, einige nach Eajgern. 
Auch Abt Nikolaus hatte sich nach Braunau gerettet, das 
er nach der Niederlage Bfevnovs zum Sitze des Abtes 
bestimmte*), freilich nicht ohne Zittern und Bangen. In 
der That machten die Hussiten auch Anfälle auf Polic und 
auf Braunau; doch wurden sie hier zurückgeschlagen, und 
in Polic hatten sie nur den allerdings traurigen Erfolg, 
dass das Kloster für eine geraume Zeit von den Brüdern 
verlassen stand. Förmlich wurde der Convent erst nach 
mehr als einem Jahrhunderte wieder hergestellt. 

So war nim die jüngste Tochter an die Stelle der 
Mutter getreten, und fürwahr! Braunau hat das Seinige 
redlich gethan während der Dauer jener Schreckensjahre 
und nach denselben, wo es vor Allem galt, durch Wort 
und That zu helfen und zu trösten in der allgemeinen 
unsäglichen Noth, und dann — den Wahn zu bekämpfen. **) 



*) Seit jener Zeit nannten sich die Aebte „Brevnover in Braunau"- 
(bis 1715). Nach. Wiederaufbau BrevnoYS haben sie ihren Sitz in beiden 
Häusern und führen den Titel: „Brevnover und Braunauer". 

**) Unser Todtenbuch gedenkt einer langen Eeihe eifriger Prediger, 
die selbst in den Tagen der entfesselten Volkswuth mit Kraft und Todes- 
verachtung der "Wahrheit Zeugnis gaben. Unter ihnen wird besonders 
der Brevnover Professe Johann von Holeschau als „malleus haereticorum" 
gerühmt. Er starb in Bajgern 1436. 



— 93 — 

Das altehrwürdige Kloster hinter dem Eeichsthore lag 
in Trümmern, aber obgleich wir dort erst im 17. Jahr- 
hunderte wieder geregelten Chordienst finden, war es von 
den Aebten durchaus nicht vernachlässigt worden; man 
that, was unter Umständen gethan werden konnte — was 
ein Tag v^ernichtet, konnte nicht an einem Tage wieder 
hergestellt werden; von Abt Hermann sagt unser Nekro- 
log, er sei 1449 fromm im Herrn entschlafen, ,,consumti3 
23 annis in colligendis reliquiis". Zudem glühten noch 
die Kohlen unter der Asche , der Horizont ringsum zeigte 
nichts weniger als beständig gut Wetter. Wirklich musste 
das noch nach Jahrzehnten Abt Gregor III. ganz besonders 
erfahren, da er 1483 bei ChotSboc von Haeretikem aus 
Religionshass erschlagen wurde; und dass die Zeit für 
grosse Neubauten, auch wenn es sonst hätte geschehen 
können, nicht günstig sei, fühlten die Aebte noch gar 
lange. Das EJreuz des Predigers in der einen, durften sie 
aus der anderen Hand gar nie das Schwert des Verthei- 
digers heiliger Rechte legen, um diese gegen die steten 
rebellischen Angriffe der „aufgeklärt" gewordenen Unter- 
thanen zu schützen; und wie sie unausgesetzt darauf be- 
dacht sein mussten, den Begriff von Mein und Dein in 
den ihnen unterstehenden Gauen wieder herzustellen, so 
mussten sie andererseits ohne Ermattung bemüht sein, 
Wunden zu heilen, welche jene unglückselige Periode 
nicht nur dem eigenen Hause, sondern allem Volke, dem 
ganzen Lande geschlagen hatte. Die Aebte und die Brüder 
thaten ihre Pflicht gewissenhaft! Insbesondere war Abt 
Johann IH. ein eifriger Resuscitator, auch über die Grenzen 
des eigenen Heerdes hinaus. Schon sein Vorgänger Abt 
Matthias hatte einige Brüder an die Säzava geschickt, da- 
mit sie aus dem Schutte die brauchbaren Bausteine aus- 
lesen und zu einem neuen Gotteshauae zusammenfügen. 

Abt Johaim verfolgte auch dieses begonnene Werk 
mit Eifer weiter und gab den Brüdern in der Person des 
Braunauer Professen Adam Polidor einen Abt, und begann 
hiermit die Erneuerung des Klosters St. Prokop (ca. 1566). 
Er starb 1575 „post regimen optime gestum". Ihm folgte 
Martinus H., ein Unglücksmann! Unter ihm wechselten 
mit einander ab und drückten namentlich ihn enorme 
Kriegscontributionen, Feuer- und Wasserschäden, Pest in 



— 94 — 

Bratinau und in Polic und Aufstände der Untertlianen in 
Folge der im Braunauer Ländchen immer weiter greifenden 
Lehre Luthers; und dazu war er noch körperlich krank 
und 1602 ein Siebenundsiebziger geworden! Deshalb legte 
er sein Amt nieder, aber die Brüder durften nicht frei 
wählen, denn Kaiser EudoK IL bestand darauf, dass sie 
den Prior von St. Emmeran in Regensburg zum Abte 
postulirten. Der Convent fügte sich, und so ward Wolf- 
gang Seiender unser Abt. Zu bedauern hatte man es nicht! 
Wolfgang (1602—1619) war einer der energischsten Aebte 
in Handhabung klösterlicher Disciplin und in Vertheidigung 
des Glaubens und der Rechte der Kirche und des ihm an- 
vertrauten Gotteshauses. Sein Name und die Zeit seiner 
äbtlichen Regierung gehören übrigens der Weltgeschichte 
an. Er starb in Mähren in Domasov am 7. September 
1619, von den böhmischen Directoren proscribirt. 

Die Zahl der Drangsale , die während des 30jährigen 
Krieges über Braunau gekommen sind, ist Legion. Hatte 
Bfevnov 1420 ein grausames aber kurzes Martyrium zu 
bestehen gehabt, so musste Braunau mit Polic nan ein 
langsames durchinachen, geschädigt und getroffen von 
Feind und Freund — sed ex omnibus eripuit nos Domi- 
nus!*) Um das klösterliche Leben sah es freilich zuweilen 
düster aus. Die Brüder mussten wiederholt flüchten, und 
einmal war P. Michael Lukas , Prior und Pfarrer in Brau- 
nau, allein zurückgeblieben im Hause, musste aber für 
seine Hirtentreue die grausamsten Misshandlungen erdulden. 
Von 1619 bis zur Schlacht am „Weissen Berge" wirth- 
schafteten mit all unserem Besitze die sog. „Directoren" 
in Prag, und — sie waren auch bis dahin damit fertig 
geworden, so ziemlich Alles war verkauft! Nach dem 
Siege des 8. November 1620 konnte man an die Wahl des 
Nachfolgers Wolfgangs denken: sie ging im Kloster Emaus 
vor sich und fiel auf den Eajgerer Probst Johannes Benno 
von Falkenberg. Kaiserliche Commissäre und kaiserliches 
Militär begleiteten ihn nach Braunau und führten ihn ein 
in das Erbe der Leiden seiner Vorgänger. Wohl begann 
jetzt die Restitution des Klosterbesitzes, aber das ging lang- 



*) In jener Zeit und über dieselbe sclirieb P. Aemilianus Bittner ein 
nicht uninteressantes! Chronioon (M. S. ArohiTii Bfern.). Er starb 1672. 



— Ö5 — 

sam; pressanter war's mit neuen enormen Kriegscontribu- 
tionen; wohl kehrten die in der Flucht zerstreuten Brüder 
jetzt ins Kloster zurück, aber nur, um. bald wieder zu 
fliehen, ja auch, nm vom nachfolgenden Abt Alexius selbsti 
fortgeschickt zu werden nach Bf evnov, Eajgem, St. Prokop 
und selbst in das uns sonst nicht so nahe stehende „St. Johann 
nnter dem Felsen" — wegen Mangel an Lebensmitteln! 

Eines wollen wir noch erwähnen aus den ersten Kegie- 
rungsjahren des Abtes Johaim Benno, es ist kennzeichnend: 
eine seiner ersten und Hauptsorgen war die Schule! Er 
restaurirte nicht nur alsbald das Gymnasium, sondern er 
eröffnete auch schon 1624 in Braunau den philosophischen 
Cursus. Sein unmittelbarer Nachfolger Alexius und der 
folgende Abt Augustinus setzten das begonnene Werk 
eifrig fort, und bis zur Stunde hat es kein einziger unserer 
Aebte an der Pflege der Wissenschaften in unseren Klöstern 
und durch diese in den Schulen fehlen lassen, obgleich 
sie sich bald nach Abschluss des Westphälischen Friedens 
auch sonst genug umthun mussten wegen materiellen 
Eestaurirens und materiellen Bauens. Nach Abt Augustinus 
regierte Abt Thomas 37 und nach ihm Abt Othmar 38 Jahre, 
aber wir können sagen, beide zusammen bauten 75 Jahre 
und besserten, soweit das überhaupt möglich war, alle die 
Schäden der früheren Jahrhunderte gründlich wieder aus. 
Abt Thomas begann, und nachdem manche seiner Bauten 
durch Feuer wieder waren vernichtet worden, begann er 
von neuem*) — und Abt Othmar setzte fort und führte 
zu Ende und legte Grundstein um Grundstein zu neuem 
Bau. Aus jener Periode stammen nicht allein die meisten 
zu Bf evnov - Braunau gehörigen Patronatskirchen und 
Pfarreien und Oekonomiegebäude, auch die Klöster zu 
Bfevnov und Braunau und Polic und die Hospitäler in 
Braunau und Polic sind von ihnen gebaut. Zur Kloster- 
kirche St. Adalbert in Braunau. legte Abt Thomas den 
Grundstein, zu unserer bei St. Margareth**) Abt Othmar, 
und beide weihten ihr Werk ein. Das Gymnasium in 

*) Abt Thomas wählte später zu seiner Devise : quod nocet, docet. 
**) Schon seit Jahrhunderten hatte man unser Hans in Brevnov „zu 
St. Margareth" genannt wegen einer bedeutenden Eeliquie dieser Hei- 
ligen, die hier verehrt wird. Abt Othmar gab der Devotion des Volkes 
ihr Kecht, als er die neue Kirche dieser Heiligen weihte. 



— 96 — 

Braunau, wie es bis in die jüngste Zeit stand, war Abt 
Othmars Bau — die (nun leider! nicht benutzte) Kirche 
St. Wenzl in Braunau, an der Stelle der fatalen lutheri- 
schen Kirche, baute Abt Thomas. — Dieser hatte auch 
die Freude, 1674 nach 254 Jahren in Bfevnov den Brüder- 
Chor wieder eröffnen zu können. Doch schon 1678 am 
13. Juli brannte die Kirche, die Probstei und der grösste 
Theil der Oekonomiegebäude wieder ab. Thomas begann 
unentmuthigt den Bau von vom, und endlich war Abt 
Othmar so glücklich, die Kirche St. Margareth und Kloster 
Bfevnov in ihrer jetzigen Gestalt fertig zu bringen (1715). 
Beide Aebte genossen eines besonderen Segens Gottes; 
denn nebst diesen nur im Allgemeinen angegebenen Bauten 
vermehrten sie durch Zukauf auch den Besitzstand beider 
Klöster und nur ihrer Freigebigkeit haben die Städte Brau- 
nau und Polic nach erlittenem schwerem Brandunglück ihr 
neues Aufleben zu danken. Auch war es im Jahre des 
Begierungsantrittes des Abtes Thomas, als Bfevnov einen 
Theil der dem Kloster Säzava entfremdeten Güter zurück- 
kaufen und den dortigen Convent erst eigentlich wieder 
ins Leben rufen konnte. 

Bevor wir von diesem Manne scheiden, wollen wir 
noch des Jahres 1666 denken, in welchem Abt Thomas 
die Ueberreste seines grossen Yorgängers Wolfgang aus 
Mähren nach Braunau bringen liess und sie dort feierlich 
zur Ruhe legte — und des Jahres 1675, des Todesjahres 
eines der berühmtesten Elrchenfürsten Böhmens, nämlich 
des ersten Bischofs von Königgrätz, später Erzbischofs 
von Prag, Matthäus Ferdinand Sobek von Bilenberg. Er 
war einer der Unseren gewesen! Aus Rajgern gebürtig 
hatte er (1636) in Braunau die Ordensgelübde abgelegt. 
Durch fast alle Hausofficien hindurch prakticirt wurde er 
Probst in Rajgern, dann Abt bei St. Niklas in Prag und 
zugleich bei „St. Johann unter dem Felsen"; hierauf er- 
öfhete er die Reihe der Bischöfe in Königgrätz und starb 
als Erzbischof in Prag. Er wünschte und erhielt seine 
Ruhestätte in der Klosterkirche zu Braunau. 

Und nun wieder zu Abt Othmar! Der Schluss seiner 
Bauten war die vierte und letzte Püiale — nun Bfevnov- 
Braunaus, das Kloster Wahlstatt in Schlesien. Er kaufte 
diese ehemalige Probstei Opatovics, baute Kirche und 



— 97 — 

Kloster, dotirte sie als neue von Bfevnov-Braunau ab- 
hängige Probstei, -weibte sie zum beil. Kreuz und der 
beil. Hedwig und führte die Brüder dort ein 1738, nicbt 
lange vor seinem Tode. In Handbabung der Disciplin 
war Abt Otbmar streng; 104 Brüdern hatte er die Gelübde 
abgenommen, und in den späteren Jahren seiner Regierung 
lebte keiner mehr im Hause, der nicht aus seiner Hand 
auch das Ordenskleid erhalten hatte. Ipse elegerat omnes, 
nemo ipsorum eum! Wie in materieller Hinsicht, so hatten 
sich in auffallend kurzer Zeit unsere Häuser auch im regu- 
lären Ordensleben und in wissenschaftlicher Beziehung 
bald wieder emporgearbeitet — um in den Kriegsläufen 
des 18. Jahrhunderts, welche Bfevnov, mehr aber noch 
Braunau, Polic und Wahlstatt unmittelbar und sehr hart 
trafen, abermal, wenn auch mehr blos pekuniär, zu sinken! 
Dieser Rückschlag musste um so tiefer schmerzen, als 
namentlich unter Abt Othmars Nachfolger, Benno H., in 
unseren Häusern bereits auch der Verschönerungssinn wieder 
hatte Platz greifen können. Abt Benno und seia Nachfolger 
Friedrich, diese liebe Seele, wussten viel zu erzählen, wie 
schwer ihnen das Eieuz geworden, das sie, wenn auch an 
goldenen Ketten, getragen. 

Im vorigen Jahrhunderte hatten die Brüder wiederholt 
die Clausur verlassen müssen, um in der Flucht sich selbst 
und wenigstens' einen Theil des gemeinsamen Besitzes zu 
retten, so geschah es auch jetzt in den Zeiten des bayrischen 
und österreichischen Erbfolge- und sog. 7 jährigen Krieges, 
und noch mehr, immer waren einige Patres bald in fran- 
zösischer, bald in königlich preussischer Gefangenschaft 
als Geissein; nie wurden sie früher freigelassen, als erst 
nach richtig befundener Zahlung der requirirten Summen 
von stets enormer Höhe. Der materielle Schaden aus jener 
Zeit war bei endlichem Friedensschlüsse wieder ein un- 
geheurer und die daraus entstandene Schuldenlast eine 
höchst bedeutende. Aber mit wiederkehrender staatlicher 
Ordnung war auch der häusliche Frohsinn zurückgekommen, 
klösterliches Leben und Pflege der Wissenschaften und der 
Jugendunterricht nahmen bald neuen, rmter Abt Stephan 
könnte man sagen reissenden Aufschwung und auch der 
Wohlstand kehrte allmählich zurück; aber — da zog sich 
über den Klöstern Oesterreichs ein noch gefährlicheres 

Ein Benediktinerbuch. 7 



— 98 — 

Unwetter zusammen, das Unwetter nämlich, welches sich 
in den achtziger Jahren durch das kaiserliche Kloster- 
Aufhebungs-Decret entladen hat! Bfevnov und Braunau 
hliehen verschont, "Wahlstatt lag unter den Fittichen des 
preussischen Adlers für diesmal geborgen, nur Polio wurde 
als Kloster aufgehoben, sein Besitz jedoch Braunau zu- 
gewiesen. 

Dem Aufhebungsdecrete waren in Böhmen nebst unserm 
Polic folgende Häuser unseres Ordens verfallen: das Nonnen- 
kloster St. Georg in Prag, St. Niklas auf der Altstadt, die 
Filiale des Stiftes Emaus auf dem Berge Bösig, St. Johann 
unter dem Felsen, St. Prokop und Kladrau mit seiner nach 
den Hussitenzeiten wieder aufgerichteten Probstei in Pf estic. 

Wir waren somit im Ganzen genommen mit dem blossen 
Schrecken davongekommen, und es wurde weiter fleissig 
gearbeitet auf geistlichem Felde, auf dem Felde der Wissen- 
schaft und auf der Scholle, welche das materielle tägliche 
Brot zu liefern hatte, als 1810 eines schönen Tages die 
Brüder aus Wahlstatt, den Wanderstab in der Hand, aber 
ohne Gepäck, an die ßraunauer Pforte klopften mit der 
Meldung, König Friedrich Wilhelm lU. habe sie dort kurz 
und einfach, ohne jedweden Prozess vor die Thür gesetzt, 
und Wahlstatt, wie es stand tmd lag, sammt dem vor- 
räthigen Baargelde als königlich preussisches Eigenthum 
erklärt. — Dass es dabei sein Verbleiben hatte und haben 
musste, versteht sich von selbst. 

So sind wir Brevnov-Braunau mit Emaus denn allein 
übrig geblieben von allen den vielen Benediktiner-Klöstern 
Böhmens. — Misericordiae Domini, quia non sumus con- 
sumti ! 

Dass sich unter solchen Verhältnissen Schätze welcher 
Art immer auf uns nicht vererben keimten, ist begreiflich, 
und dass wir solche zu sammeln bisher nicht in der Lage 
waren, dürfte auch nicht verwundern. Die Archive wm'den 
theils vernichtet, theils geplündert, aus dem Bfevnover 
mochte sich etwa auch eine oder die andere der Filialen 
so ein oder das andere liebe Andenken zurückbehalten 
haben, doch hat es immer noch ziemliche Bedeutung auch 
für die Profangeschichte namentlich unseres Vaterlandes; 
die Bibliotheken zählen jetzt im Ganzen gegen 50,000 Bände 
mit manchem WerthvoUen, aber eine Kammer mit Kunst- 



— 99 — 

Sachen können "wir nicM zeigen, einzig die Sammlung 
"böhmischer Privatmünzen in Brannau dürfte manchen 
Nomismatiker interesairen, und die Naturhistoriker be- 
sonders das Fragment der einen und die andere noch 
Tinversehrte Hälfte des im Braunauischen am 14. Juli 184:7 
gefallenen Meteors, umlegt mit einem Kranze von 17 Frag- 
menten anderer Meteore. Die Zahl der Bfevnov-Braunauer 
Brüder beträgt jetzt, mit dem (55.) Abte an der Spitze, 63. 
Diese vertheilen sich also: 

Den h. h. Abt mit gerechnet versehen 12 die Haus- 
officien, -wo auch die beiden .Senioren mithelfen müssen; 
beim Lehrfache sind theüs in Braunan, theüs ausser dem 
Hause 18 beschäftigt und 24 bei der Seelsorge in 13 Pfarreien 
und einer Expositur (Seelenzahl der katholischen Pfarr- 
kinder im Ganzen 48,700). Acht Kleriker studiren die 
Theologie und ein Laienbruder bethätigt sich in Bf evnov. 
Bfevnov ist das Noviziathaus mit nur so viel Priestern, 
als zur Erfüllung der Pflichten des Klosters unumgänglich 
nothwendig sind; der leicht bemerkbare Schwerpunkt liegt 
in Brannau theils wegen des Stifts-Obergymnasiums, das 
sich aus der alten privaten Klosterschule zu einer öffent- 
lich anerkannten Lehranstalt mit nun ca. 200 Schülern 
entwickelt hat, theüs wegen der in der dortigen Gegend 
gelegenen grösseren Anzahl der incorporirten Seelsorg- 
stationen. Eomuald Sohhamm. 




Die Abtei Montserrat-Emaus oder Slovan 
in Prag. 

age. Die Abtei liegt gegen Osten gegenüber der 
Kirche des heiligen Johann von Nepomuk auf dem. 
Felsen, gegen Süden gegenüber der Kirche des hei- 
ligen Petrus und Pardus mit dem uralten CoUegiat- 
Capitel auf dem Wyschehrad , dem ehemaligen Sitze der 
ersten Herzöge von Böhmen, gegen Westen zieht ein Kranz 
von Bergen, "welche Prag umschliessen, mit dem das da- 
zwischen liegende Thal durchströmenden Flusse Moldau mit 
einer herrlichen Aussicht, gegen Norden ist zu sehen auf 
der Höhe des Berges Hradschin die prachtvolle, königliche 
Burg, die ßesidenz der Prager Pürst-Erzbischöfe. 

A. Gründer der Abtei. Die Abtei gründete Karl IV., 
Kaiser und König von Böhmen, zu Ehren des heiligen 
Hieronymus, Cyrillus imd Methodius, Adalbert und Pro- 
kopius für Benediktiner slavischer Zunge. 

Im Jahre 1348, zu gleicher Zeit mit der Gründung 
der Prager Universität, Hess Karl IV. dieses Kloster er- 
bauen, führte in dasselbe Benediktiner aus Croatien, Bos- 
nien, Serbien, Dalmatien ein und erhielt für dieselben 
vom Pabste Clemens VI. aus dem Orden des heiligen 
Benedikt das Privilegium, die heilige Messe und den ge- 
sammten Gottesdienst mit den heiligen Tagzeiten in sla- 
vischer Sprache nach einem approbirten Ritus verrichten 
zu dürfen. Diese slavische Liturgie dauerte bis zu den 
stürmischen, hussitischen Zeiten. Das Kloster liess Karl IV. 
neben der Kirche des heiligen Cosmas und Damian er- 
bauen, welche Kirche der heilige Wenzeslaus, Herzog von 
Böhmen, aus Liebe zu Gott und zu diesen heiligen Mär- 
tyrern erbaut wozu er den Grundstein mit eigenen Händen 
gelegt hat, woselbst er Tag und Nacht die heiligen Tagzeiten 
betete, wo auch der heilige Adalbert und der heilige Prokop 
das heilige Messopfer dargebracht haben. 

Es steht an dieser Stelle noch eine Kapelle zu Ehren 
des heiligen Wenzel und des heiligen Cosmas und Damian. 







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— 101 — 

Dem Kloster schenkte der Stifter Karl IV. Tiele sla- 
vische Bücher, unter diesen vorzüglich das Sazavo-Emau- 
tinum Evangelium nuncRhemense; dieser Codex, aus einer 
cyrillischen und einer glagolitischen Handschrift bestehend, 
mit Gold, Edelsteinen imdheihgen Reliquien ausgeschmückt, 
wurde im Jahre 1419 von den Hussiten mit anderen kost- 
baren Sachen aus dem Kloster entwendet und von ihnen 
dem Patriarchen zu Konstantinopel, als sie mit ihm durch 
einen Abgeordneten im Jahre 1451 wegen der Union unter- 
handelten, nebst anderen Gegenständen zum Geschenke 
gemacht, welchen Codex im Jahre 1574 der Cardinal von 
Lothringen in Konstantinopel kaufte und mit anderen 
Sachen der Kirche zu Rheims schenkte. Später wurde 
dieses Evangelium bei der Krönung und Salbung der Könige 
von Frankreich in der Kirche zu Rheims gebraucht. 

Im unteren, schönen, gothischen, gewölbten Gange finden 
sich Fresken, oben aus der Geschichte des alten Testamentes, 
unten, den Vorbildern entsprechend, Bilder aus dem neuen 
Testamente, angefangen von Adam und in den Mysterien 
des Erlösers schliessend. 

Im Jahre 1372 wurde die ebenfalls von Karl IV. er- 
baute, auf 12 Pfeilern ruhende gothische Klosterkirche in 
Gegenwart des Kaisers und Königs Karl IV. imd seines 
Sohnes Wenzel IV., vieler Erzbischöfe, Bischöfe und 
Fürsten vom zweiten Prager Erzbischof, zugleich Cardinal 
Johann Oczko (Ocellus) am Ostermontage geweiht, an wel- 
chem Tage das Evangelium von den zwei Jüngern, welche 
nach Emaus gingen, gesungen wird, weshalb das Kloster 
den zweifachen Namen erhielt „Slovan und Emaus". 

Karl IV. freute sich innigst ob dieses seines vollen- 
deten Lieblingswerkes und veranstaltete ein grosses Gast- 
mahl. Doch allzubald war es um das slavische Kloster 
eine missliche Sache. Denn schon zur Zeit des dritten 
slavischen Abtes Paul II. Kfiz (Crux) 1419 brachen die 
hussitischen Stürme los. Im Jahre 1421 eigneten sich die 
Utraquisten vollends das Slavenkloster zu, nämlich jene 
Hussiten, welche sich mit der katholischen Kirche unter 
der Bedingung wieder vereinigten, dass ihnen vom Pabste 
Engen IV. und dem Baseler Conciliimi die Compactaten 
mit der Communion unter beiden Gestalten bewüligt 
wxurden. 



— 102 — 

Im Kloster Emaus warde nun das Consistorium der 
Ütraquisten eingerichtet, das Kloster wurde von da an die 
Burg Tachov genannt. Der Vorsitzende des Consistoriums 
hiess Administrator, ihm varen elf Räthe beigegeben, welche 
Beschützer des böhmischen Beteimtnisses genannt wurden. 
Der erste Vorsitzende war der von der katholischen Kirche 
abgefallene Erzbischof, Konrad Graf von Vechta, der an- 
fangs gegen Huss am strengsten auftrat und Prag mit dem 
Interdikt belegt hatte. 

Das Klostergut von Emaus war in den Händen der 
Commendateur-Aebte. Diese waren Verwalter des Kloster- 
gutes und durften davon nichts entfremden. Eine geist- 
liche Jurisdiction hatten sie nicht. Durch 172 Jahre bis 
auf Kaiser Rudolf IL war das Kloster in hussitischen Händen. 
Theils gelangten die Güter des Blosters in Laienhände. 

Nach dem Tode des dritten slavischen Abtes Paul IL 
1426 war die grössere Zahl der Benediktiner aus dem Kloster 
verdränget, die wenigen Gebliebenen wählten als den vier- 
ten Abt Gregor, der aber schon im Jahre 1434 gestorben 
ist. Ob sie das heilige Abendmahl auch unter beiden Ge- 
stalten gespendet haben, ist nicht entschieden. Das Kloster 
wäre vielleicht zerstört worden, hätte nicht der dritte Abt 
Paul Kfiz einem Haufen Hussiten, welche eines Tages im 
trunkenen Zustande in das Kloster drangen, auf ihr Ver- 
langen das Abendmahl unter beiden Gestalten gereicht, 
was er lebenslänglich bereute. 

Der Administratoren des Consistoriums gab es 18, 
der hussitischen Commendateur-Aebte 9. Im Jahre 1589 
wurde mit Hof- Anordnung das ütraquisten- Consistorium 
aus dem Slavenkloster Tachov zu der Teinkicche verlegt, 
das Kloster erhielt wieder seine Selbständigkeit und vom 
Kaiser Rudolf IL wurde im Jahre 1592 in Emaus ein ge- 
setzlicher Abt Paul Paminondas eingesetzt; er war der 
erste Benediktiner-Abt nach den hussitischen Stürmen und 
hiess eigentlich Horsky, gebürtig aus Silberberg. Er ge- 
hörte früher selbst zu der Partei der Ütraquisten, stieg 
bis zur Würde eines Kanzlers, widersetzte sich später den 
hussitischenCeremonien,tratvollends zur katholischen Kirche 
über und liess sich zum katholischen Priester ausweihen, 
weshalb ihn Kaiser Rudolf IL als wahren katholischen Abt 
von Emaus einsetzte. Als neuer Abt, als welcher er zwar 



— 103 — 

kathoKscher Priester, aber kein Benediktiner war , begann 
er entschieden im katholiscben Geiste zu handeln und die 
Rechte des Klosters unerschrocken zu wahren, weshalb er 
von der Gegenpartei im höchsten Grade gehasst und auch in 
Liedern verspottet wurde. Seiae erste Sorge war, dass die 
entweihte Klosterkirche neuerdings geweiht werde: diese 
heilige Handlung überliess der in Prag eben weüende 
apostolische Nuntius Caesar Specianus dem neuen Abte. 
Seine Feinde von der Gegenpartei trachteten ihm sogar 
nach dem Leben, es wurde in der Abtei, als er die heiligen 
Tagzeiten betete, auf ihn geschossen. Endlich fasste er 
den Entschluss, mit Zustimmung des Erzbischofs Zbinco 
Berka und des apostolischen Nuntius in die Hände des 
Abtes von Braunau als Visitators auf die Abtei zu re- 
signiren und trat in Braunau in den Benediktiner-Orden ein. 
Der Abt von Braunau schickte sogleich einige (4) Bene- 
diktinerpriester in das slavische Kloster, welches bis 1602 
ohne einen Abt gewesen. Paul Paminondas legte indessen 
1599 die Klostergelübde ab, wurde vom Abt zu Braunau, 
dem Viaitator, als wahrer Benediktiner -Abt nach Emaus 
geschickt und vom Erzbischof zu Prag, zugleich General- 
Grossmeister des Kreuzherrn-Ordens, benedicirt und im erz- 
bischöflichen Wagen mit sechs weissen Rossen zum Kloster 
geführt, wo er in der Klosterkirche zur grossen Freude 
des zahlreichen katholischen Volkes das Te Deum an- 
stimmte. 

Auf ihn folgte als sechster slavischer Abt Peter Loder- 
ecker aus dem Kloster Braunau. Als dem Kaiser Rudolf II. 
Passauer Soldaten 1611 zu Hülfe kamen, wurden sie von 
den Hussiten verfolgt, in den Klöstern aufgesucht. Die 
Hussiten überfielen das Kloster Emaus von fünf Seiten, 
erbrachen alle Thore, Thüren der Kirche, suchten den 
ganzen Tag mit Packeln den Abt oberhalb der Kirche, in 
dem Thurme. Der Abt hatte sich unten in dem engsten 
Räume des Rauchfanges verborgen. Zu allem Ungemach 
wurde er auch noch vom Visitator seiner äbtlichen Würde 
enthoben und an seiner Statt Placidus aus dem Eloster 
Braunau als Abt eingesetzt. Loderecker führte Beschwerde 
beim päbstlichen Nuntius, der sich in Prag aufhielt. Die 
Akten des langen Prozesses sind in den Archiven zu lesen. 
Placidus blieb aber Abt. Loderecker lebte einige Zeit in 



— 104 — 

Bfevüov, kehrte später als einfacher Ordensmann wieder 
nach Enaaus zurück und übersiedelte mit den letzten slavi- 
schen Benediktinern nach St. Niklas auf der Altstadt-Prag, 
wo er starb. Placidus starb, kaum als Abt eingesetzt. 
Der achte Abt war Mathäus Pfeiffer aus dem Kloster Kladrau. 
Als er das. Kloster in dem traurigsten Zustande fand, ent- 
sagte er der äbtlichen Würde 1611. Als Abt wurde doch 
schon im folgenden Jahre bestellt Johann Benno Flaccus 
YOn Falkenburg aus dem Braunauer Kloster. Bei den miss- 
lichen Yerhältnissen des Klosters trat der Abt Benno Flaccus 
freiwillig ab und begab sich in das Braunauer Kloster 
zurück, wo er später zum Abte erwählt wurde. Die Ver- 
waltung des Slavenkl osters übernahm Adam Benedikt 
Bavorovsky aus dem Kloster ßajgern und wurde zwei Jahre 
später als Abt infulirt. Nach der Schlacht am weissen 
Berge 8. November 1620 folgten für die Klöster günstigere 
Zeiten. Abt Adam Benedikt Bavorovsky bestrebte sich, 
dem Kloster entfremdete Güter wieder zurück zu erlangen. 
Da erfolgte die Abtretung des Klosters Emaus von Seite 
der slavischen Benediktiner an die .spanischen Benediktiner 
von Montserrat. 

Einführung der spanischen Benediktiner der strengen 
Observanz vom Berge Montserrat in das Kloster Emaus in 
Prag. Das Kloster Emaus, ein Denkmal der Liebe Karls IV. 
zur Kirche und zum Vaterlande, wurde nun auch ein 
Denkmal der Glaubensstärke Kaiser Ferdinand III. 

Den Anlass dazu, dass die Verehrung der heiligen 
Mutter Gottes von Montserrat mit dem Benediktiner-Orden 
dieser Congregation in Oesterreich eingeführt wurde, gab 
1629 die Heirat Ferdinand III. mit der Infantin Spaniens, 
Maria, Tochter Philipps III., Königs von Spanien, welche 
vor ihrer Abreise zur Trauung den berühmten Wallfahrts- 
ort der heiligen Mutter Gottes von Montserrat besuchte 
und vom dortigen Benediktiner -Abte als Beichtvater und 
Begleiter den Benediktiner P. Benediktus Pennalosa sich 
erbat, welcher zugleich die Verehrung der heiligen Jung- 
frau von Montserrat in Deutschland befördern sollte. Bei 
seiner Ankunft in Wien machte Kaiser Ferdinand II. das 
Gelübde, dass er, falls ihm die heüige Jungfrau von 
Montserrat den Sieg über den Schwedenkönig erbitten 
würde, ihr zur Ehre in Wien ein Kloster mit einer Kapelle 



— 105 — 

erbauen werde, wo mit der Anrufung der heiligen Jung- 
frau die Benediktiner- Congregation von der Observanz von 
Montserrat eingeführt werden sollte. Pennalosa sagte im 
prophetischen Geiste voraus, dass durch den Tmverhofiten 
Tod des Schwedenkönigs Alles glücklich von Statten gehen 
werde. Am 6. November 1632 wurde bei Lützen Gustav 
Adolph, König der Schweden, getödtet. Im Anfange des 
Monates November 1633 war die Kapelle bei dem Kloster 
in Wien beim Schottenthore, ausserhalb der Stadtmauer, 
vollendet, die Statue der heiligen Jungfrau von Montserrat, 
welche bei dem heiligen Origin^ilbilde attact war und die 
die Königin mitgebracht und in ihrem Palaste aufbewahrt 
hatte, wurde in feierlichster Procession den Tag zuvor zu 
den Schotten und am folgenden Tage zu dem neuen Mont- 
serrat in Wien von sechs Schottner Benediktinern im Bei- 
sein Ihrer kaiserlichen Majestäten, des kaiserlichen Hofes, 
des apostolischen Nuntius, des Domcapitels getragen und die 
neue Kapelle von Sr. Excellenz dem Wiener Fürstbischöfe 
Antonius, Benediktiner- Abt von Kremsmünster, eingeweiht. 
Pennalosa wurde Prior des neuen Convents. Bevor Ferdi- 
nand m., König von Ungarn und Böhmen, als Generalissi- 
mus zum Feldzuge gegen die Schweden sich begab, machte 
er, dem Beispiele seines glorreichen Vaters folgend, das 
Gelübde, wenn er siegen würde, drei Klöster zu Ehren der 
Mutter Gottes von Montserrat zu stiften und ging in das 
eben gestiftete Montserrater Kloster in Wien, um die Hülfe 
und den Schutz der heiligen Jungfrau für sich zu erflehen. 
Am 6. September 1634 wurde bei Nördlingen die ent- 
scheidende Schlacht geliefert, welche 10 Stunden dauerte'; 
die Schweden erlitten eine gänzliche Niederlage: 12^000 
Schweden wurden getödtet, 6000 gefangen, darunter der 
Heerführer Hom. Als ruhmvoller Sieger gedachte Ferdi- 
nand III. sein Gelübde so schleunig als möglich zu erfüllen, 
eröfEaete schon in Wien, ehe er noch nach Prag kam, dem 
P. Pennalosa, dass er in Prag eine Abtei der Montserratenser 
Benediktiner stiften wolle, und beschloss, nachdem er mit 
dem Prager Erzbischofe, Cardinal Grafen Harrach, Rück- 
sprache gepflogen hatte, das vom Kaiser Karl IV. in Prag 
für die slavischen Benediktiner gestiftete Kloster Slovan, 
oder Emaus, welches während der hussitischen Religions- 
kriege so sehr herabgekommen war, dass es, früher reich 



— 106 — 

dotirt, dann kaum einen Abt mit zwei Religiösen ernähren 
konnte, zu restauriren und den Montserratenser Benedik- 
tinern zu übergeben. Der Prager Erzbischof und Cardinal 
Ernest Adalbert Graf von Harracb. batte im Auftrage des 
Kaisers den Abt Benedikt Bavorovsky aufgefordert, das 
Kloster Emaus abzutreten. Aber dieser berief sich auf den 
Abt zu Braimau als den General -Visitator seines Ordens, 
ohne dessen Vorwissen und Zustimmung er unmöglich 
•wegen TJeberlassung des Klosters unterhandeln dürfe. Der 
General- Visitator, der über diese Nachricht in Bestürzung 
gerieth, wies darauf hin, dass es gegen seinen geleisteten 
Eid wäre, das Erbe und die fromme Stiftung Karls IV. auf- 
zugeben und die dortigen Ordensbrüder ohne Schutz zu 
lassen. Der General- Visitator Benno Placcus, welcher früher 
Abt in Emaus war, reiste auch nach Wien zum Hofe 
und bat, wenn es ja nicht anders sein könnte, dass gegen 
freiwillige Abtretung den slavischen Benediktinern eine 
gleichmässige Entschädigung zu Theil werde. Seine Bitte 
wurde auch berücksichtigt. Den letzten slavisehen Bene- 
diktinern wurde die Kirche bei St. Nikolaus auf der Alt- 
stadt-Prag von den Prämonstratensem von Strahov über- 
geben, die Summe von 10,000 /. ausbezahlt und ihre Be- 
sitzungen belassen. 

Die slavisehen Benediktiner bei St. Nikolaus erholten 
sich bald wieder, das Kloster derselben gehörte später in 
Folge der Schenkungen von einigen Wohlthätem, darunter 
auch von zwei eigenen Aebten, zu den reichsten Abteien in 
Böhmen, und zählte bis zu seiner Auf hebung 1785 elf Aebte. 
Die gegenwärtige unter dem kunstsinnigen Abte Anselm 
Wlach und seinem Nachfolger Anton Merkel von dem be- 
rühmten Architekten Dinzenhofer gebaute schöne Nikolaus- 
Mrche ist in neuester Zeit zur Abhaltung des russischen 
Gottesdienstes bestimmt worden. 

B. Mestauration des Benediktiner- Stiftes Emaus durch 
Kaiser Ferdinand III. Der Kaiser schenkte dem Kloster 
die Herrschaft Bösig sammt den dazu gehörigen Höfen, 
Wiesen, Mühlen, Gefällen und die Burg Bösig oder Bezdiez, 
wo später der dritte Montserratensische Abt, zugleich 
Prager Sufeagan- Bischof, Antonius de Sotto Major, ein 
Kloster mit einer berühmt gewordenen Wallfahrtskirche 
der heiligen Jungfrau von Montserrat erbaute. In der 



— 107 — 

Stiftskirclie wurden 300 bei Nördlingen erbeutete Fahnen 
aufgehängt. 

I. Montserratenser Abt, Benedikt Pennalosa, Im Jahre 
1635 -worden die Benediktiner von Montserrat in das Kloster 
eingeführt. P. Benediktus Pennalosa wurde erster Abt, 
vom Erzbischof und Cardinal Grafen Harrach unter Assi- 
stenz des Cistercienser- Abtes von Königsal und des Prä- 
monstratenser-Probstes von Doxan infulirt. 

In dem restaurirten Kloster Emaus, mit dem damit 
vereinigten Kloster der Schwarz-Spanier in Wien und dem 
später erbauten Kloster auf dem Marienberge Bösig bei 
Bunzlau, behielt der Eestaurator für sich und seine Nach- 
folger das Recht des Patronates mit der Bestätigung des 
jedesmaligen Abtes und verordnete, dass für ihn und das 
kaiserliche Haus die Stiftspriester beten sollen und täglich 
Ein heiliges Messopfer dargebracht werde. Diese schöne 
Bestimmung des Klosters hat es vor der Aufhebung ge- 
rettet, als nämlich der kaiserliche Commissär, der damalige 
Abt von Braunau, Abt Stephan Rautenstrauch, welcher in 
seinen Studienjahren Chorsänger im Stifte Emaus war, 
Kaiser Josef n. darauf aufmerksam machte, dass das Kloster 
die Bestimmung habe, für den Kaiser täglich Ein Mess- 
opfer darzubringen und zu beten. P. Benedikt Pennalosa, 
Magister der Theologie, wurde vom Restaurator des Klosters 
zum Visitator der Montserratensischen Klöster in Böhmen 
und Gestenreich ernannt; es wurde ihm auch das Priorat 
in Wien untergeordnet, bis im Jahre 1708 mit Bewilligung 
Kaiser Josefs I. der Convent in Wien von dem Prager ge- 
trennt wurde und seinen eigenen Abt erhielt. 

Auf dem Hauptaltare stellte Abt Pennalosa die Statue 
der heiligen Jungfrau von Montserrat auf und bestimmte 
das jährliche Kirchenfest auf den Tag der Himmelfahrt 
Marions. Ueber dem Thore beim Eingang zum Kloster 
liess der Abt die aus rothem Marmor verfertigte Statue 
der heiligen Jungfrau von Montserrat mit dem Jesuskinde 
anbringen, umgeben auf der einen Seite mit dem Bildnis 
des heiligen Benedikt, auf der anderen Seite mit dem der 
heiligen Scholastica, zu den Füssen der heiligsten Jungfrau 
das Zeichen des Berges Montserrat, nämlich ein Berg 
mit der Säge zerspalten, und auf dem Steine die Aufschrift: 
Ferdinand III. von Gottes Gnaden Apostolischer, unüber- 



— 108 — 

•windliclier König von Böhmen und Ungarn zu Ehren der 
heiligen Jungfrau von Montserrat. 

Die ersten sechs Benediktiner waren Spanier vom Berge 
Montserrat. Zu diesen nahm der Abt noch acht Böhmen 
auf, vier Prediger und vier Kleriker. Der sorgfältige Abt 
bat überdies den Prior Johann des Benediktiner-Ordens in 
Molk, er möge von seinem Abte einige Kleriker erbitten, 
•welche in Wien im Kloster Montserrat der Schwarz-Spanier 
die Gelübde ablegen und dann nach Emaus kommen 
sollten. In Folge dessen vmrde der Prior Johann aus Molk 
mit fünfzehn jungen Ordensbrüdern vom Abte Valentin 
geschickt. 

Die kaiserliche Kapelle in der Stiftskirche zu Emaus. 
Als der Abt nach Wien gekommen war, um dem Kaiser 
von den Vorgängen in Emaus Bericht zu erstatten , über- 
reichte ihm Ferdinand III. eine Rolle mit den Worten: 
„Hier sind, Herr Abt, meine Gelübde, die ich gethan, als 
ich in Gefahr war zwischen Feind und Pest und mich ver- 
lobt habe der allerseligsten Jungfrau von Montserrat." 
Er gab dem Abte eine Anweisung auf 1000 Eeichsthaler 
und 200 Stück gleicher Münze zum Bau zweier Kapellen, 
einer innerhalb der Hauptkirche des Klosters zu Ehren der 
heiligen Schutzpatrone wider die Pest und Seuche: der 
Heiligen Fabian und Sebastian, Benno, Rochus und Rosalia, 
einer zweiten ausserhalb der Conventsmauem bereits be- 
stehenden und dem heiligen Cosmas und Damian geweihten, 
welche aber in den hussitischen Zeiten entweiht und zur 
Weinpresse benutzt worden war. Der Abt Hess sogleich 
innerhalb der Kirche die Kapelle erbauen, welche bis jetzt 
die kaiserliche Kapelle genannt wird. An der Vorderseite 
derselben ist die Aufschrift zu lesen gemäss der Bestimmung 
des Stifters: „Kaiser Ferdinand III. weiht diese Kapelle 
den heiligenMärtyrern undBekennern Fabian und Sebastian, 
Benno, Rochus und Rosalia im Jahre MDCXXXVII." Drei 
spanische Edelleute liessen neue Altäre erbauen. 

Balthasar Graf Marradas , commandirender General in 
Böhmen, Hess den Hauptaltar herrichten, auf welchen, wie 
oben bereits gesagt wurde, Pennalosa die Statue der heiligen 
Jungfrau von Montserrat aufstellte; Heinrich von Paradis 
Hess einen Altar des heiligen Jakobus, Martin Br. Guerta 
den Altar der unbefleckten Empfängnis Mariens aufstellen. 



— 109 — 

In der Mitte derKirclie liegt begraben General-Feldmarscball 
Johann Graf von Götz. 

Der Ordensbrüder gab es 29. Nacb einem Verzeich- 
nis der Verstorbenen vom Jahre 1715 waren die Ordens- 
brüder der Nationalität nach: Belgier, Lausitzer, Bayern, 
Mährer, Schlesier, meist Oesterreicher und Böhmen, 

Im Jahre 1646 starb Abt Benedikt Pennalosa, nach 
so vielen Bemühungen, nachdem er 11 Jahre das Kloster 
regiert hatte, im 66. Jahre seines Alters. Ein Porträt von 
ihm befindet sich im Kloster. Gross war einst sein Eifer 
in der Leitung und Förderung der Missionen vom Mont- 
serrat in Spanien nach Indienj wie es die Inschrift auf 
dem Grabsteine der Gruft der Aebte vor dem Hochaltare 
bezeugt. Er liess auch in der Kirche zwei Grüfte her- 
stellen, eine für die Brüder, die andere für Wohlthäter. 

II. Abt Johann Caramuel von Lobkovitz. Er war aus 
einer adeligen Familie in Madrid geboren 1606. Hervor- 
ragend durch grosse wissenschaftliche Bildung, verfasste 
er schon als Jüngling mehrere gelehrte Schriften, bereiste 
Belgien, Deutschland, Böhmen, Oesterreich, Italien, be- 
suchte berühmte Akademien, wurde in Löwen unter dem 
Beifalle der ganzen Universität mit der Doctorwürde 
in der Theologie bekleidet, trat in Flandern in den Oister- 
cienser-Orden ein, trat da,nn in den Benediktiner-Orden 
über und wurde von Ferdinand III. zum Abte des Klosters 
Emaus ernannt, zugleich zum Intendanten der Fortifica- 
tionen und General-Inspector der Festungen im Königreich 
Böhmen bestellt, und vom Prager Erzbischof und Cardinal 
Emest Grafen Harrach zum Generalvicar erwählt. Nach 
Rom berufen, als ob in seinen Schriften etwas wider die 
Moral wäre, begab er sich zu Fuss dorthin und recht- 
fertigte sich in Gegenwart des Pabstes Alexander VII. so 
glänzend, dass der heilige Vater im öffentlichen Consisto- 
rium soll gesagt haben, dass er niemals einen Menschen 
so habe sprechen hören. Er erhielt vom heiligen Vater 
das Bisthum Wiegenau in der Lombardei und wurde später 
auf den erzbischöflichen Stuhl in Otranto erhoben. Er 
durchforschte alle Wissenschaften und konnte somit ein 
universeller Doctor genannt werden. Seine Schriften theilte 
er selbst in neun Klassen ein, freie Künste, mathematische 
(mathesis biceps, seu audax), musikalische, chyrosophische. 



— 110 — 

ptilosopWsclie , theologische , philosophiscla - moralische, 
theologisch-moralische, biblische (zumeist arbeitete er in 
der hebräischen Sprache), architektische, militärische, astro- 
nomische. Die Zahl seiner Werke war gleich der Zahl 
seiner Lebensjahre. Er starb 1683 in Madrid im 77. Jahre 
seines Lebens. 

III. Abt Antonius de Sotto Major, zugleich Suffiragan- 
Bischof des Prager Erzbischofs Mathäus Ferdinand Zoubek 
de Bilenberg aus dem Benediktiner- Orden. 

Nach Caramuels Eesignation auf die Abtei blieb die- 
selbe zwei Jahre unbesetzt. Im Jahre 1661 ernannte Kaiser 
Leopold I. den Spanier Antonius de Sotto Major zum Abte. 
Er Hess die im grossen, von ihm gebauten Chore bis jetzt 
bestehenden Chorstühle aufstellen. Im Jahre 1669 wurde 
er vom Kaiser Leopold I. zum Bischof von Semendria imd 
als er auf dieses Bisthum resignirte, mit päbstlicher Bulle 
zum Bischof von Selymbrien und Sufiragan-Bischof des 
Prager Erzbischofs, gewesenen Benediktiner -Abtes bei 
St. Nikolaus in Prag und bei St. Johann unter dem Felsen, 
ernannt. Im Jahre 1672 speiste Kaiser Leopold I. auf der 
Reise von Eger im Refectorium in Emaus und schenkte 
der Kirche zwei Pluviale. Unter diesem Abte war die 
strenge Disciplin der Montserratenser Regel in schönster 
Blüthe. Sotto Major war selbst ein Muster der strengen 
Observanz. Auch als Bischof wohnte er Tag und Nacht 
den Klosterandachten bei, war beim Chorgebete um Mitter- 
nacht und des Morgens stets der erste , wie er sich denn auch 
durch nichts davon abhalten Hess, ass bis an's Ende seines 
Lebens kein Fleisch und wurde selbst vom Pabste wegen 
seines frommen Eifers, seiner Sittenreinheit höchst gelobt. 
Als grosser Eiferer und Förderer der Verehrung der hei- 
ligsten Jungfrau Maria errichtete er auf dem Berge Bösig 
oder Bezdiez, welcher, so wie der Berg Montserrat von 
BarceUona, von Prag acht Meilen entfernt ist und mit der 
Bm'g sammt der dazu gehörigen Herrschaft vom Kaiser 
Ferdinand III. dem Kloster geschenkt worden war, ein 
Kloster mit einer WallfahrtsMrche zu Ehren der heiligen 
Jungfrau von Montserrat. Dieser Wallfahrtsort ist lange 
nach der Aufhebung 1786 bis jetzt beim Volke im blei- 
benden Andenken gebHeben. 

IV. Abt Didacus a Canvero. Er war ein vornehmer 



— 111 — 

Spanier, ein Mann von grosser Gelehrsamkeit, und war 
aus Spanien als Beichtvater der spanischen Infantin Mar- 
garetha, erster Gemahlin Kaiser Leopold I., gekommen. 
Zu dieser Zeit lebten im Kloster mehrere gelehrte Männer, 
z. B. P. Franz de Castillo Calderon. Der damalige Erz- 
bischof überliess dem Kloster die erzbischöfliche Buch- 
druckerei auf 30 Jahre. Unter Didacus, der auch Doctor 
der Theologie war, wurde vom Pabste Innocenz XII. den 
Montaerratensem in Emaus mit Rücksicht auf die klima- 
tischen Verhältnisse in Böhmen auf ihre Bitte eine Dispens 
von dem beständigen strengen Fasten ertheilt, ferner die 
Erleichterung zugestanden, dasä sie nicht um Mittemacht 
zum Matutinum aufstehen, statt der CucuUen ohne weisses 
KoUar in der Stadt mit Mänteln gehen durften (laut Bulle 
vom 24. December 1698). Der Kaiser als Patron gab dazu 
seine Zustimmung. Der Name „strictioris observantiae" 
blieb. Derselbe Abt verkaufte mit Bewilligung die zu 
Bösig gehörigen, vom Kloster weit entfernten Güter, um 
40,300 /. dem Reichsgrafen Christoph Heissenstein mit der 
Verpflichtung, den Ordensbrüdern auf dem Marienberge 
Bösig ein gewisses Maass an Getreide, Bier und Holz zu 
verabreichen und den Garten zu belassen, so lange sie am 
Bezdiez bleiben. Dafür kaufte Didacus das gegenwärtige 
schöne, bei Prag gelegene, Gut Sukdol um 25,500 /., nahm 
verschiedene Bauten vor und errichtete das schöne heil. 
Grab unter dem grossen Chore. Kaiser Leopold I. berief 
ihn als seinen Beichtvater nach Wien. Er starb nach drei 
Jahren (1703) als der letzte spanische Abt. 

V. Abt Emmanuel Privey. Er war früher Benediktiner- 
Abt in Luxeil in Burgund und wurde vom Kaiser Leopold I. 
als Abt nach Emaus berufen. Unter ihm wurde im Klöster 
eine philosophische Lehranstalt errichtet, an welcher 
12 Kleriker des Ordens ihre Studien machten. Privey 
selbst befasste sich mit der Chemie, wurde geisteskrank, 
starb 1704. Er ruht in der äbtlichen Gruft vor dem Hoch- 
altar. 

VI. Abt Antonius Vogel von Kreylern. Er war früher 
Prior im Kloster der Schwarz- Spanier in Wien. Unter 
ihm wurden an dem Emauser Eirchenfest, welches all- 
jährlich am Ostermontage stattfindet, die bisher üblichen 
zwei Predigten, eine böhmische und eine deutsche, ein- 



— 112 ~ 

geführt. Durch die Bemühung desselben -wurde mit Be- 
willigung Kaiser Josefs I. der Wiener Convent von dem 
Prager getrennt 1708, und das Priorat in Wien zur Abtei 
erhoben. Erster Abt daselbst ward derselbe Antonius Vogel 
TOn Kreylern, in Schlakenwerd in Böhmen geboren. 

VII. Abt Martin Zedlitz. Er hatte den Wahlspruch 
„Domine dilexi decorem domus tuae", Hess zwei neue 
Thürme erbauen, den Boden der Klosterkirche und der 
St. Wenzels-Kapelle mit Marmor belegen, eine neue Kanzel, 
mehrere Altäre errichten und eine grosse Orgel anschaffen. 

Vin. Abt Ernest Graf Schrattenbach. In Steiermark 
geboren, studirte er in Rom im Deutschen CoUegium, 
wurde Benediktiner bei St. Paul in Kärnten, war mit 
der Gesandtschaft des Grafen Damian Hugo Virmand in 
Konstantinopel und wurde schliesslich von Kaiser Karl VI. 
zum Abte in Emaus ernannt. Er erwirkte die Bewilligung 
zur Errichtung der theologischen Studien im Kloster, er- 
richtete den Altar der armen leidenden Seelen und baute 
das Haus neben dem Kloster. Bei der Krönungsfeier Karl VI. 
benutzte seine Gastfreundschaft seiu Bruder, der Cardinal 
und Olmützer Erzbischof Wolf gang Hannibal Graf Schratten- 
bach. Der Abt ruht in der Gruft der Aebte vor dem Hoch- 
altare. 

IX. Abt Maximilian Bach. Nach dem Tode Schratten- 
bachs schickte der Convent den gelehrten P. Veremund 
Proche , Verfasser mehrerer wichtigen Werke, nach Wien, 
um beim Hofe freie Abtwahl zu erbitten. Es musste ein 
Verzeichnis aller Brüder mit ihrer Conduit vorgelegt werden, 
aus denen der Kaiser den P. Maximilian Bach zum Abte 
ernannte. Er lebte früher durch drei Jahre als Einsiedler 
unweit Reichsstadt, später auf dem Marienberge Bösig. 
Dieser Abt führte 1734 die Bruderschaft des heiligen 
Benedikt für Priester und Laien beiderlei Geschlechts ein 
zur Erflehung eines glücklichen Todes durch die Fürbitte 
des heiligen Benedikt als Schutzpatrons der Sterbend.en, 
mit Bestätigung des Pabstes Clemens XII. Er opferte zu 
diesem Zwecke 500 /. 

X. Abt Martin Schmidt. Laut Hofdecret vom 29. August 
1740 mussten drei Candidaten für die Abtwürde von den 
Ordensmitgliedern Sr. Majestät vorgeschlagen werden. Als 
in diesem Jahre Karl VI. starb, ernannte die Kaiserin 



— 113 — 

Maria Theresia den gewesenen Prior von Bösig, uacli- 
herigen Administrator Martin Schmidt, zum Abte. Nun 
folgten die schweren Kriegszeiten im Anfange der Regie- 
rung Maria Theresias. Als die Franzosen Prag eroberten, 
war das Kloster Emaus ganz mit Kranken angefüllt, selbst 
in der Kirche lagen dieselben. Bei dieser Gelegenheit 
wurden von den französischen Soldaten viele von dien bei 
Nördlmgen erbeuteten, in der Kirche von Emaus aufge- 
hängten Fahnen vernichtet. Als die Preussen Prag erobert 
hatten, wurde Emaus in eine Kaserne verwandelt. Den 
Klöstern wurde eine grosse Kriegssteuer auferlegt, Emaus 
musste 10,000 /. zahlen. 

Trotz dieser Drangsale und der Kriegssteuern ersparte 
Abt Martin Schmidt so viel, dass er als Ersatz der nach- 
theilig verkauften Herrschaft Bösig mit Bewilligung der 
Kaiserin Maria Theresia das Gut Tfebeschitz und Lhota 
mit drei Höfen um 65,000 /. und 4000 /. Schlüsselgeld 
erwerben konnte. 

XI. Abt Anselm Günthner. Auf dieselbe Weise wie der 
IX. Abt Maximilian Bach wurde mit kaiserlichem Diplom 
Anselm Günthner aus dem Convente von Bösig zum Abte 
ernannt. Er kaufte für das Kloster von den Augustinern bei 
St. Wenzel in Prag eine ansehnliche Bibliothek, in welcher 
die heiligen Väter, Kirchengeschichte, Commentare, Dogma- 
tik wichtige Vertretung finden. 

Xn. Abt Adam Vitus. Er war früher Prior auf dem 
Marienberge Bezdiez, wurde mit Hofdecret vom 13. Februar 
1775 zum Abte ernannt. Ihm hat die Stiftskirche die 
Kirchenstühle zu verdanken. 

Xni. Abt Prokopius Skoda. Nach dem Tode des Vitus 
Adam wurde dem Kloster nicht erlaubt, einen Abt, sondern 
nur einen Administrator in spiritualibus zu erwählen, die 
Verwaltung der Temporalien wurde in die Hände des Abtes 
von Braunau gelegt. Administrator war Placidus Cemz, 
nach ihm Fabian Piskäcek, welcher mit Gubernial- Ver- 
ordnung nach sechs Jahren der Administration enthoben 
wurde. An seine Stelle wurde 1789 gewählt und bestätigt 
Prokop Skoda. Nach drei Jahren wurde er von allen 
Brüdern in Gegenwart der kaiserlichen Commissäre zum 
Prior gewählt und vom Hofe bestätigt, und ihm zugleich 
die Verwaltung der Klostergüter übergeben. Nachdem er 

Ein Benedittinerbuoh. 8 



— 114 — 

das Priorat viermal nach einander durcli 12 Jahre mit dem 
grössten Lobe verwaltet und die Oekonomie in den besten 
Stand gebracht hatte, -wurde er v?^egen seiner vorzüglichen 
Verdienste, Gelehrsamkeit und Tugenden im Jahre 1801 
vom Kaiser Franz II. zur Würde des Abtes erhoben, vom 
Fürst-ErzbischofWilhelmFlorentin Salm-Salm mit Assistent 
des Prämonstratenser- Abtes von Strahov, Adolf Szamek, 
imd des Cistercienser- Abtes von Osseg, Venusi, benedicirt 
und infulirt und zum fürsterzbischöflichen Consistorialrath 
ernannt. Er gründete eine weit bekannte, berühmte Bilder- 
sammlung (600 an der Zahl), darunter Bilder von den 
grössten Meistern, welche jedoch nach einem grossen 
Brande auf dem Gute Sukdol im Jahre 1822 an die könig- 
liche Bildergallerie nach Dresden verkauft werden mussten. 
Als Abt Skoda, mehrere Bauten vollendet hatte und das 
Haus neben dem Kloster mit der Abtei verbinden wollte, 
starb er 1803. Zu jener Zeit ist (1794) der nach der im 
Jahre 1786 erfolgten Aufhebung des Klosters mit dem 
Wallfahrtsorte auf dem Berge Bösig im Stifte lebende 
unermüdliche Geschichtsschreiber des Stiftes, Hieronymus 
Cechner, gestorben, dessen Manuscripte in vielen FoHo- 
bänden sehr viel Denkwürdiges enthalten und wahrschein- 
lich noch werden bekannt^ gemacht werden. 

SIV. Abt Leopoldus Zalda. Er wurde mit Hofdecret 
vom 20. Juli 1804 als gewählter Abt vom Kaiser bestätigt,, 
übernahm die Besetzung des Communal- Gymnasiums in 
der Stadt Klattau und führte dort am 4. November 1812 
die ersten Benediktiner-Professoren persönlich und feierlich 
ein, unter welchen als Präfect der Doctor der Theologie 
Bobert Peter, und als ausgezeichneter Lehrer der Geschichte 
Cölestin Müller sich befanden. Letzterer erfreute sich später 
als Capuziner- Ordenspriester unter dem Namen P. Franz 
in Wien als Beichtvater in den höchsten Kreisen ^einer 
grossen Beliebtheit. Der herzensgute Abt Leopold Zalda 
war ein vorzüglicher Kanzelredner, predigte auch als Abt 
mit den Brüdern der Reihe nach, liebte den Kirchengesang, 
spielte beim Chorgesang selbst ausgezeichnet die Orgel, 
war während der letzten Jahre seines Lebens ganz erblindet 
und starb im Jahre 1819. Im Convente war P. Dominik Stehr, 
erster und berühmter Lehrer der Taubstummen in Prag. 

Als Administrator wurde gewählt Robert Peter, Doctor 



— 115 — 

der Theologie, gewesener Gymnasial-Präfect in Neuhaas, 
später Präfect des Benediktiner-Gymnasiums in Klattau. 
Als die Brüder um die Bewilligung der Wahl eines Abtes 
ansuchten, folgte Sequestration so lange, bis die finan- 
ziellen Yerhältnisse des Stiftes sich gebessert haben würden. 

XV. Abt Franz Xav. Cästka. Als gewesener Gramma- 
tikal- und späterer Humanitätslehrer wurde er mit gesetz- 
lich vorwiegender Stimmenmehrheit zum Abte gewählt 
und am 5. December 1840 vom Kaiser bestätigt. Die 
Prager Universität ernannte ihn zum Ehrendoctor der 
Theologie. Unter ihm wurden durch Verkauf einiger An- 
theile der Gärten zu Bauplätzen die Kapitalien des Stiftes 
bedeutend gehoben und vermehrt, und das Gymnasium zu 
Klattau mit vielen Opfern zum Ober-Gymnasium erhoben. 
Er resignirte 1871 wegen zunehmenden Alters auf die 
Abtei und lebt bei seinen Verwandten in Kosmanos. 

Der nun folgende Administrator der Abtei, Emanuel 
Franz Hrdlicka, war "Lehrer und Director am Gymnasium 
zu Klattau, später erster Director des bischöflichen Gynma- 
siums zu Budweis, wurde Budweiser bischöflicher Notar 
und am 26. November 1871 zum Administrator der Abtei 
erwählt. Er liess gleich anfangs das in Prag berühmte 
heilige Grab in der Stiftskirche renoviren und viele Bau- 
lichkeiten auf den Gütern in guten Stand setzen. 

Das Emauser Kirchenfest gewann besondern Glanz, 
indem auf seine Bitte am Ostermontage alljährlich Seine Emi- 
nenz Herr Fürst-Erzbischof und Cardinal Fürst Schwarzen- 
berg eine stille heilige Messe imd der hochwürdigste Weih- 
bischof Herr DoctorPrucha das Pontificalamt in der Stifts- 
kirche celebriren und ausgezeichnete ßedner die böhmische 
und deutsche Predigt halten. 

Mit Schluss des Schuljahres 1870 verliessen die letzten 
Emauser Benediktiner das Klattauer Gymnasium, nur einer 
blieb noch zwei Jahre als Lehrer am dortigen Gymnasium, 
welches der Stadt vom Stifte als vollständiges, geordnetes 
Ober-Gymnasium mit reichen Lehrmittelsammlungen und 
einer neuen Gymnasialkirche übergeben wurde. 

Alle gewesenen Directoren und die meisten gewesenen 
Lehrer erhielten von der hohen, vorgesetzten Behörde Be- 
lobungsdecrete , alle Directoren und ein Lehrer erhielten 
kirchliche Auszeichnungen. Die Stiftspriester leisteten nebst 

8* 



— 116 — 

dem täglichen Morgengebete, dem Predigen und Beich.fc- 
hören Aushülfe in dem Beichthören der studirenden Jugend. 
Yon jeher wird täglich für den Restaurator des Stiftes, 
Kaiser Ferdinand III., für Se. Majestät den Kaiser und 
das Allerhöchste Kaiserhaus gebetet und ein heiliges Mess- 
opfer dargebracht , für den ßestaurator Ferdinand III. und 
für den Gründer des Stiftes, Karl IV., jährlich am Sterbe- 
tage ein feierliches Requiem gehalten. 

Wenzel Schända. 




St. Georgenlberg, nun Fieeht in Tyrol. 

|ei dem Dorfe Stans im Untermntliale öffiiet sich 
eine nordwärts aufsteigende und nur dem tervor- 
strömenden Bache Raum gewährende Gebirgs- 
schlucht. Tiefer in dieselbe von den Seiten her ein- 
dringend findet man einen 300' Fuss hohen Pelsenhügel, 
welcher nur durch eine kühn gebaute Brücke zugänglich ist. 
Hier steht 3000 Fuss über dem Meere der Wallfahrtsort 
Georgenberg oder die frühere, jetzt nach dem tiefer im 
Innthale gelegenen Fieeht versetzte Benediktinerabtei. (S. 
„Chronik der Benediktinerabtei St, Georgenberg, nun Fieeht 
in Tyrol". Innsbruck 1874. Verfasst vom letztverstorbenen Abt 
Pirminius.) Auf dem Georgenberg befand sich wahrscheinlich 
schon im 9. Jahrhundert eine Einsiedelei. Als erster Ansiedler 
wird Eathold von Aibling in Bayern genannt, der Priester 
geworden sein soll und das noch vorhandene geschnitzte Bild 
der schmerzhaften Gottesmutter tmter einem Lindenbaume 
aufgestellt hat. Der Einsiedler- GenosBenschaft, welche sich 
bildete, schenkte Bischof Albuin von Sähen und Brixen um 
das Jahr 1000 zum Unterhalte eines Priesters zwei Höfe; all- 
mählich kamen andere Schenkungen hinzu, besonders durch 
Kaiser Heinrich IV. und die Ritter von Schlitters im Ziller- 
thale, welche ihr väterliches Erbe, Buchau, denAchensee 
und das Achenthai und den Hardberg im Zillerthale, auf 
den Altar des heil. Georg legten. „Damach," heisst es in 
der Chronik, „sinnd vil herren vnd edelleut hinauf komen 
vnd jr jeder auff den velss ein hawss gebawet vnd habent 
dieselben hayser die namen der herren behalten, die sy 
gebawet habent, hinz den hevttigen tag, als: Slittrer, 
Freuntsperger , Säbner, vnd habend also gott gedient vil 
lange zeyt vnd jare." 

Diese religiöse Genossenschaft bestand noch in der 
ersten Hälfte des 12. Jahrhiinderts, bis Bischof Reginbert 
von Brixen sich veranlasst sah, eine Benediktinerabtei zu 
errichten, welche im Jahre 1138 durch Pabst Innocenz II. 
bestätigt wurde. Eberhard, der erste Abt, war wahrschein- 



— 118 — 

Hell von Tegemsee gekominen. Er erwarb durch Tausch, 
Kauf und besonders Schenkungen bedeutenden Grundbesitz 
und starb im Jahre 1174. Ihm folgten im gleichen Jahr- 
hunderte noch die Aebte Balduin, Heinrich, Friedrich und 
Chunrad. Im Jahre 1204 weihte Bischof Konrad von Brixen 
unter Abt Sigebot die Kirche auf St, Greorgenberg „in der 
ere dheiligen vnd ungetheilten drivaltigkeit vnd des sig- 
Hchen heyligen kreuz vnd der heyligen gepererin Gotes 
Maria vnd in sunderheit in der ere sant Jakobi des merem 
vnd sant Jörgen des Martres". Georgenberg wurde immer 
weiterhin bekannt und war schon im 13. Jahrhundert ein 
atarkbesuchter WalKahrtsort, ja die Bischöfe von Salzburg, 
Chiemsee und Brixen trugen den Seelsorgern ihrer Diöcesen 
auf, die Kirche des heil. Georg mit Processionen und 
Almosen zu besuchen „gemäss alter Gepflogenheit zu ihrem 
eigenen Seelenheile und zur Vermehrung der Belohnung 
des ihnen anvertrauten Volkes". Im Jahre 1284 brannte 
das Kloster ab. Bischof Bruno von Brixen forderte deshalb 
die Gläubigen zu Beiträgen für den Wiederaufbau auf; die 
bei der Einweihung der Klosterkirche zu Staus versammelten 
Bischöfe ermunterten ebenfalls dazu und verliehen Ablässe, 
und Abt Konrad n. that Alles, was in seinen Kräften stand, 
um das gute Werk zu fördern, und versprach allen frommen 
Gebern Theilnahme an allen Gebeten und guten Werken 
des Klosters. Im Veirzeichnisse der Aebte heisst es: „Es 
ist auch zu dieses Prelathen Zeiten das Gotshaus jammer- 
lich verprunnen; ist derohalben dieser fromb wolregierent 
herr vor Laid gestorben 1287 am 19. November." 

In den Anfang des 14. Jahrhunderts fällt die Verehrung 
des heiligen Blutes auf Georgenberg. Einem Priester kamen, 
wie die Chronik meldet, bei der Feier des heiligen Mess- 
opfers Zweifel über die wirkliche Gegenwart Jesu Christi 
im heiligsten Sakramente. Um ihn davon zu heilen, liess 
es Gott zu, dass die Gestalt des Weines sich „verkertent 
in warlich sichtig vnd wesentlich plut". EinTheil dieses 
heiligen Blutes wurde in einem Gefässe sammt einem Theile 
der Leinwand, womit der Kelch ausgetrocknet worden, im 
Tabernakel aufbewahrt. Da in Folge dieses Wunders die 
Verehrung des heiligen Blutes immer mehr zunahm, und 
auch auffallende Gebetserhörungen stattfanden, wurde durch 
eine bischöfliche Commission 1472 die Sache näher unter- 



— 119 — 

suclat. Das Ergebnis dieser Prüfung war, dass die Ver- 
elirung des heiligen Blutes gutgeheissen und anempfohlen 
wurde. Später wurde, wie Abt Pirmin erzählt, das heilige 
Blut in einem Glascylinder sammt der Leinwand in einer 
eigens hierfür verfertigten Monstranz aufbewahrt, was 
noch gegenwärtig der Fall ist. 

In der folgenden Zeit bis fast in die Mitte des 16. Jahr- 
hunderts ging Alles seinen gewohnten Gang fort. Grosses 
Unglück brachte erst das Jahr 1448, in welchem zuerst 
die Brücke und nachher auch das ganze Kloster ein Raub 
der Flammen wurden. Wahrscheinlich war das Feuer durch 
böswillige Hand gelegt worden. Abt Johannes I. nahm 
sich dieses Geschick so zu Herzen, dass er aus Gram starb. 
Die feste Brücke wurde unter Johannes II. 1461 wieder 
hergestellt, die Kirche aber 1469 unter dem Abte Caspar 
eingeweiht. Derselbe war früher Karthäuser gewesen, musste 
jedoch seiner schwächlichen Gesundheit halber austreten 
und kam in das Benediktinerkloster Gottesthal bei Basel. 
Als dieses im Kriege 1463 abwechselnd von den Engländern 
und Franzosen gänzlich verwüstet worden war und auch 
nicht mehr hergestellt wurde, verfügte sich Caspar, der 
mit Zustimmung seines Obern die Zwischenzeit zu seiner 
Ausbildung in Italien verwendet hatte, nach Innsbruck, 
wo er den Mönchen von Georgenberg bekannt und bald 
zu ihrem Abte begehrt, auch vom Erzherzog Sigmund zu 
seinem Rath erwählt wurde. Er wirkte sehr segensreich, 
vermehrte die Einkünfte, erwarb viele Reliquien und 
Privilegien und stellte das sogenannte Stableramt wieder 
her. „Dieses wurde einem Edelmanne übertragen, der an 
den Vorabenden von Pesttagen mit Begleitung und Pferden 
auf St. Georgenberg sich einfand. Dort musste er bei dem 
Gottesdienste mit einem silbernen Stabe am Altare stehen, 
um zu verhüten, dass Jemand zum Prälaten sich dränge. 
Hierfür bekam derselbe jährlich 10 Pfd. B., ein Paar Filz- 
schuhe, bei jeder Dienstleistung ein Paar Handschuhe und 
zweimal im Jahre eine Bockhaut-Hose und eine Kappe." 

Der Hauptwohlthäter des aus seinen Trümmern erstan- 
denen Stiftes war Erzherzog Sigmund. In den Urkunden 
desselben werden ausser vielen anderen insbesondere noch 
folgende Wohlthaten aufgezählt: „Item ein ganz gülden 
Ornat, ein köstliche Infi, köstlich gülden Ring, Monstranz 



— 120 — 

und anderes zum Gottesdienst gehörige; zu Kurzweil der 
Brüder und jener, welche dahin kirchvertn, ein gar köst- 
lich Schlachentswerk, davon man allweg die stund sehen 
und schlachen wohl mag hören." 

Abt Caspar starb den 14. April 1489 zu Schwaz; er 
war der Mahnung seines früheren Abtes: „unermüdet zu 
sein in der Arbeit und Allen Alles zu werden", treu nach- 
gekommen. Und im Verzeichnisse der Aebte heisst es: 
;„Er war ein wunderbarer Liebhaber gelehrter Leute, um 
die er gern war alle Tage seines Lebens, daher er beide 
Libereien hat gemehrt; darzur nit wenig Bücher, mit 
eigener Hand geschrieben, darinnen sein hoher Verstand 
treffJich sich bat sehen lassen. Er hat das Kloster 22 Jahr 
sehr wohl regiert." Von ihm angekaufte Manuscripte und 
Inkunabeln finden sich in der StiftsbibHothek noch gegen- 
wärtig vor. 

Unter den folgenden Aebten des 16. Jahrhunderts 
standen nicht alle mit gleicher Sorgfalt dem Stifte vor, 
oder sie regierten nur ganz kurze Zeit; auch war die Zahl 
der Mönche sehr klein geworden. Dies war, wie der Ver- 
fasser der Eingangs erwähnten Chronik bemerkt, „ohne 
Zweifel eine Wirkung der sog. Reformation, deren nach- 
theilige Folgen aus dem benachbarten Deutschland auch 
nach Tyrol sich verbreitet hatten, deren eine darin bestand, 
dass Sinn und Neigung zum Priester- insbesondere zum 
Ordenssfcande in Abnahme kamen und wie allenthalben so 
auch auf St. Georgenberg der Priestermangel sehr fühlbar 
wurde". Den f. b. Visitations - Protokollen zufolge war 
aber die Klosterzucht auf St. Georgenberg damals untadel- 
haft, vielmehr strenge. 

Diese Zustände, zu denen sich auch zeitliche Noth 
und eine grosse Schuldenlast gesellten, währten noch im 
Anfänge des 17. Jahrhunderts. Damals beherbergte Georgen- 
berg auch einen vornehmen Gast oder richtiger Gefangenen, 
nämlich Melchior Kiesel, der sich aus einem Bäckerjungen 
zur Würde eines Bischofs von Wien, Kanzlers des Kaisers 
Mathias undCardinals durch seinTalent und seinen Glaubens- 
eifer emporgeschwungen hatte. Wegen seines Einflusses 
auf den Kaiser bei den Erzherzögen Ferdinand und Maxi- 
milian verhasst, wurde er von diesen 1618 festgenommen, 
nach Ambras bei Innsbruck und im folgenden Jahre nach 



~ 121 — 

Georgenberg gebracht. So elu-envoll, sagt der Chronist, 
es nun zwar für das Kloster gewesen, diesen berühmten 
Mann innerhalb seiner Mauern zu beherbergen, so erwuchs 
doch demselben daraus ein grosser Nachtheil. Die Wall- 
fahrer sollten nämlich bei der Thorwache einer Unter- 
suchung sich unterziehen, ob sie nicht vielleicht Briefe an 
den Cardinal bei sich hätten. IJm nun dieser Unannehm- 
lichkeit zu entgehen, blieben die Leute fort und der Besuch 
der Wallfahrtskirche kam völlig in Abnahme. Nach un- 
gefähr drei Jahren wurde Kiesel- auf Verlangen Gregors XV. 
nach Rom entlassen, wo er ganz schuldlos erklärt ward. 
Er kehrte nach Wien zurück und lebte in Ehren und An- 
sehen bis zu seinem Tode. 

Im Jahre 1637 wurde das Kloster zum dritten Male 
durch Brand zerstört. In dieser Noth ' erhielt es einen 
tüchtigen Abt in der Person des Benedikt Herschi aus 
Tegemsee, welcher während einer Amtsführung von 
21 Jahren nicht nur die Gebäude wieder aufführte, sondern 
auch die Schuldenlast tilgte, zuletzt aber der Parteileiden- 
schaft weichen musste. Er zog es vor zu resigniren und 
starb 1671 im Ehester Attl in Bayern. 

Nachdem das neuhergestellte Georgenberg, welches 
überdies im Jahre 1668 durch eine ungeheure Schneelawine 
sehr grossen Schaden erlitten hatte, kaum 70 Jahre ge- 
standen, brannte es 1705 zum vierten Male nieder. In 
einer ungefähr fünf Stunden entfernten Gegend im Vomper- 
thale war, erzählt der Chronist, ein Waldbrand entstanden, 
der dort 13 Tage dauerte. Ein heftiger Sturmwind triel;> 
am Allerheiligen-Abende das Feuer über das Gebirge in 
das Stallenthai in die Waldung des Klosters und endlich 
zur Vesperzeit gegen dieses selbst. So schnell griffen die 
Flammen um sich, dass die Mitglieder des Klosters nur 
die allerwichtigsten Gegenstände in Sicherheit bringen und 
ihr Leben durch die Flucht retten konnten. Ein Raub der 
Flammen wurden: das Kloster, die beiden Kirchen, die 
Mühle, die Schmiede, der Ziegelofen, die grosse Brücke 
T-inä alle übrigen Nebengebäude, fast alle Einrichtungs- 
stücke. Es wurde nun beschlossen, das Kloster nicht mehr 
auf dem Georgenberge, sondern im Dörfchen Fiecht, Schwaz 
gegenüber, herzustellen, wo das Stift schon Grund und 
Boden beaass. Indessen sollte Georgenberg nicht ffir immer 



— 122 — 

"verlassen werden. Das christliclie Volk aelmte sich. nach, 
dem altehrwürdigen. Wallfahrtsorte; daher wurde durch 
milde Beiträge zuerst ein kleines Kirchlein, darnach ein 
Theil der ehemaligen Klostergebäude und zuletzt die grosse 
Kirche wieder aufgebaut und 1735 das Grnadenbild mit 
grosser Feierlichkeit dahin übertragen. Auch diesen Neu- 
bauten drohte 1819 grosse Feuersgefahr, welche jedoch 
ohne wesentlichen Schaden vorüberging. In den Jahren 
1843 und 1844 wurde eine Restauration vorgenommen und 
darauf 1845 die tausendjährige Gedächtnisfeier des ersten 
Einsiedlers und Gründers der "Wallfahrt, Rathold, durch 
neun Tage festlich begangen. In diesen Tagen empfingen 
25,000 Gläubige auf Georgenberg die heilige Communion, 
Tim des von Gregor XVI. bewilligten vollkommenen Ab- 
lasses theilhaftig zu werden. Es wurden 222, am Schluss- 
tage allein 55 heilige Messen gelesen. Noch mehr ver- 
schönert wurde Georgenberg in den Jahren 1862 bis 1867, 
und noch immer bis auf diesen Tag ist es der Zielpunkt 
vieler Tausende, die dort für Geist und Leib Ruhe und Er- 
quickung suchen und neugestärkt in das Thal zurückkehren. 

Was nun das Stift Fiecht betrifft, so wurden in den 
Jahren 1706 bis 1712 unter dem später als Büsser ver- 
storbenen Prälaten Gölestin Böhm so viele Räumlichkeiten 
hergestellt, dass die seit dem Brande zerstreut lebenden 
Conventualen sich wieder sammeln konnten. In den Jahren 
1740 bis 1750 wurde die Stiftskirche erbaut und war der 
Fortbestand nach menschlichem Ermessen gesichert, Dank 
dem unermüdlichen Wirken des aus Wessobrunn postolirten 
Abtes Lambert Höllerer, der dem Kloster von 1740 bis 
1772 vorstand. Sein Nachfolger, Pirmin Seidl, war ein 
besonderer Freund der Wissenschaften und Künste. Er 
erwarb zahlreiche kostbare Bücher und stellte sie in einem 
neuerbauten Saale auf, der noch gegenwärtig der schönste 
der drei Bibliotheksäle ist. Als aber im Jahre 1797 das 
Kloster Fiecht zu einem Militärspitale bestimmt wurde, 
zogen sich die Mönche nach Georgenberg zurück, wie es 
schien, für immer. Denn im Jahre 1807 wurde die Abtei 
aufgehoben und unter bayerische Administration gestellt. 

Nach der Wiedervereinigung Tyrols mit esterreich 
wurde auch Fiecht 1816 wieder geöffiiet und 1817 Thomas 
Zacherle zum Abte des ganz verarmten Klosters erwählt, 



— 123 — 

dem man zugleicli die Uebemahme des Gymnasiums zu Hall 
aufbürdete. Diese Last war aber für das an Geld und Leuten 
entblösste Stift zu gross, es gerietb in tiefere Schulden 
und wurde 1825 bis 1834 unter Administration gestellt. 

Eine bessere Periode schien mit dem 1834 erwählten 
Abte Pirmiu beginnen zu wollen. Er vermehrte die Zahl 
der Conventualen, ordnete das Archiv, erwarb manche 
verlorene Rechte zurück, erbaute das grosse Haus in der 
Pertisau, am schönsten Pimkte des Achensees, errichtete, 
nachdem das Gymnasium in Hajl den Franziskanern über- 
geben war, im Stifte eine Unterrichts- und Erziehungs- 
anstalt, die sich bald eines sehr guten Rufes erfreute, 
wurde aber in seinen weiteren Bestrebungen gewaltig ge- 
hemmt durch die neue Grundlastenablösung, deren Folge 
für das Stift eine sehr nachtheilige war, eine „Verminderung 
der Einkünfte und Bezüge, eine Vermehrung der Steuern 
und Abgaben, eine Umwandlxmg des auf Grund und Boden 
basirten Kapitals in ein Kapital auf unsicherm Papiere". 
„Endlich," wir wollen ihn selbst reden lassen, „-wurde 
auch dieses Kloster, nachdem es seit seiner Erbauung 
manche widrige Ereignisse erfahren, vom schwersten 
Schlage getroflen, von jenem Unglücke nämlich, von dem 
das Stammkloster St. Georgenberg viermal so schwer heim- 
gesucht worden war. Ein im Küchenkamine entstandenes 
Feuer ergriff das durch eine andauernde Sommerhitze aus- 
gedörrte Schindeldach und verbreitete sich, allen Lösch- 
versuchen Trotz bietend, so schnell, dass in drei bis vier 
Stunden Kloster und Kirche in Asche gelegt waren. Un- 
versehrt blieben die gewölbten Lokalitäten des Archivs, 
der Bibliothek und einTheil des Innern der Kirche. Vieles 
wurde zwar gerettet, aber noch Mehreres ging zu Grunde. 
Die meisten Stiftsmitglieder begaben sich nach St. Georgen- 
berg, einige fanden Unterkunft an Seelsorgen. Im Herbste 
fand dann eine Uebersiedlung in das Schloss Rothholz statt, 
dessen geräumige Lokalitäten der Hochw. Fürstbischof von 
Brisen als Eigenthümer gütigst zur Verfügung gestellt hatte. 
Dort wurde dann auch das Knaben-Erziehungsinstitut wieder 
eröffnet. Gleich nach dem unglücklichen Ereignisse wurden 
die zur Wiederherstellung der abgebrannten Gebäude 
nöthigen Anstalten getroffen. Rasch ging der Bau vor- 
wärts. Bis zum October 1870 waren die Kirche imd die 



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notli wendigsten Lokalitäten des E3.osters soweit restanrirt, 
dass die Rückkelir aus Rothliolz erfolgen konnte. Am 
9. October fand die Wiederbesitznahme von Eirclie und 
Kloster statt und zwar mittelst feierlicher Uebertragung 
des Allerheiligsten aus der näcbstgelegenen kleinen Kircbe 
in die Stiftskirche. Ein plötzlich herniederströmender 
Gewitten-egen begleitete die Stiftsmitglieder in die Heimat 
zurück, aus welcher das verheerende Feuer sie vertrieben 
hatte." 

Der hochverdiente Abt Pirmin starb, nachdem er 
42 Jahre die äbtliche Würde bekleidet hatte, am 21. Aprü 
1875. Am 29. Juli desselben Jahres wurde Herr Albert 
Wildauer zum Nachfolger erwählt und am 26. September 
benedicirt. Das Stift zählt gegenwärtig 18 Priester und 
4 Kleriker. Drei Priester versehen die Pfarre Achenthai 
mit 980 Seelen und zwei Schulen; ein Priester versieht die 
Wallfahrt auf Georgenberg; einer die Curatie Stans mit 
513 Seelen und einer Schule; einer die Lokalie Terfens 
mit 382 Seelen und einer Schule. Die übrigen versehen 
die verschiedenen Klosterämter und wirken als Lehrer am 
Erziehungsinstitut. Der durch seine Predigtwerke überall 
bekannte P. Augustin Seherer ist leider im Jahre 1878 
gestorben. Das Stift besaes auch mehrere in der Tonkunst 
ausgezeichnete Ordenspriester. Von P. Eberhard Zobel, 
einem Maler, haben früherhin viele Tyroler Künstler den 
ersten Unterrieht empfangen. Auch besitzt das Eloster 
noch einen Bischofsstab aus der Mitte des 13. Jahrhxmderts 
aus Holz und Bein, den Abt Eberhard vom Bischof Hart- 
mann von Brixen erhalten hatte. Die neue Stiftskirehe 
enthält zwei Gemälde , den Tod des heiligen Benedikt von 
Deschwanden und den Tod der heiligen Scholastica von 
P. Paul Obwexer, 0. S. B. 

Wer nach Fiecht kommt, xmterlasse es nicht, den 
l'/g Stunden entfernten Georgenberg zu besuchen, wo er 
auch ein Gasthaus mit guter Bedienung findet. Der an- 
fänglich etwas steile Waldweg, die enge Thalschlucht, 
das Rauschen der Bäche, der hohe mit der Wallfahrt ge- 
krönte Felsen, die wohlthuende Stille und das gottgeweihte 
Haus mit seinen Heiligthömern werden in seinem' Gemüthe 
einen freundlichen Eindruck zurücklassen, 

Dr. BeRNABD M. LrEBHEIMER. 




Das Stift Göttweig in Niederösterreich.. 

i en Städten Krems und Stein gegenüber am rechten 
Ufer der Donau und von dieser eine halbe Stunde 
entfernt, erbebt sich der Berg Göttweig (Chottwik) 
mit dem gleichnamigen Stifte, nur im Weöten 
von einem höheren Berge überragt, sonst aber nach allen 
Richtungen eine prachtvolle Aussicht gewährend. Dieser 
Berg war schon in ältester Zeit bewolint, bevor noch die 
Römer das Land in Besitz nahmen, und wurde auch von 
diesen mit einem Castelle gekrönt, um das jenseitige, 
feindliche Donauufer leichter beobachten zu können. Hier 
ward auch vom seligen Altmann, Bischof von Passau, 
das noch bestehende Kloster gegründet. 

Die Sage berichtet uns hierüber Folgendes. Altmann 
kam auf seiner "Wanderung zum Studium nach Paris mit 
zwei Begleitern, Adalbero, dem nachherigen Bischof von 
Würzburg, und Gebhart, später Erzbischof von Salzburg, 
an den Fuss des Göttweiger Berges und hielt hier an einer 
Quelle Rast. Die drei Jünglinge sprachen von ihrer Zu- 
kunft imd gelobten, wenn sie zur bischöflichen Würde 
gelangen sollten, jeder ein Kloster zu gründen. Verleitet 
durch die Schönheit des nahen Berges erklärte Altmann, 
sein Kloster auf diesem errichten zu wollen. Thatsache 
ist, dass Altmann 1065 nach dem Tode des Bischofs Eigü.- 
bert den Sitz von Passau bestieg und einige Jahre später 
mit der Gründung des Klosters begann. Sein Biograph 
berichtet uns darüber: Als der Bischof Altmann eines Tages 
in seiner Stadt Mautern weilte und von hier aus den schönen 
Berg sah, fragte er die Bewohner der Umgegend über den- 
selben aus. Diese erregten durch unglaubliche Erzählungen 
die Neugierde des Bischofs, so dass er selbst denselben in 
Augenschein zu nehmen wünschter Er ritt auf einem Maul- 
thiere auf denselben hinauf und fand, dass er sehr aus- 
gedehnt und vollkommen zu einem Kloster geeignet wäre. 
Er zögerte auch nicht mit der Ausführung dieses Gedankens, 
sondern Hess den dichten Wald am Gipfel des Berges ab- 
räumen und daselbst eine Wohnung und Bethaus erbauen. 



— 126 — 

Als er noch währeiid der Arbeit in Zweifel war, welchem 
HeiUgen er den Ort weihen sollte, kamen Abgesandte der 
Herzöge von Böhmen und brachten ihm als Geschenk der- 
selben ein Bild der Gottesmutter Maria von griechischer 
Arbeit, was derselbe als einen Fingerzeig Gottes ansah 
und darnach das zu erbauende Kloster der heiligen Gottes- 
mutter weihte. Schon im Jahre 1072 war das Kirchlein 
der heiligen Erintrud und das Bethaus mit dem Altare der 
heiligen Gottesmutter vollendet, aber noch mussten elf 
Jahre vergehen, bis Altmann seine Stiftung vollenden \mö. 
ihren Bewohnern übergeben konnte. Dies geschah 1083 
am 9. September durch Ausstellung des Stiftungsbriefes, 
der noch als ein Kleinod im Stiftsarchive aufbewahrt wird, 
mit welchem der Bischof der neuen Stiftung die damals 
weit ausgedehnten Pfarren Mautem, Mühlbach, Nalb, 
St. Petronell, Kilb und Pyhra und einen grossen Besitz an 
Gründen, Zehnten und Leibeigenen zuwies. Das so aus- 
gestattete Kloster wurde den Kanonikern, welche nach der 
Kegel des heiligen Augustin lebten, übergeben. 

Gross sind die Wechselfälle, welche das Kloster seit 
seinem fast achthundertjährigen Bestände durchgemacht 
hat; mehr als einmal war es dem Zerfalle nahe, aber 
immer wieder erhob es sich unter Gottes Schutze zu neuer 
Kraft, um die ihm gestellten Aufgaben der Religion und 
Civilisation lösen zu können, wie eine übersichtliche Dar- 
stellung seiner Geschichte zeigen wird. 

Die Regularkanoniker hielten sich in dem neu- 
gegründeten Kloster unter den Pröbsten Otto und Konrad 
nur bis zum Jahre 1094. Denn als nach dem Tode des 
Bischofs Altmaim 1091 viele Unberufene sich ins Kloster 
drängten und dasselbe in Verruf brachten, wollten die 
besser Gesiimten mit dem Probste Konrad dasselbe ver- 
lassen und Hessen sich nur durch einen Priester aus Schott- 
land Namens Johann zurückhalten, der, schon mehrere 
Jahre in der Klosterkirche eingeschlossen und ein heilig- 
massiges Leben führend, ihnen den Rath gab, ihren Orden 
in einen strengeren umzuwandeln. Mit päbstlicher und 
des Bischofs von Passau Erlaubnis nahmen sie den Orden 
des heiligen Benedikt an und wählten zu ihrem ersten Abte 
den bisherigen Prior von St. Blasien im Schwarzwalde, 
Hartmaim. 



— 127 — 

1. Hartmann (1094 — 1114) kam an der Spitze einer 
Meinen aber auserwahlten Schaar von Mönchen, unter 
welchen sichWirnto und Berthold befanden, die späteren 
Aebte von Formbach und Garsten und beide als Heilige 
verehrt, nach Göttweig, nachdem ihm, -wie er selbst den 
Brüdern erzählte, Bischof Altmann im Schlafe erschienen 
war und ihm seine Stiftung ans Herz gelegt hatte. Unter 
seiner Leitung blühte Göttweig schnell empor. Voll Eifer 
für die Religion sorgte er für Aufrechthaltung einer strengen 
Disciplin; er errichtete eine Klosterschule, die bald ihren 
Ruf über Deutschland verbreitete,, so dass Kaiser HeinrichlV. 
seinen zum Bischof von Speier bestimmten Sohn in der- 
selben erziehen liess; er brachte selbst Bücher mit und 
Hess solche hier abschreiben, wodurch der Grund zu der 
so bedeutenden Bibliothek gelegt wurde. Unter ihm ver- 
mehrten zahlreiche Schenkungen des Klosters Besitz und 
päbstliche und kaiserliche Schutzbriefe versprachen dem- 
selben Sicherheit. Kein Wunder, wenn Hartmanns so 
segensreiche Thätigkeit auch für andere Orte in Anspruch 
genommen wurde. So war er zugleich Abt von Kempten, 
von St. Ulrich und Afra in Augsburg, von St. Lambrecht 
in Steiermark und wmrde ihm auch der erzbischöfliche 
Stuhl von Salzburg angetragen, den er aber ausschlug, 
und musste 1107 das Kloster Garsten mit einer Colonie 
aus Göttweig bevölkern. 

Während seiner Abwesenheit von Göttweig war Erchin- 
frid Vorsteher des Klosters. Dieser war ursprünglich Soldat 
gewesen, dann in das Kloster eingetreten und hatte sich 
mit solchem Eifer den Studien hingegeben, dass er nicht 
bloa ein theologisches Compendium verfasste, sondern mit 
Hartmanns Zustimmung von den Brüdern als sein Stell- 
vertreter gewählt ward. Unter diesem lebte wahrschein- 
lich auch Bruder Heinrich in Göttweig als ausgezeichneter 
Dichter, und in dem am Fusse des Göttweiger Berges 
schon von Hartmann gegründeten Frauenkloster die. älteste 
deutsche Dichterin Ava. 

2. ^a*2^o (1114— 1125) war vor seiner Wahl zum Abte 
durch mehrere Jahre Prior im Kloster und hatte durch 
seine gediegenen Kenntnisse und seine Geschäftsgewandt- 
heit das Vertrauen der Brüder gewonnen. In den Fuss- 
stapfen seines Vorgängers wandelnd sorgte er für Ver- 



— 128 — 

grösserung der Bibliothek und Veriaehrxing und Arrondirung 
des Stiftsbesitzes. Unter ihm wurde die Pfarre Michelbach 
von Pybra abgetrennt, und die neue Pfarre Eottes erricMet; 
unter ihm wurde der Prior des Klosters, Ludwig, mit 
mehreren Brüdern 1116 in das neugegründete Kloster Seiten- 
stetten berufen. Unter ihm trat die Schwester des Mark- 
grafen Leopold d. H. und Gemahlin des Herzogs Bofivoy von 
Böhmen, Grerbirg, nach dem Tode ihres Gemahls 1124 in 
das Frauenkloster, nachdem sie einen bedeutenden Besitz 
nach Göttweig geschenkt. Sie starb am 10. Mai 1142. 

3. Chadalhoh (1125— 1141) war vor seiner Wahl Gustos 
der Kirche. Auch von ihm wird gerühmt, dass er die 
heiligen Geräthe, die Büchersammlung gemehrt, Besitz 
und Gebäude vergrössert habe. Er Hess durch einen der 
Brüder die Lebensgeschichte des seligen Stifters Altmann 
schreiben. Unter ihm starb die Clausnerin und Dichterin 
Ava 1127; er erhielt die päbstliche Erlaubnis, dass Laiea 
in den Klosterkirchen, deren unter ihm sieben gezählt 
werden, begraben werden können, was sehr häufig benutzt 
wurde. 

4. Gerlioli (1141—1150). Abhold jedem Streite legte 
er die äbtliche Würde nach neun Jahren freiwillig nieder, 
weil er von einigen unzufriedenen und ehrgeizigen Brüdern 
bei dem Diöcesanbischof Konrad von Passan verleumdet 
u.nd von diesem nicht günstig behandelt worden war. Er 
starb bald nach seiner Resignation. 

5. Wemlier (1150 — 1155) war nicht durch die Wahl 
der Brüder, sondern durch Bischof Konrad von Passau 
dem Kloster zum Abte gegeben. Er stammte von Be- 
diensteten der Eegensburger Kirche und hatte im Kloster 
Prüflingen das Ordenskleid genommen. Er zeigte sich auch 
gewaltthätig gegen das Kloster Waldhausen, dessen neu- 
gewählten Abt Selpker mit den Brüdern er vertrieb^ während 
er selbst dieses Kloster 20 Monate im Besitze hatte. Mit 
dem Abte von ßot führte er Streit um Besitzungen an der 
Schwarza mit günstigem Erfolge. Seine grosse Strenge 
gegen die Brüder wurde von einigen Missvergnügten zur 
Aufreizung gegen ihn benützt und er bei dieser Gelegen- 
heit gewaltsam aus dem Leben geschafft. 

6'. Friedrich (1156), der Nachfolger des unglücklichen 
Wernher, regierte nur ein Jahr. 



— 129 — 

7. Johann I. (1157 — 1174) -war Profess von Admont 
und wurde von da als Abt nach Göttweig berufen. Er 
war sehr demüthig und scbrieb sieb nur der „demütbige 
Diener" , und darum aucb sebr beliebt bei dem Landes- 
fürsten und dem Diöcesanbiacbofe , wie aus den häufigen 
Zeugentmterscbriften geschlossen werden kann. Für Gött- 
weig tauschte er die Pfarren St. Veit an der Gölsen und 
Hainfeld für einen Besitz in der Nähe von Seitenstetten 
ein und suchte sich die von der Herzogin Gerbirg erhaltenen 
Besitzungen zu sichern. 

8. Rudmar (1174 — 1200) schrieb eine neue Lebens- 
geschichte des seligen Stifters Altmann und wusste zu den 
früheren Besitzungen des Klosters neue zu erwerben, wo- 
bei ihm das freundliche Einvernehmen mit dem Bischof 
Dietpold von Passau sehr zu Statten kam. 

9. Conrad (1200 — 1202), welchen Einzelne für den 
Dichter des Nibelungenliedes halten wollten. 

10. Weselin (1202 — 1231) spielte im öffentlichen Leben 
eine bedeutende Rolle, da er bei wichtigen Verhandlungen 
als Zeuge oder sehr häufig als Schiedsrichter fungirte, was 
auch Göttweig den Vortheil brachte, dass die Streitsachen 
desselben viel schneller geschlichtet und durch landeaförst- 
liche Privilegien gesichert wurden. Nicht unwahrscheinlich 
ist es, dass Abt Wezelin den Kxeuzzug 1217 mit dem Herzoge 
Leopold mitmachte. Im Jahre 1231 resignirte er freiwilUg 
auf die äbtliche Würde und starb noch im selben Jahre. 

11. Heinrich I. von Nalb (1231—1232) trat in den 
Dominikanerorden in Krems und ist wahrscheinlich iden- 
tisch mit dem Bruder Heinrich aus dem Dominikanerorden, 
welcher 1251 Bischof wurde. 

12. Heinrieh II. Zant (1232—1237). Seine Regierungs- 
zeit wird ausgefüllt durch den Streit mit einem Abte von 
Rot über Göttweig gehörige Güter an der Schwarza, auf 
welche der Abt von Rot Anspruch machte. Der römische 
Stuhl, vor welchen dieser seine Klage brachte, bestimmte 
Schiedsrichter, welche zu Gunsten Göttweigs entschieden; 
aber trotzdem wusste es der Abt von Rot durch seine 
Machinationen dahin zu bringen, dass Abt Heinrich 11. von 
Göttweig 1237 seines Amtes entsetzt und eingekerkert 
vnirde; er starb in Gefangenschaft. 

13. Harttoik (1237 — 1245) hatte unter traurigen Ver- 
Ein Benediktinerbiich. /-"'O 



— 130 — 

iältnissen die Leitung des Stiftes in Händen. Obwohl er 
sich gewiss alle Mühe gab, die Interessen des Klosters 
gegen ungerechte Uebergriffe der Schirmvögte und gegen 
Gewaltthätigkeiten fremder Unterthanen zu wahren, so mag 
ihm dies, nach den urkundlichen Belegen aus seiner Zeit, 
nur in wenigen FäUen Erfolg gebracht haben, was schliess- 
lich zu seiner Amtsentsetzung denAnlass gegeben haben mag. 

14. Heinrich III. von Rottersdorf (1245—1256) hatte 
keine besseren Zeiten, wie sein Vorgänger. Nach Herzog 
Friedrichs Tode mehrten sich die Bedrückungen der Vögte 
ebenso, als sich die Einnahmen des Klosters minderten, 
so dass der Abt einzelne Güter versetzen musste. Dieser 
Umstand sowie das Unterliegen der kaiserlichen Partei, 
deren Anhänger der Abt war, mochte ihn zum Niederlegen 
seiner Würde bewogen haben. 

15. Helmwik (1256 — 1279) sah unter der Fortdauer der 
früheren Bedrückungen und bei eingetretenem Misswachse 
die Lage des Klosters immer trauriger werden und musste, 
trotzdem ihm König Ottokar von der jährlichen Abgabe 
an Marchfutter 250 Muth nachsah, gleichfalls zur Ver- 
setzung von Klosterbesitzungen schreiten. Erst in den 
letzten Jahren seiner Regierung wurden dem Kloster einige; 
Schenkui^en zu Theil, welche er mit dem noch übrigen 
Besitz durch einen päbstlichen Schutzbrief, welchen er sich 
erwarb, vor ungerechtem Angriff schützen wollte. 

16. Hermann (1279—1286) wehrte sich mit gutem Er- 
folge gegen die Uebergriffe der Vögte im Gölsenthale und 
wusste namentlich Herzog Albrecht zur Uebernahme der 
Vogtei in Kilb zu bewegen. 

17. Heinrich IV. (1286 — 1309) stammte aus dem adeligen 
Geschlechte der Meuerlinger, welche unweit des Klosters 
begütert waren, und hatte unter dem Abte Helmwik das 
Ordenskleid genommen. Durch weise Umsicht wusste er 
die Einkünfte des Klosters zu mehren, dass es ihm mög- 
lich wurde, nicht unbeträchtliche Erwerbungen an Gütern 
zu machen. Auch für das geistige Wohl seiner Unter- 
gebenen war er sehr besorgt, wie die zahlreichen Indulgenz- 
briefe beweisen, die er für die Stiftskirche erlangte. Er 
war der Erste, welcher im Jahre 1302 ein genaues Ver- 
zeichnis aller Besitzungen des Klosters sammt den Leistungen 
durch den Notar des Stiftes und Pfarrer von Heinfeld an- 



— 131 — 

legen Hess, welclies noch im Stiftsarchive aufbewahrt vrisd. 
Im Vereine mit dem Abte von Lilienfeld hatte er eineji 
Streit zu schlichten zwischen dem Frohste von St. Polten 
und Heinrich von Radeck. Reich an Verdiensten starb er 
im Jahre 1309 und wurde in der Stiftskirche begraben und 
ihm daselbst ein Grabmal gesetzt. 

18. Petrus I. (1309—1317) befolgte das Beispiel seines 
Vorgängers bezüglich der Stiftsbesitzungen; er vertauschte 
oder vergab entferntere und minder erträgliche und erwarb 
besser gelegene. Er erhielt ansehnliche Schenkungen, da- 
runter im Jahre 1314 einen Weinzehent am Pfaffenberge 
bei Stein von der Königin Agnes von Ungarn. Obwohl 
der Katalog von ihm nur erwähnt, dass er eine Kapelle 
des heiligen Andreas in der Abtei erbaut habe, dürfen wir 
doch mit Recht schliessen, dass die Disciplin im Kloster 
selbst wieder hergestellt war, weil Abt Petrus zugleich mit 
dem Abte von Lüienfeld zur Visitation des Klosters Maria- 
zeil bestimmt ward. 

19. Marhivard {lsn—lS23) aus dem adeligen Geschlechte 
der Weissenburger bewährte sich gleichfalls als ein tüch- 
tiger Administrator des Klosterbesitzes, welchen er grössten- 
theils durch Käufe ansehnlich vermehrte und im Jahre 1322 
neuerdings verzeichnen Hess. Von seinem Ansehen giebt die 
Thatsache Zeugnis, dass ihn Erzbischof Friedrich von Salz- 
burg subdelegirte, die Privilegien der Minoriten zu schützen. 
Kurz vor seinem Tode 1323 bewog er noch seine Verwandten 
zum Abtreten der Pfarre Hofstetten an das Stift. 

20. Otto Löchler (1323—1336) war vor seiner Wahl 
Pfarrer von St. Veit an der Gölsen, wohin er nach seiner 
Resignation 1335 wieder zurückkehrte und wo er noch bis 
1361 lebte. Das Stift verdankt ihm die Sicherung schon 
vorhandener und die Erwerbung neuer Besitzungen, darunter 
1330 die Pfarre Kleinzeil. Für seinen kirchlichen Geist 
sprechen die Verbrüderung mit Altenburg und die Erbauung 
der Kirche des heiligen Benedikt im Stifte, die er mit be- 
deutenden Gütern ausstattete. 

21. Wolfgang I. (1336-1364) aus dem »deligen Ge- 
schlechte der Altenburger nahm bedeutende Besitzver- 
änderungen vor, wie mehr als 100 Urkunden aus seiner 
Zeit beweisen, und zwar zum Besten des Stiftes; er schloss 
die Verbrüderung mit Admont, sicherte die Pfarre Hof- 



— 132 — 

stetten gegen tmgerecMe Ansprüche und erwarb einen 
neuen Pastoralstab aus Silber, 

23. Dietrich (1354 — 1359) schloss eine Verbrüderung 
mit Oberaltaicb, gab seine Zustimmung zu einer Stiftung 
in der KÜrche zu Ramsau und batte mehrere Angriffe auf 
die Stiffcsbesitzungen abzuwehren. Er reaignirte 1359 und 
starb bald darnach. 

33. Johann II. (1359—1360) von Thallern war Zeuge 
bei der Erhebung der St. Stephanskirche in Wien zu einer 
CollegiatMrche durch Herzog Eudolf IV. Während seiner 
einjährigen Regierung kam der Streit über die Stiftszehente 
zu Wölbling zu einem erfreulichen Abschluss. 

34. Ulrich I. TotzenheJc (1360 — 1370) erfreute sich 
eines grossen Ansehens. Im Streite zwischen dem Abte 
von Tegemsee und dem Probste von St. Polten war er 
Schiedsrichter; er fertigte das Bündnis zwischen den 
Söhnen Alberts II. und den Königen von Ungarn und Polen. 
Er hob den Cult des seligen Stifters Altmann, da er 
im Beisein Herzogs Rudolf IV. dessen Gebeine aus dem 
Grabe erhob und selbe an einem Altare feierlich beisetzte 
und zugleich dessen Pest mit eigenen Gebeten feiern Hess. 
Er schloss Verbrüderungen mit Ebersberg und Nieder- 
altaich. Dass er das Besitzthum des Stiftes energisch ver- 
theidigte und nicht unbedeutend mehrte, beweisen zahl- 
reiche Urktmden aus seiner Zeit. 

35. Ulrich IL Pirehfelder (1370—1385) war ein nicht 
minder ausgezeichneter Verwalter des Stiftes als sein Vor- 
gänger. Er erhielt 1371 vom römischen Stuhle eine Be- 
stätigung der Klosterprivilegien und 1382 von Pabst Urban VI. 
den Gebrauch der Pontificalien, wodurch dem Stifte ein 
nicht geringer Glanz verliehen ward. Wenig wahrschein- 
lich ist daher die Bemerkung des Kataloges, dass Abt Ulrich 
1385 seines. Amtes entsetzt worden sei. 

36. Friedrich II. Techler (1385—1399). Unter ihm 
scheint der firühere gute Stand des Stiftes sehr geschwunden 
zu sein, wie die zahkeichen Verkäufe andeuten , so zwar, 
dass Pabst Urban VI. sich bewogen fühlte, durch Einver- 
leibung der Pfarren Nalb, Hofstetten und Mautern mit 
ihren Einkünften 1385 dem gesunkenen Stifte zu Hülfe zu 
kommen. Auch Pabst Bonifaz IX. musste sich wiederholt 
Göttweigs annehmen, indem er demselben die Pfarre 



— 133 — 

Fetronell und die Filialen Eabenstein und ßosaatz eia- 
verleibte und gegen die Beschädiger derselben mit kircli- 
licben Strafen vorging. Durch, diese Umstände Hess sieb 
Abt Friedrieb bewegen, auf seine Würde zu resigniren und 
auf die Pfarre St. Veit an der Gölsen zu geben. 

57. Johann III. Badendorfer (1399—1402) war vor 
seiner Wabl Pfarrer zu St. Veit. Er erlangte von Pabst 
Bonifaz IX. die Erlaubnis, die Pfarre Mautem mit Religiösen 
zu besetzen, Tind die Exemtion des Stiftes, seiner Pfarren 
und Besitzungen von der biscböflicben Gewalt. Nacb drei- 
jäbriger Regierung starb er an Vergiftung. 

28. Petrus II. (1402—1431) von St. Polten erhielt der 
Erste vom römiscben Stuble die Bestätigung seiner Wabl 
und die Erlaubnis, sieb von welchem Bischof immer weihen 
zu lassen. Seine Thätigkeit im Stifte war vorzugsweise 
darauf gerichtet, die baufälligen Gebäude mit neuen zu 
ersetzen. Zunächst ward die Kirche zu Ehren des heiligen 
Gotthard nach dem Plane des Bruders Ulrich Loiel von 
Efferding gebaut und 1415 vollendet. Dann kam das Capitel, 
das Schlafhaus und der Kreuzgang an die Reihe bis 1417, 
woran sich ein Umbau der Stiftskirche anschloss, von wel- 
cher die Krypta bei dem Tode des Abtes bereits vollendet, 
das Presbyterium aber erst begonnen war. Gegen die 
Minoriten in Stein und das neugegründete Kloster der 
Regularkanoniker in Timstein erwies er sich als Wobl- 
thäter. Auf päbstlichen Befehl hatte er 1410 einen Streit 
in der Olmützer Diöcese zwischen Klerikern und Laien 
zu schlichten. Zu den Ausgaben, welche die Bauten ver- 
ursachten, kamen Kriegssteuer und Misswachs, so dass 
der Abt zur Verpfändung von Gütern imd Pretiosen 
schreiten musste; dessenungeachtet heisst es von ihm im 
Kataloge, dass er neue Kleinodien dem Stifte erwarb. 
Unter ihm kam 1426 ein Göttweiger Profess als Abt nach 
Obernburg. 

29. Lucas von Stockstall (1432 — 1439) vollendete bis 
1437 die Bauten im Stifte und fügte 1439 noch eine Kapelle zu 
Ehren des heiligen Petrus hinzu. Vom Baseler Concü er- 
hielt er den Auftrag, der Pfarre Sitzendorf die entrissenen 
Güter wieder zu verschaffen und musste gegen die Gewalt- 
thäter mit dem Baime einschreiten. Er selbst liess sich 
auf dieselbe Weise die Güter seines Stiftes sichern, zugleich 



— 134 — 

war er ein Vater der Brüder und Unterthanen, denen er 
zu schwere Leistungen gerne nachsaJi. 

30. Thomas (1439 — 1444) bewährte sich gleichfalls als 
ein tüchtiger Verwalter des Stiftsgutes. Er erhielt 1440 
vom Concile zu Basel die Erlaubnis, heilige Gefässe und 
Kleider zu weihen. 

31. Johann IV. (1444) regierte kein ganzes Jahr und 
nahm nur einige Besitzänderungen vor. 

32. Wolfgang II. (1444—1457) von Retz Hess 1447 die 
Urkunden des Archives in einen Pergamentcodex sauber 
abschreiben. Unter ihm kam auch Aeneas Sylvius, der 
spätere Pabst Pius n., nach Göttweig, um ein Buch der 
Bibliothek zu benützen. Für die Aufrechterhaltung der 
Disciplin im Stifte spricht das Urtheü der Visitatoren 1451. 
Von Pabst Nicolaus V. erhielt er für sich und seine Nach- 
folger 1452 das Privilegium, den päbstlichen Segen spenden 
zu dürfen. Auf die äusseren Verhältnisse des Stiftes mag 
er weniger Sorgfalt verwendet haben, namentlich in den 
letzteren Jahren, seitdem er vom Schlage berührt war, so 
dass bald die Schulden überhand nahmen und ihn zur Re- 
signation zwangen (1457). Er ging auf die Pfarre St. Veit, 
muss aber gegen sein Lebensende wieder ins Stift zurück- 
gekehrt sein. 

33. Martin (1457 — 1468) Matschauer war im "Wege 
des Compromisses vom Bischof Ulrich von Passau erwählt 
worden. Er rechtfertigte auch die in ihn gesetzte Hoff- 
nung. Trotz der Verwüstungen der Stiftsgüter durch Fro- 
nauer mit seinen Schaaren gelang es ihm doch, einen grossen 
Theil der Schulden seines Vorgängers zu tilgen, wobei ihm 
allerdings der Umstand zu Gute kam, dass Kaiser Friedrich 
ihm 128 Muth ausständigen Vogthabem nachliess. 1461 
erhielt er vom Cardinal Bessarion für sich und seine Nach- 
folger die Erlaubnis, sich eines tragbaren Altars bei der 
heiligen Messe bedienen zu dürfen. Vielfach war er auch 
in die politischen "Wirren seiner Zeit verflochten, was mit 
Ursache war, dass der Stand des Stiftes in seinen letzten 
Lebensjahren wieder ins Sinken kam. 

34. Laurenz Gruber (1468—1482) aus Graz war ein 
Melker Profess und 1448 als Abt nach Mariazell gekommen 
und als eifriger Visitator der Ordenshäuser bekannt. In 
diesem Sinne war er auch hauptsächlich in Göttweig thätig. 



— 135 — 

■wo er mit Strenge über die Disciplin waclite, mit vielen 
Klöstern Verbrüderungen einging, selbst aber sehr gelehrt 
mit den Bischöfen Johann von Trient und Ulrich von Passau 
im innigsten Verkehre stand. Um die äussere Lage des 
Stiftes scheint er sich wenig gekümmert zu haben, so dass 
der Schuldenstand wieder bedeutend wuchs und Güter ver- 
setzt oder verkauft werden mussten. 

35. Erhard (1482 — 1489) von Steier war umgeben von 
den siegreichen Waffen des Königs Mathias Corvinus nicht 
im Stande, dem fortschreitenden Euine Göttweigs Stand 
zu halten. 

36. Mathias I. Schattner (1489—1507) aus Krems. Zu 
den Güterveräusserungen und Schuldenlasten aus früherer 
Zeit waren noch mehrfache Bedrückungen durch die Schirm- 
TÖgte gekommen. Diesen Schwierigkeiten zeigte sich Abt 
Mathias vollkommen gewachsen. Zuerst wusste er für den 
Besitz des Stiftes neue Bestätigungsurkunden zu erhalten, 
darnach erreichte er einige Erleichterungen in dem Ver- 
hältnisse zu den Schirmvögten und konnte endlich deren 
gänzliche Auflösung durchsetzen. Er zahlte einen Theil 
der Schulden und erwarb wieder theilweise die Güter, 
welche seine Vorfahren verpfändet hatten. Gegen den Bischof 
von Passau musste er die Exemtion des Stiftes nait aller 
Energie vertheidigen. Diese Energie richtete sich auch 
öfters gegen seine Untergebenen. Im Jahre 1494 gründete 
er die Bruderschaft des heiligen Sebastian in Fürth, Be- 
sondere Sorgfalt verlegte er auf die Hebung der Verehrung 
des heiligen Stifters Altmann. Er selbst versuchte dessen 
Heiligsprechung durchzusetzen und reiste zu diesem Zwecke 
nach Rom, jedoch ohne den gehofften Erfolg zu erzfeien. 

37. Sebastian I. Bräxel (1507 — 1516) aus Wasserburg 
in Bayern. Von ihm erwähnt der Katalog der Aebte, dass 
er vielen Krankheiten unterworfen war, weshalb er dem 
Stifte nicht mit der erforderlichen Umsicht vorstehen konnte, 
und sich so die Schuldenlast wieder mehrte, dass ein grösseres 
Besitzthum verpfändet werden musste. 

38. Mathias II. (1516—1532) von Znaiin, gerühmt 
wegen seiner Erfahrung imd Kenntnis in göttlichen und 
menschlichen Angelegenheiten und deshalb von Geistlichen 
und Laien vielfach zu Rathe gezogen. Schon im Jahre 
1617 wurde er über ausdrücklichen Befehl des Kaisers 



~ 136 — 

Maximilian in den Ausscliuss des Prälatenstandes gewählt 
und gleich im nächsten Jahre erhob ihn der Kaiser zum 
Lohne für seine treuen Dienste in den Adelsstand. Sein 
Ruhm mehrte sich durch die standhafte und erfolgreiche 
Vertheidigung seines Stiftes, das er mit Mauern und Gräben 
gesichert hatte, gegen die Türken. Im Jahre 1524 stiftete 
Ferdinand I. mit jährlichen 45 Fuder Salz einen Jahrtag 
zu Göttweig und die Stände Niederösterreichs verehrten 
ihm auf des Kaisers Befehl ein silbernes Kreuz und eine 
ebensolche Statue des heiligen Mathias. Und in der That 
hatte er sich besonders um den Prälatenstand grosse Ver- 
dienste erworben, als er es dahin brachte, dass vom Kaiser 
die im Türkenkriege ausgeschriebene Steuer von der Höhe 
eines Yiertels der Kirchengüter auf eine bestimmte Summe 
herabgesetzt wurde. In den ersteren Jahren seiner Re- 
gierung war es ihm möglich, einen Theil der früheren 
Schulden des Stiftes zu tilgen. Aber als die Türkenkriege 
ihre traurige Wirkung äusserten in Vergrösserung der Steuern 
und Verminderung der Einnahmen, da wuchsen die Schul- 
den aufs Neue an, trotzdem dass bedeutende Besitzungen 
und Zehente veräussert wurden. 

39. Bartholomäus Schönleben (1533 — 1541) aus Altdorf 
in der Augsburger Diöcese, hatte in Wien studirt und 
war im Jahre 1515 in Göttweig eingetreten. Vor seiner 
Wahl bekleidete er das Amt des Priors und zeichnete sich 
durch Beredtsamkeit und Liebe zu seinen Mitbrüdern aus. 
Obgleich die Schuldenlast überaus gross war und die Güter 
und Zehente theils verkauft, theils versetzt waren und zu 
diesen Uebeln noch neue hinzukamen, wie im Jahre 1537 
eine riesige Ueberschwemmung, tilgte er doch einen Theil 
der Schulden und führte im Stifte noch einige Neubauten 
auf, wie einen Thurm, die Bibliothek. Er starb im schönsten 
Mannesalter zum grössten Leidwesen Aller. Auf seine Wahl 
1533 wurde auch eine Denkmünze geprägt. 

40. PlacidiiS (1541—1542), früher Profess von Otto- 
beuren und zuletzt Prior in Göttweig, regierte blos ein Jahr. 

41. Leopold JRueber (1543—1556) wurde durch Com- 
promiss gewählt. Er war Profess von Altenburg und 
Prediger des Erzherzogs Maximilian. Kaiser Ferdinand 
sah die Wahl nicht gerne, da er Willens war, Göttweig 
den jugendlichen Wilhelm von Eizing vorzusetzen, um 



— 137 ~ 

durch dessen reiche und angesehene Familie die grosse 
Schuldenlast Göttweigs leichter zu tilgen. Prior und Con- 
vent nahm sich um die Freiheit der Wahl an, aber der 
Kaiser Hess sich zur Anerkennung Leopolds nur herbei 
unter der Bedingung, dass der junge Eizing zum Coadjutor 
desselben bestellt werde, ohne dass es jedoch in WirMich- 
keit dazu kam. War die Wahl schon an sich unruhig, s» 
zeigte sie sich in der Folge für das Stift geradezu unheil- 
voll. Abt Leopold verkaufte und verpfändete fast sämmt- 
lichen Besitz und machte so viele Schulden, dass er selbst 
an der Möglichkeit, sie zu zahlen, zweifelte. Der Kaiser, 
an den er sich wandte, liess durch Commissäre den Stand 
des Stiftes erheben und verlangte nun die Resignation des 
Abtes, um den Pfarrer von Pulkau zum Administrator machen 
zu können, wogegen sich die wenigen Conventualen, die 
noch vorhanden waren, wehrten. Da machte der Tod des 
Abtes Leopold 1556 diesen Verhandlungen ein Ende und 
es ward der Probst von Herzogenburg Bartholomäus von 
Cataneis zum Administrator Göttweigs bestellt. Dieser 
fährte die Verwaltung dieses Stiftes 1556 — 1562 in nicht 
sehr segensreicher Weise, obwohl er damit begann, das 
Nonnenkloster daselbst aufzuheben und die Insassen, sieben 
an Zahl, nach St. Bernhard bei Altenburg zu transferiren 
mit Ausnahme einer Nonne, welche nach Ibs ging, um 
dadurch die Ausgaben zu vermindern. Obwohl die Ein- 
künfte ohnedies sehr gering waren, befahl doch Kaiser 
Ferdinand, den neu eingeführten Jesuiten in Wien aus den- 
selben Achthundert Gulden zu zahlen, von welcher Summe 
trotz wiederholter Bitten um Nachlass im Jahre 1663 Vier- 
hundert Gulden in Wirklichkeit bezahlt wurden. 

Nach dem Tode des Probstes Bartholomäus wurden 
die Aebte von Melk, Schotten und Altenburg mit der Ver- 
waltung Göttweigs betraut, bis im Jahre 1564 auf kaiser- 
lichen Befehl von ihnen ein Abt gewählt wurde in der 
Person des Melker Professen und Pfarrers zu Ravelsbach, 
Michael Herrlich. 

42. Michael Herrlich (1564 — 1604) aus Weinheim un- 
weit Heidelberg in der Pfalz fand den Zustand seiner Abtei 
keineswegs ermuthigend. Kein einziger Ordensbruder war 
im Stifte, die Klostergüter verkauft oder verpfändet, eine 
ungeheuere Schuldenlast aufgehäuft und die geringen Ein- 



— 138 — 

fünfte von Seite der ünterthanen sehr unsiclaer. Man er- 
zählt, Abt Michael habe nach klarer Einsicht in die wirk- 
lichen Verhältnisse allen Math verloren, diese Abtei wieder 
aufrichten zu können und dieselbe verlassen. Als er über 
•den Berg hinabging, kam ihm ein Unterthan entgegen, der 
ihm zehn Gulden als schuldige Leistung übergab und ihn 
"tröstete, was seinen Muth wieder hob und ihn zur Wieder- 
aufnahme seiner schwierigen Aufgabe aneiferte. Er er- 
wirkte zunächst 1565 eine kaiserliche Bestätigung der Frei- 
heiten, Rechte, Güter und rechtlichen Gewohnheiten des 
Stiftes, ebenso einen Generalconsens zum Verkauf oder 
Verlass weit entlegener Güter. Er machte solche Verträge, 
■dass innerhalb eines kürzeren oder längeren Zeitraumes 
viele verpfändete Güter und Zehente durch jährliche Ab- 
rechnung derBestandsumme schuldenfrei dem Stifte anheim- 
fielen; andere löste er ein oder kaufte sie und brachte so 
•das Stift in einer verhältnismässig kurzen Zeit wieder zum 
Wohlstande. Mitten in dieser Arbeit traf ihn ein neuer 
Schlag. Am heiligen Dreifaltigkeitstage (29. Mai) des Jahres 
1580 entzündete der Blitz einen Thurm des Stiftsgebäudes, 
von wo aus sich die Flammen mit grösster Schnelligkeit 
verbreiteten und die Kirche mit Ausnahme des Presbyteriums 
und der Sakristei, das Dormitorium sammt den Wohnungen 
im Convente verzehrte. Der Schaden wurde auf die damals 
ungeheure Summe von 24,000 ■^. geschätzt. Aber nach 
kaum drei Jahren waren die sämmtlichen Gebäude wieder 
hergestellt mit Ausnahme der Kirche, deren Restauration 
erst 1594 vollendet war. Nach 40 jähriger Regierung sehnte 
•er sich nach Ruhe. Auf seine Bitte erschienen kaiserliche 
Commissäre, welche seine Resignation aufnahmen und vor 
welchen das versammelte Capitel Georg Schedler zu seinem 
ITachfolger wählte (1604). Nach seiner Resignation lebte er 
noch fünf Jahre in der Mitte der Brüder bis zu seinem 
Todestage am 23. März 1609. Auf ihn wurde 1590 eine 
Denkmünze geprägt und ihn verehrt das Stift Göttweig 
mit Recht als seinen zweiten Stifter. 

AB. Georg I. Schedler (1604—1610) aus Altdorf in 
Schwaben. Er hatte unter seinem Vorgänger in Göttweig 
Profess gemacht, war durch 11 Jahre Prior im Stifte und 
als solcher 1601 zum Abte von Mariazell postulirt worden, 
welches er nun wieder mit seinem Mutterstift vertauschte. 



— 139 — 

Er führte einige nothwendige Bauten im Stifte auf, welche 
kaum vollendet waren, als ihnen schon wieder Zerstörung 
drohte durch die Flammen, welche 1608 die Kirche im 
früheren Nonnenkloster zerstörten. Er war ein sehr ge- 
lehrter und glaubenseifriger Abt, wie viele Bücher in der 
Bibliothek beweisen, die seinen Wahlspruch Dominus pro- 
videbit von seiner Hand tragen. Er nahm fünf Religiösen 
die heilige Profess ab, darunter Martin Serrarius, welcher 
zwei Abteien, die von Kleinmariazell und von Altenburg, 
ausschlug, 

Nach dem Tode Schedlers (8: März 1610) blieb Gött- 
weig durch zwei Jahre ohne Oberhaupt, weil sich die Brüder 
in der Person des zu Wählenden nicht einigen konnten. 
Damit aber die Disciplin und die Wirthschaft dabei nicht 
zu sehr leide, wurde von König Mathias Abt Caspar von 
Melk nebst zwei anderen zu Commissären des Stiftes be- 
stimmt und mit der Ueberwachung desselben betraut. Im 
Jahre 1612 entschlossen sich endlich die Professen zur 
Wahl, aus Furcht, es könnte ihnen das freie Wahlrecht 
entzogen werden, und einigten sich bei dem zweiten Wahl- 
gange auf den Prior des Stiftes Garsten, Georg Falbius. 

44. Georg II. Falbius (1612—1631) aus Admont in 
Steiermark trat in das Stift Garsten 1593 ein, machte seine 
Studien auf der Universität Graz, wo er das Doctorat der 
Philosophie und Theologie erlangte, 1607, in welchem Jahre 
er auch das erste heilige Messopfer Gott darbrachte. Zu- 
nächst in die Stadt Steyr als Cooperator gedtellt, hatte 
er Gelegenheit, seine Beredtsamkeit gegen den Protestan- 
tismus zu entfalten, von welchem fast die ganze Stadt voU 
war. Im Jahre 1609 wurde er als Prior nach Garsten be- 
rufen, wo ihn 1611 Godfried Bischof von Bamberg kennen 
lernte und ihn als Reisebegleiter mit nach Kärnten und 
dann nach Bamberg nahm und ihn zu seinem geistlichen 
Rath ernannte. Seine Wahl zum Abte von Göttweig wurde 
vom Pabste Paul V. nicht blos gern bestätigt, sondern er 
überdies von demselben in einem speciellen Schreiben dem 
Kaiser Mathias empfohlen und zugleich die Exemtion Gött- 
"weigs aufs Neue bestätigt. Durch das Ansehen, das Abt 
Falbius allerseits genoss, erklärt es sich auch, dass er bei 
der Versammlung in Linz 1614, als gegen die Türken be- 
rathen ward, den Vorsitz führte. Im Jahre 1616 führte er 



— 140 — 

im Auftrage des Biscliofs von Passau Erzherzog Leopold 
die Jesuiten in das neugegründete Kloster in Krems feier- 
lich ein und zeigte sich gegen die Kapuziner als Freund 
und Beschützer, indem er ihnen in dem Stiftshause in Stein 
Wohnung anwies, bis ihr Kloster in Krems vollendet -war. 
Er restaurirte die Kirche in Brunnkirchen, vergrösserte die 
Kirche in Fürth, für deren Bruderschaft des heiligen Se- 
bastian er einen vollkommenen Ablass von Pabst Gregor XV. 
erlangte. Im Stifte selbst baute er einen neuen Trakt, Krems 
gegenüberliegend, und erwarb die Herrschaft Wolfstein. 
Die Infein von Garsten und Admont, welche ihm durch 
Wahl angeboten waren, schlug er aus; in Melk präsidirte 
er der Wahl des Abtes Eainer; die Probstei Tirnstein ad- 
ministrirte er einige Zeit; für das Zustandekommen der 
österreichischen Congregation des Ordens war er in hervor- 
ragender Weise thätig und ward zum Visitator des Ordens 
gewählt. Von Kaiser Ferdinand IL ward er zweimal mit 
einer Mission bei dem Domcapitel in Passau betraut. Mit 
grossem Eifer und Erfolge arbeitete er 1626 in Oberöster- 
reich an der Zurückführung der Protestanten zur katholi- 
schen Religion und desgleichen 1627 in den beiden Stifts- 
pfarren Pyhra und Michelbach. Dieser um sein Stift, sein 
Vaterland und die Religion so verdiente Abt starb am 
23. Mai 1631. 

45. David Gregor Corner (1631—1648), zu Hirschberg 
in Schlesien 1587 geboren und in Prag im Convikte der 
Jesuiten erzogen, erlangte er daselbst den Doctorgrad der 
Philosophie. Seine theologischen Studien machte er in 
Graz, wo er auch zum Priester geweiht wurde. Hierauf 
war er zehn Jahre Pfarrer in Retz und kam als solcher 
nach erlangtem theologischen Doctorgrad zu Wien nach 
Mautern, wo er den Abt Falbius von Göttweig genauer 
kennen lernte und sich bestimmt fand, in das Stift Gött- 
weig einzutreten. Er begleitete den Abt Falbius auf der 
Missionsreise in Oberösterreich, wo er in der Freistadt von 
aufgereizten Bauern gefangen und jämmerlich zugerichtet 
wurde. Nach seiner Rückkehr legte er am 8. September 
1626 die feierliche Profess ab. Nach dem Tode des Abtes 
Falbius wurde er einstimmig zum Abte gewählt. Seine 
Thätigkeit war nun getheilt zwischen den Wissenschaften, 
der Ascese und dem Streben für das Wohl des Stiftes. 



— 141 — 

Er vollendete den vom Abte Falbius begonnenen Bau; 
noch im ersten Jahre seiner Regierung erhielt er von 
Kaiser Ferdinand IL die Mauth zu Markersdorf. Für die 
Kirche Hess er einen neuen Hochaltar, Kanzel und Musik- 
chor aus Holz schnitzen. Im Jahre 1638 -war er Eector 
der Wiener Universität, die ihn zu ihren Mäeenaten und 
■den in der Theologie berühmten Männern zählt; zwei seiner 
Professen waren berühmte Lehrer an der Salzburger Uni- 
versität, nämlich Christophorus Döring und Gregor Heller. 
Er selbst bereicherte die theologische und namentlich 
ascetische Literatur mit zahlreichen Werken; am bekann- 
testen ist seine „Geistliche Nachtigal", eine Sammlung 
katholischer Kirchengesänge, von welcher sich sieben Auf- 
lagen constatiren lassen. Dieser gelehrte und fromme Abt 
starb am 9. Januar 1648. 

46. Gregor II. Heller (1648 — 1669), zu Dizing in 
Oberösterreich 1602 geboren, legte die feierlichen Gelübde 
1622 in die Hände des Abtes Falbius ab. Seine Studien 
machte er in Wien und Salzburg, nach deren Vollendung 
er im Stifte die Stelle des Priors bekleidete. Im Jahre 
1638 kehrte er nach Salzburg zurück als Professor der 
Dogmatik, welche er, 1641 zum Doctor der Theologie 
graduirt, mit der Moral vertauschte; zugleich war er auch 
im Verein mit dem Tegernseer Professen Johann v. Preyaing 
Regens der erzbischöflichen Alumnen. Im Jahre 1644 
kehrte er wieder als Prior nach Göttweig zurück, ging 
aber bald auf die Pfarre Kilb, von wo er 1648 zur äbt- 
lichen Würde berufen wurde. Für seine Mitbrüder suchte 
er zu sorgen, indem er den Hof am Fusse des Berges, der 
heute noch nach ihm den Namen Hellerhof führt, zu einem 
Ausheiterungsort herrichten liess. Er war ein tüchtiger 
Prediger und eifriger Vertheidiger der Rechte seines Stiftes. 
Im Jahre 1654 sah er seinen Professen Anselm Schyring 
zur äbtHchen Würde in Mariazeil berufen. Im Wallfahrts - 
orte Roggendorf liess er eine neue prächtige Kirche bauen 
und die Stiftskirche selbst mannichfach ausschmücken. 

47. Sebastian IL JSder (1669 — 1672), zu Wasserburg^ 
in Bayern 1636 geboren, legte seine feierlichen Gelübde 
1653 ab und machte seine theologischen Studien im Stifte 
selbst. Als Nachfolger des Abtes Heller gewählt, berief 
er den berühmten Professen von St. Peter in Salzburg, 



— 142 — 

Paul Mezger, um in Göttweig PhilosopMe zu lehren. Schon 
im dritten Jahre nach seiner Wahl starb er in Folge eines 
Aderlasses. 

48. Johann V. Dizent (1672 — 1689), zu Gedan in 
Preussen 1642 geboren, legte die feierlichen Gelübde 1662 
ab. Als Nachfolger Eders gewählt, sah er auf strenge 
Disciplin und tüchtige Ausbildung der Kleriker theils im 
Stifte, theils anderwärts. Als ausgezeichneter Redner nahm 
er in der Reihe der Ständeverordneten eine hervorragende 
Stelle ein. Schwer waren die Schläge, welche die Pest 
und die Türken austheilten, welche letztere die Kirchen 
in Hainfeld, St. Veit, Pyhra und Michelbach verbrannten, 
in Pyhra noch den Pfarrer mit mehreren Pfarrkindem 
tödteten. Für die Stiftskirche erwarb er einen prachtvollen 
Ornat, sechs grosse Leuchter, ein Crucifix und eine grosse 
Lampe aus Silber, den silbernen Schrein, in welchem die 
Reliquien des seligen Stifters Altmann aufbewahrt und zur 
Verehrung ausgestellt werden, den Kelch aus Gold und 
das Hochaltarbild vom Maler Wolf aus München. Kaiser 
Leopold hielt den Abt Johann sehr hoch und Hess ihn, 
als er von der Gicht gelähmt war, bei wichtigen Ange- 
legenheiten zu sich tragen, um sich bei ihm Rath zu holen. 
Er starb in Wien am 10. März 1689 und wurde nach Gött- 
weig übertragen. 

49. Berthold Mayr (1689—1713), zu Nalb 1640 ge- 
boren, legte zugleich mit seinem Vorgänger 1662 die feier- 
lichen Gelübde ab. Nach seiner Primiz 1664 kam er als 
Pfarrer nach Rossaz, Nappersdorf, Roggendorf, dann an 
die Probstei Nalb, wo er den Titel eines apostolischen 
Notars erhielt. Nach seines Vorgängers Tode zum Abte 
gewählt, sorgte er gleich diesem für eine tüchtige Aus- 
bildung der Kleriker, von welchen unter ihm fünf den 
Doctorgrad der Theologie und mehrere das Baccalaureat 
erreichten. Für die Kirche sorgte er durch Anschaffung 
einer neuen Orgel und einer grossen Glocke. Er starb als 
Jubelprofess am 25. December 1713. 

50. Godfned Bessel (1714—1749), zu ßuchheim bei 
Mainz am 6. September 1672 geboren, machte seine huma- 
nistischen Studien in Aschaffenburg, Bamberg und Würz- 
burg, die philosophischen in Salzburg, trat 1692 inGött- 
weig ein und legte am 21. Juni 1693 die feierlichen Gelübde 



— 143 — 

ab. Nach Vollendung seiner theologischen Studien in Wien 
feierte er seine Primiz am 21. März 1696. Im selben Jahre 
am 7. Mai disputirte er in Wien für das Doctorat der 
Theologie. Ins Stift zurückgekehrt liess er sein üeber- 
gewicht an geistiger Kraft und Wissenschaft den anderea 
Brüdern recht fühlen und ward deshalb vom Abte Berthold 
und dem Capitel am 10. August 1696 für immer aus dem 
Stifte entlassen. Er wandte sich in das Stift Seligenstadt, 
wo ihn der Kurfürst von Mainz kennen lernte und zu sich 
als Ehrenhofkaplan und geistlichen Rath nahm. Im Jahre 
1702 schickte er ihn nach Rom, um die Curialpraxis kennen 
zu lernen, von wo Bessel 1704 als Doctor utriusque juris- 
zurückkam. Der Kurfürst machte ihn nun zum Geheimen 
Rath und Offizial des Erzbisthums, in welcher Stellung 
er bedeutende Dienste leistete. Auf seiner dritten Romreise 
1710 besuchte er sein Mutterstiffc Göttweig und ward hier 
vom Abte Berthold und dem Capitel wieder in die Zahl 
der Mitglieder aufgenommen und nach Bertholds Tode zum 
Abte von Göttweig am 16. Januar 1714 gewählt. Noch 
im selben Jahre wählte ihn die Wiener Universität zum 
Rector. Im Jahre 1715 wurde ihm von Kaiser Karl VI, 
die ungarische Abtei Szalavar verliehen. Der Kaiser be- 
nätzte seine Kenntnisse und Umsicht öfters dadurch, dasa 
er ihm ausserordentliche Gesandtschaften übertrug, wie 
1715 nach Mecklenburg, 1720 nach Fünfkirchen, Kempten 
und 1731 nach Griefen. Von 1717 — 1729 war er Verord- 
neter der Stände in Wien. Bei diesen äusseren Geschäften 
vergass er seine Abtei nicht. Er war ein strenger Wächter 
der DiscipHn seiner Untergebenen, machte selbst alljähr- 
lich in stiller Abgeschiedenheit die Exercitien mit, erwarb- 
kostbare Reliquien, er gründete Andachtsübungen, denen 
er selbst beiwohnte. Für das Fest des seligen Stifters- 
.Ältmann führte er ein neues Officium ein, dessen Hymnen 
er selbst dichtete. Zahlreiche Ornate imd heilige Gefässe- 
bezeugen seinen frommen Sinn für äussere Gottesverehrung. 
Unter ihm erstand das Stift viel herrlicher aus dem Schutte, 
in welchen es eine fnrchtbare Feuersbrunst im Jahre 17 1& 
gelegt hatte, nach dem Plane des Hofarchitekten Lucas- 
von Hildebrand. Von seiner Thätigkeit giebt fast jede 
Kirche, jeder Pfarrhof der dem Stifte incorporirten Pfarren. 
Zeugnis. 



— 144 — 

Ebenso eifrig und erfolgreicli, aber bei weitem rubm- 
voUer war seine wissenscbaftlicbe Tbätigkeit. Mehr als 
die HäKte der Stiftsbibliotbek, der Grund und Schmuck 
des Münzkabinets mit seinen Bracteaten, der Kupferstich- 
sammlung von fast 20,000 Nummern, der Antikensamm- 
lung, desMineralienkabinets, der Gemäldesammlung stammt 
von ihm. Es war ihm dabei nicht um eitles Gepränge zu 
thun, sondern er wollte den Grund zu einer wissenschaft- 
lichen Bildung seines Hauses legen, was ihm auch gelang, 
wie die Promotion so vieler Conventualen, die Pflege 
wissenschaftlicher, namentlich historischerForschung, welche 
seit dieser Zeit im Stifte blüht, wie seine eigene wissen- 
schaftliche Thätigkeit zeigt im Chronicon Gottvicense, 
welches, eine Goldgrube diplomatischen, historischen und 
geographischen Wissens, für alle Folgezeit seinem Ver- 
fasser eine ehrenvolle Stelle unter den grössten Gelehrten 
Deutschlands sichert. 

Im Jahre 1746, 19. Juni, feierte er sein Priester- 
jubiläum, wobei ihn beide Majestäten mit ihrer Gegenwart 
auszeichneten. Im Jahre 1749 am 22. Januar starb dieser 
grösste und gelehrte Abt des Stiftes. 

51. Odilo Piazel (1749—1768), in Wien am 2. August 
1692 geboren, legte 1712 in Göttweig die feierlichen Ge- 
lübde ab Tmd feierte am 9. August 1716 seine Primiz. 
Nach dem Brande des Stiftes nach St. Peter in Salzburg 
geschickt, benützte er dort die Gelegenheit, sich in den 
Wissenschaften auszubilden, so dass er zuerst auf der 
Universität Salzburg, dann im Stifte das kanonische Recht 
lehrte. Hierauf auf Stiftspfarren und Verwaltungen ver- 
wendet, wurde er nach Bessels Tode zu dessen Nachfolger 
gewählt. Von seiner Thätigkeit im Stifte geben noch 
Zeugnis die prachtvolle Fa9ade der Kirche mit zwei 
Thürmen, die schönen Chorstühle, zahlreiche Ornate. Er 
erwarb dem Stifte die Herrschaft Wolfsberg und hob das- 
selbe zu einem bis dahin unbekannten Wohlstande. Er 
starb am 19. Januar 1768. 

52. Magnus Klein (1768 — 1783) war zu Wasserburg in 
Kärnten am 1. Mai 1717 geboren, studirte in Klagenfurt 
und Graz und legte 1739 die feierlichen Gelübde in Gött- 
weig ab. Vom Abte Bessel wurde er seiner Gelehrsamkeit 
-wegen zum Secretär und später zum Kämmerer ernannt 



— 145 -^ 

und zu den schwierigsten Geschäften verwendet. Unter 
dem Al)te Odilo war er Hofineister im Göttweiger Hof zu 
Wien. Nach seines Vorgängers Tode wurde er 1769 am 
14. April zum Ahte gewählt. Als Schüler Bessels arbeitete 
er in dessen Sinne weiter. Dem noch unvollendeten Stifts- 
gehäude fügte er einen neuen Trakt gegen Süden hinzu, 
er verschönerte die Stiftskirche mit prächtigen Altären aus 
Marmor, die er mit Gemälden aus Schmidts Meisterhand 
schmückte. Er erwarb den silbernen Tabernakel in der 
Krypta, einen schönen Ornat und viele heilige Gefässe. 
Auch als Gelehrter bewährte er sich als würdiger Schüler 
Bessels durch die Fortsetzung des Chronicon in der Notitia 
Austriae, noch mehr aber durch die staunenerregenden 
Sammlungen von Quellen für eine Germania sacra. Er 
galt auch in der öffentlichen Meinung als einer der grössten 
Gelehrten seiner Zeit und die Kaiserin Maria Theresia be- 
diente sich öfters seines Rathes. In den letzten Jahren 
seines Lebens war er nicht von Kummer frei, da er sechs 
neue Pfarrhöfe und eben so viele Schulen und zwei neue 
Kirchen zu bauen beauftragt ward, was den Wohlstand des 
Stiftes sehr herabminderte. Er starb am 25. November 1783. 
53. Änselm Feldhorn (1784—1798), zu Pottenbrunn 
geboren, legte 1760 die feierlichen Ordensgelübde ab und 
studirte in Wien Theologie, wo er sich das Baccalaureat 
erwarb. Im Jahre 1763 feierte er seine Primiz. Er ward 
dann Professor der Theologie im Stifte, musste aber krank- 
heitshalber die Lehrkanzel bald aufgeben. Vor seiner Wahl 
war er Pfarrer in Mauer. Als Abt hatte er keine geringe 
Aufgabe. Die neu errichteten Pfarren mussten eingerichtet, 
dotirt und mit Priestern besetzt werden. Um sich hierzu 
die Möglichkeit zu schaffen, entfernte er die Mitbrüder 
von den Verwaltungen der Stiftsgüter, die er Laien über- 
liess, welchen er unbedingtes Vertrauen schenkte; Zehnten 
und Leistungen verpachtete er auf lange Jahre und um 
sehr geringen Zins, welche Massregeln dem Stifte zum 
grössten Schaden ausschlugen. Da selbst nach Auflassung 
der theologischen Hausstudien die Zahl der Priester nich- 
ausreichte, musste er für einzelne Seelsorgestationen Ment 
dikanten aufnehmen. Als Verordneter der Stände genoss 
er bedeutendes Ansehen. Er starb in Wien am 6. Mai 
1798 und ward nach Göttweig überführt. 

Ein Benediktinerbuch. 10 



— 146 — 

54. Leonard Gründherger (1798 — 1812) war zu Melk 
1753 geboren, legte im Jahre 1773 die feierlichen Gelübde 
zuGöttweig ab und feierte 1776 seine erste heilige Messe. 
Er ward dann Professor der Theologie im Stifte, später 
Prior, Pfarrer in Grünau und die letzten zwei Jahre vor 
seiner Wahl Stiftsökonom. Er übernahm das Stift in ziem- 
lich herabgesunkenem Zustande, aber durch praktische 
Begelung des Stiftshaushaltes, durch Steuerung der Ueber- 
griffe der weltlichen Verwalter war es ihm möglich, in 
den ersteren Jahren nicht blos die ausgiebigen Lasten für 
Pfarrhöfe, Kirchen und Schulen zu tragen, sondern er 
konnte auch noch ein kleineres Besitzthum in Sallingberg 
erwerben. Zugleich führte er wieder das theologische Haus- 
studium ein. Da kamen die Kriege mit den Franzosen, 
welche zu wiederholten Malen das Stift in horrender Weise 
brandschatzten (die Schädigungen des Stiftes im Jahre 1809 
beliefen sich auf die Summe von 641,560 /.), so dass das- 
selbe in eine ungeheure Schuldenlast fiel. Dazu kam noch 
das bei diesen Wirren und der zunehmenden Schwäche 
des Abtes unbehinderte Walten der Gutsverwalter. Dieses 
wirkte auf den herzensguten Abt schmerzlich ein und be- 
schleunigte seinen Tod, der am 16. Januar 1812 erfolgte. 
Der Abt Leonard war auch schriftstellerisch thätig durch 
Herausgabe von Katechesen und Predigten. 

55. Ältmann Arigler (1812 — 1846), zu Eörchdorf in 
Oberösterreich am 6. November 1768 geboren, studirte zu 
Linz, legte 1792 zu Göttweig die feierlichen Gelübde ab 
und wurde 1793 zum Priester geweiht. Noch im selben 
Jahre kam er als Professor der Theologie nach Linz und 
blieb dort bis zur Besuscitation der theologischen Haus- 
studien in Göttweig.. Doch schon 1806 wurde er als Pro- 
fessor an die Wiener Universität berufen, wo er 1810 die 
Doctorwürde erhielt. Am 2. September 1812 wurde er 
zum Abte gewählt und dadurch dem Lehrfache entrissen ; 
dessenungeachtet blieb er stets der anhänglichste Freund 
der Wissenschaft und der eifrigste Förderer derselben in 
und ausser seinem Stifte. Er selbst schrieb mehrere Werke, 
von welchen die biblische Hermeneutik im Drucke erschien. 
Im Stifte tilgte er, durch weise Sparsamkeit in den Stand 
gesetzt, nach und nach die ungeheure Schuldenlast, die 
er von seinem Vorgänger übernommen hatte. Die Ver- 



— 147 -- 

dienste, die er sich als Verordneter tun das Vaterland, als 
Abt um Eeligion und Wissenschaft und um sein Stift er- 
worben, "vmrden vom Kaiser Ferdinand durch Verleihung 
des Ritterkreuzes des Leopoldsordens bei Gelegenheit seines 
Priesterjubiläums am 20. Juni 1843 anerkannt. Die dank- 
baren Stiffcsglieder verehrten ihm eine Medaille, welche 
eigens zu dieser Gelegenheit geprägt wurde. Er starb am 
5. Juni 1846. 

56. Engelbert Sehioerdfeger (1846—1872), zu Paudorf 
in Niederösterreich am 9. October 1791 geboren, studirte 
zu Krems, trat 1812 in Göttweig ein, legte die feierlichen 
Gelübde 1816 ab und wurde in demselben Jahre zum Priester 
geweiht. Zunächst als Cooperator von Mautern, dann als 
Pfarrer in Purk und Kottes in der Seelsorge und Ver- 
waltung thätig, ward er am 23. September 1846 zum Abte 
gewählt. Er war voll Liebe gegen seine Mitbrüder, und 
wenn auch nicht selbst wissenschaftlich thätig, suchte er 
wissenschaftliches Streben auf alle Weise zu fördern. Unter 
ihm lebten die beiden Historiker, der Akademiker Fried- 
rich Blumberger und Wilhelm Karlin, der Herausgeber 
des Göttweiger Saalbuches. Der Abt war nicht im Stande, 
den günstigen wirthschaftlichen Stand des Stiftes, welchen 
er übernommen, gegen die Beschädigungen durch die Um- 
wälzungen der Ablösung der Naturalleistungen und hei 
den gesteigerten Anforderungen der vielen Pfarren und 
Schulen auch aufrecht zu erhalten. Er selbst war fromm 
und eifrig bedacht, den äusseren Gottesdienst zu schmücken 
durch Restaurirung der Stiftskirche und Anschaffang neuer 
Ornamente; er war mildthätig gegen Arme über seine 
Kräfte hinaus und ein warmer Patriot, was der Kaiser 
Franz Josef I. durch Verleihung des Ritterkreuzes des 
eisernen Kronenordens III. Klasse 1860 und des Comthur- 
kreuzes des Franz- Josefsordens 1871 bei Gelegenheit 
seines 25jährigen Abtjubiläums anerkannte, bei welchem 
Anlass ihm auch die Mitbrüder ihre dankbare Liebe durch 
Üeberreichung eines prachtvollen silbernen Pastoralstabes 
ausdrückten. Er starb am 23. December 1872. 

57. Budolph Gusenhauer (1874 bis dato), zu Thallern 
in Mederösterreich am 28. Januar 1827 geboren, studirte 
in Krems, trat 1845 in Göttweig ein, legte 1849 die feier- 
hchen Gelübde ab und feierte 1850 seine Primiz, Er be- 

10* 



— 148 — 

kleidete vor seiner Wahl folgende Stellen im Stifte : eines 
Curaten und Katecheten, war Professor der Moraltheologie 
und zugleich Bibliothekar, Subprior, Director der Kleriker 
und Novizenmeister, Sakristeidirector und zuletzt Prior 
und Pfarrer an der Stiftskirche. Gewählt zum Abte wurde 
er am 14. Januar 1874 und am folgenden Tage benedicirt, 
nachdem in dem Interregnum die schon längere Zeit be- 
absichtigte Trennung der Abtei Szalavar in Ungarn von 
Göttweig durchgeführt worden war. 

Wie sich schon aus dieser historischen Uebersicht er- 
giebt, war die Hauptthätigkeit der StiftsmitgHeder auf die 
Ausübung der Seelsorge gerichtet. Von den sechs Pfarren, 
welche das Stift vom seligen Gründer Altmann erhalten 
hatte, war Petronell weggefallen, und zu den restirenden 
neue theils durch Ausscheidung aus den älteren, theils 
durch Erwerbung hinzugekommen, so dass der gegen- 
wärtige Stand sich folgenderweise darstellt: In derDiöcese 
St. Polten 23 Pfarren mit einer Seelenzahl von 27,817, 
und in der Erzdiöcese Wien acht Pfarren mit einer Seelen- 
zahl von 8677, daher in Summa 31 Pfarren mit 36,494 
Seelen. In allen diesen Pfarren hatte das Stift zugleich 
für den Schulunterricht der Kinder durch Herstellung 
der Schulgebäude und Dotirung der Lehrer Sorge zu 
tragen. 

An die Seelsorge reiht sich die Erziehung der Jugend. 
Schon unter dem ersten Abte Hartmann war in Göttweig 
eine Klosterschule gegründet, deren Ruhm bald über die 
engen Grenzen des Vaterlandes hinausging, imd wenn 
auch derselbe im Laufe der Zeit wieder herabsank — die 
Schule bestand fort und wurden hierher Kinder aus den 
adeligen Familien der Umgebung zum Unterrichte gegeben, 
wie viele urkundliche Belege beweisen, bis sie endlich 
zur Zeit der Reformation von selbst erlosch, um später in 
anderer Form wieder aufzutauchen. 

Gross war von jeher die Pflege der Musik im Stifte. 
Mehrere Mitglieder von hervorragendem Talente wurden 
nach Wien gesendet, um sich dort künstlerisch und wissen- 
schaftlich auszubilden, was nach den vorhandenen Compo- 
sitionen auch der Fall war. Für den Gesang wurden 
Knaben in das Stift aufgenommen und daselbst ausser der 
Musik noch in den Gymnasialgegenständen unterrichtet, 



— 149 — 

-was bis heute nocL. der Fall ist. Ausserdem besteht fast 
seit 200 Jahren die theologische Hauslehranstalt. 

Mit dem Unterrichte gehen die wissenschaftlichen Be- 
strebungen Hand in Hand. Wir haben deren schon bei 
den Aebten erwähnt; aUe mit ihren Leistungen aufzuzählen 
würde viel zu weit führen. Erwähnen wollen wir nur, 
dass die Bibliothek ausser 60,000 Bänden und 1111 Stück 
Inkunabeln, worunter grosse Seltenheiten, ebenfalls 1111 
Codices manuscripti enthält, von welchen 70 bis zum Be- 
ginn des 18. Jahrhunderts nachweisbar in Göttweig ge- 
schrieben worden sind. 

TJnaufzählbar ist, was Göttweig, dessen Besitzungen 
über alle vier Viertel Niederösterreichs ausgebreitet waren, 
für seine Unterthanen, für die Hebung der Landwirthschaft 
that. Den Beweis seiner wahrhaft culturellen Mission hat 
es in eclatanter Weise noch im letzten Jahrhundert ge- 
geben an der ungarischen Abtei Szalavar. Diese von Kaiser 
Karl VI. dem Abte Godfried verliehene Abtei war in einem 
schrecklichen Zustande, sämmtliche Gebäude verfallen und 
unbrauchbar, die Güter von Fremden usurpirt, das Jahres- 
erträgnis kaum 300 /. erreichend. Der erste Abt, welchen 
Bessel hierfür ernannte, ergriff bald die Flucht, um nicht 
verhungern zu müssen. Da nahm mit kaiserlicher Bewil- 
liguDg Göttweig sich selbst der Abtei an, schickte tüchtige 
Kräfte als Administratoren hinab, gab ihnen die nothwen- 
digen Geldmittel und Hess sie neue Gebäude an einem 
gesunden Orte in Zala-apathi aufführen, brachte in lang- 
wierigen Prozessen den grössten Theil der früheren Be- 
sitzungen wieder in das Eigenthum dieses Stiftes zurück, 
bevölkerte diese verödeten Flächen mit seinen eigenen 
Unterthanen, die es aus Niederösterreich hinabschickte und 
für deren Unterkunft es mehr als 200 Häuser bauen musste. 
Durch diese und ähnliche Einrichtungen brachte es Gött- 
weig dahin, dass diese Bruderabtei in wirthschaftlicher 
Beziehung als Muster dastand. 

Der gegenwärtige Stand der Stiffcsmitglieder ist 66, 
■wovon 64 Priester, ein Kleriker imd ein Novize. Von den 
Priestern sind 46 ausserhalb des Stiftes in der Seelsorge 
angestellt, hiervon 41 auf Stiftspfarren und fünf auf fremden 
Pfarren, ein Mitglied ist Professor der Theologie in Hei- 
ligenkreuz. Die Seelsorge im Stifte leiten sechs Mitglieder, 



— 150 — 

■welche sich, aber zugleich mit dem Musikdirector in den 
Unterricht der Sängerknaben theilen. Sieben Mitglieder 
sind bei den Yerscluedenen Zweigen der Verwaltung be- 
schäftigt, von den übrigen erfordert die Bibliothek und 
die Leitung der Kleriker je einen Mann, die anderen sind 
durch Alter (der Senior ist geboren 1793) oder Krankheit 
arbeitsunfähig. Adalbeet Düngel. 

Das Stift Gottweih.*) 

Was glüht auf dem Berge im Abendschein, 

Was sind das für Erker und Thürmelein, 

Was liegt, wie ein Kranz auf den Locken der Braut, 

Dies vHaus, das von waldiger Höhe schaut? 

Was wogen für Töne aus ehernem Mund 

Herab in den lieblichen Thaiesgrund? 

He! Schiffer, so rudert nicht gar so schnell, 

Was sind das für Glocken, so klar und hell? 

So fraget der Pilger, der die Donau befährt, 

Das Haus dünkt ihm wohl einer Frage werth. 

Das Haus da droben ist Gott geweiht, 

Wie Ihr aus dem Namen Gottweih erkennet; 

Es ist gebauet vor langer Zeit 

Vom Passauer Bischof, Altmann genennet. 

Die Glocke, die herniederschallet, 
Die rufet zur Hora, sie ruft zum Gebet, 
In dem der Geist zum Himmel wallet, 
Vom Hauche Gottes angeweht. 

Da droben hat Mancher in stürmischer Zeit 
Den heüigen Frieden gesucht und gefunden, 
Indem er sein Leben dem Herrn geweiht. 
Zum Opferkranz seine Tage gewunden. 

Da, kann sich der Geist wie auf blumiger Trift 
Und wie beim sprudelnden Quelle laben, 
Er wandelt dann freudig auf Fluren der Schrift, 
Und darf keine fremden Brunnen graben. 

Es strömten die Kunst und die Wissenschaft 
Hier manchmal in verborgenen Quellen, 



*) Aus „Der Babenberger Ehrenpreis". Ton. Sebastian Brnnner. 
Eegensburg. 3. Aufl. 1873. 



— 151 — 

Wenn sich in den Tagen der rohen Kraft 
Ihr klarer Brunnen musste verhehlen. 

Da finden sich Bücher gar werthvoll und alt, 
Wobei mancher Bruder sich jahrelang mühte, 
Es sind die Ränder mit Blumen bemalt, 
Die Schrift fliesset hin, wie durch Maienblüthe. 

So rann auch das Leben der Brüder dahin, 
Es war in Gebet und in Arbeit vertheilet, 
Es ist wie ein Bächlein durchs üppige Grün 
Gesegneter Jahre zum Schöpfer geeilet. 

Brüder, die Ihr dort oben weilt, 

Zu Füssen liegt Euch das Bild unsrer Stunden: 

Es ist der Strom, der vorübereilt, 

Bis er zum Meere sich hingewunden. 

Und Alles verrinnet, nur Eines besteht. 
Was reine Gesinnung für Gott hat geübet. 
Ewig ist Gott und die Welt vergeht; 
Das Ewige war es, was Ihr geliebet! 

Im Aether droben, so blau und so rein, 
Sah ich einen Vogel, der muthig schiffte, 
Er tauchte im Takt seine Rüderlein 
Binauf und hinab in den Wellen, der Lüfte. 

Er segelt nach Süden ins wärmere Land, 
Dort \nrd ihm ein fröhlicher Leben, 
Es ist ihm ein zu leichtes Gewand 
Im herben Frost unsrer Winter gegeben. 

So soll auch der Geist in das warme Gebiet 
Des himmlischen Lebens hinüberwallen, 
Dass ihm ein seliges Morgenroth glüht. 
Wenn seine Bande des Staubes zerfallen. 

Wenn nun auch Altmanus dies Haus hat erbaut, 
So melden wir's doch zu der Babenberg Ehre, 
Denn Ernest, der hat es mit Freuden geschaut, 
Als ob er selber der Stifter wäre. 

Wir halten auch Jenen als gross in Acht, 
Der unberührt von Neideswehen 
Das anerkennt, was Andre vollbracht. 
Und freudig das Grosse Andrer mag sehen! 




Muri-Grries bei Bozen. 

as in herrliclier Gegend nicM weit von Bozen ent- 
legene Kloster Gries war ursprünglicli kein Bene- 
diktiner- Ordensh ans, sondern ein Stift für regulirte 
Augustiner-Cliorlierren, und noch früher, wie schon 
eine flüchtige Besichtigung des Baues, besonders die zwei 
Thürme und der theilweise jetzt in einen Garten umgewan- 
delte Graben deutlich zeigen, ein Schloss. Indessen bestand 
dennoch, lange bevor die Burg in ein geistliches Haus um- 
gestaltet wurde, ein Augustiner-Stift in der südlicher ge- 
legenen Aue, welches von dem Grafen Arnold von Mareith 
und Greifenstein (die Ruine Greifenstein, gewöhnlich das 
Sauschloss genannt und etwa zwei Stunden entfernt, von 
der Strasse nach Meran aus sichtbar) und seiner Gemahlin 
Mathilde von Valley um 1160 erbaut worden ist. Es hiess 
das Kloster der seligsten Jungfrau in der Au und hatte 
die mächtigen Grafen von Eppau, Vetter der Greifenstein, 
zu Schirmvögten. Der erste Probst war von Klostemeu- 
burg bei Wien gekommen. Päbstliche und kaiserliche 
Urkunden bestätigten die Stiftung und nahmen sie in 
Schutz. Dieses ursprüngliche Kloster, welches vordem an- 
sehnliche Besitzungen hatte und dem auch einige Pfarreien 
einverleibt wurden, wie 1321 Senale auf dem Nonsberge, 
früher ein Hospital, dann 1328 das hoch oberhalb Gries 
so schön gelegene Jenesien und endlich 1398 Marling im 
Burggrafenamte bei Meran, musste jedoch am Anfange 
des 15. Jahrhunderts von seinen Bewohnern verlassen 
werden. Die beiden wilden Gebirgswasser, nämlich der 
vom Brenner herabkommende Eisack und die aus dem 
Sarnthale hervorströmende Talfer, richteten in jeher Gegend 
vor ihrem Einflüsse in die Etsch arge Verheerungen an, 
Hessen sich auch durch Dämme und Schutzmauern nicht 
hemmen und führten allmählich den gänzlichen Untergang 
des Gotteshauses herbei, welches so spurlos verschwand, 
dass man die Stelle, an der es gestanden, nicht mehr 
genau zu bestimmen weiss. In jener bedrängten Lage nun 




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— 153 — 

•wendeten sich die Chorherren an den Landesfürsten , den 
Herzog Leopold von Oesterreich, und nicht vergebens. 
Er üherliess ihnen im Jahre 1406 im Eiavemehmen mit 
seinen Brüdern seine Burg Peadei zu Gries. 

„Wir haben," heisst es in der hierüber von ihm am 
Tage Petri Stuhlfeier zu Iimsbruck ausgestellten Urkunde, 
dem Probste Christoph, dem Capitel und allen ihren 
Nachkommen „unser haus und veste zu Gries und darzue 
den graben, so darumb geht, mit den Garten, so daran 
stosst und mit der Mühle imd den Mühlbach und auch 
der öden Hofstatt, dabey gelegen und allen Ereyheiten, 
Zinsen undKechten, so von alter dazu gehört haben, ge- 
geben und geeignet — ausgenommen unser Landsgericht& 
und des Stals daselbs zu Gries mit allen Leuten" u. s. w- 
Mcht ohne grosse Kosten wurde dann von den Chorherren 
eine Kirche hinzugebaut und dem neuen Stifte wegen seines 
zwischen zwei festen Thürmen gelegenen Thores der Name- 
„Kloster der seligsten Jimgfrau Maria zur geschlossenen 
Pforte" gegeben. 

Pabst Martin V. bestätigte im Jahre 1433 die Trans- 
lation aus der Aue nach Gries, sowie die Incorporirung 
der bisher freisingischen Pfarrei an das Stift und gestattete, 
dass die Verwaltung derselben von einem Conventualen. 
übernommen werde. Seit der Uebersiedelung hatten die 
Pröbste auch den Gebrauch der Inful erhalten; erst 1728 
erhielten sie imter Pabst Benedikt XIII. den Titel Abba& 
Lateranensis. Zu dieser Zeit war Franz Josef Schalter 
Probst, welcher 54 Jahre dem Stifte vorstand. Sein Nach- 
folger, Albert Martin Prack, legte 1768 den Grundstein 
zur gegenwärtigen Stiftskirche, deren Bau erst 1788 nach 
seinem Tode vollendet wurde. Daher die Inschriften über- 
den Seitenthüren beim Hochaltar in Chronostichen: Albertus 
Prack praepositus fundamenta jecit, und: Capitulum sub 
Ignatio Decano extruebat opus. Im letztgenannten Jahre 
erfolgte auch die feierliche Einweihung des prachtvollen 
Gotteshauses, dessen Baumeister Sartori von Sacco "war, 
während der berühmte Tyroler Künstler Martin Knoller 
von Steinach die Deckengemälde und die Altarbilder her- 
stellte. Der Bau hatte grosse Summen verschlungen, wes- 
halb einige Jahre bis zur besseren Gestaltimg der finan- 
ziellen Verhältnisse die Wahl eines neuen Prälaten unter- 



— 154 — 

TDleiben musste, die dann 1792 auf Augustin Nagele fiel. 
Das Augustinerstift als solches bestand indessen nur mehr 
bis zum Jahre 1807, in -welchem es während der Besetzung 
Tyrols durch Bayern und Franzosen zuerst von der bayerischen 
Regierung unter Administration gestellt und dann nach 
-erfolgter Landestheilung von der französisch-italienischen 
Hegierung förmlich aufgehoben wurde. Als Tyrol wiederum 
österreichisch wurde, lebte das Augustinerstift, dessen 
letzter Probst 1815 als der zweiundfünfzigste in der Reihen- 
folge gestorben war, nicht wieder auf, seine Güter, inso- 
weit sie noch vorhanden waren, blieben unter staatlicher 
Terwaltung bis zum Jahre 1845, in welchem es durch 
■Seine Majestät den Kaiser Ferdinand im Einvernehmen 
mit dem heiligen apostolischen Stuhle den aus dem Kloster 
Muri im Schweizerkantone Aargau vertriebenen Benedik- 
tinermönchen übergeben wurde. 

Muri war nämlich eine uralte, seit dem Jahre 1027 
bestehende habsburgische Stiftung und zählte während 
seines 8] 4jährigen Bestandes 46 Aebte, unter denen viele 
durch grosse Frömmigkeit und Gelehrsamkeit ausgezeich- 
aaete Männer waren, weshalb auch Kaiser Leopold I, den 
Abt Placidus von Zurlauben und seine Nachfolger im 
Jahre 1701 zu Fürsten des heiligen römischen Reiches 
«rhob. Musste auch Muri im Laufe der Jahrhunderte 
manchen Sturm über sich ergehen sehen ujid durch Feuers- 
Ijrünste, Kriege und sonstige Unfälle grossen Schaden 
leiden, so hat es sich doch immer nicht blos behauptet, 
sondern auch nach Aussen hin sehr wohlthätig gewirkt, 
T3esonders im Zeitalter der Reformation und noch mehr 
nach derselben. Durch weise Verwaltung hatte es sich 
■einen ansehnlichen Besitz erworben, der wieder zur Ehre 
<Tottes, zur Förderung der Wissenschaften, zum Wohle 
■des Vaterlandes und zur Unterstützung der Armen ver- 
wendet wurde. Namentlich erfreute es sich einer sehr 
besuchten Schule, aus welcher viele angesehene Männer 
hervorgingen. Nicht Mangel an leiblichen oder geistigen 
Kräften und noch weniger ein Verbrechen haben darum 
dem herrlichen Stifte, das auch die Wogen der franzö- 
sischen Revolution mit ihren Folgen und die Säcularisation 
nicht zu Grunde richteten, den Untergang bereitet, sondern 
blos die Habgier der Feinde und der Hass gegen den 



— 155 — 

katholisclien Glauben. Es ist ja allbekannt, wie in den 
dreissiger Jabren nnseres Jabrbunderts in der Schweiz und 
hauptsäcblich im Eanton Aargau der Elampf gegen Mrcb- 
liche Institute und besonders gegen die Blöster zuerst 
heimlich, dann öffentlich geführt, die Aufnahme von Novizen 
untersagt, die Verwaltung der Kirchen- und Klostergüter 
von der Kantonsregierung anmassend übernommen und zu- 
letzt die gänzliche Unterdrückung beschlossen wiirde. An 
Widerstand gegen die Gewalt war nicht zu denken, und 
so mussten denn die Benediktiner von Muri, während ihr 
Kloster von Militär umstellt war, am 27. Januar 1841 
unter heftigem Schneegestöber ihr Eigenthum verlassen 
und sich zerstreuen, bis es ihnen gelang, sich zuerst theil- 
weise in Samen im Kanton Obwalden, wo ihnen die 
dortige Regierung ein CoUegium und die Schule überliess, 
zu sammeln und endlich wieder eine bleibende Stätte in 
Gries durch kaiserliche Gunst zu finden. 

Am 24. Juni 1845 kam Abt Adalbert ßegli, erwählt 
in Muri am 5. December 1838, mit einigen seiner Conven- 
tualen in der neuen Heimat an. Gross war die Arbeit der 
ersten Jahre, bis allmählich das so lange verwahrloste 
Haus wieder in einen geeigneten Zustand versetzt und eine 
geregelte Bewirthschaftung der damals noch verpachteten 
Grundstücke hergestellt war. Gottes Segen war sichtbar 
mit dem Wirken des edlen Vaters, der bald jüngere Kräfte 
um sich vereinigte, um mit deren Beihülfe und unterstützt 
von seinen Ordensbrüdern von Muri, die alle ihrem Berufe 
treu blieben, den verschiedenen Obliegenheiten nachkommen 
zu können. Während seiner 34jährigen Regierung in Gries, 
das als Priorat zur Abtei Muri hinzukam, hat das Stift 
einen grossen Aufschwung genommen, denn es legten 
während dieser Zeit 66 Novizen die heiligen Ordensgelübde 
als Benediktiner von Muri-Gries ab, und obschon etwa ein 
halbes Hundert von den alten und neueingetretenen Mit- 
gliedern seitdem schon das Zeitliche gesegnet hat, zählt 
das Kloster dennoch nahe an GOProfessen. Ihr Wirkungs- 
treis ist ziemlich weit ausgedehnt, indem sie ausser ihren 
Ordenspflichten nicht blos den Gottesdienst und die Seel- 
sorge in Gries, sondern auch einige auswärtige Pfarreien 
yind ein Gymnasium zu versehen haben. Das CoUegium 
in Samen nämlich, welches sich seit der Uebemahme aus 



— 156 — 

einer einfaclieii Lateinschule zu einem Gymnasium nebst 
Eealschule erweitert hat, wurde beibehalten und dazu ein 
Convikt oder eine Erziehungsanstalt mit ungefähr 100 Zög- 
lingen gebaut. Es sind daselbst 11 Conventualen als Lehrer 
und Erzieher thätig. 12 Priester sind exponirt und auf den 
zum Kloster gehörigen Pfarreien und Curatien thätig. Drei 
weitere Ordenspriester wirken als Seelsorger in der Schweiz. 
Die übrigen arbeiten im Stifte, obliegen den Studien der 
Wissenschaften und versehen die verschiedenen Seelsorgs- 
und Verwaltungsämter. Die Pfarrgemeinde Gries zählt 
über 2000 Seelen, eine Knabenschule und eine von Ter- 
tiarierinnen aus dem Orden des heiligen Franziskus ge- 
leitete Mädchenschule, Dazu kommen im Winter noch 
Viele, welche in dem etwas milderen Klima einen ange- 
nehmeren Aufenthalt statt des rauhen Norden suchen. Die 
Pfarrei Jenesien mit drei Priestern, einer Knabenschule 
und einer ebenfalls von Tertiarierinnen geleiteten Mädchen- 
schule zählt gegen 900 Seelen. Zu dieser Pfarrei gehört 
die Curatie Afing mit zwei Priestern, einer Schule und 
gegen 600 Seelen, und die Expositur Glaning mit einem 
Priester, einer Schule und etwa 350 Seelen. Die Pfarrei 
Marling, welcher drei Ordensgeistliche vorstehen, hat über 
1600 Seelen nebst Knaben- und Mädchenschule, an welcher 
barmherzige Schwestern wirken. Die Pfarrei Senale end- 
lich oder Unsere liebe Frau im Walde, einer der letzten 
deutschen Vorposten gegen das Italienische mit einem be- 
rühmten Wallfahrtsorte, hat zwei Ordenspriester, eine 
Schule und etwa 400 Seelen. 

Machen wir zum Schlüsse noch der sehr geräumigen 
Stiftskirche in Gries einen Besuch, so fallen uns alsbald 
Knollers grosse Deckengemälde auf. Der Hintergrund über 
der Orgel stellt die Bekehrung des heiligen Augustin dar, 
als er das Wort vernahm: „Nimm und lies." Das Gewölbe 
zeigt die Wirksamkeit des Heiligen als Bischof und Kirchen- 
vater, die Vertheidigung des heiligen katholischen Glaubens 
\md die Bekämpfung der Irrlehrer seiner Zeit. Die Kuppel 
bringt uns die verschiedenen religiösen Orden imd Con- 
gregationen zur Anschauung, welche nach der Kegel des 
Heüigen leben. Das Hochaltarbild stellt uns den Heiligen 
in Betrachtung des Geheimnisses der heiligsten Dreieinig- 
keit vor und erinnert uns an sein Wort: „Unruhig ist 



— 157 — 

unser Herz, bis dass es in Gott ruht." In den übrigen 
Gemälden der Seitenaltäre sehen wir die Hauptgeheimnisse 
der christlichen Religion vor Augen gestellt. In der Sakristei 
endlich begegnet uns das von ihm selbst verfertigte Por- 
trät des Künstlers. In der mittleren Seitenkapelle vom 
Eingange rechts findet man in die Mauer eingesenkt das 
Grabmonument der ersten Stifterin, ■welches aus der alten 
Eirche in der Aue hierher übersetzt wurde. Nicht "weit 
von der Hauptkirche entfernt, mitten im Friedhofe, steht 
eine alte Nebenkirche, welche sich durch ihre gothische 
Bauart leicht bemerkbar macht. In der geräumigen Seiten- 
kapelle derselben steht ein prächtiger, geschnitzter Altar 
von dem Meister Bacher aus dem 15. Jahrhundert. Diese 
Kirche war zur Zeit der Occupation geschlossen und zu 
profanen Zwecken verwendet worden. Der eifrige Pfarrer 
Leodegar Kretz 0. S. B. bemühte sich für deren Wieder- 
herstellung und hatte die Freude, sie dem Dienste Gottes 
zurückgegeben zu sehen. Zum Pfarrbezirke Gries gehören 
auch noch andere kleinere Kirchen, wovon wir die neu 
restaurirte St. Georgskirche auf dem Mittelgebirge, zu der 
auch eine Schule gehört, besonders hervorheben. Ein 
Flügelaltar mit Gemälden von der Hand des Künstlers 
V. Felsburg ziert dies Kirchlein, von welchem aus sich 
ein herrliches Panorama darbietet. Bald wird der Kunst- 
freund von St. Georg aus noch höher steigen bis Jenesien, 
wo gegenwärtig Meister Plattner in der Kirche einen Cyclus 
von herrlichen Frescobildem herstellt, welche den ambro- 
sianischen Lobgesang Te Deum laudamus zur Grundlage 

•'^^^®^- De. Bebnabd M. Lieeheimee. 




Eiremsmünster. 

itten im lieblicheii, fruchtbaren Eremstliale erhebt 
sich auf einer anmuthigen Höhe die Abtei Erems- 
münster (Cremifanum)*), ein weites Gebiet von den 
blauenBergendernorischenAlpenbisandashundert- 
gipfelige Bergland jenseits der Donau beherrschend. Mehr 
als elfhundert Jahre steht diese ehrwürdige Abtei schon da 
oben. Vor mehreren Jahren beging sie ihre elfte Säcularfeier, 
und aus der weiten Welt eilten wie Kinder zur jubelnden 
Mutter: Theologen, Mediciner, Juristen, ja hervorragende 
Staatsmänner, die einst in Kremsmünster studirten, erlauchte 
Kirchenfürsten und Minister, sie wetteiferten mit einander, 
dieses Jubelfest in würdiger Weise zu begehen, um laut und 
öffentlich Zeugnis abzulegen, dass Kremsmünster der Absicht 
seines Stifters treu geblieben und durch elf Jahrhunderte ein 
Lichtpunkt geworden ist, von welchem die Segnungen des 
Christenthums , höhere Cultur und Bildung auf Land und 
Leute in weitem Umkreise ausströmten. Es folgt nun eine 
historische Skizze dieser berühmten Abtei: 

I. Gründung und ScMcJcsale des Stiftes Kremsmünster. 
Der letzte Agilolfinger ThassUo II. ist der Gründer des 
Stiftes Kremsmünster.**) Im Jahre 777 übergab er dasselbe 
zwölf Benediktinern aus Niederaltaich in Bayern unter dem 
Abt Fatericus, Nach der interessanten Stiftungsurkunde, 
der ältesten und einzig vorhandenen aus jener Zeit, stattete 
der freigebige Bojarenherzog diese seine Lieblingsstiftung 
reichlich aus und machte sie zu einem förmlichen Fürsten- 
thume im einstigen Traungau. Aber auch im Donaugau 



*) Kremsmünster ist mit der Welt durch den Telegraphen iind mit 
der Landeshauptstadt Linz durch eine Vicinal-Eisenhahn, welche in 
kürzester Frist fertig sein ■wird, direct verbunden. 

**) Nach der uralten Legende soll der Tod Günthers, eines angeb- 
lichen Sohnes Thassilos, die nächste Veranlassung zur Stiftung Krems- 
münsters gegeben haben, Günther hatte nämlich mit seinem Vater in 
dieser Gegend gejagt und war durch einen Eber tödtlich verwundet worden. 






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— 159 — 

und in dem dermalen noch Ungewissen Grunzwitigau er- 
theilte er ihr ausgedehnte Besitzungen, 

Pabst Hadrian I. hatte diese neue Benediktiner-Colonie 
bestätigt und durch Uebersendung der Reliquien des hei- 
ligen Märtyrers Agapitus von Präneste dem Stifte ein. 
kostbares Geschenk gemacht um das Jahr 781. Als Karl 
der Grosse Landesherr wurde, bestätigte er (791) zu "Worms 
auf Bitten des Abtes Fatericus und erweiterte (802) zu 
Aachen die Stiftung Thassilos, welcher um das Jahr 794 
am 11. December in einem Kloster im Rufe der Heiligkeit 
gestorben war. Ludwig der Fromme, Karlmann und Arnulf 
gaben mit königlicher Grossmuth dem Stifte Liegenschaften 
in Niederösterreich, Bayern und Oberösterreich, darunter 
Wels mit allen Kirchen, Gebäuden und Ländereien, so dass 
das Sfciftsgebiet gegen Ende des 9. Jahrhunderts in un- 
unterbrochenem Zusammenhange von den südlichen Alpen 
bis an die nördliche Donau in einer Länge von beinahe 
15 Stunden sich ausdehnte und demnach den beträcht- 
lichsten Theil des gegenwärtigen Traunkreises in sich fasste. 
Das Stift nahm den ersten Rang unter den Earchen der 
ausgedehnten Diöcese Passau ein und seine Aebte sollen 
sogar in Abwesenheit des Bischofs vikarirt haben. 

Doch nur zu bald kamen schlimme Zeiten. Die mit 
dem Jahre 900 begonnenen und zu wiederholten Malen 
fortgesetzten Einfälle der Hunivaren oder Ungarn zerstörten 
nicht blos das Kloster, sondern tödteten und zerstreuten 
auch seine Bewohner, so dass Kremsmünster lange Zeit 
wüst und öde war. Als nach gänzlicher Besiegung der 
Ungarn auf dem Lechfelde bei Augsburg am 10. August 
955 mit dem Frieden auch die flüchtigen Benediktiner 
nach Kremsmünster zurückkehrten, bauten sie das Stift 
wieder auf. Aber sie fanden die ursprünglichen Besitzungen 
in den mächtigen Händen der Markgrafen von Traungau, 
der Grafen von Wels-Lambach und der Bischöfe von Passau, 
welche als Pro-Aebte bis zum Jahre 1007 das Stift inne 
hatten und mit seinen Gütern frei schalteten. Erst durch 
Kaiser Heinrich, den Heiligen , gelangte Kremsmünster zur 
vorigen Selbständigkeit, erhielt aber nur einen Theil seines 
früheren Besitzthums zurück. Um das Jahr 1080 gab 
Bischof Altmann einige von der Hochkirche Passau fest- 
gehaltene Kremsmünstersche Besitzungen zurück. Erst 



— 160 — 

nach und nach, vermehrte die Freigebigkeit angesehener 
Wohlthäter durch Schenkungen und Stiftungen (Seelgeräthe) 
die Güter des Klosters. So stellte z. B. der heilige Leopold, 
Markgraf von Oesterreich, die seinen Vorfahren von den 
Passauischen Bischöfen lehensweise übertragenen Stiftsgüter 
zurück; Herzog Heinrich der Stolze von Bayern und sein 
Sohn Heinrich der Löwe schenkten dem Stifte ansehnliche 
Güter bei Hall. Andere Wohlthäter waren: Leopold der 
Tugendhafte, Herzog Ulrich von Kärnten, die Grafen von 
Bebgau, die adeligen Herren von Achleiten, Aschberg, 
Rohr u. s. w. 

Pabst Alexander III. nahm das Stift und seine Be- 
sitzungen in den. apostolischen Schutz , gab ihm das freie 
Wahlrecht und bestätigte alle seine Güter, Pfarreien, Kirchen 
und Kapellen (1179). Herzog Leopold VII. (der Glorwürdige) 
befreite (1217) Kremsmünster aus den räuberischen Händen 
der Schutzvögte und verlieh ihm ein exemtes Gericht über 
dessen Unterthanen. König Ottokar ertheilte demselben 
(1255) die Mauthfireiheit aller Victualien, Herzog Albrecht HI. 
von Oesterreich vermehrte die Gottestheil-Salzstiftung der 
Kaiserin Elisabeth um die Hälfte (1381). Im 14. Jahrhundert 
war der Besitzstand des Stiftes mannichfaltigen Schicksalen 
unterworfen. Die Kriege der Landesfürsten mit Bayern 
verlangten Opfer, aber es mangelte baares Geld, da die 
Einkünfte des Stiftes meist nur in Naturalbezügen be- 
standen; es mussten daher Güter verkauft oder verpfändet 
werden. Dazu kamen das wiedererwachte Faustrecht, Miss- 
Ernten durch Elementarereignisse, Wanderheuschrecken, 
die Pest (1348), zu allem Uebei^uss die Misswirthschaft 
einiger adeligen Aebte, die Stiftsgüter an ihre Verwandten 
verschleuderten und das Stift selbst dem Ruine nahebrachten, 
bis Anfangs des 15. Jahrhunderts Herzog Albrecht V. den 
inneren und äusseren Wohlstand Kremsmünsters wieder 
herstellte. Die tüchtigen Aebte Jakob, Ulrich IV., Wolf- 
gang I. verbesserten, vermehrten und sicherten durch Privi- 
legien den materiellen Besitzstand. Aber bald versetzten 
langwierige Kriegsereignisse, die Hussitenkriege, die Stretf- 
züge der böhmischen Söldner, die Einfälle der Ungarn 
■unter Mathias Corvinus in das Land, die noch immer 
wiederholten Gewaltthaten der Raubritter das Stift in nicht 
geringe Bedrängnisse, die bis in die Zeit der sogenannten 



— 161 — 

Beforiaation dauerten. Der in Folge derselben im Jahre 
1525 ausgebrocliene Bauernaufstand, welcher durch hundert 
Jahre sich hindurchzog, und die Türkengefahr, gegen welche 
Kremsmünster sich befestigte, kosteten dem Stifte ungeheure 
Summen für Kriegsrüstungen, Landesaufgebot und für die 
eigene Sicherung. Dazu kam die Verachtung und Miss- 
handlung der Geistlichen durch den protestantischen Adel, 
der auf den benachbarten Schlössern Luthers Lehre all- 
gemein predigen Hess und Kirchengelder, Zehente und andere 
Besitzungen des Klosters ian sich riss. 

Endlich unter dem grossen Abte Anton (1613) hob sich 
des Stiftes Besitzstand -wieder in ansehnlicher Weise da- 
durch, dass der Abt die von den des Landes vermesenen 
adeligen Eebellen feilgebotenen Herrschaften und Schlösser 
Scharnstein, Pernstein und Kremseck kaufte, welche in 
Betreff ihres Territoriums nach der Stiftungsurkunde meisten- 
theils zum alten Stiftsgebiete gehörten. Die folgenden 
Aebte traten in die Fussstapfen ihres grossen Vorgängers 
und so erholten sich trotz des Türkenkriegs, Erbfolgekriegs 
und siebenjährigen Kriegs die Finanzen des Stiftes bei der 
nun eingeführten rationellen Hauswirthschaft bald wieder. 
Der Anfangs des 18. Jahrhunderts aufs Höchste gestellte 
finanzielle Wohlstand des Stiftes wurde aber unter der Re- 
gierung des Kaisers Josef H. derart erschüttert, dass der 
Fortbestand des Stiftes in Frage stand. Eine Inventur- 
Commission unter dem berüchtigten Landrath Eybel kostete 
dem Stifte allein 5508 Gulden,, wirthschaftete schrecklich, 
verschleuderte gewissenlos Stiftsgüter und nahm Kirchen- 
süber im Werthe von 200,000 Gulden weg. Schon lag das 
Anfhebungspatent in Bereitschaft (1788), als ein Bittgesuch 
des Stiftes den falsch über Kremsmünster benachrichtigten 
Kaiser umstimmte, wodurch jeder weitere Versuch abge- 
wiesen, vielmehr befohlen wurde, das Stift unversehrt zu 
lassen. Doch gelang es den Neidern und Feinden zum 
Staunen des Capitels den geisteskräftigen Abt Erenbert IH. 
unter Angabe der Geistesschwäche abzusetzen und als Ad- 
ministrator einen Fremdling aufzustellen. 

Mit der Thronbesteigimg des Kaisers Leopold H. (1790) 
wurde der tiefgekränkte Prälat Erenbert Hl. wieder ein- 
gesetzt, es erfolgte aber eine Umkehr zum Bessern, die 
leider nicht lange andauerte; denn es kamen von 1792 — 1814 

Ein Benediktinerbuoh. 11 



— 162 — 

fast uminterbroclien die französischen Kriege mit drei feind- 
lichen Einfällen, die dem Stifte eine Auslage von einer 
halben Älillion Gulden verursachten. Den empfindlichsten 
Schlag versetzte jedoch das überraschende Finanzpatent vom 
Jahre 1811, so dass der damalige Abt Wolfgang IL — trotz 
seines Gottvertrauens undseinerUnerschrockenheitin grossen 
Bedrängnissen — einige Zeit unschlüssig war, ob erresigniren 
oder die Zahlungsunfähigkeit des Stiftes erklären sollte. Herr- 
schaften wurden verkauft undallemöglichenEinschränkungen 
— unbeschadet der Gastfreundschaft — mussten Platz greifen. 
Erst Thomas Mittemdorfer, dieser thatkräftige umsichtige 
Abt, ein wahres Administrationstalent, hob (1840) wieder 
den Credit des Hauses durch kluge und glückliche Unterneh- 
mungen, so dass seine Amtsführung eine der preiswürdigsten 
Perioden des Stiftes ausmacht, obgleich sie in eine bewegte 
Epoche fiel. Die allemeueste Zeit brachte erhöhte Steuern, 
Eriegszuschläge, Gebührenäquivalente und die drückendste 
aller Steuern , die sogenannte Eeligionsfondssteuer. 

II. Das Wirken des Stiftes Kremsmünster. Die Bene- 
diktiner von Kremsmünster traten zur Zeit der Stiftung 
(777) in das Erbe ihrer Brüder, der Mönche von Nieder- 
altach, welche der heilige Slaven- Apostel Virgil, Bischof 
von Salzburg, schon lange zuvor als Missionär zur Ghristia- 
nisirung der Slaven an der Enns, Krems und Alm in diese 
Gegend berufen hatte. Die erste WirksamkeitKremsmünsters 
während anderthalb Jahrhunderte ist demnach Missions- 
thätigkeit, verbunden mit der Gesittung der Bewohner und 
Urbarmachung des Bodens. Nach den verheerenden Ein- 
fällen der barbarischen Ungarn erholte sich Kremsmünster 
nur langsam. Erst unter dem heiligen Gotthard, welchen 
Kaiser Heinrich II. der neu aufblühenden Genossenschaft 
als Abt vorsetzte, erblühte frisches religiöses Leben, reger 
Eifer in der Seelsorge und Pflege der Wissenschaften. Durch 
den Meiss der Brüder wurden die Wildnisse immer mehr 
in bewohnte Gegenden umgewandelt und die Herzen der 
Bewohner dm-ch fortgesetzte Verkündigung des Evangeliums 
allmählich veredelt. Man fing an, die zerstreuten Schätze 
alter Literatur durch Abschriften zu sammeln, die Begeben- 
heiten der Zeit in Chroniken zu verzeichnen, die begonnene 
Geistescultur in Schulen durch Unterricht zu erweitern. 
Yon Gotthards Nachfolger, dem Abte Sigmar (1012), er- 



— 163 — 

zählt die Chronik, dass schon eine Bibliothek vorhanden 
war, -welche Abt Gerhard (1040) vermehrte. 

Nach Regenerirung der Ordensgemeinde durch Bischof 
Altmann von Passau „übertraf," wie desselben Biograph be- 
zeuget, „Kremsmünster (unter Abt Alram I.) alle andern 
Klöster an Zucht and Ordnung, an Gebäuden, Büchern und 
Gemälden und verbreitete durch gelehrte und kunsterfahrene 
Männer einen grossen Schimmer." Um das Jahr 1120 ward 
die Klosterschule in Kremsmünster schon von Auswärtigen 
besucht, welche sich zum Priesterstande vorbereiteten. Aus 
dieser Zeit stammt auch die älteste Chronik von Kjems- 
münster, die noch vorhanden ist, aber zu Wien sich be- 
findet; femer ein Nekrologium (Kalender der Verstorbenen), 
Grosse Verdienste erwarb sich Eiemsmünster dadurch, dass 
es im 12. Jahrhundert viele Kirchen theils erbaute, theils 
erweiterte. Auch zu den Kreuzzügen trug das Stifb sein 
Scherflein bei. Es befreite nämlich zu Gunsten der Kreuz- 
fahrer die Brücke über die Traun bei Wels (1140) von den 
hohen Mauthgefällen, und Abt Ulrich III. zog selbst mit 
Herzog Leopold VI. in das heilige Land; namentlich brachte 
das Stift zum grossen Kreuzzug (1189) bedeutende Opfer. 

Im 13. Jahrhundert unter Abt Berthold II. (von Ach- 
leiten) und namentlich unter Abt Friedrich I. (von Aich) 
blühten Kunst und Wissenschaft mehr als früher. Berthold II, 
schickte (1274) Kremsmünstersche Theologen zum aUge- 
meinen Concil nach Lyon ab, baute die bisher wahrschein- 
lich grösstentheils noch hölzerne romanische Stiftskirche 
ganz neu aus Stein im gothischen Style auf und scheint 
selbst in der Baukunst ein Meister gewesen zu sein. Abt 
Friedrich I. wird der Vater der Bibliothek genannt. Unter 
ihm bestand zu Kxemsmünster eine vorzügliche Schreib- 
schule, in der man mit wahrhafter Farbenpracht Bücher 
auf Pergament abschrieb, wie die noch vorhandenen be- 
weisen; ferner eine Sängerschule, in der besonders im 
Choral unterrichtet wurde, xmd eine Kunstschule, ia wel- 
cher Malerei — selbst auf Glas — betrieben wurde. Der- 
selbe Abt Hess von dem Stiftsgeistlichen Sigmar, der 1302 
Abt von Lambach wurde, ein sogenanntes Flurbuch (ßa- 
tionarium oder Urbarium) über die Güter und Einkünfte 
des Stiftes (1299) anlegen, die Privilegien und Eechte auf- 
zeichnen, welche Sammlung den Codex Fridericianus bildet 

11* 



— 164 — 

■and eines der seltensten und interessantesten Werke dieser 
Art ist. 

Aus dieser Zeit stammt die zweite und dritte noch 
vorhandene Chronik von EJremsmünster. Erstere soll von 
dem oben genannten Sigmar, letztere nebst verschie- 
denen anderen opuscula in einem und demselben Codex 
von Bernardus „Noricus" verfasst sein. Aus dem 14. Jahr- 
hundert ist -wenig besonders Merkwürdiges zu melden. Er- 
freulichere Thätigkeit in jeder Beziehung herrachte im 
15. Jahrhundert — nach der Klosterreform durch Herzog 
Albert Y. — unter den vortrefflichen Aebten Jakob (Treutl- 
kofer), Ulrich IV. (Schoppenzaun) und Wolfgang I. (Widmar). 
Dies bezeugen noch die vielen gothischen Kirchen, die 
damals im Kremsmünsterer Kirchenpatronate gebaut wur- 
den, die zahlreichen Manuscripte, die vielen Erstlinge von 
Druckwerken in der Bibliothek. 

Was an Kunstwerken Kremsmünster aus den früheren 
Jahrhunderten heute noch besitzt, ist nicht mehr viel; denn 
die späteren Jahrhunderte, besonders das 17., dem aller 
Sinn für alterthümliche Kunst abhanden gekommen war, 
haben durch unseliges Modemisiren, z. B. an der Stifts- 
kirche, die meisten Spuren früherer kirchlicher Bauten, 
Malerei und Bildhauerei vertilgt. Auch litt das Stift bis 
1483 achtmal durch Schadenfeuer, wodurch viele Kunst- 
werke, Dokumente und Codices verloren gingen. Abt 
Manegold, der Bischof von Passau (1205) wurde, nahm 
Güter, alte Urkunden, Kirchensehätze , kostbare Reli- 
quien u. s. w. ganz widerrechtlich mit sich und verschleppte 
vieles andere. Wunderbar ist es, dass ein Kunstwerk des 
8. Jahrhunderts bis auf den Tag dem Stifte erhalten blieb ; 
wir meinen den berühmten Thassilokelch; ausserdem 
zwei alte Leuchter und die beiden Codices millenarii. Der 
Thassilokelch mit den zwei Leuchtern ist ohne Zweifel 
ein Andenken aus der Hand des Stifters selbst, sowie die 
Codices , auch Plenarii genannt , weil jeder derselben die 
vier Evangelien enthält; der grössere, in römischer Uncial- 
Majuskel- Schrift und mit Abbildungen der Evangelisten 
geziert, gehört dem 7. Jahrhundert oder gar der Zeit Gregor 
des Grossen an; jünger wohl (etwa aus dem 8. Jahrhundert) 
ist der kleine Codex mit Minuskel- Schrift. 

Im 16. Jahrhundert hielt sich Kremsmünster lange 



— 165 — 

standhaft gegen die heranströmenden Haeresien, ja es suchte 
diesem verderblichen Strome durch seine gelehrten Schulen 
einen moralischen Damm entgegenzusetzen. 

Seit Tmdenklichen Zeiten bestanden in Kremsmünster 
zwei Gattungen Klosterschulen. Die innere oder Convent- 
schule ist die älteste theologische Lehranstalt für die 
jungen Conventualen; die äussere oder vordere oder so- 
genaimte Hofschule war für die Laien bestimmt und wurde 
meistens von wandernden Schulmeistern besorgt. Die 
Conventschule wurde von den Aebten Johannes I. (Schreiner 
1 1524), deren Lehrer selbst er einst war, und von Johannes II. 
(Habenzagel f 1543) in ganz vorzüglicher Weise gepflegt. 
Eben dieser Abt errichtete eine Papiermühle, die erste im 
ganzen Lande. Aus der äussern Schule machte Abt Gregor 
(Lechner f 1558) im Jahre 1549 die lateinische Schule oder 
das Gymnasium. Auch erscheint um die Mitte dieses Jahr- 
hunderts eine Marktschule; wahrscheinlich wurde nach Er- 
öffiiung des Gymnasiums die deutsche Schule des Elosters 
in den Markt verlegt. 

Gregors Nachfolger, Abt Marcus "Weiner, liess um das 
Jahr 1560 den Geist der unseligen „Reformation" auch in 
die Klosterzellen eindringen, aus denen ihn aber schon 
wieder die nachfolgenden Aebte, besonders Erhard Voit 
(t 1588) und Johannes in. (Spindler f 1600) zu vertreiben 
sich bestrebten. Beide suchten den Besuch der Schulen 
zu fordern, vermehrten die Bibliothek, hielten die ersten 
Zeitungen, verwendeten grosse Sorgfalt auf die Ausbildung 
junger Conventualen und gewannen durch Sanftmuth und 
Klugheit die irregeleiteten Gemüther. Ersterer baute ein 
Spital, letzterer errichtete eine Apotheke, welche beide 
bis heute noch bestehen. 

Thatkräftige, reicherfahrene und gottbegeisterte Aebte 
waren Alexander I. (a lacu f 1613) und Anton (Wolfradt 
t 1639). Sie bemühten sich, die klösterliche Disciplin in 
ihrer Eeii^eit darzustellen, und schickten die jüngeren 
Capitularen auf Universitäten, meistens nach Rom, Graz, 
Salzburg, fingen an, die incorporirten Pfarreien mit Stifts- 
geistlichen zu besetzen und führten auch diese in das 
Gymnasium ein statt der lateinischen Magister, die meisten- 
theils noch immer der Zunft der wandernden Schulmeister 
angehörten und häufig ihre Gesellen mit sich führten. 



— 166 — 

Beide Aebte wurden zu den -wichtigaten Geschäften für 
das Wohl des Landes und des Staates berufen. Nament- 
lich verdankt Kremsmünster Vieles und Grosses dem Abt 
Anton, -welcher an Ehren und Würden immer höher stieg. 
Er wurde Hofkammerpräsident (d. h. Finanzaninister) und 
starb als Fürstbischof von Wien. 

Im 17. Jahrhundert ragte vor Allen Abt Plaoidua 
(Buchauer f 1669) hervor. Er ist der zweite Stifter der 
höheren Lehranstalten, er erweiterte den Lehrplan des 
Gymnasiums, Hess Theologie und Philosophie zu Erems- 
münster öffentlich lehren und die orientalischen Sprachen 
vortragen, bevor sie auf den Universitäten allgemein ge- 
lehrt wurden, gestaltete das Museum, welches bis zur 
Eröffnung des Gymnasiums die sogenannte äussere Schule 
bildete, in ein förmliches Klosterknabenseminar um, ver- 
mehrte die Zahl der unentgeltlichen Stiffcszöglinge, schickte 
mehr als 30 Stifts capitularen an auswärtige Akademien 
und Universitäten und bereicherte die Bibliothek mit aus- 
ländischen Werken. GlückUeh pries dieser Prälat jenen 
Sterblichen, dem es gegönnt sei, seine Zeit bei Büchern 
zubringen zu können. Wir wollen nicht reden von seinen 
landwirthschaftlichen Anstalten, von den grossen Bauten 
im Stifte und in den Stiftspfarreien, aber weitamher ge- 
priesen war seine Herzensgüte gegen Jedermann. 

Sein ebenso tüchtiger, aber nicht ebenso beliebter 
Nachfolger Erenbert IL (Schrevogl f 1703) modernisirte 
nach dem Renaissancestyl die alte gothische Stiftskirche 
so, wie sie heute noch steht, baute das gegenwärtige 
imposante Stiftsgebäude mit der Bibliothek und Sommer- 
abtei, den Kaisersaal und den einzig in seiner Art an- 
gelegten Fischbehälter u. s. w. Die neugeschaffenen weiten 
Bäume füllte der Abt mit Kunstwerken seltener Art. Wie 
Prälat Placidus, so dehnte auch Erenbert IL seine Sorge 
auf die Stifbspfarreien aus, und es giebt vielleicht keine 
derselben, wo nicht beide, doch der eine oder der andere 
durch hervorragende Baulichkeiten ein dankbares Andenken 
sich erworben hätten. 

Im 18. Jahrhundert wirkte der schaffende Geist des 
strengen Alexander II. (Strasser f 1731), der die wissen- 
schaftliche und religiöse Heranbildung der jungen Stifts- 
geistlichen, die Wachsamkeit über die Elosterdisciplin und 



— 167 — 

die Bestellung der Scinilen mit erprobten Lehrern vor- 
züglich im Auge hatte. Für die innere Ausschmückung 
der Stiftskirche scheute dieser Prälat keine Kosten. Von 
seinen vielen iind grossartigen Bauten in und ausser dem 
Stifte erwähnen "wir nur die beiden Meierhöfe im Stifte 
und das gegenwärtige bischöfliche Palais in Linz; er kam 
dieser Stadt in einer Hungersnoth hülfreich entgegen und 
gab grosse Summen für patriotische Zwecke. 

Gleichwie Alexander IL die ökonomische und finanzielle 
Lage Kremsmünsters aufs Höchste brachte, so erreichte 
anter seinem Nachfolger Alexander III. (Fixlmillner f 1759) 
das Stift die schönste wissenschaftliche Blüthe. Dieser 
wahrhaft fromme und liebenswürdige Abt gründete das 
Lyceum, erweiterte das Knabenmuseum, baute die lieb- 
liche Studentenkapelle, errichtete die k. k. Akademie, ver- 
bunden mit einer adeligen Ritterschule und mit vollstän- 
digen theologischen und juridischen Lehrcursen, und führte 
das ßiesengebäude der Sternwarte auf. Er reformirte die 
Volksschulen, baute und erneuerte viele Schulhäuser, liess 
um mehr als 200,000 /. von Kremsmünster aus nach Wels, 
Linz und Steyr neue Strassen anlegen. Wahrhaftig war 
er ein Vater der Armen in jenen Zeiten der Theuerung 
und Arbeitslosigkeit, ein eifriger Seelsorger, der als Abt 
nicht selten predigte und katechisirte. Mild gegen Jeder- 
mann, streng gegen sich. In seinem hingehendsten Patrio- 
tismus spendete er Tausende und Tausende von Gulden 
dem bedrängten Vaterlande. Im höchsten Ansehen stand 
dieser Prälat bei der Kaiserin Maria Theresia. 

In einen schweren, ereignisvollen Zeitabschnitt fiel 
die Regierung des Abtes Erenbert HL (Meyer f 1800). 
Den wissenschaftlichen Instituten verschaffte dieser Prälat 
die möglichste Vollkommenheit, begründete eine Haupt- 
schule im Markte, legte eine Naturalien-, Münz-, Kupfer- 
stich- und Bildersammlung an und feierte in solenner 
Weise acht Tage lang das Millenarium des Stiftes im 
Jahre 1777. Aber bald nach dieser Feier hatte Krems- 
münster mit viel Unheil zu kämpfen. Es kamen die 
Josefinischen „Kirchenreformen", die — ausser der Er- 
richtung des Bisthums Linz (1784) — wenig Gutes brachten. 
An den gelehrten Anstalten des Stiftes nergelten aus purer 
Eifersucht neidische Feinde in Linz so lange, bis es ihnen 



— 168 — 

gelang, der -weitberülimten Akademie den Todesstoas zu 
geben; die juridischen Studien wurden aufgehoben, die 
Theologen mussten ins Generalseminar nach Wien wandern. 
Das Gymnasium und Lyceum wurde noch gerettet, aber 
das Stift brachte man in die ärgste Bedrängnis. 

Vom ersten Jahre des gegenwärtigen Jahrhunderts an 
stand 12 Jahre lang ein für AUe besorgter, liebevoller 
Hausvater an der Spitze des Stiftes, Abt Wolfgang IL 
(Leuthner f 1812), der trotz vieler Unglücksfälle und 
kriegerischer Zeiten das Ordenshaus im besten Zustande zu 
erhalten, Wissenschaft und Landwirthschaft möglichst zu 
befördern suchte. Ererrichtete vfiedereinetheologischeLehr- 
anstalt und eröffnete statt der unterdrückten Ritter- Akademie 
das k. k. Convikt (1804). Sein Nachfolger Abt Anselm 
(Mairhofer) ward durch die Wuth der widrigsten Geschicke 
so zu sagen erdrückt. Die ohnehin vorhandene Finanznothi 
steigerte sich aufs Höchste — das alte Museum und die 
theologische Lehranstalt gingen ein, eine Verbesserungs- 
commission tagte längere Zeit in Kremsmünster. Der Abt 
legte sein Amt nieder. Nach einem mehr als dreijährigen 
Interstitium wurde ein eifriger, allgemein geliebter Seel- 
sorger, Josef (Altwirt), zum Abt gewählt (1824 — 1840). 
Unter diesem ehrwürdigen Prälaten war der Besuch der 
Lehranstalten ein sehr lebhafter. Nach Kräften unter- 
stützte er die Wissenschaften, bestimmte für die Bibliothek 
und Sternwarte gewisse Fonds und schickte drei Capitu- 
laren als Professoren dem Gymnasium der neuerrichteten 
Benediktinerabtei St. Stefan in Augsburg. Ihm folgte 
Thomas (Mittemdorfer, 1840—1860), ein thatkräftiger, für 
alles Gute und Schöne begeisterter Abt, in finanzieller 
Hinsicht der Restaurator Kremsmünsters. Gross sind seine 
Verdienste um die Seelsorge, Kunst, Wissenschaft und 
Jugendbildung. Es überschreitet weit den Raum dieser 
Zeilen, die staunenswerthe Wirksamkeit, die er nach allen 
Richtungen entvdckelte, auch nur annäherungsweise zu 
schildern. Die Bibliothek wurde erweitert. Die Sternwarte 
erhielt ein magnetisches Observatorium und einen Refractor. 
Eine neue Bildergallerie , ein Kunst- und Antikenkabinet 
wurden errichtet, die Münzsammlung und das Archiv ge- 
ordnet, ein Urkundenbuch des Stiftes gedruckt u. s. w. 
Pur den disciplinären Wohlstand sorgte Abt Thomas durch 



— 169 — 

eine musterliafte Hausordnung, führte das seit 1789 theil- 
■weise unterdrückte öffentliche Chorgebet wieder ein, schickte 
die Stiftskleriker mit zwei Professoren an die theologische 
Hauslehranstalt in St, Florian. In ökonomischer Beziehung 
leistete dieser Prälat Grosses. Er verbesserte und vermehrte 
den Wein- und Ackerbau, beförderte die Obst- und Forst- 
cultur, kaufte ein Landgut, verkaufte wenig oder nichts 
eintragende Kealitäten. Auf den Pfarreien wurde Ver- 
fallenes hergestellt, Nothwendiges neugebaut, Pfarrhöfe 
wurden eingerichtet, Kirchen restaurirt, Schulhäuser neu- 
gebaut u. s. w. Auf Gottesdienst und Seelsorge verwendete 
Abt Thomas nicht geringe Sorge; davon geben Zeugnis 
die Stiftskirche (neue Erchenstühle, die grosse Orgel, 
Maialtar; die Salvatorstatue u. s. w.), die Volksmissionen 
zu Eremsmünster und auf mehreren Pfarreien, das Vincenz- 
spital u. s. w. Gross war des Abtes Wohlthätigkeitssinn 
für Arme und Hülflose, besonders für dürftige Studenten 
und Ortsbewohner. Tief betrauert wurde sein Ableben. 

Abt Augustin (Eeslhuber, 1860 — 1875) war ein gelehrter 
Mann voll edlen Biedersinns und wärmsten Patriotismus. 
Ohne von seinen vielen gelehrten astronomischen und 
meteorologischen Werken zu sprechen, sei nur erwähnt, 
dass er mit allen geistigen und materiellen Kräften die 
Lehranstalten des Stiftes unterstützte und die Kunst- tmd 
wissenschaftlichen Sammlungen reichlichst vermehrte. Auch 
im Oekonomischen leistete dieser Prälat nicht Unbedeu- 
tendes, unterstützt von klugen, verständigen und ihren 
Posten gewachsenen Officialen. Er kaufte Eealitäten, 
Grundstücke, Forsten und Weinberge an,restaurirte mehrere 
Kirchen und Pfarrhöfe. Im Stifte gestaltete er den Capitel- 
saal in einen bequemen Priesterchor um, restaurirte das 
Refectorium, legte eine neue Wasserleitung an, rief die 
künstliche Fischzucht ins Leben u. s. w. Zur Danksagung 
für die glückliche Erhaltung des Stiftes durch 11 Jahr- 
hxmderte hindurch kaufte er einen kostbaren kirchlichen 
Ornat an und legte (1869) den Grundstein zu einer gothischen 
Pfarrkirche im Kurorte Hall, und begann in Rücksicht 
der bevorstehenden XI. Säcularfeier mit Renovation des 
Stiftes und der Stiftskirche, welche der gegenwärtige hoch- 
würdigste Herr Prälat Cölestin Ganglbauer glücklich und 
geschmackvoll vollendet hat. 



— 170 — 

Abt Cölestin wurde am 19. April 1876 fast einstitnmig 
erwählt und ist in der Reihenfolge der Aebte von Krems- 
münster der 69. Prälat. Das Stift zählt 97 Mitglieder, 
darunter 16 Kleriker und Novizen, und besitzt 25 Pfarreien 
mit 41,077 Seelen, welche von 44 Seelsorgern pastorirt 
werden. An der von weit über 300 Studirenden besuchten 
Lehranstalt wirken mit einem Gymnasialdirector 16 Pro- 
fessoren und dreiLehramtscandidaten; dazu kommen noch 
zwei Theologie-Professoren und ein Katechet an der vier- 
klassigen Volksschule. Dem Convikte mit 82 Zöglingen 
stehen ein Director und drei Präfecten vor. Die übrigen 
Capitularen stehen an der Spitze der Verwaltung des Stiftes, 
seiner Besitzungen und Institute. Unter den Stiftsmitgliedern 
ragen, durch allerhöchste kaiserliche Huld und Gnade aus- 
gezeichnet, hervor: Der hochwürdigste Herr Prälat Cölestin 
als Commandeur des k. k. Franz- Josefordens , der hoch- 
würdige Herr jubilirte Gymnasialdirector Amand Baum- 
garten als Ritter desselben Ordens; der hoch würdige Herr 
Stiftsprior Sigismund Fellöker fährt den Titel: k. k. Schul- 
rath ; femer besitzen die hochwürdigen Herren Lucas Assam, 
Stiftssubprior und Stiftspfarrer, Columban Pruhwirth, emeri- 
tirter Professor, jetzt Stiftshofmeister in Linz, Edmund 
Forsthuber, Pfarrer in Pettenbach, und Gabriel Strasser, 
Director der Sternwarte, jeder das goldene Verdienstkreuz 
mit der Krone. 

Werfen wir nun zum Schlüsse unserer historischen 
Skizze nur noch einen oberflächlichen Blick auf das 
1100jährige Wirken- dieses Stiftes, so müssen wir bekennen: 
Treu dem alten unverwüstlichen Benediktinergeiste ist 
Kremsmünster nicht blos ein gottgeweihtes Asyl frommer 
Andacht und höheren religiösen Lebens, sondern allzeit 
eine nie ermüdende Pflanzstätte für Civilisation des Landes, 
für Seelsorge, Jugendbildung, Kunst und Wissenschaft 
geblieben, dabei stets eifrig bemüht, durch Gastfreund- 
schaft, Unterstützung der Armen und Bedrängten, durch 
Gründung und Erhaltung von Bildungsanstalten geistige 
und leibliche Wohlthätigkeit zu üben. Wie sehr Krems- 
münster an dem Wohl und Weh seines Vaterlandes innigen 
Antheil nahm, beweisen die grossen patriotischen Opfer, 
die es laut der Geschichte zu allen Zeiten brachte, so dass 
es nicht selten selbst in bittere Noth gerieth, und bezeugen 



— 171 — 

die vielfältigen Auszeichnungen, welclie dem Stifte im All- 
gemeinen oder seinen Aebten und Mitgliedern insbesondere 
von Seite des Landesberm zu Tbeil wurden. 

Wie grossartig und segensreich sein Wirken und 
Schaffen in der Seelsorge seit jeher war, beweist die 
Geschichte des Stiftes auf jeder Seite und die seiner 
Pfarreien, beweisen besonders die vielen Kirchen, welche 
Kremsmünster einst, besonders im 12. und 15. Jahrhundert, 
baute, bis heute erhält und noch baut, z. B. in Bad 
Hall, die Missionsstationen, welche es zur Rekatholi- 
sirung Oberösterreichs im 17. Jahrhunderte an vielen Orten 
errichtete u. s. w. 

Wie getreu das Stift einer andern Hauptaufgabe, der 
Pflege der Wissenschaften und Heranbildung der Jugend, 
geworden ist, zeigen die gelehrten Schulen seit dem 
12. Jahrhundert bis auf heute: das Gymnasium, welches 
jetzt einer nie dagewesenen grossen Frequenz sich erfreut; 
die reichhaltige Bibliothek, die berühmte Sternwarte, die 
vielen Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen; zeigen 
ferner die vielen Schulhäuser, die es in seinen Pfarreien 
bis in die neueste Zeit baute; zeigen ganz vorzüglich die 
wissenschaftlichen Werke in der Theologie, Philosophie, 
Rechtswissenschaft, Baukunst, Geschichte, Astronomie, in 
den Naturwissenschaften u. s. w., Werke, deren Verfasser 
weit über die Grenzen Oesterreichs bekannt wurden. Wir 
nennen aus neuerer Zeit nur die berühmten Astronomen 
Placidus Pixlmillner, Bonifaz Schwarzenbrunner, Marian 
Koller, Augustin Reslhuber und Gabriel Strasser, welcher 
gegenwärtig als Director der Sternwarte den alten vorzüg- 
lichen Ruf derselben stets aufrecht erhält, indem er mit 
einer staunenswerthen Ausdauer selbst das in neuerer Zeit 
so riesig angewachsene astronomische Material in befirie- 
äigendster Weise bewältigt ; die Haushistoriographen 
Marian Pachmayr, Ulrich Hartenschneider , Theodorich 
Hagn; in der Baukunst Florian Wimmer, jetzt Pfarrer zu 
Pfarrkirchen, in den Naturwissenschaften Sigmund Fellöker, 
jetzt Prior des Stiftes, in der Theologie Rudolf Graser, als 
Homilet zu seiner Zeit in ganz Oesterreich und Deutsch- 
land durch seine Predigtwerke bekannt, Ignaz Schüch und 
andere; in der Dichtkunst Ignaz Reischl, Marcus Holter, 
Amand Baumgarten, Lambert Guppenberger; in der Musik 



— 172 — 

die Compositeure: Georg Pasterwiz, Günther Kroneker, 
Maximilian Kersckbaum. 

Daran reihen wir jene Stiftscapitularen an, welche in 
neuester Zeit auf dem literarischen Felde thätig waren und 
noch sind, erwähnen jedoch nur ihre vorzüglichsten 
Werke: 

1) Von Sigmund Fellöker, jetzt Prior des Stiftes: 
Geschichte der Sternwarte der Benediktinerabtei Krems- 
münster; die Theorie der dreiseitigen Pyramide, analytisch 
dargestellt-, Anschauungsunterricht in der Mineralogie; 
Anfangsgründe der Mineralogie; Leitfaden der Mineralogie 
und Geognosie; Lehrbuch der Mineralogie und Geognosie; 
die chemischen Formeln der Mineralien in geometrischen 
Figuren dargestellt; Weihnachtskränze aus Dichtungen 
aller christlichen Jahrhunderte; Kripplgsängl und Krippl- 
gspiel in der oberösterreichischen Mundart u. s. w. 

2) Von Florian Wimmer, geistlicher Rath, Conser- 
vator der Baudenkmale, jetzt Pfarrer in Pfarrkirchen: 
Anleitung zur Erforschung und Beschreibung der christ- 
lichen Kunstdenkmäler; St. Wolfgang; St. Sebald; Pilger- 
reise nach Kremsmünster zum Jubelfeste 1877; der Dom- 
bau in Linz; Ehrenspiegel der Bürgerschaft von Steyr; 
die Waffen und Wappen Christi u. s. w. 

3) Von Amand Baumgarten, emeritirter Gymnasial- 
director, Ritter des k. k. Franz- Josefordens , jetzt Biblio- 
thekar im Stifte: Michael Denis, eine literargeschichtliche 
Biographie; das Jahr und seine Tage in Meinung und 
Brauch der Heimat; aus der volksmässigen Ueberlieferung 
der Heimat; Verzeichnis von ehemaligen P. T. Herren 
Kremsmünster Studenten 1800 — 1873; kleine poetische 
Festgabe zur 1100jährigen JubeKeier des Stiftes Krems- 
münster, 

4) Von Emest Wurm, Pfarrer in Vichtwang: Seit 
1864 Verfasser des weitverbreiteten Heimats- und des Kurz- 
weükalenders in Wels; geistlicher Taschenhumorist; Bau'rn- 
leut, Gedichte in oberösterreichischer Mundart von Franz 
Innbach. 

5) Von Alois Kerschischnigg, Pfarrer in Ried: Fest- 
tropfen zum Jubiläum in Kiemsmünster 1877. 

6) Von Ignaz Schüch, geistlicher Rath, Pastoral- 
professor: Pastoraltheologie, 4. Aufl., 1879. 



— 173 — 

7) Von Gabriel Str'asser, Director der Sternwarte, 
decorirfc mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone : 
Mittlere Arten von Fixsternen, abgeleitet aus den Be- 
obacbtungen der Sternwarte Blremsmünster. 1877. 

8) Von Leonbard Achleutbner, k. k. Gymnasial- und 
Kanzleidirector und Archivar: Das älteste Urbarium von 
Kremsmünster. 1877; Catalogus Religiös. Monast. Cremif. 
1877; die Scriptores Cremif. in Ziegelbauers Fortsetzung: 
Scriptores Ord, S. Bened. 1880. 

9) Von RapbaelStingeder, Novizenmeister: Die Stifts- 
kirche zu Kremsmünster. 1877. 

10) Von Wolfgang Dannerbauer, Pfarrer in Eberstall- 
zell: Pilgerstab nach Maria Scharten. 1866; kurzgefasste 
Chronik von Kremsmünster. 1877; Abriss der Geschichte 
von Kremsmünster und seiner Pfarreien. 1877. 

11) Von Georg Huemer, Musikdirector: Pflege der 
Musik im Stifte Kremsmünster. 1877. 

12) Von Lambert Guppenberger , k. k. Gymnasial- 
professor, botanisches Werk: Anleitung zur Bestimmung 
der Gattungen und Arten der in Kremsmünster xmd Um- 
gebung wild wachsenden und allgemein cultivirten Pflanzen; 
Günther und Irmgard, ein Epos, 1877, imd viele Gelegen- 
heitsgedichte. 

13) Von Alexander Obemeder, Pfarrer in Rohr: Viele 
in Zeitschriften zerstreute Gedichte in oberösterreichischem 
Dialekte. 

14) Von Hugo Schmidt, Custos der Kunstsammlungen: 
Die Manuscripte der Stiftsbibliothek. 1877 und 1878, 

15) Von Coloman Wagner, k. k. Professor: Die astro- 
nomischen Nachrichten im Deutschen Hausschatz, fort- 
während. 

16) Von Sebastian Mayr, k. k. Professor: Ausgewählte 
Dichtungen des seligen Professors Marcus Holter. 1877. 

17) Von Wisintho Hartlauer (f zu Rom 1879): Pre- 
digten des P. Rudolf Graser , eines Capitularen von Krems- 
niünster (f 1792), und „Gedenkschrift an die 1100jährige 
Jubelfeier des Stiftes Kremsmünster", erschienen 1878. 

III. SehenswürdtgJceiten im Stifte Kremsmünster. I. Die 
Stiftskirche, ursprünglich im deutschen Baustyle (1298) 
erbaut, wurde in ihrer jetzigen Gestalt modemisirt 1680 
von Abt Erenbert II. (Schrevogl); von Abt Alexander IL 



— 174 -- 

(Strasser) so eingericMet, wie sie gegenwärtig "besteht, 
imd von Abt Cölestin gründlicli restanrirt (1877). Sie ist 
über 76 m lang, über 2iy3 m breit und über 18 m boch. 
Hocbaltarbild ein Meisterstück von Andreas Wolf in 
München (1712); die Bilder der Seitenaltäre theils von 
Turianus, Carl Lotb, Franz Neve, Daniel Sydner, Remp 
und Reslteld; die Freskogemälde von den vier Brüdern 
Gravenberger; die Eircbthürme, in ihrer jetzigen Gestalt 
seit 1704, messen von der Erde bis zum Kreuz 60 m 95 cm. 

II. Die Schatzkammer, sich an die Stiftskirche an- 
schliessend, enthält ältere und neuere Kirchenparamente, 
kostbare kirchliche Gefässe, den berühmten Stifterbecher 
oder Thassilokelch u. s. w. 

III. Die Abtei. Kunst- und Bildersammlungen. Die 
alte oder Winterabtei seit c. 1515 und die neue oder Sommer- 
abtei seit 1685. Letztere enthält zwei schöne Bildersäle, 
und ist in selben aufbewahrt der stattliche silberne und 
vergoldete Ehrenpokal, den die dankbaren einstigen Krems- 

• münsterer Studenten nebst einer prachtvollen Adresse und 
einem Photographien- und Autographen- Album zur 1100 jäh- 
rigen Jubelfeier 1877 überreichten; ferner die Adresse des 
hohen Landesausschusses über Anregung des hohen Land- 
tages, das Album der Pfarreien und Besitzungen des Stiftes 
in Aquarellbildem gemalt von P. Alan Preinfalk, Stifts- 
capitularen und jetzt Pfarrer in Kirchham , ferner das 
Photographien- Album der zur Zeit der Jubelfeier Studi- 
renden u. s. w. — lieber den Abteien befinden sich die Kunst- 
und Antikensammlungen, Bildergallerien, Kupferstichsamm- 
lungen u. s. w. 

Der Bildersaal der Abtei enthält mehrere ältere Bilder, 
Meisterwerke wie von J. van Achen, Breughel Peter, L. 
Cranach, A. Dürer, von beiden Hamilton, van Kessel, 
Marätti u. s. w. ; ferner von Altenkopf, Altomonte, Bürkel, 
Pritsch, van Haanen, Heike, Hellisch, Kestler, Laurer, 
Mohr, Schmidt, Schweminger, Stademann, Sutter, Swo- 
boda, Zimeman und vielen anderen. 

In den anderen Bildergallerien befinden sich Originalien 
und Copien aus der altdeutschen, niederländischen und Flo- 
rentiner Schule, wie von Cordova, van Ek, Frank, Hamilton, 
van der Holst, van Leyden, Remp, Rosalig, Rugendas, 
Rubens, Chr. Schwarz, Solimene, Rosa de Tivoli u. s. w. 



— 175 — 

IV. Bibliothek. Die ersten Spuren einer solchen führen 
auf das Jahr 1012 zurück. Besonders nahm sich derselben 
an Abt Friedrich I. (von Aich), genannt der Vater der 
Bibliothek. Das jetzige Gebäude stammt aus dem Jahre 
1685 von Abt Erenbert 11. Sie zählt gegenwärtig über 
60,000 Bände, 1700 alte Handschriften und 1900 seltene 
Inkunabeln. Der älteste Katalog datirt seit dem Jahre 
1012, der neueste ist von dem (1869 verstorbenen) Biblio- 
thekar und Stiftsprior Leo Langthaller angelegt. 

V. Kaisersaal (26 m 55 cm lang, 13 m 28 cm breit^ 
9 m 50 cm hoch) , gebaut von Abt Erenbert II. im Jahre 
1685, mit rothem Salzburger Marmor von Spetz aus Linz 
bekleidet, die Stuccatur von Diego Carlore und das Decken- 
gemälde ein Kunst-werk vom bayrischen Hofmaler Melchior 
Stridl 1719, die lebensgrossen Porträts der habsburgischen 
Kaiser von Altomonte im Jahre 1721 unter Abt Alexander II. 

VL Fischbehälter (c. 68 m 30 cm lang, 13 m 30 cm 
breit), einzig in seiner Art dastehend, vom Jahre 1691, das 
Deckengemälde von Michael Feichtmair, einige Statuen 
von Erzbischof Joannes Ernest in Salzburg. 

Der ältere Fischbehälter befindet sich beim sogenannten 
Guntherteich, stammt aus dem Jahre 1590 und wurde 1607 
mit Günthers Monument versehen. 

VII. Sternwarte (auch genannt der mathematische oder 
astronomische Thurm), erbaut in 10 Jahren, vollendet 
1758 von Abt Alexander III. (Fixlmillner) , kostete mehr 
als 100,000 /. 

Im Erdgeschosse befindet sich die Wohnung des Dieners, 
das chemische Laboratorium und ein Theil der zoologischen 
und zootomischen Sammlung. 

Im 1 Stockwerke befindet sich die Wohnung des Mecha- 
nikers imd das ornithologische Kabinet. Auch finden sich in 
diesem Stockwerke Thermometer, Psychrometer, Barometer, 
Ozonometer, der Thermograph und Barograph für die täg- 
lichen, ja stündlichen meteorologischen Beobachtungen. 

Das 2. Stockwerk nimmt das ansehnliche und kost- 
hare physikalische Kabinet ein. 

Im 3. Stockwerke wohnt der Astronom und Director 
der Sternwarte, befindet sich die astronomische Bibliothek, 
ungetahr 10,000 Bände enthaltend, und die Mineralien- 
iind Petrefaktensammlung. 



— 176 — 

An den Wänden des Stiegenhauses und der Kabinete 
hängen 240 Porträts der adeligen Zöglinge der einstigen 
hiesigen sogenannten Ritter-Akademie (vom Jahre 1743 
bis 1789), und in den Mauernischen der Stiegenabsätze 
befinden sich die Statuen von Ptolemäus, Tycho de Brahe 
und Keppler, aus Holz geschnitzt von Franz X. Keller, 
Bildhauer in Straubing. 

Im 4. Stockwerke werden im Verlaufe dieses Som- 
mers sämmtliche zoologische Sammlungen aufgestellt 
werden. 

Das 5. Stockwerk enthält das sogenannte akustische 
Zimmer, das astronomische Beobachtungskabinet mit dem 
durch die Munificenz des Kaisers Franz I. gespendeten 
Meridianskreis und der Hauptuhr der Sternwarte, die 
Conchiliensammlung, das Herbarium nebst einer Sammlung 
von 140 Holzgattungen in Buchform. 

Das 6. und 7. Stockwerk umfasst 2 Altanen, den 
einstigen astronomischen Beobachtungssaal, der jetzt als 
magnetisches Observatorium dient und die Gauss'schen 
Magnetometer, den von Sr. Majestät dem Kaiser Franz 
gespendeten Theodoliten und mehrere ältere astronomische 
Instrumente enthält. 

Das 8. Stockwerk bildet ein vieleckiges Zimmer mit 
einer kleinen Kapelle und zwei gegenüberliegenden Altanen. 

Auf der Plattform endlich findet man iu einer Rotunde 
den Refractor (vom Jahre 1856) mit einer Uhr, in den 
übrigen Thürmchen das Aequatoriale (vom Jahre 1830), 
einen Verticalkreis und den sogenannten astronomischen 
Brunnen, der zugleich zum Fouanet'schen Pendelversuch 
benützt wird. Seit 1878 befindet sich auf dieser Höhe der 
Sternwarte ein stets sich bewegender und jede Windes- 
richtung selbst aufschreibender Anemometer, der auch zu- 
gleich die Intensität des Wiudes anzeigt. 

Daneben befindet sich eine 6 m lange Fahne. Zur 
Sternwarte gehört auch im Hofgarten das eisenfreie höl- 
zerne magnetische Observatorium und die über 136 m 
lange , mit steinernen Säulen ausgesetzte Meridianlinie 
(vom Astronomen Placidus Fixlmillner 1766). 

Die Sternwarte misst vom Grunde aus beinahe 57 m 
Höhe, hat 339 Stufen, 126 Fenster und 45 Thüren. 

I)er MarJct Kremsmünster mit der St. Johannskapelle 



— 177 — 

verdankt dem Stifte, zu dessen Füssen er liegt, seine 
Entstehung. Der Ort oder das Dorf wurde 1382 eine Hof- 
mark und diese 1489 zu einem Markt erhoben unter Abt 
Wolfgang I. durch Kaiser Friedrich IV. mit dem Kechte, 
zwei Jahrmärkte und einen Wochenmarkt an jeder Mitt- 
woch abzuhalten. 

Um das Jahr 1591 wurde das Rathhaua gebaut oder 
doch umgebaut und die Marktschule, welche schon seit 
1550 bestand und im Jahre 1776 in eine Hauptschule um- 
gewandelt wurde, darin untergebracht, wo sie bis zum 
Jahre 1854 verblieb, in welchem Jahre die öffentliche 
Volksschule für Markt und Burgfried in einem Gebäude 
des Stiftes eingerichtet wurde. 

Auch besitzt der Markt ein eigenes Spital, das die 
Aebte Erenbert H. und Alexander III. verbesserten, er- 
weiterten und dotirten. 

Viermal wurde der Markt durch bedeutende Schaden- 
feuer heimgesucht 1483, 1517, 1610 und 1821. 

Das uniformirte Börgercorps wurde von Abt Eren- 
bert III. zur 1000jährigen Jubelfeier des Stiftes 1777 er- 
richtet, 1806 abermals behördlich bestätigt, 1819 eine 
Musikkapelle damit verbunden, 1861 hielt es die letzte 
Fahnenweihe. 1669 wurde die Feuerwehr gegründet und 
1874 bildete sich ein Veteranenverein. 

Auch blüht in Kremsmünster unter der vortrefflichen 
Leitung des mit dem goldenen Verdienstkreuze decorirten 
Kirnst- und Oberhofgärtners des Stiftes, H. Jos. ßunkl, 
der an Mitgliedern zahlreichste landwirthschaftliche Bezirks- 
verein. 

Der MarJct Bad Hall, ein Kurort mit der auf dem 
Continente bedeutendsten Jodquelle, eine Meile von Krems- 
münster entfernt, leicht erreichbar von Linz oder Krems- 
münster aus bis Rohr mit der Eisenbahn und von dort 
mit Omnibus in einer halben Stunde. Auch von Steyr 
gelangt man per Omnibus täglich in den Sommermonaten 
nach Bad Hall. 

Der Name Hall bezeichnete früher die ganze Gegend 
der gegenwärtigen Pfarreien Hall und Pfarrkirchen, welche 
vom Stifter Thassilo mit einer Jodquelle und den Salz- 
siedereien stiftbrieflich im Jahre 777 dem Kloster Krems- 
münster gegeben wurde. Die gothische Kirche der heiligen. 

Ein Benediktinerbuch. 12 



— 178 — 

Margaretha und der Markt datiren aus dem Jahre 1382. 
Die uniformirte Bürgergarde scheint bald nach Erhebung 
der Hofmark zu einem Markte entstanden zu sein. Neuer- 
dings wurde sie bestätigt 1665 und zuletzt 24. Mai 1706. 
Pfarre seit 1781. Pfarrhof und Schulhaus wurde von Abt 
Erenbert III. (Meyer) im Jahre 1785 gebaut. Eine Schule 
bestand jedoch schon 1493. Im Jahre 1850 wurde nach 
TJebernahme derJodquelle von Seite der oberösterreichischen 
Landötände ein Kurhaus gebaut und das Elisabethiner- 
Hospital errichtet, welches den barmherzigen Schwe.-'tern 
vom heiligen Vincenz von Paul 1856 übergeben wurde. — 
Zu einer neuen gothischen Pfarrkirche legte Abt Augustin 
von Kremsmünster am 20. Juli 1869 den Grundstein. Abt 
Cölestin baute darauf rüstig fort. Die letzte Kurliste 1879 
w^eist 2819 Personen auf, die zur Kur nach Bad Hall kamen. 

WOLF&ANG DanNEEBAUEK. 




Das Stift IT. L. Frau zu Lambacli. 

jm linken Ufer des Traunflusses, einige Stunden 
oberhalb der alten Römercolonie Ovilabis, dem 
heutigen Wels (Oesterreich, ob der Enns), erhob 
sich bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts die 
mächtige Stammburg eines uralten, hochgefeierten Grafen- 
geschlechts, welches gewöhnlich als das der von Lam- 
bach-Wels bezeichnet wird. Man hat seinen Stammbaum 
bis in die Zeiten des grossen Karl hinaufzuführen versucht. 
Die urkundlichen Nachrichten reichen jedoch nur bis gegen 
das letzte Viertel des 10. Jahrhunderts zurück, und zwar 
begegnet uns zuerst Graf Arnold I. in der Geschichte des 
altehrwürdigen Benediktinerstiffces Kremsmünster, und es 
lässt sich aus dem Zusammenhange der Gebiete, welche 
damals dem Grafen unterthänig waren, und der des ge- 
nannten Stiftes ersehen, dass die Ländereien der wahrschein- 
lich neuangesiedelten Grafen zumeist ein Ausbruch aus 
der ausgedehnten, ursprünglichen Bestiftung vom Münster 
an der Krems waren, ein Geschick so vieler Gotteshäuser in 
jener durch die Avarenzüge schwer geprüften Zeit. Gleich- 
wohl war Lambachs Boden und Umgebung schon im Laufe 
des 8. Jahrhunderts gut cultivirt und die daselbst an- 
sässigen Edlen erscheinen in ihren Vergabungen an die 
Gotteshäuser zu St. Peter in Salzburg und Mondsee reich 
begütert. Gleiches gilt von dem hocherlauchten Grafen- 
geschlechte, das zu Wels siedelte. 

Gewiss schon vor 1012 (dem Todesjahre des Passauer 
Bischofs Christian) bestand eine Kirche zu Lambach mit 
pfarrlichen Rechten — eine Stiftung des genannten Grafen- 
geschlechts. 

Arnolds I. Sohn, Arnold 11., der aus Franken sich die 
adelige Reginlinde — gemeiniglich von Weinsberg genannt 
~ heimführte, erlebte an seinen Söhnen die höchste Blüthe 
seines Geschlechts: sein Sohn Gottfried wurde später Mark- 
graf von Putten, Adalbero Bischof von Würzburg (1045 
bis 1090) und der gleichfalls geschichtlich beglaubigte 

12* 



— 180 — 

Arnold III. um 1043 Markgraf in der kärntnerischen Ost- 
mark — alle treue Stützen und darum hochgeehrt und 
reich belehnt vom fränkisch-salischen Königshause. 

Diese Versorgung seiner Söhne in weiter Ferne war 
auch, wohl die Ursache , dass Arnold IL im Geiste seiner 
Zeit an der schon von seinem Vater begüterten Kirche 
12 weltliche Kanoniker bestellte und die Stammburg in 
das Capitelhaus umwandelte — wohl nach dem Tode seiner 
Gemahlin — etwa um 1043, und seine noch übrigen Lebens- 
tage in frommen Hebungen verlebte , während Gottfried 
nach des Vaters Ableben in den Besitz des Erbes gelangte; 
nach dessen Tode gedieh die väterliche Erbschaft erst an 
Adalbero, zum Theil an Gottfrieds Tochter Mathilde. 

Hatte Bischof Adalbero schon den Kanonikern seine 
Obsorge zugewendet durch. Uebergabe der Pfarrei Guten- 
stätten (B. Würzburg), so gebührt ihm doch vor allen der 
Name eines Stifters des Benediktinerklosters in Lambach. 
Bei seiner Vorliebe für den Benediktiaer-Orden, ein hervor- 
ragender Zug seiner vieljährigen bischöflichen Wirksam- 
keit in seinem Sprengel und anderwärts, und seinen innigen 
Beziehungen zu den reformatorischen Zeitstrebungen er- 
klärt sich dies um so leichter, als die Familienstiftung 
seit Arnold IL Tode etwelche Verkümmerung unzweifel- 
haft erlitten hatte. Diese Uebergabe der elterlichen Stiftung 
an den Benediktiner- Orden vollzog sich si'cher vor dem 
Jahre 1060 — wahrscheinlich 1056 — imd der Reformator, 
den Adalbero selbst bestellte, war aus dem durch tüchtige 
Ordenszucht und hervorragende Bildung ausgezeichneten 
St. Grorgoniuskloster in Metz genommen. Es war Abt 
Egbert, innig befreundet Ynit Wilhelm von Hirschau, den 
Adalbero zuerst schon nach dem altehrwürdigen St. Peli- 
citaskloster zu Schwarzach (V. Würzburg) berufen hatte.*) 
Ansehnlich war die literarische Ausstattung der neuen 
Mönchscolonie, welche sich theils aus übersiedeltenMönchen 
von Schwarzach, theils aus übergetretenen Kanonikern ge- 
bildet hatte, und noch heute bewahrt Lambach. kostbare 
Reste von Handschriften des 9. und 10. Jahrhunderts, 
welche wohl die Freigebigkeit des Stifters bezeugen. Aber 



*) Diese Darlegung beruht auf sorgfältigen Quellenstudien, welche 
in nächster Zeit Teröffentlicht werden sollen. 



— 181 — 

aucli die zeitliclie Ausstattung des Gotteshauses ward durcli 
Adalbero nicht unbedeutend gebessert, und es tritt im 
Laufe der nächsten Jahrhunderte die auch sonst in der 
Geschichte der Elöster nicht zu leugnende colonisirende 
und cultivirende Th'ätigkeit auch hier klar hervor. Die 
ausgedehnten Waldungen, deren der sogenannte Stiftsbrief 
gedenkt, erscheinen Ssbald gelichtet und wohlbegüterte 
Dörfer bedecken ringsum den Boden. Von der überreichen 
Schenkung des Stiftsbriefes findet sich übrigens in der 
königlichen Bestätigung des Gotteshauses durch Heinrich lY. 
vom Jahre 1061 keine Erwähnung, und die zwei Märkte 
Anspach und Geroldshofen, wie auch die Pfarre Guten- 
stätten bei Neustadt a. d. Aisch in Franken sind demnach 
kaum je unbestritten in den Besitz des Gotteshauses ge- 
diehen. Dagegen ist der Gerichtsbann im Markte Wels, 
der Zoll in Lambach und ein ausgedehnter Fischbann in 
der Traun, Ager und Alm sicher verbrieft. Dazu kam ans 
Kloster endgültig durch Tauschvertrag zwischen den innig 
befreundeten Bischöfen Adalbero und Altmann von Passau 
die Pfarrei Lambach, wohl nur eine Enclave zwischen den 
uralten Pfarrsprengeln Pichl, Gaspoltshofen, Wimsbach, 
Steinerkirchen a. d. Traun und Gunskirchen. 

Abt Egbert scheint bald nach Begründung der klöster- 
lichen Ordnung wieder ins Frankenland zurückgekehrt zu 
sein. Sicher ist, dass er als Abt von Schwarzach am 
25. November eines nicht sicher bestimmbaren Jahres 
(wohl vor 1Ö80) starb und das Andenken eines ehrwürdigen 
Dieners Gottes im Frankenlande hinterliess. Auf Befehl 
des bischöflichen Stifters hatte Egbert einen der Schwarz- 
acher Mönche, Bezman, zum Abte von Lambach bestellt, 
und Adalbero hatte letzteren selbst in seine väterliche 
Stiftung eingeführt. 

Vom allseitigen Gedeihen des Gotteshauses giebt wohl 
vor allem der Umstand Zeugnis, dass bereits 1089 Mönche 
desselben imter Führung ihres Mitbruders Sigibold zur 
Uebernahme des bisherigen weltlichen Kanonikatstiftes Melk 
berufen wurden und dasselbe am festlichen Gedächtnis- 
tage ihres heiligen Stifters übernahmen. 

Im nämlichen Jahre fand auch die feierliche Einweihung 
der inzwischen ganz neu erbauten Klosterkirche statt und 
zwar am 15. September. Der Diöcesanbischof Altmann von 



— 182 — 

Passau weihte zu Ehren der Himmelskönigin und der 
heiligen Apostel des Frankenlandes, Eilian und seiner 
Genossen, den Hochaltar, Bischof Adalbero den Altar zu 
Ehren des heiligen Johannes des Evangelisten. Als letz- 
terer nun das ßeliquiengehäuse in die Altargrube legen 
wollte, fiel der Edelstein des bischöflichen Ringes auf den 
Deckel desselben; da wollte einer der dienenden Kleriker 
darnach langen. Da sprach aber der Bischof, wie von 
einer höheren Ahnung erfasst: „Lasse, mein Sohn, lasse 
es," und mit dem Finger auf die Stelle weisend, fügte er 
die prophetischen Worte bei: „Dies soll meine Ruhestätte 
sein in Ewigkeit; hier will ich wohnen, weil ich sie er- 
wählt habe" — ein Wort, das schon im nächsten Jahre 
in Erfüllung gehen sollte; denn schon zum Jahre 1090 
berichtet der Chronist Bernold: „Adalbero, Bischof von 
Würzburg, ehrwürdigen Andenkens, einer der älteren 
Bischöfe, für die Sache des heiligen Stuhles ein überaus 
entschlossener Kämpfer, schloss nach vielen Gefährlich- 
keiten, Verfolgungen und Verbannungen, die er für Christo 
bereitwilligst erduldet, in treuem Bekenntnisse sein Leben." 
Und wie einer seiner bischöflichen Nachfolger, Embricho, 
nicht ansteht, ihn geradezu „einen Mann seligen und un- 
vergesslichen Andenkens bei Gott und den Menschen" zu 
nennen , „der mit vielfältigen Denkmalen seiner Tugenden 
die ihm anvertraute Kirche schmückte und förderte", ge- 
steht einer seiner heftigsten Gegner, Bischof Wal tram von 
Naumburg, offen ein, dass „Adalbero unter den Partei- 
gängern des Pabstes Gregor VII, durch Adel der Ab- 
stammung, durch Wissenschaft und Frömmigkeit wie durch 
Alter die meisten übrigen übertraf. Der Ruf der Heilig- 
keit umgab seine Ruhestätte in seiner Lieblingsstiftung 
Lambach, und durch nahe 700 Jahre war sein Sterbetag 
— ^ der 6. October — ein lautsprechender Zeuge der treuen 
Anhänglichkeit und volksthümlichen Verehrung, während 
im Fränkischen seit dem ersten Viertel des 13. Jahr- 
hunderts sein Name mehr in Vergessenheit gerieth, ob- 
wohl er vor seinem Ende bedeutende Güter in der da- 
mals bayerischen Ostmark ans Hochstiffc Würzburg dagegen 
vergabt hatte, dass dessen Bischöfe die treuen Schützer 
seiner väterlichen Stiftung sein sollten. Und sie waren 
es auch, bis 1216 Bischof Otto von Lobdeburg des 



— 183 — 

Hochstifts Erbe an Leopold VII. von Oesterreich ver- 
äusserte. 

Abt Bezman erscheint als ein hervorragender Ordens- 
mann, da ihn Erzbischof Konrad von Salzburg als zeit- 
weiligen Verwalter der ehrwürdigen Stiftung des St. Blasien- 
münsters zu Admont bestellte. Wenn Bezman (wohl 
identisch mit der Koseform Wecilo?) in dieser verbürgten 
Nachricht erster Abt von Lambach genannt wird, so dient 
obige Darstellung über Egberts Wirken in Lambach zur 
Rechtfertigung, üebrigens war es damals und auch später 
nicht so selten, dass hervorragenden Männern die Obsorge 
mehrerer Ordensgemeinden anvertraut war. Eben als Abt 
Bezman, 7. (8.) September 1104, zu Lambach verscheidet, 
übernimmt Abt Sigibold von Melk die Regierung seines 
Mutterstiftes Lambach. 

Dem Abte Sigibold verdankt das Kloster Lambach die 
älteste päbstliche Bestätigung. Sie datirt vom 25. März 
1109 im 10. Jahre des Pontißkats Paschais II. Üebrigens 
wird das Kloster darin aasdrücklich als der bischöflichen 
Oewalt unterworfen bezeichnet. 1116 am 20. März schied 
Abt Sigibold im Rufe der Heiligkeit aus diesem Leben. 

Da gHlang es einem reformatorische Strenge zur Schau 
tragt'nden Prälaten des Würzburger Sprengeis, dem Abt 
Bero von Schlüchtern, der schon früher als Vertreter des 
Hochstiftes Wurzburg urkundlich erscheint, mit Unter- 
stützung seines Diöcesans (Bischof Erlungus?) in dem 
Kloster Lambach sich festzusetzen, und es kam so weit, dass 
die Mehrzahl der Brüder in Bischof Altmanns ehrwürdiger 
Stiftung Göttweig bei dem ehrwürdigen Abt Nanzo Schutz 
und Aufnahme fanden, bis endlich Bero den vereinten 
Klagen der Mönche von Schlüchtern und Lambach unter- 
lag. Ein gewisser Bero erscheint zu gleicher Zeit als 
frecher Eindringling. 

Der nun aus der Brüder Mitte erwählte Abt Helmbert 
führte wieder bessere Tage herbei. Er wie seine Nach- 
folger Wigand, Bernhard I., Pabo, Suarzmann, Wiesigrin 
und Alram bilden eine Reihe ausgezeichneter Kloster- 
vorstände. Kunst und Wissenschaft fanden, wie die Hand- 
schriften bezeugen, die eifrigste Pflege, und einer vor- 
trefflichen Ordenszucht, die durch regen Verkehr mit den 
bedeutendsten Klöstern Frankens nicht wenig gefördert 



__ 184 — 

■wurde, gingen als Lohn reiche Vergebungen zur Seite. 
Insbesondere ist die Schenkung der Waldung an der 
Grünnaeh (später Grünau, Oberösterreieh) und eines Theiles 
der Waldung Wurmbrand (später Pfarre Oberkirchen, 
D. St. Polten) zu erwähnen, da in beiden Orten der 
Schenkung alsbald Rodung und Colonisirung folgte, und 
80 Jahre später bereits die Pfarre Oberkirchen besteht und 
ans Kloster durch Bischof Rudiger von Passau das Patro- 
natsrecht darüber geschenkt, und die Pfarre Grünau auf 
ursprünglich nach Kremsmünster vergabtem Boden nicht 
viel später gegründet -wird. Also fortwährende Coloni- 
sirung zu einer Zeit, in der man sonst diese echt bene- 
diktinerische Arbeit den Klöstern des Stammordens in 
Oesterreich nur zu rasch aberkennen möchte. 

Nun brachen aber schwere Tage über das Gotteshaus 
Lambach herein. Waren, wie bereits bemerkt, die Be- 
ziehungen zum Hochstifte Würzburg seit 1216 abgebrochen 
— nicht durch die Schuld des Gotteshauses — , so stürzte 
der Kriegszug des Bayernherzogs Otto 1233 Lambach und 
seine Umgebung ins tiefste Elend, und den Klosterbewohnern 
verblieb, wie der Almosenbrief des Bischofs Rudiger von 
Passau besagt, weder ein Ort zur Wohnung noch zum 
Gebete. 24 Jahre später erst erhebt sich das Gotteshaus 
wieder in seiner baulichen Vollendung unter Abt Bern- 
hard IL Das Unwesen der Vögte drückte schwer, und 
waren auch die Aebte von damals keineswegs unfähig, so 
konnte unter den Stürmen der Zeit eine tüchtige Ordens- 
zucht nur schwer gedeihen. Es ist bemerkenswerth, wie 
durch die Fürsorge des Bischofs Bernhard von Passau aus 
dem damals fast vereinzelt herrlich erblühenden Krems- 
münster Sigmar (ob der bekannte Grosskellner?) 1305 zur 
Abtei Lambach gelangte. Dessen Einfluss scheint aber 
auch nicht durchgreifend gewesen zu sein. 

In diesem Zeitraum finden sich auch die ersten Spuren 
des Salzverschleisses von Ischl herab auf dem Land- (Saum-) 
wege, und zwar werden zuerst 1289 „Stadel" (Scheunen), 
zur Salzniederlage bestimmt, in der heutigen Ortschaft 
Stadel bei Lambach erwähnt, wovon letztere auch den 
Namen erhielt und um so grössere Bedeutung gewann, als 
die Abfahr des Salzes auf der Traun durch neueröföiete 
Salzstollen und gesprengte Felsenriffe im obern Traunfall 



— 185 — 

auf Veranlassimg der königlichen Wittwe Albert I. , Eli- 
sabeth, nicht -wenig gefördert und das „Stadelwesen" selbst 
als Salzniederlage mit einem vom Kloster bestellten Salz- 
amtmann (Stadelschreiber) organisirt ■wurde. Daneben er- 
hob sich auch im Burgfrieden des Klosters das bürgerliche 
Gewerbe um so mehr, als seit 1362 Herzog Rudolf IV. 
von Oesterreich dem Kloster das Privilegium eines Wochen- 
marktes jeden Montag daselbst verlieh. Alsbald erscheinen 
auch benachbarte Adelige als Bürger daselbst und im 
Stadel lassen sich Bürger von Hallstatt, Ischl, Enns, Wels 
u. a. sesshaft nieder, und das Klosteir schützt und fördert 
allüberall, ohne dass es die altehrwürdigen volksthüm- 
lichen Rechte (Taiding) gefährdete. 

Aber das Element des niedern Adels, welches die Kloster- 
ämter als Pfründen behandelt, trägt nicht geringe Mitschuld, 
dass eine geistige Hebung im Laufe des 14. Jahrhunderts 
trotz einiger Versuche nirgends erscheint, wenn man Kirchen- 
bauten (Kirche in Mömpach und die [Pfarrkirche] St. Jo- 
hann am Spielparz) und den einen oder andern gelehrten 
Mönch, wie z.B. Adalbero Pleichobo, den gefeierten Kenner 
und Schriftsteller im geistlichen und weltlichen Rechte, 
ausnimmt. Erst im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts 
tritt eine Wiederbelebung des Klostergeistes ein durch die 
Reformthätigkeit, welche geistliche und weltliche Gewalt, 
innere und äussere Beweggründe gleichmässig fördern. 

Hat dieselbe auch zunächst etwas Gewaltthätiges, 
Zwangsweises an sich und scheint es vor allem nur das streng 
klösterliche Leben (die Ascese) zu fördern, so beweisen 
gleichwohl die handschriftlichen Schätze desl5. Jahrhunderts, 
dass gegenüber dem bisherigen ritterlichen Thun und Trei- 
ben in des Klosters Räumen dadurch die Grundlage der 
■wissenschaftlichen Thätigkeit gelegt werden musste, und 
ein Ehrentheil fällt hier der Wiener Hochschule zu, wenn- 
gleich selbe auch nur in den alten Geleisen die Wissen- 
schaft pflegte. 

Jene im Principienkampfe besonders geistlicher Dinge 
hochwogende Zeit muss freilich mit einem andern Mass- 
stabe gemessen werden als es der Humanismus auch in 
<ier geschichtlichen Darstellung gestatten will. Es war 
neben viel Aeusserlichem eine tiefe, Gewissen und Herzen 
erfassende Gährung, und nur so begreift es sich, wie z. B. 



— 186 — 

eben in Lambach. die erste Klostervisitation 14i9 Bahn 
brechend wirkt, der zweiten 1431 wenig mehr übrig lassend 
und die dritte 1452 geradezu das innere und äussere Leben 
und Wirken der Klostergemeinde und des Abtes als gleich 
vortrefflich anerkennen muss. 

In der That nimmt neben dem nicht untüchtigen Abt 
Johannes von Faehsberg (1422 — 1436) Abt Thomas, ein 
Bürgerssohn von Retz, den Ehrenplatz ein, überall eingreifend 
und thätig, ein gesuchter Berather in Klostersachen. Unter 
ihm "wird einer seiner Mönche, Johannes, Doctor der Theo- 
logie, als Abt bei den Schotten zu Wien bestellt und ein 
Jahr nach seinem Tode muss einer seiner geistlichen Söhne, 
Friedrich, Pfarrer zu Lambach, die Inful von Niederaltaich 
übernehmen. Unter ihm wie unter seinem Vorgänger wurde 
die Stiftskirche fast ganz umgebaut (gothisirt, da selbe 
früher romanischen Baustyl wies). Auch der kirchliche 
Eitus erfuhr eine vollständige Umänderung. An die Stelle 
des seit Jahrhunderten hergebrachten Klosterritus trat die. 
italienisch -melkische Observanz, hauptsächlich nach dem 
Kloster S. Specu zu Subjaco, und die Stelle der deutschen 
Kirchengebräuche nahmen mehr und mehr die römischen 
Ceremonien ein. Wie die meisten österreichischen Aebte 
erlangte Abt Thomas durch Herzog Albrechts VI. Bemühung 
1458 vom Pabste Pius II. das Recht der Pontificalien inner- 
halb der Klostermauern. 

Des hochverdienten Abtes Thomas Nachfolger, Jo- 
hannes IV. Schwarzwadel (1474 — 1504), von Wels gebürtig, 
wirkte im Geiste seines Vorgängers, und selbst ein Freund 
der Wissenschaft, besonders der Mathematik und Astro- 
nomie, gewann er nicht wenige literarische Freunde, be- 
sonders aus dem Weltpriesterstande, welche reiche Bücher- 
schenkungen dem Kloster zuwendeten. Mehrere von ihnen 
traten selbst ins Kloster; einer davon, Paulus Graff von 
Deggendorf, wurde später (1507 — 1514) Abt. In zeitlichen 
Dingen errang Abt Johannes vom Kaiser Friedrich III. die 
exemte Gerichtsbarkeit über alle seine Unterthanen. Es 
war aber dies auch fast das einzig Tröstliche; denn hatte 
das Salzstadelmonopol das ganze 16. Jahrhundert hindurch 
zu fortwährenden Prozessen und Reibungen zwischen der 
Hofkammer und dem Kloster und wieder zwischen dem 
Kloster, Schiffleuten und Salzverschleissem (Fertiger) über- 



— 187 — 

reichen Anlass trotz wiederholter ßegelungen (Stadelrecht) 
gegeben, und die Rechtsverwahrlosung unter Friedrich III. 
aufs nachtheiligste auch des Klosters Gerechtsame geschä- 
digt, so musste Lambach erst seit dem zweiten Viertel des 
folgenden Jahrhunderts inne werden, was es hiess, zu der 
„kaiserlichen Majestät rechtem Cammergut" zu gehören. 
Aeusserer und nur zu bald innerer Verfall ist die Geschichte 
Lambachs in damaliger Zeit. Das Jahr 1534 sah noch 
zwölf Mönche, — Abt Ludwig Goldkofer von München hatte 
die Profess von sieben Mönchen entgegen genommen — 
und bei seiuem Tode (1554) erübrigt nur ein Ordensprofess. 
Die drei ihm folgenden Aebte Johannes V.— VII. ebenso 
wie die zwei folgenden Administratoren wirthschafteten mit 
Weltpriestem und Mönchen mit einfachen Gelübden so 
gut es der „Klosterrath" gehen hiess und liess. Auch Abt 
Erhard von Voit, ein Mönch von Thierhaupten, scheint 
das Kloster nur als Verwaltungsgut benutzt zu haben. 

Erst Wolfgang Kammerschreiber(1571 — 1585) erneuerte 
die Klosterschule und versammelte wieder einen Convent 
von zehn Mönchen um sich. Ihm stand ein ausgezeichneter 
Ordenspriester Johannes Gredtner zur Seite, der seit 1583 
unter den grössten Bedrängnissen die katholische Seelsorge 
ausübte. Aber erst dem Abte Burkard aus dem schwäbi- 
schen Patriziergeschlechte der Furtenbacher, Profess zu 
St. Ulrich und Afra zu Augsburg, war es gegönnt, unter- 
stützt von dem schon genannten Johannes Gredtner und 
dem Stiffcsprior Gregor Goldmann, den katholischen Glauben 
bei den Unterthanen ernstlich zu fördern und das Kloster- 
leben möglichst herzustellen. Er wusste auch die Missions- 
thätigkeit des gefeierten Franziskaners Johannes Nasus für 
seine Unterthanen durch mehrere Wochen zu gewionen. 
Gleichwohl bietet auch seine Regierungszeit ein trostloses 
Bild der verschobenen, schwierigen Unterthanenverhältnisse, 
"Welche durch die Einflüsse der weltlichen Stände und durch 
die Schwäche der Regierung zu jenen Bauernrevolutionen 
auswuchsen, durch die Lambach so schwer in der Folge- 
zeit, besonders 1626 und 1632 unter dem Abte Johannes VIII. 
Bimmelius zu leiden hatte. 

Abt Johannes Bimmelius förderte nachdrücklichst die 
katholische Gegenreformation und "übernahm deshalb auch 
die ursprünglich nach Gaspoltshofen zugehörigen Vikariate 



— 188 — 

Neu- und Aichkirchen, welche seit einem halben Jahr- 
hundert von protestantischen Prädikanten bedient wurden. 
Auch veröffentlichte er zuerst durch den Druck die Bio- 
graphien des seligen Stifters und seiner Mitbischöfe Geb- 
hard von Salzburg und Altmann von Passau, dann das 
Klosterbrevier, die heilige Regel und ein Gebetbüchlein. 
Es verdient Erwähnung wie sowohl unter ihm wie auch 
xmter seinem Vorfahr und seinen zwei nächsten Nachfolgern 
die meisten Klosterleute aus dem Schwabenlande gebtotig 
sind und dieser Zuzug bis gegen 1650 dauert. 

Nach 34jähriger Regierung legte Abt Johannes ohne 
Wissen des Conventes die äbtliche Würde nieder, leider 
früh genug, dass er noch die Anfänge der Missregierung 
des bisherigen Kapellans des Fürstbischofs von Wien, 
früheren Abtes von Kremsmünster, Philipp Nagl, Capitular 
von Kremsmünster, mitfühlen musste, dessen Ehrgeiz und 
Nepotismus die auf ihn gesetzten Erwartungen bitterlich^ 
enttäuschten. Er starb unbetrauert 1640 und das am Rande 
des Verderbens stehende Gotteshaus fand in dem kaum. 
25jährigen Placidus Hieber seinen 'Abt und Retter. Ihm. 
verdankt das Kloster, der Orden, das Vaterland nicht Ge- ; 
ringes. Er zählte mit den gleichzeitigen Prälaten in Krems- 
münster und St. Florian zu den Zierden des Landes. So 
schwer es ihm oft wurde, die Ordenszucht festzuhalten — 
die rauhe Luffe des 30jährigen Krieges hatte den Kloster- 
frieden nicht wenig gefährdet — so gewann er ausgezeich- 
nete Ordensmänner. Wir nennen den nachmaligen Prior 
und Abt zu den Schotten in Wien, Johannes Schmizberger 
(1669—1683), seit 1673 zugleich Weihbischof daselbst, Kilian 
Halmschmidt, Amand Krenner, Edmund Ruedorfer, einen 
Zögling des Collegium Germanicum. Er wie seine beiden 
Nachfolger SeverinBlass (1678—1705) und Maximilian Pagl 
(1705 — 1725) sind auch die Hauptbegründer der Bibliothek. 
Die Kirche wurde durch Abt Placidus im Rococostyl um- 
gebaut und im sechsten Jubeljahre der Stiftung 1656 feier- 
lich eingeweiht. Er führte die Rosenkranzbruderschaffc ein 
und theüte sich mit seinen beiden Nachfolgern in den TJm- 
und Ausbau des Klostergebäudes. Auch das weltliche Be- 
sitzthum des Klosters sicherte und vermehrte er thunlichst. 
Für die entfernt gelegene Pfarrei Oberkirchen gewann er 
durch Tausch das Pfarrvikariat Neukirchen und das davon 



— 189 — 

abhängige Aichkirclien. Thätigen und opferwilligen Antheil 
nahm er auch an der Errichtung der Ordenslehranstalten 
in Salzburg. Mag er auch im Laufe seiner Regierung zu- 
letzt die Herrlichkeit der Würde mehr betont haben als 
es sich für den Vater des Hauses ziemte — gewiss war es 
für ihn und das Kloster eine schreckliche Heimsuchung, 
als er am 12. September 1678 durch Gift endigen musste. 
Grund genug für seinen Nachfolger, den Weg der Strenge 
, in Aufrechthaltung der Disciplin einzuhalten. Abt Severin, 
ein zarter Verehrer der Gottesmutter, der zu Ehren er die 
alte Sakristei in eine sogenannte Lorettokapelle umsehuf, 
bemühte sich emstlichst, wenn auch vergeblich, weil mit 
dem Vorgange offenbar zu wenig vertraut und unbekannt 
mit unanfechtbaren Argumenten, um die kirchliche Appro- 
bation der immerwährenden Verehrung des seligen Stifters, 
; Ides Bischofs Adalbero. Die äussere Ansicht des Klosters 
gewann durch Ausfüllung des Ringgrabens und Anlage einer 
' Strasse und Umbau der Vorderfront. Es war nur ein Ver- 
! such zu einer grösseren Erwerbung, da sich Abt Severin 
'; bemühte, die Pfarre Frauenhaid in der Pressburger Gespann- 
1 ischaft unter der Herrschaft Frackno für sein Kloster zu 
1 erwerben. Er ist neben Abt Burkard auch als Hauptstifter 
! ides St. Josefspitals für Marktbürger und Stiftsdiener zu 
I Ibetrachten. 

Ihm folgte 1705 der liebenswürdige, anspruchslose Abt 
■Maximilian Pagl, Sohn eines Schiffers im Stadl bei Lam- 
; :baeh. Sein Baugeist ruhte nicht eher, bis er die dem 
Kloster benachbarten Hügel mit zierlichen Kapellen gekrönt 
hatte. Ihm verdanken so die heilige Dreifaltigkeitskirche 
in der Paura (ein vielbesuchter Bau und Wallfahrtsort), 
■; \ die Mariahilfkapelle am Buchberg und die Calvariakapelle 
; nebst Kreuzweg ihre Entstehung. Ein eifriger Ordensmann 
■' liebte er das Chorgebet über alles und förderte die öffent- 
lichen wie klösterlichen gottesdienstliehen TJebungen eifrigst. 
Er errichtete ausser dem Waiseninstitute in der Paura eine 
Knabensänger- und Musikschule im Stifte und seine un- 
bestrittenen Verdienste werden nur durch die Erwägung 
m etwas abgeschwächt, dass er zu vertrauensselig in die 
Zukunft blickte und deshalb bei seinen Stiftungen zu wenig 
auf deren ausreichende Fundirung bedacht war. 

Sein Nachfolger Gotthard Haslinger (1725—1735), als 



— 190 — 

theologischer Lehrer und Prediger gleich berühmt, voll- 
endete mit der Anfstellimg eines Beneficiaten in der Panra 
die daselbst begonnene Stiftung, Seine Regierung leitet 
übrigens schon zu einer für das Kloster verhängnisvollen 
Periode über, welche weder der einfache, strenge Abt Jo- 
hannes IX. Seiz, noch der gewandte Plorentius Miller ab- 
wenden konnten. Mit Abt Maximilian war eben ein alter 
echter Benediktinerabt ins Grab gestiegen. Neue Grundsätze, 
veränderte Anschauungen in Leben und Lehre hatten dem 
Febronianismus und StaatsMrchenthum auch so manche 
Klosterpforte erschlossen. Als Abt Amand Schickmayr 1746 
die Inful empfing, hatte er wohl die äussere Würde er- 
langt — aber der geistige Motor war und blieb der gelehrte 
P. Benedikt Oberhauser, Professor in Salzburg, dann in 
Fulda, zuletzt in seinem Kloster. Er war ein eifriger Ver- 
fechter der Principien Van Ehpens und Quesnels Lehre. 
Nur wenige blieben davon unberührt. Dahin zählte vor 
allem der strengkatholische, apologetische Schriftsteller und 
Kanzelredner P. Maurus Lindemeyr, der auch als Dialekt- 
dichter einen bedeutenden Namen hat. Mochte immerhin 
P. Coloman Fellner als Zeichner, Radirer, Kupferstecher 
und schliesslich in seinen letzten Lebensjahren als Litho- 
graph einen nicht gewöhnlichen Ruf sich erwerben und 
P. Julian Eicci, Amands Nachfolger in der äbtlichen Würde, . 
die neuerrichtete Sternwart« besorgen — das innere Kloster- 
leben war mehr oder minder verkümmert und die lange kraft- 
lose und charakterschwache Regierung des Abtes Amand, 
der in seinen letzten Lebensjahren Dank der verkehrten 
Staatsgrundsätze bezüglich der Klöster weder nach Aussen 
noch nach Innen befriedigen konnte, musste zur innern 
Auflösung des Klosters führen. Dazu kam alsbald die 
völlig missverstandene Einmischung der bischöflichen Ge- 
walt, die schliesslich die letzten Grenzpfähle der Obedienz 
einriss. Diesem inneren Zersetzungsprozess, dem die TJebxmg 
des gemeinsamen Lebens, des Chorgebetes u. s. f. von selbst 
widersprach, stand die äussere Vergewaltigung von Staats- 
wegen zur Seite und es war nach zahlreichen Vexationen 
und Ungerechtigkeiten wenigstens der Trost der Gewiss- 
heit, als auch Kloster Lambach am 17. August 1784 auf- 
gehoben wurde. Während immerhin die Besetzung der 
einverleibten Pfarreien, denen die Regierung noch die Pfarre 



— 191 — 

Bachmaning (jedoch ohne Patronatsreclit) beifügte, sich leicht 
hegründen lässt, die Schule der Waisenkinder im Stadel, 
welche als öffentlich behandelt werden musste, nur An- 
erkennung verdient, bleibt die Verschleuderung des Eloster- 
eigenthums, die auch hier Platz griff, zu Gunsten (!) des 
Religionsfonds völlig ungerechtfertigt. 

Nichtsdestoweniger überdauerte Lambach, durch Gottes 
Hand beschützt, auch diese Katastrophe. Bybel hatte an 
dem vorherrschenden Geiste der Mehrzahl der Kloster- 
bewohner daselbst — milde gesagt — keine Gegner, da- 
gegen an der Klosterkasse eine nicht karge Spenderin und 
so erfuhr das Aufhebungsdecret schon am 27. Sept. d. J. 
eine Milderung und 1788 wurde auch die anbefohlene Ad- 
ministration aufgehoben und der Abt wieder in seine volle 
Würde eingesetzt. Er starb als Jubilant nach 48jähriger 
Regierung 1794. Niemand weiss mehr sein Grab. 

Der erste s^'iner Nachfolger, Julian Ricci (1794 — 1812), 
hatte die traurigsten Zeiten zu durchleben. Das Kloster 
war Spital, Kaserne . . . alles, nur kein Kloster. Dreimal 
empfand es die Feiudesgewalt. Die Herrschaft in Oberkirchen 
mustte veräussert werden. Aber was weder der Josefinismus 
noch die Kriegswuth verbrochen hatte, verschuldete ein 
Mann von keineswegs unbedeutenden Anlagen. Eine arge 
Misswirthschaft, von ungetreuen weltlichen Beamten aus- 
gebeutet, brachte das Kloster an den Rand der Zahltmgs- 
unfähigkeit und das Jahr 1820 sah einen abgesetzten Prä- 
laten, und die von den Landständen bestellten weltlichen 
Seque^ter sahen sich vor ein geistliches Haus gestellt, dessen 
Mitglieder dievolleBitterkeit und Beschwerde der strengsten 
Vormundschaft erfahi-en mussten, und fürwahr, Ehre gebührt 
den Männern, die trotzdem aushielten und soviel in ihren 
Kräften stand, wenn amh während langer drückender Jahre, 
die Lasten abtrugen und auch sonst für den Fortbestand 
des Hauses sorgten, so dass es möglich war, dass selbst 
zwei Ordensbrüder an der Neugründung des Ordens in 
Bayern Antheil nehmen konnten. Die Bibliothek wurde 
durch den Bienenfleiss des P. Adalbert Donnebaur neu 
katalogisirt; die historischen zerstreuten Reste durchP. Wolf- 
gang RoUendorfer sorgfältig gesammelt; die Seelsorge in 
hervorragender Weise durch den ersten Administrator P. Karl 
Kaisermayr gepflegt und die weltliche Verwaltung durch 



— 192 — 

den zweiten Administrator P. Berthold Pichler (1852 bis 
1859) bestens geordnet. 

Das kircMiche Leben Oesterreicbs war inz-wischen in 
neue Bahnen geleitet worden. Pias IX. selbst hatte seit 
Beginn seines Pontifikats keine gewöhnliche Sorge der 
Restauration des Ordenslebens zugewendet. Auch im Innern 
der Klöster selbst hatte man eine selbständigere Stellung 
gegenüber der kirchlich-bureaukratischen Vergewaltigung 
des Josefinismus angestrebt, und bei diesem ernstlichen 
Streben, so gemischt und verschieden die Motive sein oder 
doch zu Tage treten mochten, kam man mehr und mehr 
zum Bewusstsein, wie gründlich der jetzige Stand der 
Dinge gegen den der ursprünglichen staatlichen Vergewal- 
tigung der Klöster verschoben war. Das österreichische 
Staatskirchenthum hatte zu gründlich mit den Idealen im 
Klosterleben aufgeräumt, als dass nicht auch edle, über- 
zeugungstreue Männer vor einer plötzlichen Umkehr bangten, 
und bei aller Betonung des strengkirchlichen Standpunktes 
von Seite der bischöflichen Gewaltträger lag eine Miss- 
deutung der anzubahnenden Reform nicht so ferne, um 
so weniger, als gerade jene Bestimmungen hervorgehoben 
wurden, die eine ungewohnte Belastung, aber keinen 
Schutz in sich schlössen. Zudem war es ja eben eine 
Frucht des Staatskirchenthums , welches die Entfremdung 
von Rom in ihr Programm aufgenommen und mit allen 
Kräften gefördert hatte. Eben deshalb war es so schwer, 
die Berechtigung des strengkirchlichen Standpunktes dem 
Gewissen zur Klarheit und Anerkennung zu bringen. 

Wem es, wie dem Schreiber dieser Zeilen, vergönnt 
war, in den umfassenden Briefwechsel edler und gelehrter 
Ordensmänner betreffs dieser Angelegenheiten Einsicht zu 
nehmen und den allmählichen geistigen Klärungsprozess 
auch hierin zu beobachten, dem wird es sehr begreiflich 
scheinen, wenn das Werk der apostolischen Visitation sehr 
getheilte Au&ahme fand. So hoch man die kirchenrecht- 
lichen Principien hierüber halten mag, zu allen Zeiten war 
die Durchführung einer Reform, auch wenn deren Be- 
dürfnis noch so tief gefühlt war, mit manchem Odium und 
jener Härte meist verbunden, welche unzertrennlich von 
der Gewalt ist, wo nämlich nicht die Liebe gebietet. Dies 
zur Richtigstellung für viele freundliche Leser, denen beim 



— 193 — 

Anblick dieser Zeilen mannichfache Irrungen beim Werke 
der versuchten Oi'densreform in Erinnerung kommen wer- 
den. In Lambach — um zur Sache zu kommen — hatte 
als päbstHcber Subdelegat der hoch-w. Fürstbischof Martin 
Slomschek von Lavant 3. November 1857 die apostolische 
Visitation vollzogen, hierauf Cardinal Fürst Schwarzenberg 
1858 Hausstatuten erlassen und im selben Jahre 8. September 
den Sekretär in Angelegenheit der Ordensreform für den 
Benediktiner-Orden Oesterreichs, den gelehrten Archivar des 
Benediktinerstiftes Kjemsmünster, JP. Theodorich Hage, 
zum Abte von Lambach ernannt. Als solcher vom päbst- 
lichen Stuhle 13. December d. J. bestätigt, übernahm er 
die äbtliche Würde 1859, 17. März. Eine Würdigung 
seines Wirkens, das unter aussergewöhnlichen Verhältnissen 
sich entwickelte, wird vielleicht einst das Wort „In magnis 
voluisse sat est" als leitenden Grundsatz annehmen. Frei- 
lich könnten Gregner nicht ohne Grund die nöthige Prüfung 
„quid valeant humeri, quid ferre recusent" entgegen halten. 
Sein Tod am 29. August 1872 hatte ihm jene Ruhe ge- 
bracht, die er auf Erden sich so schwer gestatten wollte. 

Der 14. Mai 1873 sah den bisherigen Bibliothekar 
P. Johannes von Lasser-Zolheim als Abt. 

Das BenediktinerklosterLambach liegtauf einer massigen 
Anhöhe am linken Traunufer. Man unterscheidet leicht 
drei Hauptbauperioden: die älteste umfasvst den jetzigen 
sogenannten äusseren Küchentrakt, die Kellerei und die 
Kirche — der Einbau der Abtei datirt später — , da be- 
gegnen uns überall noch vorromanische Baureste, und vom 
Stifte gesehen lässt sich das Bild der ehemaligen Burg 
leicht herausheben. Die zweite Bauperiode umfasst den 
jetzigen Schultrakt (der gegenüberliegende Gasttrakt ist 
aus dem 16. Jahrhundert) und diente noch im 16. Jahr- 
hundert als Convent. Die dritte Bauperiode umfasst die 
zu Beginn des 17. Jahrhunderts gebaute Sakristei und den 
Schatzkammertrakt — früher Convent — , an welche sich 
die beiden andern Trakte nördlich und östlich anschlössen. 
Ein interessantes Bild ist uns aus der Zeit von 1650 in 
Merlans topographischem Werke erhalten, ebenso in Vor- 
s.chlasblättem zu einem Rotulariura. 

Die wissenschaftlichen Sammlungen sind an verschie- 
denen Orten aufgestellt. Die naturhistorischen Sammlungen 

Ein Benediktinerljuoli. 13- 



~ 194 — 

im ersten Stock des Gasttraktes. Daneben ist aucli das 
Arcliiv-neu aufgestellt. Im zweiten Stock desselben Traktes 
befindet sich, eine sehr werthvoUe Kupferstichsammlung, 
zumeist das Werk P. Coloman Fellners. Die musikalische 
Sammlung ist neben dem Sängerknabminstitut, welches 
Abt Theodorich in Vereinigung mit der Waisenstiftung 
in der Paura errichtete. Bibliothek und daneben abgeson- 
dei"t die Handschriftensammlung sind innerhalb di-r Clausur 
im zweiten Stocke N. und Ö. Erstere zählt an 30,000 Bände;, 
letztere bei 700 Handschriften. 

Die Stiftskirche mit kostbaren Altarbildern Joachims 
von Sandrart ist durch die Obsorge des jetzigen hoch- 
würdigen Herrn Abtes neu hergestellt und mit einer neuen 
Orgel versehen worden. 

In der Nähe des Klosters befindet sich die sogenannte 
alte Pfarr-, eigentliche Gottesackerkirche, ebenfalls im 
gothischen Style musterhaft restaurirt. 

Der Convent besteht zur Zeit aus dem Abte und zwölf 
Capitularen, wovon ausser drei Officialen die übrigen in 
der Seelsorge der Stiftspfarre Lambach (5300 Seelen), je 
einer in der Seelsorge zu Neukirchen (780 Seelen), zu Aich- 
kirchen (640 Seelen), zu Bachmaning (542 Seelen) und als 
Beneficiat in der Paura zu Stadel angestellt sind. Von den 
Laienbrüdern besorgen einige die Hausgeschäfte, einer leitet 
das Sängerknabeninstitut. 

TJeber die Geschichte Lambachs handeln: Breve 
chronicon monasterii B. M. V. Lambacensis 0. S. B. Lentü 
1865. — Notizen zur älteren Baugeschichte der Stiftskirche 
und des Klosters zu Lambach. Mit 12 Holzschnitten. — Mit- 
theilungen der Central-Commission zur Erforschung und 
Erhaltung der Baudenkmale. XI. Jahrgang (1866). Hefte: 
Januar-Februar, 

Argumenta cultus Beati Adalberonis, episcopi Wirce- 
burgensis. Vienne, Hummel 1868. 4". 

Db. P, Piüs Schmieder. 




St. Lamlbreclit in Steiermark. 

\uellen: G. Ulr. diemnicensis, ©sfislLcScig sive com- 
pendiosa, exquisita tarnen commemoratio ftmda- 
tionis Lambertinae abbatiae. Saüsbiirgi 1604. 4". 
— GescMcbte des Stiftes St. Lambrecht, von 
P. Marian Sterz c. 1820 verfasst, uhd. als Mannacript in 
eiaem Folioband vorbanden. Eine ziemlich getreue Wieder- 
gabe älterer äbnlicher in Manuscript vorhandener Arbeiten 
von Weixler, Graf, Schaumberger u. s. w. — M. Pangerl, 
Studien zur Geschichte des Klosters St, Lambrecht, I. Ueber 
die Reihe der Aebte des Klosters St. Lambrecht im 12. 
und 13, Jahrhundert, Graz 1865. 8°. — 11. Ueber die Zeit 
der Gründling und. über die Ausstattung des Eloaters 
St. Lambrecht. Graz 1866. 8°. — Catalogus reügiosorum 
perantiqui monasterii ad S. Lambertum. Graecii 1877. 8". 
— I. A. Janisch, Statistisch -topographisches Lexikon von 
Steiermark. Artikel: „St. Lambrecht". 

Bezüglich der ältesten Geschichte von St. Lambrecht 
stehen die neueren, urkundlichen Forschungen mit den im 
Stifte vorhandenen Traditionen theüv^eise im Widerspruch. 
Offenbar verdienen erstere mehr Glauben, wobei aber die 
Traditionen ihren Werth behalten mögen für jene Zeiten 
und Fälle, über -welche urkundliche Nachrichten fehlen.*) 

Urkundlich steht fest, dass 

1) schon 1066 eiae dem heiligen Lambert geweihte 
Kirche im Thajagraben bestand; 

2) Markwart, der Sohn des Herzogs Adalbero von 
Kärnten, die Absicht hatte, dort ein Kloster zu errichten, 
und zur Realisirung dieses Planes auch bereits Schritte 
machte, indem er den Bau begann, aber an der Vollendung 
desselben durch seinen Tod verhindert wurde; 

*) Damm scheint Dr. M. Pangerl, der gelegentlich der von ihm vor- 
genommenen Neuordnung des Stiftaarchivs die oben angeführten Anf- 
Bätze tiber die älteste Stiftsgeschichte veröffentlichte, zu weit gegangen 
zu sein, wenn er nur den urkundlich beglaubigten Nachrichten Glauben 
Bcheakte, hingegen alles Traditionelle ins Gsbiet der l'abel verwies. 

13* 



— 196 — 

3) Herzog Heinricli I. von Eärnten, der Sohn Mark- 
warts, schon im Beisein des ersten Abtes Hartmann das Kloster 
am 7. Januar 1103 mit Gütern dotirte. 

Zur Dotation der neuen Stiftung gehörten: 

Die Barche der heiligen Maria in Grazluppa sammt 
ihren Gütern, Besitzungen im Mingersthale , am Lassnitz- 
bache, an der Mur unter andern das Gut Pemdorf, Markt, 
Mauth und Zoll zu Judenhurg, die Kirchen Weisskirchen 
und St. Martin in Lind sammt ihren Besitzungen in diesem 
Thale, die Mühlen, die Fischerei und einen Meierhof. In 
Aflenz 100 königliche Mausen sammt Jagd, Fischerei, Weiden, 
Aeckern undWiesen, die Salzquelle und denErzbau ; die Kirche 
des heiligen Georg im Gute Lomnikh gelegen, die Kirche 
Marein und den Meierhof Schaltdorf, die Kirche des heiligen 
Georg zu Adriach. Im Pyberthale die Kirchen des heiligen 
Andreas und der heiligen Margaretha, den Wald Forst ge- 
nannt sammt den Jägern und der Jagd, das Fischrecht am 
Kainachflusse, das Gut Söding und den Meierhof Zedemiz. 

Woher die ersten Mönche nach St. Lambrecht kamen, 
ist unsicher. Der Sage nach gab es bei dem nahegelegeneu 
St. Blasienkirchlein schon vor der Gründung des Klosters 
Mönche (Eremiten?). Manche lassen St. Lambrecht von 
St. Peter in Salzburg aus bevölkert, wer den, doch -wahr- 
scheinlicher ist es, dass dies von St. Blasien im Schwarz- 
wald aus geschah; sonst wäre die Verbindung mit St. Peter 
sicher dauernd eine viel engere gewesen. Dazu kam auch 
der erste Abt von St. Lambrecht aus St. Blasien, nämlich 
Hartmann. Man bezeichnete ihn früher irrthümlich als 
Bruder des Stifters Heinrich von Kärnten und verwechselte 
ihn bisweilen mit dem schismatischen Bischof Hermann von 
Passau, welcher Heinrichs Bruder war und im Jahre 1087. starb. 
Hartmann scheint vielmehr ein Sohn der ältesten Dichterin 
in deutscher Sprache, der „inclusa" Ava gewesen zu sein;*) 
zweifellos scheint auch, dass er früher Prior zu St. Blasien 
und seit 1094 Abt von Göttweig war.**) Wie lange Hart- 

*) Diemer in der Einleitung zu „Die deutschen Gedichte des H- 
und 12. Jahrhunderts" p. XXHI und XXrV. 

**) Die vita b. Altmanni (bei Pertz SS. XU. 241), die voll seines 
Lobes ist, nennt ihn auch Abt von Kempten und von St. Ulrich, und 
er seheint nahe daran gewesen zu sein , zum Erzbisohof von Salzburg 
erhoben zu werden. 



.4iiiiiiilriiiiiili 




— 197 — 

mann, der als Dichter nicht wenig gepriesen wird*) und 
jedenfalls ein auBgezeiclineter Mann war, der Abtei vor- 
stand, ist unbekannt. Er scheint nur die klösterliche Ord- 
nung begründet und dann, resignirt zu haben. (1108? — 
t 2. Januar 1114.) 

Denn 1109 besass St. Lam brecht schon seinen zweiten 
Abt, Jakob, welcher am 25. März d. J. jene wichtige Bulle 
von Pabst Paschal II. erlangte, auf Grund welcher sich 
nach und nach die Exemtionsstellung herausbildete, welche 
die Abtei schon wenige Jahre nach, ihrer Gründung ein- 
genommen, gegen die Erzbischöfe von Salzburg sorgfältig 
vertheidigt und bis zum Jahre 1783 bewahrt hat. — Am 
17. Januar 1114 bestätigte Heinrich V. zu Mainz die ge- 
schehene Güterdotation. 1124 erscheint bereits Udalrich 
mrkundlich als Abt, ein Bruder des Abtes Eberhart von 
Viktring und postulirt aus Garsten. Er erwirkte von Pabst 
Honorius II. am 29. März 1126 eine Bulle desselben In- 
haltes, wie jene Paschais 11. Udalrich vermehrte nicht blös 
die zeitlichen Güter des Stiftes, sondern förderte auch das 
Wachsthum desselben in geistlicher Hinsicht; so gründete 
er c. 1147 die Klostercolonie in Maria-Hof, wobei ihm Mark- 
graf Otakar von Steyer wesentlich behülflich war. Udahich 
wurde auch zu der auf Pfingsten 1134 nach Pisa ausge- 
schriebenen Synode berufen, doch ist es ungewiss, ob er 
der Einladung Folge leistete. Sicher ist hingegen, dass 
er 1147 mit dem Erzbischof Eberhart von Salzburg auf die 
Synode nach Eheims kam, wo er von Eugen III. eine feier- 
liche Bestätigung der bisherigen klösterUchen Freiheiten 
erhielt. Er starb bald nach seiner Rückkehr am 23. Mai 1148. 

Sein Nachfolger Wolfram erhielt 1149 zu Salzburg von 
K. Eonrad IL eiue ausführliche Bestätigung der Rechte 
und Freiheiten seiner Abtei. Er starb am 9. August wahr- 
scheinlich 1150. Nach einigen Chronisten soll er ermordet 
worden sein. — Unter dem folgenden Abte, Gottfried, wurde 
endlich auch der langwierige Streit mit Sophie, der Wittwe 
des Herzogs Heinrich, nunmehr verehelichten Gräfin Schala, 
über die Güter im Aflenz-, Mürz- und Pyberthale friedlich 
beigelegt, feeilich nicht ohne bedeutende Opfer von Seite 
der Abtei. Nach Gottfrieds Tod (5. November wahrschein- 



*) Diemer a. a. O. p. XXXIH ff. 



— 198 — 

lieh 1163) überkam den Hirtenstab Otker aus dem Stifte 
Admont, der eine neuerliche Bestätigung der Exemtion 
seines Stiftes seitens des päbstlichen Stuhles erlangte (1155). 
Auch nahm P. Hadrian IV. die kleineren, neu errichteten 
und von St. Lambrecht abhängigen Benediktinerconvente 
von Lind und Aflenz in Schutz, von welch letzterem aus 
1157 die Gründung des Wallfahrtsortes Maria -Zell statt- 
gefunden haben soll. Seiae Nachfolger dürften möglicher 
"Weise Rapoto und Magnus gewesen sein, über welche jede 
urkundliche Nachricht fehlt. Nur das Mortuologium führt 
sie an mit Angabe ihres Sterbetages. Abt Wemher (1163? 
— 1180 oder 1181) erwirkte von P. Alexander III. eine 
abeirmalige Bestätigung der von den früheren Päbsten ver- 
liehenen Freiheiten durch die grosse Bulle vom 28. März 
1178. Auch Kaiser Friedrich der Rothbart nahm die Güter 
des Stiftes in seinen besonderen Schutz und verlieh am 
6. Juli 1174 der Abtei das Recht, auf alle Gattungen Metalle, 
namentlich auf Kupfer, zubauen. Abt Wernher erwarb dem 
Stifte viele Güter, theils durch Kauf, theils durch Schenkung. 

Sein Nachfolger Peringer (1180? — 1215 oder 1216) 
hatte viel mit Streitigkeiten zu thun, weshalb er froh war, 
eine neuerliche Bestätigung der Rechte und Güter der Abtei 
von Alexander III. zu erhalten. Aus der Zeit seiner beiden 
Nachfolger Wolfker und Waltfrid, welch letzterer von 
P. Honorius III. seibat zu Rom am 4. Mai 1221 benedicirt 
worden, kommt nur der Beginn der mit kurzen tJnter- 
breehungen durch 400 Jahre fortdauernden Exemtions- 
streitigkeiten mit Salzburg zu erwähnen. Beide mögen 
resignirt haben, doch dürfte Wolfker den Hirtenstab nach 
Waltfrid noch einmal erhalten haben und mit dem in den 
älteren Aebteverzeichnissen nach Waltfrid angeführten 
Wolfker identisch sein. 

Ihnen folgte Perman (von Truchsen? 1233—1258), unter 
welchem die Aebte von St. Lambrecht durch Permans an- 
geblichen Bruder, den Erzbischof von Salzburg, das Recht 
erhielten, Inful, Ring, Stuhl und Handschuhe zu gebrauchen 
(ddo. Friesach 29. Juli 1245), und Maria-Zeil zum ersten 
Male nachweisbar urkundlich wird (1243). Unter seinem 
Nachfolger Gotschalk (1258—1279) brannte das Kloster 
sammt der Kirche 1262 ab, wurde aber sogleich wieder auf- 
gebaut und 1265 neu consecrirt. Inder päbstlichen Urkunde, 



— 199 — 

aus welclier diese Nachricht geschöpft ist, wird StLambrecht 
zum ersten Mal ausdrücklich und zwar vom Pabste selbst 
als der römischen Kirche unmittelbar unterworfen bezeichnet 
(„Abbas et cönventus mnrii S. L. ad Romanam eccleaiam 
nuUo medio pertinentea"). Die damaligen politischen Wirren, 
vielleicht auch die dadurch geschwächte Klosterdisciplin, 
sovsde Altersschwäche urd Kjänklichkeit mögen den Abt, 
nachdem er durch 21 Jahre erfolgreich und eifrig sein 
Amt versehen hatte, bewogen haben, dasselbe niederzulegen 
■(1279). Während der Regierung seineg Nachfolgers Burchard. 
wurde die Frohnleichnamsprozession in St. Lambrecht ein- 
geführt (1285), wurde aber das Kloster neuerdings ein Raub 
der Flammen (1287). Dieses Unglück scheint die Ursache 
seiner Resignation gewesen zu sein, welche 1288 erfolgt sein 
dürfte, worauf er die Pfarrei Maria-Hof verwaltete und dort- 
selbst 1295 starb. Die Resignation zweier Aebte nach 
einander scheint auf Umstände hinzudeuten, die einen 
energischen Mann an der Spitze der Abtei wünschenswerth 
erscheinen Hessen; und in der That, Burchards Nachfolger*) 
Friedrich (1288—1306) war es. Er unterzog das Kloster 
sowohl in geistlicher als weltlicher Hinsicht der nothwendig 
gewordenen Reform, brachte die Ordensregel wieder zur 
vollen Geltung, baute eine Marienkapelle und verordnete, 
dass die Conventpriester der Reihe nach in derselben die 
heüige Messe lesen sollten, und schloss 1294 eine Con- 
föderation mit der Karthause Seiz. 

Ihm folgte Heinrich I. (1306 — 1311), welcher mit dem 
Bischof von Gurk auf dem Concil von Vienne erschien; 
auch er war für die Verwaltung der Stiffcsgüter sehr be- 
sorgt und schloss eine Conföderation mit St. Paul, wie sein 
Nachfolger Otto de Laa (1311—1328) mit Göttweig und 
Melk. Letzterem Abte wurde auch die Ehre zu Theil, als 
Brautwerber des Herzogs Friedrich von Oesterreich mit 
mehreren Edlen des Landes nach Aragonien abgesandt zu 
werden. Als Anhänger desselben im Streite mit Ludwig 
dem Bayer und als päbstlichen Commissär zur Verkündi- 
gung der Excommunication fiel er in kaiserliche Ungnade. 



*) In den alten Aebteverzeichniaaen erscheinen zwischen Burchard 
^d Priedrich die Aebte Wilhelm und Otker H., welche aber weder 
m Urkunden, noch im Mortuologium erwähnt werden. 



— 200 — 

Zu seiBem Nachfolger wurde einstimmig Ortolph. erwählt 
(1328 — 1341), -welclier den von seinem Vorgänger begon- 
nenen Bau der Stiftskirche fortsetzte. Nach dessen Tod 
folgte Dr. Johannes I. Friedperger (1341—1358), welcher 
wieder mehrere Conföderationen einleitete, so mit Com- 
postella in Spanien, Weingärten in Luttenberg und andere 
Güter erwarb, und von Pabst Innocenz VI. zur Unter- 
suchung wegen Giltigkeit der Ehe zwischen Ludwig dem 
Bayer und Margaretha Maultasch bestimmt war, als er 
starb. Selbe nahm nun sein Nachfolger Peter von Leoben 
(1358—1376) vor, ein Beweis des hohen Ansehens, in wel- 
chem die Aebte sammt ihrem Convente standen. Unter 
ihm wurde auch die gegenwärtige Kirche in Maria-Zeil 
erbaut. Li gleich hohem Ansehen standen Peters Nach- 
folger David Krall (1376—1387), der den Bau der Stifts- 
kirche vollendete, und in noch höherem Maasse Eudolf 
von Liechteneck (1387 — 1419), der einen Ruf zum Konstanzer 
Concil erhielt und als Lehensherr den Erzherzog Albrecht 
selbst mit mehreren Gütern belehnte. Abt Eudolf baute 
auch die noch bestehende Schlosskapelle. Sein Nachfolger 
war Heinrich II. (Moyker von Heinzheim? 1419—1455), 
welcher 1424 die Peterskirche im Stiftf-hofe erbaute, sowie 
das daneben befindliche Spital, den Grund zu einer nennens- 
werthen Bibliothek legte und auf dem Concil von Basel 
als Redner gegen die Hussiten auftrat. Als der nach Hein- 
richs Tod einstimmig gewählte Ulrich von Rattmannsdorf 
resignirte, folgte der damalige Prior Johannes II. Schachner 
von Frauenberg (1455 — 1478). Laut der BestätigungsbuUe 
verpflichtet sich der Abt: Apostolorum limina Romana 
curia existente citra singulis annis, existente vero ultra 
montes singulis bienniis visitabo aut per me, aut per meum 
nuntium, nisi absolvar apostolica licentia. Unter Abt Jo- 
hann II. wurde die Abtei durch wiederholte Feuersbrünste 
heimgesucht. Denn 1471 brannte das Kloster sammt der 
Kirche ab, am 29. September desselben Jahres das neu 
erbaute Conventhaus sammt der Peterskirche und dem an- 
liegenden Spital, am 24. Januar 1472 der Meierhof; am 
25. Mai 1474 entstand eine Peuersbrunst zu Maria- Zell, 
welcher die Kirche sammt dem Kirchenschatz und ein 
grosser Theil des Marktes zum Opfer fiel. Doch war der 
Abt im Stande, alle Bauten wieder herzustellen, sowie er 



— 201 — 

auch zum Schutze für Maria-Zeil die Burg Schachensteiu 
hei Aflenz erbaute, da die Steiermark damals von den 
TJngam und später von den Türken viel heimgesucht wurde. 
Seine Gelehrsamkeit war so berühmt, dass er gemeinschaft- 
lich mit dem Bischof von Laibach und dem Abte von 
Yiktring von Pabst Paul IL berufen -wurde, die Unter- 
suchung über die Wunder und den Lebenswandel der seligen 
Hemma von Gurk vorzunehmen. 

Nicht minder tüchtig war sein Nachfolger Johann III. 
Sachs (1478—1518), ein Aflenzer ui^d bisher Pfarrer in 
Maria-Zeil. Auch er sorgte mit allen Kräften für das An- 
sehen und die Sicherheit seiner Abtei, die er mit Mauern 
umgab. Er kaufte die prächtige Burg Stein sammt dem 
Banngerichte von den Brüdern Achaz und Christoph von 
Liechtenstein, die noch als eine der schönsten Euinen des 
Landes der Abtei St. L ambrecht gehört. Viele Sorge machten 
ihm die Ungarn, welche die Kirche in Maria-Zeil in Brand 
steckten und die Kirche und den Pfarrhof in Maria-Hof 
zerstörten. Seine Sorge für die klösterliche Disciplin zeigte 
er durch neuverfässte Statuten, welche auch in andere 
Klöster Eingang fanden. Er sandte seine Mönche zur Aus- 
bildung in den Wissenschaften oftmals auf die trefElichsten 
Akademien Italiens, wie Padua, Bologna, Venedig u. s. w. 
P. Maximilian de Sanuis giebt ihm das ausgezeichnete Lob: 
Praelatorum facile princeps. Unter dem folgenden Abte 
Valentin Pierer (1518—1541), Hofkaplan Karls V. und 
Ferdinands I., die ihn auch im Stifte besuchten und von 
denen er besonders bei Ferdinand beliebt war, kam St. Lam- 
brecht 1521 bei der Grenzregulirung von Kärnten weg zu 
Steiermark. Die aufrührerischen Bauern und die Türken 
brachten aber viel Unheil über ihn und über sein Kloster, 
das beim Bauernaufstände 1525 in grosser Gefahr war, ge- 
plündert zu werden. Bei dem folgenden Einbrüche der 
Türken befestigte Abt Valentin das Schloss Stein, errichtete 
dort einen Zufluchtsort und bewafEaete die ünterthanen. 
In diesen Zeiten musste St. Lambrecht fast den vierten 
Theil seines Vermögens, selbst Kirchensilber, als Kriegs- 
steuer abgeben. Trotzdem behauptete Abt Valentin den 
äusseren Glanz der Abtei und zeichnete sich durch seine 
"^ssenschaffcliche Bildung aus. Er unterhielt sich gern mit 
Gelehrten, zog sie an seine Tafel und beschenkte sie reich- 



— 202 — 

lieh. Johann von Zeidlitz, ein gelehrter und vielgereister 
Mann, bezeugt, er habe keinen gelehrteren, vollkommnereu 
und freigebigeren Mann kennen gelernt, als Abt Valentin. 
Dasselbe bezeugte Erzbischof Johann von üpsala, der mit 
Valentin im Briefwechsel stand und ihn seinen besonderen 
Freund und Gönner nannte. Auch die Universität Pa<Jua 
ehrte ihn als Freund und Gönner der Gelehrten. Er gründete 
eine Studienanstalt im Stifte und starb nach 23jährigem, 
segensreichem Wirken 1541, 

Seine beiden Nachfolger Thomas I. Berner (f 1551) 
und Sigismund Kogler (f 1562) wurden wiederholt zum 
Concil von Trient berufen, Hessen sich dort aber nur durch 
Procuratoren vertreten. 

Einer der hervorragendsten Aebte war der nun folgende 
Johann IV. Trattner (1562 — 1591), geboren zu St. Lambrecht, 
vor seiner Wahl Pfarrer, dann Schaffner dortselbst. Sein 
Feuereifer und seine Predigten gegen den in Steiermark 
ausgebreitete Wurzeln fassenden Protestantismus sind ge- 
schichtlich bekannt. Auch er sandte, wie seine beiden 
Vorgänger, um die im Stifte errichtete Studienanstalt 
zu heben, seine begabteren Mönche auf die berühm- 
teren Akademien Italiens. Vier derselben standen nach 
ihrer Rückkehr in einem so hohen Rufe der Gelehrsamkeit, 
dass sie zur Infel berufen wurden: Vinzenz Lechner nach 
St. Paul, Johann Hofmann nach Admont, Leonhard Knäller 
nach Ossiach, und Johanns Nachfolger, Thomas II. Eder 
(1591 — 1596). Leider waren — trotz der trefflichen und 
energischen Aebte der letzten Zeit — die üblen Folgen 
der „Reformation" auch im Kloster St. Lambrecht nicht 
ausgeblieben. Es war dem Aussterben nahe, nur mehr 
etwa 10 gealterte Mönche waren dortselbst vorhanden, 
die materielle Lage gleichfalls traurig. Abt Thomas fi'ihlte 
sich der Last, die seinen Schultern auferlegt war, nicht 
gewachsen, und resignirte (1596). um seine letzten Jahre 
bei seinem Freunde Abt Vinzenz Lechner von St. Paul zu 
verleben (f 1606). 

Nun wusste sich ein Fremdling, Christophorus Eir- 
messer, ehe vor Chorherr und Probst zu Glatz in Schlesien, 
die Würde eines Abtes zu verschaffen. Da ihm aber bei 
jeder Gelegenheit der Mangel einer giltigen Wahl und der 
päbstlichen Bestätigung vorgehalten wurde, so resignirte 



— 203 — - 

auch er nach ly^ Jahren*), worauf St, Lambrecht eine Zeit 
lang von seinem Professen, dem Abte Johannes Hofmann 
von Admont, administrirt wurde. 

Aber schon im Jahre 1599 bekam St. Lambrecht wieder 
ein eigenes thatkräffciges Oberhaupt in der Person des 
bisherigen Abtes von Garsten, Martin Alopitius (1600—1613), 
den es mit Recht seinen Wiederhersteller und zweiten 
Gründer nennt. Gelegentlich eines Zusammentreffens mit 
Maria, der Gemahlin des Erzherzogs Karl II. von Steier- 
mark, zu Maria-Zeil liess er sich von, dieser zur Annahme 
der Abtei St. Lambrecht bereden. Am 18. Juni 1600 wurde 
er als Abt förmlich installirt. Mit dem eifervollen Manne 
beginnt eine neue Blütheperiode der Abtei. Er vermehrte 
sehr bald die Zahl der Geistlichen, theüs durch tüchtige 
Kräfte, die er aus fremden Stiften, besonders aus Garsten, 
berief, theils durch talentvolle Jünglinge, die er ins Noviziat 
aufnahm. Die Diseiplin hob er auf eine solche Höhe, dass 
sich der Abt von St. Paul Priester aus St. Lambrecht erbat 
zur Eeformirung seines Klosters. Ebenso hoben sich unter 
seiner Leitung auch die wirthschaffclichen Verhältnisse. 
Sein würdiger Nachfolger war Johann Heinrich Stattfeld 
(1613—1638), geboren zu Kochern an der Mosel im Rhein- 
kreise. Er tjrachte seine Abtei in so guten Ruf, dass 
allein unter seiner Regierung vier Priester als Kloster- 
vorstände in andere Abteien berufen wurden; nämlich 
Mathias Preininger nach Admont, Hieronymus Marchstabler 
nach St. Paul, Wilhelm Schweizer (ehedem Profess von 
Biblingen) nach Ossiach und Johannes Geisser vier Jahre 
später ebendorthin. 

Er verschönerte die Stiftskirche durch einen aus 
täuschend marmorähnlichem Gypsguss erbauten Hochaltar, 
baute in derselben die Priestergruft, sowie die grossen, 
an die Stiftskirche anstossenden Oekonomiegebäude. 

Sein Nachfolger Benedikt Pirin (1638—1662) ist für 
die Stiftsgeschichte wichtig insbesondere durch seine zahl- 
reichen Bauten. Am 11. Mai 1640 legte er den Grund- 



*) Die Gerechtigkeit verlangt, dass auch seine gerühmte wissen- 
8chaftliche Bildung und Frömmigkeit Erwähnung finde. Er erhielt nach 
seiner Besignation Ton den Jesuiten die Pfarrei St. Lorenzen im Mürz- 
thale und starb dort. 



— 204 — 

stein zu. dem jetzigen Stiftsge'bäude , das er dnrch seinen 
Landsmann, den Baumeister Domenico Sciassia, im reinsten 
italienisclien Styl auffüliren liess. 1643 begann der Bau 
der Kirclie zu Köflacli, 1644 durcli Domenico Sciassia die 
Vergrösserung der Maria-Zeller Kirclie, welche Abt Bene- 
dikt ausserdem mit zwei neuen Tbürmen, und den mitt- 
leren, älteren Thurm mit einer neuen, 125 Ctr. schweren 
Glocke versehen liess. Ausserdem baute er das Schloss 
St. Grotthard bei Graz neu und setzte die von seinem Vor- 
gänger begonnene Kenovirung der abteilichen Kirche fort. 
Die Fa9ade ihres gothischen Baues assimiürte er dem 
italienischen Styl des neuen Klostergebäudes. Es wird 
Niemand Wunder nehmen, wenn nach allem dem das Stift 
nach seinem Tode eine Schuldenlast von c. 600,000 /. zu 
tragen hatte. 

1651 reiste Abt Benedikt der Exemtionsstreitigkeiten 
mit Salzburg wegen nach Rom. Dort sollte er auch mehrere 
Wünsche des Kaisers durchsetzen, z. B. die Errichtung 
eines Karmeliterinnenklosters zu Prag, die öffentliche Feier 
des St. Josefsfestes und die Feier des Festes Maria Ver- 
mählung wenigstens für den Karmeliterorden. Zu Eom 
erhielt Abt Benedikt die Präfektur der apostolischen Mis- 
sionen für Oesterreich, Steiermark und Kärnten, welche 
auch seinen Nachfolgern verblieb. 

Er war ein Geistesmann im edelsten Sinne des Wortes, 
wie seine noch vorhandenen Hausstatuten beweisen. Er 
ging Verbrüderungen eip. mit mehreren grossen Häusern 
seines Ordens, z. B. 1641 mit Monte Casino, und noch 
in seinem Sterbejahre mit Martinsberg in Ungarn. Auch 
die Wissenschaften pflegte und schätzte er. Es bildeten 
sich unter ihm eine ganze Reihe gelehrter Männer, die 
theils zu Hause, theils auf öffentlichen Anstalten mit 
grösstem Lobe lehrten. 

Die Schuldenlast der Abtei wuchs noch unter Bene- 
dikts Nachfolger, Franz von Kaltenhausen, welcher durch 
45 Jahre (1662—1707) den Hirtenstab fährte. Denn auch 
dieser Abt unternahm grosse Bauten. So begann er 1680 
den an der Marktseite des Stiftes gelegenen Gasttrakt zu 
bauen, 1693 das Präpositurgebäude in Aflenz, 1697 einen 
neuen Hochaltar in Maria -Zell, der auf 145,000 /• zu 
stehen kam, in demselben Jahre das Schloss in Pyber, 



— 205 — 

1704 das geistKche Haus in Maria-Zeil, und all das in 
einer Zeit, in -welclier die Opferfähigkeit der Abtei durch 
die Türkenkriege stark in Anspruch genommen war.*) 
Uebrigens wuaste Abt Franz den guten Ruf derselben treff- 
Hch zu wahren. In seine Zeit fallen die trefFHchsten Schrift- 
steller, die St. Lambrecht aufzuweisen hat**), welche es 
ihm ermöglichten, 1683 eine eigene philosophische und 
theologische Hauslehranstalt zu errichten, die von den 
eigenen EHerikem, dann von jenen der Abteien Admont, 
Garsten, Seitenstetten, Ossiach, St. Paul, Viktring, Amold- 
stein und zeitweilig selbst von Martinsberg in Ungarn 
besucht wurde.***) 

1662 beendete Abt Franz die Exemtionsstreitigkeiten 
mit Salzburg, 1677 jene mit Seckau bezüglich des Com- 
missariates Pyber durch einen Vergleich, in welchem die 
beiderseitigen Rechte fixirt und anerkannt wurden. 

1677 erhielt er auch durch Vermittlung des Erzabtes 
von Monte Casino die Privilegien dieser Erzabtei in der 
Weise, dass sie in St. Lambrecht fortbestehen sollten, 
wenn sie in Monte Casino erlöschen würden, so dass 
weniger eine Mittheilung, als vielmehr eine Neuverleihung 
derselben stattfand. 

Sein Nachfolger Antonius Stroz (1707 — 1724), früher 
Professor in Salzburg und Wien, that sich hervor als spar- 
samer Oekonom, der die Schuldenlast der Abtei tarotz 
seiner Bauten, der Feuersbrünste, der Pest und der Kriege 
fast um die Hälfte verminderte. 

Ihm folgte Chilian Werlein (1725 — 1737), welcher die 
gegenwärtige Prälatur, die Josefskapelle und die Kanzel 



*) Für die Türkenkriege und den spanischen Erbfolgekrieg mnsate 
auch der Eirchenschatz in Maria-Zeil anf den Altar des Vaterlandes 
gelegt -werden , wozu die Bewilligung in Eom von Seite der Eegierung 
eingeholt worden war. Auch 1811 musste Maria -Zell grosse Opfer 
bringen. 

**) So besonders die Zierden der Benediktiner-Universität Salzburg, 
P- Benedikt Bettschacher (f 1701) und Hyacinth Peri (f 1713). Ausser- 
dem Maurus Liechtenheim, Basilius Finckeneis, Chilian "Werlein, Anton 
Stroz; der ehemalige Brixner Kanonikus Christophorus Jäger, ein Mit- 
arbeiter der Bollandiaten u. s. w. 

***) Nämlich nachdem der Lambrechter Brofess B. Martin Eume- 
dortaelbst Erzabt geworden war (1688, f 1693). 



— 206 — 

in der abteiliclien Kirche erbaute, den silbernen Altar in 
Maria- Zell mit einem, silbernen, inwendig vergoldeten 
Tabernakel im Werthe von 65,000 /. aufstellte, wozu die 
Fürstin Montecuculi 26,000 /. opferte. Auch kaufte er in 
Graz das (jetzige) Krankenhaus nächst dem Paulusthor. 
Auch Abt Chilian war ein besonderer Freund der Wissen- 
schaften, weshalb er seine Kleriker nicht nur im Stifte, 
sondern auch auf öffentlichen Lehranstalten ausbilden liess, 
ja einige nach Eom sandte, von wo sie als Doctoren zurück- 
kehrten (so z. B. der nächstfolgende Abt). Die gleiche 
Liebe, die er bei den höchstgestellten kirchlichen Prälaten 
fand, bezeugte er gegen seine Mitbrüder, so dass er oft 
zu sagen pflegte: es falle ihm nichts schwerer, als einen 
derselben traurig zu sehen. 

Kurz vor seinem Tode resignirte er wegen andauernder 
Kränklichkeit, worauf einer der tüchtigsten Aebte gewählt 
wurde, Eugen Grafinzaghi (1737—1760). Mit ihm schloss 
die letzte Glanzperiode der Abtei vor ihrer Aufhebung. 
Wie sehr er das Stift zu verschönern bestrebt war, beweist 
sein allerorts vorfindliches Wappen. Er errichtete das 
prächtige Conclave, das jetzt zur Prälatenwahl dient und 
früher unter dem Namen „Museum" bekannt war, begrün- 
dete eine Münzensammlung, ein Kunstkabinet und eine 
Bildergallerie im Stifte, verschönerte den äusseren Stifts- 
hof und zierte die Front der Prälatxur mit massiven mar- 
mornen Säulen und den Bildnissen der Gründer. 

In Maria-Zeil liess er durch Sommerholzer die grosse 
Orgel mit einem Kostenaufwand von 30^000 /. aufstellen 
imd erbaute in dessen Nähe das Eisengusswerk, sowie er 
auch die durch Feuer zerstörte Präpositur in Aflenz wieder 
herstellte. 

Mit gleichem Eifer versah Abt Eugen seine geistlichen 
Pflichten. Er visitirte wiederholt die Pfarreien und hielt, 
wie schon seine Vorgänger gethan hatten, zu Pyber mehrere 
Synoden. 

Auch diesmal madhten ,sich die harten Kriegszeiten 
für St. Lambrecht doppelt fühlbar. Denn 1742 erhielt 
Abt Eugen von der Hofkammer den Auftrag, den Maria- 
Zeller Kirchenschatz abzuliefern oder denselben um 100,000/- 
auszulösen. Doch wurde diese Summe später auf 50,000 /• 
herabgesetzt. Den hohen Kriegssteuern flel auch die eben 



— 207 — 

erst begonnene, aber docb schon wertbvoUe Münzensamm- 
lung zum Opfer. Kaiser Franz, der Gemahl Maria The- 
resias, kaufte sie um den für die damalige Zeit hohen 
Preis von 18 224 /. 

Nach Eugens Tod wurde Berthold Stemegger zum 
Nachfolger ge-wählt. Ihm -wurde die Ehre zu Theil, in 
seinem Grazer Hofe Pabst Pius VI. auf seiner Keise nach 
Wien beherbergen zu dürfen. 

unter ihm erfolgte die Aufhebung der Abtei durch, 
kaiserliches Decret ddo. 4. Januar 1786, -welches dem 
Abte am 14. Februar in Graz eingehändigt und am 14. März 
zu St. Lam brecht publicirt -wurde. Die schon 1783 erfolgte 
Aufhebung der Exemtionsstellung des Abtes und Con- 
ventes, so-wie die zahlreichen vorangegangenen Kloster- 
aufhebungen halten das Unglück schon ahnen lassen. Un- 
ersetzlich ist der Verlust, -welchen die Abtei dadurch erlitt. 
Da mir darüber noch ungedrucktes Materiale aus dem 
amtlichen, nun im Archive zu St. Lambrecht befindlichen 
Authebungsinventar zu Gebote steht, -welches mehrseitig 
interessiren dürfte , -will ich darüber et-was ausführ- 
licher sein. 

Die Aufhebungscommission bestand aus dem Com- 
missär Nepomuk v. Buset, dem Aktuar Jos. Mar. Rotten- 
stätter und dem Controlor Jos. Mar. Boresch. Das von 
ihnen verfasste Aufhebutigsinventar enthält in seinem ersten 
Theil den Personalstand, wobei alle damals lebenden Stifts- 
glieder, 93 an der Zahl, mit Angabe ihrer bisherigen und 
allt'älligen künftigen, entweder selbst gewünschten oder 
bihördüch autVetrageuen Beschäftigung angeführt werden. 
Dem Abte wurde eine Pension von 1460 /. zugesprochen, 
dem Prior eine solclie von 400 /, jedem Conventualen 
von 300 /. Nur der Siiperior von Maria-Zeil, P, Konrad 
Kriegern, und P. Albert von Maistern machten eine Aus- 
ßahuie, indem sie eine Pension von je 500 /. erhielten,^ 
■was bei letzterem damit begründet wird, dass er „bei der 
^eit mehreren Jahren gebrechlichen Gesundheit des Abtes 
iast ganz allein die Leitung des Stiftes quoad oeconomica 
et disciiilinaria traget, auch dieser Auflösungscommission 
thätige Hülfe geleistet*), folglich mehr als jeder Prior 



*) Er gab Auskünfte über die Stiftsbesitzungen gelegentlich der 



— 208 — 

rücksiclitswürdig ist" .... „"weiin selber nicht zum Vor- 
theil des Eeligionsfondes und Staates bei seinen ausgebrei- 
teten Kenntnissen und Gelehrsamkeit zum abb^e comman- 
deur eiues bestehenden Stiftes verwendet -würde." 

Die auf den bisher stiftischen Pfarreien verbleibenden 
Conventualen wurden nun aus dem Religionsfond besoldet. 
Charakteristisch ist folgender Umstand. Viele der älteren 
Patres wünschten ihre Pension bei einem ihrer Mitbrüder 
auf einer Pfarrei zu verzehren. Da sie vielfach in der 
Seelsorge Aushülfe leisteten, so wurden sie als förmliche 
Cooperatoren betrachtet und den Pfarrern ihre Kapläne 
genommen. Dafür mussten die Pfarrer, weil ihre „Coopera- 
toren" eine Pension bezogen, statt einen Beitrag aus dem 
Religionsfond für den Unterhalt der Kapläne zu erhalten, 
eine grössere oder geringere Summe an denselben ab- 
liefern. Da mehr als die Hälfte der Conventualen sich 
ohnedies in dieser oder jener Stellung noch verwenden 
Hess, so wurden auf diese Weise die Pensionen auf ein 
Minimum beschränkt. 

Darauf folgt im Inventar die Aufzählung der Baar- 
schaften und vorgefundenen Werthsachen. Die werthvollen 
Kirchengeräthe von St. Lambrecht und Maria-Zeil wurden 
„ihrer Unanwendbarkeit und Mängel wegen" ins Pagament- 
amt in Graz zum Einschmelzen abgeliefert, wofür der 
Kirche von St. Lambrecht ein Kapital von 7000 /., jener 
in Maria-Zeil ein solches von 9000 /. gutgeschrieben wurde. 
Eolgt die Aufzählung des übrigen beweglichen Vermögens 
im Stifte und auf den dazu gehörigen Pfarreien und Herr- 
schaften. Die Kunstkammer wurde an die Grazer Bibhothek 
abgegeben, der Inhalt der Rüstkammer als „altes Eisen" 
nm 450 /. hingegeben. Die Bildergallerie wurde aufgelöst, 
die Manuscripte der Bibliothek kamen theüs in die Uni- 
versitätsbibliothek nach Graz (deren Handschriften zu einem 
Dritttheü von St. Lambrecht stammen), theils in die Hof- 
bibliothek zu Wien. Die Bücher wurden verpackt und 
nach Graz geschickt, da man sich mit Verzeichnung der- 
selben nicht abgeben könne. Die „Abrahamisch-Kochemi- 
schen Skarteken" an den Orten ausser Maria -Zell und 



Inventur. Später war er einer der eifrigsten Beförderer der ■Wieder- 
herstellung des Stiftes. 



— 209 — 

St. Lambreclit können alsPfarrbibliotheken belassen werden, 
„damit die aus dem GewicM nicht zu erholenden Fracht- 
kosten dem beschwerten Religionsfond keine neue Last 
zuziehen". Nach der Wiedererrichtung des Stiftes blieben 
die Manuseripte an ihren neuen Bestimmungsorten, die 
Bücher aber wurden, soweit sie noch verpackt waren (die 
meisten waren es!), wieder zurückgegeben. Dazu scheint 
St. L ambrecht einige Kisten Bücher aus anderen aufge- 
hobenen Klöstern erhalten zu haben. 

Nach Graz mitgenommen und der ,,Bewahrung3Com- 
mission'^ übergeben wurden eine grosse silberne und ver- 
goldete, reich mit echten Steinen besetzte Monstranz, 
20 Eeliquiarien , mit Gold und Perlen gefaast und reich 
mit Steinen besetzt, OrnateundMessgewänder im Schätzungs- 
werth von 4666 /., welche bald zu veräussem wären. Als 
in St. Lambrecht belassen, aber noch überflüssig werden 
angeführt zwei Orgeln, sowie eine Glocke von 80 Ctrn.*) 

In Maria-Zeil sollte die Dotation nach allerhöchstem 
Befehl aus dem eigenen Kirohenvermögen geschehen. Aus 
dem abgelösten Silber der Opfertafeln erhielt man zwar 
9000 /., „aber dieses reicht bei fortdauerndem Concurs 
kaum für den Opferwein. Wenn da nichts veräussert 
werden soll," sagt der Aufhebungscommissär, „so ist meine 
Einsicht zu kurz, wie aus dem eigenen Vermögen des 
Gotteshauses die Unterhaltung desselben und der kostbaren 
Bedachung, des erforderlichen Eirchenpersonals, dann eines 
Pfarrers mit etwa sechs Cooperatoren und zur Coneurszeit 
anderer geistlicher Mitgehülfen zu bestreiten wäre. Meines 
mindestens Erachtens dürfte es wohl gar keinem Anstand 
unterliegen, nach und nach ohne Aufsehen einen und: den 
andern Silberkoloss mittelst des- Pagamentanates frucht- 
bringend zu machen imd dafür gleiche Bildhauerschnitz- 
werke aufzustellen." 

Der AVerth sämmtlicher Paramente, Kirchengeräthe 
und Pretiosen zu Maria-Zeil war schon im Winter 1785 
auf 332,000 /. geschätzt worden. 

*) Die Veräusserungswuth der Auflösungscommission stieg nicht 
^los auf die Höhe des Kirchthurmes, sondern fand auch die in die 
Erde vergrabene bleierne Wasserleitung, welche ein Bassin im „Kaiser- 
saale" speiste. Auch die eisernen Ketten, welche das Greländer vor der 
inneren Stiftsfa^ade verzierten, wurden veräussert. 

Ein Benedtktinerbuch. 14 



— 210 — 

Das Inventar lässt nun die Aufzählung der im catastro 
provinciae beansagten Stiftsgüter folgen , welche auf 
1,498,355 /. geschätzt werden; sowie der vorgefundenen 
Getreidemassen, der Weine (in St. Lambrecht allein 
5600 Eimer) und des Viehes. 

Das Schlussresultat der Aufhebungscommission war, 
dass dem Religionsfond nach Abzug aller Kosten und 
Lasten eine Summe von 760,338 /. 43 Jt^z. verblieb. 

Die Güter wurden theils verkauft, theils cameralistisch 
verwaltet. Diese trugen aber so viel wie nichts und wurden 
nur verschlechtert. Das „irregulär gebaute und baufällige, 
aber geräumige" Schloss, welches die Commission auf 
1500 /. bewerthete, wurde während der Aufhebungszeit 
absichtlich dem Ruine preisgegeben. Das herrliche Stifts- 
gebäude, welches man auf 6000 /. geschätzt hatte, weil 
es seiner Entlegenheit wegen weder zu einem Strafhaus, 
noch zu einer Kaserne oder Fabrik verwendbar sei, wurde 
nur soweit in Stand erhalten , als es zur Wohnung für die 
Seelsorgspriester und k. k. Cameralbeamten sammt Kanz- 
leien: nöthig schien; ganze Trakte gingen dem Verfeil 
entgegen. Auch der bescheidene Markt verödete gänzlich. 

Da fasste Kaiser Franz, hauptsächlich auf Betreiben 
seiner Gemahlin Maria Theresia, den Entschluss, das Stift 
zu restituiren. Wohl mag ihn dabei aucb das Motiv ge- 
leitet haben, Maria-Zeil, Oesterreichs bedeutendsten Wall- 
fahrtsort , seiner ursprünglichen Pfleger nicht zu berauben. 
Was von den alten Stiftsbesitzungen noch übrig war, wurde 
zurückgegeben; die Herrschaft Maria-Zeil sammt Gusswerk 
verblieb jedoch dem Staate, und statt Pyber erhielt die 
Abtei 1807 die Herrschaft Witschein. Die Exemtion blieb 
aufgehoben, das Commissariat Pyber säcularisirt und die 
Stiftspfarren , gegenwärtig 19, unterstehen dem Bischof. 

Die Wahl, welche am 4. October 1802 stattfand und 
sämmtliche noch lebende Conventualen mit einer Ausnahme 
wieder vereinigte, berief den damaligen Dechant von Maria- 
Zeil, Joachim J., Rock, zur Infel. Er bemühte sich nach 
Kräften, die Stiftsverhältnisse wieder in einen annehmbaren 
Zustand zu bringen, war ein Eiferer für klösterliche Disciplin 
und ein Freund der Wissenschaften, wie die Errichtung 
eines Gymnasiums im Stifte (1808) und die Wiederher- 
stellung der theologischen Hauslehranstalt bezeugten ; doch 




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— 211 — 

konnte letztere wegen der geringen Zahl der Conventualen 
nur kurze Zeit erhalten bleiben. Aus Dankbarkeit gegen 
die Wiederhersteller der Abtei Hess er die Porträts Kaiser 
Franz I. und seiner Gemahlin Maria Theresia vom Hof- 
maler Campi malen und im Prälatensaal neben den Por- 
träts der Stifter aufhängen. 

Ihm folgte Ferdinand Herzog (1811—1817), welcher 
der schwierigen Verhältnisse wegen 1817 resignirte, worauf 
die Abtei durch P. Rupert Schmiedmayer (bis 1833) und 
P. Kilian Drocker administrirt wurde, bis eine neue Wahl 
Joachim II. Suppan zur Abtei berief (1835 — 1864). Ihm 
hat St. Lambrecht seine Rettung aus sehr schwierigen 
Verhältnissen, die zum grössten Theil noch eine Folge 
der Aufhebung waren, zu verdanken. Er stellte das zeit- 
weilig aufgehobene Privatgymnasium wieder her, liess das 
Archiv von kundiger Hand neu ordnen, that viel für die 
Bibliothek, der auch seine werthvoUe Privatbibliothek zu- 
getheilt wurde, und liess den Thurm und die Kapelle im 
Schlosse wieder herstellen, letztere überdies mit einem 
werthvoUen Flügelaltar und anderen Kunstwerken 
schmücken. Auch entstand unter ihm das interessante 
Naturalienkabinet (durch den als Omithologen eines 
grossen Rufes sich erfreuenden P. Blasius Hanf, den 
Entomologen P. Coelestin Kodermann und den Botaniker 
P. Raymund Steyrer). 

Ein würdiger Nachfolger ist der gegenwärtige hoch- 
würdige Herr Abt Alexander Setznagel (gewählt 1865), der 
seinen Sinn für Wissenschaft durch andauernde Bereicherung 
der Bibliothek, seinen Eifer für die Zierde des Gotteshauses 
durch Verschönerung der Abteikirche, durch eine neue 
Orgel und styl entsprechende Beichtstühle bezeugte, und 
zwei grosse neue Oekonomiegebäude errichtete, das eine 
zu St. Lambrecht, das andere in Witschein. 

P. Nokbebt Zechneb. 



14' 




Marienberg in Tyrol. 

er von Mera^ nacli dem Vinstgan reist, erblickt 
oberhalb, Mals auf einem Berghügel das ansebn- 
Hche Kloster Marienberg, gestiftet von den Grafen 
- von Tarasp am, Ausgange des 11. Jabrbunderts 
und von Scbuls im Engadin im Jabre 1146 bierber über- 
setzt; der Klo^terlDau war im Jabre llöiö vollendet. (Vgl. 
Sinnacber, Beiträge zur Gescbicbte der biscböflicb^n Kircbe 
Säben und, Brisen in Tyrol III. B^. S. 513 S. Episcppatus 
Curiensis a P- Ambrosio Eicborn 0. S- B. p. 295.) Die 
ersten Mönche waren von Ottobeuern gekommen und er- 
hielten durch Pabst Eugen III. sowie yomi Kaiser Friedrich I. 
die Bestätigung ihres Besitzes, welcher im Jahre 1160 
durch die Herren von Matsch, auf welche auch von den 
Taraspem die Schirravogtei überging, beträchtlich ver- 
mehrt wurde. Die ersten- fünf Aebte, Albert, Marcelliu, 
Schwicker, Gebhard und "Volker, waren sämmtlich von 
Ottobeuern. Friedrich Graf von Ulten war der erste aus 
dem Stifte seibat ge-wäblte Abt; er starb im Jahre 1194. 
Verfolgt man die Geschichte dieses Klosters im 13. und 
14:. Jahrhundert, so findet man, das? es manche Streit- 
sachen auszukämpfen ha,tte., mitunter bedeutende Verluste 
erlitt, ja fast an iden Rand des Untergangs gebracht wurde, 
aber doch immer wieder von den harten, S.chicksai.sachlägen 
sich erholte, neu aufblühte xmd sogar erweitert werden 
musste. So z. B., um nur einige Vorfö,lle zu erwähnen, 
beanspruchten die Bauern des unter dem Stifte gelegenen 
Dorfes Burgeis, deren Pfarrei von dem damaligen Diöcesan- 
bischofe von Chur den Mönchen übergeben worden war, 
die freie Durchfahrt durch eine Klosterwiese, was besonders 
zur Erntezeit von grossem Nachtheil war. Abt Konrad III. 
Hess daher die Wiese mit einer Mauer umgeben; alleia 
die Burgeiser rissen sie an einem Sonntage nieder, wofür 
Egno von Matsch die Mauerbrecher züchtigen wollte. In- 
dessen kam ein Vertrag zu Stande, gemäss welchem die 
Durchfahrt nur von Mitte Mai bis Jakobi untersagt war. 




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— 213 — 

Zum Danke dafür traten die zufriedengestellten Bauern 
dem versölmliclien Abte ein Weiderectt ab, tirid als daraus 
Ackerland -w-urde, gabeü sie iälljäbrlicb vierzig Käse als 
Ersatz. Im ^äbre 1274 überfielen Set-Spicker von Reicben- 
berg bei Taufers und des Abtes leiblicber Bruder Friedritli 
von Ramüss das Kloster und raubten, ^äs sieb darin an 
WiertbsacheiQ, Geld-, Vieb-, Geräthsebafteh, W'ein und 
Lebensmitteln vorfand, ■wäbrend gleicbzeiiig arges Gesindel 
die Klostergüter in Näuders und eine Alpe ausplünderte. 
Den Gottesräüberii bekam jedocb ibr Frevel scbleebt. 
Scbwicker wurde bald darnach von seiüein Pferde ter- 
schlägien, Frifedricb aber in einer Febdie tiait Egiio von 
Matsch erwürgt. Kaum hätte sich das Stift von diesem 
Uhfalle, der es in die grösste Arinuth versetzt hatte, 
einigermasseh erholt, als unter Konräd's Nachfolger, Ulrich, 
eine neue Streitigkeit mit dem Bischöfe von Chur entstand. 
Dieser belegte das Kloster, weil der Abt ihm, wie es scheint, 
einen schlechten Empfang bereitet hatte, niit dem Inter- 
dikt und, da man dariauf nicht ächtete, sogar mit dem 
Banne. Die Sache wurde jedoch bald wiedet beigelegt. 
Die Bischöfe von Ghür waren auch Besitzer der gerade 
unter Marienberg gelegenen Fürstenburg ^ welche zu den 
wichtigsten Schlössern Tyröls gehört; jetzt ist sie Eigeh- 
thum der Gemeinde Bm-geis geworden. (S. „Geschichte 
des Schlosses Fürstenburg in Vinstgau" , Meran 1867, von 
P. Cölestin Stampfer, Benediktiner von Marienberg.) — 
Schlimmer noch als dem erwähnten Köhrad erging es dem 
Abte Hermann von Schaüenstein, w'elcher wegen unge- 
rechter Beschädigung des Klosters zürn Grafen Otto von 
Tyrol gegen Ulrich von Matsch seine Zuflucht genommen 
hatte. Letzterer überfiel aus Räche das Klöster, nahm 
den Abt gefangen, schleppte ihn in das benachbarte Dötf 
Schlinig und liess ihm den Kopf abschlagen.. Dies geschah 
im Jahre 1303. Als die Möhfche den Tod ihres gieUebten 
Vaters erfuhren, brachten sie deü Leichnam nächMätien- 
berg und bestatteten ihn ehrenvoll ; an seinetia Grabe sollen 
mehrere Wunder geschehen Sein. Der Mörder aber pügerte 
nach Avighon zuni Pabste Clemens V., welcher ihni 
eine sehr strenge Kirchenbüsse auflegte. Nach Eichorn 
(Episcop. Curiens.) soll Ulrich unbussfertig gestorbeh sein; 
dessen Wittwe aber liess sich durch den folgenden Abt 



— 214 — 

Johannes bewegen, die Vogtei an den Grafen Heinrieli 
von Tyrol abzutreten. 

Neue schwere Heimsuchungen kamen über Marienberg 
unter Abt Wiso (1320—1362), der als ein eifriger, demü- 
thiger und friedfertiger Ordensmann, geschildert wird. 
Heuschreckenzüge, Erdbeben und Schneelawinen richteten 
furchtbaren Schaden an und eine ansteckende Seuche raffte 
alle Ordensleute hinweg bis auf Wiso, den Priester Rudolf, 
den Kleriker Groswin und einen Laienbruder. Es wurden 
deshalb aus verschiedenen Gegenden Mönche herbeigezogen. 
Weil aber dieselben im Chorgesange nicht übereinstimmten, 
so begann Goswin unter Wisos Beihülfe den Gesang mit 
Noten auf Pergament zu schreiben. Auf solche Weise ent- 
standen die ersten Chorbücher Marienbergs, (üeber Goswin 
und die von ihm geschriebene Chronik seines Stiftes vgl. 
Ferdinandeum oder „Beiträge zur Geschichte, Statistik, 
Naturkunde und Kunst von Tyxol und Vorarlberg", I. B., 
Innsbruck 1825, wo die werth volle Chronik in verstüm- 
melter deutscher Uebersetzung von J. Röggel abgedruckt 
ist.) Im Jahre 1418 wurde das ganze Kloster ein Raub 
der Flammen; doch stellte es Abt Heinrich aus Tettnang 
in Schwaben bald wieder her. Nach seinem im Jahre 
1427 erfolgten Ableben wusste sich Iban von Rottenstein, 
vorher Abt in Füssen, durch Simonie und sonstige Um- 
triebe die Abtwürde in Marienberg zu verschaffen, um sich 
auf dessen Kosten zu bereichem. Er kehrte mit dem un- 
gerecht erworbenen Gute nach Füssen zurück, stellte dann, 
von Gewissensbissen gequält, eine Wallfahrt nach Rom 
und Palästina an, lebte darauf vorübergehend in Wesso- 
brunn und kam endlich wieder nach Marienberg, wo er 
im Jahre 1439 starb. Im gleichen Jahre erhielt Abt Peter, 
der dem Concil zu Basel beiwohnte, den Gebrauch der 
Pontifikalien. Sein gleichnamiger Nachfolger hatte das 
traurige Geschick, von Bauern von Burgeis, die einen 
Streit mit ihm hatten, erschlagen zu werden. 

Neues Leid brachte am Ausgange des 15. Jahr- 
hunderts der sogenannte Engedeiner oder schwäbische 
Krieg, den Kaiser Maximilian I. gegen Graubünden führte, 
in welchem viele Dörfer zerstört, über 300 Edelleute 
aus Tyrol erschlagen imd dem Erlöster unsägliches Elend 
bereitet ward. (S. Ferdinandeum, Zeitschrift 1838, „Der 



— 215 — 

Engedeiner Krieg im Jahre 1499" mit Urkunden von 
Albert Jäger.) 

In der Keformationszeit, in welcher ein grosser Theil 
■des benachbarten Graubünden vom katholischen Glauben 
abfiel, bot Marienberg dem flüchtigen Bischöfe von Chur, 
mit welchem es vorher wegen der Exemtion manche 
Kämpfe zu bestehen hatte, eine Zufluchtsstätte. Leider 
Tcrfiel nachher unter den traurigen Zeitverhältnissen die 
strenge Ordenszucht und schlichen sich mancherlei Miss- 
bräuciie ein, um so mehr, als Abt Christian, der früher 
Pfarrer in Mals und wahrscheinlich gar kein Ordensmann 
war, nicht mit gutem Beispiel voranging. Als Wieder- 
hersteller der Ordnung verdient sein Nachfolger Philipp 
aus St. Blasien ehrende Erwähnung; die Mönche entfalteten 
unter ihm eine segensreiche Thätigkeit auch nach Aussen, 
ja die meisten derselben mussten bei dem grossen Mangel 
an Weltpriestern auswärtige Seelsorgsstationen übernehmen. 
Ueber einen in jene Zeit fallenden interessanten und lang- 
wierigen Streit s, „Jurisdictionsstreit des Benediktinerstifts 
Marienberg mit den Herren von Trapp" von P. Bernhard 
Koch, 0. S. B. von Marienberg; Programm des k. k. Gym- 
nasiums zu Meran 1872 — 74. Abt Philipp wohnte auch 
als der erste unter Marienbergs Aebten den Landtagen 
Tyrols mit Stimmrecht bei. Unter der schwachen Regie- 
rung des Abtes Leonhard (1586—1606) wurde das Stift von 
Aussen her sehr beschädigt und auch die religiöse Zucht 
kam in Abnahme. Jedoch wurde unter ihm der Exemtions- 
streit mit Chur durch Pabst Sixtus V. glücklich beendet; 
das Kloster wurde exemt, der Bischof von Chur erhielt 
eine Entschädigung. Der Nachfolger des Abtes Leonhard 
war Mathias Lang (1615 — 1640) aus dem Stifte Weingarten, 
der alle misslichen Verhältnisse des herabgekommenen 
Stiftes neu ordnete, so dass er sich mit Recht den Namen 
eines zweiten Gründers von Marienberg verdiente. Nicht 
minder eifrig und segensreich wirkte Abt Jakob Grafinger. 
Er baute eine neue Kirche, vermehrte die Einkünfte, sammelte 
viele Bücher für die Bibliothek, schickte die jungen Mönche 
zur Ausbildung an verschiedene Schulen und erwarb für 
seine Kleriker ein Haus in Bozen, damit sie die theolo- 
gischen Vorlesungen der dortigen Dominikaner hören konn- 
ten, während er gleichzeitig vielen durch den Schweden- 



— 216 — 

krieg vertriebenen Benediktinern aus Bayern und Schwaben 
ein gastliches Asyl in Marienberg öffnete. Im Jahre 1656 
brannte das Kloster abermals ab und musste mit grossen 
Unkosten wieder hergestellt werden, wozu noch die durch 
die Türkenkriege aT:rfgebürdeten Lasten kamen. Wichtig 
für die Geschichte Marienbergs ist auch das Jahr 1724, in 
welchem Abt Johann Baptist Murr auf Wunsch der Bürger 
von Meran den Anfang mit dem dortigen Gymnasium 
machte. Der nächste Abt Beda Hillebrand baute eine 
passende Wohnung für die Benediktiner- Professoren zu 
Meran, während Herr von Rediff 1736 Stipendien für sechs 
Zöglinge an der Studienanstalt stiftete. Nähere Aufschlüsse 
darüber giebt die „Geschichte des Rediff'schen Conviktes 
am k. k. Gymnasium zu Meran" von P. Basilius Schwitzer, 
0. S. B. von Marienberg; Programm des Gymnasiums 1866. 
Ein eifriger Beförderer des Studiums der Wissenschaften 
und des Meraner Gymnasiums war auch Abt Franz II. 
(1771 — 1782). Unter seinem Nachfolger Placidus wurde 
leider den edlen Bestrebungen der Mönche auf einige Zeit 
ein Ziel gesetzt, indem die bayerische Regierung das Stift 
im Jahre 1807 aufhob und dessen Besitzungen einzog. Als 
es dann unter der österreichischen Regierung wieder auf- 
leben durfte, befand es sich in grosser Dürftigkeit, In- 
dessen gelang es dem neuen Abte Karl Mayr (1816 — 1855), 
das Stift nach und nach wieder gut einzurichten, die Kirche 
mit neuen Altären und einer neuen Orgel zu zieren, die 
Wirthßchaft zu heben und sogar das ganze Gymnasium in 
Meran mit acht Klassen zu übernehmen. Ihm folgte Augustin 
Moriggl, der, von der Nothwendigkeit einer guten Jugend- 
erziehung überzeugt, ein grosses Convikt für Studirende in 
Meran erbaute. Di:ei gelehrte Männer besass Marienberg 
in jenen Jahren, den weithin bekannten Beda Weber, 
welcher als Stadtpfarrer in Frankfurt am Main starb, den 
noch lebenden Historiker Albert Jäger, Geheimkämmerer 
Sr. päbstlichen Heiligkeit, und den bereits hochbetägten, 
noch im Stifte weilenden P. Pius Zingerle, alle drei als 
ausgezeichnete Schriftsteller berühmt. Ihnen reiht sich 
der bereits mehrfach citirte P. Cölestin Stampfer als vater- 
ländischer Geschichtschreiber und Biograph würdig an, 
welcher ausser den erwähnten noch verschiedene andere 
Monographien veröffentlichte, wie z. B. die Geschichte 



— 217 — 

Vinstgaus 1796 — 1801, ErinneruBgen an die bayerisclie 
Herrschaft in Tyrol 1814, Claronik von Meran, GescHclite 
der Stadt Meran in der neueren Zeit, Sandwirth Andreas 
Hö'fer, em Lebensbild des Mons. Santher, Dekans von 
Meran, und anderes. Der gegenwärtig seit 1861 regierende 
Abt Peter Wiesler aus Taufers wirkt fort im Geiste seiner 
verdienstvollen Vorgänger. Mit Eifer und Erfolg liegen 
seine Mönche dem Studium ob und arbeiten entweder als 
Seelsorger in verschiedenen Gemeinden oder als Professoren 
theils im Stifte, theils in dem staatlich anerkannten Meiraner 
Gymnasium. Das Stift zählt zur Zeit 33 Priester-, B Kle- 
riker Und 3 Laienbrüder. Zwei Pfarreien sind dem Kloster 
einverleibt: Burgeis mit 2 Priestern und 726 Seelen und 
einer Schul«, das Prühmessbenefizium wird vom Stifte 
excurr. versehen; St. Martin im Passeier mit 4 Priestern 
und über 1500 Seelen. Zu letzterer gehört die Curatie 
Platt mit 2 Priestern und etwa 400 Seelen; zu ersterer 
die Expositur Schlinig mit 1 Priester und 130 Seelen. 

Die sehenswerthe Stiftskirche enthält einige kostbare 
Gemälde, darunter einen hBiligeh Sebastian von einem un- 
bekannten Meister und einen heiligen Joaef von Holzer. 
(S. Staffier, Das deutsche Tyrol und Vorarlberg, L B.^ 
S. 173.) Auch im Kloster befinden sich einige werthvoile 
Büder. Von der Höhe aus öffnet sich ein hen-licher Aus- 
blick in das weite, mit 13 Ortschaften besäete Etschthal, 
namentlich auch auf die Ortlergruppe und den westlichen 
Ausläufer des Oetzthaler Fernerstockes. 

Dr. Bernakb M. Liehheimek. 




Erzabtei Martinsberg in Ungarn mit den dazu 
gehörigen Abteien Bakonybel, Dömölk und 

Tihany. 

(Nach M. Czin&r und Anderen.) 

jüdöstlich von Eaab unter dem 35° 25' 30" ö. L. 
und dem 47° 33' n. B. erhebt sich inmitten einer 
fruchtbaren, im Westen von der Csanak-Ecser, 
im Süden von der Verteser und Bakonyer Ge- 
birgskette umsäumten Ebene der Berg Pannoniens (sacer 
mons Pannoniae), dessen Scheitel die Benediktiner-Erzabtei 
Martinsberg krönt. 

Altehrwürdig ist der Ort und innigst mit der Ge- 
schichte des Landes verwachsen. 

Am Pusse des Berges, im Städtchen Sabaria*), er- 
blickte der h. Martinus, der nachmalige Bischof von 
Tours, das Licht der Welt, und nach dem Zeugnisse Hart- 
wiks pflegte der Heilige oft hierher zu kommen, um ent- 
fernt von dem Geräusche der Welt, in der Einsamkeit sein 
Gemüth im Gebete vor Gott zu ergiessen. So also dm-ch 
die frommen Anmuthungen des h. Martinus gleichsam 
von Alters her geweiht, war dieser Berg durch die gött- 
liche Vorsehung zugleich zur Wiege des Christenthums 
in Ungarn auserkoren. Von hier aus verbreiteten sich die 
Missionäre durch die gesegneten Gefilde Ungarns, um 
durch die Religion der Liebe die noch immer rohen Sit- 
ten der kriegslustigen Ungarn zu mildern, und ihnen mit 
den Segnungen des Christenthums zugleich wahre Bildung 
und Civilisation zu bringen. Von hier aus erhielten Burg- 
und Dorfgemeinden gewissenhafte Seelsorger, die Könige 
gewandte Kanzler und Staatsmänner, die ungarische Kirche 
begabte, von zartester Jugend auf zu echten Priestern er- 
zogene Bischöfe. ! 

Doch auch in der Geschichte des Landes spielt der 



*) Den Streit, in welchem Sabaria der heil. Martinus geboren sei, 
hat der Martinsberger Benediktiner Maurus Czinftr mit schlagenden 
Beweisen zu Gunsten Martiasbergs entschieden. Siehe: Monasteriologial- 



iJlMi!l!iii:iiiillil!illiii:l,lll:lllI 




— 219 — 

Pannonberg eine niclit roinder hervorragende Rolle. "War 
es ja doch, dieser Ort, von welchem aus Arpäd mit freu- 
digem Blicke die fruchtbaren Gefilde mass, -woselbst sein 
Volk ein neues Vaterland gefunden; war es ja doch die- 
ser Ort, der so manchmal den h. Stefan sammt seinem 
h. Sohne Emerich in seinen Mauern beherbergte; der 
Ort, den ein h. Ladislaus und Coloman der Weise oft- 
mals mit ihrer Gegenwart beehrten; der Ort, der immer- 
dar, wie an den wenigen Freudentagen, so auch an den 
langen Trauerjahren der ungarischen Nation treuen An- 
theü nahm. 

Der Grund zu der Abtei wurde von Geiza gelegt, wie 
es scheint besonders auf . Andringen des h. Adalbert, 
Bischofs von Prag, dem der Ruhm gebührt, massenhafte 
Bekehrungen unter den Ungarn vollbracht zu haben, so 
■wie auch er es war, der sowohl Geiza als seinen Sohn 
Stefan durch die h. Taufe in die Gemeinschaft der Kirche 
aufgenommen hat. 

Doch war es Geiza nicht vergönnt, die Vollendung 
des begonnenen Werkes zu sehen. Dies war seinem 
Sohne , dem h. Stefan, erstem Könige von Ungarn, vorbe- 
halten, von dem auch die Stiftungsurkunde (vom J. 1001) 
herrührt, in welcher er den Abt von Martinsberg aller 
Rechte und Privilegien des Abtes von Casino theühaftig 
macht, und zugleich reichlichst für den zeitlichen Wohl- 
stand des Hosters sorgt. 

Die ersten Bewohner der neu errichteten Abtei waren 
vom Auslande gekommene Benediktiner, ebenso ausge- 
zeichnet durch Wissenschaft als auch durch wahre Fröm- 
migkeit. Gern verweüte der h. Stefan in ihrer Mitte, 
theüs um von den Regierungssorgen auszuruhen, theils 
Um im. Gebete neue Ki-aft zu seiner hehren Mission zu 
sammeln, sich aber zugleich auch persönlich zu über- 
zeugen von dem erfreulichen Wirken der Bewohner des 
h. Berges. 

Und wie mochte sein Herz von Freude überwallen, 
ivenn er ihren Arbeitsfleiss und ihre Gottseligkeit schaute ; 
^'enn er sah, wie sie durch die erhabenen Lehren des 
Evangeliums die rohen Gemüther veredeln, und in den 
Schulen den Samen der Religiosität, Sittenreinheit und 
Büdung in die emfjfänglichen Herzen der Jugend streuen, 



— 220 — 

•wie sie den Verfolgten einen Zuflnclitsort, den Kranken 
Pflege, den Hungernden Nalirung "bieten^ wie sie im 
Sdi-weisse ilires Aügesiclites Waldtingen iausrode'n, Wüste- 
neien cultiviren, nnd die voii dbn Seiidgen veracMete In- 
dustrie und Handarbeit ei&igst 'betrtei'ben. Was war wohl 
natürlicher, als dass der König, um den Mönchen seia 
Wohlwollen nicht nur mit Worten, sondern auch in der 
That zu bezeugen-, der Kiixjhe des Klosters, welcher ja die 
grösste Liebe und Sorgfalt der Brüder gewidmet war, 
werthvolle Ornate, Kelche, ändere h. üefässö u. dgl. über- 
machte?! 

Aber auch die Mönche waren bestrebt, die Gnade und 
Htild des h. Königs imnier mehr zu Verdienen, und ihrer 
auch in politischer Hinsicht überaus schwierigen Aufgabe 
gerecht zu werden. 

Wahrlich schwierig war ihre Aufgäbe: glaubte ja docli 
der grösste Theil der Nation, durch Abschaffung des alten 
Glaubens auch seiner angestammten Freiheit und poh- 
tischen Selbständigkeit rerlustig zu gehen, und durch An- 
nahme des Ton fremden Mönchen gepredigten Evangeliums 
seines Nationalcharakters entkleidet zu werden. Und wenü 
nun ungieachtet dieser Schwierigkeiten einige Jähre hin- 
reichten, um fast ganz Ungarn zum Christenthume zu be- 
kehret!: ist dies nicht ein glänzender Beweis für die 
Tüchtigkeit und den unermüdlichen Fleiss unserer Vor- 
fahren? 

In Martiasberg war die erste Hochschule Ungarns, 
welche um so mehr einen Gegenstand der besonderen Gnade 
und Aufmerksamkeit des Königs bilden musste, als aus 
ihr nicht nur ungarische Gläubehsprediger, ja sogar ein 
Schriftsteller, sondern auch heiligmässige Bischöfe, wie 
Anastasius, Astricus, Sebastianus, Maurus, Gerardus und 
andere, hervorgingen. Unter solchen Umständen darf es 
wohl Niemanden Wunder nehmen, dass der h. Stefan 
nicht nur so manche dieser Geistesmänner in den Eegie- 
rungsrath und izur Gesetzgebung berief^ sondern auch 
den Aiebten im ganzen Umfange ihrer Besitzungen die 
bürgerliche Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der halspein- 
lichen verlieh, und im Gebräuche äusserer Ehrenzeichen 
sie den Bischöfen gleichsetzte. 

Dass aber den Mönchen von Martinsberg nicht nur 



— 221 — 

die Religion und geistige Bildung, sondern auch die zeit- 
liche "Wohlfalixt des Landes am Herzen lag, sehen -wir 
daraus, dass sich schon zur Zeit der Gründung der Abtei 
die yerschiedensten Handwerker in Martinsberg vorfinden. 
„Stefan — so lesen wir bei Fessler (Die Geschichte der 
Ungarn. I. &04) — schenkte der Abtei zu Pecsväarad Töpfer, 
Müller, Goldarbeiter, Zuckerbäckerj Böttcher^ Lohgerber, 
Zinunermeisterj Brotbäcker, Schmiede und Bildhauer. In 
dem Stiftungsbriefe für die Sankt Martins-Abtei auf dem 
Pannpnberge wurden, ausser den meisten der Erstgenann- 
ten, auch Methbrauer, Schuster, Weissge^rber; in der Hand- 
feste des Andreas, nebst andern, auch Tischler, in der- 
Urkunde des Herzogs Almus, zu den übrigen, auchPlaschen- 
macher (lagenarii), Wagenbauer (curriferi) und Kürschner 
(pellip^ani) geschenkt; und diese nützlichen Leut^ waa-en 
nicht alle Knechte, sondern auch, und vielleicht di,e 
meisten, königliche TJdvamiker Jobbagyen imd Freie." 

Dass sich endlich die ungarischen Benediktiner auch 
mit Arzneiwissenschaft befassten, dürfen wir' ausser an,dem 
Grründen wohl auch aus der Stiftungsurkunde der Pecsvä- 
rader Abtei schliessen, in w;elcher der h, Stefan der 
Abtei unter anderem auch vier Krankenpfleger und sechs 
Badewäi^ser zutheüt. Und wenn wir nun im Allgemeinen 
sehen, dass, so zu sagen, in allen Benediktinerklöstern 
der damaligen Zeit die Arzneikunde von den Mönchen 
auf das eifrigste betrieben wurde, so dürfen wir, was. wir- 
oben von den ungarischen, Benediktinern im, Allgemeinen 
gesagt, wohl mit Eecht aijch von Martinsberg voraus- 
setzen. 

Doch nicht lange sollte sich Martinsberg eines, un- 
gestörten Friedens erfreuen. Schon, in den nach dem Tode 
des h. Stefan ausgebrp ebenen Wirren hatte es näm- 
lich, besonders nach der Schlacht bei Merfö, sowohl von 
den Siegern, als, auch den Besiegten, vieles zu leiden; 
doch war dies alles nur das Vorspiel eines viel schreck- 
licheren Lposes. 

So manche Anhänger des noch immer nicht ganz er- 
storbenen Heidenthunis. verlangten, nämlich: unt^r Vathas 
■^5^hrung von Andreas, den die auf ihre Freiheit eifer- 
süchtigen Ungarn gegen den despotischen Peter ins Land 
gerufen hatten, er möge ihnen gestatten, die Christen aus- 



— 222 — 

zurotten und den alten Glauben wieder einzufahren. An- 
dreas, der sich im ersten Augenblicke der Ueberraschung 
zu scbwacb. füldte, dem ungezügelten Haufen mit Strenge 
zu begegnen, liielt es für das Geratbenste, diesen Anfor- 
derungen gegenüber Schweigen zu beobachten. Die Em- 
pörer fassten dies als Zustimmung auf, und fielen alsbald 
verheerend über Kirchen, Kreuze und andere Denkmäler 
des christlichen Glaubens her, wobei es Martinsberg um 
so schlimmer erging, da man wusste, dass hier die Pflanz- 
stätte der Glaubensprediger sei, und dass von diesen Höhen 
aus das Licht der christlichen Offenbarung sich überall 
hin verbreite. 

Als Friede und Ordnung im Lande allmählich wieder- 
kehrten, versammelte der am Leben gebliebene Abt die 
theils in die Wälder, theils zu den Ihrigen geflohenen 
Mönche, und schaffte ihnen einstweilen in schnell auf- 
gebauten Hütten eine nothdürffeige Unterkunft. Alsbald 
begann man auch mit dem Wiederaufbau des Klosters, 
welcher jedoch, da während der Unruhen auch die Güter 
des Stiftes verloren gegangen waren, mit vielen Schwierig- 
keiten verbunden war. Und wenn sich das Kloster doch 
wieder aus seinen Trümmern erhob, so verdankt es dies 
hauptsächlich dem Umstände, dass die Könige Andreas I, 
Bela I., Salamon und Geiza dem Stifte gegenüber dasselbe 
pietäts volle Wohlwollen, wie vordem der h. Stefan, be- 
wiesen. Wahrscheinlich wurde das Kloster beim Wieder- 
aufbau mit einer Mauer umgeben, um gegen künftige An- 
griffe besser gesichert zu sein. 

Unter dem h. Ladislaus blühte das Kloster von 
neuem auf, indem es von ihm nicht nur die verlorenen 
Güter wieder erhielt, sondern auch mit neuen Wohlthaten 
bedacht wurde, in Folge deren die Mönche, befreit von 
allen materiellen Sorgen, sich ganz und gar wieder ihrem 
hehren Berufe widmen konnten. Auch steht es fest, dass 
der König dem Kloster eine für jene Zeit bedeutende 
Bibliothek von 70 Werken geschenkt, wodurch er auch 
die wissenschaftliche Fortbildung der Ordensbrüder be- 
förderte, und zugleich den Grund zur jetzigen Bibliothek 
legte. Auch dürfte wohl derselbe König an diesem Orte, 
woselbst er mit den Grossen des Reiches einen Landtag 
abhielt, wohin er den deutschen Kaiser Heinrich IV. z^ 



— 223 — 

einer ZusammeiLkunfb einlud, und wo er überhaupt gerne 
und öfters verweilte, für sich und seine Nachkommen jenes 
königliche Schloss erbaut haben, dessen auch späterhin 
zu "wiederholten Malen Erwähnung geschieht. 

Unter seinem Nachfolger Coloman kam in Folge des 
ersten Kreuzzuges so zu sagen der ganze Westen in Be- 
wegung, und ungeheure Schaaren wälzten sich durch das 
Land. Als nun der ritterliche Gottfried Ton Bouillon, 
wohl wissend, dass die vor ihm gekommenen Haufen zu- 
sammengelaufenen Gesindels nur wegen ihrer Ausschwei- 
fungen auseinandergesprengt waren, von Coloman mittelst 
einer glänzenden Gesandtschaft sich freien Durchzug er- 
bat, lud ihn der König nach einer ersten Zusammenkunft 
in Oedenburg in seinen königlichen Palast nach Martins- 
berg ein, wo diese Angelegenheit im Einverständnisse mit 
den Magnaten zu gegenseitiger Zufriedenheit geordnet 
wurde. 

Auch Coloman, dem das Volk wegen seiner Liebe zu 
den Wissenschaften den Namen des „Bücherkundigen" 
(Könyves Kaiman) beigelegt hat, bezeugte den Benedik- 
tinern von Martinsberg zu wiederholten Malen seine könig- 
liche Huld und Gnade; und wenn er auch ihre Einkünfte 
in etwas verkürzte, so hob er dafür um so mehr den 
geistigen Zustand des Klosters, so dass die Klosterschule 
unter seiner Regierung dem damaligen Standpunkte der 
Wissenschaft gemäss ihre höchste Blüthe erreichte. 

Doch bald sollte ein neues Unglück Martinsberg und 
seine Bewohner heimsuchen, indem nämlich, wahrschein- 
lich um das Jahr 1130, nicht nur das Kloster, sondern 
auch alle Nebengebäude einer Feuersbrunst zum Opfer 
fielen. Abt David (1131 — 1151) baute dasselbe von neuem 
auf, vergrösserte die Kirche, und Hess sie im Jahre 1137 
durch den Graner Erzbischof Felician auf feierliche Weise 
consecriren, welcher Feierlichkeit die Gegenwart des Königs 
Bela II. einen noch grösseren Glanz verlieh. Der König 
tedachte die Abtei bei dieser Gelegenheit nicht nur mit 
neuen Liegenschaften, sondern auch mit andern reichen 
Geschenken. 

König Geiza H. stattete dem Kloster im Jahre 1142 
die ihm von Coloman und seinem Sohne Stefan genommene 
Fischerei wieder zurück. 



— 224 — 

Ueberh^upt erhielt Martinsberg von dieser Zeit aa so- 
wohl Ton den Königen, als auch. Ton Privatperso^-en so 
manchie, oft recht bedeutende Güter; doch, gestattet die 
Kürze des nns zugemessenen Raumes es nicht, alle diese 
Schenkungen einzeln zu yerzeichnen. 

Wie diese Schehkuagen einerseits ein erfreuliches 
Zeugnis von der Pietät ablegen, welche im Herzen der 
Nation fiör Martiasberg lebte, so erlaubten sie andererseits 
den Mönchen, ungestört Ton zeitliehen Sorgen, ganz ihrer 
geistigen Ausbildung und den Wissenschaften zu leben. 
Doch hatte dies leider keinen langen Bestand. Die fort- 
währenden Wirren imter Stefan Bl., Ladislaus II., bis 
Andreas II., zwangen die Mönche so manchmal, zur Wah- 
rung ihres Eigenthums Soldaten zu werben, ja selbst die 
Waffen zur Hand zu nehmen. Die natürliche Folge davon 
war, dass sie sich nicht mehr so viel wie ehedem mit den 
Wissenschaften beschäftigen konnten, und dass die Dis- 
ciplin immer mehr und mehr dem Verfall anheimfiel, um 
so mehr, als so manche nicht der Beruf, sondern das Ver- 
langen nach einem ruhigen und gemächlichen Leben m 
die von Soldateimiacht beschützten Räume des EDLosters 
fährte. So erklärt es sich auch, dass eine Zeit lang nicht 
nur die Untergebenen, sondern auch die Obern, anstatt 
Abtödtung, Demuth und Gehorsam zu üben, sich der Zügel- 
losigkeit, dem Hochmuthund der Anarchie überliessen. Ein 
Beispiel dafür ist loannes I. (1190 — 1204), der während 
der Streitigkeiten zwischen dem König Emerich und seinem 
Bruder Andreas die Partei des Empörers ergriff, und des- 
halb von Tnnocentius HI. nach Rom zur Verantwortung 
berufen wurde. Seiner Schuld überwiesen, wurde er im 
Jahre 1204 seiner Würde entsetzt. 

Unter solchen Verhältnissen konnte es nur als ein 
Werk der Vorsehung gepriesen werden, dass endlich ein 
Abt gewählt wurde, der mit der Demuth und Prönmiigkeit 
eines Mönches den Heldenmuth eines Kriegers, die Weis- 
heit eines Politikers und die einem Vorgesetzten nöthige 
Energie in sich vereinigte. Dieser Mann war Urias, früher 
Abt von Tihany, 1206 zum Abte von Martinsberg erwählt. 
Gleich geehrt und geachtet vom Könige Andreas H. und 
vom römischen Pabste, welch letzterer ihn auch mit 
mehreren Missionen betraute, war es seine erste Sorge; 



— 225 — 

die gelockerte Disciplin -wieder zu befeatigen, die verlore- 
nen RecMe und Güter des Klosters zurück zu bekommen 
tmd auch, für die Zukunft zu wahren. So geschah es unter 
anderem im Jahre 1211, dass er durch das Gottesurtheü 
der Feuerprobe eine Liegenschaft in Sala (jetzt S^ye im 
Pressburger Comitat) dem Kloster zurückgewann. Ein 
anderes Beispiel seiner thatkräftigen Fürsorge finden wir 
vom Jahre 1215 aufgezeichnet, in welchem er von Inno- 
centius HE. zum vierten lateranischen Concil berufen, durch 
seine Bemühungen es dahin brachte, dass der Prozess, 
welchen der Bischof von Veszpröm wegen des Zehnten von 
Sümegh angestrengt hatte, zu Gunsten Martinsbergs ent- 
schieden, und zugleich alle Eechte, Privilegien und Güter 
des Klosters von neuem bestätigt wurden. 

Als Abt Urias nach so manchen Kämpfen endlich die 
Ueberzeugung hegen konnte, dass das von ihm begonnene 
Werk keiner Gefahr mehr ausgesetzt sei, begleitete er im 
Jahre 1217 den König Andreas U. auf seinem Kreuzzuge 
nach Palästina; doch schon nach kurzer Zeit zurückge- 
kehrt, Hess er sich vor aUem Anderen die ßestaurirung 
der Kirche angelegen sein, welche schon vor längerer Zeit 
sammt dem Kloster abermals ein Raub der Flammen ge- 
worden war; und schon im Jahre 1225 war er so glück- 
lich, die feierliche Consecrirung derselben in Gegenwart 
des Königs, seiner zweiten Gemahlin und vieler Grossen 
des Landes vornehmen lassen zu köimen. 

Um aber die Rechte und Güter des Klosters noch 
mehr zu sichern, liess er es sich nicht verdriessen, theils 
persönlich zu wiederholten Malen sich nach Monte Casino 
zu begeben, dessen Rechte und Privilegien, wie oben er- 
Avähnt wurde, kraffc der Stiftungsurkunde des h. Stefan 
auch dem Abte von Martinsberg zukamen, — theils einige 
von seinen Mönchen dahin zu senden, um diese Gerecht- 
same möglichst genau kennen zu lernen. Hierauf wandte 
er sich abermals an den Pabst, mit der Bitte, den König 
zu bewegen, er möge der Abtei alle jene Güter zurücker- 
statten lassen, die seit den Zeiten des h. Ladislaus theils 
"^on Königen, theils von Privaten ihr geschenkt, während 
der imruhigen Zeiten aber von einigen mächtigen Grossen 
"W^eggenommen worden waren. Um diesem Ansuchen zu 
^^fahren, erliess Gregorius IX. eine Bulle, in welcher alle . 

Ein Benediktinerbuch. 15 



— 226 — 

Güter des Klosters, nach. Angabe der von Abt Urias vor- 
gelegten DocTxmente, aufgezählt Tverden. 

Docht auch. Urias sollte es nicbt gegönnt sein, dauern- 
den Frieden zu geniessen; denn schon nahte der Sturm,, 
der Ungarn in unbeschreiblicbes Elend stürzte. Wir 
meinen den verbeerenden Einfall der Tartaren, die beson- 
ders nach, der unglücMicben ScblacM am Flusse Sajo (1241) 
einer Sturmfluth gleich das Land überschwemmten, Städte 
und Dörfer in Flammen aufgeben Hessen, und Alles, was. 
ihnen in den Weg kam. Alt und Jung, niedermetzelten. 

Urias beeilte sieb gleich beim ersten Gerüchte ihres 
Herannahens das Kloster in Yertbeidigungszustand zu 
setzen. Nocb vor dem Feinde langte König Bäla in Mar- 
tinsberg an. Nach der Schlacbt am Sajo war er nämlich,, 
der Einladung Friedrichs Folge leistend, über Pressburg nach 
OesteiTeicb gegangen. Docb von Friedricli arg bebandelt, 
sab er sieb veranlasst, seine Zuflucht anderwärts zu sucben. 
Als er nun in Martinsberg ankam, um daselbst einige Tage 
auszuruhen, wurde er sammt seinem Gefolge von Abt Urias 
gastfceundlicb aufgenommen, auf das Beste verpflegt, und 
erbielt ausserdem von Urias 800 Silbermarken vorgestreckt. 

Kaum hatte sich der König wieder entfernt, als die 
Tartaren vor Martinsberg erschienen und die Belagerung 
begannen. Der beldenmüthige Abt, der schon im h. Lande 
Proben seiner Tapferkeit abgelegt hatte, vertheidigte auch 
Martinsberg mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln; 
docb ungeachtet dessen dürfte es ihm kaum gelimgen 
sein, auf die Länge dem Andränge der Barbaren zu wider- 
stehen, hätten sie nicht, zur Yerfolgung des Königs ab- 
berufen, von selbst die Belagerung aufgehoben. Nur 
Stuhlweissenburg, Gran und Martinsberg waren vom Feinde 
nicht eingenommen worden. 

Wenn nun auch Martinsberg den Tartaren nicht zur 
Beute gefallen war, so hatte es nichtsdestoweniger 
dennoch sehr viel gelitten. Seine Gebäulichkeiten waren 
in Folge der Belagerung halb zerstört, die zunächst lie- 
genden Güter verwüstet, die entfernteren zu Grunde ge- 
richtet oder von Andern in Besitz genommen. Hierzu kam 
noch, als ob der Becher des Elendes nicht schon ohnehin 
bis zum Ueberfliessen voll gewesen wäre , eine Hungers- 
noth, welche nicht weniger schrecklich unter den vom 



— 227 — 

Feinde verscIlontenBewolmern aufräumte; wäkrend anderer- 
seits zahllose Heusckreckenscliwänne das beMagenswerthe 
Land heimsuchten. 

Jedoch all dieses Elend war nicht im Stande, den 
Muth des wackem Bela zu brechen. Mit Wort und That 
ging er daran, das viele Elend möglichst zu lindern imd 
das tief gebeugte Land wieder aufzurichten. Inmitten 
dieser Sorgen yergass er auch Martinsberg nicht, das ihm 
in den Tagen der Noth so treu und hülfreich zur Seite 
gestanden. Für die ihm geliehenen 800 Mark Silber, so- 
wie für Güssing, welches sein Grossvater Bela IH. dem 
Kloster genommen hatte, giebt er ihm (l263) XJjhely (jetzt 
Vägujhely), Luboh, Szerdahely und Pothvorics, deren Be- 
sitz jedoch nur von kurzer Dauer war; für das vom Kloster 
zur Festung umgestaltete Szigliget verleiht er demselben 
drei Dörfer, und befreit zugleich die Lehensmänner der 
Abtei von der Gerichtsbarkeit der Richter, welch letzteres 
Privilegium auch sein Sohn Stefan Y. xmd späterhin Ladis- 
laus IV. bestätigten. 

Doch obwohl die letztgenannten Könige, sowie auch 
Andreas HI. sich persönlich Martinsberg gegenüber ebenso 
freigiebig und anerkennend bewiesen, als es ihre Vorgänger 
gethan, so waren sie in Folge der misslichen Verhältnisse 
und inneren Wirren doch nicht im Stande, die Güter der 
Abtei nachdrücklich und wirksam zu beschützen. Es war 
dies eine Zeit, wo das Recht des Stärkeren allein Geltung 
hatte, wo Grafen, Barone und Edelleute das Kirchengut 
ebenso und vielleicht noch mehr als das Privateigenthum 
verheerten oder sich aneigneten, so dass Abt Hermann 
(1281 — 1300) sich endlich gezwungen sah, den Pabst um 
Abhülfe gegen diese Räubereien zu bitten. Bonifacius VTEI. 
gab zwar auf diese Bitte hin dem Erzbischof von Gran 
den Auftrag, die TJebelthäter vor seinen Richterstuhl zu 
rufen und, wenn nöthig, auch mit geistlichen Strafen zur 
Rückgabe der geraubten Güter zu zwingen; doch blieb 
auch diese Massregel beinahe ohne allen Erfolg, und ge- 
dieh in den nach dem Aussterben der Arpäden entstande- 
nen Parteikämpfen die Sache so weit, dass die Abtei bei- 
nahe aUer ihrer Güter verlustig ging und die ohnehin 
sehr gelichteten Reihen der Mönche vom Almosen der 
Gläubigen ihr Leben fr-isten mussten. 

15* 



— 228 — 

Andererseits jedocli entbehrt auch dieser Zeitraum 
nicht allen Trostes; es war nicht nur die klösterliche Dis- 
ciplin eine recht erfreuliche, sondern es konnte nach der 
Krönung des Königs Karls I. das Kloster auch nach aussen 
hin sein segensreiches Wirken "wieder aufnehmen. 

Aber auch in materieller Hinsicht sollten bald -wieder 
bessere Zeiten eintreten. 

Unter der Regierung Ludwigs des Grossen waren näm- 
lich die Aebte auf das eifrigste bemüht, die yerlorenen 
Güter der Abtei wieder zurückzuerlangen. Besonders her- 
vorzuheben ist in dieser Hinsicht Abt SifEridus, dessen 
segensvolles Wirken der ihm von seinen Untergebenen nach 
seinem Tode gesetzte, in der Kathedralkirche noch vor- 
handene Grabstein auch jetzt noch verkündet. Im Jahre 
1355 zum Abte von Martinsberg erwählt, bewies er die- 
selbe Wachsamkeit \md Thatkraft in den Angelegenheiten 
dieses Stiftes, durch welche er sich schon früher als Abt 
der an der Gran gelegenen Abtei St. Benedikt (S. Bene- 
dicti de iuxta Gran) um die Kirche verdient gemacht hatte. 

So z. B. als im Jahre 1358 die edle Frau Clara, die 
Tochter des Stefan Kathl, auf den bei Bärsonyos gelege- 
nen Grund „Hosszutelek" Ansprüche erhob, widersetzt sich 
Sifiridus auf das kräftigste, löst auf das Verlangen des 
Gerichtshofes sammt zwei Edeln seinen Gürtel, entblösst 
seine Füsse und, der Sitte jener Zeit gemäss, Erde über 
sein Haupt erhebend, schwört er an Ort und Stelle, dass 
der strittige Fleck seit Menschengedenken dem Eloster von 
Martinsberg angehört. Die Folge davon war, dass König 
Ludwig das Gnmdstück dem SifEridus, den er seinen 
Capellan nennt, zusprach. 

Auf ähnliche Weise beendigte Siffiridus auch andere 
derlei Streitigkeiten zu Gimsten des Stiftes. 

Von König Ludwig erwirkte er endlich ein Beeret, 
durch welches jede Veräusserung, jeder Tausch der Güter, 
sowie jede anderweitige dem Kloster nachtheilige Ver- 
pflichtung, welche durch die Aebte ohne Beistimmung des 
Königs eingegangen worden war, für null und nichtig er- 
klärt wird. 

Dass aber SifEridus bei all dieser Sorge für das Zeit- 
liche auch in geistlicher Hinsicht seine Pflichten eifrigst 
zu erfüllen bestrebt war, dürfen wir wohl unter anderem 



— 229 — 

auch aus dem Vertrauen scUiessen, mit welcliem er von 
Sr. Heiligkeit Pabst Innocentius IV. 'beekrt wurde. Als 
sich nämlich im Jahre 1359 der Frohst yon Stuhlweissen- 
hurg unter Hinweis auf seine Privilegien weigerte, an der 
vom Graner Erzhischofe ausgeschriebenen Synode Theil zu 
nehmen, wurde Abt Sifi&ridus vom Pabste, an den sich der 
Erzbischof um Abhülfe gewandt hatte, mit der Unter- 
suchung betraut. Siffiridus entschied die Angelegenheit 
nach reiflicher Erwägung aller Umstände zu Gunsten des 
Erzbischofs. 

Um diese Zeit hob sich mit dem materiellen Wohl- 
stand auch die klösterliche Discipliri imd Wissenschaft; 
letztere besonders in Folge des mächtigen Antriebes der 
päbstlichen Curie. Schon Clemens Y. hatte nämlich in 
der General-Synode zu Vienne so manches Heilsame in 
Betreff der Hochschulen verordnet; doch noch wirksamer 
als die allgemein gehaltenen Verordnungen Clemens V. 
war die 25 Jahre später erschienene Bulle Benedikts XII., 
welche zunächst an die Benediktiner-Aebte gerichtet, auch 
im Allgemeinen auf alle Klosterschulen den besten Ein- 
fluss hatte. 

Diesem erfreulichen Aufschwünge thaten auch später- 
hin die unter König Sigismimd ausgebrochenen Unruhen 
und auswärtige Kriege keinen besonderen Eintrag. In Be- 
zug auf das geistige Gebiet geht dies aus König Sigis- 
munds eigenen Worten hervor, indem er von den Benedik- 
tinern Ungarns aussagt, dass sie „wie die Strahlen eines 
heilsamen Lichtes dem Volke vortreffliches Beispiel geben, 
damit es auf dem lichtvollen Wege des Rechten vorwärts- 
schreite". Dass aber auch in materieller Richtung der 
Zustand des Stiftes ein sehr günstiger war, ersieht man 
besonders daraus, dass Martinsberg ebenso wie der Raaber 
und Veszpremer Bischof, 50 Lanzenträger zur Vertheidi- 
gung der Pressburger Festung zu stellen verpflichtet war, 
was nur so zu erklären ist, dass die Einkünfte des Klosters 
sowohl den Einkünften des Raaber, als auch jenen des 
Veszpremer Bisthums gleichkamen. 

Doch wie es wohl häufig zu geschehen pflegt, dass 
so manchmal innere Feinde mehr Schaden anrichten, als 
welch' immer äusserer Feind, so geschah es auch in Mar- 
tinsberg. Siebenzig lange Jahre hindurch standen anstatt 



— 230 — 

der Aebte nur Gubernatoren öder Adminisiaratoren, einmal 
sogar ein Laie (Benediktus Pyber) an der Spitze des 
Klosters ; und wenn sieb, aucb mancbe von ibnen, wie z. B. 
der Gubernator loannes (1407 — 1425), der die Recbte und 
Privilegien des Stiftes gegen den Raaber Biscbof, wie auch, 
gegen den Erzbiscbof von Grran erfolgreicb vertbeidigte, 
der Angelegenheiten des Klosters annabmen: so muss man 
im Allgemeinen docb gesteben, dass ibr "Wirken für Mar- 
tinsberg verderblicb war. Die Zabl der Möncbe ward 
immer geringer, das Glaubensleben ärmer, und aucb die 
Schule bestand nur mehr' dem ISTamen als der Tbat nach. 
Zwar erliess Mathias Corvinus so manche heilsame Yer- 
ordnung zur Abstellung und Heüung dieser Schäden; doch 
nach dem Tode des grossen Königs breitete sich das Uebel 
immer mehr und mehr aus. Dieser Umstand bewog end- 
lich den in politischer Hinsicht so sorglosen König Vla- 
dislaus n., die Abtei von Martinsberg, „welche imter Un- 
garns Abteien den ersten Platz behauptet", einer durch- 
greifenden Reform zu unterziehen. 

Zu diesem Zwecke ernennt er im Jahre 1500 den 
königlichen Notar Matthäus de Tolna, aus der Fünf kirch- 
ner Diöcese, zum Abte von Martinsberg, was er sowohl 
ihm, als auch den übrigen Aebten Ungarns zu wissen 
macht, wodurch er ihn, obwohl noch nicht mit dem Titel 
eines Erzabtes, über die übrigen Aebte setzt. Von den 
im Kloster noch vorhandenen 10 Mönchen hierauf kanonisch 
erwählt und vom Pabste Alexander YI. bestätigt, begann 
Abt Matthäus sein Reformationswerk vor allem Anderen 
damit, dass er an den apostolischen Legaten Petrus Regi- 
nus das Ansuchen stellte, „er möge die Privilegien Mar- 
tinsbergs von neuem bestätigen, und, da sich besonders 
wegen Unterlassung des aUe drei Jahre abzuhaltenden 
Generalcapitels viele Missbräuche eingeschlichen hatten, 
zugleich anordnen, dass die dem Koster Martinsberg 
unterworfenen Aebte auf dem Capitel erscheinen sollten, 
widrigenfalls sie der Abt von Martinsberg auch mit kirch- 
lichen Censm-en bestrafen könne; auch sollen sie gehalten 
sein, ihm, dem Abte von Martinsberg, im Sinne der h. 
Regel Gehorsam zu leisten." 

Ausserdem ersucht er den Legaten um die Erlaubnis, 
auch die Mitglieder anderer Orden aufnehmen zu können, 



— 231 — 

damit der feierliche Gottesdienst wegen Mangel an Leuten 
des äusseren G-lanzes niclit entbeliren müsse; femer, dass 
«r die h. Weihen, die er noch nicht besass, mit Unter- 
lassung der Torgeschxiebenen Interstitien empfangen dürfe 
und anderes dgl., was ihm der Legat nait einigen Restric- 
tionen auch zugestand. Hiermit waren auch Ton Seite der 
Kirche die übrigen Benediktiner-Aebte von Ungarn dem 
Abte TOn Martinsberg untergeordnet und zum Gehorsam 
verpflichtet, und somit der Grund zur erzäbtlichen Würde 
gelegt. 

Nachdem Matthäus die h. Weihen empfangen hatte, 
berief er im Jahre 1501 ein Generalcapitel nach Martins- 
berg. Vorsitzender des Generalcapitels (praesidens perpe- 
tuus) war von dieser Zeit an immer der Abt von Martins- 
berg, der diese Würde auch schon früher, jedoch nur zeit- 
weilig, besessen hatte, da sie dem Abte Stefan (1381 — 1398) 
von der Königin Maria nur für seine Person verliehen 
worden war. 

Von Seite des Gapitels wurden dem Decrete des Königs 
und des apostolischen Legaten gemäss Visitatoren aus- 
gesandt, deren Pflicht es war, die Aebte zu besuchen, sich 
über ihr Leben, ihre Sitten und ihr Wirken Kunde zu ver- 
schaffen und die Widerspenstigen zu bestrafen, besonders 
aber von Jenen, die sich weigerten, am Capitel Theil zu 
nehmen, das Doppelte der Auslagen, welche ihnen die 
Theilnahme am Capitel verursacht hätte, auch unter An- 
drohung der Excommunication einzufordern. 

Doch hatten alle diese Massregebi leider nur wenig 
Erfolg, da weder die Aebte, noch die Mönche gewillt 
waren, sich einer Reform zu unterwerfen. Zwar wurde auf 
das Ansuchen des Martinsberger Abtes der Erzbischof von 
Grran, Cardinal Thomas Bakäts, der vor Matthäus als 
Crubernator das Stift Martinsberg regiert hatte, vom Könige 
beauftragt und späterhin auch vom Pabste ermahnt, dem 
Abte von Martinsberg, der ja hauptsächlich auf sein An- 
rathen die Reformation begonnen hatte, wo nur möglich, 
tülfreich an die Hand zu gehen, damit er sein schwieriges, 
doch heilsames Werk glücklich zu Ende führen könne. 

Thomas jedoch würdigte weder den Auftrag des 
Königs, noch auch die Worte des Pabstes irgend einer 
Aufmerksamkeit, ja er verbot sogar den seiner Jurisdiction 



— 232 — 

unterworfenen Aebten, an den Refonnationscapiteln tüeil- 
zunehmen. 

Da Matthäus sich yom Könige keine Abhülfe ver- 
sprechen konnte, wandte er sich anSe. Heiligkeit Julius IT., 
der die Angelegenheit auch wirklich untersuchen und dem 
Abte sein Recht angedeihen Hess; wenigstens dürfen wir 
dies aus dem Umstände folgern, dass die dem Erzbischofe 
unterworfenen Aebte bald darauf an dem Generalcapitel 
theünahmen. 

Nachdem Matthäus den Bestand des Klosters auch 
in materieller Hinsicht gesichert, und alle Anschläge der 
ihm: untergebenen Aebte, die sich auf jede Art und Weise 
der Reform zu entziehen suchten, vereitelt hatte, wollte 
der König seiner Anerkennung in Betreff des verdienst- 
vollen Wirkens des Abtes Matthäus Ausdruck geben. Zu 
diesem Zwecke bestätigte er aUe Rechte und Privilegien 
des Stiftes von neuem, und wollte zugleich dem Abte von 
Martinsberg, um seinen Vorrang vor den übrigen Aebten 
Ungarns hervorzuheben, den Titel eines Erzabtes verleihen. 
Diesen seinen Wunsch hatte er schon dem Pabste Julius n. 
durch Briefe und Gesandte ausgedrückt; doch da dieser 
mittlerweüe gestorben war, erliess erst Leo X. jene denk- 
würdige Bulle, die mit vollem Rechte das Palladium der 
Erzabtei genannt zu werden verdient, da ia derselben alle 
jene Rechte und Privilegien, welche Martinsberg seit dem 
h. Stefan erhalten hatte, einzeln angeführt und von neuem 
bestätigt werden. 

Es sei uns erlaubt, nur einige Punkte dieser Bulle 
hier aufzuzählen: 

1) Das Kloster von Martinsberg ist das Haupt der 
übrigen Benediktinerklöster Ungarns. 2) Der Vorsteher 
desselben führt den Titel und das Amt eines Erzabtes. 
3) Der Erzabt hat das Recht, alle Aebte der übrigen 
Benediktinerklöster Ungarns zu sich zu berufen, und jedes 
dritte Jahr ein Generalcapitel abzuhalten. 4) Das Kloster 
und die Mönche desselben besitzen alle Rechte und Pri- 
vilegien des Klosters oder der Congregation von Monte 
Casino, ohne derselben einverleibt zu sein. 5) Das Kloster 
imd dessen Abt, der Convent, die einzelnen Mönche, 
Pfarrer, Priester, Gobbagyen . . . sind keiaem Erzbischoi 
oder Bischof des Landes, sondern unmittelbar dem 



— 233 - 

apostolischen Stuhle und dem römischen Pabste unter- 
-worfen u. s. w.*) 



*) In Betraclit der Ausnahmsstellung des Erzabtea von Martinsbeig 
halten -wir es nicht für uninteressant, die Hechte und Privilegien, deren 
er sich gegen-wärtig erfreut, kurz anzudeuten: 

1. T)a der Erzaht als „ahbas nullius" ein eigenes Territorium he- 
sitzt, -welches er mit gleichsam bischöflicher Jurisdiction (iurisdictione 
quasi episcopali) regiert, ernennt er einen Geueralvicar für geistliche 
Angelegenh eiten. 

2. Hat er einen Consistorialrath (s. sedes con? istorialis) , von wel- 
chem die Appellation in allen Instanzen nach Kom geht; von wo aus 
sodann für jeden einzelnen Fall irgend ein Bischof delegirt wird. 

3. Ertheilt er seinen Untergebenen die Tonsur und die minderen 
Weihen, und sendet sie zum Empfang der höheren "Weihen mit einem 
Entlassungsschreiben (litterae dimissoriales) an welch' immer beliebigen 
kath. Bischof. Zugleich hat er das Becht, in Hinsicht der Interstitien 
und des Alters zu dispensiren. 

4. Verleiht er den Priestern sowohl in Betreff der Mönche als auch 
der Laien die zum Beichthören erforderliche Approbation tmd Juris- 
diction , wobei er sich gewisse Sünden reserviren kann. Auch steht 
ihm das Becht zu, seine Untergebenen sammt den Novizen von allen, 
auch in der Bulle Coenae angegebenen Fällen und C'ensuren zu absol- 
viren, und von welch' immer Irregularität zu dispensiren, in Betreff 
des Beichtstuhles sogar in irregularitate ex homicidio voluntario, — 
ausgenommen die That wäre nach dem Eintritt in den Orden verübt 
worden. * 

5. Eeferirt er über die während der kanonischen Visitation seines 
abgesonderten Territoriums gemachten Erfahrungen entweder persönlich 
oder durch Schreiben nach Born (visitatio limiuum). 

fi. Hat er das Becht, sich das geweihte Oel und Chrisma von jedem 
beliebigen Bischöfe zu verschaffen. 

7. JFüT seine Kirchen consecrirt er Kelche, Glocken und Altäre; 
femer benedicirt er oder mit seiner Erlaubnis einer seiner Untergebenen 
Kapellen und Kirchen, oder lässt sie durch einen beliebigen Bischof 
consecriren. Kraft einer speciellen päbstlichen Ermächtigung conse- 
crirte der jetzige Erzabt am 22. Sept. 1878 die Kirche der Abtei von 
Bakonyböl. 

8. Bei feierlichem Gottesdienste wird er von der Assistenz uutir 
Vorantragung des Kreuzes in die Kirche, nach Beendigung desselben 
in derselben Ordnung in seine Gemächer beg-leitet. Er bedient sich 
dabei der bischöflichen Insignien, welche er vom Altare nimmt; den 
Seg-en giebt er mit dreifachem Kreuzzeichen, und ertheilt am Ostertage 
in Polge päbstlicher Erlaubnis ^■om 16. Pebr. 1869 den päbstlichen 
Segen mit vollkommenem Ablasse. 

9. Auf Beisen steht ihm ebenso wie den Bischöfen die Befugnis 
zu, ein altare portatile mit sich zu führen. 

10. Das Breve Sr. Heiligkeit Pius IX. vom 12. Sept. 1S6S gestattet 



— 234 — 

Doch. nach, allen diesen Erfolgen sollte auch er die 
Ungunst des Schicksals erfahren: jener TJnglückstag Ton 
Mohäcs (29. Aug. 1526) blieb auch für Martinsberg nicht 
ohne Folgen. Zwar -wurde Matthäus seines vorgerückten 
Alters wegen von der Pflicht, persönlich im Heerlager des 
Königs zu erscheinen, entbunden, sandte jedoch, den fünf- 
ten Theil der Untergebenen des Klosters unter der Füh- 
rung des Paul Bajcs dem bedrängten Könige zu Hülfe. 

Während der Unruhen, welche nach der Niederlage 
bei Mohäcs zwischen Zäpolya und Ferdinand ausgebrochen 
waren, sah sich Martinsberg gezwungen, anfangs Zäpolya 
Gehorsam zu leisten. Zäpolya erliess nämlich ein Beeret, 
durch welches die Benediktiner- Aebte zu dem alle drei 
Jahre abzuhaltenden Capitel nach Martiusberg berufen 
wurden, um die in Angriff genommene Reform durchzu- 
führen; zugleich war in dem Decrete bestimmt, dass von 



auf die Dauer von 10 Jahren, den Ifamea des Erzabtes als Ordinarius 
im Canon zu erwähnen. Se. Heil. Leo XIII. dehnte dieses Privilegium 
auf ein neues Jahrzehent aus (27. Mai 1878). 

11. Pabst Plus IX. s. A. ertheilte ferner am 17. Febr. 1870 dem Erz- 
abte von Martinsberg für immer die Befugnis, in seinem abgesonderten 
Territorium das Sacrameut der Mrmung zu spenden. 

12. Der jeweilige Erzabt wird auf das allgemeine Concil berufen 
und hat daselbst Sitz und Stimme. In Betreff der Provinzialsynoden 
wählt er sich einen beliebigen Erzbisohof, an dessen Synoden er theil- 
nimmt. 

13. Hierher gehören endlich noch jene Facultäten, welche die päbstl. 
Dataria auf fünf, die Poeuitentiaria auf drei Jahre zu ertheilen pflegt. 

Das separate Territorium des Erzabtes bildet ein Decanat und be- 
steht aus folgenden Pfarreien- 

a) Im Eaaber Comitat: Martinsberg, Eavazd, Nyalka, Szent-Ivän, 
Tenyö, Kajär, Gsanak. 

b) Im Veszpremer Comitat: Peterd, Läzi, Bdrsonyos, Varsäny und 
Bakonybfel. 

o) Im Komorner Comitat: Tärkäny und Eüss. 

d) Im Pressburger Comitat: De&ky. 

Ausser diesen 15 Pfarreien, welche mit Ausnahme des deutschen 
Dorfes P§terd von Ungarn bewohnt sind, gehören zum erzäbtllchen 
Territorium noch 47 Eilialen, von welchea Pätka zur Baaber, Somhegy 
zur Veszprömer Diöcese gehört, jedoch erstere der Pfarre von Tfinyö, 
letztere der von Bakonybfil einverleibt ist. Andererseits sind die der 
Jurisdiction des Erzabtes unterworfenen Orte Denesd, Tömörd und Kis- 
usanak der Graner Diöcese einverleibt. 

Die Gesammtzahl der kath. Bewohner ist bei 27,000. 



— 235 — 

Seite des Grauer Erzbisch.ofs zwei Procuratoren zugegen 
seien und die üblichen Visitatoren geTvählt würden, was 
auch geschah, obwohl die Visitatoren der Unruhen wegen 
ihres Amtes nicht walten konnten. 

Bald hernach jedoch, als Ferdinand den jenseits und 
diesseits der Donau gelegenen Theil erobert hatte, schloss 
sich Martinsberg an Ferdinand an und leistete ihm den 
Eid der Treue. Als Anerkennung dafür bestätigte Fer- 
dinand die Privilegien des Stiftes und Terlieh ihm später, 
im Jahre 1537, zugleich als Ersatz für seine zerstörten 
Güter, die Praedien Grönyö, Saäg, Taäp und Szent-Miklos. 
i Wie bedauernswerth um diese Zeit der Vermögens- 
zustand des Klosters war, lässt sich daraus ermessen, 
dass Matthäus im Jahre 1533 gezwungen war, die sil- 
bernen Kleinodien des Klosters, so einen Kelch des heil. 
Stefan, sammt der Patene, drei andere kostbare Kelche, 
ein Thuribulum u. s. w. für 200 Gulden zu verpfänden. 
Grosse Schuld trugen an diesem Elende jedenfalls auch 
die Castellane des Klosters, deren Sorge die Verwaltung 
der Güter anvertraut war, und die, wie z. B. Blasius de 
Lak, die Einkünfte nicht nur — dem Willen Ferdinands 
gemäss — auf den mit Zäpolya geführten Krieg ver- 
wandten, sondern dabei auch ihrer eigenen Tasche nicht 
vergassen. Mancher Castellan zeigte sich dabei noch den 
Mönchen gegenüber feindselig gesinnt, ja sogar vor Ge- 
waltthätigkeiten schreckte de Lak nicht, zurück. Dieser 
wurde nun zwar seiner Untreue und Gewaltthätigkeit 
wegen seines Amtes entsetzt; aber dass unter, solchen 
Umständen so manche von den Mönchen, besonders die 
älteren, sich an sichere Plätze flüchteten, ist wohl leicht 
zu erklären. 

Unter dem Gubernator Stefan Feje'rkövy*) (1567—1592) 
^sTirde das Kloster durch die Unvorsichtigkeit der Festungs- 
soldaten abermals ein Raub der Flammen; Stefan liess 
dasselbe zwar wieder restauriren, doch war er genöthigt, 
zti diesem Ende Schulden zu machen und mehrere Güter 
der Erzabtei zu verpfänden. Auch war er e.s, der als 



*) Erwählterj Bischof ('Cihiaensia) , 11575 BiaoHofj ron Veszpröm, 
lä87 von Neutra, 1588 königl. Statthalter, isaG eudliobi rwählter Erz- 
tisohof ron Grau. 



— 236 — 

Biscliof von Neutra die Weirblisaclieii der Kirclie grösserer 
Sicherlieit -wegen dorthin bringen Hess, wo sie späterhin, 
da sie Niemand zurückforderte, gänzlich verblieben zu 
sein scheinen. 

Ein neuer Unfall traf das Kloster unter der Regie- 
rung des Erzabtes Paul II. Baranyay de Eöchen (1593 — 96), 
eines durch Frömmigkeit, Wissenschaft und Heldenmuth 
gleich ausgezeichneten Mannes, der nach Abdankung des 
öubernators Stefan von König Rudolf zum Erzabt ernannt 
wurde, da sich der Convent auf das Gerücht von dem 
Herannahen der Türken zerstreut hatte und somit eine 
kanonische Wahl unmöglich gemacht war. 

1593 erschien der Grossvezier Sinan vor Martinsberg, 
welches Erzabt Paul auf das Aeusserste zu vertheidigen 
bereit war; doch in Folge der Feigheit der Soldaten und 
ihres Anführers Johann Zädory, vielleicht auch durch Ver- 
rath des Letzteren musste sich Martinsberg ergeben, und 
alsbald erglänzte an Stelle des Eieuzeszeichens der Halb- 
mond auf den Thürmen des Klosters und der Kirche. 

Erzabt Paul kehrte in das Kloster iiicht mehr zurück; 
deim da es im Besitze der Türken war, und er somit 
nichts für dasselbe thun konnte, begab er sich in das 
Lager und fand 1596 in der Schlacht bei Kereszhes den 
Heldentod. 

Im Jahre 1597 endlich wurde Martinsberg, 1598 auch 
Raab von den Türken zurückerobert; doch ungeachtet 
dessen blieb Martinsberg noch vier Jahrzehnte hindurch 
verwaist. Wohl versuchte schon Georg Himmekeich von 
Schaffenburg, der noch ganz jung im Jahre 1602 vom 
Könige zum Erzabt von Martinsberg ernannt worden war, 
den Convent wieder zurückzuführen; doch gelang dieses 
in Folge der ungünstigen Zeiten erst seinem Nachfolger 
Mathias Pälffy im Jahre 1638. 

Mathias Pälffy hatte in seinem 16. Lebensjahre in der 
Cistercienserabtei Heiligenkreuz das h. Gelübde abgelegt, 
und war schon durch zehn Jahre hindurch Prior daselbst, 
als er von Ferdinand HI. zum Erzabte von Martinsberg 
auserkoren, mit der Bedingung emaimt wurde,, dass Mar- 
tinsberg sich der immer mehr verfallenden österreichischen 
Congregation anschliesse; weshalb auch Mathias nach 
erhaltener Dispensation seine feierlichen Gelübde als Bene- 



— 237 — 

diktiner in Wien im Mölkerliofe in Gegenwart mehrerer 
Bischöfe und Aebte ablegte. 

Mathias Hess es sich in jeder Hinsicht angelegen sein, 
der ihm gewordenen Aufgabe zu entsprechen: er stellte 
die alte Disciplin wieder her, förderte die Wissenschaften, 
vertheidigte die Rechte und Privilegien des Klosters ; mit 
einem Worte, er erwies sich des Vertrauens, welches ihm 
der König entgegengebracht, vollkommen würdig. 

Doch nur kurze Zeit sollte ihn Martinsberg besitzen: 
im Jahre 1647 nämlich mittelst königlichen Schreibens 
zum Landtage nach Pressburg berufen, kehrte er nicht 
mehr zurück, indem ihn während des Landtages zum 
grössten Leidwesen der Seinigen der Tod ereilte. 

Auf die traurige Nachricht seines Ablebens hin sandten 
die Martinsberger sofort den Prior Placidus sammt dem 
Subprior Emericus zu Wahrung ihrer Eechte auf den 
Landtag. In dem ihnen mitgegebenen Beglaubigungs- 
schreiben sehen wir zum ersten Male das Sigillum des 
Convents mit fünf Herzen und dem Worte Pax. Erstere 
scheinen dem Sigill der österreichischen, letztere dem der 
Casinenser Congregation entnoiomen zu sein, zu welch 
letzterer sich Martmsberg wegen der gleichen Rechte und 
Privilegien immer gezählt hatte. 

Aus den im Jahre 1625 bestätigten Statuten der 
österreichischen Congregation scheint auch der Genuss der 
Fleischspeisen in Martinsberg Eingang gefanden zu haben; 
■wenigstens lesen wir in denselben, dass in Deutschland 
dieser Gebrauch schon längst bestanden habe. 

Auf die Bitte des Convents ernannte Ferdinand HI. 
den oben erwähnten Prior Placidus Magger zum Erzabt, 
der im dreissigjährigen Kriege von Schlesien, wo er das 
Gelübde abgelegt hatte, vertrieben, in Martinsberg eine 
Zufluchtsstätte gefunden, und sich bald das Vertrauen des 
Erzabtes sowohl als auch der Ordensbrüder in vollstem 
Maasse erworben hatte. 

Die erste Sorge des neuemannten Erzabtes war, die 
verwüsteten Ortschaften wieder zu bevölkern, dem Volke 
Seelsorger und Lehrer zu verschaffen und, so viel möglich, 
überall geordnete Verhältnisse herzustellen. Und nicht nur 
auf seine geistlichen Unterthanen erstreckte sich diese 
seiae Sorgfalt; er sandte seine Mönche auch an andere 



— 238 — 

Orte, um der Bevölkerung das Evangelium zu predigen, 
das Brot des Lebens zu brechen. 

Während er aber so für das Seelenheil Anderer sorgte, 
Tvar er auch um die Rechte des Elosters nicht unbeküm- 
mert, indem er diese bei jeder Gelegenheit zu wahren 
vrasste. 

Doch auch unter seiner Regierung sollte sich das 
Kloster keines ungestörten Glückes erfreuen: 1652 nämlich 
vrarde sowohl das Eloster als auch die Eörche und die 
Festung in Folge der Unvorsichtigkeit der Besatzung aber- 
mals durch eine Feuersbrunst in Asche gelegt. Placidus 
scheute zwar keine Unkosten, um den Schaden wieder gut 
zu machen; doch waren noch nicht 20 Jahre nach seinem 
Tode (1665) verflossen, als das Heer des Grossveziers Kara 
Mustapha dasselbe atjermals in Brand steckte und zer- 
störte (1683). Erzabt Aegydius Gencsy, der sich beim 
Herannahen des Feindes, nachdem er seine Religiösen in 
verschiedene Klöster Oesterreichs vertheüt hatte, auf 
königlichen Befehl nach Raab zurückgezogen, überlebte 
den Ruin der Erzabtei nur kurze Zeit. 

Sein Nachfolger war Gerardus Simonesics, vorher Abt 
von Bakonybel, der von dem ins Kloster zurückgekehrten 
Convent zum Erzabt erwählt und von Leopold I. bestätigt, 
auf dem Landtage zu Pressburg 1687 besonders auf den 
Rath des Benediktinerabtes von Banth bei Bamberg sich 
im Interesse des Stiftes an den König und die Magnaten 
wandte, in Folge dessen ein Beeret erlassen wurde, laut 
welchem den Benediktinern, Prämonstratensem Tind Pau- 
linern alle ihnen entrissenen Klöster und Abteien wie- 
der zurückgegeben werden sollten. Während seiner Re- 
gierung wurden einige Abteien, wie Zalavär, Tihany u. s. w. 
von Auswärtigen an sich gebracht und restauriit. 

Nach seinem Ableben erbaten sich die Brüder den 
Poenitentiar in Gross-Mariazell, Martin Rummer, zum Erz- 
abte , dessen Ruf wahrscheinlich jene nach Martinsberg 
gebracht hatten, die aus Furcht vor den Türken ins Aus- 
land geflüchtet waren und ihn dort kennen gelernt haben 
mochten. Von König Leopold I. ernannt und vom Raaber 
Bischof Leopold Card. Kollonics benedicirt, Hess er sich 
vor allem angelegen sein, das verwüstete Kloster zu 
restauriren und die alte Ordnung und Disciplin wieder 



— 239 - 

einzuführen. Auch erwirkte er yon Leopold I. ein Trans- 
sumpt der Stiffcungsurkunde und die Bestätigung der Kechte 
und Privilegien der Erzahtei. Er starb im Jahre 1693 im 
Gerüche der Heiligkeit, und soll den Tag und die Stunde 
seines Hinscheidens mit grösster Genauigkeit vorausgesagt 
haben. 

Die wenigen Jahre des Friedens, dessen sich Martins- 
berg zu erfreuen hatte, gingen nicht frachtlos vorüber: 
vor allem eröffnete man wieder die Schulen, feierte im 
Jahre 1701 unter Aegydius U. Eamer den siebenhundert- 
jährigen Bestand des Klosters, und Hess zum Andenken 
dessen eine Medaille prägen; unter demselben Erzabte 
wurde auch die Kirche mit neuen Altären und der Ein- 
gang der Kirche von Seite der Quadratur, die sogenannte 
porta speciosa, mit Marmorsäulchen geschmückt. Aegy- 
dius n. wollte femer auch dem Kloster eine neue Gestalt 
geben und dasselbe mit sieben Thürmen versehen, wurde 
aber inmitten dieser Pläne am Landtage zu Pressburg 1708 
vom Tode ereilt. 

Ihm folgte der sieb enzigj ährige Abt von Bakonybel 
Coelestinus Göncz. Derselbe wurde in dem von den Trup- 
pen Räkoczys besetzten Kloster mit Erlaubnis des Für- 
sten kanonisch gewählt, und, nachdem Bäkoczys Glück 
sich geneigt hatte, auch Josef L zur Bestätigung unter- 
breitet. Sobald die Wahl bestätigt und auch dem 
Lande der Friede wieder zurückgegeben war, trachtete 
Coelestinus in jeder Weise dahin, die Güter des Klosters 
zurück zu bekommen und die JBestätigung der Rechte 
und Privilegien des Stiftes zu erlangen. Unter ihm wurde 
die unweit des Klosters gelegene Kapelle gebaut und der 
sei. Jungfrau geweiht. 

Sein Nachfolger war Benediktus Sajgho (1722 — 1768). 
Aus Tyrnau gebürtig, einige Zeit lang Erzieher beim 
Grafen Csäky, war Sajgho während des Räkoczyschen 
Krieges im Lager der Verbündeten, vertauschte jedoch 
mit Ende desselben das Schwert mit dem Brevier, das 
Kleid des Soldaten mit dem demüthigen Kleide des heil. 
Benediktus, und gewann durch seine hervorragenden Eigen- 
schaften, seine Frömmigkeit und Wissenschaft, seinen 
Heldenmuth und seine Gewandtheit so sehr das Vertrauen 
und die Liebe der Mitbrüder, dass sich nach Coelestins. 



— 240 — 

Ableben alle Stimmen auf ihn vereinigten, obwohl er erst 
31 Jahre alt und der jüngste Priester war. 

. Unter ihm erreichte Martinsberg seinen alten Glanz 
wieder. Von seinen Religiösen sandte er einige nach Rom, 
andere nach Tyrnau und Salzburg, um sich in den Wissen- 
schaften weiter zu bilden. Dass die Wissenschaften aber 
auch zu Hause . aufs neue erblühten, ist aus der regen 
literarischen Thätigkeit seiner Untergebenen ersichtlich. 
Allenthalben erhoben sich femer neue Kirchen, welche 
er auf das grossmüthigste mit allem Nöthigen ausstattete. 
Die Mauern der Kathedralkirche, welche im Jahre 1683 
durch den Brand (s. Seite 238) viel gelitten, wurden mit 
eisernen Spangen befestigt, und die Kirche selbst mit 
grösseren Glocken versehen, das Kloster aber grossentheüs 
ganz neu erbaut. Nach Wiederherstellung der während 
der kriegerischen Zeiten abermals etwas gelockerten Disci- 
plin richtete er sein Augenmerk auf die dem Kloster ent- 
rissenen Güter, und bemühte sich rastlos, dieselben dem 
Stifte wieder zu erwerben. Seine Bemühungen krönte fast 
immer ein glücklicher Erfolg. 

Auch unter seinem Nachfolger, dem eiastimmig ge- 
wählten Daniel Somogyi, hat die Geschichte Martinsbergs 
so manches freudenvolle Ereignis zu verzeichnen. Zum 
Erzabte und bald darauf auch zum königlichen Rath er- 
naimt, erhielt er von Sr. Heiligkeit Clemens XIV. das 
Recht, Do ctoren der Theologie und Philosophie zu creiren. 
Femer wurde im Jahre 1770 von Maria Theresia, die dem 
En.oster gegenüber immer die grösste Pietät und grosses 
Wohlwollen bewies, der Erzabt und seine Nachfolger unter 
die Magnaten erhoben. Im Jahre 1771 wurde mittelst 
königl. Decrete bewilligt, dass der Erzabt in Ansehung 
seiner Jurisdiction in den Rescripten der königlichen 
Kanzlei gleich den Bischöfen mit dem Titel „Reverendus" 
beehrt werde. Ein besonderes Zeichen ihrer Pietät für 
das Erzstift gab aber die erlauchte Frau durch die An- 
ordnung, dass die Rechte des h. Stefan, bei der Ueber- 
tragung nach Ofen, in Martinsberg, wo der König im 
Leben so oft geweilt hatte, dem Volke zur Öffentlichen 
Verehrung ausgestellt werde. Im nächstfolgenden Jahre 
wurde Martinsberg durch den persönlichen Besuch der 
grossen Königin ausgezeichnet, während fünf Jahre später 



— 241 — 

der päbstliclie Nuntius Josef Garampi das Kloster mit 
seinem Besuclie beekrte. 

Doch aucli Daniel sollte nicM bis an sein Lebensende 
des Friedens gemessen; gleicb. so vielen andern blühenden 
Klöstern sollte auch Martinsberg den •willkürlichen Ver- 
fügungen Josefs n. zum Opfer fallen. Wohl scheint sich 
Pius "VI., als er im Interesse der Kirche die besch-werliche 
Reise nach Wien unternahm, persönlich für den Erzabt 
verwendet zu haben: doch alles war umsonst. Am 14. Nov. 
1786 erschien das Decret der Aufhebung, ohne dass in 
demselben auch nur mit einem Worte etwas angedeutet 
worden wäre, was die Aufhebung wenigstens dem Scheine 
nach begründet hätte. Die Güter des Klosters wurden 
dem Kellgionsfond einverleibt, die der Jurisdiction des 
Erzabtes unterworfenen Pfarreien in die benachbarten 
Diöcesen eingereiht, die Mönche selbst theils in der Seel- 
sorge, theils im Lehrfache verwendet. 

Daniel, in der sichern Ueberzeugung, dass die Auf- 
hebung des Ordens im Lande durchaus keinen Anklang 
gefunden, versäumte keine Gelegenheit, für die Eestitution 
des Ordens zu wirken. Zu wiederholten Malen that er 
zu diesem Zwecke geeignete Schritte, sowohl auf den Co- 
mitien, als auch bei Sr. Majestät Franz II. und Sr. Hei- 
ligkeit Pius VI., und zwar, da seine Bemühungen auch von 
Seite Anderer unterstützt wurden, nicht ohne Erfolg; 
denn schon war gegründete HofiEnung vorhanden, dass er 
sein Ziel erreichen werde, als er am 20. Oct. 1801 im 
81. Lebensjahre in ein besseres Jenseits hinüberging. 

Endlich erschien der Tag, den die noch lebenden 
Ordensbrüder schon so lange mit Sehnsucht erwarteten: 
am 25. April 1802 wurde der neu ernannte Erzabt Chry- 
sostomus Noväk, früher Abt von Bakonybel, mit den an- 
wesenden 32 Ordensmitgliedem durch den Erzbischof von 
Kalocsa*), Ladislaus Kollonics, feierlich in ihr altes Be- 
sitzthum eingeführt. 

In feierlicher Prozession wurde der Erzbischof, an 
dessen Seite der Bischof von Stuhlweissenburg einher- 



*) Da der Orden unmittelbar dem apost. StuUe tuitersteht , wurde 
mit Umgehung des Primas und der benachbarten Biscliöfe derKalocsaer 
JErzbischof zum königl. Commissär ernannt. 

Ein Benediktinerbuch. 16 



— 242 — 

schritt, zum Hoclialtar geleitet, woselbst auf sein Geheiss 
das köuigliclie Decret, welches ihn mit der Einführung- 
der Benediktiner betraute, verlesen wurde. lüdem er nun 
in einer ergreifenden Ansprache dieser seiher Aufgabe 
Genüge geleistet und den anwesenden Ordensbrüdern ihre 
Pflicht erläutert und ans Herz gelegt hatte, wurde auch 
das Eestitutionsdecret verlesen, demzufolge der Orden in 
Ungarn ausser der Erzabtei drei Abteien, nämlich Bako- 
nybel, Dömölk und Tihany zählt und die Verpflichtung 
überkommt, zehn Gymnasien, nämlich Pressburg, Raab, 
Oedenburg, Stuhlweissenbürg, FünfMrchen, Güns, Tymäu,. 
Komorn, Gran und Papa*) mit Professoren, und 21 Pfar- 
reien**) mit Seelsorgern zu versehen. Dem Erzabte 
wurde das Recht eingeräumt, nach Gutdünken Directoren 
und Professoren in die Gymnasien zu senden, für die 
Abteien nach dem Rathe der Conventualen die betreffen- 
den Aebte zu ernennen und die Ernannten Sr. Majestät 
zur Bestätigung zu unterbreiten; die Ernennung des Erz- 
abtes selbst bleibt Seiner Majestät vorbehalten, jedoch 
derart, dass die Ordensbrüder drei aus ihrer Mitte zu der 
erzäbtlichen Würde candidiren. 

Unermüdlich wirkte Chrysostom an der Spitze der 
Seinen: allenthalben war er bemüht, die zu einem heil- 
samen Wirken des Ordens nöthigen Anstalten zu treffen; 
die Disciplin des Elosters wurde im Geiste des h. Vaters 
Benediktus den neu gestellten Aüforderungen angepasst; 
die Bibliothek mit vielen Tausenden von Büchern be- 
reichert, die Kathedrale mit kostbaren Paramenten ver- 
sehen und mit sechs Marmoraltären geschmückt. Doch 
endlich fühlte auch er immer mehr die Last des heran- 
nahenden Alters, weshalb er im Jahre 1816 resignirte,. 
imd an seine Stelle der Abt von Tihany Paulus Horväth 
zum Regens des Ordens ernannt wurde, der denselben bis 
zu Chrysostoms Tode (20. Oct. 1828), beziehungsweise 



*) Im Jahre 1813 üTjernaliin Fttnfkirchen und Stuhlweissenburg die 
Cistercienser von Zircz ; hierfür wurde in Pressburg und Baab ein philo- 
sophischer Curs errichtet. Pressburg ist seit 1851 Staatsgymnasium, 
Tyrnau seit 1862 erzbischöfl. Gymnasium; dafür das Oedenhurger und 
Graner Gymnasium achtklassig. 
**) Siebe S. 234 Anmerk. 



— 243 — 

bis zur Wahl des neuen Erzabtes mit ebenso viel Liebe 
als Geschick regierte. 

Chrysostoms Nachfolger, Thomas Koväcs, verdankt 
der Thurm der Kathedrale und die Bibliothek ihren Ur- 
sprung. 

Schon unter Erzabt Daniel Somogyi erwiesen sich die 
Gebäulichkeiten des Klosters unzulänglich für die Be-woh- 
ner desselben, imd schon unter Maria Theresia war der 
Plan zu einer gänzlichen Umgestaltung des Klosters ge- 
fasst und von der Königin bestätigt worden; doch die 
Ausführung desselben unterblieb in Folge der Aufhebung 
des Ordens. Aber auch nach der Restitution konnte nicht 
alsogleich an die Wiederau&ahme dieses Planes gedacht 
werden, da andere noch nöthigere Dinge die Kraft des 
Ordens ohnehin vollauf in Anspruch nahmen, und auch 
die kriegerischen Zeiten nichts weniger als günstig ge- 
nannt werden konnten. 

Und so blieb es dem Nachfolger Chrysostoms vorbe- 
halten, den längst gehegten Plan zu verwirklichen. Dem 
neuen Plane gemäss sollte noch ein zweiter Thurm und 
ein dem Bibliotheksgebäude entsprechender Flügel auf- 
geführt werden, doch wurde dieser durch den im Jahre 
1841 erfolgten Tod des Erzabtes Thomas, späterhin aber 
besonders durch die im Jahre 1848 ausgebroehenen Wirren 
unmöglich gemacht. 

Noch wollen wir erwähnen, dass auch die Wasserlei- 
tung, welche aus einer Entfernung von 400 Klafter dem 
Kloster das nöthige Wasser zuführt, ebenfalls unter Tho- 
mas (1840) errichtet wurde. 

Auch glauben wir, das Jahr 1831 nicht übergehen zu 
sollen, in welchem die Liebe des Erzabtes Thomas zu den 
seiner Hut anvertrauten Gläubigen im schönsten Lichte 
erglänzte. Als nämlich im genannten Jahre in der ganzen 
Umgebung des Stiftes die Cholera wüthete, begnügte sich 
der Erzabt nicht damit, die zur Unterdrückung des Uebels 
nöthigen Anstalten zu treffen, sondern er wollte die Kran- 
ken in Begleitung des Klosterarztes auch persönlich be- 
suchen, ümen Muth und Vertrauen auf Gottes Barmherzig- 
keit eiriflössen, und mit Rath und That zur Seite stehen. Gott 
allein ist es bekannt, wie viel Segen er dadurch gestiftet. 
Vielleicht ist es, wenigstens zum Theil, eben den von 

16* 



— 244 — 

ikm. getroffenen Vorkehrungen zuzusckreiben , dass im 
Marktflecken Martinsberg nickt mehr als vier Personen 
der Seuche erlagen, während in dem benachbarten Raab 
während 2 Monaten gegen 900 der Epidemie zum Opfer 
fielen, und unter ümen als erster ein. Priester des Ordens, 
Romanus Walter, der sich als Prediger so sehr die Liebe 
der Raaber Bürger zu erwerben gewusst hatte, dass man 
ihm nach seinem Tode in der Exche daselbst ein Denk- 
mal setzen wollte, Tind, als hierzu die Erlaubnis nicht ge- 
geben wurde, zur Bewahrung seines Andenkens für ewige 
Zeiten ein h. Messopfer stiftete. 

Und nun nur noch einige denkwürdige Ereignisse aus 
der neuesten Zeit. 

Im Jahre 1845 besuchte der päbstHche Nuntius Altieri, 
im Jahre 1851 Viale-Prela die Erzabtei. 

Am 30. Juni 1850 hatte Martinsberg das Glück, Se. 
Majestät Kaiser Franz Josef I. in seinen Mauern begrüssen 
zu dürfen. 

Im Jahre 1866 am 9. Juni ward dem Orden die Ehre 
zu Theil, den päbstlichen Nuntius und nachmaligen Car- 
dinal Antonio Falcinelli empfangen zu können, der auf 
die Eiidadung des jetzigen Erzabtes Chrysostomus II. 
Kruesz gekommen war, die feierliche Benediction des ge- 
nannten Erzabtes Torzunehmen. 

Im Jahre 1875 endlich beglückte der jetzige Nuntius 
am Wiener Hofe, seit Kurzem Cardinal, Ludovico Jacobini, 
Martinsberg mit seinem hohen Besuche. 

Das grösste Ereignis der Neuzeit aber dürfte wohl 
die vierte Consecration der EathedralMrche sein, der wir 
noch einige Zeilen widmen wollen. 

Die Eirche stammt in ihrer jetzigen Gestalt aus dem 
13. Jahrhundert (s. oben S. 225); nur die Vorhalle sammt 
dem Thurme wurde, wie oben erwähnt, unter Erzabt Tho- 
mas gebaut. 

Die Kirche, im üebergangsstyle erbaut, war leider 
durch den schlechten Geschmack des vorigen und theil- 
weise auch des jetzigen Jahrhunderts gänzlich verunstaltet. 
Die schön gehaltenen, schlank emporstrebenden Pfeiler 
waren mit Kalk übertüncht, die meisterhaft gemeisselten 
Kapitale und Consolen verstümmelt, die Vorhalle und der 
zunächst daranstossende Theü ohne jeden Geschmack er- 



— 245 — 

baut, so dass das Ganze einen höchst ungünstigen Ein- 
druck auf den Beschauer machen musste. 

Nachdem Chrysostomus n. den erzähtlichen Stuhl ein- 
genommen hatte, war es seine erste Sorge, die Kathedrale 
wieder in ihrem früheren Grlanze erstehen zu lassen, be- 
ziehungsweise den styllosen rückwärtigen Theil dem ur- 
sprünglichen Theüe anzupassen. Acht volle Jahre dauerte 
die mit ungeheuren Kosten verbundene Restauration: im 
Jahre 1876 jedoch konnte Chrysostom ü., nachdem 1868 
mit der Restauration des unter dem Sanctuarium befind- 
lichen Hypogaeums begonnen worden war, mit vollem 
Rechte die Worte des Psalmisten: „Dilexi decorem do- 
mus tuae et locum habitationis gloriae tuae" über die 
Schwelle der Sakristei setzen lassen. 

Die Benediction geschah am 27. August 1876 durch 
den Primas von Ungarn, Johann Card. Simor, dem dabei 
der Bischof von Raab und der Weihbischof von Veszprem 
Assistenz leisteten. Eine besondere Weihe erhielt das 
Fest durch die Gegenwart Sr. kk. Hoheit des Erzherzogs 
Josef, der als Stellvertreter Sr. Majestät des aposto- 
lischen Königs von Ungarn, Franz Josef I., an der Con- 
secration theilnahm; zugegen waren femer auch die 
Stellvertreter des k. ungar. Ministeriums und verschie- 
dener gelehrten und anderer Gesellschaften, sowie zahl- 
reiche andere hohe Gäste. 

Ein Prachtwerk, Seiner Majestät dedicirt und die Ge- 
schichte der Kirche mit 15 Tafeln, theils in Chromolitho- 
graphie, theils in Schwarzdruck enthaltend, war bestimmt, 
das Andenken an dieses Fest der Nachwelt zu überHefem: 
den Namen Chrysostomus U. wird — ausser so manch 
anderem Denkmal seines nie ermüdenden Eifers — die 
Kathedrale selbst am besten verewigen. 

Und hiermit wollen wir die Geschichte der Erzabtei 
schliessen. Der freundliche Leser, der bis hierher unsem 
anspruchslosen Zeilen gefolgt ist, dürfte wohl überzeugt 
worden sein von der Wahrheit imserer anfangs gesagten 
Wbrte, dass die Erzabtei viele Trauerjahre imd nur we- 
nige Freudentage erlebt hat. Möge es dem lieben Gott 
durch die Fürbitte unseres h. Vaters Benedikt gefallen, 
die Prüfungen zu beendigen, damit das Centenarium des 
h. Vaters auch für Martinsberg der Anfang einer neuen 



— 246 — 

Aera, einer Aera des Friedens und der Ruhe -werde, da- 
mit das Erzstift von äusseren und inneren Feinden befreit, 
einzig und allein der Gottseligkeit und der Wissenscliaft 
sein Dasein widmen könne. 

Noch, sei es uns gestattet, in Kürze der drei zur Erz- 
abtei gehörigen Abteien, nämlich. Bakonybel, Dömölk 
und Tihany Erwähnung zu thun. 



I. BakonyMl (Abbatia S. Mauritii et soc. martyrum 
de Bakonybel). 

BakonybSL liegt im Veszpremer Comitat, in der gleich- 
namigen Diöcese. 

Der Zugang zu dem allseits von Bergen umringten, 
romantischen Thale, welches die Abtei sammt dem gleich- 
namigen Dorfe umschliesst, ist zu allen Zeiten ziemlich 
schwierig, kann aber sogar gefährKch werden, wenn der 
sonst unansehnliche Bach Qerancze durch Regengüsse 
oder aber im Frühjahre durch Schmelzen des Schnees über 
seine Ufer tritt. Hierdurch schien der Ort gleichsam 
schon von der ITatur dazu geschaffen, um hier ein von 
der Welt zurückgezogenes, beschauliches Leben zu führen; 
und dies mochte wohl den sei. Guntherus, Benediktiner 
von ISTieder-Altaich in Bayern, den der h. Stefan als Ver- 
wandten der Königin Gisela nach Ungarn berufen hatte, 
bewogen haben, dem Könige Bakonybel als den geeignet- 
sten Platz für eine zu errichtende Abtei vorzuschlagen. 

Der h. Stefan willfahrte den Bitten seines gottseligen 
Anverwandten, und legte gegen das Ende seines Lebens 
im Jahre 1037 den Grund zu der Abtei. 

Zum ersten Abte ernannte er den h. Gerardus, der 
sich, da er dem Willen des h. Stifters gemäss keinem 
Bischöfe unterworfen war, nicht von dem benachbarten 
Veszpremer, sondern vom Raaber Bischöfe Modestus feier- 
lich benediciren liess. 

Wohl muss es als göttliche Fügung angesehen wer- 
den, dass der h. Gerardus, der in Venedig im Benedik- 
tinerMoster vom h. Georg (San Giorgio Maggiore) das 
h. Gelübde abgelegt hatte, nach Ungarn kam, nachdem 
all sein Streben, das h. Land zu besuchen, vereitelt wor- 
den war. Vom h. Stefan nämlich auf das Wohlwollendste 



— 247 — 

empfangen, leitete er den Unterricht und die Erziehung- 
des Thronerben Emerich und zwar mit solchem Erfolg, 
dass auch dessen Name in das Album der Heiligen Gottes 
eingetragen wurde. 

Sieben Jahre lang stand Gerardus an der Spitze der 
Abtei; hernach wirkte er drei Jahre als Bischof von Csa- 
näd auf das Segensreichste für das Heil der ihm anver- 
trauten Seelen, bis er im Jahre 1047 seia h. Leben durch 
den Martyrtod beschloss. 

Auch der sei. Guntherus weilte gern in Bakonybel; 
auch für ihn bildete es einen Zufluchtsort, allwo er sich 
im Gebete und der Betrachtung gänzlich mit Gott ver- 
einigen konnte, so oft es ihm gestattet war, dem zer- 
streuenden Geräusche des königlichen Hofes zu entfliehen. 
Und noch jetzt zeigt man in geringer Entfernung von der 
Abtei die Spuren einer Eremitage, welche die Sage dem 
sei. Guntherus zueignet. 

Von den späteren Aebten der Abtei seien nur einige 
erwähnt. So nahm Jakobus I. an dem Nationalconcü des 
Jahres 1256 Theil; Joannes I. bewies im Jahre 1330 durch 
eine von dem ßaaber Capitel angestellte Untersuchung, 
dass der Bakonybeler Convent als locus credibilis schon von 
Alters her ein eigenes Sigillum besessen hatte. Im 16. Jahr- 
hundert begegnen wir dem Abte Michael TL., der ganz 
allein ohne Ordensbrüder die Abtei bewohnte, jedoch von 
König Yladislaus IL. unter Androhung der Absetzung be- . 
auftragt wurde, den Convent wieder einzufahren. Sein 
Nachfolger war Blasius im Jahre 1506, der jedoch bald 
zu Gunsten Jakobus IE. der Abtei entsagte; endlich wurde 
im Jahre 1512, nachdem das Patronat über die Abtei an 
Martinsberg übertragen worden war, die äbtliche Würde 
vom Erzabte Matthäus (siehe S. 230 ff.) Jakobus IV. über- 
tragen, unter dessen Regierung die Abtei (im Jahre 1527) 
durch eine Feuersbrunst grossen Schaden erlitt. Von die- 
ser Zeit an wurde Bakonybel theils von Commendatar- 
Aebten, theils von den Martinsberger Erzäbten und Gu- 
bernatoren regiert, bis endlich Coelestinus Göncz, Erzabt 
von Martinsbeirg, der vorher selbst (seit 1693) Bakonybeler 
Abt gewesen war, im Jahre 170i9, als er zum Erzabt ge- 
wählt wurde, die Abtei von Bakonybel einem seiner Reli- 
giösen, Franziskus Vidlics, verlieh. 



— 248 — 

Nach, dessen Tode hatte Bakonybel längere Zeit hin- 
durch, keinen Aht, indem der Erzabt Benediktus Sajgho 
die geringen Einkünfte der Abtei lieber zum Unterhalt 
der Möncbe verwenden wollte, und deshalb Administra- 
toren mit der Leitung derselben betraute. Unter diesen 
Terdient besonders P. Aemilianus Pimecker hervorgeboben 
zu werden, der selbst der klösterlichen Armutb eifrig be- 
flissen, den Vermögensstand der Abtei um so mehr ver- 
besserte. 

Im Jahre 1768 ernannte der Nachfolger des Erzabtes 
Benediktus, Daniel Somogyi, den Prior der Erzabtei Zoerar- 
dus Gi'aczer zum Abte, unter dem das Kloster 1779 aber- 
mals durcb eine Feuersbrunst eingeäschert wurde. Ihm 
folgte 1781 Chrysostomus Noväk, bis zum Jahre 1787, in 
welchem die Abtei aufgehoben wurde. 

Als im Jahre 1802 mit der Erzabtei auch die Abtei 
von Bakonybel restituirt wurde, blieb sie bis zum Jahre 
1816 ohne Abt, da Chrysostomus, der zur erzäbtlichen 
Würde auserkoren worden war, es für zweckdienliche]" 
hielt, vorläufig keinen neuen Abt zu ernennen; und erst, 
als Chrysostomus I. im Jahre 1816 resignirte, wurde im 
nächsten Generalcapitel Augustinus Taucher zum Abte 
gewählt und allerhöchsten Ortes auch bestätigt. Taucher, 
Priester aus der Fünfkirchner Diöcese, durch 6 Jahre 
Theologie-Professor, 25 Jahre lang Pfarrer und Consistorial- 
rath, 20 Jahre hindurch endlich Vice-Archidiakon, trat in 
seinem 54. Lebensjahre in den h. Orden, woselbst er theils 
als Prediger und Theologie-Professor, theils als Superior 
in Eaab und Oedenburg, später als Spiritual in Martins- 
berg, sich durch seine Frömmigkeit, sein freimdliches und 
zuvorkommendes Benehmen die Liebe Aller erwarb, welche 
ihn auch in seine Abtei in vollstem Maasse begleitete. 

Nach seinem Tode blieb die Abtei 8 Jahre hindurch 
unbesetzt; erst im Jahre 1832 ernannte Erzabt Thomas 
den Professor imd Doctor der Theologie Isidorus Guzmics, 
einen durch Wissenschaft und Frömmigkeit gleich aus- 
gezeichneten Mann, der sich um die ungarische Literatur 
nicht geringere Verdienste gesammelt, als um den Orden, 
zum Abte. Er starb jedoch schon im Jahre 1839 im 
Alter von 54 Jahren, von Allen tief betrauert. Sein Nach- 
folger ist seit 1845 der besonders als Redner berühmte 



— 249 — 

Dr. Mcolaus Säxtäny, der ungeaclitet seiner 78 Jahre noch 
immer rüstig zur Ehre Gottes und zum Wohle der ihm 
untergebenen Mitbrüder ■wirkt. 

n. DömölJc (Ahhatia B. M. V. de Dömölk). 

Die Abtei Ton Dömölk, bis 1778 zurEaaber, seit jener 
Zeit zu der damals errichteten Steinamangerer Diöcese 
gehörig, liegt im Comitate gleichen Namens. 

Der Stifter, sowie der Ursprung der Abtei ist unbe- 
kannt; doch dürfte die Gründung derselben wohl dem 
Könige Bela U. zuzuschreiben sein; gewiss ist, dass sie 
im Jahre 1252 schon existirte und dass der damalige Abt 
Jakobus hiess. Um das Jahr 1348 wird Dömölk auch als 
locus credibilis erwähnt. Das Patronat über diese Abtei 
erhielt Martinsberg im 16. Jahrhundert. 

Die Ausdehnung des alten Klosters bezeugten die 
Mauern, welche noch im vorigen Jahrhundert zu sehen 
waren; die alte Kirche steht auch jetzt noch, doch wird 
sie seit der Aufhebung des Klosters durch Josef U. (im 
Jahre 1787) zu profanen Zwecken verwendet. In derselben 
befinden sich über der Wölbung kleine Gemächer, welche 
dem jeweiligen Abte und 2 — 3 Eeligiosen zur Wohnung 
dienten. Unter letzteren verdienen besonders erwähnt zu 
werden Anseimus Maracsko, Bonifacius Lancsics und Eme- 
ricus Mäkoczy, welche unter dem Abte Hieronymus Csatay 
als Verkünder des göttlichen Wortes wirkten und im Jahre 
1731 die Bevölkerung von achtzehn benachbarten Be- 
sitzungen in den Schooss der kath. Kirche zurückführten. 

Der Ort war schon von Alters her durch die vielen 
Wunder und Gnadenerzeugungen, welche auf die Fürbitte 
der sei. Jungfrau hier geschahen, berühmt. Die Tradition 
behauptet, es habe sich in der Kirche zu Dömölk auch 
ein wunderthätiges Bildnis der sei. Jimgfrau befanden, 
welches jedoch ein Benediktiner-Priester, ein besonderer 
Verehrer der allersel. Jungfrau, beim Herannahen der Tür- 
ken heimlich mit sich genommen und in die Kirche der 
im Pressburger Comitat gelegenen Ortschaft Denesd (Schul- 
tern) übertragen haben soU. So viel ist gewiss, dass in 
dem erwähnten Ort sich ein solches Bild befindet, zu 
welchem besonders an den Pesttagen der Mutter Gottes 
zahlreiche Katholiken wallen; ob es aber von Dömölk her- 
stamme, lässt sich mit Bestimmtheit nicht nachweisen. 



— 250 — 

Die durch die Türkenkriege unterbroclieiie Yerehrung 
der allersel. Jungfrau nahm im Anfange des verflossenen 
Jabrliunderts (zwisciien 1730 und 1740) einen neuen Auf- 
sch-WTing. 

Um diese Zeit nämlicla kam Odo Koptik, ein Mann 
von grosser Gelehrsamkeit und Frömmigkeit, früher be- 
rühmt als Theologe an der Universität zu Salzburg, da- 
mals Schatzmeister in G-ross-Mariazell, nach Martinsberg, 
nm den verdienstvollen, auch im Auslande rühmlichst be- 
kannten Erzabt Benediktus Sajgho persönlich aufzusuchen 
und ihm seine Hochachtung zu bezeugen. Daselbst ge- 
wann Odo durch sein stilles imd bescheidenes Betragen 
alsbald so sehr das Wohlgefallen des Erzabtes, dass ihm 
dieser die Dömölker Abtei verlieh, -woselbst er auch mit 
Erlaubnis des Abtes von S. Lambert, unter dessen geist- 
lichem Gehorsam er bisher gelebt hatte, feierlich iijstal- 
lirt vrarde. 

Von Gross-Zell hatte er eine hölzerne Statue, ein Ab- 
bild des dortigen Gnadenbildes, mit sich gebracht, für 
•welche er aus seinem geringen Vermögen eine kleine, 
unansehnliche Kapelle errichtete; für sich selbst aber er- 
baute er sich eine unterirdische Zelle, in welcher er einem 
frommen Einsiedler gleich seine Zeit vorzüglich der Ver- 
ehrung der sei. Jungfr-au widmete. Im Jahre 1743 Hess 
endlich Graf Georg Erdödy de Monyoroker^k die Kapelle 
auf eigene Kosten vergrössern und mit entsprechendem 
Schmucke ausstatten. 

Nach dem aus Maria-Zeil gebrachten Bilde erhielt auch 
der Ort den Namen Klein-ZeU, 

Als sich die wunderbaren Gebetserhörungen immer 
mehr vermehrten und der Andrang des Volkes von Tag 
zu Tag grösser wurde, erlaubte der Bischof von Raab 
Graf Franz Zichy nach genauer Prüfung der Wunder- 
zeichen durch Decret vom 7. und 17. Nov. 1745, dass das 
Bild zur öffentlichen Verehrung ausgestellt werde; ja, um 
auch seinerseits zur Verehrung der allersel. Jungfrau bei- 
zutragen, begab er sich persönlich nach Klein-ZeU., wo- 
selbst er das wunderbare Bild am 21. Nov. 1745 in Gegen- 
wart vieler Tausend Gläubigen feierlich krönte. 

Aber auch der apostolische Stuhl konnte es nicht 
unterlassen, die Verehrung der Mutter der Barmherzigkeit 



— 251 — 

auch seinerseits durch Oeffhung der Gnadenschätze der 
Kirche zu fördern. Se. Heiligkeit Pabst Benediktus XIV. 
verlieh nämlich auf die Ton Abt Odo persönlich in Rom 
eingereichte Bitte ausser andern Rechten und Privilegien 
laut Breve vom 22. März 1745 unter den ge-wöhnlichen 
Bedingungen allen Jenen, die als fromme Pilger die allers. 
Jungfrau in der Eärche zu Klein-Zell besuchen und für 
die Anliegen der römisch-kath. Kirche andächtig beten, 
einen vollkommenen Ablass. 

Da die fortwährend wachsende Menge der Püger auch 
eine grössere Anzahl von Ordensbrüdern nöthig machten, 
errichtete Odo, nachdem er von dem G-rafen Cziräky und 
andern benachbarten Edelleuten die Erlaubnis erhalten, 
sich das nöthige Holz aus ihren Waldungen zu verschaffen, 
ein Grebäude von Holz, welches, wenn auch unansehnlich 
und klein, doch der augenblicklichen Noth genügte; als 
es jedoch schon nach zwanzig Jahren mit dem Einsturz 
drohte, legte Samuel Vajda am 14. März 1760, derzeit Ad- 
ministrator der Abtei, den Grundstein zu einem neuen 
Kloster, welches unter Abt Emericus Mäkoczy um 1770 
herum auch glücklich beendigt wurde. 

Dem Abte Odo jedoch war es nicht gegönnt, sein 
Leben im Schatten des Heiligthumes der von ihm so kind- 
lich verehrten Gottesmutter zu beschliessen. Unter dem 
Vorwand, dass er die Abtei in Schulden gestürzt habe, 
■wurde er 1751 seines Amtes entsetzt und mit einer jähr- 
lichen Pension in das Göttweiger Kloster relegirt, wo er 
1755 selig im Herrn entschlief. 

Nach dem Tode des oben erwähnten Eraericus (1783) 
wurde Caspar Nemes zum Abte ernannt; unter ihm ward 
die Abtei im Jahre 1787 aufgehoben; die Restitution derselben 
erlebte Abt Caspar nicht mehr. (Gest. 1801.) 

Nach der Restitution entbehrte die Abtei bis 1832 
eines Abtes; in diesem Jahre endlich ernannte Erzabt 
Thomas den damaligen Superior von Raab, Godefridus 
"Wekerle, zum Abte, dem im Jahre 1838, da er schon 1836 
3tnit Tod abging, Leo Gäcser (j 1856), früher Prior und 
Novizenmeister in Martiasberg, nachfolgte. 

Derzeitiger Abt ist der H. A. Justinian Hollosy, Doctor 
der Philosophie, Mitglied der ungar. gelehrten Gesellschaft 
u. s. w., der seiner Zeit an zweiter Stelle für den erzäbt- 



— 252 — 

liehen Stuhl candidirt, verschiedene wichtige Aemter im 
Orden bekleidet hatte, bis er endlich im Jakre 1874, nach 
dem Ableben des damaligen Abtes von Dömölk, Meinradus 
Jahn, dui-ch das Vertrauen des Erzabtes imd seiner 
Ordensbrüder zur äbtlichen Würde erhoben wurde. 

m. Tihany (Abbatia B. M. V. et S. Aniani de Tihany). 

In der Geschichte der Erzabtei (S. 221) haben wir ge- 
sehen, wie viel Unheil der nachmalige König Andreas I. 
durch sein unentschlossenes Auftreten den Anhängern des 
Heidenthums gegenüber über das Christenthum brachte, 
als er von den Grossen des Reiches gegen den tyrannischen 
König Peter ins Land gerufen worden war. Als nun 
Andreas den Thron bestiegen hatte und die Ruhe wieder 
hergestellt war, trachtete er auf jede Art und Weise, wieder 
gut zu machen, was er, wenn auch gegen seinen Willen, 
verschuldet hatte. Zu diesem Zwecke erliess er strenge 
Gesetze im Lande, die Jedermann verpflichteten, dem 
Heidenthume zu entsagen und sich dem Christenthume 
zuzuwenden. Und während er diesen Gesetzen, wo es Noth 
that, auch durch strenge Bestrafung der Widerspenstigen 
Geltung zu verschaffen wusste, unterliess er es auch sonst 
nicht, für die Ausbreitung der christlichen Religion zu 
sorgen. Eine Folge dieses seines Strebens war auch die 
Gründung der Abtei von Tihany im Jahre 1055. 

Tihany liegt im Zolader Comitate, in der Veszpremer 
Diöcese, auf einer Halbinsel, welche man nicht ohne Grund 
für vulkanischen Ursprungs hält. Während seiner Blüthe- 
zeit zählte Tihany sechzig und mehr Mönche. Späterhin 
aber, besonders nach der Schlacht bei Mohäcs, erfahr auch 
die Abtei von Tihany das Schicksal der übrigen Klöster, 
die mehr und mehr entvölkert wurden; weshalb sie von 
dieser Zeit an bis 1701 meistentheils anderen, wohl ver- 
dienten kirchlichen Würdenträgern verliehen wurde. Bis- 
weilen wurden die Einkünfte auch wohl der Festung, in 
welche das Kloster verwandelt worden war, zugetheilt. 

Unter den Commendatar-Aebten erwähnen wir nur den 
Abt Thomas, der früher Bischof gewesen war, jedoch auf 
Befehl des Königs Viadislaus IT. seinem Bisthume ent- 
sagen musste, und als Erzatz, „damit er nicht gezwungen 
sei, seine bischöfliche Würde zu entehren und betteln zu 
gehen", die Abtei erhielt. Ihm folgte 1520 der Commen- 



— 253 — 

datar-Abt loaunes, bei dessen Lebzeiten der Erzabt von 
Martinsberg die Erlaubnis erhielt, nacb. seinem Ableben 
einen wirWacben Abt zu emennen, -was im J. 1525 aucb 
geschah; doch könnt« der Erzabt wegen des im J. 1526 
erfolgten Unglückes lange Zeit hindurch von diesem Rechte 
nicht -wieder Grebrauch machen. 

Der letzte Commendatar-Abt war Stefan Telekessy, 
Bischof von Csanäd, der die Abtei von 1691 — 1703 inne 
hatte. 

Noch bei seinen Lebzeiten wurde sie endlich von 
Raymundus Regondy, Abt von Altenburg in Niederöster- 
reich, um 20,000 /. eingelöst, welche zur Deckung der 
Eriegskosten in das Aerar flössen; zugleich wurde der er- 
wähnte Abt verpflichtet, die zum Gottesdienst nöthige An- 
zahl von Religiösen einzuführen und ihnen einen Abt vor- 
zusetzen. 

Um dieser Yerpflichtung nachzukonmien, sandte Abt 
Raymundus mehrere Mönche unter dem Abte Amandus 
Kayser nach Tihany; doch obwohl letzterer im Jahre 1710 
von König Josef I. seiae Bestätigung erhielt, und alles 
Mögliche that, um die zum Unterhalte der Mönche nöthi- 
gen, während der unruhigen Zeiten aber verloren gegange- 
nen Güter wieder zu erlangen, blieb doch all sein Streben 
und Trachten ohne jeden Erfolg, da er weder der Sprache 
des Landes kundig, noch mit den Sitten und Gesetzen des- 
selben genugsam bekannt war, um überhaupt auf Erfolg 
auch nur rechnen zu können. Und da auch seine Unter- 
gebenen aus denselben Gründen nichts weniger als geeig- 
net waren, dem Volke als Seelsorger vorzustehen, sah sich 
Raymunds Nachfolger, Placidus Much, veranlasst, die Abtei 
gegen Rückgabe des Lösegeldes (20,000 /.) dem Erzabte 
von Martinsberg Coelestinus Göncz zu übergeben, um so 
mehr, als die Einkünfte derselben nicht einmal zum Unter- 
halt des dortigen Abtes genügten. 

Die Besitznahme von Tihany lief jedoch nicht ohne 
Schwierigkeiten ab, da Cölestinus versäumt hatte, vorher 
die Erlaubnis des Königs zur Uebemahme der Abtei eia- 
zuholen. 

Endlich ward auch diese Schwierigkeit beseitigt, und, 
nachdem 1719 noch 3500 /. als Taxe eingezahlt worden 
waren, konnte der von Coelestinus ernannte Abt, Willebal- 



— 254 — 

dus Grasso, Benediktiner von Martiasberg, in die Abtei 
eingefülirt werden. 

Der neue Abt hatte anfangs ebenfalls mit mancherlei 
Schwierigkeiten zu kämpfen. Ungeaöhtet aller seiner An- 
strengungen gelang es auch ihm nicht, die verloren ge- 
gangenen Güter wieder zurückzubekommen, da Alle, welche 
er deshalb vor Gericht forderte, unter dem Vorwande der 
Yerjährung von der Pflicht der Eestitution entbunden 
wurden. Dazu kam, dass die Abtei selbst sich iu einem 
bedauernswürdigen Zustand befand. Denn als sie in eine 
Festung verwandelt worden war, wurde sie zwar von den 
betreffenden Commandanten tapfer vertheidigt, doch im 
Uebrigen gänzlich vernachlässigt, so dass die Gebäude vom 
Jahre 1684 an sogar des Daches entbehrten. Eine Ausnahme 
davon machte nur der östliche Theil, den die Altenburger 
mit Stroh gedeckt hatten. 

Willebaldus begann also den Bau des Klosters und 
der Kirche; doch konnte derselbe erst imter Willebalds 
Nachfolger Augustinus Lecs zu Ende geführt werden. Die 
Kirche ward über der alten Katakombe, in welcher der 
Stifter der Abtei, Andreas I., ruht, errichtet. 

Auf Augustinus Lecs folgte im Jahre 1760 Samuel 
Yajda, ein heiligmässiger und gelehrter Mann, dessen 
Wohlthätigkeitssinn so weit ging, dass er häufig selbst 
Noth leiden musste. Unter ihm traf die Abtei das Decret 
der Aufhebung im Jahre 1787, worauf er sich nach Steinam- 
anger zurückzog, und daselbst unter dem Beistande des 
Diöcesanbischofs im Jahre 1795 in ein besseres Jenseits 
hinüberging. 

Nach der Restitution (1802) blieb auch Tihany ziem- 
lich lange Zeit hindurch ohne Abt; da Paulus Horväth, 
im Jahre 1817 zum Abte von Tihany ernannt, als Regens 
des Ordens in Martinsberg seinen "Wohnsitz nahm, und 
erst anfangs 1830, nachdem Thomas Koväcs an Stelle des 
Ende 1828 verstorbenen Chrysostomus Noväk am 18. Oct. 
1829 zum Erzabte ernannt worden war, nach Tihany sich 
begab, wo er schon nach zwei Jahren (1832), reich an 
Verdiensten für das himmlische Yaterland, ruhig im Herrn 
entschlief. 

Sein Nachfolger war Adalbertus Bresztyenszky, Mit- 
glied mehrerer gelehrten Gesellschaften, der von 1837 bis 



— 255 — -> 

1850 diese Würde bekleidete. Die Achtung seiner Oberen 
sowie die Liebe seiner Untergebenen, -welclie er sich in. 
reichlicbstem Maasse verdient hatte, folgte ihm auch ins 
Grab nach. 

Nach seinem Tode blieb die Abtei längere Zeit hin- 
durch unbesetzt, bis endlich im Jahre 1865 der jetzige 
Abt Sigismundus Simon durch das Vertrauen seiner Ordens- 
brüder zum Abte von Tihany candidirt, vom Erzabte er- 
nannt und von Sr. Majestät bestätigt wurde. 

Bekthold Labach, 
Aichivar. 




Die Mechitharisten - Congregation 
von Triest-Wien. 

jie armenisclie MecMtliaristen-Coiigregation wurde 
vom armenisclieu Priester Dr. Mechithar (d. i. 
Tröster) de Petro (geb. 1676 zu Sebaste) im Jahre 
1701 zu Konstantinopel gestiftet. Er flüchtete 
noch im selben Jahre mit seinen Genossen nach Morea 
(Peloponnes), -welches damals unter der Botmässigkeit der 
Republik von Venedig stand. Von den Beamten dieser 
Republik erhielt er in der Stadt Modon (Methone) ein 
Stück Baugrund mit der Verpflichtung, daselbst innerhalb 
dreier Jahre ein Ordenshaus mit einer Kirche zu bauen. 
Dies that Mechithar in den Jahren 1701— 1705. Die Türken 
eroberten im Jahre 1715 Morea, und Mechithar musste'mit 
den Seinigen in Venedig eine Zufluchtsstätte suchen. 

Die Republik trat ihm, gegen geringes Entgelt, die 
kleine Insel S. Lazzaro ab. Ax£ dieser kleinen Insel baute 
Mechithar (1715 — 1717) ein neues Eloster und erneuerte 
die halb in Trümmern liegende Kirche. Clemens XI. be- 
stätigte 1712 die armenische Congregation, welche die 
Ordensregeln des heiligen Benedikt angenommen hatte. 
Der Stifter führte nun den Titel „Greneral-Abt der Mechi- 
tharisten". Nach einer langen väterlichen Verwaltung 
seines Ordens beschloss MecHthar sein thätiges Leben im 
Jahre 1749 und wurde in der Kirche seines Klosters be- 
stattet. 

Ein Zweig der Congregation zu Triest. Im Jahre 1773 
trennten sich an 19 Priester der Congregation vom Ordens- 
hause in S. Lazzaro mit dem Vorsatze, im Geiste ihres 
ehrwürdigen Stifters und in treuer Befolgung der Vor- 
schriften seiner Constitution, unter den Ordensregeln des 
heiligen Benediktus, als wahre Schüler Mechithars in Triest 
eine zweite armenische Mechitharisten-Congregation ganz 
unabhängig von der venezianischen zu gründen. Mit diesem 
Vorsatze Hessen sie sich sämmtlich in der Stadt Triest 



— 257 — 

im österreicMselaen. Litorale nieder. Hier erlangten sie 
(1775) von der k. k. Regierung unter der Kaiserin-Königia 
Maria Theresia die Befugnis, einen Convent zum bestän- 
digen Aufenthalte und eine Kirche zur Abhaltung des 
Gottesdienstes nach armenischem Ritus zu gründen. Auch 
wurden sie ermächtigt, armenische Knaben theüs als 
Laienschüler theils als Kleriker aufzunehmen. Femer er- 
wirkten sie sich die Concession zu einer Buchdruckerei. 
Endlich wurde ihnen erlaubt, alle Pfarrrechte über die 
Armenier im Triester Gebiete unter der Jxirisdiction des 
Diöcesanbischofs auszuüben. — Sie wählten sich aus ihrer 
Mitte einen Abt, und auch diese Congregation erlangte 
die apostolische Bestätigung. 

Im Jahre 1802 wählte die Congregation zum ersten 
General- Abt Dr. Adeodat Babüdan, welchen Pius VII. 
schon 1800 zum Erzbischof in partibus infid. ernannt hatte. 
Durch die französische Invasion wurden die Mechitharisten 
zu Triest vertrieben und ihres Besitzes beraubt. 

General-Abt Adeodat Babikian schickte nun einige 
Priester in die Missionen für die Armenier; er selbst be- 
gab sich (1810) mit sieben Priestern nach Wien. Kaiser 
Franz I. wies ihm das im Bezirk Neubau zu Wien befind- 
liche Capuzinerkloster zum Aufenthalte an, welches die 
Congregation gegen eine massige an den Religionsfond 
gezahlte Summe als Eigenthum erwarb. Ausserdem er- 
langte sie die Ermächtigung, eine eigene Buchdruckerei 
für Werke in orientalischen und occidentalischen Sprachen 
zu errichten. 

Babikian starb, 87 Jahre alt, 1825 und wurde in der 
Gruft der Kirche zu Wien bestattet. Er war Verfasser 
mehrerer theologischer Werke in armenischer Sprache. 

Im Jahre 1826 wurde der Priester Aristaces Azaria 
(geb. zu Konstantinopel 1782) zum General-Abt gewählt 
und von Leo XII. 1827 zum Erzbischofe von Cäsarea i. p. 
ernannt. Er demolirte das Capuzinerkloster und baute an 
die Stelle desselben das jetzt bestehende drei Stock hohe 
Gebäude. 

Im Jahre 1854 erhielt er bei Gelegenheit seines 
50jährigen Priesterjubiläums von Kaiser Franz Josef I. 
das Grosskreuz des Ordens der Eisernen Krone und die 
Ernennung zum Geheimen Rath. 

Ein Benediktinerbuch. 17 



— 258 — 

General-Abt Ar. Azaria trug Sorge für die wisseu- 
schaftliclie Bildung seiner Ordensgenossen, um sie zu 
würdigen Seelenhirten und Yolkslehrern für ihre eigene 
Nation heranzubilden. Er war beflissen, sowohl die theo- 
logischen und philosophischen, als auch naturwissenschaft- 
lichen und linguistischen Studien immer mehr in Schwung 
zu bringen. Die Frucht dieses Bestrebens war die Be- 
reicherung der armenischen Literatur, indem, vorzügKch 
in den 30er, noch mehr aber 40er Jahren, sehr viele 
wissenschaftliche Werke, namentlich Lehrbücher zum Ge- 
brauche der höheren Nationalschulen, in der Druckerei 
des Ordens veröffentlicht wurden. Hofrath Friedrich 
V. Hurter gab eine Biographie des General-Abtes Azaria 
zu Wien 1855 heraus. 

Am 16. August 1855 wurde. der hochwürdigste Herr 
Jacobus Bosagi (= Bozadschian), Dr. der Theologie, zum 
General-Abte gewählt. Geboren am 30. November 1818 
zu Ancyra in Kleinasien, trat er 1826 in die Congregation 
ein. Nach beendigten theologischen Studien verwendete 
ihn sein General-Abt in mehreren Aemtern sowohl im 
Kloster zu Wien, wie auch ausserhalb in den Missions- 
anstalten der Congregation. Pius IX. ernannte ihn 1855 
zum Brzbischöf von Cäsarea i. p. 

General-Abt Bosagi Hess sich angelegen sein, die bis 
dahin bestehenden Kloster- oder Missionshäuser der Con- 
gregation in Born, Konstantinopel , Smjma, Triest und 
Aydin oder Güzelhissar (vormals Magnesia ad Mäandrum) 
nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern auch zu grösserer 
Thätigkeit zu erheben. Ausserdem wurden neue Missionen 
in Persien, Bukarest, Neusatz, später (1871) in Gross- 
Armenien (zu Erzerum, dann in Trebisonde oder Trapezunt) 
gestiftet. — In einigen dieser Hospizien, d. i. Konstanti- 
nopel, Smyma und Triest, gründete die Congregation 
(seit 1856) höhere Schulen (Gymnasien), zugleich Er- 
ziehungs -Anstalten zur Aufnahme und Erziehung von 
Knaben. — In den Missionshäusern von Konstantiuopel, 
Smyrna und Aydin wurden öffentliche Kapellen für das 
Volk mit Erlaubnis der respectiven Diöcesanbischöfe ge- 
gründet. — Im Jahre 1868—1859 wurde in Triest eine 
neue und schöne armenische Kirche, im Jahre 1874 in 
Neusatz ebenfalls eine neue (auf der Stelle der im Jahre 



— 259 — 

1848 abgebrannten) Kirche gebaut. — In Aydin üben die 
Mecbitharisten alle pfarrlichen Eecbte aus, nicbt nur für 
die Katholiken des armeniscben, sondern auch lateinischen 
Ritus. 

Kaum waren zwei Jahre nach der Gründung der Er- 
ziehungsanstalt in Triest vorüber, als schon, wegen des 
Andranges der neuen Zöglinge (aus einigen Provinzen des 
türkischen Eeiches wie auch aus anderen Ländern), Neu- 
bauten vorgenommen wurden. 

Die Erziehungsanstalt zu Triest wurde zu Folge eines 
Erlasses des k. k. Cultus- und Unterrichtsministeriums 
1860 gegründet und nach einigen Jahren von demselben 
Ministerium als öffentliche (höhere) Lehranstalt anerkannt 
und bestätigt. 

Der General-Abt liess von seinen Untergebenen ab- 
gefasste Schriften drucken, er selbst verfasste noch vor 
seiner Wahl ein armenisch-türkisches und ein türkisch- 
armenisches Wörterbuch, eine italienisch-armenische Sprach- 
lehre und den grösseren Theil eines italienisch-französisch- 
armenisch-türkischen Wörterbuches, welches im Jahre 1846 
veröffentlicht wurde. — Er gab (1846—1870) mit Hülfe 
zweier seiner Ordensmitglieder das Leben aller Heiligen 
des ganzen Kirchenjahres in zwei Bänden heraus und 
übersetzte Simers' Geschichte der christlichen Kirche. Diese 
armenische Uebersetzung wurde mit vielen Zusätzen und 
mit der Geschichte der armenischen Kirche von dem 
Wiener Mechitharisten P. W. E. (1872) veröffentlicht. 

Zum Behufe der Veröffentlichung der literarischen 
Arbeiten tagt im Kloster zu Wien seit mehreren Jahren 
nach Anordnung des General-Abtes eine wissenschaftliche 
Commission (Ausschuss) von vier bis sechs fähigen Mit- 
gliedern der Congregation. Die Hauptaufgabe dieser Com- 
mission ist die strenge Prüfung der wissenschaftlichen 
Werke, welche einzelne Mitglieder zur Herausgabe selb- 
ständig verfassen oder übersetzen. 

In dieser Weise wurde die Congregation zu einer 
morahsehen und geistigen Bildungsanstalt für die arme- 
nische Nation. 

Im Jahre 1869 wohnte Erzbischof Bosagi dem arme- 
nischen Nationalconcil zu Konstantinopel unter dem Vor- 
sitz des Patriarchen Hassun, im Jahre 1870 dem 

17* 



— 260 — 

Vaticanisclien Concile zu Rom bei. In Wien baute er eine 
neue Klosterkirclie, die auch dem katboliscben Volk ge- 
öffnet ist. Die Büdungsanstalt des Vereinshauses steht in 
voller Blüthe und verbreitet durch die aus derselben hervor- 
gehenden Missionäre Segen, sowie durch die vielen in 
armenischer Sprache veröffentlichten Werke Bildung unter 
der Nation der Armenier in Kleinasien. 

De. Paulus Hdnanian 
Generalvikar. 




Stift Melk in Niederösterreieh.*) 

I. 

n einer fceTtadlichen Gegend, mitten im Herzen 
Mederösterreiclis, erhebt sicli am rechten Ufer der 
Donau auf einem 180 Fuss hohen Granitfelsen, der 
auf drei Seiten steil abfällt, das Stift Melk, wel- 
ches durch seine Lage, Ausdehnung und Bauform die Auf- 
merksamkeit jedes Eeisenden in Anspruch nimmt. Zwar 
Hegt über Melks älteste Geschichte ein dichter Schleier 
gebreitet; allein gewiss ist, dass zur Zeit des C. J. Cäsar 
die römischen Adler siegreich bis an die Donau vorgedrungen 
waren, und dass an diesem mächtigen Strome die Römer 
zur Sicherung des eroberten Gebietes zahlreiche Eastelle, 
Burgen, Thürme, Wälle und Gräben errichteten, unter 
welchen auch das Kastell Namare war, das ohne Zweifel 
die Stelle des heutigen Melk eingenommen hat. Alle diese 
befestigten Plätze am rechten Donauufer wurden zur Zeit 
der Völkerwanderungen zerstört. Auch Namare hatte das 
gleiche Loos, und es ist erwiesen, dass es zu Anfang des 
6. Jahrhanderfcs nicht mehr bestanden hat. Eine grosse 
Umwälzung brachte der gewaltige Kaiser Karl der Grosse 
in unserer Gegend hervor, nachdem er 791 den barbarischen 
Avaren auf dem Wartberge an der Bnns eine grosse Nieder- 
lage beigebracht hatte. Nach deren gänzlicher Unter- 
werfung unter Pipin wurden, um das Licht des Glaubens 
zu verbreiten und das Land zu cultiviren, den bayerischen 
Bisthümem, Abteien und vornehmen Familien ansehnliche 
Landgüter theüs als freies Eigenthum, theils zu Lehen 
gegeben, in Folge dessen durch zahlreiche Einwanderimgen 
nicht nur viele neue Ortschaften entstanden, sondern auch 
viele alte mit neuen Namen besonders an der Donau sich 
erhoben. Unter diesen war auch Namare, zwar nicht als 
Kastell, sondern als eine friedliche Niederlassung von em- 
sigen Slaven, von welchen der Name Magalicha stammt. 

*) Der vorliegenden Skizze -wurde die Geschichte des Stiftes Melk 
Ton Ignaz Franz Keiblinger, Capitular zu Melk, zu Grunde gelegt. 



— 262 — 

Die erste Erwähnung unter diesem Namen gescMelit 
in der Urkunde v. J. 861, in welcher Eönig Ludwig der 
Deutsche dem Erzbischofe Adalwin die sämmtlichen Be- 
sitzungen des Erzstiftes Salzburg bestätigt. 

Den vielen räuberischen Eio^llen und Greuelthaten 
der Magyaren wurde durch den herrlichen Sieg der Deutschen 
auf dem Lechfelde am 10. August 955 ein Ziel gesteckt. 
Die furchtbaren Feinde wichen bis über die Erlauf zurück 
und setzten sich in der Grenzfestüng Melk fest — genannt 
die Eisenburg (castrum ferreum), wo Herzog Geysa residirte. 

Nach der Thronbesteigung des Kaisers Otto IL erhielt 
Leopold L, der Erlauchte, aus dem Greschlechte der Baben- 
berger die Ostmark, und er nahm durch jene Verwüstungen, 
welche die Ungarn an den Passauergütem anrichteten, ge- 
rechte Veranlassung, die Grenzen seiner Mark zu erweitem. 
Unter seiner Führung zogen die kampfbegierigen Schaaren 
gegen Medelik, das des Feiades zu spotten schien; allein 
Leopold und seine Ritter erstiegen und erstürmten die 
Eisenburg, die Barbaren flohen, verfolgt von dem Sieger, 
der sie bis über die Thaya und March drängte (984). Und 
nun verwandelte sich die heidnische Feste in eine christ- 
liche Residenz der Markgrafen. Von diesem kleinen Punkte 
aus nahm die Macht der Babenberger ihren Anfang, immer 
weitere Kreise ziehend, so dass man mit Recht sagen kann: 
Melk ist das Denkmal der Entstehung der österreichischen 
Monarchie. Zu gleicher Zeit (985) errichtete Leopold ein 
CollegiatstiPt für zwölf Chorherren aus dem Welt^riester- 
stande und versah sie mit dem nöthigen Unterhalte. 
Leopold starb zu Würzburg bei einem Ritterspiele an einem 
Pfeilschusse, der nicht ihm vermeint war, und seiu Leich- 
nam wurde zwei Jahre später am 11. Juli 996 zu Melk 
beigesetzt, wo auch seine Gemahlin Richarde ruht. 

Heinrich I., Leopolds erstgeborner Sohn, war sein Nach- 
folger. Unter seiner Regierung trug es sich zu, dass Colo- 
man, ein irischer Prinz, den königlichen Purpur mit dem 
Pilgerstabe vertauschte, und nach den heiligen Ländern 
wandern wollte. Aber in Stockerau wurde er für einen 
Spion der Mährer oder Ungarn gehalten, zu Gericht ge- 
schleppt, schuldig erkannt und zwischen zwei Räubern 
an einen Baum gehenkt. Dies geschah am 17. Juli 1012. 
Da aber an dem Leichnam nicht die geringsten Spuren 




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— 263 — 

der Verwesung zum Vorschein kamen, ausserdem an seinem 
Orabe sich mehrere Wunder vollzogen, änderte sich die 
Gesinnung der Bewohner, und der Leichnam des Märtyrers 
■wurde in einer Donauaue feierlich zur Erde bestattet. Es 
folgte eine grosse Ueberschwemmung, und Colomans Grab 
ragte unversehrt über den Pluthen empor. Als Markgraf 
Heinrich hiervon Kenntnis erhielt, Hess er Colomans noch 
rmverweste Leiche in feierlichem Zuge nach Melk bringen 
und in der Stiftskirche beisetzen, am 13. October 1014. 

Heinrich I. starb schon 1018 und wurde zu Melk be- 
graben, wo auch seine Gemahlin Meehtild ruht. Ihm folgte 
in der Regierung sein jüngerer' Bruder Adalbert (1018 bis 
1056). Mit seinem heldenmüthigen, leider zu früh gestor- 
benen Sohne Leopold kämpfte er stets glücklich gegen 
die Ungarn, welche den von ihm eroberten Strich Landes 
bis an die Leitha abtraten. Es ist kaum zu bezweifeln, 
dass zur Zeit, als Pabst Leo IX., welcher, gegen die Nor- 
mannen Hülfe suchend, in das kaiserliche Lager gekommen 
war und mit dem Kaiser durch die Ostmark zurück nach 
Regensburg zog, die Chorherren zu Melk sich des seltenen 
Glückes erfreuten, das geistliche und weltliche Oberhaupt 
der christlichen Welt innerhalb ihrer Mauern zu begrüssen, 
und nicht einmal mag das geliebte Melk dem Kaiser 
Heinrich IH. ein gastliches Obdach geboten haben. 

Die CoUegiatkirche zu Melk bekam vom Markgrafen 
Adalbert ein kostbares Andenken, nämlich eine ansehnliche 
Reliquie von dem Kreuze Christi. Adalbert starb 1056, 
und ruht zu Melk an der Seite seiner Gemahlin Prowiza. 
Ebendaselbst wnirde auch Adelheid, die Gemahlin des Helden 
Leopold H., beigesetzt. 

Ernst der Tapfere (1056—1075), Adalberts jüngster 
Sohn, wurde Markgraf von Oesterreich, Er bewahrte Kaiser 
Heinrich IV. die ergebenste Treue, welche er in der Schlacht 
an der TJnstrut (1075) mit seinem Blute besiegelte; sein 
Leichnam wurde nach Melk gebracht. An seiner Seite 
ruhen dessen Gemahlin Schwanhilde und jungfräuliche 
Tochter Judith. 

Von diesem Markgrafen erhielt das CoUegiatstift zu 
Melk die Lanze des h. Mauritius*) und einen Trinkbecher 



*) Ist nicht mehr vorbanden. 



— 264 — 

des h. TJlricli; femer das freieigene Gut Wikendorf (Weiken- 
dorf 1074). 

Sein Sohn und Nachfolger Leopold III. , der Schöne 
(1075 — 1096), übernahm die Regierung der Ostmark zur 
Zeit, als zwischen Pabst Grregor VII. und Kaiser Heinrich IV. 
jener unselige Kampf entbrannte, in "welchem er auf Seite 
des ersteren stand, und wodurch er in blutige Kämpfe 
verwickelt wurde, doch behauptete er sich in seiner Mark, 
und im Verein mit dem Bischöfe Altmann, dem Gründer 
von Göttweig, erwarb er sich die grössten Verdienste um 
Förderung der religiösen Bildung. Sein Tod erfolgte 1096, 
und sein Leichnam fand zu Melk seine Ruhestätte. Der 
merkwürdigste Akt dieses Regenten für Melk war die Auf- 
hebung des CoUegiatstiffces und die Gründung eines Bene- 
diktinerklosters daselbst. Dies geschah am 21. März 1089, 
an welchem Tage zwölf Benediktiner aus dem Stifte Lam- 
bach, an ihrer Spitze Abt Sigibold, in Melk ihren Einzug 
hielten. 

Leopold IV., der Heilige (1096 — 1136), wurde am 
29. September 1073 zu Melk geboren. Bald nach seinem 
Regierungsantritte erbaute er sich eine neue Residenz auf 
dem Kahlenberge; doch behielt er für Melk stets das 
freundlichste Andenken. Entschlossen, mit Kaiser Hein- 
rich IV. eine Heerfahrt in das heilige Land zu unternehmen, 
liess er sich (1104) in der Stiftskirche zu Melk durch den 
Bischof Ulrich von Passau feierlich das geweihte Ritter- 
schwert umgürten, und feierte am 1. Mai 1106 mit der 
Tochter Kaiser Heinrichs IV., Agnes, zu Melk seine Ver- 
mählung. Seinem erstgebomen Sohne Adalbert wurde zu 
Melk mit noch 120 adeligen Jünglingen die feierliche Auf- 
nahme, sowie die Rechte und Vorzüge des Ritterthums 
ertheilt. 

Nach dem Vermählungsfeste führte der Markgraf Leo- 
pold seine Gemahlin in die neue Burg auf dem Kahlen- 
berge, und die bisherige Residenz der Landesfürsten ging 
nim in den vollkommenen Besitz der Benediktiner über. 
Aber so oft es seine Geschäfte erlaubten, kam der edle 
Fürst in seine Geburtsstätte, um seine Gebete mit denen 
der Mönche gemeinschaftlich zu verrichten. Da die Stifts- 
kirche durch die Länge der Zeit, vielleicht auch durch 
Elementarereignisse sehr baufällig geworden war, so baute 



— 265 — 

sie Leopold vom Grunde neu auf und Hess sie am 13. Oct. 
1113 durch den Biscliof Ulrich einweihen. 

Wie gütig gesiimt dieser Regent dem Melker Stifte 
überhaupt gewesen, ersieht man aus seinen Schenkungen 
und der Sicherstellung der Klosterhesitzungen. 

Aht Sigibold starb 1116. Er hatte die erste und älteste 
Congregation mehrerer Benediktiner- Abteien zu Stande ge- 
bracht, die sich aber bald wieder löste. 

Abt Erchenfried (1121—1163) unternahm gleich nach 
der Wahl eine Reise nach Rom, und es wurden ihm vom 
Pabste Callixtus II, alle Freiheiten, Rechte und Besitzungen 
des Stiftes Melk bestätigt, was bei den beständigen Streitig- 
keiten mit dem habsüchtigen Bischof Regimas für unser 
Haus von grösstem Nutzen war. Inzwischen war auf Leo- 
pold V., Leopolds des Heiligen vierter Sohn, Heinrich II. 
Jasomirgott in der Regierung gefolgt, welcher durch Kaiser 
Friedrichs I. berühmten Freiheitsbrief erster erblicher Her- 
zog von Oesterreich und der damit für immer vereinigten 
Mark ob der Enns wurde (1156). Unter ihm wurde Wien 
des Landesfürsten Residenz, bekam den Stefansdom, sowie 
die Abtei zu den Schotten. Abt Erchenfried reiste im Jahre 
1163 zum zweiten Male nach Rom, erlag aber den Be- 
schwerden der Kreuzfahrt, nachdem er unter allen Aebten 
am längsten (41 Jahre) regiert hatte. Unter ihm erschien 
die erste und älteste Chronik von Melk; ebenso die Acta 
Sancti Colomanni Martyris, welche höchst wahrscheinlich 
den Abt Erchenfried zum Verfasser haben. 

Unter Abt Sighard (1163—1177) wurde der berühmte 
Kreuzpartikel, eia Geschenk des Markgrafen Adalbert, auf 
bisher unerklärte Weise entwendet und kam zu den Schotten 
nach Wien. Erst nach zwei Gottesurtheilen, wie die Sage 
erzählt, stellte man ihn wieder dem Melker Stifte zurück. 

Abt Conrad I. (1177 — 1203) sammelte über Aufforderung 
des Herzogs Leopold VI. eine Chronik: Literae de genea- 
logia principum Austriae, oder Literae Conradinae, welche 
unter den Quellen der österreichischen Geschichte, besonders 
des Stiftes Melk nicht die letzte Stelle behaupten. 

In diese Zeit fällt die Kreuzfahrt des Herzogs Leo- 
pold VI. (1190), sein Zerwürfiiis mit König Richard Löwen- 
herz und dessen Gefangennehmung (1192), Dadurch aber 
zog er sich den Kirchenbann zu. Um jene Zeit hatte unser 



— 266 — 

Vaterland mit Hungersnoth, Seuchen an Menschen und 
Thieren, TJeberschwenimungen, Feuersbrünsten und grosser 
Dürre zu kämpfen. Auch drohte das Interdikt den un- 
glücklichen Bewohnern den letzten Trost, den Trost der 
Religion zu nehmen, da geschah es, dass Leopold zu Graz 
auf dem Eise mit dem Pferde stürzte und am fünften 
Tage darauf, nachdem er früher von dem Eirchenbanne 
losgesprochen worden (1194), seinen Geist aufgab. Sein 
älterer Sohn, Friedrich I,, der Katholische, übernahm die 
Regierung, welche aber, als er auf dem Rückzuge aus 
Palästina gestorben war, an den jüngerenBruder Leopold VU., 
den Glorreichen, überging. 

Bei all den frommen Spenden und Schenkungen, deren 
sich das Stift Melk erfreute, hatten die Aebte kein be- 
neidenswerthes Loos, denn bei den fortwährenden Streitig- 
keiten, in die sie der Besitzungen wegen verwickelt wur- 
den, mussten sie einerseits alles aufbieten, die Rechte des 
Hauses zu wahren, anderseits wurde das Stift von vielen 
und schweren Unglücksfällen, von Krankheiten, Theuerung, 
Ueberschwemmungen, feindlichen Einfällen heimgesucht, 
und nur dem Geiste der Einigkeit, sowie einer verständigen 
Haushaltung, und oft grosser Einschränkung ist es zuzu- 
schreiben, dass es sich unter so vielen Stürmen zu be- 
hatipten vermochte. 

So brach unter Abt Eonrad IV. (1295 — 1306) am 
14. August 1297 aus unbekannter Ursache ein Brand aus, 
der das Eloster sammt dem von Leopold dem Heiligen 
erbauten Gotteshause und dem Bücherschatze in Asche 
verwandelte. 

Dem thatkräftigen Abte Ulrich II. (1306—1324) gelang 
es, das Stift vom Untergange zu retten. Mit vollem Rechte 
wurde er deshalb durch den Beinamen des zweiten Stifters 
ausgezeichnet. Ulrich war bekannt durch die unerschütter- 
liche Treue gegen seinen, von den eigenen Grossen und 
von den Bayern bekriegten Landesherrn Friedrich den 
Schönen. Zum Danke bestätigte und erweiterte derselbe 
die Privilegien der Abtei, und erlaubte ihr, Festungswerke 
anzulegen, Besatzung zu halten, und somit eine schirmende 
Landesfestung zu sein und zu heissen. Der Bau der neuen 
Stiftskirche wurde erst nach mehr als hundert Jahren voll- 
endet. 



— 267 — 

Unter dem Ä.bte Johann Badenbrunner (1360 — 1371) 
Hess Herzog Rudolf IV. anstatt des von Alter schadhaften 
und zu unansehnlichen Grabmales des h. Coloman in der 
Stiftskirche ein prachtvolles und kunstreiches Monument, 
woran auch ein Altar angebracht war, errichten*), und 
sowohl für die Lanze des h. Mauritius, als für den Kreuz- 
partikel eine neue kostbare Fassung verfertigen, und letz- 
teren inwendig mit Reliquien zieren (1363). Während jedoch 
die Reliquie des Kreuzholzes ihres Schmuckes gewärtig 
war, wurde sie zum zweiten Male entwendet. 

Otto Grimsinger, ein Bürger zu Emmersdorf, wusste 
sich unter dem Scheine von Rechtschaffenheit und Freund- 
schaft das Vertrauen der Stiftsgeistlichen zu erschleichen, 
imd am 10. November 1862 Nachts öffnete er mittelst 
nachgemachter Schlüssel die Sakristei, nahm daraus die 
Reliquie des Eieuzes, ein vergoldetes Prälatenkreuz, eine 
reichgeschmückte Infel, einige Kelche und Altargeräthe, 
flüchtete hierauf mit seinem Raube über die Donau und 
verbarg denselben in seinem Hause. Einige Zeit darnach 
fing sieh der Kirchenräuber in der eigenen SchHnge. In 
einem, dem Abte Johann zugestellten Briefe suchte er den 
Verdacht des Diebstahls auf den Stiftsprior zu wälzen, 
doch wurde die Handschrift bald als die eines gewissen 
Peter erkannt, welcher, am 28. November ergriffen, schon 
auf dem Wege nach dem Burgverliess von Weitenek den 
wahren Thäter angab. Kaum hatte dieser von Peters Ver- 
haftung gehört, so eilte er — ein schöner starker Manu 
— mit Schwert und Armbrust bewaffnet zur Donau und 
fuhr nach Schönbühel, kehrte aber heimlich in sein Haus 
zurück, wo er die übrigen Gegenstände sorgfältig verbarg 
und sich hierauf mit der Reliquie des Kreuzes nach Böhmen 
zum Kaiser Karl IV. auf den Weg machte. Als nach zwei- 
stündiger Wanderung seine Kraft von ihm wich, ging er 
in die Kirche von Laach am Jauerling, legte die Reliquie 
des Kreuzes unter das sogenannte Portatile des Frauen- 
altars, und irrte dann wieder in der Umgegend unstät 



*) Auf des Herzogs Befehl wurde der weisse Marmorstein, worauf 
der Sage nach das Blut Colomans floss, schon 1361 an dem Kirohen- 
thore hei St. Stefan zu ^ien, dem erzhischöf liehen Palaste gegenüber, 
mit vielen anderen Eeliqiuien eingemauert, wo er noch heute zu sehen ist. 



— 268 — 

■amlier. Endlich am 2. December wurde er im Hause seiner 
Schwester zu Emmersdorf ausgekundschaftet, den Händen 
des Gerichtes überliefert, und des begangenen Kirchenraubes 
und anderer Lasterthaten wegen am 21. December dem 
Peuertode überliefert. 

Unter dem ebenso gelehrten als humanen Abte Mcolaus 
Seyringer wurde nnser Stift eine Pflanzschule frommer und 
gelehrter Männer. Unter ihm und seinen Nachfolgern kam 
in diesem Jahrhunderte jene bedeutende Sammlung von 
Handschriften zu Stande, welche die Stiffcsbibliothek noch 
jetzt besitzt, und die nicht blos durch ihren Inhalt Werth 
haben, sondern zum Theile auch durch die Zierlichkeit 
und Sorgfalt, womit sie geschrieben siud, die nützliche 
Thätigkeit und den ausdauernden Fleiss unserer Ordens- 
brüder bezeugen. Unter ihnen sind vorzüglich Nikolaus 
von Röspiz, Peter von Klosterneuburg, Peter von Rosen- 
heim, Johann von Friesheim, Leonhard Peuger durch ihren 
frommen Sinn und Gelehrsamkeit als wahre Zierden ihres 
Ordens und Stifts merkwürdig. Leider war es diesem hoch- 
verdienten Abte unmöglich, die traurigen Folgen hintan- 
zuhalten, welche die häufigen Einfälle der Hussiten (1423 
bis 1432) verursachten, und wodurch dem Lande und 
dem Stifte ungeheurer Schaden zugefügt wurde. Nico- 
laus, „der erste Reformator Melks" und sein neunzig- 
jähriger Vater Konrad Seyringer von Matzen starben in 
derselben Nacht des Weihnachtsfestes, in derselben ersten 
Stunde nach Mittemacht, im nämlichen Hause — im Melker- 
hof zu Wien — am 26. December 1425. Ihre Leichen 
wurden den 27. nach Melk gebracht, und Yater und Sohn 
in einem Grabe beerdigt. 

Abt Leonhard von Straubing (1426—1433) vollendete 
den herrlichen Bau der Stiftskirche, welchen schon Abt 
Ulrich II. nach dem Brande 1297 begonnen hatte. Die 
feierliche Einweihung der Stiftskirche, in welcher 13 Altäre 
aufgestellt waren, wurde am 27. Februar 1429 durch den 
Passauer Weihbischof Andreas vollzogen. 

Abt Leonhard widmete der wissenschaftlichen Aus- 
bildung seiner Geistlichen die grösste Sorgfalt. Auch dessen 
Nachfolger Christian Eibensteiner (1433—1451) war ein 
grosser Förderer der Kunst und Wissenschaft und viele 
schriftstellerische Arbeiten stammen aus jener Zeit, ein 



— 269 — 

deutlicher Beweis, wie sehr man von der Wahrheit und 
Billigkeit abweicht, wenn man die Mönche des Mittel- 
alters mit dem gehässigen Vorwurf der Unwissenheit be- 
lastet. 

Damals entstanden, durch die inneren Unruhen und 
Zerwürfnisse leider begünstigt, zahlreiche Schaaren der so- 
genannten „Brüder", jene gefürchteten Verehie herrenloser 
Söldner, durch welche der Zustand der Staatsfinanzen für 
lange hinaus zerrüttet und Handel und Wandel gestört 
wurden. 

Im Jahre 1472 zog ein Streifcorps des Mathias Cor- 
vinus unter ihrem Führer Zeleny gegen Melk in der Ab- 
sicht, diesen festen Platz durch einen plötzlichen Ueber- 
fall zu nehmen. Doch der Feind musste nach einem 
hitzigen Gefechte weichen, steckte aber aus Rache bei 
seinem Abzüge den Meierhof des Stifts und die angrenzen- 
den Häuser in Brand. 

Bei den fortwährenden Feindseligkeiten zwischen 
Kaiser Friedrich und Mathias Corvinus war die treue 
Landesfestung Melk wiederholten Angriffen ausgesetzt. 
Ein ungarisches Heer erschien vor diesen unbezwungenen 
Mauern, konnte aber nichts dagegen unternehmen. 

Im Jahre 1485 ging die Heiligsprechung des frommen 
Markgrafen Leopold IV., welche für Melk besonders denk- 
würdig ist, vor sich, und dieses Fest wurde am 15. November 
zu Wien zum ersten Male gefeiert. — Nach dem Tode des 
Mathias Corvinus (1490) schloss der römische König 
Maximilian mit dem Könige Wladislav einen Vertrag. — 
Kaum war Waffenruhe eingetreten, so stand ein neuer 
Feind — die Seuche — auf, welche in Oesterreich be- 
sonders in den Jahren 1494 und 1495 herrschte. In Melk 
wüthete dieselbe im August 1495, und nahm einen grossen 
Theil der gesammten jungen Leute aus der Mitte der 
Lebenden hinweg. Im Jahre 1516 am 8. Mai fuhr ein Blitz- 
strahl in den hohen Thurm der Stiftskirche, dessen Kuppel 
sammt der Uhr und sechs Glocken verbrannte. — Der 
Winter des Jahres 1521 war ungemein milde; allein auf 
diese milde Witterung folgte eine ansteckende Seuche, 
woran aus einem Hause oft fünf bis sechs Menschen starben. 

Ein furchtbares Gewitter am 10. August 1523 ver- 
nichtete Alles , was Gärten und Felder trugen. Im Sep- 



- 270 — 

tember desselben Jahres blüliten die Bäume nochmals, am 
Colomanstage verkaufte man reife Erdbeeren, vierzehn Tage 
später fand man Veilchen und Rosen, — Um diese Zeit 
stand dem Stifte Abt Sigismund Taler (1504 — 1529) vor, 
und zweimal hatte Melk das Glück, seinen geliebten Landes- 
herm Maximilian I. in seinen Mauern zu sehen. Im Jahre 
1517 -wiederholte der Kaiser seinen Besuch, und versprach 
dem Kloster mehrere Geschenke. Aber der Tod vereitelte 
die Erfüllung dieser Verheissungen, -wie überhaupt die Aus- 
führung weitaussehender Entwürfe. Er starb zu Wels am 
12. Januar 1519. 

Für imser Vaterland kamen jetzt schwere Zeiten. 
Luthers Irrlehren hatten auch in Oesterreich Eingang ge- 
funden und aus Schwaben und den ßheingegenden wälzten 
sich die brausenden Wogen des Bauernaufstandes nach 
Salzburg und Oesterreich, während nach der unglücklichen 
Schlacht bei Mohäcz die Türken immer weiter gegen die 
Grenzen unseres Reiches vordrangen. Unter diesen traurigen 
Verhältnissen mussten die Klöster und Stifte den vierten 
Theil der geistlichen Güter als Kriegssteuer entrichten und 
fast alle Geräthe und Pretiosen abliefern. Dies war auch 
beim Stifte Melk der Fall; doch zum wahren Tröste des 
Conventes blieb die kostbare Fassung des Kreuzpartikels 
von der Ablieferung befreit. — Als die Osmanen im Jahre 
1529 bis Wien vorgedrungen waren und ia der Umgebung 
die schrecklichsten Verheerungen und Grausamkeiten ver- 
übten, blieb das befestigte Melk unangegrififen. 

Allein dem durch Feuer, Wasser, Bauernaufstand, 
Türkenkrieg, Irrlehren und Seuchen bestürmten Kloster 
wurden immer neue und grössere Anstrengungen auferlegt. 
— Unter Abt Michael Grien (1665 — 1564) kam Erzherzog 
Maximilian, Ferdinand I. ältester Prinz und Thronfolger, 
nach Melk, nahm die Sehenswürdigkeiten des Stifts in 
Augenschein und äusserte bei Besichtigung der Bibliothek 
das Verlangen, einige aus Ungarn hierher gebrachte, sehr 
kunstreich geschriebene Bücher in seine Privatbibliothek 
aufzunehmen, die ihm der Abt bereitwilligst nach Wien 
schickte. 

Der protestantischen Lehre waren nicht wenige Bürger 
Melks zugethan; dies führte zu grossen Misshelligkeiten 
zwischen letzteren und dem Kloster, das den Abt Urban I. 



— 271 — 

Perntaz (1564—1587) zum Vorsteher hatte. Dieser höchst 
achtbare, aber von den Bürgern angefeindete Mann um- 
gab den Markt Melk mit einer festen Mauer und Thürmen 
(1586). Inzwischen hatte der Krieg mit den Türken, welche 
die Strassen nach Wien und die Steiermark bedrohten, 
wieder begonnen und zugleich breitete sich der „Bauern- 
krieg" auch in Niederösterreich immer weiter aus, wodurch 
die Lasten und Leiden des Volkes noch vergrössert wurden. 
Abt Caspar (1587 — 1623) erhielt als „Principalcommissär" 
den Auftrag, mit den Rebellen zu unterhandeln, von denen 
bereits die Umgegend Melks besetzt war. Das Stift selbst 
war in grösster Gefahr; allein so grosses Ansehen hatte 
Abt Caspar, dass die Rebellen seinen Befehl, nur mit ein- 
geschlagenen Fahnen und gesenkten Wehren ruhig durch 
den Markt zu ziehen, genau befolgten. — Jetzt kam die 
sehnsüchtig erwartete Besatzung von nur 120 Mann und 
mit derselben war einige Beruhigung in die Gemüther ein- 
gezogen. Endlich wurden die räuberischen Horden bei 
St. Polten gänzlich geschlagen und fast aufgerieben (1597). 
Mathias, durch die Wahl der deutschen Fürsten Rudolfs 
Nachfolger, kam auf einer Reise zum Reichstage mit der 
Kaiserin Anna am 23. Juni 1613 nach Melk, übernachtete 
daselbst und setzte dann seine Reise fort. 

Bei der Abreise erbat sich die Kaiserin einen Partikel 
vom heiligen Coloman und bestieg hocherfreut über die 
fromme Gabe den Wagen. Später von dem Landtage zu 
Linz nach Wien zurückkehrend, nahm Mathias wieder 
das Nachtlager im Stift Melk. 

Abt Caspar, voll Eifer für die Herstellung der katho- 
lischen Religion, reinigte den Markt Melk von sektischen 
Lehren dadurch, dass er den Bürgern nur zwischen Aus- 
wanderung oder Uebertritt zur Kirche die Wahl Hess. 

Die wohlthätigen Früchte der Einigkeit in der Religion 
zeigten sich später in auffälliger Weise. — Denn da im 
Jahre 1619 Kloster und Markt Melk beinahe fünf Wochen 
von den protestantischen Ständen Oberösterreichs hart be- 
drängt wurden, waren jetzt die Melker Bürger bereit, für 
die gerechte Sache Gut und Blut einzusetzen. — An dem 
tapferen Widerstände scheiterten die Anstrengungen des 
belagemdeuFeindes, welcher am 20.DecemberdieBelagerung 
aufhob und seinen Rückzug nach Oberösterreich antrat. 



— 272 — 

Abt Caspar starb am 2. März 1623. — Dieser merk- 
"würdige Prälat bat in 36 Jabren seiner äbtlicben "Würde 
acbt Päbste auf St. Peters Stubl erhoben geseben, drei 
Kaisern ununterbrocben als ßatb und Klosterratbspräsident 
gedient, von 37 Novizen die Ordensgelübde abgenommen. 

Abt Valentin Embalner (1639—1675), ein Mann voll 
tiefen Wissens und unbeugsamen Muthes, war geschaffen, 
den drohenden Zeitverhältnissen Rechnung zu tragen. 

Im Jahre 1645 durchzog Torstensohn mit seinen sieg- 
reichen Schaaren Mähren, besetzte Iglau, und drang mit 
solcher Schnelligkeit in Oesterreich vor, dass selbst Wien 
sich in der grössten Gefahr befand. 

Auch Melk war bedroht, doch wagten die Feinde nicht, 
diesen wohlbefestigten Platz anzugreifen. Im Jahre 1648 
kam. der westphälische Friede zu Stande. Abgesehen von 
den Drangsalen des Krieges sind auch die Verheerungen, 
welche entfesselte Elemente anrichteten, in der Geschichte 
unseres Hauses verzeichnet. Unter Abt Valentin wurde 
ein grosser imd tiefer Keller unter dem Kloster in dem 
Felsen ausgehauen und mit den ausgebrochenen Steinen 
die grosse Bastei erbaut (1652). 

Ein besonderer Freund der Gelehrsamkeit und der Ge- 
lehrten, verstand er es, den Sinn für Wissenschaft und 
Kunst zu wecken und zu fördern. Die Stiffcscapitularen 
Philipp Utz und Ludwig Engl lehrten an der Universität 
zu Salzburg mit grossem Erfolge, Augustin Kürzinger und 
Ullrich Nycher zeichneten sich im Fache der Musik aus. 

Abt Gregor Müller (1679—1700) hatte all der Seelen- 
stärke und Charakterfestigkeit nöthig, deren er sich rühmen 
konnte, um den Stürmen der Pest, des Krieges und anderer 
Trübsale eine eherne Brust entgegenzusetzen. — Das Un- 
glücksjahr 1683 kündigte sich dem Stifte durch eine schreck- 
liche Feuersbrunst an, welche am 25. Januar nach Mitter- 
nacht den grossen Kirchthurm und sieben Glocken zer- 
störte. — Aber bald sollte eine ungleich grässlichere Flamme 
am vaterländischen Horizonte auflodern und furchtbares 
Elend verbreiten. Mohamed IV. wurde von ungarischen 
Missvergnügten, an ihrer Spitze Emerich Tököly, gegen 
den Kaiser zu Hülfe gerufen und imvermuthet schnell stand 
Grossvezier Kara Mustapha mit ungeheurer Heeresmacht 
vor Wien. Nun begann die weltgeschichtliche merkwürdige 



— 273 — 

Belagerung der Residenz, -welche vom 14. Juli bis 3. Sep- 
tember 1683 dauerte. 

Abt Gregor befestigte das Stift und den Markt in so 
vorzüglicber Weise, dass die feindlichen Horden auf das 
eiserne Melk keinen AngrifiF -wagten. 

Der 12, September 1683 -war der Tag des herrlichen 
Sieges der christlichen Heere vor Wien. 

Kaiser Leopold kam am 17. September von Linz nach 
Melk und ver-weilte bis zum dritten Tage im Stifte. Abt 
Gregor -war nun unablässig bemüht, die erlittenen Schäden 
möglichst zu beseitigen und sein Unternehmen vrurde mit 
dem besten Erfolge gekrönt. 

Bei der Theuerung (1695) Hess der menschenfreund- 
liche Abt Getreide nach Melk bringen und um -wohlfeiles 
Geld vertheüen. — Ueber den vielen Geschäften vergass 
er nicht, den Sinn für Frömmigkeit und Wissenschaft zu 
■wecken und zu nähren. 

Zu Anfang des Schuljahres 1684 errichtete er im Stifte 
die Lehrkanzel der Philosophie und speculativen Theologie, 
und die Hauslehranstalt für die Gymnasialstudien, an -welcher 
vorher nur vier oder fünf Zöglinge Theil nahmen, wurde 
in kurzer Zeit so blühend, dass in Gregors Sterbejahr (1700) 
hier fünfzig Jünglinge Unterricht in den Humanitäts-wissen- 
schaffcen erhielten. Unter diesem Prälaten begannen die 
beiden Freunde, Bibliothekar Anselm Schramb und Archivar 
Philibert Hueber,' ihre literarische Thätigkeit. Ersterem 
verdanken -wir das äusserst -werfchvoUe Chronicon Mellicense 
(1702); letzterer schrieb Apparatus chronicus Austria 
ex archivis Mellicensibus illustrata, und -war eben daran, ein 
Diplomatarium austriacum dem Druck zu übergeben, als 
er vom Tode überrascht -wurde. 

Auf Abt Gregor folgte Berthold von Dietmayr (1700 bis 
1739). Obwohl erst 30 Jahre alt, wusste er in kürzester 
Zeit sich das grösste Ansehen zu verschaffen. Mitten unter 
den Kriegsstürmen, welche ringsum tobten, gab Abt Berthold 
seinen gleich anfangs gefassten Lieblingsgedanken, das 
ganze Stiffc umzubauen, nicht auf, und zu diesem riesigen 
Werke ward in der Person des Jacob Prandauer, Baumeisters 
in St. Polten, der rechte Mann gefunden. Am 29. Juni 1702 
schritt man zum Baue der neuen Stiftskirche und der übrigen 
Gebäude. — Im Jahre 1736 war ein Werk vollendet, das 

Ein Benediktinerbuch. , 18 



— 274 — 

seither als eine wahre Zierde Oesterreiclis und des ganzen 
Donanstromes prangt. Nebstdem wurde nichts vergessen, 
was zur Ehre Gottes und Verherrlichung des Gottesdienstes 
beitragen konnte. 

Unter ihm entstand auch die Wasserleitung, durch 
welche mittelst eines Druckwerkes über eine Stunde weit 
das Stift mit gesundem Wasser versehen wird. 

Zu den grossen Mühen im Hause, kam noch die Bürde 
der Arbeiten, welche Abt Berthold im Dienste des Staates 
und derniederösterr. Ständeauf sichnahm. Erwurde zum Yer- 
ordneten des Prälatenstandes gewählt und hatte sich als 
Rath dreier Kaiser, Leopolds, Josefs und Karls, der vorzüg- 
lichen Gnade dieser Fürsten zu erfreuen. Ausserdem ver- 
stand es dieser seltene Mann, den kirchlichen Sinn und 
wissenschaftlichen Geist in dem Grade zu wecken, dass 
Melk eine Stätte der Religion, ein Sitz für Kunst und 
Wissenschaft, ein Verein von Männern WTude, wie sie zu 
erziehen' der Orden des heiligen Benedikt vorzugsweise be- 
stimmt und geeignet ist, und es erscheint als eine heilige 
Pflicht, einiger von diesen Männern, wenn auch in Kürze 
zu gedenken. Als Sterne erster Grösse leuchten die Ge- 
brüder Bernhard und Hieronymus Pez, beide zu Ibbs ge- 
boren. Von den vielen Werken Bernhards führen wir nur 
an: Thesaurus anecdotorum novissimus in fünf Poliobänden, 
das noch jetzt eine unerschöpffce Fundgrube für Geschichts- 
forschung bildet, von Hieronymus : Scriptores reriim austria- 
carum, welches die vorzüglichsten Quellen zum Studium 
der Landesgeschichte aus dem Mittelalter angiebt; von 
Kropf: Bibliotheca MeÜicensis u. a. m. Bertholds Verdienste 
wusste man auch zu würdigen, da ihm der Beiname „Edel- 
steia der Aebte" beigelegt wurde, 

Abt Adrian Pliemel (1739 — 1745) sah den Kurfürsten 
von Bayern Karl Albrecht und seine Gemahlin mit dem 
Kurprinzen Maximilian Josefund dreiPrinzessinnen als Gäste. 
— Drei Tage später kam auch die Kaiserin Wilhelmina 
Amalia hierher, welche dem Stifte eine kostbare Monstranz 
verehrte. — Als im darauffolgenden Kriege im Jahre 1741 
die Franzosen bis Melk vorgedrungen waren, fiel ihnen 
zufällig Abt Adrian in die Hände, welchen sie gefangen 
mit sich fortführten, aber bald wieder fcei lassen mussten. 
Im Jahre 1743 am 3. Juli übernachtete die Kaiserin Maria 



— 275 — 

Theresia im Stifte Melk und wiederholte ihren Besuch im 
Jahre 1745. 

Abt Urban Hauer (1763—1785) leistete dem Staate 
■wesentliche Dienste als Mitglied der Erbsteuer-Hof-Com- 
mission, als Verordneter und Ausschuss des Prälatenstandes. 
Um xmser Haus machte er sich sehr verdient, theils durch 
Wiederherstellung und Verschönerung, theils durch Er- 
bauung neuer Gotteshäuser. Er vergrösserte femer den 
Stiftsgarten und umschloss ihn mit einer Mauer, erbaute 
das Schloss Bielach und liess auf den Wunsch der Kaiserin 
Maria Theresia den Melkerhof in seiner jetzigen Gestalt 
aufführen. Als in FoJge des Hubertusburger Friedens der 
Erzherzog Josef am 27. März 1764 zum römischen Könige 
gewählt und am 3. April gekrönt wurde, nahm Kaiser 
Franz I. auf der Eeise nach Frankfurt das Nachtlager im 
Kloster. 

Auf der Rückreise nach Wien kam ihm die Kaiserin 
Maria Theresiabis Melk entgegen und brachte denCharsams- 
tag und Ostersonntag in Melk zu. — Dieser Abt erweiterte 
und bereicherte die Bibliothek und Münzensammlung, und 
das Stift konnte sich vieler um Kunst und Wissenschaft 
hochverdienter Männer rühmen, so des Archivars Beda 
Schuster, des Lateiners Odilo Pök, der Chordirectoren 
Robert Kimmerling, G. Albrechtsberger, Cajetan Andorfer, 
Rupert Helm amd Maximilian Stadler*). Im Jahre 1782 
am 22. April kam Pabst Pius VI. auf der Rückreise von 
Wien Nachmittags in Melk an, wo er feierlichst empfangen 
wurde. Von der Prälatur aus segnete er das zahlreich 
versammelte Volk und am 23. April Vormittags trat er 
seine Weiterreise an. Abt Urban hatte das Glück, die Feier 
seines fünfzigjährigen Priesterthums festlich zu begehen; 
nachdem er die Uebertragung des Bisthums von Wienerisch- 
Neustadt nach St. Polten noch erlebt hatte, starb er am 
17. October 1785. Sein Ableben hatte eine Art von Inter- 
regnum zu Folge, welches die Reihe der Regulär- Aebte 
unterbrach und vier Jahre dauerte. Nach einer Verordnung 

*) Der Singverein von Melk hat am 12. Jnli 1879 an dem Hause 
Nr. 9 in Melk an der StrassenBeite eine Marmortafel mit der Inschrift : 
In diesem Hause wurde Ahhö Maximilian Stadler am 4. August 1748 
geboren, eingefügt und damit eine einfache, aher entsprechende Feier- 
lichkeit Terbunden. 

18* 



— 276 — 

Josef II. sollten in sämmtliclien hierländischen Stiften 
Commendatär-Aebte und kanonisch, gewählte Prioren an 
die Stelle der bisherigen Prälaten treten. 

Die ersteren hätten die Temporalverwaltung zu führen, 
die Prioren die geistlichen Angelegenheiten zu ordnen. 
Für Melk ernannte Kaiser Josef zum Commendatär-Abt den 
Piaristen Josef Christian Pengier, zum kaiserlichen Prior 
wurde von seinen Mitbrüdem Ulrich Petrak gewählt. Nach 
der Beförderung Penglers zum Bischöfe von Raab in Ungarn 
trat an dessen Stelle mit kaiserlicher Ernennung Isidor 
Payrhuber, Verwalter der Stiftsherrschaft Leesdorf. 

Kaiser Leopold II., Josefs Nachfolger, gab den Stiften 
die Erlaubnis, wieder Regular-Prälaten zu wählen, und 
die Wahl fiel auf Isidor Payrhuber (1790—1809), der auch 
das in ihn gesetzte Vertrauen vollkommen rechtfertigte. 
— In dem darauf folgenden zweiten französischen Kriege 
hatten Stift und Markt Melk nicht wenig von den zahl- 
reichen Durchmärschen und Contributionen zu leiden, bis 
der Friede von Luneville (1801) dem Elend ein Ende machte. 
Allein die überstandene Gefahr erschien neuerdings schon 
nach vier Jahren im dritten Kriege mit Frankreich, 

Die Capitulation Macks zu Ulm (1805) war für Oester- 
reich die Quelle unsäglichen Elends. — Das russische 
Hülfscorps mit den Trümmern der österreichischen Armee 
erschien schon am 6. November in Melk und Umgegend 
und marschirte gegen St. Polten, während der Feind auf 
dem Fusse gefolgt war. Melk sah nacheinander Murat, 
Soult, Ordonna Vandamme; am 10, November gegen 
elf Uhr erfolgte unter dem Geläute aller Glocken, in zwei 
achtspännigen Wagen die Ankunft des Kaisers Napoleon, 
welcher gegen den Prior Ferdinand Altman und gegen 
die Geistlichen überhaupt sich sehr gnädig zeigte, das 
Stift und den Garten mit Wohlgefallen besichtigte und am 
folgenden Tage seine Reise nach St. Polten fortsetzte. An 
demselben Tage Nachmittags kam Marschall Bernadotte, 
und brach am 15. November Nachmittags wieder auf, nach.- 
dem er im Stifte Melk auf Napoleons Befehl ein stabiles 
Feldspital errichtet hatte. Die grosse Freude über den 
Waffenstillstand nach der Schlacht bei Austerlitz wurde 
in Melk dadurch verbittert, dass durch den Eigensinn des 
Kapitän Tricard eine bedeutende Anzahl russischer Soldaten 



— 277 — 

das Leben verlor. Es -wurden nämlich bei 500 kriegs- 
gefangene Russen im hohlen Ramne der nördlichen Bastei 
zusammengedrängt. Diese hatten sich in der dortigen Eis- 
grube Feuer gemacht, und da der aufsteigende Rauch keinen 
Ausgang fand, kamen bei 200 dieser Unglücklichen ums 
Leben. 

Nach Abschluss des Pressburger Friedens (26. Febr.) 
begab sich Napoleon nach München, während der Rück- 
zug der französischen Truppen seinen Anfang nahm. 

Dass hierbei Stift undMarkt hart mitgenommen wurden, 
ist selbstverständlich; am übelsten benahm sich General 
Vandamme, welcher hier vom 15. bis 24. Januar hauste. 

Am 27. Januar zogen die letzten französischen Soldaten 
hier durch, und das Lichtmessfest wurde nach so vielen 
Draugsalen mit freudigem Herzen begangen. Am 6. August 
1806 entsagte Franz 11. der deutschen Kaiserkrone. 

Leider war der Friede nur von kurzer Dauer. Schon 
im Jahre 1809 begann die vierte Periode des grossen Kampfes 
zwischen Oesterreich und Frankreich. Die Franzosen, mit 
den Völkern des Rheinbundes vereinigt, überschritten die 
Grenzen Oesterreichs, und schon am 7. Mai rückten die 
ersten französischen Jäger zu Pferde hier ein, unter Lannes 
und Oudinot. Um halb sieben Uhr Abends verkündigte 
das Feiergeläute aller Glocken die Ankunft Napoleons, der 
wie das erste Mal vom ganzen Convente empfangen wurde. 
Er war wieder sehr gnäcfig gegen den Prior Christof Sporrer, 
erkundigte sich aber um verschiedenes aufs genaueste: ob 
der Kaiser oder ein Prinz im Stifte gewesen, was man 
von diesem Kriege denke, welche Minister, Beichtväter 
unser Kaiser am Hofe habe, welche Revenuen, wie viel 
Wein das Stift besitze u. s. w. 

Am 8. Mai ging Napoleon mit dem Prior in den Garten, 
und äusserte im Laufe des Gespräches lächelnd: „Meine 
Truppen haben heute einen guten Tag bei Ihnen, aber 
der Wein schmeckt ihnen nicht so gut wie vor vier Jahren." 
Prior Christof erwiderte: „Wir geben den Wein, wie er 
in den Keller kam." Hierauf ging der Kaiser lächelnd den 
kürzesten Weg in den Hof zurück, schwang sich auf das 
bereitstehende Pferd und ritt mit den Worten: „Adieu, 
mon Prieur!" fort nach St. Polten. Nach den Schlachten 
von Aspern und Wagram wurde im Stifte wieder ein Feld- 



— 278 — 

sj)ital errichtet. Am. 14. October wurde der Frieden von 
Wien geschlossen, und am 16. October übernachtete Na- 
poleon im Stifte, liess aber Niemand vor, und reiste am 
andern Morgen weiter. 

Abt Isidor hatte sich, alt und krank, auf den Rath 
der Aerzte nach Leesdorf bei Baden begeben; eia wieder- 
holter Schlagfluss endete sein Leben. Nach vielen Weit- 
läufigkeiten wurde endlich dem Stifte die Bewilligung er- 
theilt, am 12. October 1810 zur Wahl eines neuen Prälaten 
zu schreiten, welche auf Anton Karl Reyberger (1810 bis 
1818), RegieruDgsrath und Professor der Moraltheologie an 
der Wiener Hochschule, fiel. Anton übernahm die höchst 
schwierige Aufgabe, die tiefen Wimden, an welchen Melk 
in Folge der traurigen Kriegszeiten blutete, zu heilen. 
Allein, die bekannte grosse Finanzoperation im Jahre 1811, 
grosse Feuersbrünste, ein fünfter Kneg mit Frankreich^ 
die Theuerungsjahre 1816 imd 1817 und andere missliche 
Umstände standen den Bemühungen, den Wohlstand des 
Stiftes zu heben, im Wege, daher man sich nicht wundern 
darf, dass sich der Veimögensstand des Stiftes bei Antons 
Tode keineswegs als beruhigend darstellte. Dieser Prälat 
verband mit der öffentlichen Unterrichtsanstalt auch ein 
Convikt für ungefähr vierzig Zöglinge, welche in den Lehr- 
gegenständen , in lebenden Sprachen und in der Musik 
Unterricht erhielten. Auch das eingegangene Sänger- 
Alumnat rief er wieder ins Leben. 

Grosse Verdienste um Förderung der Musik erwarben 
sich Adam Krieg, Florian Maynoli und besonders Robert 
Stipa. Als Schriftsteller sind zu verzeichnen-: Alexander 
Galle, Eduard Witzig, Alois Stupfel. Nachdem der grosse 
Schlachtenkaiser Napoleon den Palast der Tuüerien mit 
dem Felsensitze auf Elba vertauscht hatte, langte am 
20. Mai 1814 die Kaiserin Maria Louise mit ihrem Sohne 
Napoleon Karl Franz im Stifte Melk an, um Nachtlager 
zu halten. Am 1. August wurden wir durch einen Besuch 
des Grossherzogs Ferdinand von Toskana und des könig- 
lichen Prinzen Anton von Sachsen ausgezeichnet, und am 
.18. September erwiesen Ihre Majestät die Kaiserin Karolina 
Augusta dem Stifte die Ehre, die Merkwürdigkeiten des- 
selben zu besichtigen. Abt Anton, schon längere Zeit 
kränklich, stürzte in seiner Wohnung zu Wien am 3. Oct. 



— 279 — 

1818 plötzlich, zusammen und gab in Folge eines Schlag- 
flusses sogleich seinen Geist auf. 

Abt Marian Zwinger (1819 — 1837) war sterbenskrank, 
als er zum Vorstand des Stiftes gewählt wurde. Seiner 
angestrengten Thätigkeit gelang es, den verworrenen ma- 
teriellen Zustand des Hauses zu ordnen, imgeachtet der 
grossen Schäden, welche Elementarereignisse an Stiftsgütern 
verursachten. IJm jene Zeit hat unser Haus mehrere hohe 
Besuche zu verzeichnen; im Jahre 1824 geruhten Se. kais. 
Hoheit Erzherzog Franz Karl, bald darauf Se. Majestät 
Kaiser Ferdinand, noch als Kronprinz, undl825 Ihre Majestät 
die Kaiserin Karolina Augusta mit der Frau Erzherzogin 
Sophie, wie auch Se. Eminenz Erzherzog Rudolf das Stift 
zu besiclitigen. Ein grosser Pesttag für unser Haus war 
auch, der 6. October 1835, an welchem Tage Abt Marian 
sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum feierte, und bei wel- 
cher Gelegenheit er durch Verleihung des Ritterkreuzes 
des kaiserl. österreichischen Leopolds-Ordens ausgezeichnet 
wurde. 

Was der Wunsch und die Hoffnung Aller gewesen, den 
verdienstvollen Prälaten noch manches Jahr wirken zu sehen, 
erfüllte sich nicht; denn am 20. October 1837 schloss der 
allverehrte Greis seine müden Augen zum Schlummer des 
Todes. 

Die fast einstimmige Wahl (10. Januar 1838) fiel auf 
Wilhelm Eder, jenen Mann, der seinem Vorgänger mit aller 
Gewissenhaftigkeit rathend und helfend zur Seite gestanden. 
— Durch seine Umsicht und Thätigkeit hob sich zusehends 
der Wohlstand des Hauses, weshalb auch auf Restauration 
des Stiftes, einzelner Gotteshäuser und Pfarrhöfe, sowie 
auf den Ankauf neuer Güter manche Summe verwendet 
werden konnte. Und als im Jahre 1847 die grössere Hälfte 
des Marktes sammt dem Stiftsmeierhof und den Wirth- 
schaftsgebänden in Flammen aufloderte, war es Wilhelms 
erste Sorge, Hülfe zu schaffen und den Aufbau zu ermög- 
lichen. Auch brannte (1862) die ganze Dachung des Melker- 
hofes in Wien ab , die der unermüdliche Abt wieder her- 
stellen und einen neuen Stock aufsetzen Hess. Unter ihm 
wurden dem Gymnasium und dem Convikte neue Räumlich- 
keiten erschlossen, das Gymnasium selbst zu einer acht- 
klassigen Lehranstalt erweitert, ein physikalisches Kabinet 



— 280 — 

eingerichtet und die Gymnasialbibliothek ins Leben gerufen. 
Für seine vielen Verdienste um Kirche und Staat wurde 
ihm von Sr. Majestät das Comnaandeurkreuz des kaiserlichen 
Leopoldsordens verliehen. Der körperlich und geistig noch 
kräftige 86jährige Greis wurde am 24. September 1866 
ganz unerwartet von der Cholera hinweggerafft, nachdem 
er 62 Jahre als Priester \ind zugleich als Abt 28 Jahre 
unermüdet gewirkt hatte. Um diese Zeit lebten die Stifts- 
capitularen Michael Enk de Burg, Theodor Mayer und 
Ignaz Keiblinger, die durch ihre literarischen Arbeiten sich 
einen bleibenden Namen geschaffen. 

Sein Nachfolger, Abt Clemens Moser (1867 — 1875), er- 
baute neue Pfarrhöfe in Groissenbrunn und Zwemdorf, wie 
auch den schönen gothischen Thurm an der Pfarrkirche 
zu Melk, erweiterte die Eäume der Bibliothek und hatte 
gar schöne Pläne für die Zukunft entworfen, die jedoch 
durch seinen Tod am 15. Februar 1875 vereitelt wurden. 
Unter ihm ist Vöslau, eine Filiale von Gainfarn, zar selb- 
ständigen Pfarre erhoben worden. 

Der 62. Abt des Stiftes Melk ist Alexander Karl, ge- 
boren zu Grund in Niederösterreich 1824, gewählt am 
16. Juni 1875. Bekannt durch seinen Eifer, sich um Kirche 
und Staat verdient zu machen, wurde er durch die besondere 
Huld Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef schon im Jahre 
1876 als lebenslängliches Mitglied in das hohe Herrenhaus 
berufen, und 1878 als Abgeordneter in den niederösterreichi- 
schen Landtag gewählt. Die verschiedenen Anordnungen 
und Verbesserungen, welche seine kurze Verwaltung kenn- 
zeichnen, lassen sich füglich noch nicht in die Geschichte 
der Gegenwart einbeziehen; deren volle Würdigung ist der 
Zukunft vorbehalten: doch das Eine darfauch schon jetzt 
nicht verschwiegen werden, dass vom Abte Alexander der 
vollständige Ausbau des Stiftes durch Aufbau eines neuen 
Traktes an der Nordseite durchgeführt wurde, nicht nur 
um für das Gymnasium und Convikt neue Räumlichkeiten 
zu gewinnen, sondern auch, um hierdurch bisher unbenutzte 
Lokalitäten in Gebrauch zu bringen. In welch glänzender 
Weise dies gelungen, beweist der Umstand allein, dass 
jetzt im Convikte 132 Zöglinge Aufnahme finden. Nach 
den bisherigen Erfolgen darf man sich der sicheren Hoff- 
nung hingeben: Abt Alexander werde zur reichhaltigen 



— 281 ~ 

Geschichte des Stiftes Melk ein neues, um und das Haus 
ehrendes Blatt hinzufügen! 

n. 

Imposant ist der Eingang in das Stift Melk. Rechts 
und links erheben sich zwei gewaltige Bastionen, welche 
durch einen Zwischenbau verbunden sind, in dessen Mitte 
das Eingangsthor sich befindet. Auf beiden Seiten erheben 
sich die zwei kolossalen Statuen des h. Leopold und des 
h. Coloman, und über dem Thore liest man die Jahreszahl 
1718 zur Erinnerung, dass in diesem Jahre die Haupt- 
gebäude des Stiftes in ihrer jetzigen Gestalt grösstentheils 
vollendet waren. Am Giebel des Portals funkelt ein Stern, 
und mahnt an das Wappen des Erbauers Berthold von 
Dietmayr. In der Decke des Eingangsgewölbes zeigt sich 
eine runde Oeflhung, der „reisende Metzen" (modius defluus) 
genannt, weil die Körnerzehente einst die Haupteinnahms- 
quelle des Klosters bildeten. Durch dieses Thor gelangt 
man in den ersten Hof, in welchem rechts der Aufgang zum 
k. k. Obergymnasium angebracht ist; dem Thore gegen- 
über erscheint die schöne Fronte der Ostseite des Haupt- 
gebäudes mit der Einfahrt. An derselben sind zu beiden 
Seiten zwei Säulen mit den Statuen der Apostel Petrus 
und Paulus und zwei Obelisken mit goldenen Kugeln; in 
der Mitte das Stiftswappen, zwei goldene in Form eines 
Andreaskreuzes übereinander gelegte, mit den Schliess- 
blättem aufwärts gekehrte und durch einen gemeinschaft- 
lichen Griff verbundene Schlüssel im blauen Felde; ober- 
halb eine Uhr und darüber in goldenen Lettern die Worte 
des Apostels: Absit gloriari nisi in cruce. Zu oberst ist 
eine Nachbildung des Melker Kreuzes aus vergoldetem 
Metall aufgestellt. Das Gewölbe der Einfahrt ruht auf vier 
Pfeilern und acht Säulen, ist im Viereck durchbrochen, 
das ein Geländer umgiebt. Die Decke zeigt ein Fresko- 
gemälde von F. Schilcher mit Arabesken von Proksch. 

Nun kommt der Prälatenhof, so genannt, weil die dem 
Einfahrtsthore gegenüber liegende Fronte als Prälaten- 
wohnung dient. Die Mitte des Hofes schmückt ein steinernes 
Bassin mit einem schönen Springbrunnen; an den vier 
Frontispicen erheben sich, umgeben von steinernen Figuren 
und Vasen, vier Mittelschilder mit Fresken, welche die vier 



— 282 — 

sittliclieii Tugenden versinnliclien. Der Trakt rechts vom 
Bescliauer (die Donauseite) enthält die Wohnungen der 
Geistlichen und den Convent, welcher mit der Bibliothek 
seinen Abschluss findet. Der linke Flügel (die Marktseite) 
nimmt die ganze Breite des Stiftes gegen Süden ein, und 
enthält das Sängeralumnat, Musik-, und Prüfungssäle, das 
mineralogische Kabiuet und die Gastzimmer, daher dieser 
Trakt gemeiniglich der Gaststock genannt wird. Von der 
Mitte des Parterres aus führt eine breite Doppelstiege in 
die beiden oberen Stockwerke. In der Prälatur ist der 
Empfangssaal und die Hauskapelle sehenswerth. Auf dem 
Altare der letzteren sind drei schöne Oelgemälde, Jesus, 
Maria und Johannes von Albrecht Dürer, eiue Doppebeihe 
von altdeutschen Gemälden auf Holz , wahrscheinlich von 
Albrecht Dürers Schüler Altdorfer u. m. a. Die Fresken 
in der Kapelle sind von Johann Bergl (1782), die des Saales 
von Scanzoni (1719). In letzterem findet sich eine kleine 
Sammlung von Gemälden von verschiedenen Meistern und 
verschiedenem Werthe. In den übrigen Räumen finden 
wir noch: Drei Frauen am Grabe Christi von Rottenhamer, 
Maria mit dem Kinde, eine Geburt Christi, Monte Casino, 
die h. Katharina von Bellini, Christi Erscheinung von Van 
Dyk, die drei Frauen am Grabe Christi von Jordans, das 
Haupt des Johannes, zwei Thierstücke, der Entsatz von 
Wien 1683, endlich Abbildungen des Stiftes, der Stifts- 
pfarren und Herrschaften von Franz Meyer (1769). Neben 
dem Eingange in die Prälatur hängen die lebensgrossen 
Bildnisse des Kaisers Franzi, und der Kaiserin Maria Theresia 
von Martin von Meytens. Die ganze 320 Schritte lange 
Halle des ersten Stockwerkes ist mit Oelbildern von Josef 
Grahner (Grebmer), einem Schüler Trogers, geziert, welche 
in chronologischer Reihe sämmtliche Markgrafen, Herzoge 
und Kaiser Oesterreichs darstellen. Auch findet man da- 
selbst das Porträt des Abtes Berthold im akademischen 
Schmucke und das des Baumeisters Jakob Prandauer. Die 
historischen Skizzen unter den Gemälden sind vom Melker 
Priester Martin Kropf. 

An das westliche Ende der Halle schliesst sich der 
Kaiser- oder Marmorsaal an, dessen Decke auf 24 Säulen 
ruht. Das Freskogemälde stammt von Paul Troger, die 
Architektur von Fanti. 



— 283 — 

Dem Marmorsaale gegenüber erhebt sieb ein ganz äbn- 
licbes Gebäude, die Bibliothek, -welche mit ersterem durch 
eine halbkxeisförmige, mit steinerner Brustwehr versehene 
Gallerie verbunden ist. Yon hier aus geniesst man eine 
herrliche Aussicht auf die Donau und die umliegende Gegend, 
welche von nahen Bergen und fernen Gebirgen eingerahmt 
ist. Wir wenden unsem Blick auf die entgegengesetzte 
Seite, und dem Auge zeigt sich die westliche Pa9ade der 
Kirche mit dem Haupt- und zwei Nebenthoren. üeber 
den letzteren ragen zwei herrliche Thürme in die luftige 
Höhe, zwischen welchen sich drei kolossale Statuen zeigen, 
von denen die mittlere Christum mit dem Kreuze darstellt, 
zwei Engel an der Seite. 

In den Thürmen hängen fünf Glocken; die vier kleiueren 
in dem einen, die fünfte und grösste, welche 140 Centner 
wiegt, ist in dem anderen untergebracht. Die Bibliothek 
erfreute sich von jeher der grössten Sorgfalt. Leider konnten 
bei dem grossen Brande am 14. August 1297, welcher Stift 
und Bibliothek in Asche legte, nur wenige Bücher gerettet 
werden. Solche gerettete Kostbarkeiten sind: Chronicon 
Mellicense auf Pergament in Folio, worin sich das Chronicon 
Erchenfridi Abbatis befindet; Marfcyrologium Adonis aus 
dem 13. Jahrhundert; ein sehr altes Lectionarium in Quart; 
Beda Venerabilis de natura rerum et de temporibus in 
Folio auf Pergament, und aus dem 9. Jahrhundert : Libri 
quinque priores Moralium Gregorii Magni auf Pergament 
in Folio u. m. a. Viele Handschriften besitzt unsere Biblio- 
thek aus dem 13., noch mehr aber aus dem 15. Jahrhundert. 
Was ältere Druckwerke anbelangt, deren Zahl sich auf 
1000 Bände beläuft, so sind darunter sehr ansehnliche, z. B. 
die vierzigzeilige Vulgata von Guttenberg und Faust 1477, 
die Historie von St. Eoccus, Wien 1483, und andere. 

Der Vorsaal der Bibliothek steht durch eine Wendel- 
treppe mit dem oberen Stockwerke, in welchem sich zwei 
Annexe befinden, und mit dem Erdgeschosse in Verbindung, 
wo in drei Abtheilungen die Werke über österreichische 
Geschichte, die Inkunabeln und Manuscripte aufbewahrt 
sind. Die Freskogemälde im Hauptsaale sind yon Troger, 
die übrigen von Bergl. 

Die Bibliothek zählt beiläufig 60,000 Bände. 

Die Münzensammlung, weichein der Bibliothek zur 



— 284 — 

Schau gestellt ist, entstand unter dem Abte Adrian 1740 
über Anregung des Hieron. Pez imd Martin Eiopf, und 
wurde durch die Freigebigkeit seiner Nachfolger und durch 
Geschenke, hauptsächlich aber durch die Munificenz des 
k. k. Obersthofmeisteramtes beträchtlich vermehrt. Er- 
wähnt sei nur eine silbeme.Medaille, 3 Pfund 8 Loth schwer, 
welche Abt Berthold von dem Baron von Levanegg zum 
Geschenke bekam. 

Besonders erhebend ist der Eindruck, welchen die Stifts- 
kirche hervorbringt, es ,mag ihren geweihten Kaum der 
goldene Strahl der Soime erhellen, oder das Halbdunkel 
den Besucher mit andachtsvollem Schauer erfüllen. Ohne 
überladen zu sein, prangt das Gotteshaus im reichsten 
Schmucke, athmet wohlthuende Harmonie und seltene Ein- 
heit. In derselben sind neun Altäre aufgerichtet. Der 
Hochaltar ist aus rothbratmem Salzburger Marmor mit 
sechs Säulen, jede aus einem Stücke gehauen. Aeusserst 
geschmackvoll ist der Tabernakel aus Florentiner Marmor, 
dessen Thüre der kunstsinnige Abt Marian mit vergoldetem 
Silber, das Abendmahl nach Cellini darstellend, schmücken 
Hess. Darüber stehen die grossen, vergoldeten Figuren der 
Kirchenpatrone Petrus und Paulus, und über diesen sind 
auf einem goldberänderten Schilde die Worte des Welt- 
apostels zu lesen: „Nemo coronabitur, nisi legitime certa- 
verit." Hierauf zeigt sich eine grosse, reich vergoldete 
Krone, und die Weltkugel mit verschiedenen Emblemen, 
welche zu oberst mit dem Kreuze ihren Abschluss finden. 
An den Enden des Querschiffes prangen zwei ganz ähnliche 
Altäre, auf der Evangeliea seile der des h. Coloman, in 
dessen Sarkophage die Reliquien dieses Heiligen ruhen 
und der vom Abte Berthold 1735 aufgestellt wurde. Der 
Sarg auf dem gegenüberliegenden Altare des h. Benedikt 
enthält keine Reliquien. Neben dem Colomansaltare ist 
der Dreikönigaltar mit einem schönen Oelgemälde von 
ßottmayr von Rosenbrunn, von welchem Künstler auch 
die Altarblätter auf dem dritten und dem gegenüberliegenden 
Altare herrühren. 

Das Bild auf dem zweiten Altare der Epistelseite von 
Georg Bachmann (1650) zeigt uns den Markgrafen Leo- 
pold IIL , den Schönen, vor welchem ein Benediktinerabt 
kniet, wodurch die TJebergabe des Stiftes an die Bene- 



— 285 — 

diktiner im Jahre 1089 angedeutet wird. Oberhalb siebt 
man Leopold IV., den Heiligen, umgeben von Engeln, welcbe 
das von ihm. erbaute Stift Klostemeuburg tragen — ein 
Votivbild, das aus der alten Kirche übertragen wurde. 

Die zwei letzten Altäre sind dem h. Nikolaus und 
Sebastian geweiht, und die Gemälde von Paul Troger, von 
denen letzteres besonders jedem Kunstkenner empfohlen 
wird. Unter dem Altarblatte des h. Michael ruhen die 
Reliquien des h. Clemens, und gegenüber die des h. Fried- 
rich. Zwischen den Altären des h. Coloman und Benedikt 
erhebt sich die über 200 Schuh hohe majestätische Kuppel, 
an welcher ein vergitterter Gang herumläuft. Von da ge- 
langt man mittelst Leiter zum höchsten Punkte, der La- 
terne, die eiae prachtvolle Aussicht eröfihet. 

Die Gemälde der Kuppel sind vom Meister Rottmayr, 
der mit Scanzoni und Fanti auch die ganze Kirchendecke 
mit Ffesken ausschmückte. 

An einem Mittelpfeiler ist die Kanzel angebracht mit 
ihren künstlichen Schnitzereien und reichen Vergoldungen. 
Ein länglicher Quaderstein in der Mitte der Kirche be- 
zeichnet den vermauerten Eingang in die Gruft, in welche 
man jetzt durch einen kleinen Hof hinter dem Hochaltare 
gelängt. Die Orgel, ein Werk des Wiener Bürgers Gott- 
fried Sonnholz vom Jahre 1733, hatte ursprünglich 36 Re- 
gister, zu welchen später noch vier neue hinzugefügt wur- 
den. Sie enthält mehr als vierthalbtausend Pfeifen. In 
einer Vorhalle neben dem Colomans- Altare ist ein mar- 
mornes Denkmal mit einem Sarkophage, in welchem die 
gesammelten Gebeine von den elf, in der Stiftskirche bei- 
gesetzten Babenbergern und Babenbergeruinen ruhen. Abt 
Berthold liess es im Jahre 1735 errichten. 

Unter den Paramenten sind mehrere wegen ihrer rei- 
chen Goldstickerei sehenswerth. Nicht ohne Interesse ist 
ein schwarzer Ornat, dessen Mitteltheile von der Kaiserin 
Maria Theresia eigenhändig gestickt wurden. Auch einige 
Caseln sind wegen ihres Alters und ihrer Stickereien merk- 
würdig. Unter den Metallgegenständen finden sich mehrere 
silberne, mit Steinen besetzte und mit Emaügemälden 
verzierte Kelche, zwei Opferkannen und eine Tasse aus 
getriebenem Silber, dreiPektoralien in verschiedenen Farben, 
dann ein in Rom angekaufter und vom Pabste Pius IX. 



— 286 — 

benedicirter Pontifikalring; ferner drei silberne Pastorale, 
von denen das neueste im Jahre 1863 dem Abte Wilhelm 
zu seiner Sekundizfeier von den Capitularen des Stiftes 
Melk verehrt wurde; endlich Rauchfässer, Kanontafeln, 
Messbücher u. s. w. — Im Archiv ist vor allem zu merken : 
das „Melkerkreuz", zwei Wiener Schuh hoch, von Gold, 
vorne mit dem Bildnisse des Gekreuzigten und an den 
Ecken mit den vier Evangelisten, rückwärts mit Perlen 
und Edelsteinen geschmückt; die Coloman-Monstranz aus 
Silber und vergoldet, ein Kelch aus Donau- Waschgold, der 
Becher des h. Ulrich, Bischofs zu Augsburg (923 — 973); 
dieser Becher ist ein aus einem getrockneten Kürbisse be- 
stehendes Trinkgeschirr, inwendig mit Silber überzogen. 
— Die Passung zeigt auf eine sehr alte, doch nicht dem 
h. Ulrich gleichzeitige Arbeit; ein altes Reliquiarium in 
Form einer thurmähnlichen Monstranz, aus dem 15. Jahr- 
hundert u. s. w. 

Im Conventgange ist das schöne Crucifix aus Incamat- 
Marmor, ein Geschenk Kaiser Karls VI. — Durch ihre 
Schönheit und Zweckmässigkeit überraschend sind die 
Räumlichkeiten des Gymnasiums und des Convikts, welche 
in einem eigenen Trakte — jenes im ersten, dieses im 
zweiten Stockwerke — untergebracht sind. Gleich neben 
dem Eingange ist die ziemlich reichhaltige Gymnasial- 
bibliothek, gegenüber das naturhistorische Kabinet, welches 
in jeder Hinsicht allen Forderungen der Jetztzeit voll- 
kommen entspricht, hierauf folgt der lichte Zeichensaal 
und zuletzt die geräumige Gymnasialkapelle mit Fresken 
von Scanzoni und einem Altarbilde vom akademischen 
Wiener Maler Neugebauer. — Nach wenigen Schritten 
öffnet sich das reichhaltige physikalische Kabinet mit dem 
entsprechenden Lehrsaale. Der Trakt zwischen den beiden 
Babenberger Thürmen enthält die acht Lehrzimmer des 
Gymnasiums. — Das ganze zweite Stockwerk nimmt das 
Convikt ein mit seinen Studier- und Schlafsälen, den 
Krankenzimmern, den Wohnungen des Directors, der Prä- 
fecten und Musiklehrer. — Sämmtüche Fenster blicken 
in die Donau und den Garten. 

Im Erdgeschosse sind die schönen Winterbäder mit 
den Doucheapparaten, der Wintertium- und Speisesaal. Im 
Sommer besteht eine Badeanstalt in der Donau. Der 



— 287 — 

Babenbergerthurm an der Ostseite enthält eine bequeme 
Wendeltreppe, welcbe aus dem Convikte in das Gymnasium 
und TOn da auf den Sommerturnplatz und in den Convikts- 
garten führt. An diesen stösst der grosse Stiftsgarten, der 
mit seinen Laubgängen und Alleen, Bosqueten und bunten 
Blumenbeeten, seinem Pavillon und den Gewächshäusern, 
insbesondere auch durch seinen Ausblick auf die Donau 
und in die fernen Gebirge die mannichfaltigste Abwechslung 
bietet. 

Längs des Stiftsberges lagert der freundliche Markt 
Melk mit der gothischen Pfarrkirche und dem schönen 
neuen Thurme. 

Er zählt 158 Häuser und hat nahe an 1700 gewerb- 
fleissige Einwohner. Unter den Neubauten ist der Bahnhof, 
das Bahnhotel, das schöne Schulhaus und das stattliche 
Bezirksgericht erwähnenswerth. 

Nicht immer machte Melk einen so heiteren Eindruck, 
als jetzt; denn Stift tmd Markt Melk haben eine reiche 
Vergangenheit, reich besonders an traurigen Ereignissen. 
Zu wiederholten Malen legten die gefrässigen Flammen 
der Bürger friedliche Wohnungen in Schutt und Asche, 
oder eine ansteckende Krankheit zerstörte manch frisches 
Leben; und wie gar häufig die wogende Donau verderben- 
bringend unsere Fluren überfluthete, so wälzten sich auch 
die Wogen schrecklich verheerender Kriege über die ganze 
hiesige Gegend, mit Blut und Jammer iluren Weg weithin 
bezeichnend. 

Gebe Gott, dass so traurige Zeiten nie wieder kehren; 
dass vielmehr in mildem Glänze der Friedenssonne die 
Früchte wissenschaftlichen Strebens und bürgerlichen Fleisses 
zur vollen Reife gelangen! 

Friedrich Heilmann, 
Prior. 



— 288 — 

Leopold der Erste.*) 

Die schönen Gau'n von Oesterreicli, 
Sie waren arg verheeret; 
Es hat der Hunnen Schwertesstreich 
Das Volk dort aufgezehret; 

Die Weiler, welche aufgeblüht 
In seinen grünen Matten, 
Die Burgen, welche rings umzieht 
Der dunkle Waidesschatten, 

Die Tempel in dem stillen Hain, 
In denen Psalmodeien 
Beim Morgen- und beim Abendschein 
Dem Herrn ein Opfer weihen: 

Die hat das Hunnenheer gebraucht 
Als Fackeln auf dem Wege, 
Und wie der Docht erloschen raucht, 
So zieht ihr Eauch sich träge 

Von Trümmern, die erst lichterloh 
In Feuersäulen standen, 
Auf die sich Flammen glüh und höh 
Wie Blumenkränze wanden. 

Die Wasser spiegeln nimmer Euch 
Die Burgen in den Fluthen, 
Die rings auf Hügeln, Kronen gleich. 
Auf Sammetpfühlen ruhten! 

Nur Eine Burg am Donaustrand 
Steht fest mit ihren Zinnen; 
Wer wagt es wohl, dem deutschen Land 
Sie wieder zu gewinnen? 

Der Hunnenführer Grizo hat 

Zum Lager sie erwählet 

Und dort des Rauhens müd und satt 

Sein Haus, zu ru!^n, bestellet. 



*) Diese beiden auf Melk bezüglichen Gedichte sind aus „Der Baben- 
berger Ehrenpreis". Von Sebastian Brunner. Regensburg 1879. 3. Aufl. 



— 289 — 

Zu Melk, da ragen hoch empor 
Die Thürinlein und die Warten, 
D'raus sieht der Hunne stolz hervor 
Auf Oestreichs Blumengarten. 

Er sieht zum Strome stolz hinab, 
Wenn in den klaren Fluthen 
Sein mächtig Haus sich spiegelt ab 
In Sonnen-Abendgluthen. 

Es seufzt der Deutsche unterm Joch, 
Wo ihm einst Freiheit blühte, 
Als er in Druck und Jammer noch 
Fürs Vaterland erglühte. 

Es schlaget aber anderwärts 
Im fernen deutschen Lande 
In starker Brust ein freies Herz, 
Zu brechen diese Bande. 

Der Graf von Babenberg ist "werth 
Die Hunnen zu bestreiten. 
Er führt in Kraft ein mächtig Schwert, 
Versteht ein Heer zu leiten. 

Der grosse Otto sendet ihn, 
Giebt ihm das Land zu Lehen, 
In dem die Feinde mittenin 
Mit keckem Muth noch stehen. 

„Glück auf! Glück auf! mein Leopold," 
So lautet Ottos Segen, 
„Das schöne Land das wird Dein Sold, 
Kannst Du den Feind erlegen. 

„Das schöne Land wird Deine Braut, 
Die sollst Du Dir erringen; 
Den Hunnen, dem sie angetraut, 
Muss erst Dein Schwert bezwingen. 

„Gar lieblich ist und schön die Maid, 
Das kann ich Dir wohl sagen, 
Und Mancher wird schon jetzt voll Neid 
Nach ihr Verlangen tragen. 

Ein Benediktinerbuch. 19 



— 290 — 

„Ihr Mantel, der sie reich umfliesst, 
Wie schön ist er gezieret, 
Viel edle Frucht auf selbem spriesst. 
Viel Blüthengold floriret; 

„Es prangt darin manch Edelstein 
So voll von Licht und Strahlen, 
Und Berge fassen ringsum ein 
Den See, der glänzt krystallen. 

„Der Mantel, der ist dicht umsäumt 
Mit einer Alpenwildnis, 
Von dem der Quell hemiederschäumt. 
Des Jngendlebens Bildnis. 

„Ihr Gürtel, der ist silherklar 
Geweht aus Istherswellen, 
Und Balsamduft durchströmt ihr Haar 
Aus Früchten, welche schwellen. 

„Du kennst die Braut, Du kennst den Streit, 

Willst ihre Huld erringen? 

Im Kampfe nur wird sie gefreit, 

Dein Schwert muss sie bezwingen." 

Und Leopold der ziehet hin; 
Es glüht in seiner Seele 
Des zaubervollen Wortes Sinn, 
Das Otto sprach zur Stelle. 



— 291 — 

Besitznahme von Oesterreich durch die Erohernng 
der Eisenhnrg (Melk). 

Es rinnen auf Schiffen die Krieger hinab 
Im fröhlichen Waffengesange; 
Bezwungen hat Leopolds Feldherrnstab 
Des Isthers riesige Schlange; 

Sie windet durch Berge und Felsengestein 
Sich fort, wie durch üppige Moose, 
Und trägt in die Mitte des Landes hinein 
Den Krieg und das Waffengetose. 

Und wie da der Hunnen Eisenburg strahlt 
Den Kämpfern von Weitem entgegen, 
So sind sie noch fröhlicher fortgewallt 
Mit schallenden Ruderschlägen. 

Dann springen sie freudig am Uferrand 
Hinaus aus den schwankenden Schiffen, 
Begrüssen mit Jubel das herrliche Land 
Und haben zum Schwerte gegriffen. 

Die Hunnen, die wissen nicht, was das soll, 
Sie können den Lärm sich nicht deuten; 
Es lasset der Thurmwärtel kummervoll 
Den Blick über flammende Speere gleiten; 

Er stösset ins Hörn, dass es weithin dröhnt, 
Die Gefahr den Seinen zu künden, 
Der Ruf vom Echo zurückgestöhnt 
Hallt wider aus felsigen Schlünden. 

Und Gizo lässt öflöien das eiserne Thor 
Und stürzt mit gewaffiieten Reihen 
Auf Deutschlands muthige Söhne hervor, 
Die sich dem Vaterland weihen. 

Da kommt es am Ufer zur Völkerschlacht, 
Da rieseln viel blutige Quellen, 
Da wird manchem Auge die Todesnacht 
Von Schwertern, die blitzen und hellen. 

19* 



— 292 — 

Die Deutschen sind Sieger, die Deutschen sind frei; 

Die eisernen Thore zerspringen, 

Die Wasser erbeben ob ihrem Geschrei, 

Das forteilt auf luftigen Schwingen. 

Die Hunnen, die nicht vom Tode ereilt, 
Entfliehen tief einwärts im Lande 
Und haben den Ihren die Kunde ertheilt, 
Die Kunde der eigenen Schande. 

Zu Melk, da finden sich Schätze und Sold 
Für Krieger, die treulich gefochten, 
Die Hunnenburg strotzt von geraubtem Gold 
Und Schmuck, Von Perlen durchflochten. 

Es kniet der Graf sich freudig hin. 
Die Hände zum Himmel erhoben. 
Enthüllet dem Herrn seinen dankenden Sinn, 
Verspricht seinen Namen zu loben: 

„Ein Schirmer der Tugend bin ich hier. 
Das Recht will ich heilig erhalten; 
Die Liebe Gottes soll für tmd für 
Nach seinem Gebote walten!" 

So sprach der Graf. Sein dankend Wort 
War ihm tief aus der Seele gedrungen; 
Ein Tempel hat auf demselben Ort 
Der Erde Schooss sich entrungen. 

Und dort, wo der Hunnen Waffenklang 
Dm-ch friedliche Thäler gezogen: 
Dort schallet jetzt der Lobgesang 
Des Herrn aus den Tempelbogen; 

Es rauschet der Psalter, die Hymne tönt 
Bis her — zu unsern Tagen. 
Wir sehen den Hügel noch heute bekrönt 
Die Krone des Tempels tragen. 




Miehaelbeuem. 

Üas Stift Michaelbeuem feierte im Jahre 1872 den 
800 jährigen Bestand als „Abtei", da mit 1072 
die urkimdlicli festgestellte Reihe der Aebte be- 
ginnt, während sich nach sicheren Anhaltspunkten 
bereits yiel früher Religiösen daselbst angesiedelt hatten. 
Der Stiftshistoriograph P. Michael Filz, ehem. Lyceal- 
professor zu Salzburg, dann Administrator des Klosters zu 
Mülln und als Prior 1854 im Stifte gestorben*), schreibt 
in der von ihm verfassten und 1833 herausgegebenen 
Geschichte des Stiftes, dass um das Jahr 785 die Bene- 
diktiner von Ottiug (in Bayern nahe bei Salzburg) nach 
Michaelbeuern übersiedelten; wie dann die klösterliche 
Niederlassung von den Ungarn zerstört, jedoch durch den 
Grafen Hartwik vom Chiemgau 966—970 wiederhergestellt 
wurde und zwar unter Erzbischof Friedrich I. Im Jahre 
978 überliess Kaiser Otto II. dem Kloster Michaelbeuern 
Alles, was in dem Orte Beuern noch königlich war. Die 
Herrschaft gehörte noch immer den Gaugrafen von Beuern 
selbst. Im Jahre 1072 fand die feierliche Einweihung der 
Stiftskirche durch den Patriarchen Sieghard von Aquileja 
und die Erweiterung mit einer Frauenabtei, die jedoch 
bald wieder aufhörte, statt. Die Mutter des Patriarchen, 
Pilhilde, war die erste Aebtissin. Zugleich wurde das Stift 
neu dotirt. So viel über die Vorgeschichte des Stiftes. 

Nun mögen in Kürze die weiteren Schicksale desselben 
bis auf die Gegenwart folgen. Der erste Abt Werigandus**) 
(1072—1100) hinterliess das Andenken eines heiligmässigen 
Wandels, Unter dem zweiten Abte Trunto gelangte die 
Kirche zu Lauterbach***) durch Schenkung an das Stift 



*) Mitglied der Akademie der ■Wissenschaften von "Wien und 
München, ausgezeichnet durch die grosse goldene Medaille mit Oehr 
und Band für £unst und "Wissenschaft. 

**) Nach Tettinek (resp. Koch v. Sternfeld): "Werigand „von Moos- 
hach«. 

***) Im Bezirke der angrenzenden Pf. Berndorf, 



— 294 — 

und im Jahre 1135 wurde die Pfarre Seewalclien am Atter- 
see demselben incorporirt. Der ökonomische Zustand des 
Stiftes begann sich durch Verleihung mehrerer Güter oder 
Güterantheile zu heben. So erhielt es im Jahre 1138 zwei 
Weinberge in der Wachau, nicht ferne von der Donau 
oberhalb Krems. Unter dem siebenten Abte, Friedrich L, 
fand die Incorporation der Pfarre Obersulz in der Erz- 
diöcese Wien statt. Dasselbe geschah mit der nahe beim 
Stifte gelegenen Kirche Dorfbeuern (1229) und mit der 
Pfarre Lambrechtshausen (1241)*); erstere wurde zur Pfarre 
erhoben. Aber auch schwere Heimsuchungen brachen um 
diese Zeit über das Stift herein. So hatte es im Jahre 
1249 dm-ch Raub und Brand zu leiden laut Indulgenz- 
briefen aus den Jahren 1268 (von Bischof Heinrich zu 
Chiemsee) und 1272 (von Bischof Petrus zu Passau). Aehn- 
liches geschah im Jahre 1364 unter Abt Marchward von 
Eaunsberg, so dass das Kloster erst wieder wohnlich her- 
gerichtet werden musste. Unter Abt Heinrich IV. wurde 
dann die Stiftskirche reconsecrirt. Nach den erwähnten 
schweren Unfällen begann sich das Kloster allmählich 
wieder zu heben. Auf den Klosterpfarren wurden bereits 
Conventualen angestellt, wofür aus den Jahren 1376 und 
1496 Belege vorhanden sind. Am 15. März 1440 erhielt 
der 22. Abt, Ulrich IL von Haunsberg, von der Synode 
zu Basel den Gebrauch der Pontificaüen, welches Privüeg 
von Erzbischof Friedrich IV. (1442) bestätigt wurde. Auch 
die Siegel der Aebte weisen von da an die Mitra auf, was 
vor diesem Abte nicht der Fall war. Unter des Abtes 
Ulrich trefflichem Nachfolger Georg wurden manche Bauten 
aufgeführt und geschah Vieles für die Kirche, wie auch 
für den zeitlichen Wohlstand des Stiftes. Unter den neun 
folgenden Aebten, die ziemlich rasch nach einander kamen, 
verschlimmerte sich der ökonomische Zustand mehr und 
mehr, was wohl denselben nicht zur Last gelegt werden 
dürfte, sondern in der Ungunst der Verhältnisse seinen 
Grund haben mochte. Bereits Abt Wolfgang Nagl (1518 
bis 1531) setzt in seiner genauen Rechnimgsführung die 
zerrüttete Vermögenssachlage auseinander. Auswärtige 
Administrationen des Stiftes fanden einige statt, so von 



*) Unter den Aebten Bertbold und Konrad I. 




l-H 

o 



— 295 — 

1531—1533, 1541—1548 und eine längere von 1592—1614 
in Folge des ungünstigen Zustandes hauptsächlicli der 
Temporalien. Auch die Folgen der sogenannten Eefor- 
mation gingen an dem Stifte nicht spurlos vorüber, zumal 
für Seewalchen und auch. Obersulz, doch -wendete sich 
Dank den Bemühungen der österreichischen Regenten um 
Reinerhaltung der katholischen Lehre wieder bald Alles 
zum Besseren. TrefiFHche Aebte aus dem eigenen Convent 
folgten sich nun und brachten das kleine Stift zu hoher 
Blüthe, auch manche Ankämpfung bezüglich der Stifts- 
rechte suchten sie abzuwenden und es gelang ihnen, da 
sie dieselben mit Beharrlichkeit üad Klugheit vertheidigten. 
Gross waren mitunter die Steuerlasten, welche das Stift 
zu tragen hatte. So bezahlte Abt Michael Trometer 
(1637 — 1676) für die Besitzungen in Oesterreich allein über 
3000 ^. an Steuern, gewiss eine grosse Summe für die. 
damalige Zeit und das keineswegs bedeutende Stift, welches 
früher überdies durch Elementarschäden zu leiden hatte. 
Aber die Vorsehung erweckte demselben auch so manche 
"Wohlthäter, so den bayerischen Staatsmann Christof Mezger, 
welcher die letzteren Jahre seines Lebens mit seiner Ge- 
mahlin im Stifte sich niederliess. Beide ruhen in einer 
Seitenkapelle der Stiftskirche. Auch manche Pfarrherren 
der Umgebung erwiesen sich als dem Stifte ganz besonders 
geneigt. Im Jahre 1661 erwarb Abt Michael den übrigens 
nicht ansehnlichen Edelsitz Perwang, jetzt Pfarrhof ver- 
bunden mit einer Meierei. Im Jahre 1669 erhielt die 
Stiftskirche von Rom aus den Leib des h. Märtyrers^Felix, 
der auf einem Seitenaltare ruht, während das heilige Haupt 
mit Ausnahme der Featoctave (Woche nach dem 4. Soim- 
tag nach Ostern) in der Schatzkammer aufbewahrt wird. 
Unter dem genannten Abt Michael, sowie unter seinen 
Nachfolgern: Aemilian Sengmüller, der unter anderem 
den Hochaltar der Stiftskirche mit dem schönen Gemälde 
(von dem ehemaligen hiesigen Chorknaben*) Hofmaler 
J. M. Rottmayer, Freiherr v. Rosenbrunn), die Auferstehung 
Christi vorstellend, erbaute, Josef Müller, Plazidus H., 
Maderer von Ehrenreichskron, und besonders Martin II., 



*) Vgl. B. PiUwein (Salzburger Kreis), 5. Th., 2. Abth., S. 399, 
einstiger Conventsohüler dieses Stiftes (S. 405j. 



— 296 — 

Domer, hob sich der Wohlstand des Stiftes ausserordent- 
lich, während die Disciplin gleichen Schritt hielt. Doch 
darauffolgende grosse Auslagen für Bauten und die fran- 
zösischen Kriegs er eignisse schlugen dem Stifte abermals 
tiefe Wunden und zehrten, so zu sagen, das Fett der 
früheren Jahre auf. Das Stift hatte nebst bedeutenden 
Einquartierungen noch grosse Abgaben zu leisten. In den 
Jahren 1783 — 1786 wurden drei Localpfarren errichtet, 
nämlich Loidesthal (frühere Filiale von Obersulz), Per- 
wang (frühere Schlosskapelle) und Kemating in der Pfarrei 
Seewalehen. Letztere Localie wurde jedoch wegen ün- 
zweckmässigkeit bald wieder aufgelassen. Dem Abte Niko- 
laus ni., Achatz, wurde im Jahre 1835 nach vielen widrigen 
Schicksalen, zumal beim Beginn seiner abteilichen Regie- 
rung (1803—1849), die Freude zu Theil, dass durch die 
Gnade des Kaisers Ferdinand des Gütigen das Augustiner- 
eremitenkloster zu Salzburg in der Vorstadt MüUn sammt 
der damit verbundenen Pfarre an das Stift Michaelbeuern 
übergeben wurde. Fürsterzbischof Augustin Gruber hatte 
diese Uebergabe warm befürwortet. 

Auf Abt Nikolaus III. (f 18491 folgte nach einer längeren 
Administrationszeit, in der sich P. Raimund Raitmayer 
durch sorgfältige Pflege der Oekonomie und Sorgfalt wegen 
Zustandekommens einer neuen Abtwahl grosse Verdienste 
um das Stift erwarb, im Jahre 1857 Nikolaus IV., Thal- 
hammer, in bester Erinnerung durch seinen Wohlthätig- 
keitssinn und durch väterliche Sorge; er war voll des 
Eifers für alles Gute und Hess sich die Zierde des Hauses 
Gottes nach Kräften angelegen sein; auch der zeitlichen 
Verwaltung wendete derselbe nach Kräften seine Thätig- 
keit zu, in welcher er durch ein längeres hartnäckiges 
Leiden vielfach behindert wurde. Der gegenwärtige Abt 
Friedrich III., Königsberger, war durch ein Vierteljahr- 
hundert Professor am k. k. Gymnasium.*) 

Das Wirken des Stiftes war seit Jahrhunderten zu- 
nächst auf die Seelsorge gerichtet. Es besetzt sieben 
Pfarreien mit Seelsorgern; drei dieser Pfarreien befinden 



*) Dessen Lehrstellen waren 1817 — 18G3 den Benediktinern von 
St. Peter nnd Michaelbeuern zur Besetzimg übergeben; seit 18G3 ist es 
Staatsgymnasium. 



— 297 — 

sich in der Salzburger (Mülln 4 Priester, Lambrechts- 
hausen mit der Wallfahrtskirclie Arnsdorf 3 Priester, Dorf- 
■beuern 1 Priester) , zwei in der "Wiener Erzdiöcese (Ober- 
snlz 2 Priester xind Loidestbal 1 Priester) nnd zwei in der 
Linzer Diöcese (Seewalchen 2 Priester undPerwang iPriester). 
In dem Priorate*) zu Mülln befinden sieb auch die studi- 
renden Kleriker, gegenwärtig Tier an der Zahl. Im Stifte 
selbst sind jetzt ausser dem Abte fünf Priester, von denen 
der Prior zugleich die Pfarre Dorfbeuern pastorirt. Nach 
Thunlichkeit wird auch kürzere seelsorgliche Aushülfe ge- 
leistet. Das kleine Stift hat seit unvordenklicher Zeit eine 
sogenannte Conventschule, welcher gegenwärtig (seit mehr 
als 30 Jahren) der im Jahre 1874 mit dem goldenen Ver- 
dienstkreuz sammt der Krone decorirte Jugendschriftsteller 
P. Heinrich Schwarz vorsteht. Schon unter dem Abte 
Walther (1160—1190), aus dessen Zeit ein Bibelcodex auf 
Pergament (ein Antifonale gehört in das 15. Jahrhundert, 
gleichfalls auf Pergament geschrieben mit herrlichen Ini- 
tialen) vorhanden ist, und unter dem Abte Friedrich II. 
(1257 — 1267) werden Ortolfus und Wernhardus als Kloster- 
schüler von Michaelbeuern genannt. Es war eine äussere 
und innere Schule oder die eigentliche Conventschule zur 
Bildung der jungen Geistlichen. Nach einer Urkunde 
schenkte Haidenreich von Franking dem Heinrich von 
Mühlthal, Schüler zu Michaelbeuern, einen Hof und zwei 
Zehenthäuser 1341. Die Zeit der Entstehung des jetzigen 
Singknaben-Institutes, das zugleich eine Vorbereitungs- 
anstalt für Mittelschulen bildet, kann nicht mehr genau 
angegeben werden.**) Das kleine Stift zählt auch mehr 
als 30 Professoren, die theils an der ehemaligen Benedik- 
tiner-Universität (1623 — 1810), theils am Lyceum und k. k. 
Gymnasium zu Salzburg wirkten. 

Unter Aebten und Conventualen hat es Männer auf- 
zuweisen, die sich durch Gelehrsamkeit, durch nicht ge- 
ringe Verdienste um Kirche und Staat ausgezeichnet haben. 
So wird Abt Berthold (1224— 1229), später Abt vonAdmont 



*) Der gegenwärtige Prior P. Gregor Mödlhammer -wurde 1878 mit 
dem goldenen Verdienstkrenze sammt der Krone durch den hochwür- 
digsten Pürsterzbischof Pranz Albert decorirt. 

**) Seethaler nennt das Jahr 1675. 



— 298 — 

und St. Peter, in gleichzeitigen Urkunden ein Magister 
artium liberalium genannt. Abt Micbael war Doctor und 
Professor der PMlosopMe an der Universität und Alumnats- 
Regens zu Salzburg. P. Bernard Kimpfler, gewesener 
Professor, vertrat im Jahre 1669. die Stelle des abwesenden 
flegens des Priesterhauses, nämlich des P. Ludwig Engel, 
Benediktiners von Melk, nahm jedoch ein tragisches Ende. 
Er wurde -^ das Seminar befand sich damals in dem 
heutigen Ursulinen-Frauenkloster in der Gstädten — den 
16. Juli des nämlichen Jahres zwischen 2 und 3 Uhr 
Morgens sammt seinem Mitprofessen P. Amand Probst, 
welcher des Abends zuvor zu ihm gekommen war, um bei 
ihm zu übernachten, mit der Mehrzahl der Alumnen, 
mehreren Priestern und vielen Personen von dem ein- 
stürzenden Mönchsberge erschlagen. Vierzehn Häuser, das 
genannte Alumnatsgebäude wie die daneben befindliche 
Kirche und mehr als 250 Personen gingen dabei zu Grunde. 

— Unter den Aebten waren ferner Placidus Maderer und 
Anton Moser, der Erbauer des Conventstockes sammt der 
Bibliothek, ehedem Professoren, Auch als Schriftsteller 
haben sich nicht wenige hervorgethan. So heisst es in 
der Hist. Univers. p. 401 von P. Paris Gille: Neque Paridi 
sua desunt elogia, quem Oratorem et Poetam haud vul- 
garem edita probant opera, quin et ipsa Universitas, dum 
anno MDCLV ßhetoricas leges explanaret, singularis elo- 
quentiae et innatae Poeseos laudem tribuit (f 1701). Ferner 
seien noch die hochverdienten Professoren P. Josef Stampfl 
(1803—1832), P. Maurus Berndl (1805—1832) und P. Michael 
Filz (1805 — 1835) erwähnt. Auf dem Gebiete der kirch- 
lichen Musik war P. Werigand ßettensteiuer (f 1820), ein 
intimer Freund Michael Haydns, sehr thätig. P. Emeran 
Gordan (f 1876), Prior zu Mülln, war einer der belieb- 
testen Kanzelredner der Landeshauptstadt Salzburg. Viele 
von seinen Predigten sind noch im Manusoript vorhanden. 

— Wenn auch im Laufe der Jahrzehnte, besser Jahr- 
hunderte, sich an einzelnen Stiftsmüigliedern Tadelns- 
werthes fand, so sind dieses eben nur geringere Ausnahmen, 
Schattenseiten, die im Vergleich mit dem bereits Erzählten 
nicht erheblich sind. So bewahre denn „der alte Gott" 
das Ihm vertrauende Stift und lasse es unter dem gegen- 
wärtigen Abte Friedrich zu erneuerter Blüthe gedeihen. 



— 299 — 

Das Stift zählt gegenwärtig ausser dem Abte (seit 
1072 der 49.) 19 Capitularen und 3 einfache Professeu. 
Das Stiftsgebäude, welches keineswegs zu den grossen zu 
rechnen ist, hat eine angenehme Lage in der Mitte eines 
massigen Berges, Lielon genannt, von welchem aus man 
eine sehi' lohnende Fernsicht besonders gegen die bayerischen 
Vorberge hat. Die Entfernung von Salzburg beträgt auf 
österreichischer Seite (längs des Haunsberges) ungefähr 

6 Gehstunden, auf der bayerischen Seite (über Laufen) gegen 

7 Stunden, die nächste Bahnstation (Mattighofen) ist un- 
gefähr 3 Gehstunden entfernt. Die Gebäude bilden ein 
unregelmässiges Viereck und nimmt die Stiftskirche die 
Südseite ein, die Abtei sammt den Gastzimmern und der 
Volksschule die Westseite und den Mitteltrakt, der Con- 
ventstock sammt der Bibliothek die Ostseite, wo sich auch 
der geräumige Klostergarten befindet. Den Nordtrakt 
gegen die Lielonhöhe zu bilden das Bräuhaus und mehrere 
Gebäude zu Oekonomiezwecken. Die Conventschule , das 
schöne Sommerrefectorium u.s.w. befinden sich in Zwischen- 
trakten. Die Stiftskirche, von Aussen unansehnlich, ist 
geräumig und seit ihrer letzteren einfachen und schönen 
Restauration sehr zur Andacht stimmend. Die Schatz- 
kammer enthält ausser einem werthvollen Altarschmuck 
aus guter alter Zeit noch manche sehenswerthe Gegen- 
stände. Der Bibliotheksaal hat eine überaus freundliche 
Lage und ist schön ausgestattet. Die Bibliothek enthält 
gegen 20,000 Bände, darunter an Handschriften auf Per- 
gament 9 Bände, Handschriften auf Papier 114 Bände, 
Inkunabeln (1469—1500 und 1500—1530) 552 Bände. Be- 
sonders um dieselbe verdient gemacht hat sich der mehr- 
erwähnte P. Michael Pilz, welcher die Aufstellung, wie 
sie noch gegenwärtig eingehalten wird, vornahm und die 
Kataloge, 16 Bände, eigenhändig schrieb. Im Archive 
sind die ältesten noch in der Urschrift vorhandenen Schrift- 
stücke die Urkunde des Bischofs Reginmar von Passau 
vom Jahre 1135, sowie die Urkunde des Pabstes Innocenz IL 
vom Jahre 1137. — Vor dem Stifte befindet sich die 
Meierei und das ehemalige Hofrichter-, jetzt Hofwirths- 
haus. Von dem Orte Michaelbeuern (Hofmark) eine Viertel- 
stunde Weges entfernt ist Dorfbeuem gelegen mit der sehr 
gelungen restaurirten Pfarrkirche in gothischer Bauart. 



— 300 — 

Das Stift besitzt fnichtbare Aecker, Wiesen und Waldung, 
■wodurcli es in den Stand -gesetzt wird, den vielen An- 
forderungen, "welche an dasselbe gestellt werden, nach. 
Möglichkeit zu genügen, und bemüht sich nach dem 
Wahlspruche des Ordens zu wirken, auf dass in AUem 
Gott verherrlicht werde. 

Db. Roman Baumgakten, 
Archivar. 




St. Paul in Kärnten. 

m Eingange in das frucMbare Lavantthal stand 
im 10. Jahrhunderte auf einem beinahe isolirten 
Hügel die Burg der Grafen von Lavant. Grraf 
Heinrich vermählte auf Anregung des Erzbischofs 
Hartwik von Salzburg seine Erbtochter ßicharda an den 
Grafen Siegfried von Spanheim. Aus Pietät gegen die 
verstorbenen Anverwandten bewog die jimge Gräfin ihren 
Gemahl, bei dem väterlichen Schlosse eine Kirche zu Ehren 
des heiligen Paulus herzustellen, welche zugleich ihre 
Grabstätte enthalten sollte. Ihr Sohn, Graf Engelbert I. 
von Spanheim, fasste aber den Entschluss, diese seine 
Burg in ein Kloster umzuwandeln. 

Er sandte zu diesem Zwecke seinen ältesten Sohn 
Engelberfc IL nach Hirschau, um von dem Abte "Wilhelm 
eine Colonie der Hirschauer Mönche für seine Stiftung zu 
erbitten. Abt Wilhelm gewährte diese Bitte und sandte 
den ersten Abt Wezilo an der Spitze von zwölf Mönchen 
nach St. Paul, welchen Graf Engelbert in Gegenwart seiner 
Söhne Engelbert, Siegfried, Bernhard und Heinrich, sowie 
einer grossen Anzahl Edler am 1. Mai 1091 auf feierliche 
Weise das neue Kloster mit bedeutenden Dotationsgütern 
im Lavantthale, Untersteier und Priaul übergab. Er voll- 
endete den Bau der Pauluskirche und liess dieselbe im 
December 1093 von dem Erzbischofe Thiemo von Salzburg 
einweihen, bei welcher Gelegenheit das Kloster bedeutende 
Güterschenkungen vom Erzbischofe, dem Markgrafen Poppo 
von Istrien, dem Schwiegersohne des Stifters, und anderen 
erhielt. 

Um die Stiftung zu sichern, sandte Graf Engelbert 
wegen der Erlangung der päbstlichen Bestätigung eine 
Gesandtschaft nach Rom, welche aber wegen Unruhen 
nicht dahin gelangen konnte. Nach seinem im April 1095 
erfolgten Tode wurde er von seinem Bruder, Erzbischof 
Hartwik von Magdeburg, im Grabmale in der Stiftskirche 
beigesetzt. Sein Sohn Graf Engelbert H., der nachmalige 



— 302 — 

Markgraf von Istrien und Herzog von Kärnten (1124 — 1135), 
erneuerte die Gesandtschaft und erhielt vom Pabste Urbanll. 
1099 eine päbstliche ScbirmbuUe mit den Privilegien der 
freien Abtwahl und freien Grabstätte für das neue Kloster, 
•während Graf Engelbert zum Schirmvogt ernannt wurde. 

Unter dem ersten Abte Wezilo (1091—1115), einem 
Marme von grosser Gelehrsamkeit und vielen Tugenden, 
nahm das Stift einen grossen Aufschwung. Erzbischof 
Thiemo incorporirte demselben die Pfarre St. Egid, die 
jetzige Stiftspfarre, und Erzbischof Hartwik von Magde- 
burg brachte die Leichname seiner im fremden Lande ver- 
storbenen Eltern, des Grafen Siegfried und der Gräfin 
Richarda, zur Beisetzung nach St. Paul, bei welcher Ge- 
legenheit er dem Stifte ausser einigen Gütern noch kost- 
bare Paramente und Codices schenkte. Von den ein- 
gewanderten Mönchen wurden Segewin später Abt von 
Rosaz bei Aquileja und Gaudenz Abt von Milstat in Kärnten. 

Abt Bruno (1115 — 1138) war der einzige Sohn des 
Grafen Bernhard von Spanheim, somit ein Enkel des 
Stifters. Unter ihm erhielt das Stift von seinem Oheime, 
Herzog Heinrich IV. von Kärnten (1122— 1124), ausser dem 
Gute Möchling noch bedeutende Besitzungen in Kärnten, 
Steier und Friaul, welche unter dem dritten Abte Wernher 
(1139 — 1159) von dem Grafen Bernhard von Spanheim und 
dessen Gemahlin Kunigund, Tochter des Markgrafen Otto- 
kar VI. von Steier, durch die Schenkimg der Stadt Völker- 
markt und des Gutes Fresen an der Drau, sowie auch 
durch die Herzogin Mechtild von Kärnten, Wittwe des 
Herzogs Ulrich I. , und ihren Sohn Herzog Heinrich V. 
vermehrt wurden. Reimbert von Mureck verlieh dem Stifte 
die Mauthfreiheit zu Feistritz. Erzbischof Konrad von 
Salzburg incorporirte demselben 1145 die Pfarre St. Martin 
im Granitzthale. 

Unter Aht Pilgrim (1159—1192) stand das Stift schon 
in einem solchen Ansehen, dass Kaiser Friedrich I. sich 
und seine Gemahlin Beatrix dem Gebete desselben empfahl, 
demselben die freie Vogtwahl aus der Verwandtschaft des 
Stifters bestätigte, und Pabst Alexander HI. dem Abte 
und seinen Nachfolgern ausser andern Privilegien 1177 
den Gebrauch der Infel gewährte. Ausserdem bestätigte 
Patriarch Gottfried von Aquileja dem Stifte 1191 den Besitz 




M 



+5 
02 



— 300 — 

Das Stift besitzt fruchtbare Aecker, Wiesen und Waldung, 
■wodurcb es in den Stand -gesetzt wird, den vielen An- 
forderungen, •welche an dasselbe gestellt werden, nach 
Möglichkeit zu genügen, und bemüht sich nach dem 
Wahlspruche des Ordens zu wirken, auf dass in Allem 
Gott verherrlicht werde. 

De. Roman Baxjmgaetkn, 
ArcMvar. 




St. Faul in Eiämten. 

m Eingange in das fruclitbare Lavantthal stand 
im 10. Jahrhunderte auf einem beinahe isolirten 
Hügel die Burg der Grafen von Lavant. Graf 
Heinrich vermählte auf Anregung des Erzbischofs 
Hartwik von Salzburg seine Erbtochter ßicharda an den 
Grafen Siegfried von Spanheim, Aus Pietät gegen die 
verstorbenen Anverwandten bewog die junge Gräfin ihren 
Gemahl, bei dem väterlichen Schlosse eine Kirche zu Ehren 
des heiligen Paulus herzustellen, welche zugleich ihre 
Grabstätte enthalten sollte. Ihr Sohn, Graf Engelbert I. 
von Spanheim, fasste aber den Entschluss, diese seine 
Burg in ein Kloster umzuwandeln. 

Er sandte zu diesem Zwecke seiaen ältesten Sohn 
Engelbert II. nach Hirschau, um von dem Abte Wühelm 
eine Colonie der Hirschauer Mönche für seine Stiftung zu 
erbitten. Abt Wilhelm gewährte diese Bitte und sandte 
den ersten Abt Wezilo an der Spitze von zwölf Mönchen 
nach St. Paul, welchen Graf Engelbert in Gegenwart seiner 
Söhne Engelbert, Siegfried, Bernhard und Heinrich, sowie 
einer grossen Anzahl Edler am 1. Mai 1091 auf feierliche 
Weise das neue Kloster mit bedeutenden Dotationsgütern 
im Lavantthale, Untersteier und Priaul übergab. Er voll- 
endete den Bau der Pauluskirche und liess dieselbe im 
December 1093 von dem Erzbischofe Thiemo von Salzburg 
einweihen, bei welcher Gelegenheit das Kloster bedeutende 
Güterschenkungen vom Erzbischofe, dem Markgrafen Poppe 
von Istrien, dem Seh wieger söhne des Stifters, und anderen 
erhielt. 

Um die Stiftung zu sichern, sandte Graf Engelbert 
wegen der Erlangung der päbstlichen ßestätigong eine 
Gesandtschaft nach Rom, welche aber wegen Unruhen 
nicht dahin gelangen konnte. Nach seinem im April 1095 
erfolgten Tode wurde er von sein-sm Bruder, Erzbischof 
Hartwik von Magdeburg, im Grabmale in der Stiftskirche 
beigesetzt. Sein Sohn Graf Engelbert H., der nachmalige 



— 302 — 

Markgraf von Istrien und Herzog von Kärnten (1124 — 1135), 
erneuerte die Gesandtschaft und erhielt vom Pabste Urbanll. 
1099 eine päbstliche SchirmbuUe mit den Privilegien der 
freien Abtwahl und freien Grabstätte für das neue Kloster, 
während Graf Engelbert zum Schirmvogt ernannt -wurde. 

Unter dem ersten Abte Wezilo (1091 — 1115), einem 
Maime von grosser Gelehrsamkeit und vielen Tugenden, 
nahm das Stift einen grossen Aufschwung, Erzbisehof 
Thiemo incorporirte demselben die Pfarre St. Egid, die 
jetzige Stiftspfarre, und Erzbischof Hartwik von Magde- 
burg brachte die Leichname seiner im fremden Lande ver- 
storbenen Eltern, des Grafen Siegfried und der Gräfin 
Richarda, zur Beisetzung nach St. Paul, bei welcher Ge- 
legenheit er dem Stifte ausser einigen Gütern noch kost- 
bare Paramente und Codices schenkte. "Von den ein- 
gewanderten Mönchen wurden Segewin später Abt von 
Rosaz bei Aquileja und Gaüdenz Abt von Milstat in Kärnten. 

Abt Bruno (1115 — 1138) war der einzige Sohn des 
Grafen Bernhard von Spanheim, somit ein Enkel des 
Stifters. Unter ihm erhielt das Stift von seinem Oheime, 
Herzog Heinrich IV. von Kärnten (1122— 1124), ausser dem 
Gute Möchling noch bedeutende Besitzungen in Kärnten, 
Steier und Friaul, welche unter dem dritten Abte Wernher 
(1139 — 1159) von dem Grafen Bernhard von Spanheim und 
dessen Gemahlin Kunigund, Tochter des Markgrafen Otto- 
kar VL von Steier, durch die Schenkung der Stadt Völker- 
markt und des Gutes Fresen an der Drau, sowie auch 
durch die Herzogin Mechtild von Kärnten, Wittwe des 
Herzogs Ulrich I., imd ihren Sohn Herzog Heinrich V. 
vermehrt wurden. Reimbert von Mureck verlieh dem Stifte 
die Mauthfreiheit zu Feistritz. Erzbischof Konrad von 
Salzburg incorporirte demselben 1145 die Pfarre St. Martin 
im Granitzthale. 

Unter MtiPilgrim (1159—1192) stand das Stift schon 
in einem solchen Ansehen, dass Kaiser Friedrich I. sich 
und seine Gemahlin Beatrix dem Gebete desselben empfahl, 
demselben die freie Vogtwahl aus der Verwandtschaft des 
Stifters bestätigte, und Pabst Alexander HL dem Abte 
und seinen Nachfolgern ausser andern Privilegien 1177 
den Gebrauch der Infel gewährte. Ausserdem bestätigte 
Patriarch Gottfried von Aquileja dem Stifte 1191 den Besitz 



— 303 — 

der Pfarre Sfc. Lorenzen in der Wüste, -welche zu den nr- 
sprünglichen Dotationsgütern gehörte. Herzogin Agnes 
von Kärnten, Tochter des Herzogs Heinrich H. von Oester- 
reich, beschenkte mit ihrem Sohne Herzog Ulrich H. bei 
Gelegenheit der Beisetzung ihres Gemahls Herzog Hermann 
in der Stiftskirche zu St. Paul das Stift mit mehreren 
Gütern. Um diese Zeit wurden auf stiftlichem Grunde die 
Silber- und Bleigruben bei Gozentschach aufgefunden und 
in der Folge ausgebeutet. 

Abt XJlrich I. (1192 — 1222) erhielt vom Pabste 
Cölestin III. das Recht, ausser der Infel auch den Ring 
zu gebrauchen und die kirchlicheü Gewänder zu weihen. 
Er stiftete 1201 die Pfarre St. Georgen am Remschnig, 
welche Erzbischof Eberhard IL von der Mutterpfarre Lava- 
münd trennte und zm* selbständigen Pfarre erhob. Unter 
Abt Ulrich wurde 1202 Herzog Ulrich II. in der Stifts- 
kirche beigesetzt. 

Abt Konrad I. von Trixen (1222 — 1237) erhielt von 
dem Kaiser Friedrich II. 1226 die Confirmation des Privi- 
legiums der freien Vogtwahl und das Recht, auf eigenem 
Grunde auf Silber, Blei und Eisen zu graben, wie auch 
zu St. Paul einen Jahrmarkt abhalten zu dürfen. Einen 
schweren Schlag erlitt das Stift um diese Zeit durch den 
zwischen dem Herzoge Bernhard von Kärnten und dem 
Bischöfe Ekbert von Bamberg ausgebrochenen Kampf, in- 
dem dessen Güter bedeutenden Schaden erlitten. Dazu 
kam noch, dass der Abt Stiftsgüter an seine Verwandten 
und Freunde verschleuderte, bis durch Vermittlung des 
Herzogs Bernhard als Vogt der Pabst mittelst Absetzung 
des Abtes Einhalt that. Die folgenden Aebte Leonard 
(1237 — 1240) tmd HartwiJc suchten diese entrissenen Güter 
wieder an das Stift zu bringen. Unter Abt Hartvrik (1240 
bis 1248) überliessen Friedrich und Hartnid von Pettau 
dem Stifte das Patronats- und Vogteirecht über die Pfarr- 
kirche St. Georgen unter Stein. 

Abt Luitold, Graf von Pfannberg (1248—1258), be- 
förderte die ökonomischen Angelegenheiten und hob die 
Disciplin. Er wurde für sich und seine Nachfolger 1257 
von dem Patriarchen Gregor von Aquileja zum Archidiakon 
über St. Lorenzen in der Wüste ernannt und erhielt von 
dem Herzoge Bernhard, welcher am 10. Januar 12^6 in 



— 304 — 

der Kirclie zu St. Paul beigesetzt wurde, die niedere 
Gerichtsbarkeit über seine Unterthanen und Grüter. 

Abt Gerhard von Ennsthal (1258 — 1275) batte wieder- 
holt gegen Edle, selbst gegen den Herzog Ulrich III, als 
Bedränger des Stiftes zu streiten. Erst als der Abt dem 
Herzoge die Vogtei über das Stift abnehmen und dem 
Könige Ottokar von Böhmen als Herzog von Steiermark 
übergeben wollte, gab derselbe nach und schloss einen 
Vergleich, nach welchem der Herzog von unrechtmässig 
aufgelegten Steuern abstand und den Besitz der Stadt 
Vöikermarkt mit der Haussteuer, dem Zolle, der Mauth 
und allen Marktrechten dem Stifte zusprach. Als Abt 
Gerhard 1275 Bischof von Lavant wurde, fährte er die 
Administration der Abtei noch bis 1278 fort. In dieser 
Zeit war das Stift in Streitigkeiten mit dem Grafen Hein- 
rich von Pfanoberg verwickelt. Graf Heinrich überfiel das 
Stift, nahm den Bischof Gerhard gefangen und führte ihn 
unter schweren Misshandlangen vor das Schloss Stein an 
der Korälpe, welches der Erzbisehof von Salzbui-g dem- 
selben als bischöfliche Residenz überlassen hatte, und 
zwang ihn mit gezücktem Schwerte zur Uebergabe des 
Schlosses. Erst unter dem folgenden Abte Hermann I. 
(1278 — 1283) wurde durch König Rudolf von Habsburg der 
Streit zu Gunsten des Stiftes entschieden. Unter Abt Gerhard 
wurde 1264 die jetzige romanische Stiftskirche eingeweiht. 

Abt Hermann I. trat ebenfalls energisch für die Rechte 
des Stiftes auf und bewog unter anderem den Grafen 
Heinrich von Pfannberg, das Schloss Unterdrauburg als 
Lehen des Stiftes anzuerkennen. Die beständigen Kämpfe 
mit verschiedenen Edlen wegen der Eingriffe in die Rechte 
des Stiftes bewogen ihn, den Erzbiachof zu bitten, dass 
er auf die Abtwürde resigniren dürfe, weil ihm die Kräfte 
fehlten, zum Wohle des Stiftes zu wirken. 

Die folgenden Aebte Dietrich Pruchler (1284 — 1289), 
aus dem Stifte St. Peter in Salzburg postulirt, . Konrad II. 
(1289 — 1302) und Eudolf (1302 — 1311) zeichneten sich 
vorzüglich durch sparsame Wirthschaft aus, welche ihnen 
erlaubte, mehrere Vogteirechte über stiftliche Güter ab- 
zulösen und Güter anzukaufen. Abt Rudolf belehnte den 
Herzog Heinrich von Kärnten nnd König von Böhmen mit 
der Burg und dem Markte Unterdrauburg. 



— 305 — 

Abt Weriand (Ibll — 1314) stand in hohem Ansehen 
bei den Fürsten seiner Zeit. Herzog Heinrich yi. von 
Kärnten bestellte ihn znm Vicedome in Kärnten und Krain, 
die Herzöge Friedrich nnd Leopold von Oesterreich aber 
nannten ihn ihren Herrn und geistlichen Vater, als er sie 
1312 mit der Burg Mahrenberg belehnte. Sein Nachfolger 
Abt Nikolaus (1314 — 1325) zeigte in Bezug auf Güterver- 
waltung und Aufrechthaltung der Rechte des Stiftes gegen 
verschiedene Uebergriffö mehrerer Edlen grosse Thätigkeit ; 
allein er fügte dem Stifte in Bezug auf Disciplin einen 
bedeutenden Schaden zu, indem er dem Convente die Ein- 
künfte der Mauth und des Zolles zu St. Paul, sowie auch 
einige Güter überliess, wodurch eine Gütertheilung ent- 
stand, welche zur Lockerung der Disciplin beitrug. Erst 
Abt Hieronymus schaffte dieselbe wieder ab. 

Abt Heinrich I. (1325 — 1356) war ein Mann von 
grossen Tugenden, ein Freund des Gebetes und geistlicher 
Hebungen, wodurch Frömmigkeit und klösterlicher Geist 
auch bei seinen Untergebenen sehr gehoben wurde. Da- 
her stand er auch bei den Landesfürsten in grossem An- 
sehen, so dass König Friedrich und Herzog Albrecht IL 
von Oesterreich (seit 1335 auch Herzog von Kärnten) ihn 
zu ihrem Kaplane ernannten und dem Stifte verschiedene 
Privilegien ertheilten. Dabei vergass er auch nicht, die 
Rechte des Stiftes gegen mehrere Edle und selbst gegen 
die herzoglichen Richter, welche sich Uebergriffe, besonders 
unter dem Titel der Vogtei, erlaubten, zu wahren, und 
erwirkte unter anderem gegen die Edlen von Walsee den 
herzoglichen Richterspruch in Bezug auf die Gerichtsbar- 
keit am Remschnig, gegen die Herren von Wildhaus wegen 
des Besitzes der Güter Holern und Rast, und beendete 
einen langwierigen bis zum Blutvergiessen ausgearteten 
Streit mit Rudolf von Rabenstein wegen streitiger Grenzen. 

Khi Konrad III. Neuhofer (1359—1391), der dritte 
Nachfolger Heinrichs L, aus dem Stifte St. Peter in Salz- 
burg zur Abtwürde postulirt, entwickelte eine besondere 
Thätigkeit in innem und äussern Angelegenheiten. Er 
belehnte den Herzog Rudolf IV. und dessen Bruder mit 
4ea Festen Saldenhofen tmd Schmielenburg, wogegen ihn 
die Herzöge zu ihrem Kaplane ernannten und verschiedene 
Privilegien confirmirten. Die Gunst der Herzöge, welche 

Ein Benediktinerbach. 20 



— 306 — 

zugleich Schirmvögte des Klosters waa-en, hinderte aber 
den Grafen Hermann von Cilli und andere Edle nicht, 
dem Stifte an seinen Gütern Schaden zuzufügen. Auch 
die Streitigkeiten mit den Brüdern Wilhelm und Purkhard 
von Eabenstein lebten -wieder auf und dauerten trotz 
■wiederholter Rechts- und Schiedsiichtersprüche durch lange 
Zeit fort. Unter Abt Konrad traf das Stift ein schweres 
Unglück. Am Palmsonntage 1367 geriethen das Stifts- 
gebäude und die Kirche derart in Brand, dass iii kurzer 
Zeit blos eine Ruine da -war und selbst die ganze kirch- 
liche und häusliche Einrichtung und ein Theil des Archivs 
und der Manuscripte ein Raub der Flammen wurden. Der 
tbätige und umsichtige Abt verschaflFte sich Geld durch 
"Verpfändung einiger Güter. Damit stellte er die Wohnung 
für den Convent wieder her, liess die Kirche eindecken, 
begann den Bau des gothischen Gewölbes über dem Presby- 
terium und liess fünf Altäre aufstellen, welche am 27. Mai 
1375 von dem Bischöfe Heinrich von Lavant eingeweiht 
wurden. Herzog Albrecht befreite das Stift zur Erleich- 
tenmg des grossen Schadens auf einige Jahre von Steuern 
und Abgaben. 

Das Ende des 14. Jahrhunderts war für das Stift ein 
trauriges. Abt Hermann II. von Schwamberg (1391 bis 
1401) zog demselben durch sein freies weltliches Leben 
und seine schlechte Wirthschaft grosse äussere und innere 
Verluste zu, daher er 1399 im Auftrage des Erzbischofs 
Gregor abgesetzt und Caspar FürJiolser zum Abte ein- 
gesetzt wurde. Dadurch wurde die Unordnung noch gröf ser, 
indem auch Abt Hermann sich mit Gewalt behauptete. 
Der Convent war in zwei Parteien getheilt, welche sich 
gegenseitig anfeindeten; daher auch alle Disciplin aufhörte. 
Da griff Herzog Wilhelm ein. Er setzte 1401 beide Aebte 
ab und liess einen neuen Abt, Ulrich III. Schrimpf (1401 
bis 1414) wählen. Da bisher die Aebte unmittelbar unter 
dem Pabate standen und von demselben die Confirmation 
erhielten, wollte auch Abt Ulrich an diesem Rechte fest- 
halten; äUein der Erzbischof und der Herzog bedrohten 
ihn mit der Absetztmg, so dass er nachgeben musste. 
Daher wurden in Zukunft die Aebte von den Erzbischöfen 
cpnfirmirt. Diese Unordnungen im Hause selbst hatten 
änssere Feinde zur Beschädigung der Güter benützt; allein 



— 307 — 

Abt Ulrich kämpfte rüstig gegen dieselben, nachdem er 
im Innern die Ordnimg hergestellt hatte, und hinterliess 
das Stift in geordnetem Znstande. 

Auch sein Nachfolger, Abt Ulrich IV. JSckUnger 
(1414 — 1432) hatte Angriffe, wodurch viele Güter be- 
schädigt wurden, zurückzuweisen. Der Pfleger von Mahren- 
berg, Haus Schrampf, erlaubte sich Bedrückungen, Aus- 
schätzung imd Gefangennehmimg stiftlicher ünterthanen 
unter dem Titel des Vogtes, so dass Herzog Ernst und 
auch Herzog Friedrich wiederholt einschreiten mussten. 
Der Streit mit den Brüdern von Rabensteia nahm neuer- 
dings solche Dimensionen an, dass dieselben den Abt mit 
seiner Begleitung beim Austritte ans dem Elosterthore 
überfielen, einen Diener erschlugen und mehrere gefengen 
fortführten. Herzog Ernst Hess den Streit entscheiden, 
und der Abt kaufte daim, um die Streitpunkte vollkommen 
zu beseitigen, die bestrittenen Auen u, s. w. an. Abt Ulrich 
baute mit grossen Kosten das gothische Gewölbe über den 
drei Schiffen der Stiftskirche und fährte auf Anordnung 
des Erzbischofs Eberhard eine strengere Klosterordnung ein. 

Abt Johann I. Poschenbeuter (1432 — 1446) hatte eben- 
falls gegen die Anmassungen des herzoglichen Pflegers von 
Mahrenberg zu kämpfen. Herzog Friedrich V. machte dem 
Zwiste dadurch ein Ende, dass er 1437 die Feste und das 
Landgericht Mahrenberg dem Abte überliess, dessen Pfleger 
dem Landesfürsten Treue, Gehorsam und Offenhalten der 
Burg schwören musste und dafür mit dem Blutbanne be- 
lehnt wurde. Abt Peter trat dasselbe 1453 wieder an 
Kaiser Friedrich ab, welcher aber die stiftlichen ünter- 
thanen dafür von jeder Yogtei und Robot für Mahrenberg 
befreite und den Abt mit dem Blutbanne über dieselben 
belehnte. Unter Abt Johann trafen St. Paul noch schwere 
Schicksale. Aus Treue gegen Herzog Heinrich V. Hess der 
Abt bei dessen Kampfe mit den Grafen von Cilli seinen 
Burggrafen von Mahrenberg mit sämmtlicher verfügbaren 
Maimschaft zum Heere des steierischen Landeshauptmaimes 
Johann von Stubenberg stossen. Aus Rache belagerte der 
cillische Burggraf von Mautenberg die Feste Mahrenberg, 
zwar ohne Erfolg; allein er liess sämmtliche Stiffcsgüter 
am -Remschnig imd zu St, Lorenzen in der Wüste und um 
Marburg verwüsten und ünterthanen, sowie den Pfarrer 

20* 



— 308 — 

Jakob von St. Lorenzen gefangen abführen. Am 31. Mai 
1439 kam ein cülischer Heerhaufen in das Larantthal, 
verbrannte den Markt St. Panl, die Pfarrkirche St. Erhard 
und viele Grüter; ja selbst das entfernte Möchling imlnn- 
thale wurde durch Freunde der Cillier heimgesucht. 

Den folgenden Abt Peter Knapp (1446—1455) wählte 
nicht das Capitel, sondern er wurde von dem Erzbischofe 
Friedrich IV. emaimt^ weil er als Prior durch Ehrbarkeit 
der Sitten, Eifer für die Klosterdisciplin, Umsicht in geist- 
lichen und weltlichen Angelegenheiten sich ausgezeichnet 
hatte. Der Abt entsprach den Hoffnungen des Erzbischofs 
und führte eine strengere Hausordnung ein, indem unter 
seinem Vorgänger in Folge der imglücklichen Ereignisse 
die Disciplin verfallen, ja selbst ein Theil der Conven- 
tualen entflohen war. Die trostlose, durch den cillischen 
Einfall herbeigeführte Finanzlage des Stiftes und die vom 
Kaiser Friedrich in seinem Streite wegen der Vormund- 
schaft über König Ladislaus ausgeschriebenen Kriegs- 
rüstungen nöthigten den Abt, mehrere Güter in Kärnten 
und Steier zu verkaufen. Kaiser Heinrich verlieh ihm 1453 
einen Jahrmarkt für das Dorf Maria Rast. 

Aht Johann II. JEcMinger (14:55 — 1483) verwaltete sein 
Amt in schwierigen Zeiten auf eine vortreffliche Weise. 
Er hob die Disciplin derart, dass Abt und Convent in 
grossem Ansehen standen. In Folge seiner guten Wirth- 
schaft erwarb er trotz der ungünstigen' poUtischen Ver- 
hältnisse mehrere Güter in Kärnten und Steier; auch 
schlichtete er mehrere Rechtsstreite. Vielfach aber nahmen 
die unruhigen Zeiten den Abt, welcher kaiserlicher Rath 
war, in Anspruch. Die Streitigkeiten des Kaisers mit 
seinem Bruder, Herzog Albrecht VI., der Aufstand Baum- 
kirchers und dessen Genossen, die Türkeneinfälle in Kärnten, 
der Bauernaufstand in Kärnten und endlich der Krieg des 
Kaisers mit König Mathias von Ungarn als Bundesgenossen 
des Erzbischofs von Salzburg spannten die Thätigkeit des 
Abtes theüs als kaiserlichen Rathes, theils als eines der 
vornehmsten Mitglieder der Landstände bei den vielen in 
dieser Zeit gehaltenen Landtagen bedeutend an. Mehrere 
Male berief ihn der Kaiser zu persönlichen Unterredungen 
und die Landstände übergaben ihm die Aufsicht und Aus- 
führung der Verschanzungen gegen die •Türken im Drau- 



— 309 — 

thale. Beim Ausgleiche mit Baumkirclier zu Völkermarkt 
war er unter den Mitgüedem der Stände von Kärnten, und 
Steier, welclie sich zur Zahlung der Schulden an denselben 
Terpflichteten. Beinahe bei jedem Türkeneinfalle hatte das 
Stift Schaden an einigen Gütern, besonders bei Möchling 
im Innthale, zu leiden. Am schwersten wurde es 1476 
getroffen. Damals brachen die Türken in das Lavantthal 
ein, schlugen ein Lager bei St. Paul, verbrannten den 
Markt und bei einhundert Hüben der Umgebung, konnten 
aber das Stift; wegen der guten Vertheidigungsanstalten 
des Abtes nicht erobern. Hierauf zogen sie die Drau ab- 
wärts üher Marburg, verwüsteten die zahlreichen Güter 
des Stiftes im Drauthale und führten viele Unterthanen 
gefangen fort. Zu St. Paul bestand seit dem 12. Jahr- 
hunderte eine Klosterschule, an welcher um diese Zeit 
auch weltliche Lehrer lehrten. 

Abt Johann III. Hechtl von Landau (1483 — 1488) 
war in den fortdauernden Kriegszeiten ein Unglück für 
das Stift. Die schweren durch die Ungarn und Türken 
erlittenen Verluste, sowie die fortdauernden grossen Kriegs- 
steuern hatten das Stift verarmt. Da suchte der Abt in 
diesen ungünstigen Zeiten Güter zu verkaufen, woran er 
aber bald auf die Bitte des Convents von dem Erzbischofe 
und Kaiser gehindert wurde. Da er selbst als früherer 
Pfarrer von St. Lorenzen der klösterlichen Digciplin ent- 
wöhnt war, konnte er dieselbe auch als Abt nicht auf- 
recht erhalten; daher bald Zwiste zvTischen ihm und dem 
Convente entstanden. Auf die Bitte des Convents kam 
eine Untersuchungscommission nach St. Paul, welche bald 
constatirte, dass die Klagen gegen den Abt nicht aus 
Animosität, sondern zum Nutzen des Stiftes erhoben waren. 
Dies bewog den Abt, auf die Abtwürde, obwohl unter 
schweren Bedingungen, zu resignireu. Während seiner 
Regierung wurde 1485 die Pfarre St. Georgen unter Stein 
incorporirt. 

Abt Sigmund Jöbstl von Jöbstlberg (1488 — 1498) war 
ein Mann von grosser Frömmigkeit imd bedeutender 
Lebenserfahrung, daher sich unter ihm die Verhältnisse 
günstiger gestalteten. Er suchte verschiedene Streitig- 
keiten auszugleichen, verwendete aber sein Hauptaugen- 
merk auf eine gute Wirthschaft, so dass er ita Stande 



— 310 — 

war, die Wiederherstellung des Klostergebäudes fortzu- 
setzen und die Kirch.e mit neuen Altären zu schmücken. 
Er haute auch die Hofmühle an der Lavant. Für sein 
grosses Ansehen hei seinen Zeitgenossen sprechen die 
Umstände, dass Erzbischof Friedrich ihm 1491 das Eecht 
überträgt, jene Pfarrer, welche der Bischof Erhard von 
Lavant in den erzbischöflichen Archidiatonaten von Unter- 
kämten, Steier rtad der March präsentirt, im Namen des 
Erzbischofs zu investiren und in den Besitz zu setzen, und 
dass ihn Kaiser Friedrich zum Vicedome inKämten ernannte. 

Ihm folgte Abt Bernard TrettJian (1498—1500), ein 
gelehrter, geschäftstüchtiger Mann, welcher als Prokurator 
des Stiftes früher einige Geschäfte in Rom abgewickelt 
hatte ; er starb leider zu früh. 

Abt Johann IV. ParenpicJiler (1500—1515) war ein 
frommer, milder Mann, welcher auch durch gute Wirth- 
schaft das ihm anvertraute Stift hob. Unter ihm wurde 
1506 die Pfarre St. Paul unter Homburg incorporirt. Allein 
durch seine Resignation versetzte er dem Stifte einen 
empfindlichen Schlag. Kaiser Maximilian I. bewog ihn 
dazu zu Gunsten des Ulrich Pfinzing, kaiserlichen Rathes 
und obwohl Laie doch Probst von St. Alban in Mainz und 
Pfarrer zu Weisskirchen in Steiermark. Ulrich musste nun, 
als er Abt wurde, das Klosterkleid anlegen und sich zum 
Priester weihen lassen; der Kaiser aber stellte dem Con- 
vente den Revers aus, dass in Zukunft die Abtwahl nach 
den Privilegien wieder eine freie sein sollte. Mit der 
Regierung des Ulrich Pfinzing beginnt die unheilvollste 
Periode für die Abtei. 

Abt Ulrich V. Pfinzing (1515—1530), ein durchaus 
weltlich gesinnter Mann, liess sich erst nach langem Zögern 
1516 zum Priester weihen, schämte sich aber bald des 
klösterlichen Kleides und erwirkte sich die Erlaubnis, 
seidene Kleider und dann selbst die Kleidung des Säcular- 
Klerus tragen zu dürfen. Er hielt sich mehr am Hofe des 
Kaisers als im Kloster auf, und kam blos in dasselbe, 
um sich wieder mit Geld zu versehen, womit er theils 
dem Kaiser Darlehen machte, theils ein verschwenderisches 
Leben am Hofe führte. Eine Menge Güter wurden von 
ihm verkauft oder verpfändet und eine grosse Schulden- 
last auf das Stift gewälzt. Selbst die Kostbarkeiten des 



— 311 — 

Stiftes, wie Pectoralien, Kelche, ein Kreuz mit Diamanten 
und Smaragden u. s. w., verschwanden. In Innsbruck soll 
er selbst seine eigenen Kleider wegen Schulden verkauft 
haben. Durch ein solches Gebahren musste das Stift an 
den Bettelstab gebracht werden; es wäre auch zu Grunde 
gegangen, wenn der Abt nicht 1530 den heilsamen Ent- 
schlusa gefasst hätte, zu resigniren. Allein selbst im letzten 
Augenblicke beraubte er noch das Haus, so dass sein Nach- 
folger weder Wein, Vieh, Getreide, noch Wäsche, Haus- 
geräthe oder Rüstungen, somit im buchstäblichen Sinne 
ein leeres Haus vorfand. Doch hiermit war es noch nicht 
genug. König Ferdinand I. erliess nach der vergeblichen 
Belagerung Wiens durch die Türken 1529 den Befehl, den 
vierten Theil der Kirchengüter zur Bestreitung der Kriegs- 
kosten zu confisciren und zu verkaufen, welche Massregel 
unter den folgenden Aebten Veit Pissinger (1530) und 
Mathias Furtner (1530—1550) durchgeführt wurde. 

Ueberdies musste Abt Mathias dem Könige auch noch 
wiederholt Darlehen machen, zu welchem Zwecke er 
mehrere Güter verpfändete. Dazu kam noch ein Einfall 
der Türken. Als Sultan SoHman nach der Eroberung von 
Güns in Steiermark einfiel, wurden die steierischen Güter 
verheert. Bei Unterdrauburg und an den Pässen über die 
Koralpe wurden die Türken zwar aufgehalten; allein sie 
brachen über die Packalpe in das obere Lavantthal ein. 
Das Stift hätte zu Grunde gehen müssen, wenn nicht Abt 
Mathias mit Hülfe des Erzbischofs und des Landesfürsten 
einige vom Abte Ulrich weggeführte Gegenstände und ver- 
schleuderte Güter zurückerhalten hätte. Er hinterliess, 
obwohl er als ein guter und sparsamer Hauswirth ge- 
schildert wird, eine ungeheuere Schuldenlast. 

Auch seine Nachfolger, die Aebte Jakob Fachler (1550 
bis 1558), TÄomas Jfwr (1558 — 1576) midi Andreas Schaff ei' 
(1576 — 1583), vermehrten die Schulden für die von den 
Landesfürsten gemachten Anlehen und die fortdauernden 
Kriegssteuem und Rüstungen. Sie mussten zu diesen 
Zwecken ebenfalls Güter verkaufen und verpfänden. Abt 
Thomas war überdies der Abtwürde unwürdig. Er ver- 
waltete die Abtei im Innern und Aeussem nachlässig und 
lebte mit seinen Freunden so wenig klösterlich, dass bald 
Zwiste zwischen ihm und dem Convente entstanden. Die 



— 312 — 

zur Untersucliuiig vom Kaiser gesendete Commission -wusste 
der Abt für sich zu gewinnen, so dass er Recht beMelt, 
der Pfarrer im Stifte aber als der lutherischen Lehre zu- 
gethan entfernt wurde. Aber bald begaim das scandalöse 
Leben des Abtes von neuem; daher wurde er von dem 
Erzbischofe Johann im Vereine mit dem Erzherzoge Karl IL 
abgesetzt und der Prior Adam Schrötl zum Administrator 
ernannt. Abt Andreas aber gerieth sogleich mit dem Erz- 
bischofe und Landesfürsten in Streit, weil er ohne ihren 
Consens und durch Yersprechungen gewählt wurde, so 
dass seine Confirmation erst im October 1578 erfolgte. 
Da auch sein Lebenswandel der Klosterordnung nicht ent- 
sprach und die Administration der Güter ganz vernach- 
lässigt wurde, so wurde auch er abgesetzt. Unter solchen 
Umständen ist es erklärlich, dass auch die DiscipUn in 
gänzlichem Verfalle war imd einige Conventüalen das 
Kloster verliessen. Dass aber in diesen trüben Zeiten auch 
ausgezeichnete Männer in St. Paul lebten, zeigt der Um- 
stand, dass 1565 der Conventuale Paul Leisher zum Abte 
von Klein-Mariazell in Oesterreich und 1593 Adam Schrötl 
zum Abte von Ossiach in Kärnten postulirt wurden. 

Mit Abt Vineenz Lechner (1583—1616), aus dem Stifte 
St. Lambrecht in Obersteier postulirt, trat wieder eine 
bessere Zeit ein. Er besass ausgezeichnete Naturgaben, 
milde Sitten und grosse Gelehrsamkeit, so dass er bald 
allgemein geliebt und geachtet wurde. Die Landstände 
■v^ählten ihn in den grossen Ausschuss, der Landesfürst 
übertrug ihm wiederholt Geschäfte zur Durchführung und 
ernannte ihn zum Landesvicedome. Er hob die Disciplin, 
suchte verpfändete Güter einzulösen und Schulden ziu be- 
zahlen, da ihm Erzherzog Karl die früher dem Kaiser 
Ferdinand I. gemachten Darlehen restituirte. Da auch um 
St. Paul die Reformation Wurzel geschlagen hätte, erhielt 
der Abt von dem Erzherzoge Ferdinand 11. äen Befehl, 
dieselbe auszurotten. Von Alter und Krankheit geböugt, 
musste er in seinen letzten Jahren die Adrüinistration 
änderen Händen überlassen, wodurch sowohl diese als 
auch die Disciplin wieder verfielet. 

Sein Nachfolger, Abt Johxinn V. Pferinger, dankte 
einige Tage nach der Wähl wieder ab und machte dem 
Abte Hieronymus Marchstaller (1616—1638), dem Restau- 



— 313 — 

rator des Klosters, wegen seiner erspriesslichen Thätigkeit 
auch der zweite Stifter genannt, Platz. 

Abt Hieroriymus , Profess von Ochsenhausen und zur 
Zeit seiner AbtWahl Prior zu St. Lambrecht in Obersteier, 
söhritt sogleicb zur Herstellung einer strengeren klöster- 
liclien Ordiiung, indem er dem Convente die eigenen Güter, 
welcbe viel zum Verfalle der Zucht beigetragen hatten, 
wögnahm und durch neue Constitutionen den Gottesdienst, 
die Clausuf und die ganze Hausordnimg feststellte. Er 
veranlasste wiederholt Visitationen des Klosters, um da- 
durch den klösterlicheü Geist zu heben, was ihm so sehr 
gelang, dass bald seinö Conventualen nach Ossiach und 
Admont zur Unterstützung der dortigen Aebte berufen 
wmrden. Hierauf begann er die Renovirung der Earche, 
schaffte einige neue Altäre und eine neue Orgel an, Hess 
die Kirche mit Steinplatten pflastern und bereicherte die- 
selbe mit einigen kostbaren Ornaten aus Mailand und 
Venedig, welche er von seiner Reise nach Rom mitbrachte, 
sowie auch mit einer mit Perlen und Edelsteinen besetzten 
Infel und anderen Kirchengeräthen aus Gold und Silber. 
Zur Aufbewahrung der Kirchenschätze baute er die grosse 
Salöistei, bei welcher Gelegenheit die Gebeine der Stifter- 
Familie Spänheim erhoben und unter einem neu errich- 
teten Monumente wieder beigesetzt wurden. Er begafin 
den Neubau des Klostergebäudes, da das alte durch den 
Brand von 1367 und das Alter ganz baufällig war, reno- 
virte die alte Pfarrkirche St. Erhard beim Stifte, baute 
eine neue Kirche Maria Hilf in der Wüste, sowie Kapellen 
in den Schlössern Unterdrauburg und Rabenstein. Das seit 
dem 13. Jahrhunderte zu St. Paul bestehende tmd mit 
eigenen Gütern dotirte Spital für Arme stellte er wieder 
neu her und erbaute für den TJnterrieht der Kinder seiner 
¥nterthanen ein neues Schulhatis, bei welchem eigene 
Lehrer neben der schon lange bestehenden lateinischen 
Klosterschule angestellt wurden. Bei den Landstajuden 
betrieb er den Bau der heiligen Geistkirche in Klagenfurt, 
zu welcher er am 24. Juni 1630 den Grundstein legte, und 
gab sein Gutachten über die Pundirung eines Frauenklosters 
daselbst ab. Er legte 1627 den Grundstein zur Elrche 
St. Christoph bei Osterwitz, 1635 zum Capuzinerkloster in 
Wolfsbers: und weihte den Friedhof daselbst ein. 



— 314 — 

Wie für das Geistliche sorgte er auch für die Tem- 
poralien. Er Hess die Urbarien neu aufnehmen, löste, 
mittelst guter Wirthschaft dazu in Stand gesetzt, ver- 
pfändete Güter ein, zahlte Schulden ab und kaufte noch 
die Herrschaften Rabensteiu und Unter drauburg und mehrere 
kleinere Besitzungen. Den Landsfänden sprang er in der 
Noth mit Darlehen bei und betheiligte sich sogleich an 
dem durch Kaiser Ferdinand von der Geistlichkeit ver- 
langten Subsidium, während Andere sich weigerten. 

In Folge dieser seiner Thätigkeit und vortrefflichen 
Eigenschaften stand er und sein Kloster in solchem An- 
sehen, dass der Prior Alex Gerer von St. Paul mit Zu- 
stimmung des Erzbischofs und Erzherzogs Ferdinand 1617 
zum Abte von Ossiach postulirt wurde. Abt Hieronymus 
selbst wurde Archidiakon von Unter kärnten und 1618 nach 
dem Tode des Bischofs Georg III. von Lavant General- 
vicar und Administrator des Bisthums ; er erhielt die Würde 
eines erzbischöflichen Rathes und wurde mit der Installa- 
tion des neuen Bischofs Leonhard II, von Lavant und des 
neuen Domprobstes Johann Gambazi betraut. Ebenso er- 
nannte ihn der Erzbischof zu seinem Commissar bei der 
Neuwahl dos Abtes von Ossiach, welche 1622 auf seinen 
Conventualen, den St. Pauler Prior Georg Schweitzer, fiel. 
Die Landstände wählten den Abt wiederholt in den grossen 
Ausschuss und zum ständischen Verordneten, und über- 
trugen ihm wichtige Geschäfte, wie die Unterhandlung 
über die Uebernahme und Unterhaltung der Militärgrenze. 
Die Gnade des Kaisers Ferdinand II. erwarb er sich da- 
durch, dass er 1616 ausser der Stellung seiner Mannschaft 
zum friaulischen Kriege dem Kaiser bedeutende Massen 
Getreide schenkte. Dieser bestätigte ihm daher auch die 
Rechte der Abhaltung eines Jahrmarktes, der Wochen- 
märkte und Kirchtage zu St. Paul und andere Privilegien 
des Stiftes, und ernannte ihn zum kaiserlichen Rathe. 
Als 1617 die Universität zu Salzburg gegründet und den 
Benediktinern übergeben wurde, versahen auch öfter Con- 
ventualen von St. Paul daselbst einzelne Lehrkanzeln, und 
Abt Hieronymus sowie auch seine Nachfolger sandten ihre 
Kleriker zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung nach 
Salzburg oder nach Graz. 

Abt Paul Memminger (1638 — 1660) machte sich durch 



— 315 — 

seine Bescheidenlieit liebenswürdig, so dass er, obwohl 
er eine strenge Hausordnung einhielt, doch allgemein 
beliebt war. Er besass einen hohen Verstand und war in 
den freien Künsten wohl erfahren. Den Klerikern tradirte 
er vor seiner Abtwahl die Philosophie. In der Wirthschaft 
hatte er Wenige über sich. Er baute die Kirchen St. Kolman 
bei Ehrnegg und St. Margarethen bei St. Paul neu auf 
und setzte den durch seinen Vorgänger begonnenen Neu- 
bau des Convents fort, welcher 1643 vollendet wurde, 
worauf er zu einem weiteren Theile des Stiftsgebändes 
den Grrund legte. Er kaufte 1651 die Herrschaft Kolnitz, 
ferner das Amt Goding im Lavantthale und Weingärten 
in Untersteier. Auch löste er verpfändete Güter, wie den 
Krapflhof und den Hof zu St. Oswald beim Kloster und 
den Welikhof bei Unterdrauburg, wieder ein. Den Land- 
ständen von Kärnten und Steier lieh er bedeutende Summen. 
Dieses konnte er blos ausführen, weil er eine geordnete 
Wirthschaft führte und alle überflüssigen Ausgaben be- 
seitigte. Seine Gerechtigkeitsliebe liess auch keines der 
Rechte der Abtei verletzen. Er trat dem Bischöfe Albert 
von Lavant entgegen, als dieser ihm die Vogteirechte über 
die Pfarrkirche Maria-Rojach schmälern wollte, ihm den 
Gebrauch der Pontificalien bei dem alljährlich von den 
Landständen veranstalteten Frohnleichnams- Umgänge in 
Klagenfort untersagte, und als er Inventurrechte auf den 
dem Stifte incorporirten und mit Conventualen besetzten 
Pfarren verlangte. Allein Abt Paul blieb immer Sieger, 
weil er auf sein Recht sich stützte. Sein Ansehen war so 
gross, dass die Landstände, als er auf die Stelle eines 
Verordneten resigniren wollte, ihn baten, dieselbe zu be- 
halten, weil sie ihn wegen seines bedächtigen und ver- 
nünftigen Rathes und seines Fleisses nicht entbehren könn- 
ten. Der Landesfürst ernannte ihn 1645 zu seinem Com- 
missar bei der Abtwahl zuVictring; der Erzbischof Guido - 
bald übertrug ihm öfter Geschäfte zur Durchführung und 
ernannte ihn zu seinem Rathe, welchen Titel er auch von 
dem Bischöfe von Bamberg erhielt. Für das Ansehen 
seines Conventes spricht der Umstand, dass der Erzbischof 
1650 zum ersten Male die Beichtväter der Benediktinerinnen- 
Abtei St. Georgen am Längsee aus den St. Pauler Conven- 
tualen wählte. 



— 316 — 

Abt Fhilvpp Eottenhäusler (1661—1677) war ein -wür- 
diger NacMolger. "Wenige Monate nact seiner Wahl er- 
nannte ihn Kaiser Leopold I. schon zum kaiserlichen. Rathe 
mit der Motivirong, weil er die stattlichen Talente, den 
hohen Verstand, die Erfahrenheit in politischen und geist- 
lichen Sachen wahrgenommen, und wegen der treuen Dienste, 
welche er ihm sogleich nach dem Antritte der Prälatur 
geleistet habe. Kurze Zeit darauf erfolgte seine Ernennung 
zum salzburgischen und bambergischen Rathe. Der Erz- 
bischof Maximilian Gundolf beauftragte ihn mit der Unter- 
suchung der zwischen dem Abte und Convente zu Ossiach 
herrschenden Zwiste; die Landstände aber wählten ihn 
zum Verordneten. Im inneren Haushalte hielt er Ordnung 
und Disciplin aufrecht und ging selbst mit gutem Beispiele 
voran. Er war einfach in der Kleidung, so dass man den 
Abt nicht aus dem Gewände, sondern blos aus den Tugenden 
erkennen koimte. Er sandte die Kleriker wie seine Vor- 
gänger zu den Studien nach Salzburg und Graz, bis er 
1673 eine philosophische und theologische Hauslehranstalt 
errichtete. Dabei -vernachlässigte er nicht die äussere 
Wirthschaft, Er setzte auch den Bau des Stiftsgebäudes 
fort, baute den Musikchor in der Stiftskirche und bestellte 
eine neue Orgel, Die Filialkirchen St. Benedikt am Wein- 
berge und St, Radigund bei Eis liess er neu herstellen. 
Die Stiftsgüter vermehrte er durch Ankauf; so kaufte er 
unter Anderen die Herrschaften Oberlembach bei Marburg, 
Lävamünd und Loschenthal bei St. Paul und das Gut 
Mosern im Lavantthale. Diese Güterkäufe, sowie die wegen 
der Kriegszeiten bedeutenden Steuern und Rüstungen, die 
Auslagen für Verpflegung und Bequartierung der durch- 
ziehenden Truppen zu Lavamünd und Unterdrauburg waren 
die Ursachen, dass Abt Philipp bei seinem Tode eine ziem- 
liche Schuldenlast hinterliess. 

Abt Albert Beichart (1677—17^7) -vnirde wegen seiner 
Gelehrsamkeit hoch geschätzt; er schrieb vor seiner Abt- 
wahl das „Breviarium historiae Cajrinthiacae*'. In der 
Disciplin war er genau und hielt dieselbe trotz der schweren 
Zeiten besonders durch öftere Visitationen aufrecht. Er 
sorgte für die Pflege der Wissenschaften und sandte einige 
seiner Kleriker in die Studien nach Salzb-urg oder Graz, 
obwohl die eigene Hauslehranstalt so tüchtige Lehrkräfte 



— 317 — 

besass, dass andere Aebte ihre Kleriker nacb St. Paul 
gaben. Zugleich, bestand damals ein sehr besuchtes Gym- 
nasium zu St. Paul, was daraus zu schliessen ist, dass der 
Abt wegen Mangel an Raum selbst Söhne adeliger Fami- 
lien zurückweisen musste. Er stand wegen seiner Thätig- 
keitbeimPabste und Kaiser in Ansehen. Pabst Alexander Vlfi. 
verlieh dem Stifte die Privilegien der Casinensischen 
Benediktiner- Gongregation und ernannte den Abt zum 
Protonotar. Der Erzbischof von Salzburg und der Bischof 
von Bamberg verliehen ihm den Eathstitel; die Stände 
wählten ihn zum Verordneten. "Während seiner Regierung 
gelangte 1T13 der Conventuäle Ernst, Graf von Schratten- 
bach, zur Abtwürde von Emaus bei Prag. Abt Albert 
war sehr freigebig, was für das Stift nicht vortheühaft 
war und besass grosse Baulust. Trotz der schweren 
Kriegszeiten setzte er den Neubau des Klosters fort, baute 
die Kirche am Josefsberge bei St. Paul und Hess mehrere 
andere restauriren. Diese Bauten, sowie die fortdauernden 
grossen Kriegsrüstungen, die verschiedenen von den Landes- 
fürsten zu Kriegszwecken gemachten freiwilligen Darlehen 
und Kriegssteuem, die Auslieferung des Erchensilbers, 
welches bei St. Paul in einhundert und drei Pfand Silber 
bestand, bewirkten, dass der Abt bei seinem Tode über 
300,000 Gulden Schulden hinterliess. Der schon Jahr- 
hunderte lang bestehende Weinbau war damals noch in 
der Blüthe, indem von eigenen Weingärten bei St. Paul 
1680 noch fünfzig Startin gefechst wurden. Ebenso war 
auch die Jagd bedeutend; die Berge von St. Paul hatten 
noch Hirsche, die seit alten Zeiten im Lavantthale vor- 
kommenden Biber waren noch nicht ganz verschwunden; 
ebenso wurden öfter Wölfe erlegt. 

Abt Johann VI. Bainer (1728 — 1742) war selbst sehr 
gelehrt und hielt viel auf die Ausbildung seiner Kleriker. 
Er war sehr arbeitsam und bediente sich beim Rentamte 
keiner Mittelsperson, indem er selbst alles ordnete. Er 
war ein guter Oekonom und hätte die Finanzen des Stiftes 
wieder gehoben, wenn nicht Missjahre und ausserordentliche 
Zahlungen eingetreten wären. Viele Verdriesslichkeiten 
bereitete ihm der Convent, als er eine strengere Disciplin 
einführen wollte und wegen der schlechten Finanzverhält- 
nisse die Wünsche der Conventualen nicht befriedigen 



— 318 - 

konnte. Er hatte bei seinem Tode wenigstens die Passiven 
nicht vermehrt. 

Abt Benedikt Hasler (1743 — 1748) wurde zwei Jahre 
nach seiner Wahl vom Schlage getroffen, musste daher die 
Geschäfte Andern überlassen, wodurch Disciplin und Ver- 
waltung bedeutend litten. Dazu kamen noch in Folge des 
österreichischen Erbfolgekrieges ausser den Steuern grosse 
Kriegsrüstungskosten imd sogenannte freiwillige Anlehen, 
so dass das Stift seinem finanziellen Untergange immer 
näher rückte. 

In Abt Anselm I. PassancJco (1748 — 1778) glaubten die 
Senioren des Stiftes einen Wiederhersteller der Disciplin 
und tiefgesunkenen Oekonomie zu finden. Man täuschte sich 
im Allgemeinen nicht. Er war sehr thätig, stellte fähige 
Männer auf die wichtigsten Posten, so dass selbst, als er 
als ständischer Yerordneter häufig in Klagenfurt verweilte, 
die Geschäfte geordnet waren. In Klagenfort war er wegen 
seiner echt geistlichen Eingezogenheit hoch geschätzt. Die 
Sorge, ein wohlgeordnetes Gotteshaus zu besitzen, lag ihm 
sehr am Herzen; daher er für ßenovirung und Auszierung 
der Kirche sorgte. Um die Kleriker zum fleissigen Studium 
anzuspornen, veranstaltete er in St. Paul philosophische 
Disputationen in Gegenwart vornehmer Gäste und ver- 
wandelte die lateinische Schule in ein ordentliches Gym- 
nasium, indem er zu diesem Zwecke seine Conventualen 
die Gymnasial-Lehramts-Prüfong ablegen liess. Aber der 
Oekonomie fügten unter ihm verschiedene Brände und 
Wassergüsse bedeutenden Schaden zu. Dazu kam noch 
ein mit bedeutenden Kosten begonnener, aber verunglückter 
Bergbau auf Kupfer am Lambrechtsberge bei Lavamünd, 
sowie auch die Kriegssteuern und freiwilligen Darlehen 
zu dem siebenjährigen Kriege, so dass bei seinem Tode die 
Passiven abermals bedeutent vermehrt erschienen. 

Abt Anselm IL Edling (1778—1782) führte Erspa- 
rungen und eine geordnete Wirthschaft ein; allein es war 
zu spät. Die Passiven waren zu gross. Die Gläubiger 
erhoben sich, den Convent befiel Kleinmuth, besonders 
weil der Abt sehr viel vom Stifte abwesend war und in 
Klagenfort lebte. Da sandte Kaiser Josef II. eine Hof- 
commission zur Untersuchung und hob am 4. November 
1782 das Stift auf. 



— 319 — 

Als 1805 das fürstliclie Reichsstift St. Blasien im ehe- 
maKgen habsburgischen Breisgane aufgehoben wurde, berief 
Kaiser Franz I. den Fürstabt Berthold Rottler mit einer 
Anzahl seiner Conventualen nach Oesterreich und übergab 
ihm 1809 das alte Stift St. Paul. 

Fürstabt Berfhold (1809—1826) übernahm ausser vier 
Pfarren die Verpflichtung, das Lyceum, nämlich die philo- 
sophische und theologische Lehranstalt, und das Gymnasium 
zu Klagenfort mit Lehrkräften zu besetzen und in St. Paul 
ein Gymnasium mit einem Convikte zu errichten. Er be- 
setzte nach und nach diese Lehrkanzeln und selbst ein 
gelehrter Mann beförderte er auch die Wissenschaften und 
das selbstthätige Studium in seinem Hause, und Hess die 
angehenden Professoren in Wien für ihren Beruf ausbilden. 
Ich brauche blos die in der literarischen Welt bekannten 
Ambros Eichhorn und Trudpert Neugart zu erwähnen. Für 
die klösterliche Hausordnung war Fürstabt Berthold eifrig 
besorgt; er stellte 1812 neue den Zeitverhältnissen und 
der wissenschaftlichen Beschäftigung seiner Capitularen 
angepasste Constitutionen auf, und Hess dieselben vom 
Bischöfe Leopold III. von Lavant und dem Kaiser Franz I. 
bestätigen. Er wurde Landstand von Kärnten und als 
solcher Mitglied des ständischen Ausschusses. Der Kaiser 
ernannte ihn zum kaiserlichen Rathe. Die jetzt im Stifte 
befindliche Bibliothek, die kunst- und wissenschaftlichen 
Sammlungen brachten die Blasianer mit nach Kärnten; 
nur ein Theil des Archives stammt von dem alten Stifte 
St. Paul. Ebenso erhoben sie die in der Gruft zu St. Blasien 
beigesetzten Gebeine einiger Habsburger, darunter die der 
Königin Anna, Gemahlin des Königs Rudolf von Habsburg, 
der Herzoge Leopold des Ruhmvollen und Heinrich des 
Anmuthigen, Söhne des Königs Albrechts I., und des 
Herzogs Leopold HI. des Biederen, imd brachten dieselben 
nach St. Paul, wo dieselben in einem eigenen Monumente 
beigesetzt wurden. Als Dotation erhielt der Fürstabt die 
Güter St. Paul und Kolnitz im Lavantthale, Ebemdorf mit 
Wasserhofen im Faunthale, Törtschach am Wörthersee und 
das Victringhofer Weingut mit Lembach bei Marburg. 
Die Uebergabe dieser Güter verzog sich aber mehrere 
Jahre. Die übernommenen Gebäude waren sämmtlich in 
halbverfallenem Zustande, daher ihre Herstellung bedeutende 



— 320 — 

Kosten verursaclite. Zur Vermekrung des Weingärten- 
tesitzes kaufte er noch Weingärten in Pickem aus dem 
Pensionepaiischale, welches die grpssherzoglich badische 
Regierung den eingewanderten Blasianem ausfolgte. 

Abt Meinrad Aman (1827— 1839) nährte den religiösen 
Sinn durch Wort und That und trat auch für die Haus- 
ordnung und Disciplin auf. Selbst früher Professor der 
Philosophie, beförderte ernachKräften das wissenschaftliche 
Streben und wurde zum landesfürstlichen Prüfanga-Com- 
missär am Lyceum und Gymnasium ernannt. Obwohl er 
kaum selbst genügende geprüfte Lehrkräfte besass, sandte 
er doch auf Ansuchen des Königs Ludwig I. von Bayern 
zeitweise Professoren an die neue Lehranstalt der Bene- 
diktiner nach Augsburg, wofür König Ludwig eigenhändig 
dem Abte dankte und Kaiser Franz sein Wohlgefallen aus- 
sprach. Der Abt . widmete sich auch mit Eifer der Ad- 
ministration der Güter und forschte nach neuen Einnahme- 
quellen; so errichtete er zu Ebemdorf eine Bierbrauerei 
und zu Wasserhofen eine Zuckerfabrik, welch letztere aber 
nach seinem Tode wegen des gelingen Ertrages wieder 
aufgelassen wurde. Die Güter vermehrte er durch Ankauf 
von Weingründen bei Marburg, besonders durch die Herr- 
schaft Pessnitzhofen. Er war Mitglied der Landwirth- 
schaftsgesellschaften von Wien, Steiermark, Kärnten und 
Krain. Die Landstände hatten ihn wiederholt wegen seiner 
Geschäftskenntnis zum Verordneten gewählt. 

Abt Ferdinand Steinringer (1840 — 1866) war rastlos 
in der Erfüllung seiner Berufspflichten. Er suchte den 
religiösen Sinn durch sein eigenes Beispiel zu befördern, 
indem er an den religiösen Uebungen, ausser durch dringende 
Geschäfte gehindert, iramer theilnahm. Um die religiös- 
sittliche Erziehung der weiblichen Jugend zu befördern, 
berief er die Schulschwestem nach St. Paul. Seine jungen 
Capitularen Hess er an den Universitäten zu Wien und 
Graz die Gymnasial -Lehramts -Prüfung ablegen, um den 
Staatsgesetzen vollkommen zu entsprechen, und eiferte be- 
ständig zum fleissigen Studixmi an, indem er die noth- 
wendigen HüKsmittel mit Liberalität zur Verfügung stellte. 
Der Abt besass auch Kunstsinn und liess die Kunstschätze 
des Hauses wiederholt zu öffentlichen Ausstellungen nach 
Wien und Klagenfurt senden. Die . Stiftskirche liess er 



— 321 — 

mit bedeutendem Kostenaufwande restauriren und mit 
neuen Bildern und einigen Altäxen, sowie einem Kreaz- 
yrege in Relief und einer neuen Orgel ausschmücken. Auf 
die Oekonomie im Allgemeinen, die ViehzucM und Obst- 
kultur insbesondere, hatte er sein vorzüglichstes Augen- 
merk gerichtet. Für den blühenden Zustand dieser 
Oekonomiezweige geben die zahlreichen, bei öffentlichen 
Ausstellungen erlangten Preise Zeugnis. In Bezug auf 
Veredlung der Obstbäume nahm er in Kärnten den ersten 
Bang Qin. Auch bedeutende Bauten wurden unter ihm 
ausgeführt. An das Stiffcsgebäude liess er einen ent- 
sprechenden Zubau machen, theil weise zur Unterbringung 
der Volksschule, da das alte vom Abte Hieronymus 
stammende Schulgebäude für die jetzigen Verhältnisse zu 
klein und auch baufällig war. Ebenso wurde auch das 
Gebäude des Professoren -Collegiums in Klagenfurt, ein 
ehemaliges Franziskaner- Kloster, durch einen Zubau er- 
weitert. Die Meiereigebäude zu St. Paul und Kolnitz im 
Lavantthale, Lembach und Pessnitzhofen bei Marburg ver- 
danken ihm ihren Neubau. Er zeigte auch bei ver- 
schiedenen Gelegenheiten seinen treuen ßürgersinn und 
seine Vaterlandsliebe, wie z. B. bei den Anlehen des Staates. 
In Folge dieser vielseitigen, erspriesslichen Thätigkeit für 
das Haus, die Kirche und den Staat verlieh ihm Se. Majestät 
Kaiser Franz Josef I. 1860 das Ritterkreuz des Ordens der 
Eisernen Krone und Fürstbischof Anton Martin von Lavant 
ernannte ihn zum Consistorialrathe. 

Gegenwärtig regiert hier seit dem 9. August 1866 
Abt Augustin Dada, fürstbischöflich Gurker Consistorial- 
rath, vor der Wahl Professor der Theologie. 

P. BeDA ScHBOLIi. 



Ein Benediktinerbuch. 21 



— 322 — 

Gegenwärtiger Bestand des Stiftes. Die dem Fürst- 
alate Berthold auferlegten Verpflichtungen rücksichtlich der 
Yom Stifte zu besetzenden Lehrkanzeln erlitten im Ver- 
laufe der Zeit einige Abänderungen. Die Auflassung der 
Lyceen und die später erfolgte Reorganisirung der theo- 
logischen Studien hatten zur Folge, dass nunmehr das 
k. k. Obergymnasium und die fürstbischöflich theologische 
Lehranstalt zu Klagenfurt vom Stifte besetzt werden mussten- 
Dieser Verpflichtung kam auch dasselbe bis zum Jahre 1871 
nach. Der um diese Zeit allerorts bemerkte Mangel an 
Candidaten des geistlichen Standes zeigte sich auch in 
St. Paul und machte es immer schwieriger, die Gymnasial- 
kanzeln mit vorschriftsmässig geprüften Lehrkräften zu be- 
setzen. Es -wurde schliesslich den 17. Juni 1871 ein 
Uebereinkommen mit der Staatsverwaltung getroffen, dem 
zufolge das Stift von der Besetzung des k. k. Obergym- 
nasiums zu Klagenfurt enthoben wurde und die im Lehr- 
amte daselbst verbliebenen Stiftscapitularen in die Stellung 
und den Rang k. k. angestellter Professoren eintraten. 
Von den 5 Professoren, welche in dieser Weise das Lehr- 
amt beibehielten, sind noch 2 am Leben und in Thätigkeit. 
Gleichzeitig wurde in dem Uebereinkommen vereinbart, 
dass die Lehranstalt zu St. Paul als Privat-Untergymnasium 
mit dem Oeffentlichkeitsrechte zu gelten habe, und das. 
Schulgeld nicht mehr wie früher an die Staatskasse ab- 
zuführen sei. Diese Lehranstalt wird jetzt von durch- 
schnittlich 80 Schülern besucht, von denen nicht ganz die 
Hälfte in dem stiftlichen Gymnasial-Convikt untergebracht 
ist. Bei dem guten Rufe, dessen sich Lehranstalt undConvikt 
zu erfreuen haben, würde die Schülerzahl bedeutend grösser 
sein, wenn Räumlichkeiten für ihre Unterbringung vor- 
handen wären und die Schwierigkeiten beseitigt werden 
könnten, die sich der Vergrösserung des Conviktes und 
der Erweiterung der Lehranstalt zu einem Obergymnasium 
entgegen stellen. 

Behufs des seelsorglichen Wirkens wurden dem Stifte 
St. Paul bei seiner Resuscitirung im Jahre 1809 ausser der 
Stiftspfarre noch 4 andere Pfarren (Klein-St. Paul, Pustritz, 
St. Georgen und St. Martin) incorporirt und mit der Ver- 
pflichtung übergeben, die Seelsorger für diese Pfarren zu 
stellen. Ausserdem giebt es noch 13 Pfarreien, die im 



— 323 — 

Patronatsverliältnisse zum Stifte stehen, ilire Seelsorger 
aber aus dem Weltklerus erhalten. 

Der gegenwärtige Personalstand des Stiftes zählt 
38 Individuen in folgenden Stellungen: 1 Abt, 2 emerit. 
und 4 active Professoren der Theologie, 1 emerit. Lyceal- 
und 1 emerit. Gymnasialprofessor, 2 Gymnasialprofessoren 
zu Klagenfurt und 1 zu Brimn, 1 Director und 6 Gym- 
nasialprofessoren am Gymnasium zu St. Paul, 1 Convikts- 
präfecten, 2 emerit. und 5 active Pfarrer nebst 2 Kaplänen, 
3 mit der Verwaltung der stiftlichen Güter betraute und 
2 in der Vorbereitung zum Lehramte stehende Capitularen, 
1 Kleriker und 3 Novizen. 

Lage und SehensiowräigTceüen des Stiftes. Die geo- 
graphische Lage von St. Paul wird von Jedermann als 
eine sehr günstige und reizende bezeichnet. Auf einem 
massigen Hügel erbaut, wo das Näherrücken der Berge 
das Lavantthal verengt und gewissermassen abschliesst, 
gestattet das Stift von der Westseite den Ein- und Ueber- 
blick des Granitzthales mit dem freundlich gelegenen Pfarr- 
dorfe St. Martin, während sich gegen Norden der schönste 
und grösste Theil des xmteren Lavantthales ausbreitet. Die 
Kor- und Saualpe, die rechts und links das Thal einfassen 
und bis zur Grenze des Feldbaues mit zahllosen Gehöften, 
fruchtbaren Feldern, Wiesen und Baumgärten bedeckt sind, 
die vielen im Thale und zu beiden Seiten desselben be- 
sonders der Saualpe aufleuchtenden Kirchen und Thürme, 
die kräftigen, Thal und Abhänge beschattenden Waldungen, 
die freundlichen Obstgärten, die nicht nur die einzeln ge- 
legenen Gehöfte umgeben, sondern auch die Häuser in den 
Dörfern, Märkten und Städten einfassen und zur Blüthezeit 
einen Ajiblick gewähren, der die Benennung des Lavant- 
thales als des kärtnerischen Paradieses zu rechtfertigen 
scheint, endlich die Lavant, die sich in mannichfaltig ge- 
schlungenen Serpentinen gebettet hat,, um die Schönheiten 
des Thaies allseitiger und länger geniessen zu können — 
dieses alles vereinigt sich zu einem Bilde, bei dem auch 
der Einheimische gerne verweilt und das der Fremde mit 
dem Wunsche verlässt, in Mitte desselben seine Wohmmg 
aufsehlagen zu können. 

Bei dem Plane zum Stiftsgebäude wurde ein nach 
allen 4 Seiten aufzuführender Bau in Aussicht genommen. 

21* 



— 324 — 

In der Wirklichkeit und zum Griücke der Stiftsbewohner 
sind nur der -westliche und nördliche Flügel ganz aus- 
geführt, während von den beiden andern nur die Anfange 
und Ansätze erscheinen, die der Sonne und der Luft den 
freien Zutritt in die Stiffcsräunae und den Aussenstehenden 
den Anblick der Gartenterrassen mit dem freundlichen 
Stiftsplatze, sowie der Stiftökirche mit den beiden Thürmen 
gestatten. Der gegenwärtige Stiftabau wurde erst mit Be- 
ginn des 17. Jahrhunderts in Angriff genommen und es 
dauerte über 100 Jahre bis zu seiner Vollendung. Trotz- 
dem dass mehrere Aebte sich an demselben betheüigten, 
erlitt doch das einheitliche Ganze keine Schädigung, indem 
bei jeder Fortsetzung des Baues die ursprüngliche Anlage 
erkannt und in Uebereinstimmung mit derselben der Weiter- 
bau geführt wurde. 

Der ganze Stiftshügel, auf dem das Stiftsgebäude mit 
der Stiftskirche liegt, ist seit 1631 mit einer aus Bruch- 
steinen aufgeführten Mauer umfasst. Dieselbe wird nur 
südlich durch einen mächtigen der Rundform des Hügels 
folgenden Bau unterbrochen, der das mit Säulen gezierte 
hohe Eingangsthor zu dem höher gelegenen Stiftsgebäude 
und zur Stiftskirche enthält und in seinen übrigen Räum- 
lichkeiten theils zu ärarischen Kanzleien, theils zu wirth- 
schaftlichen Zwecken verwendet wird. Die Abhänge des 
Stiftshügels innerhalb der Gartenmauer sind auf drei Seiten 
in einen Baumgarten verwandelt, während der südliche 
Theil in drei Absätzen terrassenförmig geebnet ist, auf 
denen Blumen- und Gemüsekultur getrieben wird. 

Das eigentliche Stiftsgebäude ruht auf einem mächtigen 
mit Quadern eingewölbten Souterrain, das — besonders 
auf der Südwestseite — die Höhe und Ausdehnung einer 
stattlichen Kirche erreicht, worüber die Parterre-Etage und 
ein höheres Stockwerk aufgebaut ist. Sämmtliche Mauern 
sind aus grossen Bruchsteinen aufgeführt und in einer Stärke 
ausgebaut, dass sie noch in dem letzten Geschosse eine 
Dicke von zwei Metern aufweisen und geeignet wären, 
noch zwei Gebäude von derselben Höhe zu tragen. Nach 
innen ist der ganze Bau des Parterres und des ersten 
Stockwerkes mit luftigen gewölbten Arcaden flankirt, die 
nach Aussen von mächtigen mit Mauerwerk aufgeführten 
Säulen getragen werden. Der nördliche Stiftstrakt misst 



— 325 — 

im Lichten 114 m, der "westliche 77,5 m und der östliche 
50,6 m Länge mit einer Lichtenbreite einschliesslich der 
Arcaden von durchschnittlich 13,5 m. Der nördliche und 
der grösste Theil des östlichen Traktes enthält die Woh- 
nungen der Conventualen sammt den Räumlichkeiten für 
das Convikt, Gymnasium und die öffentliche Volksschule, 
der westliche Trakt die Abtei und die Gastzimmer, die 
zum Theile schön getäfelte Plafonds aufweisen. An der 
Nordwestecke des Stiffcsgebäudes erhebt sich ein mächtiger 
Thurm mit Etagen, deren höchste eine prächtige Rund- 
schau über das Thal und die Abhänge der Kor- und Sau- 
alpe bietet. 

Längs des nördlichen Traktes liegt die schöne, auch 
für den Pfarrgottesdienst verwendete, dreischiffige , im 
romanischen Style gebaute Stiftskirche, die ursprünglich 
eine flache Decke hatte und erst nach dem 1367 erfolgten 
Brande, als Kirche und Kloster wieder hergestellt wurden, 
das gegenwärtige gothische Netzgewölbe erhielt. Ueber 
die Zeit ihrer Erbauung und ihre erste Geschichte sind 
leider keine schriftlichen Denkmäler vorhanden, da das 
stiftliche Archiv, welches wahrscheinlich solche enthielt, 
bei der 1782 erfolgten Aufhebung des Stiftes in mehrere 
Staatsarchive wanderte und nicht wieder ausgefolgt wurde. 
Fr. V. Ankershofen hat sie in dem TV. Bande des Jahr- 
buches der k. k. Central-Commission zur Erforschimg und 
Erhaltung der Baudenkmale umständlich beschrieben und 
zu beweisen gesucht, dass sie am Ende des 12. und An- 
fangs des 13. Jahrhunderts gebaut worden sei. Im Innern 
derselben findet sich wenig, was Anspruch auf materiellen 
oder künstlerischen Werth erheben könnte. Am meisten 
springen in die Augen zwei an den beiden Apsiden er- 
richtete Sarkophage, wiewohl sie durch den verschiedenen 
unschönen Baustyl das Auge beleidigen und der Kirche 
keineswegs zur Zierde gereichen. In dem an der Evan- 
gelienseite stehenden rahen die Gebeine der Stifterfamilie, 
nämlich: von dem Grafen Siegfried von Sponheim und 
seiner Gemahlin Richarda, von ihrem Sohne Engelbert, 
dem eigentlichen Stifter, imd seiner Gemahlin Hadwig und 
endlich von Hartvicus, dem mit den Grafen von Sponheim 
verwandten Erzbischof von Magdeburg. Unter dem andern 
Sarkophage sind seit 1818 die irdischen Ueberreste von 



— 326 — 

13 Mitgliedern aus dem erlauchten österreichisclien Kaiser- 
hause beigesetzt, darunter von Anna, der GemahUn Rudolfs, 
des ersten römisclien Königs, von Elisabeth, der Gemahlin 
Alberts L, und von den drei österreichischen Herzogen 
Leopold dem Glorreichen, Heinrich dem Sanftmüthigen 
und dem in der Sehlacht bei Sempach gefallenen Leopold 
dem Frommen. Bis 1770 ruhten sie theils in der öster- 
reichischen Gruft zu Königsfelden , theils in dem Münster 
zu Basel. In diesem Jahre wurden sie unter Zustimmung 
der Kaiserin Maria Theresia von dem Fürstabte Martin 
Gerbert erhoben und unter grossem Gepränge in der Gruft 
von St. Blasien beigesetzt. Hier lagen sie 37 Jahre bis 
zu der Zeit, wo die aufgehobenen St. Blasianer durch Kaiser 
Franz I. nach Öesterreich berufen wurden. Die traditio- 
nelle, ungeheuchelte Pietät und Anhänglichkeit an das 
österreichische Kaiserhaus zeigte sich auch darin, dass sie 
sich von den theuren Ueberresten der Habsburger nicht 
trennen wollten und dieselben wie Penaten in ihre neue 
Heimat mitnahmen, um ihnen da eine neue hoffentlich 
letzte Ruhestätte zu geben. 

So unansehnlich für das Auge die Einrichtung der 
St. Pauler Stiftskirche erscheint, um so sehenswerther ist 
der übrige Kirchenschatz, der in der Sakristei und sonst 
im Stifte aufbewahrt wird. Wie beinahe alle im Stifte 
vorhandenen Gegenstände von Werth und Bedeutung den 
St. Blasianern gehörten und von ihnen nach Öesterreich 
gerettet wurden, so hatte auch der grösste Theil des 
gegenwärtigen Kirchenschatzes seine ursprüngliche Heimat 
in St. Blasien. 

Die zahlreichen in allen Kirchenfarben vorhandenen 
Paramente haben theüs geschichtlichen Werth, theils 
zeichnen sie sich durch die Schönheit ihrer Form und die 
Kostbarkeit der verwendeten Stoffe aus. In ersterer Be- 
ziehung stehen oben an eine ganz gut erhaltene gestickte 
Casula aus dem 12. Jahrhunderte und ein gleiches Gewand 
sammt Pluviale aus dem 13. Jahrhunderte. Diese werth- 
voUen Stücke des Kirchenschatzes, die schon für viele 
in- und ausländische Ausstellungen begehrt wurden, hat 
Herr Dr. G. Heider nach ihrem Ursprünge und ihrer Be- 
schaffenheit untersucht und im IV. Bande des Jahrbuches 
der k. k. Central- Commission zur Erforschung und Er- 



— 327 — 

haltung der Baudenkmale mit Beifügung von Zeichnungen 
und Illustrationen beschrieben Eine grosse Zierde des 
Paramentenschatzes bildet aiich der von der Kaiserin 
Maria Theresia nach St. Blasien geschenkte, auf weissem 
Atlas in Kettenstich gearbeitete Trauerornat (Casula, Plu- 
viale und zwei Dalmatiken), an dessen Anfertigung sie 
sich mit eigener Hand bntheiligt haben soll. Eme werth- 
voUe Zugabe zu dem Paramentenschatz bestt^ht in mehreren 
Alben mit echten, sehr breiten Brüsseler Spitzen. Unter 
den Kirchengefässen sind hervorzuheben: eine kleinere und 
eine grössere gothischeMonstranz(erstere in sehr geschmack- 
vollem, rein gothischem Style des 14. Jahrhunderts), mehrere 
Kelche, darunter ein gothisch gearbeiteter aus d«m 15. 
oder Anfangs des 16. Jahrhunderts und ein anderer schwerer 
der Renaissance angehöriger, den Pabst Innocenz XL nach 
St. Blasien verehrt hat, zwei Credenzen (Offertoriumskannen 
sammt Schüsseln). 

Zahlreich und werthvoU sind auch die in Kreuzesform 
vorhandenen Objecte des Kirchenschatzes. Man sieht Kreuze 
aus Elfenbein und Korallen, zwei Kreuze in byzantinischer 
Arbeit aus dem 9. oder 10. Jahrhundert und eine grosse 
in Kreuzesform gebrachte Krenzpartikel, die in einer sil- 
bernen, reich mit Smaragden geschmückten Monstranz auf- 
bewahrt wird. Letztere wnrde erst 1815 angefertigt. Ur- 
sprünglich ruhte die Kreuzpartikel in einer 83 cm hohen 
und 67 cm breiten, reich mit Gemmen, ungeschliffenen 
Edelsteinen und Reliquien geschmückten, an der Rückseite 
schön ciselirten Fassung, in die sie der St. Blasiauische 
Abt Guntherus (Anfangs des 12. Jahrhunderts) bringen liess. 
Aus dieser wurde sie, wahrscheinlich wegen der für die 
öffentliche Verehrung unbequemen Form und vielleicht auch 
in Huldigung eines verkehrten Zeitgeschmackes, im 17. Jahr- 
hunderte herausgenommen und in eine neue kostbare und, 
wie man meinte, auch schönere Fassung gebracht. Während 
aber diese neue Passung das Schicksal sehr vieler kirch- 
lichen Kunstschätze theilte und nach Entfernung der Kreuz- 
partikel und der vielen Edelsteine in den ärarischen Schmelz- 
tiegel kam, ist die alte ehrwürdige Passung aus dem 
12. Jahrhunderte, wenngleich mit manchen Verletzungen 
und Einbusse von vielen Edelsteinen, noch vorhanden und 
wurde im Jahre 1872 von Dr. Sebastian Brunner bei 



— 328 — 

seiner Anwesenlieit in St. Paul auf den holien antiquarisclien 
Werth dieses Kieuzes als TJnicum aus dem 12. Jahrhundert 
aufmerksam gemacht; wornach Herr Abt Augustin Duda 
in Gerbert: Hist. Sylv. Mg. nachsuchte und T. I, p. 233, 
385 sqq. auch fand, wie man dieses Stück auch schon in 
St. Blasien hochgehalten hat. (Dr. Brunner berichtete 
darüber im Oest. Volksfreund 1873, Nrn. 56. 57.) 

Sehr merkwürdig ist auch eine in den Rahmen eines 
60 cm hohen und 24 cm breiten Kreuzes eingearbeitete 
Holzschnitzerei, die in 66 Medaillons von je 15 mm Durch- 
messer Scenen aus dem Leben Christi und der heiligen 
Jungfrau vorführt. Diese Arbeit zerlegt sich in eine Avers- 
und Reversseite, so dass zwei Kreuze mit je 33 Medaillons 
zum Vorscheine kommen, deren eines — mit dem Haupt- 
medaillon Christus am Kreuze — das Leben Christi, das 
andere — mit dem Hauptmedaillon der Gottesmutter — 
das Leben der heiligen Jungfrau Maria plastisch vorführt. 
Dieses Kunstwerk wird von Jedermann angestaunt und 
lässt nur zweifeln, ob man mehr die künstlerische Wahr- 
heit und Natürlichkeit in der Gruppirung der Personen 
oder die Meisterschaft in der Technik und Behandlung des 
spröden Holzes bewundern soll. Es trägt die Jahreszahl 
1664 und die Chiffee L. M. Leider hat sich keine Ueber- 
lieferung über die näheren Daten des Ursprunges erhalten. 

Zu den kirchlichen Kunstgegen ständen gehört auch 
eine 38 cm hohe und 27 cm breite Hautreliefarbeit aus 
der Mitte des 13. Jahrhunderts. Sie ist im reinen gothischen 
Style aus Silberbronce nach Art eines gothischen Altar- 
flügels ausgeführt und stellt die Krönung der heiligen 
Jungfrau durch die heilige Dreifaltigkeit dar. An den 
vier Seiten des Tableaus stehen in gothischen Nischen 
drei Ordensheilige und der St. Blasianische Abt Arnulf IL, 
der Gott zu Ehren dieses Kunstwerk anfertigen Hess. Die 
vier Ecken sind in gleicher Hautreliefarbeit mit den vier 
Evangelisten, der übrige Rand mit Engeln und reichem 
Laub- und Blnmenwerk geziert. Um das Tableau selbst 
zieht sich ein Kranz von Gemmen und ungeschliffenen 
Edelsteinen, die durch einen ungewöhnlich grossen Rauch- 
topas ein schönes Relief erhalten. Ueber die Bestimmung 
und den Gebrauch dieses Kunstwerkes ist die Vermuthung 
ausgesprochen worden, dass es nach altliturgischer Sitte 



— 329 — 

als Diptychon bei der heiligen Messe diente. Die St. Bla- 
sianer gebrauchten es später als Vor- oder Unterlage beim 
Absingen des Evangeliums. Beschrieben findet sich dasselbe 
bei Martin G-erbert in Historia Sylvae Nigrae Bd. II, p. 52. 

Andere Kunstgegenstände und Sehenswürdigkeiten 
■werden in einem grossen, hierzu reservirten und ein- 
gerichteten Saale gezeigt. Man findet da antike Bronce- 
figuren aus der griechischen und römischen Mythologie 
und Imitationen derselben aus der Cinquecento-Zeit, einen 
sehr schönen keltischen Helm aus Kuyifer, eine Obst- 
sammlung in Steinimitation, ein. Modell der heiligen Grab- 
kirche zu Jerusalem u. s. w. Daselbst wird auch eine gut 
geordnete und katalogisirte Münzsammlung, eine kleine 
Naturalien- und eine reichhaltige Kupferstichsammlung 
aufbewahrt. Die Bildergallerie ist wohl klein, enthält 
aber einige sehr gute und werthvolle Stücke. 

Die Bibliothek ist in einem grossen, lichten und hohen 
Saale untergebracht. Der Plafond (a. d. J. 1683) trägt 
zwei kreisrunde, blumenkran?artig gearbeitete Stuccatur- 
rahmen, innerhalb welcher die grösseren Sternbilder der 
nördlichen und südlichen Himmelshalbkugel in gut er- 
haltenen Freskomalereien gesehen werden. Die Masse der 
unterzubringenden Bücher steht leider in einem ungünstigen 
Verhältnisse zu dem disponiblen Baume und nöthigte zur 
Aufstellung von hohen Bücherschränken mit vielen Fächern 
und Doppelreihen, die das Aufsuchen und Hervorholen der 
Bücher etwas erschweren. Es werden ca. 19,500 Werke mit 
ca. 26,000 Bänden gezählt. Als der grösste Schatz der 
Bibliothek wird die i:2 zeilige sog. Gutenberg-Bibel in 
drei Foliobänden auf Pergament gezeigt, das einzige in" 
Oesterreich- Ungarn vorhandt^ne Exemplar, das überhaupt 
nurnoch sechsmal in ausländischen Bibliotheken vorkommt. 
Ein genaues Repertorium und Facbkataloge in Zetteln er- 
leichtem die Uebersicht und die Auffindung der bibliothe- 
karischen Schätze. 

Das sowie der grösste Theil der Bibliothek ebenfalls 
aus St. Blasien nach Oesterreich hereingebrachte Archiv 
befindet sich in einem gewölbten, mit eisernen Fenster- 
läden und eiserner Thüre wohlgeschützten, feuersichern 
Baume. Es enthält viele mitunter wichtige Pergament- 
Urkunden und Pergament- Codices, die bis in das 6. Jahr- 



— 330 — 

hundert hinaufreichen, und theils durch ihren Inhalt, theils 
durch die kalligraphische Ausstattung mit Initialen und 
sonstigen Verzierungen einen hohen Werth bekunden. Für 
Kenner des Streites über den Verfasser der Imitatio Christi, 
der in der neuesten Zeit wieder erwacht ist, wird es von 
Interesse sein, zu erfahren, dass das St. Pauler Archiv 
eine 1383 datirte Handschrift dieses Werkes besitzt, die, 
wenn die über ihre Echtheit angestellten Untersuchungen 
zu ihren Grünsten ausfallen, die jüngst durch Dr. Coelest. 
Wolfsgruber bereits sehr erschütterte Hypothese, dass der 
1419 oder 1420 geborene Thomas a Kempis der Verfasser 
sei, in das Bereich der Unmöglichkeit verweisen wird. 

Ueber die Geschichte des Benediktinerstiftes St. Paul 
ist zu verweisen auf: 

1) Historia Monasterii 0. S. B. ad St. Paulum in Valle 
inferioris Carinthiae Lavantina. Scripsit P. Trudpertus 
Neugart 0. S. B. ad St. Paulum. Clagenfarti, 1848. 1854. 
2. Bdchen. 

2) Kurze Geschichte des Benediktinerstiftes St. Paul. 
Von P. Beda SchroU, 0. S. B., emer. Gymn. -Professor und 
Archivar von St. Paul. Veröffentlicht in der zu Klagen- 
furt erscheinenden Zeitschrift „Carinthia" Jahrgang 1876. 

3) Urkundenbuch des Benediktinerstiftes St. Paul. 
Herausgegeben von Beda Schroll. Wien 1876. 




Abtei St. Peter in Salzburg. 

^scMclite. I.*) Der Grründer dieses Klosters ist der 
h. Biscliof Rupertus von Worms, um hatte die 
göttliclie Vorsehung auserwählt, das noch im 
Heidenthume lebende Volk der Bajoarier der gött- 
lichen Heilslehre zuzuführen. Dieses Volk war um das 
Jahr 508 in das heutige Bayern eingewandert und hatte 
im raschen Siegeslaufe der ostgothischen Herrschaft in 
Bayern, Deutsch-Tyrol und esterreich ein Ende gemacht. 
Ein so siegreiches Volk sollte nun durch den h. Ru- 
pertus unter das sanfte Joch Christi gebracht werden. 
Seine Waffen waren ein fester Glaube, werkthätige Nächsten- 
liebe und der Ruf eines heiligen Lebens, wie er es in 
Worms bewiesen hatte. Deshalb berief ihn Herzog Theodo 
und nahm ihn freudig auf, und bald hatte Rupertus die 
Freude, den Herzog und viele aus dem Adel und Volke 
durch die h. Taufe der katholischen Kirche zuzuführen. 
Auch ertheilte der Herzog dem h. Manne die Erlaubnis, 
im ganzen Lande das Evangelium predigen und an einem 
beliebigen Orte einen Bischofssitz errichten zu dürfen. 
Rupertus begann mit heiligem Eifer seine Missionsthätig- 
keit, drang bis Niederpannonien vor und erbaute auf der 
Rückreise am Wallersee die St. Peterskirche (Seekürchen), 
woselbst er seinen bischöflichen Sitz vorläufig aufschlug. 
Als er aber bald darnach hörte, dass ganz in der Nähe 
die Ruinen des um 477 von den wilden Horden Odoakers 
zerstörten luvavum wären, reiste er dorthin und überzeugte 
sich durch eigenen Augenschein von der Wahrheit des 



*) Vgl. Albert [KeusUn], Catalogus cum. Mstoriae compendio abb&- 
um. man. s. Patri. 4°. Salisb. 16i5. — [Bsda Sseausr abbas] Noviaaimum 
chronicoa antiqui monasterii ad s. Petrum Salisburgi. Fol. Aug. Vind. 
et Oeniponti 1772. — [Plaoidus Berhandsky] Aaszug der neuesten Chro- 
nik des alten Bened.-Klosters zu St. Peter in Salzburg. 2 Bde. Salzb. 
1782, — Ambros Becziczka, Hist.-topogr. Darstellung v. d. Stadt Salz- 
burg mit der ausfahrl. Geschichte des Benediktiner-Stiftes zu St. Peter 
in Salzburg. Wien 1829. 



— 332 — 

GerücMes, und schnell erkennend, wie passend für seinen 
Plan jene Oertlichkeit sei, beschloss er, dortliin seinen Sitz 
zu verlegen. 

Nachdem nun der h. Rupert die ganze Umgebung von 
luvavum (Salzburg), 2 Meüen im Gevierte, vom Herzoge 
Tbeodo zum Geschenke erhalten hatte, erbaute er hier eine 
schöne Eirche, die er ebenfalls dem Apostelfürsteii Petrus 
weihte und dann zwischen der Eirche und den nördlichen 
Felswänden des Mönchsberges, dessen Höhlen als Kata- 
komben (Märtyrergräber) in der römischen Verfolgöngszeit 
und später als Stätte für den. Gottesdienst des h. Maximus 
und seiner Genossen bereits geheiligt v/aren, ein Kloster 
für sich und seine als Mitarbeiter thätigen Möncbe. Indem 
er nun hier als Abtbischof seinen Sitz aufschlug, machte 
er St. Peter zu einem Kathedralkloster. Weil aber für 
die grosse Ernte der Arbeiter zu wenig waren, reiste Ruper- 
tus nach Franken und kehrte bald mit zwölf Mönchen und 
seiner Base Arintrud (Ehrentraud) nach Salzburg zurück. 
Für seine Base und die sich um dieselbe sammelnden 
frommen Jungfrauen erbaute er auf den Ruinen des obern. 
Ca steiles das Frauenkloster Nonnberg. Im eigenen Kloster 
eröffoete er eine Schule sowobl zur Heranbildung neuer 
Mitarbeiter als auch zum Unterrichte für Laien. 

Auf solche Weise war er bald in den Stand gesetzt, 
das Feld seines Bekehrungseifers zu erweitern und zur Be- 
festigung der Neubekehrten im Glauben neue, kleinere 
Klöster zu errichten, wie die Maximilianszelle (jetzt 
Bischofshofen) im Pongau und andere. Hierbei fand er 
auch thatkräftige Unterstützung an Herzog Theudebert, 
dem Sohne Theodos, der dem h. Rupert Ort und Umgebung 
der St; Maximilianszelle auf 3 Meilen im Umfange schenkte. 
Vierzig Jahre lang hatte Rupertus im weit ausgedehnten 
Bayern das Evangelium gepredigt, den neu entstandenen 
christlichen Gemeinden Kirchen gebaut und Seelsorger für 
sie aufgestellt. Aucb hatte er, um die Oberleitung der 
gegründeten Klöster und der um sie herum entstandenen 
christlichen Gemieinden zu sichern, seinen durch eifrige 
Wirksamkeit ausgezeichnetsten Schüler, den h. Vitalis, zu 
seinem Nachfolger in Eisthum und Abtei ernannt und ge- 
weiht, als er um das Jahr 574 zum ewigen Lohne abbe- 
rufen und sogleich als Heiliger verehrt wurde. Mehr als 



— 333 — 

siebzig der ältesten Kirchen der alten Salzburger Kirchen- 
provinz sind von den dankbaren Völkern zu seiner Ver- 
ehrung geweiht. 

Unter seinen Mitarbeitern hatten sich noch besonders 
die Priestermönche Chuniald und Gislar, Gawin und Idwin 
so ausgezeichnet, dass der Abtbischof Virgü erstere zwei 
773, letztere 784 aus ihren Gräbern erhob. 

Freudig und segensreich entfaltete sich unter Vital 
die Wirksamkeit des Kathedralklosters und Vital wird noch 
jetzt als Apostel Pinzgaus verehrt. Er soll die Zellen zu 
Bisontio (Zell am See), Abersee, Au, Gars, Kufstein ge- 
gründet haben, wo die Mönche von St. Peter wirkten. 
Aber bald brachen Zeiten herein, die den jungen Pflan- 
zungen den Untergang drohten. Die wilden Avaren rück- 
ten um 570 vor und verheerten das ganze Land bis zur 
Enns; bald darauf, 593, fielen die Slaven in Karantanien, 
im Lungau und Pongau ein, zerstörten St. Maximilians- 
zell, ja drangen selbst tiefer ia Bajoarien vor und zer- 
störten einerseits viele Kirchen, andererseits brachten sie 
das Land in eine Lage, in der sich der Fortsetzung der 
apostolischen Wirksamkeit ausserordentliche Hindernisse 
entgegenstellten. Dazu kam, dass im achten Jabrhunderte 
einige Landesherzoge vom katholischen Glauben abfielen, 
wie es beinahe in allen neubekehrten Ländern mit den 
Fürsten der Fall war. Das Kathedralkloster fristete unter 
diesen Verhältnissen eine kümmerliche Existenz bis auf 
die Zeiten des h. Bonifaz, der die kirchlichen Verhältnisse 
Salzburgs ^739) wieder ordnete. Um diese Zeit scheint im 
Kloster die Regel des h. Benedikt an die Stelle der bisher 
geübten getreten zu seiu, welche wahrscheinlich die der 
alten irischen Mönche des h. Patritius gewesen sein wird. 

II. Unter dem gelehrten und apostolischen Abtbischofe 
Virgil entwickelte das Kathedralkloster eine segensreiche 
Thätigkeit. Virgil erbaute statt der bisherigen Kloster- 
kathedrale am nordöstlichen Ende seines Klosters eine 
neue, zu Ehren des h. Rupert geweihte Kathedrale und 
bildete zu deren heiligem Dienste ein eigenes Collegium 
von Säcular-Klerikern aller Grade, um seine Mönche, die 
sich sehr bald über hundert vermehrten, für seine grossen 
Pläne, nämlich für die Bekehrung der Südslaven und der 
angrenzenden Völker verwenden zu können. Mit heüigem 



— 334 — 

Muthe und kühner Ausdauer begannen sie dieses gefahr- 
volle Werk und setzten es trotz wiederholten Abfalles und 
politischer Aufstände in der Mitte des Landes fort, wäh- 
rend ihre Ordensmitglieder von Niederaltach und Krems- 
münster ina Norden und die von Innichen im Westen am 
Ursprünge der Drau predigten. 

Der erste der dahin Gesendeten war Majoran, Ihm 
folgten bald Modest, welcher zum Bischof von Karantanien 
geweiht wurde, ferner Wato, Reginbert, Cozhar, Latinus, 
Madalhoh, Warmann, Heimo, Erhambert, ein zweiter Ma- 
joran, Augustin, Gundhar, sämmtlich Priester, mit denen 
aber auch andere Kleriker gingen. 

Unter Virgil erhob sich das St. Maximilianskloster 
im Pongau wieder aus seinem Schutte und es wurde die 
Abtei Otting (später nach Michaelbeuern übersetzt) gegrün- 
det und mit Mönchen aus St. Peter bevölkert (767). Vir- 
gil schloss 772 mit den bayerischen Bischöfen und Aebten 
einen Todtenbund, d. i. eine geistliche Verbrüderung, deren 
Mitglieder sich verpflichteten, für einen Verstorbenen aus 
diesem Bunde gewisse Gebete zu verrichten und das heil. 
Messopfer für ihn aufzuopfern. Er selbst legte das noch 
im Originale vorhandene „Über vitae" (Verbrüderungsbuch) 
für die Lebenden und Verstorbenen an. 

Abtbischof Virgil starb am 27. November 784 und 
wurde 1233 vom Pabste Gregor IX. unter die Zahl der 
Heiligen aufgenommen. Was Virgü durch seine Mönche 
begonnen, setzten seine Nachfolger seeleneifrig fort. 

Unter diesen ragt besonders Arno hervor (785 — 821), 
ein vertrauter Freund Alkuins, Abtes von Tours, und zu- 
gleich mit diesem Rath des Kaisers Karl des Grossen. 
Arno setzte das Bekehrungswerk der Slaven in Karan- 
tanien fort und nahm, als Karl der Grosse ihm nach Unter- 
jochung der Avaren (789 — 796) die Bekehrung derselben 
empfahl, sogar in eigener Person an der Mission Theil. 
Die unmittelbare Leitung des Kathedralklosters besorgten 
von nun an Dekane. Arno förderte die Klosterschule, ver- 
mehrte die Bibliothek und brachte die Klosterdisciplin zu 
grösserer Blüthe. Er Hess durch seinen Mönch Benedikt 
den bekannten Indiculus (Congestum) anfertigen. Die 
„Breves notitiae" über die Besitzungen der Kirche von 
Salzburg, die mit dem Indiculus zu den inhaltreichsten 



— 335 — 

Quellen der Geschichte der Cultur des alten südöstliclien 
Deutschlands gehören, -wurden ebenfalls unter ihm ge- 
schrieben. Arno starb, reich an Yerdiensten um Kirche 
und Staat, im Rufe der Heiligkeit am 24. Januar 821. 

Unter Erzbischof Liupramm (836 — 859), früher Dekan 
des Kathedralklosters, wurde in Ungarn zur Befestigung 
der dortigen Missionen mit grossmüthiger Beihölfe des 
Mährenfürsten Privina die St. Hadrians- Abtei Mosaburg am 
Plattensee (heute Szalavär) gegründet. 

Im Jahre 847 zerstörte ein Brand Kirche und Kloster 
St. Peter. 

Das Auftreten der griechischen Missionäre Cyrillus 
und Methodius, welche die slavische Liturgie einführten, 
machte den Missionen des Kathedralklosters in Pannonien 
ein Ende und veranlasste unter Erzbischof Adalwin (859 
bis 873) die hochwichtige Denkschrift „Ueber die Bekeh- 
rung der Karantaner und der angrenzenden (östlichen) 
Völker", ohne welche wir über die älteste Geschichte der- 
selben völlig im Dunkel sein würden. 

III. Von nun an drückten die politischen und kirch- 
lichen Wirren das Leben des Kathedralklosters bedeutend 
herab. Die fortwährenden Kriege in Deutschland und 
Bayern berührten zwar nicht unmittelbar Salzburg selbst, 
60 wie das Stadtgebiet auch von den verheerenden Ein- 
fällen der Ungarn frei blieb, aber doch sank das kirchliche 
Leben so sehr, dass das Kloster St. Peter gegen Ende des 
10. Jahrhunderts dem Untergange nahe war. Es trat jetzt 
offen zu Tage die Unvereinbarlichkeit der erzbischöflichen 
mit der abteilichen Würde in Einer Person und der Güter- 
gemeinschaft zwischen Erzbisthum und Kathedralkloster. 

Erzbischof Friedrich! (958—990) fand die Wohnungen 
der Mönche fast vollständig verödet und verfallen, und 
doch erst nach 20 Jahren, und zwar auf Anregung seines 
h. Suffraganbischofes Wolfgang von Regensburg, entschloss 
er sich, dem Kathedralkloster einen eigenen Abt in der 
Person des Mönches Tito aus St. Emeran, eines Schülers 
des bisherigen Abtbischofes Wolfgang, zu geben, und aus 
den bisher gemeinsamen Gütern für das Kloster eigene 
Einkünfte auszuscheiden, behielt jedoch, wie alle seine 
Vorgänger, seine Residenz bei der alten St. Peters-Kathe- 
drale bei. 



— 336 — 

Nun lebte, das Kloster wieder auf. Die Zahl der 
Mönche vermehrte sich schnell, das innere, geistige Leben 
erstarkte durch die Annahme der segensreichen Reform 
von Cluny so sehr, dass im Laufe des 11. und 12. Jahr- 
hunderts für mehrere Abteien Aebte und Mönche aus 
St. Peter erbeten wurden. So z. B. erbat sich 1074 Erzbischof 
Gebhard von Salzburg Abt und Mönche für das neu ge- 
gründete Kloster Admont, 1130 für Elsenbach (später nach 
St. Veit an der Rott übersetzt) u. m. a. Mönche aus St. 
Peter. 

Im Jahre 1116 wurde nach der damaligen Zeitrichtung 
St. Peter ein Doppelkloster, d. h. es wurde zugleich mit 
dem Männerkloster ein abgesondertes Nonnenkloster unter 
der Oberleitung des Abtes verbunden. Diese Nonnen be- 
schäftigten sich auch mit der Erziehung der weiblichen 
Jugend. Um 1122 übernahm St. Peter das St. Lauren- 
tius-Hospital in Salzburg für Pilger und Kranke. Zugleich 
blähte auch die Klosterschule auf, an welcher die Mönche 
alle Fächer des Triviums und Quadriviums lehrten. Aus 
jener Zeit stammt auch das sogenannte grosse Antiphonar, 
ein ehrwürdiges Denkmal des mönchischen Fleisses und 
Kunstsinnes. 

Während des Investiturstreites und der spätem Kämpfe 
zwischen der Kirche und den Kaisern und in den dadurch 
herbeigeführten Schismen der Salzburger Elrche hielten 
die Aebte und Mönche mit unverbrüchlicher Treue zu den 
legitimen Päbsten und Erzbischöfen und ertrugen lieber 
das Exil und die Verwüstung und Plünderung ihrer Be- 
sitzungen von Seite der Gegenpartei, als dass sie auf die 
ungerechten Forderungen eingingen. Die Wirkung solcher 
Treue blieb nicht aus. Der gt^lehrte und kun:<tsinnige Abt 
Thiemo wurde 1090 zum Erzbischofe von Salzburg erwählt, 
Abt Regimbert um 1125 an die Stelle df^s schismatischen 
Bischofs Hugo von Brixen gesetzt und Abt Heinrich 1167 
zum Bischöfe von Gurk ernannt. 

Unter den zahlreichen Wohlthätem dieser Periode 
ragten besonders hervor: 

Kaiser Heinrich der Heilige, der 1006 das königliche 
Landgut Adamunta (Admont) mit den Salinen des ganz 
nahe dabei gelegenen Hall schenkte, mit welchen Erzbischof 
Gebhard später die gleichnamige Abtei Admont dotirte. 



— 337 — 

Markgraf Leopold der Heilige und dessen Sohn Hein- 
rich Jasomirgott, welche den grössten Theil der Besitzungen 
in Dornbach bei Wien schenkten. 

Gottfried und Adala von Wieting in Kärnten, welche 
1147 alle ihre Güter zur Gründung eines neuen Klosters 
in Wieting vergabten. Diese Giründung musste jedoch in 
Folge der verheerenden Fehden der Verwandten der Grün- 
der auf eine Probstei reducirt werden. 

Unter den Erzbischöfen von Salzburg zeichneten sich 
durch Pietät gegen die alte Mutterkirche aus: 

Konrad I. (1106 — 1147), der sich eine neue Eesidenz 
in der Nähe der St. Virgils-Domkirche erbaute und die 
bisherige den Mönchen von St. Peter überHess, so dass 
diese ihre an der gefährlichen Felswand des Mönchsberges 
liegenden Wohnungen mit weniger gefährlichen und freund- 
licheren vertauschen konnten. 

Ferner schenkte er den Mönchen um 1124 die Kirche 
in Abtenau mit weitausgedehnten , Wäldern und Hallein 
mit den Feld- und Salzzehenden aller dortigen Salzpfannen 
und 22 Höfe. 

Vorzüglich diese Munificenz setzte Abt Balderich in 
den Stand, das 1127 abgebrannte Kloster (wobei fast alle 
Urkunden mit verbrannten) wieder aufzubauen und die 
Kirche bedeutend vergrössert wieder herzustellen. Zum 
Zeichen dankbarer Erkenntlichkeit ging das Kloster auf 
den Wunsch seines grössten Wohlthäters ein und trat das 
bisher geübte Pfarrrecht im bischöflichen Sitze and das 
damit verbundene Recht, den jeweiligen Erzbischof zu 
wählen, an das Regulär capitel am Dom ab, behielt sich 
aber die pfarrlichen Zehenden, das Mitwahlrecht durch 
den Abt, den Vorrang bei Versammlungen und Prozessionen 
und das freie Begräbnisrecht im Klosterfriedhofe vor. 

IV. Abt Berthold erhielt vom Pabste Gregor IX. 1231 
den Gebrauch der Mitra für sich und seine Nachfolger 
und feierte 1240 mit den Benediktineräbten der ganzen 
Salzburger Kirchenprovinz das erste Gener alcapitel, bei 
welchem die Reformgesetze desselben Pabstes zur Durch- 
führung bekannt gegeben wurden. Das zweite derartige 
Capitel in St. Peter fand 1263 statt. 

Grosse Gefahr und Schaden brachte dem Kloster das 
salzburgische Schisma durch den 1256 abgesetzten Erz- 

Ein Benediktinerbuch. 22 



— 338 — 

"bischof Philipp, ■welchem als bisherigem grossen Wohl- 
thäter des Elosters Abt Richer mit dem Convente in übel- 
verstandener Dankbarkeit anhing. Abt Richer und sein 
Nachfolger Albert wurden abgesetzt und Abt Chuno, der 
das Kloster durch Preisgebung des erzbischöflichen Mit- 
wahlrechtes und vieler anderer Rechte mit dem Erzbischof 
Ulrich 1263 "wieder ausgesöhnt hatte, resignirte und ebenso 
sein Nachfolger Simon. Erst dem Abte Dietmar (1270 bis 
1288) gelang es , die während . dieser Wirren verfallene 
Disciplin wieder herzustellen und durch das in St. Peter 
1275 abgehaltene Provinzialcapitel zu befestigen, sowie 
mit Unterstützung der Fürsten von Oesterreich, Steiermark, 
Kärnten und Bayern die Gegner und Schädiger des Kloster- 
gutes in den betreffenden Ländern zu bändigen. 

Das 14. Jahrhundert gewährte ungeachtet der Kriege, 
welche die Erzbischöfe wiederholt zu führen hatten, dem 
Kloster einige Ruhe. Es erholte sich wenigstens so weit, 
dass für die Verbesserung der kirchlichen und klöster- 
lichen Bauten im Kloster und an den Patronatskirchen doch 
Einiges geschehen konnte. Zur Hebung des geistigen 
Lebens wurde 1338 ein Generalcapitel der Benediktiner- 
äbte der salzburgischen Kirchenprovinz in St. Peter abge- 
halten, in welchem die Constitutionen Benedikt XII., be- 
treffend die Universitätsstudien der Mönche, verkündet und 
berathen und zur Förderung der Disciplin Visitatoren auf- 
gestellt wurden. 

Unter dem Abte Johannes (1364 — 1375), der als Musik- 
freund Gradualbücher schrieb und bei den Nonnen seines 
Klosters den Ghoralgesang einführte, lebte der als Hymnen- 
dichter bekannte Salzburger Mönch, in dem nicht mit Un- 
recht einige Forscher den Abt Johannes selbst vermuthen. 

Der verdienstvollste Abt dieses Jahrhunderts ist Otto 
Calchochsperger (1375 — 1414), der nicht nur die für jene 
Zeit ungeheure Schuldenlast von 6000 Pfund Pfennige 
tilgte, sondern auch das geistige Leben förderte und Vieles 
im Kloster imd in der Kirche baute und kostbare Kirchen- 
geräthe anschaffte. Er starb im Rufe der Heiligkeit. 

V. Die kirchlichen Wirren im Laufe des 14. Jahr- 
hunderts, insbesondere das langwierige grosse Kirchen- 
schisma seit 1378 wirkte allmählich, wie im ganzen Abend- 
lande, so auch in St. Peter auflösend, das kirchliche Leben 



— 339 — 

fing an zu schwinden, das Kloster drohte auszusterhen ; 
denn es waren nur noch sechs Mönche in St. Peter. 

Abt Georg Waller (1428 — 1435) wurde der Eegenerator 
nicht nxir für St. Peter, sondern auch für weitere Kreise. 
Er führte 1431 die Reform von Subiaco, wie sie in Melk 
geübt wurde, ein und beseitigte den grossen Missstand, 
dass nur Adelige ins Kloster eintreten dürften, was freilich 
auch bisher in den Zeitverhältnissen begründet gewesen 
war. Jetzt war dieses anders geworden. Die städtische 
und ländliche Bevölkerung hatte bereits einen ziemlich 
hohen Grad politischer Freiheit erlangt, so dass sie nun 
frei ihren Lebensberuf wählen konnten, während sie bis- 
her der Einwilligung jener Herren, deren Hörige sie waren, 
bedurften. Zugleich hob Abt Georg die Oblei, d. i. die 
Absonderung der Einkünfte zwischen Abtei und Convent, 
auf und führte das gemeinsame Leben in allen Eichtungen 
durch. 

Nach dieser segensvollen Neuerung blühte das Kloster 
rasch auf, die Zahl der Eintretenden mehrte sich, die er- 
neuerte Disciplin brachte über 100 Jahre freudige Früchte 
unter den ausgezeichneten Achten Erhard, Petrus, Eupert, 
Virgil und Wolfgang. Das Kloster musste wegen Eaum^ 
mangel den zahlreich zum Eintritte sich Meldenden die 
Aufnahme versagen. 

Bischöfe, Aebte und Fürsten wetteiferten, sich von 
St. Peter Mönche zur Eeform ihrer Klöster zu erbitten. 

Abt Petrus wurde 1451 vom Cardinal Cusa als aposto- 
lischer Visitator für 5 Frauenklöster und von verschiede- 
nen Bischöfen als Yisitator für ihre Benediktinerklöster 
ernannt. Abt Rupert wurde im Vereine mit drei andern 
Achten vom Pabste Innocenz VIII. 1486 beauftragt, mit 
apostolischer Autorität ein General- Ordenscapitel der Salz- 
burger Kirchenprovinz zu berufen und Visitatoren aufzu- 
stellen. Doch dieses Capitel konnte der Kriege wegen 
erst 1491 abgehalten werden. 

Neben der klösterlichen Disciplin blühte auch das rege 
wissenschaftliche Leben wieder auf. Fähige junge Mönche 
wurden auf die Universitäten geschickt. Die Klosterschule 
erfreute sich auch eines grossen Eufes; die Bibliothek 
mehrte sich mit den Früchten des Studiums und Fleisses 
der Mönche, unter denen Erhard Lompts, Magister der 



— 340 -- 

freien Künste, später Abt des Klosters, Fr. Simplicius 
Chamrer als gewiegter Jurist und Verfasser mehrerer ju- 
ridischer Traktate und Fr. Petrus, der als Philolog über 
das lateinische Silbenmaass schrieb, rühmlich hervorragten. 

Dem geistigen Aufbau im klösterlichen Leben ent- 
sprach auch der materielle in Kirche und Kloster. Die 
Kirche wurde durchaus erneuert und mit kostbaren Para- 
menten bereichert. Abt Petrus erbaute den Nonnen ein 
neues Kloster und Abt Rupert im Friedhofe nach Abtragung 
der alten St. Amands-Kirche von G-rund aus eine neue zu 
Ehren der h. Amand und Margaret, welche seither vom 
Volke St. Margaretenkirche genannt wird. 

Dieser erfreuliche Zustand des Klosters wurde 1518 
bis 1524 in betrübender Weise gestört. Vier unzufriedene 
Mönche, der nach der Aufhebung des Regularstandes der 
Kanoniker am Dom ausgebrochene Rangstreit und die Ge- 
fahr, dass die Abtei entweder dem Cardinal Matthäus Lang 
oder Gundisalv de las Casas in Rom als Commende über- 
geben würde, brachte im Kloster grosse Verwirrungen 
und Zwistigkeiten hervor, die 1521 zur Absetzung des im 
Jahre 1518 gewählten Abtes Simon und zur Aufdrängung 
des Abtes Johann Staupitz durch Cardinal Matthäus Lang 
führten. Staupitz brachte eine grosse Bibliothek, grössten- 
theils Schriften der Reformatoren, aus Sachsen mit, die 
unter einigen wenigen Brüdern grosses Unheil anrichteten, 
während die übrigen unter dem wohlthätigen Einflüsse des 
Priors Chilian Pitricher der kath. Kirche und dem Orden 
treu blieben. 

Nach dem baldigen Tode des Abtes Staupitz (1524) 
stellte der einstimmig gewählte Abt Chilian Eintracht und 
Ordnung wieder her. Es wiederholte sich die Blüthe der 
Disciplin. und Wissenschaft, deren eifrigster Betreiber 
imd Förderer trotz der Ungunst der Zeitverhältnisse der 
edle Abt selbst war; denn die Aufstände der Bauern in 
Salzburg (1525), welche Kirche und Pfarrhof in Abtenau 
niederbrannten und das Kloster schwer brandschatzten, 
während sie den Erzbischof in der Festung Höhen-Salz- 
burg belagerten; die Belagerung von Wien durch die 
Türken (1529), welche Dombach von Grund aus zerstörten 
und Amsdorf verbrannten, endlich die fast unerschwing- 
liche Kriegssteuer, nämlich der vierte Theil der gesamm- 



— 341 — 

ten Einkünfte, und verschiedene Gewaltakte schienen das 
Kloster vernichten zu wollen. 

Die folgenden Aebte Aegid Radlmajx (1535—1553) 
und Benedikt Obergasser (1554 — 1577), die ganz in die 
Fussstapfen des Abtes Chilian traten, waren so glücklich, 
nicht nur den äusserlich angerichteten Schaden in Dorn- 
bacb, Arnsdorf und Abtenau wieder gut zu machen, son- 
dern auch zwei grössere Bauten im Kloster aufzuführen, 
ja selbst in den Hungerjahren 1567 und 1569 täglich 400 
Arme der Stadt zu ernähren, wozu Abt Benedikt das Ge- 
treide aus allen auswärtigen Besitzungen in Oesterreich, 
Bayern u. s. w, herbeifühi-en liess. Derselbe Abt reorga- 
nisirte auch die Klosterschule. 

Der jugendliche und wissenschaftlich gebildete Abt 
Andreas Graser (1577 — 1584) gab zwar anfangs grosse Hoff- 
nung für die Zukunft, die sich aber später, als er in ge- 
nusssüchtige Kreise gerathen, für den Convent in grosse 
Trauer verkehrte. Er häufte die Schulden in leichtsin- 
nigster Weise und bewirkte, um sich Geld zu verschaffen, 
im Jahre 1583 die Auflösung des Seh wester- Convents in 
St. Peter, in welchem bisher die Töchter des Adels und 
Bürgerstandes ein treffliches Erziehungs-Institnt gehabt 
hatten. Das Kloster der vertriebenen Frauen ging an die 
PP. Franziskaner über, mit deren Einführung der Erz- 
bischof eben beschäftigt war. Endlich wurde Abt Andreas 
abgesetzt und ihm folgte Abt Martin Hattinger (1584 bis 
1615), ein trefflicher Hauswirth. Er tilgte nicht nur die 
Schulden seines Vorgängers, sondern that auch sehr Vieles 
für die Verschönerung der Kirche und baute innerhalb der 
Clausur einen grossen Theil des Klosters neu auf. Aber 
dicEes war nur möglich durch den Edelmuth des Erzbischofs. 
Wolf Dietrich, der die Hälfte der Kosten des Neubaues 
bestritt und auch sonst sich als grosser Wohlthäter desi 
Klosters erwies. 

An die Stelle der von ihm verbrannten Schriften Lu- 
thers und dessen Anhänger, die seit Staupitz sorgfältig 
verschlossen und im Kloster aufbewahrt waren, kaufte er 
iina mehrere Tausend Gulden die vorzüglichsten Werke ka- 
tholischer Autoren aus allen Zweigen der Wissenschaften. 
Er verfasste eine doppelte Chronik, die des Klosters St. Peter 
and des Erzstiftes und mehrere andere historische'Schriften. 



— 342 — 

YI. Mit Abt JoacMm Buchauer (1615—1626) begann 
nicbt nur für St. Peter, sondern auch für den Orden im 
südlichen Deutschland eine neue Blüthe. Er erkannte das 
Unzulängliche der vier Klassen seiner Klosterschule, da- 
mals der einzigen Mittelschule Salzburgs, und schickte 
schon im ersten Jahre seiner Wirksamkeit seine jungen 
Mönche auf die Universität Ingolstadt. Im folgenden Jahre 
wurde er vom Erzbischof Markus Sittikus beauftragt, die 
schon lange, aber bisher vergeblich ersehnte und versuchte 
Salzburger Akademie durch den Benediktiner-Orden zu 
Stande zu bringen. 

Es gelang dem unermüdlichen Eifer Joachims, den 
grossmüthigen Abt Grregor von Ottobeuren und einige an- 
dere zu gewinnen, so dass die höhere Lehranstalt, bis die 
Gebäude für die Akademie aufgeführt würden, in St. Peter 
schon 1617 eröffnet werden konnte. Zugleich wurde ein 
Convikt für die Ordenskleriker eröflfiiet. Schon im näch- 
sten Jahre gelang es dem Abte Joachim im Vereine mit 
dem oben erwähnten Abte Gregor, eine OonfÖderation von 
33 Abteien in Bayern und Schwaben für die Erhaltung der 
Akademie zu Stande zu bringen. Später schlössen sich 
auch die österreichischen Abteien diesem Vereine an. 
Schon 1623 erhob man die Akademie zur Universität, 
deren Assistens perpetuus oder Vicepräses der jeweilige 
Abt von St. Peter sein sollte. Von da an bis zur Auf- 
lösung 1810 blieb die Universität immer das Schoosskind 
der Aebte von St. Peter. 

Damit aber mit der Förderung des wissenschaftlichen 
Strebens auch das geistliche Leben gleichen Schritt halten 
könnte, führte Abt Joachim 1619 die Casinenser Statuten 
ein. Abt Albert Keuslin (1626 — 1657) brachte, nachdem 
1631 die grosse Union sämmtHcher deutscher Benediktiner- 
Abteien an dem Widerstände der eine Schmälerung ihrer 
Jurisdiction fürchtenden deutschen Bischöfe gescheitert 
war, auf den Wunsch des Erzbischof Paris 1641 die Salz- 
burger Benediktiner- Congregation für die disciplinären 
Zwecke zu Stande. 

Dem in dieser Periode sorgfältig gepflegten inneren 
geistigen Aufbau entsprach auch der materielle unter den 
Aebten Amand Pachler (1657 — 1673), der den nördlichen 
und östlichen Flügel des inneren Quadrates, und Edmund 



T- 343 — 

Siahaber (1673—1702), der das äussere Quadrat des Kloster- 
gebäudes von Grund aus neu erbaute. 

Die Aebte Placidus Mayrhauser (1704 — 1741) und Beda 
Seeauer (1753—1785) thaten wieder Ausserordentliches für 
die Ausschmückung der Klosterkirche. 

Seit der Gründung der Alma Benedictina hatte das 
wissenschaftliche Leben im Kloster einen hohen Aufschwung 
genommen und vorzüglich in Theologie und Geschichte 
stehen ausgezeichnet da: Abt Amand Pachler, die Brüder 
Josef, Franz und Paul Mezger, Rupert Presinger, Placi- 
dus Böckhn, Beruhard Viechter, Abt Gottfried Kröll, Abt 
Beda Seeauer, Vital Mösl und viele andere. 

Diesem allseitigen Aufblühen aber folgte eine düstere 
Zeit. Die Rückschläge der französischen Revolution, die 
anfangs eine Hebung und Klärung der Geister zu ver- 
sprechen schien, bald aber sich in ihrer wahren Gestalt 
zeigte und mit Blutscenen, die ihres Gleichen nicht haben, 
besudelte, wirkte zuerst verderblich auf den salzburgischen 
Hof, dann aber auch auf die Universität und das Kloster 
St. Peter. Das katholische Leben wurde durch die ge- 
waltsamen Maassregeln des irre geleiteten Fürsten im In- 
nersten erschüttert. Abt Dominikus Hagenauer (1786 bis 
1811) suchte an der Universität und im Kloster den revo- 
lutionären Grundsätzen zu steuern, soweit sein grosser 
Einfluss reichte, als die Revolutionskriege mit allen ihren 
zerstörenden Folgen auch über Salzburg hereinbrachen. 
In den drei feindlichen Invasionen 1800, 1805, 1809 hatte 
St. Peter im Kloster und auf den nächst gelegenen Meier- 
höfen, ausser den schweren Requisitionen, zusammengenom- 
men 62,000 Mann, darunter 4804 Stabsoffiziere, und über 
15,000 Pferde zu verpflegen. 

Kurfürst Ferdinand, an den Salzburg 1803 gekommen 
war, Hess zwar die Klöster bestehen, sowie auch Oester- 
reich, an das Salzburg 1805 überging; als aber Salzburg 
1809 an die Krone Bayerns kam, schien die Unterdrückung 
des Klosters besiegelt. Die Aufnahme von Novizen und 
1811 die "Wahl eines neuen Abtes wurden untersagt, die 
Inventarisirung angeordnet, die wichtigsten Urkunden des 
Archives nach München abgefordert und überschickt. Da 
"vs^ar es Kronprinz Ludwig, damals Civil- und Militär- Gou- 
verneur des Inn- und Salzachkreises, der in seiner Liebe 



— 344 — 

und Begeisterung für den Benediktiner- Orden bei seinem 
Vater, König Max L, Fürbitte für die salzburgischen Klöster 
einlegte und muthig gegen den damals allmächtigen Mi- 
nister Montgelas auftrat, bis er endlich die Gewährung 
seiner Bitte erwirkte. König Ludwig I. bewahrte bis zn 
seinem Tode dem Kloster eine berzliche Zuneigung und 
dieses ih.m eine unbegrenzte Dankbarkeit. 

Im Jahre 1816 kam Salzburg zum zweiten Male an 
Oesterreich. St. Peter atbmete wieder freier auf. 1817 
übernahm es über Auftrag Sr. Majestät des Kaisers Franz I. 
von Oesterreich im Vereine mit Michaelbeuren das Gym- 
nasium zu Salzburg und diese behielten es bis zur Ein- 
fahrung des neuen Studienplanes von 1850. Um 1823 er- 
hielt es Maria Piain, das früher der Benediktiner-Univer- 
sität incorporirt war, aber für den Fall der Auflösung 
derselben stiftungsgemäss an St. Peter übergehen sollte. 

Abt Albert Nagenzaun (1818 — 1856) bemühte sich, 
allseitig die Wunden, welche die Revolution dem Kloster 
geschlagen hatte, zu heilen, förderte das Studium, legte 
mit riesigem Fleisse das alphabetische Real-Repertorium 
über das gesammte Archiv des Klosters an, stellte mit 
grossen Kosten das gegenwärtige Naturalienkabinet her 
und that an den Patronatskirchen sehr Vieles für die 
Schulen und Kirchen. 

Das Revolutionsjahr 1848 schlug durch seine ausge- 
führten gefährlichen Grundsätze dem Kloster schwere öko- 
nomische Wunden, welche die letzten Lebensjahre des er- 
blindeten Abtes bitter trübten und ihn hinderten, seinen 
Plan, in der 3 Stunden entfernten Ortschaft Russbach 
eine Seelsorgskirche zu bauen, auszuführen, was erst unter 
seinem Nachfolger Albert Eder (1857 — 1876) geschah. 
Dieser hat sich in vielfacher Beziehung um die Erzdiöcese 
verdient gemacht, besonders aber dadurch, dass er junge 
Mönche zu theologischen Studien nach Rom und zur Vor- 
bereitung für das Gymnasiallehramt auf Universitäten 
schickte, von denen jetzt vier an dem Privat-Gymnasiam 
des f. e. Gollegium Borromaeum unentgeltlich als Lehrer 
wirken. 

Nachdem der hochverehrte Abt Albert Eder am 27. Mai 
1876 zum Erzbischof von Salzburg erwählt worden, wurde 
am 20. October desselben Jahres Romuald Homer zum 



— 345 — 

Abte des altehrwürdigen dreizehnhundertjährigen Klosters 
erwählt. 

Bescbreibung. I. Die Einsiedelei des h. Maximus. 
Unter diesem Namen sind bekannt die zwei grösseren 
Höhlen (Katakomben) an der steilen Nordwand des Mönchs- 
berges. Die obere * hat jetzt den Namen St. Maximus- 
KapeUe, die untere aber St. Gertrauden-Kapelle. Beide 
stammen aus den Verfolgungszeiten unter den römischen 
Kaisern. Die obere diente als Begräbnisplatz für die 
christlichen Blutzeugen des alten luvavum, aber nur ein 
Grab ist gut erhalten , vier andere mussten Altären 
weichen. Die untere Höhle war der geheime Versamm- 
lungsplatz der christlichen Gemeinde, die Katakomben- 
kirche. Nach, dem Aufhören der Christenverfolgungen ver- 
sammelte sich in diesen Heiligtliümern eine religiöse Ge- 
nossenschaft, an deren Spitze zur Zeit des h. Severin 
(t 8. Januar 482) der Priester (Abt-Bischof?) Maximus stand, 
der sammt seiner ganzen Genossenschaft das Opfer der 
wilden Horden Odoakers wurde. 

Als St. Rupert nach dem zerstörten luvavum gekom- 
men, wählte er diese geheiligten Stätten, um dort sein 
Kathedralkloster zu erbauen und folgte hierin dem Bei- 
spiele des grossen h. Martin von Tours in Frankreich, der 
sein Kloster in und an den Felshöhlen seiner Bischofsstadt 
erbaute. Es lag das im Geiste der damaligen Zeit, weil 
die abendländischen Mönche die ägyptischen Vorbilder, 
welche in den Höhlen der Thebais wohnten, nachizuahmen 
sich bestrebten. Der h. Rupert hat die Katakombenkirche 
aller Wahrscheinlichkeit nach dem grossen irischen Apostel 
St. Patritius geweiht; denn dieser erscheint als der älteste 
Patron dieser Kirche. Im Jahre 1178 wurde sie restau- 
rirt und vom Erzbischof Conrad III. auf Bitten des Abtes 
Heinrich II. zu Ehren des h. Erzbischofs Thomas von 
Canterbury und der h. Gertraud von Nivelles geweiht. 

Diese beiden Katakomben sind nach dem Ausspruche 
des grossen Katakombenforschers De Rossi das schönste 
und best erhaltene Denkmal des christlichen Cultus der 
ersten Jahrhunderte in Deutschland. Die Inschrift über 
dem Katakombengrabe in der obern Höhle wurde erat 1521 
angefertigt. 

JI. Die KreusTcapelle und St. Äegidien^apelle. Die 



— 346 — 

dritte niedrigst gelegene kleine Höhle, in der nächsten 
Nähe der zwei oben erwähnten, erwählte sich der h. Ru- 
pert für seine Privatandacht. Er gelangte aus seinem Kloster 
dorthin, indem er einige Stufen empordtieg. Nachdem die 
Mönche (1110) das alte rapertinische Kloster am Berge 
(auf der Südseite der jetzigen Klosterkirche) mit den Räum- 
lichkeiten der bisherigen Residenz der Erzbischöfe (auf der 
Nordseite) vertauscht hatten und schon 17 Jahre darauf 
(1127) Kloster und Kirche ein Raub der Flammen gewor- 
den -waren, wurde das alte Kloster nicht mehr aufgebaut. 
Um jedoch die geheiligte Gebetsstätte des h. Rupert zu 
erhalten und zu pflegen, Hess ein frommer Verehrer des- 
selben, Siboto von Surberg, vor jener Bethöhle an der 
Stelle der Wohnung des h. Rupert 1170 eine Kapelle zu 
Ehren des h. Kreuzes und des h. Rupert erbauen, imd im 
folgenden Jahre dessen gleichnamiger Sohn in der Bet- 
höhle selbst einen Altar errichten. Jetzt heisst diese St. 
Aegidien- Kapelle, wahrscheinlich zufolge einer spätem 
Einweihung, während sie im Mittelalter als „St. Ruprechts 
HöUein" bekannt war. Man gelangt jetzt in dieselbe durch 
die Kreuzkapelle über eine schmale aus dem Felsen ge- 
hauene Stiege. Die Kreuzkapelle in ihrer gegenwärtigen 
Gestalt wurde vom Erzbischofe Paris Lodron hergestellt 
und zur Lodronschen Familiengruft bestimmt. 

III. Die St. Margareten-Kapelle im Friedhofe. An die- 
ser Stelle hatte der h. Rupert seine erste Kirche für die 
kleine christliche Gemeinde Salzburgs erbaut und sie wurde 
benützt, bis der Bau der Klosterkathedrale, der jedenfalls 
mehrere Jahre in Anspruch nahm, vollendet war. Rupert 
hatte sie eingeweiht zu Ehren des h. Amand von Worms, 
dessen Reliquien er hier vorläufig beisetzte, bis er diesel- 
ben nach Vollendung der Klosterkathedrale unter dem 
Hochaltare beisetzte und der Verehrung der Gläubigen 
übergab. 

Erzbischof Arno (785 — 821) erneuerte die baufällige 
Kapelle und bestimmte sie zum Begräbnisplatze seiner ver- 
storbenen Mönche. Nach dem grossen Brande (1127) wurde 
sie (114:1) wieder hergestellt und zu Ehren der Heiligen: 
„Amand und Margareta" eingeweiht. Der kunstsinnige 
Abt Rupert Kreuzl (1466—1496) Hess dieselbe 1485 ab- 
brechen und die gegenwärtige, mit einem Kostenaufwande 



— 347 — 

von 5000 /. an derselben Stelle im gothischen Style er- 
baute Eirclie im Jahre 1492 durch Bischof Georg Yon 
Chiemsee zu Ehren der Heiligen Amand und Margaret ein- 
weihen. Unter Abt Albert Eder (1857—1876) wurde sie 
im Jahre 1864 renovirt und mit Glasgemälden, einem neuen 
Altare imd einer neuen Empore geziert. Diese Kapelle 
war bis auf unsere Tage der beliebte Begräbniaort des 
alten und hohen Adels von Salzburg. 

IV. jyie St. Peters-Klosterkirche. Diese vom h. Rupert 
erbaute Klosterkathedrale ist die altehrwürdige Mutter- 
kirche des christlichen Glaubens und der Cultur für die 
Bajoaren und die slavischen Völker der Ostalpen. Von 
hier aus erhielten diese Völker ihre Apostel. Hier befin- 
den sich die Gräber der ersten apostolischen Bischöfe und 
Aebte: Rupert, Vital, Ansogolus, Savolus, Ezzius, Flobrigis 
und Johannes. Aus den ältesten Resten der Kirche, näm- 
lich vier zum Theil jetzt eingemauerten Säulen in der 
Mitte derselben, zu schliessen, scheint sie ursprünglich vom 
h. Rupert als Säule n-BasiÜka erbaut worden zu sein. Nach 
dem Brande im Jahre 847 war sie unter Erzbischof Liu- 
pramm (836—859) wieder hergestellt worden, wurde aber 
1127 abermals ein Raub der Flammen. Abt Balderich 
(1125 —1147) erbaute sie innerhalb 16 Jahren im verlänger- 
ten Maassstabe als Säulen- und Pfeiler Basilika, schmückte 
das Mittelschiff mit Wandgemälden und den Eingang mit 
einem schönen Portale, das im Typanon die Inschrift trägt: 
lanua sum vitae, salvandi quique venite. Per me transite, 
via non est altera vitae. 

Öas Mittel- und die beiden Seitenschiffe schlössen 
jedes im Osten mit hoher Apsis ab, von denen Abt Martin 
(1604) die mittlere und Abt Joachim (1621) die der bei- 
den Seitenschiffe abbrechen und mit einem geraden Mauer- 
abschlusse ersetzen Hess. Letzterer beseitigte auch das 
Getäfel der Kirche, erhöhte die Schiffe, liess sie über- 
Tvölben und auf die Vierung die gegenwärtige Kuppel 
aufsetzen, sowie den Musikchor in der Höhe des westlichen 
Kirchenabschlusses erbauen. Die gegenwärtige moderni- 
sirte Gestalt der Kirche mit sämmtUchen Altären aus Mar- 
mor ist das Werk des Abtes Beda (1750—1785). Die fünf 
Seitenkapellen an der Südseite wurden von verschiedenen 
Familien als Begräbnisstätten vom 15. bis zum 17. Jahr- 



— 348 — 

hundert angebaut. Den anfangs sehr niedem Thurm hatte 
Abt Otto Calchochsperger (1375—1414) um 1390 bedeu- 
tend erhöhen und rait einer vierseitigen Pyramide krönen 
lassen, welche aber Abt Beda beseitigte und mit einer 
sechsmal getheilten Kuppel ersetzte (1756). 

An der Südseite des Querschiffes befindet sich die von 
Leopold dem Glorreichen, Herzog von Oesterreich (1215) 
erbaute St. Katharinen-KapeUe , von aussen noch gut er- 
halten, im Innern vom Abte Placidus Mayrhauser (1734) 
in gegen-w artiger Gestalt hergestellt. An der Nordostseite 
der Kirche schliesst sich die Veitskapelle an. Zur Zeit 
der Einführung der Reform von Cluny als Marienkapelle 
zum gesonderten Chorgebete für die gebrechlichen und 
schwachen Brüder erbaut und nach dem grossen Brande von 
1127 wieder hergestellt, wurde sie 1319 im gothischen 
Style restaurirt und der sei. Jungfrau Maria und dem 
h. Vitus geweiht. Die gegenwärtige Gestalt im Innern 
wurde ihr vom Abte Placidus im Jahre 1705 gegeben. 
Hier befinden sich die Gräber von eK Aebten des Klosters 
aus dem 14., 15. und 16. Jahrhundert und seit 1661 die 
Grüfte für die verstorbenen Mönche, In dieser Kapelle 
wurden im Mittelalter die Aebte von St. Peter erwählt. 

V. Der Friedhof von St. Peter. Als christliche Be- 
gräbnisstätte ist er so alt als das Christenthum im alt- 
römischen luvavum und nachherigen Salzburg. Während 
nämlich die Heiden ihre Verstorbenen am Bürgelstein bei- 
setzten, begruben die christlichen Bewohner die ihrigen in 
der nächsten Nähe ihrer Cultusstätten und bestatteten ihre 
Märtyrer in den Felsengräbern des heutigen Mönchsberges, 
und in der unmittelbaren Nähe am Fusse desselben, 
wie dieses auch mit Maximus und seinen Leidensgefährten 
geschehen ist. 

Der h. Rupert weihte diese geweihten Stätten zum 
Begräbnisorte für die Verstorbenen der aufkeimenden christ- 
lichen Gemeinde Salzburgs. Die gegenwärtigen Gruftkapel- 
len wurden erst um 1600 erbaut. Die heiligen Erinnerungen,, 
welche sich nicht nur an diesen altehrwürdigen Friedhof, 
sondern auch an die denselben umschliessenden Stätten 
knüpfen, bewirkten, dass im Laufe von 13 Jahrhunderten 
die Familien Salzburgs mit Vorliebe hier ihre Ruhestätte 
wählten. Die Grabdenkmäler von St. Peter und Nonnberg, 



— 349 — 

welclie von Walz herausgegeben -wurden, bieten bis 1632 
die Namen der hier Begrabenen, so weit selbe geschicht- 
lich nachweisbar sind. 

Y. Das Kloster. Die gegenwärtigen Klostergebäude 
umschliessen zwei Hofräume, den äussern, den Abteihof, 
dessen Gebäude Abt Edmund von 1682 — 1694 aufführte 
und den Innern, den Conventhof, dessen nördlichen Flügel 
Abt Amand 1657 — 1661 um 32,000 /. erbaute. Die Mar- 
morbrtinnen in beiden Hofräumen sind Geschenke des Erz- 
bischofs Guidobald von Thun. An der Nordseite der Kirche 
hat sich ein kleiner Theil des Kreuzganges aus dem 12. Jahr- 
hundert mit den ältesten Grabdenkmälern aus dem 13. bis 
16. Jahrhundert erhalten. 

Das Kloster besitzt eine Bibliothek von mehr als 50,000 
Bänden, darunter Membran-Manuscripte, ein reiches Archiv, 
eine näturhistorische Sammlung, deren Glanzpunkt die 
mineralogische ist, und eine Schatzkammer mit interessan- 
ten kirchlichen Kunstgegenständen aus dem Mittelalter. 

Gegenwärtig zählt das Kloster 45 Mitglieder, nämlich 
32 Priester, 7 Kleriker und 6 Conversbrüder. Die Priester 
besorgen ausser den gewöhnlichen Aemtern im Kloster die 
folgenden incorporirten Kirchen: 

A. In der Erzdiöcese Salzburg: 1) Das Superiorat an 
der Wallfahrtskirche Maria Piain mit 3 — 4 Priestern. 2) Die 
Pfarre Abtenau mit der Expositur Eussbach (3764 Seelen) 
und dem Vikariate Annaberg (850 Seelen) mit 6 Priestern. 

B. In der Diöcese Gv/rk: Die Probstei Wieting mit 
der Guratie Kirchberg (1418 Seelen) mit 2 Priestern. 

C. In der Erzdiöcese Wien: Die Pfarre Dombach nächst 
Wien (3180 Seelen) mit 2 Priestern. 

Ueberdies wirken 2 Priester am Frauenkloster Nonn- 
berg, einer als Beichtvater, der andere als Katechet; fer- 
ner 2 excurrendo am Frauenkloster Notre Dame in Gol- 
densteih als Beichtvater und» Katechet. Auch wirken 4 als 
geprüfte Professoren am Diöcesan-Khabenseminar (Borro- 
maeum) in Salzburg. Endlich unterstützt das Kloster ein 
•Convikt für Studirende mit einem Priester als Präfecten. 

Von einem Mitgliede des Klosters. 




Stift Kaigern. 
A. Lage und Beschreibung. 

las Benediktiner- Stift Raigern liegt Yg Yiertel- 
stunde östl. vom gleiclmamigen Markte und der 
Station der Kaiser- Ferdinands -Nordbalm, zwi- 
sclien dem linken Ufer der Schwarzava und dem 
neuen Durchsticli desselben Flusses auf der Ebene, Es 
ist insofern von der gewöhnlicb erböhten Lage der Bene- 
diktiner-Klöster verscbiedcn, weil es ursprünglicb an der 
Stelle einer, nacb altslaviscber Sitte zwischen Gewässern 
erbauten landesförstlicben Burg gegründet worden. Von 
der letzteren hat sich aber, ausser wenigem unterirdischen 
Gemäuer, nichts mehr erhalten. Das jetzige Stiftsgebäude 
wurde sammt der Kirche seit 1720 nach den Grundrissen 
des Italieners Santini von Grund auf neu aufgebaut in 
der Weise, dass der östl. Conventtheil sammt dem Biblio- 
thekssaal und der Hälfte der Prälatur bis 1740 fertig 
ward, der Rest aber nachträglich und die westl. Fronte 
des Conventes im Innern erst 1838 vollendet wurde. Das 
ganze Stiftsgebäude bildet drei regelmässige Vierecke von 
einem Stockwerk mit ebenso vielen Höfen, zu denen zwei 
Thore führen. Den ersten Hof umgeben Wohnungen der 
stiftlichen Wirthschaftsbeamten, an die sich rückwärts das 
Brauhaus nebst eiaem Meierhof anschliesst, ferner ein 
Waschhaus , die Gärtnerwohnung, Binderei, Bäckerei und 
Stallungen. Der zweite Hof ist durch ein eisernes Gitter vom 
ersten getrennt und enthält im östl. Theile zwischen einem 
Wirthschaftsgebäude und dem. Convente die den heiligen 
Apostelfürsten Peter und Paul geweihte Stiftskirche. Diese 
ist, weim nicht die schönste, so doch eine der schönsten 
in Mähren und wurde unter dem hochverdienten Probste 
Anton Pirmus mit grossem Geldaufwande nach Rissen 
des schon genannten ausgezeichneten Architekten Johann 
Santini von dem Brönner Baumeister Georg Klitschnik 
zwischen 1720 und 1740 im neueren römischen Styl er- 




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— 351 — 

"baut, nacMem der Grundstein am 4. Juli 1722 feierlich 
gelegt worden. Ihre Länge, sammt der Vorhalle, beträgt 
72,58 Meter, wovon auf das Presbyterimn 4,74Meter entfallen, 
die grösste Breite 14,i7 Meter und die Höhe bei 30,3 Meter. 
Die Mauerdicke der im Innern Yorspringenden Wandpfeiler 
im Schiffe und jene des Presbyteriums hinter dem Hoch- 
altare misst über 3,79 Meter, woraus sich auf die Tiefe 
und Mächtigkeit der Gründe schliessen lässt, welche in 
dieser niederen und wasserreichen Gegend auch behufs 
der zwei unter der Kirche im Presbyterimn und im Schiffe 
befindlichen gewölbten Grüfte meist auf Pyloten aufge- 
führt werden musaten. Das Gewölbe . bilden fünf kühne 
und hohe Kuppeln, deren vierte der Brünner Künstler 
Joh. Etgens al fresco malte, und wovon die erste und die 
zweite, die Entzückung des heil. Paulus vorstellend, wegen 
trefQicher Erfindung, Zeichnung und natürlicher Haltung 
der Figuren besonders gerühmt werden. Die Kuppel über 
dem Hochaltar wurde, weil das Presbyterium in Folge 
des schlechten Grundes den Einsturz drohte, im Jahre 1767 
abgetragen und neu gebaut (1770), von Josef Winterhalter 
ebenfalls al fresco vortrefflich gemalt und stellt die Ver- 
klärung Christi auf dem Berge Tabor vor. Die Kirchen- 
wände, in architektonischer Ordnung in Gypsfarben bis 
hinauf zur Kuppelmalerei marmorirt, bilden mit dem 
Hochaltar ein schönes Ganze und alle Kapitaler der zahl- 
reichen Wandpfeiler sind reich vergoldet. Der Hochaltar 
besteht aus zwei Theüen, nämlich erstens aus dem eigent- 
lichen, leider etwas zu kleinen Opferaltar, mit rothmar- 
momer Tumba und dem zum Theü vergoldeten Taber- 
nakel, an dessen jeder Seite ein ganz vergoldeter Cheru- 
bim in anbetender Stellung von schöner Schnitzarbeit 
und darüber eine auf Säulen ruhende, mit dem bekannten 
Benediktinerkreuz gekrönteKuppel (alles dies von dem Brün- 
ner Andr. Schweigel) angebracht ist. Zweitens aher aus der 
in Gyps meisterhaft ausgeführten Architektur auf der 
Rückwand, wo zwischen Wolken vertheüte Engelgruppen 
die en basrelief ausgeführte und vergoldete Vorstellung 
der Verkündigung Mariens, darüber aber die seligste 
Jungfrau mit dem göttlichen Kinde umgeben. Das Ganze 
schliesst hart an der Kuppel mit Figuren Gottes des Va- 
ters und des heil. Geistes, während unten an eigenen 



— 352 — 

Piedestalen die kolossal in Gryps vortrefflicli gearbeiteten 
Statuen der h.. Patrone Peter und Paul angebracM 
sind. Diese ausgezeiclineten Bildhauerarbeiten und die 
der sechs Seitenaltäre in dem mittleren Theil des Kir- 
cbenscMffes lieferte der aus Schwaben gebürtige, damals 
aber im fürstlichen Schloss zu Nikolsburg arbeitende Mei- 
ster Ignaz Lengelacher. Die vor dem Hochaltar hängende 
9,84 Meter hohe, aus im Feuer vergoldetem Kupfer ver- 
fertigte und mit 386 Lth. Silber verzierte Lampe ist ein 
Meisterstück des Brünner Silberarbeiters N. Richter, und 
wurde 1786 um 1278 /. verfertigt. Ausser dem hohen 
giebt es noch neun, sammt dem hohen im Jahre 1845 mit 
bedeutendem Aufw^ande neu stafßrte Altäre in der Kirche 
und zwar auf der Evangelienseite der des h. Andreas 
(Blatt von Johann Stiasny), des h. Benedikt (mit dem 
kostbar gezierten Leib des h. Defendens im Glaskasten, 
Blatt vom grossen Meister B.. von Führich, wie auch 
das gegenüber der h. Scholastica beide Kunstwerke 
ersten Ranges und um den Preis von 6000 /. vom gegen- 
wärtigen Stifts vorstand H. Prälaten Günther angeschafft), 
des h. Johann von Nepomuk (Blatt von Johann Etgens) 
und der heü. Familie (Blatt von Winterhalter, Statuen 
von Audr. Schweigel); auf der Epistelseite aber der der 
h. Gertrud, h. Scholastica (auf dem letzteren der 
Leib des h. Felicissimus ganz so, wie beim h. Bene- 
dikt), der h. Barbara (Blatt von A. Preis in Iglau 
1841), A. A. Heiligen (Blatt von Winterhalter,- Statuen 
vom Brünner N. Bdele) und der in . der seitwärts vom 
Musikchor in der lun 1760 erbauten und 1845 zierlich 
ausgestatteten Kapelle der Mutter Gottes, deren im Glas- 
kasten am Altare befindliche Statue schon um 1270 am 
hohen Altar gestanden haben soll. Die Chorstühle auf beiden 
Seiten der Presbyteriimiswände sind von musterhafter 
Tischlerarbeit, foumirt und mit vergoldeten Ornamenten 
geziert. Die Kirche hat zwei sehr gute Orgeln, beide 
staffirt und theilweise vergoldet, die grössere mit zwei 
Manualen, Pedal und 22 Registern (1733 von dem Brünner 
Meister AJiton Richter erbaut), auf dem im Jahre 1854 be- 
deutend erweiterten Musikchor über dem Haupteingange 
im Westen und die ebenso geschmückte kleinere, mit nur 
einem Manuale, Pedal und zwölf Registern im Chor des 



— 353 — 

Presbyteriuma. Das Portale im "Westen, welches neuer- 
dings im Jakre 1879 ausgebessert und verschönert wurde, 
bilden zwei Gruppen von korinthischen Säulen, die einen 
steinernen Balkon tragen, hinter welchem zwei grosse, 
mit zum Theil vergoldetem eisernem Stabwerk gestützte 
Fenster über einander in der Kirchenmauer angebracht 
sind und in dessen zwei Nischen die in Gryps gut gearbei- 
teten (von R. Bfenek in Brunn) Bildsäulen der h. Adal- 
bert und Günther stehen. An den Giebelseiten erheben 
sich zwei schlanke Thürme, deren mit vergoldeten Kreu- 
zen versehene Kuppeln geschmackvoll mit Kupfer gedeckt 
sind imd in deren einem (an der Nordseite) nebst der 
Uhr (1727 von Franz Lang in Ung.-Brod verfertigt) noch 
die grösste Glocke von etwa 60 Cent, ist, während der 
im Süden drei insgesammt im vorigen Jahrhundert gegossene 
und im Septaccord gestimmte Glocken trägt. Im Sanktus- 
thürmchen über dem Presbyterium ist die fünfte kleine 
Glocke. Die Kirche hat ein Ziegeldach, ist durchaus mit 
weissen und blauen Kehlheimer Platten gepflastert und 
alle Seitenaltäre sammt dem Presbyterium sind durch eine 
zierliche Brüstung aus geschmiedetem Eisen von dem 
Raum für das Volk geschieden. Ueber der sehr geräumigen 
imd um 1840 mit schöner Einrichtung von Eichenholz 
versehenen Sakristei an der Epistelseite, von wo und 
hart dabei auch aus dem Convente der zweite Eingang in 
die Kirche ist, befindet sich das erst 1844 ganz neu her- 
gestellte Oratorium für das Chorgebet an gewöhnlichen 
Tagen; es enthält ausser den aus Eichenholz gut gear- 
beiteten Chorstühlen ein Positiv und vier Fenster, wovon 
eins zum Hochaltar weist, einen Altar mit dem von J. Zeleny 
gemalten Bude des h. Benedikt, zum Messelesen fiü: 
kränkliche oder altersschwache Conventualen und wurde 
1861 vom Brünner Zimmermaler Hlavatschek decorativ 
ausgemalt. Ebenerdig stösst an die Sakristei im östlichen 
Conventgange das geräumige und lichte Capitellokal an, 
wo eberdfalls ein neustaffirter schöner Altar mit dem Bilde 
der Mutter Gottes und ein Tabernakel ist, in welchem in 
der Charwoche das Allerheiligste aufbewahrt wird. — 
Von Alterthümern aus der früheren ebenda gestandenen 
Kirche hat sich leider fast nichts erhalten. Nur der 
zinnerne, auf drei Füssen ruhende und ringsum mit halb' 

Ein Benediktinerbuch. 23 



— 354 — 

erhaben gearbeiteten und colorirten Bildnissen der 12 Apo- 
etel geschmückte Taufbrunn aus dem 16. Jahrhundert^ 
dann die (neuere) Grabschrift des hier (beim Altar der 
heil. Familie) beigesetzten am 7. Juni 1661 zu Brunn 
verstorbenen heldenmüthigen Vertheidigers des Spielbergea 
gegen die Schweden im Jahre 1645, Georg Jakob Freiherr 
T. Ogilvy und der in der äussern nördlichen Eirchenmauer 
eingesetzte gleichzeitige Grabstein (aus der ehemaligen 
St. Andreaskapellej des im Raigerer Stifte als „verbannt"^ 
(qui-hic exulum egit) im Jahre 1542 gestorbenen Abtes von 
Kloster Saar-Ambros stammt noch aus älterer Zeit. In 
den zwei schon früher erwähnten Grüften werden die Ver- 
storbenen seit 1784 nicht mehr beigesetzt, sondern auf 
dem allgemeinen Friedhofe bei der Pfarrkirche im Markte 
Raigern begraben. TJebrigens wurde die Kirche, worin 
zumeist die pfarrUchen Functionen abgehalten werden, 
vom Olmützer Fürstbischof Jakob Ernst Graf von 
Liechtenstein sammt 9 Altären schon am 7. Juni 1739 
feierlichst consecrürt und das diesfällige Anniversar mit 
vierzigtägigem Ablass für den dritten Sonntag nach Pfingsten 
bestimmt. Eine schöne Zierde, ein wahres Kunstwerk ist 
das grosse aus carrarischem Marmor von Max in Prag 
ausgeführte Wandbild des Herzogs Bfetislav, des Gründers 
von Raigern, rechts beim Eingange zur Kapelle, das 1863 
vom gegenwärtigen Abte Günther angekauft wurde. — 
Was die Messkleider und sonstiges Ei'chengeräthe be- 
trifft, so ist die Stiftskirche damit reichlich versehen und 
unter den ersteren, die grossentheils aus dem diesfälligen 
Vorrath der aufgehobenen Abteien und Klöster diurch 
den f^älaten Othmar Konrad gekauft wurden, giebt es 
einige sehr kostbare und geschmackvolle älterer Arbeit. 
TJebrigens hat der letztverstorbene Herr Prälat Victor 
Schlossar und auch der gegenwärtige die Kirche reichlich 
mit neuen, zum Theil kostbaren Gewändern versehen,^ 
letzterer auch einen neuen Traghimmel, Kirchenfahnen, 
neue Kelche etc. angeschafft und bei jeder Gelegenheit 
sich als besonderer Wohlthäter derselben bewährt. 
Stiftungen giebt es vier aus älterer imd einige geringere 
aus neuerer Zeit. — Der Kirche gegenüber und mit der 
Fronte gegen SW. gekehrt steht die sogenannte Prälatur, 
wo sich ebenerdig die Stiftsküche mit den nöthigen 



— 355 — 

KamTnem und sieben Gemächern zur Aufnahme von Gästen 
niederen Standes und Handwerkern befinden. Im ersten 
Stockwerke ist die Abteswolinung für Winters- und 
Sommerzeit, nebst einer niedlicben Kapelle und Hand- 
bibliothek, femer sieben Gastzimmer und zwei Speisesäle. 
Die Sommergemächer des Abtes sind theils mit Kupfer- 
stichen des Engländers Green, des Italieners Piterii und 
des Franzosen Cochin, theüs mit Oelgemälden von Mich. 
Willmann, Brand, Skreta, Feistenberger, Salvat. Rosa u. a. 
ausgestattet, während in der Wiaterwohnung ein gut er- 
haltenes Vesperbild von Luk. Kranach hängt, welches 
unter die von diesem Meister bisher unbekannt gebliebenen 
Bilder gehört. Ebendort wird auch eine sehenswerthe 
und erst kürzlich in Wien restaurirte imd Tergoldete, 
höchst wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 14. Jahr- 
hunderts stammende Monstranz nebst einem Pontificalstab 
verwahrt, dessen Obertheil mit schönem Schnitzwerk aus 
Elfenbein spätestens im Anfang des 14. Jahrhunderts an- 
gefertigt wurde. Die Büdnisse mehrerer Bischöfe, Aebte 
und Pröbste in den Gängen der Prälatur malte zumeist 
um 1780 und folgende Jahre der hiesige pröbstliche Kammer- 
diener Storch. Das Stockwerk der Prälatur trägt auf 
seinen entgegengesetzten Ecken 2 Pavillons mit vier 
Gastzimmern, deren eines mit herrlichen Gobelins mit 
Darstellungen der vier Jahreszeiten nach Teniers ge- 
schmückt ist. Gegen Osten ist die Prälatur sowohl eben- 
erdig als obenan je durch einen Gang mit dem Convents- 
gebäude verbunden, welches sich an die Epistelseite der 
Kirche anschliesst und das dritte regelmässige Viereck 
büdet, dessen Mitte sechs kleine von einzelnen Geist- 
lichen gut gepflegte Gärtchen im Gesammtausmaass von 
2560,816 D Meter ausfallen. Ausser dem Noviziat, dem 
schon erwähnten Oratorium, dann dem Capitelsaal mit 
einem Altar und den geräumigen, insgesammt gewölbten 
Wohnungen für Ordensmänner, sowie zwei Refectorien 
für die Sommer- 'und Winterszeit und einem Erholungssaal 
ist dort die von Joh. Etgens al fresco ausgemalte und 
mit schön fournirten Eichenschränken versehene Biblio- 
thek zu bemerken, welche in einem grossen Saale iind 
zwei Nebenzimmern, an die sich die Bibliothekskanzlei 
anschliesst, gegenwärtig bereits 54,000 Bände, worunter 

23* 



— 356 — 

viele wicMige Inkunabeln (z. B. Pauli Quadragesimale 
1468 4°, Plinii Opera Venetiis 1469 Fol. u. a.) und Hand- 
schriften bewalirt, unter denen einige, wie z. B. das von 
der Königin -WittWe Elisabeth 1317 für das Nonnenstift 
zu Alt-Brünu angeschaffte Antiphonarium auf Pergament 
nebst anderen Chorbüchem mit schönen Miniaturen ge- 
schmückt sind. Diese Büchersammlung, durch mehr- 
malige Verwüstungen dieses Elosters sehr verzundert, 
vnirde erst durch Ankauf der besonders an guten Aus- 
gaben der Klassiker und heü. Väter reichen Bibliothek 
des verstorbenen Brünner Bischofs Mathias Graf von 
Chorinsky, durch das Legat des verstorbenen Probstes 
zu Eisgarn. Beck, sowie durch Anschaffen von Büchern 
in neuester Zeit bedeutend vermehrt, durch den uner- 
müdlichen Meiss des Bibliothekars P. Anton Rücker im 
Verlaufe mehrerer Jahre katalogisirt und durch den gegen- 
wärtigen P. Maurus Kinter in eine allseits entsprechende 
brauchbare Form umgeschaffen. Im südwestlichen oberen 
Trakt des Convents , welcher als Portsetzung der Prälatur 
gilt und im Innern, wie schon gesagt, erst 1838 ausge- 
baut und eingerichtet wurde, giebt es ausser sechs Zimmern, 
einem geräumigen Saal mit zwei. Kabineten, in deren 
ersterem eine Modell- nebst einer Gemäldesammlung ist, 
welche ausser Bildern von Rubens (1) , Breughel (2) , van 
der Bless (Mart. Luther mit anderen s. g. Reformatoren) 
.u. a. fünf auf Holz gemalte Passionsstücke enthält, die 
wahrscheinlich der böhmischen Malerschule Theodorichs 
von Prag im 14. Jahrhundert angehören. In den zwei 
Kabineten ist eine wohlgeordnete und katalogisirte Mine- 
raHenä-, Konchylien- und Insektensammlung, nebst einigen 
vaterl ndischen Antiquitäten, worunter die Funde an 
Waffen- und Schmucksachen aus Heidengräbern beim 
nahen Dorfe Rybesovic und beim Raigerer Bahnhofe, sowie 
eine neuerdings angeschaffte antike keramische Collection 
erwähnenswerth sind. An diese Kabiaete reiht sich das 
Archiv an, worin nebst den wichtigsten Urkunden auch 
werthvolle Handschriften aufbewahrt werden. Im Süden 
schliesst sich an das Hoster ein ummauerter Obst- und 
Gemüsegarten von 1 Hektar 16,38 Ar an, worin auch ein 
hübsches Gewächshaus steht. Die nahen parkmässig be- 
handelten Auwaldungen bieten schattige Plätze zum Lust- 



— 357 — 

■wandeln dar. Der ganze Personalbestand des Stiftes wird 
gebildet aus dem Abte, welcher zugleich, infulirter Prälat 
ist, 19 Priestern und 4 Klerikern; der liegende Besitz des 
Stiftes aus den im Brünner Kreise gelegenen Grossgütem: 
Raigem 1567 Joch und Domaschov mit Schwarzkirchen 
2160 Joch, zusammen 3727 Joch oder 2144,957 Hektaren. 

Geschichte des Stiftes. Die in und um Raigem bei 
verschiedenen Gelegenheiten an verschiedenen Stellen zu 
Tage geforderten prähistorischen Funde geben den besten 
Beweis, dass die Stelle, auf der sich nun das Stift erhebt, 
bereits in uralter Zeit bewohnt war. Zur Zeit des groas- 
mährischen Reiches schon soll die hier befindliche Burg 
(woher auch der Name des Stiftes Raj-grad = Burg im 
Paradiese, weil in schöner Gegend gelegen) lange Zeit 
verlassen gewesen sein, was allerdings einigermassen die 
Sage begründet, schon die Landesapostel Mährens Cyrill 
und Method hätten in der hiesigen Burgkapelle den christ- 
lichen Gottesdienst gehalten. Nach dem Siege, den Herzog 
Bfetislav um das Jahr 1028 über die Ungarn errang tind 
in Folge dessen der südliche Theil Mährens ihm zufiel, 
stellte er die alte Burg Raigem wieder her und hielt 
sich auf seinen Jagdzügen öfter in derselben auf. Siebzehn 
Jahre später schenkte er (falls die noch vorhandene dies- 
bezügliche Urkunde echt ist) zu Ehren seines Anverwandten, 
des Eremiten Günther, der mit dem bereits im 10. Jahr- 
hundert gegründeten Benediktinerstifte Bf evnov bei Prag 
in näheren Beziehungen stand, dieses sein Schloss und 
die Umgegend an eben das genannte Benediktinerstift. 
Dessen Abt Meinhart verwandelte die Burg in eia Kloster 
und im Jahre 1048 den 26. November wurde der bezügliche 
Stiftungsbrief vom Herzog Bfetislav, dem Prager Bischöfe 
Severus und vielen Adeligen feierlichst gefertigt und das 
Kloster mit dem Gotteshause eingeweiht. In vollster Ab- 
hängigkeit vom Mutterstifte, der Stiftungsurkunde gemäss, 
erhielt Raigem seine ersten Einwohner natürlicher "Weise 
von Bfevnov. 

Die Namen derselben, ihre Anzahl, ja selbst der 
Name des ersten Klostervorstehers zu Raigem, welcher 
fortan Probst (praepositus) genannt wurde, sind uns gänz- 
lich unbekannt. Aus einer Urkunde vom Jahre 1062, die 
die Consecration der St. Peterskirche in Brunn betrifft 



— 358 — 

(jedoch nur in einer Absclirift erhalten ist), ersehen wir 
hlos, dass der Name dieses ersten Probstes mit M ange- 
fangen habe. Im EJriege zwischen dem böhmischen Könige 
Vratislav und dessen Bruder Herzog Eonrad von Brunn 
am Schlüsse des 11. Jahrhunderts wurde die junge Stiftung 
gar sehr geschädigt; doch muss sich schon damals sowie 
auch im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts eine voll- 
kommen geregelte Disciplin in ihr entfaltet und erhalten 
haben, weil 1136 die Theilförsten Mährens von Brunn und 
Znaim und der Ohnützer Bischof Heinrich gerade Eaigem 
zum Orte ihrer Verhandlungen erwählten. Und als diese 
mährischen Fürsten sich gegen ihren rechtmässigen Ober- 
herm Vladislav von Böhmen empört hatten, blieb Eaigem 
treu an der Seite des letzteren. Dafür wurde es auch in 
besonderen königlichen Schutz genommen. Um 1167 zog 
ein Raigerer Mönch, Jurik genannt, in die Gegend der 
jetzigen Stadt Weisskirchen, damals noch eine furchtbare 
Wildnis, imd machte dieselbe urbar, worauf der Olmützer 
Herzog Friedrich dem Stifte Raigern 1169 das bereits 
urbar gemachte Ackerland und so viel an Waldung schenkte, 
als der Eremit ausroden wollte. Markgraf Vladislav hat 
zwar, wie es nach einer in seinem Todesjahre 1222 durch 
R. Pfemysl erfolgten Bestätigung dieses Begebnisses als 
wahrscheinlich erscheint, den Verlust des Weisskirchner 
Bezirks, welchen Markgraf Vladislav Heinrich dem Prä- 
monstratenserstiffce Hradisch bei Olmütz zuwandte, durch 
Anweisung des zehnten Fasses vom Wein jährlich aus 
den Misslitzer Weinbergen für Raigern einigermassen ent- 
schädigt, aber der Gottesmann Georg starb aus Gram 
über den Verlust seiner Pflanzung schon 1209 in der 
waldigen Gegend Politz bei Königgrätz, die er mit Zu- 
stimmung des Bfevnover Abtes Kuno ebenfalls urbar 
machen wollte. Eaigem erhielt 1234 vom Markgrafen. 
Pfemysl alle jene Freiheiten, welche seit 1228 das Stift 
Velehrad genoss, dessen bisherige und künftige Güter 
wurden von allen Steuern, Abgaben und Frohnen befreit, 
das Kloster sollte in Criminalsachen seine eigene Gerichts- 
barkeit sammt den damit verbundenen Vortheilen haben, 
den landesförstlichen Kämmerem das Betreten der Stifts- 
güter hinsichtlich des Gerichtswesens verboten sein. Die 
thätliche Beschimpfung eines Religiösen innerhalb der 



— 359 — 

Elosterumfriedigung sollte mit dem Tode, die Verletzung 
der Immunität aber ebenso wie der Raub am Stiffcsyer- 
mögen oder sonst irgend eine Scbädigung des Klosters 
mit vollem Ersatz und noch einer besonderen Geldsumme 
in die markgräfliche Kammer gestraft werden. Ueberdies 
wurde der Ort Raigem zum Städtchen erhoben xmd. ihm 
wegen der zum St. Peter- und Paulsfeste sehr zahlreich 
zuströmenden Volksmenge ein Jahrmarkt von 7 Tagen 
nach deutschem Rechte verliehen. Aber schon 1241 wurde 
a,uch dieses Kloster sammt der Kirche, nachdem sich dessen 
Bewohner wahrscheinlich nach Bfevnov und in das feste 
Brunn geflüchtet, von den Mongolen gänzlich zerstört und 
erst allmählich bis Ende 1246 wieder hergestellt, wo am 
29. December der Olmützer Bischof Bruno dasselbe und 
die Kirche sammt dem hohen und einem Seitenaltare 
zum h. Kreuz geweiht imd für den Kirchweihtag allen 
bussfertigen Besuchern der Kirche einen Ablass von 60 Tagen 
verliehen hatte. Eine bedeutende Nachhülfe in seiner 
Noth erhielt das Stiffc 1247 von dem neuen Markgrafen 
Pfemysl Otakar, welcher ihm die bisher nur theilweise 
bezogenen Einkünfte von den landesfärstlichen Mauthen 
und Märkten zu Ungariseh-Brod und Kunovic auf 5 Jahre 
ganz überliess und etwaige StÖrer dieser Gnade mit grossen 
Strafen bedrohte. König Wenzel verlieh 1248 das Patronats- 
xmd Vogteirecht über das Kloster an Bischof Bruno mit 
dem Verbot, dass ohne königlichen Willen Niemand darin 
oder auf dessen Gütern sich ansiedeln dürfe. Dadurch 
wurden auch einige wesentliche Erleichterungen dem 
schwer heimgesuchten Stifte zu Theü. Im Jahre 1251 
Hessen sich die Ordensmänner die Mauthenbegabung vom 
Jahre 1247 auch vom Markgrafen Pfemysl bestätigen, aber 
schon 1253 wurde im Kriege zwischen dem ungarischen 
König Bela IV. und Markgraf Otakar das Kloster von 
den wilden Kumanen abermals sammt der Kirche ganz 
verwüstet. Letztere mit dem Friedhofe konnte erst 1255 
vom Bischof Bruno wieder geweiht werden, nachdem sie 
bereits 1254 vom Pabst Innocenz IV. eine Indulgenz von 
70 Tagen für den St. Peterstag erhalten. Zur gänzlichen 
Herstellung der Gebäude trugen, ausser dem Mutterstifte 
Bfevnov, auch einzelne Wohlthäter bei; diese alle wurden 
lu die Raigerer Brüderschaft aufgenommen. Darauf wurde 



— 360 — 

ein zwischen dem Bischof Bruno und seinem Capitel mit dem 
Bf evnover Abte Martin in Betreff der Zehntabfuhr von den 
klösterlicben Pfarren in Mähren zu Raigem, Sebranitz, 
Domaschov, Schwarzkirchen und Sdebofitz (dieses unbe- 
kannt) ausgebrochener Streit durch schiedsrichterlichen 
Ausspruch im Jahre 1255 dahin geschlichtet, dass der 
Vaterabt das Stift mit ein für allemal zu zahlenden 
29 Talenten von dieser Verpflichtung für immer loskaufen 
solle, und das Patronats- und Besetzungsrecht dieser 
Pfarren -wurde dem jedesmaligen Abte ebenfalls für 
immerwährende Zeit bestätigt, -was auch 1256 der Pabst 
Alexander guthiess. Im -weitem Verlauf des 13. Jahr- 
hunderts erhielt die Raigerer Klosterkirche mehrere Ab- 
lässe. Kaum hatte sich Raigern nach der Verwüstung 
durch die Kumanen erholt, als es sammt den Klöstern 
Kanitz und Oslavan 1278 durch das nach Otakars Fall 
in der Schlacht bei Dürnkrut über Nikolsburg nach 
Böhmen vorrückende Heer Kaiser Rudolfs I. aus dessen 
Lager zwischen Oslavan und Rositz abermals durch Raub 
und Brand heimgesucht wurde. Es scheint fortan ganz 
verlassen gewesen sein bis 1281, wo sich in dieser herren- 
losen Zeit darin unter Gerhard von Kunstadt Obfan so- 
gar eine Räuberbande festsetzte, welche, 400 — 500 Maim 
stark, weit und breit die Umgegend plünderte, bis end- 
lich der böhmische Feldherr Zavis von Rosenberg auch 
dieses Nest einnahm und die Unholde hinrichten liess. 
Aber erst im Anfang 1287 kamen die vertriebenen Ordens- 
leute zurück, bauten das zerstörte Kloster auf, reinigten imd 
ordneten die Kirche soweit, dass der Olmützer Bischof 
Theodorich am 1. Sonntag nach Maria Geburt Kloster 
und Kirche sammt 2 Altären weihen konnte. In der 
Zeit des christlichen Schismas, wo über den Verfall der 
Disciplin imd Sitten der "Welt- und Klostergeistlichkeit 
nicht wenig geklagt wurde, wachte über Aufrechthaltung 
derselben und angemessene Beschäftigung der Ordens- 
brüder der kraftvolle Bfevnover Abt Bawor mit Sorgfalt, 
und so wie er 1302 und 1332 für Abschreibungen von 
Mess-, Choral- u. a. Büchern 72 Mark Silber verausgabte, 
hat nach seinem Muster auch der Raigerer Probst Thomas 
ein bis jetzt in der hiesigen Bibliothek bewahrtes Anti- 
phonale auf Pergament durch den Bfevnover Professen 



— 361 — 

Gallus scki-eibeii lassen, welclies 7 Seh. Prag. Groschen 
kostete und 1313 beendet wurde. Eben damals, nämlich 
im Juni 1311 wurde das wichtige Versöhnungsfest 
zwischen dem Könige Johann von Luxenburg und den 
österreichischen Herzogen, wodurch das an die letzteren 
verpfändete Mähren wieder zu Böhmen kam, in Eaigem 
gefeiert, wo nicht nur König Johann mit seiner Gemahlin 
Elisabeth, dann Herzog Friedrich der Schöne von Oester- 
reich, sondern auch der Mainzer Erzbischof Peter, der 
Bischof Philipp von Eichstädt, der Abt und Chronist von 
Königsaal in Böhmen, Peter, nebst vielen anderen vom 
Adel versammelt waren. Unter dem gelehrten Probste 
Johann, welcher nicht nur als Schiedsrichter bei ver- 
schiedenen gerichtlichen Verhandlungen benachbarter 
Edelleute erscheint, sondern auch einen bisher erhaltenen 
Commentar zu den Decretalen verfasste und Doctor 
decretorum hiess, erhielt das Stift vom König Johann 
1327 den Blutbann oder die Criminal-Gerichtsbarkeit auf 
allen seinen Gütern und derselbe König befreite auch die 
Unterthanen desselben von allen StraffaUen, damit sie 
sich nach vielen Drangsalen, die sie maimichfach erfuhren, 
erholen könnten. Im Jahre 1330 erlaubte der Ohnützer 
Bischof Heinrich für die am rechten Ufer des Schwarzava- 
flusses liegenden Gemeinden Eaigem, Popovic, Holasic 
und Soboutovic, welche zur Zeit des Wasseraustretens 
die Stiftskirche nicht besuchen konnten, nicht nur 
eine Kirche im Markte Eaigem zu erbauen, sondern erhob 
sie auch zur Pfarrkirche und verlieh den wohlthätigen 
Besuchern derselben einen 40tägigen Ablass, sowie dem 
Bfevnover Abte das Eecht, die Pfarrer bei derselben ein- 
und absetzen zu dürfen. Im Jahre 1339 aber mochte die 
Disciplin etwas lockerer geworden, jedoch der durch den 
wirthschaffclichen Probst geforderte Wohlstand des 
Klosters bedeutend gewesen sein, weü ungeachtet des 
Verlustes der Brücke über die Schwarzava und der 
Mühle bei Eybesovic durch ausgetretenes Gewässer im 
Jahre 1342 (wodurch auch das Stiftsgebäude grossen 
Schaden erlitten hatte), doch noch auf Kosten des Probstes 
Veit ein Brevier in 4° mit sehr schönen Miniaturen auf 
Goldgrund durch den Professen Peter angefertigt werden 
tonnte, von dem auch Predigten auf Soim- und Feiertage 



— 362 — 

und einige schöne Messbücher stammen. Um 1366 mag 
der Zustand des Klosters in Betreff seiner Wirthschaft 
ein trüber gewesen sein, worauf der Verkauf des 1345 
erstandenen Hofes mit Aeckem im Markte Raigern an 
den dortigen RicMer Matthäus hinweist. "Weim dieser 
Verkauf aus Noth geschah und diese später etwa noch 
vermehrt wurde, so mag dies vielleicht Folge der Er- 
pressungen und Verwüstungen der meisten geistlichen 
Güter zwischen 1378 und 1380 durch die Brüder-Mark- 
grafen Jodok und Prokop, seit 1391 bis 1403 aber 
nur durch den letzteren und seinen höchst ver- 
wilderten Anhang gewesen sein, wofür jedoch nichts Ver- 
lässliches vorliegt. Im Jahre 1391 bestätigte Pabst Bonifaz 
dem Bfevnover Abt das Recht der freien Ein- und Ab- 
setzung der Klostervorsteher in Raigern, Polic und Brau- 
nau, 1400 errichtete Raigern im Dorfe Soboutovic einen 
bedeutenden Freihof, vielleicht aus jenen fünf Zahnen, die 
es schon 1393 von einem Mathes und vier Brüdern des- 
selben durch einen Vergleich erworben. Zur Zeit der 
Hussitenstürme blieb das Stift, welchem 1416 der Bfev- 
nover Profess Leo als erster urkundlich genannter Prior 
und zugleich Verfasser der Schriften: „Summa virtutum 
et vitiorum", dann „Vitae Patrum" vorstand, — auffallend 
genug, — wenigstens was das Gebäude betrifft, von diesen 
Erzfeinden der Klöster nicht nur verschont, sondern ge- 
währte auch mehreren Ordensbrüdern von Bfevnov mit 
dem Abte Nikolaus ein Asyl. Unter diesen war der nach- 
herige Raigerer Probst und Verfasser eines Tractatus de 
Sacramentis cum exemplis et naturalibus figuris atque 
dogmatibus Philosophorum (Handschrift 1433) Markus, 
Wenzel von Chvaletic, welcher daselbst einen Tractatus 
de Passione et morte Di nostri Jesu Christi (MS 1433) 
schrieb, sowie auch der „Hammer der Ketzer", Johann 
von Holleschau (geb. zu HoUeschau um 1366, Zögling der 
Hochschulen zu Prag und Paris, f in Raigern am 27. Decem- 
ber 1436), einer der Hauptankläger Hussens auf dem Con- 
cil zu Kostnitz. Auch im Jahre 1428, wo die bei dem nahen 
Dorfe Puras gelagerten Hussiten Brunn belagert hatten 
und das Nonnenstift Tischnovic ausplünderten, Hessen sie 
Raigern in Ruhe. Dagegen traf es unvermuthet ein anderes 
Unglück im Jahre 1449, indem der Anhänger der Podebra- 



— 363 — 

diachen Partei, Johann von Boskovic-Svojanov, aus Haas 
gegen die Strakonitzer Gegenpartei und deren Mitglied, 
den böhmiaclien Landmaracliali Bertold von Lipa, daeaes 
im Juli dieses Jakres plötzlich überfiel und Bertolda Beamte 
sammt Kriegsleuten daselbst gefangen nahm. Obwohl er 
schon in den ersten vier Tagen des Monats August durch 
daa Aufgebot der Brünner, Kloster-Kanitzer und biachöf- 
lichen Eriegaleute von da wieder verdrängt wurde, so 
mochte doch der durch seiue verwilderten Rotten ange- 
richtete Schaden ein sehr empfindlicher gewesen sein. 
Im weitem Verlauf des 15. Jahrhunderts ist in Kürze zu 
bemerken, daas das Stift im EJriege zwischen den Königen 
von Ungarn und Böhmen, Mathias und Georg, die dem 
letzteren geschworene Treue fest zuhielt, obwohl ea die- 
selbe mit dem Verlust des Gutes Domaachov gebüaat hatte, 
welchea Mathias dem Sohne Georgs Victoriu entriss und 
der Stadt Brunn 1469 verpfändete. Inzwischen fanden 
auch die Ordensbrüder des böhmischen Stiftes Willimov, 
welche nach Zerstörung ihres Klosters um 1430 auf ihr 
Gut Auertachitz in Mähren (Dekan. Auspitz) übersiedelten 
oder während des Krieges zwischen den Königen Mathias 
und Georg auch dieses verloren, verarmt, wie sie waren, 
mit ihrem Abte NiMas II. in Eaigem durch fünf Jahre 
gastfreundliche Aufnahme und wählten aus Dankbarkeit 
dafür nach Absterben des letzteren 1481 den Raigerer 
Probst Simon zu ihrem Abt. Wie andere Klöster, so 
hatte auch Raigem im Verlaufe des 16. Jahrhunderts manchen 
Druck und Bekürzungen an seinem Besitz zu erdulden. 
Im December 1527 wurde das Stift von einer Handvoll 
bewajBPneter pikarditischer Räuber unvermuthet über- 
fallen, ausgeraubt und der Probst Blasius ermordet. Und 
doch fand bald darauf der letzte Vilemover Abt Peter, 
nach Verlust seines Gutes Auertschitz, nochmals gast- 
freundliche Aufnahme in Raigem, wo er beim Thor ausser- 
halb des Klosters für sich ein Häuschen erbaute und nach 
seinem 1541 erfolgten Tode in der St. Andreaskapelle der 
Conventskirche begraben wurde. Gleichzeitig rettete sich 
vor seinen Feinden auch der Abt des Cisterzienser-Klosters 
Saar-Ambros nach Raigem und fand ebenfalls in der 
liiesigen Stiftskirche 1542 die letzte Ruhestätte. Zwischen 
1543 und 1549 wurde das Stiftsgebäude zweimal ein Raub 



— 364 — 

der Flammen, und kaum dass 1555 die baufällige Con- 
TentsMrclie mit einem Aufwand von 2000 /. rlm. herge- 
stellt worden, plünderten 1557 imgarische aus Deutsch- 
land heimkehrende Truppen die Getreidespeicher und den 
Weinkeller des Stiftes rein aus. Vielleicht war dies die 
Ursache, dass man in dieser Noth die zum Gute Doma- 
schoT gehörigen Dörfer Pfibislavic und Radoskov sammt 
Zugehör yerkauffc hatte. Im Jahre 1554 haben der Bfev- 
nover Abt Johann und der Raigerer Probst Dominik der 
Gemeinde von Gross-Raigem nicht nur die firöhem Be- 
gabnisse bestätigt, sondern auch das Gericht, fireien Wein- 
und Bierschank, Salzverkauf und Bierbraurecht verliehen. 
Sie bestimmten ferner das der Gemeinde verkaufte Wirths- 
haus zum Rathhaus und erlaubten die Ansiedelung von 
allerhand Handwerkern, was alles König Ferdinand I. im 
Jahre 1560 genehmigte. Während zu derselben Zeit beinahe 
in allen Klöstern Mährens die Disciplin nicht wenig aus- 
geartet war, war es in Raigem Gott Lob nicht der Fall 
gewesen, wie die Briefe Olmützer Bischöfe an den Probst 
Sebastian beweisen. Ebenso spricht dafür der Umstand, 
dass, als Sebastians Nachfolger in der Probstwürde, der 
beklagenswerthe Bfevnover Profess Adam, 1563 ein an- 
stössiges Leben zu fähren begaim, die Conventualen 
ihn zur Flucht zu seinem gleichgesinnten Freunde, 
dem Augustiner-Prior in Brunn, nöthigten, worauf er vom 
Bfevnover Abte Johann von Chotow abgesetzt und be- 
straft wurde. Aber nicht nur unter dem Abte Johann, 
sondern auch unter seinem Nachfolger Martin von Par- 
dubic wurden beträchtliche Besitzimgen des Raigerer 
Klosters an Fremde verkauft oder verpfändet und die 
Zahl der Conventualen soll sich auf drei vermindert haben. 
Kaum war das Unglück überstanden, das Raigem als Folge 
eines an einem kaiserlichen Trabanten 1579 im Gebiete von 
Raigem verübten Diebstahles durch Rudolf II. Missgunst 
hierüber getroffen hatte, als wieder ein neues, weit grösseres 
das Stift bedrohte, indem es nahe daran war, aufgehoben 
zu werden, worauf man die Güter desselben dem Jesuiten- 
orden übergeben wollte. Nur den kräftigen Vorstellungen 
von Seiten des Cardinals Franz von Dietrichstein beim 
Kaiser Rudolf II. gelang es, dieses Unglück abzuwenden, 
indem der Kaiser mit eignem Handschreiben an den 



— 365 — 

Cardinal vom 2. August 1602 den Fortbestand des Stiftes 
bestätigte, weslialb für diesen Woblthäter aus Dankbar- 
keit bis jetzt alljäbrlicli ein Hocbamt abgehalten wird. 
Der bekannte LandtagsbescMuas der rebellischen Stände 
Mährens in Betreff der Aufhebung aller geistlichen Cor- 
porationen vom Jahre 1619 traf auch Raigern. Schon am 
2. Juli d. J. wurde das Kloster sammt den umliegenden 
Ortschaften an Georg Ebenberger um 41,000, das Gut 
DomaschoT mit Schwarzkirchen an den Freiherm von 
Teufenbach um 20,000 /. rhu. verkauft. Nach der Schlacht 
am weissen Berge bei Prag (8. Nov. 1620) aber übernahm 
es sammt den Gütern wieder der nur mit 3 Brüdern zu- 
rückgekehrte Probst Johann Benno, musste aber noch 
harte Prüfungen bestehen, theüs von der Raubsucht der 
kaiserlichen Soldateska, theüs von den ungarischen Räu- 
berbanden des Fürsten von Siebenbürgen Bethlen Gabor, 
welche am 8. December 1623 das Kloster gänzlich ver- 
wüsteten, die Altäre und Bilder in der Kirche vernichteten 
und einen ungeheuren Schaden anrichteten. Und schon 
1624 vrarde es sammt dem Gute durch das kaiserliche 
Eriegsvolk so hart mitgenommen, dass die Ordensmänner 
fast dtirch das ganze Jahr kein Brot hatten. Erst nach 
5 Jahren konnte das verheerte Kloster hergestellt und 
mit Ordensbrüdern von Bfevnov wieder besetzt werden. 
Im Verlauf des 30jährigen Krieges hielten die Schweden 
1645 durch 17 Wochen das Stift besetzt und richteten 
daselbst einen Schaden von 32,500 /. an, da sie nicht 
nur alle Vorräthe wegnahmen, sondern auch das Kloster 
sammt den meisten Wirthschaftsgebäuden zerstörten. 
Diese lagen noch 1660 zumeist im Schutte und schon 
1663 verwüsteten wieder die aus Ungarn bis hierher vor- 
gedrungenen Türken das Stift, dessen Bewohner weiterem 
Unheü nur durch schnelle Flucht entrannen. Inzwischen 
setzten es die Raigerer Conventualen durch eine förm- 
liche Beschwerde bei dem Kirchenoberhaupte durch, dass 
der jeweilige Bf evnover Abt abwechselnd drei Bfevnover 
und darauf drei Raigerer Professen als Candidaten dem 
Convente vorschlagen imd dieser Einen derselben durch 
Stimmenmehrheit zum Probste wählen solle (1686). Ueber- 
dies erhielten 1687 die Pröbste vom Pabste das Recht der 
Pontificalien, das jedoch formlich erst seit 1690 ausgeübt 



— 366 — 

■wrard. Der oben erwälante Vergleicli mit Bfevnov vom Jahre 
1686 hatte so günstige Folgen, dass durch Sparsamkeit und 
gute Bewirthschaffcung der Güter bis 1710 ein Vermögen von 
mehr als 100,000 /. xha.. ervrachs, wofür der ausgezeichnete 
Frohst Anton Firmus die Kirche und das herahgekommene 
Stiftsgebäude vom Grund aufbauen Hess. Aber bald darauf 
wurde das Stift 1742 durch Freussen furchtbar heimge- 
sucht. Ihr Lieutenant besetzte es nämlich am 24. 'Februar 
mit 30 Mann, misshandelte den Frohst und die Brüder, 
und erpresste von denselben 6000 /. Der Probst begab 
sich hierauf mit zwei Conventualen zu den Augustinern 
in Brunn, mit denen schon am 18. Januar 1729 die Con- 
fraternität geschlossen worden war, während zehn andere 
Brüder das Stiffcshaus am Fetersberge ebendaselbst be- 
wohnten. Der Feind zerriss ia Raigern KirchenMeider, 
schlug der Marienstatue Haupt und Hände ab und ver- 
übte gegen das Allerheiligste im Tabernakel solche Frevel, 
welche „die Feder zu schüdem nicht waget". Hieraus 
ist erklärlich, dass das Stift 1756 keine Activa, sondern 
21,630 /. rhn. Schulden hatte. Auch die zwei französischen 
Invasionen in den Jahren 1805 und 1809 haben dem Stifte, 
worin bis auf die Zeiten Kaiser Josef H. ein eigenes 
Hausstudium und bis 1835 eine Musik- und Sängerfandation 
unterhalten wurden, tiefe Wimden geschlagen. Und dazu 
kam 1808 noch die Verpflichtung, an der ia Brunn er- 
richteten philosophischen Lehranstalt zwei geprüfte Con- 
ventualen als Professoren der Religionslehre, der Welt- 
geschichte und klassischen Philologie auf eigene Kosten 
zu xmterhalten. Nach Einführung der neuen Studien- 
ordnung seit 1849 hörte diese Verpflichtimg auf. Mittler- 
weüe, nämlich 1813, wurde das Stift von seinem bisherigen 
Abhängigkeitsverhältnis von Brevnov durch allerhöchste 
Huld Sr. Majestät des Kaisers Franz I. ganz entbunden und 
erhielt die freie Abtswahl. Durch die weise Umsicht des 
so gewählten ersten Abtes, des biederen Augustin Koch, 
vernarbten grösstentheils die kurz vorher erhaltenen 
WTinden. Noch mehr war dies der Fall unter Augustins 
Nachfolger Victor Schlossar (1832—1854), welcher bei 
rastlosem Streben nach seiner und der ib-m Anvertrauten 
geistigen Vervollkommnung durch Regelung der Disciplia 
und Verfassung zeitgemässer Statuten auch das irdisch 



— 367 — 

Nothwendige und die Wissenschaft so scharf im Auge 
behielt, dass nicht nur die Landwirthschaft bedeutend 
vervollkommnet, sondern auch ein Klostertrakt neu her- 
gestellt und die Konchylien-, Mineralien-, Münzen- und 
Gemäldesammlungen angeschafft wurden. Auch das Archiv 
hat der hochverdiente, in seinem Todesjahre noch mit 
dem hochwürdigsten Herrn Bischöfe von Brunn als apo- 
stolischer Convisitator der Augustinerklöster in Mähren, 
Böhmen und Eirakau fungirende Abt selbst zweckmässig 
geordnet, die Bibliothek bereichert und die von der h. Regel 
empfohlene Gastfreüieit grossartig ausgeübt; dies alles ohne 
die reichliche Unterstützung offener und verschämter Armen 
besonders in den Jahren 1848 und 1849 bekürzt zu haben, 
wiewohl das Stiftseinkommen durch die neuesten Zehent- 
u. a. Ablösungen, dann durch die Regulirung des Schwar- 
zavaflusses seit 1848 bedeutend vermindert wurde. Auch 
der gegenwärtige, einstimmig gewählte Stiftsvorstand Herr 
Abt Günther Kalivoda, geistvoll, gelehrt imd für alles 
Gute und Edle begeistert, hat während der 25 Jahre 
seiner Regierung das Wohl des Stiftes und seiner Ange- 
hörigen in jeder Richtung hin gefördert und sich nach 
Innen, wie nach Aussen die allgemeinste Liebe und Ach- 
tung erworben. 

Wir haben noch aus neuerer Zeit zwei Gelehrte von 
Ruf zu erwähnen, welche dem Stifte Raigem angehören, 
nämlich: Gregor Volny (geb. 1797, f 1871) und den Schüler 
desselben, den noch lebenden Dr. Beda Dudik, k. k. Re- 
gierungsrath undLandeshistoriograph von Mähren — denen 
die Topographie und Geschichte Mährens die Herausgabe 
der wichtigsten Quellenwerke zu verdanken hat. 

Von einem Mitgliede des Stiftes. 




Das Schottenstift in Wien. 

age, topographische Besehreibung und Name des- 
selben. Wer vom sogenannten Hofe in der inneren 
Stadt auf die Freiung sicli begiebt, dem wird 
sogleicL. zur recliten Hand vor sich, ein gewal- 
tiger Häusercomplex mit Kirche und Thurm bemerkbar, 
das Schottenstiffc, das älteste Kloster Wiens, welches mit 
all seinen Bauliclikeiten und Höfen und dem Convent- 
garten einen Flächenraum von 5440 Quadratklaffcem ein- 
nimmt. Der Haupteingang in den sogenannten Schiotten- 
hof, der an Zinsparteien vergeben ist, befindet sich links 
von dem Hauptportale der Kirche. Die Trakte, welche 
auf diese Weise vermiethet sind, büden, abgesehen von 
der Kirche und dem Pfarrhofe, die äussere Grenze des 
Schpttenbesitzes und erheben sich, vier Stockwerke hoch, 
während die Rämnlichkeiten, welche speciell für den Con- 
vent bestimmt sind, in der Mitte liegen und dreistöckig 
sind. Um zunächst die äusseren Grenzen des Schotten- 
klosters zu bestimmen, so. hat dasselbe gegen die Freiung 
mit dem Prioratshause. (Sch.ubladkasten genannt), dem 
Pfarrhofe, der Kirche und der Hauptfa9ade des Schotten- 
hofes eine Länge von 67 Klaftern; die Front, welche die 
rechte Seite der Schottengasse (von der Freiung aus ge- 
rechnet) bildet, hat eine Länge von 55 Yg Klafter; an diese 
schliesst sich, der Trakt in der ganzen Länge der Schotten- 
steiggasse mit 69V2, an diesen das Gebäude, gegen die 
Rockgasse in einer Längenausdehnung von 35 Klaftern, die 
übrigen Grenzen bilden der Stallhof, der Conventgarten 
und der Hof des Prioratshauses. Durch, das Hauptportal 
gelangt man zunächst in den grossen Hof raum, Schottenhof 
genannt, durch welchen dem Publikum der Durchgang 
einerseits parallel mit der Schottengasse zum Schotten- 
thore, andererseits in schiefer Richtung durch den zweiten 
grossen Hofraum zum Schottensteige eröffnet ist. In der 



— 369 — 

Mitte des ersten Hofiraumes, eines Trapezes von 720 Quadrat- 
Waffcer Flächeninhalt, erhebt sich der sogenannte Heinricha- 
brunnen aus weissem Marmor, zur Erinnerung an den 
Stifter des Klosters Herzog Heinrich Jasomirgott , mit 
dessen Statue er geziert ist.*) Derselbe hat weniger künst- 
lerisches als historisches Interesse. Er wurde unter Abt 
Petrus Heister im Jahre 1652 errichtet, im Jahre 1770 von 
Abt Benno Pointner restaurirt und ist zugleich mit unter 
die wenigen Denkmale der Bildhauerkunst zu zählen, 
welche aus dieser Zeit in Wien sich erhalten haben. Durch 
ein Thorgewölbe gelangt man am rechten Ende des ersten 
Hofraumes in den zweiten Hof, der, 530 Quadratklafter gross 
imd in rhomboidischer Form, eine ähnliche Anlage wie 
der erste zeigt. In seiner Mitte ist ebenfalls ein Bassin 
errichtet, in welches vier nach aufwärts gekehrte Delphine 
das Wasser ergiessen. Kehren wir wiederum in den eigent- 
lichen Schottenhof zurück, so haben wir zur Rechten unter 
einem von vier Säulen getragenen Balkon, in dessen Mitte 
ein Kreuz, das Zeichen der religiösen Stätte, angebracht 
ist, das Portal, durch welches man in das eigentliche 
Klostergebäude gelangt, mit der Aufschrift unter dem 
Balkon : „Henricus . Austriae . Dux , Fundavit . M . C . L . VIII." 
(Gegründet von dem Oesterreicherherzog Heinrich 1158.) 
Eine andere Inschrift unmittelbar über dem Portale besagt 
den Neubau des Stiftes durch Abt Andreas im Jahre 1831. 
Durch eine von Säulen getragene Vorhalle kommt man 
durch ein zweites Portal auf mehreren Stufen abwärts in 
das umfangreiche Vestibüle, über welchem der Bibliothek- 
saal, von dem wir au anderer Stelle handeln werden, sich 
erhebt. Links und rechts von dem Vestibüle durch kleinere 
mit Gesträuchen besetzte Höfe getrennt, liegen der Speise- 
saal und die GrabkapeUe, Ueber dieser erhebt sich der 
geräumige Enipfangssaal in der Prälatur. Der Speise- 
saal mit einer Länge von 13 und einer Breite von un- 
gefähr 4 Klaftern (Flächeninhalt 54 Quadratklaftern) ist 
ein Rechteck mit halbkreisförmigem Abschlüsse. Ueber 
demselben liegt der Capitelsaal, ein einfacher Saal mit 
einem Altare, der den Capitularen bei ihren Berathungen 
als Versammlungsort dient. An den Wänden sind die Büd- 

*) Vergl. das später folgende Gedicht „Jasomirgotts Monument zu 
"Wien" ans „Der Babenberger Ehrenpreis" von S. Brunner. 
Ein Benediktinerbuch. 24 



— 370 — 

nisse aller Schottenäbte angebracM, von denen jedoch nur 
die letzten 7, vom 69. Abte Sebastian I. Faber an, An- 
spruch auf Portraitähnlichkeit machen können, da die 
Portraits der früheren Aebte erst vor beiläufig 150 Jahren 
nur nach Angabe angefertigt -wurden. Mehr Interesse er- 
wecken die übrigen Darstellungen, welche zumeist auf die 
alten Stiftsgebäude imd den ehemaligen Grundbesitz sich 
beziehen. Aus dem Vestibüle gelangt man in den eigent- 
lichen Conventtrakt. Derselbe ist in Quadratform erbaut, 
wovon jedoch die Seite gegen Nordost offen ist, und bietet 
freundliche Wohnungen für 43 Stiftsmitglieder mit der 
Aussicht in den Conventgarten. Letzterer nimmt den 
Raum des ganzen Vierecks ein und erstreckt sich noch 
über die freie Nordostseite hinaus mit einem Gesammtflächen- 
inhalt von 1564 Quadratklaffcem. Nach englischem Muster 
angelegt, hat er an der Vorderseite eine Rasenfläche in 
der Grösse des Quadrates des Conventgebäudes , während 
im Hintergrunde mächtige Kastanienbäume, Birken, Pla- 
tanen und andere Bäume, untersetzt mit grünem Busch- 
werk, eine erfrischende Kühle in heissen Sommertagen 
bieten. In der Mitte des Gartens, vor dem Bassin mit 
Goldfischen, erhebt sich eine meisterhaft gebildete Stand- 
säule der unbefleckten Empfängnis Mariae, welche auf 
den gräflich Salm'schen Hütten zu Blansko in Mähren im 
Jahre 1825 aus Gusseisen verfertigt wurde. Die auf dem 
schlanken schwarzen Postamente mit vergoldeten Lettern 
angebrachten Inschriften besagen Zweck und Geschichte 
der Säule. Sie stand von 1825 bis 1868 als eines der 
schönsten Denkmäler Wiens unweit des Burgthores und 
bezeichnete die Grenze des schottischen Neudegger-Lehens. 
Als im Jahre 1868 die Stadterweiterung vollzogen wurde, 
musste auch diese Statue weichen rmd so Hess sie denn 
der gegenwärtige Abt Othmar 1. im Conventgarten auf- 
stellen, auf dass sie die Conventualen stets an den be- 
sonderen Schutz erinnere, den die Patronin des Schotten- 
stiftes demselben durch eine so lange Reihe von Jahren 
angedeihen Hess. Von diesem Standbilde zur Rechten liegt 
unter dem Schatten eines mächtigen Kastanienbaumes ein 
aus Quadern gefügter Denkstein, der, wie man vermuthet, 
früher über der Ruhestätte eines römischen Legionasol- 
daten sich erhob. 



— a7i — 

Das Schottenstift in seiner jetzigen Gestalt mit seinen 
2 grossen und 5 kleineren und ebenso vielen Lichthöfen 
wurde im Grossen und Ganzen unter Abt Andreas erbaut. 
Das alte Conventgebäude mit seinem ehrwürdigen Kreuz- 
gange, der aus dem 14. Jahrhundert stammte, war zwar 
weitläufig, doch ebenso finster und ungesund und war, 
wie die auf die Preiung gekehrte Seite des Schottenhofes, ■ 
baufällig geworden. Deshalb fasste Abt Andreas den Ent- 
schluss (1827), einen neuen Bau aufzuführen. Der Archi- 
tekt Josef Kornhäusel legte in kturzer Zeit einen Plan vor, 
und nachdem derselbe sowohl die Billigung der Capitularen 
als auch der geistlichen tmd weltlichen Behörden erlangt 
hatte, schritt man an die Ausführung. Der Bau des 
Schottenhofes und der drei Hauptpiecen, näralich der Prä- 
latur mit der darunter befindlichen Kapelle, dem Vesti- 
büle mit der Bibliothek, dem Refektorium und dem Ca- 
pitelsaale, sammt dem Haupttrakte des Conventes war in 
kurzer Zeit so weit gediehen, dass man zur feierlichen 
Grundsteinlegimg schreiten konnte, die denn auch am 
6. Mai 1831 stattfand und durch das Erscheinen Sr. Maj. 
des Kaisers Ferdinand ausgezeichnet war. Ueberdies wohn- 
ten dieser Feier die Erzherzoge Franz Karl, Ludwig, Anton, 
Viktor und Karl Ludwig, dann Graf Firmian, Erzbischof 
von Wien, welcher den festlichen Akt für den mittler- 
weile erkrankten Erzherzog Rudolf, Cardinal und Fürst- 
bischof von Olmütz, vollzog, die österreichischen Aebte, 
der Bürgermeister von Wien, Anton Lumpert, und eine 
nach Tausenden zählende Menscheimaenge bei. Abt Andreas 
konnte den Bau in seiner Vollendung nicht mehr schauen. 
Sein Nachfolger Sigismund legte die letzte Band an den 
Ausbau des Stiftes. Die Stiffcslarche (s. d.) stammt aus der 
Zeit von 1643 — 45. Jünger ist das Prioratshaus gegen die 
Freiung, welches Abt Benno 1774 für Schulzwecke erbauen 
Hess. Der Trait des Schottenhofes gegen den Schotten- 
steig und die Rockgasse wurde unter Abt Othmar aufge- 
führt. 

Was den Namen „Schottenstift" oder „Kloster zun 
Schotten" betrifft, so führt diese Stiftung denselben schon 
seit der Gründung bis auf den heutigen Tag und zwar 
aus dem Grunde, weil Heinrich Jasomirgott das 1158 ge- 
gründete Kloster den Benediktinermönchen aus Irland und 

24* 



— 372 — 

Schottland, die imter dem gemeinsamen Namen „Schotten" 
in Deutschland bekannt waren, übergeben hatte. Wir 
finden denselben in allen Urkunden, -wo es zumeist heisst : 
„die Schotten zu Wienn" oder Monasterium vel Ecclesia 
B. M. V. ad Scotos Viennae, und er wurde im Laufe der 
Zeiten der Bevölkerung so geläufig, dass man auch von 
1418 an, seit welcher Zeit die deutschen Benediktiner von 
dem Kloster Besitz nahmen, dasselbe noch immer das 
Schottenkloster oder „zun Schotten" nannte und heutzu- 
tage noch so bezeichnet. Es ist wohl leicht erklärlich, 
dass, als das ursprünglich ausserhalb der Stadtmauern 
liegende Stift in den Stadtrayon mit einbezogen wurde, 
gar manche der umliegenden Lokalitäten nach den Schotten 
ihren Namen erhielten, und so finden wir denn zunächst 
die Namen Schottenthor, dann Schottengasse, Schotten- 
bastei, Schottensteig und in neuester Zeit Schottenring. 
Auch der Name des Platzes vor der Schottenkirche, der 
„Freiung", steht mit dem Schottenkloster in einem engen 
Zusammenhange. Unter den vielen Eechten und Privilegien 
nämlich, die der herzogliche Stifter den Schottenmönchen 
gewährte, war auch das Asylrecht, das namentlich im 
Mittelalter eine grosse Rolle spielte und bei der Barbarei 
der damaligen Strafen ein wahres Bedürfnis war. Dem- 
zufolge sollte „jeder männiglich, der sich aus was immer 
für einer Furcht, oder wegen was immer für eines Verbrechens 
innerhalb der Klostermarken flüchtete. Freiung gemessen, 
und Niemand Hand an ihn legen, noch mit Gewalt ihn 
hinwegnehmen dürfen". Dieses Privilegium wurde von 
allen nachfolgenden Eegenten in Oesterreich aufs neue 
bekräftigt. Da sich aber auch hier, wie an anderen Orten, 
Missbräuche herausstellten, so erlitt es in der Folgezeit 
vielfache Beschränkungen und ward schliesslich xmter 
Kaiser Josef II. ganz aufgehoben, so dass nur der Name 
noch geblieben ist von dem, was ehedem eiaes der wich- 
tigsten klösterlichen Rechte bildete 

Kurzer Abriss der Geschichte der Abtei. Vorerinnerung. 
Wer auch nur einen flüchtigen Blick gethan hat ia die reich- 
bewegte Geschichte der Benediktinerklöster in Deutschland, 
wo dieselben namentlich im Mittelalter einen bislang noch 
kaum recht gewürdigten Eiufluss auf alle Verhältnisse der 
Familie, der Corporationen und namentlich des Staates aus- 



— 373 — 

übten, dem wird es vollständig einleuchten, dass die Ge- 
schiclite ancli nur des geringsten aus ihnen nicht in 
wenigen Blättern erzählt werden könne. Dies gilt um so 
mehr von solchen, die schon von allem Anfange durch 
den speciellen Zweck, den man hei der Gründung im Auge 
hatte, durch die Lage u. s. f. bestimmt waren , eine- her- 
vorragende Rolle in der Entwicklung einer Stadt und mit 
dieser eines ganzen Staates zu spielen. Da nun dies letztere 
bei der Schottenahtei vollständig zutrifft, so werden wir 
in der Darstellung der Geschichte derselben wegen des 
knapp zubemessenen Raumes auf ein genaues Eingehen in 
die so vielgestaltigen Interessen und Verhältnisse, in das 
abwechslungsreiche, innere Leben des Klosters verzichten 
müssen und mit der Anführung der Aebte nur den all- 
gemeinen Gang der historischen Entwicklung fixiren xmd 
in diesen allgemeinen Rahmen charakteristische Bilder, 
sei es nun die Zeichnung eines merkwürdigen Charakters 
oder die Schilderung eines anziehenden Faktums, fügen 
und dort, wo es thunüch ist, Belege aus zeitgenössischen 
Schriftstellern einschalten. Diejenigen Leser, welche, an- 
geregt durch das Wenige, was wir bieten können, in sich 
die Neigung fühlen, genauer einzudringen in die Geschichte 
der Abtei, verweisen wir auf die Literatur, die wir in 
ihren wesentlichsten Erscheinungen am Schlüsse dieser 
Skizze anfuhren werden. 

Die Stiftsgeschichte zerfällt naturgemäss in drei Ab- 
schnitte: der erste umfasst die Thätigkeit der Mönche von 
ausschliesslich schottländischer Nation und wahrt von der 
Gründung der Abtei 1158 bis zur Verzichtleistung des 
schottischen Abtes Thomas III. am 9. Aug. 1418 ; von nun 
an wirkten vorzüglich österreichisch-deutsche Benediktiner. 
Die zweite Periode dauert bis zur Erwerbung der unga- 
rischen Abtei Telky (1700) unter Abt Sebastian I., von wo 
an die dritte Periode beginnt und bis in unsere Zeit her- 
einreicht. 

Gründung der Abtei. Als Herzog Heinrich IL 
Jasomirgott vom Reichstage zu Regensburg im Jahre 1156 
zurückkehrte, wo er für die Abtretung Bayerns an Heinrich 
den Löwen die um mehrere Gaue vergrösserte Ostmark 
(Niederösterreich) als Herzogthum erhielt, da war sein 
Sinnen und Streben darauf gerichtet, den Wohlstand des 



— 374 — 

Landes durcli Hebung des Städtewesens und Bürgertliums 
zu fördern. Er erwählte daher nicht die Herzogenburg 
zu Melk, noch Tuln, sondern Wien, die damalige Colonia 
Faviana, zu seiner Residenz. Letzteres hatte sich im 
zweiten Ejreuzzuge 1147, in dem es der Versammlungsort 
der abziehenden Fürsten war, nachdem es seit seiner Zer- 
störung durch die andringenden Völkermassen darnieder- 
gelegen war, zu neuer Entfaltung aufgerafft und war schon 
durch seine günstige Lage inmitten der sich kreuzenden 
Völkerstrassen zu einem wichtigen Punläe bestimmt. 
Dieses Wien wollte Heinrich heben und fördern, und so 
erbaute er sich einen Herzogshof an der Stätte, die noch 
heute der Hof heisst, gründete St. Stefan und berief 
viele Kaufleute und Handwerker, zumeist aus Regensburg, 
in seine Residenz. Dort hatte er auch jene irischen und 
schottischen Mönche zu St. Jakob kennen gelernt, die an 
Zucht und gutem Beispiel, an Sorgfalt für den Gottes- 
dienst und den Jugendunterricht ihres Gleichen suchten. 
Mitten unter den Bürgern lebend, trieben sie nebstbei 
auch Handel mit verschiedenen Artikeln. Viele deutsche 
Städte erbaten sich Colonien aus diesem Mutterkloster, 
■und da Heinrich recht wohl einsah, dass die Schotten seinem 
Wien nicht fehlen durften, so berief er eine Colonie der- 
selben auch in seine Residenz. Er wies ihnen den her- 
zoglichen Grund und Boden an der Nordwestseite der 
Stadt, zwischen dem Aiser- und Ottakringer Bach als 
Wohnstätte an und begann schon um 1155 den Bau eines 
kleinen, zur Unterbringung von 12 Mönchen ausreichen- 
den Klosters, welches sie denn auch am 1. Mai 1158 unter 
der Leitung ihres Abtes Sanctinus bezogen. Gestiftet 
wurde also die Abtei, wie dies die Stiftungsbriefe von 
1158 und 1161, von denen das Original des ersten leider 
verloren gegangen ist, besagen, zu Ehren der seligsten 
Jungfrau Maria und des heiligen Gregor vornehmlich als 
Hospital und Herberge für Pügrime und Kreuzfahrer, 
einzig und allein für schottische oder irische Mönche. 
Herzog Heinrich dotirte das Stift so reich, dass es rasch 
emporblühen konnte.*) Die Schotten sollten allein Herren 



*) Ausser dem oben erwähnten Gnind und Boden gab er dazu: 
den Zebent der herzoglichen Küche, dann Güter und Einkünfte im 



— 375 — 

des Klosters und jede andere Gattung Mönche davon aus- 
geschlossen, die Abtwahl vollkommen frei sein, und weder 
dem Herzog noch seiaen Nachfolgern unter irgend einem 
Vorwande eine Einmischung in die Klosterangelegenheiten 
zustehen. Sie sollten auf ihrem G-runde von der Donau 
bis zur Kirche St. Johann ia Als alle pfarrherrHchen 
Rechte ausüben und aUe Leute des Herzogs und Hofes, 
auch Gäste, Fremde und Wallfahrer dort die Sakramente 
empfangen und ihre Begräbnisstätte wählen dürfen. Der 
Herzog bestimmte das Schottenkloster selbst in eiuer 
eigenen 1161 erlassenen Urkunde für sich und seine Fa- 
milie als letzte Ruhestätte. So entstand das älteste 
Kloster Wiens, fast gleichzeitig mit der Kirche und 
Pfarre zu St. Stefan. Beide unterstanden der Jurisdiction 
des Bischofs von Passau, damals Heinrichs Bruder Kon- 
rad, und erst als zu St. Stefan im Jahre 1480 ein Bisthum 
errichtet worden war, wurden die Schotten demselben 
untergeordnet. Zwar versuchten auch die Aebte von St. 
Jakob in Regensburg, dem Mutterkloster, Einfluss zu neh- 
men auf die Schottenabtei; wir werden diesen Versuchen 
öfter begegnen im Verlaufe der Geschichte, doch sie 
frachteten nichts, da die Schotten ihre Freiheiten mit 
grossem Muthe bewahrten. 

Heinrich Jasomirgott hatte sich in den Schottenmön- 
chen nicht getäuscht. Sie hielten nicht nur den alt- 
bewährten Ruf grosser Frömmigkeit und hinreissender 
Beredtsamkeit aiärecht, sondern auch jenen der Tüchtig- 
keit in bürgerlichen Gewerben. Durch diese Eigenschaften, 
wozu noch der Jugendunterricht hinzutrat, waren sie sehr 



"Wirochperge (tandatrasse und Erdberg), in Ebersdorf, Ladendorf, 
Hypelinsdorf, Grihsianstetten, Busspach, Erpurch; bei Falohenstein, 
Ftüdiamsdorf, Schwechent, "Wolfpaizzigen und Houmat. Et unterstellte 
demselben die zwei Pfarren Pulkau und Echendorf mit Zubehör, ferner 
die Kapellen bei Mariastiegen, St. Peter, St. Supprecht und bei St. 
Pankranz innerhalb der Mauern Wiens. Dann die Kapelle zum heü. 
Stefan in Krems, des heil.Eoloman in Laab (bei Kalksborg) und die 
heil. Kreuzkapelle in Tuln. Er vergabte dem neuen Kloster ferner die 
Gerichtsbarkeit über seine leibeigenen Knechte und Mägde in allem 
Streit um beweglich und unbeweglich Gut, in allen Verbrechen mit 
Ausnahme des Blutbannes, und das Asylrecht, Ton dem wir bereits oben 
Erwähnung gethan haben. 



— 376 — 

"bald bei den Wiener Bürgern wohlgelitten und standen 
dnrcli die guten Dienste, die sie ihnen zu leisten ver- 
mochten, in freundschaftlichem Verkehr mit denselben. 
Sie erfreuten sich aber auch der besonderen Gunst und 
des förderlichen Schutzes aller Nachfolger Heinrichs in 
der österreichischen Regentenwürde. Von allen erhielten 
sie die Bestätigung ihrer Privilegien, von vielen eine Ver- 
grösserung derselben. Dazu kam noch, dass die Päbste 
in Anerkennung des wohlthätigen Wirkens der Mönche 
für die Festigung der Kirche ihnen zahlreiche Anerken- 
nungen und wichtige Privilegien zukommen liessen. Wir 
werden die wichtigsten an gehöriger Stelle anführen. 

Wir werden leicht begreifen, dass die Abtei in Folge 
der Lage, des Zweckes der Gründung und der rühmlichen 
Eigenschaften ihrer Mitglieder in einen innigen Contact 
mit Wien treten musste. Jeder Schlag, der dieses traf, 
musste die Schotten ebenso schwer berühren und jedes 
fröhliche Ereignis Wiens in den Mönchen vor dem Thore 
freudigen Widerhall finden. Diese innige Verknüpfung 
der Interessen beider Communitäten steigerte sich noch 
mehr, als das Schottenstift in die Ummauerung Wiens 
mit einbezogen wurde. Abgesehen von dem reichbewegten 
inneren Leben, das St. Benedikts herrlicher Regel ent- 
sprosste, waren die äusseren Schicksale des Klosters durch 
die der Stadt Wien gegeben. Das Schottenstiffc war, ich 
möchte sagen, ein kleines Wien in dem herrlichen Wien 
selber. Darum hingen aber auch die Bürger Wiens mit 
heller Freude an den leuchtenden Vorbüdem, und kein 
Stift vermag so viele Schenkungen gerade von Seite des 
Bürgerstandes aiifzuweisen als dieses. Und die Schotten 
hinwiederum zeigten sich dieses Vertrauens vollkommen 
würdig und wir werden im Verlaufe unserer Skizze noch 
manchmal Gelegenheit haben, diesen herrlichen Wettstreit 
des Gebens imd Wiedergebens zu betonen. Vieles liesse 
sich über diese Beziehungen zwischen der Abtei einer- 
und der Kirche, dem Reiche und den Bürgern Wiens 
andererseits noch anführen; doch jetzt drängt es uns, die 
Vergangenheit des Schottenstiffcs in knapper Darstellung 
an imserem Auge vorüberziehen zu lassen. 

Der 1. Aht Sanetin nahm an der Spitze seiner Brü- 
der von dem Kloster Besitz am 1, Mai 1158 und wurde 



~ 377 — 

-wegen seines heiligmässigen Wandels vom Stifter selbst 
mit dem ehrenden Namen „Venerabüis" begrüsst. Ihm 
folgte 

2. Finan (1169—1195), der von drei Päbsten Bestä- 
tigungsbullen erhielt, deren letzte, von Pabst Cölestin III. 
1191 ausgestellt, den Mönchen das Vorrecht gewährt, 
selbst bei feierlichen Interdikten in der Klosterkirche den 
Gottesdienst, jedoch imter gewissen Beschränkungen, ab- 
halten zu dürfen. Interessant ist der Streit mit Melk 
wegen eines Stückes des heil. Kreuzes, das (s. S. 265, 267 
u. 286) von dort der kostbaren Fassung wegen entwendet 
worden und nach mancherlei Irrfahrten in den Besitz 
der Schotten gekommen war. Auf die Forderung des 
Melker Abtes hin, es zurückzugeben, wurde die Entschei- 
dung der Sage nach einem Gottesurtheile überlassen.^ Das 
Kreuz näherte sich, zwischen die beiden Aebte gestellt, 
von selbst dem Melker Abte und als dasselbe auf eia 
Schifflein ohne Ruder und Bemannung in die freie Donau 
gegeben wurde, schwamm der Kahn stromaufwärts bis 
Nussdorf. So kam der Kreuzpairtikel durch ein Wunder 
•wieder in die Melker Abtei zurück. 

Unter ihm starb auch der edelmüthige Stifter Herzog 
Heinrich, als er auf seinem Zuge gegen die Mährer beim 
Einstürze einer Brücke sich einen Beinbruch zugezogen 
hatte, am 13. Januar 1177. Er wurde seinem ausdrück- 
lichen Wunsche gemäss mit seiner Gemahlin Theodora, 
der Kaiserstochter aus dem Morgenlande (f 1182), und 
seiner Tochter Agnes, Gemahlin des Königs Stefan IIT. 
von Ungarn, vor dem Gregoraltare in der von Sanctin an 
der Stelle des heutigen Prioratshauses erbauten Kirche 
beigesetzt. Die Schotten errichteten ihm in der Kirche 
ein Monument.*) Doch sollte für lange Zeit die Grab- 

*) Dies bezeuget Jans der Enenchel, Domherr zu St. Stefan 
(t 1250), in seiner Keimchronik „Pürstenbuch von Oesterreioh und 
Steyrland". Er sagt von dem Grabe: 

„Saz man es dickh gesehen hat, 

Als man noch hewt sieht zu Wien stan, 

Ain sit ich von ihm vernomen han. 

Und noch he-wt zu den scoten ist begraben 

Sein Schein in ein Stein erhaben, 

Der Mitte in dem Munster stat." 



— 378 — 

statte des Stifters der Schotten und des WiederhersteUers 
von Wien unbekannt sein. Der Sage nach hatte ein Erd- 
beben diese Stätte ungangbar gemacht und verschüttet. 
In Wirklichkeit aber war die Ejrche mehrmals umgebaut 
und so die Lage der Gruft zweifelhaft geworden. Als man 
jedoch im Jahre 1771 das Prioratshaus baute, stiess man 
beim Aufgraben des Grundes auf ein Gewölbe der alten 
Kirche und fand dort zwei weibliche und ein männliches 
Gerippe, dem das Schenkelbein gebrochen war, und so 
konnte man annehmen, die Ueberreste der theueren Stif- 
terfamilie vorgefunden zu haben. Sie wurden nun in 
einem hölzernen Sarge aufbewahrt, bis Abt Sigismund 
einen Sarg aus Zink anfertigen, die Gebeine darin ber- 
gen und in der Stiftergruft unter dem Hochaltare so auf- 
stellen Hess, dass jeder Priester, werm er bei dem Hoch- 
altare eine heilige Handlung verrichtet, gerade über dem 
Sarge wandelt, Nachdem Abt Pin an noch wichtige Er- 
werbungen gemacht hatte, starb er am 8. Januar 1195. 
Ihm folgen nach einander mehrere Aebte von sehr kurzer 
Regierungszeit. 

3. Gregor (1195—1202), 

4. Ulrich (1202—1204), 

5. Markus I. (1204—1208). In seinen Tagen betrieb 
Leopold der Glorreiche zu Rom das Vorhaben, ein Bis- 
thum in Wien zu errichten und den Bischofssitz in das 
Schottenkloster als den tauglichsten imd würdigsten Ort 
zu verlegen. Dadurch kamen die Schotten in eine pein- 
liche Verlegenheit, aus der sie erst unter dem Abte 

6. Mathaeus (1208—1220) befreit werden sollten. 
Denn obschon Leopold gewillt war, den Bischof aus 
eigenen Mitteln zu dotiren und die Schotten in ihrem bis- 
herigen Besitzstande zu belassen, so sollten sie doch die 
durch so viele ehrende Erinnerungen liebgewonnene Stätte 
räumen, und das that ihnen wehe. Zum Glücke jedoch 
zerschlugen sich die Verhandlungen und der Plan Leo- 
polds scheiterte an dem Widerstände des Passauer Bischofs. 
Freudig bewegt wurden sie durch einen ehrenden Schirm- 



Und 32 Jahre nach seinem Tode stiftete der Pfarrer Hugo von Lietzen 
ein ewiges Licht am Grabe seines geliebten Herrn, das heute noch am 
Fraueualtare ununterbrochen unterhalten wird. 



— 379 — 

brief, den einer der grössten Männer, die je Petri Stuhl 
einnahmen, Innocenz DI. , im Jahre 1208 ihnen ausstellte, 
■wie er denn bald darauf in einem Streite des Klosters mit 
Ulrich von Marbach den darin verheissenen Schutz -wirk- 
lich bethätigte. Dazu kam noch die Erwerbung eines 
Gutes in Breitenlee durch die Grossmuth des Herzogs. 
Desselben Schutzes von Rom aus erfreute sich auch sein 
Nachfolger 

7. Markus II. (1220—1230) in mehreren wichtigen 
Fragen. Nach seinem Tode blieb die Abtei längere Zeit 
unbesetzt, da der Eegensburger Abt bei der Neuwahl 
durchaus eingreifen wollte, die Schotten aber keinen 
Finger breit von ihren verbrieften Rechten, welche so oft 
schon die Bestätigung der obersten Gewalt erhalten hat- 
ten, abliessen. So begegnet uns erst im Jahre 1233 
der Abt 

8. Dirmicius ( — 1235), von dem wir jedoch sehr 
wenig Urkundliches wissen, da er nur 2 Jahre dem Stifte 
vorstand. 

Am Lichtmesstage des Jahres 1232 hatte in der 
Schottenkirche eine gar erhebende Feier statt, die so 
recht die zwei Haupfiichtungen des ritterlichen Geistes 
zum Ausdruck brachte, nämlich: Gottesdienst und Herren- 
dienst. Der blutjunge Herzog Friedrich der Streitbare 
hatte das wilde Raubritterpaar, die Brüder Chuenringer, 
von denen der eine die Donau, der andere das Waldviertel 
höchst unsicher machte, besiegt. Noch war er aber nicht 
feierlich wehrhaft gemacht. So las denn der Bischof Gebhard 
von. Passau am Grabe des Jasomirgott, des Urgrossvaters 
Friedrichs, die Messe und umgürtete denselben mit dem 
Ritterschwerte. Um die Feier des Tages zu erhöhen, ver- 
lieh der Herzog an zweihundert Jünglinge des ersten 
Adels von Oesterreich und Steier die Ritterwürde. Nach 
dem kirchlichen Feste ritten sie AUe, der jimge Fürst an 
der Spitze, auf gleichfarbigen Rossen, gleichförmig in die 
neuen Farben Oesterreichs gekleidet, hLiaus an die Hoch- 
strasse gegen St. Polten und hielten dort, wo „der Schotten 
Erden" nnd der Chorherren von Klosterneuburg Grund 
zuaammenstiessen, ein glänzendes Turnier. Diese Feier- 
lichkeit, deren wichtigster Theil bei den Schotten vor sich 
giag, entschwand dem Herzog Friedrich nicht aus dem 



— 380 — 

Gedächtnisse, ja sie erhöMe bei ihm noch die in seiner 
Familie hergebrachte Vorliebe für das Schottenkloster. 
Deshalb gab er den Schotten, nachdem er gegen Kaiser 
Friedrieh II., der dem Stifte ebenfalls die Privilegien be- 
stätigte, und gegen die halbe Welt wieder Herr gewor- 
den war^ neuerliche Befreiung ihres Besitzes von jeglicher 
Abgabe. Bald nach seinem Tode starb auch der damah'ge 
Abt Felix, und es war wie Oesterreich, so auch das 
Schottenstift eine Zeit lang verwaist, was der Eegens- 
burger Abt wieder zu Umtrieben benutzte. Ja, er er- 
wirkte sogar vom Pabste Innocenz IV. die Bestätigung 
des von ihm gewählten Beilyanus von Ebersberg zum 
Schottenabt in Wien. Ob jener diese Würde wirklieh an- 
getreten oder mit dem nachfolgenden Abte 

10. Philipp (1248 — 1269) identisch sei, steht nicht 
fest. Philipp genoss im Lande grosses Ansehen und das 
konnte für die Förderung der St&sinteressen nur zuträg- 
lich sein. Er war einer von jenen Legaten, die der Land- 
tag von Triebensee nach Meissen um einen Prinzen als 
österreichischen Regenten schickte. Viel mag er auch für 
Ottokars Erhebung zu dieser Würde geleistet haben, der 
dem Stifte bereitwilligst seine Privilegien bestätigte. Auch 
Rom stand nicht nach, und wenn auch die Ueberüeferung, 
dass Abt Philipp mit Erlaubnis des päbstlichen Legaten 
Cardinais Peter Aputius den Schmuck der Inful vom 
Bischof Ulrich von Seckau erhalten habe, nicht urkund- 
lich bestätigt werden kann, so ist die Thatsache , dass 
Philipp im Besitze der Pontificalien gewesen sei, hiialäng- 
lich erwiesen durch ein noch sehr wohl erhaltenes Insiegel 
dieses Abtes an einer Urkunde von 1261, welches eine 
stehende Figur mit Inful und Stab zeigt, ein Beweis, der 
seine Vollkraft durch die Bedeutsamkeit der Symbole in 
jener Zeit erhält. Philipp musste auch die pfarrlichen 
Rechte der Schotten gegen den Pfarrer von St. Stefan 
und Domherrn zu Passau, Magister Gerard, in einem hart- 
näckigen Kampfe vertheidigen, aus dem er schliesslich 
durch den Ausspruch der päbstlichen Commissäre, Probst 
Arnold v, Brunn und Dietrich, Dechant zu Medliiig, als 
Sieger hervorging. Er wohnte auch dem 1267 im 
Stefansdome abgehaltenen Provinzialconcil bei und hatte 
die Freude zu sehen, dass auch hier den Schotten 



— 381 — 

ihre pfarrherrlichen Rechte als imangreiflich bestätigt 
wurden. 

Wir^ begegnen nun in rascber Folge den Aebten 

11. Johann I. (1269—1273), 

12. Thomas I. (1273—1274), 

13. Johann II. (1274), der bald nach seiner Wahl 
abdankte, -worauf ihm 

U. Wilhelm I. (1274—1280) folgte. Unter Wilhelm I. 
(f 1280) vollzog sich das wichtige Ereignis der Einbe- 
ziehung des Klosters in die innere Stadt, dessen tief ein- 
greifende Folgen •wir schon in den einleitenden Worten 
berührt haben. Das Stift theilte nun Freud und Leid mit 
Wiens Bewohnern. So brannte es im Jahre 1276 ganz 
ab und erlitt dadurch einen Schaden, der nur durch die 
königliche Huld Rudolfs von Habsburg wieder gut ge- 
macht wurde. Derselben erfreute sich im hohen Grade 
Wilhelms Nachfolger 

15. Thomas II. (1280—1286), dem Rudolf die Pfarre 
Gaunersdorf, die später in der Reformationszeit eine wich- 
tigeRoUe spielte, sammt allen dazu gehörigenRechten (1280) 
verlieh, zum Ersätze für zwei ihm abgetretene Urstiftun- 
gen Jasomirgotts, für den Zehent der herzoglichen Küche 
und die HeiHgenkreuzkapelle zu Tuln, bei welcher Rudolf 
ein Nonnenkloster für Dominikanerinnen stiftete, zufolge 
eines Gelübdes, das er in der Entscheidungsschlacht auf 
dem Marchfelde wider Ottokar gethan hatte. Unter ihm 
begann auch mit Albrecht I. das segensreiche Wirken der 
Habsburger für Oesterreich, und wie diese in Allem das 
Erbe der Babenberger übernahmen, so brachten sie auch 
den bestehenden religiösen Stiftungen und namentlich dem 
Schottenkloster die liebevollste Theilnahme entgegen, die 
sich durch zahlreiche Schenkimgen imd Bestätigung der 
Freiheiten und Rechte bis in die neueste Zeit so glänzend 
bewährt hat. Die Regierung des folgenden Abtes 

16. Wilhelm II. (1286—1309) war für das Kloster in 
jeder Beziehung vortheilhaft. Er erlangte (1287) von dem 
apostolischen Legaten Johann Bischof von Tuskulum im 
Namen des Pabstes Honorius IV. sowol für sich als auch 
für jeden seiner Nachfolger für ewige Zeiten den Schmuck 
der Pontificalien. Er hatte auch zu wiederholten Malen 
Gelegenheit, seinen thätigen Eifer für das Wohl seiner 



— 382 — , 

Mitbürger zu zeigen. Als sich nämlicli im Jalire 1288 
„ die reichen und stolzen Biü'ger Wiens " gegen Alhrecht 
empörten, sich aber von dem niederen Volke verlassen 
sahen, wandten sie sich an den Schottenabt mit der 
dringenden Bitte, für sie beim Herzoge Fürsprache einzu- 
legen. Dieser begab sich nun zu Pferde , begleitet von 
den Abgeordneten der Rebellen, auf den Kahlenberg und 
bevarkte die Begnadigung der Aufständischen. Auch 
später benutzte Abt "Wiliielm oft noch sein Ansehen beim 
Landesfürsten zum Besten der Stadt Wien. Die berühmte 
Handfeste der Stadt Wien, das älteste Stadtrecht, das die 
Gemeinde noch im Original besitzt, verdankt ihre Ent- 
stehung nicht zum geringsten Theil diesem Abte. Darum 
hingen aber auch Wiens Bürger mit grosser Liebe an den 
Schottenmönchen und bethätigten dieselbe durch so zahl- 
reiche Schenkungen, dass man nicht leicht in einem 
anderen gleich langen Zeitabschnitte deren so viele nach- 
weisen kaim, und das zeitliche Besitzthum des Klosters 
Dank derselben sich reichlich mehrte. Nicht minder stark 
flössen auch die geistlichen Grnadenschätze von Seite der 
Bischöfe und Päbste, so z. B. eine Indulgenzverleihung 
für alle, welche ein andächtig Gebet für die Seelenruhe 
des Stifters Jasomirgott imd aller zu den Schotten Begra- 
benen zum Himmel emporsenden. Aber auch unter Wil- 
helms Nachfolger 

17. Nikolaus I. (1309 — 1318) versiegten diese für das 
Kloster so wohlthätigen Quellen nicht. Um Schenkungen 
von Privaten zu übergehen, müssen wir der sogenannten 
Salzstiftung gedenken. Die Königin -Wittwe Elisabeth, 
deren Gemahl Albrecht I. bekanntlich am 1. Mai 1308 
als Opfer der von seinem Neffen Johann angezettelten 
Verschwörung auf der Strasse von Brugg an der Reuss in 
der Schweiz meuchlings ermordet worden war, verordnete 
(1313), dass dem Schottenkloster alljährlich am St. Georgi- 
tag 30 Fuder dürres Salz von Hallstatt umsonst und 
mauthfrei geliefert werde, wofür das Stift sich zur Ab- 
haltxmg eines Jahrtages mit Vigilien und Segenmessen 
für die Seelenruhe der fürstlichen Stifterin und insbeson- 
dere ihres ermordeten Gemahls verpflichtete; oder auch, wie 
es in der Stiftungsurkunde heisst: „zv einer widerlegunge 
der veiertag, di an vnserm Sieden ze Halstat, daz wir mit 



38 



o 



vnsenn gut von wildem gepirig enbawen haben, vber- 
gangen vnd zebrochen werdent mit arbait, der man doch 
ze not niht entberen mach". Abt Nikolaus machte mit 
seinem Convente auch jenes berühmte Hungerjahr von 1315 
mit, dessen Schrecken noch durch eine damals auftauchende 
und über 80,000 Anhänger zählende fanatische Sekte ge- 
steigert wurde. Einen friedlicheren Verlauf nahm die 
Regierung 

18. Johann III. (1318 — 1319), sowie des darauffolgen- 
den Abtes 

19. Moriz (1320 — 1337), welche durch Pabst Jo- 
hann XXn. unterstützt, einerseits des eigenen Stiftes 
Interessen, andererseits die fremder Klöster wie Melk, 
Gaming kräftigst vertraten. Moriz nahm sich überdies 
auch des Probstes Stefan von Klostemeuburg in warmer 
Freundschaft an, und wahrte dessen Würde in einer feier- 
lichen Gerichtssitzung im Schottenkloster (1324) gegen die 
feindselige Partei der Chorherren. Beide Aebte erscheinen 
auch in zahlreichen Urkunden als Grundherren in Wien, 
wie denn überhaupt die Schotten als Grundherren in Wien 
älter siad als selbst der Magistrat. So kommen z. B. 
schon 1340 fünfzig Häuser am hohen Markte, in der Reim- 
gasse, am Graben als dem Prior von den Schotten die- 
nend vor. Die Grundrechtserwerbungen und anderweitige 
Acqtiisitionen dauern auch unter dem folgenden Abte 

20. Heinrich I. (1337 — 1343), sowie unter seinen nur 
kurze Zeit regierenden Nachfolgern 

21. Nikolaus II. (1343—1346), 

22. Philipp IL (1346—1347), 

23. David (1347—1348) und 

24. Wilhelm III. (1348—1349) in_ erheblicher Weise 
an. So gelang es z. B. Abt Heinrich, die mit Gütern reich 
ausgestattete St. Pankrazkapelle (gelegen an der Stelle 
der jetzigen päbstlichen Nuntiatur) für das Stift zu ge- 
winnen, wozu er bald die Genehmigung Albrechts, des 
Passauer Bischofs, durch Vermittlvmg Herzog Albrecht II. 
erlangte. Abt Nikolaus ging (1344) eine Verbrüderung 
mit dem Salzburger Convente ein. Unter Wilhelm trat 
jene furchtbare Pest, genannt „der schwarze Tod", auf, 
det viele Tausende von Menschen zum Opfer fielen. Da 
war es nun an den Schottenmönchen zu zeigen, dass sie, 



— 384 — 

durchdrungeii von den Pflicliten ihres Berufes, vor keiner 
Gefahr zurückschreckten, wenn es galt, den Kranken zu 
Hülfe zu kommen und denen zu helfen, die ihnen so viele 
Beweise ihrer Anhänglichkeit gegeben hatten. Hier spen- 
deten sie die letzten Tröstungen der Barche, dort nahmen 
sie sich verlassener Kinder an, überall walteten sie mit 
rastlosem Eifer ihres schweren Amtes , dem viele aus 
ihnen zum Opfer fielen. Das ist eine von jenen herrKchen 
Scenen des Wiedergebens von Seite der Schottemnönche, 
deren wir schon Eingangs gedacht haben. Bermann hat 
in seiner illustrirten Geschichte von Wien eine solche 
Scene auf S. 120 im Bilde wiedergegeben. Je schwerer 
diese Noth, welche von so vielen anderen Plagen begleitet 
war, auf dem Kloster lastete, desto mehr müssen wir 
unsere Anerkennung zollen dem trefflichen Regimente des 
Abtes 

25. Clemens (1349—1372), der allen Eifer daran setzte, 
die Wunden zu heilen, welche die Pest und die widrigen 
Zeitverhältnisse dem Kloster geschlagen hatten. Da er 
überzeugt war, dass hierzu viel des obersten Hirten und 
des Landesfürsten Gunst beitragen könnte, so bewarb er 
sich beim Pabste Lmocenz VI. 1359 und bei dem prunk- 
liebenden ersten Erzherzog von Oesterreich Rudolf IV., 
dem Stifter, um Bestätigung aller Privilegien des Stiftes, 
welcher Bitte namentlich Rudolf in einer für die Schotten 
sehr ehrenvollen Weise vrillfahrte. Clemens stand bei 
demselben in grossem Ansehen, wie dies seine Beiziehimg 
als Berather und Zeuge zu allen wichtigen Regierungs- 
akten wie z. B. zur Stiftung der Wiener Hochschule tuid 
des Collegiatcapitels bei St. Stefan (1365) beweist. Seine 
Nachfolger 

26. Bonat (1372—1380) und 

57- DowaZ^ (1380— 1392)traten ganz inaeiue Pussstapfen. 
Unter ersterem wurde der Streit, der schon lange zwischen 
der Schottenabtei und der Stadt Wien wegen der Gerichts- 
barkeit in Schwebe war, von Albreeht III. dahin entschie- 
den, dass der Blutbann auch über die Stiftsholden dem 
Stadtrichter zustehe, dass jedoch das Stift in seiner Civil- 
gerichtsbarkeit und in dem Asylrechte nicht beirrt wer- 
den dürfe. Donat sowie Abt Donald genossen grosses An- 
sehen beim päbstlichen Stuhle, wie dies am besten der 



— 385 — 

Umstand beweist , dass die Päbate in allen heiklen Ange- 
legenheiten des Klerus in Oest-erreich und selbst in Ungarn 
sich des Rathes und der kraftvollen Unterstützung der 
Schottenäbte bedienten. Abt Donald war überdies ein 
Mann, ebenso sehr durch grosse Frömmigkeit als auch 
durch Weisheit und Gelehrsamkeit ausgezeichnet. So kam 
es, dass die Universität ihn (1384) mit der Würde eines 
Rektors bekleidete (Donald ist der siebente in der Reihe 
der Rektoren). Er rechtfertigte die Erwartungen, die man 
in ihn gesetzt hatte, auf das Glänzendste. Er erwirkte 
vom Bischöfe zu Passau die Incorporirung der Pfarre Laa 
tmd die Errichtung der theologischen Fakultät. Auch 
nach der Periode seiner WirksaJoikeit als Rektor wachte 
er mit eifriger Fürsorge für die Interessen der jungen 
Universität; er brachte sein Kloster in eine innige Ver- 
bindung mit derselben und um den religiösen Geist zu 
höherer Entfaltung zu bringen, bewirkte er, dass die An- 
gehörigen der Universität zweimal im Jahre, am Gregori- 
und Benediktstage, in die Schottenkirche wallten, um da- 
selbst der Festrede und dem feierlichen Gottesdienste an- 
zuwohnen. Dass Abt Donald bei seinem bekannten regen 
Eifer, den er für die Wiener Universität bethätigte, auch 
zur Vertheidigung der Rechte der Prager Hochschule auf- 
gefordert wurde und dieser Aufforderung in wirksamer 
Weise entsprach, brauchen wir da erst nicht zu erwähnen, 
ebenso wenig den Umstand, dass er auch für die Interessen 
seiner Brüder und seines Stiftes nachhaltig thätig war. 
Sein Nachfolger 

28. Heinrichll. (1392—1399), ebenfalls ein thatkräftiger 
Mann, richtete sein Hauptaugenmerk auf die Centralisation 
und Abrundung der weit zerstreuten Stiftsgüter. Weil der 
Besitzstand des Stiftes seit Verfassung des letzten Grund- 
buches von 1314 bedeutend angewachsen war, so liess 
Heinrich ein neues Stiftsgrundbuch anlegen, das vom Jahre 
1397 datirt. Es ist auf Pergament geschrieben und wird 
noch immer im Stiftsarchive aufbewahrt und führt die 
Ueberschriffc : Registrum reddituum civitatis monasterii 
glor. virginis Mariae Schotorum Wiennae d. i. Verzeichnis 
der Einkünfte resp. Besitzungen des Schottenklosters in Wien. 
Begreiflicherweise bildet dasselbe ein vortreffliches Hülfs- 
mittel für mittelalterliche Geographie und Topographie. > 

Ein Benediktinerbuch. 25 



— 386 — 

Wir haben bisher schon mehrere Male Aebten. des Schot- 
tenstiftes begegnet, die nur allzurasch einander folgten! Auch 
nach Heinrichs II. Tode übernahmen in rascher Folge drei 
Aebte die Regierung, doch nur tun sie alsbald mit einem 
bessern Jenseits zu vertauschen. Urkunden erwähnen 
einen Abt 

29. Patrik oder Patricius (1399—1400), dann 

30. Albert (1400—1401) und 

31. Johann IV. (1401—1403). Und nun begegnen 
wir dem letzten national-schottländischen Abte 

32. Thomas III. (1403—1418). Wenn wir die statt- 
liche Reihe der bisherigen ausschliesslich schottländischen 
Aebte kurz überblicken, so müssen wir gestehen, dass sie 
alle insgesammt als vortreffliche, thatkräftige Vorsteher 
ihres Klosters erscheinen, die nicht nur den materiellen 
Wohlstand nach Kräften zu fördern bemüht waren, son- 
dern auch dem innern Leben volle Aufmerksamkeit wid- 
meten und auch nach aussen hin in die geistlichen und 
weltlichen Verhältnisse machtvoll eingriffen. Auch der 
letzte schottische Abt Thomas arbeitete ganz im Geiste 
seiner Vorgänger. Sein Wirken als Landstand, als Super- 
intendent der Wiener Hochschule, seine Thätigkeit für 
das in Folge eines verheerenden Brandes von 1410 dar- 
niederliegende Kloster kennzeichnen dies zur Genüge. Die 
nun folgende Katastrophe kann also ebenso wenig ihm als 
irgend einem andern seiner Vorfahren zur Last gelegt 
werden: ich meine damit die Umwandlung des Klosters aus 
einer Communität mit specifisch national-schottländischem 
Charakter in ein deutsches Benediktinerstift oder die Ver- 
zichtleistung der schottisch-irischen Nation auf dasselbe. 
Dieselbe war vielmehr durch die Zeitverhältnisse bedingt. 
Der Grund dazu entstand in der Zeit und verwirklichte 
auch in derselben die Folge. Seit den grossen Landplagen 
unter Wilhelm IH. und Clemens war die Wirthschaft des 
Klosters immer mehr verfallen und als vollends 1410 der 
schreckliche Brand dasselbe verwüstete, war an eine Ver- 
besserung derselben schwerlich mehr zu denken. Dass 
dabei auch die Disciplin im Kloster viel von ihrer ur- 
sprünglichen Vortreff llchkeit einbüsste, ist demnach be- 
greiflich, wiewohl dazu auch die' allgemeine Entsittlichung 
im Klerus, für dessen durchgreifende Reform schon da- 



— 387 — 

mals gewiclitige Stimmen, namentlich auf dem berühmten 
Constänzer Concil sich erhoben, beigetragen hat. Dazu 
war die Zahl der Mitglieder sehr zusammengeschmolzen 
und ihre Ergänzung aus dem Heimatlande mit ungemein 
viel Schwierigkeiten verbunden. Es musste also an eine 
durchgreifende Reform gegangen werden, die auch Herzog 
Albrecht V. angelegentlich beschäftigte, und diese Reform 
war anders nicht möglich, als dass auch andere Nationen, 
vornehmlich die deutsche, Aufnahme in den Zlosterverband 
fanden. Doch dem stand die ausdrückliche Verfügung 
Heinrichs des Stifters entgegen, gemäss welcher nur Schott- 
länder in das Gotteshaus einfeeten konnten. Nachdem 
diese Angelegenheit reiflich erwogen worden war, wandte 
sich Albrecht an den Pabst Martin V. um eine endgiltige 
Entscheidung in dieser Sache und motivirte sein Ansuchen 
damit, dass eben das Schottenkloster durch Gründung 
und Lage berufen sei, einen weitgreifenden Einfluss auf 
die Verhältnisse der Hauptstadt und des Landes zu üben, 
dass derselbe aber, dauere die jetzige Lage an, nur ver- 
derblicher Natur sein könne, was doch der Stifter nie und 
nimmermehr gewollt haben konnte. Martia V. ordnete 
deshalb auch im Einklänge mit den Bestimmungen des 
Constanzer Concils in einer eigenen Bulle vom 17. Januar 
1418 an, „dass künftighin Jedem, falls er tauglich sei xmd 
ihm kein kanonisches Hindernis im Wege stehe, möge er 
von was immer für einer nationalen Abstammung sein, 
die Aufiiahme in das Schottenkloster in Wien gestattet 
werden könne". Als diese Entscheidung den Schotten von 
den päbstlichen Visitatoren verlesen worden war, erklärten 
dieselben, freiwillig auf das Kloster Verzicht leisten zu 
wollen gegen dem, dass der Abt Thomas 80 Dukaten jähr- 
liche Pension und die Conventualen Geld und Lebens- 
mittel zur Rückreise nach ihrer Heimat erhalten sollten, 
da sie nie und nimmer mit fremden Nationen zusammen- 
leben möchten und könnten. Dies geschah am 9. August 
1418. Sie wanderten also aus und nahmen ohne Zweifel 
wichtige Urkunden und Bücher und gewiss auch den 
Original-Stifbungsbrief mit. Mehrmals erhoben sie noch 
nachträglich Ansprüche auf das Kloster bis in die Zeit 
Ferdinand H.; sie fanden ei&ige Unterstützung darin von 
Seite der Königin Maria Stuart von Schottland; doch alles 

25* 



— 388 — 

war vergeblicli! Sie hatten freiwillig auf ilir Recht ver- 
zichtet.*) 

Nun beginnt die zweite Periode in der Entwicke- 
lung des Schottenklosters, gleichsam eine neue Begrün- 
dung desselben; denn nuu zog deutsches Element und 
deutsches Wesen ein in die heiligen Hallen, „unstreitig 
IDassender und wirksamer für die deutsche Hauptstadt" 
des herrlichen esterreich. Um die Reorganisation und 
die Wiedererhebung des Stiftes erwarb sich der von dem 
päbstlichen Bevollmächtigten noch im August 1418 ein- 
gesetzte Abt 

33. Nikolaus V. Bespitg (1418 — 1428) so grosse und 
bleibende Verdienste, dass ihm mit Recht der Beinamen 
eines „zweiten Stifters" zu Theil wurde. Die Zahl der 
Mitglieder vermehrte sich rasch dadurch, dass viele Con- 
ventualen aus fremden Häusern in das Stift eintraten. 
Viele bewog dazu die Persönlichkeit des Abtes, der aus 
Subiaco kommend, eine Zierde seines Ordens und der 

*) Ich kann mir nicht versagen, hier, am Schlüsse der ersten 
Periode, die Schilderung des Treihens der letzten Schotten anzufügen, 
"wie Sascb, der Schottenorganist, dieselbe in seiner 1586 erschienenen 
Sohottenchronik giebt: „Die Minich seyen ainnutzig oder aigennutzig, 
dem Kloster unnutz und nit gemeinnützig ■worden. Sie fiengen an von 
klosterlicher geistlicher Zucht und Ehrbarkeit sich zu begeben auf 
allerley unzimliche Werk undTebungen, trieben Handtirung undKlra- 
merey, bevor aber mit raucher "Waar, Wild-G-füll oder Pelz"werkh und 
Judenstuck, hielten öffentliche Däntz und liustspiel mit fallen achla- 
gen, Stangen schupfen, Verschwendten der Kirchen Gütter, versetzten 
die Kelch, Ornat, ja die Glocken im Thurm, Hessen die Gebäu ein- 
gehen, hausten gar tibi wollten darzue kein "Visitation leiden noch an- 
nehmen. Es mochte auch hernach solches der Schotten Minich böses ver- 
kehrtes Leben auf keinerley Weise mehr reformirt, vielweniger zu ihrer 
alten heiligen Einfalt gebracht werden, es wäre auch sehr beschwerlich 
und von grossen Unkosten so fern übers mör Schottenmünieh herzu- 
bringen , darzu gemeinlich die heillosisten Noth- und Zwang-Münich, 
die man daheim nicht gern hätte, heraus in Deutschland g-eschickt 
wurden, als noch feindlich tun die Eeligiosi anderer Völker, die hie 
zu Land Klöster einnehmen und Pass haben. Zulezt als die Schotten 
gänzlich ausgeschlossen aus dem Land und Bisthum abgeschafft wur- 
den, gieng es mit ihnen, wie man ^ Gott behuet uns — Tewffel aus- 
treibt. Sie spreizten sich lang, taten der Obrigkeit vill mie und Plag 
auf, waren diohelich, ainer begehrte dahin, der ander dorthin in ein 
ander Kloster zu fahren und was des Bings mehr." (Hormayr, Geschichte 
Von Wien II. Jahrg. 2. Band.) 



— 389 — 

Wiener Hoclisclmle war. Unter ihm sehen wir schon 
einen Stiftspriester P. Wolfgang von Passau als Pfarr- 
vikar in Gaunersdorf, während in den meisten Klbster- 
pfarren noch Weltpriester fungirten. Er war auch einer 
von den Kreuzpredigem gegen die damals auftretenden 
Hussiten. Während den Abt Nikolaus die päbstlichen 
Visitatoren dem Kloster vorgesetzt hatten, gelangte sein 
Nachfolger 

34. Johann IV. von Ochsenhausen (1428—1446) durch 
Compromiss zu seiner Würde,- er wurde aus dem Stifte 
Melk postulirt. Abt Johann gehört mit zu den bedeu- 
tendsten Männern, die in der langen Reihe der Schotten- 
äbte sich finden. Hervorleuchtend durch wissenschaftliche 
Bildung und Frömmigkeit, hat er während seiner acht- 
zehnjährigen Regierung sowol dem Staate als auch der 
Erche und seinem Hause die wichtigsten Dienste ge- 
leistet. Keiu österreichischer Prälat stand den damaligen 
Weltereignissen so nahe wie er. Auf der allgemeinen 
Synode zu Basel, zu der er sich als Abgeordneter sämmt- 
licher Benediktinerstifte der Passauer Diöcese im Jabre 
1432 eingefunden hatte, fand er eine vielseitige Verwen- 
dung. Das Concil nennt ihn „notabile eins membrum et 
sibi incorporatum". Er bemühte sich namentlich für die 
Beilegung der husaitischen Wirren, die Oesterreich so un- 
sägliche Verluste brachten, imd ging von Basel im Auf- 
trage des versitzenden Cardinallegaten Julian in die Abteien 
St. Gallen, Petershausen, Mehrerau und Stein, um die 
Disciplin daselbst zu heben. Auch nach seiner Rückkehr 
vom Concil wirkte er im Interesse, des Pabstes und der 
Kirche. So verhängte er im Namen des Pabstes Eugen IV. 
den Kirchenbann über den Grafen Heinrich von Görz, re- 
formirte die Klöster zu Obemburg und Mühlstatt, verthei- 
digte die Stifte Baumgartenberg und Melk gegen wider- 
rechtliche Angriffe und versah schliesslich das Amt eines 
Visitators des gesammten Klerus in Oesterreich und Mähren. 
Natürlich verpflichtete er sich dadurch den Pabst sowol 
als Herzog Albrecht V. zu Danke, den ihm ersterer durcb 
Bestätigung und Vermehrung der Stiftsprivilegien auch 
faktisch bethätigte. Für letzteren war er namentlich in 
den Ständeversammlungen zu Frankfurt am Main und zu 
Mainz thätig, wo es galt, das Vorgehen Deutschlands in 



— 390 — 

dem Schisma, das durch die widerstrebende Haltung des 
Baseler Concils hervorgerufen -worden war, zu bestimmen. 
Die Wiener Universität dankt ihm die Incorporirung der 
Pfarre Russbach mit dem jährlichen Ertrage von 180 Mark 
Silber zur Aufbesserung der Professorengehalte. Obwohl 
nun Abt Johann zu den ersten Leitern jener vielbewegten 
Zeit zählte, so vernachlässigte er doch keineswegs die 
Yerwaltung des Stiftes. Mehrfach musste er, um die an- 
gegriffenen Interessen desselben zu wahren, die Hülfe des 
Pabstes, des Concils und des Herzogs anrufen, die ihm 
auch immer in ausgiebigstem Maasse zu Theil ward. 
Namentlich zeigte sich Herzog Albrecht für Johanns 
Dienste in dieser Richtung erkenntlich, indem er ihm 
nebst den bisherigen Privilegien überdies volle Grund- 
herrlichkeit und unbeschränkte Gerichtsbarkeit zusicherte, 
so dass er für die deutschen Benediktiner dasselbe ward, 
was einst Jasomirgott den Schotten gewesen. Kunst und 
Wissenschaft nahmen einen bedeutenden Aufschwung und 
für die treffliche Disciplin seiner Conventualen zeugt der 
Umstand, dass man mehrere seiner Religiösen als Lehrer 
und Muster der Ordenszucht in andere Häuser verlangte. 
Dem Abte von St. Jakob in Regensburg wurde unter An- 
drohung schwerer kirchlicher Strafen für ewige Zeiten 
untersagt, irgend welche Gewalt über das Wiener Kloster 
auszuüben oder ein Recht anzusprechen. Kiaum möchte 
man vermeinen, dass Johann während seiner achtzehn- 
jährigen Regierung dies alles zu leisten vermochte. Ihn 
nahm sich zum Vorbilde der nächstfolgende Abt 

35. Martin (1446 — 1461) aus Leibitz in der Zips 
(Ungarn), früher Magister an der artistischen Fakultät in 
Wien, dann durch längere Zeit in Subiaco, von wo er in 
das Schottenstift in Wien eintrat. Wie Johann V. so be- 
kleidete auch Martin die schwere Würde eines Reforma- 
tors der Benediktinerklöster in der Salzburger Diöcese 
und untersuchte auch, was wohl merkwürdig ist, im Auf- 
trage des Pabstes die disciplinären Verhältnisse des den 
Schotten in Wien so feindseligen Klosters von St. Jakob 
in Regensburg. Zahlreiche Ablassspenden für sein Gottes- 
haus von vielen Seiten belohnten seine Mühewaltung. 
Aber auch auf weltlichem Gebiete behauptete er gleich- 
falls das alte Ansehen der Schottenäbte. So wurde er 



— 391 — 

mit nocli zwei Prälaten Oeaterreiclis eines von den zwölf 
Mitgliedern des Landesausschuases , die für den jungen 
Ladislaus Posthumus die Regierung führen sollten. Treu 
hielt er in dem darauf folgenden Erbschaftszwiste der 
Habsburger Fürsten an Kaiser Friedrich IV., wobei er in 
uneigennütziger Weise nur die Interessen des Landes im, 
Auge hatte. Seine Verdienste lohnte Ladislaus Posthumus 
durch eine inhaltsschwere Handfeste vom Jahre 1453, 
worin er aUe Privilegien dem Stifte unbeschränkt bestä- 
tigte. Kaiser Friedrich und Albrecht VI., dessen Bruder, 
standen an Gunstbezeugungen nicht nach; viele Private 
und die Stadt "Wien handelten ebenso und so ist es nicht 
Wunder zu nehmen, dass die Finanzen des Stiftes trotz 
der jetzt schon erhobenen Beisteuer zur Abwehr der Tür- 
kennoth sich mehrten. Seine Verdienste für die Stifts- 
bibliothek und die Wissenschaft sind gross. Bei solch 
erspriesslicher Thätigkeit muss es befremden, dass Abt 
Martin im Jahre 1461 auf seine Würde resignirte. Die 
Gründe, welche ihn dazu bewogen haben, sind bislang 
unbekannt. ^ Er starb als Stiftssenior am 28. Juli 1464. 
An seine Stelle wählten die Conventualen seinen Secretär 

36. Sieronymus (1461 — 1466). Auch er sah sich ver- 
anlasst, in die Wirren des Erbschaftszwistes der Habs- 
burger Brüder vermittelnd einzuschreiten und war einer 
der eifrigsten Landstände, die die Heiligsprechung Leo- 
pold IV. beim heiligen Stuhle betrieben, (He sich jedoch 
so sehr in die Länge zog, dass sie erst 1485 erfolgte, 
nachdem Hieronymus' zweiter Nachfolger Mathias ebenfalls 
für dieselbe intervenirt hatte. Abt Hieronymus erhielt 
auch das Privilegium, die niederen Weihen zu spenden. 
Nur von kurzer Dauer war die Regierung des Abtes 

37. Johann VI. (1466—1467), der früher Profess von 
Lambach, dann Abt von Kleinmariazell, durch seine Ge- 
lehrsamkeit sich den Titel eines Magisters der freien 
Künste und die Würde eines Doctors der Theologie er- 
rang und als Abt des Stiftes postulirt wurde. Noch am 
Schlüsse des Jahres 1467 wurde der Stiftsprofess 

38. Mathias Fink (1467—1475) zum Abte gewählt, 
welcher ehedem Geheimschreiber Friedrich IV. und Ladis- 
laus P. war. In seine Zeit fällt die Gründung der be- 
rühmten Sebastianibruderschaft zur Abwehr der Pest bei 



— 392 — 

den Schotten, als deren erste Mitglieder Mathias und seine 
Conventualen eingetragen -wurden. Bald auch glänzten 
darin die Namen Kaiser Friedrich IV. und Königs Mathias 
von Ungarn. Wie in den obersten und höchsten Ständen, 
so erfreute sich dieselbe namentlich auch in den untersten 
Schichten der Bevölkerung einer grossen Theilnahme. 
Aus der speciellen Tendenz gegen die Pest wurde bald 
eine allgemeine: die Beförderung der Religiosität unter 
der Bevölkerung Wiens und Vertheidigung der katholischen 
Interessen, Tvelch' letztere namentlich zur Reformations- 
zeit von der Bruderschaft geübt wurde und viele herr- 
liche Früchte trug. Den Päbsten und Bischöfen entging 
die Wichtigkeit derselben nicht, wie denn später Bischof 
Khlesl sie ausdrücklich bestätigte (1616), ihr neue Statuten 
gab und von Pabst Paul V. und TJrban VIII. reichliche 
Ablassgeschenke erwirkte. Neben dieser Societät erhoben 
sich gar bald auch andere mit ähnlichen Bestrebungen, 
so dass gerade das Schottenstift der Mittelpunkt des reli- 
giösen Lebens in Wien wurde. — Obwol Abt Mathias viel 
beitrug zur Hebung des Stiftsvermögens, so that er an- 
dererseits demselben viel Abbruch durch seine grosse 
Prachtentfaltung und seinen Baueifer, so dass er sich ge- 
uöthigt sah, im Jahre 1475 abzudanken. Da die vier 
nachfolgenden Aebte 

39. Leorihard (1475—1479), 

40. Stefan KoTb (1479—1482), 

41. Christof {14:82— U85), 

42. Gallus (1485 — 1486) kaum zehn Jahre ausfüllen, 
so lässt sich über ihr Wirken und ihre Zeit wenig Be- 
merkenswerthes melden. Nur so viel steht fest, dass dieser 
rasche Wechsel der Vorsteher weder den disciplinären 
noch den finanziellen Verhältnissen des Hauses zu Gute 
kam. In diese Zeit fällt ein für das Schottenstift wich- 
tiges Ereignis, nämlich die Begründung des Wiener 
Bisthums im Jahre 1480 mit dem ersten Bischof Leo von 
Spaur, von welcher Zeit das Schottenstift nicht mehr dem 
Passauer Bischof unterstand, sondern unter die Jurisdiction 
des Bischofs von Wien kam. 

43. Jölicmn VII. Huistnaus (1486—1500) erhielt von 
König Mathias die Bestätigung der Privilegien gewisser- 
massen als einen, wenn auch ungenügenden Ersatz für die 



— 393 — 

fielen Verlnste an Geld und Gut, -welche das Kloster durch 
die Belagerung von Seite der Ungarn erlitten hatte. Doch 
drohte von diesem König dem Stifte und der Stadt Wien 
eine entsetzliche Gefahr. Am Pfingstdienstage, am 27. Mai 
1488, brach zwischen den königlichen Viehhirten und 
einigen Klosterdienern der Weide wegen ein Streit aus, 
der durch das Herbeieilen bewaffneter Bürger bald grössere 
Dimensionen annahm, so dass ein königlicher Diener todt 
am Platze blieb. Darauf brach der ungarische Stadthaupt- 
mann in das Kloster ein und nahm einige Conventualen 
gefangen und Hess den kranken Abt nur unter der Bürg- 
schaft, nicht entfliehen zu wollen, im Bette. Als dieser 
Vorfall dem König Mathias nach Ofen gemeldet worden 
war, glaubte er, dass die Wiener eine sicilianische Vesper 
vorhätten und befahl höchst ergrimmt, den Schottenabt 
sammt den Brüdern gebunden in die Donau zu werfen 
und unter den Bürgei^i zum abschreckenden Beispiele ein 
Blutbad anzurichten. Nur durch die eindringlichen Er- 
mahnungen des Bischofs von GroESwardein liess er sich 
dazu bewegen, nicht eher den Fall so strenge zu ahnden, 
als bis er auch die andere Partei vernommen habe. Als 
er darauf nach Wien kam , sah er das rechtmässige Vor- 
gehen der Klosterleute ein, die eben kraft eines früheren 
königlichen Befehles die Viehhirten von der Klosterweide 
abweisen wollten und entschied zu Gunsten des Klosters. 
Kaum war diese Gefahr vorüber, so verzehrte eine durch 
die Schuld wälscher Alcbymisten entstandene Feuersbrunst 
fast das gesammte Kloster mit der Kirche. Dazu gesellte 
sich noch im Jahre 1494 eine allgemeine pestartige Seuche, 
die namentlich junge Leute befiel. Diese Unglücksfälle 
schadeten weniger der Disciplin als dem Klostervermögen, 
so dass die ganze Huld Maximilians, die Verfügung des 
Wiener Magistrats wegen freier Weineinfuhr und die 
Wohlthätigkeit einzelner Bürger nothwendig war, um 
demselben aufzuhelfen. Ja es kam so weit, dass Abt 
Johann sich genöthifft sah, abzudanken, worauf an seine 
Stelle 

M. Placidus (1500) trat, der jedoch bald nach seiner 
Erwählung starb. Des nächsten Abtes 

45. Johann Till. Krembmitzer (1500 — 1518) Wirken 
fäUt schon in den Beginn der Neuzeit. Auch er hatte 



— 394 — 

viel zu kämpfen mit der finanziellen Noth des Stiftes, die 
nur einigermassen durch edelmüthigeGrläubiger und Freunde 
des Klosters paralysirt wurde. Wichtig ist die Verwen- 
dung Kaiser Maximilians heim Ahte zu St. Jakob in Ee- 
gensburg wegen Eückerstattung der Originalurkunden, die 
aber nur dem geringeren Theile nach zurückfolgten. Unter 
Abt Johann fanden die Wissenschaften und die Tonkunst 
ein liebevolles Heim in den Klostermauern. Er war Zeuge 
der folgenreichen Doppelheirat zwischen den Häusern 
Oesterreich und Böhmen-Ungarn und wirkte Erspriess- 
liches bei den Verhandlungen der österreichischen Land- 
stände. Doch in den letzten drei Jahren seiner Regierung 
brachen Zwistigkeiten zwischen ihm und dem grösseren 
Theile der Brüder aus, die so acut wurden, dass er Mitte 
des Jahres 1518 abdankte. Ihm folgte sein Rivale schon 
vom Stifte St. Aegid in Nürnberg her 

46. Benedikt I. Chelidonius (1518 — 1521), der von 
seiner ausserordentlichen Neigung zu den Wissenschaften 
den ehrenden Beinamen Musophilos erhielt und trotz der 
kurzen Regierung zu den berühmtesten Schottenäbten 
zählt. Er vereinigte in sich den Ruf eines trefflichen 
Dichters, Redners, Theologen und Historikers und stand 
mit den wissenschaftlichen und künstlerischen Koryphäen 
seiner Zeit im regsten Verkehr. Im Hause des berühmten 
Wülibald Pirkhaimer in Nürnberg hatte er den grossen 
Maler Albrecht Dürer kennen gelernt und gar bald hatten 
die beiden Männer um sich das innigste Band der Preund- 
schaffc geschlungen. Letzterer lieferte auch, wie wir später 
hören werden, manchen prachtvollen Kupferstich zu Be- 
nedikts zahlreichen und bedeutenden Werken. Reges 
wissenschaftliches Leben entfaltete sich im Stifte, ohne 
dass jedoch die Disciplin nur irgend welche Einbusse er- 
litten hätte. Entschuldigte sich doch selbst Abt Benedikt 
bei seinen Preunden Pirkhaimer und Dürer wegen seiner 
Saumseligkeit im Briefwechsel damit, dass er in seiner 
ungeheizten Zelle vor lauter Kälte nicht schreiben könne, 
in dem wohlgeheizten Refektorium die Unruhe aber zu 
gross sei, wie er denn übrigens in einem der gemeinsamen 
Benutzung dienenden Räume nicht wohl schreiben und 
studiren möge. Wie die Sachen standen, konnte es aber 
auch dem Stifte an Gönnern nicht fehlen. Obenan steht 



— 395 — 

Maximilian, der mit Benedikt persönlich verkehrte; Er- 
wähnung aber verdient auch der Secretär Friedrich IV, 
und Orator Maximilians beim Pabste Johann Falkh von 
Sxems, der dem Stifte alle Schuldbriefe zum Greschenke 
machte. Nachdem Benedikt nach Maximilians Tode noch 
Vieles durch die Wirren hatte leiden müssen undjioch 
die Einsetzung Ferdinands in die österreichische Eegie- 
rung erlebt hatte, starb er viel zu früh für das Stift am 
8. September 1521. 

47. Michael de Laeba (1521—1528), früher Profess zu 
Martinsberg, dann Abt zu Sexard in Ungarn, wurde als 
Abt nach Wien postulirt. Wie alle Kirchenfürsten, so 
hatten auch die Schottenäbte schweren Stand einerseits 
gegen die unaufhaltsam sich ausbreitende Neuerang des 
Martin Luther, andererseits gegen die beginnenden Ein- 
fälle der osmanischen Türken. Dass die Reformation auch 
an dem Schottenstifte nicht spurlos vorüberging und ihren 
verderblichen Einfluss in der Lockerung der Disciplin klar 
zeigte, kann nicht geleugnet werden, obwol wenigstens 
der Trost erübrigt, dass ein offener Austritt aus der 
Kirche im Kloster nicht stattgefunden hat. Das Vor- 
dringen der Türken hatte zur Folge, dass zur Abwehr 
derselben eine allgemeine Besteuerung eingeführt wurde 
und dass die Kirchen und Klöster überdies ihre werth- 
voUen Schä,tze an Gold und Silber zu Kriegszwecken aus- 
liefern mussten. Das ist mit ein Grund, -warum im 
Schottenstifte so wenig alte Arbeiten in edlen Metallen 
erhalten sind. Michael, dessen Kräfte als Deputirter des 
Prälatenstandes in Anspruch genommen waren, steuerte 
150 Mark und 14 Loth Silber (1526). Schon im nächsten 
Jahre hatte er sich entschlossen, seine Würde niederzu- 
legen. Doch da der Wiener Bischof dem Stifte einen 
Fremden als Abt aufdrängen wollte, führte er die Stifts- 
verwaltung bis zum nächsten Jahre fort, worauf er bald 
starb. Sein Nachfolger, einer der tüchtigsten Schottenäbte 

48. Konrad Weichselhaum (1528 — 1541), hatte merk- 
"würdige Lebensschicksale mitgemacht und sich in den- 
selben einen Charakter angebildet, wie er für die bedräng- 
ten Zeiten seines äbtlichen Wirkens nothwendig war. 
Geboren zu Innsbruck in Tyrol, wurde er in früher Jugend 
Landsknecht und kämpfte an der Seite seines grossen 



— 396 — 

Landsmannes Georg von Frandsberg in den Sclilacliteii 
Yon Bicocca und Pavia. In der Folge vertauschte er die 
Lanze mit dem Brevier. Um seine arme Mutter zu unter- 
stützen, trat er aus dem Orden aus und übernalun eine 
Pfarre. Nachdem ihn der Tod seiner Mutter von der 
leiblichen Sorge für dieselbe befreit hatte, kehrte er ins 
Kloster zurück und wurde bald darauf zum Abte erwählt. 
Doch kaum hatte er den Antritt seiner Regierung durch 
treffliche ökonomische Maassregeln gekennzeichnet, als 
schon Soliman IL sich den Mauern Wiens nahte. Der 
vierte Theil der Stiftsgüter musste zur Bestreitung der 
Kriegskosten hintangegeben werden. Das Stift litt grossen 
Schaden durch die Plünderungswuth der Landsknechte, 
die nach dem Tode des Helden Salm ärger als die Türken 
in dem verlassenen Kloster (Konrad musste mit seinen 
Conventu^len nach Passau flüchten) wirthschafteten, das 
Archiv und die Bibliothek plünderten, die Kirche schän- 
deten und überall, namentlich im Stiffcsgarten, die greu- 
lichsten Verwüstungen anrichteten. Nicht minder hatten 
die Güter des Stiftes unter den Türkenhorden gelitten. 
Heimgekehrt von Passau, wurde Kom-ad Abgeordneter der 
Stände und als solchem wurde ihm die Anführung des 
Kriegsvolkes wider Mihal Oglu übertragen, and er hat sich 
(Rasch, Schottenchronik) „ein kriegsmann, musterherren 
vnd Haubtmann, redlich gestellt wider den Erbfeind, anf 
dem Stainfeld bei der Neustatt, und ehr eingelegt". Bei 
der andauernden Türkenn oth waren die Geldquellen des 
Stiftes fast gänzlich versiegt. Dazu kam auch noch die 
Aufforderung, der sehr herabgekommenen Universität wie- 
der aufzuhelfen. Demnach ist die Thätigkeit Konrads, 
die es ermöglichte, allen diesen Verpflichtungen nachzu- 
kommen, eine wirklich bewunderungswürdige, wenn man 
überdies noch bedenkt, eine wie grosse Aufmerksamkeit 
die disciplinären Angelegenheiten in der damaligen Zeit 
erforderten. Obschon der Personalstand, wenn auch nicht 
so sehr wie in anderen grösseren Conventen, sich herab- 
gemindert hatte, konnte das Stift doch vom Abte Stefan 
von Formbach die Pfarre Klein-Engersdorf zur Seelsorgs- 
verwaltung für immer übernehmen (1540). Gerechte An- 
erkennung für sein verdienstliches Wirken fand Konrad 
durch ein Document des päbstlichen Legaten Peter Paul 



— 397 — 

Vergerius, -worin er ihm und seinen Nachfolgern wich- 
tige Gierechtsame ertheilt, so unter anderem das Recht, 
den feierlichen bischöflichen Segen spenden zu dürfen und 
die Vollmacht, Altäre und Portatilia zu weihen, und in 
ehrenden Worten die würdige Haltung des Stiftes und die 
einflussreiche Thätigkeit der Schottenäbte auf staatlichem 
Gebiete lobend anerkennt (1533). Seinem noch in der 
Blüthe des M'annesalters (er war 45 Jahre alt) stehenden 
wirkungsreichen Leben machte der Tod ein Ende am 
15. Sept. 1541. Ihm folgte der aus edlem bayerischen Ge- 
schlechte stammende Stiftspriester 

49. Wolfgang Traunsteiner (1541 — 1562), der zum 
Wohle des Stiftes durch volle 21 Jahre regierte. Gleich 
seinem Vorgänger hatte auch er einen grossen Einfluss 
auf die Landesgeschäfte, wo es sich namentlich um Geld- 
beschaffung zur Abwehr der Türken handelte. Schwer 
trafen diese ausserordentlichen Steuern das Schottenstift, 
und alle Einwendungen des Abtes fruchteten bei den 
protestantisch gesinnten Käthen Ferdinands L nichts. Eben- 
sowenig konnte er die Bestätigung der Privilegien erhal- 
ten. Viel Mühe verursachte ihm auch die üeberwachung 
der Pfarren, wo, namentlich in Gaunersdorf, die neuen 
Irrlehren ungehinderten Eingang fanden. Um so erfreu- 
licher war für VT'olfgang die gute religiöse Haltung seiner 
Conventualen, die auch fektische Anerkennung durch Postu- 
lirung des Stiftspriesters Aegid Lav zur Prälatur in Klein- 
Mariazell (1555) fand, und die sorgfältige Pflege, welcher 
die Wissenschaften im Kloster sich erfreuten.*) 

*) Wir können uns nicht versagen, an diesem Orte einige Stellen 
aus dem „ Lobsprache der Stadt Wien", verfasst in 1600 gereimten 
Zeilen vom Schottenschtilmeiater Wolfgang Schmälzl im Jahre 1548, 
anzuführen , da sie mit ein Stück Geschichte und Topographie des 
Stiftes enthalten. Nachdem Schmälzl die Stadt Wien allerorts durch- 
wandert ujid seiner Verwunderung über all die Pracht Ausdruck ver- 
liehen hat, fährt er v. 144S fort: 

Und gieng hinein in einem schwung 

Zun Schottn auff kayserlich freyung. 
1450 Die was dem Closter eingeleibt 

Mit schranken, drinn offt macher leit 

In guter sicherhait jar und tag- 

Vmb schulden oder vmb todtschlag. 

Darauff ich ain mit schliesseln fand: 



— 398 — 

Abt Wolfgang musste kurz vor seinem Lebensende 
nocb den schrecklichen Brand erleben, der (14. April 1561) 

1455 „Seyt jr mit diensten hinn verwandt, 

Sagt mir, mein lieber freunde mein, 

Was mag das für ein Closter sein?" 

Er sprach: „in dem Gotsshauss ich dienn. 

Bin Messner, solt mich recht verstehn. 
1460 Sanct Iieopold hat diss Closter g-stifft, 

die andern hie all vbertrifft, 

Mit aller herrliohkeit vnd zier 

Auffpaut auff die alten monier 

Mit quaderstain hinden Tnd vorn, 
1465 Vnd halten Benedicter ordn. 

Abt Wolffgang, mein gnediger Herr, 

Ist von Beim gschlecht ein Trannsteinex, 

Vnd gewesen ettlich jar her 

der Landschaft ain verordneter. 
1470 fürt gut hauBswirthschafft, regiment, 

Hat noch aylff Brüder im Convent, ^ 

Verständig, gelert, lesen gern 

Was sich gebürt zu Gottes ehrn. 

Hat sunst geschickt ettlich Biüder auss, 
1475 die Pfarr verwesen, halten hauss. 

Auch helt er gmaine Schul dameben, 

der thut er vnterhaltung gehn, 

Prebend auff sechtzehen knabn vnd gselln; 

die arm seind, studieren wellen. 

1480 Haben auch alle malzeit, wein. 

Ein yeder da muss äeyssig sein, 

Zu nachts repetiern, fru auffstehn. 
Man lest jr khain nit müssig gehn, 
Vnd mag da gleich so wol studiern, 
1485 Alsjhet er vi! gelts zu verzem. 
Ein Organisten er auch helt. 
Zu schlagen, wenn ein fest gefeit. 
Ein schöne Orgel jr da seclit ' 

Manch stymwerck, resch, gut vnd gerecht. 
1490 Khumbt dan, den garten auch besieht. 
Im Thurm stehet ein Vr gericht 
Bestendig, greoht sie lang zeyt bleibt, 
Gewaltiger syben zaiger treibt." 
Ich gieng mit jm, was sein gefert, 
1495 der garten wurd mir auffgesperrt. 
die gäng die stunden vol mit wein, 
das mag ein schöner garten aeini 
Wie ichs nun als besieht vnd sah, 
Weist er mir einen stock, vnd sprach: 



~ 399 — 

Pulkau gänzlich zerstörte. Während der Verhandlungen, 
die wegen des Kirchenbaues daselbst gepflogen wurden, 
starb er an der Wassersucht am 25. September 1562. Be- 



1500 „Secbt, da auff disem Maulbeeibaum 

Stunden acht tisch mit gutem räum. 

den hat man samht dreyhundert bäumen 

Im Türeken krieg wegk lassen räumen, 

Nur nider grissen, abgehackt, 
f; 1505 Ee der Tüxckjabtzug- vnd sich packt." 

Weitter fürt mich derselb Heesner 

Gar in einen schönen keller, 

Hat viertzig Staffel minder ain. 

All glegt von schönen Marmelstain. 
1510 Ein g-eweltigs gpew vnd tieffe grufft. 

Hahn auch frisch -wasser, gaunden lufft 

Ynd mechtig grosse vass mit wein. 

das gfiel mir, dacht : „da "wer gut sein, 

Wenn ich het -wähl, im gantzen Land." 
1515 Blib, nam an den Schulmaister stand« 

das glück mir zulegt binden md Torn 

Sovil, das ich bin Bürger "wordn. 

Mein gnedig Herrn, ein Ersamer Bath, 

Ettlich Weingarten eingeben hat, 
1520 Helffen rathen in allen Siugn, 

dtumb Bol ich beym Saluator singn. : 

Bas balff mir vrol zu meim anfang. 

Mein gnediger Herr, Abt Wolffgang, 

Sambt dem ehrwirdigen Conuent, 
1625 "WeU. ich so lang an disem end 

Trewlich gedient, bey jnen blibn,j 

Ein herrlich prouision verschribn. 

der Schmöltzl khain pesser schmalzgrub fandl 

Ich lob diss ort für alle Land! 
1530 Hie seind tu Singer, saytenspil, 

Allerlay gsellschafft, frewden vil." 

Mehr Musicos vnd Instrument 

rindt man gwisslich an khainem end, 

Nachdem Schmälzl sich all' der Ehr und des Guten, da» ihm überall 
erwiesen wird, als unwürdig bekannt hat, schliesst er mit einer Bitte 
an den dreieinigen Gott, die damals im ganzen Abendland innbrünstig 
gesprochen wurde: 

Den feind der Christenheit vertreib, 
1595 Damit Teutschland zufrieden bleib. 
So wlrdt sich frewen jung vnd alt! 
Dich preysen, mein Gott, manigfalt. 
Auch Herr, ich bitt, ists der will dein. 



— 400 — 

reits am 30. September desselben Jabres versammelten 
sieb die Capitularen und erwählten den Stifts prior 

50. Johann IX. Schretel aus Kembnat, Diöcese Eegens- 
burg (1562 — 1583), zum Prälaten, der, obwohl noch jung 
an Jabren (27) und erst seit 1557 Profess, docb unter 
allen Brüdern hervorragte. Seiner Wabl widerstrebte das 
Wiener Domcapitel. Wir haben bereits früher erwähnt, 
dass die protestantisch gesinnten ßäthe um Ferdinand I. 
durch ihre Yerfügungen den Bestand der Klöster in Frage 
zu stellen suchten. Noch schlimmer wurde es unter Maxi- 
milian IL Das im Jahre 1567 erschienene Generale für 
Klöster, worin selbst über Chorgebet, Disciplin und Pro- 
fess und andere ganz interne Angelegenheiten rundweg 
Vorschriften gegeben wurden, legte die Temporalverwal- 
tung indirect in die Hände weltlicher Beamten, so dass 
die Klöster eigentlich nur mehr als fürstliche Kammer- 
güter erschienen, wie denn Kaiser Maximilian IL in einer 
Lehnsabtretungsijewilligung des Schottenstiffces vom Jahre 
1570 ausdrücklich bemerkt: „So wier dann befinden, dass 
dieser Aus Wechsel unsern Gotteshaus und Cammergut ohne 
allen Nachtel und merers zu gueten geraicht, So haben 
wier demnach darein allergnedigst bewilligt." Je miss- 
licher diese Sachen standen, um so anerkennenswerther ist 
die Befähigung des Abtes Johann, mit der er sich eine 
bei den Landständen und bei der Regierung einflussreiche 
Stellung zu verschaffen wusste. Später kam er als Mit- 
glied in den Kronrath Maximilian IL und Rudolf IL und 
wurde Präsident des Klosterrathes, in welcher Eigenschaft 
er zum Besten der monastischen Institute bis an sein 
Lebensende wirkte. Beide Fürsten bestätigten ihm 1573 
und 1578 die Stiftsprivilegien. Viel Kummer machten dem 
glaubensstarken Abte die Vorgänge auf den dem Stifte 
incorporirten JPfarrgn, wo trotz der Anstrengungen der 
Pfarrherren meistentheils die protestantische Irrlehre die 



So lass Wienn hie mein freythoff sein ! 
1600 Das also gschech vnd -werd vns war, 

Wünscht "WolfE Schmältzl zum neven jar. 
Amen. 
Scbmälzl hat sich auch in dramatischen Sichtungen versucht, von 
denen „die schöne und christliche Komödie vom blindgehornen Sohne" 
dem Probate "Wolfgang zu Kloaterneuburg gewidmet ist (1543). 



— 401 — 

Oberhand gewann, wälirend das Stift in Wien durch seine 
musterhafte Haltung viel zur Bekämpfung derselben bei- 
trug. Er erlebte aber auch die Freude, dass mehrere sei- 
ner Mitbrüder zur Inful in anderen Abteien berufen wur- 
den; so wurde z. B. P. Kaspar Renkhl aus Schmalkalden 
in Franken als Abt nach Mariazell postulirt, P. Georg 
Lochmayr nach Gleink 1565 und 3 Jahre darnach nach 
Garsten, der Prior P. Georg Strigel nach Altenburg, von 
da aber nach Johanns Tode als Abt ins Schottenstifb zu- 
rück. Unter Johann schrieb auch der Schottenorganist 
Easch seine Schottenchronik und verfasste der Domherr 
August Neser charakterisirende Verse auf die einzelnen 
Schottenäbte, wie sie in der Sammlung des Kaspar Bru- 
sius, der unter Abt Wolfgang schrieb, vorkommen. Was 
die Temporalverwaltung anlangt, so verbesserte sich die- 
selbe in Folge der fruchtbaren Jahre und der bis an die 
äusserste Grenze gehenden Sparsamkeit des Abtes. Sein 
Nachfolger in der Abtwürde war 

51. Georg I. (1583 — 1608) aus dem edlen Hause der 
Strigel zu Lauingen in Bayern. Wie sein Vorgänger so 
leistete auch er Anerkennenswerthes sowohl als Deputir- 
ter, in welcher Eigenschaft er die Raitung und Verwal- 
tung der ständischen Contributionen zu füluren hatte, als 
auch für die Hebung der Stiftsfinanzen. Wichtiger sind 
seine Bestrebungen für das Wirken der Gegenreformation 
in Oesterreich, worin er von seinen Conventualen kräftigst 
unterstützt wurde. Auch hierin sah er sich reichlich be- 
lohnt: denn der neubelebte katholische Sinn der Bevöl- 
kerung gab sich wiederum kund in religiösen Stiftungen, 
die als mit dem Lutherthum unvereinbar seit einem Jahr- 
hunderte bereits beim Stifte nicht mehr waren gemacht 
worden. Doch gegen das Ende seiner Regierung erhoben 
sich Zwistigkeiten im Innern des Stiftes, an denen wohl 
der Abt durch sein übereifriges Auftreten einige Schuld 
haben mochte. Nach seiuem Hintritt kam die Wahlfrei- 
heit der Schotten in ein grosses Gedränge. Als sie näm- 
lich für ihren im Beisein des Bischofs Khlesl und mit ge- 
nauer Beobachtung der Wahlordnung gewählten Abt 
Valentin Stammler um die landesherrliche Bestätigung 
ansuchten, kam nach, dreimonatlichem, höchst peinlichen 
und für das Stift ungemein verderblichen Warten der Be- 

Ein Benediktinerbucli. 26 



— 402 — 

sclieid zurück , dass nicht Valentin, sondern der von 
Khlesl protegirte Prior zu St. Emeran in Kegensburg 
Augustin Pitterich die Prälatur erhalten solle. Nichts 
half dem Convent die Berufung auf sein heiliges Wahl- 
recht, nichts fruchteten die Einwendungen des päbstlichen 
Nuntius noch die des Erzherzogs Maximilian bei Mathias, 
den Khlesl in sein Intriguennetz verstrickt hatte. Augu- 
stin blieb Abt und Valentin wurde mit der Prälatur von 
Gleink abgefertigt, von wo er nach seinem freiwilligen 
Rücktritte nach Mariazeil postulirt wurde; dort regierte 
er mit grossem Ruhme bis an sein Lebensende (er starb 
als SOjähriger Greis) durch 34 Jahre. War 

52. Augustin Pitterich (1608—1629) den Schotten als 
Abt aufgedrängt worden, so zeugt es nur für die gewin- 
nenden Vorzüge seiner Persönlichkeit, wenn es ihm ge- 
lang, so rasch seinen Conventualen Liebe und Achtung 
abzunöthigen. Zunächst handelte es sich für ihn darum, 
das Stift durch sorgfältige Ausnutzung aller Hülfsquellen 
finanziell gut zu situiren, damit es den von Staat und 
Kirche hochgespannten, mannichfachen Forderungen ent- 
sprechen könne. Das Erträgnis des Grundbuches bildete 
bei dem stetigen Besitzwechsel der Parteien die Haupt- 
einnahmsquelle. Dem unter seinem Vorgänger in Oester- 
reich begonnenen Werke der Gegenreformation suchte er 
vor allem in die Hände zu arbeiten dadurch, dass er durch 
Lehre und Beispiel unter seinen Conventualen den reli- 
giösen Eifer wach erhielt und dieses sein Bestreben auch 
auf die zu den Schotten bestehende Sebastianibruderschaft, 
von der wir bereits unter dem 38. Abte Mathias Fink 
umständlicher gesprochen haben, ausdehnte. Unter ihm 
bildete sich bei den Schotten gegen die religiösen Neue- 
rungen eine enggegliederte Phalanx, an die sich die Be- 
wohner Wiens mit Freuden anschlössen, was zugleich zur 
Folge hatte, dass die frommen Stiftungen an das Kloster 
sich mehrten. Kaiser Ferdinand II. lohnte dieses ver- 
dienstliche Wirken nicht nur dem Convente durch Be- 
stätigung aller Privilegien im Jahre 1621, sondern insbe- 
sondere auch Augustin, den er zum wirklichen k. Ratb 
ernannte. Auch geschah es auf des Kaisers Wunsch, dass 
Pabst Urban VIII. diesen ausgezeichneten Abt zum Bir 
schofe von Germanicia in part. und Weihbischofe für die 



— 403 — 

■beiden Diöcesen Wien und Neustadt ernannte (1626), wo- 
rin ein nm so grösseres Vertrauen auf Augustin ausge- 
sprochen lag, da wegen der Abwesenheit des eigentlichen 
Bischofs und Cardinais Khlesl in Rom die Regierung der 
Diöcesen ganz in den Händen des Schottenabtes lag, der 
übrigens auch seinem Stifte noch immer derselbe besorgte 
Vater blieb. Seine bischöflichen Functionen wurden auch 
über den Passauer Sprengel ausgedehnt. So war der an- 
fängliche Fremdling zum erlauchtesten aller Schottenäbte 
geworden. Würdig reiht sich an ihn 

53. Johann X. Walterfinger (1629—1641) aus dem 
Stifte Weltenburg in Bayern, der schon als Leiter der 
Finanzen grosses Geschick bewiesen hatte. Dasselbe be- 
währte er auch in seiner Eigenschaft als Deputirter der 
Landstände, so dass er sich rasch das Wohlwollen Ferdi- 
nand II. errang, durch dessen Vermittlung auch er, wie 
sein Vorgänger, vom Pabste Urban VIII. zum Bischöfe von 
Germanicia in part. inf. und zum Weihbischofe von Wien 
am 9. Sept. 1630 ernannt wurde, in welcher Eigenschaft 
er jedoch auch die Lenkung der Schottenabtei fortbehielt. 
Auch unter ihm war das Schottenstift Mittel- und Stütz- 
punkt katholischer Frömmigkeit in der Hauptstadt. Be- 
sonders schön und erhebend war der Mariencult daselbst, 
so dass Ferdinand II. mehr als einmal mit seiner Gemah- 
lin bei den Schotten der Andacht sich hingab. Auch Fer- 
dinand III. würdigte die grosse Umsicht des Schotten- 
Prälaten, indem er ihm nicht nur die Privilegien (1638) 
bestätigte, sondern ihm auch die Würde eines wirklichen 
k. Rathes verlieh. Das Stiftsvermögen hatte sich so sehr 
vermehrt, dass er nicht nur das Conventgebäude total 
umbauen konnte, sondern auch an den Bau der jetzigen 
Stiftskirche schreiten konnte (s. d.), von der die Sakristei 
Und die Thürme noch unter seiner Regierung der Vollen- 
dung nahe gebracht wurden. Nach seinem Tode traten 
mehrere Bewerber um die äbtliche Würde auf, von denen 
jedoch 

54. Anton Spinaler (1642—1648), ehedem Abt von 
t:rarsten, die Stimmen der Capitularen auf sich vereinigte. 
Er erbaute die heutige Stiftskirche (1643—45), von der 
"wir später handeln werden, trotzdem er die schwersten 
Zeiten des 30jährigen Krieges mitmachte, da Torstenson 

26* 



— 404 — 

nach der Schlacht bei Jankau sich rasch des linken Donau- 
ufers bemächtigte, wo viele Besitzungen des Stiftes lagen, 
die greulich verwüstet wurden. Wohl erlebte er zu sei- 
ner Freude noch den Abschluss des westphälischen Friedens. 
Wie alle Schottenäbte in Folge ihres ständigen Sitzes in 
Wien an der Landesregierung grossen Antheil haben, so- 
auch Abt Anton. Wiederum ist das Schottenstift die Cen- 
trale des katholischen Geistes. Zur besseren Beaufsich- 
tigung der Stiftspfarren stellte er 2 bis 3 Conventualen 
als Yisitatoren auf. Besonders verdienstlich war das Wir- 
ken des Peter Heister, der zuerst die Profess in Braun- 
weiler ablegte, hierauf als Prior des Stiftes Montserrat 
nach Wien kam und von dort ins Schottenstift berufen 
wurde. Er war Ordens -Procurator und Congregations- 
agent der damals im Entstehen begriffenen Benediktiner- 
congregation von ganz Deutschland, und hielt sich als 
solcher, mit den nöthigen Instructionen von Rom aus ver- 
sehen, viel am k. Hoflager auf, wo der einfache Ordens- 
mann grossen Einfluss besass, den er auch zu Gunsten der 
Benediktinerklöster gebrauchte. Dem Abte Anton war er 
die kräftigste Stütze ; und so folgte er ihm denn auch, be- 
rufen durch die Wahl seiner Mitbrüder, in der Prälaten- 
würde. 

55. Peter Heister (1649-^1662). Ihm gehörte schon 
eine grosse Vergangenheit und ein geachteter Name, und 
obwohl aus fernem Lande stammend (geb. zu Ruremund in 
Obergeldern) hatte er doch während seines Aufenthaltes 
im Stifte die Verhältnisse gründlich kennen gelernt. Seine 
Thätigkeit nahmen vielfach die brennenden Tagesfragen in 
Anspruch: die Gegenreformation, die zu diesem Zwecke 
errichteten Benediktiner-Missionen, die Verhandlungen der 
Landstände, die Pest von 1654. Ueberall bewahrte er den 
schon erworbenen Ruf gi:osser Umsicht. Er legte ausser- 
dem die letzte Hand an den Ausbau der Stiftskirche. Mit 
grosser Liebe hing er an Ferdinand III. und Leopold L, 
der ihm 1661 bereitwilligst die Stiftsprivilegien bestätigte. 
Gern gestattete Abt Peter, dass die k. Burg von der 
Quelle im Pfarrhofe zu St. Ulrich das Wasser beziehe, 
von wo es in den Schottenhof geleitet wurde, wo er den 
jetzt noch stehenden Heinrichsbrunnen errichten Hess. 
(Siehe auch unter topogr. Beschr. des Stiftes.) Er ver- 



— 405 — 

schied am Ostermontage 1662 und es erHelt sich, lange 
noch die Sage, dass er einigen Brüdern, die tmerlatibter 
Weise nach dem Completorinm im Schlafsaale sprachen, 
den Finger auf den Mund haltend, erschienen sei. Ge- 
wählt wurde der Conventuale 

56. Georg II. Mörth (1662—1664), ein gottbegeister- 
ter, wissenschaftlich gebildeter Mann, der sich als Haupt- 
aufgabe seiner Wirksamkeit die feste Begründung der 
Ordensdisciplin stellte. Er erwarb sich den schönen Bei- 
namen eines „Vater der Armen" und bewährte sich nicht 
minder kraftvoll in der ihm von den Ständen anvertrau- 
ten Würde eines obersten Kriegscommissärs. Nicht viel 
länger regierte 

57. Benedikt II. Schwab (1665—1669), der unter un- 
günstigen Zeichen die Eegierung angetreten hatte. Ein 
Conflict mit einem Conventualen hatte schon am Wahl- 
tage zur Bildung einer Gegenpartei geführt, die vergeb- 
lich seine Wahl zu annulliren suchte, und fortan dem 
sonst tüchtigen Abte viel Kummer verursachte, so dass 
er (28. Nov. 1669) resignirte und mit einer Pension von 
jährlich 100 Dukaten sich in die Abtei Georgenberg zu- 
rückzog. Wichtig ist die Indulgenzverleihung der Päbste 
Clemens IX. und Innocenz XII. für den Frauenaltar der 
Stiftskirche. Auf Benedikt folgte der bisherige Prior des 
Hauses 

58. Johannes XI. Schmüzberger (1669—1683), Pro- 
fessvonLambach; er besass in theologischen Kreisen einen 
grossen Ruf und fügte zu demselben während seiner vier- 
zehnjährigen ßegierungszeit viel noch dm'ch sein aus- 
gezeichnetes Wirken hinzu. Die Stiftskirche bewährte 
ihre alte Anziehungskraft. Viele Gläubige strömten zu 
den Schotten, um dort ihre Andacht zu verrichten. Der 
Kaiser beschloss den Wirkungskreis des Abtes in dieser 
Beziehung zii erweitem : und so wurde Johann vom Pabste 
Clemens X. zum Bischöfe von Hellenopolis und Weih- 
bischofe von Wien ernannt, behielt aber die Schotten- 
abtei fort. Bald kam auch die Ernennung zum wirklichen 
kaiserlichen Eathe. Ihm und seinem Bischöfe Wilderich 
■wurde die Untersuchung der Wunder des ehrwürdigen 
Diener Gottes Dominik von Jesu Maria, einst General der 
tmbeschuhten Karmeliter, aufgetragen. Dazu bekleidete er 



~ 406 ~ 

einige Jahre die Stelle eines Eathsherm und Verordneten 
bei den Landstä-nden. Rationelle Bewirthschaftung, Tausch 
und Kauf und zahlreiclie Schenkungen erhöhten das Ein- 
kommen des Stiftes, das jedoch gar bald empfindliche 
Einbusse erleiden soUte durch die Pest vom Jahre 1679 
und die zweite Belagerung Wiens durch die Türken (1683). 
In den Zeiten der Pest that das Stift redlich seine Pflich- 
ten, indem es geistlichen und leiblichen Trost spendete. 
Viele Conventualen Hessen sich freiwillig verwenden zum 
Dienste der Pestkranken, so Berthold Pichler, von dem 
man erzählt, dass er ohne Furcht und Zagen wie ein 
Bote Gottes xmter den Kranken waltete. Eines anderen 
Stiftsgeistlichen aus dieser Zeit müssen wir noch kurz 
gedenken, des P. Gregor Michenbach. Dieser war im Jahre 
1672 als deutscher Prediger nach Tyrnau geschickt worden 
und -hatte während seines sechsjährigen Aufenthaltes 2000 
Andersgläubige, 7 Kirchen und 11 Ortschaften der katho- 
lischen Kirche und dem Kaiser wiedergewonnen. Dabei 
hatte er unsägliche Drangsale von den Prädikanten er- 
dulden müssen. Freiheit und Leben waren immer gefähr- 
det. Einmal hatten sie ihn Nachts überfallen, gebunden 
in den Wald geführt, misshandelt und nur gegen ein 
schweres Lösegeld freigegeben. Nach der Pest berief ihn 
der Abt, wegen des fühlbaren Mangels an Geistlichen, der 
durch Zuflüsse aus befreundeten Häusern nur einigermassen 
sich hob, in das Stift zurück. Doch das Schwerste blieb 
dem Abte Johann bis an sein Lebensende vorbehalten. 
Der Grossvezier Kara Mustapha näherte sich mit einem 
unermesslichen Heere der Stadt Wien, um dieses Boll- 
werk der abendländischen Christenheit einzunehmen. Er 
schlug in St. Ulrich, einer Stiffcspfarre, sein Hauptq^uartier 
auf und begann nun die Stadt mit allen Mitteln und 
Listen der Kriegskunst zu belagern. Gleich am zweiten 
Tage der Belagerung (15. Juli) brach im Schottenhofe 
Feuer aus, welches rasch vm. sich grifF, so dass bald alle 
Gebäude in Flammen standen, vor deren Hitze selbst die 
Glocken im Thurme schmolzen. Die höchste Gefahr aber 
bedrohte die Stadt, da die Flammen immer näher an das 
ans EHoster grenzende damalige Zeughausgebäude rückten, 
wo 1800 Fässer Pulver lagen. Drang das Feuer bis dort- 
hin, — so war Wien verloren. Doch änderte der Wind 



— 407 — 

plötzlich seine ßichtimg und so gelang es den vereinten 
Anstrengungen des Conunandanten, Rüdiger von Starhem- 
berg, der Besatzung und der Bürgerschaft, den Brand auf 
das Kloster zu lokalisiren. Noch drei Tage hindurch 
brannten und glimmten die Trümmer fort: das schönste 
und älteste Kloster Wiens war ein Schutt- und Trümmer- 
haufen. Der Prälat zog in das Stift St. Dorothea, der 
Prior zum Wiener Bürgermeister und die Geistlichen in 
den Mölkerhof. Der wunderbare Entsatz Wiens ist be- 
kannt. Johann schaute nicht mehr diesen herrlichen Tag. 
Sollte das Stift nun wieder emporgebracht werden, so er- 
forderte die Wahl des nächsten Abtes einen ganzen Mann, 
Dieser -ward auch gefunden in dem Stiftspriester 

59. Sebastian I. Faber (1683-1703). Er fand, wie 
er selbst später hervorhebt, bei seinem Antritte Kirche 
und Haus ohne Dach, den Kasten ohne Körner, den Kel- 
ler ohne Wein, den Beutel ohne Geld und zum Ueber- 
flusse eine zieuiliche Schuldenlast. Die Wege, welche er 
zur ßestauriruug des Stiftsbesitzthums einschlug, anzufüh- 
ren, würde den Rahmen dieser Skizze übersteigen. Es 
genügt, die Thatsache zu constatiren, dass es ihm wirk- 
lich gelang, und dass wiederum fromme Stiftungen nicht 
wenig dazu beitrugen. Auf seinen Betrieb entstand ein 
ganz neues Dorf, das jetzige Stiftsgut Breitenlee. Beson- 
ders wohlthätig war sein Wirken für die Pflege des Got- 
tesdienstes, der Wissenschaften und des Jugendunterrichts. 
Viele ausgezeichnete junge Leute baten um die Aufnahme 
in den Stiftsverband, so dass der Personalstand des Stif- 
tes mit dem Abte 28 Priester, 6 Professkleriker, einen 
JJTovizen und 2 Laienbrüder zählte, also eine verhältnis- 
mässig bedeutende Zahl. In seine Zeit fallen mehrere 
wichtige Erwerbungen, von denen jedoch die der ungari- 
schen Abtei zum h. Stefan zu Telky sanunt allen Be- 
sitzungen und Rechten die weitaus wichtigste ist (1700). 

Mit dieser Erwerbung, die in der Geschichte des 
Stiftes Epoche macht, beginnt die 3. Periode derselben. 

Als durch Prinz Eugens glänzende Siege die Türken 
aus ganz Ungarn verdrängt worden waren, war es Kaiser 
Leopolds I. angelegentlichste Sorge, die geistlichen Güter, 
welche der Kirche unter dem Türkenjoche entrissen 
worden waren, derselben zurückzustellen. Er dotirte alsa 



— 408 — 

mit den Besitzungen der zerstörten ungarischen Abteien 
die vorzügliclisten Benediktinerstifte und Cistercienser- 
klöster Niederösterreichs, weil dieselben einerseits die Mittel 
besassen, die Güter auf dem kostspieligen Rechtswege wie- 
der zu erlangen, vornehmlicb aber um sie für die ausser- 
ordentlichen Steuern und Verluste während der Türken- 
kriege zu entschädigen. So kam es, dass Leopold I. die 
Abtei Telky in einer Urkunde vom 20. April 1700 an- 
fänglich dem Abte Sebastian I. für seine Person, bald aber 
1702 dem Schottenstifte als moralischem Körper für ewige 
Zeiten verlieh. Die Abtei Telky, ungefähr zwei Stunden 
von Ofen, ward in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts 
von einem Grafen Micha zu Ehren des h. Stefan für Bene- 
diktiner gestiftet. Wie vorauszusehen war, hatte das 
Schottenstift zahlreiche Prozesse zu fuhren durch ein halbes 
Jahrhundert hindurch, so dass es die Abtei mit schwerem 
Gelde sich erst erkaufen musste. Der erste stiftliche Ad- 
ministrator war Engelbert Seiller. Später wurde dieses 
Besitzthum durch Ankäufe arrondirt. Auf Sebastian I. folgte 

60. Sebastian II. Vogelsinger (1703—1705), der wäh- 
rend seiner kurzen Eegierung mehr Sorgen als Freuden 
hatte. Die Leistungen an den Staat mehrten sich in Folge 
der ungarischen Aufstände und des spanischen Erbfolge- 
krieges so sehr, dass die vorhandenen Geschmeide und 
Erchenschätze hintangegeben werden mussten. Seinem 
Nachfolger, dem Abte 

61. Karl Fetzer (1705—1750), war eine 45 jährige Re- 
gierungszeit beschieden, während welcher er zum Ruhme 
und Wohle des Stiftes eine rastlose Thätigkeit entfaltete. 
Trotz der misslichen Lage der Stiftsfinanzen, die ihn an- 
fangs nöthigte sogar seine Bezüge als Raitherr der Land- 
stände für Stiftszwecke zu verwenden, konnte er doch 
später gar viele Bauten auffuhren; so baute er einen grossen 
Theil des früheren Schottenhofes, die Pfarrhöfe in Pulkau, 
Eggendorf, Zellerndorf, Gaunersdorf und Waitzendorf. Die 
Besitzungen wurden theils durch Schenkungen, theils durch 
Ankäufe vermehrt. Wichtig sind die in seine Zeit fallen- 
den grossen Stiftungen, z. B. die Johann Adam Liechten- 
steinsche (1712) und viele andere. Einen bisher nie ge- 
ahnten Aufschwung nahm die Pflege der Wissenschaften 
(davon später) und des Jugendunterrichts, die Bibliothek 



— 409 — 

wurde ungemein bereichert und die Bildergallerie des Stiftes 
begründet. Dabei verlor er aber auch das seelsorgKche 
Wirken seiner Conventualen nicht aus dem Auge und sah 
auch hier seine Bemühungen von dem schönsten Erfolge 
gekrönt, der sich namentlich bei Gelegenheit der Pest vom 
Jahre 1713 zeigte. Aber anach dem Vaterlande weihte dieser 
ausgezeichnete Abt unausgesetzt seine Dienste. Wie mr 
gehört haben, war er Raitherr, Verordneter und schliess- 
lich beständiger Ausschuss bei den Landständen (1716). Kein 
schwieriges Geschäft im Landhause wurde ohne ihn voll- 
bracht. Hatte er schon Kaiser Josef L wesentliche Dienste 
geleistet, so war dies jim so mehr der Fall bei Kaiser Karl VI, 
und seiner grossen Tochter, der herrlichen Kaiserin Maria 
Theresia.. Unter Karl VI. wirkte er zu wiederholten Malen 
bei Schlichtung der Grenzstreitigkeiten zwischen Oester- 
reich und Ungarn mit. Darum und wegen vieler anderer 
Beweise seiner Anhänglichkeit besass er die ganze Huld 
Karls VI. und seiner Gemahlin, die ihm ein werthvoUes 
Pectorale und einen Diamantring verehrten. Noch eifriger 
aber wirkte er, als es galt durch Aufbringung von Kriegs- 
mitteln der bedrängten Kaiserin Maria Theresia ihr heiliges 
Recht zu verschaffen. Die grosse Kaiserin selbst anerkannte 
seine Bemühungen, als sie ihm bei seiner Secundizfeier 
(1. Juni 1749), die sich durch die Anwesenheit des hohen 
Herrscherhauses und der ausgezeichnetsten kirchlichen und 
staatlichen Würdenträger zu einem der glänzendsten Feste 
Wiens gestaltete, ein mit Saphiren besetztes und mit 
Diamanten eingefasstes Pectorale überreichte mit den denk- 
würdigen Worten: „Gott erhalte Sie zu seiner Ehr und 
meinem Nutzen, und lassen Sie Ihnen das Unterösterreich 
anbefohlen sein, "ich werde hievor mit meinen Gnaden 
gewogen bleiben." Ein halbes Jahr darnach verschied 
dieser herrlichste aller Schottenprälaten am Tage Karls 
des Grossen (28. Januar) 1750. Obwohl der nächste Abt 
62. Bobert Stadler (1750— 1765), ein Wiener, sich mehr 
der Ascese zuneigte, so musste er doch auch nach Aussen 
hin thätig sein, da dies einerseits die Stellung des Schotten- 
prälaten mit sich brachte, andererseits aber auch die Ver- 
mpgensverhältnisse des Stiftes, die durch die vielen Con- 
tributionen während des siebenjährigen Krieges gelitten 
hatten, ihn dazu zwangen. Schon unter ihm brachen 



— 4.10 — 

sicli die neuen Ideen langsam Bahn, die unter seinem 
NacMolger 

63. Benno Pomtner (1765 — 1807) eine so gründliche 
Umgestaltung, besonders auf kirchlichem Gebiete, zur Folge 
hatten, so dass ein ganzer Mann wie Benno dazu gehörte, 
um das Schottenstift durch alle Fährlichkeiten glücklich 
hindurch zu steuern. Das Wirken dieses Abtes war so 
vielseitig und erfolgreich, dass wir ihm die gerechtiä Be- 
wunderung nicht versagen können und ihn, sowohl was 
seine Thätigkeit als auch seinen persönlichen Charakter 
betrifft, unter die grössten und edelsten aller Schotten- 
prälaten stellen müssen. Wir würden, den für diese Skizze 
uns zubemessenen Raum weit überschreiten, wenn wir auch 
nur einigermassen die Verdienste schildern wollten, die 
Benno sich um das Schottenstift, um Staat und Kirche 
und um Wien erworben hat: durch Hebung des religiösen 
Sinnes bei seinen Brüdern und den Laien, durch Förderung 
jedweden wissenschaftlichen Strebens im Stifte, durch uner- 
müdliche Thätigkeit für Aufbesserung der finanziellen Ver- 
hältnisse; er erbaute fünf prachtvolle Gotteshäuser mit 
ebenso vielen Pfarrhöfen, begründete die Vorstädte Schotten- 
feld und Breitenfeld in Wien, in welch letzterer heutzutage 
noch der Bennoplatz und eine Bennogasse an diesen herr- 
lichen Schottenprälaten gemahnen; er erwarb die Besitzung 
in Ottakring mit dem schönen Waldstande u. s. f. 'Nicb.( 
minder wichtig und mannichfaltig sind die Dienste, die er 
dem Staate geleistet hat als ständischer Verordneter, als 
Präsident der Stiftungsoberdirection, als Administrator des 
Stiftes Montserrat u. s, f. Aeusserte sich doch der Präsi- 
dent der Landstände, dass er, würde er nicht durch die 
umsichtige Thätigkeit der Prälaten Magnus von Göttweig 
und Benno von den Schotten unterstützt, unter der Last 
der Geschäfte erliegen müsse. Dabei bewahrte Abt Benno 
durch alle 42 Jahre, während welcher er dem Stifte als 
Abt vorstand, seine bekannte Herzensgüte, die ihm die 
Liebe aller, die mit ihm in Berührung traten, erwarb. Die 
Herrscher Oesterreichs schätzten ihn hoch und namentlich 
war es jene unvergleichliche Erzherzogin Maria Anna, die 
Tochter der herrlichsten aller Frauen Oesterreichs, Maria 
Theresia, der grossen Kaiserin, die den Abt Benno mit dem 
grössten Vertrauen auszeichnete, dessen Innigkeit selbst 



— 411 — 

durcli die Entfemung nicht gelockert wurde, wie die Samm- 
lung der Briefe, die die erlauchte Frau von Klagenfurt an 
ihn richtete , bezeugt. Zwölf Jahre darauf, als er sein 
50 jähriges Priesterjubiläum begangen hatte (21. September 
1795), starb er in einem Alter von 85 Jahren am 14. Februar 
1807 um 3 Uhr Morgens, zur selben Stunde, wo er durch 
volle 67 Jahre bis an sein Lebensende das Lager zu ver- 
lassen gewohnt war, um die heiligen Offizien zu verrichten. 
Noch am Sterbebette spiegelte sich die Sonne seiner väter- 
lichen Liebe zu seinen Mitbrüdern im vollsten G-lanze und 
es muss ein erhebender Augenblick gewesen sein, da der 
herrliche Mann in seinem Lager halb aufgerichtet, wie 
einstens der sterbende St. Benedikt an seine Schüler die 
letzten Trost- und Mahnworte richtete, während diese, zum 
Theüe auch Greise im Silberhaare, auf den Knieen liegend, 
unter lautem Schluchzen den Segen des sterbenden Vaters 
entgegennahmen. Seine letzten Worte sind uns wie ein 
theueres Vermächtnis erhalten*). Ihm folgte 

64. Andreas I. Wenzel (1807—1831), der Söhn armer 
Eltern aus dem Militärstande und bis zum Antritte der 
Prälatur Seelsorgepriester. Er war wirklicher Hofrath, 
Doctor der Philosophie und Theologie, Beisitzer und theo- 
logischer Eeferent der k. k. Studien-Hof-Commission, Di- 
rektor der theologischen Studien, Präses der theologischen 
Fakultät, zweimal Eeetor Magnificus der Wiener Hoch- 
schule, Ausschussrath des niederösterreichischen ständischen 
CoUegiums u. s. f. Drei Epochen aus seinem verdienstlichen 
Wirken sind hervorzuheben: die Begründung des Schotten- 
gymnasiums, von der wir an späterer Stelle handeln werden, 
sein umsichtiges Vorgehen während der französischen In- 
vasion, das ihm das vollste Vertrauen der niederöster- 
reichischen Stände und Burger Wiens eintrug, so dass er 
in jene Deputation gewählt wurde, welche vor den Welt- 
eroberer Napoleon I. in Schönbrunn hintrat und um Gnade 
für Wien bat; endlich der Bau des Schottenhofes und 
Conventgebäudes, von dem wir bereits Eingangs umständ- 
lich gesprochen haben. 



*) Sie sind in lateinischer Sprache zu finden in dem soeben er-, 
scheinenden Lexikon der Schriftsteller des Benediktiner-Ordens in 
Oesterreich-Ungara vom Jahre 1750 an, unter: „Pointner Benno". 



— 412 — 

65. Sigmund I. SchuUes (1831 — 1861), früher Religions- 
lelirer am Gymnasimn , gelangte nocli jung an Jahren (er 
•war 31 Jahre alt) znr Abtwürde. Er legte die letzte Hand 
an den Ausbau des Schottenhofes, dessen Kupferdach noch 
unter seiner Regierung im Juli 1854 einem schrecklichen 
Brande zum Opfer fiel. Uebrigens würde das Unglück 
grössere Dimensionen angenommen haben, wenn nicht der 
jugendliche, hochherzige Kaiser Franz Josef I. von Oester- 
reich auf die Nachricht von dieser Gefahr hin von Laxen- 
burg her in der Nacht noch auf der Brandstätte erschienen 
wäre, um die ßettungsarbeiten persönlich zu dirigiren. 
Dieser Schlag traf das Stift um so empfindlicher, als eben 
erst die Wunden zu vernarben anfingen, die das Revolutions- 
jahr den Finanzen desselben geschlagen hatte. Hinlänglich 
wurde jedoch Abt Sigismund entschädigt für diese Ver- 
luste durch die allgemeine Theilnahme, welche ihm und 
dem Hause entgegen gebracht wurde bei Gelegenheit der 
700jährigen Jubelfeier der Abtei im Jahre 1858, deren 
wenn auch noch so knappe Schilderung den Rahmen unserer 
Skizze über Gebühr ausdehnen würde. Drei Jahre darauf 
verschied Abt Sigmund (1. März 1861), Ritter des Leopolds- 
ordens, Doctor der Theologie, emer. Rector Magnificus der 
Wiener Universität, k. k. Rath, Indigeua des Königreichs 
Ungarn, niederösterreichischer Landstand, Vicedirector der 
theologischen Studien u. s. f. 

Ihm folgte, berufen durch die einstimmige Wahl der 
Conventualen, der gegenwärtige Stiflsvorstand Abt Othmarl. 
Helfer stör f er. Er stammt aus der ursprünglich zu GörUtz 
im preussischen Schlesien ansässigen alten Familie der 
Helferstorfer*), wovon ein Mitglied, Johann Helferstorfer, 
im Jahre 1529 als wohlbestallter Hauptmann in der 
brandenburgischen Armee erscheint. Geboren zu Baden 
am 19. Juli 1810, kam er frühzeitig nach Wien ins Schotten- 
stift, oblag den Gymnasialstudien am Stiftsgymnasium und 
nahm nach absolvirtem philosophischen Curse das Ordens- 

*) InteresBant ist auch das Familien wappen der H., das eine 
männliche FiguT zeigt, die angethan mit einem rothen Rocke mit ans- 
geschlagenem Kragen, in der einen Hand ein mit der Spitze zu Boden 
gesenktes Sehwert hat, während auf dem Helme des Mannes ein Storch 
steht, der mit dem einen Pusse ein Brot festhält. Unten sind drei 
Arabesken. 



— 413 — 

kleid (20. October 1828). Nachdem er am 21. März 1832 
die feierlichen Gelübde abgelegt und am 28. Juli 1833 
in der Schottenkirche sein erstes heiKges Messopfer dar- 
gebracht hatte, begann er sein Wirken zuerst als Präfect 
der Sängerknaben, dann als Curat und Prediger an der 
Stiftskirche (1835—1842). Im Jahre 1838 wurde er Stifts- 
bibliothekar und 1842 Professor der Humanioren am Stifts - 
gymnasium, 1845 k. k. Hofprediger, 1854 k. k. Hofkaplan 
mid Subprior des Stiftes, schliesslich 1856 Gymnasial- 
director. Seit 1861 bekleidete er auch das ehrende Amt 
eines Religionslehrers bei den durchlauchtigsten Töchtern 
des österreichischen Erzherzogs Albrecht. Im selben 
Jahre (10. April 1861) gelangte er zur Prälatur. Sein 
Wirken als Schottenabt greift zu sehr in die Gegenwart 
herein, als dass wir in der gerechten Würdigung desselben 
dem unbefangenen Urtheile späterer Zeiten vorgreifen 
könnten. Wir haben nur noch zu erwähnen, dass auch 
Abt Othmar, wie alle seine Vorgänger, dem Vaterlande 
seine Dienste weiht, als Regierungsrath, besonders aber 
als Landmarschall von Niederösterreich (seit 1870 dreimal 
dazu ernannt) und als lebenslängliches Herrenhauamit- 
glied u. s. f. Kaiser Franz Josef I. zeichnete ihn aus durch 
die Ernennung zum Eitter des Eisernen Kronenordens 
n. Klasse am 1. März 1874. 

Personälstand. Der Personalstand des Stiftes belauft 
sich, abgesehen von der Person des Herrn Prälaten, auf 
63 Profess-Priester, 6 Kleriker und 3 Novizen. Von den 
Prof ess- Priestern obliegen 5 den häuslichen Offizien, 15 
sind mit dem Gpnnasialunterrichte beschäftigt, 38 an der 
Zahl widmen ihre Kräfte der Seelsorge und dem kate- 
chetischen Unterrichte, 2 sind speciell mit der Verwal- 
tung von Stiftsgütem beauftragt, 1 bekleidet das Amt 
eines Universitätsprofessors imd 2 müssen Kränklichkeit 
halber quiesciren. Die Kleriker besuchen die Vorlesungen 
über Theologie an der Wiener Hochschule, während die 
Novizen die entsprechenden Unterweisungen durch den 
Novizenmeister im Stifte erhalten. 

Seelsorge. Wenn wir uns nun zunächst zur seelsorglichen 
Thätigkeit der Stiftsmitglieder wenden, so müssen wir 
gestehen, dass die Aufgabe derselben in dieser Richtung 
keine geringe ist. Der Pastorirung des Stiftes unterliegen 



— 414 — 

nämlich 19 Pfarreien mit einer Seelenzahl von 113,050 
Pfarrkindem, so dass durchsclmittKcli auf je einen von den 
38 Seelsorgern des Stiftes eine Anzahl von gegen 3000 
Seelen kommt. Das grösste Contingent zu dieser Zahl 
stellen die Stadtpfarre zu den Schotten in Wien mit über 
8000, dann die 3 Vorstadtpfarren, Gumpendorf mit gegen 
40,000, Schottenfeld mit über 30,000 und Maria Trost oder 
St. Ulrich mit gegen 20,000 Seelen. An jeder der 4 Stadt- 
pfarren -wirken je ein Pfarrer mit 3 Cooperatoren. Die 
übrigen Pfarreien liegen mit -wenigen Ausnahmen in der 
Wiener Erzdiöcese. Unter ihnen ist besonders Pulkau 
(gegen 3500 Seelen mit 1 Pfarrer und 2 Cooperatoren) zu 
er-wähnen, da es nebst der Stiftspfarre und Eggendorf im 
Thale den Schottenmönchen bei Begründung des Wiener 
Klosters zur Pastorirung übergeben -worden -war und 
daselbst die sogenannte heilige Blutkirche sich befindet, 
erbaut vom Abte Mauritius zur Sühne der Hostienschändung, 
welche einige Juden verbrochen hatten und die Anlass zu 
einer heftigen Judenverfolgung ge-worden war. Wie sehr 
aber die Schottenmönche von Alters her von der Wichtig- 
keit ihrer seelsorglichen Thätigkeit durchdrungen und 
ihren Pflichten hierin eifrigst nachzukommen bestrebt 
waren, dafür zeugt jedes Blatt in der Stiftsgeschichte, 
namentlich zu Zeiten, wo Pest und Kriege verheerend in 
der Hauptstadt wütheten und die Eeligionsneuerung des 
16. Jahrhunderts einriss. Und nur daraus lässt sich auck 
die ungemeine Anhänglichkeit der Wiener Bürger an das 
Stift, welche sich durch zahlreiche Stiftungen faktisch be- 
thätigte, so-wie die grosse Anziehungskraft erklären, welche 
J)ie Stiftskirche auf die Bewohner Wiens von jeher 
ausübte, so dass auch -viele angesehene Familien sich die- 
selbe, wie wir später hören werden, zur Begräbnisstätte 
auserkoren. Die von Abt Sanctin erbaute gothische Kirche, 
welche an der Stelle des jetzigen Prioratshauses stand, 
wurde durch einen Brand vernichtet, imd auch die später 
ebendaselbst erbaute Kirche fiel einem ähnlichen Schick- 
sale zu -wiederholten Malen zum Opfer. In das Verdienst, 
die jetzige Stiftskirche erbaut zu haben, theilen sich drei 
Aebte. Johann IX. nämlich fasste den Plan, bereitete die 
Mittel vor und baute den Thurm und das Presbyterium, 
Abt Anton führte den Hauptbau aus und Peter Heister 



— 415 — 

brachte denselben zum würdigen Abschlüsse. Die Kirche 
ist im romanischen Style nach einem einheitlichen Plane, 
der von den Baumeistern AUio, dem Aelteren und Jüngeren, 
entworfen wurde, in Kreuzesform erbaut. Die Dimensionen 
des Baues nähern sich denen der Wiener üniversitäts- 
tirche. Gewölbe und Wände sind reichlich mit künst- 
lerischen Stuccaturarbeiten geziert, doch fehlen leider die 
Fresken. Ausser dem Hauptaltare zählt die Kirche acht 
Seitenaltäre, welche durchweg künstlerisch gearbeitete 
Altarblätter aufweisen, woran die bedeutendsten damals 
in Wien lebenden Maler arbeiteten. Das Hochaltarblatt 
(6x3,8 m) stellt den Hingang des Gerechten zu Marien und 
der oberhalb in einem kleineren Bilde thronenden heiligen 
Dreieinigkeit dar, die schönen Gruppen um den Gerechten 
versinnbildlichen die Tugenden, die er hienieden geübt 
hat. Dieses Blatt (gem. 1653), sowie das ähnliche auf dem 
Marienaltare entstammt der Meisterhand des Tobias Bockh.*) 
An künstlerischem Werthe jedoch werden diese beiden, 
sowie das ihnen gleichende Bild am Sebastiansaltar (gem. 
von Rosenbruyk), von den herrlichen Blättern an den 
beiden Seitenaltären neben dem Presbyterium, von denen 
das eine Christus am Kreuze (gem. 1654), das andere die 
beiden Apostelfürsten (1652) darstellt. Namentlich das 
erstere ist von vollendet künstlerischer Haltung. Meister 
Joachim Sandrart von Stockau**) hat sie geschaffen. 
Neben dem Marienaltar ist der Gregorialtar aus Marmor 
mit dem von Georg Bachmann. gemalten Bilde des ersten 
grossen heiligen Pabstes in der Mönchskutte. Gegenüber 
dem Gregorialtare erhebt sich der zu Ehren des heiligen 
Benedikt; das Blatt (gem. von Tobias Bockh) giebt den 
heiligen Benedikt umgeben von all' den grossen Heiligen, 
die bei ihren Ordensstiftungen seine Regel zur Richtschnur 
nahmen. Die zwei letzten Seitenaltäre weisen Bilder von 
Meister Jochmus und zwar die heilige Anna und die heilige 
Barbara auf. 



*) Bekannt durch die thätige Mitwirkung bei Herstellung der Hol- 
beinschen Wandbilder im Eathhause zu Basel. 

**) Er war einer der gefeiertsten Maler seiner Zeit und fruchtbarer 
Schriftsteller in seinem Fache, der von Ferdinand III., den er por- 
traitirte, geadelt wurde. Eines seiner bekanntesten "Werke ist das 
grosse Friedensbanket auf dem Kathhause zu Xümberg. 



— 416 — 

Ein. besonderes Interesse nekmen die vielen Grab- 
monumente in Anspruch, -welche an den Wänden der 
Kirclie und in der eigens zu diesem Zwecke erbauten 
Monumentenballe angebracht sind und die Namen aller 
jener Familien aufweisen, welche bei den Schotten ihre 
letzte Ruhestätte suchten. Der Stiftspriester und Professor 
P. Norbert Deehant hat im Jahre 1877 eine Kenotaphio- 
graphia Scotensis herausgegeben, worin alle noch jetzt 
im Bereiche der Stiftskirche vorfindlichen Grabdenkmale 
beschrieben werden. Berühmte Namen werden darin er- 
wähnt; so sind unter anderen bei den Schotten begraben 
viele Mitglieder der fceiherrlich Breuner'schen Familie, 
der Häuser Khevenhüller, Rosenberg, Dietrichstein, Buol, 
Windischgrätz u. s, f. Künstlerisch bedeutend sind: das 
Denkmal des Ernst Rüdiger von Starhemberg, des unsterb- 
lichen Vertheidigers von Wien in der türkischen Be- 
lagerung von 1683; ferner das Ludwigs Andreas von Kheven- 
hüller, General-Feldmarschalls (f 1744), und das der Gräfin 
Windischgrätz, geborene Gräfin von Erdöd (f 1777 im 
29. Lebensjahre) mit dem treflElich in Mosaik gearbeiteten 
Bildnisse derselben. Erweislich ruht bei den Schotten aucli 
Bertha von Liechtenstein (f 2. Mai 1476), welche in der 
Sage sich unter der Bezeichnung der Bertha von Rosen- 
berg, der weissen Frau, erhalten hat.*) Von Ornaten und 
Paramenten aus älteren Zeiten hat die Abteikirche fast 
gar nichts aufzuweisen. Die kostbaren Ornate imd Kelche 
stammen aus neuerer Zeit, Von grossem Werthe ist eine 
Monstranz, welche aus dem Schmucke der Frau Monika 
Zelinka, der Gattin jenes unvergessUchen Wiener Bürger- 
meisters, gefertigt ist. 

Lehrthätigkeit der Schotten. Auch auf diesem Haupt- 
felde benediktinerischer Ordensthätigkeit haben sich die 
Schotten versucht und, wie dies die Hausgeschichte bis 
auf den heutigen Tag bezeugt, mit nicht unbedeutendem 
Erfolge. Vor allem Hessen sie sich die Erziehung der 
Jugend angelegen sein, und wenn auch die Mönche in den 
ersten Jabxen ihrer Ansiedelung damit vollauf beschäftigt 
waren, in Wien festen Fuss zu fassen, so lag es doch eben 



*) Tgl. darüber Feil in den Mittheil, der C.-C. far Baudenkm. 
IL B. p. 71. 



— 417 — 

auch in ihrem Berufe, rasch in ihrem Bezirke ihre Lehr- 
thätigkeit nach aussen zu entfalten, und so entstand bald 
nach der Schule von St. Stefan auch bei den Schotten eine 
Laienschule, für deren Bestand "wir wohl erst aus dem 
Jahre 1310 einen urkundlichen Beleg*) beibringen können. 
So bestand die Klosterschule neben der von St. Stefan imd 
der von St. Michael ebenbürtig fort, bis die Gründung der 
Wiener Hochschule (1365) insofern eine -wesentliche Aen- 
derung in derselben bewirkte, als sie nun eine Art Vor- 
bereitungsschule für die Universität wurde. Doch erfuhr 
sie zu Beginn des 16. Jahrh. eine wesentliche Erweiterung 
in den wissenschaftlichen Disciplinen namentlich auch durch 
die Begründung der berühmten Musikschule und wurde zu- 
gleich auch mit einem Convikte für adelige Zöglinge ver- 
bunden. Einen glänzenden Aufschwung nahm die Kloster- 
schule unter dem musenfreundlichen Abte Benedikt I. 
Chelidonius (um 1520) und der Andrang zu der von den 
tüchtigsten Kräften geleiteten Schule war so gross, dass 
die Mehrzahl der Petenten wegen Raummangel abgewiesen 
werden musste. Wieder schauen wir unter Abt Anton (um 
1640) ein frisches, bewegtes Bild daselbst. Abt Karl Fetzer 
(1705—50) erneuerte die Zeiten des Chelidonius: eiae neue 
Studienordnung brachte einen einheitlichen Plan in den 
Unterricht; öffentliche Disputationen wechselten mit dra- 
matischen Aufführungen, kurz unter des Klosters Schutz 
gedieh die Blume der Wissenschaft in herrlicher Entfaltung. 
Da aber brachen von allen Seiten, besonders vom eisigen 
Norden herab nach Kaiser Karls VI. Tode die schneidigen 
Kriegsstürme über Oesterreichs Gefilde herein und knickten, 
wie so manches andere Edle, auch diese Blume. Das 
Stift musste ob der unerschwinglichen Kriegslasten die 
Schule sammt dem Convikte eingehen lassen und nur die 
eigenen Kleriker fanden noch Unterricht in Theologie und 
Philosophie daselbst. Ernste Stille zog nun ein, wo sonst 
die Hallen und Gänge vom Lärmen der wissbegierigen 
Jugend wiederhallten. Das mochte an die 70 Jahre ge- 



*) Hubmeister Konrad stiftet bei den Schotten eine Seelenmesse 
™it Vigilien und bemerkt ausdrücklich, dass letztere von den Prie- 
stern und Schülern nach alter Gewohnheit gesungen werden sollen^ 

Ein Benediktinerbuch. 27 



— 418 — 

■währt haben, als von Seite der Regierung im Jahre 1806 
an Abt Benno die Aufforderung erging, im Schottenhofe ein 
Gymnasium statt des zu St. Anna bestehenden zu be- 
gründen und mit stiftlichen Lehrkräften zu besetzen. Der 
nächste Abt Andreas realisirte den Wunsch des Kaisers, 
errichtete das jetzige ansehnliche Gymnasialgebäude, ver- 
sah die Anstalt mit entsprechenden Lehrmitteln und so 
tonnte das Gymnasium am 4. November 1807 feierlichst 
eröffnet werden. Der erste Präfect war Meinrad Liechten- 
steiner. Wohl mussten zur Deckung der Kosten fremde 
Kapitalien aufgenommen werden; doch begrüssten die 
Glieder der Abtei die Gründung des Gymnasiums mit 
grosser Freude. Denn nun war ihnen ja jenes „vorzüg- 
lichste und älteste Feld der Thätigkeit des Benediktiner- 
ordens, das Feld der wissenschaftlichen Jagendbildung 
wieder zurückgegeben", ein Feld, auf dem ihre Vor- 
fahren bereits Rühmliches geleistet, wo nun auch sie 
wirken konnten und ihre Nachfolger bis auf den heutigen 
Tag der Kirche wie dem Staate die wesentlichsten Dienste 
leisteten, „da ja in einer enggeschlossenen, von Einem 
Geiste durchdrungenen, religiösen Corporation, welche zur 
Pflege der Wissenschaft Mittel imd Kräfte besitzt und von 
den erhabenen Grundsätzen der katholischen Kirche durch- 
drungen ist, nicht nur die Bedingungen eines gedeihlichen 
Unterrichtes, sondern auch die Faktoren zu einer positiv- 
christlichen Erziehung jenes Theiles der Jugend gegeben 
sein dürften, welcher berufen ist, einstens die hervor- 
ragendsten Stellen in der Gesellschaft einzunehmen und 
einen unübersehbaren Einfluss auf die Mitmenschen aus- 
zuüben". Dass wir mit dieser Ansicht nicht vereinzelt da- 
stehen, dafür bürgt die ungemein grosse Frequenz des 
Schottengymnasiums (durchschnittlich 500 Schüler), die 
seit einer so stattlichen Reihe von Jahren im erfreulichen 
Zunehmen begriffen ist, so dass, wie ehedem an der alten 
Klosterschule, so manche Bewerber wegen steigender Ueber- 
füUung der Lehrsäle abgewiesen werden müssen. Es 
möge hier ein auf die Schottenschule alter und neuer Zeit 
bezügliches Gedicht einen Platz finden: 



— 419 — 

Jasomirgotts Monument zn Wien.*) 

„Es soll bei meiner Hofburg bestehn 

Für Pilger, die nach Jerusalem gehn, 

Ein Haus zur Herberge ihnen gebaut, 

Den Jüngern Sankt Benedikts -werd' es vertraut. 

„Ich schütze sie selber mit fürstlichem Wort, 
Sie pflegen die Ordnung, den Frieden mir dort, 
Doch seien sie alle aus schottischem Land, 
Umschlingen soll sie ihrer Heimat Band. 

„Und was sie bedürfen an Speise und Wein, 
Soll aus meiner Hofburg gegeben sein." 
So sprach Henricus, so ist's auch geschehn; 
Er stiftet das Haus, das wir heute noch sehn. 

Im Hofe, da sprudelt im grünen Rondell 
Von blühenden Bäumen ein lustiger Quell, 
Der ist mit dem Bildnis des Herzogs geziert. 
Das Haus in der Hand, das er aufgeführt. 

Und auf dem Brunnen, da ist er zu schaun 

In fürstlicher Haltung in Stein gehaun; 

Und wie dort das Wasser sich endlos ergiesst, 

So strömt auch die Segnung, die immer noch fliesst. 

Schon seit Jahrhunderten hat hier florirt 
Die Schule, mit guten Meistern geziert; 
Sie blüht bis auf unsre Tage fort 
Als Segensfrucht von des Herzogs Wort! 

Die Stiftsbibliofhek und wissenschaftliche Thätigkeit. 
Wenn ^ auch die national-schottischen Mönche, wie wir im 
Verlaufe dieser Skizze mehrmals betont haben, mehr prak- 
tische Leute waren, welche St. Benedikts Regel hauptsäch- 
lich nach ihrer realen Seite auffassten, so waren sie doch 
zu sehr von der Macht der Wissenschaft, von jener geisti- 
gen Grossmacht, die in den Büchern ihre Festungen hat, 

*) Aus „Der Babenberger Ehrenpreis" von Sebastian Bmnner. 

27* 



— 420 — 

durchdrungen, als dass sie mcht auch die Anlegung und 
Erhaltung einer Bibliothek zu ihrer angelegentlichsten 
Sorge gemacht hätten. Und wenn sie selbst auch gerade 
nicht literarisch thätig "waren, so wurde doch die Schön- 
schreibekunst sorgfältig gepflegt, -wofür ein vom Abte 
Nikolaus I. auf Pergament sauber verzeichnetes Stiftsgrund- 
buch von 1314 den besten Beleg liefert. Und -wenn die 
Stiftsbibliothek, wie wir gleich hören werden, verhältnis- 
mässig wenig alte Mss. Codices besitzt, so hat das leider 
seine guten Gründe. Erstens mochten die Schotten bei 
ihrem Abzüge die werthvoUsten Codices mitgenommen 
haben und dann thaten die häufigen Feuersbrünste das 
Uebrige. So erwähnt Bischof Georg von Passau, dass viele 
kostbare Urkunden und literarische Monumente durch den 
schrecklichen Brand von 1410 ein Raub der Flammen 
worden. Unberechenbaren Schaden fügte der Bibliothek 
die Plünderungswuth der Landsknechte zu, die im Jahre 
1529 im verlassenen Kloster ärger als die Türken hausten. 
Die Bibliothek zählt gegenwärtig an 600 Handschriften. 
Die älteste datirte stammt aus dem Jahre 1290. Die 
meisten sind Bander des 14. und 15. Jahrhunderts und zum 
grossen Theile theologischen und juridischen Inhalts, die 
meist von den Autoren selbst dem Stifte geschenkt wurden. 
Trotz der enormen Verluste gehörte nämlich die Schotten- 
bibliothek doch zu den berühmtesten Büchereien jener 
Zeit und viele Gelehrte glaubten ihren Bücherschätzen 
keinen besseren Platz anweisen zu können als in der 
Schottenbibliothek. Eine ganz besondere Erwerbung dieser 
Art bildet ein Codex vom Jahre 1436 vom Magister Stefan 
Krewch (Kreuz) von Traunstein, der eine höchst interessante 
Illustration zu den damaligen rechtlichen Zuständen "Wiens 
liefert. Bemerkenswerth ist auch die testamentarische 
Verfügung des Probstes von Brunn, Dr. Juris Johann 
Polzmacher vom Jahre 1453, der dem Stifte seine reiche 
literarische Sammlung, 46 Pergamentcodices über Decre- 
talen, 6 über Civilrecht, 30 moralische und poetische Werke 
vermachte mit dem Zusätze, dass die juridischen Werke 
von den Juristen gegen Caution imd angemessene Ver- 
gütung entlehnt werden können. Wir müssen hierzugleich 
auch constatiren, dass die von den Stiftsmitgliedern ver- 
fassten Werke leider nur vereinzelt in der Schottenbiblio- 



— 421 — 

thek sich finden und meist in fremden Händen sind.*) 
Das erste gedruckte Werk erMelt die Bibliothek zum Ge- 
schenke von Magister Wolfgang Forster, nämlich einö 
Summa Alberti Magni de Sacramento Eucharistiae (1474). 
An Inkunabeln oder ersten Druckwerken bis 1500 zählt 
man 700 Bände. Die älteste datirte Inkunabel ist ein 
Lactantius mit Initialen , die ' dem berüchtigten Initialen- 
dieb, dem Engländer Dipdin, so sehr in die Augen stachen, 
dass er sie escamotiren wollte, zum Glück aber von dem 
Bibliothekar bei diesem Versuche ertappt wurde. Durch 
fortwährende Ankäufe (Abt Karl Fetzer schaffte z. B. um 
20,000 /. Bücher) ist die Bändezahl bis über 60,000 ge- 



*) Vgl. das vom P. Meinrad Adolf, Subprior des Stiftes, heraus- 
gegebene Chronicum literarium Benedictino-Scotense , "Wien 1874, wel- 
ches biographischeSatenund die Zusammenstellung der von Schottencon- 
ventualen herausgegebenen literarischen Produkte giebt. Die Schriftstelle 
desHauses von i750an finden sich übrigens auch in dem oben citirten Bene- 
diktiner-Lexikon. Als ausgezeichnete Schriftsteller des Hauses im Mittel- 
alter sind zu erwähnen (in chronologischer Beiheufolge) : Abi Johann V. 
(t 1446) von Ochsenhausen, der eine Abhandlung über die Sakramente 
zusammenstellte (vorh. in der Stiftsbibliothek); ferner Abt Martin 
(t 1464). Bekannt sind von ihm: das „Senatorium" oder historisches 
Gespräch zwischen einem Greise und einem Jüngling, welches nebst 
seiner Biographie und der Geschichte der Generalvisitation von 14&1 
eine Geschichte des Schottenklosters, der Babenberger und Habsburger 
und eine Abhandltmg über einige Urdenahcilige enthält, femer Tria- 
logus de gratitudine beneficiorom dei, Trialog. de militia Christiana, 
Ceremonialia Martini Abb. Soot., Sermo in visitatione Monasteriorum 
etc. Abt Benedikt Chelidonius, der Musenfreund (t 1521), reiht sich 
würdig an; er schrieb unter anderem: das allegorische Singspiel 
„Volnptatis cum Virtute disoeptatio (Streit des Vergnügens mit der 
Tugend), welche» von den Schülern der Schottenschule aufgeführt 
Wurde und dem Sohne des Helden Salm gewidmet ist ; ferner Carmina 
de Vita et pässione Christi (Gesänge über das Leben und Leiden des 
Herrn), Carmina de vita Mariae, jedes mit einem Kupferstich von 
Albrecht Dürer, STürnberg 1511, ein Brief und Gedicht an Georg Spala- 
tinus , ein Gedicht und zwei Briefe an Pirkhaimer , gedr. Altorf 1758, 
ein Brief und ilpigramöi, beigedruckt des Joh. Gochlaeus "Werke 
Pompon. Mel. u, Compend. geograph. u. s. f. , dann eine mit der Wid- 
mung an Kaiser Maximilian in "Wien 1519 erschienene Untersuchung über 
die für die Scholastik so wichtigen vier Bücher der Sentenzen, wozu 
Benedikt vom berühmten Magister Joannes Eck, der den Codex auf 
seiner Eeise nach "Wien in Melk entdeckte, aufgefordert wurde. 
(Dieses "Werk ist zugleich und leider das einzige, welches die Schotten» 
hibliothek von Chelidonius aufzuweisen hat.) 



— 422 — 

stiegen. Die Theologie ist am reichsten vertreten, und 
nach dem ürtheile des Probstes Döllinger, der die Biblio- 
thek besichtigte, kann das Stift mit Recht stolz sein auf 
die fast einzig dastehende werthvoUe Collection der Mau- 
riner Väterausgaben. Reiches Material findet auch der 
Jurist, namentlich was Kirchenrecht anlangt, und der 
Historiker für österreichische G-eschichte, Das grösste Ver- 
dienst um die Zusammenstellung, Ordnung und Comple- 
tirung der Büchersammlung hat sich unstreitig Abt Othmar, 
der ein trefflicher Bibliognost ist und früher durch 23 
Jahre Bibliothekar war, erworben. Nicht nur, dass er 
innerhalb zweier Jahre (1838—40) den Manuscripten-Zettel- 
katalog (600 Blatt) verfasste und die immense Zahl von 
35,000 Bänden sichtete und beschrieb und dazu den grossen 
Zettelkatalog (36,000 Blatt in 4°) verfertigte, hat er auch 
aus seiner höchst interessanten Privatsammlung an die 
Bibliothek an die 8000 Bände der gesuchtesten Werke ab- 
gegeben und sorgt noch immerfort namentlich für die 
Completirung von Sammelwerken. Der Bibliothekssaal er- 
hebt sich über dem grossen Vestibüle, ist zwei Stockwerke 
hoch und hat zur Basis ein Rechteck (Dim. 13 x 7*^) mit 
halbkreisförmigem Abschlüsse. Das Licht erhält er zumeist 
durch die weite Oberlichte an der gewölbten Decke. Diese 
sowie die beiden Gallerien werden durch je vier mächtige 
Säulen gestützt. Zur Bibliothek gehören noch der im 
zweiten Stock befindliche Handschrtftensaal und das Klas- 
sikerkabinet. In den grossen Bibliothekssaal gelangt man 
durch das Portal vom ersten Stocke des Conventgebäudes 
und auf die Gallerien durch zwei Thüren vom zweiten 
Stocke. Mit der Bibliothek vereinigt ist auch die 

Jfefww^samwZMW^fdes Stiftes. Dieselbebestand ursprünglich 
aus 12,000 Münzen und etlichen Bänden über Numismatik. 
Eine wesentliche Bereicherung erhielt sie durch die testa- 
mentarische Verfügung des Herrn Timoni, der dem Stifte 
seine kostbare Privatsammlung von 28,000 Stück mit 5000 
Bänden numismatischer Literatur vermachte, geleitet von 
der Ueberzeugung, dass diese Sammlung, für deren Er- 
gänzung er ein Mensehenalter rastlos gearbeitet hatte, als 
Eigenthum einer geachteten Körperschaft am besten intact 
erhalten werde und so erst den eigentlichen Werth fort- 
während besitze. Die stiftliche Münzsammlung zählt also 



— 423 — 

gegenwärtig 40,000 Stück Münzen mit ungefähr 6000 Bän- 
den Literatur. 

Einen grossen Wertli repräsentirt auch das stiftliche 
MusiJcalienarcMv, um dessen Hebung sich besonders Prior 
Theodor Zwettler, f 1826, verdient gemacht hat, der selbst 
musikalisch gebüdet war, mit den damaligen Koryphäen 
Haydn, Abbö Stadler und Eybler in regem, innigem Ver- 
kehre stand und unter anderen ein einfach-schönes Fange 
lingua componirte. Als besonderen Schatz weist das Musi- 
kalienarchiv fast sämmtliche Compositionen des ehemals 
schottischen, dann Hofkapellmeisters und berühmten Com- 
ponisten Eybler auf in Partituren, die von der Hand des 
Meisters selbst stammen. 

Sehenswerth ist auch die Gemäldegallerie , welche in 
die Säle und Zimmer der Prälatur vertheilt ist und auf 
deren Begründung der kunstsinnige Aht Karl grosse Sum- 
men verwendete. Wo sich ihm eine Gelegenheit bot, 
kaufte er werthvoUe Gemälde an und beschäftigte zugleich 
verschiedene Künstler mit Aufbrägen, so dass er eine ganz 
schätzenswerthe Sammlung zu Stande brachte. Ein grosser 
Theil derselben aber wurde von Abt Benno auf den Wunsch 
Kaiser Josef II. an die k. k. Bildergallerie im Belvedere 
abgegeben, wo die Bilder jetzt noch einen ganz vorzüg- 
lichen Platz behaupten. Für diese Bereitwilligkeit erhielt 
Benno vom Kaiser ein werthvoUes Pectorale sammt Ring, 
überdies wurden auch die Gemälde durch andere aus der 
k. k. Gallerie ersetzt, worunter sich eine Madonna nach 
Carlo Dolce besonders auszeichnet. Noch finden sich in 
der stiftlichen Sammlung mehrere Gemälde von Rubens, 
Rembrandt, Titian, Lucas v. Cranach, Brand, Seybold und 
anderen grossen Meistern. Interessant ist auch die CoUec- 
tion von altdeutschen Gemälden in den Gastzimmern der 
Prälatur. 

Literatur und StiftsarcJdv. Es erübrigt uns nur noch, 
über die hauptsächlichsten Quellen zu referiren, aus denen 
wir die Daten zu vorstehender Skizze geschöpft haben. 
In der Darstellung der historischen Ereignisse sind wir 
ganz gefolgt dem „Abriss einer Geschichte der Benedik- 
tinerabtei U. L. F. zu den Schotten in Wien", Wien 1858, 
Mechitharistendruckerei, 166 S. 4°, welchen Dr. Ernest 
Hauswirth, Capitularpriester und Archivar, verfasst hat. 



— 424 — 

"Wie verdienstlich, diese trefflicli geschrieliene Arbeit ist, 
mag man aus dem Umstände ermessen, dass sie bislang 
die einzige, bistoriscli- pragmatische Darstellung der Ge- 
schichte des Schlottenstiftes ist; denn die um 1580 herum 
erschienene Chronik des Schottenorganisten Rasch gewährt 
trotzdem, dass dem Verfasser das Archiv offen stand, wenig 
kritische Sicherheit selbst für die damalige Zeit, und was 
Hormayr zu Beginn dieses Jahrhunderts in seiner Geschichte 
Wiens und ganz genau mit dessen Worten der Stiftspriester 
Honorius Kraus, Pfarrer von Schottenfeld, in seinem Gedenk- 
buche dieser Pfarre über die historische Vergangenheit 
des Schottenstiftes schreiben, ist doch kaum mehr als chro- 
nikartig und bietet zudem noch wenig Verlässliches. Das 
Chronicon litterarium von P. Meinrad Adolf und P. Nor- 
bert Dechants Kenotaphiographia Scotensis haben wir an 
anderer Stelle bereits angeführt. Reiches und sehr schätzens- 
werthes Material für die Stiftsgeschichte bietet das trotz 
unberechenbarer Verluste noch immer stattliche und reich- 
haltige Stiftsarchiv, um dessen Sichtung sich der leider 
zu früh verstorbene Capitular und Dichter Berthold 
Sengschmitt sehr verdient gemacht hat. Einigen Ersatz 
für verloren gegangene Originalstücke gewähren zwei 
werthvolle Copialbücher auf Pergament aus dem 15. Jahr- 
hundert. Die ziemlich gut erhaltenen und mit schönen 
Siegeln versehenen Urkunden bis zum Jahre 1418, 457 an 
der Zahl, hat Dr. Emest Hauswirth veröffentlicht in der 
IL Abth. XVIII. Bd. der „ Oesterreichischen Geschichts- 
quellen", Wien 1859, unter dem Titel: „Urkunden der 
Benediktinerabtei U, L. F. zu den Schotten in Wien vom 
Jahre 1158 — 1418." Dass das Stiftsarchiv bei der innigen 
Verknüpfung der Interessen des Stiftes mit denen der 
Stadt Wien und des Landes für die Darstellung der Ge- 
schichte letzterer dem Historiker ebenfalls reichlichen, gar 
nicht verachtenswerthen Stoff bietet, ist nach dem Ge- 
sagten wohl von selbst einleuchtend. 

Bebthold L. Bayeb. 




Stift Seitenstetten. 

alle der Grenze des Landes ob der Enns erhebt 
sich in Niederösterreich in dem anmuthigen rings 
von waldgekrönten Hügeln umschlossenen Thale 
der Url die uralte Benediktiner- Abtei Seitenstetten. 
Das Stiftsgebäude, eines der schönsten Bauwerke des 
Landes aus dem verflossenen Jahrhundert, bildet ein voll- 
kommen ausgebautes regelmässiges Oblong, das, weil auf 
einem sanft ansteigenden Hügel erbaut, gegen Osten und 
Norden drei, gegen Westen und Süden jedoch nur zwei 
Stockwerke hat. Fast in der Mitte des Vierecks erhebt 
sich in dem grossen mit einem Wasserbassin, in dessen 
Mitte auf einem G-ranitsockel eine schöne Statue der un- 
befleckten Himmelskönigin mit dem Kinde steht, ge- 
schmückten, sehr nett und rein gehaltenen Hofe die Kirche. 
Dieselbe zeigt in ihrem Lmern noch die ursprüngliche 
Anlage der gothischen Pfeilerbasilika mit hohem Mittel- 
schiffe und bedeutend niedrigeren Abseiten, von denen es 
dm*ch vierkantige mächtige Pfeiler getrennt wird. In 
derselben befinden sich nebst dem Hauptaltare, einem 
schönen Werke der Eococozeit, in deren Geschmack auch 
die Kirche selbst zu Anfang des verflossenen Jahrhunderts 
umgeformt wurde, noch acht Seitenaltäre in gleichem 
Style, alle mit Bildern von der Meisterhand des bekannten 
Kremser Schmidts geziert. An der Nordseite der Kirche 
steht eine Kapelle im romanischen Styl erbaut und mit 
schönen alten Glasmalereien geschmückt. Dieselbe, ein 
Bau des 12. Jahrhunderts, soll der Tradition nach die 
ehemalige Kapelle in der Burg des Stifters von Seiten- 
stetten gewesen sein, und heisst heute noch die ßitter- 
kapelle. An den Wänden derselben sind einige bemerkens- 
werthe Grabsteine eingefügt. An die Südseite der Kirche 
sind zwei kleinere Kapellen angebaut, von denen die erstere 
die Familiengruft der edlen Grafen von Salburg, die 
letztere die Gruft der Priester umschliesst. Der Kirche 



— 426 — 

gegenüber befindet sicli auf der Westseite das Haupt- 
portal mit der imposanten, grossartigen, von acht massiven 
Pfeilern getragenen Eingangshalle. 

Wir -wenden uns von derselben zur linken Seite gegen 
Norden und gelangen durch, einen breiten, lichten Korri- 
dor und das prachtvolle von de la Torres Meisterhand 
mit einem herrlichen Freskengemälde geschmückte Stiegen- 
haus in einen weiten mit Marmorplatten gepflasterten 
Gang, der einerseits zu einem mit künstlichem Marmor 
und prachtvollem Deckengemälde gezierten Saale führt, 
hinter denen die einfachen Gemächer des Abtes liegen, 
andererseits vor den schönen Zimmern für Gäste vorbei 
zu einem über der Einfahrtshalle befindlichen Saale uns 
leitet, in dem die feierlichen Schulfeste des Gymnasiums 
abgehalten -werden. Denselben durchschreitend gelangen 
■wir vor den Wohnungen der Stiftssängerknaben und ihres 
Präfekten vorbei zur Wohnung des Gymnasial-Direktors, 
an die das Lehrzimmer für Physik mit dem an Instru- 
menten für diesen Gegenstand reich ausgestatteten physi- 
kalischen Kabinet stösst. Damit haben -wir die Reihe 
der -wissenschaftlichen Sammlangen betreten, welche die 
Schätze Seitenstettens , das gleich den meisten anderen 
Stiften des grossen Ordensstifters St. Benedikt in Oester- 
reich in der Erziehung der Jugend seine Hauptaufgabe er- 
blickt, bilden. Wenige Schritte, imd wir befinden uns in 
dem schönen Konchylien- und Mineralienkabinet, das einen 
grossen Reichthum der seltensten und schönsten Stücke 
birgt und den bestausgestattetsten Sammlungen dieser 
Art beizuzählen ist. Von demselben gelangen -svir durch 
einen gleichfalls zumeist mit naturwissenschaftlichen Ob- 
jekten (Zoologie, Botanik) angefüllten Korridor in die 
Bibliothek, unbestritten der grösste Schatz des Stiftes. 
Dieselbe besteht aus einem mächtigen, zwei Stockwerke 
hohen und mit einem in herrlichster Frische strahlenden 
Freakengemälde von Altomonte geschmückten Saale, durch 
welchen in der Höhe eines Stockwerkes ringsum eine 
ziemlich breite Gallerie läuft. An diesen Saal, der durch 
seine in gleichem weissen Einbände gebundenen, zahl- 
reichen Bücher, unter denen in den 24 bis zur Gallerie 
reichenden und den 28 über dieselbe bis fast an die Decke 
sich erhebenden Ahornachränken seltene und kostbare 



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— 427 — 

Werke sich befinden, einen schönen Anblick gewährt, 
schliesseu sich drei weitere mittelgrosse Zimmer, von 
denen das erste die Handschriften und Inkunabeln — 
darunter mehrere mit prachtvollen Initialen geschmückte 
Manuscripte und Erstlingsdruckwerke — , das zweite und 
dritte Zimmer die neuesten für den Gebrauch der Profes- 
soi'en und anderen Capitularen des Stiftes nothwendigen 
Werke, nach den wissenschaftlichen Disciplinen geordnet, 
enthalten. Die Gesammtzahl der Bände, einschliesslich 
der Manuscripte und Inkunabeln beträgt bei 60,000, und 
haben sowohl der jetzt regierende Abt Dominik II. als 
auch der verstorbene Prälat Ludwig Strömer ihre ganze 
Sorgfalt der Bibliothek zugewendet. Von der Bibliothek 
gelangen wir in den Convent, d. i. die Wohnungen der 
Capitularen, welche den ganzen östlichen Trakt des Stiftes 
einnehmen. Wir verlassen die netten Zimmer und die 
schönen, lichten, breiten Gänge des Conventes und ge- 
langen in die Erziehungsanstalt des Stiftes, das den ganzen 
langen, oberen Trakt der Südseite und die Hälfte des 
gleichen Traktes der Nordseite einnimmt. Beide sind 
durch eine schöne gusseiserne mit hohem Geländer ver- 
sehene Brücke, welche den über der Einfahrtshalle be- 
findlichen Prüfungssaal in nicht ungefälliger Weise durch- 
schneidet, verbunden. Herrscht im Convente klösterliche 
Stille, so geht es hier um so lauter zu. Auf dem langen 
breiten Korridor und in dem Unterhaltungszimmer tummeln 
sich — in den freien Stunden, wenn Jupiter pluvius das 
Betreten des grossen, schönen, ausserhalb des Stiftes liegen- 
den Spielplatzes in neidischem Grolle nicht gestattet, — 
die kleineren Zöglinge in ungebundener Lust und Fröhlich- 
keit umher, bald init kundiger Hand den weitfliegenden 
BaU schlagend, bald mit fröhlichem Lachen einander 
nachjagend, während die erwachsenen Zöglinge in würdiger, 
ernster Haltung, wie es einem Piaton und Tacitus lesen- 
den Studirenden des Obergymnasiums geziemt, auf- und 
abschreiten. Doch, nachdem -vvir dem munteren Spiele 
der fröhlichen Jugend eine Weile zugesehen und uns der 
schönen Tage unserer eigenen goldenen Jugendzeit erinnert 
haben, besehen wir uns das Convikt selbt genauer. Das- 
selbe, für 115 Zöglinge eingerichtet, enthält fünf grosse, 
hohe, lichte Schlafsäle, zwei Krankenzimmer, ein Wasch- 



— 428 — 

zimmer, die Wohmingen des Convikts- Direktors, dreier 
Präfekten und der noth-virendigeii Dienerschaft, sowie den 
grossen, hohen, durch zehn Fenster beleuchteten Studir- 
saal, in welchem die grossen und kleinen Zöglinge, jeder 
bei seinem Pulte, in genau bestimmten Stunden unter 
der Aufsicht eines Präfekten ihren Studien obliegen. Wir 
nehmen Abschied von der fröhlichen Jugend und schreiten 
die breite, lichte Stiege hinab in das Souterrain des Süd- 
traktes, wo uns eine Mauer mit der Aufschrift: „K. K. Ober- 
gymnasium" belehrt, dass wir vor den Hallen der Wissen- 
schaft stehen. Eintretend in diese heiligen Räume, 
bemerken wir eine Flucht von Thüren, welche durch die 
über ihnen angebrachten Inschriftstafeln als die Lehr- 
zimmer des Gymnasiums, die Wohnung des Schuldieners, 
Lehrmittelzimmer für den geographischen und mathe- 
matischen Unterricht sowie die Bibliothek für die Studiren- 
den sich entpuppen. Die Lehrzimmer, acht an der Zähl, 
sind hoch, licht und geräumig, und weisen die überall sich 
gleichbleibenden Schuleinrichtungen auf: Tafeln, Katheder, 
Bänke — nach den neuesten Vorschriften angefertigt — , 
die Wände mit einem Crucifix, dem Bildnisse Sr. Majestät, 
Karten, historischen und botanischen Bildern und Meinen 
Insekten- und Schmetterlingskästen geschmückt. Die 
Grymnasial-Bibliothek, bei viertausend Bände reich, ent- 
hält die Meisterwerke der Literatur und unzählige Jugend- 
und belehrende Schriften. Das Gymnasium, welches sich 
eines zahlreichen Besuches erfreut — es zählte im ab- 
gelaufenen Studienjahre (1878/9) 312 öffentliche Schüler, 
unter denen sich 60 Zöglinge des im Jahre 1871 von 
Krems nach Seitenstetten verlegten Diöcesan-Kiiaben- 
seminars befinden — , wird von einem' Direktor und drei- 
zehn ordentlichen Professoren, welche Capitularen des 
Stiftes sind, und sechs Nebenlehrem für die nicht obli- 
gaten Gegenstände geleitet. 

Die Räume der schönen Lehranstalt verlassend führt 
uns der Weg dem breiten Gange des Südtraktes entlang, 
vorbei vor der grossen, mit den neuesten Geräthen ver- 
sehenen Turnhalle, die auch für den Musik-Unterricht 
benutzt wird, wieder zur herrlichen Eingangshalle an der 
Westseite, durch die wir das Stift verlassen, um dem nur 
wenige Schritte von dem Kloster gegen Westen auf einer 



— 429 — 

Anhölie entfernt liegenden Wirtiiscliaffcsgebäude noch einen 
Besucli abzustatten. Dasselbe, einen Flächenraiun von 
anderthalb Jochen umfassend, bildet, gleich dem Stifte, 
ein weithin sich erstreckendes regelmässiges Rechteck, 
das durch zwei Quertrakte in drei Höfe getheilt wird, 
von denen der mittlere, der eigentliche Wirthschaftshof, 
durch respectable Grösse sich auszeichnet. Unter dem 
Geleite des P. Oekonom durchwandern wir die weiten 
gewölbten Eäiune, wo das stattliche Rindvieh und die 
feurigen Rosse ihr Heim haben, und gelangen Ton den- 
selben in die Wirthschaftsräume imd Werkstätten der 
für eine so ausgedehnte Oekonomie, wie sie das Stift be- 
sitzt, stets nothwendigen Handwerker. Das erste und 
einzige Stockwerk dient theils zur Wohnung des Gesindes, 
theüs zum Aufbewahren der Futter- und Getreidevorräthe, 
während tief unten in dem Keller mächtige Fässer 
lagern, in denen der in dieser Gegend allgemein als 
Getränk benutzte Most (Cider) eingekellert wird. An 
die Nordseite des Meierhofes schliesst sich der grosse 
Garten, der jedoch mehr ein Wirthschafts- denn ein Zier- 
garten ist. 

Ueber die Geschichte des Stiftes berichten die Quellen 
ia Kürze Folgendes: 

In den Tagen, in welchen der mächtige Kampf zwi- 
schen Pabst und Kaiser wegen der Freiheit der Kirche 
entbrannt war, und in den Alpenländern des heutigen 
Eaiserstaates Oesterreich Dank der Thatkraft des grossen 
Bischofs Altmann von Passau das kirchliche Leben die 
schönsten Blüthen trieb, gründete der Edle und Freie 
Udalschalk von Stille und Heft zu Seitenstetten ein Stift 
für Kanoniker und stattete dasselbe in Gemeinschaft mit 
seinem Schwager Reginbert von Hagenau und Haide mit 
mehreren Gütern aus. Wie in Göttweig, Melk und Gar- 
sten, so nicht minder in Seitenstetten entsprachen die 
Kanoniker den von ihnen gehegten Erwartungen nicht, 
weshalb der Stifter mit Gutheissung des Bischofs Ulrich I., 
Altmanjis Nachfolger auf dem bischöflichen Stuhle von 
Passau, dieselben entfernte und seine Stiftung dem Orden 
Benedikts einräumte. Dieser hatte durch die Reformen 
von Clugny damals einen hohen Aufschwung genommen 
und trat in dem gewaltigen Kampfe zwischen Kirche und 



— 430 — 

Staat durch Wort Tind That mit seiner ganzen Kraft für 
die Freiheit der Kirche ein. Die Statuten von Clugny 
hatte der selige Abt WilheLn von Hirschau nach Deutsch- 
land verpflanzt und von diesem Kloster aus, sowie von 
dem St. Blasienstifte im Schwarzwalde waren von den 
Fürsten der Alpenländer Oesterreich, Steiermark und 
Kärnten zahlreiche Colonien ausgesandt worden, um die 
daselbst gegründeten Klöster zu übernehmen. Unter diesen 
befand sich auch die Stiftung Altmanns, Göttweig, das 
von diesem grossen Bischöfe als Stift für Säcular-Kano- 
niker gegründet worden war. Da dieselben den an sie 
gestellten Anforderungen nicht genügten, hatten Bischof 
Ulrich I. von Passau und Markgraf Leopold U. im Jahre 
1094 die Stiftung dem St. Blasienkloster im Schwarz- 
walde übergeben, das seinen Grossprior Hartmann mit 
mehreren Brüdern dahin sandte. Unter Leitung des 
Abtes Hartmann nahm Göttweig einen so. bedeutenden 
Aufschwung, dass von ihm bald neue Colonien ausgingen, 
deren eine auch von dem Edlen Udalschalk von Stille 
und Heft zur Uebemahme seiner Stiftung Seitenstetten 
berufen wurde. Nargo, Hartmanns Nachfolger in der 
äbtlichen Würde zu Göttweig, willfahrte der Bitte Udal- 
schalks und sandte um das Jahr 1116, dem alten Bene- 
diktinerordensgebrauche gemäss, zwölf Brüder unter der 
Leitung des Priors 

Leopold (1116 — 1138) nach Seitenstetten. Die neu 
gegründete Colonie stand den Satzungen von Hirschau 
zu Folge in voller Abhängigkeit vom Mutterstifte, weshalb 
auch Leopold selbst von den ältesten Quellen nur Prior 
genannt wird. Bischof Ulrich I. von Passau bestätigte 
noch im Jahre 1116 die geschehene Umwandlimg des 
Chorhermstiftes Seitenstetten in ein BenediktinerMoster 
und gab demselben die grosse Pfarre Aspach an der Url 
mit ihren Filialen Alhartsberg, Krenstetten und Biberbach. 
Der Stifter Udalschalk, von dem frommen Leben, das der 
Prior Leopold und seine Brüder in Seitenstetten führten, 
begeistert, trat selbst in das Kloster und starb am elften 
Mai eines unbekannten Jahres. Seinem Beispiele folgten 
um 1130 seine Schwester Helena mit ihrem Gemahle 
Reginbert von Hagenau und ihrer Tochter Richardis, 
welche gleichfalls, nachdem sie dem Stifte ihre Güter zu 



— 431 — 

Zellring, PfafFstetten und Lanzendorf geschenkt hatten, 
in Seitenstetten ihre Tage beschlossen. 

Mit dem Tode des Prior Leopold im Jahre 1131 er- 
reichte das Ahhängigkeitsverhältnis vom Mutterstifte 
Göttweig sein Ende und die Brüder schritten zur Wahl 
des ersten Abtes, welche ihren Mitbruder 

Siegfried (1138 — 1140) traf. Von ihm berichten die 
Quellen nur, dass er nach kaum zweijähriger Amtsfüh- 
rung auf die äbtliche Würde resignirte. An seine Stelle 
wurde durch Postulation der Mönch 

Friedrich (1140 — 1167) aus dem uralten Benediktiner- 
stiffce Mondsee in Oberösterreich berufen. Derselbe er- 
hielt vom Bischöfe Reginbert von Passau für das ihm 
abgetretene Gut PfafiFstetten, das sein Vater Reginbert 
einst an Seitenstetten gegeben hatte, die Zehente zu Sie- 
delburg, sowie die Pfarre Wolfsbach mit ihren Filialen 
Seitenstetten und St. Michael am Bruchbache. Besonders 
wohlthätig erwies sich Reginberts Nachfolger Bischof 
Conrad I. von Passau dem Stifte. Derselbe, ein Sohn 
des frommen Markgrafen Leopold III. des Heiligen von 
Oesterreich, der den Orden St. Benedikts nach der Re- 
form von Hirschau besonders begünstigte, gab demselben 
mehrere Zehente zu Behaimberg und erwirkte auch von 
seinem Bruder Heinrich Jasomirgott, dem ersten Herzoge 
von Oesterreibh, dass derselbe die Schenkimg eines Gutes, 
welche seine Diensthörige Hedwig von Pierbaum an Sei- 
tenstetten gethan hatte, im Jahre 1185 bestätigte. 

Dem Abte Friedrich folgte im Jahre 1167 

Griff ao (1167 — 1172) in seiner Würde nach, welcher 
aber fünf Jahre später derselben "Wieder entsagte und in 
den damals sehr blühenden Orden von Citeaux trat. An 
seine Stelle postulirten die Brüder den Mönch 

Conrad I. (1172 — 1201) aus dem bayerischen Stifte 
Wessobrunn, den ihnen ihr Diöcesanbischof Theobald von 
Passau, der zu diesem Behuf eigenst nach Seitenstetten 
gereist war, empfohlen hatte. Abt Conrad, welcher sich des 
besonderen Vertrauens des Bischofs Theobald erfreute, wurde 
von ihm zu vielen Geschäften verwendet, in welchen er 
grosse Klugheit und Gewandtheit bethätigte. Von seiner 
Klugheit hoffte man auch, dass es ihm gelingen würde, 
die unerfreulichen Verhältnisse, welche zu St. Peter in 



— 432 — 

Salzburg, dem ältesten Stifte des Ordens in Oesterreich, 
Termuthlicli in Folge der Kämpfe, die damals das Erz- 
bistimm durchtobten, Platz gegriffen liatten, beizulegen. 
Er wurde deshalb im Jalire 1195 an die Stelle des Abtes 
Piligrin II., welchen der Erzbischof zur Resignation seiner 
Würde gezwungen hatte, dahin berufen, allein da es ihm 
nicht gelang, die Wirren beizvilegen, kehrte er 1198 wie- 
der zurück. Drei Jahre später, zu Beginn des Jahres 1204, 
begehrten ihn die Mönche von Melk zu ihrem Abte, 
welchem ehrenvollen Rufe er auch folgte. Doch ging er 
nur dahin, um zu sterben, denn schon zwei Monate später, 
am 5. März 1204, trugen die Brüder von Melk seine 
Leiche in ihre Gruft. Abt Com-ad hatte während der 
29 Jahre, welche er dem Stifte Seitenstetten vorstand, 
dasselbe durch seine Umsicht und Thätigkeit sowohl hin- 
sichtlich der Disciplin als auch in Bezug auf seinen ma- 
teriellen Besitz sehr gehoben, und mehrere Schenkungen 
wurden während seiner Regierung dem Kloster gemacht, 
unter welchen die des Erzbischofs Wichmann von Magde- 
burg den ersten Platz einnehmen. Letzterer, aus dem 
hochberühmten und auch in Mederösterreich in der 
Nähe von Seitenstetten reichbegüterten sächsischen Gra- 
fenhause Seeburg und Gleuss stammend,*) schenkte im 
Jahre 1185 dem Stifte den einen Hof mit 5 Lehen und 
einem weiten grösstentheils noch uncultivirten Wald- 
gebiete an der Tbbs mit der Bestimmung, dass dortselbst 
eine Kirche erbaut würde, und erwirkte zwei Jahre später 
(1187) von dem mächtigen deutschen Kaiser l'riedrich I., 
dem Rothbarte, die kaiserliche Genehmigung und Be- 
stätigung dieser Schenkung. Getreu dem Willen des 
1192 zu Magdeburg verstorbenen Erzbischofs Wichmann 
sandte Abt Cora-ad eine kleine Colonie seiner Laienbrüder, 
denen er einen Priester beifügte, in dieses Gebiet, durch 
deren Fleiss und Arbeit der Grund zu dem heute noch 
durch seine Eisenindustrie bekaimten Markte Ibbsitz bei 
der Stadt Waidhofen an der Ibbs gelegt wurde. Um 
Streitigkeiten und Gewaltthätigkeiten, die in dieser Zeit 



*) Einer unverbürgten Tradition nach soll Erzbischof Wichmann 
auf der in der nächsten Kähe von Seitenstetten an der Ibbs jetzt in 
Kuinen liegenden Burg Gleuss das Licht der Welt erblickt haben. 



— 433 — 

des Faustrechtes niclit selten waren, von Seite des anwoh- 
nenden Adels fem zu halten, erwirkte Abt Conrad von 
den Päbsten Urban IE. und Coelestin lH. zu Rom in den 
Jahren 1186 und 1195 die Bestätigimg des Stiftsgutes, 
namentlich der Schenkungen der Kirchenfürsten Ulrich, 
Reginbert und Theobald von Passau sowie des Erzbischofs 
Wichmann. Das Andenken Wichmanns, dieses grössten 
Wohlthäters von Seitenstetten, wird am 18. September 
jedes Jahres noch in feierlicher Weise begangen. Doch 
musste das von diesem Tage vermöge der Anordnung 
Wichmanns stattfindende „Gespende", worunter die Ver- 
theüung von 500 Laiben Brot und ebensoviel Portionen 
Fleisch an die Armen zu verstehen ist, auf Befehl Kaiser 
Josef n. eingestellt .und dafür ein entsprechender Be- 
trag an die Armenkasse gezahlt werden.*) 

Gegen das Ende seines erspriesslichen Wirkens (1201) 
hatte Abt Conrad noch einen gewaltigen Streit mit dem 
Edlen Otto von Hausek des Stiftsgutes Ibbsitz wegen zu 
bestehen, den Herzog Leopold VI. von Oesterreich, an 
dessen Gericht der Abt appellirt hatte, zu Gunsten des 
Stiftes entschied. 

Nach Conrads Abgange nach Melk erhielt sein Namens- 
träger, der Mönch 

Conrad II. (1201 — 1203) von Kremsmünster die äbt- 
liche Würde. Von ihm, wie seinen Nachfolgern Marquard 
(1203—1210), Bitmar I. (1210—1223), Conrad III. (1223 
bis 1230) und Otto I. (1230—1238), welch letztere der 
Zahl der Capitularen des Stiftes selbst entnommen wurden, 
berichten die Hausannalen ausser Schenkungen und Streitig- 
keiten mit den umwolmenden Rittern, besonders mit dem 
Herrn von Hausek, nichts Besonderes. Als Kaiser Fried- 
rich n. im Kampfe mit dem letzten Herzoge aus dem 
ritterlichen Stamme der Babenberger, Frie(£ich H. dem 
Streitbaren von Oesterreich, im Jahre 1236 Wien be- 
setzt hatte, erlangte Abt Otto die Bestätigung aller 
Rechte und Privilegien Seitenstettens von diesem that- 
kräftigen Herrscher. Auch von den zwei nächsten Aebten 



*) Die Auatheilung von Brot und Flei8ch an diesem Tage er- 
reichte im 17. Jahrhunderte eine solche Ausdehnimg, dass mehrere 
tausend Brote und vierzehn Ochsen kaum hinreichten, diö von allen 
Seiten herbeiströmenden Armen zu betheilen. 

Ein Benediktinerbueh. 23 



— 434 — 

Dietrich I. (1238—1247) und Heinrich I. (1247—1250), von 
denen der erste im Jahre 1247 nacli Melk, woher er durch 
Postulation als Abt nach Seitenstetten gekommen war,, 
wieder zurückkehrte, berichten die Jahrbücher des Stifts, 
nur Weniges. Mehreres wissen sie von Heinrich I. Nach- 
folger 

Hermann (1250 — 1261) zu berichten, der aus dem 
Stifte St. Lambrecht in Steiermark zur äbtlichen Würde 
von Seitenstetten berufen wurde. Wenige Jahre nach 
seiaer Ankunft legte eine Feuersbrunst das Stiffcsgebäude 
in Asche. Abt Hermann erbaute mit Beihülfe des Erz- 
bischofs Philipp yon Salzburg, der gleich dem Diöcesan- 
bischofe Otto von Passau die Gläubigen zur werkthätigen 
Hülfe ermim-terte, das Stift wieder und erlangte von dem 
damaligen Beherrscher Oesterreichs, dem Böhmenkönig 
Ottokar H., die Bestätigimg imd Erweiterung der Rechte 
seines Hauses. Unter seinem Nachfolger 

Rudolf I. (1261—1290), der früher Mönch zu St. Eme- 
ran in ßegensburg war, begann jener Streit mit denx 
Hochstifte Freising, der Seitenstetten drei der schönsten 
Pfarreien: Waidhofen an der Ibbs, Göstling und Höllen- 
stein, welche von den Brüdern von Seitenstetten ge- 
gründet worden waren, kostete. Dieser mehr als ein 
Lustrum (1261 — 1267) währende Streit wurde endlich 
durch einen 1267 zu Salzburg mit den Yertretem des. 
Bischofs Conrad von Freisiag geschlossenen Vergleich be- 
endet, durch welchen der Abt wenigstens einen Theil der 
Rechte seines Hauses zurück erhielt. Auch andere Streit- 
sachen, wie mit der edlen Matrone Wilwirgis, Wittwe des. 
mächtigen Herrn von Dobra , mit Gundacker von Starhem- 
berg und andern wurden theüs auf dem Wege des Rechts,, 
theüs durch freundschaftlichen Vergleich beigelegt. Durch 
muthiges Beharren auf seinem guten Rechte brachte Abt 
Rudolf nicht nur manche seinem Hause entzogenen Güter 
wieder an dasselbe zurück, sondern gewann sich auch 
die Achtung aller Edeldenkenden, ja selbst der Bischof 
Conrad von Freising wandte ihm seine Huld zu und ge- 
stattete ihm den Bau einep Hauses in Waidhofen an der 
Ibbs. Da um diese Zeit auch die Familie des Stifters 
ausstarb, so übernahm König Rudolf von Habsburg, einer 
in öffentlicher zu Wien gehaltenen Gerichtssitzung der 



~ 435 — 

Edlen des Landes gefällten Entscheidung gemäss, im 
Jahre 1278 die Schutzvogtei des Stiftes als Landesherr 
von Oesterreich. Der mächtige Abt starb nach einem 
Tielbewegten Leben im Jahre 1290 und hatte zu seinem 
Nachfolger den Capitularen von Admont 

Conrad IV. (1290—1308), welcher, wie die Haus- 
annalen berichten, sich häufig des Rathes seines früheren 
Abtes, des vielgeschmähten Abtes Heinrich II. von Admont, 
bediente. Er erwarb dem Stifte mehrere Güter, unter 
denen die von Hertwich von "Wasen geschenkten die be- 
deutenderen waren. Aus seiner Zeit findet sich auch die 
erste urkundlich beglaubigte Nachricht von dem Bestehen 
einer Klosterschule zu Seitenstetten. 

Von seinen beiden nächsten Nachfolgern in der äbt- 
lichen Würde OifoJJ. (1308—1313) und Heinrich IL (1313 
bis 1318) weiss die Chronik des Hauses ausser der 1313 
durch die römische Königin Elisabeth, Wittwe Albrecht I. 
von Habsburg, gemachten Stiftung von 30 Fuder Salz nur 
Weniges anzufiüiren, desto berühmter war sein dritter 
Nachfolger, Abt 

GmidaTcer (1318 — 1324), der als Neffe des obener- 
wähnten Abtes Heinrich IT. von Admont gleich Conrad 
in diesem Stifte die feierlichen Gelübde abgelegt und seit 
1316 die äbtliche Würde von Mondsee inne hatte. Von 
dort berief ihn die Wahl der Brüder von Seitenstetten an 
die Stelle des 1317 resignirten Abtes Heinrich H. Gimdaker 
folgte diesem ehrenvollen Rufe und hob , obwohl ihm die 
Vorsehung nur wenige Jahre in seiner Amtsthätigkeit 
schenkte, das Stift sowohl in materieller wie geistiger 
Hinsicht in bedeutendster Weise. Durch weise Sparsam- 
keit ordnete er die etwas zerrütteten Finanzen, beförderte 
die literarische Thätigkeit seiner Brüder und ging ihnen 
selbst darin mit glänzendem Beispiele voraus. Noch be- 
sitzt das Stift einen von seiner Hand angelegten Codex, 
der die älteste Geschichte des Stiftes und seiner Aebte 
enthält und als ein kostbares Dokument der wissenschaft- 
lichen Thätigkeit des Abtes heute von den Historikern 
sehr hoch gehalten vnrd. Er schloss auch die ersten ur- 
kundlich nachweisbaren Gebets -Conföderationen mit den 
£löstem Gleink, Kremsmünster und den Schotten in Wien. 
Abt Gundaker erfreute sich auch des Wohlwollens seines 



— 436 — 

Landesftirsten, des unglücMiclien, römisclien Königs Fried- 
ricli des Schönen von Oesterreicli, im holien Maasse. Dieser 
machte nicht nur dem Stifte eine bedeutende Schenkung, 
sondern erhob auch Gundaker: „ob sinceram dilectionem 
et fidei puritatem in sanctum romanum imperium et ob 
laudabilem virtutum famam" zu seinem Hofkaplan und 
vertrauten Freunde. Der verdienstvolle Abt starb im 
Jahre 1324 und hatte 

Ottökar (1324 — 1328) zu seinem Nachfolger. Derselbe 
entstammte gleich seinem Nachfolger Dietrich II. (1329 
bis 1337) einem adeligen Geschlechte Oesterreichs. Da- 
mals näinlich bestand, -wie in den meisten Stiften Oester- 
reichs so nicht minder in Seitenstetten, das Capitel zumeist 
aus nachgebomen Söhnen edler Familien, was dem Hause 
nicht selten zum Nachtheile gereichte. 

Von dem Wirken der nachfolgenden Aebte Dietmar II. 
(1337 — 1348), der seine Gelübde zu KJremsmünster abge- 
legt hatte, JElfrid (1348—1349), der den äbtüchen Erumm- 
stab nur ein Jahr lang fährte, Rudolf II. (1349 — 1354) 
tmd Engelschalk (1354 — 1385), der die im Jahre 1379 durch 
Feuer zerstörten Stiflsgebäude sowie die Kirche neuerdings 
aufzubauen begann, ist uhs ausser Besitzveränderungen 
nur Weniges überliefert worden. Dem Abte Engelschalk, 
dessen heüigmässigen Wandels die Hauschronik besonders 
gedenkt, folgte in dieser Würde 

Laurenz (1385 — 1419). Obwohl ein Profess des Stiftes, 
war er doch nicht durch freie Wahl seiner Brüder zum 
Exummstabe gelangt, sondern vom Herzoge Albrecht HI. 
von Oesterreich denselben aufgedrängt worden. Laurenz 
entstammte dem ritterlichen Geschlechte der Herren von 
Alindorf imd Meilersdorf, das in nächster Nähe des Stiftes 
seihen Stammsitz hatte. Laurenz vermehrte zwar das Be- 
sitzthum des Stiftes und erhielt die Bestätigung aller 
Rechte und Güter vom Pabste Bonifaz IX. (1403), aber 
die Klosterdisciplin erlitt durch die Verhinderung des 
Wahlrechts sowie in Folge der unruhigen Zeiten einen 
schweren Schaden, den zu heilen Abt Laurenz nicht der 
richtige Mann war. Als deshalb auf Betreiben Herzogs 
Albrecht V. von Oesterreich Pabst Martin V. im Jahre 1418 
eine Commission ernannte, bestehend aus dem Benediktiner 
von Subiaco Nikolaus von Matzen, später Abt von Melk, 



— 437 — 

dem Abte Angelus des Cistercienserstiftes Rain in Steier- 
mark und dem Prior Leonhard des Karthäuserklosters 
zu Gaming, und die Commissäre im folgenden Jahre aueli 
nacht Seitenstetten zur Eeformirung desselben kamen, 
musste Laurenz auf seine Würde yerzichten, welche durch 
Wahl der Profess 

Stefan (1419 — 1423) von Seitenstetten erhielt, der 
jedoch schon nach kurzem Wirken starb und seinen Mit- 
bruder Thomas aus dem ritterlichen Geschlechte der 
Kersberger (1423 — 1427) zu seinem Nachfolger hatte, der 
aber schon 1427 in Folge einer Pest das Zeitliche segnete. 
Ihm folgte 

Johann I. Irnfried (1427 — 1437). Dieser, ein Capitular 
Yon Seitenstetten, erwarb sich vom Concile zu Basel 1435 
eine Schutzbulle, um den Uebergriffen des Adels wirksam 
begegnen zu können, mit deren Durchführung die Väter 
des Concüs die Bischöfe von Passau und Preising, sowie 
den Schottenabt von Wien beauftragten. Johann theilte 
das Loos des Abtes Laurenz; denn die 1437 neuerdings 
zu Seitenstetten vorgenommene Reformation war mit seiner 
Amtsführung unzufrieden und nöthigte ihn 1437 abzu- 
danken. Durch den Willen des Königs Albrecht U. erhielt 
die Abtei Seitenstetten den Prior des Schottenklosters 
in Wien 

Benedikt I. (1437—1441). Abt Benedikt beth'ätigte 
den guten Ruf, der ihm vorausgegangen war. Er hob 
das Ansehen des Stiftes, das durch den so schnellen 
Wechsel seiner Aebte sowohl in der Disciplin, wie in 
seinem materiellen Besitze nicht unbedeutenden Schaden 
gelitten hatte, durch hohe Frömmigkeit und weise Spar- 
samkeit, legte den langwierigen Streit mit den Herren 
von Zinzendorf zu Hausek wegen einigen Lehengütem in 
Ibbsitz durch friedlichen Vergleich bei tmd erbaute auf 
dem jetzt wegen seiner Wallfahrtskirche weit bekannten 
Soimtagberge (bei Waidhofen an der Ibbs) die erste Eirche. 
Nach vieijährigem Schaffen und Wirken entriss ihn ein 
imvermutheter Tod dem Stifte. Sein segensvolles Andenken 
bewahrt sein einfacher Grabstein in der Ritterkapelle des 
Stiftes. Ueber die Amtsführung seiner zwei nächsten 
Nachfolger Christian Kolb (1438—1465) und Paul I. Pir- 
misser (1465 — 1477) ist in den Jahrbüchern des Stiftes 



— 438 — 

nur Weniges aufgezeichnet. Nach, des Abtes Paul I. Hin- 
scheiden traf die Wahl den Pfarrer von Ibbsitz 

Kilian JSeumader (1477 — 1501). Derselbe stammte aus 
Krems in Niederösterreich und bewies sich als ein vor- 
trefflicher Yorsteher. Obwohl die damalige kriegerische 
Zeit den Musen nicht hold war, und die Einkünfte des 
Stiffcea sehr verringerte, verstand es Abt Kilian doch, unter 
seinen Mitbrüdem den Geist der Wissenschaft zu erhalten 
und zu fördern. Er bereicherte die Bibliothek mit vielen 
Erstlingswerken der Buchdruckerkunst — noch befinden 
sich aus jener Zeit bei 150 Bände in der StiftsbibKothek 
— baute mehrere Theile des Stiftes um, und liess die 
Kirche mit Grlasfenstem schmücken, von denen sich noch 
ein prachtvolles Grlasgemälde, den Abt im frommen Gebete 
mit seinem Wappen darstellend, erhalten hat. Da damals 
die Eisenindustrie in der dem Stifte gehörigen Ortschaft 
Ibbsitz einen nicht unbedeutenden Aufschwung nahm, so 
erbat er sich vom Kaiser Friedrich m. die Erhebung 
dieser Ortschaft sowie des Dorfes Seitenstetten zu Märkten, 
welcher Bitte dieser Herrscher auch im Jahre 1480 will- 
fahrte. Kurze Zeit später traf das Stift und seine Unter- 
thanen schwerer Schaden. Zwischen Kaiser Friedrich IV. 
und Mathias Corvinus, König von Ungarn, war ein heftiger 
Kampf entbrannt, in welchem die Magyaren Sieger blieben 
und Niederösterreich mit Wien in ihre Gewalt brachten. 
Da dieselben bis an die Enns streiften und überall 
„Huldigung" d. i. Brandschatzung forderten, entging auch 
Seitenstetten diesem traurigen Schicksale nicht. Das Stift 
selbst wurde geplündert, seiner Schätze und Eeliquien 
beraubt und furchtbar verwüstet. Gleichzeitige Aufzeich- 
nungen geben den Schaden, den Seitenstetten damals 
erlitt, auf 24,000 ungarische Goldgulden an. Erst der 
1490 unvermuthet erfolgte Tod des Königs Mathias be- 
fireite Seitenstetten wie Niederösterreich überhaupt von 
dieser schrecklichen Fremdherrschaft. Abt Kilian benutzte 
die Zeit der Ruhe, um die schweren Wunden, aus denen 
das Stift blutete, zu heilen. Ihm folgte 

Andreas (1501 — 1521), der im Geiste KiKans. fort- 
wirkte. Im Jahre 1517 begab er sich nach Eom imd 
erwirkte vom Pabste Leo X. nicht nur die Incorporirung 
der dem Stifte gehörigen Pfarreien Asbach, Wolfsbach, 



— 439 — 

Alhartaberg, Ibbsitz, St. Georg, Biberbach, St. Michael 
und Seitenstetten, sondern auch das Recht, sich der 
Pontificalien — Iiifel und Ring- — bedienen und die in 
seiner Kirche nöthigen liturgischen Gewänder und Geräth- 
achäften selbst weihen zu dürfen. 

Wie Andreas'- Vorgänger Eüian, so musste auch sein 
Nachfolger 

Heinrich Sues (1521 — 1532) die Wuth feindlicher 
Horden erfahren. Die fanatischen Schaaren der Türken, 
von dem Prätendenten Johann Zapolya gegen den recht- 
mässigen König Ferdinand I. von Ungarn zu Hülfe gerufen, 
■waren unter Führung ihres Sultans Soliman H. 1529 in 
Oesterreich eingedrungen und belagerten Wien. Während 
das Hauptheer die Stadt enge umschlossen hielt, durch- 
streiften fliegende Abtheilungen desselben, Ton dem Volke 
„Renner und Brenner" genannt, das Land am rechten 
Donauufer und verheerten die Güter des Stiftes besonders 
um Tulbing und Lanzendorf. Drei Jahre später (1532) 
brachen diese räuberischen Horden, "während Soliman Tor 
Güns lagerte, auf wohlbekannten Wegen neuerdings in 
Niederösterreich ein und drangen raubend und mordend 
bis an die Enns vor. Das Stift selbst blieb zwar von 
ihrem schrecklichen Besuche verschont, da es dem An- 
führer dieser Horden nicht unbekannt geblieben sein 
mochte, dass in demselben eine wohlbewäffiiete Schaar 
von Bürgern der Nachbarstadt Steyr bereit stand, sie 
gebührend zu empfangen; desto härter aber war das Schick- 
sal der Umgebung und IFnterthanen des Klosters. Li dem 
benachbarten Biberbach erschlugen sie, wie ein noch vor- 
handener Denkstein an der Kirche berichtet, 43 Personen, 
zu Ibbsitz legten sie den Markt und 40 Bauernhöfe in 
Asche und mordeten theils deren Insassen, theils führten 
sie dieselben als Sklaven hinweg. Von der Zerstörung 
der Wallfahrtskirche auf dem Sonntagberge wurden sie 
durch ein von dem protestantischen Geschichtschreiber 
Prevenhuber selbst beglaubigtes Wunder abgehalten. Die- 
ser erzählt, dass, als eine Abtheüung in die Nähe des 
sogenannten heüigen Brunnens gekommen war, die Pferde 
plötzlich einzusinken begannen und nicht weiter gebracht 
werden konnten. ErgriSen von panischer Furcht seien 
sie dann in aller Eile den Berg abwärts gegen Waidhofen 



— 4:40 — 

gezogen, wo sie aber von den Bürgern gesehlagen -wiirden. 
Zu dem grossen Schaden, den das Stift durch diese Horden 
erleiden musste, gesellte sich aber noch ein anderes 
schweres Verhängnis, welches dasselbe fast an den Eand 
des finanziellen Abgrundes brachte. König Ferdinand 
hatte nämlich vom Pabste die Erlaubnis erhalten, zur 
Bestreitung der Kosten des Türkenkrieges nicht nur die 
sübernen Geräthe der Kirchen, sondern auch den vierten 
Theil des Kirchengutes in Oesterreich selbst verwenden 
zu können. Abt Heinrich sah sich deshalb genöthigt, 
mehrere Güter zu verkaufen und andere zu verpfänden, 
xim die ihm auferlegte Steuer entrichten zu können. 

Der schwer geprüfte Abt eriag 1532 in Wien einer 
pestartigen Krankheit. Ihm folgte 

Johann II. Eispain (1532 — 1547), welcher der steigen- 
den Notti des Stiftes nicht abhelfen konnte, und, um nur 
die täglichen Bedürfnisse decken zu können, zu neuen 
Güterverkäufen seine Zuflucht nehmen musste. Obwohl 
er persönlich sehr fromm war, drang doch unter ihm die 
Lekce Luthers in das Stift und fand leider viele Anhänger. 
Dieselben setzten nach seinem Tode die Wahl ihres pro- 
testantischen Mitbruders 

Johann III. (1547 — 1548) durch, der aber eine so 
schlechte Wirthschaft führte, dass er schon nach einem 
Jahre der äbtlichen Würde entsagen musste. Unter seinen 
Nachfolgern Gregor (1548—1552) und Georg (1552—1565) 
gestalteten sich zwar die finanziellen Zustände des Stiftes 
wieder etwas besser, allein auch sie waren nicht im Stande, 
dem eingedrungenen Protestantismus die Thür zu weisen, 
ja unter ihren Nachfolgern Elias (1565 — 1568) undiDomüian 
(1568 — 1570) und besonders unter Michael Bruckfelder 
(1570 — 1572) wurde die Lehre Luthers unter den wenigen 
Capitularen, die noch das Elosterleben fortsetzten, fast 
allgemein. Da das Stift hierdurch der gänzlichen Auf- 
lösung nahe gekommen war, griffen endlich die Regienmg 
und der Diöcesanbischof Urban von Passau in die traurigen 
Verhältnisse desselben helfend ein und emaimten den 
Profess von Kremsmünster 

Christoph Held (1572—1602) zum Abte. Christoph, 
ein thatkräftiger Mann und treuer Katholik, stellte vor 
allem den katholischen Gottesdienst im Stifte wieder her 



— 441 — 

und suchte der argen finanziellen Notli nach Kräften ab- 
zuhelfen. Das erstere erreichte er zwar, das letztere aber 
gelang ihm trotz aller Sorgen und Mühen nur theüweise, 
da seine TJnterthanen sich weigerten, ihre Abgaben zu 
entrichten. Unter die Bauernschaft Oesterreichs waren 
nämlich auch Luthers Lehren gedrungen und hatten, da 
deren sociale Yerhältnisse ohnedies sehr missliche waren, 
im Laufe des 16. Jahrhunderts einige Male bewaföiete 
Erhebungen zur Folge. Die gefährlichste, weil die aus- 
gedehnteste, war die in den Jahren 1596 und 1597. Sämmt- 
liche Bauern der beiden Eieise ober dem Wienerwald und 
ober dem Manhardsberge waren aufgestanden und konnten 
nur durch Anwendung von Waffengewalt wieder unter- 
worfen werden. Auch die Bauernschaft von Seitenstetten 
hatte sich erhoben, aber Abt Christoph trat ihnen so 
mannhaft entgegen, dass sie bald, wenige ausgenommen, 
zu ihrem Herde wieder zurückkehrten. Wenige Jahre 
später starb Christoph und hatte den Melker Capitularen 

Bernard Schilling (1602 — 1610) zu seinem Nachfolger. 
Dieser Abt, ebenso gelehrt als thätig, brachte die Wirth- 
schaft des Stiftes wieder in das Gleichgewicht, glich die 
sehr verwirrten Unterthanenverhältnisse zur vollsten Be- 
friedigung beider Theile aus und brachte eine feste Ordnung 
in die Finanzen des Stiftes. Sein segenreiches Wirken 
Tinterbrach der Tod, der ihn im Jahre 1610 ereilte! Ueber 
Vorschlag des Klosterrathes ernannte Kaiser Mathias den 
Profess von Garsten 

Caspar von Plauz (1610 — 1627) zu seinem Nachfolger, 
womit auch die Capitularen von Seitenstetten sich ein- 
verstanden erklärten. Abt Caspar zählt zu den gelehr- 
testen Männern von Seitenstetten. Die Muse, welche ihm 
sein schweres Amt übrig liess, verwendete er zu litera- 
rischen Arbeiten. Von ihm erschienen eine deutsche 
Uebersetzung der Ordensregel sammt einem Commentare, 
daim eine Geschichte von der Reise des Abtes von Monte 
Serato in Spanien Augustin Buellius, eines Gefährten 
Christoph ColumbuSi nach Amerika. Letztere Arbeit, ein 
heutzutage sehr seltenes Werk, veröffentlichte er unter 
dem Pseudonym Don Honorius Phüoporus. Mit seiner 
Gelehrsamkeit verband er auch Kenntnis und Thatkraft 
in wirthschaftlichen Dingen. Nicht nur bezahlte er die 



— 442 — 

noch auf dem Stifte haftenden Schulden, sondern führte 
auch mehrere neue Gebäude auf — darunter das Spital 
des Marktes — und schaffte för den G-ottesdienst viele 
Paramente und Geräthschaften an. Der treffliche Abt 
schied im Jahre 1627 aus dem Leben. An seine Stelle 
trat durch Postulation der Capitular ron Kremsmünster 

Placidus Bernhard (1627 — 1648), ein frommer und 
tüchtiger Mann. Unter ihm gerieth das Stift in Folge 
des furchtbaren Kiieges, der Deutschlands Fluren durch 
dreissig Jahren verheerte und der auch auf die öster- 
reichischen Lande nicht ohne bedeutende Rückwirkung 
blieb, wieder in missliche Verhältnisse, so dass Abt Pla- 
cidus trotz seiner Umsicht und Sparsamkeit sich ge- 
nöthigt sah, dasselbe mit neuen Schulden wieder zu be- 
lasten, welche in Folge der hohen Anforderungen, die 
von allen Seiten an das Stift gestellt wurden, zu einer 
bedenklichen Höhe anwuchsen. Aus dieser Noth rettete 
es Placidus' Nachfolger 

Gabriel Sauer (1648 — 1674), der wieder der Zahl der 
Capitularen von Seitenstetten selbst entnommen wurde. 
Durch treffliche Veränderungen in der Verwaltung der 
Güter sowie durch sorgfältige Benützung aller Ein- 
kommensquellen des Stiftes gelang es ihm nicht nur die 
Schuldenlast zu tilgen, sondern er sah sich auch in den 
Stand gesetzt, das Kloster zu erweitem, die Zahl der 
Capitularen zu erhöhen tm.d selbst durch Kauf neue 
Güter zu erwerben. Und wie für das materielle Wohl, 
so-, sorgte Abt Grabriel nicht minder für das geistige seiner 
Brüder. Die jungen Ordenscandidaten wurden an die 
Universität des Ordens zu Salzburg gesandt, um dort den 
theologischen Studien obzuliegen, im Stifte selbst sorgte 
er durch Vermehrung des Bücherschatzes für die Fort- 
bildung seiner Capitularen. Das erfolgreiche Wirken de- 
Abtes blieb auch am kaiserlichen Hoflager nicht unbes 
merkt und wandte dem Abte die Gunst des Kaisers Leo- 
pold I. zu. Da in den Gebirgen an der steirischen Grenz- 
von Niederösterreich noch viele Protestanten lebtene 
welche in heimlicher Weise ihren Gottesdienst abhielten, 
setzte die Regierung eine sogenannte Reformations-Com, 
mission ein, deren Leitung Kaiser Leopold dem Abte 
Gabriel übertrug. Diesem gelang es durch überzeugende 



— 443 — 

Belehrung und väterliclie Milde, viele Irrgläubigen wieder 
zur katholischen Kirche zurückzuführen. Reich an Ver- 
diensten starb Abt G-abriel, den die Hausjahrbücher mit 
Recht den zweiten Stifter von Seitenstetten nennen, am 
13. Februar 1674. Von seinen Nachfolgern Adam Piringer 
(1674—1679) und Ambros I. MarhoJt (1679—1687) hatte 
der letztere den zweiten Einbruch der Türken in Nieder- 
öaterreich mitzumachen. Da wie bei den ersten Ein- 
fällen gleichfalls fliegende Abtheilungen das Flachland 
am rechten Donauufer mit Mord und Brand überzogen, 
so setzte Abt Ambros das Stift in Vertheidigungszustand 
und übertrug die Leitung desselben dem Capitular 
P. Dominik Jais, während er selbst mit den andern Brüdern 
im Gebirge Zuflucht suchte. Das Stift blieb zwar ver- 
schont, desto grösseren Schaden hatte es wieder auf 
seinen G-ütem Tulbing und Lanzendorf zu erdulden, welchen 
der Abt nach Möglichkeit auszubessern sich bemühte. Nach 
seinem im Jahre 1687 erfolgten Tode richteten sich die 
Blicke der wählenden Stiftscapitularen auf ihren Mitbruder 
Benedikt II. Abelzhanser (1687 — 1717), der auch die 
auf ihn gefallene Wahl annahm. Benedikt zählt zu den 
frömmsten und gelehrtesten Aebten von Seitenstetten und 
hatte vor seiner Erhebung theils als Professor der Dog- 
matik an der Universität von Salzburg, theils in der Seel- 
sorge und in den Offizien des Stiftes mit grosser Hin- 
gebung gearbeitet. Abt geworden, richtete er seine vor- 
züglichste Sorge darauf, sowohl im Stifte als auch auf 
den ihm untergebenen Pfarreien dem Herrn der Heer- 
schaaren würdige Tempel herzustellen. Deshalb Hess er 
nicht nur die Stiftskirche dem damals herrschenden Style 
gemäss, sowie mehrere Gotteshäuser der Stiftspfarreien 
restauriren, sondern auch durch den berühmten Bau- 
meister Prandauer von St. Polten auf dem Sonntagberge jene 
herrliche Eorche erbauen, die heute noch zu den schönsten 
des Landes zählt. Bei seinen Capitularen begünstigte er 
besonders die literarischen Studien und hatte die Freude, 
dass einer derselben, P. Coelestin Pley, als Professor an der 
Universität von Salzburg, sowie als Schriftsteller grossen 
Ruhm erntete. Abt Benedikt war selbst literarisch thätig 
und edirte mehrere, meist ascetische Schriften. Darüber 
Hess er auch die Ökonomischen Verhältnisse des Stiftes 



— 444 — 

niclit aus dem Auge und war nach Kräften bemüht, die 
von den Türken angerichteten Schäden auszubessern. 
Fromm, wie er gelebt hatte, starb er auch hochbetagt 
im Jahre 1717. Sein Nachfolger 

Ämdros II. (1717 — 1729), aus dem in der Steiermark 
zahlreich vertretenen edlen Geschlechte Prevenhuber stam- 
mend, trat ganz in die Fussstapfen seines Vorgängers und 
glänzte durch seine Weisheit und Frömmigkeit. Da der 
bauliche Zustand mehrerer Theüe des Stiftes ein so 
schlechter war, dass der Einstiu-z zu befürchten stand, 
so begann er mit Zustimmung seines Capitels und nach 
eingeholter Genehmigung der weltlichen wie geistlichen 
Behörden ein neues H.ostergebäude aufzuführen. Fördernd 
für dieses Unternehmen des Abtes war die Begünstigung, 
welche damals Wissenschaft und Ennst am Hofe Kaiser 
Karl VI. fanden. Ambros erlebte jedoch nicht mehr die 
Vollendung des begonnenen Werkes, da er schon 1729 
unvermuthet vom Tode hinweggerafft wurde. Das Inter- 
regnum nach Abt Ambros' Hinscheiden dauerte nur kurze 
Zeit, denn schon sechs Wochen später erhielt der Pfarrer 
von Wolfsbach 

Paul von Vitsch (1729 — 1747) aus der benachbarten 
Stadt Steyr die Imfel. Obwohl das Stift in Folge des nach 
dem Ableben Kaiser Karl VI. ausgebrochenen Successions- 
krieges mehrere Male den unwillkommenen Besuch der 
in Mederösterreich eingedrungenen Franzosen und Bayern 
zu erdulden hatte, wusste Abt Paul doch mit solcher Um- 
sicht die Wirthschaft zu führen, dass er nicht nur den 
von seinem Vorgänger begonnenen Elosterbau vollenden, 
sondern auch noch in Asbach und St. Michael neue Pfarr- 
häuser errichten und das Kupferbergwerk in der Radmar 
in Steiermark mit dem adeligen Sitze Greifenberg, sowie 
die Messingfabrik zu Reichramming in Oberösterreich 
erwerben konnte. Dieses sein hervorragendes ökonomisches 
Talent blieb auch nicht im Verborgenen; die Stände 
Mederösterreichs , zu deren Mitgliedern die Aebte von 
Seitenstetten seit den ältesten Zeiten zählten, erkannten 
dasselbe gleichfalls und erwählten ihn mehrere Male zu 
ihrem Verordneten. Obwohl durch weltliche Sorgen viel- 
fach in Anspruch genommen, vergass er doch den Ordens- 
mann nicht und hielt strenge auf die Beobachtung der 



— 445 — 

heiligen Regel. "Voll der Verdienste starb er am 14. März 
1747 und hatte seinen Mitbruder 

Dominik I. von Gussmann (1747—1777) zu seinem 
Nachfolger. Dominik nimmt in der Eeüie der Aebte von 
Seitenstetten, die durch Weisheit und Thatkraft glänzten, 
einen der hervorragendsten Plätze ein. Mit allem Eifer 
pflegte er die Wissenschaft imd wandte namentlich der 
BibHothek seine vorzüglichste Sorge zu. Von ihm stammt 
auch das schöne NaturaUenkabinet mit seinem reichen 
Inhalte. Da die kaiserliche Regierung den Besuch aus- 
ländischer Universitäten, zu denen auch die „alma mater 
Benedictinorum Salisburgensis" gezählt wurde, verboten 
hatte, errichtete Abt Dominik im Stifte selbst eine theo- 
logische Lehranstalt, zu deren erstem Leiter er seinen 
Capitularen P. Roman Digl, der früher als Professor zu 
Salzburg sich durch seine Schriften einen nicht unrühm- 
lichen Namen gemacht hatte, bestellte. Und wie die 
Wissenschaft, so fand auch die Kunst an ihm einen 
Maecenas. Die bekannten und nicht unberühmten Maler: 
de la Torre, Le Gran und namentlich der bekannte Kremser 
Schmidt schmückten den Speisesaal des Stiftes, den grossen 
Bibliothekssaal, das Stiegenhaus und den Marmorsaal der 
Prälatur mit herrlichen Preskengemälden. Auch des Hauses 
Gottes vergass der fromme Abt nicht; er Hess nicht nur 
dasselbe in manchen Theilen restauriren, sondern auch 
Altäre durch die Meisterhand Schmidts mit Gemälden ver- 
sehen, unter denen das des Hochaltars, die Himmelfahrt 
der Gottesmutter darstellend, mit Recht als eines der 
vorzüglichsten gilt. Das Kupferbergwerk in der Radmar 
lieferte damals ergiebige Ausbeute, und so fand der Abt 
trotz der grossen Auslagen für Wissenschaft tmd Kunst 
noch die Mittel, die Paramentenkammer mit prachtvollen 
liturgischen Gewändern zu vermehren, und das grosse 
Oekonomiegebäude des Stiftes neu aufzubauen, die Kirche 
auf dem Sonntagberge durch Daniel le Gran mit herrlichen 
Fresken und einem prachtvollen Hochaltare aus weissem 
Marmor zu schmücken und zu Biberbach und Alharts- 
berg neue Pfarrwohnungen zu erbauen. Gleich seinem 
Vorgänger, dem Abte Paul, nahm er auch am öffentlichen 
Leben den regsten Antheü und bekleidete zu wiederholten 
Malen die ehrenvollen Stellen eines Raitherm imd Verord- 



— 446 — 

neten der Stände von Niederösterreicli. Reich an Verdiensten 
starb dieser grosse Abt nach einer segensreichen dreissig- 
jährigen Amtsführung am 20. M'ärz 1777. Th-m folgte 

Ambros III. Bixner (1777 — 1812). Gleich seinem 
Vorgänger Dominik ein eifriger Ordensmann und Freund 
der Wissenschaften und Künste, fährte er das Stift glück- 
lich durch die Wogen seiner aufgeregten Zeit. Schon in 
den letzten Regierungsjahren der grossen Kaiserin Maria 
Theresia und mit der Thronbesteigung ihres Sohnes, 
Josef n., war die sogenannte französische Aufklärung 
auch in Oesterreich eingedrungen und äusserte bald ihre 
Wirkungen. Das härteste Greschick traf die Klöster, von 
denen die meisten diesen Ideen zum Opfer fielen. Die 
Nachbarstifte Garsten und Gleink, Gaming und Säusen- 
stein waren gefallen und auch Seitenstetten schien das 
gleich traurige Loos bevorzustehen. Zwar wurde es durch 
das muthvoUe Auftreten des Abtes Ambros, der die Gunst 
des Kaisers im hohen Grade besass, vor dem traurigen 
Geschick der Auflösung bewahrt, aber es hatte doch auch 
schwere Leiden zu erdulden, die sich noch steigerten, als 
in Folge der Kriege Oesterreichs mit Frankreich die 
Franzosen auch in Niederösterreich eindrangen. Drei- 
mal, in den Jahren 1800, 1805 und 1809 musste das Stift 
feindliche Einquartierungen erdulden und sehen, wie fran- 
zösische Generäle und Offiziere kostbare Werke aus der 
Bibliothek, herrliche Kirchengewänder aus der Paramenten- 
kammer imd die besten Pferde als gute Beute auf Nimmer- 
wiedersehen mit sich fortnahmen. Dazu kamen noch die 
vielen Einquartierungen der feindlichen Truppen und die 
starken Contributionen, welche dem Stifte mehr als 30,000 /. 
Auslagen verursachten. Trotz der grössten Sparsam- 
keit gerieth daher Seitenstetten in ungünstige finanzielle 
Verhältnisse, aus denen es sich auch nach dem Jahre 1809 
nicht reissen konnte, da die 1811 eingetretene Entwerthung 
des Greldes demselben neue Wunden schlug. 

Abt Ambros starb hochbetagt im Jahre 1812. Ihm 
folgte nach längerem Interregnum der Theologie-Professor 

Columban Zehetner (1813 — 1834). Derselbe suchte, 
nachdem der Friede in die österreichischen Staaten zurück- 
gekehrt war, vor allem der misslichen ökonomischen Lage 
seines Stiftes abzuhelfen, was ihm auch theüweise gelang. 



— 447 — 

Als ecMer Sohn des h. Benedikt erkannte er es als eine 
der Hauptaufgaben des Ordens, durch Unterricht und 
Jugenderziehung für das Wohl der Menschheit zu wirken. 
Deshalb verwandelte er mit kaiserlicher Genehmigung die 
seit der ältesten Zeit im Stifte gehaltene Elosterschule 
in ein ordentliches Gymnasium, das, nachdem es allen 
Bedingungen entsprach, welche der Staat für diese An- 
stalten in den Erbländem festgesetzt hatte, 1814 als 
öffentliches kaiserlich königliches anerkannt wurde. Mit 
dem Gymnasium verband er 1815 eine Erziehimgsanstalt 
für die Jugend, die bald eines zahlreichen Zuspruches sich 
erfreute. 

Abt iColumban starb zu Wien 1834 und hatte den 
Capitular-Priester und Pfarrverweser von Oehling 

Josef Gündl (1834 — 1851) zu seinem Nachfolger. 
Zwei Jahre bekleidete Josef seine Würde, als das Stift 
schweres Unglück betraf. Im Markte Seitenstetten brach 
am St. Michaelstage des Jahres 1836 Feuer aus, das bald 
die weitläufigen Oekonomiegebäude des Stiftes ergriff und 
dieselben mit allen Vorräthen gänzlich in Asche legte. 
Dieses schwere Unglück, das dem Stifte einen Schaden 
von 100,000 /. zufügte, wiederholte sich, vermuthlich 
durch eine ruchlose Hand angelegt, acht Jahre später, 
1844, neuerdings. Wieder sanken die kaum erstandenen 
Gebäude in Asche und mit ihnen ein Grosstheil der 
Wirthschaffcsgeräthe. Abt Josef sah sich deshalb genöthigt, 
nicht blos mehrere Besitzungen zu veräussem, sondern 
auch sein Haus mit Schulden zu belasten. Kaum begann 
das Stift aus seiner traurigen Lage sich wieder etwas 
emporzurichten, als die Stürme des Jahres 1848 demselben 
neue finanzielle Wunden schlugen. Gebeugt durch die 
schwere Last des Unglücks und durch körperliche Leiden 
gebrochen legte Abt Josef 1851 seine Würde in die Hände 
seiner Brüder zurück und bezog eine einfache Priester- 
wohnung im Conventtrakte, in welcher er auch drei Jahre 
später 1854 starb. 

Nach einem mehrmonatlichen Interregnum wurde zu 
einer neuen Abt -Wahl geschritten, welche auf den Gym- 
nasial-Professor 

Ludwig Ströhmer (1852 — 1867) fiel. Die Brüder von 
Seitenstetten hatten sich nicht verrechnet, als sie die 



— 448 — 

Leitung ikres Hauses dem P. Ludwig anvertrauten; der- 
selbe entwickelte eine bewunderungswürdige Thätigkeit. 
Vor allem ordnete er die misslichen Vermögensverliält- 
nisse und stellte, begünstigt durch, fordernde äussere Um- 
stände, das Grleichgewiclit in den Einnahmen und Aus- 
gaben des Stiftes wieder her. Dann imterzog er das 
Stiftsgebäude in allen seinen Theilen der schon dringend 
nothwendig gewordenen Restaurirung, renovirte die Kirche, 
baute das schöne Portal desselben, das Abt Benedikt un- 
vollendet gelassen hatte, aus, und erhöhte den Thurm der 
Kirche, der mit Kupfer eingedeckt wurde. Grleiche Sorg- 
falt wandte Abt Ludwig der Lehranstalt des Stiftes zu, 
welche im Jahre 1850 wegen Mangel an Lehrkräften zu 
einem Unter-Grymnasium herabgesunken war. Er sandte 
mehrere von den jüngeren Capitularen zur Vorbereitung 
auf das Lehramt an die Wiener Universität, vermehrte 
die Lehrmittel, namentlich die Bibliothek, schuf das 
physikalische Kabinet und schritt, als ihm eine genügende 
Anzahl von geprüften Lehrkräften zu Gebot stand, mit 
Zustimmung des k. k. Unterrichts-Ministerimns im Jahre 
1866 an die Erweiterung des Gymnasiums durch Eröf&iung 
der V. Klasse. Die Vollendung dieses seines Unternehmens 
sollte er jedoch nicht erleben, denn schon am 27. Novem- 
ber des Jahres 1867 entriss der Tod dem Stifte diesen 
tüchtigen Abt, der den verdienstvollsten Vorstehern von 
Seitenstetten beizuzählen ist. Ihm folgte in der äbtlichen 
Würde 

Dominik II. Hönigl (1868), der ganz dem schönen 
Beispiele seines ausgezeichneten Vorgängers nachzufolgen 
sich bemüht. Er vervollständigte das Gymnasium, er- 
weiterte, um dem grossen, ehrenden Zudrange soviel als 
möglich genügen zu können, die Erziehungsanstalt für 
116 Zöglinge, schuf ein eigenes Alumnat für die Sänger- 
knaben, bereicherte die Bibliothek und andere wissen- 
schaftliche Sammlungen des Stiftes und sorgt eifrigst für 
die Ehre Gottes und das Wohl seiner Brüder. 

So haben in dem langen Zeitraum von mehr als sieben 
Jahrhunderten 57 Aebte einander in der Leitung und 
Regierung des Stiftes abgelöst. Wiederholt war dasselbe 
durch die wechselvollen Zeitereignisse dem Untergange 
nahe gebracht; immer hat es sich wieder erhoben. Mt 



— 449 — 

seinen bescheidenen Mitteln wirkt und leistet es, getreu 
seinen alten Traditionen, aucli jetzt noch, -was ihm über- 
haupt möglich ist, für Seelsorge — in 13 Stationen, die 
es erhält, — für Jugendunterricht und Wissenschaft. Möge 
es unter Gottes Schut2l und Segen fortbestehen und fort- 
wirken zum Heile von Tausenden und Tausenden bis an 
das Ende der Zeiten! 

P. G. Fkiess. 



Frauenconvente des Benedikrtinerordeiis 
in Oesterreieh existifen in folgenden Orten:*) 

Fiume (Diöc. Zengg-Modrus). 

Pago (Diöc. Zara). 

Zara (gestiftet' 1072). 

Lesina (Diöc. Lesina^Bräzza). 

Sebenico (gestiftet 1639). 

Trau (Diöc. Spalaio-Macarsea; gegründet 1064). 

Arbe (Diöc. Teglia). 

Lemberg (gegründet 1593). 

Pfzemysl (gegründet 1616). 

Staniatki (jDiöe. Tamow; gegründet 1216). 

Triest. 

Cherso (Diöc. Vegüa). 

Veglia. 

Salzburg, adeliges Stift am Noimberg (gegründet 582). 

Sähen (Diöc. "ßient; gegründet 1685). 



*) Nach- Josef v. Pilät: „Die katholischen Männer- und Prauen- 
Möstei^ der Oesterr.-tJngar. Monarchie." Wien 1875. S. 140. Die zwei 
letztgenannten Stifte in Salzburg und Sähen folgen ausführlicher. 



Ein Benediktinerhuch. 29 




Abtei Nonnberg in Salzburg.*) 

|as Benediktiner-Frauenstift Nonnberg, eines der 
ältesten Deutsclilanda und wohl das einzige, das 
seine Existenz von seiner Gründung an bis auf 
unsere Tage aus allen Stürmen der Zeiten rettete, 
erbebt sich auf dem südöstlichen Abhänge des Berges, der 
die alte Festung Hohensalzburg trägt. 

Der h. Rupert, der Apostel von Bayern, ist der Grün- 
der Nonnbergs. Als erste Aebtissin setzte er seine Nichte 
(Base, neptis) Arintrud (Erentrud, Ehrentrand) ein. Beide 
stammten aus fränkischer Königsfamilie ab, deshalb führt 
das Stift heute noch die drei fränkischen Lilien im Wappen- 
Zweck der Stiftung war derselbe, wie bei allen Frauen- 
klöstem, nämlich Unterstützung der Missionäre des Bene- 
diktinerordens in ihren apostolischen Arbeiten, durch Gebet, 
XJebung der geistlichen und leiblichen Werke der Barm- 
herzigkeit an Armen und Exanken, und insbesondere durch 
Unterricht, sowohl der Jugend, als der erwachsenen Perso- 
nen ihres Geschlechtes. 

Die Güter für diese klösterliche Stiftung gaben Herzog 
Theodo von Bayern und seine fromme Gemahlin Regin- 
trudis, welche gleich der h. Ehrentraud eine fränkische 
Prinzessin war. Die fromme Herzogin wird besonders als 
Stifterin verehrt, und soll der grösste Theil des ehemaligen 
Grund- und Zehentbesitzes um Tittmoning von ihr oder 
durch ihre Vermittelung von Theodo an das Stift Nonn- 
berg geschenkt worden sein. Als Wittwe zog sie sich 
selbst dahin zurück, imd wurde auch dort begraben. Ihren 
Sterbetag, deu 26. Mai, beging man im Kloster bis in da& 
17. Jahrhundert festlich als „S. Regentraudentag", und. 
noch jetzt wird an diesem Tage durch einen feierlichen 
Jahrtag ihr Andenken erhalten. 

Das Stift Nonnberg ist also eine Agilolfingische Haus- 

*) Vgl. P. Franz Esterl, Chronik des adel. Bened.-Frauen-Stiftes 
Isonnterg. Salzburg 1841, mit virkTindliohen Beilagen. 



— 451 — 

Stiftung, und die Namen der ersten 12 Aebtissinnen bis zum 
Jahre 780, welche das liber vitae in St. Peter aufbewahrt 
hat, lassen mit Grund vermuthen, dass einige derselben 
Agilolfingerumen waren. 

Nach dieser Zeit, d. i, von 780 bis gegen Ende des 
10, Jahrhunderts, also während ca. 220 Jalien kann die 
Eeihenfolge. der Aebtissinnen auch nicht mehr annähernd 
festgestellt werden, und scheinen sich eben dadurch die 
wiederholten Nachrichten von einer Verwüstung Nonnbergs 
durch Feuer zu bestätigen. Dass aber das Kloster wäh- 
rend dieser Zeit doch fortbestanden und seinem Stiffcnngs- 
zwecke gemäss gewirkt habe, beweisen die Namen von 
15 Aebtissinnen, welche die ältesten Nekrologien des Dom- 
capitels und des Stiftes St. Peter zu Salzburg bewahren, 
freilich ohne Angabe, der Zeit ihres Ablebens, — und die 
bekannte Thatsache, dass Hildegard, eine Tochter Otwins, 
Gaugrafen von Lum xmd Pusterthal, und Imma, Gräfin 
von Graisbach und Lechsgmünd, am Nonnberge von der 
Aebtissin Ita (f ca. 998) erzogen und unterrichtet wurden. 
Erstere wurde um das Jahr 1000 in das von ihrem Vater 
gestiftete Kloster St. Georgen am Längsee in Kärnten, 
letztere (1035) nach St. Walburg in Eichstädt als erste 
Aebtissin berufen. Wenige Jahre später, 1042, führte Erz- 
bischof Balduin einige Frauen von Nonnberg in das neu 
gestiftete Kloster Gurk in Kärnten und ertheilte selbst 
einer derselben, der Frau Ita, als erster Vorsteherin, die 
Benediction zur Aebtissin. 

Kaiser Heinrich II. wurde, wie die Legende erzählt, 
durch Fürbitte der h. Ehrentraud von einer schmerzlichen 
Krankheit befreit. In der Folge kam er selbst nach Salz- 
burg, um am Grabe der Heiligen seine Andacht zu ver- 
richten. Da er Kirche und Kloster baufällig oder, nach 
Andern, durch Feuer verwüstet fand, beschloss er aus 
Dankbarkeit beide neu herzustellen. Die Kirche wurde 
als romanische Säulen-Basilika erbaut und im Jahre 1009 
in Gegenwart des h. Kaiserpaares Heinrich und Kunegunde 
durch Erzbischof Hartwik eingeweiht. Dem Kloster stand 
damals Aebtissin Wiradis I. (998 — 1027) vor. Am 4. Sept. 
1023 wurden die Gebeine der h. Ehrentraud erhoben xmd 
bei dieser Gelegenheit das Haupt in das Kloster über- 
tragen. Im Jahre 1316 liess Aebtissin Margareth von Gebing 

29* 



— 452 -^ 

(1307 — 1321) ein. Pöstaanent von vergoldetem Kupfer, und 
waihracheinlick auch das silberne Brustbild anfertigen., in 
•welchem die Reliqiiien alljährlich bis auf unsere Tage am 
30. Juni, am Sterbetag der h. Ehrentraud, und am 4. Sept., 
als am Tage der feierlichen Erhebung und Uebertragung 
ihrer Gebeine, in der Kirche ausgesetzt werden. Der h. Leib 
■wurde wieder im ursprünglichen Felsengrabe in der Krypta 
beigesetzt bis 1624, wo derselbe durch Erzbisehof Paris 
(v. Lodron) wieder erhoben, und in einer Marmornische 
hinter dem mittleren Gruftaltar der öffentlichen Verehrung 
ausgesetzt wurde. Gegenwärtig wird er in einem, silbernen 
Schrein im Frauenchore aufbewahrt, aber am 30. Juni und 
4. Sept. in die Marmornische in der Gruft übertragen. 

Im Jahre 1423 brannten Kirche und Kloster wieder 
ab. Letzteres erstand wohl bald wieder,, aber den Neubau 
der Kirche begann erst die Aebtissin Agatha v. Haunsberg 
(1446—1484) im Jahre 1464, und ihre Nachfolgerin Daria 
V. Panichner (1484—1503) vollendete ihn. Von den spä- 
teren wichtigeren Ereignissen verdient noch angeführt zu 
werden, dass unter der kräftigen Regierung der Aebtissin 
Eva Maria Rettinger v. Lerchenberg (1626—1638) Nonn- 
berg nach den Forderungen des h. Concils vön Trient re- 
formirt wurde, dass im Jahre 1685 das heute noch be- 
stehende Frauenkloster Sähen in Tyrol hauptsächlich durch 
Mitwirkung der Aebtissin am Nonnberg Johanna Franziska 
Freiin v. Rehling (1657—1693) gegründet wurde, und auch 
von Nonnberg seine erste Aebtissin erhielt, und dass end- 
lich auch noch im Jahre 1706 unter der Aebtissin M, 
Magdalena 11. Freiin v. Schneeweiss (1693 — 1715) eine 
klösterliche Stiftung zu Stande kam, das Priorat Wald 
in der Nähe von Ottobeuren in Schwaben, dessen erste 
drei Priorinnen ebenfalls Nonnbergische Conventualinnen 
waren. 

Ausser der schönen Lage bietet das Aeussere des Klo- 
sters nichts Bemerkenswerthes. Ln Innern sind noch manche 
Baureste aus der Zeit Kaiser Heinrich n. und vielleicht 
aus noch früherer vorhanden. Als eine besonders merk- 
würdige Antiquität wird daselbst noch der Faltenstuhl, 
mit schöner Elfenbein- Schnitzerei, aufbewahrt, welchen 
Aebtissin Gertraud II. v. Stein (1235 — 1252) von Erzbischof 
Eberhard IL zum Geschenke erhielt, nebst der Erlaubnis, 



— 453 — 

sich desselben, sowie des Pastorales zu bedienen. Letz- 
teres, auch von Elfenbein, wird ebenfalls bewahrt. 

Die romanische Basilika des h. Heinrich wurde nach 
dem Brande im Jahre 1423 in eine Kirche in spät-gothi- 
Bchem Baustyl verändert, gegen Norden erweitert und 
gegen Süden verlängert. In derselben sind besonders die 
hintere Chorwand, zwischen dem Frauenchor und derffirche, 
wegen ihrer schönen Architektur, und das Fenster irinter 
dem Hochaltar mit der prachtvollen Glasmalerei b«ner- 
kenswerth. Dasselbe zeigt das Wappen der Salzburgischen 
Familie Cianner mit der Jahreszahl 1480. Es wird also 
ein Clanner der Donator der Fenster gewesen sein. 

In der siebenschiffigen Krypta befindet sieh das Felsen- 
grab der h. Ehrentraud unter imd hinter dem mittleren 
Altare, ähnlich dem des h. Eupert in St. Peter. Diesem 
gegenüber, in einer Entfernung von 5 — 6 Schritten, unter 
den ins Presbyterium führenden Stufen, ist das Grab der 
seligen Stiffcerin Regintrudis. 

im Hintergrunde der Kirche, zwischen der südlichen 
Kirchenmauer und dem Glockenthurme, findet man den 
Raum mit den merkwürdigen byzanlänischen Wandgemäl- 
den, deren Alter von den Ardiäologen sehr verschieden 
angegeben wird. Einige glauben ihr Entstehen in das 6. 
oder 7., andere in das 8. oder 9., wieder andere gar erst 
in das 10. Jahrhundert setzen zu sollen. 

M. Mathtt.t>is Bakth. 




Das Benediktinerümon-Stift Säben in Tyrol.*) 

och auf einem isolirten Bergkegel, der unmittel- 
bax über der Stadt Klausen sich erhebt, liegt die 
Burg Säben (Sabonia), welche sammt dem. hinzuge- 
hörigen Ackerfeld, den Wirthschaftsgebäuden und 
demKlosterfriedhofe eineFläche von beiläufig zwei Hektaren 
bedeckt. Bereits vor unserer Zeitrechnung scheinen die 
Heiden auf diesem Berge ihren Götzen geopfert zu haben, 
wie sich aus daselbst aufgefundenen Inschriftensteinen er- 
giebt. Um das Jahr 382 n. Chr. G. aber wurde diese 
Stätte heidnischer G-ötterverehrung von dem christenfireund- 
lichen Kaiser Gratian wahrscheiiüich aufgehoben und der 
Kirche zu Aquileja zugeschlagen. Der heilige Kassian 
wurde zur Ordnimg dieser Angelegenheit abgeschickt. Er 
scheint aber bald von den Ueberresten der Heiden ver- 
trieben worden zu sein. Sicher steht, dass Säben zu Ende 
des 6. Jahrhunderts eine geistliche Stadt war, in welcher 
die Bischöfe Rhätiens II. ihren Sitz aufgeschlagen hatten. 
Die auf dem Berge erbaute Burg war zum Schutze der 
Bevölkerung sehr geeignet in jenen schlimmen Tagen, wo 
der hereinbrechende Schwärm von wilden Horden das 
Thal entlang auf der bedeutendsten Handelsstrasse der 
Römer nach Norden das ganze Land unsicher machte. 

Um das Jahr 1000 zogen die Bischöfe sich nach Brixen 
und vertrauten die Burghut einer sehr ansehnlichen und 
wohlhabenden Familie, den Herren von Säben. Da Säben 
an der vom Kaiser Claudius gebahnten Strasse (via Claudia) 
von Verona nach Augsburg lag, so war für die Burgherren 
die erste Aufgabe, die Strasse zu überwachen. In Folge 
dessen spielten auch die Herren der Burg Säben eine grosse 
Rolle, besonders aber in den langwierigen Kämpfen der 
Hohenstaufen und "Weifen. Ausserdem wurden in den Ver- 
liessen des Schlosses die Verbrecher gefangen gehalten, die 
sich gegen die Person des Bischofs vergangen oder politische 



*) Nach dem Tyroler Volksblatt Jahrgang 1879. 



— 455 — 

Verbrechen verschuldet hatten. Nach dem Aussterben 
der Herren von Sähen mit Oswald 1465 kamen die Be- 
sitzungön, welche diese als Lehen von Brixen inne hätten, 
theils durch Zufall, theils durch Kauf an die Bischöfe 
zurück. Im Jahre 1535 wurde das Schloss auf Sähen ein 
Raub der Flammen, worauf die Besatzung der Feste nach 
Brandzoll verlegt wurde. Die zweckmässige Lage Säbens 
2ur Vertheidigung des Landes, die natürlichen Befestigungen 
und die geringen Schwierigkeiten, die Strasse zu über- 
wachen, sollten aber in den Eriegsjahren des zu Ende 
neigenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts dem auf 
Sähen gestifteten Kloster viele Leiden bereiten. 

Aus den Ruinen der Burg Sähen nämlich ging im 
Jahre 1681 das Kloster der Benediktinerinnen daselbst 
hervor, dessen Geschichte, wie gering auch ihr Umfang 
ist, dennoch sehr viele Momente darbietet, aus denen 
man erkennen kann, dass Gottes schützende Hand sorg- 
lich über dem Kloster ruht. 

Mathias von Jänner, d^r hoch würdige Stifter des 
Klosters und Stadtpfarrer von Klausen, stammte aus einer 
ehrbaren Bürgerfamilie, deren Name seit 1562 in der 
Stadt Klausen vorkam. Sie wurde im Jahre 1665 vom 
Kaiser Leopold in den Adelsstand erhoben. Mathias selbst, 
1631 zu Klausen geboren, 1655 zum Priester geweiht, 
"wurde im Jahre 1670 zum Dekan von Fügen und im Jahre 
1677 zum Stadtpfarrer von Klausen ernannt, woselbst er 
1691 starb und mitten im Schiffe der von ihm gestifteten 
Klosterkirche auf Sähen begraben wurde. Nachdem das 
Kloster mit Zustimmung des Fürstbischofs von Brixen er- 
baut und unter Vermittlung des Fürsterzbischofs von Salz- 
burg von dem Mutterstift auf dem Nonnberg fünf Chorfrauen 
nnd Schwestern nach Sähen sich begeben hatten, wurde 
am 21. November 1686 das Klostergebäude und das dazu 
gestiftete Vermögen unter Beisitz des Stifters, Mathias 
von Jänner, und einer zahlreichen Versammlung von Herren 
den ßenediktinerinnen vom Weihbischofe Wilhelm v. Vintler 
feierlich übergeben, nachdem früher der damalige Fürst- 
bischof Johann Graf Khuen die Stiftung bestätigt hatte. 
Noch an demselben Tage wurde Maria Agnes Zeiler gemäss 
der heiligen Regel von den übrigen vier Klosterfrauen zur 
Priorin erwählt. Die Namen derselben waren: M. Thekla 



— 456 — 

Zßiler, eine Schwester der Priprin, M. G€rtr3,iit Gugler, 
M. Ignazia Han uiid. Ottilia Fichtl. Von ibrejn Mntter- 
kloster erhielten sie an Ausstattung' pebst anderem Sachen 
8000 /. in Gold. Jn der Folge von 13 Jahren zählte 4a& 
Stift bereits 11 Chorfrauen, 4 Laienschwestern und 3 Can- 
didatinnen. Am Festtage von Peter und Pa^il, d. i. '29, Juni 
1699 wurde die Frau Priorin M. Agnes Zßiler in Gegen- 
wart der versammelten Klosterfrauen durch den Fürst- 
bischof Johann Franz Grafen von Khuen zur Aebtisszn 
erhoben und auf Bitten des Klosters am Sonntage vor 
Simon und Juda benedicirt, Sie verschied im Alter von 
80 Jahren am 2. September 1715. Die Güterund Besitzungen, 
welche das Stift nach ihrem Ableben besass, lassen sie 
als sehr gute Haushälterin erkennen. 

Als Tag der Wahl einer Nachfolgerin bestimmte der 
Fürstbischof den 10. October 1715, und es wurde an dem- 
selben Tage in seiner Gegenwart Antonia Spergserin ge- 
wählt, welche bis zum Jahre 1734 dem Stifte vorstand. 
An ihre Stelle w^urde M. Thekla Zeilerin erwählt, welcher 
im Jahre 1749 M. Floriana Pezer folgte. Die Verhältnisse, 
wie sie uni jene Zeit im Kloster herrschten, schildert Matian 
in seiner Geschichte der ganzen österreichischen Kleyisey 
mit folgenden wenigen, aber treffenden Worten: 

„Uebrigens leben sie ganz ohne Stiftung , wie von 
jeher, so auch noch immerfort, blos von den Morgengaben 
und Mitgiften oder Aussteuerungen der an- und nach- 
gekoinmenen Töchter, mit ziemlich herabgefallenen Zinsen 
und Gefällen, unter der bespndern Vorsehung des Aller- 
höchsten und den huldreichen Gnaden des allerdurch- 
lauchtigsten Erzhauses Oesterreich." 

Die Ruhe und der ungestörte Friede, der bis um diese 
Zeit im Hause herrschte, wurde gewaltsam ujiterbrochen 
durch die Kriegsjahre, iu denen bald österreichische, bald 
iranzösische oder bayerische Truppen sich auf Sähen ein- 
quartirten. Die damalige Aebtigsin M. Candida Mayrin, 
welche zugleich die letzte Aebtissin des Stiftes Sähen war, 
musste den grössten Theil des Hauses im Juli 1796 den 
österreichischen Soldaten, 172 an der Zahl, überlassen. 
Im Febru.ar des nächsten Jahres sollten die Nonnen das 
Kloster verlassen. Obgleich aber die Eäumnng nnterblieb, 
so hatte das Stift doch durch die Plünderung der Franzosen 



— 457 — 

im März einen Schaden von 600 /. erlitten. Kaum hatte 
das Eloster diese Drangsale überstanden, wurde es von 
der bayerischen Regierung im Jahre 1808 aufgehoben aus 
dem Grunde, weil die Verpflegung der Klosterfrauen zu 
Sähen und der Clarissinnen in Brixen unmöglich wäre. 
Da eine Vereinigung beider nicht anging, sollten die zum 
Schulunterrichte Fähigen an Klöster abgegeben werden, 
welche sich Schulzwecken widmen, die übrigen mit Pension 
zu ihren Familien zurückgesendet werden. Man begann 
bereits die Klostermobilien zu versteigern. Der Aufstand 
der Landleute unterbrach dies und es gelang die meisten 
Mobilien zu retten. Die Aebtissin M, Candida enisagte 
1809 feierlieh ihrer Würde wegen ihres hohen Alters von 
81 Jahren, worauf Juliana Witsch als Vorsteherin gewählt 
wurde. Nachdem auf kurze Zeit unter dieser die alte 
Ordnung und Zucht zurückgekehrt, brachte der Herbst 
von 1809 abermals die Franzosen in das vielgeplagte Sähen. 
Die Nonnen mussten in das förstbischöfliche Schloss nach 
Velturns übersiedeln, von wo sie erst fünf Jahre nachher 
im Jahre 1815 zurückkehren konnten. Die in demselben 
Jahre gewählte Vorsteherin M. Mechtild Thaler erwirkte, 
dass Se. k. k. Majestät das Fortbestehen des Klosters 
auf unbestimmte Zeit bewilligte, mit der Beschränkung 
der Aufnahme von Candidatinnen bis auf die Zahl, die 
das Kloster selbst ohne Beitrag des Staates erhalten könnte. 
Seit jener Zeit hatten die Benediktinerinnen Säbens keine 
besonderen Leiden und Tröbsale auszustehen, im Gegen- 
theil, der Zustand des Klosters verbesserte sich von Jali zu 
Jahr, so dass im Jahre 1876 ausser einer Oberin und 
Priorin noch 22 Chorfrauen, 13 Schwestern, 3 Novizinnen 
und 3 Candidatinnen im Stifte sich befanden, deren haupt- 
sächlichste Beschäftigung neben dem Chorgebete auch der 
Unterricht und die Erziehung der weiblichen Jugend bildet. 

GOTTHAKD ABIiEIDESGEB. 



DentscMand und die Schweiz. 




Audechs. 

adechs — der heilige Berg — ist siclier eine der 
allgemein bekannten Oertlichkeiten von Bayern so- 
wohl rüctsichtlich seiner romantischen Lage auf 
einem nördlichen Ausläufer des bayerischen Hoch- 
gebirges zwischen dem Ammer- und Würmsee, als auch 
seiner alten Geschichte und seiner im Mittelalter besonders 
berühmten Dynasten, endlich derHeiligthümer willen, welche 
diese auf ihrer heimatlichen Burg vereinigt haben. — Der 
zugemessene Raum gestattet es nicht, Andechs nach allen 
diesen Richtungen hin näher zu beleuchten.*) 

Nachdem die Burg im Jahre 1209 infolge der Ermor- 
dung des Gegenkaisers Philipp von Schwaben zerstört und 
Heinrich, der letzte männliche Sprosse der Grafenfamilie, 
im Jahre 1228 an Gift gestorben war, hatte es keineswegs 
den Anschein, dass Andechs zu neuer Blüthe sich erheben 
werde. 

Ein auffallendes Ereignis im Jahre 1387 wurde Anlass 
zu seiner Wiedererhebung. — Vitus Arnpech, der älteste 
bayerische Geschichtsschreiber, und Aventin erzählen ziem- 
lich übereinstimmend dasselbe. 

Mit der Abhaltung des Gottesdienstes daselbst waren 
von Alters her die Benediktiner des Klosters Ebersberg 
betraut. Als der Kaplan Jakob Dachauer in der bei der 
Zerstörung stehen gebliebenen Schlosskapelle die h. Messe 
feierte, beobachtete er am Fusse des Altares eine Maus, 
welche einen Pergamentstreifen, mit denen man h. Reli- 
quien zu versehen und zu imterscheiden pflegte, bei einer 



*) Ausführlicli handelt darüber: Chronik von Andeclis v. P. Magnus 
Sattler O. B., Prior des Klosters. Donauwörth 1877. Druckerei des kath. 
ErziehungsTcreins. 



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— 459 — 

kleinen Oeffhung der Altarstufen hervorbrachte. Dieser 
Streifen unterstützte das lebendige Volksbewusstsein von 
dem Verborgensein kostbarerer Reliquien, und gab Anlass, 
nähere Nachforschungen darüber anzustellen. 

Die bayerischen Herzöge Stefan und Friedrich fanden 
ea nicht unter ihrer Würde, persönlich Zeugen dieser Nach- 
forschungen zu sein. 

An der bezeichneten Stelle wurde sofort nachgegraben 
und man stiess bald auf eine mit Eisen versicherte Kiste 
von Eichenholz, in der sich wirklich die seit der Zer- 
störung der Burg Andechs vermissten h. Reliquien vor- 
fanden, so namentlich die durch die h. Päbate Gregor den 
Grossen und Leo IS. consecrirten h. Hostien in einer Blei- 
kapsel, auf deren Aussenseiten ein gleichseitiges Kreuz in 
romanischer Form mit folgender Inschrift geprägt ist: Agne 
Dei miserere mei, qui crimina tollis. In der Kapsel selbst 
waren dieselben zwischen zwei Pergamentsfcücken verwahrt; 
auf dem einen derselben liest man: Sacramentum S. Gre- 
gorii Papae, Sacramentum Leonis Papae, auf dem andern 
stehen christliche Sinnsprüche: Creator coeli, dignare uos 
salvare; Alpha et Omega nos adjuva, Pas Christi. — Diese 
Kapsel mit ihrem Inhalte, mit verschiedenen Dokumenten, 
namentlich dem alten Pergament- Missale (Codex Ande- 
censis Nr. 3005 der kgl. Staatsbibliothek in München) und 
den merkwürdigsten Reliquien, welche der h. Rasto Graf 
von Andechs und Stifter von Grafrath von seiner Pilgerfahrt 
ins gelobte Land im Jahre 948 mit nach Hause gebracht 
hatte, wurden in das Kleid der h. Elisabeth eingehüllt, 
in der erwähnten Kiste verwahrt und bei dem Altar ver- 
graben. Nach der Erhebung des h. Schatzes wurde der- 
selbe zunächst nach München übertragen und unter dem 
Geleite des herzoglichen Hofes in der alten Hofkapelle 
St. Jakob am Anger untergebracht. Infolge dessen ent- 
faltete sich nicht blos in München, sondern in ganz Bayern, 
ja in ganz Deutschland eine eigenthüm liehe religiöse Be- 
wegung. Pabst Bonifaz IX. gewährte in Anbetracht der- 
selben für München um so bereitwilliger einen Ablass, als 
die bayerischen Herzöge ihm seinem Gegenpabste Bene- 
dikt XIII. gegenüber treu zur Seite gestanden waren. 
Auch viele Bischöfe Hessen nach dem Maasse ihrer bischöf- 
lichen Gewalt den Wallfahrern die Gnaden der Ablässe 



— 460 — 

angedeilien. — Der päbstliche Ablass nahm seinen Anfang 
am vierten Sonntage in der Fasten und dauerte bis zum 
Feste Petri Eettenfeier. Nacb den Berichten der Haus- 
geschichte befand sich derselbe vom Jahre 138,9 bis 1406 in 
München. 

Inzwischen wurde in Andechs eine neue Eirche ge- 
baut und mit der alten Kapelle in Verbindung gebracht. 
So sehr indessen das religiöse Leben sich hob, so fehlten 
die entsprechenden Anstalten zu dessen Pflege. 

Diesem TJebelstande suchte Herzog Ernst dadurch ab- 
zuhelfen, dass er an der neuen Kirche mit Zustimmung 
des Concils von Basel ein CoUegiatstift für einen Probst 
und sechs Chorherren errichtete, Cardinalbischof Peter 
von Augsburg bestätigte dessen Stiftung im Jahre 1439. 
Johann Ettenhofer war dessen erster Probst. Im Jahre 1452 
wurde die benachbarte Pfarrei Pöcking mit demselben ver- 
einigt. 

Obschon das neue Stift sich der besonderen Huld 
weltlicher tmd geistlicher Fürsten erfreute, konnte es doch 
zu keinem besonderen Flor kommen, weil regelmässig nur 
einer der bepfröndeten Herren anwesend war, indessen die 
übrigen anderwärts sich verwenden Hessen und so den 
Stiftungszweck vereitelten. 

Herzog Albert HI., dem dies nicht weniger als gleich- 
giltig war, dachte auf Abhülfe, die er am besten durch 
Verwandlung des Chorherrenstiftes in ein Benediktiner- 
kloster zu bewerkstelligen hoffte. Mit dem Cardin al-Le- 
gaten für Deutschland Nikolaus von Cusa, Fürstbischof 
von Brisen, der zu wiederholten Malen nach München und 
Begensburg gekommen war, traf er im Jahre 1451 mit 
erwünschtem Erfolge die nöthigen Vorkehrungen hierzu. 

Nachdem Pabst Nikolaus V. vollständig über diese 
Angelegenheit ioformirt worden war, wie er selbst in. einer 
diesbezüglichen Bulle vom Jahre 1453 versichert, richtete 
er ein apostolisches Breve an den Abt Wilhelm von Bene- 
diktbeuren, wodurch er ihm anzeigt, dass er dem Ver- 
langen des Herzogs wiUfiihre und deshalb befehle, der 
Abt solle als apostolischer Commissär die Wünsche des 
Herzogs zur Ausführung bringen. 

Herzog Albert vermehrte die ursprüngliche Stiftung 
seines Vaters mit bedeutenden Gütern und Privilegien, 



— 461 — 

besonder3 aucli den Reliquienscliatz. So -war er es, der 
zur würdigen Aufbewakrung der heiligen drei Hostien die 
prachtvolle gothische Monstranz, 25 Pfand SUber wiegend, 
herstellen Hess. Durch ihn kamen femer mit kostbarer 
Passung in den Reliquienschatz: ein Arm eines unschul- 
digen Eindes, ein grösserer Exeuzpartikel, ein Ereuz mit 
Reliquien von den Leidenswerkzeugen des Heilandes, meh- 
rere silberne Brustbilder für die Reliquien des h. Apostels 
Bamabas, der h. Cordula, aus der Gesellschaft der h. Ur- 
sula, und eiae goldene Rose, welche Pabst Nikolaus V. 
geweiht und durch Verleihung derselben den Herzog Albert 
ausgezeichnet hatte. 

Das Kloster wurde von Tegemsee aus bevölkert; die 
ersten sieben Religiösen erwählten unter sich vorläufig den 
Johannes Senior als Prior ia spicitualibus. Administrator 
in temporalibus und später erster Abt war Eberhard Stö'cMi- 
lin vonWolfiratshausen; er wurde erwählt am 20. Juli 1458 
und starb den 17. März 1462. Ihm folgten: 

2. Johann Hausmann von Landsberg, erwählt 3. No- 
vember 1462, gestorben 14. October 1475. — Während sei- 
ner äbtlichen Amtsführung Hessen sieh Herzog Alberts HI. 
Söhne und Nachfolger, Sigismund, Johann Wolfgang imd 
Albert, das Gedeihen des neuen Klosters mit allem Eifer 
angelegen sein. Im Jahre 1466 erneuerten imd befahlen 
sie durch eine eigene Urkunde die schon längst zum 
Besten der Kirche angeordnete Kornsammlung und jähr- 
liche Opfergabe in den Gemeinden des Lechrains und ia 
den Pfleggerichten von Pähl und Wolfratshausen. Ausser- 
dem wurde das Stammvermögen durch viele Jahrtags- 
stiftungen bedeutend vermehrt. Nicht blos Bischöfe und 
Fürsten, sondern selbst der Pabst und Kaiser förderten 
durch besondere Gunsterweisungen das Gedeihen der neuen 
Stiftung; 

3; Andreas Oeiiil von Tölz wurde am 30. Oct. 1475 
zum Abte gewählt. Er liess besonders die Yermehnmg 
des MösterHchen Grundbesitzes sich angelegen sein. Sein 
Mitbruder Johannes von Isny, der als der erste in der 
neugegründeten Stiftung im Jahre 1460 Profess abgelegt 
hatte, wurde im Jahre 1486 als Abt nach Wessobrunn 
postulirt. — Bei den damaligen Kriegsunruhen fand der 
Abt auf der Flucht in Weü, der Stadt in Würtemberg, 



— 462 — 

am 8. September 1492 seinen Tod und seine letzte Rulie- 
stätte. 

4. Johann von Schrattenljach bei Dietmannsried -vrorde 
am 30. October desselben Jahres als sein Nachfolger ge- 
■wählt. Mit seinem Bruder Michael hatte er am 8. Sept. 
1471 in Andechs Profess abgelegt. Unter seiner Regie- 
rung schenkte Beatrix, "Wittwe des Pflegrichters Thomas 
Pipperlin von Stamberg, das in ihren Besitz gekommene 
Gruffchaus sammt Kirche — ehemalige Synagoge — in Mün- 
chen an das Eloster, welches nac!^als bis zur Säculari- 
sation eine sehr beliebte Wallfahrtsstätte wurde. Abt Jo- 
haimes legte einen zweiten Band zur Aufzeichnung der 
wunderbaren Gebetserhörungen an, veranstaltete die Aus- 
gabe einer gedruckten Chronik von Andechs noch vor 
1600 n. Chr. imd verewigte durch die Erbauung der Lieb- 
ftauen- oder früheren St. Martinskirche in Erling und der 
St. Michaelskirche in Widderberg sein Andenken. Er starb 
am 1. Juni 1521 — 70 Jahre alt. Es folgte ilmi: 

5. Christoph Biedter von Bocksberg. Von da an bis 
zum Jahre 1590 war eine traurige Periode für das Kloster. 
Es entwickelte sich die Reformation, die ihre Schlagschat- 
ten auch in das Kloster Andechs warf. Die ökonomischen 
Verhältnisse geriethen in Unordnung; es folgten sich in 
kurzer Frist mehrere theils kranke, theüs hochbetagte 
Aebte in entsprechendem Wechsel mit Administratoren, 
welche die weltliche Regierimg dem Kloster vorsetzen zu 
müssen glaubte. 

Im Jahre 1572 wurde P. Joachim Kircher von Zwie- 
falten als 11. Abt nach Andechs postulirfc. 

Um diese Zeit tauchten Zweifel auf, ob die h. Hostien 
wegen ihres hohen Alters und der erlittenen Einflüsse noch 
als consecrirt zu betrachten und als solche anzubeten seien. 
Die Frage ward von der auf Betrieb des Herzogs Wilhelm 
a. 1583 zusammengetretenen und von dem Weihbischof Fe- 
lician von Salzbm-g geleiteten Untersuchungs-Commission 
einstimmig bejaht, jedoch geboten, die h. Hostien in der 
Folge in eine Kapsel einzuschliessen und diese nicht leicht 
mehi zu eröffiien. 

Nach achtzehnjähriger Amtsführung sah sich der Her- 
zog in seinen Erwartungen, die er auf Abt Joachim ge- 
setzt hatte, nicht befriedigt; er musste wie seine unmittel- 



— 463 — 

TDaren Vorgäoiger die äbtliche Würde niederlegen und 
in sein Mutterkloster zurückkehren. 

Man -war wiederum zur Berufung eines Obern aus 
einem fremden Hause Teranlasst. Der Herzog "Wilhelm 
liess durch Bischof Marquard von Augsbiurg den P. David 
Aichler von Ottobeuren als 12. Abt im Jahre 1588 postu- 
liren. Yon da an erlangten die Verhältnisse des Klosters 
ein festere Gestalt. Das Vermögen und der Grundbesitz des 
Klosters erhielten einen bedeutenden Zuwachs durch ver- 
schiedene Gutsankäufe und die Ueberweisung der ehe- 
maligen Probstei Parin, zwischen Landshut und Regens- 
burg, wodurch mau die Benediktiner für die Ueberweisung 
der Abtei Ebersberg an die Jesuiten zu beschwichtigen 
suchte. Der Abt starb, erst 51 Jahre alt, am 25. Februar 
1596. Seiu Bild trägt das Gepräge einer tiefgegründeten 
Prömmigkeit. 

Als 13. Abt wurde Alexander Sauter, gleichfalls aus 
dem Kloster Ottobeuren, am 15. Mai 1596 auf Zudringen 
des Herzogs ohne Rücksicht auf die Wünsche des Con- 
ventes, aus seiner Mitte einen Abt wählen zu dürfen, po- 
stulirt. Während seiner Regierungsperiode überliess Herzog 
Wilhelm testamentarisch die Hofmarken Stögen, Mühlfeld 
und Pflugdorf, welche er sich bei seiner Resignation vor- 
behalten hatte, dem Kloster Andechs. — Als Abt Alexander 
im Jahre 1600 einstimmig zum Abte von Ottobeuren ge- 
wählt worden war, durften die Benediktiner von Andechs 
nach langer Zeit zum ersten Male wieder einen Abt aus 
ihrer Mitte wählen. Die Wahl fiel auf 

14. Johann Ghrysostomus Huttier von Mindelheim,. 
einen vollendeten Religiösen, obwohl er erst 25 Lebens- 
und 9 Professjahre zählte. — Bei einer Festlichkeit zum 
h. Kreuz in Augsburg im Jahre 1604 ergriff ihn eine Krank- 
heit, die seinen Tod zur Folge hatte, obwohl er erst 3 5 Jahre 
zählte. 

Ihm folgte als 15. Abt Michael Einslin von Kempten,, 
der sich mit seinen Mitbrüdem besondere Verdienste um 
die Zurückführung der Oberpfalz zur katholischen Kirche, 
um die Förderung des Studienwesens an der Universität 
Salzburg und um die Pflege der Studien erworben hat. 
Der h. Berg gelangte zu einer vorher nie gekannten Be- 
rühmtheit und wurde das Reiseziel von Gelehrten und Un- 



— 464 — 

gelehrten. Im ersten ViertheE des 17. Jalirhuiiderts fanden 
sicli jährlicli melir als 100,000 Wallfahrer in Andechs ein. 
Anna, die Gemahlin des Kaisers Matthias, war zwedmal 
persönlich auf dem h. Berge. Die Herzoge Wilhelm der 
Fromme und Maximilian kamen fast alle Jakte, imd zu 
wiederholten Malen, imd konnten Stunden lang vor den 
Heüigthümem ihrer Andacht obliegen. Abt Michael hatte 
die Ehre, im Jahre 1624 den polnischen Köüigssobn 
Wladislaus als Pilger in Andechs zu begrüssenj ailch 
melurte er den heiligen Schatz mit den Leibern des 
h. Märtyrers Fortunatus (Geschenk des edlen Sebastian 
von Füll), der h. Jungfrau und Martyrin Serena (veröhrt 
durch Frau Anna von Füll) und des Pabstes Gajüs (über- 
sendet durch den edlen Georg von Füll aus München). 
Um die Anbetung des wunderbaren Sakramentes zu heben 
und zu steigern, errichtete er mit Gutheissung des Päbstes 
TJrban VIll. die Bruderschaft von den heiligen drei Hostien 
im Jahre 1630. Er stand dem Kloster 30 Jahre rühmlich 
vor und starb, 60 Jahre alt, im Jahre 1640. 

Ztmi Nachfolger als 16. Abt wurde am 28. September 
1640 Maurus Friesenegger von Baierdiessen erwählt. Die 
meiste Zeit seines Lebens verwendete er, abgesehen von 
der Erfüllung seiner Pflichten als Religiöse, zum Studium 
und zu schnffesteUerischen Arbeiten; sein. Tagebuch über 
die Periode des 30jährigen Krieges, vom Jahr 1627 an- 
gefangen, hat jetzt noch einen mehr als historischen 
Werth. Von seiaer Bussstrenge gab ein grobes härenes 
Busskleid Zeugnis, welches er beständig trug, und welches 
man bei seinem Tode am 11. Mai 1655 fand. 

Zur Zeit des unseligen Schwedenkrieges liess Kurfürst 
Max das Heiligthum nach Salzburg bringen und auf eigene 
Kosten zurückführen. Damals geschah es, dass man das 
Marienbild des unteren Choraltares, das sich schon lange 
einer besonderen Verehrung der Pilger erfreute, in einer 
Höhle des Klostergartens verbarg, um es der Wuth der 
Schweden zu entziehen. Ein Knecht entdeckte aber aus 
Furcht diesen Ort den Soldaten. Sie begannen das Bild 
auszugraben, wurden indess während ihrer Arbeit plötzlich 
von Schrecken so ergriffen, dass sie unverrichteter Dinge 
sich entfernten. 

Eine bei dieser Gelegenheit 1632 vorgefallene Begeben- 



-- 465 — 

heit, welche Maurus Friesenegger in seinem Tagebucli des 
dreissigjährigen Krieges umständlich und authentisch be- 
richtet, gab Anlass, dass die Gläubigen anfingen, auch zum 
Muttergottesbilde des oberen Choraltares eine vorzügliche 
Andacht zu bethätigen. Nachdem man nämlich das untere 
Marienbild im Garten vergraben, hatte man das obere 
Bild an die leere Stelle auf dem unteren Altare gesetzt. 
An dieses legten die Schweden Stricke an, um es loszu- 
reissen; jedoch vergeblich, es blieb unbeweglich, wie die 
schwerste Last, obwohl viele und starke Männer an den 
Stricken zogen. 

Den Vorfall erzählten schwedische Soldaten zu Rosen-, 
heim und anderwärts mit dem Beifügen, dass einer der 
thätigsten Mithelfer unfern des heiligen Berges einen 
traurigen Tod gefunden, und ein anderer hierdurch ge- 
schreckt zum katholischen Glauben zurückgekehrt sei. 
Bei dieser Statue ist die heüige Jungfrau mit ausgestreckten 
Händen, die Botschaft des Engels anhörend, dargestellt. 

Dem Abt Maurus folgte als 17. Abt Colestin Frohst 
von Landsberg, der sich gleich seinen Vorgängern die 
Pflege der Wissenschaften angelegen sein liess ; nach zehn 
Jahren resignirte er auf die Abtei und starb bald darnach. 

Der gelehrte Abt Maurus II. Barribeck (1666—1686) 
musste das Kloster sammt der Kloster- und "Wallfahrts- 
kirche, welche vom Blitze getroffen wurde, am 3. Mai 1669 
in Flammen aufgehen sehen, wobei jedoch die Kapelle, 
welche die Heiligthümer bewahrte, auf eine ausserordentliche 
Weise unversehrt blieb, indem sich die Wuth des Feuers 
plötzlich an einem Querbalken brach, durch den die 
heilige Kapelle mit der Kirche in baulicher Verbindung 
stand. 

Der Eeliquiem-eichthum ward 1667 vermehrt durch die 
Gebeine der heiligen Jungfrau und Martyrin Paulina; 
Kurfürst Ferdinand Maria schenkte 1679 einen Ornat, den 
kostbarsten unter allen, kam öfter auf den heiligen Berg 
und liess zu grösserer Versicherung das Gitter in der 
heiligen Kapelle machen. Nicht lange nachher, im Jahre 
1690, trug sich folgende Thatsache zu. Eine Schwester 
des Michael Nöff von Walda bei Pöttmes hatte schon 
zwei Jahre den Verlust der Sprache zu beweinen und war 
ohne Hoffnung einer Heilung. Dem Bruder war es, als 

Ein Benediktiner'buch. 30 



— 466 — 

ob er im Schlafe bewogen würde, die Schwester auf den 
heiligen Berg zu verloben. Er versprach eine Pügerfahrfe 
nach Andechs und eine heilige Messe; Tags darauf redete 
die Schwester ohne Anstoss und Beschwerde. Beide Ge- 
schwister erschienen am 2. Mai 1690 auf dem heiligen 
Berge, um Gott ihren Dank für die empfangene Gnade 
abzustatten. 

Auch an der Begründung der bayerischen Benediktiaer- 
Congregation nahm Abt Maurus hervorragenden Antheil. 

Er starb im Grufthause zu München am 2, November 
1685 und fand vor der St. Josefskapelle seine letzte Ruhe- 
stätte. 

Quirin Wessenauer von Salzbm-g folgte ihm als 19. 
Abt; er starb gleichfalls im Grufthause zu München, wo- 
hin er sich in den Kriegswirren des Jahres 1704 begeben 
hatte. 

Kurfürst Max Emanuel erwies sich als Wohlthäter 
der Andecensischen Heiligthümer und verschaffte eine 
silberne Ampel in die heilige Kapelle, sammt ewiger Unter- 
haltung des Lichtes vor dem wunderbaren Sakrament. 
Kaiser Leopold verlieh für Andechs einen Sicherheitsbrief 
während des spanischen Erbfolgekrieges ; infolge dessen 
blieb der heilige Berg ganz unversehrt; aus Dankbarkeit 
hielt ^s Kloster jährlich am 5. Mai ein feierliches Requiem 
für das österreichische Kaiserhaus; 

Als 20. Abt wurde Maurus III. Braun von München 
einstimmig gewählt. Er stand der Abtei bis zu seinem 
Tode im Jahre 1746 vor. Yiele umfangreiche Neubauten 
und Reparaturen der zum Kloster gehörigen Kirchen und 
Oekonomiegebäude sind sein Verdienst. Ihm war es ge- 
gönnt, das Jubiläum seiner Profess und seiner Priester- 
weihe feierlich zu begehen. 

Der 21. Abt, Bernhard ScIiütSYonWessdhxumi, machte 
sich bekarmt als Restaurator der Kirche in dem reichen 
Rococo-Style , in welchem sich dieselbe jetzt noch- dem 
Auge des Beschauers darstellt. Zm- Vornahme dieser 
Restam-ation veranlasste ihn die Jubiläumsfeier des 
300jährigen Bestandes seiner Abtei im Jahre 1754. — Er 
endete seiae Laufbahn am 28. Mai 1759. 

Ihm folgte als 22. Abt Meinrad Mosmüller von Issing, 
der gleich seinem Vorfahren Maurus IE. vorher Novizen- 



— 467 — 

meister im gemeinscliaffelicheii Noviziate der bayerischen 
Congregation war. Er führte den abteilichen Hirtenstab 
bis zum Jahre 1767. Das Apothekergebäude — nun Pfarr- 
hof — mit darunter befindlichem KeUer wurde von ihm 
erbaut. 

Der 23. Abt war Josef Hörl Ton dem benachbarten 
Hanfeld. Seine Amtsführung fiel in die traurige Zeit der 
Hungersnoth; bei seinem nur zu frühen Hintritte zeigte 
sich, dass er sehr haushälterisch mit den Gütern des 
Klosters umgegangen war, und den ökonomischen Stand 
desselben bedeutend gehoben hatte. — An seiner Statt 
ivurde am 6. August aJs 

24. Abt Johann Baptist Bergmann von Regensburg 
gewählt. Mit seinem Freunde und Mitbruder P. Placidus 
Scharl Ton Seefeld erwarb er sich besondere Verdienste um 
die Ausstattung und Vermehrung des Archivs, der Biblio- 
thek, eines physikalischen und Naturalien -Kabinets und 
überhaupt aller Mittel, die zur Förderung wissenschaft- 
lichen Strebens dienen konnten. Er starb am 30. No- 
vember 1790. 

Ihm folgte als 25. und letzter in der Reihe der Aebte 
Gregorius Manch, der älteste von sechs Lehrerssöhnen in 
Erling, die sich alle in den benachbarten Benediktiner- 
klöstem dem Ordensstande gewidmet hatten: seine Wahl 
erfolgte am 3. Januar 1791. 

Die Zeitverhältnisse waren nichts weniger als för- 
derlich für die klösterliche Entwicklung. Die Ejriegs- 
verhältnisse erheischten imerschwingliche Opfer von den 
Klöstern bis zur gänzlichen Aufhebung derselben im 
Jahre 1803. 

Nachdem bedeutungsvoll der bürgerliche Tod aller 
bayerischen Klöster für den 1. Aprü 1803 festgesetzt und 
am nämlichen Tage eingetreten war, stiess man die Mönche 
in Andechs gleich den übrigen, nachdem man sie ihrer 
Heimat verlustig gemacht, in die offene See der Welt 
hinaus, unbeküimnert um die Heüigthümer, um die Wall- 
fahrt, um die Bedürfiiisse und Wünsche des gläubigen 
Volkes. In verschiedenen Abtheilungen dmrchzogen und 
durchkreuzten sich auf allen Heerstarassen die zur Ab- 
räumung beauftragten Commissäre, welche die Klöster^ 
rastlos geschäftig zu durchmustern und ins Fachwerk der 

30* 



— 468 — 

neuen Staatsorganisation eiozuricliten hatten. Sie kamen 
aucli nach Andechs, um ihr Handwerk zu üben. 

Mit Anfang des Sommers 1803 -wurden alle silbernen 
und goldenen Gefässe der heiligen Eeliquien sammt den 
Reliquien selbst, mit Ausnahme von einigen in der heüigen 
Kapelle aufbewahrten, abgeholt, ia die nämliche Truhe, 
in welcher sie schon im 17. Jahrhunderte zur Zeit des 
Schwedenkrieges mehrmals waren geMchtet worden, ge- 
packt und nach München ins Münzamt abgeführt. Dabei 
verfuhr man abe;r so ungeziemend, dass man sich die ver- 
übten Greuel nicht erzählen lassen kann, ohne von Weh- 
muth im.d TJnmuth bewegt zu werden. Ein Augenzeuge 
vergoss einmal bittere Tluränen, als er uns dieses traurige 
Loos der Heiligthümer auseinandersetzte. Trat man ja 
die heiligen Schätze, zu deren Aufnahme die Kisten zu 
Mein waren, sogar mit Füssen, um sie einzustampfen und 
einzupressen, und als man sie zu München ihres greif- 
baren Werthes beraubt hatte, warf man sie sorglos umher, 
bis sich der ehemaligte Abt bewogen fand, um Rückgabe 
dieser Kleinodien zu bitten, die man ihm nicht verweigerte, 
wenngleich dem beauftragten Empfänger auf seine Frage, 
wo die Heiligthümer sich befänden, mit Kälte begegnet 
wurde. Die meisten dieser Reliquien waren glücldicher- 
weise noch mit der nothwendigen Aufschrift und Bezeich- 
nung versehen. Mehrere heilige Gebeine waren auch da- 
durch gerettet und in Andechs zurückbehalten worden, 
dass ihre Ostensorien oder Rahmen als werthlos betrachtet 
wurden, oder dass die Conventualen des Klosters mit Eia- 
willigung des Commissärs beim eilfertigen Einpacken die 
Gläser an den Reliquiengefässen zerbrachen und die theuren 
Ueberreste herausnahmen, das leere Gefäss dagegen ia die 
Hände des Commissärs übergaben. Hierunter befanden 
sich die Zweige der Domenkrone Christi, zwei Kreuz- 
partikel, ein Stück vom Lendentuch des Herrn u. a. So 
hatte Gottes "Vorsehung neuerdings dafür gesorgt, dass 
wenigstens nicht der ganze heilige Schatz und besonders 
nicht die grösseren und ausgezeichneteren Reliquien zu 
Grunde gingen, obschon leider bei der im Jahre 1847 vor- 
genommenen Reinigung oder Ordnung der Heiligthümer 
sich herausstellte, dass von den kleineren Reliquien fast 
zwei Dritttheile des früheren Besitzes theils durch Unbilde 



— 469 — 

der Zeit tincl der Mensclien, theils auch, durch, spätere 
Schenkungen an andere Kirchen in Verlust gegangen 
waren. 

Nachdem im Jahre 1806 die Klosterkirche zur Pfarr- 
kirche umgeschaffen worden und der bisherige Gustos der 
heiligen Eeliquien P. Veremund Dold Andechs verlassen 
hatte, sammelte P. Coelestin Ostermann die vorgefundenen 
kleineren Reliquien in ein Kästchen und verwahrte sie an- 
ständig, his sie in späteren Zeiten allmählich wieder, 
wenn auch nicht in Gold und Silber, so doch in Holz und 
andere Stoffe gefasst und öffentlich ausgesetzt wurden. 

Im Jahre 1810 erschien noch einmal ein Special- 
klostercommissär in Andechs, um zwei silberne Flügel des 
Baldachins und andere Silberzier, womit einige ßeliquien- 
gefässe noch versehen waren, abzuholen. Diese letzte Aus- 
beute betrug 25 Pfund guten Silbers. 

Dass nach den erzählten Vorgängen und bei den seit 
dem Beginn des 19. Jahrhunderts bestehenden Verhält- 
nissen die Andacht auf dem beiligen Berge bedeutend ab- 
nehmen musste, ist an sich klar. Für Priester und Beicht- 
väter war theils mit, theils ohne Verschulden nicht gesorgt, 
Jahre lang war Andechs oft ohne Wallfahrtsseelsorger und 
selten konnte ein Mann bewogen werden, daselbst dem. 
Seelenheile der Wallfahrer zu obliegen; die öffentliche 
Vorzeigung der Heiligthümer hatte aufgehört, Bitt- und 
Wallfahrtszüge waren verpönt, den Aeusserungen der An- 
dacht des katholischen Volkes waren von weltlicber Seite 
eine Menge Hindemisse gelegt, grossartige Kirchenfeier- 
lichkeiten, wie sie ehedem häufig stattfanden, waren ver- 
schwunden. Alles dieses gab Anlass, dass vorzugsweise 
nur mehr die lebenslustige Welt den heiligen Berg be- 
stieg, um Naturschönheiten zu gemessen oder irdiscbes 
Interesse zu verfolgen. 

JRüeJcgabe der Sorge für die HeiUgtJiümer an die JBe- 
nedihtiner. Zu den der katholischen Kirche erwiesenen 
Wohlthaten fügte König Ludwig I. auch die hinzu, dass 
er im Jahre 1846 das feilgebotene Klostergut und Kloster- 
gebäude in Andechs um 65,000 /. käuflich an sich brachte, 
um es sammt Pfarrei und Wallfahrt durch Vereinigung 
mit dem zu errichtenden grossartigen Benediktinerstifte 
St. Bonifaz in München der ursprünglichen Bestimmimg 



— 470 — 

zurückzugeben. Dadurcli gedachte der hoclilierzige Re- 
staurator bayerischer Klöster das geliebte Schoosskind seiner 
Ahnen, das alte Andechs, sich aufs Neue pflichtig zu 
machen. Seinem Wunsche zufolge wurde sogleich ein 
Benediktiner des Klosters Metten mit der provisorischen 
Verwaltung des Klostergutes, der Pfarrei und Wallfahrt 
betraut. 

Mit der EröfEnung des Benediktinerstiffces St. Bonifaz 
im Jahre 1850 ging dasselbe dem Willen des kgl. Stifters 
gemäss als Dotation an dieses über. 

Ausser der Seelsorge in Erling und den Geschäften 
an der Wallfahrtskirche besorgen gegenwärtig 2—3 Patres 
mit mehreren Laienbrüdem die Erziehung von 50 — 80 ver- 
wahrlosten Knaben an der durch den hochwürdigsten Herrn 
Abt Bonifaz dahier eröffiieten St. Nikolaus-Anstalt. 

Im Jahre 1858 wurde die 400jährige Säcularfeier der 
Uebergabe des h. Berges an den Benediktinerorden durch 
eine Mission zwar nicht so grossartig, wie es bei der Feier 
des dritten Säculums der FaU, aber gewiss mit eben solchem 
Dankgefühle begangen: eine zahllose Menschenmenge von 
nah und fem strömte ihr zu, um mit den Religiösen 
Gott zu danken, dass er die Arche in den religiösen 
Stürmen der letzten 50 Jahre vor dem gänzlichen IFnter- 
gange bewahrt, und daselbst aufs neue wieder eine Trost- 
und Zufluchtsstätte für Hülfsbedürflige jeder Art eröffnet 
habe. 

Seit dem Jahre 1850 steht also das ehemalige Kloster 
Andechs unter der Leitung der Abtei St. Bonifaz in Mün- 
chen. Erster Abt, von dem königlichen Stifter ernannt, 
was Herr Paulus JBirJcer von Sonthofen, der schon nach 
vier Jahren seine Stelle resignirte. Als sein Nachfolger 
wurde vom Convente den 4. October 1854 erwählt Herr 
Daniel Bonifaz von Raneberg, geb. auf dem Einödhofe 
zur Tanne bei Kempten den 17. Juni 1816, Profess den 
29. December 1851. Im Sommer 1872 ernannte ihn Se. 
Majestät König Ludwig H. zum Bischof von Speier. Nach- 
dem der Pabst ihm seinen Wunsch hatte verlautbaren 
lassen, dieser Ernennung zu folgen, wurde er am 25. August 
desselben Jahres in der Basilika zu St. Bonifaz als solcher 
durch den Herrn Erzbischof Gregor von Scherr consecrirt. 
Leider starb er schon am 31. Mai 1876. 



— 471 — 

Als sein Nachfolger wurde am Tage nach seiner Con- 
secration gewählt Herr Benedikt Zenetti, geb. zu Speier 
den 13. Mai 1821, der zu gleicher Zeit mit Abt Bonifaz 
in das neu begründete Kloster zu St. Bonifaz eingetreten 
war imd im Jahre 1866 von König Ludwig als erster Prior 
in das restaurirte Kloster Schäftlam berufen wurde. — 
Möge Gott denselben erhalten und mit seiner Gnade unter- 
stützen zum Besten des Klosters und der verbundenen An- 
stalten. 

P. Magn. Sattler 0. B., 
Prior. 




St. Bonifaz in Mlinclien. 

önig Ludwig I. betrachtete gleich bei seinem Re- 
gierungsantritte es als eine seiner Hauptaufgaben, 
nicht blos Grosses und Gutes zu schaffen, sondern 
Bewährtes und im Strome der Zeit Untergegangenes 
wieder zu erwecken und namentlich das Unrecht der Säcu- 
larisation vom Jahre 1803, dem mit dem päbstlichen Stuhle 
im Jahre 1817 abgeschlossenen Concordate gemäss, wenig- 
stens theilweise wieder gut zu machen. — Der Artikel VII 
des Concordates, wodurch König Maximilian I. dem apostoli- 
schen Stuhle sein Königswort verpfändete, lautet: 

„Wir, Maximilian, von Gottes Gnaden König von Bayern 
verpflichten uns, zu sorgen für die Herstellung einiger Klöster 
der geistlichen Orden beiderlei Geschlechtes entweder zum 
Unterrichte der Jugend in der Religion und in den Wissen- 
schaften oder zur Aushülfe in der Seelsorge oder zur Kranken- 
pflege imd zwar im Benehmen mit dem heiligen Stuhle 
und angemessener Dotation." 

Nicht ohne viele Schwierigkeiten und Hindernisse hat 
König Ludwig I. dieses Königswort eingelöst und es sich 
angelegen sein lassen, in seinem Ländergebiete den Geist 
eines heiligen Benediktus, Franziskus, Yincentius und ande- 
rer heiliger Ordensstifter wieder zu erwecken und zu be- 
leben. 

Unter allen religiösen Orden erfreute sich der Bene- 
diktiner-Orden seiner besonderen Aufmerksamkeit und 
Hochschätzung. Dessen grossartiges Wirken durch vierzehn 
Jahrhunderte, dessen geräuschlose beharrliche Pflege der 
Wissenschaften, dessen imermüdliche Sorgfalt für Bildung 
und Gesittung errangen diesem Orden jene ehrenvolle Stel- 
lung in der Weltgeschichte, wie er solche heute noch ein- 
zunehmen sich rühmen darf. Weise Mässigung in allen 
Zeitfragen, echter Patriotismus, der für Fürst rmd Vater- 
land kein Opfer scheut, unermüdetes Streben nach glück- 
licher Erzielung seiner erhabenen Zwecke ohne Gepränge 




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— 473 — 

sind ein zu jeder Zeit hervortretender und anerkannter 
Charakterzug des Benediktiner-Ordens, Diese Eigenschaften 
•waren es besonders, welche König Ludwig I. zur Wieder- 
herstellung einer Reihe von säcularisirten Benediktiner- 
klöstern bestimmten und dadurch den Erwartungen der 
bayerischen Katholiken Gerechtigkeit widerfahren Hessen. 

Obwohl München (= Mönchsstadt) von jeher viele 
religiöse Orden männlichen und weiblichen Geschlechts in 
seinen Ringmauern besass, so ist um so auffallender, dass 
gerade der älteste Orden, der des h. Benediktus, keine 
eigentliche Heimstätte daselbst hatte, und Mitglieder des- 
selben nur insoferne darin verweilten, als die Geschäfte 
der benachbarten Stifte einen länger dauernden oder nur 
vorübergehenden Aufenthalt für einzelne Mitglieder nöthig 
machten imd einzelne Klöster zu diesem Behufe eigene 
Häuser in der Stadt besassen, so Benediktbeuren, Tegern- 
see, Wessobrunn, Andechs (Grufthaus), Weihenstephan etc. 
oder nach Aufhebung der Gesellschaft Jesu das Lehramt 
an den höheren Lehranstalten ihren längeren Aufenthalt 
daselbst erheischte. 

König Ludwig glaubte sich ein besonderes Verdienst 
zu erwerben, wenn er dem Benediktiner- Orden zur Pflege 
der Religion imd der Wissenschaft in München eine Heim- 
stätte gründe. 

Zunächst war es derjenige Stadttheil, welcher ausser 
dem Umfange der ehemaligen alten Stadtmauer gegen Westen 
und Nordwesten gelegen war und eine Seelenzahl von 
nahezu 10,000 Personen umfasste, der einer geordneten 
Seelsorge entbehrte. Die Hochherzigkeit Sr. Majestät hatte 
sich's zur Aufgabe gestellt, diesem fühlbaren Mangel durch 
Erbauung eines schönen Gotteshauses und Begründung eines 
Pfarrsystems abzuhelfen. Bei allen wichtigeren Handlungen 
liess sich der König gerne durch historische Motive leiten ; 
so erwählte er zur Grundsteinlegung dieses Prachttempels 
den 12. October des Jahres 1835 zum Gedächtnis an seine 
vor 25 Jahren erfolgte Vermählung mit Therese von Hild- 
burghausen. Diese erfolgte mit wahrhaft königlicher Pracht. 
Der damalige Erzbischof Lothar Anselm von Gebsattel 
nahm die kirchliche Segnung vor. Der Architekt des drei- 
fachen Baues der Basilika, des Klosters und des Kunst- 
aiTsstellungsgebäudes — Religion, Wissenschaft und Kunst 



— 474 — 

zeigen sicli durcli dieselben repräsentirt — Fr. Ziebland 
"überreielite Sr. Majestät zum Einlegen in den Grundstein 
eine Steinplatte mit dem Grundriss, der Haupt- und Seiten- 
ansicht und dem Längendurchscbnitt des Baues und der 
Inschrift: Ludovicus I Bavariae rex die XII Octobris anno 
Domini MDGCCXXXV regni sui gloriosissimi X perennem 
in memoriam felicis faustique diei V lustris nuptiarum cum 
serenissima Domina Theresia alma Ducis Saxo-Altenbur- 
gensis filia peractis huius Basilicae fundamentum posuit. 

Eine zweite Steinplatte trägt folgende Inschrift: 

Georgius Friedericus Ziebland Ratisbonensis nat. die 
YII Febr. MDCGC Architectus regius huius basilicae for- 
mam invenit et delinivit aedificium favente Deo penitus 
perfecturus. Auf der Rückseite derselben steht: Coemetariis 
praefuit Jordanus Maier, Eichstaetensis. In den Grundstein 
selbst hatte der Bildhauer S. SicHnger das Bildnis des 
königlichen Stifters eingemeiselt nebst eiaem Kranz von 
Lorbeer und Eichenlaub. Ausserdem kamen in denselben 
eine goldene Repetiruhr und sämmtliche goldene und sil- 
berne Münzgattungen und Geschichtsthaler, welche wäh- 
rend seiner Regierungsperiode geprägt worden waren. Die 
Gesammtauslagen für die Grundsteinlegung berechneten 
sich auf 2614 /. 

Der Rohban war bis zum Jahre 1840 vollendet. Der 
innere Schmuck derselben nahm eine Zeit von 4 bis 5 Jahren 
in Anspruch. Bis zum Jahre 1847 war der ganze Bau in 
seinen inneren und äusseren Theilen, nebst allen seinen 
Beiwerken, der kirchlichen Einrichtung, Paramenten etc. 
vollendet und harrte fortan der öffentlichen Uebergabe 
und Verwendung, die sich jedoch aus bekannten Ursachen 
bis zum Jahre 1850 verzögerte. Eine eingehende Bau- 
geschichte wird hier Niemand erwarten. Das Nöthigste 
darüber wurde 1875 in einer Festschrift nach dem 25 jährigen 
Bestände der Kirche und des Klosters „Die Basilika und 
das Benediktinerstift St. Bonifaz in München" von P. Beda 
Stubenvoll veröffentlicht. 

Der auf drei Marmorstufen freistehende Hochaltar in 
der Mitte des Presbyteriums trägt folgende Inschrift: 

„Anno Domini MDCCCL Die XXIV Mensis Novembris 
Ego Carolus Augustus Archiepiscopus Monacensis et Fri- 
singensis consecravi Ecclesiam hanc et hoc altare in hono- 



— 475 — 

.rem sancti Bonifacii Episcopi et Martyris. Unter dem 
Orgelcliore an den beiden Seiten des Hauptportales sind 
links und rechts zwei Tafeln von weissem Marmor in die 
Wand eingesetzt mit der Inschrift: „Ludovicus I Bavariae 
rex in honorem Sancti Bonifacii Germanorum Apostoli 
hanc Basilicam condidit, fnndamenta posuit anno Domini 
MDCCCXXXV die XII Octobris.'' 

„In honorem Sancti Bonifacii anno Domini MDCCCL 
Die XXIV mensis Novembris haec Basilica Ecclesia rite 
solemniterque sacrificata est." 

Der Bau der Basilika und der Abtei war somit voll- 
endet; die Bausumme für beide belief sich auf 740,000 /. 
rhein. Das Inventar der Kirche und des Klosters nahm 
eine weitere Summe von circa 255,000 /. in Anspruch, so 
dass der königliche Bauherr bis zur Zeit der Eröffnung 
nahezu eine Million Gulden auf dieses Projekt verwendet 
hatte. Die Dotation für das neue Stift stand noch in Frage. 
Die Ereignisse der Jahre 1847/48 rechtfertigten nur zu sehr 
die Besorgnis, es möchte dieselbe für die Kirche, Abtei 
und Pfarrei und damit die Erfüllung der sehnlichen Wünsche 
jenes Stadttheiles, für welche die neue Kirche ein unab- 
weisliches Bedürfnis war, noch lange nicht erfolgen. Im 
Frühjahre 1850 richteten die Bewohner desselben eine 
Adresse an den königlichen Bauherrn des Inhaltes: 

„E. K. M. möchten in allerhöchster Gnade anzubefehlen 
geruhen, dass die St. Bonifaziuskirche für den katholischen 
Cultus eröffnet, und dass die Pastorirung der zu derselben 
gehörigen Pfarrgemeinde den dahier befindlichen Conven- 
tualen der Abtei Metten übertragen werde." König Lud- 
wig I. jedoch hatte sein Augenmerk auf den Abt von 
St. Stefan in Augsburg gerichtet. Dieser erhielt im Sommer 
1850 vom königlichen Stifter den Auftrag, mit den übrigen 
Aebten sich ins Benehmen zu setzen und mit einer hin- 
reichenden Anzahl von Ordensgeistlichen St. Bonifaz zu 
besetzen. Er reiste nun zum Abte nach Scheyem; das ' 
Eesultat ihrer Unterredung war kein erhebliches. Der Abt 
von Metten kam nach brieflicher Correspondenz nach Augs- 
burg; sie verständigten sich wenigstens dahin, in Einig- 
keit das Werk fördern zu wollen. Ein Abt verlangte vom 
anderen, er möge seine vorzuschlagenden Mitbrüder be- 
nennen, aber keiner ging darauf ein. Vor allem waren die 



— 476 — 

Aebte begierig, vom Abte in St. Stefan zu vernehmen, wer 
für St. Bonifaz als Abt in Aussicht genommen sei. Dieser 
konnte nichts darüber verlauten lassen, weil in einer neuen 
Zuschrift des königlichen Stifters an die drei Aebte die 
Aufforderung gerichtet war, ihm die Yorgeschlagenen zu 
bezeichnen, und dass jeder Abt die betreffende Erklärung 
schriftlich einreichen solle, wobei der König ausdrücklich 
bemerkte, dass er aus der Zahl der Genannten den ersten 
Abt und den ersten Pfarrvikar ernennen werde. 

Durch Decret des königlichen Eabinetssekretariats vom 
5. November 1850 wurde P. Paulus Birker, geboren den 
19. October 1814 zu Sonthofen, ernannt. Er hatte den 
5. October 1838 zu St, Stefan die Ordensgelübde abgelegt, 
wurde am 29. August 1839 zum Priester geweiht und hatte 
in seiner Eigenschaft als Prior zu Ottobeuren und als 
Direktor des Instituts für höhere Bildung zu Augsburg 
die Aufmerksamkeit des Königs auf sich gelenkt. 

Durch die Stiffcungsurkunde vom 4. November 1850 
wurdpu dem neuemannten Abte überantwortet: die aus 
den Mitteln der Kabinetskasse erbaute Bonifaziuskirche, 
das mit derselben in Verbindung stehende Conventgebäude 
sammt Garten, das ehemalige Klostergut Andechs, um 
65,000/. aus den Mitteln der Kabinetskasse erkauft, 50,000/. 
5% Obligationen, das Inventar der Kirche und des Klosters, 
und weitere 12,000 /. zur Bestreitung der ersten Auslagen 
und etwa noch nothwendigen Anschaffungen. 

Am 11. November 1850 erfolgte die landesherrliche 
Sanction unter folgenden näheren Bestimmungen: 1) Sie 
genehmigt die Stiftung der genannten Abtei und Pfarrei, 
sowie die in der Stiftungsurkunde ausgewiesene Dotation. 
2) Der jeweilige Abt hat Sorge zu tragen, dass die Abtei 
stets mit würdigen und wissenschaftlich gebildeten Reli- 
giösen besetzt sei. 3) Sollte die Abtei schon gleich anfänglich 
oder doch wenigstens in der Folgezeit die nothwendige 
Anzahl qualificirter Conventualen gewinnen, so sollen diese 
das königliche Erziehungsinstitut für Studirende versehen, 
und wenn thunüch, auch das mit diesem Institute in Ver- 
bindung stehende Ludwigs-Gymnasium gegen Bezug der 
diesen beiden Anstalten zukommenden Renten und allen- 
fallsige Erübrigungen an den Gehalten der Professoren 
übertragen werden. 4) Die Ernennung des ersten Abtes 



— 477 — 

dnrcli den königliclien Stifter in der Person des P. Paulus 
Birker -wird genehmigt; für die Zukunft greifen die Be- 
stimmungen des kanonisclien Rechtes in dieser Beziehung 
Platz. 

Die Einweihung der Kirche am 24. November 1850 
wurde während der Octave mit täglichem festlichen Gottes- 
dienst, Vormittags mit Predigt und Hochamt und Abends 
mit feierlicher Vesper fortgesetzt. 

Zur Besorgung der Geschäfte waren für den Anfang 
aus verschiedenen Klöstern folgende Ordenspriester berufen: 
P. Franz Xav. Sulzbeck von Metten, den König Ludwig 
auf Antrag des Abtes zum ersten Pfarrvikar ernannte; 
P. Peter Wül von Metten; P. Placidus Lengmüller von 
St. Stefan in Augsburg; P. Luitpold Brunner von St. Stefan 
in Augsburg; P. Augustin Scherer von Fiecht in Tyrol; 
P. Pius Bayer von Scheyem. 

Am 5. Juni 1851, dem Gedächtnisfeste des heiligen 
Bonifazius, erfolgte die feierliche Benediction des Abtes 
durch Erzbischof Karl August v. Reisach unter Assistenz 
der Aebte von Scheyem und Metten. Am 20. Mai 1852 
würde ihm der Gebrauch der Pontificalien gewährt. 

Für den Anfang wurde das Noviziat unter der Leitung 
des P. Alphons Kirchlechner aus dem Kloster Gries in 
Tyrol nach Andechs verlegt. 

Am 28. December 1851 legten die ersten Novizen, 
Professor Dr. D. Haneberg als P. Bonifaz, Priester Wil- 
helm Zenetti als P. Benedikt und der Kleriker R. v. Hof- 
naass als P. Odilo in der Basilika die Ordensgelübde ab, 
denen bald mehrere andere folgten, so dass schon im 
Jahre 1853 es möglich wurde, die Pastoration der aus- 
gedehnten Pfarrei mit den Mitgliedern des eigenen Con- 
ventes besorgen und die auswärtigen Mitglieder in ihre 
Heimat entlassen zu können. 

Einen störenden Zwischenfall für die gedeihliche Ent- 
wickelung der Abtei brachte die am 6. September 1854 
erfolgte Resignation des Abtes Paulus mit sich, der gegen- 
über dem grossen Drang und der reichen Mannichfaltig- 
keit der Geschäfte einer so umfassenden Pfarrei, welche 
Kräfte, Sammlung und Aufmerksamkeit ganz absorbiren, 
das contemplative Element des Ordenslebens nach der 
Regel des heüigen Benedikt glaubte festhalten zu müssen. 



— 478 — 

Der lebendige Drang in seiner Seele nacli einem inneren 
und geschlossenen Ordensleben mache es ihm viel schwerer 
als manchem Anderen, das klösterliche Leben bei St. Bonifaz 
theils unbeschadet der äusseren Wirksamkeit, theils ohne 
die grosse Furcht einer schweren Verantwortung fortzu- 
führen und zu regieren. — Er bekleidete die abteiliche 
Würde nur drei Jahre und neun Monate, versuchte später 
in Liebenau in Württemberg ein Kloster nach seinen 
Ideen zu begründen und wurde im Jahre 1861 als Abt 
und Vorstand der Realschule des Klosters Dissentis in 
Graubünden berufen. Im Jahre 1878 legte er diese Stelle 
nieder und commorirt dermalen als Dignitär-Abt zu 
St. Bonifaz. 

An seine Stelle trat zufolge kanonischer Wahl am 
4. October 1854 P. Bonifaz Haneberg, geboren als der 
Sohn eines Bauers zur Tanne bei Kempten den 17. Januar 
1816, ordinirt den 29. August 1839, Doctor und Professor 
der Theologie an der königlichen Ludwig-Maximilian- 
Ilniversität zu München, ordentliches Mitglied der k. k, 
Akademie der Wissenschaften u. s. w. 

Die kanonische Confirmation erfolgte den 12. October, 
die päbstliche Bestätigung den 15. December 1864, die 
feierliche Benediction am 19. März 1855 durch den Erz- 
bischof Karl August v. Eeisach unter Assistenz der Aebte 
von Metten und Salzburg. 

„Der anerkannt erste Priester des Landes" wurde, 
nachdem er mehrere Berufungen zur bischöflichen Würde, 
ja sogar zum Cardinalate aus Liebe zu seinem Stifte von 
sich abgelehnt hatte, am 16. Mai 1872 von Sr. Majestät 
dem König Ludwig IL zum Bischof von Speier ernannt, 
welcher Ernennung er auf den Wunsch des Pabstes Folge 
leistete. Leider starb er schon am 31. Mai 1876. 

Am Tage nach seiner Consecration, den 27. August 
1872, wurde P. Benedikt Zenetti, welcher im Jahre 1866 
von St. Bonifaz als Prior des wieder hergestellten Klosters 
Scheftlarn ernannt worden war, zum Nachfolger gewählt. 
Er ist der Sohn des ehemaligen k. k. Ministers und Staats- 
rathes von Zenetti, wurde am 13. Mai 1821 zu Speier 
geboren und am 1. August 1841 zum Priester geweiht. 

Möge Gott ihn, der in den verschiedenen Stellungen 
als Seelsorgspriester, Novizenmeister, Prior und Instituts- 



~ 479 — 

director durch seine Milde und Herzensgüte sich die Liehe 
und das Vertrauen seiner Untergehenen zu erwerhen wusste, 
yiele Jahre erhalten und sein Wirken segnen. 

Es erübrigt noch, einen Blick auf das Pensum und 
die mannichfaltigen Geschäfte zu richten, welche die Mit- 
glieder dieses Klosters '— 29 Priester und 42 Laienbrüder 
— zu erledigen haben. — Ueber die Pastoration der Pfarrei 
können Sachkundige sich durch folgende Zahlenangaben 
einen Begriff machen. 

Es ergeben sich jährlich zwischen 1500 und 1600 
Taufen, 600 Trauungen, 700— 800 Versehgänge , 13,000 bis 
14,000 Ost erbeichten; im Laufe eines ganzen Jahres com- 
municiren ca. 60,000 Personen; 1200 Beerdigungen. Eine 
statistisch genaue Seelenzahl konnte noch nie ermittelt 
werden. Die genannten Zahlen berechtigen zur Annahme 
einer Zahl von mindestens 40,000 Seelen. 

Der in nahezu 100 Abtheilungen zu haltende Religions- 
tmterricht in den Schulen nimmt die Kräfte der Convents- 
mitglieder ausserordentlich in Anspruch. — Die Feier des 
Gottesdienstes geht stets in einer der Pracht des Gottes- 
hauses entsprechenden Weise vor sich. — Die niederen 
Kirchendienste, Haus- und Handwerksgeschäfte besorgen 
die Laienbrüder, weshalb deren Anzahl so gross ist. 

Die Pästoration erhält wenigstens eine theilweise Er- 
leichterung durch die verschiedenen religiösen oder wohl- 
thätigen Vereine, die sich theils für die ganze Stadt, theils 
für den Pfarrbezirk St. Bonifaz insbesondere gebildet haben. 

Im Frühjahre 1871 wurde im neuen Militärlazareth 
auf dem Oberwiesenfelde eine neue Kapelle hergerichtet 
und durch Abt Bonifaz benedicirt. — Das j)rogressive 
Wachsthum der Seelenzahl erforderte dringend die Er- 
bauung einer neuen Kirche für den westlichen Theil des 
Pfarrbezirkes, da insbesondere das Eisenbahnbetriebs- 
personal und die Arbeiterbevölkerung in Ermanglung 
einer benachbarten Kirche dem religiösen Leben sich ganz 
zu entfremden drohte. Schon im Jahre 1871 geschahen 
die ersten Schritte dazu durch Vornahme einer CoUecte 
und Erwerbung eines Bauplatzes. Die Ausführung des 
Projektes verzögerte sich aus verschiedenen Gründen bis 
ins Jahr 1878. Nachdem einmal der Anfang gemacht war, 
wurde der Rohbau binnen Jahresfrist vollendet, imd so 



— 480 — 

präsentirfc sicli denn jetzt im "westliclien Tlieile der Lud- 
wigsvorstadt vor der Einfahrt in den Centralbalinliof in 
der Schrenkstrasse dem Auge des Beobacliters die St. Beue- 
diktuskirche in sehr gefälliger Form. — Die Baukosten 
mochten sich wohl auf etwa 200,000 Mark belaufen, von 
denen, abgesehen von vielen anderen Wohlthätern, der 
Tinermüdete Herr Jos. Trappentreu, Sterneckerbräuerj einen 
beträchtlichen Theil deckte. 

In zweiter Linie liegt dem Stifte St. Bonifaz der 
humanistische Unterricht und die Bildung und Pflege der 
studirenden Jugend im königlichen Erziehimgs-Institute für 
Studirende ob. Diese Stiftung des Herzogs Albert V. leiteten 
die Jesuiten zwei Jahrhunderte lang bis zu ihrer Auf- 
hebung. Benedikt Holland aus der ehemaligen Abtei Neres- 
heim reorganisirte dieselbe am Anfange dieses Jahrhunderts. 
König Ludwig I. übergab sie den 13. Mai 1840 dem Bene- 
diktiner-Orden. Der betreffende Artikel in der Uebergabs- 
urkunde lautet: „Wir König Ludwig haben beschlossen, 
das Erziehungs-Institut für Studirende in München der 
Pflege des von Uns in Unserem Reiche -wiederhergestellten 
Benediktiner-Ordens anzuvertrauen, und, bis die Stiftung 
der Benediktiner-Abtei zum heiligen Bonifaz in München, 
welcher wir das erwähnte Institut seiner Zeit zu über- 
geben gedenken, unter dem Beistande des Allmächtigen 
zu Stande gekommen sein wird, der Abtei Metten einst- 
weilen zu übertragen." Durch weitere Verfügung vom 
5. März 1842 wurde dem Orden und speciell der Abtei 
St. Bonifaz auch die Leitung des königlichen Ludwigs- 
Gymnasiums übertragen. Das Stift St. Bonifaz übernahm 
die Thätigkeit an diesen Anstalten im Jahre 1855. Der- 
malen sind fünf Patres mit der Leitung des Erziehungs- 
Institutes betraut, in welchem sich 120 Zöglinge befinden. 

Ein namhafter Theil des Conventes, 3—4 Priester und 
etwa 20 Laienbrüder, befindet sich in Andechs.*) Den 
Priestern liegt ausser der Pastoration der Pfarre Erüng 
die Pflege der sehr besuchten Wallfahrt und die Leitung 
der durch Abt Bonifaz im Jahre 1856 ins Leben gerufenen 
St. Nikolaus-Anstalt ob. 

Die Laienbrüder sind wie zu St. Bonifaz mit der Be- 



*) Siehe Kloster Andechs S. 470. 



— 481 — 

sorgung der Hausgeschäffce und etwa 10 Ge-werben, sowie 
mit der Pflege dieser Zöglinge (60—80) betraut. Mehrere 
Versuche des Stiftes, seine Thätigkeit auch auf dem 
Missionsgebiete zu entfalten, sind missglückt. 

Ein Priester hat seine Verwendung als Beichtvater in 
Frauen-Chiemsee und als Katechet des mit demselben ver- 
bundenen Institutes. — Ausser diesen regelmässigen Ge- 
schäftskreisen, in denen sich die Mitglieder des Stiftes zu 
bewegen haben, wird ihre Mitwirkimg und Mithülfe auf 
ausserordentliche Weise vielfach in Anspruch genommen, 
30 dass man sieh fast wundem muss, wie einzelne Mit- 
glieder doch so viel Zeit erübrigen, literarisch, besonders 
im historischen Fache, thätig sein zu können. 

Ist nicht immer gelungen, was man erstrebte, so 
wirkten mancherlei Umstände zusammen, die dies leicht 
erklären. Seit dem verhältnismässig kurzen Bestände des 
Stiftes rief- der Tod schon 14 Priester und 10 Laienbrüder 
in die Gruft zur ewigen Euhe. Der moderne Zeitgeist 
veranlasste gleichfalls einige beklagenswerthe Lücken und 
sucht die Ergänzung derselben möglichst zu erschweren. 

Das Urtheil aber, in wie weit das Stift St. Bonifaz 
bisher bestrebt gewesen war, den Intentionen xmd dem 
Willen seines königlichen Stifters zu entsprechen, sei dem 
bülig denkenden Leser anheimgestellt. 

P. Magn. Sattlee. 



Ein Benediktinerbnch. 31 




Dissentis. 

[tift Dissentis (romanisch Muster), im bündne- 
risclien Oberland, im ehemaligen obem oder 
grauen Bund, gestiftet durch die hh. Sigisbert, 
Schüler des h. Columban, und Placidus, einen 
vornehmen, von Sigisbert bekehrten Ehätier (nach den 
Häusüberlieferungen a. 614, richtiger nach Mabülon a. 
612), durch die Avaren und Hunnen im Jahre 670 zerstört, 
"Wurde seine WiederherstellTing a. 711 durch den Haus- 
maier Carl Martell und den h. Pinnin begonnen und 
durch den h. Ursicin, Abt Ton Dissentis und später 
Bischof TOn Chur, vollendet. Tello, Ursicins Nachfolger in 
der äbtlichen Würde, dotirte das Kloster reichlich aus 
seinem väterlichen Vermögen und wurde auch Ursicins 
Nachfolger auf dem bischöfl. Stuhle von Chur. Unter 
Abt Ulrich H. (1083—1090) wurde das Stift geforstet. 
Ulrich, in der Klosterschule erzogen, war früher Abt von 
Muri gewesen und wurde a. 1090 Bischof von Chur und 
nahm als solcher am ersten Kreuzzuge Theil. Andere 
berühmte Männer Dissentis sind: der h. Adalgott (f 3. Oct. 
1160), Bischof von Chur imd Abt von Dissentis. Er 
wurde im Kloster begraben, wohin er sich kurz vor 
seinem Tode zurückgezogen hatte, um sich auf den Tod 
vorzubereiten. Walther, Bischof von Gurk von 1200 bi& 
1213. Abt Heinrich I., der a. 1268 das CoUegium Devo- 
torum, eine Art Kloster für Benediktiner -Tertiarier, bei 
der Kirche des h. Benedikt ob Somvix, gründete. Diese 
Anstalt dauerte fort bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts^ 
wo sie in Folge protestantischen Einflusses aufgehoben 
wurde. — Abt Thüring von Attiaghausen. Auch musika- 
lische Schriftsteller. Abt Petrus von Pontaningen, der 
Stifter des grauen Bundes, 16. März 1424. Abt Johann YI. 
von Schönegg, Stifter des Yazerolen-Bimdes, 21. März 
1471. Abt Christian von Castelberg, dem das Eloster seine 
Eettung und das katholische Oberland das Verbleiben bei 
der katholischen Eörche zur Reformationszeit zu verdanken 



— 483 — 

hat, unter dem der h. Kaxl Borromaeus nacli Dissentis 
kam a. 1581. Abt Adalbert II., xmter dem Pabst Alexan- 
der Yn. Dissentis zur Diöcese erheben wollte. Mehrere 
Schriftsteller, die Dr. Keusch in seiner „Geschichte der 
Literatur des Rhäto-Eomanischen Volkes" (Frankfurt, 
Sauerländer 1870) bespricht. Abt Anselm I. Huonder, der 
Grosse, letzter Fürstabt, Erretter des Klosters nach der 
Verwüstung durch die Franzosen (f 9. Mai 1826). Das 
Kloster, hochverdient um Bodencultur, Geistesbildung und 
Beligion, thront noch wie eine Königin ob Dissentis. 
Seine Kirche im italienischen Style ist länger als die 
Kathedrale in Chur. Innere und äussere Feinde haben 
aber schon lange am Herabkommen des Klosters ge- 
arbeitet. Sein gegenwärtiger Oberer hat blos den Titel 
eines Superiors, die Zahl seiner Mitglieder ist auf sechs 
herabgesunken. 



31* 




Maria - Einsiedeln. 

j|rei Stunden vom Zürichsee entfernt, auf einer von 
Bergen eingesclilossenen und von der Silal durch- 
strömtenHocliebene des Kantons Schwyz, SOOOFuss 
über dem Meeresspiegel stellt das tausendjährige 
Kloster Maria-Einsiedeln. Seine Gründung verdankt es 
dem h. Meinrad (nach der altem Form Meginrad), dem 
ersten Bewohner dieser Stätte, die nach ihm Jahrhunderte 
lang Meioradszelle genaimt wurde. 

Meinrad war am Ende des achten Jahrhunderts, etwa 
797, in Alemannien geboren und der Sohn des Grafen 
Berthold von Sülchen, einer jetzt eingegangenen Ortschaft 
am Neckar. Zufolge einer alten Ueberlieferung war er 
aus dem Stamme der Hohenzollern. Um das Jahr 808 
kam Meinrad in die berühmte Schule des Klosters 
Reichenau bei Constanz, welcher sein Anverwandter und 
nachheriger Abt Erlebald vorstand. Nach Vollendung 
seiner Studien trat er in das Kloster ein und wirkte zu- 
erst an der Schule desselben, dann als Vorsteher der 
Schule in einer kleinen, von Reichenau abhängigen 
Klostergemeinschaft zu Bqllingen am obem Zürichsee. 
Hier ergriff ihn die Sehnsucht nach dem verborgenen 
Leben eines Einsiedlers und auf einer Spazierfahrt, die 
er mit seinen Schülern über den See machte, suchte er 
sich eine passende Stelle aus. Mit Erlaubnis seiner 
Klosteroberen begab er sich im Jahre 828, im Alter von 
31 Jahren, auf die waldige Höhe des Etzelberges. Mit 
sich nahm er nur einige Bücher, die Regel des h. Bene- 
dikt, das Messbuch, eine Sammlung von Homilien und 
die Unterweisungen Cassians. Eine fromme Wittwe in 
Altendorf sorgte für seinen Lebensunterhalt. Sieben 
Jahre hatte er hier gelebt und am Heile seiner Seele, 
sowie derjenigen, die ihn zu besuchen kamen, gearbeitet, 
da wollte er noch weiter von der Welt sich entfernen und 
begab sich weiter nach Süden mitten in den finstern 
"Wald. Dort ward nahe bei einer Quelle ein hölzernes 



— 486 — 

Bethaus und eine Hütte gebaut, wobei eine gewisse Aeb- 
tissia Heilwig ihn unterstützte. 

Hier lebte er -während 26 Jahren, siegreich gegen 
teuflische Anfechtungen kämpfend und von himmlischem 
Beistande gestärkt. Auch hier ward er von frommen 
Pilgern aufgesucht, denen er in leiblicher und geistiger 
Noth ein Helfer war, so dass sich der Ruf seiner Heilig- 
keit weithin verbreitete. 

Zwei ruchlose Menschen, eia Alemanne Richard und 
ein Rhätier Petrus, hofften Schätze bei dem frommen 
Manne zu finden und fassten den Plan ihn zu ermorden. 
Mitten im Winter begaben sie sich zu seiner Zelle und 
imgerührt von der Liebe imd Preundüchkeit, die er ihnen 
erweist, erschlagen sie ihn mit der Keule am 21. Januar 
861. Sie raubten nun das Kleid des Heiligen und wollten 
entfliehen, aber zwei Eaben, die derselbe aufgezogen, 
verfolgten sie und erfüllten den Wald mit ihrem Ge- 
schrei. Ein Zimm.ermann von Wollerau wurde darauf 
aufmerksam, eüte in den finstem Wald, sah was ge- 
schehen war und eilte den Mördern nach Zürich nach. 
Dort wurden sie ergriffen und hingerichtet. 

Die zwei Eaben sind noch das Wappen des Klosters 
und das Abzeichen des h. Meinrad, der wegen seines ge- 
waltsamen Todes von jeher als Märtyrer verehrt wird. 
Sein Leib ward in der Reichenau beigesetzt. Seine Zelle 
blieb verödet, bis im Jahre 906 der h. Benno einen Ver- 
ein von Brüdern büdete und den Wald lichtete. Er 
wurde 925 Bischof von Metz. Der h. Eberhard war der 
erste Abt 934 — 958. Er föhrte das klösterliche Leben 
ein nach der Regel des h. Benedikt und erwarb ein an- 
sehnliches Besitzthum von Gütern, das ihm Kaiser Otto 
urkundlich bestätigte. 

Als im Jahre 948 die neu erbaute Kapelle zur Ehre 
Marions eingeweiht werden sollte, sah der hierzu berufene 
Bischof Conrad von Constanz wie Christus selbst, umgeben 
von seinen Engeln, diese Weihe vornahm, daher diese 
wunderbare Einweihimg, Engelweihe genannt, am Feste 
der Kreuzerhöhung, 14. September, gefeiert wird. Bisc hof 
Conrad legte im Jahre 964 vor dem Pabst Leo Vill. in 
Gegenwart des Kaisers Otto, seiner Gemahlin Adelheid 
und vieler Bischöfe über dieses wanderbare Ereignis 



— 486 — 

Zeugnis ab, -worauf der Pabat die sogenannte Engelweib- 
bulle erliess, worin er verbietet, diese Kapelle förder zu 
weihen. Die TJrsclirift der Bulle ist verloren, die älteste 
vidimirte Abschrift ist aus dem Jahre 1383. 

Auf Eberhard folgte als zweiter Abt der h. Thied- 
land (958 — 964), dessen. Nachfolger der h. Gregor aus 
königlich angelsächsischem Stamme war. Er erhielt im 
Jahre 965 vom Kaiser Otto dem Grossen die Insel Ufnau 
im Zürichsee zum Eigenthum und wurde gleichzeitig zum 
Eeichsförsten erhoben. 973 erhielt er von Otto H. das 
Münzrecht. Er starb 996. Unter ihm wirkte als Dekan, 
und Lehrer der neu gegründeten. Klosterschule der 
h. Wolfgang aus Schwaben. Er ging 972 als Glaubens- 
bote zu den heidnischen Völkern nach Ungarn, wurde 
Bischof von Regensburg und starb im Jahre 994. Sein 
Nachfolger im Amte des Dekans war Cuno, der mit 
seinem Bruder Ulrich um das Jahr 974 ins Kloster ge- 
treten war. Beide waren Söhne des h. Gerold, welcher 
als Einsiedler ia dem nach ihm genannten Orte Vorarl- 
bergs lebte, welchen er auch an die St. Meinradszelle 
vergabte. 

Der vierte"Abt Wirand (996 — 1026) starb im Rufe eiaes 
heiligen Mannes. Unter seinem Nachfolger Embricus 
(1026 — 1052) wurde das Kloster ein Raub der Flammen 
(1029). Nach zehn Jahren war der Wiederaufbau voll- 
endet und bei diesem Anlasse wurden auch die Reli- 
quien des h. Meiarad aus der Reichenau nach Eiusiedeln 
zurückgebracht. Unter seiuen Nachfolgern mehrte sich der 
Güterbesitz, aber in Folge dessen begannen auch Zwistig- 
keiten, der Landmarken wegen, mit Schwyz anfangs des 
12. Jahrhunderts. Die Folge davon war Zerfall der Dis- 
ciplin, Abnahme der Mitgliederzahl und endlich am 
6. Januar 1314 der nächtliche Ueberfall des Klosters durch 
die Schwyzer, welche 5 Mitglieder desselben als Gefangene 
nach Schwyz fährten, ausserdem auch den weltlichen 
Magister Scholae Rudolf von Eadegg, der uns den 
Ueberfall in einem interessanten lateinischen Gedichte 
schildert. Ln 15. Jahrhundert war Albert von Bonstetten 
Dekan des Klosters; er war der gelehrteste Schweizer 
seiner Zeit. Damals hatte das Kloster sehr abgenommen, 
da nur noch Adelige aufgenommen und daher Gottes- 



— 487 — 

dienst und Seelaorge von "Weltpriestern besorgt wurdeg. 
Als solcher wirkte auch 1516 — 18 Ulrich Zwingli, aherin 
Mrchen- und klosterfeindlichem Sinne. Beim Tode de» 
Abtes Konxad HI. (1526) war das Kloster ausgestorben. 

Nun nahm, der Stand Schwyz sich des Klosters ^n 
und berief Ludwig Blarer aus dem Kloster St. Grallen als 
Reformator und Abt (1526 — 1544). So kam dasselbe wi^ 
der in Aufnahme. Abt Joachim Eichorn (1544 — 1569) war 
als Abgesandter der katholischen Schweizerkantone am 
Concil von Trient zugegen. Unter Abt Adam Hee? 
brannte das BHoster zum vierten Male ab (1577); doch 
auch diesmal bHeb die h. Kapelle verschont. Einer dejr 
ausgezeichnetsten Aebte war Augustin Hofmann von Badeij 
(1600 — 1629). Er war der Stifter der schweizerischen B^&z 
nediktiner-Congregation (1602) imd auf seinen Befehl verr 
fasste P. Christophorus Hartmann die Annales Heremi, 
welche 1612 zu Freiburg im Breisgau erschienen. SeijO. 
Nachfolger Placidus Reimann von Einsiedelu (1629 — 167JQ} 
errichtete eine eigene Klosterdruckerei, aus welcher de): 
Codex diplomaticus der Abtei in 5 FoUobänden und eine 
grosse Anzahl von Erbauungsbüchern hervorging. In de&fr 
selben liess auch sein Nachfolger Augustin Ö. Redi^ 
von Biberegg (1670 — 1692), einer der berühmtesten Thepr 
logen seiner Zeit, seine voluminösen, jetzt vergessenen 
Werke drucken. i,; 

Im Anfange des 18. Jahrhunderts ward das geg&^~^ 
wärtige Klostergebäude zu bauen angefangen und 173^ 
vollendet. Da aber zeigten sich die Vorboten der fräur 
zösischen Revolution und als die Franzosen in die Schweiz 
eindrangen und nach verzweifelter Gegenwehr auch den 
Kanton Schwyz besetzten (Mai 1798), waren Abt Beat 
Küttel (1780 — 1808) und seine Mönche genöthigt n^ßh 
Vorarlberg zu fliehen, wohin auch das G-nadenbüd asL« 
der Muttergotteskapelle gebracht wurde. Die Kapelt« 
aber zerstörten die Franzosen und führten die Bücher 
und Kirchenschätze, soweit sie nicht in Sicherheit gßr 
bracht waren, weg. a / 

Nachdem wieder ruhigere Zeiten eingetreten waren, 
kehrten am 30. November 1801 einige Patres, dann 18öS 
auch Abt Beat zurück; 1803 ward das Gnadeubüd wieder 
an seiner alten Stelle aufgestellt, auch das geraubt 



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Eigenthum kam grossentlieils -wieder zurück; das Keiciis- 
färstenthum aber war und blieb Terloren. Abt Konrad 
Tanner (1808 — 1825) baute die Muttergotteskapelle wieder 
auf. Durch seine ascetischen Schriften ist sein Name 
auch ausserhalb seines Vaterlandes bekannt geworden. 
Er sollte 1818 Bischof des neuzuerrichtenden Waldstätter 
Bisthums werden, lehnte es aber entschieden ab. Grefahr- 
ToUe Zeiten verlebte sein Nachfolger Coelestin Müller 
(1825—1846). Unter Abt Heinrich Schmid (1846—1874) war 
im sogenannten „Sonderbimdskriege" im November 1847 
die Existenz des Klosters bedroht. Es gelang ihm, die 
Gefahr zu beseitigen und selbst bei seinen Gegnern 
Achtung zu gewinnen. Als 1852 das Gymnasium in 
Bellenz von der Regierung des Kantons Tessin unter- 
drückt wurde, erweiterte er, unterstützt von P. Gall 
Morel, die bis dahin unbedeutende Klosterschule, die bald 
über 200 Zöglinge zählte. Seine Yerdienste in dieser 
Beziehung wurden von der Universität Freiburg mit dem 
Diplom eines Doctors der Theologie anerkannt. 

Ein Glanzpunkt in der Geschichte des Klosters ist 
die Feier des Millenariums , das ist des 1000 sten Todes- 
tages des h. Meinrad im Jahre 1861, in welchem die Zahl 
der Pilger auf 210,000 geschätzt wurde. 

Im Jahre 1869 berief Pius IX. den Abt Heinrich zum 
vaticanischen Concü, an welchem er a,ls Präses der 
schweizerischen Benedikter-Congregation erschien. Nach- 
dem er noch im October 1874 sein Priestequbilänm 
feierlich begangen hatte, begann seine auch körperlich 
starke Natur abzunehmen und er starb den 29. Decem- 
ber 1874. 

Am 13. Januar 1875 ward der jetzt regierende Abt 
Basüius Oberholzer von Uznach, Kanton St. Gallen, als 
sein Nachfolger gewählt. Er ist in der Reihe der Aebte 
der 51. 

Einsiedeln ist ein von der bischöflichen Jurisdiction 
exemtes Consistorialstift, d. h. sein Abt wird vom heil. 
Yater im öffentlichen Consistorium präconisirt. 

Das Stift zählt gegenwärtig 80 Priester, 15 Fratres 
clerici und 21 Laienbrüder. Die Beschäftigung ist ab- 
wechselnd Gebet und Arbeit. Morgens um 4 Uhr ist die 
Messe und zwar Sommer wie Winter. Darauf folgt ein 



— 489 — 

Amt mit Choralgesang; um 7 Ulir die Prim, das Hoch- 
amt mit vierstimmiger Begleitung, an festiicheren Tagen 
mit Musik, und die kleineren Hören. Um 3 ülur Nach- 
mittags wird die Yesper gesungen und nach derselben in 
der Muttergotteskapelle yierstimmig das „Salve Eegina". 
Abends um 7 Uhr wird das Complet gesungen. Haupt- 
arbeit ist die Wallfahrt. Johannes von Müller nannte 
daher Einsiedeln das schweizerische Loretto. Däneben 
kommen die Pilger hauptsächlich aus Vorarlberg, Schwaben, 
Baden, Elsass und Lothringen. Spuren für die Wallfahrt 
lassen sich bis ins 10. Jahrhundert nachweisen. Man be- 
rechnet die Zahl der Pilger jährlich auf 150,000. Der 
Beichtstuhl bietet daher den Priestern einen ausgedehnten 
und segensreichen, aber auch beschwerlichen Wirkungs- 
kreis. Der grösste Andrang ist gewöhnlich an Marien- 
festen und an der sogenannten Engelweihe, 14. September. 
Fällt dieser Tag auf einen Soimtag, so heisst das Fest 
eine Grosse Engelweihe, welche besonders feierlich be- 
gangen wird. 

Jährlich wallfahrten auch gegen 70 Pfarreien der 
katholischen Schweiz von ihren Seelsorgern begleitet ge- 
meinsam nach Einsiedeln. Im Juni 1864 kamen dahin 
350 Mitglieder der Pfarrei St. Laurent von Paris , begleitet 
von einer grossen Anzahl Priester. Einzelne Pilger, die 
besondere Erwähnung verdienen, sind der selige Nikolaus 
von der Plüe, der h. Karl Borromaeus, 1576 der selige 
Benedikt Labon, die gelehrten Benediktiner Mabillon (1683), 
Quirini (1747), Calmet (1748) und Gerbert (1760 und 1788), 
die päbstlichen Nuntien in der Schweiz , fast alle schwei- 
zerischen und viele deutsche, französische und amerikanische 
Bischöfe. Bischof Dupanloup von Orleans hat die Wallfahrt 
dahin gegen dreissig Mal gemacht. Auch Goethe war zwei 
Mal in Einsiedeln, 1775 und 1797. Er äussert sich darüber: 
„Es muss ernste Betrachtungen erregen, dass ein einzelner 
Funke von Sittlichkeit und Gottesfurcht hier immer eia 
brennendes und leuchtendes Mämmchen angezündet, zu 
welchem gläubige Seelen mit grosser Beschwerlichkeit 
heranpilgem, um an dieser heüigen Flamme auch ihr 
Kerzlein anzuzünden. Wie dem auch sei, so deutet es auf 
ein grenzenloses Bedürfnis der Menschheit nach gleichem 
Lichte, gleicher Wärme, wie es jener Erste (der heü. 



— 490 — 

Meinrad) im tiefsten Gefähle und in siclierster TJeber- 
zeugung gehegt und genossen." 

Die Schule war neben der Seelsorge von jeher eine 
Hauptaufgabe der Benediktiner. In früheren Zeiten hatte 
dieselbe besonders die Heranbildung der jüngeren Ordens- 
mitglieder zum Zwecke. Im Jahre 1675 wurde dem Kloster 
das Gymnasium in Bellenz übergeben, wo namentlich 
auch Jünglinge aus den katholischen Schweizerkantonen 
die italienische Sprache lernten. Die Professoren, meist 
aus den Stiftsmitgliedern, lebten unter einem Probste 
zusammen; ihre Anzahl betrug nie mehr als sechs; die 
Zahl der Zöglinge betrug bei der Aufhebung neunzig. 

Die gegenwärtige Erziehungsanstalt des Klosters um- 
fasst ein Gymnasium von sechs Blassen imd ein Lyceum 
mit zwei Jahrescursen (Philosophie und Physik), so dass 
der vollständige Bildungsgang acht Jahre dauert, in der 
Regel vom 11. bis 20. Lebensjahre. Die neueren Sprachen, 
französisch, italienisch und englisch, sind Freifächer und 
werden von besonderen Fachlehrern ertheilt. Die meisten 
Zöglinge sind aus der deutschen Schweiz. Ihre Zahl ist 
im Durchschnitt 200; davon sind 150 Interne, d. h. solche, 
welche im Kloster Wohnung und Kost haben; sie tragen 
nach althergebrachter Sitte das geistliche Kleid, einen 
langen schwarzen Talar. Die Externen wohnen bei Privaten 
im Flecken, haben aber die Unterrichtsstunden mit den 
Internen gemeinschaftlich. Besonders lässt sich das Kloster 
auch die Ausbildung im Gesang und in der Musik ange- 
legen seio, und die Zöglinge nehmen an allen eiaschlagenden 
kirchlichen Functionen thätigen Antheil. Täglich besucht 
eine Abtheilung derselben die Vesper und das „Salve 
Regina". In der Faschingszeit werden in der Regel eine 
kleine Oper und einige Theaterstücke aufgeführt. In der 
h. Fastenzeit haben auch die Zöglinge durch drei Tage 
geistliche Exercitien. 

Der theologische Lehrcurs für die Kleriker des Stifts 
(Fratres) umfasst die Vorbereitung auf das Priesterthum 
und dauert vier Jahre. Die Novizen erhalten während 
des Probejahres Unterricht in der Ascese, Liturgie und 
Ordensgeschichte. Die Zahl der Professoren au aUen 
diesen Schulen beträgt 26. 

Das Kloster hat auch die Seelsorge in der Pfarrei 



— 491 — 

Einsiedeln und ihren Filialen mit 8000 Seelen, -welclie 
von aclit Patres besorgt -wird; acht weitere Pfarreien in 
der Schweiz und Vorarlberg werden ebenfalls vom Kloster 
besorgt und sieben Patres wirken als Beichtiger in Nonnen- 
klöstern. Andere besorgen als sogenannte „Statthalter" 
die Verwaltung der dem Kloster gehörenden Gütercom- 
plexe. 

Eine Anzahl Patres ist auch in Amerika als Missionäre 
thätig, wo sie 1853 eiae Filiale, St. Meinrad im Staate 
Indiana, gründeten. Am 30. September 1870 wurde der 
Prior derselben, P. Martin Marty v. Schwyz, von Pius IX. 
zum Abte ernannt und seit Juli 1879 ist er apostolischer 
Vikar für das Territorium Pakota, zu welchem die Indianer- 
mission von Standing -Rock gehört. 

Unter den Beschäftigungen nimmt die Wissenschaft 
einen vorzüglichen Rang ein. Es würde zu weitläufig 
sein, hier alle Leistungen auf diesem Gebiete auffahren 
zu wollen. Wir beschränken uns daher auf das 19. Jahr- 
hundert und auch hier nur auf kurze Andeutungen. 

Am vielseitigsten und ausgedehntesten war die wissen- 
schaftliche Thätigkeit von P. Gall Morel, geboren 1803, 
gestorben 16. December 1872. Als Professor und Rector 
der Stiftsschule, als Kapellmeister, Archivar, Bibliothekar 
und Subprior des Stiftes entfaltete er eine rastlose Thätig- 
keit. Daneben war er ein tiefsinniger, echt religiöser 
sprachgewandter Dichter und von einfachem, heiterem, 
dienstfertigem Charakter. Er sammelte ungemein viel, 
besonders auf den Gebieten der Kunst, Geschichte und 
Literatur, welchen auch seine gedruckten Werke ange- 
hören. (Vergl. P. Benno Kühne, P. Gall Morel. Ein 
Mönchsleben aus dem "XIX. Jahrhundert. Eias. 1875.) 

Ausschliesslich auf das Gebiet der Geschichte be- 
schränkte sich P. Karl Brandes. Geboren in Braunschweig 
1810, trat er in Frankreich zur katholischen Kirche über, 
half Abt Guäranger bei der Gründung der französischen 
Benediktiaer-Congregation, legte mit demselben 1837 in 
Rom die feierlichen Ordensgelübde ab, trat 1850 in das 
Kloster Einsiedeln und wirkte von da ab als Professor 
der Geschichte bis zu seinem Tode am 7. August 1867. 
(Vergl. Rosenthal, Convertitenbilder Bd. 3, S. 272—310.) 
Seine wichtigsten Schriften sind die „ Benediktinerbiblio- 



— 492 — 

thek" 3 Bände und die Uetersetzung der „Mönche des 
Abendlandes" des Grafen Montalembert 5 Bände. 

Von anderen Elostermitgliedem haben sich viele in 
den theologischen Fächern bethätigt, namentlich auch 
auf dem Gebiete der Erbauungsliteratur, wobei natürlich 
auch die Wallfahrt eingewirkt hat. Fruchtbare ascetische 
Schriftsteller waren P. Laurenz Hecht f 1871, Friedrich 
Willam f 1879, Conrad Effinger. An sie schliessen sich 
an die Namen von P. Claudius Perrot, Beat Rohner und 
Leo Keel. In der Philosophie ist P. Georg TJlber und 
Benno Kühne zu nennen; in den Naturwissenschaften 
P. Meinrad Kädin, der auch als Professor und Prior in 
St. Stefan in Augsburg wirkte, f 1858, dann Athanasius 
Tschopp, Thomas Bruhin, Wilhelm Sidler. Mit Philo- 
logie beschäftigt sich P. Heinrich Birkenbach, derzeit 
Professor in Monte -Casino, mit Aesthetik und Alter- 
thumskunde P. Albert Kuhn, Verfasser der „Roma"; mit 
musikalischen Compositionen P. Conrad Stöcklin und 
P. Anselm Schubiger, der Verfasser der „Sängerschule 
YOn St. Gallen". Als Historiograph unermüdlich ist 
P. Justus Landolt. Im Laufe der Zeit wurden mehrere 
Conventualen als Aebte in andere Klöster und selbst auf 
Bischofssitze berufen. So noch neuestens i. J. 1869 
P. Kaspar Willi zum Weihbischof und 1877 zum Bischof 
TOn Chur (f 1879). 

Haben wir im Bisherigen die Vergangenheit und das 
geistige Wirken des Hosters dargestellt, so bleibt noch 
ein Blick zu werfen auf äussere Gestaltung und Umgebung. 
In einer Stunde führt uns die Eisenbahn unter bestän- 
digem Aufsteigen von dem Ufer des Zürichsees, über den 
man während der Fahrt eine herrliche Aussicht geniesst, 
in das Hochthal der Alp. Dem Ufer dieses Bergstromes 
entlang gelangen wir zum Bahnhofe am untersten Ende 
des Fleckens Einsiedeln. Indem der Reisende diesen 
durchschreitet, verwundert er sich über die zahlreichen 
Gasthöfe, die alle zur Aufnahme von Pilgern bereit sind, 
und ihre ungewohnten Wirthshausschilde St. Meinrad, St. 
Benedikt, St. Katharina, drei Herzen u. dergl. Zahlreiche 
Verkaufsläden sind reichlich versehen mit Devotionalien 
und Gebetbüchern, welche meist aus den grossartigen 
Etablissements der apostolischen Typographen Gebr. 



— 493 — 

Benziger hervorgegangen sind, welche in ihrem Geschäfte 
über 700 Personen beschäftigen. 

Folgt man der Hauptstrasse des Fleckens, so gelangt 
man zuerst auf einen -weiten Platz, in dessen Mitte der 
Marienbrunnen aus vierzehn Röhren seiu firisches Quell- 
■wasser spendet. Imposant nimmt sich hier die Fa9ade 
des Klosters aus, ein stattlicher Sandsteinbau, von zwei 
Thürmen überragt, -welche ein wohlHingendes G-locken- 
apiel [enthalten, Sie schliessen die Kirche in der Mitte 
eia und an sie lehnen sich zu beiden Seiten die grossen 
Hauptflügel der Abtei; der südliche ist die Wohnung des 
Abtes, der Graste und Oekonomiegebäude; der nördliche 
das Pfarramt und die Schule mit einem grossen Spiel- 
platz für die Zöglinge. 

Betreten -wir die Kirche, so fällt uns zuerst im Hinter- 
grunde derselben die freistehende aus schwarzem Marmor 
erbaute Muttergottes- oder Gnadenkapelle auf. Hier werden 
von Morgens früh bis gegen Mittag h. Messen gelesen 
und stets ist sie von frommen Betern umgeben. 

Das Gnadenbild, aus Holz geschnitzt und seit undenk- 
barer Zeit schwarz bemalt, stellt die göttliche Mutter 
stehend dar, 3 Fuss 4 Zoll hoch. Sie trägt das Jesus- 
kind auf dem linken Arme; ein Vöglein, das auf des 
K indes Hand steht, pickt diesem saiift in den Finger. 
Das aufgelöste Haar der heiligen Jungfrau wallt ihr in 
langen Locken über die Schultern herab. Das Kleid trägt 
noch jetzt Spuren von eingeprägter Zeichnung, der Saum 
desselben war wahrscheinlich vergoldet. Die Gestalt ist 
edel und sehr schlank, wie in der Regel die noittelalter- 
lichen Bildwerke. Der Ausdruck des Antlitzes ist über- 
aus fein und lieblich, der Falten-wurf edel und einfach. 
Die schwarze Farbe erklärt sich wohl am besten als eine 
symbolische Hindeutung auf den Text des Hohenliedes: 
„Ich bin schwarz, aber schön," der in der Liturgie seit 
uralter Zeit auf Maria angewendet -wird. 

Das Alter betreffend, so bringt die Tradition dieses 
Büd Eoit dem h. Meinrad in Verbindung , während 
■Kunstkenner es ins 11. oder 12. Jahrhundert setzen. Die 
Bekleidung des Bildes mit köstlichen Stoffen hat der IJn- 
geschmack des 17. Jahrhunderts zu verantworten und die 
Fabel von der Ueberführung des echten Marienbildes nach 



— 494 — 

Paris zur Zeit der Invasion durch die Franzosen die Er- 
findungssuelit des 19. 

Die zahlreiclien Votivtafeln, welche in der Nähe der 
Kapelle die Wände der Kirche bedecken, sind ebenso viele 
Urkunden dafür, dass diese Stätte mit Recht ein Gnaden- 
ort genannt wird. Die dreischiffige Kirche hat einen 
kühnen Gewölbebau, eine schöne Kuppel und an den 
Wänden ringsum 14 Seitenaltäre, •welche durch eiserne 
Gitter abgeschlossen sind. Eine Gallerie mit eisernem 
Geländer läuft vom Chore aus um die ganze Kirche. Auf 
derselben beifinden sich eine kleine und eine grössere 
Orgel; eine dritte ist im Chore aufgestellt. Die grösste 
Zierde des Schiffes ist ein grossartiger Kronleuchter von 
24 Centner Schwere, welchen Kaiser Napoleon HI. im 
Jahre 1865 dem Stift schenkte als eine Erinnerung an 
die Wallfahrt, die er in seiner Jugend mit seiner Mutter, 
Königin Hortense, nach Einsiedeln machte. Der Chor 
ist durch ein eisernes Gitter vom Schiff getrennt. Der 
Hochaltar aus feinem Marmor ist mit einem Erzguss von 
Pozzi, das heü. Abendmahl des Herrn darstellend, ge- 
schmückt. Die Apostelstatuen des Chores sind von dem 
bayerischen Büdhauer Babel, das Hauptbild des Hochaltars, 
die Himmelfahrt Maria darstellend, von Franz KJraus 
(geboren in Augsburg 1706, gestorben in Einsiedeln 1756). 
Von ihm sind auch die Fresken des Chores, welche, sowie 
das Altarbild Patd von Deschwanden in den Sommer- 
monaten 1857 und 1858 würdig renovirte. 

Eine massenhafte Ornamentik in reicher, verschwen- 
derischer GoldföUe giebt dem Tempel eine imponirende 
Wirkung. 

Zwei Grabmäler an den Seiten des Chores mit den 
Namen der Verstorbenen deuten auf die unter dem Boden 
der Kirche befindliche Gruft, in welcher die verstorbenen 
Mitglieder des Stifts beigesetzt sind. 

Von dem linken Seitenschiffe führt eine Flügelthür 
in das sogenannte Beichthaus, eine geräumige Kapelle, 
welche der h. Büsserin Magdalena gewidmet ist. Sie ent- 
hält 28 Beichtstühle und wurde im Jahre 1680 vom Fürst- 
abt Rading eigens für die beichtenden Wallfahrer erbaut. 
Dieser Bestimmung entsprechen auch die Preskogemälde 
an den Gewölben, welche sämmtlich Bussbilder darstellen. 



— 495 — 

Hinter dem Hochaltar der Hauptkirche befindet sicli 
die Sakristei und über derselben der obere Chor, wo die 
kanonischen Hören gehalten werden. Auf dieselben haben 
auch die Fresken der Mauer und des Gewölbes Bezug, 
die so das Gemüth zur Andacht und Sammlung stimmen. 
Die Chorstühle und die über denselben befindlichen Statuen 
heiliger Mönche sind als Meisterwerke der Schnitzkunst 
beachtenswerth; ebenso zwei grossartige verzierte Pulte 
mit zwei noch grossartigeren Choralbüchem, auf Perga- 
ment geschrieben von P. Johaim Häfeli in der Zeit von 
1660 — 80. Sie dienen noch jetzt zum gemeinsamen Choral- 
gesang. Eine Orgel zur Begleitung desselben ist eben- 
falls im Chore angebracht. 

Betreten wir mm den Kreuzgang des eigentlichen 
Elostergebäudes. Dasselbe bildet ein mächtiges vier Höfe 
einschliessendes Viereck. Einfach sind die Zimmer der 
Conventualen. Das bedeutendste Lokal ist die Bibliothek. 
Sie enthält gegen 35,000 Bände, meist theologischen und 
geschichtlichen Inhalts, 500 Inkunabeln aus dem 15. Jahr- 
hundert und über 600 Pergamenthandschriffcen, von welchen 
die ältesten aus dem 8. Jahrhundert stammen. Ein Unicum 
ist der sogenannte Regionator Einsidlensis , eine Be- 
schreibung der Stadt Eom aus dem 8. Jahrhundert. Der 
berühmte Cav. Rossi in Rom machte einzig um dieses 
Buches willen ein Reise nach Einsiedeln. Eine Gypsbüste 
des Theophrastus Paracelsus erinnert an diesen grössten 
Schweizer Arzt, der 1493 in Einsiedeln geboren wurde 
und 1541 nach einer sehr bewegten Laufbahn in Salzburg 
starb. In der Bibliothek ist auch die nicht unbedeutende 
Sammlung von physikalischen, astronomischen und mathe- 
matischen Instrumenten aufgestellt und daneben eine 
naturhistorische Sammlung für die Zwecke des Unterrichts. 
Ausserdem besitzt das Kloster noch mehrere kleinere 
Bibliotheken sowie eine kleine Sammlung von römischen 
und Schweizer Münzen. Das Archiv enthält trotz bedeuten- 
der im Laufe der Zeiten erlittener Yerluste noch einen 
reichen Schatz alter Urkunden, besonders auch der römi- 
schen Kaiser, von Otto I. (946) bis auf Josef H. 

Yiel von Fremden besucht wird der „Grosse Saal" 
des Klosters, der sonst weiter keine Bestimmung hat. Er 
enthält die lebensgrossen Porträts Pius IX, und mehrerer 



— 496 — 

kaiserliclier Majestäten, welche von hohen Gönneim ge- 
schenkt wurden. Zwei grosse Oelgemälde von Mügge 
mit Scenen aus dem Leben des h. Meinrad schenkte 
die fürstliche Familie von Hohenzollern bei Anlass des 
Mülenariums 1861. 

Hinter dem Kloster dehnt sich der geräumige 
„Herrengarten" aus, der mit Küchengewächsen bepflanzt 
ist und daneben den Conventualen zur Zeit der Erholung 
Platz zu Spaziergängen bietet. In den Nebengebäuden 
seitwärts vom Kloster wohnt das Dienstpersonal, oder ea 
sind Stallungen und Oekonomiegebäude. Auch eine 
Mühle fehlt nicht und daneben befinden sich vier grosse 
Dampfkessel, welche hauptsächlich für die Heizung dienen, 
indem von da der Dampf überallhin in das grosse Ge- 
bäude geleitet wird und so den langen und strengen 
Winter erträglich macht. Alle Gebäude, Höfe und Grärten 
schliesst eine hohe Mauer in ein grosses Viereck, wovon 
jede Seite 790 Fuss lang ist. 

Seit Jahrhunderten bildet die Pferdezucht einen 
wichtigen Zweig der klösterlichen Oekonomie. Die Zahl 
der Pferde beträgt über hundert und auf den Weiden, 
welche die umliegenden Hügel bedecken, sowie in dem 
3 Stunden entfernten Sihlthal gedeihen die jungen Füllen 
vortrefElich und sind daher auch geschätzt. 

Eine halbe Stunde südlich von Einsiedeln liegt das 
Benediktiner -Nonnenkloster, Au genannt, am Fusse eines 
waldigen Berges. Den Anfang desselben büdeten Häuser 
von „Waldschwestem", welche um das Jahr 1540 sich 
vereinigten. Abt Augustiu I. baute ihnen ein Kloster aus 
Stein statt der alten Holzhäuser und sandte ihnen einen 
Conventualen zur Besorgung des Gottesdienstes. Auch 
gab er ihnen die Eegel des h. Benedikt zur Vorschrift. 
Das Jahr 1798 zwang auch sie, ihre stülen Zellen zu ver- 
lassen, welche sie erst nach einigen Jahren wieder be- 
ziehen konnten. Sie nähren sich von dem Ertrag ihrer 
geringen Besitzungen, die sie zum Theü eigenhändig be- 
bauen. Die Zahl der Schwestern ist 40; abwechselnd 
sind zwei von ihnen im Gebete vor dem heiligsten 
Sakramente, in „Ewiger Anbetung", Das Gemälde des 
Hochaltars, in schöner Gruppirung die Heiligen in der 
Anbetung des heiligsten Sakramentes darstellend, ist ein 



— 497 — 

■würdiges Meisterstück des Malers Kaiser in Stanz. (Siehe 
P. Justus Landolt: GescMclite des Jungfrauenklosters in 
der Au. Einsiedeln 1878.) 

Die Literatur über Einsiedeln ist nicht unbedeutend. 
Um das Jabr 966 wurden die Annales Einsidlenses 
niedergeschrieben und von da bis zum Jahre 1595 fort- 
geführt. (S. Pertz, Monumenta Germaniae T. HI. p. 142. 143.) 
Im 14. Jahrhundert besang der Magister Rudolf yoiq. 
Kadegg die G-esta Abbatis Johannis de Schwanden. De? 
Chronist Aegydius Tschudi stellte aus verschiedenen 
Quellen seinen Liber Heremi zusammen. Die „Einsiedler- 
chronik" reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück; dieselbe 
ist wie auch die „Beschreibimg des Klosters imd der 
Wallfahrt" in drei Sprachen und in zahllosen Exemplaren 
xmter dem katholischen Volke verbreitet. Leider aber 
wird eine urkundKche und pragmatische Geschichte des 
Klosters und der Wallfahrt woM noch lange ein frommer 
Wunsch bleiben. Vorarbeiten dazu sind 

Chronique d'Einsidlen (Notre-Dame-des-Ermites) par 
Joseph ßögnier. Paris 1837. 

Ursprung und erste Gestaltung des Stiftes Maria- 
Einsiedeln. Von P. Justus Landolt. Einsiedeln 1845. 

Die Regesten der Benediktiner- Abtei Einsiedeln, be- 
arbeitet von P. Gall Morel. Chur 1848. 

Leben xmd Wirken des h. Meinrad für seine Zeit imd 
für die Nachwelt. Eine Festschrift zirr tausendjährigen 
Jubelfeier 1861. (Buch 1 u. 2 verfasste P. Karl Brandes, 
Buch 3, Reihenfolge der geistlichen Söhne des h. Mein- 
rad, Abt Heinrich Schmid.) 

Wir schliessen mit den Worten des Sängers der 
Eremus sacra: 

Eine Zelle war's imd wurde ein Dom, 
Eine Quelle war's und wTirde ein Strom, 
Ein Kömlein war's und ward eine Eiche; 
Zwei Kerzen brannten bei Meinrads Leiche, 
Die erleuchten und wärmen so wrmderbar 
Millionen Herzen schon tausend Jahr. 

P. Gabriel Meier, 
Bibliothekar. 



Ein Benediktinerbuch.. 32 




Engelberg in der Scliweiz. 

ilchon in dem Jatre 1070 soll nach unsem Annalen 
Conrad, ein Freiherr des alten GescUeclits von 
Seldenhüren, deren Stammburg amAlbis im gegen- 
wärtigen Kanton Zürich liegt, bedacht gewesen 
sein, ein Kloster zu stiften. So baute seiu -wahrschein- 
licher Grossoheim, Reginbert von Seldenbüren^ das Kloster 
St. Blasien im Schwarzwald. Daher die verschiedenen 
Beziehungen beider Klöster zu einander. Conrad suchte 
deshalb für seine Stiftung einen tauglichen Ort, den 
er auf der Auer in Buochs, am Vierwaldstätter See, ge- 
fanden zu haben glaubte. Hier baute er mm um 1082 
das Kloster, wie dies nicht nur die stete Ueberlieferung, 
sondern auch unsere Chronisten und Aimalisten sagen, 
sowie die gegenwärtig noch vorhandenen Fundament- 
mauern beweisen. Ebenso sagt Kaiser Heinrich IV. und 
König V. in seinem Diplom, dass dieses Kloster unter 
seinem Vater (der 1106 starb) sei gebaut worden. Ob- 
schon er bereits für die Brüder eia kleineres Gebäude 
aufgeführt hatte, so liess er doch das Hauptgebäude un- 
vollendet und suchte sich im Gebirge einen anderen ab- 
gelegeneren Ort. Diesen fand er nach Wunsch im Surenen- 
thal am Fuss des Hennenberges und Abhang des Titlis, 
Dieses Thal war damals noch ein ganz unbebautes, wal- 
diges, sumpfiges Alpenthal. Darum erklärt es sich auch, 
warum das neue Kloster erst 1119 ganz vollendet wurde^ 
indem der Bischof von Constanz, Ulrich I. , dasselbe erst 
am 1. April 1120 nebst der Kirche weihte, bei welchem 
Anlass er dem Abt imd Convent mit dem Zehenden die 
Pfarrei von der Beinstrasse an bis Surenegg übergab. 
Wie nun Probst Adschelin als Abt das religiöse Leben 
hier anfangen wollte , wurde er nach St. Blasien zurück- 
berufen, woher der Stifter Conrad 12 Eeügiosen begehrt 
und erhalten hatte, und an seine Stelle wurde Adelhelm 
als Prior bestellt. Als solcher leitete er nun die Gemeinde,, 
bis er 1124 vom Pabst Calixt H. auf Ansuchen des Stifters. 



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— 499 — 

selbst zum ersten Abt beBtimmt -wrurde, und zwar mit 
allen Freiheiten imd Vorrechten eiaes nur ihm und seinen 
Nachfolgern unterworfenen Stiftes, und gab ihm selbst den 
Namen Engelberg (quod nos Mens Angelorum appellari 
Tolumus). Um diese Zeit baute der Freiherr Conrad auch 
für Schwestern unterhalb des Männerklosters eins. Während 
dessen nahm auch der Kaiser Heinrich IV. und König V. 
die Stiftung unter seinen Schutz und verlieh einem jeweiligen 
Abte die weltliche Gerichtsbarkeit über das Thal und 
dessen Bewohner. Als nun der Stifter auf solche Art 
durch Pabst und Kaiser seine Stiftung gesichert hatte, 
stellte er sich selbst als Laienbruder imter den Gehorsam 
des frommen Abtes Adelhehn, um so anderen in den 
klösterlichen Tugenden voranzugehen. Weil ihn nun aber 
seia Abt 1126 wegen Streitigkeiten, die über ein Besitzthum 
des Klosters entstanden, an Ort und Stelle schickte, wurde 
er am 2. Mai meuchlings gemordet und seitdem stets als 
Seliger alljährlich mit einem feierlichen Hochamt verehrt. 
Nur 5 Jahre überlebte der gottselige Abt Adelhelm diesen 
für ihn und das Stift so schweren Todesfall, denn am 
25. Februar 1131 starb auch er nach einem thatenreichen 
Leben im Rufe der Heiligkeit. Nun kam für das so viel- 
versprechende Stift eine traurige Zeit, weil drei Männer 
die Verwaltung des Klosters an sich rissen, die schlecht 
beleumdet und nie als Aebte anerkannt und bestätigt 
wurden. Doch ihre Regierung währte zum Glück nur bei 
13 Jahre, denn die Brüder begehrten abermals einen Abt 
von St. Blasien. Wie das erste Mal so erhielt Engelberg 
von daher wieder einen durch Gelehrsamkeit, Heiligkeit 
und religiösen Eifer ausgezeichneten Mann, Irowin, zum 
Abt, 1144. Mit ihm begann für Engelberg die Zeit des 
Ruhmes, der Ehre in religiöser, wissenschaftlicher und 
ökonomischer Hinsicht. Er selbst schrieb einige Werke, 
z. B. de Laude liberi arbitrü; de actione Domini; zwei 
Chroniken etc., oder sehrieb solche ab, theils Hess er durch 
seine Religiösen solche abschreiben. Besonders sieht man, 
dass schon imter ihm eine Schule blühte, indem sich noch 
jetzt ein Verzeichnis vorfindet, in dem viele Klassiker, 
oft zwei- bis (dreifach abgeschrieben, vorkommen, jedoch 
wenige, vorzüglich aus dem letzten Klosterbrand 1729, 
gerettet wurden. Ihm bestätigte Herman, Bischof von 

32* 



— 500 — 

Constanz, 1148 und Pabst Adrian 1157 die Rechte und 
Privilegien des Stiftes, sowie die Pfarrei Engelberg, die 
CoUatur der Pfarrei Stans und Buocbs. Nacb einer solchen 
verdienstvollen Regierung legte er sieb zur Rübe den 
27. März 1178 und -wurde bis zu dieser Zeit alle Jabre 
an diesem Tag als ein Seliger verehrt. Die Wahl seines 
Nachfolgers fiel alsbald auf seinen Schüler Berchtold, 
1178 — 1197. Ein ebenfalls frommer, gelehrter und für das 
Stift höchst verdienter Abt. Gleich seinem Vorgänger 
•war auch er bedacht, das Stift zu heben sowohl in wissen- 
schaftlicher, geistlicher und zeitlicher Hinsicht. Er selbst 
verfasste eine Schrift gegen die Irrthümer des Abtes 
Burchard von St. Johann im Thurthal; besonders war er 
ein Freund der Verstorbenen und wirkte auch Wunder. 
Von drei Päbsten erhielt er die Bestätigimg des Stifts, seiner 
Rechte und Güter, namentlich das Patronat über die Eirche 
zu Wylen (Oberwyl bei Bremgarthen). Weü nun unter 
seiner Leitung 40 Mönche und 80 Nonnen lebten, wurde 
ihm der Zehnde von Stans und Buochs zu Theü. So für 
das Zeitliche und Geistliche sorgend, segnete er das Zeit- 
liche den 3. November 1197. Kaum zwei Jahre nach seinem 
Tod, 1199, hatte sein Nachfolger, Heinrich I. von Bald- 
egg (Worthenbach) das Unglück der Einäscherung des 
ganzen Klosters. Doch mit Hülfe des Leutpriesters Heinrich 
von Buochs stellte er es besser wieder her. Denn dieser 
Heinrich vergabte nicht blos sein bedeutendes Vermögen, 
sondern erbaute auch den Schwestern eine eigene Kirche 
und liess sich selbst in den Hosterverband aufnehmen. 
Dieser Abt liess auch das schöne byzantinische Kreuz 
machen und erhielt vom Grafen Rudolf von Habsburg 
1210 durch Austausch die Güter im Grafenort; aber leider! 
fing auch schon unter ihm der so lange dauernde Alpen- 
streit mit Uri an, was den Abend seines Lebens trübte, 
1223. So wirkten gleich ihm seine nächsten Nachfolger 
als gelehrte, fromme und eifrige Aebte gar Vieles für das 
Wohl des Stiftes in jeder Hinsicht. Während der Regierimg 
des 7. Abtes Walther I, 1250—1267, von Iberg weihte 
der Bischof Eberhard von Constanz 1254 die Kjrche der 
Klosterfrauen und in der obem Kirche die St. Peter- und 
Paul-Kapelle imter dem Thurme, indem er zugleich 42 
Jungfrauen die Weihe ertheilte. Ebenso wurde seinem 



— 501 — 

Nachfolger Walther II. de Chamo, 1267—1276, Töm Abt 
von Murbach ein Haus bei der Kapelle in Liozem, sowie 
Tom Grafen von Habsburg gleich nach seiner Erönung 
zum Kaiser die Bestätigung aller Eechte imd Freiheiten 
des Stiftes zu Theil. Eben dieser Abt übersetzte auch 
die heilige Ordensregel ins Deutsche. Leider waren seine 
zwei Nachfolger nicht so eifrig um das Wohl des Stif- 
tes bedacht, was es wahrscheinlich macht, dass der 
Convent, nach den Annalen von St. Blasien, einen Abt 
Yon daher begehrte, imd so kam Rudolf I. SchenMieb 
(oder von Winkelried) an die Regierung. Gross waren 
die Vergabungen der von Winkelned unter diesem Abt. 
Doch hatte er abermals das Unglück eines Klosterbrandes, 
den 25. Januar 1306, in welchem alle Fahrhabe, selbst 
die Earchenglocken zu Grunde gingen. Indes s war die Hülfe 
auch gross, die ihm zu Theil ward durch Pabst Clemens V. 
mit Yerleihung der Zehnden von Buochs, von Brienz, den 
Kirchensatz von Wylen und den Nonnen den von Lungern, 
sowie durch die Gemahlin Elisabet des Königs Albrecht 
imd ganz besonders ihrer Tochter Agnes, der Königin und 
Gemahlin Königs Andreas von Ungarn. Allein die Vollen- 
dimg des Klosterbaues und die Erweiterung des Frauen- 
klosters musste er, da er 1317 den 11. Februar starb, 
seinem Nachfolger Walther HI. de CHvo (Amseutz), 
1317 — 1331, überlassen, was dieser auch vollbrachte. Seine 
Regierung war besonders merkwürdig, weil unter ihr Agnes, 
die Königin von Ungarn, sammt ihrem Hofstaat nach 
Engelberg kam, um der Weihe der Klosterkirche bei- 
zuwohnen, welche der Weihbischof von Constanz, Johannes 
Montfocont, den 31. August 1325 vornahm, bei welchem 
Anlass alsdann am 4. September 139 Jungfrauen die Weihe 
erhielten. Hierzu zahlte die Königin allen Aussteuer und 
Auslagen, vergabte zugleich den Frauen ihr Hochzeitkleid 
xmd den Mönchen einen eigenhändig gestickten Rauch- 
mantel mit der Jahreszahl 1318. Dass diese 139, Töchter 
und Frauen der Königsmörder gewesen, ist schon dieses 
nebst anderen ein klarer Gegenbeweis, dass unter den 
300, ja mehr, Nonnen, so damals in Engelberg lebten, 
nicht Ein Name von denselben vorkommt und doch alle 
aufgezeichnet sind. 

Wie sehr jedoch zu dieser Zeit Engelberg im An- 



— 502 — 

selieii stand, mag -wolil aucli das zeigen, dass Wilhelm 
von "Wolfenschiessen , 1331 — 1347, vom Pabst Infel und 
Stab erbielt und der Weibbiscbof von Constanz, Heinrich 
Albus, 1345, wiederum 90 Jungfrauen in den Orden auf- 
nahm. Doch diese Zahl verminderte sich bald, da unter 
seinem Nachfolger Heinrich JH. von Sempach, 1349 — 1359, 
die Pest vom 8. September 1349 bis 6. Januar 1350 
116 Nonnen, 2 Patres, 5 Schüler wegraffte und im Thale 
selbst 20 Häuser ganz entvölkert wurden, wodurch auch 
der Wohlstand des Stiftes sehr litt, weswegen das Capitel 
bereits zum vierten Mal einen Abt von St. Blasien be- 
gehrte, und auch diesmal erhielt es in Rudolf H. von 
Stühliagen, 1360 — 1398, einen der ausgezeichnetsten Aebte 
Engelbergs. Er war es, der von Herzog Rudolf von Habs- 
burg für sein Stift die Zollfreiheit in allen seinen Ländern, 
von Beromünster die Kirche in Kerns und für die Kloster- 
frauen diejenige von Küssnacht erhielt. Ja er wurde in der 
Benediktinerversammlung 1375 in Augsburg zum Visitator 
aller deutschen Klöster erwählt und war sonst auf verschie- 
dene Axt auf die Ehre und das Wohl des Stiftes bedacht. 
Nach. seinemTode, den 9. Februar 1398, begann jedoch mit 
seinem Nachfolger Walther Myur, 1398 — 1420, für Engel- 
berg ein Jahrhundert des Unglücks und der Verwirrung 
im Innern und Aeussern. Dieser Abt Walther IV. war 
zwar für sich und auch für das Stift noch ein tüchtiger 
und gerechter Abt, wie dies das Concü von Constanz 
1415 zeigt, wo ihm der Pabst und Kaiser alle Rechte und 
Freiheiten des Stiftes bestätigten, aber die äussern Ver- 
hältnisse lähmten sein Wirken. So ging unter ihm die 
feindselige Stimmung und Beraubung der Klostergüter so 
weit von Seite Unterwaldens nid dem Wald, dass der 
Bischof von Constanz den Bann über selbes verhängte. 
Dazu kam noch der vielfältige Abtwechsel und die Ein- 
mischung der Klostervögte in die Wahl, was dem Kloster 
zum grössten Nachtheü gereichte, bis die Religiösen 1504 
sich so ermannten, dass sie frei einen ihrer Mitbrüder, 
Barnabas Burki von Altstätten, 1504 — 1546, zum Abt er- 
wählten. Er war wirklich bei seiner Wahl Meister der 
freien Künste, Doctor der heüigen Schrift und Professor 
der Philosophie und Theologie an der Universität in 
Paris. Kaum hatte er die Regierung angetreten, als er 



— 503 — 

sicii als Hersteller der Ordnung im Innern und Erhalter 
der EecMe des Stiftes aucli nach Aussen zeigte. Er war 
ein -wahres Werkzeug Gottes nicht blos für das Kloster 
Engelberg, sondern auch für die benachbarte Sch-weiz, 
Vielseitig hatten sich sittliche und bürgerliche Yerderben 
jeder Art nicht blos bei Weltlichen, sondern auch bei 
Oeistlichen eingeschlichen. Ja selbst die Ordenshäupter 
wurden vielfältig von dem Grift der Reformation angesteckt. 
Aber Abt Barnabas wusste als ein kluger, weiser und ge- 
lehrter Hausvater sein Haus zu bewahren, so dass kein 
einziger Religiöse austrat und die heilige Religion ver- 
leugnete. Jedoch ,auch ausser seinem Kloster und Thal 
suchte er den katholischen G-lauben zu erhalten, so im 
Berner Oberland. Er wurde daher bei dem Religions- 
gespräch 1526 in Baden zu einem der Präsidenten erwählt, 
welcher Wahl er alle Ehre machte. Ob schon auf solche 
Weise Abt Barnabas auch für die Zukunft des Stiftes 
Wohl gesichert zu haben schien, so zerstörten doch die 
Zeitverhältnisse das Meiste; denn kaum hatte er am 
29. December 1546 die Augen geschlossen, so starben unter 
seinem Nachfolger Johannes Spärlin 1548 alle im Kloster 
anwesendenReligiosen sammt dem Abt, bis auf zwei Schüler, 
an der Pest. Ein gleiches Schicksal hatte sein dritter 
Nachfolger Jodocus&rämer, indem die abermals herrschende 
Pest 1573 gar alle bis auf einen Pater, Georgium Staub, 
wegraffte. Wie konnte wohl auf eine solche Weise das 
Kloster Engelberg gedeihen, zudem die sog. Schirmorte 
ihr Möglichstes zu seinem Nachtheil verfügten. Es war 
daher wahrlich kein Wunder, dass es seinem Unter- 
gang nahe kam. Doch die göttliche Vorsehung liess das 
nicht zu, indem auf päbstlichen Befehl 1603 den 8. Sep- 
tember durch den Nuntius, Johannes de Surre, Jakob 
Benedikt Sigerist zum Abt eingesetzt wurde. Er war aber 
auch ein wahrer Religiöse, sorgfältiger Vater und ein 
tüchtiger Regent. Er suchte seine jungen Religiösen auf 
berühmten Schulen zu büden, liess sich 1604 in die neu er- 
richtete Benediktiner-Congregation der Schweiz aufnehmen, 
und um des Klosters Wohl auch im Zeitlichen zu fördern, 
trachtete er, obwohl mit vielen Schwierigkeiten, die Rechte 
d.es Stifts, welche seine Vorgänger theüs verloren, theils 
vernachlässigt oder widerrechtlich verschenkt hatten, wieder 



— 504 — 

2u erwerben, weshalb er aucb 1613 -vom Pabst Paul V. 
für sieb und seine l^acbfolger die biscböflicben Insignien. 
erhielt. Voll der Verdienste starb er den 10. März 1619. 
Von nun an wurde das Stift von so ausgezeichneten Aebten 
regiert, dass es stets mehr wieder in zeitlichen und geist- 
lichen "Wohlstand kam, nur \mter Abt Benedikt Keller, 
1629, herrschte abermals eine pestartige Krankheit, welche 
bei 13 Religiösen und gar viele Thalleute hinraffte. Be- 
sonders zu nennen sind: Ignaz I. Bettschenk, 1658 — 1681, 
welcher wegen seiner ausgezeichneten Regierung den Zu- 
namen der Grosse erhielt ; Gregor Fleischlrn, der Visitator 
der Congregation wurde; Ignaz U. Boumert, welcher 
sich besonders durch seine Güte gegen Arme auszeichnete, 
und Joachim Albini, ein ganz vorzüglicher Oekonom und 
Verehrer seines Vaters, den er einstmals, von der Statthalterei 
Sins kommend, vor der Stadt Luzern einholte, wie er 
einen Esel vor sich hertrieb, vom Pferde stieg imd ihn 
durch die Stadt zu Fuss begleitete. Indessen hatte sein 
Nachfolger Maurus Rinderlin, 1724 — 1730, das drittmalige 
Unglück des gänzlichen und wohl des schlimmsten Kloster- 
brandes, weil da Alles, was in den Zellen der Patres und 
Pratres war, vom Feuer verzehrt wurde. Wohl fing er 
den gegenwärtigen Klosterbau sogleich wieder an, starb 
aber von Kummer und Sorgen erschöpft schon am 19. 
December 1730. Von ihm sagt unser Annalist, dass er 
seit seiner Wahl zum Abt keinen frohen, heiteren Tag 
gehabt, indem seine Wahl schon widerrechtlich vom aposto- 
lischen Nuntius angefochten wutde. Daher war sein Nach- 
folger Emanuel Crinelli von Uri, 1731 — 1749, umso eifriger 
bemüht, Eloster und Kirche zu vollenden und mit einer 
neuen Orgel, Glocken und Paramenten zu versehen, und 
er wirkte in jeder Hinsicht so Vieles, dass man sich 
"WTindöm muss, wie ihm das nur möglich war. Auch in 
wissenschaftlicher Hinsicht war er nicht unthätig, so dass 
mehrere gelehrte Conventualen seine Regierung krönten. 
Drei Wochen nach seinem Hinscheiden (4. September 
1749) erwählte der Convent Maurus Zingg aus dem Flecken 
Einsiedeln, und ihm folgte im Jahre 1769 am 5. Juni 
Leodegar Salzmann von Luzern. Dieser war ein Mann, wie 
ihn die immer schwieriger werdenden Zeitverhältnisse 
erforderten. Er bewies sich gegen seine Untergebenen 



— 505 — 

im Kloster und Thal als ein wahrer Vater und Wohl- 
thäter, untemaimi mehrere Neubauten, suchte stets Eecht 
und Gerechtigkeit zu handhaben und war besonders auf 
Behebung der Armuth bedacht. Aber durch das Alles ver- 
mochte er nicht die Thalleute in der Unterthänigkeit zu 
erhalten, da der französische Freiheitsschwindel auch die 
Thalbewohner angesteckt hatte, und so gab er die bei 
674jährige Oberherrlichkeit über die Thalleute auf, was 
Alles sie iTim in der Todesstunde durch schmählichen 
Undank vergalten, die am 14. Mai 1798 eintrat. Fünf 
volle Jahre blieb nun die Abtei imbesetzt, während welcher 
Zeit das Innere P. Maurus Müller als Prior, das Oekono- 
mische P. Karl Stadler besorgten, welch letzterer dann 
1803 den 21. Mai wieder zum ersten Abt erwählt wurde. 
Ein iu jeder Hinsicht tüchtiger Mann, klug, einsichtsvoll, 
gelehrt und arbeitsam, so dass er bei seinem Vorgänger 
gleichsam sein rechter Arm war. Solches Alles suchte 
er auch bei seinen Eeligiosen zu heben, da er schon als 
Archivar und Bibliothekar so Vieles gearbeitet und ge- 
schrieben hatte. Selbst Nidwaiden fühlte seine Güte durch 
die ihm verliehenen sechs Freiplätze im Gymnasium des 
Klosters. Unter ihm schloss sich 1816 Kloster Tind Thal 
an Obwalden an. Dieser verdienstvolle Abt vollendete 
sein zeitliches Leben den 22. October 1822, und nach 
drei Wochen wurde P. Eugen von Büren von Stans, da- 
mals Statthalter und Pfarrer in Sins, zum 50. Abt er- 
wählt. Obschon auch er viel des Guten für Kloster und 
Thal leistete, die Schulen verbesserte, das Waisenhaus 
baute, so hatte er doch vieles für das Stift Nachtheilige 
zu erfahren, so den grossen Wasserguss 1831, dann den 
Sonderbund; er segnete das Zeitliche nach 49 jähriger 
Regierung von Leiden mxd. Alter gebeugt den 21. Mai 
1851. Noch im gleichen Monat, den 27. Mai, kam die 
Regierung an P. Placidus Janner von Arth, einen leib- 
lichen Bruder des hochw. H. Probst imd vieljährigen 
Theologie-Professors Dr. Anton Janner in Luzern. Sehr 
Vieles unternahm er zur Bildung seiner Religiösen und 
zur Hebimg der Schule und auch der Bibliothek. Nicht 
so glücklich war er aber in seinenBauten und der Oekonomie. 
So schied er aus diesem Jammerthal den 17. Februar 1866 
und hinterliess die Abtei dem bisherigen Prior P. Anselm 



— 506 — 

Villiger von Stans. Schon als Prior war er der eigent- 
liche Stifter des Frauenklosters in Maria Riekenbach und 
der Beförderer des G-ymnasiums. Kaum hatte er die Abtei 
angetreten, als sein eifrigstes Bemühen dahin ging, die 
ökonomischen Schäden seines Vorgängers zu heben und 
die Bildung seiner jungen Religiösen sowie die Schule in 
noch besseren Zustand zu setzen. Doch nicht blos das 
Kloster suchte er im Aeussern durch Neubauten und im 
Innern durch religiösen Geist zu verbessern, sondern auch 
nach Aussen durch seine Religiösen zu wirken, indem er 
sieben Patres als Beichtiger und Kapläne zur Besorgung 
von fünf Klöstern und der Seelsorge aussandte. Ja sogar 
zwei Patres schickte er nach Conception in Nord-Amerika, 
wo sie eine Niederlassung gründeten und bereits über 
20 Conventualen zählen, wofür sie, weil das erste Gebäude 
zu klein ist, neuerlich ein grösseres Kloster bauen. Nebst 
dem zeugen für dieses Abtes eifrige Anstrengung, die 
Ehre Gottes zu fördern, die kostspielige Renovation der 
Klosterkirche und die Aufstellung einer neuen grossartigen 
Orgel. So werden auch von den Patres über 72 Schüler 
in den G-ymnasialklassen nebst Musik unterrichtet. Andere 
sind an der Pfarrei angestellt oder sind anderwärts be- 
schäftigt, so dass dieses Kloster unter diesem Abt das 
blühendste Ansehen gewonnen, und das Alles, ja noch 
mehr, was Alles zu erwähnen zu weit führen würde , be- 
wirkte er in noch nicht 14 Jahren, 

P. IgnAZ OndeBMATT, Subprjor, 1830. 




Die Abtei Metten.*) 

13 Jakr 1880, in -welclieia der Orden des heil. 
Benedikt die vierzelinliunderigälirige Jubelfeier 
der Geburt seines grossen Patriarchen begebt, ist 
noch ein besonderes Jubeljahr für die Benediktiner- 
abtei Metten. Am 31. März sind es nämlich fünfzig Jahre, 
seitdem die Benediktinermönche wiederum in die durch 
die Säcularisation verödeten Mauern des uralten Stiftes 
eingezogen sind. Dasselbe liegt am linken Ufer der 
Donau, eine Stunde oberhalb des Städtchens Deggendorf 
in der Diöcese Regensburg, am Saume des romantischen 
bayerischen Waldes in einer äusserst lieblichen und an- 
muthigen Gegend. Sein Bestehen verdenkt dieses Stift 
dem Einsiedler Utto und dem grossen Kaiser Karl. 

ütto "war in Italien geboren und nach der Sage von 
einem frommen deutschen Priester Gamelbert von Michaels- 
buch bei Plattling, der eben auf einer Pilgerreise nach 
Rom begriffen in jener Gegend -weilte, auf Bitten der 
Eltern getauft -worden. Als er erwachsen, ging er, dem 
Auftrage folgend, den Gamelbert in prophetischer Vor- 
aussicht der Zukunft des Knaben den Eltern gegeben 
hatte, zu diesem seinen geistlichen Vater nach Bayern, 
■wurde da zum Priester geweiht und Gamelberts Gehülfe 
im priesterlichen Wirken, zog sich jedoch nach dessen 
Tode in eine Einsiedelei jenseits der Donau zurück, eine 
halbe Stunde östlich vom Kloster, -wo heute noch ein 
Kirchlein steht nebst einem Brunnen, der dem Gebete 
IJttos sein Entstehen verdanken soll und von ihm auch 
den Namen trägt. Hier traf ihn einst Kaiser Karl der 
Grosse auf der Jagd, und da er in ihm einen Gottesmann 
erkannte, so -wollte er ihm eine Gnade gewähren. (Jtto 
bat um die Gründung eines Elösterleins in dieser Gegend, 



*) N-ach S. Bupart Mitteraiallar 0. S. B. : „Bas Kloster Mettea 
und seine Aobte". Stranbln? 1356 und Georg Aiotiin^er: „Kloster 
Metten und seine Umgebungen". Landshut 1859 



— 508 — 

das dem heil. Erzengel Michael geweiht sein sollte, was 
der Kaiser mit Freuden gewährte. Um welche Zeit die 
Gründung des Klosters geschah, lässt sich nicht genau 
feststellen. Jedenfalls fällt sie in die Jahre 794 — 800. 
Utto wurde erster Abt desselben, und Karl selbst holte 
ihm, als er im Jahre 800 zu seiner Kaiserkrönung in Rom 
war, von Pabst Leo DI. die Bestätigung und den abtei- 
lichen Hirtenstab. Leider sind die ferneren Nachrichten 
über Utto und seine nächsten Nachfolger sehr spärlich, 
da die diesbezüglichen Urkunden bei dem grossen Brande 
des Klosters 1236 zu Grunde gingen. Wir wissen nur 
noch von ihm, dass er auf dem Reichstag zu Aachen 817 
für das Kloster die Befreiung von allen Lasten und Abgaben 
an das Reich erhielt und 829 starb. Er wurde in der 
Stiftskirche begraben, imd ihm nachmals ein schönes 
Grabmal errichtet, auf welchem sein Bild in Stein ge- 
meisselt ist.*) 

Aus den im Libellus Societatum Augiensium vor- 
kommenden Namen von Mettner-Religiosen aus den Jahren 
802—822 lässt sich schliessen, dass zur ersten Gründung 
des Klosters irische Mönche berufen worden, und mit dem 
Mönchskloster, wie es damals überhaupt üblich, auch ein 
Erauenkloster verbunden war. 

Uttos Nachfolger in der abteilichen Würde war 
Nithard, der 837 von König Ludwig dem Deutschen einen 
sehr gnädigen Schutzbrief für das Kloster und die Ge- 
währleistung der freien Wahl des Abtes erhielt. Auch 
schenkte derselbe König dem Stifte zahlreiche Besitzungen 
imd legte namentlich durch Schenkungen von Gütern zu 
Drosindorf in der Ostmark den Grund zu den nachmals 
nicht unbedeutenden Besitzimgen des Klosters in Oester- 
reich (Herrschaft Eisenreich - Domach). Nicht minder 
zeichneten sich die folgenden deutschen Könige, sowie 
nachher die bayerischen Herzoge durch Freigebigkeit und 
besonderes Wohlwollen gegen Metten aus. Bald brachen 
jedoch auch Drangsale herein. Als nach der Schlacht bei 



*) Dasselbe befindet sich jetzt in einer hölzernen ITinkleidung auf 
der lüvangelienseite des Chores. Die Gebeine ruhen in einer bleiernen 
Eiste neben der Tumba; in dem Glaskasten über derselben ist neben 
einem fingirten heil. Leib noch das pedum abbatiale Uttos zu sehen. 



iP-j' 




fl 



— 509 — 

Pressburg 907 die Ungarn Bayern überschwemmten, wurde 
auch Metten geplündert und niedergebraimt. Eine wichtige 
Veränderung ging im Jahre 1129 mit dem Stifte vor sich, 
indem die Benediktiner aus bis jetzt unbetannten Grün- 
den aus demselben verdrängt wurden und nach Pfaffen- 
münster ziehen mussten, während die dortigen regulirten 
Chorherren ihren Platz in Metten einnahmen. Aber schon 
1150 führte Herzog Heinrich Jasomirgott die Benediktiner 
wieder zurück, wodurch er sich den Ehrennamen eines 
zweiten Gründers des Klosters erwarb. 

Das grösste Unglück traf Metten i. J. 1236 unter Abt 
Bemold, indem ein furchtbarer Brand das ganze Eloster 
in einen Aschenhaufen verwandelte. Erst nach 28 Jahren 
konnte es wieder hergestellt werden, und scheint von da 
an der Zustand desselben noch lange kein besonders er- 
freulicher gewesen zu sein, da jetzt längere Zeit hindurch 
die Aebte aus fremden Höstern (meist aus Niederaltach) 
postulirt werden mussten. Ueberdies klagt Abt Albert I. 
(1242 — 1268) sehr darüber, dass das Eloster durch ver- 
schiedene Leistungen und Vexationen (bei den damaligen 
Tingeheuren Wirren und Kämpfen zwischen geistlicher und 
weltlicher Macht) in eine grosse Schuldenlast gestürzt 
worden sei. Unter der meist ganz vortrefElichen Regierung 
der aus den benachbarten Klöstern postulirten Aebte hob 
sich jedoch das Stiffe allmählich wieder. Friedrich 11. aus 
St. Emeran erwirkte 1275 zu Lyon, wohin er sich vor 
den Verfolgungen des Bischofs Leo von Regensburg hatte 
flüchten müssen, von Pabst Gregor X. die Exemtion und 
die Confirmation aller Immunitäten und aller Besitzungen 
in Bayern und Oesterreich, Sein Nachfolger Conrad von 
Auerbach, aus Niederaltach, besserte mit Hülfe des Herzogs 
Otto ni. die Verhältnisse der Art, dass er sich den Namen 
eines Wiederherstellers des Klosters erwarb. Unter ihm 
wurde das Vogteirecht der bayerischen Herzoge über das 
Kloster abgelöst und die Pfarrei Michaelsbuch demselben 
incorporirt. Auch wendeten von dieser Zeit an die Herren 
von Neuhausen und Wildenforst, von Eck, Degenberg etc., 
welche bei der Stiftskirche Famil iengrabkapellen sich er- 
bauten, derselben zahlreiche Stiftungen und Schenkungen zu. 

Eine Erhöhung des äusseren Glanzes verlieh der Abtei 
das Concil von Basel, indem es 1439 dem Abte für alle 



— 510 — 

künftigen Zeiten den Gebrauch der Pontificalien gestattete, 
welches Privilegium Pabst Pius IE. noch dabin ausdehnte, 
dass es auch ausserhalb des Klosters gebraucht werden 
durfte. Dabei konnte er als Grund erwähnen, dass im 
Kloster die Ordenszucht blühe, und der fromme Abt 
(Johann I. 1459 — 1479) in grossem Ansehen stehe. Diese 
Blüthe der Ordenszucht scheint jedoch nur unter diesem 
Abte Wahrheit gewesen zu sein; denn schon vor ihm, 
im Jahre 1444, hatte sich eine bischöfliche Untersuchungs- 
commission veranlasst gesehen, sowohl gegen den Abt 
(Andreas II. , 1435 — 1446) als auch gegen mehrere Mönche, 
die mit dem Abte zerfallen waren, einen ernsten Tadel 
auszusprechen; und vom Jahre 1482 an erschienen kurz 
nacheinander mehrere Visitationscommissionen und wurden 
ernstliche Versuche gemacht, durch Berufung von Eeligiosen 
aus Reichenbach eine Eeform anzubahnen. Diese drang, 
wenn auch nur langsam und unter vielfachen Kämpfen, 
doch allmählich durch, so dass zur Zeit der Eeformation 
der Protestant Bruschius dem Kloster das Zeugnis geben 
konnte, dass daselbst echte Frömmigkeit mit regem wissen- 
schaftlichen Geiste gepaart sei. Besonders rühmt er den 
Abt Oswald I. (1497 — 1515) als einen Mann voll feuriger 
Beredtsamkeit und heiligem Eifer, den Könige und Fürsten 
ihrer Freundschaft würdigten. Aber dieser Aufschwung 
war leider nur von kurzer Dauer. Nach dem Tode des 
Abtes Sebastian Kastner 1569 gerieth das Stift in den 
kläglichsten Zustand, in dem es sich je während seines 
tausendjährigen Bestandes befunden hat. Selbst die Zahl 
der Religiösen war auf 4 — 5 Priester und einige Kleriker 
zusammengeschmolzen, und die ökonomischen Verhält- 
nisse waren so elend, dass nicht einmal die Verpflegungs- 
kosten eines im Collegium Georgianum zu Ingolstadt 
studirenden Klerikers bezahlt werden konnten. Der nach 
dem Tode des Abtes Sebastian aufgestellte Prior Johannes 
Eisslinger führte die Verwaltung so unrühmlich, dass er 
aus dem Kloster entfernt werden musste, worauf der 
Herzog die Sache in seine Hand nahm und den Marcus 
Besch aus St. Afra in Augsbm*g als Abt einsetzte. 

Auf diese Periode des tiefsten Verfalls wäre sicher 
unter den folgenden ausgezeichneten Aebten die Zeit der 
schönsten Blüthe gefolgt, hätten nicht die Stürme des 



— 511 — 

dreissigjährigen Krieges auch Metten hart mitgenommen. 
Johann DI. Nablas (1595 — 1628) aus St. Emeram — 
der letzte aus einem fremden Kloster postulirte Abt — 
hat mehr für Metten gewirkt, als je einer seiner Yorgän- 
ger. Er baute die Klostergebäude zimi grossen Theil neu, 
brachte die Pfarrei Stefansposching an das Stift, nahm 
sich mit grossem Eifer der neugegründeten Benediktiner- 
schule in Salzburg an und bemühte sich ebenso eifrig — 
aber leider in Folge des "Widerstandes der Bischöfe ver- 
gebens — um das Zustandekommen einer bayerischen 
Benediktinercongregation. Sein grösstes Verdienst aber 
ist, dass er sich in Christophorus Guetkneeht einen Nach- 
folger heranbildete, der womöglich noch vortrefQicher 
regierte, als er selbst (1628—1645). Unter diesem durch 
ein seltenes Verwaltungstalent und durch herrliche Gaben 
des Geistes und Herzens ausgezeichneten Abte schien 
eine neue goldene Zeit für Metten anzubrechen. Aber 
nun brausten die Stürme des schwedischen Eüeges heran 
und zerstörten die schönen HofEuungen zum grossen Theil. 
Zweimal mussten die Mönche ihr Kloster vor dem Feinde 
fliehend verlassen und fanden bei ihrer Bückkehr nichts 
als die öden Mauern und ein verwüstetes Land. Mehrere 
Jahre konnte das Feld nicht bebaut werden, weil man 
jeden Augenblick einen neuen Ueberfall des wilden Kriegs- 
volkes fürchten musste. Zieht man dazu die Contribu- 
tionen in Rechnung, welche der Feind erpresste, so er- 
scheint es beinahe unglaublich, wie der treffliche Prälat 
noch so grosse Unternehmungen ins Werk setzen konnte. 
Er stellte fast alle Oekonomiegebäude neu her, erneuerte 
das ganze Innere der Stiftskirche, errichtete den schönen 
Brunnen im Klosterhof, und bezahlte dabei nicht blos alle 
Schulden, sondern legte auch noch mehrere tausend Gul- 
den Kapital an! Als aber nach seinem Tode die Drang- 
sale eines feindlichen Ueberfalles abermals sich wieder- 
holten, gerieth das Stift in einen äusserst elenden Zustand, 
besonders in ökonomischer Beziehung. Sein Nachfolger 
Marcus Lauter wurde sogar vom bischöflichen Ordinariat 
in Haft gesetzt und zur Abdankung gezwungen. Diese 
elende Lage, besonders die misslichen finanziellen Ver- 
hältnisse, mögen auch der Grund gewesen sein, weshalb 
jetzt der Mettner Convent, im Gegensatze zu seiaen firü- 



— 512 — 

heren Bestrebungen, dem nunmehr unter günstigeren Verr 
hältnissen wieder aufgenommenen Versuch, der Grründung 
einer bayerischen Benediktinercongregation gegenüber eine 
ablehnende Haltung einnahm. Die Congregation kam nun 
zwar wirklich zu Stande, indem der päbstliche Stuhl und 
die kurfürstliche Regierung sie förmlich diktirten, aber 
Metten weigerte sich trotz angedrohter Ungnade des 
Pabstes und des Kurfürsten jederzeit beharrlich, dersel- 
ben beizutreten. 

Vieles hatte das Stift Metten auch im spanischen 
Erbfolgekrieg zu leiden. Grlücklicher Weise hatte es da- 
mals wieder zwei ausgezeichnete Aebte: Benedikt Ferg 
(1686 — 1706) und Roman ü. Märkl (1706 — 1729). Die 
Drangsale des spanischen Erbfolgekrieges wiederholten 
sich bald auch im österreichischen Erbfolgekrieg, nament- 
lich dmrch die Gewaltthaten des Pandurenhauptmanns 
Trenk. Gleichwohl wurde in dieser Zeit der Besitzstand 
vermehrt und hob sich das Stift besonders unter Abt Adal- 
bertTobiaschu (1755 — 1770)rasch wieder. Unter ihm begann 
namentlich ein reges wissenschaftliches Streben unter den 
Conventualen sich zu entwickeln, wobei aber leider auch die 
Kant'sche und Wolf 'sehe Philosophie Eingang fand und nicht 
geringes Unheil anrichtete. Bald riss Zuchtlosigkeit ein, 
und der Illuminatismus und falsche Freiheitsschwindel fand 
auch im Mettner Convent Anhänger. Dazu kam noch das 
feindselige Verhalten der damaligen bayerischen Regierung 
gegen die religiösen Orden, welches jedem Wiederauf- 
streben hindernd in den Weg trat, und schliesslich stürzte 
die Prachtliebe und Verschwendung des Abtes Lambert 
Kraus (1770 — 1790) das Stift auch noch in grosse Schul- 
den, die unter anderem auch den Verlust der Herrschaft 
Eisenreich-Domach in Oesterreich herbeiführten. Mit 
unsäglicher Mühe arbeitete sein Nachfolger Cölestin Stöckl 
an der äusseren und inneren Reorganisation. Wirklich 
war es ihm bis zum Jahre 1803 gelungen, die Schulden 
zu tilgen und auch im Innern einen besseren Geist zu 
erwecken; da machte die Säcularisation dem Stifte ein 
rasches Ende. Es wurde für aufgelöst erklärt, die Con- 
ventualen mit einer kleinen Pension in die Welt geschickt, 
wo sie meist in die Seelsorge übertraten oder sich der 
Lehrthätigkeit widmeten, und die Güter vom Staate ein- 



— 513 — 

gezogen. Was irgendwie einigen Werbh hätte, wurde 
fortgeschleppt und verschleudert, die Pfarrkirche St. Mar- 
tin demolirt und die Klostergebäude der Verödung und 
dem Verfall überlassen. So endete diese Stiftung des 
grossen Karl, nachdem sie gerade tausend Jahre bestanden. 
Werfen -wir mm noch einen Bück zurück auf die 
Wirksamkeit des Stiftes Metten -während seines tausend- 
jährigen Bestandes. — Wie wir gesehen haben, war der 
Wohlstand des Klosters nie ein bedeutender. Was auf 
der einen Seite durch Wohlthäter zuwuchs, ging auf der 
andern durch Missgünstige häufig wieder verloren. Zu- 
dem machte die weite Entfernung eines grossen Theiles 
der Besitzungen, besonders der österreichischen, dieselben 
nicht selten mehr zu einer Last als zu einem gewinn- 
bringenden Besitz. Fast beständig hatte so das Stift mit 
Aufbietung aller Eiäfte gegen äusseren und inneren Ver- 
fall zu kämpfen und konnte darum auch im kirchlichen 
Leben des Mittelalters keine so grosse Rolle spielen und 
keine solche Wirksamkeit entfalten, wie so viele andere 
Klöster. Aber immer herrschte hier ein reges Interesse 
für Wissenschaft, wofür schon die reiche Bibliothek Zeugnis 
ablegt, die jetzt der kgl. Staatsbibliothek in München ein- 
verleibt ist, sowie die nicht geringe Zahl von Conventualen, 
die sich durch Gelehrsamkeit und wissenschaftliche Be- 
strebungen einen Namen erworben haben. So war schon 
Abt Friedrich IE. (1272 — 1277), Doctor des Kirchenrechtes, 
als ein sehr gelehrter Mann bei seinen Zeitgenossen ange- 
sehen. Noch mehr zeichnete sich durch hohe geistige 
Bildung Abt Heinrich Stero aus (1280—1287), ftüher 
Secretär des Abtes Hermann in Niederaltach; er ist wahr- 
scheinlich der Fortsetzer der Chronik des Abtes Hermann 
und schrieb auch eine Geschichte der Kaiser Rudolf von 
Habsburg, Adolf von Nassau und Albrecht von Oester- 
reich. — Im 14. und 15. Jahrhundert fand auch die Schön- 
schreibekunst in Metten eine vorzügliche Pflege. Irengard, 
Schwester des Abtes Albert H. (1321 — 1348), welche als 
Reclusin beim Kloster lebte, war eine vielgerühmte Schön- 
schreiberin und hinterliess dem Kloster eine (leider jetzt 
verlorene) klein und nett auf Pergament geschriebene Hand- 
bibel. Um 1332 schrieb ein Mettner Mönch das Speculum 
majus des Vincenz von Beauvais in vier Foliobänden mit 

Eia Benediktiuerbuch. 33 



— 514 — 

terrliclier Schrift und schönen Miniaturen. Ein andrer 
Conventual von Metten schrieb 1414 und 1415 zwei Codices, 
die heute noch in Ansehen stehen, nämlich einen Codex 
enthaltend die Regel des heil. Benedikt im Urtext und 
in deutscher Uehersetzung mit interessanten Miniaturen, 
und den sogenannten Mettner Hexencodex, der die vier 
Evangelien, das Werk des Rhabanus Maurus „De Laudibus 
S. Crucis", eine marianische Bibel und endlich am Schlüsse 
eine „Synopsis doctrinarum spiritualium, eruditionum et 
mysteriorum" d. i. allerlei mit grossem Scharfsinn und 
Fleiss ausgearbeitete symbolische Darstellungen enthält. 
Die Einbanddecke dieses Codex war früher reich mit 
Edelsteinen besetzt und enthält noch kostbare Reliquien. 

Wie gross der Eifer für die Studien in Metten im 
15. und 16. Jahrhundert war, kann man aus dem Berichte 
der jbischöfl. Yisitationscommission imter Abt Pankratius 
Eiammerer (1479 — 1495) ersehen, in welchem gerügt wird,, 
dass die jungen Kleriker zu sehr mit Studien in Anspruch 
genommen werden. Unter Abt Oswald Maier (1497— 1515) 
legten die Religiösen einen solchen Eifer für Bereicherung 
der Bibliothek an den Tag, dass sie ihre Peculien fast 
nur zur Anschaffung von Büchern verwendeten. — Noch 
zeichneten sich durch besonderen Eifer für Förderung 
der Wissenschaft aus die Aebte Karl Dom (1535— 1537), 
der eine kurze Geschichte der Entstehung und des Fort- 
ganges der lutherischen Ketzerei schrieb, MarJcus Besch 
(1581 — 1592), Verfasser einer Klosterchronik, die von seinen. 
Nachfolgern fortgesetzt wurde; unter der thätigen Mit- 
wirkung dieses Abtes entstand die Benediktinerschule in 
Salzburg, wo in der Folgezeit mehrere Mettner Conventualen 
als Professoren thätig waren; ferner die Aebte Johann III. 
Nablas und ChristophorusGuetknecht, unter welch letzterem 
der berühmte Willibald Lendlin von Ochsenhausen in 
Metten lehrte. 

Einen neuen Aufschwung nahm das wissenschaftliche 
Streben in Metten im 18. Jahrhundert. Nicht blos ent- 
wickelten die Conventualen eine reiche Wirksamkeit als 
Professoren zu Salzburg, Freising und anderen Orten, 
sondern entfalteten auch eine grosse literarische Thätig- 
keit. Insbesondere machte Abt Adalbert Tobiaschu (1752 
bis 1770) Metten zu einer wahren Akademie von Gelehr- 



— 515 — 

ten; er rühmte sich noch am Abende seines Lebens, dass 
er „als Aristotelesjünger den ersten Grund zur neuen 
Weltweisheit in seinem Kloster gelegt habe". Durch ihre 
Thätigkeit im Lehramt und in der Literatur thaten sich 
um mese Zeit hervor: P. Gregor ZeUer (f 1745), nach 
dem Urtheile Rixners einer der scharfsinnigsten und 
gründlichsten Scholastiker seiner Zeit; P. Innocenz Deixl- 
berger (f 1777), Rector Magnificus der Universität Salz- 
burg; P, Gregor Geyer (f 1772 erst dreissig Jahre alt), ein 
äusserst thätiger und talentvoller Geschichtsforscher; 
P. Gedehard Ku&er, Professor in Preising und Straubing 
(t 1792); femer der durch seine zahlreichen Schriften 
rühmlich bekannte, aber durch seinen Austritt aus dem 
Orden und seine Freigeisterei übel berüchtigte P. Leonard 
Gruber (f um 1800); endlich der gelehrte P. Anselm 
Thaddäus Eixner, zuerst Professor der Philosophie zu 
Preising, daam nach Aufhebimg des Klosters zu Amberg 
(t 1838) und P. Maurus Gandershofer, ein tüchtiger Histo- 
riker (f 1842). Auch zählte das Convent von Metten 
mehrere tüchtige Musiker xmd Componisten, wie P. Johann 
Stemkopf (f 1817), P. Amand Steigenberger (f 1808) und 
die beiden Brüder Johaxm tmd Gamelbert Holzhauser. 

Wie an jedem Benediktinerkloster des Mittelalters 
bestand auch in Metten eine Kl oster schule. Sie wird 
zuerst im Jahre 1301 unter Abt Ulrich I, erwähnt. Später 
erscheint sie unter dem Namen Singschule, weü sie 
neben dem vorbereitenden Unterricht zu den höheren 
Studien besonders auch die Heranbildung von Chorknaben 
bezweckte. Abt Maurus Besch führte an derselben die 
Pigurahnusik ein, imd brachte sie zu solchem Rufe, dass 
sie bis zur Klosteraufhebung für die beste Bildnerin treff- 
licher Musiker galt. 

Ausser dieser wissenschaftlichen Thätigkeit war die 
Wirksamkeit des Stiftes Metten hauptsächlich anf die 
Seelsorge gerichtet. So hatte es die ständige Seelsorge 
zu versehen in den Pfarreien Metten, Neuhausen, Berg, 
Michaelsbuch, Stefansposching, Grafling und Plattling. 
Auch waren in der letzten Zeit stets einige Mettner- 
Conventualen als Wallfahrtscuraten in Mariaplain thätig. 

Mit dieser "Wirksamkeit während eines tausendjährigen 
Bestandes war jedoch die Aufgabe des Stiftes Metten noch 

Q9* 



— 516 — 

nicht erfüllt. Bald sollte es wiedererstelien und rasch, zu 
einer Blüthe gelangen, wie es eine solche Tielleicht nie 
zuvor gesehen hatte. Das Concordat von 1817 legte der 
bayerischen Regierung die Verpflichtung auf, wenigstens 
einige der aufgehobenen Klöster wieder herzustellen. Die 
Erfüllung dieser Verpflichtung liess jedoch ziemlich lange 
auf sich warten. Erst König Ludwig I. gab gleich beim 
Beginne seiner Regierung seinen entschiedenen Willen 
kund, um einer solideren religiös-sittlichen Erziehung und 
Bildung der Jugend Bahn zu brechen, das Concordat auch 
hinsichtlich der Wiedereinführung geistlicher Orden zur 
Wahrheit zu machen. Kaum hatte Herr von Pronath, 
Gutsbesitzer von Offenberg, der das Conventgebäude des 
ehemaligen Klosters und einen Theü des Grundbesitzes 
schon in der Absicht erworben hatte , es für eine etwaige 
Wiederherstellung des Stiftes zu erhalten, von dem Willen 
des Königs Kunde erhalten, so machte er demselben 
in hochherzigster Weise das Anerbieten, das ehemalige 
Conventgebäude unentgeltlich abzutreten, welches König 
Ludwig mit grosser I^eude annahm. So war nun zwar 
ein guter Anfang zur Wiederherstellung Mettens gemacht, 
aber manche schwer zu überwindende Findernisse steUteh 
den günstigen Erfolg wieder sehr in Frage. Es wurde 
keinerlei Dotation aus Staatsmitteln gewährt, wie es das 
Concordat forderte, sondern man griff zu dem Auskunfbs- 
mittel der Concurrenzbeiträge, indem 10,000 /. als un- 
verzinslicher aber refondirlicher Vorschuss angewiesen 
wurden. Dazu kamen verschiedene, die freie Entwickelung 
des Klosters hemmende Administrativmaassregeln der könig- 
lichen Regierungsbehörden, so namentlich die im Wieder- 
herstellungsdecret selbst enthaltene Bestimmung, dass 
Sr. Majestät vorbehalten bleibe, im Einvernehmen mit 
dem Ordinariate die Ordensstatuten zu revidiren und zeit- 
gemässe Abänderungen zu treffen. Diese Umstände be- 
sonders veranlassten die Mehrzahl der Exbenediktiner, 
ihr gegebenes Wort, womit sie sich schon zum Wieder- 
eintritt bereit erklärt hatten, zurückzunehmen. Nur zwei 
Männer brachten sich zimi Opfer: P. Ildephons Nebauer 
aus Andechs, damals Stadtpfarrer in Straubing, der durch 
allerhöchstes Rescript zum Prior des neuen EHosters ernannt 
wurde, und P. Roman Raith aus Metten, damals Pfarrer 



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in Oberwinkling. Diese Beiden nahmen am 31. März 1830 
Yom Kloster Besitz, -worauf am 1. Juni desselben Jahres 
die feierliche Eröffiaung stattfand. Um der grossen mate- 
riellen Noth abzuhelfen, Hess 1832 der hochherzige König 
Ludwig I. die Summe von 60,000 /. aus seiner Kabiuets- 
kasse als Fundirungsverinögen anweisen. In demselben 
Jahre erfolgte auch der Eintritt einer Anzahl würdiger 
Säcularpriester, unter denen Leonard (Gregor) Scherr, 
nachmals Abt des Klosters und Erzbischof von München, 
Anton (Eupert) Leiss, nachher Abt von Scheyem, und 
Sebastian (Bonifaz) "Wimmer, jetzt Abt von St. Yincenz in 
Nordamerika, sich befanden. An Bischof Xaver v. Schwäbl 
von Regensburg hatte das junge Stift einen eifrigen Gönner, 
der für sein „liebes Metten" sorgte, wie er nur immer 
konnte. So berechtigte alles zu den schönsten HofEaungen; 
aber ein Akt der Staatswillkür drohte dieselben wieder 
völlig zu zerstören. Minister Wallerstein wollte um jeden 
Preis seinen Lieblingsplan, die Errichtung eines centrali- 
sirten Benediktinersteatsordens in Bayern, dessen Mittel- 
punkt die Abtei St. Stefan in Augsburg sein sollte, ins 
Leben rufen. Am 20. December 1834 erschien ein ministe- 
rieller TJkas, demzufolge die versprochene Abtei von Metten 
nach Augsburg verlegt, ebenso die Dotation von 50,000 /. 
aus der königlichen Kabinetskaase dahin übergehen, xmd 
Metten nur ein von St. Stefan in Augsburg abhängiges 
Priorat sein sollte, dessen "Wirksamkeit auf die pfMrrliche 
Seelsorge beschräiikt wäre. Diese ministerielle Verfügung 
rief in den weitesten Kreisen grosse Trauer mid Entrüstung 
hervor. "Während das Volk in zahlreichen Betstunden den 
Himmel bestürmte, ergingen von allen Seiten Bittgesuche 
um Erhaltung der Selbständigkeit Mettens an König Ludwig. 
Dieser edle Fürst konnte so dringenden Bitten sein Herz 
nicht verschüessen; so sprach er denn am 20. Juli 1836 
definitiv die Selbständigkeit Mettens aus. Die bereits 
nach Augsburg versetzten Conventualen durften wieder 
zurückkehren, sofort traten zahlreiche Novizen ein und 
eine neue Dotation von 50,000 /. aus der königlichen 
Kabinetskasse zum Ersätze für die an St. Stefan in Augs- 
burg abgetretene, sowie die Einverleibung der Pfarreien 
Metten, Michaelsbuch, Stefansposching, Neuhausen und 
Edenstetten mit dem Kloster sicherte den materiellen Be- 



— 518 — 

stand desselben. Das Jahr 1840 brachte endlich die toU- 
ständige Organisation zum Abschluss, indem das Priorat 
zur Abtei erhoben wurde. Die Regierung selbst erwirkte 
für den ersten Abt Gregor Scherr von Rom die Pontifikalien. 

Sogleich entfaltete das Stift auch eiae reiche Wirk- 
samkeit in Erziehung und Unterricht der Jugend. Schon im 
Jahre 1837 wurde ein Studienseminar und eine zweiblassige 
Lateinschule eröfl&iet, die bis 1839 durch eine HI. und 
rV. Klasse vervollständigt wurde. Im Jahre 1840 übernahm 
Metten auch das königliche Erziehunginstitut für Studi- 
rende in München, bis dasselbe 1863 den Conventualen 
der Abtei St. Bonifaz übergeben werden konnte, und 
musste noch dazu das Ludwigsgymnasium daselbst mit 
Professoren besetzen. Das Studienseminar in Metten 
musstß bald wegen der stets zunehmenden Zahl der Zög- 
linge in zwei Institute getheilt werden, das eine für ver- 
mögiichere, das andere für ärmere Schüler. Dazu kam 
1844 ein bischöfKehes Knabenseminar, welches Bischof 
Valentin v. Riedel von Regensburg dem Stifte anvertraute. 
Die Verwendung zahlreicher Conventualen an den An- 
stalten in München verhinderte lange die Erweiterung 
der Lateinschule zu einer vollständigen Studienanstalt. 
Erst 1847 konnte mit der Errichtung des Gymnasiums 
begonnen und 1850 dieselbe vollendet werden. "Welchen 
Rufes sich diese Erziehungs- und TJnterrichtsanstalt erfreute, 
lässt sich daraus schliessen, dass dieselbe Zöglinge aus 
Oesterreich, Würtemberg, Westphalen, vom Niederrhein, 
aus der Schweiz und selbst aus Schweden und Norwegen 
zählte. Die Zahl der Abiturienten des Gymnasiums seit 
Vollendung desselben beträgt 622. Eine grosse Zahl der- 
selben war am 5. und 6. September 1876 an dieser Stätte 
versammelt, der sie ihre Erziehung verdanken und wo 
sie ihre Jugend so glücklich verlebt hatten, lun in herz- 
lichster Weise das erste Studiengenossenfest zu feiern. 

Eine hohe Bedeutung erhielt Metten durch seine 
Theilnahme an der Gründung der übrigen bayerischen 
Benediktinerklöster: Scheyern 1838, zu dessen erstem 
Abte der Prior von Metten, P. Rupert Leiss ernannt wurde, 
Weltenburg 1842, Andechs 1846 und St. Bonifaz in Mün- 
chen 1850; namentlich aber durch die Gründung einer 
Benediktinercolonie in Nordamerika. P. Bonifaz Wimmer 



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ging 1846 mit einigen Klerikern und Laienbrüdern in die 
neue Welt hinüber und erbaute in der Diöcese Pittsburg, 
Staat Pennsylvanien, das Klösterlein St. Vinzenz, welches 
in kurzer Zeit zu einer herrlichen Abtei und zum Mutter- 
Moster einer ansehnlichen Congregation emporblühte. 

Am 6. Januar 1856 wurde von König Maximilian II. 
der Abt von Metten Gregor Scherr zum Erzbischof von 
München vorgeschlagen und vom heil. Stuhl bestätigt. 
An seine Stelle wurde zum Abte örwählt der Director 
des bischöflichen Knabenseminars P. Utto Lang, der noch 
jetzt das Kloster glücklich und segensreich leitet und 
dem das Glück beschieden worden, in diesem doppelten 
Jubeljahr des Ordens und seines Klosters zugleich auch 
•sein fünfzigjähriges Priesteijubiläum zu feiern. 

Der Convent zählt gegenwärtig einundfünfzig Profes- 
sen, darunter acht Laienbrüder. — Die Klostergebäude 
bestehen aus drei in der Richtung von Süden nach Nor- 
den sich aneinanderreihenden Quadraten; das erste, in 
welches die Kirche mit ihrer östlichen Front hineinragt, 
bilden die eigentlichen Conventgebäude, das zweite die 
■Gebäude der Erziehungs- und Unterrichtsanstalten mit der 
Brauerei, das dritte die Oekonomiegebäude. — Die Stifts- 
kirche, zugleich Pfarrkirche, ist ein in der Anlage zwar 
schöner, aber geschmacklos ornamentirter Renaissancebau 
aus dem vorigen Jahrhundert. Von dem älteren, gothi- 
schen Bau steht noch der von Abt Petrus II. 1451 herge- 
stellte Chor. Den schönsten Schmuck der Kirche bilden 
die herrlichen Gemälde (namentlich die Kreuzwegstationen) 
des Fr. Lucas Schraudolph, der hier in stiller Klosterzelle 
seiu treffliches Künstlertalent dem Dienste Gottes weihte 
(t 1863), und die reich in Gold gefassten Leiber der heil. 
Märtyrer Portunat und Felician, welche unter Abt Adal- 
bert Tobiaschu 1765 von Rom hierher übertragen wurden. 

Möge das Jubeljahr 1880 dem Stifte Metten neuen 
Segen briagen, damit es mit demselben herrlichen Erfolge 
wie bisher auch in Zukunft den edlen Absichten seines 
zweiten Gründers entsprechend ein Asyl bleibe für die 
wahre religiös-sittliche Erziehung und Bildung der Jugend t 

P. GX)DEHABD GeIGEK. 




Qttolbeureii im bayrieclien Kreise Scliwatoen. 

I. Geschichte des Stiftes. 1. Das erste Jahrtausend. 

|n der letzten Woche des Septembers 1864 sah 
Ottobeuren eine grosse, erhabene Feier. Acht 
Tage lang vrarde unter der grössten Betheiligung 
von Nah und Fern das elfhundertjährige Jubiläum 
des -weitbekannten Klosters, des berühmten ehemaligen 
Reichsstiftes Ottobeuren feierlichst begangen. Als Stiftungs- 
jahr kann mit Gewissheit das Jahr 764 — siebenhundert- 
yierundsech^ig — angenommen werden. 

Die ältesten Verzeichnisse weisen als ursprüngliche 
Stiftungsgüter zwölf Ortschaften auf. Diesen nicht un- 
bedeutenden Stiftungsfond vermehrte noch Kaiser Karl 
der Grosse. Er war es, der den ersten Abt Toto 769 in 
Mainz bestätigte mit allen seinen Eechten, der besonders 
das eigene - "Wahlrecht genehmigte. 

Anfangs waren es zwölf Mönche von edlem Geschlechte, 
die nach der Kegel des h. Benedikt in dieser neuen 
Stiftung zusammenlebten. Fünfzig Jahre lang wirkte Toto 
an der Befestigung und Verherrlichung seines Stiftes und 
starb 72 Jahre alt im Jahre 817 eines glückseligen Todes. 
Noch ruhen die Gebeine dieses heüigmässigen Marmes 
im prachtvollen Gotteshause. 

Von den ersten Nachfolgern Totos ist ausser den 
Namen fast nichts hinterlassen. Schon 941 wurde das 
feeie Wahlrecht -zum ersten Male beeinträchtigt, indem 
Adalbero, ein Sdhwestersohn des h. Ulrich, die Abtei als 
Commende erhielt. Ihm folgte bald der h. Ulrich selbst, 
der den h. Leib des Blutzeugen Theodor nach Ottobeuren 
braohte. 

Diesem heiligen Bischof verdankte Ottobeuren ausser- 
gewöhnliche Privilegien j die es 830 Jahre lang behielt, 
von Kaiser Otto I. .grossherzig gegeben. Dafär musste 
das Kloster den dritten Theil des Gebietes an das Keieh 
abtreten, erhielt aber, das freie Wahlrecht wieder. Bald 



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— 521 — 

mehrte sich das Besitzthum des Klosters theils durch 
Kauf, theils durch Schenkung, besonders unter den Schutz- 
vögten der Edlen von Ursin, 

War schon im 11. Jahrhundert ein grosses Sittenver- 
derbnis unter Klerus und Volk eingerissen, so ging das 
Stift unter Abt Heinrich I. (1103—1104) dem Verfall ent- 
gegen. Mit Verschwendung hielten Zügellosigkeit und 
Unordnung gleichen Schritt. In dieser Noth half der 
Schirmvogt Eupert von Ursin. Er vermochte die Kloster- 
gemeinde dahin, den Prior von St. Georg im Schwarz- 
•walde zu berufen, der als Abt Rupert vor allem Zucht 
und Ordnung im Innern wieder herstellte. Er berief aus 
andern Klöstern fromme Männer und beschäftigte seine 
Mönche mit Abschreiben von Büchern. Er gründete auch 
ein Frauenkloster in Ottobeuren, und eine Filiale in der 
Schweiz an den Quellen der Etsch und gab so dem 
heutigen Marienberg in Tyrol sein Entstehen. Abt Rupert 
wurde schon im Leben und nach seinem Tode als Heiliger 
verehrt. Wir besitzen heute noch seine heiligen Gebeine, 
auch ist der Sarkophag vorhanden, in den er bei seinem 
1145 erfolgten Tode gelegt wurde. 

Sein Nachfolger Isingria (1145 — 1180) machte eine 
Wallfahrt nach Rom und liess sich von Eugen IE. alle 
Privilegien und Besitzungen bestätigen. Während seiner 
Abwesenheit brannte das Kloster ab, 1204 wurde schon 
das neue eingeweiht. 

Konrad I., von dem auch noch Reliquien vorhanden 
sind, erhielt Infel, Stab und Ring. Unter ihm brannte 
das neue Kloster und ein Theil des Marktes nieder; viele 
Kostbarkeiten und alte Handschriften gingen zu Grunde; 
auch das Frauenkloster scheint niedergebrannt zu sein. 
Von da an findet man von ihm keine Erwähnung mehr. 
Bald gerieth die Klosterzucht wieder in Verfall; namhafte 
Ortschaffeen wurden verkauft und verpfändet. Abt Eggo, 
Graf von Schwabegg (1404 — 1416), der letzte Adelige, 
wohnte dem Concil von Constanz bei. Da er sich durch 
Vertheidigung seiner Rechte den Hass des Adels zuge- 
zogen hatte, wurde er in seinem Bette erwürgt 

Nach einem guten Haushälter kam ein verschwende- 
rischer Abt, mehr Welt- als Ordensmann, der das Stift der 
Auflösung nahe brachte. Er wurde abgesetzt, und es 



— 522 — 

kam zum ScTiisma, in dem sich Nikolaus Röslin (1479 bis 
1492) behauptete. 

Unter Abt Ackermann (1492 — 1508) "war Kaiser Maxi- 
milian I. zweimal in Ottobeuren. Unter ihm trat P. Nikolaus 
Eilenbog als Novize ein, der mit den gelehrtesten Männern 
seiner Zeit im Briefwechsel stand. 

Ackermann musste abdanken. Ihm folgte Leonhard 
Wiedemann (1508—1546). Schon ein Jahr aach seiner 
Wahl errichtete dieser Abt eine Buchdruckerei im Kloster, 
welche seine Mönche besorgten. Dieser Abt war es, der 
1517 den schönen G-ebrauch einführte, für die Eltern und 
Geschwister eines Mönches nach dem Tode einen feier- 
lichen Grottesdienst zu halten. In seine Regierung fällt 
der Bauernkrieg mit seinen vielen Greueln. Er und viele 
Patres entflohen. Der Schaden, den das Kloster erlitt, 
betrug 20,000 /. Abt Leonhard bot den aus der abge- 
fallenen Stadt Memmingen vertriebenen Klosterfrauen in 
Eldem eine Wohnung. Im Jahre 1541 errichtete er eine 
öffentliche Lehranstalt für die morgenländischen Sprachen, 
unterstützt von den Aebten von Kempten, Weingarten, 
Wiblingen, die später nach Elchingen verlegt wurde. Im 
schmalkaldischen Kriege gingen werthvoUe Schriften von 
Ottobeuren verloren, die nach Füssen gebracht worden 
waren. 

Sein Nachfolger war ein Schweizer, von Stegen bei 
Zürich. Er regierte von 1547 — 1584 und hiess Kaspar 
Kindelmann. Er baute die Stiftskirche neu und die 
Gottesackerkapelle zu St. Sebastian, die heute noch steht. 
Der berühmte Cardinal Otto Truchsess Graf von Wald- 
burg weihte die Stiftskirche ein am 21. Nov. 1558. Unter 
ihm wurde die Rosenkranzbruderschaft errichtet, die heute 
noch besteht und für die in dem Marienpsalter ein neuer 
Frühling angebrochen ist. 

Während des dreissigj ährigen Krieges litt Ottobeuren 
unaussprechlich viel. Abt und Convent waren öfters auf 
der Flucht. In dieser Trübsal bewährte sich P. Jeremias, 
der unerschrockene und heldenmüthige Pfarrer, der in 
diesen traurigen Zeiten für Ottobeuren und die Umgebung 
ein barmherziger Samariter war. Gesunden und Banken 
war er Tröster und Helfer. Verkleidet trug er das Aller- 
heiligste in die entlegensten Hütten. In jüngster Zeit hat 



— 523 — 

ihm ein Ordensbruder in einem schöngeschriebenen Buche 
ein Denkmal gesetzt.*) Er starb 1655 tief betrauert yon 
der ganzen Umgegend. 

Unter Abt Hornstein (1672 — 1688) starb der fromme 
und gelehrte Prior Jakob Molitor, der eia heiligmässiges 
Leben gefuhrt hatte. Unter dem Abte Benedikt entstand 
das Prauenkloster Wald, unweit Ottobeuren, das jetzt die 
englischen Fräuleia bewohnen. In diese Zeit fällt Seba- 
stian Textor, Professor in Salzburg und ein berühmter 
Kanzelredner seiner Zeit. Seiae Predigten verdienen neu 
herausgegeben zu werden. 

Am 8. Mai 1710 wurde Rupert U. gewählt, wohl der 
gfrösste Abt, den Ottobeuren gehabt. Schon 1711 legte 
er den G-rundstein zum jetzigen Riesenbau des "^Klosters. 
Auf die Insel Mainau baute er ein neues Werkhaus. Er 
wurde von Kaiser Karl VI. zum wirklichen kaiserlichen 
Rath und Erbkanzler ernannt. Im Jahre 1713 starb 
Albert Krey, der verdienstvolle Hauschronograph, der eine 
Benediktiner-Legende in vier Quartbänden schrieb. Abt 
Rupert schickte mehrere Patres als Lehrer an das Lyceum 
nach Preising. Ausser vielen Bauten gab er sehr viel 
aus für die Bereicherung der Bibliothek. Er musste dem 
P. Textor und dem berühmten Rechtslehrer P, Fr. Schmier 
in das Grab sehen. 

Am 27. Sept. 1737 legte er den Grund zu der impo- 
santen Kirche, die heute noch eine Zierde der ganzen 
Gegend ist, und starb, 70 Jahre alt, am 20. Oct. 1740, 
nachdem er sein fünfzigjähriges Profess- Jubiläum noch 
gefeiert hatte. 

Der bekannte Prior Peyerabend, der in vier Bänden 
die Chronik von Ottobeuren geschrieben, sagt über seinen 
Tod Folgendes : „Ottobeuren verlor seinen zweiten Stifter 
und einen grossen Yertheidiger seiner Rechte, die Unter- 
thanen und Armen einen noch heute unvergesslichen 
Vater, die Künste und Wissenschaften einen der grössten 
Freunde und Gönner, der Orden eine vorzügliche Zierde 
und die Religion einen tugendvollen Prälaten." 



*) P. Jeremias. Fttr das Volk von V. K. Kuhn, Augsburg, Sohmid- 
sche Bachhaadluug 1879. 



— 524 — 

Mit ihm scUiesst das erste Jahrtausend des Klosters 
ab. In der Reihenfolge "war er der 52. Abt. 

3. Das letzte Säculum. 

Auf den grossen Abt Rupert II. folgte Anselm Eule 
von Ravensburg in Württemberg. Yor seiner Erhebung 
zur Würde des Abtes war er Professor in Fulda gewesen. 
Er zählte 62 Jahre, als er gewählt wurde und regierte 
27 Jahre von 1740 — 1767. Der so grossartige Kirchenbau 
wurde unter ihm mit aller Anstrengung fortgesetzt und 
vollendet. Man wollte bis 1764 fertig werden zur Feier 
des tausendjährigen Jubiläums. Die feierliche Consecra- 
tion konnte erst 1766 vorgenommen werden und mit ihr 
das tausendjährige Jubiläum. 

Die Hauptfeier begann am 28. Sept. 1766 und fand 
am Rosenkranzfeste nach achttägiger Dauer den Haupt- 
schluss. Grossartig wie die Kirche und die tausendjährige 
Vergangenheit war diese Doppelfeier, die dem Kloster 
45,000 /. gekostet hat. Es fanden sich in dieser Jubel- 
woche achtzehntausend Communicanten ein. Der mir 
zugemessene Raum erlaubt eine ausführliche Schilderung 
dieser seltenen Feier nicht. 

Abt Anselm ordnete an, dass im Sommer jeden Soim- 
und Feiertag Nachmittags zwei Stunden Schule gehalten 
wurde. Unter seiner Regierung starb der gelehrte Biblio- 
thekar P. Michael Reichbeck. 

Dieser Kirchenfürst, der so viel Glanz und Pracht um 
sich sah, der die schöne Kirche so reich nach innen aus- 
stattete, der sein fünfzigjähriges Jubiläum im Kreise von 
mehr als vierzig Söhnen feierte, resignirte freiwülig, als 
er 80 Jahre geworden. Ihm folgte als 54. Abt Honorat 
GöM von Immenstadt von 1767 — 1802. Er verwendete 
sehr viel Geld für Strassenbau. Im Jahre 1784 Hess der 
berühmte P. Ulrich Schiegg einen Luftballon steigen, 
was dazumal grosses Aufsehen erregte. Abt Honorat 
war eifeig besorgt für Einführung eines schönen Kirchen- 
gesanges, wobei ihn P. Franz Schnitzer und Theodor 
Klarer bestens unterstützten. 

Yon grossem Interesse auch für weitere Kreise sind 
die Aufzeichnungen des berühmten Volksschriftstellers 
Ludwig Auerbacher, der seine Jugendzeit in Ottobeuren 



— 525 — 

zubracMe. Er sclireibt also*): „Nebst der religiösen und 
wissenscbaftlicben Bildung -vrarden wir auch fleissig und 
gründHch in der Musik geübt. Der Stiftschor -war in 
den Singpartien reichlich besetzt, in den Instrumenten 
genügend ausgestattet. Die besten Kirchenmusiken wurden 
von allen Seiten her verschrieben; der Convent selbst 
hatte früher und noch damals treflÖiche Tonsetzer. Ins- 
besondere aber sorgte der Abt (Honorat), ein Freund der 
alten Kirchenmusik, für italienische Meisterwerke im 
Contrapimkt, die dann an hohen Festtagen von 40 — 50 
Sängern in dem prachtvollen Tempel mit aUer Kraft und 
Präcision ausgeführt wurden. Theodor Klarer, Tonsetzer 
imd Organist, leitete den Chor und verstand Jung und 
Alt durch seine Sanftmuth imd Liebenswürdigkeit iäx die 
Musik einzunehmen und zu gleichem Eifer anzutreiben." 

lieber Feyerabend, dessen Chronik eine verdiente 
weite Verbreitung gefunden, schreibt Auerbacher: „Es 
war ein vorzüglicher Lehrer, der ganz die Kunst ver- 
standen, tms jungen Leuten den Gegenstand ebenso an- 
ziehend als fasslich zu machen. Selbst durchdrungen von 
dem Geiste der Dichter und Redner, wusste er auch uns 
für sie einzunehmen, die Schönheit ihrer Sprache zu 
fühlen, die Erhabenheit der Gesinnung zu bewundern. 
Er lebte und leibte ganz in ihnen. 

„Auch seine Zucht als Präfect der zahlreichen Lehr- 
anstalt war musterhaft. Wir waren nie sicher, zu keiner 
Stunde, weder bei Tage noch bei Nacht, dass er uns 
nicht mit seiner plötzlichen Erscheinung überraschte." 

Von Abt Honorat sagt derselbe Ludvidg Auerbacher: 
„Die Erscheinung dieses ausserordentlichen Mannes, den 
ich in der Nähe zu beobachten Gelegenheit hatte, bleibt 
mir ewig denkwürdig. Er stellte das vollkommenste 
Bild eines kräftigen Regenten und eines frommen Asceten 
dar. Uns Jungen war bekannt, dass er überall mit 
eigenen Augen sah und mit festem Willen alles durch- 
setzte. Wir hatten grosse Ehrfurcht vor ihm, obwohl er 
uns jungen Leuten ferne stand und selten uns mit etwas 
anderm ermahnte, als wir sollten brav sein, aber deutsch 
brav, nicht lateinisch. Wir sahen ihn nie lächeln; 



*) Hi8t.-polit. Blätter, 83. Band, 11. Heft. 



— 526 — 

meistens ging er mit gesenktem Haupte und gesammel- 
tem Geiste durcli unsere Mitte, "wo sicli danai ehrfurchts- 
YoUe Stille überall hin verbreitete. Wir saben in ihm 
das personificirte Sittengesetz, welches er in seinem 
Leben darstellte. Morgens halb 4 IJhr las er die heilige 
Messe. In der anstossenden Bildergallerie betete er sein 
Brevier. Die übrige Zeit, die er nicht dem Gottesdienste 
•widmete, verweilte er in seiner Zelle ; denn in den Pracht- 
zimmem der Prälatur Hess er sich nie erblicken, als 
wenn er, der Eeichsprälat, Audienz ertheilte und Gäste 
empfing, die er mit grosser Güte behandelte." 

Die Philosophie Kants drang damals überall in die 
Klöster ein und drohte wegen ihrer feindseligen Richtung 
nicht geringe Verwirrung anzurichten. Diesem Uebel 
trat Abt Honorat mit allen Mitteln, die ihm zu Gebote 
standen, ernstlich entgegen und erhielt so seine Schule 
rein und frei davon. 

Die Ordnung in der Klosterschule der Benediktiner 
zu Ottobeuren war unter Abt Honorat folgende: Morgens 
5 Uhr stand man auf; nach verrichtetem Morgengebete 
frühstückte man; um 6 Uhr war Privatstudium; um 7 Uhr 
heilige Messe, von 8 — 11 Uhr Schule. Daim begab man 
sich zum Essen. Von halb 1 bis 2 Uhr war Unterricht 
in der Musik, von 2 — 4 Uhr Schule, von 4 — 6 Uhr Er- 
holung und musikalische oder literarische Repetition. 
Um 6 Uhr Abendessen, hierauf Recreation bis 8 Uhr, 
dann Privatstudium und Abendgebet; um 9 Uhr ging 
man zu Bette. So hatte jede Stunde des Tages ihre be- 
stimmte Beschäftigung. Die religiöse Erziehung galt als 
die wichtigste Angelegenheit. Jeder Tag, jede Schul- 
stunde, die Mahlzeiten wurden mit einem Gebete einge- 
leitet und beschlossen. An Samstagen Nachmittags hatten 
die Gymnasiasten eine geistliche Exhortation. Jeden 
Monat gingen alle zu den heiligen Sakramenten. In der 
Charwoche waren dreitägige Exercitien für alle Schüler, 
mit täglich drei Exhortationen, die übrige Zeit wurde 
mit Stillschweigen, Lesung und Gebet hingebracht. Die 
letzten drei Tage tmd das heilige Osterfest verbrachten 
alle mit dem Klerus in den kirchlichen Andachten. 
„Es ist unbeschreiblich," sagt Auerbacher, „welche 
Sammlung des Gemüthes und welche Glaubensstärke diese 



— 527 — 

Octav hervorbrachte. Zeit zu Studien war des-wegen 
doch noch viel übrig; denn die Stunden, die man der 
Eeinigung und Erhebung des Gemüthes widmet, dienen 
ja eben dadurch zur Erholung und Erstarkung des Ver- 
standes." 

Unter Abt Honorat blühte die Klosterzucht und 
Wissenschaft; er selber schrieb mehrere gediegene asce- 
tische Schriften für das Yolk. Die Anstalt war unter ihm 
von 200 Studenten besucht. 

Nachdem er 1801 sein fünfzigjähriges Professjubiläum 
gefeiert, starb er, reich an Verdiensten, 1802, siebzig Jahre 
alt, im 35. Jahre seiner bewegten Eegierung. 

Wohl vpurde Paulus Alt von Wangers kanonisch 
zum Abt gewählt, er wurde auch benedicirt, aber vom 
Eeiche nicht mehr anerkannt. Denn es kam die Säcula- 
risation. Am 1. December 1802 wurde dem Abte das ge- 
druckte Besitznahmedecret der kurbayerischen Eegierung 
überbracht mit dem Bedeuten, dass er sich von nun der 
Eegierungsgeschäfte und der Cameralverwaltung zu ent- 
halten habe. Alles, was nicht nagelfest war, sogar die 
Insignien des Abtes, wurde aufgeschrieben, Archiv und 
Bibliothek geschlossen. 

So erlosch das Stift Ottobeuren, nachdem es unter 
55 Aebten eintausendachtunddreissig Jahre lang eine 
Pflanzschule der Eeligion, eine Zufluchtsstätte für Wissen- 
schaft und eine Wohlthätigkeitsanstalt für die Armen 
gewesen. 

Damals umfasste das Stiftsgebiet 4^^ □ Meilen mit 
1636 Wohnhäusern und 20,000 Seelen. Nach P. Schiegg 
beliefen sich die Einkünfte jährlich auf 130,000 /. Abt 
und Convent (40 Patres und 4 Kleriker) wollten bei- 
sammen bleiben, es wurde ihnen nicht erlaubt, sie er- 
hielten vielmehr ihre Pension, die sie im Lande verzehren 
sollten. Es wurde gern gesehen, wenn einzelne Herren 
nach gemachter Pfarrprüfong sich nach Pfründen umsahen. 

Achtzehn Patres legten ihre Pension zusammen und 
lebten gemeinsam imter dem Abte Paulus fort. P. Klarer 
wurde der erste Pfarrer, die Klosterkirche zur Pfarrkirche 
-gemacht, die bisherige Pfarrkirche zu St. Peter in ein 
Schulhaus umgewandelt. Das laute Chorgebet und die 
Feier der Ordensfeste wurde landesherrlich verboten. Im 



— 528 — 

Jalire 1806 starb P.Dezra, ein eifriger Seelsorger, jahrelanger 
Pfarrer, der zugleich segensreich gewirkt durch die 
Bücher, die er verfasst, 1807 Aht Paulus. Nun blieh P. 
Maurus Feyerabend an der Spitze der Getreuen, bis er 
1808 seinen Mitbrüdern in das Grab nachfolgte. Er liegt 
auf dem Pfarrgottesaeker begraben. „Er war ein Mann 
von ausgezeichneter Gelehrsamkeit, strenger Tugend und 
von unbeflecktem Wandel." Die zärtliche Liebe, mit der 
er seinem Stifte von ganzer Seele zugethan war, bestimmte 
ihn, demselben ein Denkmal zu setzen, dauerhafter als 
Erz, in den schon genannten vier Bänden der Annalen 
von Ottob euren. Er übersetzte die Briefe des h. Cyprian 
und des h. Pabstes Gregor, die in sieben Bänden in 
Kempten erschienen. Im Jahre 1820 starb P. Theodor 
Hader eines höchst traurigen Todes. 

Schliesslich blieben nur noch zwei Patres, Basil 
Müller und P. "Willibald Staader. 

Als im Jahre 1834 König Ludwig I. von Bayern den 
Benediktinerorden wieder einführte, sah auch Ottobeuren 
wieder Söhne des h. Benedikt. P. Basil Müller etlebte 
die Freude, am 13. Mai 1835 Benediktiner wieder ein- 
ziehen zu sehen. Es ward Ottobeuren ein Priorat und 
Filiale von St. Stefan in Augsburg, dessen erster Abt 
Barnabas Huber Ottobeuren noch in seinem Glänze ge- 
sehen hatte. Der erste Prior und zugleich Pfarrvikar war 
P. Gregor Waibel von Einsiedeln, den 1839 P. Fr. Sales 
Müller von Einsiedeln als Pfarrer ablöste, während P. 
Stefan Postelmayer von St. Stefan Prior war. 

Es besteht das Priorat bis zur Stunde fort und wird 
die Pfarrei von Benediktinern versehen. 

Im Jahre 1853 wurden eine Erziehungs- und Beschäfti- 
gungsanstalt für arme und verlassene KJnaben des Kreises 
Schwaben und Neuburg dem zweiten Abte von Stefan 
Theodor Ganganf übertragen, für die der gegenwärtige 
Abt, der hochwürdigste Herr Eafael Mertl — seit 2. Febr. 
1858 — als Vorstand im Jahre 1870 P. Petrus Bauer auf- 
stellte, der zugleich Prior und Oekonom des Hauses ist. 

Möge in Erfüllung gehen, was Rupert I. vorausgesagt: 
Ottobura nunquam ruitura! 

II. Kloster und Kirche. 1) Das gegenwärtige Kloster- 
gebäude. Das Kloster, wie es bis zur Stunde besteht, 



— 529 — 

ein Riesenbau in schönster Symmetrie, hat Eupert II. 
errichtet. Es ist im länglichen Viereck gebaut. Der Grund 
wurde am 5. Mai 1711 gelegt. 

Das ganze Klostergebäude, ron -wahrhaft fürstlicher 
Pracht, auf eiaer niederen Anhöhe und ganz freistehend, 
ist im Westen von eiaem schönen Tannenwalde umrahmt. 
Es bildet ein Viereck von 466 Fuss Länge und 420 Fuss 
Breite. 

Das Gebäude hat drei Stockwerke. Das erste ist 17, 
die beiden anderen sind 15 Fuss hoch. Das Mauerwerk 
ist 6 Fuss dick. Ohne Dach- und Kellerfenster zählt das 
Gebäude 837 Fenster von 8 Fuss Höhe; Zimmer und 
Säle 130. 

In Mitte des Vierecks zieht sich ein Mittelbau hin. 
Durch ihn ist ein innerer Eaum gebildet, der durch einen 
Zwischenbau in zwei Eöreuzgärten getheilt ist. Jeder hat 
einen Springbrunnen, ist 153 Fuss lang und 125 Fuss 
breit. Unter dem ganzen Gebäude ziehen sich Keller- 
gewölbe hin, die zelm Fuss hoch sind. Nach Osten bilden 
sie einen offenen Bogengang. Nach Osten liegt auch der 
Conventgarten, durch den der Mühlbach fliesst, in dessen 
Mitte ein Bassin sich befindet. Er ist 1000 Fuss lang 
und 400 Fuss breit und wird als Gemüse-, Gras- und 
Obstgarten benützt. Der Garten, der sich an die südliche 
Seite anschliesst, ist 350 Fuss lang und 420 Fuss breit. 
Die Oekonomiegebäude bilden gleichfalls ein Viereck und 
sind so breit wie das Kloster. Die herrlichen Beämten- 
gebäude haben 275 Fuss Länge, jetzt Sitz des Oberamts- 
gerichts, des Rentamts und Notariats. 

Alle Gebäude zeichnen sich aus durch Licht, Ordnung, 
Schönheit und Dauer. Ueberall gehen Thür auf Thür, 
Fenster auf Fenster. 

Die Kunst ist buchstäblich verschwendet worden. 
Ln unteren EJreuzgang sind 112 Gemälde mit Darstellungen 
aus dem neuen und mit Vorbedeutungen aus dem alten 
Bunde. 

P. Magnus Bernhard, seit 1857 Seelsorger dahier, 
hat für das elf hundertjährige Jubiläum mit viel Fleiss 
und Geschick ein Büchlein herausgegeben, in dem jedes 
Bild in Kloster und Eörche seine Erklärung findet, was 

Ein Benediktinerbucb. 34 



— 530 — 

es TOrstellt, wie die Untersclirift lautet, -wer es gemalt 
lat und was die Bilder gekostet haben. 

Das grosse Refektorium hat 100 Fuss Länge, ist 
40 Fuss hreit und 16 Fuss hocli und enthält sinnreiche 
Gemälde, auf jeder Seite sechs zwischen den Fenstern, 
auf Leinwand gemalt. Der Plafond und die zwei grossen 
Flächen nach Osten und Süden sind übertüncht. 

Ln westlichen Trakte befindet sich der Kaisersaal, 
der 72 Fuss lang, 45 Fuss breit und 40 Fuss hoch ist. 
Das Plafondbild stellt die Krönung von Kaiser Karl dem. 
Grossen vor, es ist 52 Fuss lang. Es befinden sich im 
Saale 16 vergoldete Holzstatuen römischer Kaiser von 
8 Fuss Höhe. 

176 Oelgemälde auf Leinwand sind in den drei Etagen 
des Conventgebäudes über den Thüren angebracht. In. 
jeder Zelle ist innen ein Gemälde über der Thür imd ein 
grösseres an der Wand. 

Wer könnte zählen all die Bilder, die in den drei 
Kapellen des Klosters, auf den Gängen, in der Bilder- 
gaUerie angebracht waren und theilweise noch vorhanden 
sind? Bischof Zingler von Linz hatte ganz Recht, wenn 
er an König Ludwig I. von Bayern schrieb : „ Ottobeurens 
herrliche Kirche wurde in ihrer Art noch nirgends er- 
reicht, viel weniger übertroflfen ; das Kloster selbst ist 
und bleibt ein Wunder der Baukunst nicht blos in 
Deutschland, sondern auf dem ganzen Erdkreis." Den 
Plan zu diesem herrlichen Klostergebäude verfertigte 
P. Christoph Vogt, Conventual von Ottobeuren und Pro- 
fessor der Architektur auf der Universität Salzburg. 

2) Die Kloster- und Pfarrkirche. Die Kirche ist im 
Eococostyl gebaut. Man kann der genialen Conception 
des Baues, seinen kühnen Dimensionen und seinen wirk- 
samen Verhältnissen die Anerkennung nicht versagen. 
Diese architektonischen Maasse sind so glücklich gewählt, 
dass sie selbst einen Laien in der Baukunst zur Be- 
wunderung hinreissen. 

Die nördliche Seite der Kirche, eine schöne Bogen- 
fa9ade von 140 Fuss Höhe, mit drei Portalen, bietet 
einen prachtvollen Anblick dar. Das grosse Portal ist 
25, die zwei anderen Portale je 15 Fuss hoch. Auf 
sieben Stufen steigt man empor. In der Nische steht 



— 531 — 

die kolossale Statue des h. Benedikt, zu beiden Seiten 
die der h. Patrone Alexander und Theodor. Unter den- 
selben ist der li. Michael, Schutzpatron des ehemaligen 
Gebietes Ottobeuren. 

Heber dem Hauptportale steht auf einer Zupfertafel 
mit grossen goldenen, weithin sichtbaren Buchstaben: 
„Das Haus Gottes und Himmels Porten." Diese ra9ade 
ist zu beiden Seiten durch die Thürme geschlossen, die 
beide 286 Pubs Höhe haben. Es hängen sieben Glocken 
in denselben, yon denen die grösste, „Hosanna", achtzig 
Centner schwer ist. Sie wurde gestiftet zur Erinnerung 
an das elfhundertjährige Jubiläum. Am untern Eianze 
steht als Chronologikon in lateinischer Sprache: „Das 
Vergehen der beklagenswerthen Säcularisation wollen die 
Pfarrkinder Ottobeurens wegen des Jubiläums ihrer Pfarr- 
kirche freudig wieder gut machen." 

Das Fundament der Kirche ist 9 Fuss dick und 30 Fuss 
tief Ton gehauener Nagelfluh. Die Länge der Kirche be- 
trägt 312, die ganze Breite 210 bayrische Fuss, der ganze 
Flächeninhalt, den die Kirche einnimmt, beträgt 24,580 

DFUBS. 

Tritt man durch das grosse Portal in die Kirche ein, 
so macht sie durch ihre Grösse, ihre Bauart, ihre so 
lebendigen \mä frischen Deckengemälde, den rielen Bild- 
säulen und Verzierungen einen geradezu überwältigenden 
Eindruck, den man bei berühmten Kirchen Frankreichs 
und Italiens yermisst. Die drei steinernen, sehr weiten, 
hohen, lichten und nach einer schönen Form aufgespreng- 
ten und geschlossenen Kuppeln verleihen dem Gotteshause 
ein majestätisches Ansehen. 

Chor und Hochaltar stehen gegen Süden. Die zwei 
grossen Kapellen, die den Querbalken des E-reuzes bilden, 
stehen gegen Osten und Westen. 

Der Chor (Presbyterium) ist 100 Fuss lang, 90 Fuss 
hoch und 71 Fuss breit, und ist, wie die ganze Kirche, 
mit Kelheimer Steinen gepflastert, nach der Zeichnung 
von Jakob Zeiler. Der Hochaltar ist mit sechs hohen 
Säulen aus Gypsmarmor geschmückt, der die Höhe des 
Chores hat. Vier Figuren über Lebensgrösse aus Gyps 
und in Alabaster geschliffen erhöhen die Pracht des 
Altars. 

34* 



— 532 — 

Zu beiden Seiten des Presbyteriums stehen je 26 aus- 
gezeiclmet schön gearbeitete Chorstühle aus Nussbaumholz; 
die Arbeit kostete — ohne Holz — 14,620 /. 

Die Rückwände der Chorstühle zieren achtzehn in 
jeder Hinsicht vollendete Basreliefs, aus Lindenholz und 
vergoldet. 

Mit den Chorstühlen harmonisch zu einem schönen 
Ganzen verbunden sind die beiden darüber stehenden 
grossen Orgeln, nach aussen einander vollkommen gleich, 
verschieden nur in der Zahl der Register. 

Die grössere auf der Epistelseite hat 64 klingende 
Register, die auf vier ManuaUen und ein vollkommenes 
Pedal zu 25 Tasten vertheilt sind. 

Die Kraft des Tones der vollen Orgel ist mächtig 
und ergreifend. Unter dem Hauptwerk steht ein lateini- 
sches Chronolog^on, das zu deutsch heisst: „Das tausend- 
jährige Ottobeuren sagt mit freudiger Stimme Gott Dank." 
Der Erbauer war Karl Riezz; sie kostete ohne Material 
31,810 /. 

Sieben Stufen tiefer beginnt das Schiff. Es wölbt 
sich die grosse Kuppel, die einen Durchmesser von 68 Fuss 
hat, in welche die Gebrüder Zeiler als Gemälde die Stif- 
tung der Kirche durch den heiligen Geist gemalt, in 
einer so grossartigen Weise, wie sie selten vorkommen wird. 

Unter dem Triumphbogen steht der Kreuzaltar mit 
einem wunderbaren Kreuzbild, das über 800 Jahre alt ist. 
In einem Missale vom 13. Jahrhundert ist dieses byzan- 
tinische Kreuz schon abgebildet. Ueber dieses Bild, das 
Wallfahrtsbild von Eldem und die vielen Reliquien habe 
ich ein eigenes Büchlein herausgegeben: „Die Heüigthümer 
der Kirche von Ottobeuren." 

Das Gemälde der kleinen Kuppel im Schiffe zeigt 
■ans die Heiligen des Benediktiner-Ordens, welche sich um 
Ausbreitung des Christenthums besonders verdient gemacht 
haben. All die ehrwürdigen Gestalten sehen so frisch 
aus, wie wenn sie erst fertig geworden wären. 

In der Kapelle nach Osten ist das Waüfahxtsbild 
„Maria Eldem" angebracht, imsere liebe Frau in sitzender 
Stellung mit dem Jesuskinde aus gebranntem Thon. Es 
gehört dem Anfang des 15. Jahrhunderts an. 

Ihm gegenüber, in der Kapelle der Rosenkranzbruder- 



— 533 — 

schaffc, steM ein Altar ganz so wie im EHemchor. Beide 
Altäre sind überreich an Reliquien; in diesen Kapellen 
stehen je zwei selir schöne aus Eichenholz gearbeitete 
Beichtstühle mit Basreliefs aus Lindenholz, vergoldet. 

Im Ganzen hat die Kirche sechzehn Altäre; die 
sechs Altäre in den beiden Kapellen sind reich vergoldet. 

In den beiden Seitenschiffen sind vier Epitaphien mit 
den Gebeinen des Stifters Süach und seiner Verwandten, 
alter, hochverdienter Aebte und frommer Mönche, von 
denen einige als Selige verehrt werden. 

Die Sakristei ist sehr hell und schön. Die Kasten 
von Nussbaumholz sind theils eingelegt, theils eingeätzt, 
wie der salomonische Tempel, Kirchen in Rom, Markus- 
kirche in Venedig. In die Kästen der mittleren Sakristei 
sind untern anderm eingeätzt das Amphitheater des Mavius, 
die Bäder des Caracalla, Triumphbogen des Titus, die 
Engelsburg. 

In der gewölbten äusseren Sakristei stehen Omat- 
kästen, die, vielleicht einzig in ihrer Art, wohl zum Kunst- 
vollsten gehören, was die Kirche besitzt. Der Künstler 
hiess Thomas Hindelberger und war evangelischer Con- 
fession, weshalb er vielleicht den Martin Luther und sein 
Kätchen geschnitzt verewigte. 

Kostbar ist der Alexander-Sarg, ein Reliquienschrein 
ganz von Silber, die Gewandung der Figuren zum Theü 
stark vergoldet. 

Der Alexander-Mantel, ein ehrwürdiges Denkmal des 
Alterthmns, ist ein merkwürdiges Gewebe von Seide, in 
dem sich zwischen ganz einfachen Blumen immer die 
nämliche Person wiederholt, die mit einem Löwen kämpft. 
Es ist geschützt dmrch einen karmoisinrothen Ueberzug 
von Damast. Der Ulrichskelch soll vom heiligen Bischof 
IHrich von Augsburg (f 973) gebraucht worden sein. 

Von schöner Arbeit und kostbar ist das sogenannte 
spanische Kreuz mit zwei ansehnlichen Partikeln vom 
Kreuze Christi. Es ist 3 Fuss hoch und ganz von Silber. 
Im Kästchen, auf dem das Kreuz ruht, befindet sich ein 
in Silber gefasster Finger der h. Katharina. 

Das Capitelkreuz, von Silber und stark vergoldet, von 
2 Fuss 6 Zoll Höhe, ist vom Jahre 1741. 

Unter den Paramenten, die aus alter Zeit erhalten 



— 534 — 

blieben, verdienen eine besondere Aufmerksamkeit der 
schöne auf Sammt gestickte rothe und der ebenso reich, 
■und schön auf Atlas gestickte vollständige "weisse Ornat 
mit je zwei Pluvialen. Sie kosteten mehrere tausend 
Gulden. 

Der Bau der Kirche kostete 505,332 /., niaht gerech- 
net das Material, das der Abt selbst lieferte. 

Doch, um den Rahmen nicht zu überschreiten, eile 
ich zum Schlüsse. 

Ottobeuren, ein Marktflecken von etwas mehr als 1400 
Seelen, liegt 2050 Pariser Fuss über dem Meere, unter 
dem 47° 56' nördlicher Breite und unter dem 27° 58' öst- 
licher Länge. Die Pfarrei besteht aus vier politischen 
Gemeinden, hat zwei auswärtige Schulen, umfasst 32 Weiler 
und Einöden und zählt nicht ganz 3000 Seelen. 

Es ist von drei Stationen so ziemlich gleichweit ent- 
fernt, 11 Kilometer, von Grönenbach-Lindau-Kempten, von 
Sontheim- Augsburg-München und von Memmingen, Boute 
Ulm. Nur mit Memmingen besteht täglich zweimal Post- 
verbindung. Ottobeuren ist der Sitz eines Oberamts- 
gerichtes, eines Rentamtes, einer Oberforsterei, eines 
Notariats und Bezirksgeometers , und hat eine Post- und 
Telegraphenstation und einen Arzt. Die Lage im freund- 
lichen Günzthal ist nicht ohne Reiz, die Luft gesund. 
Dank den vielen Nadelwäldern in der Nähe. In zwei 
Stunden kann man in Kempten, in fünf Stunden in München, 
in vier Stunden in Augsburg sein, 

P. Hermann Koneber&, 
Pfarrer. 




Das Piiorat Sclieftlam. 

a einem anmutldgen, von der Isar durchströmten, 
tiefen Thale liegt am linken Ufer dieses Flusses, 
etwa 600 Schritte von demselben, das Kloster 
Scheffclam, von der Hauptstadt München 21 Küo- 
m.eter südlich entfernt. Von dieser Hauptstadt führt der 
"Weg auf dem linken Isarufer auf der über Wolfiratshausen, 
Benediktbeuern, Kochel, Wallersee und Mittenwald nach. 
Innsbruck ziehenden Landstrasse durch Sendung und 
Bayerbrunn; aber auch auf dem rechten Ufer kann man 
"über Harlaching durch Grünwald und den dortigen Park 
dahin gelangen. 

Laut des in dem im Jahre 1767 erschienenen, achten 
Bande der von der Königl. Akademie der Wissenschaften 
zu München herausgegebenen Urkundensammlung (Monu- 
menta boica) Seite 363 abgedruckten Stiftungsbriefes ent- 
stand das Kloster Scheffclarn im Jahre 762. In diesem 
Jahre gründete der Priester Waltrich, aus edler Familie, 
welcher als Pfarrer von Deining angegeben wird, mit 
Bewilligung und Beihülfe des Herzogs Thassilo H. von 
Bayern aus seinem ansehnlichen Erbgute unter Bei- 
stimmung seiner Eltern und seiner andern Miterbbe- 
xechtigten an dem Orte Scheftlarn (Sceftilare) , vorher 
auch Pipinbach genannt, ein Gotteshaus zu Ehren des h. 
Dionysius, welches Bischof Josef von Freising (f 764) 
einweihte, und baute ein Kloster Benediktiner-Ordens dazu, 
in das er als erster Abt eintrat. Das Kloster wurde im 
Jahre 955 von den Hunnen (Ungarn) zerstört. — Erst im 
Jahre 1140 wurde es durch den Bischof Otto, den Grossen, 
von Freising, Sohn des h. Leopold, Markgrafen von 
Oesterreich, wieder hergestellt und regulirten Chorherren 
des Prämonstratenser- (Norbertiner-) Ordens eingeräumt. — 
Bis zum Jahre 1598 hatten die Vorsteher des Klosters die 
Benennung als Pröbste; in diesem Jahre aber erhob es 
Pabst Clemens IE. zur Abtei und verlieh den Aebten 
Inful und Stab. Der 41. Probst Leonhard III. war der 



— 536 — 

Erste, -welclier mit dieser Würde bekleidet -wurde. — Im 
Jahre 1527 Trarde das Kloster durch Brandunglück ganz 
eingeäschert, aber von dem Pabste Georg n. -wieder er- 
baut. Im dreissigjährigen Kriege erlitt es durch die 
Schweden eine neue Zerstörung. 

Unter dem Abte Melchior Schütz (f 1719) wurde im 
Jahre 1705 der Bau des noch stehenden herrlichen und 
sehr geräumigen Klostergebäudes nach der Zeichnung des 
Münchener Malers und Baukünstlers Andreas Wolf (f 1716) 
und unter seiner Direction begonnen und im Jahre 1764 
ganz vollendet. Dasselbe hat eine sehr gefällige Fa9ade, 
grosse, prächtige Säle, schöne, sonnige, hohe Zimmer, 
freundliche hohe und breite Gänge. 

Der Bau der grossen, zweckmässigen Klosterkirche 
zu Ehren des h. Dionysius wurde im Jahre 1733 nach 
dem Plane des kurfürstlichen Baumeisters Couvilier zu 
München begonnen, dann aber nach Abänderungen des 
Baumeisters Gunezrainer völlig ausgeführt. Verziert mit 
Freskomalereien und Stuccaturarbeiten, 171 Schuh lang 
und 78 Schuh breit, hat sie einen hübschen Hochaltar 
mit dem Bilde der Himmelfahrt Maria von dem kurfürst- 
lichen Hofmaler und Gallerieinspektor Albrecht in Mün- 
chen und 6 Seitenaltäre und ist ausser dem auf Marmor- 
säulen ruhenden Musikchore auch auf beiden Seiten des 
Choraltares mit geräumigen Oratorien versehen. — Es 
befinden sich in dieser Kirche die Grabstätten des Ritters 
Konrad von Bayerbrunn, Feldobersten des Kaisers Lud- 
wig des Bayern, welcher in der Schlacht bei Ampfing 1 322 
den rechten Flügel der Bayern führte, des Letzten seiaes 
Stammes, des Ritters Schweiker von Gundelfigen, des 
Wemher Rechlinger von Haltenberg am Lech und anderer 
Zeitgenossen derselben. 

Das Kloster Scheftlam kam durch Schenkungen, Ver- 
mächtnisse und fromme Gaben aller Art zu sehr ansehn- 
lichem Reichthume. Alle Ortschaften in der Umgebung, 
welche dermal noch im Umfange der Pfarrei Scheftlam 
liegen — Hohenscheftlarn, Bayerbrunn, Irschenhausen, 
Neufahm, Zell und Ebenhausen — gehörten zu dessen 
Besitzungen; auch das Pfärrdorf Deining am rechten Isar- 
ufer, desgleichen die Ortschaften Percha am Stamberger- 
See, an dessen Ausflüsse es auf der Wurm auch das 




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— 537 — 

Fisclirecht besass, Buchliof, Hammertshausen etc. Sehr 
bedeutende Oekonomiegüter hatte es an den Schwaigen 
zu Hornstein und Ebenbausen. Auch der durch den be- 
rühmten grossen Viehmarkt jährlich am 1. Montag im 
September allgemein bekannte "Weiler Keferlohe, drei 
Stunden von München auf dem Wege nach Zomeding, 
war zum Kloster gehörig. Kaiser Ludwig der Bayer ver- 
lieb demselben im Jahre 1331 aus Zuneigung für den 
Probst EonraJ Sachsenhausen, seinem vertrauten Rathe, 
den Zoll an diesem Orte. Bei München besass es den 
Konradshof, dessen Grundstücke auf der Anhöhe um die 
Dachauerstrasse zum Theil in den Münchener Burgfrieden 
sich erstreckten. In der Stadt München selbst hatte es 
ehemals ein Haus an der vormaligen hintern Schwabiuger- 
gasse, mehrere Häuser in der Neuhausergasse, welche im 
Jahre 1582 zur Erbauxmg des JesuitencoUegiums erkauft 
wurden, imd zuletzt noch ein Haus auf dem Eindermarkt 
neben dem ehemaligen Euffini-Hause, welches erst nach Auf- 
hebung des Klosters in bürgerliche Hände verkauft wurde. 

Auch an geistiger Thätigkeit und wissenschaftlichem 
Sinne fehlte es den Bewohnern des Klosters Scheftlam 
nicht; die Bibliothek des Klosters gehörte bald zu den 
reichsten und berühmtesten des Landes. Es ist noch ein 
Verzeichnis von Büchern, welche das Kloster bereits im 
12. Jahrhundert besass, vorhanden; dasselbe weist viele, 
ansehnliche Werke auf. Yon da an wuchs die Zahl der 
Werke in unglaublicher Raschheit. Bei der Aufhebung 
des Klosters im Jahre 1803 war die Bibliothek daher so 
reich an Kostbarkeiten, Handschriften imd Inkunabel- 
drucken, dass aus Scheftlam 180 Handschriften, 314 Inku- 
nabeln und 1082 Bücher in die Hof- und Staatsbibliothek 
nach München wanderten. (Aretia: Beiträge I, 1, 94.) 

Das ist gewiss eia rühmliches Zeichen wissenschaft- 
lichen Strebens in diesem Kloster. 

Dem Abhänge des auf der Westseite des Klosters 
sieb erhebenden, ganz bewaldeten Berges entspringen 
reiche Mineralquellen seifenhaltiger Beschaffenheit, deren 
Wasser sich im Gebrauche sowohl zum Baden als zinn 
Trinken heilkräftig bewährt. Diese Quellen waren schon 
seit den ältesten Zeiten in der Gegend bekannt, sind, 
aber, so lange das Kloster bestand, zu keiner eigentlichen 



— 538 — 

Badeanstalt benützt -worden. Die Erriclitung einer solclien 
"war erat der neuern Zeit vorb ehalten. 

Nach, den genauen chemischen Untersuchungen des 
Terstorbenen k. b. Medicinabathes Dr. Graf enthält das 
Mineralwasser zu Scheftlarn kohlensaures Laugensalz, 
kohlenstoffsaure Kalkerde, schwefelsaure Talgerde, salz- 
saures Laugensalz und etwas Eisentheile. Durch die 
chemische Verbindung solch wirksamer Bestandtheile hat 
sich der Badgebrauch dahier nach vieljähriger Erfahrung 
besonders heilsam erprobt: bei Verschleimung der Brust 
und des Unterleibes, Verdauungsbeschwerden, Magen- 
krämpfen, Hämorrhoiden, Gricht, Hautausschlägen, Flechten, 
Sand und Gries, Drüsenverhärtung und selbst bei Läh- 
mungen. Diese wohlthätigen Wirkungen werden durch 
gelinde, reine und stärkende Gebirgsluft in dem lieblichen 
Isarthale noch mehr befördert. 

Bei der allgemeinen Säcularisation der Klöster in 
Bayern im Jahre 1803 wurde, wie bereits angedeutet, 
auch Scheftlarn aufgelöst. Der letzte Abt, seit dem Jahre 
1140 der fünfzigste, war Gottfried Spindler, erwählt am 
11. Januar 1776. Voll Schmerz zog er nach Aufhebung 
des Klosters in seine Heimat Luhe, wo er am 29. März 
1809 starb. Die Zahl der Religiösen belief sich damals 
auf dreissig. 

Das Vermögen des Stiftes wurde nun zum Staatsgute 
eingezogen, die Klosterkirche als Pfarrkirche beibehalten, 
die Pfarrei aus dem Staatsärar neu dotirt und das auf 
der Anhöhe westlich vom Kloster gelegene ehemalige 
Klosterrichterhaus zur Pfarrwohnung bestimmt, der Schule 
aber nebst der Wohnung des SchuUehrera verblieb das 
Gebäude unter demselben dem Kirchenportale gegenüber. 
Als erster Pfarrer der neuorganisirten Pfarrei wurde der 
Bxreligiose des aufgelöstenPrämonstratenserkLosters, Adrian 
Frohwieser (f 6. Juli 1821), angestellt, welcher bei seiner 
Pfarrgemeinde in hohem Grade beliebt war. 

Die übrigen Klostergebäude mit dem Bräuhause, den 
zwei Klostergärten, den zur Oekonomie gehörigen Grund- 
stücken, zusammen mit Einschluss des Klosterhofes etwas 
über 169 Tagwerk und den zunächst gelegenen Waldungen 
zu 300 Tagwerk wurden in Privathände veräussert. 

Die Klostergebäude mit allen Grundstücken und 



— 539 — 

Waldungen -wurden im Versteigerungs-wege vom Staate 
um die geringe Summe von 36,800 /. verkauft und "weclisel- 
ten bis zum Jahre 1845 mehrmals ihren Besitzer; es wurde 
in ihnen eine Badeanstalt und eine Fayencefabrik errichtet. 
Bndlich zogen in dem eben genannten Jahre -wieder 
Ordenspersonen in diese so lange profanirten Räume ein. 
Die englischen Fräulein zu Nymphenburg kauften das 
Kloster nebst Bad und Einrichtung, den Gärten und 
Waldungen, restauricteu es mit Geschick, bauten eine 
zierliche Hauskapelle und errichteten ein Pensionat für 
Mädchen, das sich grossen Beifalls erfreute. Aber sie 
thaten nur den Dienst der Pioniere für die Söhne des 
h. Benedikt, sie bereiteten den ersten Be-wohnern der 
Stätte -wieder die Wege. 

Schon früher -war das Oekonomiegut sowie das Bräu- 
haus sammt den über die ganze Thalebene ausgebreiteten 
Aeckern und Wiesen, nebst einem ansehnlichen Theile 
der Waldungen, im Ganzen gegen 400 Tagwerk, durch 
Kauf in den Besitz des Gastwirthes Johann Lautenbacher 
gekommen, dessen Enkel, Herr Sebastian Lautenbacher, 
diese Realitäten zur Zeit inne hat und dieselben im besten 
Zustande hält. 

Im Jahre 1865 beschloss der höchstselige König 
Ludwig I. von Bayern in hochherziger Absicht noch ein 
Benediktinerkloster in Bayern zu gründen, -wählte dazu 
Scheftlarn, kaufte das Klostergebäude nebst ungefähr 
170 Tagwerk an Grundstücken und Waldungen von den 
englischen Fräulein um die Summe von 92,000 /. und be- 
stimmte ausserdem noch 50,000 /. als Stiftungskapital. 

So zogen denn am 22. Mai 1866 -wieder die Söhne 
des h. Benedikt unter ihrem Prior P. Benedikt Zenetti 
aus der Abtei St. Bonifaz in München in diese heilige 
Stätte ein, aus der ihre Ahnen vor 900 Jahren vertrieben 
■worden -waren. Das Kloster ist als Abtei gegründet und 
bleibt nur, bis die erforderliche Anzahl Conventualen vor- 
handen ist, Priorat. Als im Jahre 1872 der hoch-würdigste 
Abt von St. Bonifaz, der leider zu früh verstorbene Dr. 
Daniel Bonifaz von Haneberg, zum Bischof von Speier 
ernannt -war, wählten die Conventualen von St. Bonifaz 
den Prior von Scheftlarn zu ihrem neuen Abte, welcher 
nach 6j ähriger treuer und eifriger Leitung der Kloster- 



— 540 — 

gemeinde das ihm lieb gewordene Scheftlam verliess, xaoa. 
die Leitimg der Abtei St. Bonifaz zu übernehmen. Auf 
ihn folgte der jetzige Prior P. Thaddäus Brunner aus 
dem Stifte Metten; unter seiner Leitung stehen zur Zeit 
15 Religiösen. 

Nach dem Kalender für kath. Christen, Sulzbach 1856. 

P, Th. Bbdnneb, 
Prior. 




Stift Scheyem. 

|as Kloster Scheyern liegt im Kreise Oberbayem, 
in der Erzdiöcese München-Freising, eine Stunde 
westHcb vom Städtclien Pfaffenhofen und der 
Babnverbiudung Müncben-Ingolstadt, in hügeliger 
fracbtbarer Landschaft. 

Es verdankt seiue Entstehung den fironunen Be- 
mühungen einer Gräfin Haziga, welche mit Hufe ihres ersten 
Gemahls, Hermann von Castel, zu Bayrischzell in den 
bayrischen Vorbergen im Jahre 1077 eine klösterliche 
Niederlassung erbaute, und sich vom gefeierten Abte 
"Wilhelm von Hirschau zwölf Väter und zwölf Brüder erbat. 

Im Jahre 1087 wanderte die junge Gemeinde in das 
zwei Stimden entfernte, günstiger gelegene Fischbachau, 
wo Haziga grössere Gebäude zu Ehren des heiligen Mar- 
tinua und eine Kirche zu Ehren der seligen Jungfrau hatte 
errichten lassen. Erchimboldus (1096 — 1111) war der 
erste Abt. Der Pabst Paschal H. bestätigte im Jahre 1103 
die neue Stiftung. Das Kloster wird unter den beson- 
deren Schutz des apostolischen Stuhles genommen, die 
freie Wahl der Aebte gewährleistet imd am Schlüsse die 
väterliche Ermahnung beigefügt: „Ihr nun, geliebte Söhne 
in Christo, müsst den Hebungen des klösterlichen Lebens 
mit allem Eifer und mit aUer Andacht obliegen. Denn 
da ihr entrückt seid dem Geräusche der Welt, so sollt 
ihr mit ungetheüten Kräften des Geistes und des Leibes 
nach dem Wohlgefallen Gottes trachten." 

Haziga war in zweiter Ehe mit Otto aus dem alt- 
berühmten Geschlechte der Grafen von Scheyem ver- 
mählt; er und die drei Söhne dieser Ehe theilten die 
fromme Gesinnung der Mutter. Graf Otto brachte dem 
Kloster Reliquien des heiligen Martinus zu imd einen 
Finger der heiligen Maria Magdalena, der noch jetzt zu 
den vorzüglichsten Heiligthümem Scheyems zählt. 

Da aber Fischbachau noch immer abgelegen und die 
Verhältnisse zu beschränkt waren, so wurde das Hoster 



— 542 — 

durch die Bemühiiiigeii der drei Söhne der Haziga zuerst 
nach Petersherg an der Glon verlegt, und endlich durch 
gemeinsame Uebereinstimmung der alte Stammsitz des 
edlen Hauses, das noch heute über Bayern herrscht, die 
Burg Scheyem selbst in ein Kloster verwandelt und den 
Mönchen von Petersberg übertragen. 1119 begann zu 
Scheyem das klösterliche Leben. Witteisbach und Dachau 
■waren von da an die Sitze des Geschlechtes, aber noch 
lange Jahre blieb Scheyem die gemeinsame Begr'äbnis- 
stätte. Hier liegen die Herzöge Otto von Witteisbach, 
Ludwig der Kelheimer, Otto der Erlauchte begraben, hier 
ruht Haziga mit ihrem Gemahle Otto, von Fischbachau 1127 
übertragen, damit sie, wie es auf dem Steine heisst, zwi- 
schen den Chören und dem Gesang der Brüder ihre süsse 
Ruhe fänden. — Fischbachau blieb fortwährend eine Fi- 
liale von Scheyem. 

Der erste Abt in Scheyem war Bruno (1111 — 1126), 
ausgezeichnet durch Adel wie durch Frömmigkeit; er war 
ein Geschwisterkind Kaiser Heinrichs T., vom Kloster 
Hirschau auf Bitten der Brüder gesendet. Auf Ansuchen 
der Stifter bestätigte Kaiser Heinrich V. dem Kloster 
Scheyem alle Besitzungen und Gerechtsame in einer Ur- 
kunde vom Jahre 1124, und setzte schwere Strafen auf 
alle Verletzungen der guten Rechte. „Wer mit offener 
Gewalt oder List dem Kloster, was sein ist, entreisst, der 
soll bei kleinerer Beschädigung drei, bei grösserer zehn 
Talente an die kaiserliche Kammer bezahlen und allen 
Schaden ersetzen. Wenn aber Jemand aus königlichem 
Geschlechte, was fem bleiben möge, auf Anstiften des 
bösen Feindes durch irgendwelchen böswilligen Kunstgriff 
diese Urkunde nichtig zu machen sich untersteht, den 
möge, wie die Stifter bitten, Gott ausschliessen aus der 
Gemeinschaft der Kinder Gottes und der Erben des ewigen 
Lebens, und wenn er nicht in sich geht, so mögen ihm 
Petrus, der die Schlüssel des Himmelreiches hält, und der 
heilige Martinus und die ganze himmlische Heerschaar 
ewig den Eintritt ins Paradies verwehren." 

Das Kloster zählte von 1096 — 1803 im Ganzen 48 
Aebte. . Auf Bruno folgten rasch vier Aebte unter schwie- 
rigen Verhältnissen. 

Die Regierung des siebenten Abtes Ulrich (1135 bis 



— 543 — 

1160) ißt dadurch ausgezeiclinet, dass durch den frommen 
Grafen Conrad von Dachau im Jahre llö7 ein ansehnlicher 
Splitter vom wahren Kreuze Christi von 18 cm 
Länge und fast 1 cm Breite nehst zwei Quertheilen nach 
Scheyern kam; dieser bildet his auf den heutigen Tag die 
Zier und den Ruhm des Ortes. Am Feste der Kreuzerfin- 
dung kommen alljährlich aus Nah und Fem Schaaren von 
Wallfahrern, und jeden Freitag findet sich eine Zahl An- 
dächtiger zur Verehrung des h. Kreuzes ein. Die Urkunde 
des Patriarchen von Jerusalem sagt: „Wer aus Sehnsucht 
des Herzens oder infolge eines Gelübdes das Grab des 
Herrn in Jerusalem besuchen möchte, aber wegen Krank- 
heit, Armuth oder sonstiger Hindernisse einen so weiten 
,und gefahrvollen Weg nicht machen kann, der soll vor 
diesem Kreuze nach bestem Vermögen das Opfer des 
Lobes bringen und irgend eine Gabe Gott dem Herrn 
und seinem glorreichen Grabe widmen; dann soll er des 
Gelübdes entbunden sein und so viel Verdienst haben, 
als wenn er vor dem Grabe des Herrn gebetet und seine 
Gabe gebracht hätte." 

Die nächsten Jahrzehnte waren für das Kloster eine 
schlimme Zeit. Von 1170—1200 wurden die Gebäude 
zweimal ein Raub der Flammen; die Vermögensverhält- 
nisse kamen in grosse Unordnung; mehrere Aebte legten 
ihre Würde freiwillig nieder. Hervorzuheben ist der 
12. Abt Heinrich, 1229—1259. Unter ihm lebte Conradus, 
genannt philosophus , deir nebst vielen andern die Annalen 
von Scheyern schrieb. Abt Heinrich erbaute den massiven 
Thurm, der noch jetzt das Wahrzeichen von Scheyern 
bildet, und erhielt gegen das Ende seines Lebens von 
Pabst Alexander IV. die Befugnis, Infiil und Stab zu 
tragen. Unter dem 16. Abte Friedrich, 1281—1291, war 
das Kloster, das regelmässig etwa 24 Patres und 6 bis 
10 Fratres zählte, fast ganz verlassen. Aber die bayerischen 
Fürsten, die in Scheyern ihren alten Stammsitz und. die 
Begräbnisstätte ihrer Ahnen verehrten, kamen der be- 
drängten Lage des Klosters, das sie immer als „ihr be- 
sonder Stift" betrachteten, grossmüthig zu Hülfe. Eine 
Anzahl Pfarreien in den Diöcesen Freising und Augsburg 
wurden mit allen Einkünften dem Kloster zugewiesen. 
So schenkte Kaiser Ludwig der Bayer 1318 die bedeutende 



— 544 — 

Pfarrei der "benaciitarten Stadt Pfaffenliofen. „Wir haben 
angeselieii," sagt er, „die grosse Gunst und andächtigen 
Wülen, den unser Yordern selig Herzog in Bayrn dem 
Erbam Gottsbauss zu Scbeim gehabt habent, als sie wol 
erzaigten an ihr selbes Gräbnuss, die sie mange Jahre da 
hetten." Auch übertrug er dem Eloster die Gerichtsbar- 
keit mit Ausnahme der Fälle, „die zum Todt gehörent"; 
in dem Verleihungsbriefe heisst es: „Zu allen Zeiten 
haben wir Klöster und geistliche Leuthe, die Gott dienent, 
in unsern besondern Gnaden und Schirm unzher gehabt 
imd wollen förbass ewiglichen gerne haben. Weil nun 
das Eloster oder Abt und Convent zu Scheirn, die Gott 
zu aUen Zeiten mit ihrem Gebett und ihrem Sänge und 
gutem Leben fleissiglich dienen, an ihren Leuthen und 
Gütern, als wir wohl gesehen und vernommen, unzher 
grossen Schaden genommen haben, so haben wir ihnen 
durch Gott und unser Seele Heil, und dass sie Gott dester 
bass mit allen guten Dingen dienen raöchten, die Gnad 
gethan, dass sie fürbass ewiglichen das Eecht thun sollen 
von allen ihren und ihres Gotteshauss Leuthen." 

Bei der Bestätigung der Uebertragung der Pfarrei 
Pfaffenhofen giebt der Bischof Heinrich TOn Augsburg 
1339 dem Kloster das Zeugnis, dass ia demselben „das 
Lob Gottes fleissig gesungen und die Gastfreundschaft 
edelmütig und andächtig gegen Jedermann geübt werde". 

Markgraf Ludwig der Brandenburger übergab 1356 
dem Kloster die Pfarrei des Marktes Vohburg an der 
Donau mit der Bedingung, dass für sein, seiner Vor- 
fahren, deren so viele in Scheyern begraben seien, seiner 
Nachkommen ewiges Heil alltäglich, ohne dass irgend 
eine Entschuldigung gelten sollte , am Altare der heiligen 
Jungfrau Margaretha eiae Messe mit Andacht verrichtet 
werde. Der Wille des Stifters wird bis auf den heutigen 
Tag getreulich erfüllt. 

Sehr schön zeigt sich auch die edle Gesinnung und 
treue Fürsorge der bayerischen Fürsten in dem Briefe, 
in welchem die Herzöge Ernst und Wilhelm „am Tage 
St. Lucien" 1431 dem Kloster alle früheren Freiheiten 
bestätigen: „Damit sie," heisst es, „all ihr Nachkommen 
und ünterthanen Gott den Allmächtigen und die werthen 
Mutter Marien treulich bitten wollen, dass sie uns imd 



— 545 — 

allen den unsern Terleilien und zufügen dass uns nutz 
sei zu Seele und Leib; — nachdem -wir -vvolil wissen, dass 
von Gott dem Allmächtigen und auch den heiligen Päpsten 
des Stuels zu Rom die Priesterschaft und geistlichen er- 
gebenen Leuth für andere Leuth angesehen und gefireyet 
seien, nicht allein in dieser vergänglichen Welt, sondern 
dort im ewigen Leben; — seydt auch der von Scheim 
und sein Convent gemeiniglich nicht anders begehren 
dann bülicher und rechtlicher Sach; — und seydtemalen 
xms Gott der Allmächtige zu Fürsten beschaffen hat und 
jeden Fürsten und Regierer eines Yolkes und Landes 
zugehört, das Liecht der Gerechtigkeit zu führen und 
lieb zu haben, dass all die Seinen jetzt und in künftigen 
Zeiten ein Ebenbild darab nehmen und den Puesstritten 
der Gerechtigkeit nachfolgen — so bestättigen und be- 
kräftigen wir mit diesem unsern Brieff all die Brieff, 
Freiheit, Recht, Gnad und gute Gewohnheit für uns, 
unsere Erben und Nachkommen ewiglich." 

Einer der ausgezeichnetsten Vorstände des Klosters 
war am Ausgange des Mittelalters der 31. Abt Georgius 
(1467 — 1489). Von ihm wird gesagt: Er war eine reine 
Seele, nüchtern und keusch; die Frömmigkeit war ihm 
angeboren, milde war sein Herz und voll Erbarmen; 
seine Güte machte ihn allen lieb; streng war nichts als 
sein Eifer für die Bewahrung der klösterlichen Zucht. 
In zeitlichen Dingen war er überaus glücklich; Bücher 
schrieb er nicht wenige zur Erbauung und Belehrung 
der Brüder. 

Unter seinem zweiten Nachfolger Johannes (15.05 bis 
1535) schrieb der Vater der bayerischen Geschichte, Aventin, 
die Jahrbücher von Scheyern, in welchen er dem Abte 
Johannes das höchste Lob der Tugend und Gelehrsamkeit 
widmet. Der 36. Abt Gregorius (1558 — 1574) erbaute die 
ansehnliche Stiftskirche, wie sie noch jetzt zu sehen ist. 

Dessen zweiter Nachfolger Abt Stephanus (1610 — 1634) 
setzte Aventins Annalen fort bis auf seine Zeit und kostete 
bereits die Anfänge des dreissigj ährigen Krieges. 

1632 kamen die Schweden nach Scheyern, das Kloster 
wurde geplündert, ein Frater erschlagen, nur durch eine 
schwere Summe wurde die Einäscherung abgewendet. Der 
Abt starb 1634 in Fischbachau. Sein Nachfolger Gorbinian 

Ein Benediktinerbuch. 35 



— 546 — 

(1634 — 1650) sah durch die Drangsal der Zeiten die Seinem 
immer mehr zusammenschmelzen. In dem Entlassungs- 
schreiben der Väter. Ton 1641 heisst es: „Seit drei Jahren 
mussten -wir wegen der feindlichen Einfälle siebenmal 
von hier uns flüchten, und jetzt sehen wir zu unserm 
Schmerze uns wiederum gezwungen, zum Wanderstabft 
zu greifen." 

Nach dem Kriege erholte das Kloster sich rasch 
wieder unter der Leitung von einer Reihe ausgezeichneter 
Aebte. Der 40. Abt, Gregorius (1658 — 1693), vor seiner 
Erhebung Lehrer des kanonischen Rechtes in Salzburg, 
suchte das wissenschaftliche Streben unter den Seinigen 
auf jede Weise zu fördern. Das Kloster erwarb sich bald, 
durch die Gelehrsamkeit seiner Mitglieder einen rühm- 
lichen Namen und die ehrenvolle Bezeichnung „Schule 
der Gelehrten". Seitdem finden wir Glieder des Convents- 
in Scheyem auf den Lehrstühlen der Hochschulen in Ingol- 
stadt und Salzburg, und eine Reihe von Namen werden 
als Yerfasser gelehrter Werke überliefert. — Dem Abte 
Gregorius gelang auch nach langen Bemühungen die Grün- 
dung der bayeri sehen Benedikt iner-Congregation, 
in welcher sich 19 bayerische Benediktinerklöster zu ge- 
meinsamen Statuten, gemeinsamem Noviziate und zu gegen- 
seitiger Hülfe verbanden. Das Noviziat war vielfach in 
Scheyem. — Das Kloster bewahrte seinen guten Stand 
und seinen untadeligen Ruf bis zu seinem letzten Abt 
Martinus (1793 — 1803); dieser war gelehrt und fromm; aber 
er sah wenig Gutes. Zuerst kamen die Drangsale des 
Krieges, und endlich der schwerste Schlag, dass am Feste 
des h. Benediktus 1803 das blühende Kloster dem allge- 
meinen Sturme zum Opfer fiel. — Die Yäter zerstreuten 
sich; der Abt selbst wollte nicht von der Stätte scheiden,, 
an die sich seine freudigen und seine schmerzlichen 
Erinnerungen knüpften; er starb 1807 in einem Hause des 
Dorfes. Ein anderer Pater leitete die Pfarrgemeinde 
Scheyem bis ziir Wiederherstellung des Klosters. Die 
kostbare alte Bibliothek wurde theils zerstreut, das Werth- 
voUste kam nach München, Einiges wurde dem neuen 
Kloster zurückgegeben. 

Die ausgedehnten Gebäude, der bedeutende Grund- 
besitz, der umfangreiche herrliche Wald gingen von 



— 547 — 

1803—1838 durch fünf Hände. Da gedachte der edle 
König Ludwig I. der Stätte, wo die Wiege seiner Almen 
stand, wo sie ilire letzte Euhe gefimden; er brachte 1838 
den ganzen Besitz käuflich an sich, liess die verfallenden 
Gehäude in Stand setzen und ühergab mit grossmüthiger 
Freigebigkeit alles Ton neuem den Benediktinern. Aus 
dem etwas firüher wieder hergestellten Kloster Metten 
wmrden drei Patres berufen, und wie nur einmal wieder 
die alten Lieder in den alten Mauern erklangen, da schien 
neues Glück und neues Leben in dieselben zurückzukehren^. 
Unter der weisen Leitung des ersten Abtes Rupert, eines 
ebenso fironunen als einfachen und gelehrten Mannes, 
blühte das klösterliche Leben nach innen und wuchs der 
Wohlstand nach aussen; und als er 1872 in hohem Alter, 
betrauert Ton Allen, starb, da geleiteten 19 Patres imd 
7 Pratres ihren ersten Vater zur letzten Ruhe. 

Der gegenwärtige Abt Rupert II., der zugleich Präses 
der wiederhergestellten bayerischen Benediktiner-Congre- 
gation ist, Hess während drei Jahren die alte Stiftskirche 
einer gründlichen einheitlichen Restauration unterwerfen 
und die oberen Seitenwände des Hauptschiffes mit Dar- 
stellungen aus dem Leben des h. Benediktus, das Gewölbe 
mit drei grossen Gemälden, die Verherrlichung des Kreuzes 
darstellend, schmücken. 

Mit dem neuen Kloster ist nur die Pfarrei Scheyem 
TOn etwa 2400 Seelen verbunden. Ebenso ist hier eine 
erzbischöfliche Studienanstalt mit fünf Lateinklassen und 
etwa 100 Schülern, die von den Patres geleitet und unter- 
richt-et werden. 

Prof. Al. Habtl. 



35' 




St. Stefan in Augsburg. 

Jur Zeit, da der h. Ulrich den biachöfliclien Stuhl 
von Augsburg innehatte, soll nach alter Ueber- 
lieferung die Kirche des h. Stefan ausserhalb 
der alten Stadtmauern, welche sich noch jetzt 
theüweise sichtbar vom Frauenthore bis zum neuen Lueg- 
insland ziehen, schon bestanden haben. In eiaer Klause 
an dieser Kirche lebte stül und zurückgezogen eine ge- 
wisse Eleusinde (Eleusina, BUensinde), welche die Späte- 
ren zu einer Verwandten, ja sogar zur Schwester des 
h. Ulrich machten. Sie hatte ihr Vermögen dem 
h. Stefan geopfert, und als der Axchidiakon Amalrich 
und dessen Neffe, der Diakon Walter, ein Grleiches mit 
ihren elterlichen Gütern und Besitzungen gethan hatten, 
fügte Bischof Ulrich noch einige Schenkungen hinzu und 
gründete im Jahre 969 das Frauenkloster St. Stefan 
nach der Regel des h. Benedikt, dem er als erste Aeb- 
tissin jene Eleusinde vorsetzte. Die Besitzungen des 
Stiftes lagen meist in Schwaben in der Nähe von Augs- 
burg, umfassten besonders die Dörfer Batzenhofen imd 
Pfaffenhofen und blieben in der Hauptsache stets bei 
St. Stefan. Spotting bei Landsberg , dessen „Mrchen 
wydem vnd Zehenden vnser Hailiger Brwirdiger Herre 
vnd Stifter sant Vbich vnserm Closter zu sant Stephan 
gegeben", musste die Aebtiasin Agnes von Ostheim imd 
ihr Convent im Jahre 1416 um vierthalbhundert rheinische 
Gulden an U. L. Frauenkirche und das Spital zum heili- 
gen Geist in Landsberg verkaufen, um Ruhe zu bekommen 
vor den willkürlichen Plackereien, denen dieser Besitz 
seitens Bayerns und Landsbergs schon geraume Zeit über 
ausgesetzt war. 

Im 14. Jahrhunderte wurde statt der Regel des 
h. Benedikt die müdere des h. Augustin eingeführt und 
im 15. Jahrhunderte wurde St. Stefan ein „frei-weltlich- 
adeHges Damenstiffc". Die genaue Zeitbestimmung dieser 
beiden Umwandlungen läset sich nirgends finden. Selbst 




'i^ÜiTl'l 






— 549 — 

im -weltliclieii Damenstift war nach den Eeformations- 
charten der Bischöfe Markward Ton Berg (1581) und Jo- 
hann Otto von Gemmingen (1596) das Leben der „Chor- 
oder Kapitelfrauen" durchweg streng klösterlich geregelt. 
Noch die vorletzte Aebtissin M. Beata von Weiden drang 
gewissenhaft auf Erhaltung der alten Ordnung. Dieser 
Umstand, verbimden mit dem Widerstand, auf den sie 
dabei bei ihren Untergebenen sowohl als bei der höheren 
kirchlichen Behörde stiess, bewog sie zur Eesignation. 
Jetzt gab Fürstbischof Clemens Wenzeslaus im Jahre 1789 
neue „zeitgemässe" Statuten, durch welche alle alten 
Uebungen, die nonnenartige Chorkleidung, die Abhal- 
tung des lateinischen Chorgesangs und Chorgebetes, die 
Fasttage u. s. w. abgeschafft und als Zweck, den der 
h. Ulfich bei Gründung des Stiftes gehabt haben soll, 
der erklärt wurde, dass juüQge adelige Fräulein zu guten 
christlichen Hausfrauen und Müttern herangezogen 
werden! Nicht mehr lange erfreuten sich die Damen der 
neuen Freiheiten. Der Sturm der Säcularisation pochte 
schon 1802 vernehmlich an die Pforten von St. Stefan 
tmd verschlang es 1806 vollstäjidig mit den übrigen 
Stiftern und Klöstern der Stadt Augsburg, welche in 
diesem Jahre selbst ihrer alten Eeichsunmittelbarkeit ver- 
lustig an die Eione Bayerns überging. Die Kirche wurde 
1809 gesperrt imd erst nach einigen Monaten auf instän- 
diges Bitten der vordem dorthin eingepfarrten Gemeinde 
gegen Uebemahme aller Unterhaltungskosten zur Privat- 
andacht wieder geöfEaet. Das Stiftsgebäude erhielt 1806 
der General- Armee-Corps-Commandant Freiherr vonWrede 
zur Wohnung; dann wurde und blieb es Militär-Montur- 
magazin, bis es 1828 dem neu errichteten katholischen 
Gynmasium durch König Ludwig I. überlassen wurde. 

Inzwischen hatte man vielfach den unersetzlichen 
Yerlust, welcher der katholischen Sache durch die Auf- 
hebung der ehedem so zahlreich im Lande blühenden 
Klöster erwachsen war, tief und schmerzlich, empfanden. 
Bayerns König Ludwig I. glorreichen Andenkens fasste 
daher den Entschluss, vor allen andern den Orden des 
h. Benedikt in seinem Reiche wieder herzustellen. Nach 
längeren Vorbereitungen erschien am 20. December 1834 
endlich eine königliche Entschliessung des Inhaltes, „der 



— 550 — 

Benediktinerorden sei in Bayern zum Zwecke dea Unter- 
riclites und der Erziehung der Jugend und zur Aushülfe 
in der Seelsorge wieder einzuführen; die erste Abtei im 
Lande solle zu Augsburg errichtet und derselben das Ge- 
bäude des ehemaligen Damenstiftes zum h. Stefan ein- 
geräumt werden. Die ehemalige freie Reichsabtei Otto- 
beuren solle als Priorat neu erstehen und dieses ebenso 
wie das bereits seit einigen Jahren hergestellte Kloster 
Metten und alle später noch zu errichtenden Benediktiner^ 
klöster in Bayern der Abtei St. Stefan unterstellt 
werden. In Augsburg solle der Orden das bei St. Stefan 
bereits bestehende katholische Lyceum und Gymnasium 
übernehmen und auch sonst zur Uebemahme anderweitiger 
Arbeiten sich bereit halten." 

Als Abt des neuen Klosters hatte der König am 
16. December 1834 den Conventualen ' der ehemaligen 
Reichsabtei Ottobeuren P. Barnabas Huber (geboren zu 
Gutenberg 13. April 1778, Profess 13. November 1794, 
Priester 30. Mai 1801, nach der Aufhebung seines Stiftes 
Hofmeister, später Bibliothekar des Fürsten Fugger-Baben- 
hausen) ernannt. Abt Barnabas hatte mit seiner Ernennung 
den Auftrag erhalten, die in Bayern befindlichen, zum 
erspriesslichen Wirken für den Orden noch befähigten 
Exbenediktiner einzuladen, sich dem Orden wieder anzu- 
schliessen, dann aber im Falle weiteren Bedarfs zur Be- 
setzung der Lehrstellen und anderer Aemter Ordensgeist- 
liche aus Oesterreich beizuziehen. Die an die noch leben- 
den- Benediktiner der aufgehobenen Klöster ergangene 
Einladung zum Wiedereintntt blieb aus vielen Gründen 
so gut wie erfolglos. Die einen waren bereits zu alt Tind 
hielten sich nicht mehr für kräftig genug, die Beschwerden 
des Ordens- und Lehrerberufes gleichzeitig zu ertragen, 
fürchteten also dem neugegründeten Ordenshause nur zur 
Last zu fallen; die andern hofften und warteten, freilich 
vergebens, auf die Restauration des Hosters, dem sie 
durch ihre Profess angehört hatten, und zwar oft auf eine 
vollkommene Restauration zu dem alten Stande wie vor 
der Säcularisation; andere betrachteten das ganze Unter- 
nehmen mit misstrauischen Augen und hielten sich in 
zuwartender, beobachtender Stellimg. Da nun aber der 
König auf möglichst baldige Eröfl&ung der Abtei und 



— 551 — 

Uebernahme der Scliulen. seitens des Ordens drang, so 
wurde P. Barnabas Huber am Ostermontag den 20. April 
1835 in der Kirche zum h. Bieuz in Augsburg vom da- 
maligen Biscbofe zu Augsburg Ignaz Albert von Eiegg 
feierlicli zum Abte benedicirt imd am 27. April traten 
beide Idrcbliche Würdenträger eine Reise in die öster- 
reichiscben, später in die schweizerischen Stifte an, um 
geeignete Ordenspriester zur Neugründung zu gewinnen. 
Dank der gnädigen Aufnahme von Seiten des Kaisers 
Ferdinand I. und dem freundlichen, opferwilligen Entgegen- 
kommen der österreichischen und schweizerischen Ordens- 
prälaten wurde der Zweck dieser Reise zur vollsten Zu- 
friedenheit erreicht und eine Reihe trefflicher Männer für 
St. Stefan gewonnen. Altenburg hatte 1, Einsiedeln 3, 
Emaus 1, Göttweig 2, Kremsmünster 2, St. Lambrecht 1, 
Marienberg 1, Melk 3, Michaelbeuren 1, Muri 1, St. Peter 
in Salzburg 3, St. Paul in Kärnten 1, Raigern 1, Schotten- 
stift in Wien 1, Seitenstetten 3 Ordenspriester zu senden 
versprochen, wozu noch 5 Patres aus Metten kamen. 

Nachdem in der Zwischenzeit auch die Gebäude von 
St, Stefan soweit thunlich für den neuen Zweck her- 
gerichtet waren, konnte am 5. November 1835 die feier- 
liche Constituirung der neuen Abtei und die EröfiEnung 
der damit verbundenen Lehranstalten erfolgen. Der mit 
grossem Glänze vollzogenen Feier wohnten der Bischof 
von Augsburg mit seinem Capitel und dem Stadtklerus, 
der einzige damals noch lebende Abt der aufgelösten 
Benediktinerklöster im Augsburger Sprengel, Coelestin von 
Königsdorf er vom h. Kreuz in Donauwörth, der kgl. Staats- 
minister Fürst Wallerstein als Hofcommissär in Begleitung 
der kgl. Oberkirchen- und Oberstudienräthe Dr. Deutinger 
und Mehrlein, der kgl. Regierungspräsident von Link mit 
den Justiz- und Administrationsbehörden, der Stadt- 
magistrat und das Collegium der Gemeindebevollmächtigten 
an. Unter dem vom Abte Barnabas gehaltenen feier- 
lichen Pontificalamte wurde die von Sr. Heiligkeit Pabst 
Gregor XVI. unterm 19. Mai 1835 gegebene Errichtungs- 
bulle verlesen und von sämmtlichen Conventualen dem 
Abte das Homagium geleistet, worauf der Bischof die 
neue Abtei förmlich constituirte. Sodann empfingen 
5 Novizen das h. Ordenskleid. Nachdem die kirchliche 



— 552 — 

Feier beendet wax, erfolgte im Saale der Abtei die "welt- 
liche Installation des Stiftes als klösterlicher Corporation 
und die Uebergabe der Studienanstalten an dasselbe. 

Nun begann die regelmässige Thätigkeit in Schule 
und Seelsorge. Allmählich konnten die heranwachsenden 
einheimischen Kräfte sämmtliche Stellen versehen und so 
nach und nach die auswärtigen Benediktiner in ihre 
Klöster zurückkehren. Die Benediktiner von Metten hatten 
schon nach dem ersten Jahre die Eückkehr in ihr Mutter- 
Moster und die Unabhängigkeit desselben von St. Stefan 
durchgesetzt, und von dem Plane einer Unterordnung 
aller bayerischen Klöster unter den Abt von Augsburg 
war man schon sehr bald abgekommen, so dass nur Otto- 
beuren als Priorat von St. Stefan abhängig verblieb. 

Auf den besondern Wunsch König Ludwigs I. er- 
richtete das Stift neben dem bereits übernommenen kgl. 
Studienseminar St. Josef ein Privaterziehimgsinstitut für 
Söhne höherer Stände, für welches das in nächster Nähe 
des Klosters gelegene geräumige Subbadinische Haus mit 
schönem Garten angekauft und eingerichtet wxa-de. Der 
erste Director desselben aus dem eigenen Hause, P. Paulus 
Birker (geboren zu Sonthofen 19. October 1814, Profess 
7. October 1838, Priester 29. August 1839), wurde von 
Ludwig I. zum ersten Abte des neugegründeten Bene- 
diktinerstiffces St. Bonifaz in München am 4. November 
1850 ernannt und ausser ihm noch 2 Patres zur Neugrün- 
dung nach München geschickt. Die vom Kanonikus Augustin 
Stark im Jahre 1829 erbaute Sternwarte kam durch dessen 
ersten und eifrigsten Schüler P. Stefan Postelmajrr unter 
die Obsorge des Stiftes. 

Am 29. Juli 1852 schied Abt Barnabas als Greis von 
73 Jahren aus diesem Leben, und der Convent wählte am 
9. August d. J. P. Philipp Kramer zum Abte. Da derselbe 
auf die Annahme der Wahl verzichtete, musste am 20. Dec. 
neuerdings zu diesem wichtigen Geschäfte geschritten 
werden. Diesmal traf die Stimmenmehrheit den Stiffcs- 
dekan und Rektor P. Theodor Gangauf, welcher am 25. März 
1852 in der Domkirche die Benediction empfing. Unter 
seiner Regierung wurde der grosse Conventgarten auf der 
Südseite des Stiftes mit zwei Häusern und ein Oekonomiegut 
im Nachbardorfe Lechhausen, das sogenannte „Schlössle", 



— 553 — 

erworben und im Jalire 1859 das 100jährige Gedächtais 
der Einweihung der gegenwärtigen Stiftskirche feierlich 
begangen. Am 20. JuH 1859 legte er die Würde freiwillig 
nieder und das Capitel wählte am 6. Sept. den seit 15 
Jahren in der Schule eifrigst thätigen Professor P. Rafael 
Mertl zum Prälaten, als welcher er am 2. Fehr. 1860 in 
der Stiftskirche feierlich benedicirt wurde imd seit dieser 
Zeit das ihm anvertraute Stift leitet. Bis zum Jahre 1871 
wirkte er auch in seiner neuen Stellung noch in der 
Schule. Im Jahre 1864 feierte er mit grossem Glänze das 
1100jährige Jubiläum des Bestandes von Ottobeuren. Im 
Jahre 1874 erwarb er drei an das Kloster anstossende 
Häuser, die er niederreissen liess, um an ihrer Stelle das 
königliche Studienseminar vergrössem zu können, was in 
den Jahren 1874 — 75 geschah. Ebenso kaufte er im Jahre 
1879 zwei an das Institat grenzende Häuser und fährte 
noch im nämlichen Jahre einen grossen Neubau für das- 
selbe auf. Gleichzeitig liess er im Stifte die neue städti- 
sche Wasserleitung einführen und muss im Jahre 1880 
das gesammte innerhalb der Stadt liegende Eigenthum 
kanaÜsiren lassen. Unter ihm wurde die ziemlich magere 
Sakristei mit schönen, doch grossentheils einfachen Para- 
menten versehen. 

St. Stefan erstreckte seine Thätigkeit stiftungsge- 
mäss von Anfang an vorzugsweise auf die Schule. Es 
besetzt ein Lyceum, ein Gymnasium und eine Lateinschule. 
Die Zahl der bei Beginn des Schuljahres 1879/80 inscri- 
birten Schüler überstieg 670. Ausserdem steht unter 
dem Stifte das königliche Studiensemiuar St. Josef, in 
welchem seit dessen Vergrösserung wenigstens 80 Zöglinge 
sich befinden, und das Erziehungsinstitut für höhere Bil- 
dung, welches in seinem Neubau für 50 Zöglinge berech- 
net ist. Mit Ausnahme des Abtes sind sämmtliche Capi- 
tularen in der Schule oder in den Erziehungsinstituten 
beschäftigt. Am Schlüsse des Jahres 1879 zählte das 
Stift St. Stefan ausser dem Abte und Prior 20 Capitularen, 
3 Klerikemovizen und 11 Laienbrüder, welch' letztere 
Hausgeschäfte besorgen oder Gewerbe treiben. Ottobeuren 
ist hier nicht miteingerechnet. 

Der Comples, den das Stift einnimmt, ist ziemlich 
weitläufig und befindet sich am nordöstlichen Ende der 



— 554 — 

Stadt auf der Höhe, "welche unmittelbar auf der Ostseite 
der Abtei gegen die Lechebene steil abfällt. Er besteht 
aus drei durch je eine Strasse getrennten, für sich be- 
stehenden Theilen: In der Mitte ist der alte ursprüng- 
liche Theil mit der Kirche, dem Convent, Grymnasium, Semi- 
nar und -wirthschaftlichen Gebäuden. Nordwestlich davon 
liegt das Erziehungsinstitut mit grossem Garten und gross- 
artigem Neubau. Südlich ist der CouTentgarten mit zwei 
Häusern. "Wenden wir uns wieder ziun Hauptgebäude, so 
bildet es im. Ganzen ein Viereck mit einem grossen und 
einem kleinen Hofe. Die östliche Seite nimmt die Stifts- 
kirche und der jetzt zum Seminar gehörige ehemalige 
Pfarrhof ein; den westlichen Flügel bildet der Convent 
mit dem Museums- und Bibliothektrakt. Vom westlichen 
Conventtrakt zieht sich in den grossen Stiftshof parallel 
mit der Kirche noch ein Conventflügel. Der gegenwärtige 
Conventbau ist ein Werk der letzten Aebtissin Maria Ai- 
tonia von Weiden, welche ihn. mit grossem Kostenauf- 
wand in den Jahren 1796 — 1800 von Grund auf neu und 
schön aufführen liess. Die südliche Seite des Vierecks 
nimmt das Schulgebäude ein mit der Aussicht in den 
Conventgarten und auf die obere Stadt; es stammt aus 
den 20 er und 30 er Jahren dieses Jahrhunderts. Im Osten 
wird durch das Seminar und die Wirthschaftsgebäude ein 
kleineres Rechteck gebildet. 

Die Stiftskirche war eine der ältesten Pfarrkirchen 
der Stadt, wie es die Synode vom Jahre 1169 beurkundet, 
welche auch der Aebtissin das Patronatsrecht zueignete. 
Bischof Friedrich Spät von Faimingen hat die Pfarrei dem 
Stifte einverleibt am 26. August 1310. Ihre Grenzen waren 
sehr enge und die Seelenzahl erstreckte sich nur auf 1000. 
Durch die von Bayern am 19. Febr. 1809- getroffene Pfarr- 
organisation wurde die Pfarrei St. Stefan aufgehoben und 
mit der Dompfarrei vereinigt, ihr Vermögen, ihre Geräthe 
und Paramente aber der zur Pfarrkirche unter dem Titel 
des h. Maximilian erhobenen ehemaligen Franziskaner- 
kirche zum h. Grab übergeben. In ihrer jetzigen Gestalt 
wm-de die Stiftskirche von der vorletzten tüchtigen Aebtissin. 
M. Beata von Weiden in. den Jahren 1755 — 58 hergestellt. 
Der Bau ist nicht gross, doch im gefälligen Zopfstyl auf- 
geführt, jetzt aber einer gründlichen Restauration allent- 



— 555 — 

halben sehr bedürftig, die wegen, der kostspieligen, in 
den letzten Jahren und gegenwärtig vom Stifte auszu- 
führenden Instituts- und Kanalbauten unmöglich gemacht 
und aufgehoben werden musste. 

Nördlich Ton der Stiftskirche befindet sieh das viel- 
fach als die älteste Cultusstätte Augsburgs geltende 
Eirchleiu des h. Gallus, dem jetzigen Bau nach aus dem 
16. Jahrhunderte [stammend, im I^ebergang3S^yl aus der 
Gothik zur Renaissance, mit dem Grabe der ersten Aebtis- 
sin Eleusinde. Möge ihr und des h. Stifters Ulrich Geist 
segnend und schützend über dem Gotteshaus St. Stefan 
schweben, das nun schon über neun Jahrhunderte dem 
Dienste Gottes geweiht ist, damit darin fort und fort 
nach der Mahnung unseres h. Ordensvaters Benediktus 
in Allem Gott verherrlicht werde. 

P. SiaisBBETUs Leebebt, 0. S. B. 




■Weltenburg. 

äjir ■wollen die Hstprisclie Skizze über Weltenburg 
** mit einer Meinen Beschreibung der Lage dieses 
Stiftes*) einleiten: „Man fährt stromaufwärts von 
Regensburg an Keibeim und der. Befreiungshalle 
vorüber, das Altmühlthal mit seinen kolossalen hochauf- 
strebenden Pelsenmauern scheint den Strom bisweüen 
förmlich einzuschliessen. Da giebt es keinen Fussweg 
mehr, die Schroffen steigen nicht nur steil aus den 
Muthen empor, es hängen die Felsen auch öfter wie das 
Laubdach eines Riesenbaumes oben über die Wasserstrasse. 
An der Seite sieht tuan eine lange Reihe von Eisenringen, 
die Schiffer, -welche stromaufwärts fahren, hängen sich 
niit eigenen an langen Stangen befestigten Eisenhaken 
hier ein, um so das Schiff durch die Stromschnellen 
aufwärts zu führen. Der Dampfer fährt stolz in der 
Mitte, er bedarf der Eisenringe nicht, seine gewaltigen 
Räder peitschen die Fluth und bezwingen den Zug der 
abwärts fluthenden Donau. Die Felsenformationen bieten 
allerhand Figuren und Gruppen dar, welche, von der 
Phantasie in Gebilde umgeschaffen, auch allerhand Namen 
führen. Bei der Benennung mancher Gestaltungen und 
Gruppen hat der obscöne Yolkswitz auch seine Gaben ge- 
liefert. Da sieht man unter andern die „lange Wand", 
den „Kuchelfelsen", „die 3 Brüder", „die 3 Schildkröten", 
„unsere liebe Frau", „Peter und Paul", den „alten Napo- 
leon", das „Nümbergerthor", die „lutherische Kanzel" etc. 
Endlich kommt man zum Anblick des in Felsenmauem 
eingeschlossenen Weltenburg.'* — 

Weltenburg (Valentia), ehemalige Benediktinerabtei 
(nun Priorat), am rechten Ufer der Donau und Pfarrdorf 
mit 87 Häusern und 250 Einwohnern. Hier stand einst 
das Artobriga der Römer oder das Castrum Valentia. 
Unstreitig ist Weltenburg eines der ältesten Klöster in 
ganz Bayern. Die ununterbrochene Tradition giebt den 
h. Rupert als eigentlichen Gründer und den Herzog 
Thassilo I. als Erbauer an. Insbesondere wird dem heü. 



*) Aus Sebastian Brnnner: 'Woher? wohin? 5. Bd. S. 97. 













<0 



— 557 — 

Eupert die Einweihung der Frauenkirche am Weihberg 
oder Burggraben zu Weltenburg, wo ehedem ein der 
ISdinerva geheiligter Tempel gestanden, zugeschrieben. 
Die Klosterkirche war von jeher dem h. Georg geweiht. 
Der erste Abt soll aus Monte Casiao gekommen _ sein 
und Wisunt geheissen haben. Wie andere bayerische 
Klöster, 80 wurde auch Weltenburg von den Ungarn im 
Anfange des 10. Jahrhunderts zerstört. Der h. Wolfgang, 
Bischof von Begensburg, stellte das Eloster um das Jahr 
980 wieder her und colonisirte es mit Mönchen aus St. 
Emeran. 

Im Jahre 1122 berief Bischof Hartwich regulirte 
Chorherren aus St. Florian nach Weltenburg, Bischof 
Cuno führte 1128 wieder die Benediktiaer ein. Welten- 
burg hatte eine gute Elosterschule und trieb, an Acker- 
land von jeher beschränkt, beträchtlichen Weinbau für 
sich imd seine Holden. 

Der erste infulirte Abt des Stiftes war Matthias 
Abelia, erwählt den 27. Mai 1626. Unter ihm wurde 
(1632) das Kloster von den Schweden geplündert, welche 
aUe Kostbarkeiten und Alterthümer mit sich fortschleppten 
oder vernichteten. Bin im Jahre 1650 abgefasster Bericht 
giebt den im dreissigjährigen Kriege erlittenen Schaden 
des Klosters und seiner Grundholden auf 27,000 /. an. 
Abt Matthias erwarb sich auch ein nicht zu unter- 
schätzendes Verdienst durch Veröffentlichung einer kurzen 
Geschichte seines Klosters.*) Diese Schrift, die nur in 
sehr wenigen Exemplaren aufgelegt wurde, war schon im 
vorigen Jahrhunderte äusserst selten geworden, weshalb 
sich Finauer bewogen fühlte, dieselbe in der Bibliotheca 
bavarica Bd. HI wieder abdrucken zu lassen. 

Im Jahre 1688 schloss sich Weltenburg der bayerischen 
Benediktiner-Congregation an. 

Seine Blüthezeit hatte das Stift unter dem Abte 
Maurus Bächerl (1713 — 43), der aus dem Stifte Frauenzell 

*) Chronographioa instructio de fvmdatione celeberrimi et anti- 
qaiasimi monaaterii 'Welteiibnrgici O. S. Benedict!, Eatisbonensis 
Dioecesis, siti in inferiori Bararia ad Dannbinm: per xaedium milliare 
supra oppidum Khelhaim et imtun infra Abensperg et Nenstatt. Collecta 
a me Matthia Abbate huju» Hominis primo; anno 1643 da 3. NoTOmb, 
Straubingae. Excudebat Sinion Gallua 78 d. 8. 



— 558 — 

postulirt wiirde. Was dieser Maam für die Hebung seines 
Klosters geschaffen, grenzt beinahe ans Unglaubliche. 
Die Prachtgebäude, bei deren Anblick in jener Felsen- 
schlucht jetzt noch jeder Beschauer sich überrascht fühlt, 
die Kirche, das Abtei-, Convent- und Oekonomiegebäude, 
wozu das Material theils aus den Marmorbrüchen der 
Umgegend, theils aus den Lagern von Kastellberg ge- 
nommen wurde, sind das Werk des Abtes Maurus. In 
seine Fussstapfen traten seine Nachfolger Maurus n. 
Cammermaier (erwählt 1744, f 1777) und Rupert Wal- 
pfeifer (erwählt 22. April 1778, f 14. Aug. 1786), welch 
letzterer namentlich für die Hebung des wissenschaft- 
lichen Strebens sehr viel that. Unter ihnen lebten im 
Kloster die Laienbrüder Jos. Koller, ein Maler (f 1777) 
und Edmund Schmid, welcher viele römische Alterthümer 
sammelte und beschrieb, sowie der Componist P. Benno 
Gruber (f 1783). 

Unter dem Abte Benedikt Werner wurde das Stift 
den 18. März 1803 aufgehoben. Dieser tüchtige Abt 
hatte nicht nur die beträchtlichen, zum Theü unvermeid- 
lichen Schulden seiner Vorgänger abgezahlt, sondern 
neben der zeitgemässen Yervollständigung der wissen- 
schaftlichen Sammlungen und ökonomischen Bedürfioisse, 
neben Bestreitung von 12,000 /. Kriegskosten imd Ab- 
lieferung des meisten Kirchensilbers noch bedeutende 
Ueberschüsse bewirkt. Er hinterliess handschriftlich eine 
vollständige Geschichte seines Klosters, welche schätzbare 
Arbeit die Staatsbibliothek in München besitzt. Seine 
bedeutende Bibliothek schenkte er dem Priesterseminar 
zu Freising. Sein Tod erfolgte zu München den 20. Octo- 
ber 1830. 

König Ludwig I. stellte Weltenburg im Jahre 1842 
als selbständiges Priorat wieder her und übergab es dem 
Benediktinerorden unter Vorbehalt dereinstiger Erhebung 
zur Abtei. Er that dies ohne Zweifel im Hinblicke, dass 
Weltenburg die älteste klösterliche Stiftung Bayerns zu 
sein sich rühmen kann. Das Kloster besass ehemals den 
Ort Affecking und die Pfarrei Holzarlanden (Holzerlanden). 
Gegenwärtiger Personalstand: Ein Prior, vier Priester 
und vier Laienbrüder. ^^^^^^ Lisdneb. 




Frauen - Chiexnsee. 

[ur Tvenige Stunden Ton der südliclien Grenze Bayerns, 
zwisclien dem Inn und der Salzach, liegt ein ziem- 
licli grosser See, -welclier die Abflüsse der nahen 
bayerischen Hochgebirge aufnimmt, die ihn in 
seiner grössten Ausdehnung begrenzen. Er wird mit Recht 
das bayerische Meer gena.nnt, weil er die übrigen Seen des 
Landes an Grösse übertrifft. Aus seinem Wasserspiegel 
erheben sich drei liebliche Inseln, einst Herrenwörth, 
Frauenwörth und Kunzenau, heut zu Tage Herren-Chiem- 
see, Frauen- Chiemsee und Erautinsel genannt. — Diese 
Inseln waren schon von den Römern bewohnt, und es 
geht die Sage, dass der Chiemsee eine Menge Denkmale 
aus der Römerzeit verschlungen imd sie neidisch vor der 
Menschen Augen in seinen GKefen verberge. 

Auf einer dieser Inseln gründete der Herzog Tassilo 
von Bayern ein Mannskloster nach der Regel des heil. 
Benedikt und vollendete es im Jahre 782, wo man am 
1. September die Kirche einweihte. In jener Zeit und 
noch lange nachher war es Sitte, neben einem Manns- 
kloster zugleich eines für Frauen zu errichten, woraus es 
sich erklären lässt, dass Frauen- Chiemsee zugleich mit 
Herren-Chiemsee entstanden. Beinahe tausend Jahre erhielt 
sich zu Frauen - Chiemsee die Tradition, Herzog Tassüo 
von Bayern habe das Kloster gegründet, und jedes Jahr 
wird am 11. December für den Herzog als Stifter ein 
feierlicher Gottesdienst gehalten. Anfangs scheint das 
Frauenkloster nicht selbständig gewesen zu sein, da der 
Name einer Aebtissin selten vorkommt, während ein Jahr- 
hundert später die Tochter des Königs Ludwig, Irmengard, 
als erste Aebtissin des Klosters genannt wird. Bemerkens- 
werth ist es, dass im Jahre 894 zuerst das Kloster Frauen- 
Chiemsee als selbständiges vorkommt: Monasterium 
puellarum,quodChemissem vocatur. Regino ad annum894:. 
Pertz, Monum. Germ. Tom. I, pag. 606. Annales Fuldenses 
ad an. 895. 



— 560 — 

Die selige Irmengard stand dem Kloster Frauen- 
Chiemsee mit Eifer und "Weisheit vor. Yon ihr soll es 
herkommen, dass die Aebtissin eine von "vier Halbzirkeln 
geschlossene Krone trug. Sie starb um das Jahr 900; 
als Tag ihres Todes gilt der 16. Juli, an dem heute noch 
mit feierlichem Gottesdienste ihr Andenken geehrt wird, 
wobei die Legende der Heüigen aus dem Benediktiner- 
orden von ihr meldet: „Sie hat sich durch ihre Heiligkeit 
und ihre Wunderwerke grossen Euhm erworben und 
erweiset sich heute noch denen hülfreich, die ihre Für- 
bitte mit Vertrauen anrufen." Noch heut zu Tage 
schmücken die Frauen des Klosters zum Zeichen tiefer 
Verehrung das Grab ihrer ersten gottseligen Aebtissin 
Irmengardis mit Blumen und eine derselben trägt deren 
Namen. 

Um das Jahr 908 wurden beide Klöster Herren- und 
Frauen- Chiemsee von den Hunnen zerstört; bald aber 
erhob sich das Frauenkloster wieder aus seiner Zerstörung 
zum Segen der Umgegend, während Herren - Chiemsee 
noch lange öde und leer dastand. Dadurch wurde die 
vollständige Trennung der beiden Klöster bewirkt, und 
es ist sicher, wenn die Kaiserurkunden des zehnten Jahr- 
hunderts von Chiemsee (Kiemisse) sprechen, dass darunter 
Frauen - Chiemsee zu verstehen sei, da Herren - Chiemsee 
erst im eilffcen Jahrhundert wieder empor kam. Als der 
Erzbischof von Salzburg Conrad um das Jahr H30 Herren- 
Chiemsee wieder errichtete und mit Augustinern besetzte, 
wurde die Trennung beider Klöster, welche nun zwei 
verschiedenen Orden angehörten, verewigt. Von den 
Aebtissinen zu Frauen-Chiemsee, die der seligen Irmengard 
nachgefolgt, deren Namen die Monumenta boica so genau 
anführen bis auf Mechtildis, welche 1145 starb, ist nichts 
von besonderer Bedeutung verzeichnet. 

Kaiser Otto I. bestätigte am 30. October 970 dem 
Erzbischof Friedrich von Salzburg das Eigenthumsreeht 
über das Kloster Frauen-Chiemsee, und Kaiser Heinrich IV. 
machte es bei Erneuerung der Bestätigung dem Erzbischof 
Gebhard am 12. December 1062 ausdrücklich zur Pflicht, 
dass die Versammlung der Nonnen, welche dort Gott 
dienten, an ihrem Einkommen mcht verkürzt werden sollten. 

Als Aebtissin von Frauen-Chiemsee erscheint urkund- 



— 561 — 

licli Matliildis, welche 1141 den 20. April Pabst Innocenz H. 
anit ihrem Hoster in Schutz nahm. Sie trat in Unter- 
handlung mit dem Abt von Tegemsee -wegen Umtausch 
von Gütern, ebenso auch mit dem Bischof Otto I. von 
Freising -wegen Uebergabe von Gütern für Abtretung von 
Zehentrechten, -was unter ihrer Nachfolgerin Walburga 
durch Schrift und Siegel bekräftigt wurde. 

Als im Jahre 1200 Eberhard U. den erzbischöflichen 
Stuhl von Salzburg bestieg, gab dieser grosse Gönner 
der Elöster schon im nächsten Jahre dem Prauenkloster 
nebst vielen anderen Freiheiten auch das Recht, bei ein- 
tretender Yakatur die Aebtissin selbst zu wählen. 

Dadurch wurde das Eloster gleichsam neu gestiftet 
und in den Stand gesetzt, sich weiter zu entwickeln und 
grössere Wirksamkeit zu entfalten. 

Während des allgemeinen Umsturzes, der durch die 
sogen. Reformation in ganz Deutschland sich geltend 
machte, wollten sich auch in Frauen-Chiemsee die neuen 
Ideen und religiösen Irrthümer einschleichen, wurden aber 
glücklicherweise in Bälde wieder verbannt; aber eine ge- 
wisse Lockerung der strengen Disciplin machte sich noch 
länger geltend, so dass vom Jahre 1565 an statt einer 
Aebtissin längere Zeit eine Verwalterin die Geschäfte 
leitete. Herzog Albrecht V. von Bayern setzte sogar, ohne 
das Ordinariat Salzburg zu befragen, eine Aebtissin eines 
Cistercienserinnen- Klosters als Verwalterin über Frauen- 
Chiemsee ein, die nicht selten eigenmächtig und hart mit 
den Frauen verfahr und grosse Unzufriedenheit im Con- 
vente erregte. 

Um diese Zeit traf das Kloster ein schweres Unglück. 
Am 8. Mai 1572 brach in der Conventkirche Feuer aus 
und verzehrte das Kloster und die Kirche. Die Ver- 
walterin wusste trotz der Armuth des Klosters dennoch die 
nöthigen Mittel beizuschaffen und es gelang ihr, die 
Kirche und das Kloster in kurzer Zeit wieder herzustellen, 
zweckmässiger und schöner als es je vorher gewesen. 
Hiemach wurde zur Freude der Klosterbewohner wieder eine 
Aebtissin gewählt, welche in dem neuen schönen Eloster- 
gebäude gute Ordnung zu führen bestrebt war. Im 
dreissigjährigen Kriege wurde Bayern von feindlichen 
Kriegsschaaren heimgesucht, das Land verwüstet, Dörfer 

Ein Benediktinerbnch. 36 



— 562 — 

Tind Städte Terheert und geplündert; auch die ausser dem 
See liegenden Güter des Klosters wurden verwüstet, :s(> 
dass keine Erträgnisse für lange Zeit zu erwarten waren; 
das Eloster Frauen- Chiemsee selbst, yon den feindlichen 
Schaaren, besonders den Schweden, nicht berührt, wurde 
in diesem schrecklichen Kriege Vielen ein sicherer 
Hort. Aus mehreren Prauenklöstem, Ton Salzburg und 
anderwärts kamen Frauen und Schwestern in grosser An- 
zahl auf der Insel an und suchten Schutz imd Hülfe, und 
wurden sammt ihrer Dienerschaft lange Zeit kostenfrei 
Terpflegt, wodurch die Ejräffce des Klosters stark in An- 
spruch genommen wurden. Frauen- Chiemsee gab im 
Sommer 1632 mehr als 148 Personen Aufenthalt und 
nährte dieselben, rechnend auf die Vergeltung dessen, der 
jeden Trunk Wasser vergelten wird. Wälirend alle um- 
liegenden Klöster von ihren Bewohnern verlassen wurden, 
blieb eine schwache Frau, die Aebtissin von Chiemsee,. 
standhaft in ihrem Kloster. 

Mit Anfang des 18. Jahrhunderts wurden während 
des spanischen Erbfolgekrieges die noch kaum geheilten 
Wunden wieder aufgerissen; aber eine geist- und keimtnis- 
reiche Frau führte den Stab der seligen Irniengard mit- 
sicherer Hand: 

Die Aebtissin Irmengard von Scharfsedt (1702 — 1733). 
Als sie mit Umsicht und Klugheit die Gemeinde geleitet 
und das Vermögen des Klosters in besseren Stand gesetzt 
hatte, ging sie mit der ihr eigenen Energie daran, das 
Klostergebäude, das in ruinösem Zustande sich befand 
und dem alle Tage der Einsturz drohte, von Grund aus auf- 
zubauen; es wurde sofort ein ansehnliches Gebäude in 
Form eines Vierecks mit dem Conventgarten in der Mitte,. 
an die Kirche sich anschliessend, gut, fest und dauerhaft 
gebaut, wie es noch heute davon Zeugnis giebt. 

Mit Ende des Jahrhunderts zeigten sich aber auch 
hier die Vorboten der nahen Auflösung und kurfürstliche 
Commissäre mischten sich in die inneren Angelegenheiten 
und mehrfache Beschränkungen kündeten mit Beginn dea 
gegenwärtigen Jahrhimderts den Untergang immer deut- 
licher an. So nahte das für die religiösen Orden so verhäng- 
nisvolle imglücMiche Jahre 1803, welches der Kirche so tiefe 
Wunden schlug. Auch für Frauen-Chiemsee sollte die letzte 



— 563 — 

Stunde in Bälde sich nalien; Anfangs März wurde in 
Mnnclien ein Aufhebungs-Commissar in der Person eines 
GericMssckreibers zu Rosenheim bestimmt und mit den 
nöthigen Yollmachten verseben. Dieser batte jedocb so 
viel menscblicbes Gefübl, dass er die Frauen zu Cbiemsee 
nocb das Fest ihres Ordensstiffcers, des beü. Benediktus, 
am 21. März rubig feiern liess. Tags darauf aber, den 
22. März um halb neun Uhr Morgens, liess er sämmtliche 
Frauen und Schwestern, 30 an der Zahl imd eiue Novizin, 
im Eefectorium zusammenkommen und erklärte das Kloster 
für aufgelöst. 

Sämmtliche Mitglieder der Ordensgemeinde erhielten 
eine wohl sehr geringe Pension und die Erlaubnis, 
im Kloster fortan wohnen zu dürfen. Nachdem einige der- 
selben auswärts zu wohnen vorgezogen, richteten sich 
die Zurückgebliebenen den Verhältnissen gemäss ein imter 
einer gewählten Oberin, die vom Ordinariate bestätigt 
wurde, imd beteten anstatt des lateinischen Breviers das 
deutsche sogenannte Augsburger Brevier, wie es ihnen ge- 
stattet worden. 

Die ihrem Ordensberufe treu gebliebenen Frauen zu 
Chiemsee suchten sich nun so gut als möglich durchzu- 
bringen und hielten den Namen imd Stand des Klosters 
so viel wie möglich aufrecht. Obwohl selbst arm, von 
ihrer kleinen Pension lebend, sahen sie sich doch im 
Stande, noch Andern Hülfe zu bringen. 

Indessen waren die Frauen zu Chiemsee alt geworden 
und es quälte sie der Gedanke , dass mit ihrem Tode in 
Bälde Tassilos Stiftung aufhören werde. Doch der Herr, 
der das Alles zmn Besten lenket, hatte dieser ehrwür- 
digen Stiftung ein besseres Loos und eine längere Dauer 
beschieden. 

Im Jahre 1836 den 21. September wendeten sich drei 
Frauen und zwei Ordensschwestern von Chiemsee, welche 
damals noch im Kloster lebten, an ihre oberhirtliche 
Stelle und baten um die Erlaubnis, ihrem Stifte durch 
Aufiiahme von Candidatinnen den Fortbestand sichern zu 
dürfen, wobei sie den Vorschlag machten, ein Erziehungs- 
iusti^t für Mädchen zu errichten, was bei den so ge- 
eigneten Gebäuden und der gesunden, milden Luft auf 
der herrlichen Insel wohl an der geeignetsten Stelle wäre. 

86* 



— 564 — 

Da der Erzbischof von München -Freising dieses Gesuch 
kräftigst zu unterstützen versprach, so wendeten sich die 
Ordensfrauen unter dem 13. November 1836 an Se. Majestät 
den König Ludwig I. um die Gnade der Wiederher- 
stellung ihres Klosters, wobei ihr Oberhirte sein gegebenes 
Versprechen durch empfehlende Vorlage dieses Gesuches 
bei der höchsten Stelle treulich erfüllte und zwar mit so 
günstigem Erfolge, dass das kgl. Staatsministerium des 
Iimem bereits imterm 29. December 1836 der Regierung 
des Isarkreises eröffnen konnte: Se. kgl. Majestät haben 
die Wiederherstellung des Klosters Frauen-Chiemsee nach 
der Regel des heil, Benediktus unter der Bedingung zu 
gestatten geruht, dass das Kloster sich zm* Errichtung 
imd steten Fortsetzung einer Erziehungsanstalt für 
Töchter des bürgerlichen Standes, sowie einer 
Arbeitsschule für arme Mädchen verpflichte. — 
In Folge dessen wurde dem Kloster die Aufnahme von 
IsTovizinnen erlaubt und dem neuen Convente die Kloster- 
gebäude mit Gerten zum Gebrauche eingeräumt und zu- 
gleich bestimmt, dass die Eröffnung des Pensionates 
und der Arbeitsschule erfolgen solle, sobald das Kloster 
die nöthige Anzahl von geeigneten Lehrerinnen besitzen 
werde. Bevor aber die laichliche Oberbehörde das 
Kloster als wiederhergestellt erklären konnte, musste 
dasselbe die zu seiaem Fortbestande nöthigen Dotations- 
und Sustentationsmittel nachweisen, wälurend nur die 
geringe Pension den wenigen Frauen und Schwestern und 
diese nur bei ihrem hohen Alter auf kurze Zeit zu Gebote 
standen. Die trüben Wolken von Besorgnissen und 
Verlegenheiten den zeitlichen Unterhalt betreffend, wurden 
jedoch bald durch ein freudiges Ereignis gelichtet, wie 
es Niemand zu hoffen gewagt hätte. 

Se. Maj. der König Ludwig von Bayern geruhten näm- 
lich den 20. August 1837 auf einer Reise nach Berchtes- 
gaden das Kloster zu Frauen-Chiemsee zu besichtigen und 
sich um die Verhältnisse genau zu erkundigen. Da warfen 
sich die Frauen Bemarda und Karolina im Gefühle ihrer 
gänzlichen Verlassenheit dem Könige zu Füssen und baten 
den Landesvater, ihr Kloster, von einem seiner Vorfahren, 
dem Herzog Tassilo, gestiftet, zum Heile vieler frommen 
Seelen und zum Segen der Umgegend nicht zu verlassen. 



— 565 — 

Die königliclien Worte: „Nun ich hoffe", brachten Friede 
und Trost in die bedrängten Herzen und so hat sich auch 
hier das Sprichwort bewälurt: wo .die Noth am grössten 
ist, da ist die Hülfe Gottes am nächsten. 

Am Ende des Jahres 1837 traf in Frauen-Chiemsee 
die entzückende Nachricht ein, dass Se. Maj. König Lud- 
wig I. durch eine in München den 21. December ausge- 
fertigte Urkunde das Kloster mit einem Geschenke von 
36,000 -Z^. aus Allerhöchst Ihrer Kabiaetskasse von neuem 
zu fondiren und dadurch, was Herzog Tassilo begonnen, 
die Zeit aber zerstört hatte, wieder aufzurichten geruht 
haben. 

So lange in Frauen-Chiemsees Mauern die Gott ge- 
weihte Schaar von Jungfrauen für ihre Wohlthäter beten, 
das ist, so lange das Kloster bestehen wird, wird der Name 
König Ludwigs I. von Bayern neben den Namen des Her- 
zogs Tassilo, der Name des zweiten Gründers neben jenem 
des ersten mit innigstem Danke genannt werden. 

So war der Bestand des Klosters von aussen gesichert-, 
und es konnte nunmehr an die innere Wiederherstellung 
desselben Hand angelegt werden und auch diese forderte 
Mühe und Anstrengung. TJm zum guten Ziele zu kommen, 
legte der Beichtvater, Priester Josef Rauchenbichler , der 
von Landshut aus dem UrsulineriimeDkloster thätige Hülfe 
mitgebracht und am 6. November 1837 als Beichtvater 
xmd Inspektor eingewiesen war, der oberhirblichen Stelle 
die Entwürfe eiuer Haus- und Tages-Ordnung, allgemeiae 
Vorschriften über die Einhaltung der inneren xmd äusseren 
Klausur, und besondere Disciplinar-Regeln in Bezug auf 
Statuten tmd Gelübde des Klosters vor, welche er zuvor 
in einem Kapitel mit den Frauen berathen hatte. Bald 
hernach wurde dies alles vom erzbischöflichen Ordinariat 
bestätigt, so wie auch später die eingereichten Entwürfe 
des kirchlichen Ritus bei der Aufnahme, Einkleidung und 
Professablegung der Candidatinnen und Novizinnen, sowie 
auch ein Regulativ der Gottesdienstordnimg im Frauen- 
kloster zu CHemsee oberhirtlich genehmigt wurden. 

Auf diese Weise waren durch die Freigebigkeit König 
Ludwigs I. die ökonomischen und durch die väterliche 
Fürsorge der oberhirtlichen Stelle die spirituellen Ver- 
hältnisse des Klosters insoweit geordnet, dass das Eloster 



— 566 — 

im Jahre 1838 den 21. März am Feste des h. Ordensstiffcers 
Benediktus, gerade 35 Jakre nacli der Aufhebung desselben, 
feierlich, wieder eröf&iet wurde. Drei Monate später, den 
1. Juli 1838, erhielten die ersten 5 No\dzinnen das geist- 
liche Ordenskleid, und dieser für das Kloster, sowie für 
die Bewobner der Insel unvergesslicbe Tag wurde auf eine 
dieser religiösen Handlung würdige "Weise gefeiert. Hierauf 
wurde aucb das der jungen Ordensgemeinde zur Aufgabe 
gemachte äussere Wirken für Unterricht und Schule ge- 
regelt. Am 24. August 1838 übernahmen die Frauen die 
Mädcbenscbule der Insel Frauenwörth. 

Den 22. November des nämKcben Jahres brachte der 
Beichtvater Rauchenbichler den Entwurf einer Ordnimg 
bei dem Erziehungs- Institute zur Vorlage. Da dieselbe 
ganz zweckmässig war, um sowohl die religiöse Erziehung 
der Mädchen als deren Ausbildung und Uebung in den 
nöthigsten Kenntnissen und weiblichen Arbeiten zu erzielen, 
so erhielt er von dem erzb. Ordinariate und von der kgl. 
Eegierung sogleich die Genehmigung, und nachdem die 
ITovizinnen des Klosters auch die Prüfung für das Lehr- 
imd Erziehungsfach mit dem besten Erfolge bestanden 
hatten, so wurde am 24. April 1839 auch zur Eröffnung 
eines Pensionates die förmliche landesherrliche Bewilligung 
ertheilt. Es gehörte Weisheit, Kunst und ein unermüdeter 
Fleiss dazu, die für diese Erziehungsanstalt nöthigen 
Lehrkräfte so schnell zu gewinnen imd heranzubilden, 
wie es hier geschah. Ueber diesem Streben wurde aber 
die Pflege klösterlichen Sinnes keineswegs einen Augen- 
blick ausser Acht gelassen. 

Da das hohe Alter der bisherigen Oberin M. Bernarda, 
welche bisher die junge Gemeinde zu leiten und den 
Ordensgeist derselben einzuprägen bemüht war, sie hin- 
derte, die ihr aufgelegte Last eines so wichtigen Amtes 
länger zu tragen, so wurde aus den jüngeren ]\C.tgliedern, 
die bereits ihre Gelübde abgelegt, die Frau Benedikta zur 
Priorin ernannt, den 5. Februar 1841, welche 25 Jahre imter 
schwierigen Yerhältnissen die Ordensgemeinde leitete und 
die Besitzungen erheblich vermehrte und vergrösserte. 
Es wurden in den folgenden Jahren mehrere Gebäude, die 
früher bei der Aufhebung veräussert worden, wieder an- 
gekauft, so dass das Kloster einen abgeschlossenen Hof- 



— 567 — 

räum wie vor dem Jahre 1803 erhielt. In dieser Zeit 
haben sich auch die Vermögensverhältnisse des Klosters 
-■wenigstens dermaassen verbessert, daas von dieser Seite 
sein Fortbestehen wieder hinreichend gesichert ist. 

Den Frauen also ist zwar kein glänzendes Loos, aber 
eiu stiUes, sorgenfreies Leben im Dienste Gottes durch 
das h. Chorgebet und ein schöner Beruf in der Erziehung 
der Jugend beschieden. Ihre Genügsamkeit und Liebe zur 
Armuth versteht es, mit den gewährten Mitteln das nor- 
male Ausko m men zu sichern und auch den Armen, deren 
es auf den so schönen und lieblichen Inseln sehr viele 
giebt, noch reichliche Unterstützungen zu verabreichen. 
Die Anspruchslosigkeit und das bescheidene Wicken, der 
Eifer in Erfüllung der Berufspflichten, die Sorgfalt für 
den Dienst Gottes wird allenthalben Anerkennung finden, 
und der Segen Gottes wird dem redlichen Bemühen nicht 
fehlen. Die junge Pflanze hat Wurzel gefasst und ist 
erstarkt. Möge Gott sie vor neuen, verheerenden Stürmen 
beschützen! Möge Er das, was Herzog Tassilo begonnen 
und Eönig Ludwig I. fortgesetzt, zum Heile vieler Xhm 
geweihter Seelen und zum Segen der TJmgegend bis in 
die späteste Zeit in Blüthe erhalten! 

Als nach 25 jähriger eifriger Thätigkeit der ersten, 
ernannten Priorin Benedikta das Bestehen des Klosters 
gesichert und die beste Hoffnung berechtigt schien, dass 
die schnell erstarkte Ordeusgemeinde fortan ihre Wirk- 
samkeit weiter entfalten werde, wurde derselben das Recht 
der freien Wahl von der kirchlichen Oberbehörde gnädigst 
eingeräumt und im Jahre 1866 die erste Wahl vorgenommen, 
aus welcher die bisherige Arbeitslehrerin M. Scholastica 
als Priorin des Klosters hervorging, welche seither die 
ihr anvertraute Leitung mit Eifer und Geschick zum 
Segen und Gedeihen der Gemeinde führt und gewisseh.- 
hafb für das geistige und leibliche Wohl ihrer Mit- 
schwestern Sorge trägt und zur Ehre Gottes und für das 
Heil der Menschen nach Kräften wirkt. Die Ordensge- 
meinde zählt gegenwärtig 20 Chorfrauen, 2 Chorfrau- 
Novizinnen, 19 Laienschwestern und eine Novizin und 5 
Candidatinnen. Mehrere Frauen wirken als geprüfte 
Lehrerinnen für Unterricht und Erziehung in dem Pensio- 
nate, in welchem 40 — 50 Zöglinge einen vorzüglichen 



— 568 — 

Elementar-Unterriclit geniessen und in -weibliclxen Arbeiten 
der verscliiedensten io-t, sowie Zeickaen und Musik ent- 
sprechend herangebildet -werden. Hierbei wirkt noch 
besonders Tortheilhaft für die Gesundheit und körperliche 
Entwicklung die herrliche Lage des Klosters ia einem 
See, der des Sommers Hitze und des Winters Kälte mildert, 
und während in den Räumen des grossartigen Gebäudes 
die Zöglinge bei imgünstiger Witterung sich bewegen 
köimen, ladet die schöne Lasel bei günstiger Witterung 
zu Spaziergängen und der See zu fröhlichen Spazierfahrten 
ein, wobei die Jugend die feeie you den Alpen her 
wehende gesunde Luft geniessen kann, Vorzüge, deren 
sich wenige Institute dieser Art in gleichem Maasse 
werden rühmen können. Unter der mütterlichen Anleitung 
der pflichttreuen Ordensfrauen lernen die Zöglinge Ordnung 
und Sparsamkeit und werden an ein thätiges Leben ge- 
wöhnt durch das lebendige Beispiel, das ihnen täglich vor- 
anleuchtet. — So ist den Mitgliedern der Gemeinde eine 
nach allen Seiten hin nützende Wirksamkeit gegeben, 
welche auch für weitere Kreise, für die ganze Umgegend 
durch verschiedene Arbeiten und Unterstützungen einen 
wohlthätigen Eiufluss ausübt und reichen Segen spendet. 

P. Melchiob Ebeelb, 0. S. B. 




Beinwil-Mariastein. 

Das letzte Opfer helTetisclier Toleranz. 

Is Einleitung zur Skizze Ton Mariastein — eine 
Elosteridylle. Der Herausgeber dieses brachte 
Anfajigs Juli 1869 ein paar Wochen in Maria- 
Einsiedeln zu. Da äusserte er sich einmal in 
Gegenwart des Capitulars Conrad Stöcklin, er -wolle das 
Stift Engelherg am 10,000 Fuss hohen Titlis besuchen. 
Der obige Capitular sagte darauf: „Schauen Sie sich doch 
dann auch die dritte noch bestehende Benediktinerabtei 
in der Schweiz, „Mariastein", an." 

Ich musste meine glänzende Unwissenheit manifestiren. 
„Mariastein?" ich habe diesen Namen mein Lebtag nicht 
gehört! Wo liegt dies Mariastein, und wie kommt 
man hin? 

„Sehr leicht; man fährt über Solothum nach Basel 
mittelst Bahn. In Basel fährt man mittelst Post südlich 
nach Elühen. In Mühen nimmt man sich ein Bemer- 
wägli imd fährt nach Mariastein. Mein Bruder ist seit 
1867 Abt daselbst, und Sie werden ihm gewiss eine Freude 
machen, wenn Sie das Meine Stift besuchen." 

Einem planlos Reisenden ist jeder Fingerzeig will- 
kommen. Nachdem ich einige TageinEngelbergzugebracht 
— den kolossalen Titlis mit seinen ewigen Eiszacken oben, 
die Hunderte von Quellen, die im sogenannten Weltend- 
thale aufsprudeln, unten, zu Mittag von 11 bis 2 Uhr eine 
Glühhitze im Freien — und ein Sinken auf -j- 6 '^ R. in der 
Nacht, nachdem ich das Herunterdonnern des eben ge- 
schmolzenen Schnees (Alpenmilch genannt) am Ende des 
Thaies über eine hundert Hafter hohe Felswand bewun- 
dert und der wohlthuenden Liebenswürdigkeit und Zuvor- 
kommenheit der Stiftsherren von Engelberg mich er- 
freut — begab ich mich wieder über Stans nach Buochs, 
fuhr über den Yierwaldstättersee nach Luzem, Solothum, 
Basel, und kam am 24. Juli Abends 5 Uhr in Mariastein 



— 570 — 

an. Der Abt, ein kleiner, origineller, überaus bescbeidener 
und liebenswürdiger Mann begrüsste micb gleich beim 
Eiatreten: „Sie sind gewiss der Dr. Brunner, ich habe 
vorige Woche einen Brief von meinem Bruder erhalten" etc. 

Hier wird zu Mittag um ^z'^^i ^^ Abend um Ygö^^llir 
gespeist. Das Refektorium ebenerdig, es glich einer netten 
reingehaltenen sogenannten. Maierstube eines grösseren 
Bauernhauses, ein Eichentisch, Eichenbänke und Stühle, 
die Fenster dicht mit Laub umsponnen. Acht bis zehn 
Capitulare machten den Convent aus. „Sie haben sicher 
schon in manchem Elapuzinerkloster ein schöneres Refek- 
torium gesehen, als dies da," sagte der Abt. — „Abet 
gemüthlichere und freundlichere Leute als hier hab' ich 
auch noch in keinem Eapuzinerkloster gefanden," ent- 
gegnete ich; und so ging's fort in der unbefangensten 
Unterhaltung, man konnte sich sehr behaglich und wie 
zu Hause fühlen. 

Nach dem Speisen führte mich der Abt in den Garten. 
Es war Samstag und nächster Tag St. Jakob Aposteltag. 
„Sie müssen morgen das Amt halten und ich werde 
Orgel spielen." Abt Leo war einer der besten Orgelspieler 
in der Schweiz. Die Stiffcsorgel wurde nach seiner An- 
gabe construirt. Er producirte sich darauf noch Abends 
vor mir und sagte, nachdem er selber die Bälge aufge- 
zogen: „Jetzt nehmen Sie Ihre Uhr heraus und schauen 
Sie, wie lange ich mit diesem Wind spielen kann, es 
wird an zwei Minuten dauern, das ist ein neues Wind- 
ladensystem." Er spielte vortrefflich, zog dabei natür- 
lich das windverschwendende Pedal nicht ins Mitleiden. 
Er hatte eine kindliche Freude, als ich seine Orgel lobte, 
und sagte in seiner gemüthüchen Weise: „Wenn Ihnen 
meine Orgel gefällt, das ist mir viel lieber, als wenn Ihnen 
mein Spiel gefällt, — denn spielen wie ich können viele, 
aber Orgeln wie diese giebt es wenige." 

Am Sonntag war die grosse Kxrche gedrängt voll, 
der Abt selber spielte meisterhaft sein Instrument; Wall- 
fahrer waren aus nah und fern in Menge herbeigekommen. 
Die Patres mussten vom Morgen bis Mittag in dem Beicht- 
stuhle zubringen. Die PelsenkapeUe (unter der Eärche) 
war so gedrängt gefällt, dass neue Ankömmlinge oft 
erst nach stundenlangem Warten hineinkonnten. Nach- 



— 571 — 

mittag wurde in eine nahe, etwa hundert Scliritt entlegene 
Kapelle prozessionsweise gegangen. Darnach, zeigte mir 
der Abt sein Gärtchen. Hier war alles Miniatur. Ver- 
schiedene kleine schmale Terrassen mit Holzgeländern am 
Felsenabhang, unten eine Schlucht mit dichtem Baum- 
wuchs; kleine Blumenbeete auf den Terrassen, ein paar von 
der Natur gebildete Höhlen in den Felsen hinein, — echte 
Einsiedeleien. 

In einer dieser Felsenhöhlen stand ein Steintisch; ein 
Imbis wurde servirt. Gegenüber der Felsenöffnung der 
Wald, unten die Schlucht, Todtenstille ringsum. Im 
Hintergrunde raschelte es, kleine Vierfüssler rannten aus 
Felsenlöchern heraus an den Felsenkanten der Wand hin 
und her. „Wasist das?" fragte ich. „Das sind Haselmäuse, 
die haben sich hier eiagenistet, es sind gute Thiere, sie 
thun Niemand etwas zu Leide, sie sind hier schon ganz 
heimlich und keck, sie haben keine Angst vor mir ; — wenn 
wir jetzt fortgehen, so lassen wir einige Stückchen Käse 
und Käserinde und einige Brotstückchen hier liegen, sie 
werden sehr geschwind damit aufgeräumt haben." Der 
ganze kleine Garten hatte Aehnlichkeit mit einem KJrippen- 
spiel. Wir kletterten einige in Felsen gehauene Stiegel- 
chen auf und ab; als wir an der Einsiedlerhöhle wieder 
vorbeigingen, belustigten sich die Haselmäuse auf der 
Steinplatte des Tisches ganz ungenirt mit Käse- und Brot- 
fragmenten, sie stutzten ein klein wenig mit ihren runden 
grossen durchsichtigen Ohren, stellten sich wie horchen 
wollend, oder wie verwundert über die Störung während 
ihrer Mahlzeit auf die Hinterfässe und schnupperten mit 
den feinen Naschen in die Luft hinaus, knabberten aber 
gleich wieder mit den scharfen nadelähnlichen Zähnen 
an den Brot- und Käseriaden fort, im vollsten wahrschein- 
lich schon oft erprobten Vertrauen auf die Leut- hier 
auf die Haselmäuse-Seligkeit ihres wohlwollenden Haus- 
herrn und Einsiedeleibesitzers. 

Wie der Abt, so waren auch die anderen Capitularen, 
liebenswürdig, einfach, bescheiden; die Prälatur hier be- 
stand aus einem Empfangszimmer, nebenan ein kleines 
Schlafzimmer und dann eine Rumpelkammer mit Schriften 
und Büchern. 

Die Mitglieder des Stiftes waren thätig den ganzen Tag ; 



— 572 — 

es -waa* liier eine Klosterscliule mit Convikt. Da zahlt 
der im Canton geborene Zögling pro Kopf -wöclientlicli 

6 J^. für die Wolmung und Verköstigung. Das klingt 
unglaublicli! Nur eine grössere Anzahl Zöglinge und die 
gute Oekonomie konnte hier eben auskommen. Die Bene- 
diktiner hatten für ihre Mühe als Professor und Erzieher 
nicht nur keinen EJnopf Entlohnung oder Gewinn, sondern 
für ihre angestrengte Arbeit noch Schaden, umsonst gaben 
sie die Wohnung, Schulgeld wurde auch keines bezahlt. 
Aehnlich ist es noch in Engelberg und in Eiusiedeln. Und 
diese Wohlthat für katholische Eltern, die keine grossen 
Mittel haben und ihren Kindern doch etwas lernen lassen 
wollten, musste von den aufgeklärten Toleranzmännem Hel- 
vetiens unmöglich gemacht werden. Bei der Atifhebung des 
Klosters waren im Ganzen 20 Priester, mit dem Abt 

7 studirende Kleriker, 7 Laienbrüder und 3 Novizen. Der 
edle Abt Stöcklin, von dem wir Eingangs berichtet, war 
geb. 23. Februar 1803, wurde Abt 28. Februar 1867 und 
starb den 21. Februar 1873. Er war firüher Kapellmeister 
des Stiftes, Statthalter zu Beinwil. In der Schweiz ist er 
als Compositeur bekannt. Es existiren von ihm an 60 Messen, 
eine Menge von Vespern, Liedern, auch Operetten, von 
den Studirenden im Stifte aufgeführt (im Ganzen an 
300 Piecen). 

Als Abt er&eute er sich allgemeiner Beliebtheit und 
Achtung. Er war sehr heiter und scherzliebend. Noch 
erinnere ich mich an den letzten Ausspruch, als er mich, 
in das Kapuzinerkloster bis Domach mit seinem Wagen 
begleitete und im geräumigen Refektorium daselbst 
lachend sagte : „Da schaun Sie einmal diese hochmüthigen 
Kapuziner an, die haben ein weitaus geräumigeres und 
schöneres Refektorium, als die armen Teufel von Benedik- 
tinern in Mariastein drüben". Der edle, liebenswürdige 
Mann hat die Aufhebimg von Mariastein nicht mehr zu 
erleben gehabt. Es wird ihm auch nachgerühmt, dass er 
ein vortrefflicher Administrator der Stiffcsökonomie ge- 
wesen, und gesagt: er dürfte bei seinem überaus leut- 
seligen, versöhnlichen, bescheidenen und einnehmenden 
Wesen vielleicht doch im Stande gewesen sein, den ver- 
heerenden Sturm, der über das Stift hereingebrochen, auf- 
zuhalten. Es wird, hier eben nur Mitgetheiltes berichtet. 



— 573 — 

Der Schreiber dieses hat dem liebenswürdigen Leo 
Stöcklia das beste Andenken in seinem Herzen bewahrt. 

Geschichte von Beinwil-Mariastein. Etwa 5 Stunden 
nördlich von Beinwil, in der weiland rothbergiachen 
Herrschaft, an der Grenzmarke dreier Nationen: von 
Deutschland, Frankreich und der Schweiz gelegen, ist 
Mariastein nächst Einsiedeln unstreitig der erste Wall- 
fahrtsort, der Schweiz. Schon vor dem Concü zu Basel 
war die romantische Felsenkapelle ein yiel besuchter 
Gnadenort; während zahlreiche verbürgte "Wunder den 
Ruf derselben mehr und mehr verbreiteten und zumal 
das neue Benediktiaerldoster für die Hebung der "Wall- 
fahrt unermüdlich thätig war, mehrte sich die Zahl der 
Pilger bis auf jährlich 70,000. "Wir lassen hier eine 
kurzgefasste historische Skizze von Beiawil -Mariastein 
folgen. 

Es war in der bitterbösen Zeit des Kampfes zwischen 
dem deutschen Kaiser Heinrich IV. und Pabst Gregor VII., 
im Jahre 1085, als die Klostervögte von Grandval: üdel- 
hard, Graf von Pfirt, Notker, Graf von Froburg, Ulrich 
von Egisheim und Dachsburg und Burkhard von Hasen- 
burg, Bischof von Basel, in einem engen Thale, welches 
die Gebirgszüge des Jura bilden, am Fusse des Passwangs, 
die Benediktinerabtei Beinwil gründeten. Im gleichen 
Jahre sandte "Wilhelm der Heilige, Abt zu Hirschau in 
Schwaben, acht Mönche, an ihrer Spitze als Abt den ehr- 
würdigen Esso, um das neue Kloster zu bevölkern. Nach- 
dem zuerst die edlen Gründer die Schirmvogtei verwaltet, 
kam es an die Grafen von Thierstein, durch deren "Wohl- 
wollen und die weise Leitung Essos, der fast ein halbes 
Jahrhundert den Abtstab führte, sich das jugendliche 
Kloster mächtig zu heben begann. Mit dem Jahre 1445 
beginnt in Folge des Krieges zwischen Oesterreich und 
den Eidgenossen eine Eeihe harter Schläge für das Gottes- 
haus. 1499 brannte es nieder; kaum nothdürftig wieder 
hergestellt^ wurde es, nachdem 1519 durch das Absterben 
der Grafen von Thierstein die Schirmvogtei an den Stand 
Solothurn gelangt, ein Opfer des unseligen Bauernkrieges. 
Seit 1527 verödet, erhielt es auf Ansuchen Solothums 1589 
Mönche aus Einsiedeln, deren Vorgesetzte Administratores 
hiessen und denen 1622 Conventualen aus Rheinau folg- 



— 574 — 

ten. Nachdem 109 Jahre nur Administratoren dem Kloster 
vorgestanden, schritten die Mönche am 10. Mai 1633 zur 
Wahl eines Abtes, welche auf Fintan Kiefer, einen Mann 
fiel, dessen Anstrengvmg es gelang, Beinwil zum dritten 
Male aus den Ruinen zu heben. Die Hauptthat seines 
Lebens aber ist die Erwerbung von Mariaste.in bei 
Landskron, im Jahre 1636, eines Ortes, der durch seine 
Lage und zumal seine Wallfahrt ein weit grösseres Feld 
der Thätigkeit versprach als das abgelegene Beinwil. 

Nachdem die nöthigen Grundstücke für eine Nieder- 
lassung erworben und ein neues Kloster wohnlich herge- 
stellt, erfolgte am 12. November 1648 die Uebersiedelung 
des Conventes von Beinwil nach Mariastein. Am 31, Getober 
1655 wurde die schöne neue Kirche daselbst von dem 
Fürstbischof von Basel, Johann Franz von Schönau, feier- 
lich eingeweiht, und damit beginnt die Abtei Beinwil- 
Mariastein ihre segensreiche Mission auf ihrem neuen 
Boden durch Besorgung der nunmehr mächtig aufblühen- 
den Wallfahrt, Bildung der Jugend, Pastoration von sieben 
Pfarreien und Cultivirung der anfänglich ziemlich unwirth- 
lichen Gegend. 

Mit der französischen Revolution und der Invasion 
der Franzosen in die Schweiz, 1798, ward dieser Thätig- 
keit für einige Jahre ein trauriges Ende gemacht. Wäh- 
rend Abt Hieronymus und seine Religiösen in schonungs- 
losester Weise über die Grenze nach Deutschland trans- 
portirt wurden, wurde das Kloster von den Soldaten ge- 
plündert, die Mobilien zertrümmert und die Güter um 
Spottpreise veräussert; das Kloster selbst ward von Napo- 
leon dem Strassburger Reubel als Belohnung für seine 
Kriegsdienste geschenkt. Glücklicher Weise war das Gna- 
denbild gerettet worden. Im Jahre 1802 gelang es dem 
Abte, das vollständig geplünderte Kloster um 17,000 Frcs. 
wieder anzukaufen und bald erhob es sich unter dessen 
Nachfolgern aus den Ruinen zu neuem kräftigem Leben. 
Leider traten dem neuen Aufschwung mit dem Jahre 1834 
die lästigen Bestimmungen seitens der Regierung bezüg- 
lich der Novizenaufnahme sehr hindernd entgegen, und 
als 1856, durch inzwischen erfolgte Verfassungs- und Re- 
gierungsveränderung, auch die Aufnahme der Novizen 
wieder erleichtert, drohte eine dem Kloster auferlegte Extra- 



— 575 — 

Steuer von jähiiicli 7000 Frcs. demselben in nicht allzuferner 
Zukunft den ökonomisclien Ruin. Diesem kam jedoch die 
Regierung von Solothurn durch gewaltsame Aufhebung 
des Klosters unter Abt Karl II,, am 4. October 1874, zu- 
vor. Während es vier Priestern gestattet wurde, zur Besor- 
gung der Wallfahrt und Pastoration in Mariastein zurück- 
zubleiben, siedelten Abt und. Convent nach dem hart an 
der Schweizergrenze gelegenen französischen Städtchen 
Delle über, wo die neue Colonie bereits in der daselbst 
angekauften und theilweise schon erweiterten Maison St. 
Benoit durch Leitung einer Latein- und Industrieschule 
ihre neue segensreiche Mission angetreten. 

S. Bkunner. 



Verändertmg "bezugs Montserrat-Emaus 

während des Druckes. 

Da die Zahl der Conventualen schon in Jahren vor- 
gerückt und sehr gering war, lag Sr. E. dem H. H. 
Cardinal und Fürst-Erzbischof von Prag, Friedrich Fürsten 
von Schwarzenberg daran, dass das Stift der kirchlichen 
Bestimmimg und dem Benediktiner-Orden erhalten bleibe. 
Als mehrere Versuche, ein österreichisches Stift zur Ueber- 
nahme des Stiftes Emaus zu gewinnen, ohne erwünschten 
Erfolg geblieben waren, übernahm dasselbe der P. T. Herr 
Dr. Maurus Wolter, Abt der segensreich aufblühenden 
Benediktiner-Congregation von Beuron, mit seinem Con- 
vente, nachdem die von Sr. E. dem H. H. Cardinal ge- 
wünschten Bedingungen betreffs der Versorgung der 
früheren Capitularen angenommen waren. 

Nachdem dieser kirchlich correcte Vorgang von Sr. 
Maj. dem Kaiser als Patron des Stiftes die Sanction erhielt, 
erfolgte am 1. Februar 1880 durch eine zusammengesetzte 
geistliche und weltliche Commission die Uebergabe des 
Stiftes an den H. H. Abt Wolter; den alten Capitularen 
wurde ihre Pension aus dem Stiffcseinkommen sichergestellt. 



IsTachschriffc. 



Der Herausgeber meint sicher im Sinne sämmt- 
licher Herren Mitarbeiter vorliegender Schrift zu han- 
deln, wenn er das dafür entfallende Honorar dem Fond 
zur Unterstützung armer Studirender am k. k. Ober- 
gymnasium im Stifte zu Melk zur Verfügung stellt. 

Nur das Mitwirken von Seite der edlen Söhne 
des h. Benedikt hat vorliegende Schrift geschaffen 
tmd wird derselben auch ihren Werth verleihen. 

Wenn Mängel in der Anordnung des Stoffes 
oder in der Korrektur vorkommen und nicht alle 
Wünsche der Herren Einsender erfüllt werden konnten, 
so wird gebeten zu erwägen: dass zwischen der Ver- 
lagshandlung in Würzburg, der Druckerei in Leipzig, 
der Xylogr. Anstalt von Allgaier & Siegle in Stutt- 
gart, die den Schnitt der Holzstöcke besorgte, dem 
Herausgeber in Wien und den Herren Einsendern der 
Manuskripte mehrere hundert Briefe und Sendungen 
hin- und herliefen, dass manche Artikel und Vor- 
lagen zu den Bildern erst während der Drucklegung 
an den Herausgeber gelangten, und dass trotz der 
nach verschiedenen Seiten hin beobachteten Eück- 
sichten doch noch immer Anstösse und Unzukömmlich- 
keiten vorkommen können. 

Wenn das Buch dazu beiträgt, neuerdings auf 
die unsterbKchen Verdienste des Benediktiner-Ordens 



~ 577 — 

für Keligion und "Wissenscliaft in weiteren Kreisen 
aufmerksam zu machen, so werden die Herren Mit- 
arbeiter in diesem Erfolge gewiss den besten Dank 
erkennen und den würdigsten Lohn empfangen. 

Die Druckerei B, G. Teubner in Leipzig, 
eine der ersten des Continents, hat in den letzten 
Tagen — um die Herausgabe am Feste St. Benedikts 
zu ermöglichen — täglich 6 Druckbogen fertig 
gebracht — ein Umstand, der bei jedem Kenner 
gegenwärtiger typographischer Anstalten und der 
Leistungsfähigkeit derselben alle Anerkennung 
finden wird. . 

Wien, den 15. März 1880. 

Der Herausgelier. 



Ein Benediktinerbuoh. 37 



Inhalt. 



Einleitung. Von S. Brunner. Seite 
I. Zur Entstehungsgeschichte vorliegender Schrift 3 
IL Das Wirken des Benediktiner-Ordens im Allge- 
meinen 4 

in. Die aufgehobenen Herrenstifte in den der- 
maligen österr. Erblandeu 8 

Arnoldstein 8 

Giirsten 9 

Gleink IQ 

Gloknitz 10 

Mehrerau 10 

Klein-Mariazell 18 

Mondsee . . , 18 

Montserrat 19 

Ossiach 19 

IV. Die aufgehobenen Frauenstifte in den der- 
maligen österr. Erblanden 20 

Fiume 20 

St. Georgen am I/ängsee 20 

Göss 21 

Jaroslaw 22 

Sonnenburg 22 

Triest 23 

Einstige Herrenklöster in Böhmen 23 

V. Die Benediktinerabteien im alten deutschen 

Eeich und der Schweiz im 18. Jahrhundert . 24 

VI. Herrenstifte, -welche noch 1734 bestanden . . 25 

VIT. Frauenstifte, welche noch 1734 bestanden . . 34 



— 579 — 

Seite 

VIII. Uebcr die Verwenclung des eingezogenen Kloster- 
gutes und Schluss der Einleitung •.• 38 

Admont in Steiermark. Von Jakob Wiciiner ... 40 
Altenburg in Niederösterreich. Von Coelestin Wolfs- 

gruber 76 

St. Margareth in Bfevnov und Braunau in Böhmen. 

Von Romuald Schramm 84 

Montserrat-Emaus oder Slovan in Prag. Von Wenzel 

Schanda 100 

St. Georgenberg, nun Fiecht in Tyrol. Von Bernard 

Lierheinier 117 

Göttweig in Niederösterreich. Von Adalbert Dungel 125 

Stift Göttweig. Gedicht von Brunner 150 

Muri-Gries bei Bozen. Von Bernard Lierheimer . 152 
Kremsmünster in Oberösterreich. Von Wolfgang 

Dannerbauer 158 

Lambach in Oberösterreich. Von Pius Schmieder . 179 

St. Lambrecht in Steiermark. Von Norbert Zechner 195 

Marienberg in Tyrol. Von Bernard Lierheimer . . 212 
Martinsberg, Erzabtei in Ungarn, mit Bakonybel, 

Dömölk und Tihany. Von Berthold Labach . . 218 
Mechitharisten-Congregation von Triest-Wien. Von 

Paulus Hunanian 256 

Melk in Niederösterreich. Von Friedrich Heilmann 261 

Leopold I. Gedicht von Brunner 288 

Die Eroberung von Melk. Gedicht von Brunner . 291 
Michaelbeuern, Diöcese Salzburg. Von Roman Baum- 
garten 293 

St. Paul in Kärnten. Von Beda Schroll .... 301 

St. Peter in Salzburg 331 

Kaigern in Mähren 350 

Schottenstift in Wien. Von Berthold Bayer . . . 368 

Jasomirgotts Monument. Gedicht von Brunner . . 419 

37* 



— 580 — 

Seite 

Seitenstetten in Niederösterreich. Von Godfried Friess 425 
Frauenconvente des Benediktiner-Ordens in Oester- 

reich 449 

Nonnberg in Salzburg. Von Matliildis Barth . . 450 

Sähen in Tyrol, Von Gotthard Ableidinger . . . 454 

Andechs in Bayern, Von Magnus Sattler .... 458 

St. Bonifaz in München. Von Magnus Sattler . . 472 

Dissentis in der Schweiz 482 

Maria-Einsiedeln in der Schweiz. Von Gabriel Meier 484 

Engelberg in der Schweiz. Von Ignaz Ondermatt . 498 

Metten in Bayern. Von Godehard Geiger .... 507 

Ottobeuren in Bayern. Von Hermann Koneberg. . 520 

Scheftlarn in Bayern. Von Th, Brunner .... 535 

Scheyern in Bayern. Von AI. Hartl 541 

St. Stefan in Augsburg. Von Sigisbert Liebert . . 548 

Weltenburg in Bayern. Von August Lindner . . . 556 

Frauen-Chiemsee. Von Melchior Eberle .... 559 

Beinwil -Mariastein. Von S. Brunner, 569 

Nachschrift 576 



-^5 SeBaflian Brunners 5d/riften. t^ — 



^n '\ämmtliä)en 95uc^I)onblungen ®eutfc^Ianb§ §u Bestellen, 
■namentlit^ buxd^ bte ^eo ^XJ-jerl'fc^e S3uc^= u. firc^I. ^un[t= 
üerlogSl^anblung in SKür^Burg: 

Jliß €«n|igtnopn Ji^r ÄicJlcrj^Uc* ®a§ aSirfen be§ ^Ieru§ 
in ben ©eBieten ber SJlalerei, ©!ul:ptur unb SBanfunft. 
S3iogra^:§ien unb ©üsäen. 2 Steile. 8. 1863. 

Sa§ erfte Uterarifd^e 5D3erI üBer tiefen ©egenftanö. Sie l^iftoriit^« 
pDliti]d)en SSIötter au§ SDlünd^en, bie SBäiener Slltgemeine Siteraturseituna, 
bo§ SeitJäiger Siteraturblott, bie SBienet ttjeorDgifdpe Quartalfc^rift, „(Sntolpa" 
unb onbere SBIätter ^aBen ben SBert:^ bieder Slrlieit anetlannt. ®ine tüd^tige 
Äenntni§ ber Äunftitteratur wie ber erjten ©ommtungen unb Äunftf^äfee 
@uro^o§ , <)ofitioe§ SEßiffen o:^"^ ötel ^erumreben , ein f^orfeS unb gelungenes 
Uttjetl in toenig SSorten, eine anäteöenbe ©(^rcibroeife (fo ba§ Dr. Äreui'er 
in Höln barüBer fd^tieB: „@§ ti^ut einem leib, trenn manäie SBiograp^ie ju 
©nbe ge^t, «tan ntö^te immer nod& fortlefen"), ein SBetoältigen be§ »eit 
aerftreuten ajioterials unb ein feitieä S8erftänbni§ für bie Äunftft^ö^fungen 
be§ fSSlittelaüexi toirb in 58ef))re(^ungen biefer Sd^rift BefonberS :|erborge. 
5oben. deinem ®eiftli^en , ber ouger feinen t^eologifc^en ©tubten aud^ auf 
ber ^öfji allgemeiner Silbung fielen unb lia^ SunftftreBen in ber Äirc^e 
fennen lernen rtitt, tote aud^ feinem geBilbeten lot^olifcöen Saien foEte biefe 
e^rift unBelonnt fein, bie auf einem neuen ©eBiete SBa^n geBro^en unb 
burÄ bie Sarlegung eine§ ©runbftoifeS ber etnft^Iögigen Literatur biefeS 
SSSerl bem Äunftl^iftoriler unb Six(^enfii\toüUr: unentbehrlich gewollt _^ot. 
(S§ entWt 45 au§fü:örlici)e SSingro^^ien unb in 20 gfJummem Biogrojjl^if^e 
©liäsen öon Äünftlern ou§ eBenfo bieten Drben, fo baB ber Snbej üBer 
650 «Kamen ouSloeift. Ser fiirdftengef^i^te ift burc^ biefeS SBerf ein für 
unfere, ba§ ÄunftftreBen be§ 5KitteIoUer§ mürbigenbe Seit intereffantec 
2lBf(f)nitt wü Jjofitiöer ®aten jugetuoc^fen. 

Unter ttis2Vi3A$tn «nö STöiitcir* ©pasiergänge in ©eutjd^Ianb, 
gtanfreic^, ©nglonb unb ber ©rfittieig. ^toette öerme^^rtc 
Sluflage. 8. 1863. 

e§ tourben in biefer Sd&rift Srlebniffe unb SrgeBniffe Bon brei SluB- 
flugen in ben Sauren 1860, 1861 unb 1862 niebergelegt. Singe^enbe firitilen 
in öerfd^iebenen SSIättern 5aBen fi^ Beim erften erf^einen öoH Stnetfennung 
üBer biefelBe auSgefproc^en. 

®er StBgeorbnete unb I. Bot)rtfdöe Söibliot^elor Dr. Sßulanb, tuetd^er 
biefer Schrift in ber aiHgemeinen Siteratur-Seitung eine längere SBefprec^ung 
JBibmet, fogt unter Slnberem über btefelBe: „SBaS Srunner fe^reiBt, ift gut 
gefd^rieBen: feine ©i^reiBort ift d)aralterifttftö , ift origineE. SSei ben 
Silbern au§ 5J}ari§ weilt man gern um beren Siütö«^ roiEeu, am lieBften 
aBer finb fte un§ burd^ SBrunnerS ©taffoge, bie toirfli^ oft üBerraftfienb 
fcfiön ift. «KandOe aber ift erfd^ütternb, bringt burc^ 3KarI unb »ein. 
UeBer Äird^en unb Ätrd^^öfe in 5ßari§ finben fid^ bie f ^lagenbfien 58e. 
merlungen. ®a§ Suc^ gehört in bie 3leibe jener SSüt^er, bie man in 
coDtinuo fortiefen fann, o:|ne ju ermüben, unb an beren Enbe ongelangt 
man toünfc^t, bog man nod^ me^r äu lefen l^ätte." 

Ein Benediktinerbuch. 



— II — 

Dr. §ülifam|)§ Sit. Stnäeiuer au§ ilKünfter" fagt barüBer: „Sag SBui^ 
fjjtubelt bon §umor, SBife unb Satire ; e§ förbert tau[enb neue, f ^orf e, treffenbe 
S3eo6ad)tungen ju Sage: e§ l^ält fic^ aud^ immer auf einer gettJiyfeu §ö^e 
be§ ©efcftmads unb ber $8itbung, e§ tft bur^fte^t bon einer terngefunben 
®efinnung, unb bie ©frad^e 5at ©ewanbt^eit, Seic^tigfeit, ßljarafter." 

3)te neue Sluflage tft berme{)rt mit JBitbern au§ 3fi:^eim§, SBinbfor, 
©anterbur^, D^forb, neuen SKiniaturen au§ Sonbon u. f. to. 

Äcnnfl bu Ms fötti»? fettere f^al^rten hnxä) Stalten. 8. 1857. 

Obige Schrift l^at lurj nac| i:^rem ©rfcöeinen aUerfettS bie größte 2In= 
erlennung gefunben. 5öie SDäiener Leitung, bie Siteratur^eitung , bie 9leue 
SUlün^ener Leitung, Seutf^tanb, Bie 3lug§6urger 3ß.»3ettung, ®er§borf§ 
3iei3ertorium ber beutfc^en unb auSIänbiftfien Siteratur, bie 2eii)siger SSIätter 
für literarifc^e Unterhaltung u. ö. a. ftimmen fämmtlicJ^ in i^rem SoBe üBerein. 

Sie Seipäiger SBIätter für literarifc^e Unterhaltung, bie bem SBuc^e 
eine lange a5ef))recf)ung rtibmen. jagen unter Slnoerem barüBer: „©§ fra^itt 
äuöörberft burd^ grifc^e, gülle unb QSeift ber 2tuffaffung. (Sine 
f leb^ofte, hJt^ige unb burtfi Saune anjie'öenbe ©d^ilberung 
3talten§ ift un§ lange Seit i)tt niäit gegeben Sorben. Ser 
Sßerfafjer fjat bor ben franäofifdien 3ieifebefcf)reibern SumaS, §ugo u. 21. 
Uniberfatität, SSilbung unb Siefe be§ ®etfte§ borauS; er trifft 
ba§ SRed^te mit befonberer ©d^ärfe unb ttarem SJIid. — SSolf, Sanb unb 
Seutc finb fein S^ema, unb fo malt er un§ auch bie SSettler Bon Sioorno 
im ©tt)I GarabaggioS, bie bon <J3ifa in $ogartB§ SJJanier; e§ fte^t il^m ein 
frifc^eS, Eü'^neS unb oft treffenbeS Sunfturf^etl ju ©eBote" 
u. f. ttJ. u. f. h). ,,SSir erreid^en ba§ legte ber 140 ©obitel ungcfäBr mit 
ber Em^jfinbung, al§ 5a6e un§ 3emanb bnxäj eine frifc^e unb Beitere 
©artenanlage an mand^er tounberlidjen ®rup))e borüBer ju unferem (£iu= 
gang§pun!te jurüdEgefü^rt." 

5Cu5 öent lütnthiQtx- «nö f ongöbarJienlftttö, %üt §tnretfer 
unb §etmbletber. 3*^^^^^ Bebeutenb öerntel^rtc 5luflage. 

8. 1860. 

Ser SBerfaffer ^at fid^ BeftreBt, in SBesie^ung auf ©efi^id^te, Äunft 
unb SSoItSIeBen aud^ für ben miffeufd^afttidi gebilbeten Sefer neue ©tanb= 
))un!te ber SSetrad^tung aufäufuien. 

Sn ber neuen aiuftage ijoben auä) bie ©täbte SUlantua, SSergamo, 
58icensct, Ubine unb Srebifo einge^enbe aSürbigung gefunben, fo bog 
in ber ©d^rift alle Bebeutenben ©täbte üon ßombarbo»$8enetien 
eingefcEiIoffen finb. kleben getoöBnlit^en SKeifeBaubBüi^ern mag bie§ SSut^ 
für geBitbete Sefer be§9ieuen unb Sluäiel^enben genug barbieten, ©rünblid^e 
©tubien üBer ba§ Sanb unb eine gefcfjmocEoo Ife STuStoa^I ber 
58etradötung bteler Bi§5er gäuälidE) unbelannter unb unBe= 
ad^teter ©egcnftänbe, fowie bie eBenfo migige al§ geiftrei^e 
Sarftellung finb fc^on an ber erfteri SluSgabe in Eritif(t)en Sölättern 
gerühmt töorben. 

fettere StuMeit mh ^xitiktn in unö übzv MnlHn, 2 Steile. 

8. 1866. 

Siefe ©tubien l^aben toegen beS 5ReicBt^um§ unb ber SKannigfaltigleit 
i^re§ Sn^altä, toie aut^ megen iBre§ SDäi^eä unb ber 2ßiffenfd)aftli(|teit 
i^rer SorfteKung in SBolfgang 9KenäeI§ SiteraturBIatt, in ber 3Ittg. Siteratur» 
jeitung u. a. bie BeifäEigften a3efi)red&ungen gefunben. ®er erfte SSanb 
fianbelt bon Sßenebig, Bologna, glorens, ^ifa, Siborno, 'Stea\)el, ©amalboli, 
<Bom}3eji, Orbieto, unb ber gmeite bon 3iom, Stibono, graäcati, ©ensano, 
3;iboIi unb anberen Drten ou§ ber Umgebung SRomS unb au§ ber Eampagna. 



~ III — 

Hins Ißaffmnsfpiü ?u mtxammtv$m in ben ^af)xtn I86O 

unb 1870. ®{e 9ieife üon ajlünc^en ou§. — |)tftortfc^e 

©inlettung. — SSoUftönbiger Sejt ber ©pre. — Stflärung 

ber SSor&tIber. — SSefd^reibung ber ©ccnen. ©ritte 

Sfuflage. 8, 1870 

Sn biefer ©ftrift pnbet fic^ 5tEe§ Beiianmen, ItiaS ber SBeiu^et Dom 

$J3a5fton§f))teI im DBerammergau ju ttifien rötliig 5ot, um ftdÖ für bcn 

SBefud) be§iel6en öotäuBereiten unb in bie redete Stimmung gu öerfe^en, 

tote auc§ um jid^ nad^ ber $anb an bie einselnen ©cenen unb aStlber 

beSfelBen erinnern ju fönnen. SSer nic&t (Selegentieit pat, nac^ Ober- 

ammergou ju lommen, ber tottb in biefer (äci)rift biefe merltoürbige 

bromotild^e SßorfteHung mit leB'^often garben gefd^ilbert pnben. 

©jfrijiiljte mn Wuntx-^tnfiatU SSien 1842. 

®efiit^tt hts lunJiJ^ifiirpiirijen #flrlit:e0 psrriitoliisJiorf. 

SSien 1842. 

€kmm$ ^tjrta ■^isf(bmtv mh ftim MU SKiniaturen sur 
^trc^engefd^ic^tc bon 1780 bi§ 1820. 8. 1858. 

®iefe§ aSerJ entplt als retcöe Staffage ber Sßiograf ^i^ §offBauer§ eine 
große Slnga^I bon U^ev nit^t üeröjfentlidfiten SBegeBenfieiten , ©cenen, 
änelbnten unb ©cf)ilberungen. ©igenl ftnb bie Suftdnbe bon Sffiarfd^au uadE) 
ber Slbbanlung ©taniSlauS II. CßoniatotoSfiS , BefonberS aber bie SBiener 
Suftänbe öon 1780 B.i§ 1820 mit Dielen me^r ober minber Belonnten 
^erfönlidjfeiten ilTuftrtrt , barunter: Släermann, Slemenä SSrentano, 
abom SIKiiller, Sari @raf bon 6ouben:öobe, ?[5rima§ ©alberg, 
Solliner, ®ru6er, ßräBifc^of §o^entoart, ÄtinJotoftröm, 
ßü^nl; 3lntDn?[5afft),@rä5erjog3Iainer,af{uttenft od, ©Riegel, 
aSeit:^, griebricö SBerner, SBilbe, SKilofc^, SSeintritt u. 21., eine 
Bi§Ber unbelannte ©ceneauS bemSeben 9tapDleon§, eine S^aratteriftil 
^oftbauers. bon So^. ®m. SScit| u. ]. tt. ®a bie ©t^ilberung religiöfer 
unb fircEiIic^er 3"iiäube ber angefül^rten «ßeriobe Bi§:^er fefir toenig geppegt 
tourbe, bürfte biefe ©cprift um fo mel^r ^ntereffe barbieten. Su 2lm|terbam 
Bei Songenöuljfen ift eine lleberjefeung in§ ©Dllönbifdje erjd)ienen. 

U^r IßuUBtxoxhBn in Wun »nJ» ®$pcrwiri)[» iRegcften, 
©offectaneen, 3ldxoioQkn, @;f)ito^:^ien,Xlmt)erfität§=2tngeIegen= 
Reiten, 5ßrofe§= unb Sruberjc^aftSBüi^er, 'biogra|)'f)ijc^e unb 
:^iftorifd^e ©Hggen; au§ ard^iüalifd)en bi§|er unebirten 
Quellen mitget:^eilt. gr. 8. 1867. 

Sie urlunblic^en 3Kitt:^eiIungen biejer ©dirift tourben toegen be§ großen 
^iftorifc^en SBert^eä ber^elBen für bie öfterrei^ii^e Siräjengeid^id^te in 
toinenfdiaftlit^en unb SiteroturBIöttern befonber§ |erborgef)oBen. 

Mt t\ftalsi$ifttjt Mtntxfäjü^ am ^of^^öf^epljs II. ©cl^einte 
©orref^onbensen unb ©ntpHungcn jum SSerftänbni^ ber 
^r^en- unb 5ßroyangejcöic^tc in Öefterretc^ öon 1770—1800, 
au§ bi§:^er unebirten Öuefien ber !. !. §au§=, §of=, ©taot§= 
unb SJlinifterialarc^iüe. gr. 8. 1868. 

Sie 2IH9. Sit. =Seitung fagt üBer bitie ©cEirift SoIgenbeS: „Slußer ben 
^öä)]i intetenanten getjeimen S3erid)ten be§ öfterreitfiiT^en SDJinifieri äu 9Jom, 



— IV — 

(Sarbinal ®rafen ^erjan, an bett fjürften Äauni^ entptt faiefeä SBäerl eine' 
fJüHe au§ Slrd^iüen gejd^ö^jjter, Bisher unbefanntec Z^at\atä}en. (S§ ift ent' 
jd^ieben ba§ erfte unb toicöttgfte dueHentoerJ über bte Itr^Ii^en Suftänbe 
in Oefterret^ üon 1770 bt§ 1800. 3Iu§ ben reicfien gunbgruben beä f. r. §au§=, 
§of. unb ©taat§= unb bec übrigen TOnifterialard^ibe würbe ba§ Sntereffantefte 
unb SBic^tigj'te raitget^cilt, \o hau btefe übrigens ganj unb gar obiectiö 
gehaltene ©c^rift nid^t nur über bic angesetgte 35eriobe pt^ft le'&rrei^ ift, 
fonbern aucö eine mirEIic^e SBeretd^erung ber Siteratur über ^o\e)p^ II. 
genannt werben Jarin. — SBir werben auf biefe§ l^errlid^e SOSerl noc| au§= 
fü'^rlid^er ju fpred^en fommen." 

Jler f utnor iir Ut M^lomatit nvit K^gterungakunöi U$ 
18. ^a\jx\}mUxt$. §of=, mel§= unb biplomatiid^e Greife 
Scutfd§Ianb§, gefd^tlbert an^ ge^^eimen ©efanbifc^aftsberid^ten 
unb anbeten ebenfalls burtj^toegg ax^töatifd^en Bt§I)er 
unebtrten Duellen. Qmi SSänbe. gt. 8. SSien 1872. 

@ine gunbgruBe ber ^jüanteften unb tntereffanteflen Details au§ ber 
fpoliti! unb bem ßeben ber Meinen §öfe, ou§ einigen öunbert SSänben unb 
gaScileln gemeinter ©efanbtfc^aftäberi^te äufammengefud^t. aKan meint 
einen 3toman ju lefen unb e§ ift bod& 2tIIe§ })ure 2BirfItd5!eit unb ^iftorifc^e 
Söatfac&e. 5Ranfe unb anbere §iftorifer berufen [lä) in ßitaten oft auf 
biefe§ OueEenwerl. 

^ofeplj II. K:^ara!teriftt! jetne§ SebenS, fetner Slegierung unb 
fetner ^irc^enxeform. f^i^eiburg, Berber 1874. 
Stefe ©c^rift, bur^au§ objectiti — o^ne ®rfinbung u. Stnelbotentram — 
ift na^ arc^iöaliji^en QueEen bearbeitet. 

Correspondances intimes de l'Empereur Joseph II avec 
son ami le Comte de Cobenzl et son premier ministre 
le Prince de Kaunitz. Puisees dans les sources des 
arcHves Imperiales jusqu'ä present inedites. Avec nne 
introduction et des notes historiques. Par S. Bednner. 
Paris, Lethiellieux. Mayence, Kirclilieim 1871. 
Steje ^ier junt erften 9KaI ^ublicirten SJriefe geben ein neues Sic^t über 

bo§ SSer^ältnip ^o\i!pi)% SU launig unb Sobenjl, unb über bie eigentpm» 

lic^e abfolutiftifc^e 3Jlet^obe biejeg SKonar^en. 

Jlie Mvdjt unh Ut Strttttgoge* 2tu§ bem grauäöftfd^en be§ 
S. gju^ert. aJltt 9ioten unb Söetlagen. ©c^aff^aufen 1864. 

U« ^^prtjll üjrgnügliiljlie llatlf" ht$ €lmßx:^trt Cnrl 
:^lbuilfl. vm ^Biitjßrit nad; ^itlk 1739» diu :^eitere§ unb 
getreues SSifb be§ beutfc^en §ofIeben§ unb §ofceremonteH« 
tut 18. Sa^r:§unbert. ^aä) einer §anbfi^rift ber iölünclner 
§of5 unb ©taatsbibliotl^e!, mit einer l^iftorifd^cn ©intettung. 
SSien, SUia^er 1871. 

Cljurks £0Ut0 Hidjfflrii aus tzm IßuUcitxifXhtn. ®a§ Seben 
eines 3Se!enner§ att§ bem 18. ^a'^r:^unbert. SIuS bem 
grauäöfifi^en beS SJlouIaert. SRegenSburg 1870. 



— V — 

"SttVLfalm. ^u§ bem granäöfifc^en. SSott ^acqueä SOtiättn 
3?egen§Burg 1844. 

3lu§ bem ©pantf^en. SBten 1853. 

3lBr flräliicattt Cafpur Sinktor» ©eine ©c^icffate u. f. tu. 
ein ard^iöalift^eä ©aBtnetSftüiJ. SSten, SJla^er 1871. 

SCgruttt* einige Siotigen ü6er SSergangen'^ett unb ©egenföart 
ber §auptftabt Kroatiens. SSien, 9Jiat)er 1871. 

jOas €tbm ö^5 IT0rtl«rflp:0|iel£; St» Btmürtf öon feinem 
@c§üter (Sugip^iu§. ®ie toic^tigfte Utlunbe an§ ber 3eit 
ber SSöIfertranberung. 2tn§ bem Sateintjd^en. SiJiit (ltn= 
leitung, (Scfförnngen, möglii^ft üoHftänbiger Siteratur nnb 
einem SSeridöt über bie ©rabjtätten ©t. ©eüerin§ Bi§ anf 
bie neuefte 3eit- SBien 1879. 
iJlacö bent SetiJäißer StteraturBIatt bie botjügtic^fte Ue6et|eöung 

be§ ®ugii)))tu§, jelbft ber be§ 9toben6erg borsuäte^en; btefe Sluägabe enthält 

bie üoUEommenfte Siteratur ü6er ©eöerin. 

51te ^Dfjlerteit Ut ;2Cttfkl5rung in Oefterrei^ 1770 — 1800. 

2lu§ ard^iöalifc^en nnb anbern Bisher nnbeoc^teten Quellen. 

SJlainä, ^rc^leim 1869. 560 ©eilen. 
®ie6t bie ÜB errat d^enbfte n Stufic^tüfle üBer bie gerühmten ©ttmm- 
fü^rer unb Freimaurer aug ber 9IuftIärung§^eriobe. Ser bielgerü^tnte 
§ofrat^ ©onnenfets toirb Bei einer ie^r t^mu^gen Dellteferungägefd^ie^te 
im ajunbe mit jeinem {emitij^en SBruber ertappt — unb rettet fid^ nur burc^ 
eine !oIoif ale iS^meidjetei (üBer S of epö HO oor ber ftraf geric^tli^en SSerfotgung . 
(Sin SSünbel Slften au§ bem^a'ladölajie beS Freimaurer? unb 93roBfte§ 
S)ufour, ben :^ofep^ IL jur aieformirung ber fic^lit^en giiftänbe nad^ 
SBelgien janbte, eröffnet SBIiäe in bie Belgifd^e JReöoIution u. \. h). SDie SBiener 
tJCri^iöe über jene $eriobe ftnb mit g£ei§ unb Sluäbauer Benü^t u. f. to. 

■^uvttt mx htm Sfriburwl iier Ualjrljeitöfriuitbe. (Sine SSer= 

t^eibignng §nrter§ gegen feine :t)rotej'tantij(^en ©egner. 1849. 
Hom uiiö iSabrjlcit. ©ine SSert^eibigung ber ©räfin ^a^n- 

^0:^X1 gegen bie ©cBriften breier 5ßrofcfforett nai^ tt)rer fStM' 

!e^r äur ^irc^e. 1852. 
•^vtH^tn- unö Staatögebfittkeit» Stp'^oriSmen üBer ^trc^ens 

regierung. Söien, ^a^er 1849. 

;2Cttö htm Itfldjlap be§ durften Stiejanber §of)ento'f)e, S3ifd^of§ 

öon ©arbica. 9ftegen§6nrg 1851. 
51er Zt^ti^ Ucitan unb fein ©bangelium. 3. Sfuflage. 1869. 

®iefe (S^rif t Würbe bon einem ©efammt^irteuBriefe bea BatjriycBen 
EpiffopatS (2 EräBifc^öfe unb 6 93ifdftäfe) BefonberS empFo^ten. SDw Ba^rifd^e 
3t6georbnete Dr. fRuIanb Beäei^nete biefetBe in ber Siter.= Seitg. in einer 
längeren SBefpred^ung ot§ bie fctitagenbfte SBiberlegung 3Jenan§. 

f awUiettUudj für bo§ ^irc^enjatjr. 3iegen§Burg 1852. 2 SSbc 



— VI — 

Mt ksit}jalif äftn fi£püQs. §omiUen in ber UniberfitätSfird^e 
äu SSien gefjalten. ^egen§Burg 1859. 

51110 f olj^prfepcrgeM 3tju Cliripi (:go^onne§ XVII). ^n 
§omiIten für bte gaftengeit. tRegenSburg 1855. 

PäuIus in 5Ctlj«n* @runbtt)a:^r:^eiten ber ateltgion mit 9tü(f= 

fic^t auf ba§ !laffifcf|e uitb moberite ^eibent^um für ©cbtibete 

üerftänblic^ bargeftettt. dritte umgearbeitete uub öer= 

mefirte Stuflage. SBien 1876. 

©ine Jjröcije Volenti! gegen lanblöuftge igrrtpmer ber Seit unb Banale 

$f)raien. Dr. Sluguft aUet^enJ^jetger fagt in ber „®ermania": SDSir toünfdjen 

bem „«ßaului in Slffien" ein re($t toeitgteifenbcS unb ct?oIgretd^e§ 9ti3oftolat. 

(EtnUttuns pr f outtletili: i^tx !iteu?;eit» giegen§burg 1849. 

Sn biefer ©^rift toerben bie Slnforbcrungen , toeld^e bie Seit o« ^^^ 
33rebiger ftellt, be^prod^en. 

3tfu$ mein toten, — ^nzU in €ljvi^u$, — ©laute, f of- 
nung mh f iete, — OScbctbu^ für bie SwQcnb. 

©inb 4 ®e6etBüc^er, üon benen bie erften in 8 unb 6 fiebeutenben Sluf» 
lagen »ergriffen tourben. 

Stomas a ßcmpis' Ueberfe^ung. 6tereott)p=SJu§gabc. 



itfnmmdte Itjö^lungjii unb ptix^t §d)ttftEn anti 5. fmmtt 

in ätoauäig Sßänben Bei Wan^ in fRegenSburg. 

J!iogen:eiö mn ^Cjfdbrunn, Wlit Fragmenten au§ btn ^a= 
pkxen feiner greunbe. 2 SBänbe. 2;-2lufIage. 

Ser berliner ©efeUfd^after Tü'E)mt „ba§ auggeäei(i)nete S^alent ju er= 
jäl^Ien, bie unbergleid|li^en giguren unb bie reifte «JSIaftiE be§ SeBenS, mit 
Der bie Söilber fräftig au§ bem IRa'ömen ^eröortreten , fo ätoar, öag e§ ben 
ßefer otbentü^ öerbtieSt, fol^e Eapitalmenj^en nic^t weiter bur^§ SeBen 
Begleiten ju fönnen". |)etnri^ Leiter in: „Sat£). dräol^Ier ber Sßeuäeit. 
«ßaberBorn 1880", fagt üBer SDing. : „(£§ niu| Bemerlt föerDen, bag ung S8. ^ier 
mit einem tta^ren geuerwer! glänjenben 5!Bi§eS entöüdt. SEelt unb 3Renf(^en, 
Stteratur unb SSiffenfc^aft hierben Beleucf)tet üom ©prül^regen üBerrafc^enber 
unb geiflreid^er ©ä|e." „S8. üBertrifft Sein 5ßaul nidöt feiten ba, tto e§ ft(^ 
um einen tobtfd^taglauuigen SBife, um ben ^otntttten 9lu§brutiE etne§ ®e= 
banfen§ ^anbelt." 

Bt$ ®em£$ Miti^tux unb CSiüik, 2 SBänbe. 3. Sluflage. 

S>ie Seipä. SSIdtter für liter. Unterhaltung, meldte Bei ©c^riften fat^. 
Stutoren geroig feiner 5ßarteilid5feit ju Befd^ulbigen jlnb, ftetten ben 2Ser= 
f affer ben englifc^en ^umoriften ©toift unb ©terne an bie ©ette, unb 
nannten bie ©^rift „eine ber merfwürbigften ©rfi^einungen ber ©egenroart." 

kernte unJ> feimat. Stu§ eines ®id^ter§ SeBen, ©enfen 

unb ©ingen. 2 SSbe. 3. Stuf läge. 
Wtt |)rin?:enrdjule }Vl ^xrprclgliiik. 2 93änbe. 

©ine }3oIitifd^e ©at^re, in toelt^er ber Sßerfaffer öiele feiner ©rfa^rungen 
niebericgte, lDeI(|e er roä^renb feiner fünfjährigen Slnftellung im au6er= 
orbentlit^en Sienfte be§ Defterr. 5Kintfterium§ beg STugttiärtigen (noc^ unter 



— VII — 

ÜKetternid^) gefammert ^at Sie SRebotution tion 1848 tourbe Beim ©r» 
f(^einen bet erften Sluflage (int DctoBet 1847) entfliehen angefünbigt. 
TOotto : e§ ift bautet im ©c^erj su fe^n, 

SBie tütr im Ernft jum Sieufel gei§n. 

lUöljjr? ?ll!)0ljtn? ©ejd^tc^ten, ©ebanfen, SSilber unb Seute 
cu§ tneittem SeBett. 2. 2tuflage. 5 SSänbc. 

Ser SßerfaiTet fiat :&ier bie (£rfa|rungen eines Bewegten, mitunter 
ftürmifc^en £e6en§ niebergelegt. — Äinb^eit, Sugenb, grembe, Stubien« 
seit — ia?: SeBen aU Kaplan auf bem Sanbe unb in ber 9?eftben5; feine 
Söm))fe unb Seiben al§ lat&olif^er Sournalift, feine aSefuc^e Batb in ben 
©alonä bet "^olien ©efettfd&aft§!reife , Balb in ben @|)elunlen ber 3lrmut:ö 
unb ^Ilot^, fein 9ier!e:^r mit ^o^en renommirten «ßerfönlid^Ieiten finb :plaftif^ 
gef(^ilbert. Siefe ©c^rift tourbe mit bem aKgemeinften SäeifaHe aufgenommen. 
S)ie Opuacoli Tari (eine laf^ol. Seitf^rift in ilRobeno) Brachte 2tu§äüge 
barau§; in ber Kevue catholique hjurbe fie BefonberS empfohlen. 

Juane thekel phares. ©in Ie|te§ SBort an bie armen 
gleichen. 3. STuflage. 1864. 

2Kit bem 5Wotto: 
@» foH ber Sid^ter toie ba§ §er5 — im 2ei6 ber SKenfc^'^eit fc^Iagen 
Unb i'^re Suft unb i^ren ©c^merj — in fi^ gefammelt tragen. 
©0 mag er jebeä ©tec^f^um lang — bor feinem 8Iu§brudö fpüren, 
ffienn gieBerf^auer falt unb Bang — fein Jperj toie (£i§ berühren. 

Siefe ©c^rift erfaßten ju Sßariä in§ fyranjöfifc^e üBerfe^t. 

?J5oetijci)e<Scötiftcn93.'§ in Steinten jtnb folgenbe: 
31er jßflbentorger ffiljrenpreiiö» 4. Stuftage. 
Mt Wtit ein epos» 4. Sluflage. 

9Jiotto: ®a§ ift ein ®^30§ tounberBar -erltungen, 

SDie ©t^öpfungstage ftnb bie fedftä (Sefänge, 
®er ©änger: ®ott, er felber '^afS gefangen, 
Unb wunberBar finb feine§ 2iebe§ Älänge. 

iSJer ilcbeljuttgen f ieb» 3. Stuftage. 

aJiotto: Sie Seit ift au§, too «Jäoefie 

©icö gefreut am a3Iumeni)f(üden, 
So§ ift eine burame .3trBeit ba§, 
9Ran muß fi^ ä" fe^r baBei Bücfen ! 
iütv beutfriife ^iab* 4. Stuftage. 

SKotto: 35r gtoßen beutf^en ©eifter, 
3t)t ftitifitt nid)t fc^Ie^t — 
S^r nennt einanber: Sumben 
Unb jeber bon eud) '^at SRe^t! 

SÖJori^ 93rü:^I, ©efc^ii^te ber M% Siteratur ®eutfc^tanb§, 
fagt über S3. Besüglic^ obiger (Schrift: 

„Sn biefem , in allen Srrgängen ber Seit loo^Ierfa^renen , form- unb 
f^jracögeroanbten Sid^ter unb 53uBIiciften fiat ber 65or ber aBeItf(|merä= 
unb S'inimerbid^ter, ber 3efuitenf reffer , «ßfaffentoürger unb Sßetri» ©tutjt« 
Serfd)metterer einen eBcuBürtigen ©egncr gefunben." — „Unter ben 
t)umoriftif^»fatt)tifd)cn Stiftungen 58.'§ ftnb bie Bebeutenbften ba§ „3ieBel= 
jungenlieb" unb „ber beutfc^e §ioB" ; ba§ ganje UKifere ber gottberlaffenen 
nnb gottlofen SGSiffenfc^aft in i{)rer SSefd^räntt^eit, in i'örer SRat^Iofigleit in 



— YlII — 

i^rer moralMd^en 58erberbf]^ett nad^ offen ©eiten aufäubecfen, äu entlaröen, 
ju geißeln, bem $o!^n unb iSpott unb @erid&t aller SSernünftigen JiretSjugeben. 
SIRit feinem Ijellen Solid in bie ©c^öben ber 3"t, unb bem l^o^en 5Diutt)e, 
mit bem er ofme ©i^onung fie oufbedt, ift er mirtUcö einem Sörant, einem 
SaijerSBerg ju öergteicEien. Sr ift ber einjige h)al)r!5aft fatljrtf^e ®icl)ter 
ber Seit — afier ba er oI§ Tat^. 93riefter auftritt, mu6 er erft »on einer 
fpdteren unbefangenen ©poc^e bie i^m gebüljrenbe Slnerfennung erWorten.'* 

j^mt Hitticr* 5poctif(5e ©allertc bcutjd^cr ©taat§:|3ftffe. 

5motto: SEBo ift beg ©eutfc^en SSaterlonb, 
SBo einer '§ 5J5uIt3er einft erfonb 
Unb jefet noc6 äeber meint bobei, 
S)a6 er ber 5Öliterfinber fei, 
So§ ift be§ 5Deutf^en SSaterlonb. 

^äfnib£Xkn2äft£* ©ine ©erenabe an ha^ po^terene tir(^en= 
regtmeitt. 

SKotto: S^r erzeigt euc^ gegen jene 

?lnr in (änaben wol^Igettogen, 

®ie bor eud| fielen gleich ber SBittfc^rift: . 

Sn ber SJiitte eingebogen. 

^jilfdjriftiett* @efIoc§tene§ iReimtocrf. 2. Sluffagc. 

aJlotto: 5Da§ Sreuj, ta^ einft ber §eiIonb on einem ©tride trug, 
3o§ ift bir fe^r jutoiber, unb büntt bir nur oI§ Sug, 
®odö bein toottirter Saufen ift bein ßalöorienBerg, 
®a ^öngft bu felBft om Sreualein, bu eingefc^rumpfter 3toetg- 
S)o6 fi^ bo§ Sßol! pit ftiffe, mitunter etroaä gloubt, 
SDoS bünft euc^ gor nid^t übet, i^r finbet e§ erlaubt. 
©0 Bleibt i^r unbel^elKflt in eureni (SanS unb S3rau§, 
gür§ 2JoI! ift gut ber ©louben — mir aber finb brüber '^inauo. 
®a§ S8rotfpu§'{c6e eonüerfotionäleEifon 11. Slufloge 3. SSonb Slrtifel: 
58runner, bcf^ulbigt S3. üon be§ Seg. ©tanb^3un!t au§ be§ fJonotiSmuS, 
mo^t aber babei bie Söemerlung: „2lIIe biefe poeti\äien ©d^riften 
finb reid^ an braftifc^em $umor unb berbem oft fouftifcEiem 
SBig." 

JIäs Jjjeutfdjß ^ti^BvUlf^ eine ©erenabe füt baS^ f5ran!furter 
Parlament (1849). 

Hag i8ud)[ hn Hatur, ntit oUx Sflfrtt l^ttfafftt? Sl;p:^ori§men 
gnr 83eleu(i)tung ber ®arltitn§Icl^xe. SBien 1879. 

aJlotto: SSir hjolten einmal burd^ouS leine ©fjur 
58on ®ott bem $errn im SSui^ ber Statur, 
®r mod^t un§ bo§ Seben ju unbequem, 
S)rum mug er !^inau§ — au§ .unferm ©Aftern. 

5Diefe ©dftrift mürbe inner'&otb 4 SJlonoten in 6000 (5Eem<)Iaren üerbreitet. 

(^in ßtuttiktinetbüiij* ©efc^id^te unb SSejc^reibung ber Be= 
ftel^enben u. 8(nfü:^rung ber aufgetjobenen Sßenebütinerftifter 
in Defterreicf) = Ungarn, 3)entjc^lanb unb ber ©(^SDeij öon. 
©. Srunner. mt Slbbilbungen. SBürsBurg, SBoerl 1880. 




Verzeiclmiss 



der 



Woerrschen Eeisebibliothek. 



An frischen Quellen. Gedichte. 200^eit. geb. 
Gebetbuch für Reisende. 136 Seiten, geb. 
do. brocb. 

Humoristisches in Wort und Bild. 148 S. geb. 
Wanderungen in Mexico. 366 Seiten, geb. 

do. brocb. 

Auf deutschem Boden. Eine Novelle. 123 S. geb. 

do. brocb. 

Vater Eisenhammer. Koman. 440 S. geb. 

Trautheim. Koman. 400 Seiten. geb. 

do. brocb. 

Rund um den Bodensee. Der Bodensee und 
seine Gescbiclite. 289 Seiten. geb. 

Lustige Geschichten vom Rhein. 204 S. geb. 
Schweizer Album. Eine Sammlung der inter- 
essantesten Ansichten. 40 Seiten, geb. 
Reisebilder aus Italien. geb. 

I. Theil: Vom St. Gotthardt bis Eom. 256 S. 
II. Theil : Eom. 406 Seiten. 
HI. Theil : Von Neapel bis zum Brenner. 367 S. 
Die Kaiserstadt an der Donau. Eleine Bilder 
aus dem grossen Wien. 149 Seiten, geb. 
do. bToch. 

Reiseerinnerungen a.Südfrankreich.3i2S.gb. 4. 

do. ■ broch. 

Reiseerinnerungen aus Spanien. geb. 

I. Theil: Von Barcelona nach Cadix. 280 S. 

n. Theil: Von Cadix nach Irun. 285 Seiten. 

I. und n, Th. broch. 

Wanderungen durch Vorarlberg. Mit einer 

Karte von Vorarlberg. geb. 

do. broch. 

Nach Nordamerika und Kanada. 2 Bände, 
von Land imd Leute. 
Schwäbische Bilder. Die Schweizer Alpen. Süd-Amerika. 





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Woerl'sclien Eeisehaiidbüclier. 



Italien in zwei IVIonaten. 2 Bde. looo s. geb. 16 

Nach Jerusalem. Führer für Pilgerfahrten. 

474 Seiten. geh. 

Ein Benedictinerbuch. Geschichte u.Beschrei- 

hung der Benedictiuerstifte. 580 S. geb. 
Führer für Auswanderer nach den vereinigt. 

Staaten Nord-Amerilcas. 160 S. geb. 
Führer z. Ammergauer Passionsspiel isso. 

277 Seiten. geb. 

Kleiner Führer zum Ammergauer Passions- 

Spiel 1880. cart. 

Illustrationen z. d. ChorgesängeiLcles Qber- 




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