MONATSHEFTE
MUSIK-GESC IC TE
GESELLSCHAFT FOR MUSIKFORSCHUNG.
Si;CHZEHl\TER JAHRGANG
1884.
KEDIGIRT
VON
EOBZET 1XTN1B.
LEIPZIG,
Breitkopf und Haertel.
Nettopreis des Jahrganges 9 Mark.
PUR
HERAUSGEGEBEN
VON DER
Inhalts-VerzeiohnU.
mm
Neue Strom ung in der Tonkunst, von H. Eichborn 1
Anton Brume], von Miner .............. 11
Gmspard Duiffopruguar ............... 14
Das katholische deutsche Kirchenlied. 2. Bd. von Baumker. Anzeige. 15
Beitrag zur Biographie der Kompunisten der Psalmen von CI,
Marot und Th, de Beze, von G. Beoker ....... 19
Guillaume Dufay, von Eituer 21
Gesohiehte der Musik im Umriss, von Br. H A. Kbstlin. Anzeige 24
Keceuil de Chansons populaires, par E. Roland. Anzeige ... 26
Zur Geschichte der Volksliedermelodieen, von W. Baumker . 29. 92
Biographische Notizen 32
Fiancois Gindron, von Georg Becker .......... 37
Cantaten aus dem Ende des 17. und Anfange des 18. Jahrhun-
derts, von Eitner .............. 40. 45
Die neugriechischen Tongeschlechter, von Raym. Schlecht .... 56
mit einer Beilage in 4°.
Johaun Stobaeus ein Mitgiied des Konigsberger Dichterkreises,
von Dr. L. H. Fischer 89
Heinrich Albert, Biographie nach Dr L. H. Fischer .... 95
Jo h an ii tie Muris, Biographie nach Dr. Rob. Hirschfeld ... 97
Totenlisto des Jahres 1883, die Musik betreffend ... §9. 109. 117
Bartholomaeus Gesius, Biographie nach R. Schwartze .... 105
Die Stadtbibliothek in LUbeck 113
Disco urs des Herrn Quanz liber das Clavieraccompagnement (1763) 120
Mitteilungeu Nr. 1—12.
Rechnungslegung iiber die Monatshefte 1883 ....... 129
Namen- und Sach- Register ............. 131
Beilagen : S t u d i o n beim Lesen von Handschriften, zu Nr. 1.
Cantaten des 17. und 18 Jahrhunderts. 1. Teil : H.
Albert, G. H. Stoelzel, Reinh. Keiser. 11 Bogen. lata-
log der Musikalien - Sammlung des J oachimsthal'schen
Gymnasiums zu Berlin. Bogen 2 — 10.
Bhren- und korrespondirendi Mitglieder.
Prof. Dr. E. Krtiger in Gottingen
P. Anselm Schubiger in St. Einsiedeln (Sohweiz)
Raymund Schleoht, geistlicher Rat in Eiohstaett
Julius Josef Maier, Gustos der musik. Abteilg. der Kgl. Bibliothek in Miinchen.
Vorstands-Mitgliedtr.
Prof. Franz Commer, Berlin, Vorsitzender
Rob. Eitner, Sekretar, Templin (U./M.)
Ordentliche Mitglioder.
J. Angerstein, Rostock Alex. Kraus Sohn, Plorenz
Adolf Auberlen, Pfarrer, Hassfeldeu Emil Krause, Hamburg
(Wurttemberg) Arnold Kuozynski, Firma F. Butsch
Ev. J. Battlogg, Friihmesser und Sohn, Augsburg
Chorreg. in Gurtia Moritz Lentzberg, Berlin
Willi. Baumker, Kaplan, Nieder- Leo LiepmannsBohn, Berlin
kriichten Freiherr von Liliencron , Klosterpropst,
Qeorg Becker, Lancy bei Genf Schleswig
Cb. Fr. le Blanc, Kaplan, Utrecht Bernh. Loos, Basel
H. Bbckeler, Domohordir., Aachen Karl LUstner, Wiesbaden
Dr. E. Bohn, Organist, Breslau Georg Mask©, Oppeln
Dr. W. Brauue, Prof., Giessen Dr. Melde, Prof., Marburg
Breitkopf & H artel in Leipzig Freiherr von Mettingh, Nlirnberg
Dr. Oscar Cliilesotti, Bassano Veneto Therese von Miltitz
Prof. Dr Crecelius, Elberfeld Dr. Mueller, prakt. Arzt, Berlin
Rud. Damkobler, Buchhandler, Berlin M. Notz, Musikdir., Cannstadt i/W.
Rich. Dannenberg, Tonkiinstler, Wigand Oppel, Frankfurt a/M.
Hamburg P ostler, Pastor in Parohim.
Alfr. Dbrffel, Leipzig Albert Quantz, Gottingen
0. Dressier, Chordirektor, Weingarten Julius Richter, Pastor
Dr. Herin. Eichborn, Assessor a. I)., Carl Riedel, Professor, Leipzig
Breslau Dr. Hugo Riemann, Hamburg
Dr. Im. Faisst, Prof., Stuttgart A. G. Ritter, Musikdir., Magdeburg
Dr. F. Fraidl, Graz G. Schefer, Buchhandler, Berlin
Edni. Fries©, Musikdirektor, Offen- Dr. Willi. Sohell, Prof., Karlsruhe
bach a/M. Dr. H. M. Schl otter er, Kapellmeister,
Ad. Frolich, Stadtpfarrer, Diessen- Augsburg
hofen (Schweiz) Jos. Sittard, Stuttgart
Moritz Flirstenau, Prof, Dresden F. X. Skuherski, Direktor, Prag
Franz Xav. Haberl, Kapellmeister, F, Simrock, Berlin
Regensburg Dr. H. Sominer, Prof., Braunsohweig
J. Ev. Habert, Organist, Gmunden J. A Stargardt, Berlin
S. A. E. Hagen, Kopenhagen C. Stiehl, Musikdirektor, Lubeok
Mich. Haller, Chorreg., Regensburg Reinhold Succo, Musikdirekt., Berlin
Mich. Hermosdorff, Musikdir.. Trier Leopold Unterkreuter, Pfarrer, Ober-
August Hettler, Berlin drauburg in Karnten
Dr. Robert Hirschfeld, Wien Joaquim de Yasconoellos, Porto (Por-
Dr. Hoppe, Capitular, Frauenburg tugal)
Dr, 0. Hostinsky, Prag Willi. Jos. von Wasielewski, Blauken-
Dr. Otto Kade, Musikdirektor, burg a/H.
Schweriu i/M. Jacob Wist, Stiftskaplan und Chor-
Prof. Dr.H.A.Kbstlin, Friedberg i/W direktor, Luzern
Otto Kornmiiller, Kloster Met ten in Dr, F. Zelle, Berlin
Niederbayern
far
MUSIK-GESCHICHT3
herausgegeben
von
der Gesellscliaft far lusikforschnng.
XVI. Jahrgang.
1884.
Brail det Jahigangw tlOi, Konsiiieh CHoheiiift eina
Numer ron 1 bii 2 Boaen. Inserttonigeblihreii fBr
die ZeUe Si Pfg.
Kommiatio narerleg der T. Traatw ela'tchen
Booh- and Mosikalleiihaadluiig in BarUm W.
LejprigerttrafM iso. Bestelhingttit whnmt jede Buoh-
nnd Mn«lkh»ndinng entgegen.
No. 1.
leie Strfimiig in ier f onkinsi
III, Eiehborn.)
Unter alien Ktinstlern sind die austlbenden Musiker und die
Schauspieler am wenigsten in der Lage, fttr den Nachruhm zu
schaffen, denn das lieblichste Spiel, der herzinnigste Gesang, wie der
Rede und Menschenschilderung ergreifendste Gewalt sinken mit dem
Tode der Urheber in's Nichts, und nur trockene Namen und Daten
verzeichnet die Historic, bei denen w ir uns denken, was wir wollen
und kttnnen. Niemand kann sich heute von der Darstellungskunst
eiies Garrick, eines Iff land, niemand von der Gesangskunst einer
Faustina Hasse, einer Catalani, niemand von dem Violinspiel eines
Paganini einen Maren Begriff machen. Aber auch mit des Ton-
dichters Unsterblichkeit ist es schlimm bestellt. Unter alien Kunst-
werken sind seine Erzeugnisse am meisten der Gefahr ausgesetzt,
in Vergessenheit zu geraten. Was kann es seinem Nachruhme
ntttzen, wenn seine ttberlieferten Eompositionen dem einen oder
andern Musikgelehrten zufMlig unter die H&nde geraten, und dieser
beim Durchblattern der verstaubten Partituren vielleicht einen
8chwachen Begriff von der Macht der Tone empf&ngt, die in den
krau8en Notenzeichen geheiranisvoll verschlossen liegen, was hilft
zu seiner Ehre die Erw&hnung in den von einer handvoll Liebhaber
gelesenem musikhistorischen Blltternl Der Bauktlnstler schafft fttr
Jahrhunderte, fttr Jahrtausende, das Genie grofser Maler und Bild-
hauer verkttnden ihre BUder, ihre aus festem unverg&nglicben Stoffe
Monatth. t Mueikgeeoh. Jahrg. XVL Ho. 1. 1
2
Neae Strdmang in der TonkanBt.
gefttgteB Statuen noch spltesten Gesehlechtern. Was ist des grofsen
Musikers Loos? Vergessenheit! Seine Werke firisst der Staub und
Moder der Bibliotheken. JDer Qedanke an die dieses Schicksal nicht
teilenden grofeen Genien Mozart, Beethoven, Gluck, Bach u. a. spricht
nur fttr unsere Betrachtung. Denn wlr' es an sich schon traurig
genug fttr den Tondichter, dass nur die allerersten und gewaltigsten
unter ihnen, wie sie nur in grofsen Zeitrftumen vereinzelt erstehen,
lebendig in ihren Werken fortleben, so ist auch selbst bei diesen
solches Fortwirken eng begrenzt und von allerhand Zuf&lligkeiten
abhfcngig. Was kennt die Mehrzahl auch nur der Gebildeten von
den Kompositionen des grOJfeten aller Musiker, Palestrina? Dnd
wenn sie einmal etwas von ihm zu hOren bekommt, was wohl alle
Jubeljahre sich ereignen mag, was verstehen sie davon? Wie fern
steht eine Art von Musik dem, was heute die moisten selbst leidlich
gebildeten musikalischen Ohren kitzelt! Was wttssten . wir von Bach,
wenn nicht zuf&llig Mendelsfohn auf dio Matthaeus - Passion auf-
merksam geworden wire und dieselbe zur Aufftthrung gebracht
hltte? Bis dahin war er nur als Orgelmeister bekannt, und niemand
hatte eine Ahnung von seiner titanischen GrOfse. Und wieviel kennt
man denn heutzutage von den Opera eines Gluck? Ueber einen
Mozart urteilt eine gewisse Elasse von Musikern der Gegenwart,
die Richard Wagner als den Musikheiland, von dera ein Licht auf
neue Jahrhunderte hinaus entstrahlt sei, verehrt, ziemlich verichtlich
und geriagschlteig; ja es giebt in unseren Tagen Domkapellmeister,
die sogar einen Palestrina in die Rumpelkammer werfen und seinon
erhabenen Tongebildon die Sttimpereien moderner Kirchenkomponisten
vorziehen! £in Haydn existirt fttr diese Leute kaum noch. Was
aber wird denn, wenn man des jtingsten grofsen Todten gedenkt,
von Wagner's Schflpfungen der Much welt lebendig erhalten bleiben?
Nun, das, worauf der Meister grade den Hauptwert legte, sicber
am wenigsten! Musikwerke mttssen aufgeftlhrt werden, sonst sind
sie begrabene Sch&tze. Gedichte, Dramen aus Iltesten Zeiten kann
jeder, dem die ntttige Bildung nicht mangelt, lesen und, sofern sie
an sich oder fttr ihn geniefsbar sind, geniefsen; sie erhalten den
Ruf des Dichters viel unmittelbarer und leichter, als Tonwerke den
ihres SchBpfers. Welche Mtlhe verureacht es leztere zu beleben,
zur Aufftthrung vorzubereiten, die ausftthrenden Krfifte, das Publikum
mit dem nOtigen Interesse zusammenzubringen ! Daher das grelle
Missverhftltnis, in welchem die geringe Zahl der wirklich zu GehOr
gebrachten und der dauernd aufgeftthrten Tonwerke zu der Menge
Neue StrOmung in der TonkuaBt.
3
des Erzeugten, nattirlich sprechen wir hier nur von den besseren
Sachem, steht, wovon ein grofser Teil als totgeboren bezeichnet
werden kann — totgeboren nicht etwa, weil es ihm gerade an
Lebensfahigkeit fehlt, sondern well ihm die nOtige Pflege, die un-
entbehrlichste Hilfeleistung, die der zur Welt kommende bedarf,
mangelt Ergeht es schon den Produkten der Gegenwart im all-
gemeinen so trtibselig, wie muss es da erst mit dem, was vergangene
Zeiten an Tongebilden geschaffen haben, stehen! 1st doch gerade in
der Musik der Geschmack so wechselnd, wie kaum in einer andren
Kunst! Kein Wunder also, dass Kompositionen nacb wenigen Jahr-
zehnten schon veraltet erscheinen, sie mttssten denn den Stempel
des Genius an sich tragen, dessen Werke sich bekanntlich ewiger
Jugend erfreuen. Ein Hauptgrund fttr diese Erscheinung liegt darin,
dass die Tonkunst, wenigstens unsre heutige Tonkunst, die jttngste
unter alien ihren Geschwistern, dass sie ein sp&tgeborenes Kind ist,
das erst lange, nachdem alle andren Ktinste vollst&ndig gereift und
erwachsen waren, nachdem sie l&ngst ihre Triumphe gefeiert und
ihre Lorbeeren eingeheimst batten, geboren ward und heranreifte.
Was haben ein paar Jahrhunderte im Laufe der Geschichte zu sagen!
Die Dichtkunst kntlpft sich an die ftltesten Traditionen des Menschen-
gescblechte, die Wunder der Baukunst, der Bildhauerei ragen zum
Teil als ehrwtirdige Urzeugen der iltesten Epochen der Menschheit
in die Gegenwart herein, die Malerei feierte mit den andren bilden-
den Kftnsten schon im alten Hellas ein BlUtenzeitalter — die Ton-
kunst nur ist ein Gebilde der letztverflossenen Jahrhunderte, durch
lose Ankntipfungspunkte mit dem, was das Altertum auf diesem
Gebiete leistete und was im Vergleiche zur Musik der Gegenwart
kaum wie ein schwacher Schattenriss zu einem prachtvoll und farben-
prichtig bis ins kleinste ausgeftihrten Gemllde sich ausnimmt, ver-
bunden, fast ohne Zusammenhang aber mit gleichartigen Kunst-
bestrebungen kulturfremder VOlker andrer Erdteile, wie die Araber,
Inder, Chinesen. Die bildende Kunst der alten Zeit weist uns un-
tibertroffene, ja unerreichbare Vorbilder, an den Baudenkm&lern des
Mittelalters blicken wir mit Ehrfurcht und Bewunderung empor, in
den Dichtwerken versunkener Perioden der Menschengeschichte finden
wir uns mit unsren Lastern und Tugenden, mit unsren Schmerzen
und Preuden wieder und genie&en behaglich die uns vom Dichter
entrollten Bilder. Wie anders in der Musik! Ueber Bach und
Haendel reichen die Gaben, die uns in den Concerten dargebraoht
werden, nicht hinaus, mit sehr seltenen Ausnahmen; es ist, als seien
1*
4
Mine Strdmang in der Tonkunsi
diese beiden Heroen die Erfinder ansrer Musik und, wie Pallas
Athene aus Zeus Haapte nach der Mythe, vollkommen and feitig
in die Welt getreten, die vorher nur eine musikalische Sandwtlste
aufzuweisen gehabt habe. Aber auch Bach mud Haendel wollen
unsrer Generation allein auf die Bauer nicht munden ; sie findet
sovieles an ihnen veraltet , zopfig, barock und eint&nig bei aller
Polyphonie und sehnt sich nach den beweglicheren farbenreicheren
Gebilden splterer Zoiten, bis auf die Gegenwart herab, in der sich
die gl&nzendsten, wenigstens lufserlch gl&nzendsten und am meisten
blendenden und schimmernden Tongem&lde vorfinden, deren Gedanken-
gehalt allerdings zu dieser Farbenverschwendung in merkwtlrdigem
Gegensatze steht Diese Komponistenreihe von Bach bis heute ist
aber keine zahlreiche, sie weist nur wenige Namen, meist von
gltazendem Rufe, auf, deren SchOpfungen noch erklingen; in ewiges
Schweigen gehtUlt sind neben diesen die Werke so vieler bedeutender
Talente. Doch was will diese Unterscheidung zwischen Genius und
Talent! Sie gehflrt zu den vielen hergebrachten und tiefeingewurzelten
Wortklaubereien, mit denen wir uns in Ermangelung fester klarer
Begriffe, bestimmter Unterscheidungsmerkmale herumschlagen. Wo
hurt das Talent auf, wo fltogt der Genius an! Wieviel tragen ferner
Imfsere Terbftltnisse , GlUck, gtlnstige Lebensumst&nde, ja sogar
lrrungen, Betrug, Zufall dazu bei, das, was vielleicht kaum Talent
ist, als Genius erscheinen zu lassen, ohne dass die Wahrheit an den
Tag kommt; wieviel Genie mag andrerseits in unverdiento Vergessen-
heit geraten , oder nie sich zum Lichte durchk&mpfen , wobei wir
Genie und Talent nur als verschiedene Stufen einer sehr grofsen
Leiter auffassen. Je weiter die Entstehungszeit eines Musiksttlckes
^ zurtickliegt, desto weniger hat es Aussicht, durch Auffdhrung in's
Leben zu treten. Je liter ein Erzeugnis der Malerei, desto grOfser
sein Wert, desto lebhafter das Interesse der Kunstfreunde. In den
Gem&ldegalerien prangen die Bilder untergeordneter Talente neben
den Meisterwerken, jedem Besucher sichtbar, vielleicht von vielen
mit demselben Eunsteifer wie jene betrachtet Wer kttmmert sich
mm alte Musikalien ! Eompositionen sind mit wenigen Ausnahmen
Eintagsfliegen. Wir denken dabei nicht an den Schwall der musi-
kalischen Tagesliteratur, an die Tanzstticke, Lieder, die Operetten
und Opern, die nur geschrieben sind, um bestenfalls einige wenige
Aufftlhrungen zu erleben und dann im Staube der Theaterbibliotheken
sanft zu ent8chlummern, an diese musikalische Sttndflut , die sich
all© Jahre erneut und mit verheerender Gewalt ttber uns herein-
Neue Strtmung la der Tonkunst
5
bricht. Sie verinnt ebenso rasch, wie die Wasserstrflme eines Platz-
regens, denn „Wasserkomponisten" (analog den „Wasserdichtern"
in der deutschen Literatur) sind es fast ausschliefslich, die mit ver-
einten Krftften die Flut auf uns ergiefsen. Aber auch die festeren
Bestandteile der Musikliteratur sind der Zersetzung rasch verfallen.
Interessant ist hierbei die von der Musikgeschichte entdeckte That-
sache, dass diese sonderbaren Verh<nisse nicht etwa nur in der
Gegenwart obwalten, sondern dass schon in frtlher Jugendzeit der
Musik, im 16. und 17. Jahrhundert die JtLnger derselben in gleicher
Lage waren, wie heute. Abgesehen davon, dass auch damals leichte
Waare im Ueberfluss aof den Markt geworfen wurde, waren auch
bessere Sachen nach einigen Jahrzehnten der Vergessenheit anheim-
gefallen. . Denn steter Wechsel ist das innerste Wesen der Tonkunst,
und immer neue Qestaltungen zaubert der schaffende Ednstlergeist
in ihr hervor. Welcher Fortschritt vom kleinlichen, armseligen
Ringen nach Ausdruck bis zur blendenden FtlUe vollkommenster
Gestaltung in der Gegenwart, werden viele Musiker ausrufen; die
musikalische „Fortschrittspartei" wird dieses Feldgescbrei anstimmen.
Is entspricht der Wahrheit aber nur sehr wenig. Fortschritt im
mechanischen Sinne, Fortschritt, wie von der Postschnecke zur
Eisenbahn, vom Luntenschlossgewehre zum modernen Hinterlader,
ist auch in der Eunst vorhanden, bezeichnet aber nicht ihr innerstes
Wesen. - Wire mit lufserem Fortschritt, mit Vervollkommnung der
technischen Mittel das HOchste erreicht, so mtlsste jede Epoche der
Musikgeschichte auf dem Gipfel der denkbaren Entwickelung stehen,
jede folgende gegen die voraufgehende einen Schritt weiter auf der
Stufenleiter der Yollkommenheit bedeuten , so mtlssten wir heute
auf der Hihe der Vollendung sein. Wie reimte sich's aber damit
zusammen, dass im 16. Jahrhundert, zu einer Zeit, da die Tonkunst
in rein technischer Hinsicht noch nicht aus den Kinderschuhen
heraus war, ein Palestrina Offenbarungen von einer Tiefe und Er-
habenheit in TOnen niederlegte, deren keiner nach ihm, selbst ein
Beethoven nicht, in dieser eigenartigen Majest&t und Herrlichkeit
gewttrdigt ward. Denn es strahlt die FUlle der Gottesnatur aus
diesen wunderbaren unnachahmlichen Tongebilden , deren einfache
Reinheit und Erhabenheit den Schldssel zum ewigen R&tsel alles
Seins zu enthalten scheinen. Um wieviele accordische Gestaltungen
ist seit PalestrLna's Zeit die Tonkunst bereichert worden, und doch
vermissen wir sie gar nicht beim Anhtiren seiner Werke, die im
Gegenteil durch das Fehlen derselben etwas von himmlischer Klar-
6
Neue Strdmung in der Tonkunst.
heit und Durchsichtigkeit erhalten, was wie die einfache befreiende
und l&sende Grofsartigkeit des grofsen Naturtempels im Vergleiche
zu der gektinstelten bedrttckenden Pracht eines von Menschen er-
bauten Tempels auf unsre Seelen wirkt. Der vierstimmige Vokalsatz,
die Grundlage der ganzen Tonkunst, 1st bei Palestrina schon in
herrlichster Vollendung, ja schon lange vor ihm ausgebildet und
feiert in den Werken der grofsen Niederl&nder, ja sogar schon in
den deutschen Liederkompositionen des 15. Jahrhunderts Triumph©.
Die Instrumentalmusik aber war damals ttberhaupt nicht vorhanden,
da, was Mr Gesang geschrieben war, nebenher auch von Instrumenten
ausgeftlhrt wurde, diese immer nur als Verst&rkung oder Ersatz der
Singstimmen wirkten. Die Entwickelung dieses Kunstzweiges, dessen,
einer ungeheuren, fast unbeschrtokten Ausbildung f&hige Technik
in der Gegenwart bei Wagner ihren Gipfelpunkt erreicht hat, begann
kurz nach Palestrina mit den Gabriel's und Monteverde. Der Form-
vollendung und dent Ideengehalte nach, abgesehen von dem Tech-
nischen der Instrumentirung , hat sie in Mozart und Beethoven bis
jetzt das vollkommenste geleistet. Also auch hierin der Beweis, dass
im eigentlichen Kerne der Tonkunst kein stetiges Fortschreiten sich
vollzieht, dass keine innere Notwendigkeit fftr eine gleichm&fsige
Entwickelung dem Wesen, dem Geiste nach vorliegt, sondern diese
mehr nach der Aussenseite, im Formellen uud Mechanischen statt-
findet. Schrieb doch Mozart vor hundert Jahren, und wer schriebe
heute nur ann&hernd, was, wie bei ihm herrlichste Frische der Er-
findung und Gedankenffille mit lufserster Formvollendung verblnde.
Wie arm an melodischer Erfindung, wie pedantisch grttbelnd und
langweilig reflectirend sind oft im Vergleiche mit ihm die ersten
Werke unsrer Zeit, wie gemacht und gesucht klingt alles in ihnen,
wenn sie sich auf gelehrte Arbeit, auf kontrapunktische „Durch-
knetung u der Themata verlegen, wogegen ein Mozart spielend mit
seiner Zauberflttten - Ou verture eine regelrechte Fuge bringt, der es
nur der Eingeweihte anhOrt, dass sie dies ist Hfttte man nOtig,
diesen Beweisen noch andre anzureihen, so brauchte man, aus alten
Tagen, nur auf die wundervolle Entwickelung des ein- und mehr-
8timmigen Liedes, welches bereits im 15. Jahrhundert eine Kunst-
hohe zeigt, die uns in einzelnen Produkten an dieses Jahrhundert
erinnert, in Deutschland bis zum Anfange des XVII. Jahrhunderts
und auf den nachfolgenden erb&rmlichen Verfall hinweisen, der erst
seit Ende des vorigen Jahrhunderts einem neuen Aufschwunge Platz
macht, an unsrer Zeit auf die besch&mende Thatsache, dass seit
Men© Strftmung in der Tonknnst
7
einigen Jahrzehnten die Produktionskraft in der dramatischen Musik
fast versiegt zu sein schien, da, wlhrend von Mitte des XVII. bis
zur Mitte dieses Jahrhunderts eine fortlaufende Reihe dramatischer
Werke von bleibendem Werte geschaffen wurde, heute bei aller
Vielschreiberei auf diesem Gebiete kaum noch eine Oper geboren
wird, die sich einige Jahre hindurch auf den Brettern hilt. Wire
die Musik in stetiger gleichmlfsiger Folge von unvollkommenen
Anf&ngen immer holier gestiegen, hltto sie sich von Periode zu
Periode formell und materiell weiter entwickelt, sodass sie heute auf
der Huh© stttnde, so bitten wir kaum Veranlassung, dem weitab-
liegenden in ihr grflfsere Beachtung zu schenken und thlten ganz
Recht daran, die Erzeugnisse der Gegenwart vor allem zu pflegen
und nach ihnen allenfalls noch die der unmittelbar voraufgehenden
Epochen. Wir kflnnten den Musikhistoiikern tlberlassen, sich an den
Notenbtlchern und Partituren alter Zeiten zu erbauen und zu ver-
gntlgen und h&chstens der Kuriositlt wegen von deren Studien Notiz
nehmen. Nun liegt aber die Sache wesentlich anders, die Ent-
wickelung der Tonkunst war eine ungleichmlfsige, sie hat sich nach
unberechenbaren Regeln und Einwirkungen gestaltet, sodass der eine
Zweig schon in voller Blttte stand, wlhrend ein andrer kaum aus-
zuschlagen began n. Darum haben wir kein Recht, die Erzeugnisse
frttherer Perioden zu vernachllfsigen, am allerwenigsten in einer
Zeit, die so wenig gediegenes und selbstlndiges hervorbringt. Im
Gegenteil haben wir alien Grand, auf alte Zeiten zurtickzugehen und
das wahrhaft vortrefifliche, was sie producirt haben, zu feiern und
anzuerkennen, indem wir es den Ohren der gegenwlrtigen Generation
vorftlhren, nicht bios mit einem historischen Lob abfinden. Wenn
wir bewundernd in den Galerien vor den Schttpfungen eines Rubens,
Tizian, Claude Lorrain, Leonardo da Vinci verweilen , uns an den
Bildwerken von Peter Vischer, Veit Stofs, Benvenuto Cellini, Michel
Angelo erheben, so mttssen wir dem entsprechend, um in der Musik
den grofsen Meistern vergangener Zeiten gerecht zu werden, nicht
bios inWOrterbtichern und Musikgeschichten von ihnen lesen, sondern
in Concerten zur Aufftthrung bringen die Eompositionen eines Pales-
trina, Allegri, Bernabei, Andrea und Giovanni Gabrieli , Schtltz, H.
L. von Hafsler , Claudio Monteverde, dann weiter Bach und seine
Sdhne, Hftndel und aufser der Reihe der bekannten Meister so
manchen vorztlglichen unverdienterweise in Vergessenheit geratenen
Autor bis herab auf unsere Tage. Die Musikgeschichte ist eine
junge Eunstwissenschaft, nattlrlich, denn die heutigo abendllndische
8
Neue StrOmong in der Tonkunst.
Musik ist eine junge Kunst, und erst uach Jahrhunderton des Be-
stehons einer solchen kann sich das Bedttrfnis geltend machen, ihre
Thaten uud Schioksale aufzozeicbnen and zu studiren. Heutzutage
freilich wtlrde man rascher damit vorgehen und kflnnte sicher sein,
dass schon zehn oder zwanzig Jahre nach dem Entstehen eines neuen
Zweiges der Kunst, Wissenschaft, oder Industrie, oder etwa beim
lOj&hrigen Stiftungsfeste einer Gesellschaft, oder irgend eines Vereins
eine geschichtliche Darstellung vorhanden ist, die vielleicht mehr
Inhalt oder Wert hat, als der Gegenstand, ttber den sie sich ver-
breitet. Scheint es doch der Hauptzweck vieler Vereinigungen zu
sein, Stiftungsfeste zu feiern. Dass diese Verhftltnisse keine ver-
nttnftigen und gesunden sind, bedarf kaum der Erw&hnung. Die
Musik hat ihre Geschichte erst gefunden, nachdem sie durch hunderte
von Jahren reife herrliche Frttchte getragen. In Mattheson, Adlung,
Walther, alle in der ersten H&lfte des vorigen Jahrhunderts, sind
die Anf&nge historischer Darstellung der Tonkunst vorhanden, in
Padre Martini, Forkel, Burney, Gerber, M&nner der zweiten H&lfte,
zeigt sich schon die neue Kunstwissenschaft zu bedeutender Hohe
entwickelt, Im 19. Jahrhundert reihen sich den vorigen wtlrdig
v. Winterfeld, Baini, Coussemaker, Kiese wetter, Ambros und viele
andere an. Trotz des gegen frtther erheblich gesteigerten lifers fir
diesen theoretischen Zweig der Tonkunst aber bleibt doch sehr viel
darin zu leisten, da grofse klaffende Ltlcken in der Entwickelungs-
Geschichte der Musik g&hnen und viele dor wichtigsten Punkte in
derselben noch ganz dunkel sind. Zuviel Material mag im Laufe
der Zoit verloren gegangen sein, zulange dauerte es, ehe sich der
For8chung8eifer dieses Gebietes bem&ehtigte, und auch heute noch
haben nur wenige Musiker Neigung, Verst&ndnis, Zeit, Geld, Bildung
und Kenntnisse genug, urn dassolbe mit Erfolg zu bebauen. Alle
musikge8chichtlichen Studien aber sind im Grunde genommen, wenn
in der bisherigen Weise von einer kleinen Schaar Gelehrter be-
trieben, problematisch und von kaum bemerkenswertem Einfluss auf
die Tonkunst im Gro&en und Ganzen. Es fehlt ihnen der Kern
aller Xunstgeschichte , die sinnliche Perception der Kunstwerke,
welche zum Gegenstande des Studii genommen werden. Wer wttrde,
wolit > er Kunstgeschichte treiben und nicht bios seinem Gedachtnisse
wttsten unverstandenen Ballast aufzwingen, ein Hand- oder Lehrbuch
durchlesen und sich die Angaben und Sentenzen desselben einpauken,
ohne die dort beschriebenen Bilder, Sculpturen, Ornamente, Vasen,
die Kunstbauten und ttberhaupt alle Eunstgegenst&nde in Samm-
Mem© Str&mung in der Tonkonst.
lungon, Unseen, Galerien, Palfcsten, Eirchen oder die Bauwerke in
natura aufzasuchen und eingehend zu studiren. Analog mtisste der
Mnsikhistoriker oder Jeder ttberhaupt, der die Musik von der
bistorischen Seite liebgewonnen hat, die Kompositionen zu hOren
Oelegenheit haben. Davon konnte bisher kaum die Rede sein. Es
bestehen zwar hier und da in grofsen Orten Vereine und Institute,
deren Zweck die Veranstaltung historischer Concerte entweder ist
oder die laut Herkommon und Tendenz das Historische bei ihren
Aufftihrungen berttcksichtigen; namentlich altbertlhmte Kirchenchflre,
Hof-Kapellen, grofse Conservatorien u. s. w. Alle diese Vorftthrungen
jedoch sind der Menge des Stoffes und der Unsumme von Musik
gegenttber, die tLberbaupt aufgeftlhrt wird, versehwindend. Manche
Mnsikhistoriker mOgen wohl im Stande sein, wenn ihnen eine nicht
zu verwickelte Parti tur vorliegt, was bei den ganz alten Sachen nio
der Fall ist, da diese nur in Stimmen ausgegeben wurden und mtthsam
der Uebersicht wegen zusammengestellt werden mtlssen, ein an-
n&hernd richtiges Bild von der Klangwirkung der Kompositionen zu
erhalten, aber was will dies bedeuten der Masse von Werken gegen-
ttber, die nur bei sorgf<igster Aufftlhrung ihrem Werte nach be-
urteilt werden kOnnen! Auch kann das erw&hnte Eindringen in die
Geheimnisse und R&tsel alter Partituren, diese feine Ausbildung des
inneren geistigen GehOrs immer nur ein Vorzug weniger sein; die
Menge, auf die, urn Erfolg zu erzielen, gewirkt werden mtisste,
ginge leer aus. Gerade diese jedoch sollte fttr die Erg&nzung der
Musikgeschichte im bezeichneten Sinne gewonnen und interessirt
werden. Nur bei grofser Beteiligung des Publikums wlr' es mflglich,
gediegene Aufftthrungen alter Musikwerke zu Stande zu bringen.
Freilich, beim Anschauen dieses Publikums mOchten uns der Mut
und die Feder entsinken, da unser Plan einem Turmbau von Babel
schier gleicht Ohne Rttcksicht auf die grofsen Massen zu nehmen,
die am liebsten nur Mlrsche und Tanze und hOchstens einige ganz
besondere schOne Lieder nach weltbekannten Mustorn und aus renom-
mirten Fabriken, und aUes am liobsten von Milit&r-Musik hUren
mOchten, kann uns auch das „bessere" Publikum, welches durch
seine Liebhaberei fttr die Offenbacher Aera seine Verkindschung auf
musikalischem Gebiete klar an den Tag gelegt hat, nur wenig Trost
fttr die Zukunft einfloisen. Und doch ist das Zurttckgehen auf gute
alte Musik von so unberechenbarer Wichtigkeit fttr die Weiterent-
wickelung der ganzen Tonkunst! Sie wttrde durch den frischen Im-
pute, durch den reichen Gehalt, durch die Eigenartigkeit wiederaus-
10
Neue Str&mung in der Tonkunat.
gegrabener Meisterwerke aus der verderblichen Stagnation , der sie
in der Gegenwart verf alien zu sein scheint, erlflst und durch An-
knttpfung an das alte vergessene gute auf neue Bahnen gelenkt
werden. Wie die Archftologie, die bildenden Ettnste, die Kenntnis
des klassischen Altertums durch die Auffindung von Pompeji und
Herculanum neu belebt wurden, so k5nnt' es auch mit der Musik
durch die Erweckung des Altertums werden. Selbstverstandlich
wttrde man nur ausgezeichnetes aus den Bibliotheken hervorziehen,
alles mittelmafsige schlummern lassen. Wie es nur ein kleiner
Kreis 1st, in dem das Verstandnis und Interesse fir diese neue Art
des Musiktreibens erweckt und errungen werden muss, so kflnnen
es vorlluig auch nur wenige Manner sein, die solche Unternehmungen
leiten, denn es mttssen sich viele Eigenschaften in einer Person
vereinigen, um diese zur Leitung zu beftlhigen. Der Nutzen der
Sache ist aber ein zu bedeutender, als dass man nicht die vorhan-
denen Auf&nge der Concertmusik mit historischer Flrbung mit
Freuden begrttfsen und mit seinen besten Hoffnungen begleiten
mflchte. Handelt es sich doch um nichts Geringeres, als die Musik
durch aEmlliche Ausfttllung einer ihr gestellten klaffenden Lttcke,
durch mOglichste Ausgleichung des ephemeren Charakters ihrer
Schflpfungen, durch mOglichste Erhaltung des wahrhaft guten, was
sie hervorbringt, mit der Dichtkunst und den bildenden Kttnsten
auf eine Stufe zu erheben. Wir* es nicht besser, hier die Hebei
anzusetzen, als in Baireuth einseitigem Kunstkultus zu frOhnen !
Bas Werk ist des Schweifses der Edlen wert! Und sie haben sich
schon hier und dort zusammengefunden. Die Bemtlhungen des
Dom-Organisten Emil Bohn in Breslau in unserem Sinne sind von
bestem Erfolge gekrflnt gewesen, denn binnen 2 Jahren ist es diesem
gleich eingeweihten und bogeisterten wie energischen Kapellmeister
gelungen, in weiten musikalischen Kreisen das lebhafteste Interesse
fttr die erw&hnte Kunstrichtung zu gewinnen, ganze Schaaren von
Pachmu8ikern und Liebhabern daftir zu erwarmen. Bisher die
historische Musik nur in Gesangsaufftihrungen betreibend, ist der
mit der Pflege befasste Verein jetzt zu einem grofsen vokalen und
instrumentalen K&rper ausgedehnt, der die Musik seinem Zwecke
nach nur im Sinne geschichtlicher Entwickelung vorftthrt und mit
seinen reichen Mitteln (ungef&hr 100 gedbte Sanger und 50 der
besten Musiker) gegenwartig jedenfalls das grOfste dauernde Unter-
nehmen darstellt, das bisher nach dem ausgeftlhrten Ziele gestrebt hat.
Anton Bromel.
11
Alton BrtmeL
Uober diesen Meister bringt Vander Straeten's Work sehr in-
tressfmt© Dokumente. Brumel war ein Schtller Okegehm's, hat also
seine Studienjahre in Paris zugebracht. Darauf scheint er in Lyon
beim Herzog von Sora, Sigismund Cantelmus , als Musiker thatig
gewesen zu sein, denn der Herzog von Ferrara, Alfonso L, ein
Schwager des Herzogs von Sora, engagirt von hier aus Brumel an
seinen Hof. Ein Zweifel ttber den Ort wire mttfsig, wenn in den
Briefen, die Alfonso an seinen Schwager schreibt, flir Leone, Lione
stlnde, wie Lyon im Italienischen heifst. Ich fir mein Teil zweifele
zwar koinen Augenblick, dass Leone nur Lyon heifsen kann, denn
jedes WGrterbuch schreibt: Lione, Lyon, Leon, doch vander Straeten
setzt noch einige Bedenken hinein (VI, 97). Bis Anfang des Jahres
1505 befand sich also Brumel am Hofe des Herzogs von Sora in
Lyon, als der Herzog von Ferrara grofees Verlangen trftgt denselben
an seinen Hof zu Ziehen und die fttretlichen Anerbietungen nebst
der Liebenswflrdigkeit, mit der Brumel aufgefordert wird, bewegen
ihn nach Ferrara in demselben Jahre zu gehen. Ich teile die Brief©
in deutscher Uebersetzung mit, da sie wirklich in einem Tone ab-
gefasst sind, der sehr gegen die Contract© deutscher Fdrsten mit
angesehenen Musikern damaliger Zeit absticht. Hier verbandeln aie
mit Dienern, denen sie eine Last von Fflichten auferlegen, gegen
eine immerhin niedrige Bezahlung, die gebunden und geplagt mit
Schfllern, Eirchenmusik, Hofmusik und Verpflegung ihrer Zigling©
sind, dort verlangt der Herzog weiter nichts als den Umgang des
Meisters und freut sich schon auf die Zeit, wo er bei ihm weilen
wird. Er setzt ihm nur die eine Bedingung, dass er ihn nicht ohne
Urlaub verl&sst, den er ihm, darum gefiragt, gern auf drei bis vier
Honate gew&hren will.
Der erste Brief des Herzogs Alfonso ist an seinen Schwager,
Herzog von Sora, am 13. Dezember 1505 gerichtet*) (Straeten VI,
98). Er lautet:
An Herrn Sigismund Cantelmus.
Hochedler Herr, geliebter Schwager. Wir haben die beiden
Briefe vom 24. und letzten vergangenen Monats erhalten und sind
von Allem unterrichtet, was Ihr Uns in betreff Brumel's mitteilt,
auch ttber den „Contrabasso" Messer Jan. Ebenfalls sind Wir mit
*) Der Monat Dezember war damals ein fruherer Monat das Jahres lis heute,
so dasa der andere Brief aus dem Juli 1505 einen sp&teren Monat repr&sentirt.
12
Alton Brand.
den Bedingungen einverstanden, welch© Brurael gestellt bat, dessen
Tenor ihr uns sendet. Wir haben Euren Brief sorgftUtig geprtift
and auch den Willen des genannten Brumels. Indem Wir nocb
hinzufQgen, dass Wir unsern Entschluss bier Euch (lbersenden,
recbnen wir schlielslich darauf , dass ihr Uns denseJben gem flber-
lasst Wir legen aufserdem einen Brief mit einem Wecbsel ttber
50 Ducaten bei, der zur Reise von Lyon (Leone) bis hierher dienen soil.
Dein Gegenwftrtigen lege ich einige Zeilen an Brumel bei, in
denen ich ihm meine Bedingungen mitteile.
Ferrara den 13. Dezember (1505).
Der Brief an Brumel mit demselben Datum lautet:
An Brumellum, Cantorem.
Ehrwtlrdiger und sehr Verehrter. Wir haben euren Brief er-
halten mit den Bedingungen, welche ihr Uns unterlegt, um zu Uns
zu kommen und Uns zu dienen und haben alles genau erwogen.
Wir antworten auch, dass, wenn euch die im Beischluss befindlichen
Bedingungen nebst Vertrag zusagen, wir sehr froh sein wflrden euch
bei Uns gtlnstig aufzunehmen und sehen eurer Ankunft sobald als
mOglich entgegen. Wir haben an den Hochedlen Herzog von Sora,
unsern Schwager, einen Brief mit einem Wechsel tU>er 50 Ducaten
gesendet, welche zur Reise von Lyon (Leone) hierher dienen und
eure Ausgaben decken sollen. Ich bemerke noch, dass ihr hierher
kommt, um mir fttrs ganze Leben zu dienen und dass ihr euch
niemals entfernt, ohne meine besondere Erlaubnis. Andern Falls
bleibt lieber gleich dort, denn Wir werden dann unverztiglich die
Benefizien aufheben. Wenn ihr aber um Urlaub nachsucht, selbst
fttr 3 bis 4 Monate, um eure Heimat zu besuchen oder andere Orte,
wie es euch gef&llt, mit der Absicht wieder zu Uns zurttckzukehren,
werden wir euch stets gewogen bleiben. Und hierniit wdnschen
wir euch alles Gute.
Ferrara den 13. Dezember 1605.
Am 28. Juli 1505 befand sich Brumel bereits in Ferrara und
wird folgender Contract festgestellt. Die schon im Dezember an
Brumel gesendeten Bedingungen enthalten in kurzem Entwurf die-
selben Zusagen in betreff des Gehaltes. Der Contract lautet (Straeten
¥1, 96):
Durch das gegenw^rtige Schriftstdck, welches Wir eigenhftndig
abgefasst und untersiegelt haben, setzen Wir fest, dass der Hen-
Antonio Brumel geneigt ist in unsern Dienst zu treten und ernennen
Anton Unmet
18
Wir denselbeii auf beiderseitige Uebereinkunft zu unserm Kapell-
meister und zwar mater folgenden Bedingungen :
1. Wir wollen euch einen jfchrlichen Gehalt von 150 Ducaten in
Gold geben, ein Hans in Ferrara zur unentgeltlichen Wohnung und
in stets brauchbarem Zustande. Aufserdom woUen wir euch ein
oder mehrere Bonefizien auswirken, welche euch zu einer Summe
von 100 Ducaten in Gold verhelfen, da Wir hOren, dass eure Pfrttnde
von 100 Ducaten in Gold aufgehoben sei.
Und wenn die Benefizien auch von einem hoheren Wert sind
und 200 und mehr Ducaten betragen, so wollen wir dem noch eine
jfthrliche Pension (Provisione) hinzulegen, im Betrage von 60 Ducaten*).
Ferner werden wir nach der Besorgung der Benefizien fir eine
gute Wohnung sorgen, worin ihr bequem leben kOnnt und werden
sie auf unsere Kosten einrichten und erhalten.
Und da, wie ihr wisst, Wir einige Zeit bei unserem Vater leben
mttssen , versprachen wir ihm euch dorthin mitzunehmen, wozu ihr
eure Einwilligung hiermit gebt. Sollten aber unerwartete Ereignisse
eintreten, so bleibt der Besuch unausgeftlhrt. Wir hoffen, dass es
euch unter uns zu leben gefallen wird.
Dieses ist gescbehen und wird gegenseitig aufrecht erhalten.
' Datum Sabloncelli den 28. Juli 1505. Die Dokumente befinden
sich im Archiv zu Modena.
Brunei scheint bis an sein Lebensende in Ferrara geblieben
zu sein — kann man sich wohl eine sorgsamere Fttrsorge wttnschen?
— denn in den Jahren 1543 bis 1559 wird in den Akten (zu
Modena) ein Jacomo Brtmel, genannt Jaches, erw&hnt, der Organist
in Ferrara war und der wohl, wie auch Straeten vermutet, ein Sohn
des Antonio gewesen sein kann (Straeten VI, 102 u. £).
Schon 1503 druckte Petrucci einen Band Messen von Antonio
Brumel (siehe Schmid's Petrucci p. 45), doch ist dies die einzige
selbst&ndige Sammlung, die wir von ihm besitzen, alle tlbrigen auf
uns gekommene Werke finden sich in Sammelwerken und verzeichnet
die Bibliographie der Musiksammelwerke 49 grOfsere und kleinere
Werke, darunter 6 Messen, andere als Petrucci 1503 druckte.
, Bob. Mtmer.
*) Der Sat2 laatet im Original: Et se baveriti da Noi beneficii de pit faluta
etiam che ni cavasti ducento ducati et pid, non volemo che mai vi manchi la
proTisione de ducati cinquanta lo anno da Noi.
14
Gaspard BaMfopragoir.
Gasparl DiEffoprigcar.
Herr W. J. von Wasielewski hat auf Seite 41 des Jahrganges
1883 der Monatshefte einen Artikel ttber obigen Geigenmacher ver-
ttffentlicht, der als der Erfinder, oder erste Verfertiger von Violinen
mgmehm wird. Neulich kam mir eine Schrift in die Hand, die
wenig bekannt geworden zm sein scheint und durch Anregung der
Wiener Ausstellung entstanden ist. Sie ist betitelt: Der Oeigenbau
in Italien und sein deutscher Ureprung. Eine historische Skizze
von Dr. Edmund Schebek. Prag 1874. Druck der Bohemia. Selbst-
verlag. In gr. 4°, 8 Seiten. (Extraabdruck aus dem „Deutschen
Volks-Kalender" 1875.) Hier wird das Portrait obigen Geigenmachers
mitgeteilt, der hier den Namen Kaspar Tieffenbrucker trftgt. Weiter-
hin wird gesagt, dass sich derselbe in seinen in Italien verfertigten
lnstrumenten „Duiffopruggar" und in den in Frankreich, zu Lyon
gearbeiteten „Duiffoprugcar" schreibt. Tieffenbrucker soil der
deutsche Name sein und findet sich derselbe unter dem obigen Por-
trait, welches 1562 Pierre Vo'eiriot gestochen hat. Sehr mangolhaft
sind die biographischen Daten , die wir bisher fiber ihn besitzen.
Es ist nur soviel bekannt, dass er um 1511 in Bologna lebte, durch
Franz I. nach Paris berufen wurde und endlich nach Lyon ttber-
siedelte. Der Verfasser erw&hnt nun zwei Violinen im Besitze des
Herrn Niederheitmann in Aachen, die eine Zeit lang auf der Wiener
Weltausstellung zu sehen waren und von denen die eine dio
Zettelinschrift tr>: Gasparo Duiffopruggar bonnoniensis. Anno 1511
und die andere Anno 1517. Eine ehemals in Brtlssel befindliche
Violin© trug die Jahreszahl 1539. Eine Bass -Viola tr> die Inschrift:
Gaspar Duiffoprugcar a la Coste Sainct Sebastien a Lyon. Eine
Laute aus der Lyoner Zeit, die der Verfasser im Kloster Neustift
gesehen hat, tr> die einfache Signatur: Gaspard Duiffoprugcar a
Lyon. Ueber die lufsere Ausstattung seiner Instrumente sagt Herr
Schebek Seite 8: Der Wirbelkasten l&uft bald in die gewOhnliche
Schnecke, bald in einen Salamander (EmblSme Franz I.) bald in
einen Menschenkopf aus, als welcher sich zuweilen sein eigener
Kopf, aus dem nach dem Portrait Denkkraft und Energie spricht,
reprtsentirt. Die Oberdecken sind gew&hnlich mit fdrstlichen Wappen
in Farben oder mit in Gold ausgeftlhrten Konigskronen, der Boden
entweder mit in eingelegter Holzarbeit dargestellten St&dte-Ansichten
und Plftnen (z. B. Rom oder Paris) oder Oelgem&lden (Madonnen oder
anderen HeUigen) geschmttckt. Die Reifchen lings don Rftndern
Anxeige.
15
sind bald in einfacher, bald in doppelter Einlage, bald mit, bald ohno
arabeskenartige Verschlingungen ausgeftlhrt; desgleichen entbehren
die Zargen solcher nicht, oder sind mit in Gold glftnzenden Sprtlchen
bedeckt, unter welchen der sinnige Wahlspruch ganz oder in seinem
zweiten Verse Ofter wiederkehrt, welcher lautet:
Viva fui in sylvis, sum dura oecisa securi.
Dum vixi, tacui: mortua dulce cano,
(D. h. Ich lebte in den Wfcldern und wurde von der harten Axt
getfltet. — Lebend schwieg ich, tot singe ich stifs.)
Nach Easpar Tieffenbrucker lebten aus dieser Familie noch
Leonhard, Wendelin und Magnus, Letzterer bis in den Anfang des
17. Jahrh. hinein als Lautenmacher in Italien.
Der Verfasser erwMint noch Seite 6, dass er bereits 1872 einen
Artikel in der Wiener „Presse" am 27. November tiber denselben
Oegenstand verflffentlicht babe, der in italienischer Uebersetzung in
der Oazetta di Venezia am 11. April 1873 einen Abdruck fand.
Ferner wire noch eine Anmerkung des Verfassers zur Beachtung
zu erwfthnen. Er schreibt n&mlieh Seite 2: Una nicht eines Plagi-
ates geziehen zu werden , kann ich nicht umhin hier darauf hin-
zuweison, dass ich dies© Ansichten ttber den Geigenbau, nur viel
ausftlhrlicher, bereits in meinem Berichte ttber die Orchesterin-
8trumente auf der Pariser Weltausstellung 1855 (XX VII. Heft des
officiellen oesterr. Berichtes) niedergelegt habe. Diesen Bericht be-
niitzte Hiacinth Abele in seiner Schrift „Die Violine" in ausgie-
bigster Weise, obne, wie er es bei Anderen that, die Quelle zu
citiren. Ganze Seiten sind darin aus meiner Schrift wflrtlich auf-
genommen und fanden teilweise wieder in andere Werke unter seinem
Namen Eingang. Unter solchen Umst&nden w&re daher eine Ver-
wechslung der Originalit&t leicht, um so mehr, als mein Bericht als
ein Teil eines grOfseren , im Handel wenig verbreiteten Sammel-
werkes in den musikalischen Kreisen nicht sehr bekannt wurde.
Anzeige.
Das katholische ieifscle Kirchenlied in seinen Singweisen von
den frllesftn Zeiten bis gegen Ends des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Karl Sewerin Meister. Zweiter Band. Auf Grand
fttterer Handschriften und gedruckter Quellen bearbeitet von Wilbelm
B&umker. Freiburg im Breisgau. Herder'sche Verlagshandlung. 1883.
16
Anzeige.
In gr. 8°, EX und 411 Seiten nit Ml Meiodieen mi 28 vieratimmigen
Gharilen. Fwiis 8 Mk.
Im Jahre 1862 erschien der ©rat© Band von K. S. Meister her-
ausgegeben und er erregte durch seine sorgsame Quellenforschu ng
und Nachweisungen allgemeines Aufsehen. Trotz mehrfacherWtlnsche,
das Werk von seiner Hand vollendet zu sehen, traf er doch erst im
Jahre 1881 Vorbereitungen mm zweiten Bande, wobei ihm noch im
selben Jahre der Tod ereilte. Herr Kaplan Bdumker (ibernahm nun
im nfcchstfolgenden Jahre die Herausgabe desselben und da ihm dm
Quellenmaterial Meister's, wie im Vorwort gesagt wird, von den
Erben verweigert wurde — wahrscheinlich weil der kleine Beginn
der Arbeit kaum der Rede wert war — so schuf er in der unglaublich
kurzen Zeit von kaum einem Jahre den zweiten Band. Er umfasst
haupteftchlich die Zeit der ersten H&lfte des 17. Jahrhunderts und
bringt nur hin und wieder als Erg&nzung zum 1. Bande eine Melodie
aus dem 16. Jahrh. Die Lieder sind gemSXs der Anlage des ersten
Bandes in bestiramte Eategorien geteilt, als Marienlieder, Katechis-
mus-, Morgen-, Abend-, Tiseh- und Sterbelieder u. s. f. Herr Blum-
ker muss bereits vortrefflich vorbereitet gewesen sein, sonst war
es kaum mOglich das Material in der kurzen Zeit zu kopiren, viel-
weniger zu sammeln , anzuordnen und zu drucken. Die Einleitung
giebt uns Kunde von der Auswahl, Herkunft und Charakteristik dor
Meiodieen, (Iber die Stellung des deutschen Eirchenliedes zur Liturgie
bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Diesem folgen Nachtrlg© zur
Literatur zum deutschen Kirchenlicde, Bibliographie. Fortsetzung
und Nachtrftge zum 1. Bande. Nlhere Beschreibung einiger Gesang-
bticher. Besonders dankenswert ist hier die Zusammenstellung von
Triller , 8 und Leisentritt's Gesangbdchern (S. 45). In betreff der
Psal m en-Melodieen wire statt der Hinweisung auf das franzOsische
Werk von Douen wohl n&her liegend die quellenm&fsige Wiedergabe
der Meiodieen mit alien Nachweisen in den Monatsheften, Jahrgang
6, Beilage, pag. 20—36 gewesen. Die Mitteilung liber Ooudimel
Seite 49 ist sehr interessant und giebt vielleicht von Neuem An-
regung nachzuforschen, ob Ooudimel Hugenott war oder nur von
seinen Feinden fttr einen Hugenotten angegebon wurde, urn in der
Bartholom&usnacht 1572 der allgemeinen heimlichen Metzelei zum
Opfer zu fallen. Auf Seite 49 ist die Zusammenstellung aus He-
cyrus' und Leisentritt's Oesangbuch wertvoll. Mit Vorreden und
Berichten aus einigen Gesangbtichern schliefst die Einleitung, der
sich der 2. Teil, die Singweisen und ihre Geschichte anschliefst.
lOtteflnngen.
17
Fttr das 16. Jahrhundert bleb llerrn Bftumker nur noch eine kleine
Nachlese ttbrig, wtfarend die meisten Mitteilungen sich auf das 17.
Jahrh. erstrecken. Wenn hier im grofsen Ganzen wenig Erfreuliches,
in bezug anf den Wert der Melodieen, zu berichten war, so trifft
nicht die Scbuld den Herausgeber, sondern die schw&chiiche Zeit,
die statt der alten kernigen Lieder neue schnf, ohne Kraft, ohne
Begeistenmg, sondern in stlMicher Demut und schw&chlicher Er-
gebung. Oft greift der Verfasser m kr&ftigen protestantischen Weisen
in der Hoffnung, dass sie sich vielleicht als Utere Lieder vor der
Reformation erweisen lassen, doch musste er mit Vorsicht yerfahren
und so war er immer wieder auf die Liederbticher von Beuttner,
Corner u. a. angewiesen. Sehr gute Dienste leistete ihm auch das
F. M. B5hme'sche altdeutsche Liederbuch, dessen Hilfe er bereit-
willigst anerkennt. Wie sorgsam der Verfasser die Quellen fiber
ein und dieselbe Melodie verzeichnet, mOge nur das eine Beispiel
bei Nr. 35 beweisen, zu dem 22 Gesangbficher angeffihrt sind in
denen die Melodie yorkommt, und so kflnnen wir freudig die ein-
leitenden Worte des Verfassers wiederholen : „Das Meister'sche Werk
ist nicht Fragment geblieben" und hinzuffigen, dass der Nachfolger
und Vollender desselben der Aufgabe in gleichem Mafse gewachsen
und an Genauigkeit und Sorgsamkeit seinem Vormann nichts nach-
giebt. Eitner.
Mittelmgei.
* Herr Prof. Dr. H. A. Kdstim hat in dem Evangelischen Eirchen- and
Scbulblatt for Wnrttemberg (1883 Nr. 24, 27 and 85) einen interessanten Artikel
verftffentlicht, betitelt: Zor Geschichte des evangelischen Eirchengesangs in Wort-
temberg. Derselbe bringt sehr dankenswerte hymnologische wie biographische
Nachrichten, mit der Reformation beginnend aid im Neazeit schliefsend. — Der-
selbe Verfasser bringt ferner in dem soeben erscheinenden Werke des Statistisch-
topographischen Boreans „Das Ednigreich Wurttemberg" einen Artikel ober„Ton-
knnst", in dem die namhaftesten Mosiker, die in Worttemberg geboren oder
gewirkt haben in korzer Uebersicht dargestellt werden.
* Von Mmmamm Mmmmm§§M'§ Antogrmphen-Saiiiiiliuig, hermnsgtgeboi
rom Pro£ Feder. Parisim in Bologna, ist soeben die Fortsetzung, Bogen 8 und §,
mit den Namen Futa bis Gneeeo enchienen. Wie scion erwttuit sind die bio-
gmpMieliai Mftteiimgeii des Heraiugebers sehr wertvoll und oft so umfang-
rekh, dass sie eine voile Seite Ranm beansprochen. Anch die beiden vorlie-
gendea Brnfikbofen geben davon wieder Yorteeffttch Zengnis mid da es nicht
Koptai ms bekannten Leiica sind, sondern anf selbst&ndiger Fondling bernhen,
so sill sie Ton gana besoalirem Wirt. Ich erwahne i. B. nur den Alitor
Lorenzo Gibelli, ober den man im Flis nor wenige Nachrichten findet ond
18
Mftteilangen.
neaere IrnMm piii ilmrgiitoi, vfttoead im Parisini eine auafuhrlicha Dantettang
seines Lebens mit genauen Baton widmet, nebst aineni YanaichniB seiner Werke.
* Mitteiiungen der MusikaJienhandlung Breitkopf & H&rtel in Leipzig. Nr. 18,
November, 1883. Bemerkenswert ist die Anzeige, dass von der „kritisch durch-
gesehenen Ausgabe" der Andri JBmmte Modesto Gretry'scheti Werke der 1. und
8. Band muter der Prewe ist. 8ie werden Richard LmmtkcfM. heranggegeben
von Ad. Samuel, Vorwort von Victor WMer (Preia 12 Mk.) nnd das Lnatspiei
JDnctfe enthalien. Auch von Henry FmmW§ kritisch dnrchgesehanar Gesamt-
ausgabe ist der 1. Bd. erschienen, enthaltend: Das Yorkshire Feat und Timon
von A then.
* Der Boftn'sche Gesang -Verein in Breslau hat bereits drei historische Con-
carte in diesem Winter gegeben, die sich von den fruheren dadareh unterscheideu,
dass sie nor Kompoaitionen tines Meistero oder einer Musikgattang bringen. Das
1. Concert enthielt nor Mozarfiche Instrumentalwerke selten oder nie aufgefuhr-
ter Kompositionen. Das zweite war dem weltlichen mehrstimmigen Liede gewid-
met vom 14. ¥m 19, Jahrh. und das dritte Hans Leo Hafsler } von dem geistliche
und weltliche Vokalkompositionen , aber auch zwei Instrumentalwerke zur Dar-
stellung gelangten.
* Leo Liepmannsfohn. Antiquariat Berlin W. 68 Charlottenstr. Catalog
XXY1L Theoretische und praktische Muaik, Tanz. 1888. Enth< 827 Nrn.
meist seltener und wertvoller Werke aus alien F&chern der Musik.
* Michael P r&torius: Syntagmatis music! Tomus Secundus de Organo-
graphia, darinnen aller musikalischen alten und neuen, sowol ausl&ndischen,
barbarischen, b&urischen und unbekannten, als einheimischen kunstreichen, lieb-
lichen und bekannten Instrumenten Nomenclatur, Intonation and Eigenschaft,
sampt deroselben listen, Abriss und eigentlicher Conterfeyung: Dann auch der
alten und neuen Orgeln gewisse Beschreibung, . . . rein und leicht zu stimmeu
(nebst DispoBitionen und Abbildungen). Gedruckt zu Wolffenbuttei bey Elias
Holwein MDCXVIII.
Neuer Abdruck mit autographirten Abbildungen als 13. Bd. der Publikation
ftlterer praktischer und theoretischer Musikwerke. Preis 10 Mk.
* Bitte um gef&llige Benachrichtigung. Bei der Sendung eines Exemplares
des Darmst&dter Eataloges der Musikalien, aus dem Bucherverzeichnis , habe
ich aus der Abteilung HI. nur die Lage „A. Gesangmusik (< beigelegt und die
Lagen B. Tonwerke fur mehrere Instrumente und C. Tonwerke fur das Haus etc.
ubersehen hinzuzufugen. Mtner.
* Die Zahlung der Mitglieder fur den neuen , 16. Jahrgang der Monatshefte
betr> 6 Mk. und die der Abonnenten 9 Mk. Die Subscription auf die Publi-
cation fur 1884, den 13. Bd., betr> nenn Mark und sind beide Zahlungen im
Laufe des Januar an den unterzeichneten Sekret&r der Gesellschaft zu entrichten.
Restirende werden durch Postauftrag eingezogen. Neu eintretende Subscribenten
haben anftaglich 15 Mk. zu zahlen. N&here Nachricht erteilt der Unterzeichnete.
Templin (U./M.). Rob. EOner.
* Hierbet 3 Beilagen: 1) Stndien beim Lesen von fiandschriften. Si) Bucher-
verzeichnis. 8) Ankundigung der 2. Aoflage der Popul&ren Instrnmentationslehre
von H. Kling im Yerlage von Louis Oertel in Hannover. — Die Fortaetzung des
begonnenen Katalogea folgt mit n&chstem Hefte.
Verantwortlicber Redacteur Robert Eitner, Templin (Uckermark).
Druck von Eduard Mosche in Grofs-Glogau.
Nr. 9.
[tehstokaade If @k®r
sind durch die
BefLaction ur MonatsMte fir MnsiM:- GescMcbte
(Robert Eitner in Templin)
zu den beistehenden Preisen zu bezieben.
jf 4
1. Balnl, G., Memoire 8torico - Critiche della vita e idle opere di *
Giovanni Pierluigi da Palest ri na. 2 voll. 4. Roma 1828. br. unbe-
schnittenes schOnes Exemplar. 20
2. Benda, F. L., Armenlied: Soil sich einst in deiner Noth. Melodie
u. Begltg. — 50
8. Bibliographic der Musik - Sammelwerke des XVI. and XVII. Jahr-
hunderts. Im Vereine mlt Frz. Xav. Haberl, Dr. A. Lagerberg and
C F. Pohl bearbeitet and herausgegeben yon Bob. Eitner. Berlin,
L. Liepmannssohn. 1877. gr. 8°. XI und 964 Seit. (Ladenpr. 30 Mk.) 15 —
4. Eitner, Rob., Verzeichnis neuer Ausgaben alter Musikwerke aus der
fruhesten Zeit bis zum Jahre 1800. Berlin 1871. broch. 8°. 2 —
5. Eximeno, D. Ant.: DelT Origlne e delle Regole della musica colla
Storia del Sao Progress©, Decadenza e Rinnovazione. Roma 1774.
4° 466 pag., 22 Taf. and viele Musikbeisp. 15 —
6. Fltta, Fr. Jos. Memoire sar Pharmonie simultanee des sons, dies
Its Grecs et les Romains. Broxelles 1859. 4°. broch. 5 —
7. Hagen 9 Th.: Masikalische Novellen (aus 0. Jahn's Bibl.) Leipz. 1848.
8°. 823 S. 2 —
8. Helmholta, H. Die Lehre won den Tonempfindangen als'physiolog.
Grondlage fur die Theorie der Masik. Braanschweig 1868. SP. Lwdbd. 6 —
9. Eatalog der in der Ereis- and Stadt- Bibliothek, dem stadtischen
Archive and der Bibliothek des historischen Vereins za Angeling
befindlichen Musikwerke. Bearbeitet von H. M. Schletterer. Berlin
1878. XVI a. 138 S. 2 60
10. Eatalog der Masikalien der Grofsherz. Hofbibliothek in Darmstadt.
Darmst 1878. 8°. 2 50
11 Eatalog der Masikalien der standischen Landesbibliothek za IjusmL
Bearb. von C. Israel. Eassel 1881. 8*. broch. 2 —
12. Marpurg, Fr. Wilh., Abhandlang von der Fuge nach den Grund-
satzen and Exempeln der besten deutschen and aasl&ndischen Meister,
Berlin, 1758 bei Haude und Spener. 4 f . XVI u. 192 S. Halbfranzbd.
(die 62 Tafeln fehlen). . 1 50
18. Monatshefte fur Musikgeschichte, herausgegeben von der Gesellschaft
fur Musikforschung. Eompletes Exemplar von 1869—1880 in Halbfrs. 80 —
14. Mueller, Jos. Die musikaiischen Schaetze der EgL- und Universitats-
Bibliothek zu Ednigsberg i/Pr. 2 Liefg. (nicht mehr erschienen. Musik
komplet). Bonn 1870. gr. 4°. 431 Seit. 10 —
Jk 4.
15. Naamann, Emil: Ladwig van Beethoten. Vortrag im wissenschaft-
lichen Verein an Berlin. Berlin 1871. gr. 8 § . 40 Seit. — 80
16. Plutareh, de musica, ed. Volckmann. Lpz. 1856. Velin. eleg. geb. 2 —
17. Sabbatijii, L. A., Elementi teorici deila musica, colla pratica de'me-
desimi Roma 1789. Pilacchi Cracas e Oias, Rotij. 3 voL in 1 Bde.
Pergament-Einband. Mit Duetti m. Terzetti im Canon. 20 —
18. Bandjs and Forster. The history of the Violin, and other instru-
ments played on with the bow from the remotest times to the present
London 1864. gr. 8", cartion., wie neu mit vielen Abbildg. 10 —
19. Sarart. Ueber den Ban der Geige und anderer Saiteninstrnmente.
Ins Deutsche ubersetzt. Lpz. 1844. kl. 8°, brock 1 —
20. WageBseil, J. Chr. Von der Meister- Singer Origine, praestantia,
utilitate etc. Altdorf 1697. 4°. Hlbschweinsidbd. mit 13 Tafeln und
4 Ges&ngen. Sehr schUnes Exemplar. 6 —
21. Zeitung, Allgemeine musikalische, Leipzig bei Breitkopf und H&rtel
1798 bis 1848. 50 Blade, davon 12 Jahrg&nge brochirt, wie neu,
die ubrigen gebunden. 200 —
Ed. Mc*ch©'i Boehdraflkml, wmmm.
far
MUSIK-GESCHICHTE
herausgegeben
von
der Gesellschaft far lusikforschung.
XVI. Jafcrgaig.
1884.
i :::: ?sis iiit JabiguigM 9 Mk. Monafllfdi «n4hriiift tine
Hammer you 1 bit S Bomb. loMrtloiisgebflhrtii fir
dm Mto Si Pfg.
KommiieiontrerUg der T. Travtwela'tehen
Buck- and M astkallanhaiidlaog in Berlin W.
LefpaJgentreJee 180. Beetellangen nfaumt J#d« Baeh-
mni Mnilknandlnng entgegen.
No. 2.
Biitrag znr Biographie
der
Zomponisten ier Psaknai m 01. Marot m Tk de Beze.
Pierre Davantes.*)
Pierre Davantes, genannt Antesignanus, ist im Jahre 1526 in
Rabeii8teas bei Tarbes in den Pyrenften geboren. Er war der Ilteste
Sohn ies Edlen Jehan des Davantes, dit de la Helete. — Am 6. M&rz
1559 erhielt er in Qenf das Btlrgerrecht. — Am 24. Mai 1560 er-
teilte ihm der Stadtrat von Genf die Erlaubnis, seine Muikmethode
(Ziffermethode) „nouvelle invention de musique sur les psaumes",
zu ver&ffentlichen. Dieselbe ist bekannterweise noch in demselben
Jahre erschienen. Pierre Davantes starb den 31. August 1561.
Loys Bourgeois.
Im Juli 1545 gab der Rat von Genf dem nach Lausanne ge-
zogenen Cantor Guillaume Franc, zwei Nachfolger: Loys Bourgeois
und Guillaume Fdbri; da jedoch nach einigen Wochen der Letztere
als unfehig entlassen werden musste, so behielt Bourgeois die Stelle
allein. Wohl wurde ihm am 21. Mai 1551 sein Gehalt von 100 Fl.
auf 50 herabgesetzt, doch geschah dies nicht, wie oft angenommen
wird, weil seine Vorgesetzten mit ihm unzufrieden waren, sondern
weil die Stadtkasse arm war; „pour autant que la n6cessit6 est grande
*) Siehe Monatshefte 1869 Nr. 11.
Moaaftah. C Maeikgeeeh. Jahxg. XVL No. %
3
20 Beitrag i. Biographie d. Komponisten d. Psalmen — Loys Bourgeois.
en la bourse de la ville". Samtliche Stadtdiener, selbst die Syndici,
deren Gehalt von 125 Florins auf 100 reducirt wurde, mussten sich
derselben Mafsregel unterwerfen.
Bourgeois hatte eine wahre Bettlernatur. Fortw&hrend besttlrmte
er den Rat mit Bittschriften.
Im Jahre 1546 hatte er auf eigene Faust das ihm von der Stadt
angewiesene Logis ausbessern lassen und verlangte dann vom Stadt-
rat die Zurdckzahlung der ausgelegten Eosten. Der Bat, der zuerst
seine Beteiligung ausgeschlagen hatte, liels sich endlich, der vielen
Anfragen raf de, herbei, einen Teil der Ausgaben zu bestreiten. In
einem Monat hatte Bourgeois vier Bittschriften eingegeben! Mit dem
Resultat war der Cantor aber noch nicht zufrieden. Unter zahl-
reichen andern, w&hrend den Jahren 1548—1550 gemachten Ein-
gaben beziehen sich fttnf noch auf diese Angelegenheit.
Frtiher hatte er auch das Bttrgerrecht verlangt „pour ce qu'il
est mari6 et qu'il desire de vivre et finir ses jours au service de
Messieurs". Er erhielt es unentgeltiich am 24. Mai 1547. Dass
Bourgeois nicht unterlassen hat wegen seinem Oehalt zu reclamiren,
geht aus dem Gegebenen leicht hervor. Drei Mai erhielt er auf
solche Bitten, da der Rat seinetwegen seinen Entscheid nicht zurttck-
ziehen konnte, ein kleines Oeldgeschenk.
Den 3. Dezember 1551 ist Bourgeois eingesteckt worden , er
wurde jedooh den folgenden Tag schon wieder frei. Es war dies
eine Disciplinarstrafe. Der Rat konnte unmflglich zugeben, dass ein
Cantor ohne seine Zustimmung neue Psalmenmelodieen einftthre und
so die Glaubigen in ihrer Gewohnheit store.
Im vorhergehenden Jahre, den 21. Mai, hatte Bourgeois vom
Stadtrat die Erlaubnis erhalten, sein Werk „Le droict chemin etc."*)
herauszugeben. „Monsieur Calvin" heifst es im Stadtregister, „a ra-
port6 avoir vehu le liure de maistre Loys Bourgeois et a diet que
son advis est qu'il sera bon rimprimer; sur quoy est arrest6 qu'il
soit imprimd aux despens de rautheur".
Den 25. August 1552 verlangte Bourgeois drei Monate Urlaub
um nach Lyon und Paris zu gehen und dort seine Psalmen drucken
zu lassen. Der Rat, der ihm stets wohlwollend war, gewfthrte ihm
diese Bitte. Als jedoch den 27. Dezember desselben Jahres Bour-
geoir nochmak um achtWochen Urlaub bat, war es mit derGeduld des
Rates aus. Er beschloss: Bourgeois mOge hingehen, wohin er wolle,
♦) Wo ist das Werk m linden? F6tis, der es beschrieben hat, hat wie ge-
wdhnlich vergessen den Fondort davon anxugeben.
GnJUaiime Unity.
31
jedoch ohne weitere Anstellung der Stadt. „Arr§t6 qu'il aille II oi
11 voudra mais ce soit sans que plus il ait gage de la Seigneurie".
Trotz einer Bittschrift Bourgeois, die das Datum vom 31. Januar 1553
trftgt, zog der Bat seinen Beschluss nicht zurttck.
Bourgeois muss bald darauf Genf verlassen haben, denn den
24. M&rz erhielt seine Frau auf ihr Verlangen von der Stadt ein
Geldgeschenk, urn nacb Lyon zurtickreisen zu kflnnen, wo sicb sehr
wahrscheinlich Bourgeois aufbielt.
Ueber die Zeit der ersten Ankunft Bourgeois in Genf ist im
Stadtarchiv nichts gefunden worden ; F6tis Aussage dartiber verlangt
daher Bestfctigung.
Die Stelle von Bourgeois erhielt im M&rz 1553 Pierre Valette,
doch schon nach acht Monaten, im Oktober, gab man sie OuiUaume
de la Mule oder de la Mole, der den 29. Dezember desselben Jahres
Pierre Dagoes Dm Mmtkmcmm en Quercy Platz machen musste. —
Auf diesen Dagues bezieht sich eine Stelle, welche Herr H. Bordier
in den „Comptes des recettes et d6penses pour les pauvres" gefunden
hat, nach welcher im Juni und Juli 1561 der Cantor Meister Pierre
kleine Geldsummen erhielt, „pour avoir mis les psalmes en musique".
P. Dagues war somit der Fortsetzer von Bourgeois, der Vollender
des Psalmenbuches.
Die hier gemachten , auf Offentlichen Aktensttlcken fufsenden
Mitteilungen and" grifstenteils der Gtite des Archivars , Herrn
Th. Dufour, zu verdanken. G. Becker.
(ForUetrang folgt)
GhuUanxne Dufay
oder du Fay war nach Baud's Aussage von 1380 bis 1432 Tenorist
und Kapellmeister an der p&pstlichen Kapelle und befinden sich im
Archiv derselben noch heute eine Anzahl Eompositionen vor, die
Baini ihm zuschreibt. F6tis ftigt dem noch hinzu, dass er 1432 in
hohem Alter starb. Baini spricht dies zwar nicht aus, doch scheint
dies litis als selbstverstfcndlich vorauazusetzen. Trotzdem man in
die Wort© Baini's nicht den geiingsten Zweifel zu setzen wagte,
traten doch Stimmen auf, welche die Zeit und den Gharakter der
Eompositionen Dufay's nicht zu vereinen wussten. Schon dass
Dufay die weifse Note anwendete, w&hrend man in jener Zeit nur
die schwarze Note kannte, erregte Bedenken. Aeltere Schriftsteller,
die seiner erwfthnen , lassen weit eher auf die Zeit des 15. als
m
22
GuiUftume Dufay.
14, Jahrhunderts schliefsen , denn er wird siets mit Binchois und
Dunstable zusammengestellt, als mit den literal. Auch weisen si©
ml© mehr auf Frankreich, als auf Italien bin. Vander Straeten's
6. Band seiner La musique aux Pays-Bas bringt einiges Licht hin-
ein'und er steht nicht;'an' zu ©rkllren, dass zwei Guiilaume Dufay
gelebt;haben mitogen. Zu Cambrai befindet sich n&mlich ein Grab-
stein, der die Inschrift tr>:
<Pc mffrlus jacet umerabUte mr magr. pllkotitts lufag, mtsk,
batcalarina In btcttti*, altm |tf acksk dprialte, Mile canomc 1 ft fee,
nmllftrttMs nwitteit, qni^bHt amw Iti tttttkslnw quabrut . . . . i¥ f
Mc 30CiJJ« tttfisif notrcmbrts.
Den Grabstein giebt Straeten in photolithographischer Manier
wieder (Seite 314/5). Die auf dem Grabstein besch&digte Jahres-
zabl litest sich aber durch ein Ms. zu Cambrai (Nr. 938) erg&nzen,
in dem man liest: „Obiit 28 novembris 1474, jacet in capellania
Sancti Stepham".
Eine andere Inschrift zeigt uns den Tod seiner Mutter an.
Sic lautet :
®p Intuit ||ift Ifmlsflk Mark ©nfag, mke If mt ©iMkime
©ifnf f cotume It tkm f laqoflk trfpa*sa Van mil 3JfS!t ft XCII3I,
k four be ft ©forge* Prfis Dleu pour r&me.
Sie starb also 1444. Ein drittes Epitaphe zeigt uns den Tod
des Kaplans Bouillart und des Canonicus Dufay an:
©|t gift mt Akscmlre iittictft, prdtre ttcttlf be fiectiiate, dja-
pelaht If ftgltae ft If m t twtUkitie Dnfatf, cattonf If ©ambrai, ft
tefpuwi Pan mi MMMt f 30CSSSI, k Mt pir I'mmst Dtat en
alt k§ &m*0.
Aus dem neueren franzflsischen Werk ^Inscriptions fun6-raires
et monumentales appartenant h la collection cambr6sienne de M.
Victor De Lattre", notice par A. JDespUmque (in Bulletin de la Com-
mission dm ddpartem. du Nord, tome IX, p. 349) ergeben sich folgende
Daten: Dufay trat in das Eapitel den 12. November 1436 und er-
hielt am 21. April 1451 eine Gratification von 60 scuta (Ms. 951
der Bibliothek zu Cambrai). Aus der Bibliothek zu Cambrai hat de
Coussemaker eine Anzahl Eompositionen Dufay's in seinen „Les har-
monistes du X1T 1 si&cle" (Lille 1869) ver&ffentlicht; andere neu her-
ausgegebene Gesfcnge desselben findet man in meinem Verzeichnis
neuer Ausgaben alter Musikwerke und Nachtrag im IX. Jahrg. der
Monatshefte verzeichnet. Auch von einer Reise nach BrOssel er-
OniUftome Dufay.
23
halten wir aus den „Messager des sciences de Gaud" (Straeten p.
315) Kunde, die im Jahrc 1449 ausgeftthrt wurde und sich dort
aufser Dufay und anderen auch Binchois dabei befand (Gilles de Binch
nennt ihn das Dokument).
Vander Straeten ergeht sich nun (p. 316) in Mutniafsungen,
dass Dufay auch in Florenz gewesen sein mttsse, doch sind seine
Schlttsse so unhaltbar, dass sich ein nftheros Eingehen darauf gar
nicht verlohnt. Wio vorsichtig man tiberhaupt bei Vorwertung von
dichterischen Ergtissen jener Zeit soin muss, ergiebt z. B. die Deplo-
ration auf don Tod Johann Okeghem's von Guillaume Cretin (s. Monats-
heft XI, 35, Vers 209, Seite 46). Hieraach befand sich Dufay unter den
S&ngern, welcho den Trauergesang an Okeghem's Leiche anstimmten.
Okeghem lebte aber noch 1512. Ein gleicher Irrtum betrifft noch
mehrere der anderen dort genannten Singer, wie Bunoys (Busnois)
Binchois, Doustable u. a., die l&ngst nachweislich unter den Toten
weilten.
Wenn daher die Angaben Baini's ihro Richtigkeit haben, so
milssen wir jodenfalls zwci Musiker mit dom Namen Gruillaunte
Dufay annehmen , den einen als Singer und Kapellmeister an der
p&pstlichen Kapelle von 1380 bis 1432 und don anderen als Canonicus
zu Cambrai von 1436 bis 1474. Der berUhmte und allerseits ge-
priesene Eomponist Dufay kann aber nur der Letztere sein, da seine
Kompositionen eine frtthore Zeit nicht zulassen.
Nun wire es aber noch mttglich, dass die beiden Dufay doch
ein und dieselbo Person sein k&nnten, freilich mtisste man dann die
von Bain! gegebeno Jahresziffer 1380 streichen, tlber die sich aber
nicht eher bestimmen liofso, bis man wiissto, ob sie nur mutmafslich
oder aktenm&fsig festgestellt 1st; denn wftre 1432 Dufay aus der p&pst-
lichen Kapelle entlassen und 1436 in das Kapitel zu Cambrai ein-
getreten, so ist es sehr gut mflglich, dass er bis 1474 gelobt haben
kann. Seine Mutter starb 1444, er selbst kann daher gegen 1390
oder 1400 geboren sein, so dass er beim Schoiden aus der p&pstlichen
Kapelle im Alter von 30 bis 40 Jahren stand. Wir werden in der Ver-
mutung hauptsftchlich dadurch untersttltzt , dass die im p&pstlichen
Archiv vorhandenen Kompositionen Dufay's derselben Zeit angehOren,
wio die in Cambrai befindlichen. Wir mOchten damit in keiner
Weise die woitere Forschung beeinflussen, glauben aber doch, dass
sie dies© Momente ins Auge fasseft muss, urn von dieser Seite aus
die Quellen n&her zu prttfen. Eitner.
24
AmeigeiL — K&itlin.
A i z e i g e i.
KdstUn, Dr. Heinrich Adolf: Geschichte der Musik im Umriss
von . . . Dritte durchgesehene und erginzte Auflage. Freiburg i. B.
und Tubingen 1884. Akademische Verlagshandlung von J. C. B.
Mohr (Paul Siebeck). In 8* XYI and 523 Seiten, Pr. 7 Mk.
Friedrich Chrvsander schrieb oinst einen geharnischten Artikel
in seiner Zeitsehrift gegen die federgewandten Musiker, die iber
Musikgeschichto schreiben und weder historiscbes Wissen besitzen,
noch don guten Willen haben sich eindringlicher mit der Musik-
Wissenschaft zu beschftftigen, sondern des guten Glaubens sind, ais
Musiker auch berufen zu sein ttber Musik zu schreiben. Hervorge-
rufen war der Artikel durch eine Kritik Ehrlich's pro Naumann, in
der ersterer besonders betonte, dass Naumann Musiker sei, die Sache
also besser verstehen mttsse als die Herrn Philologen, die sich, wie
Otto Jahn, so einmal nebenbei mit Musik beschfcftigen und dann
ihre Weisheit leuchton lassen wollen. Chrysander sagte ganz richtig,
erst dann wird es mit der Musikgeschichtschroibung besser werden,
wenn die Herrn Musiker Musik und die Philologen Musikgeschichte
betreiben, sowie es in der Malerei, Baukunst, Bildhauerei und Dicht-
kunst stets gewesen ist. Warum gerade in der Musik bisher ein
verkehrtes Verhftltnis herschte und die Musikwissenchaft zu keinem
erfreulichen Aufschwunge kommen liefs, da der Musiker ein schlechter
Philologe und der Philologe ein schlechter Musiker ist, liegt nur an
der geringen musikalischen Bildung, die unsere Jugend geniefet und
an der Schwierigkeit Musikwerke, besonders liter© zu erreichen und
zu studiren, w&hrend in den anderen Kdnsten durch Schulbildung,
Galerien , Ausstellungen und vortreffliche Quellenwerke hinreichend
Gelegenheit geboten wird sich zu bilden, zu belehren und das Urteil
zu kr&ftigen. Die Neuzeit beginnt auch hier besseres m leisten und
die Musikwissenschaft zur aligemeinen Bildung zu erheben. Wenn
das vorliegende Work auch nur eine Compilation aus ilteren Werken
ist, so bekundet sie doch ein so grdndliches musikalisches Wissen,
dass der Dilettantisms, der bisher so verderbenbringend war, aus-
geschlossen ist. Dennoch erkennen wir auch hier wieder wie weit
die Quellenforschung in manchen Perioden noch zurtick ist und wie
Werke herangezogen werden mtlssen, die weder Quellenwerke sind,
noch die Autorit&t besitzen und doch wie Quellenwerke betrachtet
werden. An der Hand der vorliegenden Geschichte der Musik litest sich
dieser Einfluss aufs Sch&rfste erkennen und w^hrend die eine Periode
Amrigen. — KOstiin.
25
mit meisterhafter Elarheit behandelt 1st, weil wir die vortrefflichsten
Vorarbeiten darttbor besitzen, litest die andere unbefriedigt und
man erkennt die trttbem Quelien aus denen geschOpft ist. £s
ist nicht mehr die Darstellung der Geschichte, sondern Skizzen
einzelner Manner, lose aneinander gereiht Schon Ambros greift
zu demselben Aushilfemittel und dient ihm nur der Mangel jeg-
licher Vorarbeit zur Entschuldigung , der ihn zwingt Quellen*
studien fir eine Darstellung der Geschichte der Musik auszugeben.
In Dr. EOstlin's Geschichte ist die ilteste und neuere Qeschichte
vortrefflich behandelt; es ist das boste Geschichtwerk in knapper
Form, was wohl bisjetzt in der Musikwissenschaft geschrieben ist
Beherrschung des Gegenstandes und eine meisterhafte Darstellung
zeichnen das Buch vor vielen aus, wenn nicht vor alien, die den-
selben Gegenstand behandeln. Vom 17. Jahrhundert aber bis zu
Bach und Hftndel empfindet man die Unsicherheit der Quellen, das
Tappen nach der Wahrheit und die Unbefriedigung nur Namen und
Daten zu entdecken, aber keine Thaten, oder doch verhtlllt in Nebel,
der eine klare Debersicht nicht gestattet und das Urteil gefangen
halt Dem Verfasser daraus einen Vorwurf zu machen wir© tflricht,
doch h&tten wir wohl gewtinscht, dass er Werke, wie die von Brendel,
Reilsmann, Naumann und fthnliche nicht als Quellenwerke citire,
denn die Verfasser derselben befanden sich in derselben Verlegen-
heit diesen Eunstepochen gegentlber als er selbst, nur treten sie mit
dreister Stirn dem Leser gegentlber und wollen ihm weifs machen,
dass sie das Alles ganz genau wissen, w&hrend sie Namen und Daten
nur aus Gerber und Schilling zusammengestoppelt haben, ohne je
eine Note von den ihnen gepriesenen Meistern gesehen oder geh5rt
zu haben. — Fir den besten Abschnitt in Dr. Ettstlin's Masikgeschichte
halte ich den Hber griechische Musik, Seite 12—64. Hier treten
alle Vorztlge des Verfassers ins klarste Licht und machen diesen
Teil zu einem kleinen Meisterwerk. Es ist die Quintessenz aller
gelehrten Abhandlungen ttber griechische Musik, die je in dickleibige
BtLcher niedergelegt ist, mit einer sonnigen Elarheit wiedergegeben,
die den Leser in Staunen versetzt und ihm wohl einen Vorschmack
von den Emplidwigeii und dem Eifer gew&hrt, der schon so manchen
Gelehrten an das Stadium der griechischen Musik gefesselt hat.
Nicht minder vortrefflich ist das Mittelalter und das 16. Jahrhundert
behandelt, dann wieder Bach und H&ndel und die Zeit unserer
Klassiker. Da sich voraussetzen litest, dass die vorliegende Geschichte
der Musik durch ihre gl&nzende Schreibweise noch weitere Auflagen
26
Anzeigen. — Roland.
erleben wird, so erlauben wir una noch den Herra Vorfasser auf
einen Irrtum Seite 227 aufmerksam zu roachen. Es heifst dort, dass
Henry Purcell am 21. Nov. 1695 starb. „Zehn Tag© nach seinem
Tode wurde in Deutschland der gewaltige Mann geboren, der Pur-
cell's Erbschaft in England antreten sollte, ihn freilich urn mehr als
Hauptesllnge tiberragend: Oeorg Friedrich Handel." H&ndel wurde
aber im gleichen Jab re wie Bach geboren, wie auch dann Seito 233
zu lesen ist, daher hier nur ein Schreibfehler obwalten kann.
Roland, E.: Recueil de Chansons populaires par . . . Tome I.
Paris, Maisonneuve et Cie. 1883. In 8°, 356 Seiten mit 158 Liedern.
Bis S. 378 buchhftndlerische Anzeigen.
Wer bisjetzt noch daran gezweifelt hat, dass der Franzose von
Natur unmusikalisch soi, der kaufe sich diese Volkslieder. Sie sind
toils durch mttndliche Ueberlieferung, teils aus alteren gedruckten
Sammlungen, besonders aber aus den Ballard'schen Airs und Sonnets-
Sammlungen aus dem Anfange des 18. Jahrh., teils aber auch aus Hand-
schriften zusammengestellt. Die Ausgabe ist sorgsam gemacht und
die Quellen genau verzeichnet, so dass den Sammler selbst kein
Vorwurf trifft , wenn der musikalische Inhalt keinen hflheren Wert
hat. Vielleicht kflnnte man noch den Einwurf machen, dass er unter
den Melodieen die wertvolleren hltte aussuchen sollen, doch dann
wire er wahrscheinlich kein Franzose gewesen. Man denke sich
einen total unmusikalischen Menschen, der gedankenlos oder auch
vielleicht gedankenvoll etwas vor sich hin singt, was mit Singen
etwa eine Aehnlichkeit hat wie die Zeichnungen eines Eindes mit
Malerei und man hat das richtige Bild einer franzBsischen Melodie
zu einem Volksliede. Als ich das Buch aufschlug, war ich ers taunt
ttber das Monotone der mir gerade ins Auge fallonden Melodie. Die
Tone htlpfen und drehen sich in einem kleinen Kreise, ohne Schwung,
ohne Sinn mOchte ich sagen, herum. Seiten trifft man einen Halb-
schluss, selbst der Oanzschluss macht nicht den befriedigenden Ein-
druck, weil er nicht vorbereitet ist. Ich schlage weiter und weiter,
doch die Melodieen haben unter einander eine Aehnlichkeit wie eine
Wiese mit der andem. Eine von diesen kuriosen Melodieen, Nr. 103,
bewegt sich sogar meist auf dem hohen zweigestrichenen b herum
und lftsst sich eigentlich nur pfeifen. % und */ A Takt sind vor-
herrschend und zwar stets in dem hinkenden Rhythums: lang kurz,
lang kurz.
Anseiten. — Roland.
line der besseren Melodieen, welche doch einigermafsen einem
musikalischen Ohre Oendge thuen, ist Nr. 33. Ich versuche sie mit
Buchstaben herzustellen, da mir Notentypen fehlen. Der Takt ist
4 / 4 mit 2 gezeichnet, die Bewegung besteht aus Viertelnoten und
tritt einmal eine halbe Note ©in, so setze ich ein -f- dartlber. Im
ttbrigen lese man es 2 Oktaven hflher; ^
c d| o f d e| f f c d | c f d o [ f
En revenant de Versailles, En passant dedans Saint-Cloud, :||:
+
c gig a * glgg g a 1 g e f g | e
Je trouvay un p'tit bonhomme Qui' avait m femme I son com;
+ + + +
d g | e e c | d d d g | e d | c
Je suis sou de ma femme, L'acheterez -vous.
Quelle: Ballard, Brunettes ou petite airs tendres, T. II, 1704.
Die Franzosen waren ttbrigens in alterer Zeit musikalischer, denn
ihre Chansons aus dem 16. Jahrh. und die Airs aus dem 17. sind
oft reizende und formell abgerundete Melodieen. Heinrich Albert
teilt in seinen Arien eine ganze Anzahl mit und sie geh6ren mit
zu dem Besten was er giebt. Das kriegerische Wesen der letzten
Jahrhunderte, die Sucht nach Rhum und die damit verbundene
Ueberhebung, die bis in die untersten ScMchten gedrungen ist,
scheinen dem Franzosen alios Gemtttvolle abgestreift zu haben und
ohne diesen Faktor wird die Musik eine Verstandesarbeit und ver-
liert den ihr eigenttimlichen Beiz. A Is ich eine Weile ein Lied nach
dem anderen an mir vordbergleiten liefs und immer dieselben mo-
notonen TonftJle und Rhythmen sah, griff ich zu Erk's deutschem
Liederhort, urn mich zu ttberzeugen, ob die Deutschen im Stand©
sind &hnliches hervorzubringen , doch es war als wenn ich plOtzlich
aus Regenwetter in den heitersten lachendsten Sonnenschein versetzt
wtlrde. Hier der melodische Fluss, das Vorherrschen der Sekunde,
dort die klappernde Bewegung mit den httpfenden Intervallen. Hier
die mugikalisch zwei- und dreiteilige Form, dort nur die Wieder-
holung derselben Phrase. Is ist der denkbarste Unterschied zwischen
musikalisch und unmusikalisch. Wir sind doch begierig wie die
Jligst gestellte Preisaufgabe tiber das Lied in Frankreich gelOst
werden wird. Eitner.
ss
Mlttelliiafa**
mtteQnngaL
* Penkscarift mb Antes* im §tadm4tMmmd^9ikTigm Mmwkmm let 8ing*
Firciies der QeseJschaft der Maaikfreande in Wiea. Yerfastt ion C. F. Pohl,
Bibliothekar mi Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Wien 1883 #
Im Selbstverlage des Yereines. In gr. 8°, 81 Seiten. Der Herr Yerfasser hat es
Yortrefflich reratanden ana lea einfachen Thatsachen elm interesaiiDtes BiM su
entwerfen. Wien hat erst Beit 2fi Jahren einen 8ingverein nnd eine Singakademie,
bis dahin behalf es sich bei Chorauffahrungen mit einem ans den yerschiedensten
Elementen zosammengeworfenen Chore, and einige wenige Proben massten ge-
nagen sur Yorbereitang der Aaffahrangen. Manigfache Versuche einen stehenden
Chor ins Leben m rufen, missgluckten, wahrend andere dentsche Stidte, Berlin
oben an, schon tenge im Besitze derselben waren. Noch froher, schon nm 1688,
1710 nnd 1788 besafe England Gesangvereine, deren Haaptaofgabe in Auffahrungen
yon Oratorien beatanden* B«r Hirr Vcrfmier entwirft diriber ein intmaaanteB
historisches Bid. Erst in iahre 1858 suite Wien mat mm QeeatjgfereiiieA be*
glttckt werdea, ion Bimnrcrda mil dar SingalndeiBie, derail GrAndung nnr urn
einen Tag aoseinanderliegt. Der Singverein entwickelte sich muter den gunstigsten
Yerhaltnissen sehr bald im einem Institut ersten Ranges. Herbeck, der geniale
Diligent, Helmesberger, Rubinstein, Brahms and die neaeren Eremser nnd Gericka
waren abvecfcaelnd in den 35 Jahren seine artistisohen Letter and die Wiener
It xntea nun well endlieh Bach's mi E&ndel's Omtorlem kennen. Die Yerztichaisae
der Yorstande, der Mitglieder and der Programme beschMetoem die utereaaante
Denksehrifi
* In Mailand erschien 1888 bei Ricordi eine Sammjung T&nze des 17. Jahr-
imiiirts mater dem TItel : Biblioteca rariti mnsicali per enra di Omar CMIesottk
Dea Stof babtn Fabrido Caroao's md Cesiire Negri's Dracke gdrfert In wie-
weit die Wiedergabe der Originate auf Ustoritche Wahrheit Amsp inch maclien
kann, konnten wir una nicht dorch eigenen Aogenscheia uberzeugen, da vir die
Nachricht nor dem „Le Guide musical" entnehmen,
* Im 168. Kataloge von Alb. Cohn zu Berlin, die auserw&hltesten Seiten-
heiten ana alien F&chern der Wisaenschaften enthahend, befinden sich aach yon
Nr. 161— 181 Masikdracke, die nor seiten im Masikhandel vorkommen. Aach
din Wiedergahe dec Titel iat mit merkimi«swerter Sorgfalt anageffchrt.
* Yerzeichnis mm theoretigchen and praktischen Musikwerken mm List and
Francke in Leipzig, Katalog Nr. 164. Enthalt 3271 Nrn., daronter viel Branch-
bares aas alien F&chern and alien Zeiten.
Hierbei t Beilagen: 1. Heinrich Albert's Cantate zum Empfange mm Martin
Opite in Kttnigatag 1688. & Ftetset*. d«a Kaftalogaf der Mnallntf aaJlibl^^
dm J'#ii^ QjmjmmMmm za Berlin, Seite 5— 12.
Yerantwortlicher Redacteor Robert Eitner, Templia (Uckermark).
Druck von Ednard Mosche in Grofs-Glogau.
\
Bucherverzeichnis Nr. 10.
Ifteksf ehende Btahor
sind durch die
Miction Her loitsM fir M-Gtscliicbte
(Robert Eitner in . Templin)
zu den beistehenden Preisen zu beziehen.
Jk 4
I. Bend*, F. L., Armenlied: Soli sich einst in deiner Noth. Melodie
m. Begltg. • — 50
8. MMtpufMii der Masik - Sammelwerke des XVI. und XVII. Jahr-
honderts. Im Yereine mit Frz. Xav. Haberl, Dr. A. Lagerberg and
C. F. Pohl bearbeitet und herausgegeben von Rob. Eitner. Berlin,
L. Liepmannssohn. 1877. gr. 8°. XI und 964 Seit (Ladenpr. 30 Mk.) 15 —
3. Compendium Responsorium et Antipbonarum ecclesiastic. Coloniae
Agrip. 1808 apud Jausen. Halbledbd. 2 —
4. Daniel, H. A. Codex liturgicus ecclesiae nniversae, cor. . . . 4 yoU.
in gr. 8°. Lips. 1847/58. If 50
6. Eitner, Rob., Verzeichnis neuer Ansgaben alter Masikwerke aus der
fruhesten Zeit bis zum Jahre 1800. Berlin 1871. broch. 8°. 2 —
6. Eximemo, D. Ant.: Bel' Origine e delle Regole della musica colla
Storia del Suo Progresso, Decadenza e Rinnovazione. Roma 1774,
4° 466 pag., 22 Ta£ and yiele Masikbeisp. 15 —
7. litt% Fr. Job. Memoire sar Pharmonie simoltanee des sons, dies
Its Grecs et les Romains. Brozelles 1859. 4°. broch. 5 —
8. Forkel's Geschichte der Masik, 2 Bde., gebanden. fflbled. 15 —
9. Gerbor: Altes a. neaes biographisches Tonkunstier-Lexicon. 6 Bde.
in 8°. Halblederbd. * 20 —
10. Helmholtz, H. Die Lehre von den Tonempfindnngen als physiolog.
Grnndlage for die Theorie der Masik. Braanschweig 1868. 8°. Lwdbd. 6 —
II. Eatalog der in der Kreis- and Stadt- Bibliothek, dem stadtischen
Archive nnd der Bibliothek des historischen Vereins zn Aogsborg
befindlichen Masikwerke. Bearbeitet von H. M. Schletterer. Berlin
1878. XVI a. 138 S. 2 60
12. Katalog der Masikalien der Grofeherz. Hofbibliothek in Darmstadt.
Dannst 1878. 9. 2 50
18. Eatalog der Masikalien der standischen Landesbibliothek m Kaasel.
Bearb. von C. Israel. Kassel 1881. 8 § . broch. 2 —
14. Kirchen-Ordnong v. Ceremonien wie es in vbung Gottes Worts . . .
in d. Eircben d. Herzogth. Preossen soli gehalt werd. 4. Kftnlgsp.,
G. Osterberger, 1598. 72 11. m. Melodien. 75 —
Tttm etw. Mig*b«i. (ZH#M ron d. BitchOfen mm Bamtaad m, Fomawi
pibL Kiiahai-Oidiuuig 1st Mhr lelton.)
18. lied* Das deutsche Mid des 15. mad 16. Jahrh., heraosgegeben yon
Eitner. 2 B&nde. 8
16. lied* Bus deutsche Lied des 15. and 16. Jahrh., heraosgegeben yon
Eitner. i Bd., Hds. d. 15. Jahrh. * 5
17. Htxpwxg) Ft. Wilh., Abhandlnng von der Fmge nach den Gramd-
s&tzen und Exempeln der besten deutschen und ansl&ndischen Meister,
Berlin, 1768 bei Haude and Bpener. 41 XVI a. 1» S. Halbfranzbd.
(die 62 Tafeln fehien). 1
18* Monatahefte fttr Musikgeschichte, heraosgegeben yon der Oesellschaft
for Musikforschung. Kompletes Exemplar yon 1869—1880 in Halbfri. 80
19. Mueller, Jos. Die musikalischen Schaetze der Kgl.- und Universit&ts-
Bibliothek in K&nigsberg i/Pr. 2 Liefg. (nicht mehr erschienen. Musik
komplet). Bonn 1870. gr. 4°. 431 Seit 10
20. Ott, Joh. Liederbuch yon 1644. Melodien, Texte und Biographieen.
Heme Ausgabe. 3
tL Praetorlus, 2. Bd. der Syntagma von 1618. Von den Instrumenten,
mit Abbildg. Neudruck. 10
22. Repetitio corpor. doctrinae eccles. od. Widerholung d. summa u. In-
halt d. recht. allgem. christl. Kirchenlehre, wie die selbige in d. Augs-
purger Confess, begriffen iiicl in HertEOgth. Preussen angenommen.
4. Kftnigsp., Daubmann, 1567. (92 8.) raritt. 60
28. Sabbatinl, L. A., Elementi teorici della musica, colla pratica de'me-
desimi Roma 1789. Pilucchi Cracas e Gins. Rotij. 3 vol in 1 Bde.
Pergament-Einband. Mit Duetti u. Terzetti im Canon. 20
24. Staden, S. G. Seelewig, ein Singspiel. Neu herausgegeb. v. Eitner. 8*. 2
25. Wagensell, J. Chr. Von der Meister -Singer Origine, praestantia,
utilitate etc. Altdorf 1697. 4°. Hlbschweinsldbd. mit 13 Tafeln und
4 Gesftngen. Sehr schOnes Exemplar. 5
26. Zettug $ Allgemeine musikalische, Leipzig bei Breitkopf und Hftrtel
1798 bis 1848. 50 B&nde, davon 12 Jahrg&nge brochirt, wie neu,
die tbrigen gebunden. 200
Gesucht:
Drueke and Handschriften von Musikalien fur Viola d'amour.
Ec!::, Motohe , t Buchdrocktrei, Qlogan.
ftir
MUSIK-GESCHICHTE
herausgegeben
▼on
der Gesellschaft far Musitf orschtuig.
XVI. J&hrgang.
1884.
FrtJi dM Jahigugw tlCk. Mozurtlioh enoheJnft elne
Nummer tob i bit S Bogen. MiiittloiiigoMlireii fir
die ZeUe 80 Pfg.
KommiuioBiTarUg der T. Tr»itw«lB*§cb.eii
Buck- mil Mnittadtaihaadliing in Burin W.
LefpsigantnTM 180. Beetellniigeii nimmt Jade Bucb-
und Maitkhandliniig entgegen.
No. 3.
Zir GiscMclita der ToUsiederiielodieei.
(With. Bftunker.)
Dem Sammler von Tolksliedern dtirfte es nicht unbekannt sein,
class viele Melodieen weltlicher Lieder dadurch uns erhalten blieben,
dass sie, mit geistlichen f extern versehen, in die Kirchengesang-
bttcher tibergingen. Durch dieses Verfahren suchten die Heraus-
geber derselben den vielfach anstOfsigen weltlichen Text zu ver-
dr&ngen und die schflnen Melodieen zu retten. Oefters wird dabei
tlber dem geistlichen Texte in einem Vennerk angegeben , nach
welcher Volksweise das Lied gesungen werden soil und die Melodie
desselben zugleicb abgedruckt Dies ist der Fall in den beiden
folgenden vlaemischen Gesangbdchern aus der ersten Hllft© des
17. Jabrhunderts.
1. Het Prieel Der Gheestelicker Melodiie; Inhoudende veel
schoone Leysenen, ende Oheestelijcke Liedekens van diueer-
sche deuote materiel, ende op de principale Hoochtijden des
Jaers dienende. Van nieuws ouer-sien ende verbetert in
veel plaetsen. T. Hantwerpen. By Hieronymus Verdussen.
Anno MDCXII1I. (279 S. 8. 5 Seiten Register nnd 7 Seiten
Vorrede.)
2. Het Paradys Der Geestelijcke on Korckelijcke Lof-Sangen.
Op de principaelste Feest - dagen des gheheelen Jaers. Ge-
plant door Salomonem Tbeodotum. Licentiaet in der H
Godtheyt. Den vierden Druek, verbetert ende vermeordert
Mouteh. f. Mnilkgeeoh. Jahrg. XVL No. 8. *
30
Zor Geeehichte itr VeltolitdeiMlodieeii.
*t Antwerpen, by Hendrick Aertsens 1638. (Irate Aufl. 1621)
12°. 745 Seiten, 7 Seiten Index und 14 Seiten Vorrede.
Wie der Herausgeber dieses letzteren Gesangbuchea in der Tor-
red© sagt, waren ihm aufser dem genannten „Heet Prieel" und „Justi
Harduinij Goddelijcken Lof-sangen 1620" weitere katholische Gesang-
bttcher in den Niederlanden nicht bekannt geworden.
Ich will nun in Folgendem aus den beiden genannten Gesang-
btlchern die Anfangsworte der weitlichen Volkslieder, welche tiber
den Meiodieen angegeben sind, zusammenstellen.
1. Het Prieel 1614
So diep in die groen heyden. Seite 5.
Fortune Mas pourquoy. S. 13.
Het was een kindt. S. 28.
Noch weet ick een Casteel. S. 31.
0 radt von auontueren. S. 143.
Aufserdem sind noch folgende Volkslieder als „Wea8en u an-
gegeben, doch ohne Abdruck der Meiodieen :
Den lustelijcken Mey. S. 86 und 108.
Den tijdt is hier dat men sal vrolijck wesen. S. 110.
Och Amsterdam ghy doet my pijn. S. 89.
Sohenckt my te drincken naer mijnen dorst. S. 136.
2. Het Paradys 1638.
Aenhoort doch mijn geklach. S. 173.
Als ick u eeret begon te minnen. S. 502.
Amarillida bella. S. 666.
Blijschap van my vliet. S. 70.
Boerinken als gy gaet water halen. S. 648.
Cornette musicael. S. 590.
Den tijdt is hier. S. 181.
De Mey, de Mey, koel is de Mey. S. 306 (ohne Melodie).
Doen Daphne d J over schoone maeght S. 113.
Den lustelijcken Mey. S. 176.
D'Enghelsche fortuyn. S. 119.
De fiere nachtegale S. 494 (ohne Melodie).
De Nachtegael die sangh em liet. S. 709.
Edel Kersouw. S. 308,
Een droevigh liedt heb ick gedight S. 667.
Fortuyn helas pourquoy. S. 652 (ohne Melodie).
Geeft my te drinken. S. 644.
Het vyer brant seer. 8. 364.
Zur Geschichte der Volksliedermelodieen.
81
Het was een rijcke koopmans soon. S. 455 (ohm©
Melodie).
Ick suchte sucbt op sucht. S. 124.
Ick had voor desen. Oft© D'Enghelsche Klocke-
dans. S. 470.
Ick beb de groene straten. S. 702.
Ick gingh noch huyden morghen. S. 624.
Ick stout op hooger bergen. S. 680 (ohne Melodie).
Ick slaep ick waeck. S. 80.
Ick lijd 1 in't hert pijn. 8. 227.
Mocht icker schoon. 8. 185.
Mijn droefheydt moet ick klaghen. S. 286.
Mijn ooghskens weenen, ofte Galiard d'ltali. S. 650.
Mijn sinnen zijn onstelt, gequelt. S. 569.
Moet ick das treuren. S. 587.
Nerea schoonste van uw'gebueren. S. 106.
0 schoonste Personagie. 8. 20.
0 cierelijck cierat. S. 466.
Princess© die mijn ziel ghebiet. S. 410.
Pavangie d'Spangie 8. 632.
Pour un plaisir. S. 519.
Roosemonde neemt eens acht. S. 357.
Schoon lief wilt my troost. S. 219.
Seght my wel schoone Nymfelijn. S. 361.
Schoon Jonckvrouw ick moet u klaghen. S. 688.
Soet Robbertjen. 8. 695.
Si tan to gratiose. S. 166.
Soo diep inde groen' Heyden. Seite 719 (ohne
Melodie).
Te Mey als al de vog'lon singen. S. 597 (ohne
Molodie).
TVas een Ridder een Eonighs kint. S. 571.
Venus ghy en u kint. S. 224.
Venus der minnen Goddine. S. 395.
Wilhelmus van Nassouwen. S. 4.
Waer icker een koningb. S. 203.
Weest Nymph' gegroet. S. 488.
Von diesen Liedern teile ich zwei Melodieen hior mit, die eine
„Wilhelmus von Nassouwen" als Variante zu dem bekannten nieder-
llndischeii Volksliede (bei Bohme 409). Het Piradys (1621) 1638
4*
I
32
BiographiBche Notiien.
druckt diese ab zu dem geistlicben Texte „0 eeuvigh Godt Almach-
tigh". Mil den angegebenen Varianten findet sie sich in dem ilteni
Gesangbuche Hot Prieel 1614 zu dem Liede:
Het viel een hemels dauwe
In een kleen maechdeken,
Ten was noyt beter vrauwe
Dad def een kindeken,
Dat van haer was gheboren
En sy bleef maget fijn.
0 maget wt uerkoren
Lof moet v altoos zijn,
Noch 7 Strophen.
Diese Melodie ging mit verschiedenen Varianten in einige
deutsche Gesangbticher des 17. Jahrhunderts (Psalteriolum, Cttln 1642,
Nordstern 1671, Mtlnster'sches Gesangbuch 1677, Rbeinfalsischea Ge-
angbuch 1666) iiber. Sie steht hier zu dem deutschen Liede: lr Es
fiel ein Kimmelsthawe in eine Jungfrau fein." VgL Nr. 104 im
I. Band© von Meisters Kircbenlied. Dieser deutsche Text hat, ab-
gesehon von der Anfangszeile, mit dem Tageliede : „Het viel een
hemels douwo vor mijns liefs vensterkijn" (bei Bohme 113) nur den
Versbau gemeinsam.
Dorselbe ist nach einem lateinischen Liede bearbeitet :
Est virgo coeli rore,
Repleta desuper,
Cui par in decore
Non datur mulier,
Hanc veneremur ore
Et Sanctis moribus,
Et sauciis amore
Divino cordibus.
Noch 7 Strophen.
Daniel Thesaurus III., 337.
Die zweite Melodio „ Venus ghy en u kint u m5ge als Variante
zu Nr. 219 bei Btthme dienen. Sie steht im Paradys (1621) 1638
zu dem Toxto „Komt Schepper Heyligh Gheest".
Biograpbische lotun.
Die Bibliographie ist die Quelle des reinsten historischen Wissens,
und aus der Zusammenstellung der kleinsten unscheinbarsten Notizen
Biographische Notisen.
33
erbaut sich nach und nach dig gro&e historische Gebftude, wie der
Steinbaa eines Minsters, Stein an Stein geftigt. Die Bibliographie
von Emit Bohn, die Musikbibliotheken Breslaus umfassend, ist reich
an Bolchen Notizen und die folgenden Daten sind gesch&pft aus
diesem Buche.
Johann Cruger schreibt in der Dedication zu seinen „Laudes
Dei Vespertinae, Berol. 1645", unterzeichnet mit dem 1. Jan. 1646,
dass er in Berlin seiner „Dienstbestallung nunmehr ins 22. Jatar
auffgewartet" habe, dies ergiebt, dass er also 1623 den Posten er-
halten hat; feraer teilt er mit, dass er in seiner Jugend von „Paulus
Homberger der H. Reichstadt Regenspurg Musicus" in der Musik
nnterrichtet sei und dass Homberger „seine Fundamenta in Italien
bey dem in gantz Europa Bertlmbtesten Musico H. Johan Gabriel
in Venedig" erlernet habe. Nach Mattheson's Ehrenpforte war Hom-
berger urn 1601 Cantor in Regensburg und starb den 19. Nov. 1634
im 74. Lebensjahre. Mettenleiter in seiner Musikgeschichte der Stadt
Regensburg fttgt diesem noch ein Verzeichnis seiner Werke bei.
(216 u. 222).
Ob Giovanni Antonio Z>ertola und Giovanni Antonio Bertoli ein
und dieselb© Person sei, wie Fdtis annimmt, mttchte ich fast in
Zweifel Ziehen. Bohn's Bibliographie verzeichnet Seite 58 die Salmi
intieri zu 5 Stimmen, Ven. 1639, in deren Dedication Bertola mit-
teilt, dass er Mher in Diensten des Erzherzogs Karl gestanden habe
und ein Neffe von ihm gegenw&rtig dem Kaiser Ferdinand diene. —
Kflchel's Verzeichnis der Mitglieder der kaiserl. Kapelle kennt keinen
Bertola oder Bertoli und verzeichnet nur den Antonio Bertali. — Von
Bertoli linden wir aber „Compositioni musicali fatte per sonare col
Fagotto solo, Ven. 1645" verzeichnet und giebt sich der Verfasser in
dem Vorwort als Fagottist zu erkennen. Er sei, sagt er, von Francesco
Torino, Organisten an der Kathedrale zu Brescia, Giovanni Sansonni,
Virtuose auf dem Fagott und Cornett und Antonio Bertali (Violinist)
zur Herausgabe dieser Sammlung aufgefordert worden. Er habe im
Manuscript noch andere Sachelchen (cosette), die er auf dem Fagott
spiele, ktinne sie aber nicht herausgeben , weil der Drucker keine
Drucktypen dazu habe. Beide Vorworte sind zwar aus Venedig
datirt, doch mOchte ich den Bertoli fttr den NefiFen des Bertola
halten. Gewisses giebt vielleicht die Auffindung anderer Drucke.
Leonardo Simonetti wird als Singer in Venedig bezeichnet,
dies best&tigt uns ein Druck einer Messensammlung von Alossandro
Grandi, die Simonetti im Jahre 1636 in Venedig bei BartoL Magni
34
Biographische Notixen.
horausgab. Dort nennt er sich „Muscio nella Capella della Sere-
nissima Republica".
Giovanni Valentino, Kapellmeister an der kaiserl. Kapelle
und Giacomo Porro, Kapellmeister am bayerischen Hofe urn 1638,
beido bishor unbekannt, erwihnt F. Bartolomoa de Selma in der Dedi-
cation zu seinen Canzoni von 1638 als Komponisten.
Caspar Kittel, ein bisher unbekannter Komponist, gab im
Jahre 1638 in Dresden sein erstes Werk heraus : Arien und Cantaten.
In der Widmung an den Herzog Johann Georg von Sachsen erw&hnt
or, dass er „dio edle Musica nicht allein erstlichen allhier zu Lande, boi
H. Heinrich Sehtitzen, Churf. S&cbfs. wohlverdienten Capellmeistern,
sondern auch hernach in Italia etliche Jahr lang, durch gn&digston
vorschub und verlag E. F. Gn. respective hochgeehrten Herrn Vaters
. . . getibet und erlernet".
Elias Mertol, ein Lautenist, gab 1615 zu StraCsburg eine
Sammlung Lautensttlcke heraus : Hortus musicalis novus. Aus der
Widmung erfUhrt man, dass derselbo bis zum Jahre 1595 in Diensten
der Kurftirsten Johann Friedrich, Herzog von Wtirttemberg stand
und darauf nach Strafsburg tlbersiedelte, seiner Geburtsstadt, zu ver-
schiodenen Zeiten aber wieder nach Heidelberg berufen wurde, urn
durch sein Lautenspiel dortige Festlichkeiten zu verherrlichen. Auf
dem Titel nennt er sich „Argentoratensis Academiae Quaestoris".
Johann Klemm war noch um 1647 Hof-Organist in Dresden
und zugleich Musikverleger. Er und der Organist Alexander
Hering zu Budissin scheinen gemeinsam ein Verlagsgeschaft be-
trieben zu haben. Sie gaben 1647 Heinrich Sehitzs' „Symphoniarum
sacrarum secunda pars" heraus.
Giovanni Batt ista Fontana, fiber dessen Lebensumst&nde
wir bisher gar nichts wussten, ist einer der bedeutendsten Violin-
Virtuosen der ersten Hftlfte d. 17. Jahrh. gewesen und reicht vielleicht
noch bis ins 16. zurtlck. Die nach seinem Tode von Eeghino 1641
herausgegebene Sammlung von Sonaten fttr 1, 2 und 3 Violinen ent-
hllt in der Dedication folgende Daten tlber ihn : Fontana aus Brescia,
einer dor hervorragendsten Violin -Virtuosen, weilte in Venedig, Rom
und Padua, wo er an der Pest starb. Er vermachte der Kirche delle
Gratie seino Manuscripte zum Zweck der Herausgabe. Der schlechten
Zeiten wegen aber und weil keine in diesor Boziehung kundige Per-
son zu erroichen war, blieben die Werke liegen, bis der Padre Maestro
Antonio Luzzari die Loitung des Klosters tibernahm und den Kapell-
Biographische Notizen.
35
meister desselben, F. Giovanni Batiste Reghino mit der Heraus-
gabe botraute. Eitner.
Diesen lass© ich noch einige Notizen folgen, dio mir Herr Georg
Becker in Lancy froundlichst tihersandte. Die ersten sind dem Druck-
werke „Teatro musicale de Concerti ecclesiastic! 44 , Milano 1654 (siehe
Bibiiogr. d. Musik-Samlwk. p. 947) entnommen und geben die Erben
des Komponisten Giorgio Rolla, die Drucker obiger Sammlung uns
nach dieser Widmung Auskunft ttber die damaligen Stellungen der
dabei beteiligten Autoren :
Crivelli, Gio. Battista, der nach F6tis zuerst Organist an der
Kathedrale von Reggio war, dann nach Ferrara ging und endlich im
Dienst des Herzogs von Modena stand, ist hier als Kapellmeister
an der Kirche San Maria Maggiore von Bergamo angeftlhrt.
Casati, Geronimo, genannt il Filago, war Organist und Kapell-
meister an der Kirche del Carmine in Pavia.
Colombano, Francesco, war Organist des beriihmten Collegiat-
stifts in Gallarate.
Ferrari, Geronimo, genannt il Modondone, war Kapellmeister
am Dome von Novara.
Harcurelli, Gio. Francesco, war Kapellmeister an San Maria
della Vallicella in Rom.
Marini, Biagio (Ritter), war Kapellmeister an San Maria della
Scala in Meiland.
Treviso, Gio. Battista, war Kapellmeister des Santifsimo Rosa-
rio in San Tomaso von Pavia.
Trabattone, Bartoiomeo, war Organist des Collegiatstifts seiner
Vaterstadt Varese.
(Wahrscheinlich ein Verwandter des Egidio Trabattone aus Varese.)
Die sieben letztgenannten fehlen bei F6tis.
Met ru, Nicolas, war, wie auf dem Titel des zweiten Buches
seiner „Airs a quatre ot cinq parties, Paris, Robert Ballard, 1646, zu
sehen ist, aus „Bar-sur-Aub!e en Champagne" gebttrtig.
Richard, Fran<jois, (F6tis unbokannt) war laut Titel seiner
Airs de Cour (1637 u. a. m.) „Compositeur de la Musique de la
Chambre du Roy".
Le sieur de Chancy, den Mersenne mehrmals in seiner „Har-
monie Universelle" erwahnt, er ftlhrt auch zwei Musikstttcke von
ihm an, nennt sich auf seinen „livres d'airs de cour 41 1635 und 1644,
„Maistre de la Musique de la chambre du roy".
36 Mitteflungen.
ICttdlungen.
* Ueber die Zeit der Einfuhrung oder Erfindang des VioUmcells, 1st man noch
sehr im Ungewissen ; dass es eine Yariante der Gambe oder Kniegeige war, wird
allgemein angenommen, und da Letztere 6 Saiten, manche auch nur funfe hatten,
wie man im Praetorius Taf. 20 nod 21 findet, so 1st der Unterschied, besonders
zwischen der Bassgeige de braccio (Taf. 21 Nr. 6) und dem sp&teren Violoncell ein
nur geringer. Die fruheste Erw&hnung des Violoncell finde ich in einem Drucke
von 1641, doch wird es dort „ Violoncino" genannt (siehe Bonn's Bibliographie
miter Fontana) dann wieder in einem Drucke mm Freschi von 1660 ebendort. In
Arresti's Sonaten zu 2 und 3 Stimmen mm 1665 wird es Violoncello genannt. Dem-
nach mttsste man das Violoncino oder Violoncello nicht von der Gambe, sondern
Yom Violono, der Bassgeige, ableiten, die aber auch 6 Saiten hatte. Vide Prae-
torius, Syntagma, Bd. 1, neue Ausgabe p. 53 und Tafel 6.
* Zur Geschichte aes Orgelspiels im 14. bis 18. Jahrh. Von A G. Bitter,
Leipzig, 1884. Max Hesse's Verlag . In boch 4 # . Subscriptionspreis 17 Mk., sp&ter
20 Mk. 2 Binder Text und Musikbeilagen. Es liegt zwar erst die 1. Lfeferung
von 24 Textseiten und 16 Seiten Musikbeilagen von dem lange erwarteten Werke
vor, doch l&sst sich bereits erkennen , dass wir ein bedeutungsvolles Mstorisches
Werk erwarten kdnnen. Die wenigen Seiten geben hinreichend Gelegenheit die
Grundlichkeit und das sorgsame Quellenstudium su bewundern und den prak-
tischen Blick: das Wort mit den trefflichsten Beispielen iu begleiten. Die Diction
1st einfach und klar und der praktische Musiker reicht hier dem einstigen Philo-
logen vertrauensvoll die Hand. Wir wollen hoffen, dass die Verlagshandlung sich
so beeilt, dass dem greisen Verfasser noch die Fruchte seines Schaffens zu Ml
warden.
* Schlctterer, Dr. H. M. Studien zur Geschichte der franiflsischen Musik.
Teil 1. Geschichte der Hofcapelle der franzosischen KOnige. Berlin N. 1884.
Verjag von R. Damkohler. In 8». XH und 236 Seiten.
* Von Franz Commer erscheint n&chstens der 25. Band der Musica sacra.
Er wird folgende Ges&nge enthalten.
1. Nanini, G. M. Cantate Domino, 8 voc.
2. „ Domine quis habitat, 8 v.
3. Soriano, Fr. Ecce sacerdos magnus, 8 v.
4. Giovanelli, Rug* Gaudeamus omnes, 8 v.
5. „ Puer qui natus est, 8 v.
6. Angelus ad pas tores, 8 v.
7. Roi, Barto. Gloria tibi TrinitaS; 8 v.
8. Ferabosco. Al£ In monte oliveto, 6 v.
9. Merulo, CI. Sancti et jusi, 5 v.
10. Marentio, Luc. Gabriel Angelus, 4 v.
11. ZaJamella, Rud. Adorna thalmanum, 6 v.
12. Hammerschmidt, Andr. Machet die Thor weit, 6 v.
18. „ Jesu, mein Jesu, 6 v.
14. n Siehe, der Gerechte kommt umb, 6 v,
15. „ Ach, ach, Jesus stirbt, 6 v.
16. Santini, Prosp. Angelus Domini descendit
* Quittung fiber eingezahlte Beitr&ge bis zum 7. Februar von den Herren:
Angerstein, Auberlen, B&umker, Prof. Braune, A. Ddrffel, Dressier, Dr. Eichborn,
Prof. Faibt, Friese, Prof. Grell, Haberl, Dr. Hoppe, Israel, Prof. EOstlin, Prof.
Kraus, Erause, Lttstner, Maske, Therese v. Miltitz, Quantz, Prof. Schell, Schlet-
terer, Schnuphase, Skuhersky, Prof. Sommer. Succo, Unterkreuter, de Vasconcellos,
von Wasielewski, Dr. Zeller, Verein zur Beforderung der Tonkunst in Amsterdam.
* Als Mitglieder sind Herr Moritz Lentzberg und Herr G. Schefer,
Bucihhft&dler in Berlin, eingetreten.
* Hierbei zwei Beilagen: 1. Fortsetzung der Cantate von Albert* Seite 9—16
und 2. Fortsetz. des KataJoges des Joachimsthal'schen Gymnasiums, S. 13—20.
Verantwortlicher Redacteur Robert Eitner, Templln (Uckermark).
Druck von Eduard Mosche in Grofs-Ulogau.
fQr
MUSIK-GESCHICHTE
herau8gegeben
▼01
der Gesellschaft far lusikforschung.
XVI. Jahrgang.
1884.
Preli det Jahrganget • Mk. Monatlich erecheint cine
Nummer worn 1 bit S Bogen. Insertlonsgebtlhron fttr
die Zeile 80 Pfg.
Koramitiio ntrerUg der T. Trantwein'iohen
Buch- und Musikalienhandlung in Berlin W.
Leipiigeritrafse 180. Bestellungen nimmt jede Buoh-
and MadkhMidlnng entgegen.
No. 4.
PranQois Gindron.
(Georgr Becker.)
Trotz alien Bemtihungen 1st es bis jetzt noch nicht gelungen
fostzustellen, wer die auf uns gekominenen Melodieen der fran-
zOsiscben Psalmen komponirt hat. Mit Wahrscheinlichkeiten ist
nichts gemacht! Nur eines ist gewiss: dass sich vor dem Erechei-
nen des vollstfcndigen Psalters viele Musiker mit der Komposition,
sowohl einzelner ais s&mtlicher Psalmen, besehlftigt haben.
Zu diesen Komponisten gehOrt aucb Frangois Gindron, den
Becker, F6tis und alle ihre Nachbeter und Wiederk&uer ignorirten.
Aufser in meinem Buche: „La Musique en Suisse" wird sein Namen
nur noch in Eitner's „Bibliographie dor Musiksammelwerke" orwfthnt.
Gindron, Kanonikus und Kantor in Lausanne , war einer der
ersten, wolcher CI. Marot's Psalmen in Musik gesetzt hat. Don
21. Juli 1542 schrieb Viret an Calvin : „Decrevimus propedium psal-
mos canere quos Gindronus ad numoros composuit , vestris multo
faciliores, quos mallim oxcusos fuisso quam quibus usi fuimus".
Bass diese Psalmen nicht nur in Lausanne, sondern im ganzen
Waadtlande gesungen wurdon, ersehen wir aus folgender Stelle, der
Widmung eines kieinen Werkchons von Gindron, welches ich, da es
zu den grflfisten musikalischen Soltenhoiten gohOrt , nachstehend
genauer boschroibon will.
Gindron sagt in dioser an die hohon Herrn von Bern gerich-
teten Widmung: „Par ainsi, comme peu de temps a, je m'adonay h
mettre en chant de musique quolques Pseaumes qui pour le iourd'hui
Monatih. f. Mutikgewb. Jahrg. XVI, Mo. #. 5
38
Francois Gindron.
sont chantez es Eglises de vostre subjection, k la louange de nostre
bos Bleu". D. h. : „Es ist geringo Zeit, dass ich mich damit be-
sch&ftigt habe, einigo Psalraen in Musik zu sotzen, die heuzutage in
den Kirchen eurer Unterthanen zum Lobe Gottes gesungen werdon".
Ob der splitore, toilweise noch gebr&uchlicho Psalter, oiuige
dieser Melodieen von Gindron aufgenommen hat, llsst sich leider
nicbt bestlramen, da bis jetzt noch kein Exemplar seiner Psalmen
aufgefunden worden ist.
Gindron's Werkchen, das ich bositze und dera obiges Gitat ent-
noramen ist, trlgt den Titel:
„Les Proverbes de Salomon, onsomble PEcclesiaste, mis
en cantiques et rime franchise, selon la v6rit6 h6braYque, par
A. I), du Plessis, mis on musiquo par Fr. Gindron. Jean
Rivery. 1556". (Klein 8°.)
Dasselbe enthllt aufsor dem Titelblatt:
1. Die Widmung Gindron's , die mit einera vierstimmigen Satze
endigt: „Reveillez vous, 6 muses chanteresses". Zusammen 14 Seit.
ohne Pagination;
2. Die Widmung in Verson, von Du Plessis, und einige Worte „l
tous chrestiens". Acht paginirte Seiten ;
3. 65 numerirte Bl&ttchen mit Salomons SprUchwOrtorn, und 25 mit
dem Buche der Prediger; schliefslich
4. Auf 6 Seiten der fttnfstimmige Satz oinor Melodie der letzten
Abteilung.
Polgende Nachricht steht vor diosem kleinen Tonsatze:
„Fr. Gindron au lectour: Ayant trouv6 le cantique commen^ant
h la page suivante estre propre pour chanter h plusieurs voix, je
1'ai mis h cinq parties, h fin quo tu le puisses chanter et t'y resiouir,
esperant que le tout sera i Phonneur de Dieu, au quel soit gloire
eternellement. Amen".
„Fr. Gindron an den Leser: Da ich gefunden habe, dass sich
das Kirchenlied, welches auf der n&chststehenden Seite beginnt, zum
mehrstimmigen Gesange eignet, so habe ich dasselbe fdnfstimmig
gesetzt, damit du es singen und dich daran erfreuen kannst; in der
Hoffnung, dass es zur Ehre Gottes geschehe, dem ewiger Suhm sei".
Diese wenigen Worte sind ein neuer Beweis, dass die Monodie
damals weder verloren noch unbekannt war. Nur weil sich diese
Melodie zum mehrstimmigen Satze gut eignet, bearbeitet sie Gindron.
Francois Gindron.
39
Wie er dies gethan hat kann mm In dor Boilage sehen.*) Gindron
war jedenfalls kein schlochtcr Musikor.
In dor Abteilung dor SpruchwOrtor habon folgonde Musik :
1. Propos exquis profondes paroles. Bi 9.
2. La sapience eleve haut sa voix. Bl. 18—19.
3. La sapience a basty sa maison. Bl. 20—21.
4. La fausse balance, l'homme point n'avance. BI. 24.
5. Qui aimo la doctrine aim© lo chatiment. Bl. 27.
6. Lo sage enfant re<joit la remonstrance. Bl. 29.
7. La femme sage edifie en raison. Bl. 31.
8. Rosponco douco appaise grand furour. BL 33 -34.
9. L'homme en son coeur propose. Bl. 35.
10. Mieux vaut un morceau do pain sec. B. 37.
11. Au cri du poure delaiss6. B. 43—44.
12. Mieux vaut bonne renomm6o. Bl. 45.
13. N'ensuj le train des malins porissans. Bl. 49.
14. Passant au champ et autour do la vigno. BL 51.
15. C'est gloire a Dieu de celor la parole. BL 52.
16. Mon lis, ne te glorifie. Bl. 55.
17. Des eaux la clairo liqueur. Bl. 57.
18. L'homme meschant s'enfuit. BL 57—58.
19. Qui trouvera la femme vertuouso. BL 36 — 64.
In „dem Buche der Prodiger:"
1. Peuples oyez v6rit& BL 66.
2. J'ai dit en moy, sus mon coeur, BL 68.
3. Toutes choses ont leur saison. BL 70—71.
4. J\y contemple les occupations. Bl. 71.
5. Do ces pensers ailieurs jettant mos youx. BL 72—73.
6. Quand tu voudras au Seigneur. BL 74.
7. Un autre mal sous le del. Bl. 76.
8. Mieux vant le bon renom. BL 78.
9. Qui so compare aux vortueux. BL 80.
10. A tout cecy j'ai mon coeur. Bl. 81 — 82.
11. La mouche morte un onguent BL 84.
12. Jette ton pain comme dessus les eaux. BL 85 — 86.
13. Esiouy toy, 5 jeune, en ta jeunesse. BL 86 — 87.
Aafser dem von £itner citirteu Sammelwerke von 1565 (k), ist noch cin
anderes urn 1555 in Lyon erschienen, welches mehrerc Piecen von Gindron ent-
hilt. Daruber n&chstens. Dasselbe cnthllt auch Psalmen von Goudimel.
*) Deren Verdffentlichung binausgescboben werden musi, bis sicb eine ipassende
Gelegenheit tiniet. Eitncr.
6*
40
Cantaten aus dem Ende dea 17. und Anfange des 18. Jahrh.
Cantaten
aus dem Ende des 17. und Anfange des 18. Jahrhunderts.
(Robert Eitner.)
Dr. Kflstlin's vortrofflicho Musikgosehiiihto im Umriss (Frei-
nachl&ssigto 17. und 18. Jahrhundert, besonders das oino in seiner
Endhalfto und das andoro in soinom Anfange oiner grtlndlichen und
quellonmafsigen Durcharboitung zu unterziohon. Nicht die Samm-
lung biographischen und bibliographischen Materials habe ich mic
diesmal zur Aufgabe gestollt , obgleich aucb dies oiner grtindlichon
Sichtung bedttrfte, sondern violmehr mir eine Musikform, dio in
dieser Zeit besonders gepflegt wurde, herausgegriffen. An der Hand
der Cantat e will ich nun vorsuchen , die Bestrobungen und
Loistungen obigon Zeitabschnittes historisch und kritisch zu ver-
folgon. Dio Cantato wlhlt© ich, weil sie uns das tiborsichtlichsto
Bild in kurzor Form gowlhrt; wir lernen die alton Komponiston
nicht nur als Bildner in der Form, als Dramatikor, Lyriker und
Gesangskomponisten , sondern auch als Instrumental-Komponiston
kennen und dadurch ist die Cantate ganz besonders geeignet dio
Zeit durch und durch kennen zu lernen. Ferner gewahrt dio Bc-
schr&nkung auf eine Musikform dem Historiker den Vorteil, diss
er weit eher zu einer Uebersicht gelangt, als wenn or sich vom
Zufall dies und jenes Work in die Hand spielen Iftsst
Man erwarte koine Geschichte der Cantate, Geschichto zu
schroiben tiberlasse ich denen, die keine Quellenstudion machen.
Ich gebe nur Studien und begleite sie mit Musikbeilagon, damit
das subjektive Urteil eines Jeden ein freios und unbefangenes sein
kann. Denn wie oft kommt es vor, dass der Eine diese Piece fttr
besonders wertvoll hilt, wfthrend der Andere nicht begreifen kann,
gerade dieser den Vorrang zu geben.
Ich kann hier nicht unterlassen noch einen Abstecher zu machon,
dor mir schon lange am Herzen liegt und einmal herausgesagt werdon
muss. Jahr aus, Jahr ein erscheinen Werke alter Moister , teils in
Sammlungen, teils einzeln, teils in historischen Werkon. Mehr oder
woniger tragen sie das Gcbrechen an sich, nicht sorgsam ausgesucht
zu sein. Der Zufall hat sie dem Herausgeber in die Hand gespielt
und eifrig ist er bomttht sie zu verttffentliehon, da er glaubt der
Menschheit einen Dionst zu leisten. Das Resultat eines solchon
Verfahrens zeigt sich auch darin, dass die Musikgeschichte verhftltnis-
Cantateu aus dem End« des 17. uml Anfange des 18. Jahrb. 41
mlfsig nur wcnig Gowinn aus don moisten VorofTcntlichungon zioht.
Beschr&nkto sich dor Samralor nur auf oino Poriodo, wio z. B. unsor
verohrtor Horr Prof. Comraor, so ist os goradozu Bodingung, niclit
nur dio Meister dorsolbon zu boachton, sondorn Kloin und Grofs,
Mlttelmlfsiges und Gutos zu bringon, dcnn das giobt erst oin Biid
der Zoit. Es sind der Wogo so violo sich ntttzlich zu machon ; maa
w&hle z. B. oinon Komponisten und bring o von diesom das Bosto
was or geschaffon hat, odor man verflffontlicho oin vollst&ndigos
Work, odor logo sich auf oino Musikform, wio os z. B. Horr von
Wasiolowski thut , dor nur dor Instrumontal - Komposition soino
Studion widmot. Ein wio wortvollos Material kOnnton wir schon
bositzon , wenn nicht so ins Blaue hinein Zoit und Gold vorgondot
wtirdo.
Doch zur Sacho. Es ist Mode gowordon von Roinhart Koisor,
da or ein lustiges Loben goftthrt hat, in wonig anorkonnondor Woiso
zu sprochen. Oborflachlich, lioderlich, unordontlich, genial bogabt,
ohno Studien und Schulo, das sind dio Stichworte rait dcnon or
leiqhtwog abgofortigt wird. Bio Soltenhoit seiner Werko und dio
goringen und ungentlgendon neueron VerOfifentlichungen , dio noch
zorstreut in dieser und jener Samralung sich botinden, tragon wohl
mit Schuld, nebst oinigen Citaten von Zeitgenossen, dio sich in
wonig anerkonnenswertor Weise tiber ihn ausspreehen und donon
soin Lebenswandel wohl ein Dorn im Auge war; violloicht ftthlton
sio sich auch von seiner Popularity bedrtickt. Soweit ich jotzt
Koiser und seine Zeitgenossen kenne, sticht er von ihnen fast in
dem Verhftltnis wie Mozart von seinen Zeitgenossen ab. Nur oinon
Ebenbtirtigen habe ich bis jotzt entdeckt und das ist Schttrmann,
der Braunschweiger Kapellmeister. In der Form und dem musika-
lischon Ausdrucko stimmt er mit seinen Zeitgenossen wohl therein,
doch wo die Lioderliehkeit und Ungeschultheit sitzen soli, habo ich
nicht entdocken kOnnen-, oder wollen uns vielleicht dio neueron
Historiker vorredon, dass Keisor Hoheres hltte leisten kOnnon, wonn
or fein sittlich zu Hauso hinterm Ofen gesessen und die Partituren
seiner Vordorn studirt oder ttber kontrapunktische Kunststttckchon
gogrtlbelt hltte? Nur selten kommt uns oin Stttck von Keisor in dio
Hand, was uns so langwoilig anguckt, als diejenigen seiner Zeit-
genossen, obenan der Sittenprediger Telemann. Ueberall ist Lebon
und Erfindung, krftftige Rhythmen und das Eeuer prickelt ihm boim
Schreiben in den Fingern. Es ist oino Lust seine Werko durch-
zugehen. Den Kontrapunkt hatte er obenso am Bftndchen, wie ihn
42 Cantateu aus dem Bade des 17. uud Anfauge deb 18. Jahrh.
Mozart raituntor gobrauchto, nur schrieb or gorado so wio Lotzterer
nicht des Kontrapunkts halbor, sondern wonn or ihm gorado in den
Wog golaufon kam und da packt or ibn mit dorsolbon Goschicklich-
koit an, als wonn or zoit seines Lobons nur kontrapunktische Studien
gomacht hltto. Von regolm&fsigen Fugen , wio soin jttngerer Zoit-
gonosso Sob. Bach, war or allordings koin Freund und war soino
GeistestMtigkeit tlborhaupt auf die dramatiscbo und lyrische Soito
dor Kunst gorichtot, die andoror Ausdrucksmittol bodarf als kontra-
punktischo Vorwebungon dor Stimmen. Keiser's Recitativ ist von
omor dramatischon Kraft und interessanten modulatorischen Manig-
faltigkeit, wio man es kaum bei Hftndel findot. Dor Italiener, dor
nicht nur dor Erfinder, sondern auch oinst die grtffste Gewandthoit
und Lebendigkeit im Rocitativ besafs , w&hrend der Deutscho sich
vom Liedm&fsigen nicht trennen konnto (sioho Stadon's Seelewig,
Monatsh. XIII) sinkt boreits zur Zeit Reiser's zum parlirenden Tono
horab, dor kaum noch Anspruch auf Musik machen darf. In don
Arion kann Keiser oft rocht langweilig werden und als Vielschreibor,
man mflchte fast sagen Professions-Komponist, eine Eigensehaft die
or mit alien Zeitgenosson toilt, kann man allordings in manchen
soi nor Opern oft lunge suchen , bis man einem intressanten Satzo
bogognet. Die Kgl. Bibliothek zu Berlin bietet vortrefflich Gelegon-
hoit Keiser kennon zu lernen und empfehle ich bosonders folgondo
Opern : Obenan die im Autograph vorhandene „Octavia u von 1705,
dann „Der zugeschlossene Tempel des Janus", 1698; „La Forza della
virtu" 1700; „Orpheus u 1709; „Diana oder Cupido u 1712; „Tomyris a
1717; „Trajanus" 1717 und „Jodelet u 1726. Weniger bedeutend
sind Adonis 1697, Pomona 1702 und Ulysses 1722. Die (lbrigon
noch vorhandonen Opern kenno ich bis jetzt noch nicht.
Einem Keiser ebenbtlrtig war Goorg Caspar Schtlrmann, soit
1702 Kapellmeister am Hofe zu Braunschweig, wo er noch urn 1741
lobto. Die Kgl. Bibliothek in Berlin besitzt von ihm die Oporn
„Alcoste u , 1719 in Hamburg aufgeftihrt; „Proraetheus und Faunus",
„Clolia" und „Troja u ; Boi don lotzteren zwei Opern fehlt das Roci-
tativ in der Partitur. Ferner Arien und Duetto aus den Opern
„Telemachus und Calypso" und „Henricus auceps", aufserdem eino
Reiho Cantaten. Schtlrmann's Styl ist ernster als der Keiser's; in
der Erfindung und dom ausdrucksvoll deklamirten Recitativ giebt or
Koiser nichts nach. Die ChOro in seinen Cantaten sind im kontra-
punktischen Style geschrieben , doch darf man dabei nicht an Sob.
Bach denken , der ttberhaupt mit seiner Zeit gar nicht verglichen
Mitteilnngen.
43
werden darf , denn dann bliebe nur wenig an ihr zu loben tibrig.
Einen sich vora woltlichen untorscheidendon Kirchonstyl findet man
Uberhaupt nicht und Bach's Kirchonstyl ist in abgoschwiichter Woise
der Styl allor Zeitgenossen. Man wirft Bach so oft vor, dass soino
Gcsangstimmen gedachte Instrumental - Stimmen sind und glaubt,
den Einfluss seiner Hinneigung zum Orgelstyl zu finden. Studirt
man aber seine Zeitgenossen , so findet man eine ganz gleiche Be-
handlung der Singstimmen wie bei Bach. Man vergleiche z. B. die
in den Beilagen abgedruckte Cantate von StOlzel: „Die Rose bleibt
der Blumen Kflnigin" und damit die Alt-Arie Nr. 10 aus der Mat-
thaeus -Passion: „Buss' und Reu' knirscht das Stindenherz" (fis ©Is
dis cis a | gis cis a | h cis a | a gis) und man wird zugestehen
mttssen, dass Bach die Singstimme gosangreicher behandelt als
StOlzol, indem er die melismenreiche Melodie mehr den Violinon
ttbergiebt, w&hrend die Singstimme nur die l&ngeren Noten singt.
fter Mittelsatz macht davon freilich eine Ausnahme und mutet der
Stimme instrumental Figuren zu, doch das war Zeftgebrauch und nicht
Bach allein eigen. Der Italiener schreibt ganz ebenso instrumental.
Im Becitativ ist Schtlrmann Meistor, hier entwickelt er ein so
lebensvolles dramatisches Bild, hier kraftvoll, aufbransend, dort sanft
und lieblich, oft begleitet vom Orchester, dass man staunt den Deut-
schen so bedeutend auf einem Peldo zu finden, was ihm 50 Jahre
frtiher noch so fremd war. In den Arien und ChOren kann er oft
recht langweilig werden, doch wird man «tots wieder durch reizende
Melodieen und eine interessante Erfindung entschadigt.
Der Einzige, welcher diesen beiden noch zur Seite gesetzt
werden kann, ist Karl Heinrich Graun, der Berliner Kapell-
meister, denn Hasse ist durch und durch Italiener und unterscheidot
sich wesentlich von seinen Zeitgenossen. Man wird fragen worin
der Unterschied zwischen Italienern und Doutschen besteht? Dies rait
"Worten auszudrticken ist nicht leicht und liegt mehr im Geftihl als
Uufseren Kennzeichen. Soweit ich mir den Eindruck ihrer Musik
in Worten vergegenw&rtigon kann , so ist dorselbo ein ornster,
ruhiger, gravitlitischer, ich mOchte sagen ein vornehmer.
(Fortsetzung folgt.)
Mitteilnngen.
* Auf Seite 143 des 15. Jahrgaages der MonaUhefte wurde gesagt, dass
Qoudimel 1586 eine Sammlung Chansons yon Archadelt heransgegeben habe.
Diesf Angabe wurde mir privatim ill irrtumlich ausgelegt, da Uoudimel in der
44
Mitteilungen.
Bartholomausnacht 1572 ermordet wnrde. Trotzalledem lautet der Dmcktitel so,
wie Icli gesftgl habc. Die Ausgabe von 1586 tragt aber weder eine Dedication
nocli cin Vorwoit unci dies ist ein sicheres Zeichen einer spateren Ausgabe.
Jedenfalls ist die von 1572 die erste, doch ein Exemplar ist bis heute nicht be-
kanut geworden. Die Ausgabe von 1586 besitzt die Konigl. Staatabibliothek in
Mancben und durch die Gute des Gustos Herrn Jul. Jos. Maier bin ich in den
Stand gesetzt den Wortlaut des Titels mitzuteilen. Zugleich giebt uns dereelbe
den bis jetzt noch unbekannten Geburtsort Goudimel's an. Der Titel lautet :
(Versal:) 1/ Excellence | Des Chansons Musi- | cales Composees Par | (Petit :)
M. Jaques Arcadet, tant propres a la | voix, qu'aux inftruments. | Vignette. | Re-
cueillies & reueues par Claude Goudimel natif de Besancon. | Druckerzeicben. |
(Versal :) Svperivs. | (Petit:) Par Jean de Tourues, Imprimeur in Roy a Lyon. |
M. 1). LXXXVI. |
4 Stb. in qucr 8*. Die 6. Zeile fehlt im Contraltus, Tenor and Bassus.
* Zur Erinnerung an Johann Adolf Masse hat das Konigliche Iloftheater in
Dresden am 29. Dezembcr 1888 zwei Intermezzi: Rimario und Grilantea und Die
Wahl des Herakles von Hasse zur Aufftthrung gebracht. Trotz der trefflichen
Wiedergabe , manigfacher Kurzungen und Aenderungen hat wohl Einzelnes ge-
fallen und reichlich Beifall gefunden, doch als Gauzes haben sich beide Werke
nicht als lebensfahig erwiesen. Diese Erfahrung ist fur uns sehr wertvoll, denn
wir erkeimen daraus, dass die ftlteren Werke gut ausgewahlt und in knapper
Form wohl im Stand e sind ein grofses Publikum noch heute zu fesseln, grftfsere
und lftngere Werke dagegen langweilen, da sie den modernen Bedurfnissen nicht
inehr entsprechen. Dies betrifft nicht nur die weltlicbe, sondern auch die geist-
liche Musik. Eine ganze Messe im Concertsaal aufgefubrt, selbst von Palestrina,
wird das Publikum langweilen, wahrend einzelne Satze einen tiefeu Eindrack
hinterlassen. Den Beweis hierzu lief era die einstigen Concerte des Berliner Dom-
chors untcr Ncithardt's Leitung und die Auffiihrungen des Bohn'schen Gesang-
vereius in Breslau. Man fahre z. B. Basse's Arie aus La caduta di Gerico : Dich
bet ich an im Staube (siehe M. f. M. XI pag. 125 Nr. 128 a) auf und man wird
Hasse's Art schatzen lernen. Die Komponisten gerade dieser Zeit machten sich
das Komponiren so aufserordentlich leicht und batten ein so bescheidenes Publi-
kum vor sich, dass man in ihreu Werken lange suchen muss, ehe man eine nur
eiuigermafseu ansprcchende und den heutigen Kunstausichten entsprechende Piece
h'ndcn wird.
* In den antiquarischen Blattern von Fidelis Butsch Sohn (A. Kuczynski) in
Augsburg (Nr. 87) befinden sich inter Nr. 221—229 und Nr. 145 auch BQcher ttber
Musik, die im Antiquarhandel nicht oft vorkommen , darunter F6tis* Biographie
universelle, 2. Ausg. nebst Supplement von Pougin zu dem sehr soliden Preise
von 45 Mk. Ferner Zacconi's Prattica di musica von 1596, Kade's sogcnannter
Luthercodex, Dresden 1871 u. a.
* Quittung ttber eingezahlte Beitrage bis mm 5. Marz von den Herren :
W. Oppel, Otto Kornmttller, P. Richter und P. Postler.
* Hierbei zwei Beilagen : 1. Cantaten, Seite 17—24. 2. Katalog des Joachims-
thal'schen Gymnasiums, S. 21—28.
Verantwortlicher Redacteur Robert Eituer, Teinplin (Uckermark),
Druck von Eduard Mosche in Grofs-Glogau.
fftr
MUSIK-GESCHICHTE
herau8gegeben
von
der G-esellscliaft far lusikforschung.
XVI. Jahrgug.
1884.
Prtfa dot Jahrgangee • Mk. Monatlich erscheint cine
Kwmmer ▼on 1 bit S Bogen. Inturttoiugtbttlirin fttr
die Zeile 30 Pfg.
KommiiBiontYerlftg der T« T rftstwel^echen
Bach- mud Maiikaiienhandlung In Berlin W.
Laipslgentnlto 180. BetteUnngeii Mmmt jede Buch-
and Mtuikhandlung entgegen.
No. 5.
Cantaten
aus dem Ende des 17. und Anfange des 18. Jahrhunderts.
(Robert Eitner.)
(Schluss.)
Der Italiener schreitet mit einem gewissen Stolz end Grazie
einher, w&hrend der Deutsche einsohmeichelnd, lieblich, leidensehaft-
Jich, auch oft bummelich und sehr sentimental ist. Sentimental ist
der Italiener nio. Es liegt ein Adel im Ausdruck, den der Deutsche
nie erreicht und wohl auch nicht empfindet. Langweilig kflnnen sie
beide werden. Der Unterschied ist aber so auffallend, dass man
Hasse's Musik nie glaubt einem Deutschen zuschreiben zu mttssen
und Graun, dor den Italienern so eifrig nachstrebt, doch der echte
Deutsche ist. Graun'sche Musik ist der Gesamtausdruck deutscber
Musik; or schreibt wio die Anderen und die Anderen schroiben wie
er, man weifs nicht ob er dor tonangebende war oder sich von den
Anderen die boston Brosamen auflas. Man mag eine Komposition
dieser Zeit aufsehlagon welche man will, man findet (Iborall Graun-
sche Wendungen. Nur Keiser und SchUrmann stehen solbst&udig
da und nirgends ist mir eine Wendung aufgefallen , die an Graun
orinuert, wfchrend bei den Andern keine Seite vergeht, auf der man
nicht an Graun orinnert wird. Graun wiederholt sich aber selbst
und sein Tod Jesu tritt uns in allon seinon Werkon oft sprochond
Ihnlich entgegen. Um dieso Wahrnehmung mit einom Boispiele zu
belegen , sotze ich an dio Spitze der Cantaten-Sammlung in der
lfonatih. f. Miuikgosch. Jahrg. XVI. No. 6. 6
46 CanUten aus dera Ende dcs 17. and Anfange im 18. Jahrh.
Beilage — die von Hoinrich Albert ausgeschlosson , wolche der
Vorzeit angehOrt und eia Bild des Beginnes der Cantate gebon soil —
eiie von Btttlzel. Si© kommt mir wie der Inbegriff der gaiizen
datnalfgen Musik vor and wir finden ttberall Erinnerungen an diesen
und jenen Komponisten, selbst Bach ist darin vertreten. StOlzel ist
sonst entsetzlich langweilig und kann so gedankenlos Musik machen
wie ein Professionist sein Sttlck Arbeit. Diese Cantate zeigt ihn
aber von der besten Seite und wir begreifen wohl, dass ihn die
Zeitgenossen als einen melodieenreichen Komponisten , der es sich
aber sehr leicht machte, bezeichnon.
Ich babe von Graun eine httbsche Anzahl kleinere Cactnton
durchgesehen, doch nicht eine fand ich, die mir der VerOffentlichung
wert erschien , oder etwas anderes gab, als was wir im Tod Josu
kennen. Einschmeichelnd, ohne Tiefe , Behagen am melodischen
Fluss; seine Musik kommt mir wie con vent ionell vor; oft geriit or
in eine gewisse Munterkeit, doch es ist die Munterkeit einer Hof-
dame. Feurig wie Keisef und Schttrmann kann er nicht werden.
So fand ich eine Liebes-Arie aus der Oper Henricus Auceps, worin
die Worte vorkommen „so tfldte mich", die ihm doch Gelegenheit
zur Leidenschaftlichkeit gaben, doch sie sind gerade so sanft und
weich gehalten, als wenn eine Hofdame sagte: kttsse mir die Hand.
Ebenso habe ich von Teleraann eine grofse Anzahl Oantaten
durebgssehen, doch nur einigo wenige sind wert etwas genauer ge*
kannt zu sein und zwar ist dies „Ino, eine Cantate, Text von Ramler"
(Ms. 21, 757 der Kgl. Bibl. in Berlin, in foL Partitur von 96 Seiten).
Telemann kann entsetzlich bummelich schreiben, ohne Kraft und
Saft, ohne Erfindung; er dudelt ein Sttlck wie das andere herunter.
Nur bei obiger Ino entfaltet er mehr Sorgfalt und man trifft hin
und wieder anziehende Melodieen. Auch hier ist es besonders das
Reeitativ, was er charakteristisch behandelt und mit oft lebhafter
Instrumentation begleitet Manche Arie beginnt recht frisch und
lebhaft, dooh verdirbt er den anf&nglichen Eindruck durch zu grofse
Breite. Aucb die Cantate : Der May, von Ramler, eine Idytte fur
Bass, Sopran und Orchester (Ma 21, 756 in fol. obiger Bibl.) ent-
hllt mehrere anziehende Piecen, so z. B. die 2. Arie (der Daphnis)
„Ich sah den jungen May" ist recht graziOs und lieblich. Auch das
Trinklied ist gut erfunden und geschickt durchgeftthrt.
Neben diesen deutschen Hauptkomponisten habe ich noch manches
Werk von Anderen in der Hand gehabt und will ich sie mit wenigen
Worten charakterisiren. Von Johann Hugo Wilderer, einem
Cantaten aus dem Bale dee 17. uni Anfange des 18. Jahrh. 47
Zeitgenosson Schttrmunn's, Opornkomponist (sieho Walther's Lexikon)
lag mir dio Oper Nino vor, rait dor Angabe „zu Wolffonbtittol 1709
aufgoftthrt". I>ie Hds. befindot sich auf der Kgl. Bibl. zu Berlin,
Ms. 23, 101 in quer foi. und steht vor Schtirmann's Troja in dern-
selben Bande. Dio Oper bietet wenig Anziehendes. Dor allgemoine
Eindruck 1st sehr simpol , Sequenzen auf Sequcnzen, ohne Saft und
Kraft, nur hin und wicdor louchtot oin interossantos Motiv horvor,
wolchos rhythmisch und melodisch anziehond ist, doch weifs er nichts
daraus zu machen und verfallt bald wieder in gedankenlose Nudellei.
Da dio Recitative fohlen, so ist die Gelegenheit benomraen ibn von
dcr Seito aus konnen zu lemon. — Aufserdem
Augustin Reinbard Strieker, zuerst preufsischor Kammer-
musikus, sp&ter, urn 1715, hechfttrstJ. Anhaltischer Kapellmeister
(nach Walther), von dem ich in Ms. 11, 500 obigor Bibliothek eine
kloino Cantate : „Amor non s5 comprendore" fttr Sopran und Bassus
cont. (3 BI1.) fand, die musikalisch empfunden und von guter Kr-
tindung ist, doch bei dem geringen Umfange ein Urteil ttber den
Komponisten nicht gestattet. Ferner
Georg Christoph Wagonseil, gob. 1688, gest. 1776 odor 77
zu Wion, Husikmeister am Wiener Hofo. In Ms. Landsborg Nr. 299
(Bibl. Berlin) befinden sich fUnf vierstimmige latoinische Motetten
im altera Style gesetzt vor, die wenig geistigen Gehalt zeigon und
sich in Form und Ausdruok dem 16. Jahrh. anschliefsen.
In Ms. 176, wolches 15 Cantaten von StOlzol enthftlt, findet sich
auch eine von Gay reck: Spielt ihr Seufzer, Sopran mit B. c, von
Hoffmann: Himmol lass mich doch erlangen, ebonso, von Rentz:
So bald die dunkle Nacht, obenso, von Heinichen: 11 caro e bel
piacor, ebenso, von Kuntzen ein Duett : Lasset euch umarmen,
fir Sopran und Bass mit B. c. und von Vogler das Duett: Ihr
holden Triebo, fttr Sopran und Bass mit B. c, die beiden Sing-
stimmen gehen im Canon in dor Oktavo. Nur dor Letztere ist
benierkenswort und hebt sich durch die gosangroiche Ftlhrung der
Singstimmon vortoilhaft her vor, wlhrond die tlbrigon gedankenlos
Musik machon.
Noch zu orwahnen ware N. A. Strunck, von dem mir fttnf
geistlicho Cantaten vorlagon, dio zwar nicht horvorragend sind, doch
den guten Musiker erkennen lassen. Woniger ansprechend sind zwei
Cantaten von Johann Sebastiani in Ms. 20, 600 (Kgl. Bibl. Berlin);
auch der Regonsburgor Cantor Stolzenbergh ist dort mit vielen
entsetzlich langwoiligen Cantaten vertroton.
6*
48 Cantaten aus dem Ende des 17. und Anfange des 18. Jahrh.
Es ©rttbrigt nur noch tiber Has so oinige Wort© zu sagon , der
zwar ©in Abtrttimiger war und ganz zu den Italienern fiberging,
dennoch Namen lind Vaterland nicht verleugnen konnte. Hasse war
ein schlau berechnender Kopf, urn ein Keiser oder Schtirmann zu
werden dazu reichte seine Begabung nicht aus, Graun wollte er nicht
Hachstreben, dazu war er wieder zu hoch veranlagt, also blieben ihm
nur die Italiener ttbrig und deren Wesen und Empfiudungsweiso
nahm er so tftuschend an, dass man ihn nicht von ihnen zu unter-
scheiden im Stande ist Selbst wo er fast an die Gemtitlichkeit und
Burschikosit&t der Deutschen hart anstreift, bewahrt er immer noch
die Orandezza des Italieners. Er kann so langweilig werden wie
der Deutsche , doch bummelich ist er nie, er hait sich immer auf
dem Kothurn, wenn er auch manchmal bedenklich schwankt Aus
seinen zahlreich mir vorliogenden Cantaten, Arien u. a. teile ich
eine Arie mit, die das oben gesagte mit trefifendem Beispiqle belegt
und es wird mir jeder zugestehen mttssen, dass trotz der gemtitlichen
Ueiterkeit, die darin liegt, er doch die italienische Grandozza ge-
schickt damit zu verbinden versteht. Nahe streift die eine Stelio an
Graun hertiber, doch er vergisst nie, dass er Graun nicht sein will.
Man kann in seinen Werken lange suchen bis man einon so an-
sprechenden und in seiner Weise vollendeten Satz findet, doch man
iindet ihn und das zougt immer fir das Genie des Mannes. Von
der Schreibseligkeit damaliger Zeit hat man heute kaum einen Be-
griff, selbst die vielschreibendon Komponisten heutiger Zeit, wie
Rubinstein, bleiben weit hinter dem Schroibdrange der alteren Zeit
zurttck und dies betrifft nicht nur die bedeutendsten Komponisten
wie Bach und H&ndel, Hasse, Graun, Tolemann und wie sie alle
heifsen, auch selbst bei den Kleinen und Allerkleinsten gestaltet sich
all ihr Thun und Treiben in Musik.*) Das Gefftllige und Naive herrscht
deshalb vor, da Musik noch nicht zur Philosophic ihre Zuflucht nahm,
sondern die erheiternde Bogleiterin des Lobens war. Wohlklang und
melodische Floskeln waren alles was man verlangte. Die Form lag
fertig vor und wie der Schneider ein Kloid wie das andere nach
dem gegebonen Muster zuschnoidet, so schriobon sio ihre Arion oinor
wie der andere, ob sie H&ndel oder Hasse hiofsen , nach einer
Schablone.
*) Komponirten sie nicht , dann kopirtcn sit und schrieben sich ihre Biblio-
theken mit eigener Hand. Man mass damals mehr Zeit gehabt haben als
aente.
Cautateu aus dem Ende dog 17. and Aufauge des 18. Jafarb.
49
Die Italioner.
Obgloich ich vorl&ufig moin Augonniork nur don Doutschon
widmen wollto, so kamen mir boi meinen Stud ion in Sammolbandon
doch so viol Italioner in die Hand, dass ich mir auch tibor oinigo
dorsolben ein Urtoil bilden konnte. Bis auf den boreits angoftthrton
Unterscbied in der musikalischen Ausdruckweiso unterseheiden sie
sich von don Doutschen in Form und geistigen Gehalt in koinor
Weisa Fast kam es mir vor, als wenn sie die Deutschen nicht ein-
mal orroichten, besonders was Koiser und Schtlrmann betrifft. Doch
will ich nicht voreilig im Urtoii sein, da ich doch nur einen kloinon
Brnchteil kennen lernte. Am meisten verwundert war ich tibor don
gepriosenen Lotti, von dem mir eino ansohnliche lieihe Arion vor-
lagen. Es ist kaum glaublich wio lottorich und nichtssagend, oft ans
Gemoino anstreifend, Lotti schreiben kann. Untcr don 40 Arien,
dio ich von ihm durchgesehen habo, fand ich kaum zwei, dio musi-
kalisch irgend welchon Wert haben. Is sind dies: „Sperar, sperar
vorria quest' alma" und „DagF elisi ovo riposi". Dabei ist die
instrumentale Begleitung oft von oinor Dtlrftigkeit, doren sich dio
Deutschen nio schuldig niachen. Setzen die Letztoron einmal In-
strumente hinzu, dann lasson sie diesclbon auch an don Motivon
teilnohmen, wahrond Lotti die orsto Violine mit dor Sings tim mo
gehon lisst und dio 2. und dio Viola Mittelatimmo und Bass ttbor-
nehmon. Wird dio harmonische Einfachhoit durch eino selenvollo Me-
lodioftlhrung ersetzt, so entbehrt man sie wonigor, abor da diesolbe
meist viel zu wttnschen tibrig lisst, so wird die Einfachheit zur
Langweiligkeit. Weit bedeutender fand ich Steffani (Agostino),
der mehr Tiefe und Gediegenheit entfaltot, doch nicht im Entfern-
testen zu der Innigkeit Schtirmann's sich erhebt. Auch von Fran-
cesco Mancini , Polaroli , Porsile , Giov. Porta, Attilio Ariosti,
Francesco Conti, Legnani , Pignatta, Nicolo Fago, Torelli fand ich
ein und don anderen httbschen Satz, wfthrend ich von GrOfsen orsten
Ranges , deron Namen oinst so hoch gefoiert wurdon, wiodor nur
ganz Mittelmafsigos entdeckte, wio von Bonodotto Marcollo und
Alessandro Scarlatti. Gonauor lornto ich Giovanni Logrenzi
kennen , doch kann ich nicht sagon, dass mir soino Bekanntschaft
grofse Freude gemacht hat. Ein dicker Band mit Kirchenstttcken
allor Art, im Besitze dos Horrn Prof. Commor zu Berlin , Messon,
Litaneien, Motetten u. a. enthaltend, zu 1, 2, 3, 4 Stimmen mit 2
und 3 Instrumonton begleitot, boten auch nicht einen oinzigen
Momont boi dom man mit Behagen und Aufmorksamkoit vorwoilon
50 Cantaten aus dem Elide des 17. mi Anfange des 18. Jahrh.
konnto. Bio Thomon sind matt, dio MolodiofQhrung ohne Schwung
und Intorosso. Trotz dor kontrapunktischon Ftthrung im Stimmen
gelangt or zu keinem lobensvollon Bilde. Besser 1st oino Seronata
„Notte madro d'horrori" fttr Sopran mit B. cont. in Ms. 11, 600 (Kgh
Bibl. Borlin). Sie enthi.lt doch oinigormaGsen anziehendo musikalischo
Gedanken. Doch wio gesagt, dio Studion dor Italionor dionten bishor
nur dazu den allgomoinen Charakter dersolben kennon zu lornon, um
oinon Mafsstab zur Bourteilung dor Deutschen zu habon. Erst nach
einor sorgfiUtigen Prdfung der bodoutendston italionischon Kompo-
niston wird es mdglich sein sieh oin festos und begrtindetes Urteil
tibor ihro Loistungen zu bilden. Im Aligemeinon bin ich von doa
italionischon Arboiten enttauseht und von den deutschen tiberrascht.
Die Cantate „a voco sola con Basso continuo" findet sich boreits
um 1613 und fallt also mit dor Pfloge des ricitirenden Stilos, dor
Opor, nach spaterer Bezeichnung, so ziemlich zusammen. Koisor
giobt in soinem Druckwerko ,/jomtiths-Erg5tzung u von 1698 im
Vorvvort an den Hochgoehrten Leser folgendo Erkllmng tiber dio
Cantate, die uns wieder beweist, dass er nicht so ins Blame hinein
schrieb und nicht nur von seinem angeborenen Talente lebte. Sie
lautet:
Dieso Sing-Gedichto, oder wio sie die Italiener nennon Cantaten,
haben dio ohemaligen doutschon Liedor ganz verdrtogt. Die Erin-
dung dorsolben ist abor von den Opera hergokommen. „Denn well
man versptlret, dass die vormischten Singarton dersolben, nlmlioh
Recitativ und Arien, und diese bald lustig, bald traurig, bald aus
diesem, bald aus jenem Ton, sohr angenohm waren, so hat man die
alte Art dor langen Liedor von vielen Gesetzen und Strophen in oin
solches mit Recitativen und Arien vermischtes Gedicht verwandelt.
Der Inhalt aber einos solchen Godichtes ist gar nicht neu; man seho
nur zum Exempol dio bekannte schOno Odo unsores deutschen
Opitz: „Coridon dor ging botrttbet", oder dos vortrofflichen Simon
Dachon seine niomals genug gopriosene und ganz unvergleichliche
Ode: „Es fing oin Schafer an zu klagen", so wird man zwei rechte
vollkommeno Cantaten finden, daran kein anderer Unterschiod, als
dass sie Vors-Weise gesetzt und durchaus nach einer Melodio mttssen
gosungen werden. Da oino heutige Cantate die Abwechslung dor
Molodien und dos Ariosen- mit dem Recitativ-Spiei hat, wolches das
Einzigo ist, das wir in diesem Stick den Welschon zu danken haben."
Weiterhin spricht" or dann Uber dio vorliegendon Cantaton und sag!
Cantaten aus dem Ende des If. und Anfange des 18. Jabrh.
51
mi tor anderm, dass or mohr den „Theatralischen- als Kammer-Stil"
erwahlt habe. Ferner, dass die Texte meist Sch&forspielo zum In-
halte haben, was die Alten Idyllium oder Ecloga nannten, manchmal
auch heroische Materien behandele und dass dies nicht erst oine
Erfindung der Itaiiener, sondern schon gar alt sei.
Ueber die in den Beilagen ver&ffentlichten Tonsltze habe ich
nur hinzuzufttgen, dass ich sie mit ausgesetztem Generalbass, resp.
bei S&tzen mit fiegleitang mit einem Klavierauszage versehen habe,
aus Rttck8icht gegen diejenigen, die an unseren Bestrebungen teil-
nehmen wollen, aber denen die Fachkenntnisse oder die Uebung fehlt.
Ferner werde ich nicht nur Cantaten bringen, sondern auch kleinere
Arbeiten , die den Stempel der Genialit&t an der Stirn tragen und
urn die es schade wire, wenn sie in den Bibliotheken unbeachtet
verstaubten. Ich denke diese kleinen Zugaben werden den Laser
solbst urn Entschuldigung bitten, dass sie so dreist sich zwischen
dr&ngen und werden ihn durch ihre geniale Liebenswttrdigkeit wohl
ausstthnen. Is sind dies sowohl Instrumentals&tze, als Arien, sogar
manchmal nur ein Recitativ.
Gem nehme ich jeden Beitrag hierzu auf, sobald er sich als
zutreffend erweist.
So weit es die Uebersicht meiner vorlaufigen Studien gestattet,
litest sich erkennen, dass man ganz am Ende des 17. Jahrhunderts
zu begreifen bogann, dass eine Melodie erst dann zu voller Wirkung
gelangt, wenn sie in sich ein abgerundetes Ganze bildet und aus
dem innerston Drange des Gemtits entspringt. Soit den ersten Be-
strebungen der Itaiiener, in dem Sologesang die wahren Aufgaben
der Musik zu suchen, war man bemttht, die selischen Regungen des
Dichters auf die Musik zu tlbertragen. Anf&nglich suchte man sie
nur im recitati?ischen Gesange, doch nach und nach ftihlto man,
dass dem Recitative ein Gegensatz hinzugofUgt werden mttsse und
fand denselben in don lyrischon Ergiissen der Arie. Lange tappte
man nach einer bestimmten Musikform, bis man auch die in dor
zwoiten Hllfte das 17. Jahrhunderts fand, doch noch immer war es
mehr eine Verstandesarbeit, als der Erguss selischer Erregung.
Legrenzi bietet das treffendste Beispiel dazu. Lully umging das
Recitativ fast giinzlich und bewegt sich nur in melodischor Aus-
drucksweise. Seine musikalische hohe Begabung bowahrte ihn zwar
in Monotonie zu verfallen, doch war es nicht der richtigo Weg. Er
empfand dies wohl recht gut, donn durch GhOre und in sich ab-
52
Mitteilangen.
goschlossene Instrumentalsiitze suchte er der Monotonie Einhalt zu
thun. Die letzteren, besonders in seiner Armide, sind inhaltlich und
formell wahre Meistersttlcke und schlagen schon ganz den Grundton
an, der im 18. Jahrhundert mafsgebend wurde f
Erst ganz am Ende dieses Jahrhunderts gelangte man auch zu
dieser Erkenntnis und fand den richtigen Ausdruck innige Empfin-
dungen musikalisch wiederzugeben. Von nun an schwelgte man in
sentimentalen Ergttssen des Herzens und wer am meisten rtlhren
konnte war der beliebteste Komponist. Hierbei drang aber eine
achablonenhafte Manier in die Ausdrucksweise ©in, die sich Aller
mehr oder weniger bem&chtigte und der sttfse Wohllaut verdrftngte
jegliches tiefere Geftthle. Nur Seb. Bach verband rait der Sttfsigkeit
der Melodie die Tiefe hOherer Erregung. Er blieb seiner Zeit un-
verstanden. Mozart ist der letzte Repr&sentant dieser Period©. In
ihm gipfelt sich die melodische Erfindung gepaart mit cteni edelsten
Ausdruck. Er gab der alten Form die vollendetste Ausbildung und
goss den kOstlichsten Inhalt hinein. Die Bach'sche Ausdrucksweise,
die schon in Keiser und Schtirmann Reprfcsentanten fand, erstand
erst in Beethoven zu voller GrOfse und gelangte in ihm zum Ab-
schlusse. Betrachtet man das 17. und 18. Jahrhundert von diesefti
Gosichtspunkte aus, so erhalt es erst Interesse und die verschiedenen
Bestrebungen kommen in ein tibersiehtliches Gefttge. Eine weitere
PrUfung dor verschiedenen Autoren ist mm die n&chste Aufgabe und
das Interesse wird mit der Kenntnis sich steigern.
Mitteilungen.
* Wie schwierig es auch an vielen Orten sein mag, Sinn und Interesse fftr
praktische Musikgeschichte, d. h. fir musikalische Vortr&ge, die auf die geschicht-
liche Entwickelung der Tonkunst Rttcksicht uehmen und gute Iltere Sacben mit
Plan und Ordnung zu Gehor bringen , zu erweckeu und wie oft diesbezngliche
Versuche misslungen sein mdgen, so stebt dcnnocb fest, dass inter gunstigen
Verh<nissen und bei gescbickter Handhabung solcbe Art von Musik aucb grofsen
Anklang linden kann. Dies beweist der grofsartigc Erfolg dor letzteu historischen
Concerte Bohn's in Breslau, wobei am zweiten, der die Th&tigkeit Mozart's als
dramatiscber Komponist scbildernden Abende der ger&umige Saal uberfullt und
viele Personen weitber aus der Provinz lediglicb zu diesem Zwecke zur Haupt-
stadt gekommen waren. Das letzte dieser Concerte, bei denen aufser dem treff-
licb gescbulten fiber 100 Kttpfe z&blenden Chore und den Solisten ein aus den
besteu Kraften zusammcngestelltes Orchester von nahezn GO Musikcrn raitwirkte,
wird die Entwickelung der Kircbenmusik bis zu J. 8. Bach erlftutern und bis
19stimmige a capella Ges&nge vorfuhren. Ein ausftthrlicber Bericht wird folgen.
Mitteilungen.
.53
For jetzt sei der merkwttrdigen Thatsache erwahnt, dass deutsche Musikzeitungen,
welche ale Unicum mit Emphase vermelden, dass jetzt Pauer in London unter
reger Teilnabme altere Claviersachen producirt und die betreffenden Concertabende
durch erl&uternde Vortrage einleitet, obwobl ihnen die Programme der Bohn'schen
Concerte seit Jahren zugehen, fiber dieselben noch licit ein Wort verloren haben,
dabei jedoch im Anschluss an das Pauer'sche im Vergleiche mit Bohn doch so
geringfQgige Unternehmen ahnliches fUr Deutschland wQnschen. Man ersieht
daraus, wie schwer sich dergleichen Redactionen ihre Pfticht machen! Der Sinn
fftr histomche Musik ist durch Bohn in weiteren Kreisen in so erfreulicher Weise
geweckt , dass ein kttrzlich von Br. H. Eichborn mit dem von ihm begrfindeten
und geleiteten schles. Waldhorn-Quartett veranstaltetes Concert, obwohl es rein
instrumental und stark historisch gef&rbt war, den grflfsten Anklang fand. Eine
Violin-Sonate von Pierre Gavinies (1726—1800), die Romanze aus dem sonst un-
ausfubrbaren Schumann'schen Concertstflcke fir 4 Hdrner, das schttnste der wegen
ihrer Schwierigkeit bisher nie gehdrten 4 Mozart'schen Horn-Concerte , von Dr.
Eichborn auf seinem neuerfundenen Octav -Waldhorn mit der grdfsten Leichtigkeit
geblasen, ein prach tiger 6stimmiger Liedsatz aus M. Franck's „Flores musicales"
(Nfirnberg 1610) „La8St uns ins Grttn hinaus spaziern", arrangirt fir 2 Clarinetten
und 4 Htinier u. a. m. fesselten das Publikura fiber 2 Stunden. Am meisten
erregte aber bei Musikkennern die Vorftthrung einiger Satze aus „Joh. Pezel's
funfstimm. blasende Musik", Leipzig 1685, Interesse, da diese Stucke in ihrer
wundcrbar schftnen Klangwirkung, in Factur und Geprage aufs auffallendste an
den im Jahre ihrer Entstehung geborenen J. S. Bach erinnern. Die gedruckten
Stimmen, enthaltend fiber 100 kfirzere Intraden, Arien, Galliarden , Sarabanden,
Couranten, Ballete, Giguen u. s. w. fir 2 Cornete (Zinken) und 3 Trombonen (urn-
geschrieben zur Aufffihrung fir 2 Clarinetten und 8 Hftrner, da man bei den
jetzigen Posaunisten mit ihrem gegen damals ungeheuer dicken Tone die erforder-
liche Beweglichkeit in den raschen Zeitmafsen nicht findet) waren von der
Konigsbergcr Bibliothek entlehnt. Die Verftffentlichung dieser Pezel'schen Samm-
lung ware geeignet, ein neues Licht auf den dem Auftreten Haendel's und Bach's
vorangehenden vorlaufig noch so dunklen Zeitraum in der Geschicbte der In-
Btrumentalmusik zu werfen und den auf Unkenntnis beruhenden Mythus von dem
iinvermittelten Auftreten dieser beiden Heroin grundlich zu erschuttern.
J. B.
* Der Menestrei bringt im 49. Jahrgange Nr. 11 u. f. einen interessanten
Atilel fiber die Bibliothek des Conservatoire zu Paris nach einer Arbeit eines
literarischen Blattes,betitelt „Le Litre", herausgegeben durch den Buchhandler
A. Quantin. Gegrfindet wurde die Bibliothek durch die National-Convention am
16. Thermidor im Jahre 3, das ist der 4. August 1795.
* Von Arthur Pougin in Paris erscheint ein neues lexikalisches Werk bei
Firmin Didot, betitelt: Dedictionaire du theatre et des arts qui s'y rattachant
In 8°, gegen 800 Seiten Text und mit 600 Abbildungen. Die Franzosen scheinen
lezikaliscbe Arbeiten wahrhaft aus dem Aermel zu schtttteln, wahrend wir Deutsche
uns so schwer entschliefsen kdnnen sie als fertig abzuschliefen.
* Der Verein fttr klassische Kirchenmusik in Stuttgart, unter Professor Dr.
Faifst's Leitung, bat aiich in diesem Jahre wieder zwei AuffQhrungen veranstaltet,
die von alter en M cistern Samuel Scheidt, Heinrich SchQtz und Carl Ph. Em.
Bach zu Gehor bracbten.
54
Mitteilungen.
* Leo Liepmannsfohn's Antiquariat, Berlin W. 63 Cbarlottenstr. Catalog
XXIX. Werke zur Geschichte des Theaters und dramatische Schriften. 1884.
972 Nrn.
* Geschichte der Spielmannszucht in Frankreich und der Pariser Geiger-
konige. Von H. M. Schletterer, Dr. phil und Kapellmeister. Berlin N. 1884.
Verlag von R. Damkohler. (2. Teil zu den Studien zur Geschichte der fran-
zosischen Musik.) In 8°. 6 Vorbll. und 152 Seiten.
* Mitteilungen der Musikalienhandlung Breitkopf & Hartel in Leipzig. Nr. 19.
Marz 1884. Enthalten die Ankundigung der ersten kritisch durchgesehenen Ge-
samtausgabe von Franz ScJiubcrt's Werken. Sie wird in 21 Serien ausgegeben
mit Summa 337 Nrn. Die Partiturausgaben beanspruchen allein 8000 Platten,
event. 2000 Notenbogen und kostct das Exemplar 600 Mk. Wer sich schon im
ersten Jahre als Subscribent anschliefst, erhalt dieselben zu 500 Mk., zahlbar in
fttnf Jahresraten zu je 100 Mk. Von alteren Werken wird ein Concert (Gdur) fur
Flote mit 2 Violinen, Viola und B. c. von Joh. Joachim Quantz demnachst neu
erscheinen.
* Albert Cohn in Berlin. CIX. Katalog des antiquariscben Bucherlagers.
\V. Mohrcnstr. 63. Eine Sammlung der seltensten Werke. Seite 40—43 befinden
sich auch einige praktiscbe und theoretische Musikwerke des 15. — 19. Jahrh. vor.
* J. A. Stargardt in Berlin. 145. Verzeichnis einer wertvollen Sammlung von
Autographen. W. Markgrafenstr. 48. Seite 30 - 34 sind die Musiker verzeichnet.
Sie reichen bis ins vorige Jahrhundert znruck, darunter auch ein Beethoven.
* Ludwig Rosenthal in Munch cn. Catalogue XXXIX. Eine Sammlung der
grofsten Seltenheiten. Unter Nr. 851—893 befindet sich ein Verzeichnis alter
Musik, darunter Werke von Isaac, Palestrina, Willaert und andere Seltenheiten.
* Herr L. F. Valdrighi in Modena (Italien) versendet ein Circular, in dem er
anzeigt, dass er ein neues Werk herausgegeben hat, betietelt: Nomo cheliurgo-
grata antica e moderna, ossia, Eienco di Fabbricatori di strumsnti armonici, con
note esplicative, documenti estratti dall' Archivio Estense, e corollarii, etc. Ein
Band in gr. 4° von 43 1 /, Bogen. Der Preis betragt 40 fr. und 1st an den Ver-
fasser (Nr. 18 Corso Vittorio Emanuele) einzusendea.
* Als Mitglied der Geselischaft fur Musikforschung ist Herr Dr. Robert
Ilirschfeld in Wien eingetreten.
* Hierbei zwei Beilagen. 1. Fortsetzung der Cantaten, Seite 25—32. 2. Ka-
talog des Joachimsthalschen Gymnasiums, Bogen 5.
Verantwortiicber Redacteur Robert Eitner, Templin (Uckermark^
Druck von Eduard Mosche in GroCs-Glogau.
fflr
MUSIK-GESCHICHTE
herausgegeben
▼01
der Gesellschaft far lusikforscliuiig.
XVI. Jahrgang.
1884.
Preii det Jahrgangoi 9Mk. Monatlioh cmoheint eint
Nummer too I bit 2 Begem. Insertionsgebuhron fur
die Zeile 80 Pfg.
KoumistiontTerlftg der T. Trivtwela'aohen
Buch- and Musikalienh&ndlung in Berlin W.
Leipzigeratra/se 180. Bestellangen nimmt jede Baoh-
und Mtuikhandlang entgegen.
No. 6.
Die neugriechischen Tongeschlechter
von
Baym. Schlecht,
Einleitung.
Die Neugriechen und Aristoxenos bezeiehneten die Tonverbftlt-
nisse ihrer Skalen nicht mit Brueh-Rationen, sondern sie geben die
Entfernungen der Tone durch ganze Zahlen d. i. durcb Differenzen
an. So viel mir bekannt, hat sich bisher noch Niemand oingehend
mit der eigentlichen Bedeutung dieser Bezeicbnungsweise beschaftigt
und diese Differenzen in Bruchformen darzustollen versucht. Das
ausgezeichnete Werk: „Etudes sur la musique occlesiastique greque,
par O.-A. Bourgault- Ducoud ray, Paris librairie Hachette et C ie 1877",
das mir itlhrend meiner Arbeit bekannt wurde, ist meines Wissens
das erste abendl&ndische, welches liber neugriechische Musik grttnd-
liche Aufkl&rung bringt.
Aber der Herr Verfasser giebt die Differenzen nur nach gpe-
chischem Tonmafse, n&mlich den grofsen ganzen Ton mit 12 Teilen,
also 7 mit 7 / 12 , 9 mit 18 mit 3 / t) 3 mit y 4 Ton; oder in Skalen
mit modernen Noten und die durch sie repr&sentirten Rationen d. i,
% f /ici n /m o.
Da ich also fdr diese Arbeit keinen vorbereitenden Grand fand,
so glaube ich vorerst die moderne Tonleiter nach dieser Richtung
untersuchen zu mtisson ; denn da uns die Rationen derselben in
Bruchformen genau bekannt sind , so wird sich durch sie eine all-
Koaatah. f. Mnsikgeach. Jabrg. XVI. No. i. 7
56 Die neugriechischen Tongeschlechtef.
gemeine Regel finden lassen, welcho auch auf die griechischen Ton-
leitern Anwendung finden muss. Immerhin mUssen wir voraus die
Entstehung der griechiscben Tonarten im Allgemeinen betrachten.
I. Abteiluiig.
I.
Entstehung der griechisehen Tonarten.
Die alten Oriechen setzten die Skalen aus symetrisehen Quarten
zusammen.
Es giebt deren 3 Arten, nlmlieh:
1. e. f. g. a oder hc.de, die phrygische,
2. d e. f. g. oder abed, die dorische oder neutrale,
3. g. ft b c oder c. d e. f, die mixolydische.
Sie kflnnen unmittelbar (conjanctim), so dass die letzte Note der
ersten Quart zugleich die erste der zweiten ist, oder getrennt (dis-
junctim) miteinander verbunden werden.
a) Unmittelbare Verbindung.
1. iTe d. e f iPc d. e f"g"a 2. a h"c. d. e f g. 3. g I hJTdjTl
Durch diese Verbindung erhftlt man nur Heptachord© , welche
durch Anftlgung eines ganzen Tones in der Hohe oder in der Tiefe
zur Oktavenreihe erglnzt werden, n&mlich:
1 » ub c d ©Tg"T IX. lb hTXe f g aTi XIII.
2 = h c SlTTg VII. 2h iTTd h f gft IX.
3 » fg § h 7&Tt VI. 3b gTFc d e fg XII.
b) Die mittelbare Verbindung geschieht durch Einschiebung des
fehlenden Tones zwischen die beiden Tetrachorde, n&nilicb :
1. efgiThcde 2. d e f gl h c d 3. c d e f g S h c.
In diesen Oktavenarten kann der in der Mitte liegende diazeuk-
tische Ton entweder zum ersten oder zweiten Tetrachorde genommen
werden, im ersten Falle entstehen authentische, im zweiten plagale
Tonarten, nlmiich:
e f g a h c d e = III. cdefgahc VI.
efgahcde = X.
defgfthcd = I.
Die neugriecbischcn Tongescblechter.
57
defgahcd = VIII.
cdefg ij^c = XL
Der in der Mitte liegende, die Tetrachorde trennende Ton, heifst
ebon daher der diazeuktische Ton, mit welchem Namen auch die in
den unmittelbar verbundenen Tetrachordon die oben und unten an-
gesetzten Tone benannt werden. Bass hierdurch die Kirchentonarten
(mit jtJmischen Ziffern bezeicbnet) entstehen, sei bier nur nebenbei
erw&hnt. Daher reicht es auch aus, wenn wir von den Tonarten
nur ein Tetrachord kennen , urn die ganze Tonleitor daraus zu con-
struiren.
II.
Die Natur unserer modernen Tonleiter.
Unsere moderne Skala „c d e f g a h c" ist aber keine syme-
trische, weil c-d, dor erste Ton dos ersten Tetrachordes einon grofson
ganzen Ton zu y 9 Saitenl&nge enth<, wlhrend der erste Ton des
zweiten Tetrachordes g-a nur einon kleinen ganzen Ton zu 9 /io be-
trlgt. Dieser muss daher durch ErhOhung des a um ein Komma
8 %i auf 8 /» mit c-d symetrisch gemacht werden, was wir mit dem
Zeichen A auf a andeuten. Unset© Skala onthftlt auf diese Weise
folgende Oestalt. Erstes Tetrachord: c % d 9 /io e !,/ i© f» zweites
g % a »/io h ,5 /i° c; da der diazeuktische Ton f-g = % ist, so
heifst die ganze Tonleiter:
0 % d % t e «/ie T*U g % & 9 A# h »/ 16 c
1 % % % % >%7 $ h V, f.
In unserer modernen Tonleitor abor
c 8 /t d Vio © ! V 16 TvTg 9 /to a Vt h ,5 /ie c
i Vi */• Vs % v». f / 2 8
bildon die zwei ersten Ttfne boi der Totrachorde eino Antiphonio
c % d y l0 e und g «/ 10 a */ 9 h.
Auf dioso Weise entwickelt Frh. v. Thimus in seinem Worker
„Uie harmonikale Syrobolik des Altortumcs" alle seine Tonarten aus
einem hier nicht nlher anzugebonden Grundo.
Die Griechen kannten nur symotrische Tetrachorde, das zeigt:
1. Thimus selbst, wenn er von den griechischen (neu) pytha-
gorischen Skalen spricht. S. 226 stellt A or die griechische
diatonischo Skala auf C D E A F A G A H A C, das ist
c y 9 d y 9 e a wy 2W f % g y, I % h a c und
7*
58 Die neugriechischen Tongeschlechter.
S. 231 bezeichnot or das sy n ton isch - diatonische Tetra-
chordsystem ^/7h c % i »/io © ! ¥w f 8 /t g %# a.
Aber auch im enharmonischen woist er die Symetrie
der Tetrachordo auf:
80 auch im chromatischen
,5 /is c > 2 Vm cis* «/64 © l5 /i« f m /m fis A «/si a.
2. Alle Schriftsteller, welche die griechischon Tonvorh<nisse
behandeln , nehmen alle die Symetrie der Tetrachord-
verh<nisse an.
3. Die neugriechischen Musiklehren schreiben die Skalen
vollst&ndig aus und bewahren iu alien, rait Ausnahme
einiger zusammengesetzten Skalen im chromatischen und
enharmonischen Goschlecht, die vollst&ndige Symetrie der
Tetrachorde.
Da die folgende Untersuchung der Tonverhftltnisse unserer
modernen Tonloiter als Qrundlage fttr die der neugriechischen dienen
soli, so musste si© in symetrischer Form zur Anwendung kommen.
Alle Einwendungen, welche dieser Annahme in Beziehung auf
Melodie, auf den Unterschied von cis und des, m und dis u. s. w.,
sowie auf die Anwendung rciner Tonloitern u. s. w. entgegengestellt
angeftthrt werden mOchten , k&nnon hier keine Berticksichtigung
finden, sollen aber spftter vielloicht besprochen werden.
III.
Darstellung der Differenzen ans den Rationen fir ein
Tetrachord.
Suchen wir fttr diese Rationen die Entfernungen*) zwischon den
einzelnen TOnen zu bestimmen, indom wir bodenken, dass dor Raum
von C bis zum Steg die gauze Saitenl&nge der von d = 8 /« von
c = 4 / 5 und f = */ 4 dersclben betrlgt, so werden wir den Raum
zwischen c-d erhalten, wenn wir 8 /» von 1 abziehen; also : 1 — % = l / 9
und analog zwischon d und e, % bis 4 / 5 = 4 / 45 ; und zwischon
e-f 4 /» — 3 A = ! / 4 o. Das ergiebt fttr die beiden Quarten c und g,
gesetzt, c % d 4 / l5 e V20 f und ebenso g y 9 a 4 / 45 h Yio c -
T##Iiid©lt man diese Brttche in gauze Zahlen, so sind y 9 , 4 / 45 , V10
*y»j4hmerk. Die Tonentfernungen dienen aoch daze, die Lage der Bttnde auf
tatenftstftyrftoteti,; vie Guitarre, Zither, zu bestimmen.
Die oeugriechischen Tongeschlechter.
59
gleich ' 180 ' , die Tonontfernungon also c 20 d 16 e 9 f. In diesem
Falle entsprechen die Differenzen den Tonentfernungen.
Aus diesem Tetrachord lassen sich wieder die Rationen fir die
ganze Tonloiter herstellen. Man suramire die Zahlen 20 16+ 9 = 45.
Die Summe der auf die Quart treffenden Teile ist 45, da die Quart
der vierte Teil der ganzen SaitenJlnge ist, so treffen auf die ganze
Saite 4 . 45 = 180. Zieht man von dieser Zahi die Differenzen
resp. die Tonentfernungen der Reihe nach ab, so erb< man die
Saitenlfcngen fttr dio einzelnen Tone des Tetracbordes c 20 d 16 e 9 f.
180 160 144 135
W ird c = 1 gesetzt, so erbftlt man c d e f und daraus die Expo-
l 8 /i 4 /i 8 /4
nenten e % d 9 / l0 e ,5 /i6 f - Wird f-g als diazeuktiscber Ton = %
gesetzt, so heifst die ganze Tonleiter :
© % d y lt e »/ie f%? % a Vio * lft /n c
1 Vt 4 4 3 /i % "/« Vn Vi
IV.
Darstelinng der Tonentfernungen fttr die ganze Oktave.
Man nehme zur Untersuchung der Differenzen eine Ska! a aus
unmittelbar verbundenen Tetrachorden, welche den diazeuktiscben
Ton am oberen Ende der Skala hat, z. B. gahcdefg
1 %% % % V.VieVt
Sucht man fttr diese Skala die Tonentfernungen, so erhllt man
Bringt man diese Brtlche auf den Nennor 720, so entstehen
daraus die Tonentfernungen in der Oktave auf analoge Weise wie
oben, nlmlich: % . 720 = 80, V 45 . 720 = 64, V 20 . 720 = 36 u. s. w.
g 80 & 64 h 36 c 60 d 48 e 27 f 45 g
I II "nT
Betrachtet man diese Reibe niher, so findet man, dass die Ton-
entfernungen der Tetrachorde sich verhalten wie 4:3: 9 / 4 ; und der
diazeuktische Ton = 45 zu setzen ist; verkleinert oder dividirt man
das erste Tetrachord mit 4, das zweite mit 3, das dritte mit %> so
erhllt man:
I II III
g 20 a 16 h 9 c 20 d 16 e 9 fljcTg u. s. w. als Differenzen, das
heifst, s&mtliche Tetrachorde haben gleiche Differenzen,
60
Die neugriecbischen Tongeschlechter.
V.
BfiekftUirang der Differenzen eines Tetrachordes auf die
Bationen der Oktave.
Aus dem Vorhergehenden finden wir leicht die Kegel, dass man
fir don Fall, wenn eine ganze Oktave aus dem Verh<nisse eines
Tetrachordes bestimmt werden sollte, die einfachen Differenzen dor
einzelnen Tetrachorde der Reihe nach mit 4, 3 und 9 / 4 multiplizirt,
sie so in Tonentfornungen umwandelt und aus deren Summen die
Rationen folgenderweise sucht:
4 X g 20 ft 16 h 9 c 3 X 20 d 16 © 9 f % X 20 g
g 80 a 64 h 36 c 60 d 48 © 27 f 45 g
Die Summe ist 360 fttr eine Oktave, fttr die ganze SaiteiMngo
sind es 720, also ist:
a - g = 720 und a = 720 — 80 = 640; h = 640 — 64 = 560
u. s. w., nlmlieh gihcde f g
720 640 576 540 480 432 405 360,
reduzirt man g = 720 auf 1, so erh< man:
gahcdefg
1 % 4 /s 3 /i Vt 3 /i Vis Vt
Dies© Art der Verwandlung ist aber nur anwendbar fttr diesen
speciellen Fall, wenn die Tetrachorde verbunden sind, der diazouk-
tische Ton oben angesetzt ist und den Exponenton % enthftlt. Der
Fall, in dem der diazeuktiscbe Ton unten steht, kann erst sp&ter
besprochen werden.
VI.
Berechnnngen der Bationen nach geometrischen Yerh<nissen.
Man kann die Rationen auch auf eine andere Weise berechnen.
Wir haben bisher die Differenzteile arithmetisch bebandolt, d. i. wir
haben die Anzahl der Teile fttr die ganze Saitenl&nge bestimmt und
aus dieser die Teile ftir die Saitenl&nge der einzelnen Tone gesucht.
Man kann diese Teile fttr eine Oktave auch geometrisch durch
Einschaltung gleicher Teile in den Umfang einer Oktave, d. i.
1 — Vt = 1 — 0,5, bewirken. Es ist dies das Verfahren, welches
man bei Auffindung der gleichschwebendon Temperatur einhftlt und
zwar durch die Formel x = a. y z m — 1, in welcher x ein beliebiges
a
Glied der Reihe, n die Anzahl der Glieder oder die Summe der Teile,
z das letzte, a das erste Glied und m die Stall© des betreffenden
Dte nengricchi8chen Tongeschlechter. Q[
Qliedes bezeichnet. Da in dor Regel nur die Rationen einer Oktave
gesucht werden , so wird far die Saitenl&nge a = 1 und z = 0,5,
somit — = 0,5, so heifst dann die Formel fir diesen Zweck
a ' 1
n— JL W 05
x = Vo5 m—1, das erste Glied also & 1 .0=1. Diese Formel
kann abor nur mittels dor Logarithmen berechnet werden.
Suchen wir auf diese Weise die Rationen fttr die moderne
d©s ©s
chromatische Skale c c - g d ^. x. . . . . h c, so haben wir 13 Glieder.
fir das erste wird der Exponent m — 1, also 1 — 1 =0, folglich
. 0 = log 0 = 1. Das zweite Glied Jj 1st !2*°* . 1
gleioh 0,9749142 = log 0,94387, setzt man die Rechnung so fort, so
erhalt man fttr d = 0,89089, fttr = 0.89089, fttr e = 0,79371,
fttr f = 0,74915, fttr ^ s = 0,70711, fttr g = 0,66742, fttr | l g 8
gleich 0,62996, fttr a = 0,59461, fttr ™ = 0,56123, fttr h = 0,52973
fttr c = 0,5.
Yergleicbt man diese Rationen mit den wahren, in denen cis
and des, dis und es verschieden sind, welche heifsen:
, cis = 0,9481 , a ooo dis = 0,8506 AQ
c = des = 0,9376' d = °> 888 • • •» es = 0,8333- 0 == °' 8 >
, A __ fis = 0,7044 A1MM gis = 0,625 AC
f = 0,75, ges = 0 ' 70312 , g = 0,666, 8 as = 0 ;64 ' a = °> 6 >
t = o^ei' h = °. 5333 ' c = °> 5 >
so erhllt man folgende Reihe, in welcher die mittlere Zabl und bei
c und f, fa und c die erste die Verhftltnisse der temperirten Skale
anzeigen:
oo oo
O O OO JD
CO
Diese Vergleichung zeigt, dass die Berechnung der Rationen
C2
Die neugriechischen Tongeschlechter.
durch die gloichschwebende Temperatur die reinen Rationen nur
annfthernd giebt.
Wollen wir nun auch den Versuch machen, die Rationen auf
dieselbe Weise fir die Differenzen der modernen symetrisehen Leiter
in c zu berechnen.
Die Diiferenzen heifsen bekanntlich c20dl6e9f20g2O
ft 16 h 9 c. Die Summe der Teile betr> 110.
Wir haben also hier die Oktave logarithmisch in 110 Teile zu
110_
teilen, das ist 0: aus 0,5 die 110. Wurzel auszuziehon a = Vo,S
und die einzelnen Teile = 0,99723633 der Reihe nach mit don
Summon dor treffenden T(3ne zu multiplizieren und zwar fttr d mit
20, fir © mit 20 + 16 = 36, fir f niit 36 + 9 = 45, fir g mit
45 + 20 = 65, fttr ft mit 65 -f 20 = 85, fttr h mit 85 + 16 = 101,
fttr c mit 101 + 9 = 110. Vor die Produkte sotzen wir die reinen
Rationen zur Vergleichung, die logarithmische Rechnung gestaltet
sich hier so e = 1, fttr d = 0,9972633 . 20 = 0, 9452660 = log
0,88159, fir e = 0,9972633 . 36 = 0,9014788 = log 0,79703.
So findet man def Reihe nach durch Multiplikation mit 45 if
mit 65 g, mit 85 a, mit 101 h, mit 110 c, so erhalten wir
c d e f g a h c
1 OO 5>p OjD OjD J3J3 OO O
GD*OD *0»*^<1 "Cb^CR *o**bi *QiO% In
odoo co 0i en mm mm oom
oo oo a» o© too* coco
oo c o O CO OHO CO*-*
co w m ho coco oo
also abweichend von der ersten Art, weil hier die ganzen Tone nicht
alterirt werden , w&hrend sich dort der Wert ftndert und etwas ver-
schiebt.
Suchen wir auch die Werte fttr die un9ymetrische moderne Leiter
c20dl6e9f20gl6a20h9c und zwar aus den Exponenten
c % d Vio e 6 /i 6 f % g Vio a % h Vie c
1 % % Vi % 3 A 8 /ts Vi
720 660 576 540 480 432 384 360
80 64 36 60 48 48 24
20 16 9 15 16 16 8
(2 2 1)
so erhalten wir folgende Darstellung:
c d e f g a h c
1 OO J2<5 JDJD JDJD .OjD
co*oo *oo^<i ^m^m *a»l» en
oo oo co cboi mm o 1009
oot— ^ oo mm o §^co
ooo» o o o>co to i—OO
co m co to ii^ *j
die sich naturgem&b nur im Tone a von der symetrisehen unterscheidet
Die neugriechischen Tongeschlechter.
Hier soi zugleich bemerkt, diss ich nur die aus der Lehre der
Akustik sich ergebenden Rationen als Grundlage und Mafsstab fttr
dio Beurteilung anderer annohme, unbekttmmert, was man aus der
Praxis der Musikanten oder der Nationalit&ten dagegen einwenden
mag. Von diesem Grundsatze aus betrachtet, sind also die nach
geometrischen Verhftltnissen berechneten Rationen nur ann&hernd
richtig.
VII.
Behandlung einer Seal* mlt getrennten Tetrachorden.
Versochen wir die Tonleiter aus c unmittelbar zu berechnen.
Wir nehmen hierzu statt einer Oktave ein Enneachord und setzen
die bekannten Rationen darunter
edefgfihed
1 % % *U % W 21 8 /l5 Vl %
Man bringe diese Rationen unter gleiche Benennungen, 540.
Wenn also c = 540 1st, so erh< man fttr d = %, 480 u. s. w.,
folglich
c d e f g a h c d
540 480 432 405 360 320 288 270 240
Suchen wir hieraus die Differenzen, so erhalten wir
c 60 d 48 e 27 f 45 g 40 I 32 h 18 c 30 d
Die Differenzen von c bis g lassen sich mit 3, die tlbrigen znit
2 teilen, das ergiobt
c 20 d 16 e 9 f 15 g 20 I 18 h 9 c 15 rf
Lisst man den neunten Ton weg, so sehen wir, dass der dia-
zeuktische Ton als 15 zu setzen ist, an welcben sich die Tetrachorde
nach unten und oben in dem bekannten Verhftltnisse 20, 16, 9 an-
reihen. Wir lernen aber auch daraus, dass wir Differenzen, welchfc
in solcher Weise gegeben sind, im ersten Tetrachord nebst dem
diazeuktischen Ton mit 3, das zweite Tetrachord mit 2 zu multi-
pliziren haben, urn die Rationen zu gewinnen.
Der Wert des diazeuktischen Tones, den wir oben fttr dio er-
hdhten Differenzen als 45 gefundon haben, kann man auch durch
foigende Betrachtungen berechnen und zwar
a) fttr getrennte Tetrachorde. Hier haben wir
c 60 d 48 e 27 fTg 40 a 32 h 18 c.
Die Summe des ersten Tetrachordes ist 135, die des zweiten 90,
zusammen 225. Wir wissen aber, dass das Doppelte des ersten
7
A
64 s
Die neugriechiacben Tongeschlechter.
Tetrachordes die Differenzen-Summe fttr die ganze Oktave giebt,
daher ist 270—225 = 45 der Wert des diazeuktischen Tones,
b) fttr verbundene Tetrachorde haben wir:
g 80 ft 64 h 36 o 60 d 48 e 27 fTg.
Die Summe der beideu Tetrachorde ohne diazeuktischen Ton
f— g ist 315. ■ Die Summe des eraten Tetrachordes ist 180, daher fir
die Oktave 360 und also 360—315 = 45 der diazeuktische Ton.
Da wir diesen kennen, so ist es mttglich die erhOhten Differenzen
aus den einfachen unmittelbar zu bestimmen. Die beiden Tetra-
chorde mit den einfachen Differenzen 20, 16, 9 reihen sich urn den
diazeuktischen Ton nach oben und nach unten an, die oberen sind
mit 3, die unteren mit 2 zu multipliziren, n&mlich:
c 60 d 48 e 27 f 45 g 40 ft 32 h 18 c und daraus
540 480 432 405 360 320 228 270
1 •/• Vi % J /s 18 /n Vu 7i
In a Dezimalbrttchen und b geometrischen Rationen:
c d e f g ihc
1 -°.P .Pi 3 PP oj^ PP pp p
oo "oo "oo -a -^T«<i *o> o> cj< o« *Wb* "cp
QOOO SO CHOI O) CO 00 09 to
oo^- -q o» c» tooi c»«D
Cn O Q OS CO 0*09 09 —
* oo 09 m to ioo -q
vnr.
Die Tonleiter Eata Trochon.
Trochos heifst bei den Griechen das Had. Sie verstehen darunter
das Intervall der Quint, welche 4 Stufen hat. Im Kirchengesange
ist der Trochos die Art und Weise, wie man durch das Intervall
der Quint diatonisch auf und abwftrts steigt, so dass der letzte Ton
der ersten Quint zugleich der erste der nfcehsten Quint ist, wodurch
sich immer ein Tetrachord an das vorausgehende schiebt. Man nennt
dieses System auch Tetraphonie, wozu acht eigentttmliche WOrter
dienen und zwar zum Aufsteigen vier, nlmlich annanes, neanes,
nana und agia, zum Absteigen aanes, necheanes, aneanes, neagia.
Sie entsprechen den Silben ut, re, mi, fa, sol. Indem wir die grie-
chischen WOrter fttr Behandlung der griechischen Scala aufsparen,
wenden wir zur Orientirung dasselbe auf die moderne TonJeiter an.
Wir schreiben deshalb die bckannten Exponenten , so er-
halten wir
c % d % e »/ 16 f% g das ist c d e f g
1 Vt % 5 /i %
Die neagriechischen Tongeschlechter.
65
suchen wir nun fir dies© Rationen die Differenzen, indem wir sie
muter gleicbe Nenner bringen, welcher 180 1st, so heifst die Reihe
c d e f g mid die Differenzen
180 160 144 135 120
20 16 9 15
Wir laden hier fir f— g die Differenz 15 statt 20, da f— g der
diazeuktische Ton 1st, fir den wir oben schon als Differenz die Zahl
15 kennen lernten.
Wenden wir auf diese Quint die Theorie des Trochon an, so
stellt sich folgende Reibe dar:
mi "/tt, %, re t/io, mi "At, fa ™l 9 ^ m 9 A* M U ^
aril
fa V., ut V«. re »/io mi «/,, fa «/ 9 sol
hcdefg&hcde* fis A g* i
1 % % % % "/« 'Ai ! A 4 /i m /u m /m ¥s %i
Wir linden hier im Aufsteigen die sich wiederholenden Quinten
ut, re, mi, fa, re, mi, fa, et cet, im Absteigen aber
sol fa mi re sol fa mi re sol etc.
Die dritte Quint ist zwar den ibrigen Ihnlich durch die gleicben
Exponenten, geht aber schon in d-dur ttber.
AuEser dem System der Tetrapbonie, giebt es noch eines der
Triphonie:
fa fa
ut 20 re 16 mi 9 ^ 20 re 16 mi 9 J 20 re 16 mi 9 fa
und eins der Diphonie:
re 16 mi 9 re 16 mi 9 fa oder mi 9 fa 20 mi 9 fa 20 re
welche bei den griechischen Tonleitern des N&heren besprochen warden.
IX.
Ueber die yersetzten Tonleitern.
Die Tonleitern c und g haben wir hioreichend betrachtet und
gesehen, dass sie dieselben Rationen geben, ob man sie aus den
Differenzen berechnet oder ob man die Exponenten einsetzt.
Schon oben Nr. VIII bei Berechnung der Quint aus den Diffe-
renzen haben wir bemerkt, dass wir dadurch nicht zum Ziele ge-
langten. Hier werden wir dasselbe beobachten.
Wir schreiben das Tetrachord d e f g mit seinen entsprechen-
7*
66
Die neugriechischen Tongeschlechter.
den Differenzen: d 16 e 9 f 20 g und suehen auf bekannte Weise
die Rationen.
Die Saitenlfcnge ist 4 . 45 = 180, also
defg = defg.
180 164 155 135 1 *7is 3, /is 8 A
Wir haben also unrichtige Rationen erbalten.
Schreiben wir dagegen die Exponenten und suchen hieraus die
Differenzen, so haben wir d 9 /io e ,5 /ie f % g, daraus
d e f g dann d e f g
1 f /ti fl /n % 160 144 135 120
davon die Differenzen d 16 e 9 f 15 g.
Dies© weichen von den bisher angenommenen ab, welche die
richtigen Bationen wiedorgeben, n&mlich:
defg = defg
160 144 135 120 1 »/ ltt *y M »/ 4
fttr die ganze Oktave defgfthcd
1 Vm J %i Vi Vt S A Vit Vi
Untersuchen wir auch die Tonleiter in e.
Hit Differenzen:
e9f20gl6a = e f g a = e f g i
180 171 151 135 1 »/ w t«/i8© %
Hit Rationen:
e f % g s /n a = e f g a,
daraus die Difforenzen
e f g a = e3f5g4a
48 45 40 36
Untersuchen wir auch die Tonleiter aus f mit den Differenzen
f 20 g 20 a 16 h 9 c = 65; da wir es hier mit der Quint zu thun
haben, so ist die Summe der Differenzen mit 3 statt mit 4 zu multi-
pliziren. Das ist 65 . 3 = 195 und wir erhalten:
f 20 g 20 t 16 h 9 c
195 175 155 139 130
1 l5 /si m im m !m 2i /si
also ganz falsche Rationen. Sucht man aber die Differenzen aus
Rationen :
f % g % t 9 /io h l5 /ie c und bringt diese auf gleichen Nenner
1 t/ 9 04/ gl «i/ 45 2/ s 405, so erhftlt man:
405 360 320 288 270 und daraus die Differenzen
45 40 32 18
Die nengriechfcchen Tongeschlechter. 67
Vergleichung dieser Rationen mit dem Ergebnis der logarith-
mischen Rechnung:
d
1
f g I h c d e f
1 J=>«/.P Jp«4/ jp p«/ O PV*P -° 18 /«-° -° 8 /tiiP P l A
go oo co ^ii— o<x»otco oo oj o>
c» o *j fcOCft to en c» oo
CHi-* tO^ 0>Oi Oi 03 09 Oi
00 fc© O . Oi . SO O 00
Der Grand fttr die Erscheinung , days in den vorliegenden
Fallen die Differenzen falsche Rationen geben, liegt in der Ver-
8chiebung der multipHzirten Differenzen. Schreiben wir die Tonleiter
ans 0 mit den Differenzen in aneinander gereihten Tetraehorden,
n&ndich: ^"20 d lie e 9 if 20 fl6 a 9 b.
Multipliziren wir das erste Tetrachord mit 4 und das zweite
mit 3 (cf. Nr. IV), so erhalten wir
c 80 d 64 © 36 f 60 g 48 a 27 b.
Fttr das Tetrachord a-g die Differenzen
d 64 e 36 f 60 g = d 16 e 9 f 15 g
und fttr das Tetrachord e-a
e36f60g48a = e3fl5g4a
Wir erhalten also dieselben Differenzen wie wir sie oben fanden.
Zur deutlicheren Uebersicht der gesetzlichen Abweichung der
auf verschiedene Stufen der Tonleiter erbauten Scalen folgt hier
Eine allgemeine Form
die Tonentfernungen und Differenzen der transponirten Tonleitern m bestimmen.
Man bestimme aus den Exponenten die Rationen der Doppel-
68
Die neagriechischen Tongeschlechter.
oktave von c in ganzen Zahlen and zwar in der zweifachen Form,
fur & xind a.
Form fur &.
L c •/. d Vio e »/ M f%g «/ t a Vio h »»/w c Vt d »/id o "A.
8 / 9 4 A J/j^ Vs l8 /t7 Vl5 V« V. Vl
f 8 /» g 8 A> * Vio * 'Vio c
' »/• Vs V« Vl5 V4
Qemeinsamor Nenner 1080. .
1. Rationen in c defg&hcd
ganzen Zahlen 1080 960 864 810 720 640 576 540 480
■2. Tonentfernung 120 96 54 90 80 64 36 60
Differenzen : 6-20 16
9
15 :4-20 16
9 :3-20
e
f
g & h
c
1. Rat. i. g. Z.
432
405
360 320 288
270
2. Tonentfern.
48
27
45 40 32
18
3. Differenzen
16
9
15:2-20 16
9
Form far a.
II. c d e
f
g
a h c
d e
1 8 / 9 Vs
% u
Vs
Vl VlS Vl
V. %
f
g
a
h c
V.
•At
Vl5 V*
Oemeinsamer Nenner 360.
c d © f % gVn» % h%c % d
1. Rat i. g. Z. 360 320 288 270 240 216 192 180 160
2. Tonentfern. 40 32 18 30 24 24 12 20
3. Differenzen :2 20 16 9 16:% 16 16 8 20
•/it © f g a h c
1. Rat i. g. Z. 144 135 120 108 96 90
2. Tonentfern. 16 9 15 12 12 6
3. Differenzen 16 9 15 : 6-2 2 1
Auf Grand dieser beiden Scalen lassen sich alle versetzten
Tonleitern mit ihren zusammengesetzten und einfachen Differenzen
darstellen, und aus den einfachen die zusammengesetzten und aus
diesen die Exponenten reconstruiren.
Ein Beispie! diene zur Aufklftrang.
****
Es sei die Tonleiter e f g a h c ' d e, es ist die phrygische,
wenn der diazeuktische Ton zum untern Tetracbord, und die Hy-
po&olische, wenn er zum zweiten genommen wird.
Die neagriechischen Toogeschlechter.
69
Die Rationen derselbcn heifeen:
© %t f •/• g Vit !l /is o % d • e
i •/• % Vs % Vi Vi
briugt man diese Brtiche auf gleiche Nenner so ©rhllt man:
e f g a^~h c d e
144 135 ISO 108 96 90 80 72
die Tonentfern. 9 15 12 12 6 10 8
Verkleinert man diese Tonentfernungen des ersten Tetrachordes
nebst dem diazeuktiscben Ton mit 3 uud das zweite Tetrachord mit 2
oder nach Bedttrfnis mit einem Multiplum dieser Zahlen, so erh< man:
e 3 f 5 g 4 a4~h 3 c 5 d 4 e
Dasselbe erhilt man, wenn man aus der Formel fttr a die Ton-
entfernungen fttr e— e ausschreibt und daraus die Differenzen be-
stimmt
Tonentfenrang e 18 f 30 g 24 iMI 12 c 20 d 16 e
Differenz 3 5 4 4 3 5 4
Will man diese einfachen Differenzen wieder in Rationen um-
setzen, so verf&hrt man aaf die entgegengesetzte Weise:
Man multiplizirt die Differenzen wie oben e-a mit 3, a-e mit 2;
man erh<:
© 9 f 15 g 12 a^2l 6 o 10 d 8 e
addire sie, so erh< man 72 ftir die Oktave , also fttr die ganze
Saitenl&nge 144, das ist fttr e, und ziehe dann die einzelnen
Differenzen ab
e f g a h c d e
144 135 120 108 96 90 80 72 mit 144 diffidirt
1 ! ¥n % V 4 % Vs % V»
Dies Verfahren vereinfacht sich, wenn man bios das erste Tetra-
chord betrachtot, hier
Man bringe die Rationen auf den
gemeinschaftlichen Nenner (48).
Hier treffen Tonentfernungen
3 5 4 und Differenzen zusammen.
Zur Auffindung der Rationen addire man die einfachen Diffe-
renzen. Sie geben
0 3 f 5 g 4 a 12, da die Quart der vierte Teil der Seite
48 45 40 36 ist, so ist die ganze Saitenl&nge
1 l Vie 5 /e Vi 4 . 12 = 48 u. verkleinere mit 48.
e
f
g
a
1
"A,
Ve
48
45
40
36
70 Die neugriechischen ToDgeschlecbter.
Dio weiteron Glieder sucho man durch Exponenten.
e f g a «/s h "At c % d Vio e
I'VieVe^ % Vs 5 /i Vi
Wenn aas den Grunddifferenzen auch nur ein Glied verwechselt
wird, so werden ebenfalls die Tonabst&nde und die Bifferenzem
alterirt.
Setzen wir die Grundform und deren mflgliche Versetzungen her.
Wir erhalten
1. c 20 d 16 e 9 f und daraus als Differenzen
; o Vt
d
Vio o
'Vie f
1
n /
J /u
4 A
*U
180
160
144
135
20
16
9
2.
c 20 d 9 e 16 f
= c •/,
d 'Vie
(e) Vio
f
1
8 / 9
v 4
36
32
30
27
c 16 d 20 e 9 f
4
2
3
3.
= c Vio
d T %
e 'Vie
f
1
Vio
20
18
16
15
2
2
1
4.
c 16 d 9 e 20 f
= o Vio
d* 15 /i6
es* •/•
f
1
V,0
27 / 32
v 4
160
144
135
120
16
9
15
5.
c 9 d 20 e 16 f
= c »/h
des »/»
es »/io
f
1
"Vio
Ve
*u
48
45
40
36
3
3
e. 4
6.
c 9 d 16 e 20 f
= c
des Vio e 8 /o
f
1
,5 /l6
"/«
v 4
32
30
27
24
2 3 3
Man erb< auf dies© Weise 6 Variationen. Nur in der Grund-
form stimmen die Blfferenzen mit den Entfernungen der einzeinen
Tone von einander zusammen. (Fortsetzung folgt.)
* Hierbei eine Beilage: Katalog des Joachimstbalscben Gymnasiums, Bogen 6 und 7.
Veipntwortlicber Redacteur Robert Eitner, Templin (Uckermark).
Brack von Edaard Moscbe in Grofs-Glogaa.
far
MUSIK-GESCHICHTE
herausgegoben
¥01
der Gresellschaft far Musikforsclmng.
XVI. Jahrgang.
1884.
Prtta dt»J«lurgMgto 9Mk. Moimtttoli enehaliit etna
Nummer toii I Mi 1 fiogen. InsertionigebQhron fttr
die Zeile Si Pfg.
KomraiisionsTerUg der Breftkopf and
Hlrtel'iehea MatlkAlienhandlaog in Leipiig.
Bettellttiigm
imsum. j«d»Baeh- und Mtu&hAndlong tntgBgtn.
No. 7.
Die neugriechischen Toagescllecliter
yon
Maym. Schlecht,
(Scbluss.)
Unter dieson 6 Variationen sind 4, welch© dem diatonischen
Tongesehlechte entsprechen. Nr. 1, 3, 4 und 5.
Nr. 1 ist die reine Grand tonleiter Cdur.
Nr. 3 stellt in der Transposition die hypojonische Tonleiter
g a h c d e f g mit dem diazeuktischen Ton am oberen End© der
Leiter dar.
Nr. 4 giebt die dorische Tonleiter defg&hcd mit dem
urn *%i erhohten a.
Nr. 5 stellt die hyophrygisehe Tonloiler hcdefgah dar.
Dagegen finden sich die Tonleitern unter Nr. 2 und 6 nicht in
der diatonischen Tonleiter, weder in der symmetrischen mit dem
enharmonisch orhOhten & = */ 17 noch in dor modernen unsymmetri-
schon mit dem natttrlichen a = 3 /s-
X.
Die Bedentung der Differenzen.
A us dem bisher Gesagten geht horvor, dass man die Differenzen
in Allgemeinen nicht als die richtige Entfernung der entsprechendeu
MoaaUh. t MuikgMob. Jahrg. XVI. No. 7. 8
72
Die neugriechiscben Tongeschlechter.
Tone betracbten darf. Dieses gilt nur, wenn sie vom Grandtone
der GrOfse nach aufsteigen, wie
I » i «• ! • '
Hier haben wir fir den grofsen ganzen Ton 8 /» 20, fir den
kleinen ganzen Ton 9 /io 16 und fir den Halbton l5 /ie 9? und das ist
richtig, wie der Erfolg zeigte.
Sobald die Differenzen in anderer Reihenfolge stehen, taugen
sie in ihrer nattirlichen Geltung zur Berecbnung der Rationen nicht
mehr, sondern sie bezeichen nur die Tonverh<nisse 20 des grofsen
ganzen, 10 des kleinen ganzen und 9 des balben Tones an. Es sind
fir sie die Rationen einzusetzen, welcbe sie vertreten, oder durch
verh<nism&fsige Um&nderung der Differenzen in Tonentfernungen
umzuwandeln, wie oben gezeigt.
Ueber diese Differenzen sagt Boetius von der Bezeichnungs-
weise des Aristoxenes (Bueh V cap. XI):
„Weil er (Aristoxenes) gar keine Behandlung fttr die Berecbnung
der Tonverhaltnisse aufgestellt hat, sondern alles dem Urteile des
Ohres ttberllsst, deswegen bezeichnet er die Stimmen selbst nicbt
mit Zahlen, urn etwa die Proportionen dersolben zu erhalten, sondern
er nimmt die Differenz derselben in die Mitte, so dass er also die
Forschung nicht an den Stimmen (Klangen) vornimmt, sondern dort
findet, wo sie untereinander differiren. Er verf&hrt dabei allzu unvor-
sichtig, wenn or glaubt die Differenz jener Stimmen zu kennen, von
denen er keine GrOfse oder Mensur aufstellt".
XI.
Betrachtnng der modernen enharmonischen Tonleiter.
Diese findet man auf nachstehende Weise. Wir wissen, dass der
grofse ganze Ton 8 /9, der halbe Ton U / Mf sonach im grofsen ganzen
Ton das Apothema 8 / 9 . 16 /i6 = m fm ist.
•n . , , c cis d.
JciS ist also | m /tm 8 / 9
Man findet cis auf zweierlei Weise. c cis ist das Apothema,
also cis = 1 . ,a8 /i» = 128 /i85; cis ist aber Halbton zu d, also 16 /ie
niederer als d, folglich 8 /» . 18 /is = 1m /isb.
Ebenso ist es mit des; c — des ist ein Halbton, also des = 16 /ie;
zu d ist das Apothema , also 8 / 9 . 136 /ia8 = 16 /i«- Der Unterschied
resp. der Exponent zwischen cis und des ist l35 / 118 . 15 /ie = 2025 /2048-
Die neugriechischen Tongeschlechter.
73
"Wir erhalten hiermit nachstehendes Schema dor Exponenten fur den
grorsen ganzen Ton:
15 /l6 118 /l35
CIS
128 /l3 & ,5 A«
Das gilt fttr jeden grofsen ganzen Ton, also auch fttr f-g, a-h; oder
im symetrischen Bau f-g und g-fi.
Im kleinen ganzen Ton 9 /io 1st dor halbe Ton ebenfalls l5 / l6 .
Aber das Apothema ist 9 /io • 16 /i5 = 24 /»- Setzen wir d = 1, so
ist d-dis Apothema, also dis = t4 / n . dis ist aber auch Unterhalbton
zu e = 9 / l0 , also dis Vis • 16 /i5 = u fn\ d-es ist ein halber Ton,
also 15 /i6*? es ist aber auch Unterapothema zu e = 9 / l0 , also
9 / 10 . 25 /24 = 1& /i6- Der Exponent zwischen den zwei HalbtOnen dis
und es ist 25 / 2 4 . m /a = m /m] fttr ^ m kleinen ganzen Ton erh&t
man also folgendes Schema der Exponenten:
'Vl6 »V»
f e
128
Setzt man in die enharmonische Skala diese Exponenten, so
erhalt man
c «•/,„ cis ™y J0W des uy m d uf n dis ">/m es "/»
"VlU ,5 A 6 8 A M As V.
e «V,e f 128 /i35 As w«/»48 ges "•/,„ g u /» g"> ,2& /m
V.
3 /4 S V45
a /u V. 'Vie
as
14 /t6 a »»/,„
ais *»/»ie b h w/w o
Vb
128 /«& Vie «/u V.
fur a =
«»/i7 erhalt man
von g an
g m /l35
giS lM6 /2048
as »Vi35 a ««/» ais* »»/«, b
Vl
% "A, »V«5 , Vt
b »Vi. a
8 /.5 «A
25
Bringt man die Nenner der Rationen unter einen gemeinschaft-
lichen Nenner, so erhalt man:
c cis des d dis es e f is
43200 40960 40500 38400 36864 36000 34560 32400 30720
ges g ■ gis as a ais b h c
30375 28800 27648 27000 25960 24576 24300 23040 21600.
8*
74
Die neugriechischen Tongeschlechter.
Aus dieser Zusam m od 8tel 1 un g sieht man deutlich, dass die mit b
erniedrigten Tone h&her sind als die durch Kreuze erhohten.
Die praktiscben Musiker behaupten aber und nicht ohne Grand,
dass die durch Kreuze erhohten Tone hoher soin, das heifst, nlher
bei dem Tone liegen sollen, in den si© ftihren, die mit b erniedrigten
aber tiefor, nlher bei dem Tone liegen sollen , in den sie abw&rts
leiten, und schliefsen daraus, dass die Thoorie falsch sei.
Wir wollen untersuchen wie dor Widorspruch der Theorie und
der Praxis auszugleichen sei.
Die alten Griechen hatten als Grundgeschlecht ein Totrachord
betrachtet von den Verh<nissen 8 / 9 % %m im und den Rationen
c d e f .
1 % M /si 3 / 4 Vergleichen wir diese alte Terz 64 / 81 zur nouen % }
so ist : V* = »«/ 8l : % = 80 : 81. Dio alte Terz liegt also urn
Sl /8i htther als die none, also der Halbton e nlher bei f.
Betrachten wir dieses beispielsweise far c des cis d. 1st c = I,
so ist des = M3 / m und ist d = y 9 , so ist cis = % . *m/ M8 = ™ 4 % 187 ;
c des cis <t
1 243 /« 6 2m hmi %
Bringt man beide unter einen gemeinschaftlichen Nenner, so
erhllt man:
559872 531441 524288 497664
c des cis d
also des tiefer als cis und umgekehrt cis hoher als des.
Dieses Verhftltnis wurdo bis zum 16. Jahrhundert beibehalten,
was daraus erkl&rlich ist, dass es sich bis dahin nur urn die Er-
forschung der Melodieschritte handelte, was ja die neueren Praktiker
mit ihrem Vorwurfo gegen die Theorie eben bosagon wollen und in
diesem Verhftltnis finden.
Dieses nfther zu zeigen, wollen wir es etwas eingehender be-
trachten. Das moderno Tonverh<nis mit den Exponenten % 9 /io
kam erst durch Zarlino im 16. Jahrhundert zur Geltung, als die
Harmonic sich immer weiter herausbildete, wozu im reinen, wohl-
klingenden Dreiklang die Grundlage gegeben war, der sich in den
Schwingungsvorh<nissen c o g = c e g
1 Vi 3 /i 4 5 6 darstelli
Hatto man auch vor und Anfangs des 16. Jahrhunderts schon
grofse Meistorwerke des Contrapunktes und mttgen auch die Singer
in der Praxis den barmonischen Dreiklang gesungen haben , zum
Bewusstsein war er noch nicht gobracht. Wie nun die alten Prak-
Die neugriechischen Tongeschlechter.
75
tiker im Dreiklang die harmoniscbe Terz 4 /& sangen, m singen oder
spielen die jetzigen die Terz 64 / 81l wenn es sich urn Modulation in
der Meiodie handelt. So Ibt gew6hQlich die Praxis oft schon lange
das Rechte, bis es die Theorie als solcbes beweist; aber beide ver-
balten sich doch nur wie Instinkt end Verstand.
XII.
Betrachtungen der modernen chromatischen Tonleiter.
Will man eine chromatischo Scala aufstellen, in welcher ein Ton
von don andern gleich weit entfernt liogt, c bis cis = cis bis d, d bis dis
gleich dis bis o u. s. w., so kann dieses auf zweiorlei Weise geschehen.
1. Durch Differenzen. Wir setzen in einem Tetrachord
f cis f , t dis f - *
c 1 des 1 d 1 es 1 e 1 f
und berechnen daraus die Rationen. Die Differenzsumme ist = 5,
also die Saitenllige = 20, so erhalten wir:
t cis . , . dis f f «
c 1 des 1 d 1 es 1 6 1 f
20 19 18 17 16 15
und daraus die Rationen
cis , dis ,
c des d es 6 f
I '•/» "/»(•/«) "/«• »/»( 4 /.) •»/„(»/«)
Um die Reihe fortsetzen zu kOnnen, sucben wir die Exponenten:
c I9 A. dts "A. d '7,8 ' 6 /n e «/„ f.
Dann suche man die aritbmotische Mitte des diazeuktiscben
Tones f »/ 4 und g 2 /s = 2 V24 > so erhalten wir die Fortsetzung der
Reihe durch die Exponenten
f Is g gis a ais h c.
3 /l l7 /l4 % W /so % "/* Vl5 Vl
Wir bemerken hier, dass in dieser Skale c-d nicht 8 / 9 , sondern
9 /i§ einen kleinen ganzen Ton d A betrlgt.
Zu demselben Resultate gelangt man, wenn man die Rationen
der diatonischen Skala zusammenz&hlt und balbirt , n&mlich :
c d e - it/ lf + «/ l§ = iy 10 , balbirt iV J0 ; »/ lt + % » "/ 1§ ,
1 Vit «/»
halbirt n / t0l so entsteht:
76 Die neugriechi8chet) Tongeschlechter.
cis , dis - §8 . ,
c im d es 6 f ges « 8 1S a . ais h c -
JD JD JD JD JD JD JD JD JD JD JD JD
"co *oo *oo ^ -4 *fea 'b* *toi *bi
Qi o« o« O O) o» €» 00
oo o» o© o> 00
oa a> 03 o> c»
00
2. Durch Teilung der Oktave in gauz gleiche 12 Toil©, wo-
durch die bekannte teraperirte Skala entsteht:
cis , dis r gis gis . ,
c des d es e f ps * as a ais h c «
1 OOOOOOOOOOOOi
Man siebt durch Vergleichung der auf die zwei Arten erhaltenen
in Dezimalen ausgedrttckten Rationen, dass sie sehr wenig von ein-
ander dififeriren , so dass der Untorschied fttr die Praxis von gar
keinem Belang 1st.
Auf die erste Woise erhalt man gleiche Differenzen, aber un-
gleiche Exponenten, da dadurch der Untorschied des grofsen und
kleinen ganzen Tones festgehalten ist, und auf diese Weise auch die
richtigen Rationen der diatonischen Tone erhalten bleiben, wodurch
ttbrigens der eigentliche Zweck der Temperatur nicht erreicht wird,
der darin besteht, eine neutrale Tonleiter zu gowinnen, die auf alien
Stufen dieselben Tonverhftltnisse aufweist
Auf die zweite Weise erhllt man durch die ganze Skala gleiche
Exponenten, n&mlich 0,94387, wodurch der Unterschied der grofsen
und kleinen ganzen T&ne aufgehoben und dadurch auch die Rationen
der diatonischen SkalatOne verrrtlckt wird, so dass kein oinziges voll-
st&ndig roines lntervall in dieser Skala zu finden ist.
II. Abteilung.
Die Neugriechen bezeichnen die Tflne der Tonleitern nicht mit
Buchstaben, sondern mit Silben und griechischen Namen und ge-
wissen Zeichen, Martyriai genannt, n&mlich: (Siehe die Beilage 1.)
Die anliegende Tabelle (Beilage 2) zeigt fttr 3 Oktavon neben
der Bezeichnung auch den Gebrauch der technischen WUrter agia,
annanes etc. fttr die aufsteigende und agia, aanes fttr die absteigende
Tonleiter — diatonische Tonleiter.
2. Die Tonverhftltnisse stellen sie, wie in der ersten Abteilung
gesagt , nicht durch Rationen, sondern durch die Abst&nde oder
Die neugriechischen Tongeschlechter.
77
Differenzen der Tone dar; und zwar die der diatonischen Tonfolge
mit 12, 9, 7; also gilt die Differenz 12 fttr den grofsen, 9 fir den
kleinen ganzen und 7 fir den halben Ton.
3. Man findet aber bei ibnen aufser der durcb Differenzen be-
zeichneten Skale eine zweite, deren Tonverh<nis in Rationen aus-
gedrttckt ist, welche Chrysanthos in seiner „Gro&en Musiklehre u —
Tergeste 1832, p. 28 — anfahrt; sie beifst
gthcdefg
1 % n /m % 2 /s "/is 7n Vt
Sucht man fttr diese Rationen die Tonentfernungen auf die in
Abteilung I gezeigte Weiso, so erhS.lt man mit dem Nenner 432
g&hcdofg
432 384 352 324 - 288 264 243 216
und daraus die Tonabst&nde
g 48 i 32 h 28 c 36 d 24 © 21 f 27 g
und worden die Tetrachorde der Reibe nach mit 4, 3, 9 / 4 dividirt, so
erhalt man die einfachen Differenzen 12, 8, 7 statt 12, 9, 7 wie oben.
4. Derselbe Autor lehrt p. 26 und 27 die Teilung des Mono-
chordes und sagt: Man telle die ganze Saite g-0 in 9 Teile, so ist
g - a = V» un d a - 0 = % # Dann teile man die Saitenlftnge a-0 = 8 /§
in 12 Teile; d. i. 8 /§ . 1 / 12 = V27 der Raum zwischen a-h. Sodann
teile man wieder die ganze Saite g-0 in 4 Teile; man hat also von
g-c = Vi, von g-h = 8 /ff. Zieht man diese von */* A \ so erscheint
fttr h-c = 7 /ios. Teilt man den Raum c-0 = •/# in 9 Teile, so er-
scheint c-d mit Vis- Teilt man den Raum d-0 in 12 Teile, so er-
hllt man auf dem 12. Teile e. Von g-d haben wir l / 8 , also von
d-0 = 2 /s ; 7s • Vn ist aber Vis = dem Raume von d-e. Dann teile
man wieder die ganze Saite g-0 in 2 Teile, so ist g - g' = */«. Teilt
man diesen Raum in 8 Teile, so erh< man f-g = Vs . V* = Vie-
Will man noch don Raum fttr e-f finden, so ziehe man die Summe
der Differenzen 85 /u4 von Vt ab; das giebt fttr e-f = 7 / 144 . Es ergeben
slch also auf diese Weise folgende Tonentfernungen in Brttchen
g »/• a V21 h Viw c Vii d Vib © V144 f V15,
welche den oben angegebenen vollstftndig gleich sind, also wieder
auf die Differenzen 12, 8, 7 ftthren.
Und doch sucht Chrysanthos zu beweisen, dass die Differenzen
12, 9, 7 mit den aus der Monochord teilung entstandenen harmoniren.
Sein Beweis ist folgender:
g-a : a-h = V» : Via = 4 /ss : *lu]
aber auch */•• : 12 = »/* : x, d. i. 4 : 12 . 36 = 3 : 36 . x
78
Die neugriechiscbeu Tongeschlechter.
oier 4 . 36 . x = 3 . 12 . 36, dafaer x = 9.
Einfacher g-a : a-h = y 9 : y ia = 12 : 9.
Der Fehler d ieser Beweisftlhrung liegt darin, dass a-h nicht l /ia
in dor Bedeutung wie g-a = 7§i denn a-h ist nach der Teilung
des Monochorde8 der 12. Toil der Saitenl&nge a-0 = s /» ; l / n . */ 9 ist
ab */ 27 . Setzt man diese richtige Differenz in die Proportion, so ist :
g. a : a-h = V, : Vit = 27 : 18 = 3 : 2 = 12 : x ; x = M /s = 8.
I.
Berechnung der diatonlschen Stale,
a. Im VerbUltnis tod 12, % 7.
Wir verfahren hierbei nach den in der ersten Abteilung ge-
wonnenen Regeln.
c 12 d 9 e 7 f = 28, 28 . 4 = 112
"Vnt l00 /ua n im m hm
1 */* 15 /n S A
*/« m hm m /m
Wollen wir die Skala vervollstftndigen, so setzen wir Mr den
diazeuktischen Ton f-g den Kxponenten %; im zweiten Tetrachord
die treffenden Exponentcn des ersten, also
C A 6 f 8' S -251 & Ml M h 111. C
Um die Tonentfernung ftlr den diazeuktischen Ton zu finden ?
suche man si© aus den Rationen dor vollst&ndigen Skala.
edefgahc
1 m im ,8 /i« *U a /s */« l %i Vi
336 300 273 252 224 200 182 168
36 27 21 28 24 18 14
Die Tonentfernung fttr den diazeuktischen Ton f-g ist also 28.
Die Differenzen heifsen aber 12, 9, 7 = 12, 9, 7.
Man findet sie aber auch auf folgende Art. Die Surame der
Touabst&nde des ersten Tetrachordes ist = 84, die des zweiten = 56;
es ist also die Sumuie der Tonabst&nde in einer Oktave , ohne dia-
zeuktischen Ton = 140.
Die Summe der Tonabstande einer Oktave ist aber das Doppelte
der Summe des ersten Tetrachordes 168, es ist aber 168 — 140= 28
der Tonabstand des diazeuktiscbon Tones.
b. Berecbmmgr der diatoniscben Skala uach dem YerhMtnis 12, 8, 7.
c 12 d 8 e 7 f = 27 . 4 . 27 = 108 Saitenl&uge
108 96 88 81
1 8 /« «/« %
8 .9 11 la 81 88 Forsetztrng der Skala.
Die neugriechi8chen Tongeachlechter.
79
Zum Vergleiche unserer modernen Skala und den aus der an-
gewandten und der logarithmisehen Berechnung schreibe ich diese
Werte in der Ordnung unter die Tone: 1. die Brttche in Dezimalen,
2. die Werte durch logarithmische Berechnung gefunden und 3. die
Werte der modernen Skala in Dezimalen:
a. c d o f g a he
JD JDp J3J3 O OOO OOO OJDjD JD
00*50*00 *bo"aK» lyijVj *b*o**b* "01*01*01 *bVbt*bi *m
509000 1—0 cncnoi g>o»o» cooooo jkcooo
0505. 1— . 01. a>0>oo a>oo
c d e f g £ he
JDJD^O JDJDO JDO^O poo jDjDjD JD O J3 JD
*oo*ool» "oo'qo'qo ^"-^^ *o&*ba*g* 'c^o i *0t *Qi"bi*bi *cn
000000 1— 1— cwcuoi cfca»a» <x>ooco ^oow
oot—00 §1^0 1— ■ a>oia» lop^fco wooco
» <© • #»» . Oi • CO <— * <J0 1— if**.
if^ mm
Daraus ersieht man, dass die Form 12, 8, 7 unserer
modernen Skala viel nfther steht als die Form 12, 9, 7.
c. Hier wollen wir auch die diatonischen Tonleitern des Aristoxenes
betrachten, deren Tonverh<nisse ebenfalis in Tonabst&nden
oder Differenzen bezeichnet sind. Es sind deren zwei:
1. die weich diatonische
c 15 d 9 e 6 f = c 5 d 3 e 2 f und
2. die angespannt diatonische
c 12 d 12 e 6 f = c 2 d 2 e 1 f.
1. c 5 d 3 e 2 f . Die Summe ist 10, die Saitenl&nge 40.
40 35 32 30
Daraus c d e f .
1 % %■%
Die Exponeuten c 7 / 8 d m ! m e 16 /i§ f, folglich, wo die erste Zahl
die Dezimalen dor Bruchrationen , die zweite die logarithmisch be-
rechneten Werte, was f(ir alle folgendon Falle gilt:
c d e f g a h c
1 % % % % 7 /n %s Vi
OO OO OO OJD CO <2
~CDCD "00*00 *^<i^i ~b**o> *bi en ~OiQ\
r-QlOia>OiCJ0^1QafcO
CBO O *3 0>CO Oitf^ O3O0
01 *a 00 *a 0000 w 01
Qi Ol * • Ot O
80
Die neugriechischen Tongescttlechter.
2. c 2 d 2 e 1 f . Die Summe ist 5, die Saitenl&nge 20.
20 18 16 15
Daraus c d e f.
1 7m % %
Die Exponenten heifsen c 9 /io d 8 /» e 15 /w f, folglich
cdefgahc
1 Vio % 3 h 7i % 7« V»
OO OO JDO OO JDJD ,p
*c0*oo *oo^<i *^<i^<i ~o> o* 1» cn ot*cn "bi
cp co qi^ o>o» cp WIND
oo *a i— # . £t o> oa^i
CO H* o» . to oo
Man hat vielfach behauptet, Aristoxenes sei der Vater der gleich-
schwebenden Temperatur. Wir wollen diese Annahme n&her unter-
suchen.
Aristoxenes hat nlmlich den ganzen Ton in 12 gleiche Teile
geteilt und folgerichtig dem halbeu Ton 6 solche Teile zugewiesen.*)
Aus solchen Teilen stellte er seine syntonische oder angespannte
Tonleiter dar, jedoch nur eine Quart, welche 30 Teile umfasst,
nlmlich 2 ganze Tone zu jo 12 und einen halben Ton zu 6 Teilen,
nlmlich c 12 d 12 e 6 f = 30. Durch eine andere Anordnung der
Teile, indem er von der zweiten Differenz 3 Teile hinwegnahm und zur
ersten fflgte, wodurch die oben unter n : bozeichnete Form entstand.
Aus der von Aristoxenes angenommonen Teilung des ganzen
Tones in 12 und des halben Tones in 6 Teile schloss man, wenn
man alle ganzen Tone einer Skala in halbe Tone verwandle, eine
Tonleiter aus 12 Tonstufen zu erhalten, in welcher jede gleichweit von
der andern entfernt sei, nlmlich:
c 6 dt 6 d 6 ?s 6 e 6 f 6 ges 6 S 6 $ 6 a 6 a V 6 h 6 c.
Berechnen wir aus diesen Differenzen die Rationen der auf diese
Weise gestalteten Oktave nach den in der ersten Abteilung ge-
wonnenen Regel. Die Summe der Differenzen ist 72, die Saiten-
l&nge also 144 und wir erhalten:
c cis d dis e f fis g gis a ais h c
1 u fu u in In % m /u 7i "/* 7s 7s f /u u /u %
Es stellt sich in diesen Rationen schon die Unrichtigkeit einer
solchen Skala dar; noch deutUcher, wenn man dieselben auf den
Nenner 24 bringt; es giebt das eine regelm&fsig abnehmende arith-
metische Reihe, nlmlich:
*) Anmerk. Diese Einteilang haben auch die Neugriechen beibehalten.
Die neugriechischen Tongeschlechter.
81
c cis d dis e f fis g gis a ais h c
m /m »/m »/m m /m »/h t9 fm m fm 17 /m u /m l5 fm u fu w /m n (u
Ein anderes interessantes Spiel bieten die Exponenten dieser
Reihe; sie heifsen:
c »/ u cis «/» d »/ M d »/„ e »/* f »/n fis "/is g ls /if gis M /ti
a "/« «s »/u h m / m c.
Wenn man also nach Anleitung des Aristoxenes jedem Ton die
Differenz 6 giebt, kommt man auf eine absurde Tonleiter, in welcher
die Exponenten, wie es die gleichschwebende Temperatur verlangt,
nicht gleich sind, sondern wie die Rationen eine stetig abnehmende
arithmeti8che Reihe bilden.
Der Grand hierftir liegt in der Vernachl&ssigung des diazeuk-
tischen Tones. Wenn wir diesen bertlcksichtigen, werden wir der
gleichschwebenden Temperatur n&her koramen.
Dieses kann auf zweierlei Weise gescbehen , entweder durch
Berechnung der Skala aus der Quart oder durch Aufsuchen des dia-
zeuktischen Tones aus der Skala.
1. c 1 cis 1 a 1 dis 1 e 1 fc Summe 5. Saitenl&nge 20.
«0 19 18 1? 16 15
Daraus c cis d dis e f.
1 w /m 9 h lf /» % %
Dazu heifsen die Exponenten
c »/» cis »/ w d «/» dis 1§ Af e »/ M i
Die Fortsetzung der Skala unter Einschaltung des diazeuktischen
Tones % zwischen f-g oder Teilung von 7* + a /i = ll /u
c »/» cis d J Vis dis "/„ e "/„ f w /is fis 1§ /if g m Im gis m fw
1 »/» 9 /m "As % % 17 /m 7s w /m
a w/ M ais »•/„ h «/ M a
% n Im 9 /m 7s
Zu demselben Resultate gelangt man, wenn man die Rationen
der diatonischen Skala der Reihe nach addirt und halbirt, n&mlich
cd^efgahc
i Vi# % % 7s % Vis %
Man berechne nun
c d d e f g
r/ti + 7b) : 2 = dis (7id + */•) : 2 = »/„; (% + 7s) : 2= "/«# «■
u. s. w.
2. Die zweite Weise besteht in Auffindung des diazeuktischen
Tones aus der im Verhftltnis 3 : 2 prftparirten Skala, n&mlich
9*
82
Die nengriechiscben Tongescblechter.
c 1 cis 1 d 1 dis 1 e 1 f 1 fis 1 g 1 gU 1 a 1 ais 1 h 1 c
13 33 33 2'22 22
Die Summe der Differenzen des ersten Totrachord 1st 15, die
des zweiten 10; die Summe dor Differenzen ohno diazeuktischen
Ton = 25. Die Summon der ganzen Oktave = 2 . 15 = 30; also
der diazeuktische Ton 30-25 = 5, dieser ft r f Is g halbirt =
Multiplizirt man zur Beseitigung des Bruches die ganze Reihe
mit 2, so erscheint
c 6 cis 6 d 6 dis 6 e 6 f 5 fiis 5 g 4 gis 4 a 4 ais 4 h 4 c.
(Die Summe der Differenzen des ersten Tetrachordes ist 15, die
des zweiten 10.)
Suchen wir auf die bekannte Weise aus diesen Differenzen die
Rationen, so erhaiten wir dieselben wie oben, denen wir der Ver-
gleichung wegen die Werte in Dezimalen und die Werte der loga-
rithmisch berechneten Temperatur beifttgen.
c cis d dis e f fis g gis
120 114 105 102 96 90 85 80 76
1 19 4tt Ym 17 /m % Yi 17 lm a /s 19 fm
o o o o ,© o oo oo oo o o • o o
^colo *<o>cd "00*00 1»^<i *Oi*a> *a»*a»
cpoii^ coom^ oo mm mm
OO O O 00 C0 00*3 01^1 O0CD
00 00 C> ^ I— OOi— . ooco
^4 CO 01 l— 01 001— .to . a>
a ais he
72 68 64 60
% l7 /m % lm V»
oo oo oo o
lji*0i *GP*0t *©i
CO 05 0> 00 fcO
£. OJn- OS C0
• oo . m
Daraus ist ersichtlich, dass durch die letzteren Arten die Ari-
stoxenische Tonleiter zu behandeln fflr die chromatiscbe Tonart ein
Kesultat erzielt wird, welches der wirklich gleichschwebenden Tem-
peratur sehr nahe kommt, aber dieselbe doch nicht darstellt, da
zwischen den einzelnen Tonstufen die Exponenten nicht gleich sind,
wie es die gleichschwebende Temperatur fordert.
Eine Tonleiter in diesem Sinne konnte Aristoxenes gar nicht
aufstellen wollen, denn er wusste wohl, dass es unmflglich sei, den
ganzen Ton in zwei gleiche Teile zu tei)en, was aueh durch die
logarithmische Teilung nicht geschen kann, da die auf diese Weise
berechneten Rationen und Exponenten der temperirten Skala nicht
rational, sondern irrational d. h. an n fcherungs weise gegeben sind.
Die Deugriechischen Tongeschlechter.
83
Fiir die Pi axis migeii sie gelten, aber dasselbe leisten die aus der
aristoxenischen Skala gewonnenen auch.
Damit beantwortet sich selbst die Frage, ob und inwiefern
Aristoxenes der Vater der gleichschwebenden Temperatur genannt
werden kann.
Tersetzte Tonleitern.
Wir haben in der ersten Abteilung geeehen, dass die versetzten
Tonleitern, aus den Differenzen berechnet, falsche Rationen geben
und dass man sie daher vermittelst der Exponenten berechnen mttsse.
Auf diese Weise erhalten wir:
1. fttr die Tonleiter d
d n hm e f m /m g d e f g
1 9l /tm M /m %
und daraus die Differenzen :
defg=d9e7f9g.
100 91 84 75
statt 9, 7, 12. Man erhlit aber aus diesen ebenfalls die richtigen,
wenn man deren Stellung in den Tetrachorden berttcksichtigend,
9 und 7 mit 4, 12 aber mil 3 multiplizirt , ntolich 36, 28, 36
gleich 9, 7, 9.
Stellen wir nun durch die Exponenten die vollst&ndige Leiter
auf und bezeichnen wir die Rationen wie bisher mit Dezimalbrtlchen
und ihren durch logarithmische Berechnung gefundenen Werten :
d fl / 1(
i
e
"A. f -/»
g •/.
a "/io.
h
»/»
n l»
V,
0,9123
0,91
0,84952
0,85
1
0,75170
0,75
0,66511
0,60685
0,6066
fir die Tonleiter in e
daraus die Differenzen
e
1
364 33S m 27 6 3 6 28 f 36 « 27 a
Man erhalt also die Differenzen 48, 26, 27 statt 7, 12, 9, aber
aus diesen ergiebt sich mit Bertlcksichtigung ihrer Tetrachorde die
richtigen, wenn man 7 mit 4 und 12 und 9 mit 3 multiplizirt, n&m-
lich 28, 36, 27.
Stellen wir nun auch diese Tonleiter in ihrer Vollsttadigkeit
mit Angabe der beiden Werte wie oben bei d auf:
84
Die neugriechischen Tongescblechter.
e 1$ im t m lm g 91 /i«i a > h. "/» c */» d m ! m ©
1 lf /l8 ro /ti »/ 4 % •/«■ */ 91 i/*
^PJ 3 J 3 - 0 *P*P -°.P i^- 0 AP
co oc oo ^<i^<i "05*0* "oa"^ *bib* "o»
£§S2 |So§ —
O^- ^ CO *3 • I— Od
ItfX -si 00 o 00 en
o> oi oi co cb bo
II.
Berechnung der chromatischen Skalen.
1. Ton der Form c 7 des 12 e 7 f.
Von dieser Form sagt Chrysanthos p. 107, dass die Ttfne e, f
fund g bleiben ; nach der diatonischen Skala ist aber e = 18 / M und
= »/ 4 und da 7 als Differenz fttr den halben Ton gilt, so ist
des = 18 /ib. Man erh< also folgende Rationen :
c 13 |bi des m l m e l % 9 f % g as he
1 M /is tt /is % % 8 /ts 18 /m Vi
OJD OJD OJD O O OO OO O
*co*co "00*00 *b**ba *ba*b* Ijt^bi *bi
SoS to & o> to O if^ §t^ <o
und aus c des e f durch die bekannte
1 12 /i 3 13 /i6 % Rationen
208 192 169 156 dieDifferenzen 16,23, 13.
Zu dem8elben Resustate gelangt man durch folgende Betrachtung.
c-d ist ein grofser ganzer Ton, c-des ein halber Ton zu u /i 8 , das
Apothema hinzu ist I8 /n . M l m — 8a5 /s3«. Dieses trifft zwischen des-e
und dazu noch der Exponent des kleinen ganzen Tones mit 91 /ioo, es
ist also der Exponent von des-e 91 / 100 . m lm — m fm] daraus er-
geben sich fttr das erste Tetrachord folgende Exponenten:
c "/is des m /m e m /m f und daher die Rationen
c des e f
1 "/is 15 /ie 3 A wie oben.
2. Ton der Form I 7 «s 18 fla* 8 f .
Is ist diese eine versetzte Ton lei tor, deren 2 ersten Tflne zum
Teil im 1. Tetrachord liegen und mit 4, der dritte im zweiten
Tetrachord liegend mit 3 zu multipliziren ist. In der diatonischen
versetzten Tonleiter aus d liegen die DifFerenzen so: d 9 e 7 f 12 g,
die im ersten Tetrachord liegenden betragen die Summe 16, die im
zweiten 12, zusammen 28 Teile.
Scheiden wir in der Form d 7 es 18 fis A 3 g die Diflferenz 18
so, diss der eine Teil mit 7 die Summe 16 giebt, so erhalten wir
#
Die neugriechiachen Tongeschlechter. 86
d 7 es 9 4- 9 fis A 3. Die Differenzen d 7 es 9 sind mit 4, die
letzten, 9 fis A 3, mit 3 zu multipliziren, so erhalten wir
d 28 es 36 + 27 fis A 9 = d 28 es 63 fis A 9 g
als richtige Differenzen und zugleich Tonabst&nde. Aus diesen suchen
wir auf gew&hnliche Weise die Rationen.
d 28 es 63 ls A 9 g = 100 . 4 = 400
d es Is g a
mt 372 m/ 309 m . 300 tl/
1 /l0i "A* /lM m U /m *U % % ,m
OJD OO JDJD OJD
^olo ~o*o*
$8
OO OO -q -4 CH
*r - - -
b cis d
103 100/^,,
31/m /U4 /IDS 1/f
O JD O O O
CO CHOI
. g s
Von dieser form stellt Chrysanthos noch 2 gemischte Skalen auf:
a) d 7 es 18 fis 4 3 g 12 & 9 h 7 c 12 d.
Hier liegt der zweite Teil im diatonischen Geschlecht, dessen
Exponenten bekannt sind, diese orgeben folgendes Resultat :
d w/ 100 es »/ 1M fis** g % ft w/mo h "/is c »/» d
1 i3 /iti 8ii /#i0 ¥i % 8 7»# 14 /ts */•
JDJD .P.P .PP PL 0 O^O OO JD
co^co ^"^i l»*a> 1»*05 'cw'bi *bt
cooo oioi ma* o Pi a»o>
§K i£ I— . H* . 01
b) d 9 e 7 fis A 12 g 12 a 7 b 18 cis 3 d
Hier liegt das erste Tetrachord in dem diatoniscben Geschlecht,
und die Verh<nisse liefern so folgende Skala:
d */ m e »/ tt f »/„ g «/s a i3 /i## b »/» cis mo/m. d
1 •Vmq 2l /« 7i 2 /s M /» 1C8 /»# Vt
JDJD JDJD JDJ3 J=>.P JDO
lo'co "qo'od "Vj^q *o»1jj "mm "01*01 "en
to CO I- OJCn SO CUCR
OO O* *q . OO OO
ift t—» 0i . 1— * CW 00
*) Die ziemlich genaue Uebereinstimmung des gefundenen Resaltates mit der
logaritbmischen Berechnong zeigt die richtige Behandlangsweise dieser Skala.
**) Die Behandlung durch die Differenzen giebt dasaelbe Resultat.
%
86 Die neugriechischen Tongeschlechter.
ill.
Bereehnung der enharmonischen Skalen.
1. Ton der Form I 13 eis* 3 f 12 g 12 I 3 *b 13 eis 12 d.
Betrachten wir zuerst das erste Tetrachord. Hier gohflren die
Differenzen 13 und 3 dem ersten Tetrachorde von c gerechnet an,
sind also mit 4 und 12 dem zweiten Tetrachorde an und sind mit 3
zu multipliziren; nlmiich:
d 13 eis A 3 f 12 g gibt d 52 eis A 12 g 36 = 13 + 3 + 9 = 25,
die Saitenl&nge 100, also
d eis A f g = d eis f g,
100 87 84 75 1 m fm %
mit Exponenten
d */ m eis »/„ f «/* g.
Nach diesen Exponenten erhalten wir fir das obige zweite
Tetrachord
(3 13 12)
I »/» b* m / m c »/«
Wir kflnnen also die Skala fortsetzen:
d«V, io eis w/i9 f 2 %6 g 7» * */» b 87 /iw h */« d
1 w /ioi "/» 7* 7b m /m u Im Vt
OO OO P>J3 JDO CP
"oooo lao^bo "*«<i^<i *bi*ba *05*a> "en en "o
-*i tft £t 0«CB o^O> if^tfw o>»
oi ko a>cn wen en
c> o« -ni . i-» m q
l=i k „ I— *• GO H* C»
2. Ton der Formel d 3 eis 13 f 12 * 12 & 9 h 7 e 12 d.
Da man fir diese aus der obi gen Form die Exponenten weifs,
so ist die Skala leicht herzustellen.
d »/» eis «/ w f «/» g 7i & f 7icM» h M /is o «/« d
i »/* s 7t5 7* Vs 9 Y» M /»5 Vt
p^ 0 .P.P .P.P 00 00 J 30
"co^o *oo*oo ^1*^ **o»o> *o>a» *bt*b« *o
»^ enen a>ai tfxt^ ax
55 ^ a) o* w ^
3. Ton der Form d 9 e 7 f 12 * 12 & 3 b<> 13 e 12 d
findet sich auf dieselbe Woise :
d w/ioo e */« f »/» g % a 28/29 h 8 7iw c */« d
1 m /mo 2 Y^ 74 7» M /« 14 M V»
OO OO .PP OO OO OJD jD
"co'co 1»*oo *b*oa o>oa "cn'ot *cp
55 SS ^ Q
Mb neagriediiBcheii ToageBeblechter.
87
4. Von der Form IlS«Sfifl8itlf«12t.
Nimmt roan fir die Tine f 6 g 18 t einstweiien die Differenzen
f 12 g 12 a an, aua denen jene ontstanden sind, so sind alio Ex-
ponenten bokannt und somit die Rationon dor ganzen Quint g - a,
nftmlich:
d "/mo e */» f »/* g % &;
also d e f g &.
l 87 /i<mi »/•» »A Vt
Daraus findot man dio Differenzen :
d 87 /tw e »/„ f g a
300 261 252 225 200
39 9 27 25
Die boidon Differenzen d 39 e 9 f untorliegon koinom Zweifol;
es sind also nur ftir die Tone f g a die ontsprochondon zu suchen.
Dio Difforonzen botragon 27 + 25 = 52. Da boido ira Vorhaltnis
von 6 : 18 = 1 : 3 stohon sollon, so ist dio Surame 52 in 4 Telle
zu toilon ; oin Toil botr> 13 und 3 Toilo 39. Dioso stelle man
statt 27 und 25 oin, so erhillt man
i 39 e 9 f 13 g 39 a.
Die Summe dioser Differenzen ist 100 d. L fir dio Quint, die
Saitonlftnge 300, daraus
tl e f g I «Aod h n /m c »/» d
300 261 252 239 200
1 «Aoo 3I /» m /m 2 A ' m hm 14 /» 7*
OO OO OO JD^O OO i 3
*Wbo Qooo °oio* *b*bs
oo -q i^ifk <x>co a»o> cos a> o>
CO CH ^ - »— G» OO Q
5. Yon der Form d 13 e 12 f 3 * 12 ft 9 k 7 e 12 d.
Man zorlege 12 in 3 + 9, so orhalt man fir die Quart a-g
gleich dl3o3 + 9f3g, wenn man 13 und 3 mit 4 und 9 rait 3
multiplizirt, die richtigen Differenzen
d 62 e 12 + 27 f 9 g = d 62 e 39 f 9 g = 100
d 52 e 39 f 9 g % ft m i m b «/ u c «/» d
400 348 309 300
1 «V 10 o 3ifl /iiMi 3 /* % ! % l k
OO i^^O .OJ^ .PP P.P .P-P
1»*00 *^l^J *0»*C» QiQi 0»
•4*4 Oicw »05 OC mm
t^Q? i-* o*o* mm
CO C3C> •*< » €»O0 Q
O Cn to . o> oa
88
Die neugricchischen Tongeschlechter.
S c h 1 u s s.
Indem ich die Resultate meiner Forschung hiermit dor Oeffent-
lichkeit ttbergebe, bemerke ich, dass sich die Berechnung der Rationen
jodor Skala aus den Differenzen durch Teilung der Differenzensum m e
in gloiche geometrische Teile mittels der Logarithmen ziemlich nahe
borechnen lisst. Auf diese Weise hat Herr Universit&ts - Professor
Dr. Schafh&utl in Mtinchen sftmtliche orientalischen Tonleitern be-
rochnet und das Resultat derselben auf Stabe tibertragen, die in oine
Guitarre unter die Saiten einschiebbar sind.
Mein Bestreben aber ging dahin, die Gesetze aufzufinden, durch
welche es mdglich wird, durch arithmetische Berechnung die Diffe-
renzen in Exponenten von nattirlichen Bruchrationen genau ura-
zuwandeln. Die sehr nahe Uebereinstimmung meines Resultates mit
dor logarithmischen Berechnung giebt mir zwar eine Beruhigung,
dass ich durch die angewendete Methode auf dem rechten Wege
zum beabsichtigten Ziele gelangte; doch wtirde ich sehr dankbar
soin, wenn Autorit&ten dieses speziellen wissenschaftlichen Zwoigos
iibor etwaige Irrttimer oder Rechnungsverstflfse aus Liebo zur
Wissenschaft mitteilen wollten.
Mitteilungen.
* Herr Dr. E. Bohn, Organist in Breslau, teiit der Redaction • mit, dass das
Lied „Ich stund an einem morgen'* Sstimmig, im Zeitvertreiber von 1609 (siehe
Monatsb. XIV, Beilage „Das deutsche Lied% 2. Bd. Seite 126 Nr. 29) von O. S.
Hairnisch komjponirt ist und zwar befindet sich der Tonsatz in dessen 1604 er-
schienenem Hortulm unter Nr. 22 und tragt hier die Bezeichnung „correctum tt .
Die Fassung im Zeitvertreiber ist demnach eine altere und weicbt von der in 1604
bedeutend ab. — Ferner teiit derselbe Herr mit, dass sich Johann Staden's „Neue
Teutsche Lieder" mit 4 Stimmen von 1609 (siehe Monatsh. XV, 104 Nr. 3) auf
der Stadtbibliothek in Hamburg in einem kompleten Exemplare, 4 Stb., vorfinden.
* Katalog von Theodor Ackermann in MuncheiL Nr. 120. Enth<
Bacher aber Musik, wie Gescbichtswerke, Theoretisches, Lexica u. a. aus alterer
und neuester Zeit.
* „Frewet euch alle Cbristenheit" und „Gott sey gelobet und ffebenedeyet"
bringt das Gregorius-Blatt von Bockeler (Nr, 6) in alten bisher unbekannten Lea-
arten aus einem Ms., was angebiich aus dem 15. Jahrhundert stammen soil.
* Ein aufgeschnittenes offenes Exemplar von Praetorius* Syntagma,
2. Bd., Neudruck, ist von der Redaction bei Einsendung von 3,20 Mk. franco zu
erhalten.
* In die Gesellschaft fur Musikforschuns sind die Herren Raimund Ritter
von Leszkowicz Baczynski in Tarnow una R. DamkOhler, Antiquar und
Verlagsbucbb&ndler in Berlin, eingetreten.
* Hierbei zwei Beilagen : 1) Fortsetzung der Cantaten, Bogen 5. 2) Bacher-
verzeichnis Nr. 13.
Verantwortlicher Redacteur Robert Eitner, Templim (Uckermark).
Druck von Eduard Mosche in Grofs-Glogau.
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1
1
MUSIK-GESCHIOHTE
herausgegeben
▼on
der Gesellschaft far lusikforscliuiig.
XVI. Jahrgang.
1884.
Prali to JahrgangM 9 Mk. Monatlioh anohtliit etns
Nwmmar ▼on 1 bis I Bogen. InMrtioiMgebllhzeii Ar
di« Zeile 80 Pfg.
KommiisionsTerUg der Breltkopf ill
HIrtel'sehea Motikalienhandlung in Leipsig.
BetteUungai
nimmt mm Buoh- mml Motikhandlnng tnftgag tn.
No. 8.
Johann Stolaeis ek Hitgied des KMgskrger
DicMerkreises.
Von Dr. L. H. Fischer.
In Nr. 6 der Monatshefte 1883 babe icb auf Grund der Leichen-
intimation ftir Stobaeus einige bisher unbekannte Notizen (lber das
Leben dieses Mannes geben kOnnen; im folgonden mOgen einige
Bemerkungen (iber sein Verh<nis zam KOnigsberger Dicbterkreise
ibren Platz finden.
£s ist bekannt, dass schon gegen End© des 16. and im Anfang
des 17. Jahrhunderts in KOnigsberg eine Reiho von M&nnern die
lateinische und deutscbe Dichtung pflegte und manche von ihnen
dem Altraei8ter Eccard Texte ftir seine Eompositionen lieferten, so
der vortreffliche Theologus und Poet Peter Artomedes, Professor
Reimann, der Schulrektor Petrus Hagius, der Prediger Valentin Thilo
der alter© u. a. m. Die Sitto der Qolegenheitsgedichte hielt auch
in der ersten H&lfte des 17. Jahrhunderts Dichter und Musiker in
enger Vorbindung. So war in der Gesollschaft der M inner, welche
wir mit dem Namen KOnigsberger Dichterkreis zu bezeichnen pfiegen,
nicht bios Heinrich Albert hervorragendes Mitglied, auch Johannes
Stobaeus stand deraselben nahe, odor war wahrscheinlich auch ein
Glied dieses Kreises. Urkundliche Nachrichten irgend welcher Art
haben sich (lber diose Vereinigung nicht erhalten.*) Doch teilt Bayer
*) Vgl. meine Ausgabe der Gedichte des KOnigsberger Dichterkreises S. XXX t
(Neudrucke des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Nr. 44—47. Halle, Niemeyer 1883.)
lConaish. f. Mutlkgetoh. Jmhrg. X?L No. 8. 10
90 Johann Stobaeus ein Mitglied des Kflnigsberger Dichterkreises.
in der Biographie Dachs (Erleutertes Preufsen I S. 159 ff.) mit, dass
die Mitglieder jenes Dichterkreises bei^ ihren Zusammenktlnften musi-
ciort und gesungen bitten, und Pisanski nennt in seiner preufsischen
Litter&rgosehichte (II Seite 258) ausdrticklich Stobaeus als Mitgliod
dieses Kreises. Indirekt wird diese Nachricht dadurch best&tigt, dass
die moisten der Manner, welche dieser Gesellschaft angehOrten, Ge-
legenheitsgedichte verfasst haben, zu denen Stobaeus die Musik setzte,
und viele derselben die einzelnen, besondere gedruckten Stimmen der
Kompositionen des Stobaeus mit ktirzeren oder ltageren lateinischen
oder deutschen Gedichten verzierten. Ferner zeigt sich des Stobaeus
Zugehtfrigkeit zu diesem Kreise darin, dass zahlreiche seiner Gelegen-
heits-Kompositionen an Mitglieder dieses Bundes gerichtet sind. Das
Verzeichnis der Kompositionen von Stobaous in: „Jos. Mtlller , Die
musikalischen Schltze der KOniglichen und Universit&ts - Bibliothek
zu K&nigsberg. Bonn 1870" bietefr zahlreiche Belege fttr diese Be-
hauptung.
Man hat diesen Dichterkreis wohl auch als einen der Unsterb-
Hchkeit beflissenen bezeichnet, well die Glieder desselben sich noch
bei ihren Lebzeiten Grabgedichte verfassten oder bei Freunden be-
stellten und die Gedichte dann in Musik setzon liefson. Nun sagt Dach
in dem Gedichte auf Stobaeus Tod (Osterley, Simon Dach S. 759 ff.):
„Hett ich armer doch gewachet,
Wie ich mir dann vorgesetzt,
Dass er mir zu guten letzt
Mein Begrabnis-liedt gomachet.
Nein, der Tod harrt hierauff nicht,
Eilt mit ihm aus diesem Liecht."
Auch diese Worte bestatigen Pisankis Nachricht von dor Zu-
gehOrigkoit dos Stobaeus zum Konigsberger Dichterkreise.
Wie von Dach in dem ebonorw&hnten Gedicht wurde auch von
Albert und Christoph Kaldonbach*) der Tod des Stobaeus in Liodern
beklagt. Kaldenbachs Gedicht untersttitzt ebenfalls die Annahme,
dass Stobaeus Mitglied dor Konigsberger Dichtergenossenschaft ge-
wesen ist. Es steht in: „K.'s Deutscher Eclogon oder Hirten-Getichte.
Ein Theil. KOnigsberg, Getruckt durch Johann Reusnern, Im 1648.
Jahr" und fQhrt die Ueberschrift: „Delphis. Vber dem seligen Ableiben
Des Hochbertthmten Musici Hn. Joann Stoboei , Churftirstl. Brand.
Preufs. Capellmeistern". Der Schfifer Amilcon ist durch den Tod
*) Vgl. Monatsbefte I Musik-Oeschichte 1883 Nr, 8.
Johann Stobaeus ein Mitglied iea Konigsberger Dichterkreises. 91
des Dolphis in schweres Leid verse tzt. Er findet zucrst nicht
Worte fir seinen Schmerz, nur Seufzer und Thranen.
„Ach! sprach er endlich mit Betrttbnifs wieder,
Du zeuchst von vns nur, Delphis, ach! davon.
Dir stehnet nach der greise Corydon,
Vnd Tityrus, der Printz gelehrter Liedor."
Die ganze Natur, belebte wie unbelebte, nimmt an der Trauer
teil — mit vollem Recht :
„Delphis trieb die edlen Weisen,
Die Rolando s auffgebracht,
Vnd nach ihm bekandt gemacht
Eocardus diesen Kreisen.
0 wie grofse Ruhm vnd Zier
Stirbt nun wieder Preufsen Dir! 4,
„Wer trawt ihm aber fort, diss Spielwerck zu bestehen,
Das Delphis vor bestund, vnd aus so werther Hand
Ihm Eocardus selbst mit Willen zuerkandt?
0 wem so edlen Pfad Apollo gibt zu gehen!
Auff, Damon! auf mein werther Floridor!
Beseelet wieder den verwaisten Chor.
Ob gleiches Lob forthin steht keinem zu erringen :
1st lieb — vnd lOblich doch nach Delphis art zu singen."
Die laute Klage des Amilcon lockt aus einer nahon Htthle die
Hirten Lycabas und Helenor, welche den betrttbten Qenossen
durch einen Wechselgesang zu tr5sten versuchen. Sie singen von
ihron Geliebten, ihren Heerden, von der sie umgebenden Natur.
„So sang der Hirten Paar die sdfsen Weisen,
Die auch Berrintho mit der Zeit beliebt."
Berrintho, Lycabas, Damon sind uns als die Dichternamen
Roberthins, Ealdenbachs, Alberts bekannt*), mithin liegt die Ver-
rautung nahe, dass auch die abrigon Hirtennamen Mitglieder jenos
Freundeskreises bezeichnen und der Gesellschaftsname fttr Stobaeus
Delphis war.
*) Vgl. Fischer, Gedichte des Kdnigsb. Dichterkr. S. XXXIV.
10*
92
Zur Geschichte der Volksliedermelodieen.
Zur Qeschichte der Volksliedermelodieen.
fir. Bftumker.)
Zu den in Nr. 3 dieser Blatter angeftlhrton vlftmischen Gesang-
btlchern mit Volksliodermelodieen gehOrt auch das folgendo, welches
ich vor Kurzem zu Gesichte bokam :
Den Boeck der Gheesteliicke Sanghen, Bedoelt in twee deelen,
Den Bliiden Requiem ende Ghelvckighe Vyt-vaert van een Sa-
lighe Seele etc. Door eenen Religious van d'Oorden van Suite
Francois ghenaemt Minder-broederen Capucynen. T'Hantwerpen
by Hendrick Aertssens, inde Cammerstrate, inde witte Lelie.
Anno 1631. Met Gratie ende Privilegie.
Das Buch, 382 Seiten in 8° (in gothischen Buchstaben gedruckt),
©nihil 142 neu godichteto geistliche Lieder vom Pater Lucas von
Mecheln. Die Melodieon zu diesen Liedern rtthren meist von welt-
lichen Volksliedern her, einige sind auch geistlichen Liedern ont-
nommen. Bei 106 Texten wird in der Ueborschrift angegeben,
welchem geistlichen oder weltlichen Liede die Melodie entnommen
sei; 36 Lieder tragen keine Doberschrift. Da (lberall die Melodioen
beigedruckt sind, so habe ich die Ueberschriften zusammengestellt und
alphabetisch geordnet. Die mit * bozeichneton sind geistliche Lieder.
1. Acht Salicheden hobt ghy Heer\ Seite 138. *
2. Adonai ghenadich Heere. 159. *
3. Alamande S. Nicolaes. 193.
4. Al hebben de Princen haren wensch. 31.
5. Allez et vous cachez sous fond©. 233.
6. Almachtich Godt v loven wy 83. *
7. Als wy verr' van den Palestijn. 1.
8. Amants qu'un vain espoir d'illicites plaisirs. 262.
9. Amour puis que le feu de la flame diuino. 239.
10. Arridendo sonando balando. 322.
1L Aurell©. 151.
12. Bedruckte hertekens. 291.
13. Bemuert prieel daer Godt in was ontfanghen. 29. *
14. Berine vous serez malade. 58.
15. Brande lorin. 62.
16. Christ© waerachtig Pollicaen. 77. *
17. Christi vader wilt vorblijden. 191. *
18. Comt Goden uyt den throon. 70. *
19. Comt maeghden kinders. 46.
Zur Geschichte der Volksliedennelodieen.
20. Commute seruante. 336.
21. Cupido triumphant aenhoort mijn lamenteren. 50.
22. Cupido wilt v spoeyen. 213.
23. Den lustolijcken mey is nu in den tijt. 11.
24. Den Enghel van boven. 207. *
25. Den Mey als al de voghels singhen. 38.
26. Den mey den mey koel is den mey. 230.
27. Dieu gard mon petit coeur. 176. *
28. D'ou vient que ces beaux yeux. 300.
29. Edel artisten koen. 180.
30. Een dochterken ghepresen. 165.
31. En fin cell© que i'aime tant. 48.
32. Face le del ce qu'il voudrat. 167. *
33. Faison curier les ieus. 25.
34. Fortun Eylaos porqoy. 218.
35. Gaen ick voorby baer dour. 105.
36. Ghelijck een maghet die daer gaot. 133.
37. Ghesegent zijn mijns Liefs bruyn ooghen. 125.
38. Ghy die in droefheydt zijt. 219.
39. Ghy hertekens goet van wille. 224.
40. Haor Vader was eon machtich Heer. 89.
41. Ha mon Dieu qu'el est ce torment 188. *
42. Hot viol een hemols dauwe. 99. *
43. Hot vier brand t seer. 85.
44. Hot was een fraey rijcks Borghors kindt. 87.
45. Hoe salich zijn die landen. 143.
46. Hoe wel soo moet hem lusten. 27.
47. Hoort ghy jonghe Ghesollokens al. 265.
48. Hoort toe ghy jonghe sinnen die beminnen een
Venus dier. 260.
49. Ick ben een armen Pelgrim. 197.
50. Ick ben v Qodt v Heer. 33. *
51. Ick ghinck eon mael spaceron. 256.
51a. Ick peys' op een persoone. 270.
52. „ „ „ „ persoon nacht ende dach. 149.
53. Ick sat en fantaseerde. 227.
54. Ick stondt op hooghe borghen. 178.
55. Je ne veus plus o vanit6 infamo. 74.
56. Jerusalem ghy schoone stadt. 128. *
57. Je t'aymerois bien mon berger. 67.
Zur Geschichte der VolksHedermelodieen.
58. Jeught endo dought mijn hert verheught. 163.
59. In Babilonien met onverstande. 121.
60. In dulci jubilo. 72. *
61. In wat wilder ghesticht, 141.
62. Isser niemandt uyt Indien comen. 204.
63. Je suis malade d'amour. 216.
64. La durette. 60.
65. Lancks de kanten vander sinnen. 162.
66. La Princess©. 41.
67. L'autre jour en vn verger. 9.
68. La valette. 130.
69. La volte. 20.
70. L'aymois Tharsis mon seruiteur. 14.
71. Les airs, Boyers, prinieirs nays de la Muse. 245.
72. Lest als ick ley' in fantasy. 110.
73. Maria schoon. 112. *
74. Maria schoone Bruyt schoon Coninghinn'. 103. *
75. Media die wonder vracht. 253.
76. Menschen ghirich van aerde. 173.
77. Met gheestelycke vreught melodieus. 80. *
78. Mon coeur mon coeur mocht ick eens by v
wesen. 65.
79. Mondeken root. 43.
80. Ne vous offenses pas de veoir mes libertez. 195.
81. Non ie n'ay plus ma libert6. 252.
82. Noch weet ick een Bloemmeken fier. 250.
83. Och wilt aenmercken ghy wilde Herton. 294.
84. 0 Godt ick moet v klaghen. 276. *
85. 0 Jesu goet. 222. *
86. Onlancks als in des meys saisoen. 146.
87. 0 salich eeuwich Godt. 4. *
88. 0 siel bedruckt slap als een riet, oft Corablo
de gloire. 96.
89. Pange lingua. 202. *
90. Patientia is soo goede kruyt. 115.
91. Pour lesperance que iay des triumphos des
dels. 186. *
92. Quand pour Jesus mon coeur tout plein de
famines. 170. *
93. Quelle merueilleuse aduenture. 210.
Heinrich Albert.
85
94. Schoon Goddin mocht my ghebeuren. 92.
95. Sy c'est vn crime que faymer. 247.
96. Un jour Pamoreuse Marie. 182.
97. Vwe liefd is niet soo pure. G.
98. Vyt den afgrondt van mijn ghedachten. 156.
99. Van de Samaritane. 17.
100. Van d'Enghelsche fonolle. 108.
101. Verheught v met jolijt. 267.
102. Waert dat vloeyden uyt mijn ghesicht. 36.
103. Waer toe doch maeckt v mondeken reyn. 136.
104. Wilder dan wilt. 91.
105. Wonderbaer was den boom. 53
Dai von mir benutzte Exemplar befindct sich im Besitze des Herrn KanoDikns
van Damme in Gent.
Heinrich. JJhert's
Arien and Kttrbshtttte (1638—1650) liegen in den Oedichten and einer kleinen
Auswahl von 15 Tons&tzen zu 1 bis 4 Stimmen im Neadruck vor, in Professor
Dr. W. Braune's Neudrucke deutscher Litteraturwerke des 16. and 17. Jahr-
hunderts, Heft 44—48, (Preis 3 Mark) in kl. 8°, betitelt: „Gedichte des Kftnigs-
berger Dichterkreises aus Heinrich Alberts Anen und musikalischer Kurbshfltte
(1638-1650) berausgegeben von L. H. Fischer. Halle, Max Niemeyer 1888/84".
Aug der vortrefflich geschriebenen Einleitung teilen wir auszugsweise die mit
grofser Sorgfalt quellenmafsig dargestellte Biographie Alberts mit. Sein Name
inlet sich einmal Heinrich Albert, dann wieder Henri cus Alberti (d. h. Henricus
llins Alberti) vor ; letztere Form auch auf einem Stammbuchblatte von der Hand
Alberts im Besitze des Herrn Diaconus Alberti zu Schleiz. Ueber die Lebens-
verhaltniase Alberts giebt eine bisher unbenutzte Quelle genaue Auskunft, und
zwar in dem von Rektor und Senat der Konigsberger Universit&t veranlassten
Drucke der „intimatio funebris" auf den Tod Alberts. Dieselbe benndet sich in
einem Sammeibande der KonigL und Universitats-Bibliothek zu Kftnigsberg i./Pr.
(Intimationum funebrium vol. 11) und besteht aus 4 Bli in kl. 4°, betitelt: „Honor
exequialis viro spectatissimo doctissimoque Dn. Heinrico Alberti Organico eccle-
sine cathedrals et musurgo ingenioBissimo, exhibitus a Rectore et Senatu A cade-
miae Regiomontanae. (Siegel der Kdnigsberger Universit&t.) Regiomonti Praelo
Reusneriano Anno 1651.** Hiernach wurde er in der funften Morgenstunde des
28. Juni im Jahre 1604 zu Lobenstein im Voigtlande geboren. Zu dem Datum
ist in der intimatio funebris hinzugefugt „8i v.", d. h. stilo veteri; es ist mithin
der 28. Juni dem 8. Juli unserer Zeitrechnung entsprechend. Sein Vater nennt
sich in der Taufurkunde Johan Albricht, AmtsschOsser (d. i. Amtsverwalter, Quaes-
tor) in Lobenstein und wurde am 2. Januar 1619 als Amtsschdsser nach Schleiz
veraetzt, wo er im Jahre 1625 starb. Heinrich besuchte von seinem 15. Jahre an
das Gymnasium zu Gera, was er 1622 verlieCs. Von hier besab er sich nach
Dresden zu seinem Oheim Heinrich Schutz, dem s&chsischen Kapellmeister, um
in der Musik Unterricht zu nehmen. Doch schon im folgenden Jahre wird er von
seinen Eltern von dort abberufen und bezieht nun die Universit&t Leipzig, wo er sich
drei Jahre dem Studium der Rechtswissenschaft und der schdnen Literatur widmet.
Im Juli 1626 kam er nach KSnigsberg und nach einj&hrigem Aufenthalte daselbst
schloss er sich, um seinem Reisetriebe zu genugen, einer holl&ndischen Gesandt-
schaft, welche nach Warschau ging, an. hn war dies jene Gesandschaft, welche
anf Antrieb Danzigs den Frieden zwischen Schweden und Polen vermitteln sollte.
Unterwegs wird er aber von einer Soldatenabteilung (ob von einer schwedischen
96 Mitteilungen.
oderpolnischen, 1st unermittelt) gefangen genommen and hat in der Kriegsgefangen-
schait mancherlei Leiden za erdulden. Endlich wird er auf Verwendung hoher
Gonner freigelassen und kehrt am 7. Joni 1628 nach Konigsbersr zurttck. Er setzt
nan die anterbrochenen Studien fort, beschaftigt sich aber aufserdem — wohl in
Folge seiner Erfahrungen in der Gefangenschaft — mit der Fortifikationskunde
und Ingenieurwissenschafi Am 10. Dezember 1680 wird ihm mm Hat des Stadt-
gebietes Kneiphof in Konigsberg die Organistenstelle bei der Domkirche uber-
tragen. and nach zurackgelegter Probezeit erfolgt am 1. April 1681 seine d< finitive
Anstellung. Urn sich in der Masik zu vervollkommenen, nimmt er Unterricht bei
Stobaeus. Am 9. Februar 1689 verheiratete er sich mit der Tochter des Wagers
im Kneiphof Christoph Starck. Der Ehe entsprossen drei Sohne and drei T6ch-
ter, die jungste wurae erst nach des f iters Tode geboren. Die Organistenstelle
bekleidete er bis zu seinem Tode. Am 17. September 1651 befiel ihn ein heftiges
Fieber, welches ihm alle Krafte nahm, so dass er am 6. Oktober gegeu 1 uhr
Morgens st&rb. Begraben wurde er am 10. Oktober. Nach diesen autentischen
Angaben sind alle abweichenden Angaben Qber das Todesjahr, sowie auch Qber
seine soustigen Verhaltnisse als abgethan anzusehen.
In Verlaufe des Werkes werden die Titel and Vorworte der acht Telle Arien
und KQrbshatte getreu mitgeteilt.
Mitteilungen.
* Herzog Ernst's des Frommen Special- vnd sonderbahrer Bericht, Wie nechst
GOttlicher verleyhung, die Knaben vnd Migdlein auff den DorfFschafften, ynd in
den Stadten die vnter dam vntersten Haunen der Schul-Jugend begriffene Kinder
im Furstenthumb Goth a, Kurtz- fid nQtzlich vnterrichtet werden kftnnea vnd
Bollen. Auff gnadigen Ittrstl. Befehl auffgesetzt Vnd gedruckt Zu Gotha bey
Peter Schmieden, Im Jahr 1642. Neudruck in 8°, 186 Seiten in „Sammlung selten
gewordener padaffogischer Schriften frQherer Zeiten. Herausgeaeben von August
Israel, Seminardirektor zu Zschopau und Dr. phil. Johannes Muller, Seminar-
Oberlehrer in Plauen". Zschopau , Verla* von F. U. Haschke 1683. — Das mit
gothischen Lettern sehr hubsch wioderabgedruckte Werk ist auch fur die Ge-
schichte der Musik von Wichtigkeit, da es auf Seite 81, im 9. Kapitel „Von dem
Singen" handelt und neben einer kurzen Musiklehre, sowohl Singeubungen als
geistliche Lieder bringt. Von Seite 75 ab folgen kritisch - hUtonsche und er-
lauternde Bemerkungen von Dr. Joh. Miller.
* History* Muzyki von Raimund Leszkowicz Baczynski. Krakow bei
J. Delontra i Spolki w Tarnowie. 1884. In 8°. Das Titelblatt fehlt noch; bis
jetzt 3 Lieferungen erschienen. Die Geachichte ist in polnischer Spracbe ge-
schrieben und mag gewtss einem Bedarfuis abhelfen, da meines Wissens die pol-
nischen Schriftsteller sich in der Musikwissenschaft stets der franzftsiscben Sprache
bedient haben. Der Verfasscr, ein Edelmann in Tarnow, hat sein Leben aus-
schlief8lich dem Studium der Musikgeschichte gewidmet und es lasst sich er-
warten, dass sein Werk manches Neue enthalten wird.
* Durch den „Le Guide musical" Nr. 26/27 erfabren wir, dass Herr Geo rg
Becker eine BrochQre herausgegeben hat, betitelt: „De ('instrumentation du
XV« au XVII* stecle". weiche klemerc Artikel enthalt, die einst im Echo musical
zu Brussel gestanden haben.
* Kataloge von Fidelis Butsch Sohn (Arnold Kuczynski) in Augsburg.
Nr. 41 und 43 enthaiten auch einige Werke Qber Musik.
* Katalog Nr. 8 von v. Zahn A Jaensch in Dresden. Seite 27 befindet sich
ein kleines Verzeicbnis neuerer Bucher Qber Masik.
* Hierbei drei Beilagen: 1) Fortsetzung der Cantaten, Bogen 6. 2) Katalog
Joachimsthal, Bogen 7. In Nr. 6 der Monatsh. ist falschlich Bogen 6 und 7 an-
gezeigt 3) Bei 1 age 1, 2 zum Artikel in Nr. 6 und 7 von Schlecht.
Verantwortlicher Redacteur Robert Eitner, Teraplln (Uckerraark*.
Brack von Eduard Mosche Nachf. (Gustav Binaerj in Grofg-Glogau.
fir
MUSIK-GESCHICHTE
heraus^egeben
dir GiitUsohtft Ar IfaiUrfonohug.
171. Jatirpni
1884.
Fr«ii del Jakrganges 9 Mk. M ©natlich erscheint eine
N winner won 1 bit 2 Bogen Iniertionsgebtihren fttr
die Zeile 30 Pfg.
Kommistionsverlag der Breitkopf and
H I r t e 1 » tehee Buchhandlung in L • i p ■ 1 g .
Beitellungen
nimmt jade Baoh- und Mufikhandlung entgegen.
No. 9.
Johann de Muris
hat in Dr. Bob. Hirsohfeld einen vortrefflichen Biographen and
Erkllrer seiner Schriften gefunden. Die kleine soeben erschie-
nene Schrift trlgt den Titel ; Johann de Muris. Seine Werke and
seine Bedeutung als Verfechter des Classischen in der Tonknnst.
Eine Studie von Dr. Robert Hirschfeld. Leipzig, Druck und Ver-
lag von Breitkopf & Hftrtel. 1884. (In 8°, 67 Seiten.) Mit den
ndtigen philologisehen Kenntnissen ausgestattet , entwirft der
Herr Verfasser, auf die Schriften de Muris' fussend, ein lebens-
volles Bild des alten Theoretikers aus dem 14. Jahrhnndert und
gelangt dabei zu Resultaten, die denen fast entgegenstehen, welche
bisber fiber ihn bekannt waren. Selbst die wenigen biographi-
schen Daten sncht der Verfasser nachzuweisen, dasǤ anch diese
irrtftmlich sind. So wird de Muris als Professor an der Sor-
bonne zu Paris genannt und sein Todesjahr in die zweite
H&lfte des 14. Jahrhunderts angesetzt. Beide Angaben lassen
sich mit den vorhandenen Thatsachen und Nachrichten licit in
Einklang bringen. Ein Johannes (Julianus) de Muris wurde nach
De Boulay (Historia Universitatis Parisiensis) im Jahre 1350 zum
Rector der Sorbonne erw&hlt. Dieter Johannes /Julianus) war
ein berfihmter Mathematiker und Astronom, doch dass er mit dem
berfihmten Musiktheoretiker identisch sei, lisst sich in keiner
Weise annehmen, da De Boulay, der sich auf Trithemius' „Cata-
Moaatth. f. Mntikgeech. Jahrg. XVI. Wo. 9. 11
Jobann de Muris.
logus illustrium academicorum 4 ' stiitzt, denselben wohl als Mathe-
matiker und Astronom erwahnt, aber nicht als weltberuhmten
Musiker. Es ist demnach sehr fraglich, ob de Muris, der Theore-
tiker, tiberhaupt an der Sorbonne in Paris angestellt war. Dies
wird durch eine Aeusserung de Muris' in seinem „ Speculum mu-
sicae" noch fraglicher, wo er sagt : „er erinnere sich in Paris
ein Triplum" u. s. w. gehGrt zu label. Hatte sich de Muris in
Paris befnnden, wie er dies schrieb, so hltte er sich jedeifmlls
anders ausgedruckt. Er muss also zur Zeit der Abfassung des
Speculum wo anders gelebt haben. Die in Coussemaker's Scrip-
tores angeftihrten Documente fir dessen Aufenthalt in Paris (2.
Band), sind in keiner Weise stichhaltig (siehe Hirschfeld p. 29).
In betreff der Lebenszeit weist das Speculum musicae so viei-
fach auf ein hohes Alter des Verfassers hin, dass es jedeufalls
sein letztes Werk gewesen ist. Ferner findet sich dort ein deut-
licher Hinweis auf des Philipp de Vitry's „Ars nova", so dass
man dessen Abfassung ins Jahr 1321 verlegen mdchte (vide
Hirschfeld p. 28). Das Geburtsjahr de Muris mtisste man dem-
nach weit ins 13. Jahrhundert zuriicksetzen und dies wird noch
dadurch bestatigt, dass er sich gauz und voll auf die Lehreu des
Franco sttitzt. Hiermit gelangen wir zu seinen Werken selbst,
von den en die meisten ihm fUIschlicher Weise zugeschriebeu
werden Sicher ist vou ihm nur der eine Tractat „ Speculum
musicae". Alle ubrigen sind durch Herri Dr. Hirschfeld's Nach-
weise als untergeschobene Werke zu betrachten. So citirt de
Muris in seinem Speculum z, B. einzelne Stellen aus den „Quaestio-
nes", der „Musica speculativa" und „piactiea", Werke , die ihm
unter andern bisher zugeschrieben wurden, wSrtlich und weist
dabei ausdriicklich auf den fremden Autor liiu. Nur eine unge-
naue Kenntnis der betreffenden Tractate konnte die bisherige
Forschung auf so talschen Wegen erhalten. In anderen ihm zu-
geschriebenen Tractaten wild wieder de Muris selbst als Auto-
ritlt namentlich angef&hrt, so dass doch dadurch volist&ndig aus-
geschlossen bleibt ihn als Verfasser zu betrachten, wenn auch
unverstftndige alte Kopisten ihn am Ende des Tract ats als Ver-
fasser nennen. t
Ebenso irrtilmlich ist de Muris bisher in seiner Th&tigkeit
als Schriftsteiler beurteilt worden. Nicht ein Verfechter des
Fortschrittes, sondern ein eifriger Lehrer des Alten war er, der alle
J oh an n de Muris.
99
Beredsamkeit und Gelehrsamkeit autbot, um den Neucrern zu be-
weisen, dass sie irren oder ihre Neuerungen keine Neuerungen
slid. Wir werden hier in eine Zcit zurttckgeflihrt, die eine merk-
wiriige Aehnlichkeit mit der unsrigen hat. De Muris vertritt
die ruhige verst&ndige Beweisffihrung. Er nennl seine Wider-
sacher nie beim Nam en, sondern lil.lt sich nur an die Sache,
wahreid er und seine Freunde in der feindseligsten und leiden-
schaftlichsten Weise angegriften werden. So klagt er z. B. in seinem
Speculum (Hirschfeld p. 41), dass diejenigen, welche die neue
Lehre aufgebracht haben, het'tig gegen die losfahren, welche sie
ignoriren und „Rudes 4t , Idioten und Thoren nennen. Oder ein
anderes Mai berichtet er: „Einige Moderne nennen jene Singer,
welche die Are noya ignoriren, oder nicht nach der modernen,
sondern alten Weise singen, roh, verriickt, t&richt und unwis-
send, und folglirh nennen sie. auch die alte Kunst roh und gleich-
sam vernunftwidrig , die neue aber fein (sib tills) und vernunftig."
Es wiirde uns zu weit ftihren aus der interessanten Schrift weiter
zu citiren und das Wenige wird geiigeti, um bewiesen zu haben,
dass wir hier eine ganz eminente Leistung vor uns haben, die
ein ganz neues ungeahntes Licht auf diese Zeit wirft. Der Ver-
fasser wttrde sich ein grosses Verdienst erwerben, wenn er die
Schrilt des Fhilipp de Vitry einer gleichen Wftrdigung unterzoge
und ein Bild des damaligen Fortschrittes und Kampfes entwerfe.
Bei den sorgsamen Studien, die er dem de Muris gewidmet hat,
ist diese Arbeit eigentlich eine notwendige Fortsetzung, die
seinen Bestrebungen erst die Krone autsetzt jEitner.
Totenliste ies Jahres 1883
die Miurik betreffend.
Die Abkttrzungen der citirten Zeitungen sind folgende :
Book = Neue Berliner Musikzeitung.
Centralbl. = Musikalisches Centralblatt von Rob. Seitz in Leipzig.
Guide = Le Guido musical, Bruxelles chez Schott.
Menestrel = Le Menestrel, Journal du monde mus. Parii, Heugel.
Ricordi = Gazetta music, di Milano.
Signale = S. fUr die musik. Welt. Leipzig bei Sent.
Wochenblatt = Musikalisches Wochenblatt von Fritzsch in Leipzig.
11*
100 Totenliste des Jfthres 1883.
gles, Sarolto, Gesanglehrerin, Frau des Baritonisten Devoyoel,
starb im Dez. in Paris.
glbercjoni, siehe Baillou.
^Ibites, Marietta Gazzaniga, Sftngerin, starb im Dez. in Mailand.
gUlchin, William Thomas Howell, Organist am Kollegium St. John,
starb 8. Januar zu London.
glrhuckU, Matthew, Hornist nnd Militarmusikdirektor, st. 23. Mai
in New- York, 55 Jahr alt.
Tiarmann, Militarmusikdirigent, starb 10. Mire in Bois - le - Dnc
(Herzogenbosch).
TiaiLloxL'^llJbcrgoni, Regina de, einst Sangerin, starb im Januar zu
Mailand, 44 Jahr alt.
HaUyno, Francesco, Musiklehrer, st. im Jan. zu Turin, 75 J. alt.
*Barla t A., Organist, Eomponist, starb im Mftrz in Barcelona
(Guide Nr. 16.)
Hatifort, Octave, Tanzkomponist, starb 28. Okt. zu Paris.
*7$aucar<lc % Carlo, Tenorist, st. 22. Jan. zu Florenz (Guide Nr. 5).
Ticrat, William, Organist, starb 6. April in New - York; geb f urn
1824 in Witzenhausen (Hessen-Kassel).
TicrlciLr, Jules, Komponist, st. im Aug. in Huy (Guide 34/35).
Bernard, Daniel, Kritiker, starb 20. Juni in Paris, 41 Jahr alt.
(M6nestrel 239).
%emit F. W„ Milit&rmusikdirektor, starb 24. Februar in Leipzig,
61 Jahr alt.
Hermit, Karl, Organist, st. im Juni in Mitau, 52 Jahr alt.
t 73ern]>ard, Prof., Julius Emit Komponist und Musiklehrer, starb
24. Juni in Dresden (Bock, 214).
Htmicat, Firmin, Komponist, st. 4. MIrz in Asniires bei Paris.
Tiohmt, Ferdinand, einst Kapellmeister in Dordrecht, st. 30. Mai
in Gandersheim a./H., 68 Jahr alt. (Wochenbl. 308).
c Boiddieu t Adrien Louis Victor, Komponist, st. im Juni in Paris.
Sohn des bekannten Opernkomponisten. (Guide Nr. 30/31,
Menestrel 262).
bonnet, Felix Jenny Robert, Komponistin, geb. 9. Mlrz 1861 in
Brttssel, starb 21. Juli in Rochefort.
"Moom, Hermann M. van, Flutist, st. 6. Jan. in Utrecht (Guide Nr. 5).
Potman, Frl. Hermance, Sangerin, st. 31. Mai in Briissel, 20 J. alt.
Wrachthuijzcr, Joh. David, Organist, st. 30. September in Amster-
dam (£eb. 5. Mai 1804 ebd.)
T3retmun<], Ferdinand, Organist, Musikdirektor etc., si 22. Sept.
in Aachen (geb. 1830 in Brockerode, Hessen) Guide 41,
Signale 855.
Totenliste im Jahres 1883. 101
c Branca~ < £a7nMasi, Cirilla, st. 12. Jan. in Mailand. (Ricordi 20).
73rava, Max, Direktor des Conservatoriums in Linz, st. ebd. i«i
4. Februar (geb. 5. Februar 1845 in Prag). Sligerlalle
von Pfeil in Leipzig pag. 61.
HUtficro, Germano, Masiklehrer, starb im Sept. in Neapel, 43 J. alt.
^Canal, Pietro, Musikschriftsteller, starb im Oktober in Crespano
(Treviso) 76 J. alt, ( nach dem Wochenbl. 67 J. alt).
^Capotorti, Luigi, Komponist, st. im Marz in Neapel, 77 J. alt
^Carini, Cesare, Organist, st. im Sept. in Mailand.
"Catalani, Eugenio, Komponist, Vater des Alfredo, starb im Okt.
in Lucca.
Hlaztaux, einst Bassist an der Oper in Paris, st. im Jan. in Rieux.
"CkanoU Georges, Saiteninstrumentenmacher, starb 10. Januar in
Courcelles, 81 J. alt.
c CUrk, Scotson, Orgelvirtuose tind Vorsteher einer Orgelschule
in London, st. ebd. 5. Jali (im besten Mannesalter).
^Colbcrt^Cljalanais, Marquis NapolSon Joseph de, Opernkomponist,
st. 30. Sept im Schloss Orsonville b. Rambuoillet, (Guide 41.)
c Corfc, Charles William, Organist, st. 16. Dez. in Oxford.
°Cojta, nach Anderen l €mte f NapoI6on, Komponist fir die Gnitarre,
st. im Jan. in Paris, geb. 27. Juni 1805.
^Cmil Jules, Komponist von Operetten, st. 13. Nov in Paris.
'Crtssonnois, Jules Alfred, Komponist, st. 20. Marz in Paris (M4-
nestrel 136).
Hlro-wdy, John, Musikschriftsteller, starb 12. Jan. in Fair Oaks
(Adlestone, Surrey) 48 J. alt. (Guide Nr. 4).
3am , Henshaw, Organist und Komponist, starb 5. Februar in
Worcester (V. St. Amerika) Guide Nr. 9.
3)arbcrviUe, Georg, gen. *<Xer<jct f Pianist und Lehrer, st. im Mai zu
Marseille, 62 J. alt.
2) arcier, siehe Lemaire.
3) cmol, Francois Marie, Komponist und Organist, starb 3. Nov.
in Ostende (Guide 45).
ZDcutZy siehe Magnus,
i ZDevignc, Achille, Komponist, st. 8. Aug. zu lxelles-lez-Bruxelleis
(Glide 34/35).
3)ood, Mme. N., geb. Am61ie Balfe, SSngerin und Gesanglehrerin,
Schwester des Komponisten Balfe, st. im Dez. in Dublin.
ZDapplcr, Albert Franz, Kapellmeister des Wiener Hofoperntheaters,
st. in Baden bei Wien am 28. Juli, nach dem Wochen-
blatt am 27. (Bock 247).
ZDulouchet, Singer, starb im Juni in Nogent-sur-Marne.
102 Totenliste des Jahres 1883.
'Shame. John, Komponist und Singer, st. 26. Mai in Dublin.
2)tirand, Musikdirektor undLeiter der „ Lyre Meudonnaise," starb im
Jan. in Meudon.
*%Lrk, Ludwig, der Sammler und Herausgeber des deutschen Liedes,
st. 25. Nov. (licit den 24.) nach langem Leiden zi
Berlin, 76 J. alt.
&alre, Paul, Violinist, st. im Mai in Paris (Guide 21/22. Wochen-
blatt 261).
fjtyrbach, Joseph, Flutist und Komponist, st. 7. Juni in Wien, (n.
A. den 6.), 79 J. alt. (Signale 634).
&lackat, Lambert, einst Baritonist, st. 25. Mai in St. Mand6 bei
Paris, 74 J. alt.
tylototv, Friedrich von, st. 24. Jan. in Darmstadt (Biogr. Bock 33.)
dbntainc, Louis Henri Stanislas Mortier de, Virtuose, st. 16. Mai
zu London, 65 J. alt. (Glide 22/23).
&orlcrc] } Friedrich, Violoncellist und Gesangiehrer, starb 8. Juni
in Diisseldorf (Signale 634).
ffanqut, Octave. Komponist, Kritiker und Custos a. d. Bibl. des
Pariser (Jonservatoriums, st. 21/22. April in Pan. (Guide
Nr. 17., Biogr. im Mtaestrel 176, 177).
tyrattini, Egidio, Posaunist, st. im Dez. in Mailand.
?Jfochs~ c lfywatcr, Frau. Gesanglehrerin, starb im Mai oder Juni in
Frankfurt a./M., 50 J. alt.
Qallo, Antonio, Orchesterchef, starb 4. Jan. in Venedig. 68 Jahr
alt. (Signale 109).
Don Juan, Prof, an der nationalen Musikschule zu Madrid
und Verfasser einer Gesangschule, st. im Sept. in Madrid.
glinka, Dimitri de, Komponist, st. im Juni in Lissabon.
^none, Francesco, Baritonist, st. im Dez. in Florenz.
tyllmick, Adolt, Komponist, st. 7. Marz in London, 58 Jahr alt.
tyodwin, John Lawrence, Violinist, Organist und Orchesterdiri-
gent, st. 13. Marz in Manchester.
^rddcncr, Karl G. P., Prof, am Conservatorium in Hamburg, st.
ebd. 10./11. Juni, 71 J. alt. (Necrolog: Signale Nr. 40).
^rutzmackcr, Flfitist, st. 9. Januar in Berlin.
Lguicciardi, Giovanni, Sanger und Gesangiehrer, starb 5. Okt. in
San Polo d'Enza. (Signale 951).
<£uidi, G. G., Musikverleger in Florenz, st. ebd. den 18. Januar.
Hunql, Johann, Tanzkomponist, st. im Nov. in Pecs (Ungarn).
(tiacs, Charles, Violoncellist, st. 1. Okt. in Ostende.
cttale, Joseph P., Pianofortefabrikant in New- York, starb ebd. im
Okt. oder Nov. (Signale 1115).
Totenliste des Jahrps 1883.
103
%talevy, Leon, Komponist, Bruder des Opernkomponisten und Ver-
f'asser der Biographie des letzteren, starb 2. Sept. zi|
St. Germain- en- Laye.
(Harcourt, James, Dirigent der Choral Society in Norwich, start
. ebd. 27. Mai.
cliauck, Karl, Violinist, st. 12. Dez. in Berlin.
{Hcincvdter, Pierre, Milit&rmusikdirektor. St. 18. Okt. in Schaerbeek
bei BriisseL (Guide 45.)
gfennen, Matthieu, Mnsiklehrer und Komponist, starb 4. Juni in
Antwerpen, 55 J. alt. (Guide 24/25.)
(Heuyel, Jacques Leopold, Musikverleger und Herausgebet- des
Miiestrel in Paris, starb ebd. 12. Nov., 67 J. alt (Guide
Nr. 47, Signale 1081, IMnestrel 401.)
{Hirsch, Aug. Hermann, Ifusikalienh&ndler, st 29. Okt. in Leipzig,
74 Jahr alt.
SioefUr, Fanny, geb. Mejo, einst Siagerin, st. im Juli in Braun-
schweig. (Wochenblatt 444.)
tttbhd, Gustav, Bassbuffo, st. 3. Dez. in Wien. (Eine interessante
Lebenskizze brachte einst die Gartenlaube von Keil,
1869, Seite 59.)
{Hopkins, R. W., einst Musikdirektor an der Christkirche zu Lon-
don, st. ebd. den 30. Jan.
(Horton, Joseph, Mnsiklehrer, st. 28. Nov. zu Camberwell, 78 J. alt.
(Hummd, geb. Elisabeth Roeckel, einst S&ngerin, dann Gattin
Nepomuk Hummers, st. 3. MIrz in Weimar. (Guide 12.)
Mitteilnngen.
* lii den Monatsh. von 1879 (11. Jahrg. Seite 17 u. f.) wurden aug
dem theoretisohen Werke „Kurtzer, jedoch griindlicher Wegweiser" dritte
Auflage Ton 1698, AuBziige gegeben. Herr J. Louis Renner in Regens-
burg teilt mir den Titel nebst Ausziigen aui der wahrscheinlich ersten
Ausgabe mit, den ich hier mitteile. Ioh ftige noob hinzu, dass der Inhalt
genau mit der 3. Ausgabe ubereinstimmt, nur fehlt die fI Ars cantandi"
Ton Carissimi, wie ich sohon Seite 17 bemerkte, da dieselbe erst der 3.
Auflage beigegeben int. Der Titel lautet :
„Kurtzer | jedoch griindlicher j Wegwei ser , | Vermittelst welches
man aus dem Grand die Kunit | die Orgel reoht zu echlagen, so wol was
den General-Bass, J als aucb was zu dem Gregorianischen Choral-Gesaug
•rfordert wird, | erlernen, und durch lelsstges Uben zur Vollkommenheit
bringen | kan. | Wo bey auoh die eigentliebe Unterweisung, obgemeldten
Choral- | Gesang zu begreiffen, all© desselben Tbon zu erkennen, und sich
104
Mitt tilun gen.
nacb denselben in | den Introitibus, Kyrie, Hymnia, Psalmia, Benedictus,
Magnificat^ etc. wissen auf der Orgel | mit dem Praeambulia zu ricbten. |
Dame hinzugefiigt ein in Kupfer verfertigter Ubungs-Plan, bestebend in
allerhand | Praeambulia, Interambulia, Veraen, Toccaten, Tastaten, Varia-
tionen, Fugen, und dergleicben, alle | nacb Ordnung' der bo wol regular,
all traniponirten 8. Kircben-Tbonen eingericbt. | Allen so Gaist- ala Welt-
licben, welobe notbwendig den Cboral-Geiang versteben aollen, | maiatena
aber der lernenden Jugend, und denen, so der Lateinisohen Spracb uner-
fabren, zu lieb in | Teutacb hervorgegeben, und in Druck verfertiget. |
AUGSBURG, | Gedruckt und zu finden bey Jacob Koppmayer, | wie aucb
in dem Capell-Hausa bey dem Hohen Dohm-Stifft allda, 1689. |
1 vol. in Id. quer 4°. 48 Seiten Bucbdruck und 55 Seiten Kupfer-
druck mit Orgelatiicken. Im Beaitze der bischofl. Proske'acben Bibliotbek
in Kegenaburg.
Ferner teilt derselbe Herr den Titel einea biaber unbekannten Werkea
mit, welchea sicb in seiner eigenen Bibliotbek befindet, ea lautet : SCALA
JACOB I Ascendendo et Daacendendo. | Das ist : | Kiirtzlicb, docb wohl-
gagriindete Anleitung, | und | vollkommener Unterricht, | die Edle CHO-
RAL-MUSIC | denan Reglen gemass recbt aua dtm Fundament zu ar-
lernen. [ . . . AUGSBURG, verlegts Jobann Jacob Lotters seel. Erben.
1756. |
* Das auf Seite 36 angezeigte Werk von A. 6. Ritter : Zur Gescbicbte
des Qrgelspiela, schreitet rtiatig weiter und liegen bereits 7 Lieierungen
vor, toils Text, teila Muaikbeilagen ; beaonders letztere entbalten aebr
viel wertvollen Stoff zum grossten Teil das erstemal neu veroffentlicht.
Wir empfeblen das Werk angelegentlichat, sowobl dem Hiatoriker alt
praktiscben Musiker.
* Herr Eduard Kulke bat die Tappert'sche Idee der „wandernden
Melodien" in einer kleinen Schrift „Ueber die Umbildung der Melodie."
Ein Beitrag zur Entwickelungalehre von . . . Frag, 1884. J. G. Calve'-
scbe k. k. Hof- u. Univ.-Bucbhandlung. (Ottomar Beyer,) in klein 8«, 20
Seiten, in anderer Weise bebandelt ; ob glticklicber, uberlaaaen wir den
Leaerii der Schrift
* Den Herren Verlegern zur gefalligen Nacbricht, daaa muaik-tbeo-
retiacbe Werke, sowie moderne Kompoaitionen in den Monatabeften nicbt
beaprochen werden.
* JTierbei zwei Beilagen : 1) Fortsetzung der Caataten, Bogen 7.
2) Katalog Joaebimathal, Bogen 8.
Verantwortlicber Redact eur Robert Eitner, Templin (Uckermark),
Druck von Hellmutb See gar in TempKu.
nir
MUS1K-GESCH1CHTE
lierausgegeben
VI>!1
der GtotUsch&ft fur Mus&forgcta&g.
j Pr«is dei Jakirgauget § lfk. Monatlicb encheint tint
1 Ntmnitr von 1 bit 2 Bogen Intertiontgebtihren fiir
IVI. Jtiiuiu «.«-.._..«*. i „
ioni , KommitsioniverUg der Rreitkopf uud | ■IVI JLlV/s
lOO*. ' H artel 1 tchen Bttehhandlung in Leipzig.
I Ret'tcUungen |
1 nimmt jede Buch- and Mniikhaudlung enigegeo. «
Bartholomaeas Gesius
eigentlich diss, wurde uach del „Mitteilungen des historisch-
statistischen Vereins zu Frankfurt a. 0." 1873. Heft 9— 12, pag.
84—86 and 136 — 145 (Artikel von R. Schwartze) urn 1555 in
Mtincheberg bei Frankfurt a. 0. geboren. Das alte Ratsprotokoll-
buch der Stadt Munclieberg en thill t im Jahrgang 1557 die nach
dem Tode des Vaters von der Mutter erfolgte Erbteilung und
wird ilim als sein Anteil aisgesttet: 18 scliock ahm gelde.
1 lundischer rock, en lundisch phar Hosen, ein vorstadt (eine Art
Zeug) wamnies, 2 Bedden, 2 Keussen, 2 Lacken, 2 Handtwelen,
2 Dischtwelen. 2 zuchtrinder und die halbe koste. d. h. die halbe
Ausriistnng der Hochzeit. so gross als sie das Gegentheil thun
wird."
Gesius studirte Theologie und starb 1613 in Frankfurt a. 0 ,
wahrscheinlich an der damals herrschenden Pest Der Artikel
besckaftigt sick darauf mit den von ihm 1597 herausgegebenen
„Hymni scholastici" (Bibl. Breslau). Barthel §§g§ wird er in
einem Epithalamium von 1595 genannt. Dasselbe ist auf die
Hochzeit des Buchh&ndlers Friedrich Hartmann von Bartliol.
Ringwaldt gedichtet und enthalt iolgende auf Gesius beziiglicbe
Stropben :
1. Herr Bartel Goss, das edle Bint,
Kann trinken wobl und singen,
Monatth. f. Mvnjkgeach. Jahrg. JLVI. So. 10 12
106
Bartholoinaeua Gebiua.
Dass es gar in der Kirchen thut
An alien oil en klingen.
2. Er hat dem Brautgam wohlgedacht
Ein scb on stuck Coniponiret,
Welches wohl wird werden weit gebracht
Und offtmals Repetiret.
3. Gott well dem Wohlgelahrten Mann
Und Christ lichen ('antoren
In kurtzer Zeit audi kommen lahu
Pastoris ad honor em.
4. Denn er ist solcher Ehren werd,
Verhalt sich fein bescheiden,
Und wird wohl wissen Christi herdt
Mit aller Trew zu weiden.
Seite 136 — 145 werden die von Gesius herausgegebenen Ge-
sangbicher und ihre Vorl&ufer eiuer Prifung nnterzogen. Er-
w&hnenswert sitid ais den Artikel noch folgende Nachrichten.
Die Schulstunden in Frankfurt a. 0. im 16. Jahrhundert waren
auf 6 — 9 Uhr morgans und 1—3 Uhr Nachraittags gelegt;
um 10 Uhr morgens afs man dan MittagsmahL Kreitags frill
fielen wegen der Wochenpredigt die ersten beiden Schulstunden
aus und Mittwoch wie Sonnabend war der Nachmittag frei, so dass
also die Woche 24 Lehrstunden hatte.
Um 1588 scheint sein erstes Werk im Druck erschienen zu
sein und zwar ist dies die bei Matthes Welack in Wittenberg er-
schienene „Historia vom Leiden vnd Sterben vnsers Herrn vnd
Heiland Jesn Christi" mit 2—5 Stimmen. (Neu abgedruckt in
Commer's Musica sacra, torn. 11.) Yon 1595 ab nennt er sich
auf den Titeln seiner Drucke „ Cantor zu Frankfurt a./O." Eine
reiche Sammlung seiner Werke besitzen die Bibliotheken zu Bres-
lau. Siehe Bohn's Bibliographic. Berlin 1883 p. 145—154.
Aus obigem Artikel sind noch einige alte Cantoren am Ly-
ceum iu Frankfurt a./O. zu erw&hneu:
Mich. Kiihnel 1666 f 1725.
Sam. Ktthiel ?
Waltlier 1763
Iriger 1766.
Karges 1770—1813.
Signor Oscar Cliilesottu
107
Signtr §wm Chilesotti,
In Bassano Veneto ebend, hat dem Unterzeidmeten eke Auzahl
alterer nocli unbekannter italienischer Kompositionen zur Einsicht
iibersandt, die tells von ilim neu herausgegeben, teils sich noch
in Handschrift befinden und von ilim spartirt sind. Seine Absicht,
resp. Anfrage, die Letzteren durch Hilfe der Gesellschaft fiir
Musikfbrscluing herauszugeben, konnte ich niclit unterstutzen.
Bei dem heutigen Stande der Geschichtsforschung genugt es niclit
mehr, (lass der Alitor unbekannt ist. Die Neudrucke alter Werke
haben so grofse Dimensionen angenommen. dass eine kritische
Prtifung des Kunstwertes durchaus notvvendig ge word en ist. Einst
reizte schon die Aut'findung eiues unbekannten Autors zur Ver-
offentlichung seiner Werke, walirend lieute eine Besprechung
genugt und nur das Beste und Originellste im Wiederabdruck
zu erscheinen notweudig ist. Schwache Komponisten hat es zu
alien Zeiten gegeben, die ihr Geld gern daransetzten sich ge-
druckt zu sehen. Ich t'ttlire zuerst die Werke an, die bereits
Herr Chile sotti durcli den Druck veroffentlicht hat :
1. Oapricei Armonici sopra la Chitarra Spagnola del Conte *
Lndovico Boncelli (1.692). Milano, F. Lucca.
2. Danse del secolo XVI trascritte in notazione moderua
delle opere : Nobility di Dame del signor ^alritio Caroso da Ser-
moneta, Le Gratie d'Amore di ( Cesare ^iyri Milanese detto 11
Trombone. Vol. 1 der Biblioteca di rarit& musicali. Milano,
Ricordi.
:i Balli d'Arpicordi di Giovanni Picchi, Organ ista della Casa \
Grande in Venetia (1621). Vol. 2 der Biblioteca, Ibidem. In 4°.
4 In Vorbereitung sind die „Affetti amorosi, Canzonette i
ad una voce sola raccolte da Giovanni Stefani** (1624).
5 Das biographische Werk : J nostri maestri del passato, >
Note biografiche sui piu grandi musicisti italiani da Palestrina
a Bellini. Milano, Ricordi.
Handschriftlich und zu spaterer Veroffentlichung liegen mir
noch die Werke vor:
1. Le Varie | Mvsiche | Di Bafaele Eontani | A Vna Dve, E
Tre Voci, [ Per Cant are Nel Cimbalo, 0 In | altri stromenti si-
mil i, con L'alfabeto per la Chitarra | Spagnola in quelle pin il
j
108
Signor Oacar C'hileaotti.
propositi) per j tale stromento. [ In Roma, I Appresso Gio. Battista
Robletti, 1623. | etc. 6 Biieher mit 103 Gesangen.
2. hitavolatura | de leuto | tie Joanne Matelart | Fiamengo
musico | Libro Primo novamente da lui composto intabulato &
corretto | & posto in luce, . . . : In Roma | Per Valerio Dorico
L'anno M. DLIX. |
Von den Drucks aclien liegt mir nur das 3. (Picchi) und ausserdem
die beiden letzten handschrift lichen Wei-k* vor. Picchi ist ein wahr-
haft ungeschlachteter Komponist. Seine Erfindungsgabe istnicht
bedeutend, do ch lieblich und ansprechend. Die Melodieen sind
gesangreich und empfindungsvoll, doch dazu setzt er in der Tiefe
eine dreistimmige enggehaltene Harmonie, die fast durchweg sich
in 6 teM und 8 Ten bewegt. Sie ist geradezu haarstr&ubend und man
begreift nicht, wie ein Organist in Venedig urn 1620 so etwas
veroffentlichen und doch audi offentlich spielen durfte, wo ein
Monteverde und andere Meister ihre Anerkennung in reichem
Maasse fan den*)
Die Laute nstiicke von Job. Matelart, deni Niederlauder von
1559, sind in gebundenen Stile des 16. Jahrhunderts geschrieben,
doch die Durf tigkeit der Laute, meist zwei- und dreistimmig in
abgerissener Stimmenf uhrung gesetzt, wie es eben die Laute zu-
liess, benimmt dem Satze jeglichen Kunstwert. Man erkennt den
edlen Stil, die gediegene Ausdrucksweise, doch sie kommt nicht
zur rechten Geltung. Mehr Wirkung machen die Satze fur zwei
Lauten, nur ahnelt ein Satz zu sehr dem anderen, so dass man
an der Kenntnis des einen vollstandig genug hat.
Bontani ist der Professions - Schreiber. Er schiittelt seine
Cantatensatzchen aus dem Aermel. Schwach in der Erfindung,
empfindet man bei, der Durchsicht der 6 Biicher sehr bald Lange-
weile, da weder die Melodie, noch die Stimmfiihrung fes^elt
Die Begleitung besteht aus einem simplen wenig bezifferten Bass.
Die liii) und wieder ausgeschriebene Guitarre - Begleitung be-
achrankt sich nur auf voile abgerissene Akkorde. In den zwei-
ini dreistimmigen Sitzen finden sich zwar Ansatze von Nach-
ahmungen, doch sind sie zu durf tig, als dass sie Interesse er-
wecken kflnnten.
*) Von Picchi besitzt Breslau einen Band Canzonetteu zu zwei bis
acht Htimraen, vou 1625. Siehe Bohn*s Katalog.
Totenliste des Jahres 1883.
109
So verdienstlich die Bestrebungen des Herrn Chilesotti sind
und er sich unserer Sympathie versichert halten kann, so llsst
er sich in seinen Studien noch zu sehr von der Aulfindung un-
bekannter Autoren beherrschen, deren Werke er ohne Priifung
und Vergleichung mit den Leistungen der Zeitgenossen uber-
sehiitzt. . Historisch sind seine Auffindungen von grossem Inter-
esse mid verdienen unsere voile Beachtung, doch im Neudruck
sollen wir nur das Beste oder Origineliste wieder bekannt raachen.
U^ohert ^itncr.
Totenliste des Jahres 1881
die Mmiik betreffend.
(F u r t s e t z u n g).
3samxtt, Enilioj, ttaritonist, st. im Febr in Mailand, 32 J. alt.
Marcher, Adolphe, Vorsteher der r Societe chorale ies Enfants de
Lut6ce, M st. 15. Jan. zu Paris, 40 J. alt.
%eleni, Lucy, trat als Pianistin inter dem Nam en Xucy likine au£
st. in Mlrz in Paris, 30 J. alt. (Menestrel 136 )
HCcllcr, Heinrich, Violinist und Lehrer, st. 10. Mai in Kreuznach,
71 J. alt.
^Ketten, Henry, Pianist und Salonkoroponist, st. 1. April (n A.
31. Mlrz) in Paris, 35 J. alt. (Bock 119, Menestrel 151).
lirakamp, Emmanuel, Klotist und Komponist, st im Dezember in
Neapel.
UralL Johann B., Kirchenkomponist, st. 4. Mai in Wien, 80 J.
alt. (Signale 556)
JCmqer, Wilhelm, Hofpianist, st. 17. Jini in Stuttgart. 62 J. alt.
(Bock 206, Menestrel 247, Neue Zeitschr i. Musik, p 326)
Ivuntze, Karl, Seminarlehrer und Musikdirektor in Delitzsch, Kom-
ponist von M an n e r-Qu ar t e 1 1 e n , st. 7. Sept. ebd. (geb. 17.
Mlirz 1817 zu Trier.)
Xcavy, Arthur James, Organist, st 31. Okt. zu Paris (Guide 45).
Xedcsma, Nicolas, Komponist und Organist, st. 4. Jan. zu Bilbao;
geb. 9. Jul! 1791 zu Grisel (Aragon).
Xccnders, Philipp, Musikdirektor, st. 20. Mlrz zu Hasselt ; geb.
11. Juli 1798 (Guide No. 13).
Xefranc, Charles, einst Tenorist, st. im Mai zu Montredon b. Mar-
seille, 53 J. alt.
Xchmann, Fran Marie, Harfenvirtuosin, st. 30. i)ez. in Berlin.
110 Totenliste des Jahres 1883.
Xemaire, Joseph, gen. harder, Sanger nnd Komponist, si 21. Dez.
in Paris (Guide §2, Signale 1884, 59).
Xenz, Wilhelm von, Kaiserl. russischer Staatsrat, Musikschrift-
steller und Pianist, st. 19. Jan. in St. Petersburg. Ge-
burtsjahr unbekannt, jedocli nach der amtlichen Angabe
ist er im 80. Lebensjahre gestorben. Er selbst soli sein
Geburtsjahr friiher 1807 angegeben haben, die Lexica
dagegen schreiben 1809. (Biogr. u. Urteil : Bock 65).
Xeonhard, Jul. Emil, Lehrer und Komponist, st. 23. Jnui in Dres-
den (Biogr. nebst Bibliogr. Centralbl. 339. Signale t>34
schreiben den 24 Juni).
Xcvl y Prof, am Conservatorium in Stuttgart, st. 20. Okt. ebd ,
67 J. alt.
Xevi, Samuele, Opern-Koniponist, st. im Mirz in Venedig (Guide
Nr. 13).
£ewy, Karl, Pianist, st. im Mai in Wien.
Xt-\w f Richard, Hornvirtuose und Gesanglehrer, st. 31. Dez. in
Wien.
Xitla, Marie (von Eisner, in London trat sie unter dem Namen
2}Urie 73ronckL7ii auf) Sangerin, st. 7. Juli in Hlooniington
(Illinois). Guide 32/33.
Xonati, Komponist und Kapellmeister, st. 31. Okt. in Paris.
Xwcnz., Dr. Franz, Musikschriftsteller, st. 8. April in Wien-Neu-
stadt, 78 J. alt.
XMers, Charles, Musiklehrer, st. 7. Juni in London.
Xutjcn, Henry, Violoncellist und Komponist, st. im Dez. in London.
^lackey, Frau, Harfenistin, st. im Juni in Dublin.
^Uijnus, Magnus Deutz gen., Komponist und Kritiker, st. 17. Dez.
in Paris.
^flaino, Giuseppe Del-, Prof, des Violiuspiels an der Kgl. Musik-
schule zu Parma, st. ebd. im August (Biogr. Rici rdi
316).
^larini, Pietro, Pianist und Komponist, st. 2. Febr. in Turin
%lario, (Marquis Giuseppe de Candia), Singer, Zeitgenosse Rubini's
und Tamburini's, st. 11. Dez. in Rom (Signale 1 197).
^larras, Giacinto, Gesanglehrer, st. im Mai m Nizza. 73 J. alt.
Sjrlassart, Victor, Contrabassist, starb 7. Aug. zu Luttich (Guide
34/35.)
Sftasset, Gustav, Musikschriftsteller, st. 22. Marz in Luttich.
glassy, Richard, Organist, st. 21. April in London, 84 J. alt.
Sflathicu, Emile, Komponist von Chansonettes, st. im Aug. in Paris.
%tat}ieu, Julien, Tenorist, st. 1. Dezember in Neuilly bei Paris-
(Guide 50.)
Totenliste des Jahres 1B83.
Ill
%tat}ka, George, Komponist und Musikdirigent, start) 16. Juni ii
New- York (Glide 28/29).
jflai'baum, Fritz, Contrabassist, st. iin Marz zu Berlin, 63 J. alt.
flayer, Emilie, Komponistin, st. 10. April in Berlin.
Sfleglio, Vincenzo de, Komponist, st. im Marz in Neapel, 58 J. alt.
$)Utircl } Auguste, Flutist, st. im Febr. in Paris, 37 J. alt.
%Uyer, Leopold von ? Pianist und Salonkomponist, starb 6 Marz
in Dresden.
Sflynnc. Guillaume Frederic Aim6, Komponist und Pianist, starb
16. Oktober zu Schaerbeek-lez-Bruxelles. (Guide 43).
3}i'd'dotLi t Giuseppe, Komponist, Lehrer und Orchesterdirig., starb
20. Mftrz in Rom.
%tin<juzzi, Quinto, Musiklehrer, st. 15. Februar in Forli.
S}lockcr, Antoine, Komponist, st. 26. Juli zu Paris, 89 J. alt.
3flclry t Grinder und Direktor der „Soci6tes chorales", starb im
Jan. zu Lyon, 72 J. alt.
S^lomas, Orchesterchef, st. 12. Nov. zu Rouen.
3}torere, Tenorist, st. im Okt. in Paris.
^louvd, Mine. Boutet de, Gesanglehrerin. starb 3. Mai zu Paris,
56 J. alt.
^Uilier, Bernhard, Diligent des Salzunger Kirchenchoi s, geb. 25.
Jan. 1824 in Sonneberg, st. 15. Dezember in Salzungen.
(Centralbl. 513, Signale 1884 p. 11 sagt in Meiningen).
flatter, Edouard Louis, Direktor der Societe d'harinonie zu Gheel,
st. ebd 8. Okt. (geb. ebd. den 26. Dez. 1812).
^duller, Johannes, Sanger und Prof, des Gesanges, st. 30. April
in Berlin.
y^atij-, Henri, Pianist, st. im Jan. zu Pau, 38 J. alt.
j^orieL Frl. Blanche, S&ngerin, st. im Mai in Bordeaux, 36 J. alt.
HJccorsio, Gaetano, Contrabassist, st. im Febr. in Neapel, 75 J. alt.
^Orridae, Miss, Altistin, st. im Sept. auf der Insel Jersey.
<Otevn, John (genannt Owain Alaw), Komponist und Lehrer der
Harfe, st. 30. Jan. in Chester, 65 J. alt.
^acjans, Lorenzo, Sanger, besonders durch den Vortrag spanischer
Lieder beruhmt, st. 8. Juli zu Paris.
cparloTv, die Einen nennen ihn Willi elm, die Andereu Albert,
Militarmusikdirektor, st. 27. April in K&nigsberg i./Pr.
jparin«, Raffaele, Prof, der Obo6 am Liceo musicale zu Bologna,
st. im Mai ebd.
'jPaync John Howard, Liederkomponist, st. im April oder Mai in
Tunis. (Signale 650).
Hi Mitteilungen.
^cpin, Jean Gaspar, einst Kapellmeister, st. zn Marseille im Nov.
(geb. 13. Dez. 1807).
^iatti, Enrico, Violoncellist, st. im Sept. in Brescia.
^pcyner-Jlyhl, Frau Constanze, Sangerin, st. 29. Sept. zu Giessen,
57 J. alt.
^olat-Hrasinska, Mme. Kelicie, Pianist in, starb 8. Jan m Paris.
(Guide Nr. 3).
(Fortsetzung folgt.)
Mitteilungen.
* Das Iiisfitut flir Kircbenrausik in Berlin besitzt von Giovanni Ja-
COpo de Neufville, einem bisher uubekannten Kompouisten, folgendes Werk :
Sex llelea j s. | Ariae j cum Variationibus | Organvm | Pnevmaticvni j
Mvsicvm, | Autore | Johanne Jacobo de Neufville. |
Ohne Ort unci Datum. 1 vol. in bocb fol. von 2 Bit Dedication tmd
25 Seiten Orgelstiicke, bestehend in 5 Arien mit Variationen iind 1 Cia-
conna (Notensticb). Die Dedication Ist vom Autor in Venedig den 3.
Februar 17» 8 unter/eicbaet und auf dem Titelblatt ist bands«hriftlicb
binzugeiiigt : starb den 4. August 1712, 28 Jabr alt,
* Leo Liepmannssobn, Antiquariat in Berlin. Katalog XXXIV.
Zum Teil aus dem Nacblasse des (lesanglebrers G. W. Tescbuer. Ent-
balt Biicber und Musikalien. Die Gesangsmusik : Scbulen. Solfeggien.
Liedersammlungen, Operarien n. a. ist besonders reicb vertreten.
• :: Katalog CLVI des antiquar. Biicberlagers von Fidelis Butsch Sohn
(Arnold Kuczynski) in Augsburg. Entbalt auf Neite 24 eine interessante
Sammlung tbeoretiscbe. praktiscbe und bymnologiscbe Mustkdriicie aus
alterer und neuer Zeit.
* Katalog von Kirchhoff & Wigand in Leipzig, Nr. 709. Entbalt
eine reiche Sammlung neuer und alterer Gesibichtswerke iiher Miisik, tbeo-
retiscbe AVerke und sebr vie] praktiscbe Musik. Die Neuzeit ist reicb
vertreten, docli audi das 18. Jabrh. und Einiges aus dem Hi Jabrb.
* Bericbt Liber den Tonkiinstler - Verein zu Dresden. B I VereinF-
jal.r. Dresden 1884. In kl. 8°, 62 Seiten. Entbalt die Cbronik des vor-
flossenen Verein sjabres. die Programme der Uebuugsabende und Pro-
duktionsabende, die Bibliotbek und das Mitglieder-Ver/.eicbnis.
* Als Mitglied der Gesellschalt fiir Musikforscbung ist eingetreten :
Herr Jacob Wist, Stiftskaplan und Cbordirektor in Luzern.
* Die Redaction bittet iini gefallige Benac.'iricbtigung uber ein so-
ebeu ersebienones Werk, angeblicb betitelt: ,,Levais, Tonstiieke aus ilem
12. 13. 14. und 15, Jabrbundert. Es wird nur um den Titel und Ver-
leger gebeten.
* Hierbei zwei Heilagen : Fortsetzung der Can tat en, Bogen 8
und 9.
Verantwortlicber Redact eur Robert Eitner, TiWplil (llckennarkl
Druck von H e 1 1 m u t h Seeger in Templin.
MUSIK GESCHICHTE
herausgegeben
von
dir Gisillwhaft fOLr Xuiikforsohaog.
171. Jahr^aug.
Preis des Jahrtranges 9 Mk. Monatlicb ertcheint eiue
Xummer vou 1 his i Bogcn ImertiouBgehuliren fiir
die Zeile 30 Pfg.
1 ftlUA Kom missions verlag der Broitkopf uud
lOO*. j II * r t e 1 * sclien Bnchhandluug in Leipzig.
1 Bestellungeu
I uimmt jede Ruch- uud Musikhandlung eiitgegen.
3STo. 11.
lie Stadtbibliothek Ii Lfibeck.
Herr Musikdirektor Stiehl hat vor Kurzem das Amt eines
Vorstehers der musikalischen Abteilung obiger Bibliothek iiber-
nommen und es steht in sicherer Aussicht. sobald der dortige
Senat die Mittel zum Drucke des Kataloges bewilligt, baldigst
zu erfabrei, welclie Sch&tze die Bibliothek birgt. Als Vorlftufer
seiner Beroitliungeii sandte er der Redaction eine Reihe Beschrei-
bungen seliener Weike ein nnd lasse ich die am ausfuhrlichst
besehriebenen hier folgen.
1.
I). Joannis Jacobi Lncarii j Concentuum qui vulgo Motetta nun-
cupantur. | Liber Primus | Quatuor vocum f V T enetijs Apud I Anto-
nium Oardane. M D.XLVTI. 1
4 Stb. in quer 4° von je 38 Seiten. Dedication :
Eccellentissimo Domino Johanui Bernardino Carbon i Patritio
Neapolitano, suo Mecenati Patronoque Opt: Lucarius Salutem. P. D
Praestanti virtute tua, singularique humanitate adactus, pa-
trone optime, lias primitias dudum ex musicae studio (.'ollectas
tibi dedico, ut qui iampridem me ipsum penitus dediderim. Nam.
et si hoc munusculum paupertate sua sordescere non ignoro, Scio
tamen uitio dandum te minime existi mare, si quispiam thura
non habens mola salsa litauerit Quod si tantillum uoluptatis ap-
poitaffe cognouero, alia in posterum moliar, que fortafse nato tuo
MoaaUh. f. Muaikgeich. Jabrg. XVI. No. 11 13
114 Die Stadtbibliothek in Ltibeck.
Hieronymo bona indole praedito usui oblectamentoque efse pote-
runt si praeterea Hippolyta Toialta uxor incomparabilis, Conce-
tibus longe dulcioribus affueta lias meas nugas non omnino afper-
nabitur, summam laudem affequutus milii uidebor. Vale.
Lucarius Suns.
Thorn. Cimelli Epigramma.
Ad Lucarium suum.
Lucari, mihi chare ac lux, tot prodere libros
In lucem harmonious, incipe rite tuos.
Sic prodefse magis sic delectare et ubique
Angelicos poteris foepe referre clioros
Carboni sed nostro qui it carbunculus, omni
Fulget honore, facer fac rogo primus eat,
Ut tibi lucem addas, ut tutus gratior ut sit:
Eternam ut lucem reddat utrique deus.
Alohali lepinatis
Distichon. ad lectorem.
Cum aliquem bee potuifse putes nipythius illi
mouifset mentem pectora. cum calamo.
3ndex ^lotcttorum.
Hec est doraus dei
Pag. 1.
Dominus illuminatio mea
- 2.
Jubilate deo
- 5.
(•antate domino
- 7.
Inclina domine
- 9.
Sails populi
- 11.
Inuocabit me
- 13.
Omnia que fecisti
- 15.
Ecce deus
- 17.
Dum clamarem
- 19.
Exaudi domine
- 21.
Spiritus domini
- 23.
In uoluntate tua
- 25.
Venite filij
- 27,
Gaudete in domino
- 29.
Alma redemptoris. Cimelli
- 31.
Alma redemptoris
Alchali sepinatis*)
- 33.
*) ^ Sepinum. Ort in Sainnium an der Strasse von Barianicum naoh
Aquilonia, deasen Einwobner Sepinates auf einer Inscbrift bei Orelli n.
130 eraebeinen. Jetzt Sipiooiano.
Die Stadtbibliothek in Lttbeok.
US
S.
El Conte | Bartholomei Comitis Gallici | Eecellentissimi Masici
Motetta 1 Quinque uocibus suauislime sonantia, Nunc primum in
lucem edita, | Ad Delectationeni Canentium. Yenetijs Apnd | An-
tonium Gardane. | M.D.XLVII.
5 Stb. in quer 4° von je 29 Seiten. Dedication :
Al Molto Reverendo Monsignor Jeronimo Superchio Prothono-
tario Apostolico, Mio Signor Ofseruandisfimo Antonio Gardane.
Cost umano Monsignor mio Reuerendo li nostri piu deuoti con-
facrar le tauole et gl'altari a quelli lor femidei a quali si sono
dati in protetione, et a quelli offerir le loro uittime, et incensi,
per dimostrargli segno della lor gratitudine e deuotione, Ond'io
mofso da cotale efsempio, ne ritrouandomi di presente altro dono
damostrarui in parte la mia intentione, che questo presente uolume
di Motetti, a uoi lo consacro, si per la causa detta come anchora
perche palesandosi sotto tal nonie honorato, cortese e uirtuoso,
haura a quello exito che io desidero e che ueimmente merita
per rispetto di se medesinio et di uoi, sotto il cui buono auspicio
lo ho impresso, e di imprimerne per lo aduenire m'aparecchio, e
cosi permetta iddio che uiuiate lungamente felice, come sempre
ui honoro, et reuerisco, e con lo affetto del core ui bacio la mano.
%abula.
Accipite spiritum sanctum 1. Hodie christus natus est 12.
Assumpsit ihefus petrum 20. Heu michi domine 13.
Cum iocunditate 4. Hec dies quam fecit dominus 17.
Caro mea uere est cibus 6. Ne proijcias nos 22.
Christus resurgens ex mortuis 8. 0 martir egregie 7.
Cenantibus illis 10. 0 sacrum conuiuium 24.
Domus mea domus orationis 2. O beatum pontiflcem 28.
Domine ne longe facias 16. Regina celi letare alleluya 26.
Emendemus in melius 18. Si bona suscepimus 29.
Gaudent in celis 25. Te gloriosus apostolorum chorus23.
Sacrae Cantiones | Quatuor, Quinque et Sex | Vocum. | Autore
Valentino Neandro. \\ Witebergae | Excusae Typis Matthaei Welaci,
1 Ammo MDLXXXI1II.
Nir 3 Stb. vorhanden ; Alt, Tenor und Sexta Vox, in quer 4°.
Hi
Die Stadtbibliotbek in LUbeck.
7 Seiten Widraung Illustrissimo Principi Doackimo ^riierm,
Administratori Primatus ac Archiepiscopatus
Magdeburgensis etc.
3 Seiten Widmung Eruditione et virtute otnato "Valentino ^eandro
Scholae puerilis apud fideles Brioenses guberna-
tori, suo amico ^aulus tberus, K. Pastor
Eccl. Witebergensis.
1 Seite Epigramma. Doljan : Sflaior. D.
1 — — (Lateinisch und Griechisch) JSimon JStcin
Lomacensis.
1 — — ^Cyriacus 0>dinus Luiieburgensis.
45 Seiten Noten.
Index Oantionum.
"Quatuor H?ocum.
1.
Dominus pastor meus.
2.
Prope est dominus.
3.
Tnclina Domine aurem tuam.
4.
Contere Domine fortitudinem iniroicorum.
2.
Laiuiate Dominum.
i.
Non litres Domine in iudicium.
7.
Christe Dei splendor.
^Quinquc ^Voctim.
8.
Delectare in Domino.
2 Discant.
9.
Quare tristis es anima mea
2 Discant.
10.
lmmola Deo sacrificinm lauds.
2 Discant.
11.
Wer inter dem schirm
2 Discant.
12.
Dancket dem HERRN
2 Discant.
13.
Laetamini in Domino
2 Tenor.
14.
Prima in a more Dei.
2 Tenor.
(Symbol u m Illustrissimi Principis ad Domini.
Joacb. Friderici.)
15. Candida simplicitas.
2 Tenor.
16.
Was mein Gott wil
2 Alt
17.
Christe tibi proprium.
2 Tenor.
ia
Jacta super Dominum.
2 Discant.
19.
In deo salutare meum.
2 Discant.
20.
Rebus in humanis
2 Discant.
(Clarissimo Tiro, D. M. Johanni Puchbachio — Secretario
& Consiliario intimo.)
21. Tribularer si nescirem. 2 Discant.
Totenliste des Jahres 1883.
117
J$cx *Vocum.
22. Hierusalem aedificatur. 2 Discant, 2 Bass.
23. Da pacpiu Doniiiie, 2 Discant, 2 Tenor.
24. HKir Gott gib vnsei n Filrsten 2 Discant, 2 Tenor.
25. Lucerna pedibus niels. 2 Discant, 2 Bass.
Totenliste ies Jahres 188S
die Musik betreffend.
(S c h 1 n s s).
jpott, August, einst Concertmeister in Oldenburg, St. 25. , n. A.
den 27. August in Graz.
^uttlinoen, Baron Johann Yesque von, ge.nannt J. Hoven, Kom-
" ponist, st. 29. Okt, in Wien (Signale 1002.)
c £u<]no f Stefano, Komponist, st; ini Dez. in Paris, 67 J. alt.
V^edem, Graf Wilhelm Friedrich von, Komponist-Dilettant, st 5.
Nov. zu Berlin.
yieicker-lQndermann, Hedwig. Altistin an der Hot biihne in Berlin,
starb 2. Juni zu Triest. (Selbstbiogr. Centralbl. p. 240,
Wocheubl. 308).
7{c<ncckc ,1. P. R , Yater des Leipziger Komponisten, Organist
und Gesanglehrer, st. 14. Aug. in Altona. (Signale 663.)
U{e issuer, Friedrich August, Binder des einstigen sachs Kapell-
meisters, ehemais Kapellmeister in Ohristiania (Norwegen),
starb 1. M&rz zu Fiederikshald. (Bock 87, Woclienblatt
sagt : st, den 2. Marz )
J\igaut y Antoinette Eugenie, einst Sangerin, st im Jan zii Fon-
tainebleau. 86 J. alt.
7{odas % Agostino, Bassist, st. im Sept. in Barcelona.
U{ode, Theodor, Musiklehrer und Schriftsteller fiber Alilif armusik,
st. 21. Dez. in Berlin.
Ulodenburij, Jacques, Musikdirektor, st. 29. Dez. in Schiedam
U{ocdd, Gnstav, Komponist und Theoretiker, st im Juni zu Mar-
seille, 45 J. alt.
U^dder, 0. G., Gi iiuder der Notenstecherei und Druckerei in Leip-
zig, st. 29. Okt. in Gohlis b. Leipzig. (Signale 1022.)
7\ohde, Ednard, Musikdirektor, Gesanglehrer und Komponist, st.
25. Marz in Berlin.
iftoljne, Kgl. Kammermusiker und Violoncellist an der Berliner
Kgl. Oper, st. ebd. am 21. Mai.
118 Totenliste des J Arm 1883.
V{ouvroy t Md, Louise (Comtesse de Villedeuil), Sangerin, si im
Nov. in Paris. (Guide 48.)
Vlubini, Dominique, einst Kapellmeister am russischen Hofe, st.
22. November m Reuil bei Paris, 77 J. alt.
3{uljn, V. Muikdirektor, st. 25. Juli m Minster. (Guide Nr. 40.)
jSakm, Carl, deutsch - ameiikanischer Komponist, Dirigent, st. im
F«br. in New- York, 61 J. alt.
jSanti, Giuseppe Gastaldo, Komponist, st. im Febr. zu Turin, 59
J. alt.
Jiarrk, Enrico, Komponist. st den 2. oder 3. Febr. in Neapel.
Jiarti, Raffaele, Komponist, st. im Juli zu Ferrara (Ricordi 264 )
JSckira, Francesco, Komponist, st, 16. Okt. zu London. Andere
schreiben den IS. November.
jScfuull. Heinrich, Komponist, st. im Dez. in Berlin.
JStbastiani, Constanze, geb. in Amsterdam 1796, war von 1812
bis 1834 Sangerin an der Berliner Oper, st. in Berlin
den 12. Mlrz.
JSccchi, Benedetto, Komponist, st. im Mai oder Juni in Rom, 52
,1. alt. (Ricordi 214)
JSeure, Leopold, Orchesterchef, st, 15. Aug. zu Bourges, 28 J. alt.
fricjhiccUi, Antonio, Violinist und Orchesterchef, starb im Okt. zu
Modena. (Biogr. Ricordi 400.)
frimiol, Andre. Komponist, Orchesterdirigent und Musikschrif t-
steller, st. 2. Dez zu Paris.
^Hermann, F. A., Bibliothekar an der Akademie fir Musik in
Stockholm, auch Komponist, st. daselbst Ende Juli.
JSpcran$a, Maria, Sangerin, st. im Febr. zu Mailand, 26 J. alt.
JStasny, Ludwig, Komponist und Dirigent der Palmengartenkapelle
in Frankfurt a./M , st, im Okt. ebd. (Signale 1022.)
jSteintr, Franz Xaver, Zittervii tuos und Komponist, st. 17. Juni
in Miinchen, 44 J. alt,
Jitern, Julius, Musikdirektor, starb 27. Febr. zu Berlin. (Biogr.
Bock 73.)
fitillc, T. H., Musikreferent des Glasgower Herald, st. in Glasgow
im Juni.
JSusini, einst Bassist, st. 24. Nov. in London, 60 J. alt. (Guide 50.)
Jescbntr, Gustav Wilhelm, Prof, und Gesanglehrer, Herausgeber
zahlreicher Werke des 16 und 17. Jahrh., starb im 83.
Jahre am 7. Mai in Dresden ; Wochenblatt sagt 8. Mai.
(Biogr. Bock 115.)
Jbitrnt, Lebrecht, Organist und Musikdirektor in Halle, st. 20.
Mai in Giebichenstein. (Biogr. Centralbl. p. 275.)
Totenliste des Jahres 1883,
119
Xitnot, Edmond Pierre Lazare, Arzt und Musikschriftsteller, st.
21. Jan. zu Paris.
Zomadini, n. Anderen Tomandini, Jacopo, Kirchenkomponist,
st. 21. Jan. in Udine, n. A. in Mailand, 63 J. alt.
Zrautscb, Contrabassist in Dresden, st. 21. Febr. ebd.
5fW> Valerie Marie (laudine, einst S&ngerin, st. im April in Paris.
Tjiczek, Leopoldine, Herrenburger — einst S&ngerin an der Oper
in Berlin, st 20. Okt. in Baden bei Wien.
H'cstri, G., Opern- und Kirchens&nger in Dresden, st. ebd. 6. Sept.,
81 J. alt.
HSianesi, Giuseppe, Klavier- und tfesanglehrer, st. im Mai in Lucca.
geb. 1798 m Pistoja.
'-Viardo', Louis, Kritiker und Journalist, starb 5. Mai zu Paris.
(Guide Nr. 21/22, Menestrel 192.)
HSolkmann, Friedrich Robert, Komponist. st. 29.- 30, Okt in Buda-
dapest. (Oentralbl. 430, Bock 355. Eine Wiirdigung seiner
Werke ?. L. Ehlert in der Allg. mm. Ztg. 1868.)
tWadesieui, Baron Van de Steen de, Violinist, starb im Febr. zu
Venedig, 63 J. alt.
Wayner, Ernst David, Organist und Herausgeber kleiner Klavier-
stieke, st. 4. Mai in Berlin.
^Wagner, Richard, st. 13. Febr. in Venedig. Im Wochenblatt Nr.
17 die Abbildungen seines Geburts- und Sterbehauses
u. a., aulserdem in den folgenden Nrn. zahlreiche Mit-
teilungen allerlei Art.
tWalcott, Frau, geb. Scliireff, S&ngerin, st. 23. Dez. in Kensington.
<Wcdemt}>er, P. f Flotist und Musikdirektor, starb 9. April in Leeu-
' warden.
cWeyncr, Ernestine, Soubrette, starb 2. November in Wiesbaden.
(Signale 1002)
<Wtble> Charles, Salonkoniponist, st. 2 , n. A. den 3 Juni in Paris.
tWoHfakrt, Heinrich, Komponist von musik-p&dagogischen Klavier-
stucken, st. den 9. Mai, n. A. den 7., in (•onnewitz bei
Leipzig, 86 J. alt.
<Wolzojcn t Karl August Alfred von. Intendant am Theater in
Schwerin und Schriftsteller, schrieb besonders Vieles
iiber Rich. Wagner, st. den 13. Jan., u. A. den 14.. in
San Reno.
%ahd, Karl, einst Hol-Musikdirektor in Braunschweig, st. im Juli
ebd. (Signale 712, Bock 278)
Zjimboni, Angela. Gesanglehrerin, st. im Jan zu Genua, 71 J. alt.
Xamboni, Leopoldo, Musiklehrer, st. im Sept. in Mailand. 84 J. alt.
Xppffi Hermann, Musikschriftsteller und Komponist, st. 12. Juli
in Leipzig. (Biogr. Centralbl. pag. 291.)
120
Discours des Herrn Quanz.
Discurs is 1cm Qnanz tier flis Clifiericciiiniiieit (113).
Trotzdem wir seit den Yeroffentlichungen des Herrn Prof.
Spitta in seinem Leben Bach's (2. Bd. Seite 125 und Musikbei-
spiel Seite 1) uber das Accompagnenient des 18. Jahrhunderts
endlich ein praktisches Be i spiel vor un t s haben. was uns besser
•als alle Auseinandersetzungen b el eh it wie die Alten ihre Solo-
sachen begleitet haben wollten, so wird es doch nicht ganz un-
ntitz sein, audi Quanz's Meinung daruber zu horen, besonders in
betreff von melodischen Zuthaten , liber die wir doch noch nicht
ganz klar sind und sich Quanz gerade dariiber selir deutlich aus-
spricht, wo man dieselben anbringen darf Die Abhandlung be-
findet sich in den Klavierstiieken mit einem praktischen Unter-
richt fur Anf finger und Geiibtere, von Fr W. Marpnrg. 3. Samm-
lung. Berlin, 1763. bey Haude und Spener. In querfolio. (Exem-
plare besitzen die Kgl. Bibl. zu Berlin und die Anialienbibl. des
Joachimstharschen Gymnasiums ebd.) Icli teile nicht die gauze
ziemlich umfangreiche und selir unistandlich geschriebene Ab-
handlung mit, sondern gebe mir das Wichtigste. doch dieses
wortgetreu.
Nicht alle, die den Generalbass versieheii. sind auch des-
wegen zngleich gute Accompagnisten. Ekes muss durch
Regeln, das andere aus Erfahrung und endlich aus eigener Em-
pfindung erlernet werden.
In das erstere mich einzulassen ist meiue Absicht nicht :
well es darin an Anweisung nicht fell It. Wegen des letztern aber
will ich, weil es zu meinem Zwecke gehoret, mit Erlaubnis der
Herren Klavieristen, nur in der Kiirze etwas weniges erinnern ;
das Uebrige aber einem jeden geschickten und erfahrenen Kla-
vierspieler zum weiteren Nachdenken anheiin stellen.
Es ist, wie oben gesagt worden, moglich, dass einer, der die
Wissenschaft des General basses aus dem Grande inne hat, den-
noch ein schlechter Accompagnist sein kann. Der Generalbass
erfordert, dass die Stiiumen, welche der Spieler uber den Bass
aus dem Stegreife und nach Anleitung der Signaturen hiuzusetzt,
nach den Regeln und als wenn solche auf dem Papiere geschrie-
ben stunden. gespielet werden miissen. Die Kunst zu begleiten
erfordert nicht nur dieses, sondern auch ein viel mehrers.
Die allgemeine Regel vom Generalbass ist, dass man allezeit
Discours im Herrti Quanz.
vierstimmig spiele : wenn man aber recht gut accompagniren will,
thut es oft bessere Wirkung, wenn man sich nicht so genau
hieran bindet : wenn man vielmehr einige Stimmen wegllsst, oder
woM gar den Bass mit der rechten Hand durch eine Oktave
lioher verdoppelt Denn so wenig ein Koniponist zu alien Melo-
dien ein drei-, vier- oder filnfetimmiges Accompagnement der In-
stmmente setzen kann noch muss, wofern dieselben nicht nver-
st&ndlich oder verdunkelt werden sollen, ebensowenig leidet anch
eine jede Melodie ein bestandiges vollstimmiges Accompagnement
auf dem Klaviere, weswegen ein Accompagnist sich mehr nach
der Sache selbst, als nach den allgemeinen Kegel n des General-
basses richten muss.
Ein vollstimmiges nnd mit vielen lnstrnmenten begleitetes
Stick erfordert auch ein vollstimmiges und starkes Accompagne-
ment. Ein mit wenig Instrumenten besetztes Concert, verlanget
in diesem StUcke schon eine M&fsigung, besonders unter den
concertirendeu Stellen. Man muss alsdann acht haben, ob die-
selben Stellen nur mit dem Basse allein, oder auch mit andern
Instrumenten begleitet werden, ob die concertirende Stimme
schwach oder stark, in der Tiefe oder Hdhe spiele, ob sie anein-
ander hangende oder singende, oder springende Noten oder Pas-
sage u auszufiihren habe, ob die Passagen gelassen oder feurig
gespielet werden, ob dieselben consonirend sincl, oder ob sie, urn
in eine fremde Tonart auszuweichen, dissoniren, ob der Bass eine
langsame oder geschwinde Bewegung darunter hat. oder ob sie
zu vieren oder achten auf eineiiei Tone vorkommen, ob Pausen
oder lange und kurze Noten untereinander vermischt sind, ob das
Stick ein Allegretto, Allegro oder Presto ist, davon das erste
bei Instrumentalsachen ernsthaft, das andere lebbaft, das dritte
aber fllichtig und tandelnd gespielt werden miss, oder ob es ein
Adagio assai, Grave, Maesto, Cantabile, Arioso, Andante u. s. w.
ist. von denen ein jedes, so wie in der Hauptstimme, also auch
im Accompagnement einen besondern Vortrag erfordert. Wird
soldier von einem jeden recht beobachtet, so thut das Stuck bei
den Zuhorern die gesuchte Wirkung.
Bei einem Trio muss der Klavierist sich nach den Instru-
menten die er zu begleiten hat richten, ob solche schwach oder
stark siid, ob bei dem Klavier ein Violoncell ist oder nicht, ob
die Komposition galant oder gearbeitet ist . . . Wenn der 11a-
112
Mitteilungen.
vierist ein Violoncell neben sich hat und schwache Iustrumente
begleitet, kann er mit der rechten Hand eiaige Mafsigung ge-
brauchen, bei starken Iustiumenten aber und wenn das Stuck
sebr harmonios und gearbeitet ist, auch wenn beide Stimmen
(Iustrumente) zugleich spielen, kann er viel vollstimmiger greifen.
. . Verschiedene Not en, so eiuen Nachdruck erfordern, muss der
Accompagnist mit mehr Lebhaf tigkeit und Stlrke anschlagen und
von anderen Noten, welche dieses nicht verlangen, zu unterschei-
den wissen. Hierher gehoren die laugen Noten, so unter ge-
sch winder e vermischet sind, ferner die Noten mit welcheu ein
Hauptsatz eintritt und dann liauptsachlich die Dissonanzen. Das
Thema erfordert allezeit eine Erhebung in der Stlrke des Tons,
urn seinen Eintritt des to deutlicher zu machen, und die Dissonan-
zen dienen eigentlich zum Mittel. die unterschiedenen Leiden-
schaften abzuwechseln. (Fortsetzung folgt.)
Mitteilungen.
* Mitteilungen der Musikalienhandlung Breitkopf & Hartel in Leip-
zig. Nr. 20, September 1884. In 8°. Dieselben beginnen mit der An-
zeige der Drucke der Gesellschaft fur Muslkforeehung, deren buchhandle-
rischer Vertrieb seit dem 1. Juli an dieselben iibergangen ist. Dem
Druckverzeiehnis gebt ©in Vorwort voraus, welcbes Ziel und Zweck der
Gesellschaft bespricht und mit war men Worten die Bestrebungen der*
selben empfiehlt. Darauf folgt die Anzeige der Publikationen der Gesell-
schaft zur Herau8gabe danischer Musik r die im Jahre 1871 gestiftet wurde,
rait dem Zweck, sowohl altere, der danischen Musikgesehichte angehorige
Werke, als neuere Kompositionen herauszugeben. Bis jetzt sind 20 Werke
erschienen, doch die Orchester- und Gesangs werke nur im 2- oder 4 ban-
digen Klavierauszug. Von d**n Komponisten gehoren aber die moisten
Deutschland an, die in Danemark nur oin Asil fanden, sogar einige nur
zeitweise, wie J. P. A. Schulz, C. E. F. Weyse, Fr. Kuhlau, Fr. L. Ae.
Kunzen u. a. Diesen scbliesst sich die Anzeige der neuen Verlagsartikel
an. Zu erwahnen ist noch, dass von 6retry's Werken der 3. Band mit
dem Ballet : „Cephale et Procis" im Druck ist, von der Palestrina'schen
(jteeamt - Ausgabe Band 16, siebentes Buch der Messen und Baud 28,
raehrstimmige Madrigale, und von Franz Schuberts Werken sieben Sinfo-
nien nlchstens erscheinen.
* CLXII Katalog des antiquarischen Blicherlagers von Albert Cohn
in Berlin, Mohrenstr. 53. 1. Abteilg. : A — Esch. Enthalt auch manohen
seltenen und interessanten alter en Musikdruck, wie Hiliricl Albert's Lust-
Waldlein von 1648, Seb. Bach's Clavier-Ubung n. a.
* Katalog von A. Bielefeld in Karlsruhe, 1885, Nr. 112. Enthalt
1123 Bucher und Musikalien moist der neueren Zeit angehorig.
* Als Mitglieder der Gesellschaft fur Musikforschung sind eingetreten
die Herren Dr. Oscar Chilesotti in Bassano und Musikdirektor C. Stiehl
in Lubeck.
* Hiorbei zwei Beilageu : 1) Fortsetzung der Can tat en, Bo gen 10.
2) Katalog Joachimsthal, Bogen 9.
Verantwortlicher Kedacteur Robert Eitner , Templin (Uckermark).
Druck von Hellmuth Seeger in Templin,
fur
MUSIK-GESCHICHTE
herausgegeben
von
dor Ges«llschaft far ltMikforiclumg.
171. Jabriau.
1884.
Preis det Jthrgftuget S Mk. Monttlich ersoheiot eine j
Nominee vnu 1 bit 8 Bogen Intertioutgebtihre n Mr j
die Zeile SO Pfg. |
Kommisiioniverlag der Broitkopf und
H i r t e 1 ' achen Buchhaudlung in Leipzig.
Beitellungen
nimmt Jede Buch- und Musikhandlung entgegen.
lo. 12.
Die Stadtbibliothek in Mbeck.
4.
Cantis | Madrigal i a cin | que voci il primo libro. | Composti
per lo Exceilentiffimo Musico Miffier Jacomo | Fogliano Organista
dignisfimo de la Citta di Modena | nouamente Stampati & posti
in lice, j M.D.XLVII.
(Drucker und Druokort nioht angegehen, da aber samtliche iibri-
gen in dem Sammelbande enthaltene Werke bei Gar dan e gedruokt
Bind und Druck und Papier mil den iibrigen vollkommen Uberein-
stimmen, auch die Initialen (Holzscbnitt) die (ileichen Hind, so iit
wohl mit Bestimmtneit anzunebmen, dass dai Werk bei Gar-
dane gedruokt itt, um so mebr als auob die umstebend besohriebenen
Druokerzeioben die«em D ruoker eigeniiiinlioh lind. Ioh bemerke
noob, dass der reiobe Einband des Sammelwerkvs (braunes, gepresstes
Leder) in Venedig selbst bergestellt scin wird, da auf den Ein-
banddecken siob gleicbfalls das Druckerzeioben (vergoldet) findet.
Die biibsob ornameniirteu Deoken tragen in den 4 Ecken den
Reiobsadler mit der Krone t demnacb niobt das Ltibeokisobe
Wappen. Die Reste grim sammtner Bander, wie die stark vergoldeten
und verzierten Kinder baben siober seiner Zeit die Kosibarkeit dts
Einbaudes vermehrt. Uebrigens iit der Sammelbaud vollitandig
in 6 Stimmbtiobern vorhanden und ganz ausserordentliob gut er-
halten.
Monttah. I MuiikgMGh. Jfthrg. XVI. No. 11. 1*
Die Stadtbibliothek in Ltibeck.
Vielleicht ist die Kombination nicbt zu gewagt, wenn derselbe
aus dem Besitz des Biirgermeisters v. Hovel n an die Stadtbibliothek
iibergegangen ist. Derselbe v. H. ichreibt 1607 in leinem Ge-
heimbuohe : „Mine Sangbttcher, Mutaten und Madrigalien, bo ich
tbeils selber tho Venedig babe gekofft, theils in disien Land en ge-
druokt und geschrieben etc.)
5 Stb. in kl. quer 4°. 1 Blatt Titel. 29 Seiten Not en. Schlu3sseite:
Amor e so che sai. 13. Mostra da Poriente (von H.
Amor e queMo il fronte. 22. Scaffen, scilic. Heinrich
Amor son questi i labri (Sec. Schaffen.) 14.
pars ad 22.) 23. Madonna sommi acorto. 15.
Amor e uer che questa. Morte dhe uieni hormai. 20.
(Tert. pars ad 22.) 24. Non harano mai fin. 4.
CM uol cantar di donna 7. 0 inuidia nemicha. 18.
Dolor crudel. 3. Ogni riuo ogni alto monte.
Diua signora mia. 10. (Tertia pars ad 25.) 26.
Dunque donna la mia fede. Pomi in cielo pomi in terra.
(Quarta pars ad 25.) 27. (Sec. pars ad 25.) 25.
Fugite pur fagite. 17. Perche non polVio dir.
Gran miracol d'amor. 6 (Quinta pars ad 28) 23.
Madonna i ni no dire. 5. Quand' amor quei begliocchi. 2.
Miser clii in amar donna. 8. Si come alFhora alFhora. 16.
Madonna hoi cho da fare. 9. Si come chiar stuede. 19.
Madonna sel morire. 11. Tan to e 1'empio dolor. 21.
Madonna la pietate 12. Tanquam aurnro. 25.
Vergene santa. 1.
L'Hostt da Beggio : Primo libro de Madrigali | a quatro aoci
di f Hoste da reggio Nouamente da lii composti | Et posti in face. |
(In der Mitte das Gardanesehe
Wappenbild, ein aufrechtstehender
Cantus. L6we u. ein aufrechtstehender Bir Caitus.
mit der Umschrift : Concordes
virtute et naturae miraculis.)
In Venetia Apresso di | Antonio Gardane. | M.D.XLVII. |
4 Stb. in kl. quer 4°, je 37 Seiten.
Die Vorrede auf Seite 2 lautet :
Al. le. Et 111. m9 S. m El S. m Car. !i di Mantua Benifattore
Et Patrone Singularisfimo.
Puoteuo ben ragioneuolmente Reuerendisfimo & Illustrisfimo
signor inuiar questi acerbi & poco maturi frutti del mio incolto
Die Stadtbibliothek in Lttbtck
18S
giardino altroue che a V. S. Reuerendisfima la quale con le sin-
gular qualitadi del reale & diuino animo suo fa sentir al mondo
I guisa d'un concento musicale rharmonia dele celeste uirtu sue,
ma la gran seruitu clie, bonta sua, le tengo, ha puotuto piu in
me, che non puo il cognoscermi indegno di dedicar'a cosi hono-
rato A diuino signor tai frutti quali anchor che per la lor basseza
non meritano essergli presentati, non dimeno, quali si siano, asfi-
curato dala grandeza & moltitudine inflnita de le sue cortesie
ardisco offerirglieli accio che uedendosi scritto rillustrisfimo noqie
di quella si la lor fronte, possa col mezo di lei conciliarmi la
gratia de boni & uirtuosi, & fuggir il rabioso morso de catiui in-
uidiosi, adunque V. S. R. con quel chiaro splendore dela gloria
sua, con la quale ogni fosco alluma et fa chiaro, priego Illustri A
raffereni queste mie poche fatiche, & le riceui con quel' animo
benigno, del quale la seruitu mia fatta sicura, si proraette, & a
lei con quel humile riuerenza che a cosi gran Cardinale si deue
me inchino basando le Illustrisfime mane. Deuotisfimo seruitore
l'Hoste da Reggio.
Xavola. 9hUi ^tadriyali, V^umero 40.
Alma beata e bell a (Pag.) 10. Madonn' anchor son uiuo. 9.
Amante piu non creda. 12. Madonna per uoi ardo. 17.
A morose mamelle. 20. Non sara mai. 16.
Amor taat'e il martir. 32. 0 beata colei. 2.
Chi uiue senza mai. 24. Occhi leggiadri. 5.
Cura che di timor. 30. Occhi miei gia felici. 8.
Dke qual proua maggior. 3. Poi che mia ferma Stella.
Doppoi ch'io uiddi. 6. 5 voci. 25.
Donna se per mirar. 7. Perche quel che mi trafse. 28.
Dal di che nacque amore. 16. Per gran uento che spire. 31.
Ditemi o uita mia. 18. Poi che tu sei. (quarta p.
Dolc'ire dolci sdegni. 27. ad 34.) 37.
Gente a cui nulla fede. 10. Quanti son poi. 24.
Hai che di ben amar. 13. Questa donna gentil (secunda
II dolor del partire. 1. p. ad 34.) 35.
Io son in fin qui stato. 19. Sa quest' ajtier ch'io l'amo. 8.
In giustisfim' amor. 21. Se 1 dolce sguardo di costei. 12.
Io non sapei (secunda pars Se pensando signora. • 14.
ad 32.) 33. S'altri d'amor sospira. 23.
Io uo cangiar. 34. Semplice pastorello. 26.
Lafso che desiando us 4. Se le uiue fauille (a uoce
Lafso che pens' alcun. pari.) 29.
(tertia part ad 34 ) 36. Fatene raoschinella. 22.
126
Die Stadtbibliothek in Ltibeck.
6.
Cantiones poenitentiales. | Christliche newe Teutsche Geslige
der schonen herrlichen Geistlichen | vnd trostlichen sieben Bus-
psalmen | wie man sie nennet | des heiligen vnd Koniglichen Pro-
pheten Dauids | mit Fluff stimmen gantz lustig zu singen | vnd
anff allerley Instrumenten zu gebrauchen | auff Mutetische art
gantz fleifsig zusamen gesatzt, vbersehen vnd verfertiget | durch |
Jaoobum Syring | Rottenburgensem. | (Auf dem Tenorstimmbuch :
Vlfsen. Michel Kroner 1582) | Can tale Domino canticum novum,
laus eius in ecclesia | Sanctorum. Psal. 149. |
Nur Altus und Tenor in kl. quer 4° vorhanden. 21 Seiten Vor-
reden, Deticationen und Register, 43 Seiten Musik.
Register dieser Bu&psalmen mit 5 Stimmen.
1. Ach Herr straff mich nicht. Psal. 6 c. 2. pai*s.
2. Selig 1st der, dem die vbertretung. Psal. 32. c. 2.-4. pars.
3. Herr straff mich nicht in deinem zorn. Psal. 38. c. 2.-5. pars.
4. Gott sey mir gnedig. Psalm. 51. c. 2.-4. pars.
5. Herr hdre mein Gebet. Psalm 102. c. 2. — 4. pars.
6. Aus der tieffen schrey ich zu dir. Psal. 130. c. 2. pars.
7. Herr erhflre mein Gebet. Psal. 143. c. 2.-4. pars.
8. Ehr sei dem Vater im hOchsten Thron.
Angebunden : Te deum laudamus. | Der herrliche vnd schoue
Lobgesang | das Te Deum laudamus Teutsch | gantz vnd alle Vers
besonder | mit oder ohne Orgel | oder sonsten auff ein oder zwej-
Chor | nach gefallen | mit fluff Stimmen I gantz lustig zu singen
| aufis fleifsigste zusamen gesetzt vnd verfertiget | durch | Jaco-
bm Syring Musicum & ducalis Judicii Zellae Procuratorem. |
Bez. des Stb. | In te Domine speravi, non confundar in aeternum.
| Gedruckt zu Vlssen bey Michel Krfiner | im Jar 1583. j
Altus and Tenor in kl. quer 4°. 7 Blatr, Titel und Vorrede.
13 Seiten Noten.
7.
Tenor. | Missae Quatuor Vocibus | Juxta Formam | Sacri Cob-
cilii | Tridentini Compositae. | Pascale Trietabucchia | ab Aquila
authore. |
Mifsa Prima. Quinti Toni.
Mifsa Secunda. Primi Toni.
Mifsa Tertia. Sesti Toni
Mifsa quarta paribus vocibus. Secnndi Toni.
Didoours des Herrn Quanz.
Iff
Mfsa Quinta de Feria paribus vocibus secundum cantum commune.
Tertii Toil
Mifsa Sexta Mort. paribus vocibus it idem secundum cantum com-
mune diuersorum tonorum.
Nunc primum in lucem aedita. ji Venetiis, apud Haeredem
Hieronymi Scoti, 1591.
Nur Tenorstimme in 4° vorbanden. 2 Vorbll. und 41 8. Musik.
Dedication an D. Donato de Antona Tarentino. Gez. vom
Komponisten : Venet. Ottobris. 1591.
iiciiri is ism Quiz iliiFiiF Cla? liraccoiiiaiiemeit (113).
• (Schluss.)
Es kommen zwar im Accompagnement 5fters noch andere
lange Noten vor, so eigentlicb keinen besonderen Ausdmck er-
fordern, sondern nur die Melodie begleiten oder in Ruhe setzen.
Von diesen ist bier die Rede nicht. Es kommt bier vielmehr
auf diejenigen Noten an, welche eine geschwinde und beftige
Bewegung, sowohl durch Consonanzen als Dissonanzen unterbre-
chen, doch aber in der Folge gleich wieder durch andere geschwin-
dere Noten abgewechselt werden Ferner gehSren hierher die
Noten, vermittelst welcher der Bass die Cadenz der Hauptstimme
unterbricht, um einen sogenannten Betrug (inganno) zu begehen,
welter die Noten so zur Hanptcadenz vorbereiten, ferner diejeni-
gen Noten, welche durch ein Kreuz oder Quadrat erhOhet oder
durch ein b erniedrieget werden ... Is ist schon von langen
Zeiten her die Regel gewesen, dass man beim Spielen des Gene-
ralbasses die Hftnde nicht allzuweit von einander entfernen und
folglich mit der rechten nicht allzuhoch spielen sotle. Denn es
thut eine viel bessere Wirkung, wenn die begleitenden Stimmen
auf dem Flttgel inter der Hauptstimme, als wenn solche mit der
Oberstimme oder wohl gar fiber derselben genommen warden.
Wenn die Alten das Accompagnement um eine Octave hfther
haben wollten, so setzten sie anstatt der Terz, Quart, Quint etc.
di% Decime, Undecime oder Duodecime fiber den Bass. Aus obtn
gesagten Ursachen darf man einen Violonceliisten, wenn er Solo
spielt, nicht so wie einen Violinisten begleiten . . . Wenn der
Bass in langsamen Stttcken etliche Noten auf einerlei Tone zu
wiederholen hat, welche mit * J j[ J J n. dergl. bezifFert sind, da
dann vermutlich die Hauptstimme die obersten Ziffen in ihrem
Gesange hat. so klingt es sehr gut, wenn der Accompagnist die
118
Disoonn 4ti Ht fm daw.
obersten Ziffern in der Tiefe spielet and folglich die Teraen, so
beide Stimmen gegen einander machen, in Sexten verwandelt . .
Auch kann er die obersten Ziffein ganz weglassen und nur die
unteren spielen, damit er in keiner Weise die Oberstirame darch
still Accompagnement bedecke oder belftstige.
Mit der rechten Hand muss der Accompagnist im Adagio
wtier harpeggiren noch melodios spielen, es wire denu, dass
der Solospieler haltende Noten oder Pausen h&tte. Die accom-
pagnirenden Stimmen darf er nicht vor dem Basse hervorragen
laspen. In einem Adagio im geraden Takt, kann er m einem
jeden Achtteile mit der rechten Hand anschlagen. In einem
Arioso aber, wenn der Bass eine geschwindere Bewegung m
machen hat, sie bestehe aus Achtteilen, Sechzehnteilen oder
Triolen von beiderlei Art Noten, klingt es nicht so git, wenn
er zu einer jeden Note mit der rechten Hand anschlagt, als wenn
er bei gleichen Noten eine und bei Triolen z w e i vorbei gehen
llsst, wenn anders fiber den dui chgehenden Noten keine eigaen
Ziffern stehen.
Wenn die Hanptstimme in einem Adagio durch ein paar
geschwinde pnnktirte Noten etwas besonderes auszudr&cken and
der Bass solches mit eben dergleichen Noten nachzumache* hat,
so miss der Accompagnist dieselben, es mOgen Consonanzen oder
Dissonanzen sein, ganz voilstimmig und erhaben anschlagen. Hat
aber die Hauptstimme einen traurigen oder schmeichelnden Q§-
sang, so muss der Accompagnist im Anschlage sich mfi&igen, die
Stimmen vermin dern und also bei alien Fallen sich der Haqpt-
stimme beqnemen und mit derselben alle (^eidenschaften eben so
gut als wenn er selbst Solo spielte zu Herzen nehmen.
Nachahmungen, so aus laufenden oder melodiosen Qaqgen b©-
stehen, thun eine bessere Wirkung, wenn sie mtt der rechten
Hand in der htfheren Oktave mitgespielt werden, als wenn man
sie voilstimmig accompagnirt Auf gleiche Weise kann man audi
mit dem Unisono verfahren. Wenn etliche ganze Tafcte auf einem
Tone gebunden sind, kann ein jeder (bei der Kfirze des Klavier-
tones) besonders angeschlagen werden . . . (Unter vielem us
nicht mehr interessirenden Bemerkungen sagte er aber auch, dass
sich das Pianoforte ganz besonders zum Accompagnement eigne,
dn man jederzeit den Ton nach Belieben stark oder scfcwach
nehmen fcOnne, wfthread man auf dem Clavieimb&l o#§r Flttgel
R^chnungslegung.
lit
mit nur einem Klaviere im Forte m ailerhand Hilfemitteln, als
Verdoppeln oder Arpeggiren greifen mfisse. Auf einera Clavichord
dagegen kann man eigentlich nur piano apielen.)
Bin Aceompagnist ist zu tadeln, wenn er mit der rechten
Band zi viel Bewegung maeht, oder wenn er am unrechten Orte
raelodios spielet oder harpeggirt, oder sonst Sacben macht, die der
Hauptstimme entgegen sind, oder wenn er das Piano und Forte
mit dem Solospieler licit zu gleicher Zeit ausdriickt, sondern alias
ohne Affect und in einerlei St&rke spielt.
Beim Allegro hat sich der Accompagnist banpts&chlich di¥or
zu hi ten, dass er den Solisten nicht durch Vollstimmigkeit be-
llstif e y dass er die durchgehenden Noten itcht mit vielen Stiramen
b4lade und nur spiele was vorgeschrieben ist. . . .
Reehntingslegaiig
liber die
Iiiililiifli hr liti^
fur Amm Jahr 1883.
Einnahme ............ 1081,32 Mk.
Ausgabe 935,20 Mk.
Speoiali»ii*tiiifg > :
ft. Ehlllllllll*. Mitgliederbeitrage und Abormementt . . 748, — Mk,
Durch die Trautwein'ache Musikhandlttng
und den Verkauf alterer Jahrgange . . 231,10 „
Uebersohuss aus 1882 . 102,22 y>
Summa . 1061,32 Mk.
b. Avtgabe. Buchdruek ........... 450,09 Mk. •
Notendruck ........... 178,10 „
Papier ............. 80, — n
Buohbinder, Feuer version erung, Reohnungs-
Formulare .......... 19,27 „
Expedition, Briefe, Utensilien, YerWaltungs-
unkosten .......... 207,14 „
Summa . 935,20 Mk.
c. UeberschusB 146,12 Mk.
Berlin und Templin, im November 1884.
Franc Oommer, Bob. lititr,
Vorsitzender. Sekretar,
Templin (Uokermark.)
130 Mitteilungen.
Mitteilungen.
* Em Prof. Heinrioh Bellermann in Berlin teilt im musikaliscben
Centralblatt von Rob. Seitz in Leipzig im 4. Jahrgange Nr. 6 und 7
einen sebr interessanten Fund mil, der sichi, wie so oft, in einem litera-
riichen Werke befindet, in dem man sohwerlich Belehrung iiber mittel-
alterliohe Mmiik erwartet. Namlich im Ysengrimus, ueu berausgegeben
und erklart von Ernst Voigt. Halle, Waisenhaus 1884. Das Gediebt
wurde im Jabre 1148 vollendet und bandelt von den rauberiscben Thaten
des Alles zerreissenden und verschlingenden Isegrimmes. Im Verlauf des
Gediobtes tadelt Isegrimm den Gesang der alten Sau, der Nonne Salaura,
und diese S telle giebt uus Aufklarung, dass das sogenannte Hncbald'aoha
Organilllli der Gesang in Quinten und Oktaven, in der That lange Zeit
hinduroh gepflegt und was man stets noob bezweifelt bat, als Kunstge-
sang bestanden bat. Herr Bellermann giebt den Urtext, eine deutsohe
Uebertetzung und scbliesst daran seine Erlauterung und Nachweise an.
* Ueber den auf Seite 112 der Mouatsbefte erwabnten Giov. Jac.
dt Itiftfllt, siebe Gerber's Keues Tonkiinstler-Lexicon unter iiiiifflli.
* Albert Cobn in Berlin : CLXII. Katalog 2. Abtk 1884. Enth<
sebr seltene Biicber aus alien Fachern, dar unter die Musik betrefifend :
Primo ( — duodecimo) flirt II Villatialla, et arie Napolitane. Ven. 1605
Dom. Imberti. — Gesangbuoh der Briider in Behemen. 1596 Nrnbg.
Dietericb. — Godeau, Ant. Pseaumes. Paris, le Petit 1676. — trttllil,
Bonif. 3. lib. Mot. I voce. op. 8. Partit. Roma, A. Belmonte 1668. —
J. C. Horn : Geistliche Harmonien. Dresden 1680. — Journal bebdoma-
daire d'airs. Paris, Cbevardiere 1764—66. — Alte catbol. geistl. Kirchan-
|§sll|. Colin, A. Quentel 1617. — Funokel-nagel-neues altvaterisches Lied.
8. 1. e. a. (1729.) — Mazzocohi, Dom. Musiobe morali. Roma 1640 (Titol
inoompl.) — Eine Anzabl alter Missale mit Musik, 1498. 1503 u. a. —
Musical. Neu-erbsuete Scbafferey. Konigsbg., P. Handel 1641 und anderes.
* Heir Dr. E. Bohn in Breslau (Sandkirche 2) veranstaltet aucb in
diesem Winter eine Reibe bistoriscbe Concert* und ist er gem bereit,
denen sicb hierfiir interessirenden Mitgliedern die Programme gratis zu-
zusenden .
* Mit diesem Hefte scbliesst der 16. Jabrgang der Monatshef te
und sind die bucbbandlerisoh bezogenen Exemplars von neuem zu be-
ttellen, wabreud die Mitglieder sie obne Bestellung weiter erh alten, so-
bald keine Abmeldung gescbiebt. Die Subscription auf die Publikatiou,
3 Teil der Oper, 1. Halfte, Lully's Armide enthaltend, betriigt flir 1885
neuu Mark und sind beide Zablungen im Laufe des Januars an den unter-
zeicbneten Sekretar der Gesellschaf t zu eni rich ten. Neu eintretende Sub-
•oribenten baben anfangliob 15 Mark zu zablen.
Templin (U. M.) Rob. Eituer.
* Hierbei drei Beilagen : 1) Titel und Register zum 16. Jabrgang.
2) Titelblatt zur Musikbeilage : Cantaten 3) Fortsetzung der Cantaten,
Bogen 11. Die Cantaten und der Katalog Joachimstbal fin den im n&ch-
sten Jabrgange ibre Fortsetzung.
Yerantwortlicber Redacteur Robert Eitner, Tamplin (TJckermark).
Druck von Hellmuth Seeger in Templin,
Naman- und Saeli-Registar.
131
Namen- und Sach-Register.
Accompagnement im 18. Jahrh. 120 Bohme, Ferdinand f 100
A©s, Sarolto f 100 Boieldieu, A. L. V. f 100
Alaw, Owain, siehe Owen f 111 ' Bonnet, F. J, R. f 100
Albergoni, siehe Balllou f 100 Boom, Herm. M. van f 100
Albert.. H. Botmann, Frl. Herm. f 100
n Biographie 95 Bourgeois, Loys, Biogr. 19
„ Arien und KiirbiBhiitte, neuer Brachthuijzer, Job. Dav. f 100
Textabdruck und 15 Lieder Branoa-Cambiasi, Cirilla f 101
mit Musik 95 Brava, Max f 101
„ 1st es unsrer Saiten Werk, Breunung, Ferd. f 100
Cantate, Musikbeilage 1 Bronchini, siehe Litta f 110
Albites, Marietta Gazzaniga f 100 Brumel, Ant Biogr. und Schrift-
Allchin, William Thomas Howell f 100 stiioke 11
Arbuokle, Matthew f 100 Brumel, Jacomo 1543. I 3
Aroadet (Arcadelt) Jaques, Chansons Bywater, siehe Fuchs f 102
1586. 44. ^ Cafiero, Germano f 101
B&ozinski, R. L. Historya Muzyki 96 Cambiasi, siehe Branca f 101
Barmann f 100 Canal, Pietro f 101
Baumker, Wilh. Das katholische deut- Candia, Marquis Gius. do, siehe Mario
sche Kirobenlied. 2. Bd. Anzeige 15 f 110
„ Zur Geschicbte der Volks- Cantaten des 17. und 18. Jahrh. mit
liedermelod. 29. 92 1 Bd. Musikbeilagen 40. 45
Bartholomei, 11 Conte, Motetta 1547. Capotorti, Luigi f 101
115 Carini, Cesare f 101
Baillou- A Ibergoni, Regina de f 100 Caroao, Fabr., Danse del sac. 16. 107
Balegno. Francesco f 100 Casati, Geronimo, Biogr. 35
Barba, A. f 100 Catalani, Eugenio f 101
Batifort, Octave f 100 Cazeaux f 101
Baucarde, Carlo f 100 Chabanais, siehe Colbert f 101.
Becker, Georg, die Komponistou der Cbanot, George f 101
Psalmen v. CI. Marot u. de Chancy, Le sieur de, Biogr. 35
Beze 19 Chansons populaires 26
„ Francois Gindron 37 Chilesotti'a, Dr. Osoar, musikhistor.
„ De riustrumention du 15. an That^gkeit 107
17. siecle 96 Clark, Scotson f 101
Bellermann, Prof. H. uber dm Hue- Clerget, siehe Darboville f 101
bald'sobe Orgauum 130 Colbert-Chab»nais, Marquis f 10 1
Berge, William f 100 Colombano, Franc, Biogr. 35
Berleur, Jules f 100 Commer, Frz., 25. Bd. der Musioa
Bernard. Daniel f 100 sacra 36
Berndt, F. W. f 100 Corfe, Charl. William f 101
Bern (it, Karl f 100 Costa oier Coste, Napoleon f 101
Bernliard, Jul. Emil f 100 Coate, Jtikj f 101
Bernicat, Firmin f 100 Cressonnois, Jules Alfred f 101
Bertola, Giov. Antonio, Biogr. 33 Crivelli, Giov. Batt., Biogr. 35
Bertoli, Giov. Antonio, Biogr. 33 Crowdy, John f 101
Bibliothek in Lubeck 113. 123 Cruger, Johann, Biogr. 33
„ des Conservat. zu Paris 53 Danische Musik, neue Ausgaben 122
Boeck der gheestelicke »Sanghen 1631. Dana, Henshaw f 101
92 Darboville, George f 101
132
Namen- mid Sach-Regiiter.
Darcier, siehe Lemaire f 110
Davantes, Pierre, Biogr. 19
Demo), Frangois Marie f 101
Deneufville, siehe Neufville 112. ISO
Deutz, sielie Magnus f 110
Devigue, Achille f 101
Dood, Mme N., g©b. Balfe f 101
Doppler, Alb. Frz. f 101
Dubouchet f 10 L
Bulky, Guillaume, Biogr. 21
Duiffoprugear, Gaspard, Biogr. 14
Dunne, John f 102
Durand f 102
Eichboru, II. : Neue Stromung in der
Tonkunst 1
Eitner, Rob. : CantaUn aus dem Ende
des 17. und Anfange des 18.
Jahrb. 40. 45
Elmer, siehe Litta f 110
Erk, Ludwig f 102
Ernst, Herzog, Spezial-Bericht 1642.
Neuer Abdruck 96
Fabre, Paul f 102
Fahrbach, Joseph f 102
Ferrari, Geronimo, Biogr. 35
Filago, siehe Casati 35
Fiore di ViUanelle 1605. 130
Fischer, Dr. L. H.: Johann Stobaeus 89
„ Heinr. Albert 95
Flachat, Lambert f 102
Flotow, Friedrich von f 102
Fogliano, Jacomo ; Madrig. 5 v. 1
lib. 1547. 123
Fontaine, L. H. St, Mortier de f 102
Foil tana, Giov. Batt., Biogr. 34
Forberg, Friedrich f 102
Fouque, Octave f 102
Frattini, Egidio f 102
Freuet euch alle Christenheit 88
Fuchs-Bywater f 102
Funckel-nagel-n. altv'at. Lied 1729. 130
Gallo, Antonio f 102
Gayreck 47
Gesius, Barth., Biogr. 105
Gil, Don Juan f 102
Gindron, Francois, Biogr. 37
Glinka, Dimitri de f 102
Gnone, Francesco f 102
Godeou, Ant. Pseaumes 167G 130
Go8s, Bar tli., siehe Gesius
Gollmick, Adolf f 102
Goodwin, John Lawr. f 102
Gott sey gelobet u. gebened. 88
Goudimefs Geburtsort 44
Gratiani, Bonif. Mot. 1 voo. 1668. 130
Gradener, Karl G. P. | 102
Graun, K. H. 43. 45. 46
Gretry's Gesamtauigabe 122
<jrutzmacher f 102
Guicciardi, Giov. f 102
Guidi, g. a t ioa
Gungl, Johann f 102
Haea, Charles f 103
Hale, Joseph P. t 102
Halevy, Leon f 103
Harcourt, James f 103
Harnisch, 0. S. Ich stund m 88
Hasse, Adolf, Feier in Dresden 44.
„ als Komponist 47
Hauck, Karl f 103
Heinevetter. Pierre 103
Heinichen 47
Hennen, Matthieu f 103
Herrenburger, siehe Tuczek f 119
Heugel, Jacq. Leop. f 103
Hirsch, Aug. Herm. f 103
Hirsokfeld, Dr. Rob : Johanu de
Muris 97
Historische Konzerto in Breslau 52
Hoeffler, Fannv f 103
Hblzel, Gustav f 103
Hovel, von, Blirgermeister 1607. 121
Hoffmann 47
Horaberger, Paul, Biogr. 33
Hopkins, R. W. f 103
Horn, J. C, geistl. Harmon. 1680. 130
Horton, Joseph f 103
Hoste, Spirito 1% siehe L'hoste. Madr.
1547. 124
Hoven, J., siehe Piittlingen f 117
Hucbald's Organ urn im 12. Jahrh.
im praktisch. Gebrauch 130
Hummel, geb. Roeckel j 103
Isamat, Emilioj f 109
Israel und Mliller : Herxog Ernst's
d«s Frommen Speoial-Berioht 1642.
Neuer Abdruok 96
Italienischer Stil im 18. Jahrh. 45. 49
Jaohen, siehe Brumel 13
Karcher, Adolphe f 109
Karges 1770. 106
Katholische Kirchengsg. 1617. 130
Keiser, Reinh. 41
„ iiber die Cant ate 50
Keiser-Parlow.
1SS
Keiser, Reinh. Bei ktthler Abend- Marini, Biagio, Biogr. 35
d&mmeru&g, Cantate, Musikblg. Marini, Pietro f 110
29-77 Mario f 110
„ Reoitativ m. Begltg. Musikblg. 77 Marras, Giacinto f 110
„ Deine Grossmut, Aria, Muablg. SO Massart, Victor f 110
„ Litbtn, leiden, Aria, Musblg. 84 Masseangeli's Autographen Samlg. 17
Xaleni, Lucy f 109 Maaaet, UmUw f 110
Keller, Heinr. f 109 Massey, Riobard f 110
Ketten, Henri f 109 Matelart, Joan., IntaTolat. de louto
Xirchengesang in Wtfrttemberg 17 1569. 108.
Kirohenlied, dag kathol. deutsohe 15 Mathieu, Emile f 110
Kittel, Caspar, Bipgr. 34' [120 Mathieu, Julian f 110
Kla vi e racco mp ague men t im 18. Jahrh. Matzka, George f 111 [130
Kleine, Lucy, siehe Keleni f 109 Mazzoechi, Bom. Mus. morale 1640.
Klemm, Johann, Biogr. 34 Maybaum, Fritz f 111
K5stlin, Dr. H. A., Gesobiohte der Mayer, Emilie f 111 '
Muaik, Anz. 24 Meglio Vincenio de f 111
Krakamp, Emmanuel f 109 Mertel, Elias, Biogr. 94
Krall, Job. B. f 109 Metru, Nicolas, Biogr. 35
Kriiger 1766. 106 Meuret, Auguste f 111
Krttger, Wilbelm f 109 Meyer, Leopold von f 111
KUhnel, Mich. 1666. 106 Meynne, Guillaume Frederic f 111
„ Sam. 106. [104 Mililotti, Giuseppe f 111
Kulke, Ed. Umbildung der Melodie Mioguzzi, Quinto f 111
Kuntze, Karl f 109 Mooker, Antoine f 111
Kuntzen 47 Modondone, siebe Ferrari 35
Leavy, Arthur James f 109 Moley f 111
Iiedesma, Nicolas f 109 Momas f 111
Leenders, Pbilipp f 109 Morere f 111
Lefrane, Charles f 109 Mo u vol, Mme. Houtet de f 111
Legrenzi, Giov. 49 Muller, Bernhard f 111
Lebmann, Frau Marie f 109 Milltr, Edouard Louis f 111
Lemaire, Joseph f 109 Mtiller, Johannes f 111
Lens, Wilhelm f 110 Muris, Joh. de, seine Werke und
Leonhard, Jul. Emil f 110 seine Bedeutung 97 [130
Levi, Samutlt f 110 Musical, neuerbaueta Schafferey 1641.
Lavi in Stuttgart f 110 Natif, Henri f 111 [115
Lewy, Richard f HO 1 1547. 124 Neander, Valentin, Saor. cant. 1584.
L'hoste da Reggio : 1. lib. Madr. 4 v. Negri, Ces., Danse del sec. 16. 107
Litta, Marie f 110 Neufville, Giov. Jac. : Sex Melea s.
Lonati f 110 Ariae c. Variat. organ, pneumat.
Lorenz, Dr. Franz f HO 1708. 112. 130.
Lotti, Ant. 49 [1547. 113 Neugriecbische Tongesohlechter 5$
Lueario, Giov. Jacopo, Concentuum Nordet, Frl. Blanche f 111
LUbecker Stadtbibliothek 113. 123 Occorsio, Gaetano f 111
Lfiders. Charles f 110 [Part. 130 Organuin von Hucbald 130
Lully 51. Seine A rmide in neuer Ausg. Orridge f 111
Lutgen, Henry f 110 Owen, John f 111
Mackey, Frau f 110 Pagans, Lorenzo f 111
Magnus Deutz f 110 Palestrina's Geeamtausg&be 122 [29
Maino, Giuseppe del f 110 Paradys der gheestel. Sangan 1638.
Mareurelli, Giov. Franc. 85 Parlow, Wilh. oder Albert f 111 ■
134
Parma- Vianesi.
Parma, Raffaele f 111
Payne, John Howard f 111
Pepin, Jean Gaspar f 112
Piatti, Enrioo f 112
Picchi, Qiov. Ball! 1621. 107. 108
Pogner-Hybl, Constanze f 112
Pohl. C. P. Denksohrift zum Sing-
verein in Wim 28
Polat-Krasinska, Felicie f 112
Pott, August f 117
Pougin, Dictionaire du theatre 53
PUttlingen, Baron f 117 [18
Praetorius* Syntagma 2. Bd. Neudr.
Prieel der gheestel. Melod. 1614. 29
Pugno, Stefano f 117 # [120
Quanta, Discours ti. d. Clavieraooomp.
Redern, Graf von f 117
Reicher-Kindermann f 117
Reineoke, J. P. R. f 117
Reissiger, Fr. August f 117
Rentz 47
Riohard, Fraucois, Biogr. 35
Rigaut, Antoinette Eugenie f 117
Ritter, A. G. Zur Geschichte des
Orgelspiela. Anz. 36
Rodas, Agostino f 117
Rode, Theodor f 117
Rodenburg, Jacques f 117
Roeokel, siehe Hummel f 103
Roedel, Gustav f 117
Roeder, C. G. f 117
Rohde, Eduard f 117
ttohne, Violoncellist f 117
Roland, E. Reoueil de Chans. Anz. 26
Roncelli, Lud., Capricci 1692. 107
Rontani, Raf. ; Le varie mis. 1623.
107 108
Rouvroy, Md. Tiouise f 118
Rubini, Dominique f 118
Ruhu, F. f 118
Sahm, Carl f 118
Santi, Giuseppe Gastaldo f 118
Sarria, Enrico f 118
Sarti, Raffaele f 118
S caff en gleich Schaffen 124
Scala Jacob 1756. 104
Schaffen, Heinricli : Mostra da 124
Schira, Francesco f 118
Schireff, siehe Walcott f 119
Schlecht, R. : Die neugriechischen
Tongesohlechter 55
Sohletterer, Dr. M. H. Studien zur
GeBch. der franz. Musik 36. 54
Sohnell, Hainrich f 118 [64
Schubert, Frz., (^esamtauag. ■. Werk.
SchUrmaun, G. C. 42
Sebaatiani, Constanze f 118
Sebastiani, Joh. 47
Secchi, Benedetto f 118
Seure, Leopold f 118
Sighicelli, Antonio f 118
Simiot, Andre* f 118
Simonetti, Leonardo, Biogr. 33
Singvereiu in Wien 28
Sodermann. F. A. f 118
Speranza, Maria f 118 [88
Staden, Joh.Neue teutache Lied. 1609.
Stasny, Ludwig f 118 > [107
Stefan i, Giov.. Affetti aniorosi 1624.
Steffani, Agostino 49
Steiner, Franz Xaver f 118
Stern, Julius f 118
Stille, T. H. f 118
Stobaeus, Joh., Mitglied des Kgbg .
Dichterkrei8e8 89
Stoelzel, G. H. 46 [big. 17
„ Die Rose bleibt, Cantate, Musik-
Stokenbergh in Regensburg 47
Strieker, August Reiuh. 47
Strunck, N. A. 47
Studien beim Lesen von Handachr.
Beilage zu Nr. 1
Susini, Bassist f 118
Syring, Jacob. Cant. poen. 1582. 126
„ Te deum, deutsch 1583. 126
Telemann, Cantaten 46
Teschner, Gustav Wilhelm f 118
Thieme, Lebreoht f 118
Tieffenbruoker, siehe Duiffopru goar 1 4
„ Leonhard, Wendelin u. Magnus 15
Tiersot, Edm. Pierre Lax. f 119
Tomadini oder Tomandini, Jac. f 119
Totenliste des Jahres 1883, 99
Trabattone, Bartolom., Biogr. 35
Trautsch, Contrabandist f 119
Treviso, Giov. Battista, Biogr. 35
Tristabucchia, Paacale. Misaae 4 v.
1591. 126.
Tual. Valerie Marie Claudine f 119
Tuczeck, Leopoldine f 119 [54
Valdrighi, L. F. Nomocheliurgografia
Valentino, Giovanni, Biogr. 34
Venus ghy en u kint, Melodie 1638.
Musikblg. 16
Veetri, G. J 119
Vianesi, Giuseppe f 119
Viardot-Zopff.
13S
Viardot, Louis f 119
Violoncell, seine Einftthrung 36
Vogler, Abt 47
Volkmano, Priedr. Robert f 119
Wades tein, Baron t 119
Wagenseii, Qeorg Christoph 47
Wagner, Riohard f 119
Waloott, Frau f 119
Walther 1763. 106
Wedemeyer, P. f 119
Wegner, Ernestine f 119
Wegweiser, kurzer jedoeh griindlioh.
1689. 103
Wehle, Charles f 119
Wilderer, Job. Hugo 46
Wilhelmus von Nassau, Helodie 1638.
Musikblg. 16
Wohlfahrt, Heinriob f U9
Wolzogen, Karl Aug. Alfr. von f 119
Zabel, Karl f 119
Zamboni, Angela f 119
„ Leopoldo f lit
Zopff, Hermann f 119