MONATSHEFTE
FOR
IUSIK-GESCHICITE
HERATJSGEGEBEN
VON DEE
GESELLSCHAFT FOR MUSIKFORSCHUNG
34. JAHRGANG.
1902.
REDIGIERT
VON
BOBEBT EITNEB.
LEIPZIG,
breitkopf & h Artel
Nettopreia des Jahiganges 9 Hark.
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InMtsverzeichnis.
Seite
Musikbibliographisches aus Frankfort a. M. f von Caroline Valentin . 1. 23
Zwei Funeralprogramme aaf die Thomaskantoren Sebastian Kniipfer und
Job. Scheile, von J?. Fr. Richter 9
Notker's Sequenzen, Anzeige von P. Bohn 17
Reform-Choral von Pat Molitor, Anzeige von P. Bohn ....... 18
Der Gregorianische Choral von A. Urspruch, Anzeige von P. Bohn . . 19
Die ftltesten Musik- Handschrif ten aaf englischen Bibliothekeu, von H. Davey 30
47. 63. 79. 93 124 144
Quanta und Emanuel Bach, Auszflge aus ibren Lebrbiichern ... 39. 55
Der Gregorianiscbe Choral; Entstehung und Entwickeiung der Noten-
schrift. Vortrag von P. Bohn . 71. 87
Aufzeichnungen fiber L'Orfeo von Luigi Rossi und fiber die italienischen
Musiker in Paris unter Mazarin, von Rom. Rolland 1 deutscb ubersetzt 107
Totenliste des Jahres 1901, von K Lustner 129
Eine Abhandlung Joh. Kuhnau's, von B. Fr. Richter ....... 147
J. K. F. Fischer als Klavier- und Orgelkomponist, von Dr. R. Hohen-
emser . # .................. . 154 167. 183
Verzeichnis von Kirchenmusiken Joh. Kuhnau's aus den Jahren 1707 bis
1721, von B. Fr. Richter 176
Ambrosias Profe, von Reinhold Starke 189. 199
Rechnungslegung ffir 1901 ................. 215
Register 217
Mitteilungen: Zesstemmige Madrigalen von J. Tollius, Neuausgabe von Max
Seiffert, 20. Laute und Lautenmusik von Dr. Oswald Korte, 20. Musica
pratica Bart. Rami, Neuausg. v. Joh. Wolf, 21. Geschicbte der Musik im
19. Jh. von Dr. Loop. Schmidt, 21. Studien zur Geschichte der italienischen
Oper im 17. Jh. von Dr. Hugo Goldschmidt, 34. XIV altniederl&ndische
Volkslieder nach Adr. Valerius, von Jul. Rdntgen ediert, 36. Mozarteum in
Salzburg, 20. Jahresbericht, 37. OberschefHenzer Volkslieder, gesammelt von
Aug. Bender, 37. Stradivari's Geheimnis, Lehrbuch von Karl Schulze, 37.
Annuario del R. Istituto music, di Firenze, 37. Joh. Kuhnau, Biographie
von Rich. Munnick, 53. Theater und Musik in Aachen zur Zeit der fran-
zosischen Herrschaft von Dr. A. Fritz, 53. K. M. v. Weber in Freiberg
von Eonr. Knebel, 53. Verzeichnis der Korapositionen plattdeutscher Lieder
von A. N. Harzen-Mfiller, 53. Tijdschrift der Vereeniging voor Nord-Neder-
lands Muziekgesch. Deel 7, 1. St., 54. Joh. Seb. Bach, Biogr. von Herm.
Barth, 69. Mozart Gemeinde in Berlin, 13. Heft, 69. Paul Frank's kleines
Tonkfinstlerlexikon 10. Aufi., 70. Jenaer Liederbandschrift in Neuausgabe
von Holz, Saran und Bernoulli, 83. Jahrbuch der Musikbibliothek Peters
ffir 1901, 85. Denkm&ler deutscher Tonkunst in Baiern. 1. Jhg : Evaristo
Felice dall'Abaco von Dr. Sandberger, 98. 2. Bd: Joh. Easpar Kerl, von
demselben, 100. 3. Bd : Joh. Pachelbel und sein 8ohn Wilh. Hieronymus, 102.
2. Teil: Joh. Jos. Fux Instrumentalwerke, 103. Theodore Gouvy, Biogr. von
O. Klauwell, 104. Haberl's Kirchenmusikalisches Jahrbuch fur 1901, 104.
Italienische Volkslieder, ed. von Dr. Joh. Bolte, 127. Beethoven's Kom position
ffir das Muller'sche Kunstkabinet, 145. Neu-Anschaffungen ffir die Hof- und
Staatsbibl. in Mflnchen, 163. Baldass. Galuppi, Bibliogr. von Wotquenne, 164.
Joh. Wolf fiber Tonsltee des 14. Jhs., 165. Julis Schaffer, Biographie von
Dr. 1. Bohn, 181. Dr. Kurt Benndorf fiber die Kgl. Offentl. Bibl. in Diesden,
181. Additions in^dites de Dom Jumilhac von Mich. Brenet, 196. Die nach-
tridentinische Choral-Reform zu Rom von Pater Molitor, 197.
Beilagen: 1. Bibliothek des Strafsburger Priester - Seminars. 2. Musikalien-
Xatalog der Hauptkirche zu Sorau N./L. 3. Katalog fiber die Musik- Codices
des 16. u. 17. Jhs. auf der Kgl. Landes bibliothek in Stuttgart (Forts. 1903).
Annoncen: Orazio Vecchi's L'Amfiparnaso, Neuausgabe, 22. Quellen-Lexikon
von Eitner 6. u. 7. Bd., 106. 216. Spanische Lautenmeister von G. Morphy,
128. Aufforderung an die Komponisten etc., 182.
Gesellsohfift fir MaslEforsohiiiig.
Mitgliedervendichnis.
J. Angerstein, Rostock.
Br. Wilh. Baumker, Pfarrer, Kurich.
H. Benrath, Redakteur, Hamburg.
Lionel Benson, Esq., London.
Rich. Bertling, Dresden.
Rev. H. Bewerunge, Maynooth (Irland).
Grofsherzogl. Hofbibliothek in Darmstadt.
Stadtbibliothek in Frankfurt a. M.
Universit&ts-Bibl. in Heidelberg.
Universitats-Bibl. in Innsbruck (Tirol).
Universitats-Bibl. in Strafsburg.
Fiirstl. Stolbergisch© Bibliothek in
Wernigerode.
Ed.Birnbaum,Oberkantor,K6nigsbergi.Pr.
Dr. Peter Boeder, Pfarrer in Aachen.
Prof. Dr. E. Bonn, Breslau.
P. Bohn in Trier.
R. Bornewasser, Aachen.
Dr. W. Braune, Prof., Heidelberg.
Breitkopf & Hartel in Leipzig.
Henry Davey, Brighton.
Dr. Alfr. Dorffel, Leipzig.
Dr. Herm.Eichborn, Assessor a. D., Gries.
Prof. Eickhofif in Wandsbeck.
Ende, Heinrich vom, Koln.
Dr. Hugo Goldschmidt, Berlin.
Dr. Franz Xaver Haberl, Regensburg.
8. A. E. Hagen, Kopenhagen.
Dr. Angul Hammerich, Kopenhagen.
Dr. med. R. Hartmann, Lobeda.
Dr. Haym in Elberfeld.
Dr. Richard Hohenemser, Frankfurt a. M.
Dr. 0. Bostinsky, Prag.
Prof. W. P. H. Jaisen in Voorhout
Dr. R. Kade in Dresden.
Kirchenchor an St Marien in Zwickau.
Prof. Dr. H. A. Kostlin, Darmstadt
Oswald Koller, Prof, in Wien.
0. Kornmuller, Prior, Kl. Mitten.
Dr. Richard Kralik, Wien.
Alex. Kraus, Baron, Florenz.
Prof. Emil Krause, Hamburg.
Dr. Theod. Kroyer, Miinchen.
Leo Liepmannssohn, Berlin.
Frhr. R. von Liliencron, ExoelL, Schlee-
wig.
G. S. L. L6hr, Esq. Southsea (England).
Karl Listner, Wiesbaden,
Georg Maske, Oppeln.
Rev. J. R. Milne in Norwich.
Freiin Therese von Miltitz, Bonn.
Anna Morsch, Berlin.
Dr. W. Nagel, Darmstadt.
Prof. Fr. Niecks, Edinburgh.
F. Curtius Nohl, Duisburg.
G. Odencrants, Vice Harafoh5pdingon.
Kalmar (Schweden).
Johann Oswald, Temesvar.
M. Paul Pannier, Lille.
Paulus Museum in Worms.
Kai] Paufa, Duisburg.
Bischofl. Proskesche Bibl. in Regensburg.
Prof. Ad. Prosniz, Wien.
Dr. Arth. PrQfer, Leipzig.
A. Reinbrecht in Verden.
Bernhardt Friedrich Richter in Leipzig.
Dr. Hugo Riemann, Leipzig.
L. Riemann, Essen.
Paul Runge, Colmar i. Els.
D. F. Scheurleer im Haag.
Rich. Schumacher, Hermsdorf (Mark).
F. Schweikert, Karlsruhe (Baden).
Prof. Jos. Sittard, Hamburg.
Dr. Hans Sommer, Prof., Braunschweig.
Wm. Barclay Squire, Esq., London.
Rein hold Starke, Oberorg. u. Direktor
Breslau.
Prof. C. Stiehl, Lftbeck.
Wilhelm Tappert, Berlin.
Joaq. de Vasconcelloa, Porto (Portugal).
Martin Vogeleis , Pfarrer, Behlenheim
(Elsafs).
G. Voigt, Halle.
Dr. Frz. Waldner, Innsbruck.
K. Walter, Seminarlehrer, Montabaur.
Wilh. Weber, Augsburg.
Ernst von Werra, Cbordir., Konstanz i B-
Prof. Dr. F. Zelle, Berlin, Rektor.
Rob. Eitner in Templin (U./M.), Sekret&r and Kaasierer der GoseHschtft
nos&sss:
fir
MUSIK- GESCHICHTE
heiaiiqgqgeban
von
der Gesellechaft fttr Musikfowchung.
um. m.
1902.
P*tta det Jahrganges 9 Mk. Honatlioh enehelnt
eine Nommer ▼on 1 bis S Bogen. IntertionigebOhren
fur die Zeile 80 PC
KommliiioiiaTerlftg
▼on Breitkopf A H&rtel in Lelpiig.
Boitallungon
nimmt jede Bnoh- and Kntikhandiang entgegen.
So. 1.
MaslkMMiograp llscles ams Frankfiurt a. M.
Von Caroline Valentin.
(Fortaetzung.)
II. Druckwerke.
Is ist in der Geschichte der Buchdruckerkunst eine oft hervor-
gehobene fhatsache, dass das so nahe bei Mainz gelegene Frankfurt
in den ersten achtzig Jahren nach der groJsen Erfindung nur vor-
iibergehend Druckereien aufzuweisen hatte. Fur diesen Mangel tritt
einigermafsen ausgleichend der Umstand ein, dass schon sehr fruhe
und wahrscheinUch nach der zeitweiligen Verlegung der Fust-
Schoffer'schen Offizin von Mainz nach Frankfurt 1462, ein Handel
mit gedruckten Biichern zur Zeit der Messen begann, wie er fiir
Handschriften schon aus weit alterer Zeit tiberliefert ist*) Daraus
entwickelte sich ein die deutschen und auslandischen Erzeugnisse
umfassender Buchhandel, der seine hochste Bliite im sechszehnten
Jahrhundert erreichte, aber spater durch die Einwirkung ungiinstiger
Verhaltnisse allmahlich fiir Frankfurt verloren ging. In diesem Buch-
handel waren auch die Werke mit musikalischem Inhalt bis zum
achtzehnten Jahrhundert inbegriffen. Erst dann tritt der Musikhandel
selbst&ndig au£
Die Herstellung der . musikalischen Notation auf technischem
*) Nach Watienbach, Das Schriftweaeii des Mit&dalters, soil Gerhard
Grcicite, der Begrunder der Bradersclmft worn gemeinsainen Leboi 1340
— 84, seine Bicher ¥ompweii» in Frankfort gekauft kibea
Monaftsh. f. Mnslkgeioli. Jahxgmng XXXIV. Ho. 1. 1
2
Musikbibliograpbisches aus Frankfurt a. M.
Wege bot besondere Schwierigkeiten, da, wie Chrysander treffend
ausfuhrt, sie dutch ihre fcststehenden Zeitwerte SckrifL dutch ikte
anschauliehe Datstellung det Tonhbhe Bild ist*) Im Zusammenhang
mit der Entwicklung der Musik sehen wir worn der zweiten Haifte
des funfzehnten Jabrhunderts an, als der alleinige Gebrauch der
Handschrift aufgehort hatte, eine Reihe von technischen Verfahren
sich herausbilden, die toils nebeneinander bestehen, tells aufeinander
folgen, wieder verschwinden oder erneuert und verbessert werden.
Is sind folgende: der Notendruck in semen verschiedenen Arten,
der Holzschnitt, der Kupferstich und Metallplattendrack, endlich die
Lithographie und der Schnellpressendruck im neunzehnten Jahr-
hundeit In umfassender Weise sind die so verschiedenen Phasen
in der Studie von Dt, H. Riemunn, Notenschtift und Notendruck,
Bezgabe xu det Roder'schen Festschrift 1896, zusammengestellt Fur
unsere Betrachtung der ersten Stadien des Notendrueks an den in
Ftankfutt befindlichen Wetken ist aufser dieser und andern an be-
sonderer Stelle zu erwahnenden Schriften, besonders der Oatalogus
Missalis Ritus Latini von W. H. S. Weak, London 1886 , zu
nennen. (Mit Angabe der Fol.-S., der Bibliotheken und Biblio-
graphie.) Er zahlt dreifsig auf der Frankfurter Stadtbibliothek be-
findliche Missaldrucke auf. Davon muss die Angabe des Schoffer'schen
Missals von 1483 als irrtiimlich angesehen werden ; zwei Gradual-
drueke und zwei liturgische Gesangbiicher sind hinzuzufiigen. In
den einundzwanzig MisSaldrucken aus der Zeit von 1480 — 1520, auf
die wir zunachst eingehen wollen, stellen sich neben dem Typen-
doppeldruck auch seine Vorstufen in vier Arten dar: dem freigelassenen
Baum fttr Linien und Noten, den in Stiicken verschiedener Grofse ge-
druckten Linien, den Linien in Metallschnitt, den rastrierten Linien.
Das filteste Werk, ein Missale Moguntinmse, stammt aus dem
Leonhardsstift und gehort der Epoche an, in welcher der Notendruck
bereits erfunden war.**) Seinen Typen nach ist es als Peter Schoffer-
*) Abrifs einer Geschichte des Musikdrucks vom 15. — 19. Jahr*
hundert, AUgemeine Musik -Zeitung, Leipzig 1879.
**) Nach P. Raphael Molitor^ Die Nach - Tridentinische Choralreform,
wurde der erste Typendoppeldruck mit Nota quadrata, bei einem Missale
Romanum, gedruckt von dem Deutschen Ulrich Han aas Ingolstadt, 1476
in Rom angewandt (Magliabechiana zu Florenz). Mit deutscher Choralnote
wurde, nach Dr. II. J?., das rat© Werk am 8. Nov. 1481 durch Jorg
Bqyser in Augsburg gedruckt, es ist ok Missal© Herbipolense (Historisches
Museum zu Wiirzburg).
MusikbibliographiBches mis Frankfurt a. M.
3
seher Druck 1480/82 bezeichnet (Grofce 230/350 mm, Fol.-S. 302,
T.-Z. 37, N.-Z. 13 ohne Titelblatt und Kolophqn.) Das prachtige in
Rot- und Schwarzdruck ausgefiihrte Missale erinnert an den Rorbach-
schen Band. In dem 12 Fol.-S. umfassenden , auf den Kalender
folgenden, zweispaltigen Ordinarium Missae sind die Intonationen des
Kyrie, Gloria und Syrabolum enthalten, die auf roten in Stucken von
40—60 mm langen und 11 mm breiten Linien mit Noten in gotischen
Typen uberdruckt sind. Die Formen der Virga, des Climacus, Podatus
und Clivis sind scharf ausgepragt und lassen keinen Zweifel tiber
ihre Herstellung durch Typendoppeldruck. Dagegen ist der zwischen
Fol. 82 u. 83 einspaltig mit 4 roten Linien in Stiicken versrhiedener
Grofse bedruckte Eanon durcbaus auf seinen 9 F. mit gotischen
Choralnoten beschrieben. Das Rot der Linien stimrat mit den An-
fangsbuchstaben und tiberschriften, unterscheidet sich aber wesentlich
von der Farbe der zehn ausgemalten Initialen, die in 50—60 mm
Hohe, in zartester Farbenstimmung und feinster Ornamentik den Band
zieren. Der Beginn des Missals mit dem Ad te levavi, der Schluss
mit den Sequenzen de domina nostra ist typisch ftir fast alle folgen-
den Drucke. Ebenso kehren bei der Ausstattung der Bticher die
roten und blauen Anfangsbuchstaben, der gemalte Holzschnitt der
Kreuzigung und die mit gepresstem oder gestanztem Leder bezogenen
Holzdecken wieder.
Sehr bemerkenswert ist das zweite Missale Moguntinense, jenes
mit der Verordnung des Erzbischofs Diether von Mainz Aschaffen-
burg feria sec. post dom. Laetare 1482 (18. Marz) datierte Exemplar.
Auf dem ersten Blatt ist der vortreffliche Kupferstich der erzbischof-
lichen Wappen, die von einem Engel gehalten werden, angebracht
Wach der Duranditype des Satzes gait dieses prachtige Buch bisher
ftir einen Peter Schoffer'schen Druck. (Grolse 270 X 380 mm,
FoL-S. 333, T.-Z. 32, N.-Z. 11, ohne Titelblatt und Kolophon.) Der
Kanon steht mit den Intonationen, Praefationen und dem Paternoster
zwischen Folio 110—111 auf 9 Fol.-S. und ist in gotischer Choral-
note (5 mm) auf 4 roten, in grofsen Stucken gedruckten Linien
(12 mm Spannweite) einspaltig in TypmdoppeMrvxk ausgefiihrt Der
Kalender folgt auf das Privileg, diesem das Ord. Missae und das
Registrum missarum specialium et extraordinarium. Die leichten
malerischen Verzierungen der ersten Initialen kehren an den Haupt-
kapiteln wieder. Mit der Sequenz Verbum bonim schliefst das
Missal.
Dr. H. R. erwahnt einen gleich ausgestatteten Druck der Karls-
1*
4
Musikbibliographiflches ana Frankfurt a. M.
ruher Hofbibliothek*) und schreibt ihn dem Jorg Reyser zn. Die
JLhnlichkeit der Schrift und Notentypen des Frankfurter Missals mit
dem Facsimiledruck des Missale Herbipolense von 1481**) ist un-
streitig vorhanden, doch konnte wohl nur nach einem Vergleich der
ganzen Werke die voile Entseheidung ausgesprochen werden. Dass
Pet Schoffer nur in bescheidenen Grenzen den Notendruck tibte,
bezeugt die Nenausgabe des Missals 1480/82 in dem Missale sec.
ord. sive rubricam ecclesiae Maguntine von 1493. An der gleichen
Stelle der Messordnung finden wir die Typendrucke aof 4 roten
Linien, die ebenso bedruckten Eanonseiten sind ohne handschrift-
lichen Eintrag. Der Inhalt stimmt genau mit dem fruheren Werke
therein, am Sehlusse des sehr gut erhaltenen Exemplars findet sich
das Kolopkon Peter Schdffer y s in Rotdruck.
In die achtziger Jahre des fiinfzehnten Jahrhunderts gehoren
drei Basler Drucke, deren Typen untereinander viele Ahnlichkeit
haben. Das erste ist ein Missale Basiliense aus dem Carmeliter-
kloster, bezeichnet 14 . . (Grofse 215/316 mm, FoL 466, T.-Z. 28,
N.-Z. 9, obne Titelblatt und Kolophon, sig. a— nn fly.) Der zwei-
spaltige Druck enthalt auf FoL 230 fur die Intonationen 5 schwarze
in Metallschnitt ausgefiihrte und sehr verblasste Linien. Von FoL
233—248 laufen 4 L. zu 12 mm Sp.-W., die teilweise mit gotischen
Choralnoten ausgefiillt sind, dort ist die F.-Linie rot nachgezogen.
Das Register der Messen steht am Schluss des Bandes. Ihm folgt
das Liber Missalis sec. chorum Maguntinensem, dessen Eolophon
Ort und Jahreszahl 1486, aber keinen Drucker nennt; es stammt aus
dem Leonhardsstift Der zwischen FoL 108—109 stehende Eanon
nimmt 12 FoL-S. ein, die roten in Stiicken gesetzten Linien haben
15 mm Sp.-W. Die Intonationen sind rot, ein Teil der Praefationen
ist schwarz geschrieben, bei dem andern Teil ist der Saum fur die
Liiien freigekssen. (GroJse 222/320, FoL-S. 224, T.-Z. 30, N.-Z. 10,
ohne Titelblatt, sig. a — mm iy.)
Aus dem gleichen Jahre, wie das von Barclay Squire***) be-
sprochene Missal von 1488, haben wir einen Michael Wenszler'schen
Druck mit freiem Raum fur Linien und Noten zu erw&hnen. Das
Aussehen dieses trefFlich gedruckten Liber missalis bene visits optima
diligentia ist durch die schlechtgezogenen 4 schwarzen Linien
*) g. o. Seite 60.
**) n. a TML XYH.
***) Zeitschrift Bibliographica S. 110 mit Facsimiledruck. London 1896.
J
Musikbibliographisches an Frankfort a. M.
5
(zwischen Fol. 104 u. 105, 9 Fol.-S.) und die mangelhafte Aus-
fuhrung der gotischen Notenscbrift sehr beeintr&chtigt (Grofee
240/344 mm, PoL-8. 320, T.-Z. 37, N.-Z. 10, ohne Titelblatt, mit
Kolophon.) Is finden sich handschriftliche Texte liturgischer Geslnge
auf den Deckbl&ttern des Anfangs, auf denen des Schlusses 1st ein
Dies irae mit gotischen Choralnoten eingetragen. Der seit 1472 in
Basel fnisissige Michael Wenszler gehort zu den Druckern, deren
frill© und h&ufige Beziehungen zu Frankfurt erw&hnt werden : schon
im Jahre 1478 besucht er mit Joh. Amerbach die Frankfurter Bticher-
mease.
Ton dem 1488 — 1517 wirkenden Speyerer Drucker Peter Brack
dem Jiingern sind drei MissaUen mit Liniendruck vorhanden. Das
Slteste, ein Missale sec. chorum Maguntinensem mm 1497, ruhrt aus
dem Besitze von Joh. Latomus her. (Grofse 360/390, Fol.-S. 306,
T.-Z. 38, N.-Z. 10, mit vorgesetztem Titel und Signet Drach's in
Eotdruck von 46/96 mm: zwei Drachen den Ring eines Ereuzes
haltend, in dem sich die Initialen P D finden, sig. a— K III.) Hier
haben wir bei den Intonationen freien Baum fiir Noten und Linien,
bei dem Kanon rote vorgedruckte Linien von 20 mm, auf denen sich
wenige handschriftliche Eintrfige finden. Die Stellen fir den Hok-
schnitt oder die Ausmalung der Initialen sind in dem tadellos er-
haltenen Drucke freigeblieben. Das den gleichen Titel tragende
Missale von 1507 gleicht in Inhalt, Ausstattung und Liniendruck
genau dem Vorhergehenden. (Grofse 270/390 mm, Fol.-S. 256, sig.
a— E VI.) Der letzte Missaldruck der Drach'schen Presse, das Missale
Moguntinense 1st in drei Exemplaren auf der Stadtbibliothek erhalten.
Der Eanon steht zwischen 70 und 71 auf 9 Fol.-S. und ist in einem
der Bftcher auf nachgezogenen dicken Linien mit grofsen, auf das
Lesen aus der Feme berechneten Choralnoten beschrieben, die an die
Ausftihrung des von Igsteder geschriebenen Processinonars vom Ende
des sechzehnten Jahrhunderts erinnern. (Grolse 260/400 mm, Fol.-S.
258, T.-Z. 36, N.-Z. 10, mit Titelblatt und Kolophon, sig. wie 1507.)
Der frttheste und beriihmteste ausl&ndische Druckort, Venedig,
ist mit zwei Ordensmissalien vertreten. Das erste ist ein Missale
sec. ord. fratrum Praedicaiorum mit dem Kolophon Nicolas de
Pramcfwdm voi 1500. (Grofse 8°, 109/111 mm, Foi-S. 279, T.-Z. 36,
N.-Z. 7, sig. von 1 — 27.) Auf dem Titelblatt ist ein Holzschnitt, den
HI. Dominikus darstellend; es tragt den Namen seines ersten Be-
sitzeis Joh. Daudels Conventis Francofurdensis. Fttr den Noten-
druck sehen wir r5mische Choraltypen verwandt, die denen des
6
Musi kbibliographisches aus Frankfort a. M.
Octavianus Scotus sehr ahnlich sind. Ihre zierlichen festen Formal
nehmen sich auf den aus kleinen Stiicken bestehenden, zweispaltig
gedruckten roten Linien sehr gut aus. Die Notationen stehen zwiscben
Fol. 74 und Fol. 91. Das zweite Buch 1st ein CarmeUter Missal,
1509 von Luca Antonio Qiunia gedruckt (Gro&e 8°, 110/160 mm,
Fol.-S. nur bis 28 angegeben, T.-Z. 38, N.-Z. 7, ohne Titelblatt und
Kolophon, sig. al~K 6.) In dem sorgfaltigen gotischen Rot- und
Schwarzdruck, Formen und Verhaitnissen der Notationen, die zwischen
Fol. 41—64 auf 4 und 8 Linien stehen, ihieln sich beide Bucher.
Die Ausstattung des zuletzt besprochenen ist eine reiche: es finden
sich 2 Eupferstiche, 16 Holzschnitte, Randleisten und Schrotbuch-
staben darin, ebenso zeigt der Ooldschnitt des Buches kTeuzartig
gepresste Ornamente. Der Druck von 1600 ist nur mil Holzschnitt-
buchstaben verziert.
Von dem Sohn und Nachfolger Peter SchSffer's, Johann Scheffer,
wie er sich auf den Drucken nennt, ist das Missale Moguntinense
vom 1. Sept 1507 (in 2 Exemplaren) und das vom 1. Januar 1513
vorhanden. Der Liniendruck (4 rote L., Sp.-W. 12 mm) des ersten
umfasst nicht alle fur die musikalischen Aufzeichnungen beetimmten
Blatter zwischen Fol. 96 u. 97, drei davon sind ohne Druck und
unbe8chrieben, bei den Notationen der iibrigen ist eine fiinfte Linie
hinzugezogen. (Grofse 220/344 mm, FoL-S. 288, T.-Z. 32, N.-Z. 8 f
sig. a — LIII.) Das Missal von 1513 hat schwarze vorgedruckte
Linien, die zwischen Fol. 84 u. 85 flir die Intonationen zweispaltig,
fQr den Eanon einspaltig gesetzt sind. (Grolse 240/250 mm, Fol.-S.
306, T.-Z. 34, N.-Z. % sig. a— L III.) Beid© Binde enthalten eine
Fiille von guten Holzschnittbuchstaben und den gemalten Titelhoiz-
schnitt des HI. Michael von den Worten umschrieben : Aurea Mogun-
tia, Sancte Ramane ecclesiae specialise vera filia. Bei 1507 haben
wir nur das Kolophon Joh. Scheffer's, in Rotdruck bis 1513, Kolophon
und Signet der Schdffer, letzteres in Schwarzdruck.
Ein Nachfolger des Notendruckers Wenszler und seines Teil-
habers Kilchen war der in Basel ansassige Jakob von Pfortxheim,
von dem die Frankfurter Bibliothek mehrere Drucke besitzt Mit
der Jahreszahi 1515 ist das Officium des wahrscheinlich damals in
der Mainzer Diozese eingefiihrten Festes der Maria Schneefeier ver-
sehen, das in etwa zehn gleichen Exemplaren erhalten ist Der Xitel
lautet:
Musikbibliographisches ana Frankfurt a. M.
7
Festum dive virginis Marie
dicta ad Nives: Rome ortu: cum horis canonici et
missae solennijs : in ecclesia collegiata Aschaffen-
burgen: Mogantine diocesis noviter insti-
tutum: Nonis Augusti quotannis cele-
brandu: cum quibusdam egregijs et lucu-
ientissiiiiis Poetar. Komanor. ear-
minibus illustratim quorum
alter festis originem: alter
votum elegantissime
depromit
Diesem rotgedruckten Titel folgt ein Holzschnitt von guter Hand,
Maria in der Olorie darstellend (112/145). Auf der Ruckseite des
Bl&ttes steht das lateinische Eingangsgedicht; Fol. 1 beginnt das
Officium mit Maria Virginis laudem und endet Fol 101 in hono-
rem dei et beatissime genitrix maria consecravit alleluija. (Gro&e
235/336 mm, 12 Fol.-S., 9 N.-Z. zu 18 mm, mit Randlinien von
268 mm, sig. A II — B mi.) Bern Sermo folgt das lateinische Schluss-
gedicht, diesem das Kolophon in Rotdruck:
Expensis Domini Henrici Reitzmann, Canonici et
Officials ecclesie Aschaffenburgensis, atque
opera Jacobi de Pfortzheim civis Basi-
liensis hec solennis hysteria pul-
chris notulis expreesa est
die XII May Anno
virginei partus
MCCCCCXX.
Jedoch nicht allein dieser Druck deckt sich mit der bei Riemann
Tafel XXVII*) gegebenen Probe aus einem Pfortzheim 'schen Missal
auch ein ohne Titel und Kolophon gedrucktes Gradual und ein Vigilie
mortuorum zeigen alle Eigentiimlichkeiten der Pfortzheim'schen
Presse.
Das Register des Graduals stimmt mit der Anordnung der Messen
der Maimer Didzese. (Grofse 270/430 mm, Fol.-S. 246, N.-Z. 8 zu
18 mm, sig. a I— p III.) Die Meiodien mit Text sind in den drei
Abteilungen de Tempore, de Sanctis und der Commune sanctorum
in abgeklirzter Form gedruckt und zwar „in der Bevorzugung der
Raute vor dem Nagel- und Hufeisentypus 11 . Am Anfang des letzten
*) 8. 0.
g M usikbibliographischea aos Frankfart a. M.
Teils stehen die Intonationen des Kyrie und die Praefationen. Hier
finden wir auch die im Graduale des Leonhardsstifts zuerst an-
gewendete Niederschrift des Symbolum Niceum wieder;*) die Minima
der MensuralnotatioQ ist des Rhythmus wegen zwischen den Virgen
und Rauten gedruckt Der Textdruck sowie die zum Teil blau and
roten Initialen gleichen durchaus den Pforzheimsehen. Die roten Linien
des Werks sind in grofsen Stiicken mit Randleisten gesetzt; in dem
folgenden kleineren Drucke erscheinen die Linien rastriert, aber anch
mit diesen Leisten versehen. Der Text des Bucbes tragt die tiber-
schrift Indpiunt vigilie mortuorum sec. chor. eccl. Magnutinum.
Die einspaltig gedruckten Ges&nge beginnen mit Placebo evovae nnd
enden mit Advenisti redemptor nosier. (Grofee 135/175 mm, FoL-S.
49, T.-Z. 1% N.-Z. 5 ztt 5 L. 5 sig. al— f VL) In den sects auf der
Stadtbibliothek vorhandenen Exemplaren des gleichen Drncks ist auch
die Ausstattung mit Holzschnitt oder Schrotbuchstaben iiberein-
stimmend.
Sehr gute Missaldrucke sind ferner die in Paris hergestellten ana
den Jahren 1517 und 1520. Das Mhsak sec. ord. fratrum Pra&-
dicatorum hat als Titelblatt den grofeen Holzschnitt mit der Dar-
stellung der Koiner Schutzheiligen, der Devise Wolfgang Hopyl's
sowie der des Bestellers, des Verlegers Franz Birckmann in Koln.**)
Das Kolophon nennt Joh. Parvi mit Wolfgang Hopyl als Drucker.
(Grofee 230/320 mm, FoL-S. 270, T.-Z. 42, N.-Z. 10, sig. al— F¥1L)
Der zweispaltige Druck der gotischen Lettern, wie der Druck der
romischen Choralnoten auf 4 roten, in Stiicken gesetzten Linien ist
ausgezeichnet. Sie stehen zwischen Fol. 51 — 59 und zwischen
Fol. 77—88. Der Kanon ist auf Pergament gedruckt
In gleichen Verhaltnissen und in gleicher Ausstattung sehen wir
das Missale Romanum vom 20. Okt 1517 mit den Initialen Simon
Vostre's auf dem Titelblatt. Das Kolophon bezeichnet ihn und Thiel-
mann Kerver als Drucker. Die Noten stehen zwischen Fol. 69 — 72 und
Fol. 77—80; sie gleichen den Hopyl'schen, wie sich in dem Bande
auch zahlreiche Initialen und figurliche Darstellungen, die sich viel-
fach mit denen des erstgenannten decken, finden. (Grofse 230/330 mm,
FoL-S. 270, 42 T.-Z., 10 N.-Z. zu 12 mm, sig. a I— Km.)
*) M. f. M. 12, S. 200.
**) Beechrieben bei Weale, Deec. Cat 8. 98, bei einem Antiphonar
von 1519.
(SeMnss folgt)
Zwei Ftmeralprogramme auf d. Thomaskantor. Seb. Inttpfer u. Joh. Scheie. 9
Zwei Fmeralp rtgramme auf tie Tltmislanttren
Sebastian Knfipfer und Jul. Scheie.
(Bernli. Vrladrioh Bidhter.)
(Schluss.)*)
Mb das Geburtsjahr Johann Schelle's wird in den Lexicis mehr-
fach das Jahr 1643 angegeben. Dieses falsche Datum ist auf einen
alten Thomasschtiler, Antonius Weitz, zuruckzufiihren, der in seiner
Schrift: „Das verbesserte Leipzig 4 ' 1728, in der er seines alten Lehrers
pietatvoli gedenkt, auch die lateinische Inschrift von ScheUe's Leichen-
stein anf&hrt und dabei gelesen bat: ... Qui nascebatur Geisingae
anno 1643 . . . Die Inschrift mag wohl schon etwas verwittert ge-
wesen sein, ais Weitz seine Abschrift nahm: das Leichenprogramm
und die Matrikel der Thomasschule lassen keinen Zweifel iiber die
richtige Jahreszahl 1648.
In dem Tagebuche des Thomasscbul - Rektors Jacob Thomasius
wt von Schelle vielfach die Rede. So sind die Umstande bei seiner
Wahl zum Kantor, dann sein Streit mit einem der Leipziger Bttrger-
meister, der nichts von Schelle's Kirchensachen wissen und daftir
italienische Eompositionen in den Gottesdiensten ^ aufgefiihrt haben
wollte, ausfiihrlich behandelt Da dieses nicht nur fir die Geschichte
der Thomasschule, sondern auch fiir die Kulturgeschichte Leipzigs
hochwichtige Tagebuch baldigst gedruckt werden soli, so ist einst-
weilen ein niheres Eingehen auf die Berichte des Thomasius nicht
von noten. Wohl aber soil eine nicht unwiehtige auf Schelle be-
zlgliche Mitteilung eines Leipziger Predigers aus jener Zeit angefiihrt
werden. 1689 gab der Pastor der Thomaskirche, Joh. Benedict
Carpxov, heraus: „Kurtz Verzeichniss derer Anno 1689 von D. J.
B. C. in Leipzig gehaltenen Lehr- und Lieder- Predigten." In der
Vorrede meldet er, dass er im vergangenen Jahre neben der Er-
kl&rung des jeweiligen Sonntag-Evangeliums jedesmal ein gut, schon
alt, evangelisches und Lutherisches Lied . . . erkl&ret, auch die ver-
fugung gethan, das erkl&rte Lied in offendlicher gemeine gleich
nach geendeter predigt anzustimmen." Nachdem er erkl&rt, das im
kommenden Jahre Khnlich halten zu wollen, fahrt er fort: „ Welches
der berihmt© Musicus, Herr Johann Schelle^ wohlverordneter Director
Chori Musici unserer Leipzigischen Kirchen, andachtigen Zuhorern
iesto lieblicher und begieriger zu horen machen wird, indem er jed-
*) Seb. Knupfer's Leichen sermon befindet rich im Jahrg. 1901 p. 205.
1 0 Zwei Funeralprogramme auf d. Thomaskantor. Seb. Knfipfer n. Jok Schelle.
wedes lied in eine anmuthige music zu bringen, und solche vor der
Predigt, ehe der Christliche glaube gesungen wird (es sei denn, dass
vermoge der kirchen- agenda nur Choral, wie in der Advent- und
Fasten-zeit gesungen werden miss©), horen zu lassen, gantz willig
sich erboten." Ob wohl die ungef&hr 60 Jahre spater entstandenen
Choralkantaten Joh. Seb. Bach's einem IhnMchen tlbereinkommen
zwischen Prediger und Kan tor ihre Entstehung verdanken? H&tte
doch nur ein Geistlicher mm Bach's Zeit rait einem Worte der
Eantaten Bach's Erw&hnung gethan! Nicht eine Zeile ist bis jetzt
zu finden gewesen ! — Von den in der kgl. Bibliothek in Berlin
aufbewahrten 26 Eantaten Scheie's sind drei Choralkantaten: „Christu8
der ist mein Leben", „Nun danket alle Gott", „Vom Kimmel kam
der Engel Schaar", und es konnte die zweite fir den 26. Sonntag
nach Trinitatis und die letzte fir den 2. Weihnachtsfeiertag 1689
komponiert worden sein. Wenigstens hat Carpzov an diesen Tagen
die beiden Lieder besprechen wollen, und da der Choral beide Male
durchkomponiert ist, so macht dies unsere Annahme sehr wahr-
scheinlich. — Von dem Leichenprogramm, das kurz genug abgefasst
ist, folgt hier nur die deutsche tJbersetzmg. Dann mag noch ein
Nachruf, den kein Geringerer als Joknnn Kuhnau seinem Vetter
Schelle gewidmet hat, folgen, wie er auch dem der Bibliothek des
Vereins fiir die Geschichte Leipzigs angehorigen Funeralprogramm
angehangt ist Euhnau's ungemein grofser Einfluss auf seine alteren
und jungeren Zeitgenossen tritt in neuerer Zeit immer deutlicher zu
Tage. Besshalb hat auch das Unscheinbarste hohen Wert, sobald es
dazu dienen kann, das Bild des Mannes lebendiger uns zu machen,
der selbst auf Handel und Bach eine Wirkung ibte, deren genauere
Untersuchung hoffentlich nicht lang mehr auf sich warten lisst —
Rector j Universitatis j Lipsiensis, ] Ad Deductionem Funebrem |
Dn. | Johannis j Schellii^ \ Collegae Cantoris in Schola | Thomana et
Chori Musici 1 Directoris, ) BL 1 hodie XIV. Martii MDCCI 1 Cohoie-
standam [ Civis suos invitat.
Der Verfasser des Programms schildert zan&chst die bedeutsame Bolle,
welche die Masik bei den Wahl- und £j*dnungsfeierlichkeiten der Papste
spielt, wo lie doch nur dem recht unheiligen Zweeke der Menschenverherr-
lichung dient, ergeht sich dann im Lobe der protestantischen Kirchen-
musik, die ihr holies Ziel darin findet, die Menschen zur Erkenntnis and
zum Preise der gottlichen Wohlthaten anfzamuntern, sie im Glaaben zu
starken and in Trubsal zu trosten. Dies hohe Ziel habe sich auch der
verstorbene Eantor Schelle gesteckt ; dessen Lebensgang hieraof mit folgen-
den Worton in Kmm gewsMldert wird:
Zwei Ftmeralprogramme auf d. Thomaskantor. Seb. Knfipfer u. Joh. Schelle. 1 1
Als einen solchen Musikus haben wir jetzt auch den vortreff-
lichen und frommen, nunmehr aber selig entschlafenen Herm Johannes
Scheie zu preisen, gewesenen Kollegen und Kan tor an der Thomas-
schale und Direktor des Chorus Musicus. Geising darf sich ruhmen,
die St&tte seiner Geburt zu sein, woselbst er am 6. September 1648
als Kind einer geachteten Familie das Licht der Welt erblickte. Sein
Vater war Jonas Scheie, Schulmeister daselbst, seine Mutter Katha-
rina, geb. Dreschler. Bis zu seinem siebenten Jahre wurde er zu
Haus erzogen und genoss den ersten Keligions- und Schulunterricht
Auf Verwendung des Herrn Schiitz, Kurftirstl. S&chsichen KapeU-
meisters in Dresden, wurde er als Sopranist in die Kurf. Kapelle
aufgenommen und verblieb in derselben zwei Jahre. Im Jahre 1657
wurde er von demselben nach Wolfenbiittel geschickt und war hier-
selbst 7 Jahre Milglied des Herzoglichen Chores. Als er aber
mutierte, entliefs ihn der Herzog August reichbeschenkt, und der
Herzog Anton Ulrich gab ihm, um zu bezeugen, wie angenehm ihm
sein Gesang gewesen war, beim Fortgang seinen King, den er sich
selber vom Finger gezogen hatte. Weil er aber zu studieren gedachte,
so vennittelten es der Kapellmeister Schiitz sowie der Biirgermeister
Pincker und der Stadtrichter Schiitz, dass er Alumnus der Thomas*
schule wurde. Hier machte er im Laufe von 3 Jahren gute Fort-
schritte in Wissenschaften und Kiinsten. Sodann war er ebenso viele
Jahre Student an unserer Akademie, einer Zeit, w&hrend der Gerhard
Preisensin, der Organist an der Thomaskirche, dem arm en Jiinglinge
Wohnung und Unterhalt gewahrte und angesehene M&nner dieser
Stadt, deren Kinder er in der Musik unterrichtete, in freigebiger
Weise ihm Untersttitzungen zu teil werden liefsen. Im Jahre 1670
wurde er als Kantor nach Eilenburg berufen und trat am 1. Advent
sein Amt an. Im folgenden Jahre verheiratete er sich mit Marie
Elisabeth, der ftltesten Tochter des Herrn Johannes Wiistling, Kurf.
Sichs. Schofe- und Steuereinnehmers, mit welcher er in glticklicher
Ehe 8 Kinder, 6 Sohne und 2 Tochter, erzeugte: Johannes Friedrich,
der bald wieder starb, Johann Georg, Kandidaten beider Rechte,
Johann Christian, Magister der Philosophie, Johann Gottlieb und
Johann Christoph, welche beide ebenfalls in zartem Alter starben,
Johann Gottfried, der sich dem Kaufmannsstande widmete, Johanna
Elisabeth und Johanna Sophia. Im Jahre 1677 Ubernahm er das
Kantorat an der Thomasschule, zu dem er von E. E. Rate der Stadt
berufen worden war, und die Akademie tibertrug ihm gleichzeitig
die Leitung der Musik in der Paulinerkircha Diese Amter hat er
1 2 Zwei Faneralprogramme mi d. Thomaskantor. Seb. Knfipfer u. Joh. Schelle.
24 Jahre lang treu und fleifsig verwaltet, indem er die Enaben in
der Scheie unterrichtete, die Zucht aufreeht erhielt und Gesange
komponierte und aufftihrte, die grofsen Beifall fanden. Im Laufe
dieser Zeit hatte er nicht selten mit schweren Krankheiten zu k&mpfen,
die er aber alle gliicklich iiberstand. Vergangenen 21. Februar iber-
kam ihn aber eine gro&e Korperschwfiche, verbunden mit Stein-
schmerzen, an denen er scion frtiher gelitten hatte. Wenn aber auch
einige Steine ausgeschnitten wurden, so trat doch noch ein hitziges
Fieber dazu, das eine ganz au&ergewohnliche Schwlche, unstillbaren
Durst, ununterbrochene Unruhe, Herzbeklemmung und Atemnot zur
Folge hatte. Es wurden deshalb alle einschlagigen Heilmittel an-
gewendet In der That gelang es, dem Kranken einige Buhe zu
verschafiFen und die Symptome zu mildern, so dass es aussah, als ob
er noch einmal genesen sollte. Indessen am 9. dieses Monats, am
17. Tage der Krankheit, bekam er, als er gegen Abend aus dem
Schlafe erwacht, eine Ohnmacht, die seine Krlfte so erschopfte, dass
er am 10. des Monats unter heifsen Gebeten und Seufzern Medlich
entschlief. Er hat ein Alter von 52 Jahren, 6 Monaten, 1 Woche
und 4 Tagen erreicht
(Folgen eine Anzahl von dem Entschlafenen oft angestimmte, auf das
zukunftige bessere Leben zielende Verse der Bibel.)
Mit dem Troste, dass der fromme Kunstler nanmehr seinen Herm
im hdheren Chore preisen wird, ladet die IJniversitat ihre Glieder zum
feierlichen Leichenbegangnisse ein, das am 14. M&rz 1701, nachmittags
1 Uhr stattfinden soil.
Der Nachruf Johann Kuhnau's.
Der rechte
Gebrauch der Music,
Bey der
ansehnlichen Leichen - Bestattung
Des Virtuosen Musici,
Herrn
Joh, Schellens,
Wohlverdient-gewesenen Cantoris
zu Leipzig,
In Bezeugung seines hertzlichen Mitleidens
gegen die
Hinterlassene Fran Wittbe,
Herren Sohne und Jungfer Tochter,
Zwei Funeralprogramme aaf d. Thorn askantor. Seb. Knflpfer u. Jok Schelle. 1 3
Wie auch zum Nach-Ruhme
Seines gewesenen geliebtesten Hn. Tetters
nid special-Lands-Mannes,
in gegenwartigen ungebundenen Zeilen
einiger massen entworffen
von
Johann Kuhnauen.
Leipzig, geiruckt bey Imanuel Tietzen.
Wenn iemabls Lent© von einem gelobet und von dem andern
hingegen verachtet werden, so wiederfahret solches sonderlich denen
Musicis. Die Welt 1st immer ein bestochener Richter; also kan man
auch in diesem Stiicke kein gleiches und bestandiges Urtheil von ihr
hoffen. Unterdessen finde ich zwey himlisch-gesinnte und die Warheit
liebende Manner, welche auch hierinne nicht mit einander einig sind.
Der eine ist der Prophet Amos: der andere der Haus-Lehrer Sprach.
Bieser*) hilt die Musicos aller Ehren werth, und setzet sie mit in
semen Catalogum bertihmter Leute. Hingegen stecket sie jener b ) unter
die Zahl derer jenigen, welchen er nichts ruhmliches nachsagen will.
Woher komt nun solcher Unlerschied des Urtheils? Ich weifs vor
dieses mahl nicht anders zu antworten, als von der Betrachtung des
rechten und unrechten Oebrauches der Music. Nun ist es zwar nicht
zu vermuthen, diss diese Gottes-M&nner eben darauff gedacht haben,
worauff man etwa ietziger Zeit dencken kan, wie nehmlich die rechte
Application der Musicalischen Intervallorum und deren Yermischung,
des Modi, Temporis, Metri, derer Instrumenten und dergleichen ge-
schehen solle, ingleichen wie recht oder unrecht diejenigen thun,
welche denen Musicis vorwerfen, dass ihre heutige Kunst gantz cor-
rumpiret, und nur eine (wiewohl sehr unkenntliche) Spur der ersten
alten pathetischen und herrlichen Music sey. So lass ich auch dahin
gestellet seyn, ob der Prophet Amos die Musicos in die Tugend-
Schule habe fiihren und ihnen vorriicken wollen, wie wenig sich
dieselben die Hanponie zu Nutze machen, sondern dass die meisten
in ihrem Gemtithe die allerschandlichste Dis-Harmonie merken lafsen:
Wie etwa Seneca 0 ) sich liber einen solchen Musicanten mocquiret?
Seine spitzigen Worte sind diese: Ad Musicum transeo. Doces me,
quomodo inter se acutae et graves voces consonent; quomodo ner-
•) Sirach 44, vera. 1. usque 5. ind. — b ) Amos c. 6, c 5. V. 23.
— c ) Epist 88.
14 Zwei Funeralprogramme aaf d. Thomaskantor. Seb. Knfipfer m. Joh. 8chelle.
vorum disparem reddentium sonuin fiat concordia. Fac potins,
quomodo animus secam mens consonet, nec consilia mea discrepent
Monstras mihi, qui sunt Modi flebiles: monstra pottos, quomodo
inter adversa flebilem non emittam vocem. Mein lieber Musicanie
(will er sagen), wir mttssen doch mit einander ein wenig discuriren.
Du lehrst mich, wie klare und tieffe Stimmen, ingleichen die ratter-
schiedlich gestimmten S&iten mit einander eine gute Harmonie macheii
sollen. Lehre mich doch vielmehr, wie mein Gemtithe mit sich selbst
wohl einstimmen, und es in Erfassung eines guten Baths nicht so
dissoniren radge. Du weisest mir die traurigen Modos oder Tonoe,
aber weise mir vielmehr, wie ich mich im Ungllicke aller Traurigkeit
entschlagen konne?
Unterdeesen wird doch obgedachten heiligen Gottes-Mfinnem
dies© Meinung nicht zu wider seyn, dass der jenige Musicus alsdann
zu riihmen sey, wenn er seine mit Fleife erlernte Kunst zu Gottee Ehre,
zu seinem und des Nachsten Nutzen oder zur zulaMgen und lob-
lichen Vergniigung anwendet
Ich darff nicht allererst urn ein Exempel eines solchen Musici,
der seine Kunst mit Vernunfift gebrauchet und profitiret hat, be-
kiimert seyn; es schwebet schon der gantzen Stadt ein herrliches in
den Gedancken. Und dieses Exempel ist der nunmehro selige Herr
Johann Schelle, wohlverdientgewesener Cantor allbier. Ihm ist das
Praedicat mit Bechte zugekommen^ welches die Itali&ner denen excel-
lenten Musicis beylegen, wenn sie dieselben Virtuosen, das ist, edle
und renommirte Leute nennen. Und also nehmen diese Auslander ihr
Wort, Virtuoso, nicht in einem Moralischen YerBtande, dass sie da-
durch einen Mann von Tugenden, die im Willen bestehen, andeuten
wollen, sondern sie haben nur ihr Absehen auff die Tugend dee Ver-
standes, die herrlichen Gaben, und die Vortreffligkeit in solcher Kunst
Dahero auch dieses Paradoxum bey ihnen Offters gehoret wird; Non
ogni Virtuoso d Virtuoso. Es ist nicht ein jeder tugendhafit, der
tugendhaffi ist
Nichts destoweniger konte unser Herr Schelle vor einen Vir-
tuosen in dieser zweyfachen Bedeutung paTsiren. Denn gleichwie
Er selten eine Geburt seines Geistes gezeiget, oder ein Kirchen- und
andrer Stiicke von seiner Composition heritir gebracht, dais nicht
der allgemeine Applausus darauff erfolget wire: dahero auch solche
seine Concerten, Sonaten, und dergleichen bei der Posteritat als zu-
langliche Uhrkunden und Zeugnisse seiner herrlichen Gaben des Ver-
standes in der Composition lange werden verwahret liegen; also hat
Zwei Funeralprogramme anf d. Thomaskantor. Seb. Knupfer u. Job. Scbelle. 1 5
m auch sonst sich tugendhafft im Willen, mit einem Wort©, recht
musicalisch, das ist, mit Gott, seinem Gewissen und dem ehrbaren
Naehsten eingestimmt erwiesen. Gottes Will© war allezeit, nach
musicalischer Art zu reden, der Chor-Ton, nach welchem die Har-
monic seines Lebens temperiret, eingerichtet und gestimmet wurde.
Wer ihn (den seeligen Herrn Cantor Schellen) sonst nicht gekennet
hatte, sondern nur bey seinem sanfft und seeligen Ende gewesen
ware, der wiirde nach der bekanten Begul: Cantus in fine videtur,
cuius Toni, bald haben schliessen konnen, dafs die vorher gegangenen
Conduite und sein gantzer Lebens-Wandel miisse Christlich und lob-
lich gewesen seyn. Accordirte nun sein Wille so wohl mit Gottes
Willen, so konte es auch nicht fehlen, es muste in seiner Seele eine
gute Harmonie seyn, und folgentlich auch sein Gemtithe gegen ieder-
man in lauter Liebes-Dienste ausbrechen : Zumahl er wuste, dais er
ohne Iiebe nichts anders als ein thonend Ertx d ) und eine klingende
Schelle seyn konte. Im Iibrigen war es seine groste Freude, dafs er
seine edle Wissenschafit allein zu Gottes Lobe in der Kirche und also
recht gebrauchen solte. Ich erinnere mich hierbey des Egyptischen
Kunst-Bildes Memnonis: e ) Wenn dieses an der Sonne stund, so gab
es einen musicalischen Elang von sich, stellte man es aber in Schatten
oder ins Dunckele, so horte man nichts von ihm. Herr Schelle war
eben von dieser Art: Er liesse sich an solchen Orten nicht horen,
wo die Leute in Finsternifs und Schatten des Todes sitzen, wo sie
Harffen, 0 Psalter, Pauckm, Pfdffm und Wein in ihrem Wohllebe?i
haben; oder (welches so viel heissen kan) er dichtete keine weltliche,
unziichtige und das Fleisch nur liistern machende Lieder; sondern
er Mefe seine Stimmen und Gedichte nur da erschallen, wenn er in
denen heiligen Tempeln stund, in welchen die Sonne der Gerechtig-
keitfl Christus, mit hellen Strahlen und Blicken scheinei Hiermit
kam er bereits in seiner Jugend mit dem exemplarisch - frommen
Musico, David, gethanen Geliibde h ) redlich nach: Psallam Deo meo.
quamdiu fuero, ich will meinem Gott lobsingen, weil ich hier bin,
Aber das ist zu bejammern, dafs es nunmehro mit ihm heisset:
Er ist dagewesen. Sein Mund, der des Lobes Gottes voll war, ist
veratummet: Die Hand, welche auf allerhand musicalischen Instru-
menten sich so geschickt und lebhaft finden liefs, ja welche mit
solcher Leichtigkeit die Concerten hinschrieb, als sein inventieuser
d ) 1. Corinth. 13 v. 1. — e ) Happel. in Relat. curioB. Part. 1. p. 30.
— f ) Esa. 5. v. 12. — «) Maleach. 4 v. 2. — h ) Psalm 146 v. 2.
1 6 Zwei Faneralprogramme auf d. Thorn askantor. Seb. Knfipfer u. Joh. Schelle.
Geist dieselben ihr dictirte, lieget eretarret: Die Augen, welch© so
scharff auf die vollen Partituren sahen, und die Ohren, die gleich
der geringsten Dissonanz gewahr wurden, sind verschlossen: In
Summa, der gantze Lett), den man ttber der Direction seiner Music
so occupirt gesehen, liegt itzo ohne Leben, nnd im Saige: er wird
auch nicht eher erwachen, als bils sich der Engel mit der letxten
Posaune *) wird horen lassen.
Und dieses mufs sonder Zweiffel die hinterbliebene Fran Wittwe,
Hn. Sdhne und Jungfer Tochter in hochste BetrtbiiJi stiirtzen. In
ihren Hertzen wird es heissen : Die Freude*) der Paucken feyert,
dm Jauchtxen der Frolwhen ist am, und die Fteude dm* Harffen
hat ein Ende. Die Lieder in der Kirchen, die ihnen vormahls so
frolich und angenehm geklungeo, werden ihnen ietxo in ein HetUen 1 )
verkehret. Aliein was ist zu thun? Sie sind ja schon aus ihrem
Christenthume zur Gntige unterrichtet, dais man im Gltick und Un-
gliick den Gottlichen Willen erkennen miisse. Die Itali&ner haben
dieses Sprichwort: Ogni Salmo si finisce in Gloria: Ein jeder Psalm
(er mag auch so traurig gehen und klingen als er wolle) endiget sich
allezeit mit dem frolichen Lob-Gesange: Ehre sey Gott dem Vater.
Sie versichern sich, dais ihnen Gott wieder Ursache geben wird, auff
ihre Trauer-Lieder ein froliches Gloria anzustimmen und ihm, dafs
Er, ihres A?tgesichtes Hulffe m ) und ihr Oott ist, hertxMch xu danken.
Zu dem kan Sie auch dieses trosten (welches Sie doch dem seeligen
Herrn Ehe-Liebsten und Vater gerne gonnen werden), dafe er nun-
mehro in das Chor der himmlischen Musicanten, und in die GSttliche
Capelle gelanget, wo die Schellen n ) klingen, und wo Er vor dem
Lamme 0 ) in GesellschafEt der Heiligen ein neues Lied und Sanctus
mit ewigem Vergntigen musiciren wird.
Und wie Er im tibrigen uns bereits den Vorschmack davon in
der Kirche offters geniessen lassen; also wird auch der 16bliche Hang
seines Buhms in unsern Ohren zu keiner Zeit verschwinden.
! ) 1. Cor. 15 ¥. 82. — k ) Bhl 24, B. — l ) Amm 8, t. 3. —
m ) Ps. 42, v. 12. — n ) b Cant In dulci iubilo. — °) Apoc. I, v. 9.
Anzeigen.
17
Anzelgen.
Notker's Sequenzen. Beitrage zur Geschichte der lateinischen Se-
quenzendichtung. Aus Handschriften gesammelt von Jakob Werner.
Aarau, H. R Sauerlander.
Der Verfasser ordnet den Inhalt seiner AbhandliMig in 5 Abschnitte.
In dem 1. Abschnitte legt er den Stand der Frage dar; es werden die
Ergebnisse der Forschungen von Daniel, Schubiger, Wilmann's u. a. einer
Kritik unterzogen, mud damns ergiebt sich, dass das Urteil fiber eine ziem-
liche Anzahl von Sequenzen nicht feststeht, weshalb eine nochmalige TJnter-
snchung der Handschriften za Bate zu ziehen ist. In dem II. Abschnitte
wird eine gedrangte TTbersicbt des Inhaltes derjenigen Handschriften ge-
geben, welche fur die Frage in Betracht kommen; es betriflft dies 31 Hand-
schriften vom 10. — 16. Jahrhundert. Bezfiglich der Seqnenz Benedicts
semper sancta (8. 14) dfirfte nicht amfser acbt za lassen sein, dass der
Text derselben gleichsam ein Kommentar des AUeluja- Verses Benedictus
es Domine ist, der als solcher schon in Sabbato quatuor tempus Fente-
costes and als Hymnus in Sabbato qoatnor tempus Adventus vorkommt.
Das Thema der Melodie dieser Sequenz ist, wie die Melodie der Notker
zugeschriebenen Sequenz Festa Cbristi omnis, der AUeluja-Melodie des
Trinitatsfestes entnommen, welche sich aber auch aaf das Fest Philippas
and Jakobas mit dem Verse' Tanto tempore and zar Vigil von Weih-
nachten zu dem Texte Crastioa die findet Abschnitt III handelt fiber
den TJrsprung der Sequenzen. Der Binfliiss, welchen die Thatigkeit der
irischen Monche im Kloster za St. Galen, die Anwesenheit der griechischen
Sanger am Hofe Karl's d. Gr. and die Komposition der Sequenzen aaf
den litargischen Gesang sollten ausgeubt haben, war nicht so folgenschwer,
wie der Verfasser meint, and die Gestalt der „melodiae longissimae" kann
er in jedem Graduale sehen, welches den traditionellen Choral enthalt.
Der Abschnitt IV betrifft speziell die Sequenzen Notker's. Ekkehardt IV.
spricht in seinen Glossen zu seinem liber benedictionum von 50 Sequenzen
Notker's ; nach den Vergleicbungen der Handschriften findet der Verfosser
von Notker 47 Texte mil 37 Sequenzmelodien, so dais zu 10 je zwei
Texte vorhanden sind. Der V. Abschnitt handelt fiber Name und Texte
der Sequenzen. Der Sequenzname Multifarie wird von dem Alleluja-Vers
Multifarie olim Deus hergenommen sein; auch der Name Puella turbata
wird einem Alleluja- Verse entstammen (nach Fac-simile I in Frd. Wolf
Uber die Lais, Sequenzen und Leiche). Dass die 8equenzenmelodien Ver-
anla88ung zur Anwenduog der sog. Romanusbuchstaben sollten gegeben
haben, nod dass die Neumenschrift spater durch die Buchstabennotation
v«rdrangt worden sei, trifft nicht zu; denn Notker fand die Romanusbuch-
staben in den von ihm benutzten AUeluja- Melodien vor, und die vereinzelt
vorkommenden Buchstabennotationen waren im allgemeinen fur den Schul-
gebrauch. Durch die Zusammenstellung der Handschriften in Abschnitt II
hat der Verfatsor der Untersuchung einen wesentMchen Dienst geleistet
P. Bohn.
MoDAtoh. f. Mneikgetoh. Jahrging XXXTV. Ho. 1. 2
18
Anzeigen*
Me form- Choral Historisch-kritische Studie von P. Raphael Molitor,
Benediktiner der Beuroner Kongregation. Freiburg im Breisgau.
Herder'sche Verlagshandlung. 1901. M 1,50.
Diese Schrift bildet In gewissem Sinne die Fortsetzung zu des Ver-
fassers Geschichte der Nach-Tridentiiiisclien Ghoralreform m Mom; nur
bleibt die historische Darstellung nicht auf die romischen Verhaltnisse be-
schrankt, sondern sie erstreckt fdch auch aaf die Darstellong der Vorgange
bei der im 17. Jahrhundert in Frankreich, Deutschland nnd Spanien vor-
genommenen Bearbeiteiig des Gregoriaiiisoliai Chorals. Als Quellen fir
Heine Mstorisch-kritwchen Studien dienten dem VerfiiBer die Choraldracke
nach 1600 nnd gleichzeitige theoretisch-praktische Schriften fiber den Choral-
geeang, von welchen in dem chronologischen Quellenverzeichnisse von
1601 — 1836 fiber 100 Inmmera aufgefuhrt werden. In getrener Am-
ffihrung der Thataaclien legt der Verfasser klar und ubersichtiich mm nach-
folgenden Kapiteln der theoretischen TJnterweisangen a) fiber Einteilung
der Mosik und "Wesen des Chorals; b) von den Noten und ihrem Zeit-
werte; c) von der Textbehandlnng ; d) vom Gebrauch der Diesis and des
b moll, dar, was die Reformer bei ihrer Arbeit leitete, was ihnen dabei
im Sinne lag nnd als Ziel vor Angen schwebte. Cber die Art und "Weise
der Choralbearbeitung geben die theoretischen Schriften saltan und in
karglichem Mafse idrmliche Anleitnngen ; wie das schneidende Messer ge-
fuhrt wurde, das zeigen die Choralausgaben. Aus den 8eite 63 and 64
angeffihrten Proben ans reformlerten Choralbfichern kssem sich diesbenigw
lich drei Methoden imtencheideii, welche einzeln ©der zusammen bei violen
Editionen angewendefc wwden: a) Entksteng kmrawr Silben dnrch Ter-
schiebung der Notengrnppen ; b) Kurzung der Melismen auf den Accent-
silben, nnd c) Kurzung der Melismen auf Endsilben. Die Medicaa hat
aufserdem auch noch andere Eigentumlichkeiten , z. B. dass jede ihrer
Melodien mit Tonica oder Dominante beginnt; den haungen Gebrauch
eines b in Tonarten, welche fiber \ echlielsem; Erweiterangen dee Originals
neben stiirken Kftrzungen, u. a. Die Meinniig, m seien die GhoralauBgaben
des 16. Jahrhunderts nur schlecht gemten© Facsimiles, und seien Kfimnig
und Umgestaltung der Melodie eine notwendige Folge der Anderung an
den Texten des Missale gewesen, wird durch eine Probe mm emem Gra-
dual© von 1586 als unbegrfindet bezeichnet Um ein abschliefeendes TJr-
teil fiber die Erfolge oder Erfolglosigkeit der Reformen zu erhalten lenkt
der Verfasser die Blicke auf das praktische Chor- und Sangerleben jener
Periode, indem er an der Hand der Dokumente ©men Cberblick giebt
fiber den Personalbestand der kirchlichen Chore und fiber die Th&tigkeit
kirchlicher Organe behufs Hebung des llargischeii Geeanges; lodann wird
gezeigt, wm im 17. und 18. Jahrhundert von den Saogera in gesang-
technwcher Hinsicht gefordert mud geleistet wmrda — Sehr lehrreich rind
die AuBftthriiiigai dei Yerfawere fiber die Erfolge der Reform, und ich
gtetatte nair, einige Gedanken darmns aiizulfilxran. Cber das Bedurfnis
einer Reform heilst es 8. 66 : „Nicht weil bei Junta eine Note in den
Amelgen.
19
Zwischenraum gerateii, die bei Gardanus oder anderswo aaf der Linie
stand. Nicht deswegen, weil hier ein b gebraucht wurde, wo mm anderer
I einzeichnete und ein dritter weder das cine nocb das andere that, dem
Banger iberlassend, ob ihm !S| oder b besser gefiel. Auch nicht deshalb,
weil da und dort eine Melodie im ersten Modus schlofs, die in der
nachsten Kathedrale im dritten Modus notiert stand. Das alles war fur
den Gesamtbestand der Tradition hochst nebensachlich und minderte die
"Wurde des Gesanges nicht, wenn nur jeder Chor uber seine Praxis Har
und einmutig war; es genugte zur Korrektur die verst&ndige Hand eines
Regens chori, und bei Neuauflage der Bucher die des Herausgebers. Selbst
die im einzelnen noch mangelhafte Klarheit und tTbersichtlichkeit der
jungsten Drucke verlangten zu ihrer Beseitigung keine eigentliche „Reform".
— „ Analyse der Melodie, ihres architektonischen Banes, ihrer rhythmischen
Struktur, ihrer modalen Grundiage, und sinngemdfse Phrasierung ihrer Glieder
Bowohl bei typographiseher Reproduktion als besonders im kunstlerischen
Vortrage war das eigentliche Ziel, nach dem eine Reform streben musste."
— „Der Segen einer Erneuerung hing weder von einer absoluten Uni-
formierung samtlicher Kirchen im Gesange noch von einer absoluten
Authenticity aller Melodien ab." — Statt jedoch den Choral nach seinen
innersten Elementen zu erfassen, statt in den Sinn seiner Formensprache
einzudringen und die Melodie und ihre musikalischen Elemente besser zu
fixieren, betrachteten die Neuerer die Gregorianischen Melodien nur als
eine Handvoll Noten, lange und kurze zusammengewurfelt ; es war ihnen
daher gleichgultig, ob ihrer funf oder sechs, oder sagen wir gleich einige
Dutzende mehr oder weniger sind, lieber freilich weniger als mehr. Also
kurzen, es schadet nichts, sie bleiben, was sie waren, eine Handvoll Noten.
Und dabei bildete man sich ein, der Wesensgehalt bleibe derselbe. Dass
bei einer solchen Auffassung des Chorals auch auf richtdge Belehrung
und Schulung der Sanger wenig Sorgfalt verwendet wurde, iat wohl
begreifiich, wie auch, dass die fruhere Hochschatzung sich nach und nach
▼erlor und nur noch die Sage von vergangener Schonheit verblieb. Fur
die kunstlerische Auffassung des Chorals war die Reform sch&dlich, auch
bietet sie nichts, was das Interesse des Kunsthistorikers m feeseln verniag.
Bei objektiver Betrachtnng der Entwickelung und des Verlaufs der Reform
wird man zu einem anderen Resultate nicht gelangen. Moge die wieder
in Fluw gekommene Chondbewegmg von einem so klaglichen Ausgange
Iwwahrt bleiben, wie er der Reform bei ihrer verkehrten Grundlage and
Methode notwendig beschieden war! Die in ruhiger und vornehmer Sprache
dargelegten mid fir die Choralgeschichte sehr wertvollen Ergebnisse der
Stadie des Verfassers zeigen, dass das, was der Choral 1st, fur was er zu
gelten hat, nicht in den Theorien und Editionen der ^Reform" sondern in
dem Studium der <esten Quellen zu suchen ist. p £ohn.
Der Oregmmnische Choral mid Me ChorcUfrage. Von Anton ¥i>-
sprnch, Kdnigl. Professor. Mit einem Vorwort von P. Ambrosia*
2*
20
Mitteilungen.
Kienle, 0. S. B. Stuttgart und Wien, Job. Roth'sche Verlags-
handlung. Brosch. 30 Pf.
Dies© Broschfir© ist ein Sooderdruck einer mteresmnten Studie des
Verfassera aus der Berliner ,,Allgemeiiien Mosik-Zeitmiig. 11 Bem Urteile
4es P. Ambrosius Kienle in dem beigegebenen Vorworte schliefse ich
mich vollstandig an; derselbe sagt: „Die (in der „AUgemeinen Musik-
Zeitung* 1 veroffentlichte) Stadie verriet nicht nar des Verfassers Interesse
fur den alten Choral, sondern auch ein Verst&ndnis desselben, ein Mitfuhlen
mit de88en Affekten und Stimmangen; man konnte leicht wahrnehmen,
daw dem Verfawer can Einblick in das inner© seelisehe Lebea des Chorals
vergdnnt war. lire ich nicht, bo sind solche Aufserungen selten in unserer
dentachen MiiBikliteratnr, beaonders miser© katholischen Kirchenmnsiker be-
fieifsigen aich daruber eines vielsagenden Schweigens. Da der Verfasser
zudem seine Gedanken in eine so gew&hlte Form zu kleiden gewusst hat,
daas auch die Sprache selbst schon erfreut, entstand wie von selbst der
Oedanke, eine solche Arbeit sollte zum Gemeingut aller gemacht werden/
— Wir gestatten mis hierbei auch auf eine Arbeit derselben Tendenz
aufmerksani zu rnachen in dem Oktoberhrfte der Zeitschrift „Die Watar-
heitf' bei Bernklau in Leutkiroh (Wurttemberg). Dieselbe ist verfasst von
Emil Sauvage unter dem Titel: Aktuelles fiber katholische Kirchenmusik.
R Bohn.
Mlttellniigeii.
* Zesstemmige Madrigalen van Jan Tollius nach der Ausgabe von
1597 in Partitur gebracht von Dr. Max Suffer L Uitgave XXIV van
der Vereeniging voor Noord-Nederlands Musiekgeschiedenis. Amsterdam
bei Stunipff k Koning und Leipzig, bei Breitkopf & HarteL 1901. PoL
77 S. Partitur in den Originalschlusseln ohne Klavierauszug. 16 kontra-
punktisch gearbeitete Madrigale mit grolsem Klangreize zeigen den Kom-
ponisten als einen tuchtigen Vertreter der edlen Kunst Musica und m-
gleich als einen Verehrer der italischen Schreibweise. Besonderen Klang-
reiz iben die Madrigale mit drei hohen Stimmen aus, auch weifs der
Komponist durch eine wohlenrogene Abwechalciiig zwischen kontri-
punktischen und homophonen Stellen den Zuhdrer zu fesseln. Terzen- und
Terz-Sexteng&nge sind nichts seltenes.
* Dr. Oswald Korte: Laute und Lautenmusik bis zur Mitte dee
16. Jahrhunderts. "Unter besonderer Berucksichtigung der deutschen
Lautentabulatur. Leipzig 1901. Breitkopf & HarteL 8°. 164 Seiten.
Eine auf sorgfaltige Quellenforschung gestutzte historische Abhandlung fiber
die Laute, deren Verbreitung, Ausibcmg, Saitenbezug, Spielart, Pinger-
satz, Bunde und Tabulatur und Obersetzung in gewohnliche Notenschrift
Der Tabulatur selbst und ihrer TTbersetzung wird nur nebenbei als etwas
Mitteilungen.
21
Bekanntes gedaeht, 10 iam der damit nicht Vertraute keine Belehrung
findet, w&hrend den ubrigen Gegenstanden eine sebr sorgfaltige Unter-
BUfihnng mud Bewebfuhning gewidmet wird. Zahlreiche • Musikbeilagen in
der tTbersetzung vervollstandigen den Stoff.
* Musioa praotioa Bartolomei Rami de Pareia Bononiae. Impressa opere
et indnatria ac expensis magistri Baltasaris de Hiriberia MCCCCLXXXII.
Mmh dan OrigMiiildrack«n htriwsgegebeii von Johaanea WoE Leipzig-
1901. Breitkopf & Hirtei 8°. XVI und 116 Stiten Vorwort, Register
and Abdrack der lateinischen theoretischen Abbandiung unter Keinigung
dar zahbreicben BrackfeHer d©s alten Braokes. B*nii§ 1st in d«r Mitt©
des 16. JabrbnndertB zu Ba«a, einer zor Biases© Jam der alten BpanischeB
Provinz Batten gebdrigen 8tadt, geboren. Ber eigentliche Gbburtsort
wird verschwiegen, denn ein zn Baeza gehdriger Flecken dieses Namens
laast sich nicht nacbweisen. Sein Lehrer in der Musik war Johannes de
Monte, wie er selbst angiebt. Spater lebrte er in Salamanca nnd las
dffentlich fiber Boetius, verfasste aucb eine tbeoretische Schriffc, die kurz
die ganze damalige Mnsiklebre umfasste nnd gegen den Magister Osmmsir
gerichtet war. Bie Scbrift selbst ist bis heute nicbt aufgefunden. Ancb
als Komponist trat er auf. Von Salamanca ging er naob Italien und.
lebte 1482 in Bologna, wahrscheinlich aucb als Lebrer der Mnsik; von
da zog er nacb Bom nnd mass dort noch 1491 gelebt haben. tJber daa
Batum seines Todes ist nicbts bekannt » doch giebt Spataro in einetn
Briefe an Aaron als Grand seines Todes einen leichtsinnigen Lebenswandel
an. Ramis ist ein hocbbedeatender Neaerer : Er bricbt mit der alten
Hexacbordlehre and bietet ein neaes auf dem Oktocbord sicb aufbauendea
Solmisations-System dar. Er verlasst die pytbagoriscbe Berecbnung der
Intervalle and bahnt, indem er die Verhaltnisse der Terzen als 4 : 5 and
5 : 6, sowie die der Sexten als 3 : 5 and 5 : 8 annimmt, die richtige-
Mensur der Intervalle an. Ferner giebt er eine erschopfende Barstellung
der Cbromatik and eine ganze Beibe Begebi f ber die Anwendung nicbt
vorgezeichneter cbromatischer T6ne. Leider feblt der zweite Tail, in dem
er verspraob iber die Instrumente and ibre Entwiokelung Nacbricbt za
geben. Ob das Ms. je vorbanden war, Bast sicb nicbt beweisen. Baa
Vorwort bringt nocb andere wicbtige Aufklarungen. Bern Abdruck der
beiden Traktate sind reichlicbe Anmerkongen beigegeben.
* Br. Leopold Schmidt, Geschichte der Masik im 19. Jabrbundert.
Berlin 1901 P. Schneider & Co. (H. Klinsmann). 8°. Aos „Bas deutsche-
Jahrhundert," Abteilung VI, Seite 667-784 mit Register. Ber Herr
Verfasser schreibt einen gewandten fiiefsenden Stil, bat gate Qaellen-
forscbangen gemacht, ist mit den Kompositionen der erw&hnten Manner
gut vertraut, so daw sein TJrteil atefe gerecht and anparMisch int. Unter
dem Text© laafen darchgehends die Biographien der besprochenen Musiker r
die aus Riemann's Mosik-Lexikon entlehnt sind. Besonders ansprechend
iit der Artikd iber Earl Maria von "Weber. Aach uber Lortzing's Kom-
positionen weils er mit Oeschick seine Verdienste hervorzaheben.
* Br. Hugo Riemann hat soeben bm W. Spemann in Berlin mud
22
Mitteilnngen.
Stuttgart eino „Grofse Kompoaitionslehre, L Band, der homophone Satz
(Melodielehre mud Harmooielehre)" herausgegeben. fiin starker Band yon
531 Seiten mit vielen Mosikbeispielen, die mehrfach ins historische Fach
ubergreifen.
* Herr Luiwig Riemann m Eesen hat mit seinen Schfilern eine
Aufiataang Karl Lowe'scher Kompositionen, GesangB- and Luframental-
-werke, veranstaltet and mit Geschick 13 Nnmmern zraammeiigeetellt Mb
TJnternehmeni welches Nachahmang aach mit anieren filteren Komponisteii
verdieni
* Leo Liepmannssohn, Antiqaariat in Berlin SW. Bernborgerstr. 14,
Katalog 151. Portrats von Musikern, Schaiispieleni, Slngera and Timwn
nebet einigen aoi Mosik beztiglichen bildlichen Darstelluagen. Enthalt
611 Piecen.
* Der Mitgliedsbeitrag nebst Monatsbeften betragt for 1902 6 M.
Eitner.
m m w^
p Pnblikation der iesellsclaft fir if isiif orsdhung, '
JahrgaDg 30, Band 26,
entb<
Orazio Vecehi's L'Amfiparnaso,
eine Komodie in 3 Akten im fiinfstimmigen Tonsatze, in Partitur nebst
einer fnavierpartitar.
Abdruck des Textes nebst deutscher tJbersetzung
von Dr. Johannes Bolte,
in Partitur gebracht
von Rob. Eitner.
J¥ew 15 M.
Leipzig, bei Breitkopf & Hftrtei.
Wer als Subskribent der Pnblikation beitritt, hat fur die ersten
zwei Jahrgfcig© je 15 M zn zahlen, for die naohsten zwei Jahrgliigt
je 12 M and far die folgenden je 9 M. Die Aaswahl steht im Be-
lieben des Sabskribenten. Yerzeichnisse sind darch den Redaktear der
► M onatsheft© oder darch Breitkopf & Hartel za beziehen. <
■■■llllfci^^ ■IIMIMIIM^ ::: «^^—
Herr K. Walter, Musiklehrer am Seminar zu Montabaar (Nassau),
hat zu verkaufen:
Monatehefte f. Musikgesch. 1872. 1873. a 6 M.
Eitner's Verzeichnis neuer Ausgaben alter Musikwerke 6 H
(alle ungebunden).
Verantwortlioher Bedaktenx Bobert Eitn«r, ftapll (Uckftrmark).
Draok tod Hermann B eyer A Sonne in LangmuaU*.
ffir
MU8IK- .GB8CHICHTE
heratisgegeben
der Geselfechaft fir Musikforsehuxig.
m\i mi
1902.
Preis det Jahrgangea § Mk. Monatlioh erochein*
•in« Namraor too I bit i Bogeu. IneerUottftgftb&brtm
far di« Zeile Si Ft.
KommiftsionarerUg
vou Breitkopf & H&Ttel is Leipiig.
Bestolliuigeii
almimi jede Bach- mud MutikJs auditing entgegen.
I0.2.
MaBikbibliographlBeheB an§ FramMmrt a. It.
Von Caroline Valentin.
(Schluss.)
Das Missale Coloniensis worn IBM 1st nun wieder ©la treffliches
Erzeugniss der Hopylschen Prase nod tragt den ffir Birckmann be-
stimmten Titelholzschnitt. Hier steht die Notation in Nagel- and
Hufeisensehrift rait jener bei Dr. H. R.*) abgebildeten eigentlimlichen
Form der schrfig gesteliten Raute (Grofse 220/321), F.-S. 810, T.-Z.
42, N.-Z. 10 za 12 mm, sig. a— QUI I). Der letzte Missaldruck
Thomas Anshelms Id Hagenau 1st das seltene End gcfaorie Exemplar
des Missale dioeesis Argmtinensis von 1520 (Grofse 230/834, F.-S.
362, T.-Z. 34, N.-Z. 7). Die genaue Beschreibung mil Abbildung
des Titelholzschnitts (Kreuzigung, von den sieben Sakramenten urn*
geben) findet sich bei Weaie. Die grofseo, zwisehen Fol 173—176
einspaltig vorhandenen Notenseiten haben eine nachtraglich iiberdruckte
rote F-Linie, die als eine Eigentiimlichkeit der Strafsburger Choral-
notation angegeben ist.
Noch einmai tritt bos unverkennbare Ahnlichkeit mit den guten
Pfortzheim8chen Drucken in dera Missale Moguntvneme entgegen,
das laut Kolophon yob Thomas Wolff 1520 zu Basel gedruckt worden
Ist (Grolse 250/340, F.-S. 328, T.-Z. 35, N.-Z, 9 einspaltig mit
Eandieisten sig. a l~mV.) la diesem Bande mit seiner reichen
schonen Ausstattung vereinigen sich die Stile zweier Zeiten. So er-
*) b. 0. a -67.
Monatah. 1 Mulkgotoh. Jabrgang XXXIV. Mo, i.
2
24
Moaikbibliographisches am Frankfurt a. M.
innern die fein ornamentierten gemalten Initialen an die Biicher-
ausstattuDg des finfzehnten Jahrhunderts, wahrend der den hi. Michael
darstellende Titelholzschnitt, die Randleisten and eingestreuten Ab-
bildungen uns die Renaissancezeit, die Zeit Hans Holbein des Jungeni,
der Mr Thomas Wolf thatig war, wot Augen fiihren.
Wir konnten den Typen-Doppeldruck nur in dem engen Rahmen
der kirchlichen Kunst, nur fur den Cantus planus kennen lernen.
Aber in jener wichtigen Zeit des Aufschwungs auf geistigera Ge-
biete, am Ende des fiinfzehnten und Anfang des sechszehnten Jahr-
hunderts begannen die niederlandischen Meister des Kontrapunkts
mit ihren Kompositionen geistlicher und weltlicher Art, auch der
Musik, die Bahnen einer freien Kunst zu eroffnen. Gerade jetzt er-
schienen, dem Verstanduis jener Werke vor arbeitend, theoretisehe
Schriften , in deren Notenbeispielen wir die erste neben dem Typen-
doppeldruck erscheinende Herstellungsart, den Holxtafcldruck, kennen
lernen. Diesem Verfahren ist nur ein bis jetzt bekannter Veisuch,
ein Brack mit kleinen holzernen Handstempeln , vorausgegangen.
Es ist ein Notenbeispiel in dem Collectarium super Magnificat, das
von Eonrad Fyner in Esslingen 1473 gedruckt wurde.*) Als erstes
Werk mit Holzsehuittnoten erschien das Lilium musicae planae von
Michael Keinspeck**) im Jahre 1496 bei Froschauer in Augsburg.
Der Titelholzschnitt des in 4° gedruckten kleinen Werks stellt
in derben Formen Pythagoras und die Musik dar; auf dem Spruch-
band des ei-steren stehen die Silben ut, re, mi, fa sol, auf dem der
ein Glockchenspiel haltenden Musica lesen wir:
ich muss mir selbs frewd mmhe
wenn schmerz ver wert mir lache.
Die Choralnoten sind auf fiinf kraftige, unegal gedruckte Linien
gesetzt, die ihnen eine zu massige, die Deutlichkeit beeintrachtigende
Unterlage geben. Einen gleichen Eindruck gewinnen wir von den
1501 bei Ulrich Quentel in Koln gedruckten Werk Opus aureum
musicae in 4°, des Nicolaus Wollick de Serorilla. Hier fehlen in
den Schlusskapitein die Mensuralnoten ganz. Anders ist es mit dem
Clarissime plane atque choralis musice interpretatio des Balthasar
Praspergim in 4°, der ersten Ausgabe des 1501 bei Michael Furter
*) AbgebUdet in der Bibliographica uod der Kdderschen FestschrifL
Tafel ¥111.
**) Ich verweise fur dies© und die ubrigen Schriften auf Forkel's
Literatur der Musik, auf die Lexiken von Gerber, Mendel, F6tii, sowie
nuf die C. F. Beckerschen, die Eitnerschen und Biemannschen Publikationen.
Mu8ikbibliographi8che8 aus Frankfart a. M.
25
in Basel gedruckten Buchs, das mit dessen Kolophon und Signet
versehen 1st. Is zeigt nicht allein auf dem Titelblatt einen feinen,
kiinstlerischen Holzschnitt, der wieder Pythagoras und die Musik zum
Qegenstand hat,*) auch die Choralnoten und Linien sind in scharferen,
ilar unirissenen Formen gehalten und diirften daher in Metallschnitt
hergestellt sein. Dagegen sind die Holzschnitt© der Choral- und
Mensuralnoten in den Werken des Joannes Cocldus (Dechant im
Frankfurter Liebfrauenstift und Gegner Luther's zu Worms, 1521),
dem Tetrachordmm Musices wieder ganz in jenen zuerst erw&hnten,
derben Formen ausgefuhrt. Das vorhandene Exemplar 1st die dritte
Auflage des Werks, die bei Joannes Weyssenburger, Sacerdos in N urn-
berg 1511 erschien.
In den nachston beiden Jahrzehnten miissen sich gute Form-
schneider des Notenholzschnitts angenommen und ihn verbessert haben.
So zeigt das erhaltene Wittenberger Flugblatt von 1524**) EtUch
Christlich lider Lobgesang und Psalm in seinen flint Holzschnitten mit
Figuralnoten ebenmafsige und deutliche Formen. Die erste Ausgabe
dieser altesten Zusam m enstellung evangelischer Lieder befindet sich
zur Halfte auf der Stadtbibliothek, wobin sie mit der Gustav Freytag-
Bibliothek gekommen ist Sie endet mit der Ausxaigung aus der
Schrift von Speratus, hat also die beiden Melodien Nun frewdt etcch
lieben Ckristengmein (Luther) und Es ist das Heil uns kommen her
(Speratus). Die zweite Ausgabe des gleichen Jahres 1524 mit einigen
Veranderungen der Titelschrift und des Titelholzschnitts befindet sich
vollstandig auf der Freiherrlick Carl von Rotkschildschen Bibliothek
zu Frankfurt, mit den anderen Liedern von Speratus: In Oott gelaub
ich, Ach Oott vorn Rimmel und In Jhesus Namen heben wir an.***)
Auf der Stadtbibliothek sind noch folgende seltene Werke der ersten
Halfte des sechszehnten Jahrhunderts mit Holzschnittnoten vorhanden :
Mumca figuralis deutsch von Martin Agricola mit dem Anhang
von den Proportionen, 8°, Wittenberg Georg Shaw, 1. Aufl.
Werixeslaus Pkilomathis de Nova Domo Mvsicorum Libri Quator }
8°, Strassburg, Jakob Jucundus 1533, 4. Auflage.
Enchiridion vtriusque musicae praeticae a Georgio Rhaw 1 8 °,
Wittenberg G. Rhaw 1538, 5te Auflage.
*) Beschrieben im Des. Cat. der Hist. Music L. E. S. 143.
**) S. Wackernagel, Bibl. zur Gesch. d. d. Kirchenlieds, 8. 50 und
A. von Winterfeld, Der evang. Kircbengesang.
***) Mit der Dr. Heinrich Henkerscben Bibl. 1900 dorthin gekommen.
2*
26
Mosikbibliographi8ches aus Frankfurt a. M.
Muszca instrumentalis deutsch von Martin Agricola, 8°, Witten-
berg, G. Rhaw 1542. 3te Auflage.
Elemental* Musicum von Matthias Greitter, 8 °, Strassburg Jakob
Jucundus 1544, 1. Auflage.
Die Weiterbildung des Typendoppeldrucks war jener von Otta-
viano dei Petrucci urn 1498 erfundene dreifache Brack, mit welchem
er die ersten Ausgaben weltlicher Musik die Harmonice Musices
Odhecaton A, eine Sammlung franzosischer und italienischer Lieder,
im Jahre 1501 herausgab. Bei diesem wundervollen Brack wurde
die damals iibliche weifse Note der handschriftlichen Mensurainotation
genau nachgeahmt, zuerst Initialen und Text, dann die Linien, zuletzt
in lufserat feiner und sorgfaltiger Weise die Noten dariiber gedruckt.
Eine grofse Anzahl von Liederausgaben , Motetten und Messen
der zeitgenossischen Komponisten gab der Erfinder und seine italie-
nischen Nachfolger heraus. Eine Neuerung Petrucci's war es auch,
die Stimmen nicht iibereinander in ein Buch, wie es bei den Hand-
schriften tiblich war, sondern in getrennte Stimrahefte zu drucken.
In Beutschland haben nur drei Firmen sein Verfabren nachgeahmt:
Erhard Oeglin in Augsburg, Eonrad Peutinger in Nurnberg und
Peter Schoffer der Jiingere. Obgleich sich die Spuren venezianischer
Notendrucke im Frankfurter Messverkehr jener Tage nachweisen
lassen*) und in dem humanistischen Kreise der Stadt musikalisches
Terstlndnis vorhanden war, hat sich bis auf unsere Tage kein Petrucci-
druck erhaiten. Dagegen besitzt die Bihliothek ein Werk seines
besten deutschen Nachahmers, das von Peter Schoffer und Matthias
Apiarius 1535 in Strafsburg gedruckte: Rerum Musicarum opusculum
rarum des Johann Froschius, das in seiner vortrefflichen Ausfuhrung
den Petruccidrucken nicht nachsteht Es entstammt wie die meisten
der vorerwahnten Werke der Bibliothek des Frankfurter Pradikanten
Hartmann Beyer, eines Sehtilers und Freundes der Reformatoren. Die
Umstandlichkeit und Kostspieligkeit dieser Bruckart hielt sich nur
etwa achtunddreifsig Jahre im Gebrauch. Als der Pariser Verleger
Pierre Haultin im Jahre 1525 die Typen fur den sogenannten ein-
*) In einem Briefe des Wittenberger Buchfdhrers Christian Schramm
an den Stadtschreiber Stephan Roth in Zwickau vom 24. Mai 1544 lesen
wir: „Und wisset, dais ich die Geseng venedisch iezundt von Frankfurt
bracht , alle verkauft habe, bitt Geduld tragen bis m Michmelis", unter
dem 10. Oktober des gleichen Jahres heifst es: „Die venedschen Partes
sind nicht mehr zu bekommen u . Archiv f. d. Geschichte des deutschen
Bttchk, B. 16.
Musikbibliographisches aus Frankfurt a. M.
27
fachen Typendruck erfunden hatte, wurde dies Verfahren fur fast zwei-
hundert Jahre das gebrauchlichste und verbreitetste fllr den Noten-
druck. Jede Note war in ihrer Grofse mit einem Stuck System ver-
sehn, die Zwischenraume wurden durch kleine Systemstiicke ver-
bunden. Die ersten Werke dieser Art erschienen bei dem Verleger
Attaignant von 1527 an zu Paris, es waren Sammlungen franzosischer
weltlicher lieder. Wahrscheinlich fuhrte der Frankfurter Messverkehr
den seit 1530 dort ansassigen Buchdrucker Christian Egenolff diese
neue Druckweise zu, die er als erster in Deutschland im Jahre 1532
bei dem Drucke des Odarum Horatii Concentum verwendete. Es
ist die dritte Ausgabe der Horazischen Oden, die auf Anregung des
Human isten Konrad Celtes mit der Musik des Petrus Tritonius 1507
bei Oeglin zuerst erschienen waren.*) Dem kraftvollen Bilde, welches
uns die Thatigkeit EgenoUFs nach der von Grotefend*) gegebenen
Charakteristik erweckt,**) konnen durch eine Betrachtung seiner
Notendrucke noch einige wichtige Ztige beigefiigt werden , denn
gerade hier zeigt er sich als die Bediirfnisse der Zeit verstandnisvoll
bentitzende „Truckerherr". Seine eigene humanistische Bildung und
die gtinstige Lage Frankfurts brachte ihm die Verbindung mit vielen
Gelehrten; auch die Freundschaft, die ihn bald mit den Rektor der
lateinischen Schule, Jakob Micyllus, dem Nachfolger Wilhelm Nesens
verband, mag auf diese dem klassischen und musikalischen Studium
gewidmeten Ausgaben nicht ohne Einfluss geblieben sein. Die erste
Ausgabe 4 kl. Stimmbtieher 8°, befindet sich auf der koniglichen
Bibliothek zu Berlin, die zweite, die durch einige Kompositionen des
Augsburger Musikers Michael erweitert ist und 1651/52 erschien,
auf der Leipziger Stadtbibliothek. ***) Bei ihr ist der einen Viola
di Gambaspieler darstellende Titelholzschnitt noch vollstandig erhalten.
Die Pflege des Gesangs gehorte jedoch jetzt nicht mehr ausschliels-
lich den kirchlichen oder gelehrten Kreisen an; die seit 1512 er-
schienenen mehrstimmigen Lied ersam ml un gen fanden besondere in den
biirgerlichen Kreisen ihre Abnehmer. Als neunte deutsche Liedersamm-
lung und zweites musikalisches Druckwerk Egenolffs erschienen 1535
*) S. JL v. Iiliencron, Die Horazischen Metren in deutechen Kom-
positionen des 16. Jahrhunderts. Vierteljahrsschrift fur Mnsikwissenschaft
3. 1887.
**) Gedenkblatt an die Jubelfeier der 350jahrigen Einfuhrnng der
Buchdruckerkunst in Frankfurt, Frkft. 1889.
***) Ist der Liliencronschen Neuansgabe der Horazischen Oden zu
Ghmnde gelegt.
28 Musikbibliographisches ans Frankfurt a. M.
im Hornung, die Oassenhawer und Reutterlkdlin. In achtunddreiiflig
und neununddreifsig Liedern ist hier eine Auswahl aus den voraus-
gehenden Sammlungen getroffen, elf neue Lieder sind hinzugefiigt, neun
Komponisten, darunter Ludwig Senfl, Matthias Greitter, 8alth. Arthopius
werden genannt. Die Tenoistimrne ist mit dem vollen Text gedruckt,
die iibrigen Stimmen haben , wie dies meistens tiblich war, nur die
Textanfange. Rechnen wir die Lieder ab, deren anstoFsiger und derber
Text uns den Titel erklarlich macht, so bleibt in dem grofeern Teil
eine Mile kostlieh lyrischer Poesie mit einfachen mm Herzen gehen-
den Melodien zuruck. Gerade diese Lieder gehen wie ein eiserner
Bestand durch die vielen ahnlichen Sammlungen des sechszebnten
Jahrhunderts. Die drei kleinen Stirambiicher (der Diskant ist ver-
loren) sind als Unikum im Besitz der Ratsbibliothek zu Zwickau.
Weitere, den Egenolffdrucken Ihnlichen Ausgaben, jedoch ohne
Jahreszabl und Druckort, sind die Grassliedlin und Oassenhawer
und Reutterliedlin (zum Teil auf den Konigl. BibL von Berlin und
Munchen). Sie bringen eine andere Reihenfolge und verschiedene
neue Lieder. Die letzte musikalische Ausgabe EgenolfiTs wurde einee
der verbreitetsten geistlichen Liederbiicher der Reformationszeit, es
war: Der Psalter \ In Newe Gesangsiveise \ vnd kilnstliche Eeimen
gebracht, | durch Burcardum Waldis 1553, 8°, 100/160 mm. Der
Holzschnitt des Titelblatts zeigt den trauernden David von Nathan
getr68tet, in einer an die H. Uolbeinschen Zeichnungen zum alten
Testamente erinnernden Weise. In der Vorrede des Buches schildert
der Verfasser, ein ehemaliger Franziskaner zu Riga, seine Mfihen und
Schicksale, die ihn auch in eine dreijahrige Gefangenschaft gebracht
hatten. Als er am Ende seines Lebens lutherischer Pfarrer zu Abte-
rode, in seinem hessischen Heimatlande geworden war, stellte er die
fruher in deutsche Reime ubertragenen Psalmenlieder zusammen und
widmete sie seinen Bnidern die ihn aus der Gefangenschaft befreit
hatten. In den K&mpfen der Zeit mussten die Bitt- und Trostlieder
des Psalters von machtiger Wirkung sein. Sie gingen vielfach in
die lutherischen Gesangbiicher des sechszehnten Jahrhunderts iiber.*)
Es finden sich dreiundsiebzig neue Formen in den einstimmigen, den
Psalmen beigegebenen Melodien, die wohl dem Burcard Waldis zu-
zuschreiben sind, die andern Weisen sind weltlichen Liedern ent-
*) Nach einer von Lie. Dr. F. Zimmer auf der Casseler Landes-
bibliothek gefundenen Handschrift vierstimmiger Psaimeniieder von Burcard
Waldis, sind 1880 vierzig dieser Lieder in Neubearbeitung bei Vieweg,
Quedlinburg, erschienen.
Musikbibliographisches ans Frankfort a. M.
29
nommen. Die Notendrucke EgenolfiFs werden in Nachschlagewerken
gewohnlich als schlechte Typendrucke bezeichnet. £s ist ihm nicht
gelungen , die Linientypen in eine moglichst ebenmafsige Fl&che
zu bringen. Dadurch hat das Tonbild etwas schwankendes er-
halten und ist schwer zu lesen. Scheut man jedoch langere Be-
schaftigung und die Nachschrift nicht so ergiebt sich in den meisten
Flllen ein korrekter Satz. Die den einfachen Typendruck nach
Egenolffs Vorbild nachahmenden Niirnberger Drueker, als erster
Hieronymus Formschneider, vermochten es an einem in technischen
Dingen so hervorragenden Platze, das Problem in besserer Weise zu
losen. Ein Beispiel dafur besitzt die Bibliothek in der von Joh. Ott
herausgegebenen , von Formschneider 1537 gedruckten beriihmten
Motettensammlung Novum et insigne opus Musicum in sechs Stimm-
heften aus dem Besitze Hartmann Beyers.
Die grofsen Frankfurter Druckerfirmen des sechszehnten Jahr-
hunderts fiihrten den Notendruck als Nebenzweig weiter; eine aus-
schliefsliche Notendruckerei in der Art der Niirnberger und Miinchener
wurde in Frankfurt erst zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts er-
richtet Dies naher darzulegen, muss einer spateren Betrachtung vor-
behalten bleiben.
Die reiche Sammlung der Frankfurter Missaldrucke, wohl nur
ein Teil dmsm was vwhandem war, erweckt unser Interesse vornehm-
Itch nach der typographischen Seite. Fur die Kenntnis des gregoria-
nischen Oesangs bieten ihre abgekiirzten und zusaramengedrangten
Melodien weit weniger als die der friiheren Handschriften. Si© deuten
eher auf jene Periode des Verfalls im Kirchengesang hin, die ja urn
jene Zeit tiberall eintrat, und die Reformbeschliisse des Tridentinums
zur Folge hatte. Von den spateren Missaldrucken gehort ein Teil
der Reform- und tJbergangsperiode an, es sind: das Missale Roma-
num } Leodii 1574 (einfacher Typendruck), Praemonstratenser Missal,
Paris 1578 (Carolus Roger, Typendoppeldruck) , die Mainzer Agenda
von 1599 (Balthasar Lipp, Typendoppeldruck, Sammlung Fr. Nicolas
Manskopf) und das Mainzer Missal von 1 602 (Balthasar Lipp, Typen-
doppeldruck).*) Die Choralreform wurde nicht glucklich durch die
Ausgabe der Medicaa im Jahre 1614 — 1615 abgeschlossen ; man hatte
sich bei ihrer Redaktion mehr nach den Kunstanschauungen des sieb-
zehnten Jahrhunderts als nach den alten Quellen des Eirchengesangs
gerichtet Die nach ihr gedruckten in Frankfurt befindlichen Chor-
*) Beschrieben bei Weale, Des. Cat. S. 112.
30
Musikbibliographisches ami Frankfurt a. M.
biicher slid: ein Carmeliter Missal von 1665 (Antwerpen, Plantin-
Moreto), ein Oradtmk von 1680 (Toul, Alexius Laurent), beide ia
Typendoppeldruck, ferner zwei Carmeliter Missalien von Plachius in
Rom 1703, und Balleoni in Venedig 1760, in einfachem Typendruck.
An dem uralten Baum christlicher Kunst sollte aber ira sechs-
zehnten Jahrhundert ein neuer lebenskraftiger Zweig entstehn in dem
deutschen, dem protestantischen Choral, wie ihn Luther seinem Volke
gab. Bei der Ausgestaltung des Gottesdiensts, des im Jahre 1525
zur lutherischen Lehre iibergetretenen Frankfurt machten sich bo-
son ders Zwinglische Einflisse geltend und so wurde die von Luther
neben der Predigt zum musikalischen Mittelpunkt bestimmte deuische
Mess nicht eingefiihrt Urn so mehr mussten deshalb neben den
beibehaltenen lateinischen Gesangen der alten Kirche, die in Mug-
blattern durch die Lande gehenden Lieder Luther's und seines Kreises
£ingang finden. Wie nun in den musikalischen und theoretischen
Buchern jener Epoche ein neues Moment, die Kunstliebe des Einzelnen
und sein Anteil an den Kulturfortschritten der Zeit zur Geltung kommt,
wurden die lutherischen Bekenntnisslieder der Ausdruck freier Selbst-
bestimmung des Einzelnen auf religiosem Gebiete und in ihren ein-
fachen, zum grofsten Teil dem Volksgesange entlehnten Weisen eine
Quelle reicher kunstlerischer Entfaltung der kommenden Zeiten.*)
lie Sltosten Mislk-laalsclrifteii aif eiglisclen
Bibllotheken.
(Henry Davey.)
In der jiingsten Zeit ist zwar Manehes geschehen englische
Musik-Handschriften bekannt zu machen, ich erinnere nur an Sir John
Stainer's Dufay und an Mr. Squire's Eton-Manuscript, doch sind dies
nur Tropfen gegen den Reichtum an Handschriften den die englischen
Bibliotheken besitzen. Um nur fiber die wichtigsten Handschriften
eine tJbersicht ihres Inhaltes zu erhalten, beschranke ich mich auf
eine rein bibliographische Aufzahlung des Inhaltes.
1. Egerton Ms. 2615, Mysterien. Enthalt die Prose de l'Ane,
Sec. XDI. Von Danjou und Coussemaker beschrieben. British Museum.
*) Druckfehlerberichtigungen : Heft 11, 1901: S. 189 ist zu leeen itatt
Berlin, Leipzig r8gy, S. 191, Antiphonare statt Antiphonen. Heft 12: S. 199
dicite statt ditite. S. 201 fratrem statt fratrum. S. 203 usurn stat unmd,
legai statt leget.
Die filtesten Musik-Handschriften auf englischen Bibliotheken.
31
2. Additional Ms. 27630, Hds. aus der Schweiz, enth< einige
Motetten aus dem 15. Jh. British Museum.
3. Add. Ms. 29987, italienische Hds. des 15. Jh. EnthSlt die-
selben Komponistennamen wie der Codex 568 kl. fol. der National-
bibliothek zu Paris, der wieder ttbereinstimmt mit dem Codex 87 der
Bibl. Iaurenziano zu Florenz, 1st aber keine Kopie. Siehe den In-
halt in M. f. M. 30, 117 und Ambros Geschichte der Musik, 3, 496.
[British Museum.]
4. Add. Ms. 29996 in 4° [br. Mus.], von mehreren H&nden im 16.
u. 17. Jh. geschrieben. 218 Blatter. Der l.Teil geht von Bl. 6 bis B1.45
und scheint zwischen 1630—50 geschrieben zu sein. Der Schreiber
soli nach Joseph Warren, dem der Codex einst geh5rte, John Bedford
gewesen sein, der um 1535 Chordirektor an St Paul in London war.
Der n&chste Teil der Hds. soli von Tallis herriihren. Einiges auch
von Byrd. Schliefslich gelangte das Buch in die Hfinde von Thomas
Tomkins, eines Schtilers Byrd's, der 1656 starb. Sehr fraglich scheint
mir diese Annahme Warren's zu sein, die durch weiter nichts unter-
stiitzt wird, als dass die drei Namen als Komponisten der in der
Hds. vorhandenen Orgelpiecen genannt werden, die zumeist aus
variierten Chor&len bestehen. Die Orgelpiecen sind auf zwei 7—8-
oder ein 121iniges Notensystem geschrieben. Pol. 78 — 153 enthUt
Partituren, Pol. 184 — 218 Kontrapunktiibungen.
Verzeichnis des Inhalts:
Pol. 6 b. Miserere, 2stimmig fir Orgel oder Klavier.
Miserere, 3stim., Choral im Tenor, von Redforde.
Miserere, 3stim., Choral im Bass, von E. Strowger.
Fol. 7 a. Miserere, 3stim. von J. R[edford],
Miserere, 3stim.
Miserere, 2stim.
Miserere, 3stim., mehrfach beschldigt Folgen noch 3 Miserere
ohne Autor, dann liest man „Finis Miserere. Mr. Kyrton."
Darauf folgen abermals 4 Miserere 3stim. notiert auf ein einziges
121iniges Notensystem.
Fol. 8b. Salvator in P fa ut, 4stim. auf 2 Systeme notiert,
3 Terse. Folgt ein Salvator zu 2 Stim. 3 Verse, der 3. defekt
Fol. 10a. Te Lucis, 3 Verse zu 2 u. 3 Stim. Der 3. defekt
Pol. 10b. Christe qui lux, 4 Verse, von J. Bedford.
Pol. lib. Primo dierum, J. B.
Eterne verum conditor. Pol. 12a der 2. u. 3. Vers.
Pol 12b. Lucis creator.
32 Die altesten Musik-Handschriften anf englischen Bibliothekea.
FoL 13 a. Conditor alme, 3 Verse. Verbum sapeniam prodiens,
3 Verse.
Fol. 14 b. Iste confessor, 3 Verse. Der zweite hat eine sehr
bewegte Bassstimme.
Fol. 15 b. Veni redemptor, 3 Verse. Der dritte steht wieder auf
einem 121inigen Notensysteme.
Fol. 16 b. Deus creator omnium, 3 Verse.
Fol. 17 b. Christe redemptor. — A soils ortus cardine, vod J. R
Fol. 18 a. Coras nove Hierusalem. — Eterne rerum conditor.
Fol. 18b. 2 Glorificamus.
FoL 19a. b. 2 Lucem tuam. Das zweite mit Richard Winslate
gezeichnet, der Organist an der Kathedrale zu Winchester war.
Darauf folgen von derselben Hds. Orgelbegleitungen zu grofseren
Werken. Dass dieser Teil der Hds. von einem des Lateins nicht
Oetibten geschrieben ist, beweisen die Worte „Dingnare und angms",
damit fallt die Annahme, dass Bedford der Schreiber war.
Fol. 20 b. Te Deum mit den Abteilungen: Te Deum, Tibi omnes,
Sanctus, Pleni sunt, Te prophetarum, Te per orbem, Venerandum,
Tu Rex, Tu ad liberandum, Tu ad dexteram, Te ergo, Salvum fac,
Per singulos, Dingnare (!), Fiat misericordia. Am Schlusse liest
man: Laus sit omnipotenti Deo. Quod master John Redforde.
Fol. 22 b. Te Deum. Aliud. Gro&tenteils wie das vorhergehende.
Das Salvum fac kommt zweimal vor und liest man beim ersten
„An excellent Verse . . . Master Avere (wahrscheinlich ist Avery
Burton, gemeint).
FoL 25 b. The VIII th Tune in C fa ut 6 Piecen zu 3 und
4 Stimmen.
Fol. 28 b. Deus creator omnium, 4 Verse, der fiinfte „made by
Phelyppe Apprys of Seynt Poulls in London" (St Paul Kathedrale).
Darauf folgt eine Hesse vom Gloria ab: Hominibus, Gracias, Do-
mine filli, Qui tollis, Qui sedes, Cum sancto spiritu.
FoL 30 a. Credo in unum Deum, ohne Musik, doch ist der Raum
dazu freigelassen.
FoL 31b. Offertorium. Fol. 33 a. Sanctus. Pleni sunt (nur Pausen,
d. h. die Orgel schwieg w&hrend der Zeit).
Fol. 33b bis 34a enthalten nur die Aufechrift Benedictus, Osanna,
Angnus (!) Dei ohne Noten, nur Pausen. Dagegen das Qui tollis
und Agnus fur Orgel notiert. Am Ende liest man „Finis quod
Phelyppe Aprys." Aprys ist wahrscheinlich „Ap Khys; ein Name
der in Wales vorkommt Die heutige englischpe Form ist „Price w .
Ha ftltetteo M asik - Hand schrif ten. anf englischen Bibliotheken. 33
Die folgenden 5 Tons&tze sind auf ein 121iniges Notensystem
wie in Partitur gesetzt und enthalten die dreistimmigen S&tze:
Fol. 34b. Precatus est Moyses bis Laus sit omnipotent! Deo quod.
Master Johne Redforde.
Fol. 36 b. Justus ut palma, derselbe.
Fol. 37b. Exultabunt Sancti, von Thome of York
Fol. 38 b. Reges Tharsis. Master Preston.
Fol. 39 b. Letamini in Domino, von Robert Oorsun.
Die folgenden Orgelpiecen stehen auf 2 Systemen zu 7 und
6 Linien und sind folgende :
Fol. 40 a. Felix namque, 2stim., Mr. Redforde.
Fol. 41a. Felix namque, 3stim. von Phyllypes Apryce.
Fol. 42 a. Felix namque, 3stim., Master J. Redforde.
Fol. 43 a bis 45 a. Veritas mea, von Robert Corsun.
Mit Fol. 45 b erscheint eine neue und etwas spatere Handschrift,
die nach Warren's Urteil die des Thomas Tallis ist, da sie mit dem
Autograph im Waltbam Holy Cross Ms. die grdfste JLhnlichkeit hat
Die nun folgenden Orgelpiecen von Fol. 45 — 67 weisen nur
den Eomponi8tennamen Thomas Preston auf und man konnte ver-
muten, dass auch die nicht gezeichneten Piecen von ihm sind.
Fol. 45 b. Felix namque, 3stim., eine umfangreiche und sehr
bewegte Piece von Mr. Preston.
Fol. 48a. £in einstimmiges. Fragment „Upon la mi fa u .
Fol. 49 a. Diffusa, 3stim. von Thomas Preston. Die linke Hand
hat viele Passagen.
Fol. 51b. Bonus Doctor, 4stim. von Preston. Ein kontrapunk-
tisch gearbeiteter Satz.
Fol. 53 b bis 60 a. Sieben Felix namque zu 4 Sim. von Preston.
Fol. 61a. b. Ohne Autor: Beatus Laurentius. Confessio, beide
4stim. Eine Randnotiz vom Buchbinder soweit weggeschnitten, dass
sie unlesbar ist.
Fol. 62 b. Resurrexit, 2stim. Die rechte Hand hat vielfache Lfiafe.
Nach einer Fermate folgt „In cognovisti" zu 3 Stim.
Fol. 64a. Resurrexit, 4stim. Am Schlusse „Da gloriam Dei".
Mr. Preston.
Fol. 64 b. Hec dies, 2stim v nach einer Fermate folgt ein Confi-
temini in Proportion.
Fol. 65a. Alleluja, 3stim. Nach einer Fermate folgt „Versez u
worauf Tomkins schrieb 5I A good sharpe verse". Folgt der 2. Vers.
Fol. 66a bis 67k Fulgens. Darauf folgen 13 Arrangements.
34 Die llteiten Musik-Handschri ften auf englisohen Bibliotheken.
Jetzt folgt eine andere sehr feine Handschrift, die dann auf
Fol. 158—178 wiederkehrt.
Fol. 68 a bis 69 b. Drei „In Nomine" das zweite und dritte von
Bird (Byrd).
Fol. 70b folgen einige Reim verse, dann viele leer© Blatter.
Diesen folgen dann Partituren auf 4 Notensystemen mit Tonsatzen
aus gedruckten Gesangswerken.
Fol. 78b bis 110b enthalten 20 vierstimmige Fancies, anonym.
Fol. 110b bis 121a die Partituren von ByrcTs Songs of Sundry
Natures von 1610 zu 4 Stim.
Fol. 121b ein Fragment
Fol. 122a bis 137b die Partituren der vierstimmigen Madrigale
Morley's.
Fol. 136a in der einen Ecke des Blattes ein Canon fur 20 Stimmen
von Ekvay Bevin.
Fol. 137b ein Fragment
Fol. 138a bis 147b die Partituren der 4- und 5stim. Madrigale
von Farmer. (Fortsetzung folgt.)
Mlttelliigen.
* Hugo Goldschmidi: Studien zur Geschichte der italienischen Oper
im 17. Jahrhundert. Leipzig 1901, Breitkopf & Hartel. 8°. VI, 151 S.
Text, bis 8. 404 Notenbeispiele , bis 8. 412 Litteratur und Register.
Prels 10 M. Der Inhalt dieses wertvollen Werkes zerfallt in eine Ein-
leitung, in die romische Oper der Jabre 1600 — 1647, in die musikalische
KoniSdie des 17. Jhs. (Opera buffa) und in das Orchester der italienischen
Oper im 17. Jh. Die Florentiner Periode der Grundung der Oper wird
als bekannt vorausgesetzt und das mit Recht. Wichtig ist, dass nicht
Venedig die Florentiner Erbsehaft antrat, wie bisher angenommen wurde,
sondern Rom und an der Hand der dort entstandenen und im Palaste
Barberini's aufgefuhrten Opern verfolgt der Verfasser die Entwickelung
des Recitative, der Arie, der Chore und der Instrumental - Begleitung.
Domenico Mazzocchf* Oper Catena d'Adone eroffnet den Reigen. Einiges
Biographische, der Dichter des Textes, der Inhalt des Textes und die
genaue Prufung der Musik an der Hand der Partitur, aus der das
Wichtigste mitgeteilt wird, bilden durchweg den Weg den der Verfasser
den Leser fiihrt. Francesca Caccinf* La Liberazione di Ruggiero wird
nur besprochen um Ambros* Oberschatzung der Oper auf ihren wahren
Wert zuriickzufuhren. Seite 36 ist eine Notiz richtig zu stellen. Im
Quellen-Lexikon wird unter Cornachioli (Giacinto) aus Ascoli nur gcaagt,
Mitteilungen.
35
dass er im 17. Jh. in Bom lebte, Budhart in seiner Geschichte der Oper
mm Hofe in Munchen bezeichnet ihn als Musiker an der Miinchener Hof-
kapelle und Knabeninformator unter dem Kapellmeister Porro, der von
1635 bis 1656 in Munchen angestellt war. Da Cornachioli in den Akten
des Kreisarcbivs nicht genannt wird, ignorierte icb die Angabe Rud hart's,
der weder ein sicherer Historiker nocb irgendwo eine Quelle angiebt , so
dass man uber Cornachioli eben nur bericbten kann, dass er 1629 in
Bom lebte. Cornachioli scbrieb die Oper Diana schernita, Favola bosca-
reccia, ein Hirtendrama. Ei ist dies der erste Versueh Element© der
Komodie in die griecbiscbe Sagenwelt einzufiechten, docb dem Komponisten
gluckte das leicht Gtefillig© and Anmutige noch nicht, der Stil des Peri be-
berrscht noch seine Erfindungsgabe und schnurt ihn in die Florentiner steife
Ausdrucksweise. Besser triflfc den leichten grazidsen Ausdruck schon der
Homer Stefano Landi in seinem La morte d* Orfeo, der vom Verfasser einer
sorgfaltigen Prufung uuterzogen wird, sowie einem zweiten Drama musicale
il Santo Alessio , einer Tragodie, welches schon der Orchesterbegleitung
mehr Aufmerksamkeit schenkt. Musikbeilagen begleiten durchweg den
Text, nur sind dieselben leider schwierig aufzufinden. da der leitende
Buchstabe nicht jeder Nummer yorangesetzt ist. Der Verfasser betont
ganz besonders, dass Landi bereits seinen Becitativen Seele und Leben
einznhauchen versteht und man schon bei ihm eine Tiefe der Charakteristik,
eine Schonheit und uberzeugende Wahrheit der tonlichen 8childerung
menschlichen Leidens findet, die selbst uber Monteverdi's Tonsprache hin-
ausgeht (8. 55). Auch Landi's Instrumental - Einleitung hat bereits die
dreisatzige Form einer Sinfonie, wie sie bisher Scarlatti als Erfinder zu-
geschrieben wurde (S. 61). Der nachste romische Opernkomponist ist
Michelangelo Rossi, Oper Erminio sul Giordano, die im Winter 1637 im
Palaste des Prafekten von Bom, Taddeo Barberini, in Scene ging. Der
Vorwurf zum Texte ist aus Tasso's befreitem Jerusalem entnommen. Das
Gesamtwrteil uber das Werk fasst der Verfasser S. 70 in die Worte: es
zeigt die Ohnmacht der Zeit, des Dichters und Musikers insbesondere,
ernste Stoffe zu gestalten. Einem Armida- Drama konnten auch starkere
Talente als dieser Librettist und Bossi nicht gerecbt werden. Im Gefuhle
ihrer Ohnmacht legen sie denn auch das Schwergewicht auf die Aus-
gestaltung des Eklogisch - Lyrischen. Bedeutender ist Loreto Vittorij aus
Spoleto in seinem Dram ma musicale La Galatea, Bom 1639, dessen Dichter
und Komponist er war. Es ist die letzte tragische Oper der romischen
Period© die uns aufbewahrt ist. Die Dichter und Komponisten wenden
aich jetzt mit Vorliebe und Erfolg der Komodie zu, wahrend die Venetianer
die ernste Oper weiter pfiegen , wie die Opern von Cavalli beweisen, die
in Bom in den Jaliren 1643, 1644 und 1645 auigefiihrt wurden. Noch
widmet der Verfasser der Oper Orfeo des Luigi Rossi auf S. 78 flf. einen
breiten Baum. Sie ist zngleich die erste italienische Oper, die in Paris
am 2. Marz 1647 ihren Einzug durch Mazarin's Machtwort hielt. Bossi
selbst dirigierte die Aufiuhrung. Exemplar© der Partitur besitzen die
Bibliothek Chigiana in Bom und eine davon angefertigte Kopie das Conser-
36
Mitteilungen.
vatoire za Brassel. Der 2. Abschnitt des Baches behandelt die Opera
buffa des 17. Jahrhunderts. Giulio Ruspigliosi, der spatere Papst Cle-
mens IX., 1st als Dichter der Begrander der Opera buffa anzusetzen. Seine
Komodien „Che soffre, speri 44 und .,Dal male il bene" gaben den Kompo-
nisten treffliche Gelegenheit die leicht geschurzte Muse za pflegen and das
Secco-Recitativ einzufuhren , worin der Jtaliener jene bewnndernswerte
Zungenfertigkeit erlangt hat. Vergilio Mazzocchi und Marco Marazzoli
Bind die Komponisten der zoerst genannten Comedia. 8. 90 bespricht
der Verfasser den Text and fuhrt die charakteristischen Stellen der Kom-
position nebst Notenbeispielen an. Das Endarteil aber beide Komponisten
fasBt der Verfasser 8. 96 in die Wort©: Weder Mazzocchi noch Marazzoli
ragen an Fantasia and Erfindangskrafb fiber den Durchschnitt tachtig ge-
bildeter Masiker der Zeit hervor. Man wird in der Fartitar yergeblich
selbst nur nach besonders gelongenen Einzelheiten suchen, die Mosik bleibt
fast uberall bedeutungslos, Ihre einzige Errangenschaft ist die 8chaffong
des Secco-Recitativs, das sich offenbar bereits bemiht, jenen flussigen, an
die sprachliche Diktion angelehnten, ihr in Tonfall and Caesar abgelauschten
Aufbaa herzustellen, wie wir sie in der Zeit der reiferen Entwickelang
bewandern . . . Die zweite oben genannte Comedia „Dal Male il bene"
fallt ins Jahr 1654, die Komponisten flind Antonio Maria Abbatini and
obiger Marazzoli, Der 1. and 3. Akt ist von Abbatini and der zweite
von Marazzoli.*) £ine Partitar besitzt die Bibliothek Barberini in Bom,
Codex XLVIII, 155 und eine moderne Kopie in der Bibliothek der Santa
Cecilia in Bom. Der Verfasser giebt der Komposition grofses Lob and
weist die Fortschritte in der Form and im Ausdracke nach. Abbatini
bringt sogar am Ende jeden Aktes ein Finale, ein Zmsammenwirkeii aller
Beteiligten , was man bisher Logroscino znschrieb. A1b letzte Oper wird
Moniglia\ Tancia, Mosik von Jacopo Melani besprochen (8. 110 ft). Der
3. Abschnitt ist dem Orchester der italienischen Oper im 17. Jahrhondert
gewidmet und an der Hand der Partituren der nach and nach immer
reichlichere Gebrauch der Instrumente nachgewiesen , ebenso die schon
fruher ausgesprochene Meinong durch Beweise belegt, dasa die Komponisten
die Instrumente anfanglich wohl nannten, sie aber nicht in Partitar
brachten, sondern dies dem jeweiligen Kapellmeister uberlielsen. Aach
der Gebrauch der Violin© statt der Viola wird an Beispielen nachgewiesen.
Fur den Historiker sind dies alles wertvolle Feststellungen.
* XIV Altniederlandische Volkslieder nach Adrianus Valerius (1626).
Fur eine Singstimme mit Klavierbegleitung, bearbeitet von Julius Rontgen.
Die deutsche tlbertragung von Karl Budde. Leipzig (1901) Breitkopf &
Hartel. fol. 32 8. Die Melodien Valerius* erfreuen sich seit ihrer Ver-
offentlichung in den Ausgaben der Maatschapij zu Amsterdam im Jahre
1871 und 1893 einer ganz besonderen Bevorzugung und sind nan schon
in allerlei Bearbeitungen im Druck erschienen. Die vorliegende Ausgabe
*) So schreibt der Origin altitel vor, den der Verfasser 8. 98 mitteilt, und
ist danach die Angabe im Qaellen-Lexikon m verbessenu
Mitteilungen.
37
ist mit einer Vorrede von Budde verseben, die einen geschichtlichen tJber-
blick giebt nebst einer Erlauterung der 14 Liedertexte mit Nacbrichten ibrer
bistorischen Bedeutung. Die Auswabl der Melodieen ist vortrefflicb, docb
hat meiner Ansicht nacb Herr Rontgen in dem Bestreben die Klavier-
begleitang selbstandig zu gestalten ofter zn viel des Guten getban und
durcb zn dicke Harmonieen die Einfacbbeit des Liedes beeintr&chtigt. Das
bekannte Wilbelmuslied Nr. ¥11 bat in betreff seines rbytbmiscben Wecbsels
scbon mancbem eine harte Nuss gegeben. Das Lied widerstrebt eben dem
modernen Takte und ist nur obne Taktstricb denkbar, nur dem Rhythmus
der Worte folgend. Die Klavierbegleitung ist bier vortrefflich, sowie auch
bei den Nummern 2, 5, 8, 9, 12 und 13. Die Sammlung ist eine vor-
treffliche Bereicberung des Repertoire der singenden Musikwelt
* Zwanzigster Jabresbericbt der internationalen Stiftung: Mozarteum
in Salzburg 1900 ... von Jok Ev. Engl, d. Z. Sekretar. Salzburg 1901,
Selbstverlag des Mozarteums. gr. 8°. 53 S. Zuerst wird Becbenscbaft fiber
inner© Angelegenbeiten und die Musikscbule abgelegt, darauf folgt ein
Artikel uber Mozart f s Aufentbalt in Frankfurt a. M. im Jabre 1790, seiner
letzten Beise kurz vor seinem Tode. Sparsam fliefsen nur die Quellen fiber
seinen dortigen Aufentbalt und die 6 Seiten werden grofstenteils durcb
biograpbische Nachricbten ausgefullt die Personen betreffen mit denen er
dort verkebrt bat, wie Job. Bohm, Dr. Job. Priedr. Wilbelm Dietz u. a.
Das Tiscbbein Mozart-Bild wird darauf als kein Mozart- Bild mit vielfachen
Beweisen erklart. Eine Stammtafel der Familie W. A. Mozart's endigt die
Artikel, sie beginnt mit David Mozart, einem Maurer von Pfersee 1620
bis 1685 und endigt mit dem 1898 verstorbenen Stationsdiener Karl
Mozart in Augsburg. Das ubrige sind Namenverzeichnisse und Berichte
uber das Arcbiv.
* Oberscbefflenzer Volkslieder und volkstumlicbe Ges^nge, gesammelt
von Augusta Bender. Niederscbrift der Weisen von Dr. J. Pommer.
Karlsruhe 1902, G. Pillmeyer (Braun'scbe Hofbuchhdlg.). kl. 8°. 312 a
mit zablreicben Liedern von denen auch ein Teil mit Melodieen verseben
ist. Den Scbluss bilden Nacbweise der Quellen, die grofstenteils der Neu-
zeit angebdren. Aucb die Melodieen sind neueren Datums, die altesten
reicben bis ins 18. Jabrhundert Preis 3 M.
* Stradivari's Gebeimnis. Ein ausfubrliches Lebrbuch des Geigen-
banes von Karl Schulze, Geigenbauer in Berlin. Mit 6 Tafeln. Berlin
1901, Fussinger's Bucbhdlg. 8°. 135 S. Text. Wie weit der Verfasser
durcb seine Entdeckung den alten Violinen in seinen eignen augefertigten
Violinen nabe kommt, kann nur ein Violinist an Ort und Stelle beurteilen.
Sein Buch daruber liest sicb ganz gut.
* 85. und 86. bistoriscbes Konzert des BoMschm Gesangvereins in
Breslau. Das eine ist Albert Lortzing gewidmet mit allerlei Arien, Scenen,
Ensembles aus seinen Opern und einigen Liedern, ein- und mehrstimmigen,
das andere Robert Franz mit Solo- und einigen Chorliedern.
* Annuario del R Istituto musicale di Firenze (Anno II— 1899— -1900)
e Atti delFAccademia (Anni XXXVI—XXXV11I). Firenze 1901, Galetti
38
Mitteilongen.
e Cocci, gr. 8°. 136 8. Aufser internen Angelegenheiten interessiert ues
besonders der Bestand der Bibliothek and darunter ©in Sammelband, be-
titelt: Arie e Cantate da camera per voce sola coll* accompagnamento del
basso numerate, Ma. in qu. 4°. 21 X 18 mit 7 Gfosangen von Carissimt\
3 von Tenaglia (Anton Francesco), 5 von Farina (Antonio). Ferner eine
Intabolatvra de Levto de diversi avtori novamente stampata : £t con di-
ligentia re vista: Con gratia et privilegio . . . Am Ende: Stampata neila
cita de Milano per Jo. Antonio Casteliono al Primo de Magio M.D.XXXVI.
1 vol. in qu. 4 °. 20 X 15, mit 63 Blattern. Enthalten sind Fantasien von
Francesco da Milano, Alberto da Mantua, Marco da Laquila, 1 Pavana
von Paulo b. da milano. 3 Saltarelli ohne Autor, 1 Pavana von Borono
da Milano, folgen anonyme Saltarelli , Toccati u. a. An Autoren werden
nur noch genannt, aufser den obigen : Jo. Jacobo Albutio. — Antonio Fran-
cesco Doni Fiorentino: Dialogo della Mvsica di ... Venegia 1544 Qirol.
Scotto. 4°. 4 Stb. Die Autoren sind im Quellen-Lexikon verzeichnet, doch
muss es dort nicht Bargonis, sondern Bargonio heifsen, wie er aucb Bd. 1
p. 342 eingeordnet ist, dagegen scbreibt der Katalog Berthem, statt Ber-
chem. — La nobilta di Roma von Gasparo fiorino, 31 Villanellen zu
3 Sti rumen von Francesco di Parise fur Jjaute arrangiert, erscbien bei
Scotto in Venedig 1571. Siebe den Titel im Quellen - Lexikon outer
Fiorino und Francesco da Parigi. — Diesem folgen die Laudi spirituali
von Serafino Razzi aus Florenz, die 1563 bei Giunti di Firenze in
Venedig in 4° erscbienen. Der Katalog von Bologna, Bd. 2 p. 357 ver-
zeichnet dasselbe Werk, vergleicbt man aber den Wortlaut der beiden
Titel -Niederschriften , trotz der scheinbar genauen Wiedergabe, so finden
sicb allerlei Varianten, und babe icb bei meiuen vielfaltigen bibliographi-
scben Studien leider durebweg die Beobacbtung geraacht, dass kaum Einer
im Stande ist einen Titel wortgetreu zu kopieren. — Francesco Severi mm
Perugia ist mit seiuen Salmi passaggiati per tutte le voci, Hbro I. Roma
1615 da Nicol6 Borboni in qu. 8° vertreten. Severi war Sopranist an
der papst lichen Kapelle unter Paul V. — Diesen alten Drucken folgen
eine grofse Anzahl neuere Werke, denen zum Tail eine ausfuhrliche Be-
sohreibung vom zeitigen Bibliothekar Riccardo Gandolfi beigefdgt ist.
S. 55 — 64 folgt ein Verzeicbnis neuer Werke allerlei Art. Den Beschluss
bilden „Atti dell'Accademia del R. Istituto a . . . Anni 36 — 38, Ver-
zeichnisse der Lehrer und Schiiler der Musikschule, der Verstrorbenen u. a.
* Die Yerlagsbandlung „Harmonie u in Berlin versendet einen Kalender
fur 1902, der sebr geschmackvoll und mit wertvollen Portrats geschmuckt
ist, sowie mit dem ,,Der Gauklerin Lied" von Toni Thorns. Harmonisch
erinnert es oft an R. Wagner.
* Die Breitkopf & H^rteFscbe Yerlagshandlung hat soeben ihren
Jahresbericht fur 1901 ihres umfangreichen Verlages veroffentlicht, der
gratis durch jede Bucb- und Musikalienhand lung zu beziehen ist.
* Anbei eine Beilage: Musikalienkatalog in Sorau, Bog. 1.
Vtra&twortlioher Bedakteur Bobtzt Bitner, TMiplil (UokormArk).
Druok yon Hermann B •jet A SOhne in iMUig i Ma l ia,
fir
MUSIK- GESCHICHTE
der Geeellschaft fiir Musikforechung.
IIIIV. Jairg.
1902.
Preii det Jahrganges 9 Mk. Monatlioh ersoheint
•lot MuuBir ▼on t Mi 1 Bogen. Intertlontg«b1!hr«n
far die Z«U« m Ft
KommiitlontYorlag
▼on Brtitkopf * Hirtel in L«lp»ig.
RMtollungmi
nlmmt jede Buch- mid Mutikhandlung •ntgegen.
So. 3.
Quanta ami Emanuel Bach
schrieben in den Jahren 1752 and 1753 jeder ein Lehrbuch iiber
die Mote und das Klavier, work si© nicht nur iiber die Behandlung
im betreffenden Instruraentes sich aussprechen, sondern die ganze
Mnsikaustibung ihrer Zeit in Betracht Ziehen. Bei dem heutigen
Bestreben in die genauesten Einzelheiten der friiheren Musikausiibung
zu dringen, wird es von Wert sein dasjenige auszuziehen wis uns
die beiden Manner dariiber mitteilen. Anfanglich war ich sogar
willeis das vollstfcndige Werk von Qaantz abzudrucken, doch ist
Quantz so weitlaufig und um&tfindlich, dass ich den Vorsatz aufgab
und nur das wortlich ausziehe was uns heute uoch von Nutzen sein
kann. Die eingeklammerten Site© und Worte sind Bemerkungen
vora Unterzeichneten. Bob. Mtner.
Das zweite Hauptstiick in Bach's Versuch iiber die wahre Art
das Klavier zu spielen, handelt iiber die Manieren, das heifst iiber
die Verzierungen, tells iiber die vorgeschriebenen, teils iiber die frei
hinzugefiigten. Er schreibt S. 51 (ich wihle die neuere Orthographie):
„Es hat wohl niemand ao die Notwendigkeit der Manieren ge-
zweifelt. Man kann es daher merken, weil man sie ibermll in reich-
licher Menge antriftt. Indessen sind sie allerdings unentbehrlich,
wenn man ihren Nutzen betrachtet. Sie hangen die Noten zusammen,
sie beleben sie, sie geben ihnen, wenn es n5tig ist, einen besonderen
Nachdruck und Gewicht, sie machen sie gefallig und erwecken folg-
lich eine besondere Aufmerksamkeit, sie helfen ihren Inhalt erklaren,
Monatth. f. Muaikgwoh. Jahrgftvg XXXIV. No. 8. 3
40
Qoaniz and Emanuel Bach.
es mug dieser traurig oder frShlich oder sonst beschaffen sein wie
er will, so tragen sie allezeit das ihrige dazu bei; sie geben einen
ansehnlichen Teil der Gelegenheit und Materie zum wahren Vortrage.
liner ma&igen Komposition kann durch sie aufgebolfen werden, da
hingegen der beste Gesang ohne sie leer und einfaltig und der klarste
Inhalt davoo allzeit undeutlich erscheinen muss."
So viel Nutzen die Manieren also stiften kdnnen, so grefe ist
aucb der Schaden, wenn man teils schlecbte Manieren wfihlet, teils
die guten auf eine ungeschickte Art auiser ibrem bestimmten Orte
und auiser der gehorigen Anzabl anbringt. Deshalb haben diejenigen
allezeit sicherer gehandelt, welche ihren Stiieken die ihnen zukomraen-
den Manieren deutlich beigefigt haben, als wenn sie ihre Sacben
der Diskretion ungescbickter Ausiiber bitten iiberlassen sollen.
Auch hierin muss man den Franzosen Gerechtigkeit wieder-
fahren lassen, dass sie in der Bezeichnung ihrer Stiicke besonders
sorgfaltig sind. Die groJsten Meister unseres Instruments in Deutsch-
land baben dasselbe, wiewohl nicht mit solchem t^berfluss gethan
und wer weife, ob sie nicht durch diese verniinftige Wahl und An-
zahl der Manieren Gelegenheit gegeben haben, dass die Franzosen
anjetzo nicht mehr wie vordem fast jede Note mit einem solchen Zierrat
beschweren und dadurch die notige Deutlichkeit und edle Einfalt
des Gesanges verstecken.
Wir sehen Meraus, dass man lernen miisse die guten Manieren
von den schlechten zu unterscheiden, die guten recht vorzutragen
und sie an ihrem bestimmten Orte in gehoriger An zahl anzubringen.
Die Manieren lassen sich sehr wohl in zwei Elassen abteilen.
Zu den ersten rechne ich diejenigen, welche man teils durch gewisse
angenommene Kennzeichen (Triller, Vorschlag), teils durch wenige
kleine Notchen anzudeuten pflegt; zu der anderen konnen die iibrigen
gehoren, welche keine Zeichen haben und aus vielen kurzen Noten
besteben.
Es steht jedem frei, wer die Geschicklichkeit besitzt, auiser
unsern (obigen) Manieren weitlfcuftigere einzumischen. Nur brauche
man hierbei die Vorsicht, dass dieses selten, an dem rechten Orte
und ohne dem Affekte des Stiickes Gewalt zu thun geschehe. Man
wird von selbsten begreifen, dass zum Exempel die Vorstellung der
Unschuld oder Traurigkeit weniger Auszierungen leidet als aider©
Leidenschaften. Wer bierinnen das notige in Obacht nimmt, den
kann man flir vollkommen passieren lassen, weil er mit der singenden
Art sein Instrument zu spielen, das tiberraschende und feurige,
i
Quanta and Emanuel Bach.
41
welches die Instrumente vor der Singe-Stimme voraus haben auf eine
geschickte Art verkniipfe and folglich die Aufmerksamkeit seiner
Zuhorer durch eine bestandige Ver&nderung vorztiglich aufzumuntern
und zu unterhalten weifs. In diesem Punkte behalte man ohne Be-
denken den Unterschied zwischen der Singe-Stimme und dem Instru-
mente bei. Wer nur sonst die notige Behutsamkeit wegen dieser
Manieren anwendet, der sei tibrigens unbekiimmert, ob das, was er
spielet, eben gesungen werden konne oder nicht
Indessen muss man dennoch vor alien Dingen sich huten r dass
mair aucb mit unserer Art von Manieren nicht zu verschwenderisch
umgehe. Man betraohte sie als Zierraten, womit man das beste Ge-
b&ude iiberhaufen und als das Gewurz, womit man die besten Speisen
verderben kann. Yiele Noten, indem sie von keiner Erheblichkeit
sind, mttssen von ihnen verschont bleiben, viele Noten, welche an sich
schimmernd genug sind, leiden sie ebenfalls nicht, weil sie nur die
Wichtigkeit und Einfalt solcher Noten erheben und von andern unter-
scheiden sollen. Widrigenfalls wtirde ich denselben Fehler begehen in
den ein Redner fallt, welcher auf jedes Wort einen nachdriicklichen
Accent legen wollte; alles wiirde einerlei und folglich undeutlich werden.
Ohngeachtet die Sanger sowohl als die Instrumentisten, wenn
sie ihre Stick© gut ausiiben wollen, ebensowenig die meisten von
unsern kleinen Manieren entbehren konnen als die Klavieristen, so
haben doch die ietzteren ordentlicher verfahren, da sie den Manieren
gewisse Kennzeichen gegeben , woduroh die Art, ihre Stick© zu
spielen, deutlich angedeutet worden ist
Da die Franzosen sorgfaltig in Beisetzung der Zeichen ihrer
Manieren sind, so folgt hieraus, gleich wie man sich leider bisher
uberhaupt von ihren Sachen und ihrer guten Art das Klavier zu
spielen entfernt, dass man auch dadurch zugleich von der genauen
Andeutung der Manieren dergestalt abgewichen ist, dass diese sonst
so bekannten Zeichen jetzo auch bei den Klavier -Sachen schon an-
fangen fremde Binge zu sein.
Alle durch kleine Noten angedeutete Manieren gehoren zur
folgenden Note, folglich darf niemals der vorhergehenden etwas von
ihrer Geltung abgebrochen werden, indem bios die folgende so viel
verliert als die kleinen Noten betragen.
Von dm Vorschlagen. Die VorechlSge werden teils anderen
Noten gleich geschrieben und in den Takt mit eingeteilt (langer Vor-
schlag), teils werden sie durch kleine Noten besonders angedeutet,
indem die gro&eren (Noten) ihre Geltung den Augen nach behalten,
3*
42
Quanta and Emanuel Bach.
ob si© 8chon bei der Ausfibung von derselben allezeit etwas veriieren
(kurzer Vorschlag). Alle Vorschlage mttssen starker als die Haupt-
note angeschlagen und an dieselbe herangezogen werden. Die langen
f orschlige erhalten die H&lfte der Hauptnote, oder bei ungleichen
Teilen (punktierten Noten) zwei Dritteile.
Von den Trillern. Man hat bei einer guten Art das Klavier
zu spielen viererlei Triller, den ordentlichen, den von unten, den
von oben und den halben- oder Prall-Triller.
Sie werden jeder durch ein besonderes Zeichen in Klavier-
8achen sebr wohl angedeutet. Au&er diesen werden sie insgd&amt
bald durch ein tr., bald durch ein einfaches Kreuz (f) bezeichnet (Den
ordentlichen Triller, wie Bach oben sagt, bezeichnet er mit einem
schiefliegenden m. Er wird stets mit der oberen Hilfsnote begonnen
und hat oft einen Nachschlag, der manchmal ausgeschrieben wird.
Bei kurzen Noten folgt auf den Triller stets ein Nachschlag bei
stoigender Sekunde, bei fallender Sekunde falit der Nachschlag fort
Siehe S. 72 § 5 und S. 74 § 13.) Punktierte Noten, worauf eine
kurze Note im Hinaufgehen folgt, leiden auch einen Triller mit dem
Nachschlage (§ 14).
Den Doppelscfdag erklart Bach so wie er noch heute gemacht
wird, sagt aber S. 89 § 17: Da man aufeer dem Klaviere das Zeichen
des Doppelschlags ebensowenig kennt als notig diese Manier in der
Musik ist, so deutet man sie durch das gewohnliche Zeichen dee
Trillers, oder wohl gar durch das Zeichen des Mordenten, welches
manchmal einen Triller vorstellen soil, an.
Der Mordent wird durch ein schiefliegendes n mit senkrechtem
Striche dargestellt und kommt als kurzer und langer Mordent vor,
der kurze ist gleich dem Pralltriller, der lange hat mehrere Schlage
und kommt dem Triller gleich (Bach S. 80).
Von dem Anschlage. Wenn man statt einen Ton simpel an-
zugeben, die vorige Note noch einmal wiederholt und alsdann mit
einer Sekunde von oben in die folgende herunter geht, oder wenn
man statt diese vorhergehende Note zu wiederholen, die Unter-
sekunde von der folgenden zuerst anschlagt und darauf mit der
Sekunde von oben in dieselbe geht, so nennt man dieses den An-
schlag. Dieser Anschlag kommt in geschwinden Sachen niemals vor.
Er wird mit Nutzen bei „affektuosen u Stellen gebraucht Sein Site
ist teils bei einer wiederholten, teils bei einer um eine Sekunde ge-
stiegenen Note, welche in beiden Fallen hernach entweder durch
einen Vorschlag, oder ohne denselben herunter steigen muss.
/
Quantz End Emanuel Bach.
43
Der Schleifer, eine Folge von schnellen Sekunden, ist bekannt
Dor Schneller ist ein karzer Mordent in der Gegenbewegung, dessen
hochsten Ton mm schnellt and die iibrigen beiden (Tone) mit dem
steifen Finger vortrSgt Diese Verzierung wird aliezeit geschwinde
gemacht und kommt niemals anders als bei gestofeenen und ge-
schwinden Noten vor. (Zu alien Erklarungen giebt Bach in einem
besonderen Bande Notenbeispiele.)
S. 129 ftihrt Bach die Vortragszeichen Forte, Piano und Mf.
mezzo forte an und sagt S. 130: Man kann allenfalls auch diese
Kegel merken , welche nicht ohne Orund ist, dass die T5ne eines
Oesanges, welche aufser der Leiter ihrer Tonart sind, gerne das forte
vertragen, ohne Absicht, ob es Con- oder Dissonanzen sind, und dass
gegenteils die Tine, welche in der Leiter ihrer modulierenden Ton-
art stehen, gerne piano gespielt werden, sie mdgen consonieren oder
dfesonieren.
Quantx spricht im 8. und 9. Hauptstticke von den Manieren
und hfilt sich besonders bei den VorschlSgen und Trillern auf^ stets
im Hinblick auf die Ausf&hrung auf der Fldte, w&hrend Bach im
allgemeinen von ihnen spricht Andere Verzierungen erw&hnt er
nur beilaufig. S. 82 verwirft auch Quantz die zu haufig angewandten
Manieren und rlt zur Ma&igung. Sehr umst&ndlich behandelt er im
13. Hauptstticke das Variieren einer Melodie aus dem Stegreife
und nimmt Intervall fir Intervall vom kleinsten bis zum grofsten
durch und belegt sie im Musik-Bande mit Beispielen. [S. 120 giebt
Quantz den Rat die Ver&nderungen (also die Verzierungen) erst dam
vorzunehmen, wenn der einfache Gesang schon gehort worden ist,
also sind erst bei der Wiederholung die Verzierungen anzu-
bringen.]
S. 137 schreibt er: Die franzosischen Eomponisten schreiben die
Auszierungen mehrenteils nieder und der Ausfiihrende hat daher auf
nichts weiter zu denken, als sie gut vorzutragen. Im italienischen
Oeschmacke wurden in vorigen Zeiten gar keine Auszierungen dazu
gesetzt und blieb daher alles der Willkttr dee Ausflihrers iiberiassen.
Seit einiger Zeit aber haben die, welche sich nach der italienischen
Art richten auch angefangen die notwendigsten Manieren anzudeuten.
Vermutlich deswegen, weil man gefunden hat, dass das Adagio von
manchem unerfahrenen Ausfuhrer sehr verstiimmelt worden und die
Eomponisten dadurch wenig Ehre erlanget haben. Wie denn nicht
zu leugnen ist, dass in der italienischen Musik fast ebenso viel auf
den AusfUbrer ftls auf den Eomponisten, in der franzosischen aber
44
Quantz and Emanuel Back
auf den Eomponisten weit mehr als aaf dim Ausftthrer ankomme,
wenn das Stttck seine vollkommene Wirkung thun solla
S. 143 § 22 sagt er: Eine alia Siciliana im ZwSlffochteiltakte (!)
mit punktierten Noten untermischt, muss sehr simpel und fust ohne
Triller, aucb nicbt gar zu langsam gespielt werden. Es lassen sich
hierbei wenig Manieren, ansgenommen einige schleifende Sechzehn-
teile und Vorschlfige anbringen, weil es eine Nachahmung eines
sicilianiscben Hirtentanzes 1st Diese Regel kann auch bei den fran-
zQsischen Mfisetten und Bergerieen stattfinden. In dieser Weise be-
spricht er von S. 136 ab alle Arten von langsamen S&tzen.
Von den Cadenxen (S. 151). Ich verstehe unter dem Wort©
Gadenz hier nicht die Schlusse oder AbsStze in der Meiodie, noch
weniger den Triller, welchen einige Franzosen „ cadence" nennen.
Ich bandele hier von derjenigen willkfirlichen Auszierung, welche
von einer concertierenden Stimme beim Schlusse des Strokes fiber
der vorletzten Note der Grundstimme, nlralich fiber der Quinte der
Tonart, woraus das Stttck geht, nach dem freien Sinne und Oe&llen
des Ausftthreis gemacht wird.
Es 1st vielleicht noch kein halbes Jahrhundert her, dass diese
Gadenzen bei den Italienern aufgekommen, nachher aber von den
Deutsche! und von andern, welche sich beflissen haben im italieni-
schen Geschmacke zu singen und zu spieleD, nachgemacht worden
sind. Die Franzosen haben sich ihrer noch immer enthalten. Die
Cadenzen mfissen erst nach der Zeit auigekommen sein, ais CoretU
seine in Eupfer gestochenen 12 Soli vor die Violine herausgegeben
hat (Damit kann nur op. 5 gemeint sein, siehe das Quellen-Lexikon
Bd. 3 pag. 52, 2. Spalte, letztes Werk). Bald nach der ersten Aus-
gabe (von 1700 1. Januar) erschienen diese Sonaten unter des Ur-
hebere Namen von neuem in Eupfer und bei den zw6lf Adagios der
ersten sechs Sonaten befanden sich die Ver&nderungen dabei ge-
stochen. Es war aber keine einzige Gadenz ad libitum dabei Eurze
Zeit darauf setzte der ehemals in dsterreichischen Diensten gestandeoe
bertthmte Violinist Nicola Mattel noch andere Manieren zu eben
diesen zw61f Adagios. Dieser hat zwar etwas mehr gethan als CorelM
selbst, indem er dieselben mit einer Art von kurzer Auszierung be-
schlossen. Sie sind aber noch keine Gadenzen ad libitum wie man
itziger Zeit machet, sondern sie gehen nach der Strenge des Taktes,
ohne Aufhalten des Basses fort. Beide Exemplar© babe ich schon
seit dreifeig und mehr Jahren in Handen. Die sicherste (?) Nachricht
die man vom Drsprunge der Cadenzen geben kSnnte, ist diese, dass
Quantz and Emannel Bach.
46
man einige Jahre vor dem Ende des vorigen Jahrbunderts (Ende des
17.?) und die ersten zehn Jahre des itzigen den Schluss einer con-
oertierenden Stimme durch eine kleine Passagie fiber dem fort-
gehenden Basse und durch einen daran geh&ngten Triller gemacht
hat, dass aber ohngef&hr zwischen 1710 und 1716 die itzo iiblichen
Cadenzen, bei denen sich der Bass aufhalten muss, Mode geworden
sind. Die Fermaten oder sogenannten Aufhaltungen ad libitum in
der Mitte eines Stfickes aber mdgen wohl etwas ftlteren Ursprunges
sein. (Leelair fali6 gab das 2. Buch seiner 12 Sonaten for Violine
und Generalbass mm 1732 heraus; nur in der letzten Sonate im
2. Satze befindet sich eine auf der ruhenden Quint im Basse regel-
rechte Cadenz von 10 Takten. In der zweiten Sonate im letzten
Allegrosatze, einem Rondo, befinden sich zweimal Ansatze zu einer
Cadenz, aber ohne die charakteristischen Zeichen. Man erkennt
daraus, dass zu der Zeit der Oebnuch noch kein allgemeiner war
und die spater gebr&uchlichen Formein noch nicht zur Kegel ge-
worden waren, denn im Leelair fehlt die Eermate und der zum
Schlu88 fiberleitende Triller. Man kann annehmen, dass die Cadenzen
in den Eonzerten erst im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts zur
volligen Ausbildung gelangen, also in die Jiinglingsjahre Quantz' fallen.)
8. 177 spricht er von den Eigenschaften eines Anftihrers der
Musik und erklart neben allerlei guten Ratschlfigen auoh die An-
ordnung eines Orchesters im Opernhause. Er schreibt S. 183: Im
Orohesterplatze eines Opernhauses kann der erste Clavicymbal in die
Mitte und zwar mit dem breiten Ende gegen das Parterre und mit
der Spitze gegen das Theater (Bthne) gesetzt werden, damit der
Spieler desselben die Singer im Gesicht habe. Zu seiner Bechten
kann der Violoncell, zur Linken der Contra violon seinen Platz haben.
Neben dem ersten Clavicymbal zur Rechten kann der Anfuhrer
(Direktor) ein wenig vorwtrte und erhoht sitzen (Quantz giebt ihm
etwas vorber eine Violine in die Hand, da die den schfcrfsten Ton
hat). Die VioUnisten und Bratschisten konnen von ihm an einen
engen linglichen Kreis formieren, so dass die letzten mit dem licken
an das Theater und bis an die Spitze des Clavicymbals kommen,
damit sie den Anftthrer alle sehen und horen kdnnen. 1st aber das
Orcbester so geraum, dass vier Personen in der Breite neben einander
Platz haben, so konnen die Ausfiihrer der zweiten Violine zu zweien
und zweien hinter einander in der Mitte zwischen den Ausfdhrern
der ersten Violine und den mit dem Riicken am Theater sitzenden
Bratschisten sitzen, denn je n&her die Instrument© beisammen sind
46
Quants mad Emanuel Bach.
jo bessere Wirkung that es. Auf derselben Seite, am Ende wo die
Violinisten aufhdren, kann noch ein Violoncell und ein gro&er Violon
Plata finden. Auf der linken Seite des ersten Clavicymbals stelie
man den zweiten, die L&nge am Theater Mi und mit der Spite©
gegen den ersten zugekehret, doch so, dass die Bassons noch dahinter
Plate finden konnen, woferne man sie nicht zu des zweiten Clavi-
cymbals rechter Seite hinter die Floten bringen wilL Bei diesem
zweiten Clavicymbal k5nnen noch ein paar Violoncelle ihre Stelle
haben. Auf dieser linken Seite des Orchesters konnen die Hoboen
und Waldhorner mit dem Rticken nach den Zuh5rern gekehret, wie
auf der rechten Seite die ersten Violinen in einer Beihe siteen, die
Floten aber nahe bei dem ersten Clavicymbal in die Quere postieret
werden, so dass sie das Gesicht gegen den Clavicymbal und das
untere Ende der Fldte gegen das Parterre wenden. Die Theorbe
findet hinter dem zweiten Clavicymbal und den ihm zugeordneten
Yioloncellisten bequemen Plate.
Bei einer zahlreichen Musik, die entweder in einem Saale oder
sonst an einem gro&en Orte wo kein Theater 1st, aufgefuhit wird,
kann die Spitee des Clavicymbals gegen die Zuhdrer gerichtet werden,
damit keiner der Musicierenden den Zuh5rern den Bttcken zukehre.
(Hier wird nur 1 Clavicymbal «« Kiel-Fltigel verwendet)
Wer eine Musik gut auffuhren will, muss darauf sehen, dass er
ein jedes Instrument nach seinem Verh<nis gehorig besetee und
nicht von der einen Art zu viel, von der andern zu wenig nehme.
Ich will ein Verh<nis vorschlagen, welches, wie ich dafdr balte,
zureichend und am besten getroflfen sein wird. Das Clavicymbal
verstehe ich bei alien Musiken, sie sein kleine oder gro&e mit dabeL
Zu vier Violinen nehme man eine Bratsche, einen Yioloncell
und einen Contraviolon von mittelm&lsiger Grofee.
Zu sechs Violinen eben dasselbe und noch einen Basson.
Zu acht Violinen geh5ren zwei Bratschen, zwei Violoncelle, noch
ein Contraviolon, der aber etwas grofser ist als der erste, zwei HoboeD,
zwei F16ten und zwei Bassons.
Zu zehn Violinen eben dasselbe und noch ein Violoncell mehr.
Zu zwolf Violinen geselle man 3 Bratschen, vier Violoncelle,
zwei Contraviolone, 3 Bassons, 4 Hoboen, 4 Fldten, und wenn es in
einem Orchester ist, noch einen FMgel mehr und eine Theorbe.
Die Waldhorner sind nach Beschaffenheit der Stuck© und Git-
befinden des Eomponisten sowohl zu einer kleinen als groCsen Musik
n5tig. (Schloss folgt,
Die ftltflcteo Marik-Handtohriftan asf englischen Bibliotheken. 47
Die Sltesten Mnsik-Handschriften auf englischen
Bibliotheken.
(Henry Davey.)
(Forteetzung.)
Fol. 147b bis 182% 4stim. Madrigale aus Tomkins 1 Samlg. 1623.
Fol. 153b. The leaves be greene, 5 voc. von Mr. Will Byrd,
in Partitur.
Jetzt folgt wieder die obige feine Handschrift £s sind Orgel-
s&tze tiber den gregorianischen Choral auf 2 siebenlinige Noten-
systeme geschrieben ohne Nennung eines Autors:
Pol. 158 a. Conditor aim© siderum, 3 Verse.
Fol. 158b. Yerbum supermini, 3 Verse.
FoL 159a. Vox clara, 3 Versa
Fol. 160 a. Veni redemptor, 4 Verse.
Fol. 161b. Salvator mundi, 3 Verse.
Fol. 162a. Christ© redemptor, 4 Verse.
Fol. 163 b. A soils ortus cardine, 4 Verse.
FoL 164b. Sancte Dei, 4 Verse.
Fol. 166a. Bina celeste (aulae luminaria), 3 Verse.
Fol. 167a. Ebenso.
Fol. 169a. Hostis Herodes, 3 Verse.
FoL 170a. Ebenso.
Fol. 171a. Deus creator omnium, 4 Verse.
Fol. 171b. Primo dierum, 3 Verse.
Fol. 172 b. Eterne rerum conditor, 3 Verse.
FoL 173 b. Lucis creator, 3 Verse.
FoL 174 b. Ex more docti mistico, 5 Verse.
Fol. 176 a. Christe qui lux, 3 Verse.
FoL 176b. Summi largitor, 3 Verse.
Fol. 177 b. Audi beuigne, 3 Verse.
Fol. 178 b. Ecce tempus, Fragment
Jetzt folgt der letzte Teil der Hds., der von Tomkins ge-
schrieben ist:
Fol. 179 b. A short verse, Tho. Tomkins.
Fol. 180b. Drei Hymnen in Partitur aus Byrd's Cantiones sacrae
1575.
Folgen einige Memoranda neben verschiedenem anderen , wie
fiber Eochkunst u. a.
Fol. 184b bis 189a. Forty wayes of two partes in one, von
Tho. Woodson. (40 Canon.) .
48 Die ftltesten Musik-Handichriften auf englisohen Bibliotheken.
Bel manchen Canons lest man das Wort „Miserere u . Is folgea
20 Canons mit der Bemerkung, dass die fehlenden 20 Canons in
seinem (Tomkins) Exemplare der Introduction von Motley sich be-
finden. Byid, Ferabosco 1603 und Farmer 1591 gaben 40 Canons
tiber Miserere beraus.
Fol. 189 b. Ut re my fa sol la, 4stim. von Alfonso (scilicet
Ferabosco).
FoL 192b bis 196a. Pretty wayes for young beginners, 2stim.
tJbungen im Kontrapunkt
Darauf folgen Virginal-Piecen.
Fol. 193b. A ground (2 Takte 24mal variiert) von Arthur Phillips.
Fol. 196 b. A verse for two to play on one Virginall or Organ.
Mr. Nicholas Qarleton.
Vol 199b. Prekdium.
Fol. 200 b. A verse of 4 parts, von Garleton.
Fol. 202b. Upon the sharps, ohne Vorzeichnung, obgleich die
Piece in Cismoll nach unseren heutigen Begriffen steht Von
Carhton.
Fol. 204 b. A fancy for two to play. (4handig.) T. Tomkins.
Fol. 206 b. Jone come kisse me now, mit 16 Yariationen. John
Tomkins.
Fol. 210a. Ohne Vorsehrift, von Bird.
FoL 211a. A fantasia 6 voc., two Basses, two Trebles, a Tenor
and Countertenor. Von Bird.
Fol. 213b. One other fantasia 6 voc. to the Vyolls. Mr. Bird,
Fol. 216b. Eine Pavane, von Gibbons.
Fol. 217 b. A Pavan, von Tho. Tomkins.
Fragment 1647.
Klavier- Mnsik - Handiohriften.
Ich ziehe vor mit dieser Eiasse Hds., zu beginnen, da dieselben
auf dem Festlande am wenigsten bekannt sind. Da man in England
das Pedalklavier bis ins spite 18. Jh. nicht kannte, so sind Klavier-
und Orgelpiecen nicht zu trennen. Das Wort Clavichord fend ich
©ret im Jahre 1477 erw&hnt und zwar liest man in einem Akten-
stiicke, welches das Archiv der Eathedrale zu Lincoln besitzt, dass
William Horwode die Chorjungen im Clavychordisspiel unterrichten
soil. Etwas spater kommt das Wort ^virginal" vor und zwar in
einem Gedichte, worin die Eigenschaften aUer damals bekannten
Musik - Instrumente gepriesen werden. Das Wort Spinet wird eret
Die iltesten Musik-Handachriften luf englisohen Bibliotheken.
49
1527 gebraucht. „Prinzessin Mary spielte dem franzosischen Ge-
sandten auf dem Spinet etwas vor." Was uber das Orgelspiel be-
kannt ist findet man vereint in West's Cathedral Organists, London
1899 Novello & Co., 8°. Hinzazusetzen wire noch der Organist
Jfcr«w, der im Tauf- and Heirats- Register zu Canterbury genannt
wird. Orgel- und Virginal - Kompositionen sind vor dem 16. Jh.
nicht zu finden, ob die Piecen im Ms. 28550 des british Museums
fir Laute oder Orgel sind, dariber sind die Meinungen geteilt. Der
Katalog sagt „Zweistimmige Piecen" wahrscheinlich fir Laute, w&hrend
ieh sie fur Orgelmusik halte. (In Deutschland riihren die altesten
Orgel- rosp. Klavierpiecen von Paumcmn her, gestorben 1473 in
Munchen). Was England aus fruherer Zeit an Instrumentalpieeen
besitzt ist in H. E. Wooldridge's The Plain-song and Mediaeval Music
Society veroffentlicht (siehe das Referat in Haberi's Jabrbuch 1899
p. 135). Das dort mitgeteilte Beispiel eines Instrumentalsatzes be-
findet sich in obigem Ms. aus Robertsbridge in East Sussex als An
hang und setae ich die Niederschrift nicht weit vor 3500, doch bleibt
68 tiberhaupt noch fraglich, ob es eine Instrumentalpiece ist. Das
Uteste Manuscript mit Virginalmusik ist signiert: Appendix to Royal
Mm. 58 im british Museum. Es ist ein Liederbuch, was sich einst
in der Arundel Collection befand, dann in den Besitz des Lord
Lumley gelangte, dem es Eonig James L (1603 — 25) abkaufte und
nun in obiger Bibliothek sich befindet Ein Buch in quer 8°, ge-
schrieben zu verschiedenen Zeiten (15. bis 16. Jh.). Da sich Piecen
von Dr. Cooper darin befinden, so ist der mittlere Teil, die Virginal-
sticke, sicherlich erst nach 1502 geschrieben, denn Cooper erwarb
sich erst 1502 den Doktortitel zu Cambridge. Ich mochte die
Virginalsticke um 1510 — 20 setzen und die folgenden Lautenpiecen
etwas splter. Das Ms. beginnt mit Yokalmusik und erst auf Pol. 40
beginnt die Virginalmusik und zwar
FoL 40. La belle fyne (John Stafford Smith hat aus dem Ms.
Vieles in seiner Musica antiqua, London 1812, veroffentlicht und
ich bezeichne die betreffonden Piecen nur mit Smith pag . . .).
Smith pag. 43.
Pol. 40 b— 44 b. A Hornpype von Hughe Aston. (Smith p. 82
Ms 84)
FoL 44 b. My Lady Careys Dompe (Smith 42, ungenauer Ab-
druck, auch in Stainer und Barrett's Dictionary of Musical Terms,
sub Dump, aber mit dem falschen Datum 1600).
FoL 45 b. The short mesure off Lady Wynkfylds Rownde. (Smith 39).
60
Die ftlteaten Musik-Handschriften auf englischen BibliotheVen.
Fol. 47 b. The Emperors Pavyn.
PoL 47 b. GaUard.
FoL 48. The Cracke.
FoL 49 a. The Kynges Maske.
Fol. 49 b. A Galliard. (Die letzten 5 Tanze aach im Smith
f. 39. 41. 43.)
Darauf folgen einige Ges&nge denen sich folgende Laatenpiecen
anschlie&en :
Fol. 51b. The Duke of Somersetts Dompe.
Fol. 82. In winters just returne.
Heven and erth.
FoL 55. Pastyme.
Power mans dompe.
Das obige „Dompe" ist das heutige Dump und muss wohl ein
klagendes lied bedeuten. Eeute bezeichnet es eine betriibte, hoff-
nungslose Stimmung. „ Pastyme with good company 44 ist ein Ge-
dicht vom K5nig Heinrich VIII., der auch eine Melodie dazu erfand
und wird sehr oft erw&hnt. „Power mans tt soil wohl „Poor mans"
heifeen. Die vorher erwfihnte Fol. 40 stehende Hornpipe fir Klavier
von Hughe Aston zeigt einen vSllig entwickelten und ausgebildeten
Instrumentalstil. Dem Elaviere weifs er ganz neue Kl&ngeffekte ab-
zulocken. Der oftere Gebrauch von weiten Spannungen ist ganz
iberraschend und erinnert an weit sp&tere Zeiten. Das Klavieretaek
unter Fol. 44b: My Lady Careys Dompe, vielleicht auch von Aston,
welches Smith in etwas modern isierter Wiedergabe mitteilt, konnte
heute noch als Vortragspiece gebraucht werden und wird© semen
Effekt nicht verfehlen.
Royal M8S. Appendix 56. Eine Handschrift, die sich der Zeit
nach an das vorhergehende Ms. anschliefst und zum Teil Orgelpiecen
enth<, von Dyrieke Oerarde wahrscheinlich geschrieben. Ein Band
in quer 8° von 32 BU. Ein Eomponist ist nirgends genannt
Fol. lb bis 6 (2b, 3b, 4b, 5b sind unbeschrieben) eithUt den
3stim. Orgelsatz im 5/2 Takt: Felix namque. Der Rhythmus besteht
aus einer Brevis-Note und einer Minima (a 4)- Zuerst intoniert der
Alt den Rhythmus, dann der Sopran. Auf Fol. 3a wechselt der
Rhythmus mit dem 3/2 Takt Das Ms. schreibt vor „iii raynyms 44 .
Fol. 6a. Ein vierstimmiges unbenanntes Stick.
Fol. 6 b. Non expecto, 3stim.
Fol. 7a. Beata viscera, 3stim., Choral im Sopran in Breven,
Die ftltesten Musik-Handeohriften auf englischen Bibliotheken.
51
\
\
Fol. 8 b. Felix namque, 2stim.
Fol. lib bat eine besondere Zeile fir den Choral und weist die
Anweisung auf: Play the playne songe iii lonke. Das soil wohl
heifeen: Jede Ghoralnote hat den Wert von drei halben (?) Noten.
Fol. 12b bis 14a enthUt Sstim. Sltze ohne Titel.
Fol. 14 b ein 3sim. Fragment Die rechte Hand spielt in Semi-
breven, Terzen und Sexten, wlhrend die linke Hand Tonleiteipassagen
in Achtelnoten hat.
Fol. 15 a. Eyrie, Sstim. Hier findet sich ein umgekehrtes Ver-
bal tnis der Hlnde, die rechte Hand hat Passagen und die linke ge-
haltene Noten.
Fol. 15 b. Miserere 3stim.
Fol. lib, eine Sstim. unbenannte Piece.
Fol. 17 b, ein 2stim. Fragment
Fol. 18 b. Apre de vouse, 3stim.
Fol. 19a. Dum vincella, Sstim.
Fol. 20 b. Grace et Virtue, Sstim.
Fol. 21a. A soli8 ortus cardine, 4stim.
Fol. 22 a. Fortune Unkynde, 3stim.
Fol. 22 b bis 29 a. Magnificats in Choralnoten.
Fol. 29 b. Myne cuckes co, Sstim.
Fol. 30 b. Choral und Fragraente.
Addit Ms. 15 233. Hds. in quer 8°, enthalt das Morality-Drama
von Redford und zahlreiche andere Dichtungen von demselben, nebst
denen seiner Zeitgenossen Edwards, Thome u. a. Die Shakespeare
Society hat 1848 dieselben vollst&ndig herausgegeben. Aufser diesen
Dichtungen befinden sich zu Anfange des Ms. 10 Blfitter mit Instru-
mentalsatzen, die wahrscheinlich von Redford sind. Sie fthneln sehr
den Piecen in Ms. 29996 erster Teil und sind auf zwei 71inige Systeme
notiert Die 10 Bll. scheinen nur ein Fragment zu sein. Sie enthalten
Fol. la den Schluss eines 4stim. Tonsatzes mit dem Choral im
Alt auf zwei 8iinige Systeme notiert, von Master Redford.
Von demselben auf demselben Blatte ein
Eterne rerum, 3stim., Choral im Tenor in weifsen Semibreven,
wogegen der Bass in geschw&rzten Noten geschrieben ist Die Ober-
8timme hat Viertel- und Achtelnoten.
Fol. lb. Primo dierum, anonym. Das obere System hat ein
Kreuz, das untere ein B vorgezeichnet, doch scheinen dies© Ver-
setzungszeichen sich nur auf die ©rate Note zu beziehen.
62 Die ftltesteo Masik-Handschriften auf engiiaohen Bibliotbeken.
Fol. 2 a. Ad coenam agnum providi, anonym.
Fol. 2b bis 6b. Te Deum von Bedford. In 12 zwei- und drei-
stimmigen mit vielen Passagen versehenen Satzen. Nur die Site©
„Tibi omnes" und „Sawnctus u (!) sind mit dem Textanfange bezeichnet
Fol. 6b eine unbezeicbnete Piece von Bedford.
Fol. 7 b. Conditor, 2 Verse, von Bedford.
Fol. 8b unbezeichnete Piecen, fehlen 2 Blotter.
Fol. 9a bis 10b. Tui sunt celi, 3stim. auf ein 121inigee System,
von Bedford.
Tkmms MulMmr's Bmk.
Addit. Ms. 30513, british Museum. Dieses hochbedeutende Ma
ist urn etwa 1560 geschrieben und gehorte einst Thomas Mulliner
der wahrscheinlich derselbe ist, der 1564 Organist in Oxford am
Corpus Christi Collegium angestellt war. Sein Name ist nochmals
als Zeuge in John Hey wood's Autograph, Addit Ms. 34191 des br.
Mu8., genannt Im 18. Jh. kam das Ms. in den Besitz des John
Stafford Smith's, der es an Hawkins lieh urn daraus einiges fur
seine History zu kopieren (9 Site© nahm er in dieselbe auf). Bei
der Versteigerung Smith's Bibliothek erwarb es BimbauU, 1877 er-
warb es Oummings fir J? 84 und kam von da an das br. Museum.
Das Format ist ein Queroctav mit 125 Bll. Der Inhalt besteht aus
mehrstimmigen Gesangswerken und Orgelpiecen. Den Gesangwerken
fehlt leider aufser den Anfangsworten der Text Selbst die Gesangs-
werke sind wie die Orgelpiecen auf 2 Systeme zu 6 bis 7 Linien
notiert. Auf Fol. 13—17 ist sogar nur ein 121iniges System vor-
handen auf dem die Singstimmen geschrieben sind. Auf 9 besonderen
Blattern die am Schlusse sich befinden stehen die Eompositionen in
Tabulatur.
Fol. lb. Ein 4stim. Stuck in Partitur mit unverst&ndlichem
Titel und dem Komponistennamen T. M. (?)
Fol. 2a liest man: Sum liber thoma Mullineri johanne heywoode
teste. Daneben hat Smith geschrieben: „T. Mulliner was Master of St
Paul school. Dies© Annahme wiederholt sich durch alle Musik-Lexika
seit Smith's Zeit und lasst sich aus den Begistern von St Paul nicht
beweisen. tJber den Virginaliaten Heywood siehe das Quellen-Lexikon
von Eitner.
Von Fol. 3 bis 8 tritt eine andere Handschrift auf mit 6 Systemen
auf der Seite. Bl. 3a beginnt mit dem Schlusse eines Geeanges auf
die Worte „0 ye happy dames", darauf folgen Klavierpiecen.
(Fortsetzong folgt)
Mitteilmigen. 53
Mttelmigem.
* Johann Kuhnau, sein Leben und seine Werke. Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwurde . . . von Richard Munnich. Leipzig 1902,
Brack von Breitkopf A Hartel. 8°. 37 8. Eine auf sorgf<ige Quellen-
studien verfasste Biographie, die neben Kuhnau aach diejenigen Manner
nmfaasi, die auf sehien BOdungsgang von wesentlichem Einflnsse gewesem
mud. Es sind dies Salomon Krugner, der in der Dresdner Hofkapeile
diente and am 8. Febmar 1692 seine Anstellung als Cornetist erneuert
wird. Der Anhang sollte die Dokamente bringen, doch scbeint der Yer-
fasser dieselben for einen kunfbigen Wiederabdruck der Dissertation, sowie
das Yerzeichnis der Werke Kuhnau's vorbehalten zu haben. Ferner wird
Alexander Bering erwahnt, der schon 1650 Ojganist an der Kreuzkirche
in Dresden wurde nnd sich im Dresdner Stadtarchive Eingaben von 1653,
1659, 1664 und 1671 befinden, die urn einen hdheren Gehalt bitten.
Znr Biographie Vincenzo Albrici 8. 17 werden allerlei Zas&tze zur Bio-
graphie im QueUenlexikon gebracht. 8. 19 wird ein Magister Kratzer
erwahnt, der bis 1680 Kantor in Zittau war and in diesem Jahre eine
Pfarrstelle erhielt Die Biographie Kuhnau's schliefst mit der am 3. Okt.
1684 erfolgten Wahl zam Organisten an der Thomas -Kirche in Leipzig
und wird zugleich der Beweis gefuhrt, das& schon zur Zeit Kuhnau's in
Leipzig ein Collegium Musicum bestanden hat, dem wahrscheinlich K. als
Direktor vorstand, jedenfalls aber dessen Mitglied war, wie die Unterschrift
sol 8. 36 beweist. Bisher wusste man nur, dass Telemann, als er in Leipzig
lebte, ein Collegium musicum in Leipzig grundete. Am 12. Februar 1689
heiratete JL die Jungfrau Sabine Elisabeth Plattner, Tochter eines Leipziger
* Theater und Musik in Aachen zur Zeit der franzdsischen Herr-
schaft, von Dr. Alfons Fritz^ Aachen 1901. Sonderabdruck aus Band 23
der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. 8°. 140 8. Die Arbeit
umfasst die Zeit von 1748 Mi circa 1813. Musik und Musiker werden
xwar dnrchweg erwahnt mud dankeniwerte Daten mitgeteilt, im "Obrigen
aber bilden letztere nur einen beilaufigen Stoff. Schauspieler-Gesellschaften,
Eingaben an den Magistrat, Erlaubnisscheine , Repertoire der Schauspiele,
Yerzeichnisse der Mitglieder u. a. bilden den Hauptstoff.
* Karl Maria von Weber in Freiberg 1800 — 1801 von Konrad
Knebel in den Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins 1901, Heft 37,
8. 72 — 89. In launiger Weise, mit alien Dokumenten versehen, wird der
Aufenthalt in Freiberg, die Komposition „Das stamme Waldrnfldchen";
nebst dessen Auffuhrung am 24. November 1800 sowie der ZeitungBstreii
aktenmafsig mitgeteilt
* Verzeichnis der Kompositionen plattdeutscher Lieder von A. N.
Harzen-Miiller in dem Jahrbuche des Vereins fur niederdeutsche Sprach-
forschung, Jahrg. 1901, XXY1I. Norden und Leipzig, Diedr. Soltau's
Yerlag. 8°. Nach einer kurzen Einleitung, in der bis heute veroffent-
lichten Kompositionen plmttdemtacher Gedichte erwihnt werden, deren
54 MitteiloDgen.
haapts&chlichste Komponisten, wie Leonhard &ik, der an §2 plattdeutsehe
Gedichte seines Freimdes Klaus Groth in Masik gesetst hat mil dan
Nachweis fthrt, wie wohllautend die weichen Yokale der plattdeutBchen
Mundart im Gesange sind, schreibt der Verfiswr 8. 23: Von s&mtlichen
plattdeatschen Gedichten ist das Groth'sche „Litt Matten de Has** am
haufigsten komponiert worden : ich kenne nicht weniger als 22 Kom posi-
tioner* dieses Textes als Sologes&oge, Daette, gemischte und Mannerch6re.
Es folgen die Groth'schen Gedichte „He si mi so vel" (16 yerdffentlichte
Kompositionen), „Miu Anna is en Eos' so rot" (12), „Dar wear en latfje
Burdeern" (11) and „Dat gift keen Land so gron on so schdn" (10).
Das nan folgende Verzeichnis der Lieder nach den Komponisten alpha-
betisch geordnet and eingeteilt in Sololieder, Daette, Terzette and Qaartette,
gemiichte Chore, vierstimmjge Minnerchfire und vierstammige Fmnmchllra,
nmfasst 220 plattdentsche Gedichte, gegen 110 Komponisten und gegen
500 Kompositionen, wie der Verfasser selbst angiebt. Die Dracke sind
genan beschrieben und ihr Inhalt aDgegeben. Den Schloss bildet ein
alphabetiseh geordnetes Register der Teste mit ihrm Komponisten. Mae
aufserordentlich sorgfaltige Arbeit.
* Tijdschrift der Yereeniging voor Noord - Nederlands Moziekgeschie-
denis. Deel VII, 1. Stuk. Amsterdam 1901, Freder. Miller & Co. gr. 8°.
80 S. nebst dem Schlnss des Registers der 3 B&nde Boawsteene, 37 8.
Der Iohalt besteht ans einem biographischen Artikel fiber Jan Toilius yon
Max Seifferi, Delftsch© Organisten aus dem 17. Jahrhondert, mitgeteilt
yod D. F. Scheurleer. Von demselben „Is Philips van Marniz de Dichter
van het Wilhelm as?" Ein Titelblatt zu dem Gedichte von 1568 bezeichnet
ihn als Dichter and Komponist des bekannten Liedes (8. 24). Bin dritter
Artikel von demselben ist betitelt: Ben merkwaardig Handschrift. Het
Wilhelmus als Danswijze. Lndwig van Beethoven (der Grofsvater) te
Amsterdam. Nach einem Programm eines KircheBkonzerts sang 1747
Beethoven eine Bass-Arie, er wird a's „MusiQien van den kenworst van
Ceulen" (Kurfifirst von Kiln) bezeichnet (8. 40).
* Herr K. Walter, Seminar- und Mmsiklehrar am Seminar m
Montabaar hat mit seinem Gesangschor den Gebortstag des Kaisers mit
kaiserlichen Chor- and Solo-Kompositionen gefeiert Den Anfang machten
die Kaiser des 17. — 18. Jahrhunderts, diesen folgte Friedrich II. von
Prenfsen, Louis Ferdinand, Friedrich Wilhelm III. and der jetzige deatsche
Kaiser Wilhelm II.
* Wertvolle Mustk-Kataloge alter Drucke versenden die Antiqnariate
von Leo Liepmannssohn in Berlin SW. Bernburgerstr. 14, Jacques Rosen-
thal in Munchen, Karlstr. 10. Heinrich Keller in IJlm zeigt eine kleine
Sammlnng neaere Oj»ern im Ms., Klavieraaszug nebst angeschriebenexi
Sing- and Instramental-Stiminen an.
* Anbei zwei Beilagen : Musikalienkatalog in Soran, Bog. 2 and
Prospekt zar Jenaer Liederhandschrift.
V«r*ntwortlioh«r RedAktenr Robert Kitner, f tuple (Uck«nn»rk).
Druok Ton H«rna»nn B eyer # SOhne in UogtnMlia.
fOr
MUSIK-GESCHICHTE
heransgegeben
der Gesellschaft liir Musikforoohuiig.
IIH7. Jahrg.
1902.
Pnii del Jahrgwaget 9 Mk. Monatlieh •rioheint
eine Nammer ron I bit f Bogen. Intertlontgebabren
far die Zeile 30 Pt
Kommitttoneverlftg
▼on Breitkopf A HErtel in L 6 i p > i g.
Beiteilangen
nimmt jede Bnob- und Mueikhandlung entgegen.
Io.4
Quanta nnd Emanuel lacl.
(SchlQ88.)
Vom Accompagnement des Clavieristen (S. 223): Die allgemeine
Begel vom Generalbass ist, dass man aUexeit vierstimmig spiele;
wenn man aber recht gut accompagnieren will, thut es oft bessere
Wirkung, wenn man sich nicht so genau hieran bindet, wenn man
vielmehr einige Stimmen weglasst, oder wohl gar den Bass mit der
rechten Hand durch eine Oktave hoher verdoppelt Denn so wenig
ein £omponist zu alien Melodien ein drei-, vier- oder fiinfetimmiges
Accompagnement der Instrumente setzen kann noch muss, wofern
dieselben nicht unverstandlich oder verdunkelt werden sollen, ebenso
wenig leidet auch eine jede Melodie ein bestandiges vollstimmiges
Accompagnement auf dem Klaviere, weswegen ein Accompagnement
sich mehr nach der Sache selbst, als nach den allgemeinen Begeln
des Generalbasses richten muss.
Ein vollstimmiges und mit vielen Instrumenten begleitetes Stttck
erfordert auch ein vollstimmiges und starkes Accompagnement Ein
mit wenig Instrumenten besetztes Konzert, verlanget in diesem Stlicke
schon einige Jl&fsigung, besonders unter den konzertierenden Stellen.
Man muss alsdann acht haben, ob dieselben Stellen nur mit dem
Basse aUein, oder auch mit den andem Instrumenten begleitet werden,
ob die konzertierende Stimme schwach oder stark, in der Tiefe oder
Hohe spiele, ob sie aneinander hangende und singende oder springende
Noten oder Fassagien auszufiihren habe, ob die Passagien gelassen
MonaUh. 1 Muaikgetch. Jahrgang XXXTV. No. 4. 4
56 Quants and Emanael Bach.
oder feurig gespielet werden, ob dieselben konsonierend sind, oder
ob sie, ran in eine fremd© Tonart auszuweicben, dissonieren, ob der
Buss eine langsame oder geschwinde Bewegung darunter hat, ob die
ge6chwinden Noten des Basses stufenweise oder springend gesetzt sind,
oder ob sie zu vieren oder achten auf einerlei Tone vorkommen, ob
Pausen, oder lange und kmze Noten unter einander vermischet sind,
ob das Stuck ein Allegretto u. s. t
Bei einem Solo wird eigentlich die grofste Diskretion oder Be-
scheidenheit erfordert und kommt allda, wenn der Solospieler seine
Sache gelassen, ohne Sorge und mit einer Zufriedenheit spielen soil,
sehr viel auf den Accompagnisten an, weil dieser dem Solospieler
so wohl einen Mut machen , als ihm denselben benehmen kann.
Auch ist der Accompagnist zu tadeln, wenn er mit der rechten Hand
zu viel Bewegung macht, oder wenn er mit derselben am unrechten
Orte melodids spielet, oder harpeggiert, oder sonst Sachen, die der
Hauptstimme entgegen sind mit einmenge, oder wenn er das Piano
und Forte mit dem Solospieler nicht zu gleicher Zeit ausdriicket,
sondern alles ohne Affekt und in einerlei St&rke spielet
Das stark und schwach Spielen kann zwar auf dem Clavicymbal
oder Flugel, besonders wenn deraelbe nur ein Klavier hat, nicht so
ab- und zunehmend ausgedriickt werden als auf dem Instrument©,
welches man Pianoforte nennet, allwo die Saiten nicht mit Federn
gerissen, sondern durch Hammer angeschlagen werden, dessen un-
geachtet aber kommt doch bei dem Fliigel viel auf die Art des
Spielens an. Man kann sich deswegen auf demselben bei dem Piano
sowohl durch die M&fsigung des Anschlages, als durch die Verminde-
rung der Stimmen, und bei dem Forte durch starkeres Schlagen und
durch die Vennehrung der Stimmen in beiden Handen helfen.
Verschiedene Noten, so einen Nachdruck erfordern, muss der
Accompagnist mit mehr Lebhaftigkeit und Starke anzuschlagen und
von andern Noten, welche dieses nicht verlangen zu unterscheiden
wissen. Hierher gehoren die langen Noten so unter geschwindene
vermischet sind, ferner die Noten mit welchen ein Hauptsatz eintritt
und dann hauptsachlich die Dissonanzen. Die langen Noten, zu
welchen die Oktave tiefer zugleich mit angeschlagen werden kann,
unterbrechen die Lebhaftigkeit der Melodie. Das Thema erfordert
allezeit eine Erhebung in der Starke des Tones, urn seinen Eintritt
desto deutlicher zu machen und die Dissonanzen dienen eigentlich
zum Mittel die unterschiedenen Leidenschaften abzuwechseln.
Die Dissonanzen haben einige mehr, einige weniger Wirkung
Quantz und Emanuel Bach.
57
und muss also davon immer eine starker als die andere angeschlagen
werden. Die None, die None und Quarte, die None und Septime,
die Quinte und Quarte sind dem Gehore nicht so empfindlich als die
Quinte mit der grofsen Sexte, die falsche Quinte (verminderte Quint)
mit der kleinen Sexte, die falsche Quinte mit der grofsen Sexte,
die kleine Septime mit der kleinen oder grofsen Terze, die grofse
Septime, die mangelhafte Septime (verminderte Septime), die Septime
mit der Sekunde und Quarte, die ftbermlfsige Sexte, die grofse
Sekunde mit der Quarte, die kleine Sekunde mit der Quarte, die
grofse und die iibermafsige Sekunde mit der iibermafsigen Quarte,
die kleine Terze mit der iibermafsigen Quarte. Die ersteren erfordern
also deswegen bei weitem nicht den Nachdruck im Accompagnement
als die letzteren. Unter diepen letztern aber ist wieder noch ein
Unterschied zu machen : Die kleine Sekunde mit der Quarte, die
grofse und die iibermaisige Sekunde mit der iibermafsigen Quarte,
die kleine Terze mit der iibermafsigen Quarte, die falsche Quinte
mit der grofsen Sexte, die iibermafsige Sexte, die mangelhafte Septime,
die Septime mit der Sekunde und Quarte erfordern noch mehr
Nachdruck als die iibrigen und miissen deswegen von dem Accom-
pagnisten vermittelst eines starkern Anschlags noch kraftiger vor-
getragen werden. (Dazu giebt Quantz Notenbeispiele im Notenbande
und schreibt im Text noch 20 Paragraphen von S. 228 bis 238, die
dasselbe Thema in umstandlicher Weise zu erklaren suchen.) Be-
merkenswert sind noch folgende Sltze:
§ 32. Was bisher gesagt worden, geht hauptsachlich das Adagio
an. Ob nun wohl in geschwinden Stiicken nicht alles nach der
Strenge die bei dem Adagio erfordert wird beobachtet werden kann,
so kann doch das meiste von dem was zu der Diskretion und dem
Ausdrucke gehoret auch bei dem Allegro angewendet werden. Haupfc-
sachlich aber kommt es bei dem Allegro darauf an, dass der Acconi-
pagnist das Zeitmafs nach der grofsten Strenge halte. . . . Wenn viele
Achtelnoten auf einem Tone im Bass anzuschlagen sind, so muss er
dieselben nur mit der linken Hand anschlagen und nicht aus Be-
quemlichkeit nur eine anschlagen und drei oder sieben Tone vorbei
streichen lassen. Dabei muss er mit der rechten Hand gelassen und
bescheiden verfahren , weder gar zu vollstimmig noch die Haupt-
stimme mitspielen, dass er die durchgehenden Noten nicht mit vielen
Stimmen belade, dass er das Piano und Forte zu rechter Zeit aus-
driicke, dass er die Bassnoten in ihrer Lage und die Intervalle so
wie sie gesetzt sind spiele, auch bei denselben nichts zusetze, dass
4*
58
Quanta and Emanuel fiaoh.
er endlich in Ansehung der St&rke und Schwache sich nach der
St&rke der Hauptstimme richte.
§ 33. Bei einem Recitativ, so auswendig gesungen wird, ge-
schieht dem Sanger eine grofse Erleichterung, wenn der Accompag-
mmt die ereten Tone desselben bei einem jeden Einschnitte voraus
nimmt und ihm so zu sagen in den Mund leget, indem er namlich
erstlich den Accord durch eine geschwinde Brechung anschlagt, doch
so, dass im Singers erste Note wo moglich in der obersten Stimme
liege und gleich darauf ein Paar der n&chsten Intervalle, die in der
Singstimme vorkommen einzein nachschlagt
S. 239 spricht er im allgemeinen iiber den Vortrag des Orchestere
beim Accompagnement und sagt S. 253: Bei Wiederholung oder Ahn-
lichkeit der Gedanken, die aus halben oder ganzen Takten bestehen,
es sei in eben denselben Tonen oder in einer Versetzung, kann die
Wiederholung eines solchen Satzes etwas schwacher als der erste
Vortrag derselben gespielet werden. (Im 16. Jahrhundert war diese
Art bekannt und beliebt, wurde Echo genannt und von einem zweiten
Chore, der etwas entfernter gestellt, im piano ausgefuhrt Noch
bis in die neueste Zeit hat sich dies erhalten und Georg Vierling
wendet es in seiner Cdur-Sinfonie um 1863 im 3. Satze im Trio mit
Erfolg an.) Schon S. 115 sagt Quantz: Bei Wiederholungen thut
uberhaupt die Abwechslung mit dem Piano und Forte gute Dienste.
Im § 29 spricht er tiber das Crescendo ohne das Wort selbst zu ge-
brauchen, er schreibt: Ligaturen oder gebundene Noten, so aus Vier-
teilen oder halben Takten bestehen, kann man in der Starke des
Tones wachsen lassen, weil entweder iiber oder unter dem zweiten
Teile solcher Noten die andern Stimmen Dissonanzen h&ben. (Man
kannte also schon in den 50er Jahren des 18. Jahrhunderts das
Crescendo und dies giebt abermals den Beweis, dass es keine be-
sondere Erfindung des Mannheimer Orchesters in den 70er Jahren
war, nur wurde es dort mit Yerstandnis ganz besonders geplegt und
auch auf linger© Perioden ausgedehni)
Sehr wunderlich ist die Idee den menschlichen Pulsschlag als
Zeitmesser fiir die verschiedenen Tempi zu nehmen, siehe S. 261
§ 47 bis § 58. Wertvoll ist dagegen das Verzeichnis der ver-
schiedenen Tonsatze mit Angabe des Zeitmalses und Yortrages. Er
schreibt S. 270: Die Entree, die Loure und die Courante werden
pr&chtig gespielt und der Bogen (Violinbogen) wird bei jedem Vier-
teile (Viertel), es sei mit oder ohne Punkt (iiber der Note) abgesetzet
Auf jedes Vierteil kommt ein Pulsschlag.
Quantz and Emanuel Bach.
59
Eine Sarabande hat eben dieselbe Bewegung, wird aber mit
etwas annehmlicherm Vortrage gespielet
Eine Chaconne wird gleichfalls prachtig gespielt Ein Puls-
scblag nimmt dabei zweene Vierteile ein.
Eine Passecaille 1st der vorigen gleich, wird aber fast ein
wenig gesch winder gespielet
Eine Musette wird sehr schmeichelnd vorgetragen. Auf jedes Vier-
teil im Dreivierteiltakte, oder auf jedes Achtteil im Dreiachtteiltakte
kommt ein Pulsscblag. Bisweilen wird sie nach der Phantasie der
Tanzer so geschwind gemacht, dass nur auf jeden Takt ein Puls-
schlag kommt.
Eine Furie wird mit vielem Peuer gespielet. Auf zweene Vier-
teile kommt ein Pulsschlag, es sei ein gerader oder im Dreivierteil-
takte, so feme im letzteren zweigeschwanzte (16tel) Noten vorkommen.
Eine Bourree und ein Rigaudon werden lustig und mit einem
kurzen und leichten Bogenstriche (auf der Violine) ausgefiihret. Auf
jeden Takt kdmmt ein Pulsschlag.
Eine Gavotte ist dem Rigaudon fast gleich, wird aber doch im
Tempo um etwas geraKMget
Ein Rondeau wird etwas gelassen und kommt ohngef&hr auf
zweene Vierteile ein Pulsschlag, es sei im AUabreve- oder im Drei-
vierteiltakte.
Die Gique und Canarie haben einerlei Tempo. Wenn sie im
16tel Takte stehen, kommt auf jeden Takt ein Pulsschlag. Die Gique
wird mit einem kurzen und leichten Bogenstriche, die Canarie, welche
immer aus punk tier ten (abgestofsenen) Noten bestebt, aber mit einem
kurzen und scharfen Bogenstriche gespielet.
Ein Menvet spiele man behend und markiere die Vierteile mit
einem etwas schweren, doch kurzen Bogenstriche; auf zweene Vier-
teile kommt ein Pulsschlag.
Ein Passepied wird teils etwas leichter, toils etwas gesch winder
gespielet als der vorige. Hierinne geschieht es oft, dass zweene
Takte in einen geschrieben und tiber die mittelste Note zweene
Striche gesetzt werden. Einige lassen diese zweene Takte von einander
abgesondert und schreiben anstatt des Vierteils mit den Strichen,
zweene Achtteile (Achtel) mit einem dariber stehenden Bogen, den
Taktstrich aber setzen sie dazwischen. Im Spielen werden diese
Noten auf einerlei Art gemacht, nfimlich, die zweene Vierteile kurz
und mit abgesetztem Bogen und zwar in dem Tempo als wenn es
Dreivierteltakt w&re.
60
Quanta ami Emanuel Bach.
Ein Tambourin wird wie eine Bourree oder Rigaudon gespielet,
nur ein wenig geschwinder.
Ein Marsch wird ernstbaft gespielet. Wenn derselbe im Alla-
breve- oder Bourreentakte gesetzet 1st, so kommen auf jeden Takt
zweene Pulsschlage.
(Quantz sagt mehrfach: man soli es „pr&chtig" spielen, darunter
kann er nur meinen was wir heute rait ^brillant 1 * bezeichnen.)
Als Anbang lasse ich noch Leopold Mozart mit seiner 1756
erscbienenen Violinschule zu Worte kommen. Schon in der Einleitung
spricht er von den verschiedenen Arten Geigen friiherer und seiner
Zeit und nennt die
Kleinen Sack- oder Spitxgeiglein , die mit vier und auch mit
drei Saiten bezogen wurden und von den Tanzmeistern bei der Unter-
weisung gebraucht wurden. Sackgeigen hiefsen sie, weil man si©
bequem in die Rocktasche stecken konnte.
Die einfachen oder Brettgeigen, welche also benennet werden,
weil die vier darauf gespannten Saiten nur uber einem gewolbten
Brett gezogen sind, so eigentlich dem oberen Teile einer gemeinen
Violin oder Diskantgeige gleichet.
Die dritte Art sind die Quart- oder Halbgeiglein. Sie sind
kleiner als die gemeinen Violinen und werden fir gar kleine Enaben
gebraucht. Vor einigen Jahren hat man noch so gar Konzerte auf
dies© von den Italienern sogenannte Violino piccolo gesetzet, und da
es sich weit hoher als eine andere Violin stimmen lasst, so wurde
es sonderbar bei musikalischen Nachstiicken mit einer Zwerchflaute,
Harfe, oder mit einem anderen Instrumente ofter gehSret Itzt ist
man der kleinen Geiglein nimmer benotiget Man spielet alles auf
der gewohnliehen Violin in der Hohe.
Die vierte Gattung sind die gemeinen Violinen oder Diskant-
geigen. Von welch£n wir eigentlich in diesem Buche zu reden haben.
Eine fiinfte Art sind die Altgeigen, welche von dem italienischen
Viola di Braccio, auch Violen heilsen, am meisten aber (von Braccio)
die Bratschen genennet werden. Man spielet damit sowohl den Alt,
als den Tenor, auch zur Not zu einer Oberetimme den Bass, dazu
man doch sonst
Eine sechste Gattung, namlich die Fagotgeige brauchet, welche
der Grofee und Besaitung nach von der Bratsche in etwas unter-
schieden ist. Einige nennen es auch das Handbassel, doch ist das
Handbassel noch etwas grdfser als die Fagotgeige. Man pflegt also,
wie schon gesagt worden, den Bass damit zu spielen, allein nur zu
Quantz mid Emanuel Bach.
61
Violinen, Zwerchflauten und andern hohen Oberetlmmen, sonst wurde
der Grand die Oberstirame iiberschreiten und wegen den wider die
Kegel laufenden Auflosungen gar oft eine widrige Harmonie hervor-
bringen. Diese Oberechreitung der Oberstimme mit der Unterstimme
ist in der masikalischen Setzkunst bei Halbkomponisten ©in ganz
gemeiner Fehler.
Die siebente Art heMst das Bassel odor Bassele, welches man
nach dem italienischen Violoncello das Viohncell nennet Es ist das
gemeinste Instrument den Bass damit zu spielen, und obwohl es
einige etwas gro&ere, andere etwas kleinere giebt, so sind sie doch
nur der Besaitung nach, folglich nur in der St&rke des Elanges ein
wenig von einander unterschieden.
Der grofse Bass oder Violon, von dem italienischen Viokme
ist die achte Gattung der Geigeninstrumente. Dieser Violon wird
ebenfalls von verschiedener Grolse verfertiget, allein es bleibt allzeit
die namliche Stimmung, nur dass man bei der Besaitung den notigen
Unterschied beobachtet Weil der Violon viel grofser als das Violon-
cell ist, so ist auch dessen Stimmung um eine ganze Oktave tiefer.
Er wird am gewohnlichsten mit vier, der grfllaere aber auch mit
5 Saiten bezogen.
Die neunte Art ist die Gamba. Sie wird zwischen die Beine
gehalten, daher es auch den Namen hat, denn die Italiener nennen
es Viola di Gamba, das ist: Beingeige. Heutzutage wird auch das
Violoncell zwischen die Beine genommen und man kann es mit allem
Rechte auch eine Beingeige nennen. Im iibrigen ist die Viola di
Gamba von dem Violoncell in vielem unterschieden. Es hat 6, auch
7 Saiten, w&hrend das Bassel nur 4 hat Es hat auch eine ganz
andere Stimmung, einen angenehmeren Ton und dienet meistenteils
zu einer Oberstimme.
Die zehnte Gattung ist der Bordon, nach dem gemeinen Sprechen
der Barydon, von dem italienischen Viola M Bordone. Dieses In-
strument hat gleich der Gamba 6 bis 7 Saiten. Der Hals ist sehr
breit und dessen hinterer Teil hohl und offen, wo 9 oder auch 10
messingene und stahlerne Saiten hinunter gehen, die mit dem Daumen
bertihret und geknippet werden, also zwar, dass zu gleicher Zeit, als
man mit dem Geigenbogen auf den oben gespannten Darmsaiten die
Hauptstimme abgeiget, der Daumen durch das Anschlagen der unter
dem Halse hinabgezogenen Saiten den Bass dazu spiele. Dud eben
deswegen miissen die Stick© besonders dazu gesetzet sein. Is ist
ttbrigeis eiees der anmutigsten Instrumente.
62
Quantz and Emanuel Bach.
Eine eilfte Art mag die Viola cTamor sein, nach dem italieni-
schen Viola d'Amore und nach dem franz5sischen Viole d f Amour.
Es ist eine besondere Art der Geigen , die oben mit 6 Darmsaiten,
davon die tieferen iiberaponnen sind, und niter dem Griffe mit 6
stablemen Saiten bezogen, welche letztere weder gegriffen, noch ge-
geigt werden, soudern nur den Klang der oberen Saiten zu verdoppeln
und fortzupflanzen erdaeht worden. Dieses Instrument erleidet viele
Verstimmung.
Die zwolfte Gattung ist das englische Violet, so hauptsachlich
von der Viola d'Amore nur dadurch unterschieden ist, dass es oben
7 und unten 14 Saiten und folglich auch eine andere Stimmung hat,
auch wegen Viele der untern Klangsaiten einen starkern Laut von
sich giebt.
Eine alte Art der Geigeninstrumente ist die aus dem Trumscheid
entstandene Trompete marine. Es hat nur eine grofse Darmsaite,
einen dreieckigen Korper, einen langen Hals u. s. w. Die Saite liegt
auf einem Stege, welcher auf einer Seite den Sangboden kaum be-
rtihret und folglich verursachet, dass die Saite, wenn sie gegeigt
wird, einen schnarrenden Ton gleich einer Trompete von sich giebt.
Das darauf folgende ist theoretisch den Musik-Elementarkennt-
nissen und dem theoretisch und praktischen Violinstudium gewidmet,
griindlicher und lehrhafter als in Quantz' und Bach's Lehrbuch. Die
von Mozart eingeflochtenen musikhistorischen Anmerkungen sind sehr
schwacher Natur aus denen sich ergiebt wie wenig noch im Fache
der Musikgeschichte zu seiner Zeit bekannt war. Bei der Lehre der
Applikatur geht er bis in die 7. Lage bis ins hohe a. S. 190 spricht
er auch von den mitklingenden Tonen, eine Beobachtung die er wohi
bis dahin selbstandig gemacht hat. S. 191 u. f. giebt er Notenbeispiele
der mitklingenden Tone.
Die folgenden Seiten sind den Verzierungen gewidmet S. 194
spricht er von den langen und kurzen Vorschlagen , die ersteren
werden als Achtel, die letzteren als 16tel geschrieben, beide aber
wie lange Vorschlage behandelt, namlich sie erhalten die Halfte der
folgenden Hauptnote. Bei punktierten Noten erhalt der Vorechlag
zwei Teile und die Hauptnote nur einen Teil. Als Beispiel fuhrt er an:
Der Beispiele folgen noch mehrere, bei denen der Vorechlag
linger als die Hauptnote ist
Die iltottoi M oBik-Handschriften auf engliscben Biblioiheken.
63
S. 199 spricht er auch von den kurxen Vorschldgen bei denen
die Stfcrke nicht auf den Vorechlag, sondern auf die Hauptnote fallt
Der kurze Vorechlag wird so geschwind gemacht als es moglich ist
und wird nicht stark, sondern ganz schwach angegriffen. Er notiert
ihn stets als ein Sechzehntel und sagt: Man brauche diesen kurzen Vor-
schlag wenn mehrere halbe Noten nach einander stehen, deren jede mit
einem Vorechlagndtchen bezeichnet ist, oder aber wenn auch manch-
mal nur eine halbe Note zugegen ist, die aber in einer solchen
Passage steckt, welche gleich von einer zweiten Stimrae in der hoheren
Quarte oder in der tdeferen Quinte nachgeahmt wird, oder wenn man
sonst vorzieht, dass durch einen langen Vorechlag die regelm&fsige
Harmonie und folglich auch die Ohren der Zuhorer beleidigt wtirden,
und endlich wenn in einem Allegro, oder andern scherzhaften Tempo
etwelche Noten stufenweise, oder auch terzenweise nach einander ab-
steigen, deren jede einen Vorechlag vor sich hat, in welchem Palle
man den Vorechlag schnell wegspielet, urn dem Stiicke durch das
lange Aushalten der Vorechlag© die Lebhaftigkeit nicht zu benehmen.
Den Vorachlagen folgt der Triller, der Mordent (Doppelschlag).
Das Battement, welches dem Triller gleich
ist nur mit der unteren Hilfsnote beginnt, f
die stets eine kleine Sekunde sein muss: E
Ferner kann man eine Melodie noch ausschmticken mit dem
Zurilckschlag (Ribattuta), mit dem Qroppo, dem Oirkel oder Halb-
cirkel und der Tiraia. Mozart belegt all diese Verzierungen mit
Notenbeispielen (s. S. 246 ft).
Darauf spricht er vom Forte und Piano und sagt auch wie
Quantz: Die durch | und || erhdheten Noten soil man allemal etwas
starker anspielen, in der Folge der Melodie aber im Tone wieder
abnehmen. Andere V ortragsbezeichnungen wie Forte und Piano
kennt Mozart so wenig wie Quantz und Bach.
Me Utosten Miislk-laiilsclrlfteii auf engllsehen
Blbllotheken.
(Henry Davey.)
(Fortsetzung.)
Fol. 6 b. Gloria tibi trinitas, 2stim. Der Choral liegt in der
rechten Hand, w&hrend die linke sich in Passagen ergeht Mr. Nicholas
64 Die ftltesten Muuk-Handschriften auf englischen Bibliotheken.
Tom 9a bis Fol. 115 ist alias von einer Hand, 2 Zeilen auf
der Seite. Von Fol. 10a bis lib 4 Piecen uber den Choral, anonym.
Fol. 12b. Natus est nobis, 2stim. von Tallis.
Fol. 13b. A fancye of Master Newmans, 3stim. auf ein 121iniges
System.
Fol. 14 b. Whose faythfull service, 3stim., anonym.
Fol. 15 b. La Bonnette, 2st. (Smith, pag. 38).
Fol. 16a. La donne cella, 2st (Smith, p. 38).
Fol. 16 b. La Shymyze, 2st. (Smith, p. 38).
Fol. 17a. Fragment, 3stim.
Fol. 18b. Voluntarye, 4stim., quod Master Allwood. (Hawkins
Hist Appendix 11.)
Fol. 19b. Clara pascali gaudio, 3stim. Choral im Bass. Mr.
AUwoode.
Fol. 20 b. Felix namque, 3stim., ein umfangreicher und brillanter
Satz von Farrant.
Fol. 25 a. Voluntarye, Farrant
Fol. 25 b. Claro pascali gaudio, 3stim. Choral im Sopran. Ein
anderer Satz als der FoL 19 b. Mr. AUwoode.
Fol. 27a. Christ© qui lux, 3stim. Master AUwoode.
Fol. 27 b. In Nomine, 4stim., Choral im Sopran, von Mr. AUwoode.
Hier tritt zum erstenmale die nooh unaufgeklarte Bezeichnung „in
nomine" auf.
Fol. 28b. Quia fecit, 4stim., Master Sheppard of the queenes
chappell. Dies giebt den Beweis, dass das Ms. nicht vor 1553
geschrieben ist
Fol. 29 b. Fond you the is a bubble, 4stim. von Tallis.
Fol. 30 b. Eterne rex altissime, 3stim. von Bedford.
Fol. 31a ein 3stim. Satz von Blitheman.
Fol. 31 b. 0 Lux on the fabourdon, 3stim., im Bass der Choral,
von Bedford,
Fol. 33 b. 0 Lux with a meane, 3stim. von Bedford.
Fol. 34 b. Exultet celum laudibus with a meane, von Bedford.
Fol. 35 a. Christe qui lux, von Bedford.
Fol. 35 b. An excellente meane, von Mr. Blytheman. (Abgedruckt
in Hawkins Appendix 9.)
Fol. 36 b. A Poynte, 4stim. von Master Sheppard. (Ebendort
abgedruckt 10.)
Fol. 37 b. Felix namque, 4stim», Choral im Sopran, von WyUyam
Shelbye.
Die ftltesten Musik-Handschriften auf englischen Bibliotheken.
66
Fol. 41b. In Nomine, 4stim. Choral itn Alt, von Tavemor.
Fol. 42 b. Salvator with a meane, von Bedford.
Pol. 43 b. Lucem tuam, 4stim. Choral im Sopran, von Bedford.
Fol. 44 b. Unbezeichnet, Choral im Sopran. Bedford.
Fol. 45 b. Lucem tuam, 4stim., Choral im Alt, von Bedford.
Fol. 47 a. Christ© qui lux, withe a meane. Bedford.
FoL 47 b. Miserere, von Master Shelbye.
Der Choral im Sopran in Semibreven, die Mittelstimme in je
drei schwarzen Noten und der Bass in neun Viertelnoten, nach dem
16. Takte wechseln die Werte in den Stimmen.
Fol. 48 b ein 4stim. Stuck von Allzvrodde.
Fol. 49b. Bemembre not 0 Lord, our old iniquitiesj 4stim. von
TaMs (in Daye's Certayne Notes 1560 gedruckt).
Fol. 51a. I geve you a new commandment, 4stim. von TaMs
(ebendort gedruckt).
Fol. 52 a. In Nomine, 4stim. von Johnson.
Fol. 53 b. Sermone bkndo angelus, Choral im Sopran, anonym.
Fol. 54 a. Veni redemptor. Bedford.
Fol. 54 b. Iste confessor, with a meane, Mr. Bedford.
Fol. 55b bis 57a, viermal Eterne rerum conditor, 2-, 3- und
4stim. von Blytheman. Der dritte Satz ist mit Melos suave be-
zeichnet und der vierte hat den Choral im Sopran in geschw&rzten
Noten, wozu die linke Hand einen zweistimmigen Kontrapunkt spielt
Fol. 58 a. Miserere, with a meane, von Bedford.
Fol. 58 b. Glorificamus, von Bedford.
Fol. 59 a. 3 Versus, von Sheppard.
Fol. 60 b unbezeichnet
Fol. 61b bis 63a aus einem Te Deum die S&tze: Tibi omnes.
Te per orbem. Tu ad liberandum. Salvum fac. Die ersten zwei
Verse sind mit Bedford's Namen als Autor gezeichnet
Fol. 63 b. Iste confessor with a meane, von Bedford.
Fol. 64 a. Zwei Poyntes, anonym.
Fol. 64 b. My frindes, anonym.
Fol. 66 a. Like as the chayned wyght, anonym.
Fol. 66 b. Salvator with a meane, von Bedford.
Fol. 67a. Aurora lucis, von Bedford.
Fol. 67 b. Eterne rerum conditor, von Bedford.
Fol. 68 b. Jam lucis orto sidere, von Bedford.
Fol. 69 b. Rejoice in the Lord, 4stim., ein Anthem, ohne Autor,
mehrfach in neuen Ausgaben erschienen, wird auch in der Advent-
66 Die altesten Musik-Handschriften auf englisohen Bibliotheken.
zeit in St Paul's Eatbedrale aufgefiihrt. Im Brack brachte m
HawMis Appendix Nr. 8, die Mottet Society and Novella Hawkins
setzte falschlicherweise den Namen Redford hinzu.
Fol. 71b. Te Deum, von Blithman, 15 Sltze ohne nahere Be-
zeichnung.
Fol. 76 b bis 88 a enthalten 4stim. Gesangss&tze in einer Partitur
auf zwei Systemen : Fol. 76 b. Of wise heads, anonym. Fol. 77 b
The syllye man, von Edwardes. In Edwards' Oedichtsammlung
„The Paradyse of Dantes Devyees" 1676 befindet sich das Gedicht
„By printed speech the silly man". Hawkins druckt obigen Ton-
satz im Appendix Nr. 5 mit obigem Gedichte ab, was jedenfalls
das Richtige ist
Fol. 78b. Defyled is my name, von Johnson, abgedruckt in
Hawkins App. Nr. 1.
Fol. 79b. In going to my naked bed. Das Gedicht befindet
sich in Edwards' Sammlung mit seinem Namen gezeichnet und
man kann wohl annehmen, dass obige Komposition auch von ihm
herriihrt, wie si© auch im Hawkins App. Nr. 7 mit Edwards be-
zeichnet ist Aufserdem ist der Satz noch vielfach in neuerer
Zeit gedruckt, da man aber an dem Worte „naked u Anstofs nahm,
setzte man dafiir das Wort „lonely u . Hawkins teilt auch das voll-
standige Gedicht mit, wahrend die neueren Ausgaben nur die
©rate Strophe bringen.
Fol. 80 b. The man is blest, anonym.
Fol. 81a. 0 ye tender babes, von Tattis.
Fol. 81b. Benedicam Domino, von Johnson.
Fol. 83 b. When shall my sorrowful syghings, anonym.
Fol. 84b. Jam lucis orto sidere, Tallys.
Fol. 85 b. In Nomine, anonym. Der Choral in Breven im Alt
Fol. 86 b. I smile to see howe you devyse, anonym.
Fol. 87b. The wretched wandering prince of Troye, 2. pars:
When Cressyde went from Troye, anonym.
Fol. 88 b bis 96 b. Gloria tibi Trinitas, von Blytheman sechsmal
bearbeitet, wobei der Choral mehrfach in anderer Stimme liegt
Die Bearbeitung Fol. 90 a veroffentlichte Mimbmdt in seinem
Sammelwerk „The Pianoforte".
Fol. 97 a. Veni Redemptor, von Tallys.
Fol. 97 b. Ex more docti mistres, von Tallys.
Fol. 99 a. Ecce tempus, von demselben.
Fol. 100 a. Veni redemptor, von demselben.
Die filtesten Musik-Handschriften auf englischen Bibliotheken.
67
Fol. 100 b. A Poyncte, von demselben.
Fol. 101a, unbenannte Piece, von demselben.
Fol. 101b. Ecce tempos, anonym.
Fol. 102 a. Iste confessor, von Tallys.
FoL 102 b. Christ© qui lux es, von Heath.
Fol. 102 b. Christe redemptor, anonym.
Fol. 105 a. 0 Lord, turne not away, anonym.
FoL 106 b. Since thou art false, anonym.
Fol. 106b. 0 happy dames, mit einem 2. Telle: der an das Lied
„In going to my naked bed" erinnert. Dasselbe ist vom Earl of
Surrey, der 1547 hingerichtet wurde.
Fol. 108 b. When griping griefe. Der Text ist von Edwards,
vielleicht auch die Musik. Hawkins im Appendix Nr. 4 druckt es ab.
Fol. 109 a. The bitter sweet, anonym.
Fol. 109 b. Like as the doleful dove, von Tallys, der Text wird
in Edwards' Sammlung dem Eunnis zugeschrieben. Hawkins
druckt den Tonsatz in Appendix Nr. 5 ab.
Fol. 110 a. A Paven, ein 4stim. Klavierstiick von Newman.
Fol. 111a. I lift my heart, 4stim. Anthem, gedruckt in Barnard's
Sammelwerk „First book of select Choral Musick 1641" mit funf
Stimmen von Tye.
Fol. 113a. As I deserve, anonym.
Fol. 113b. Per haec nos, 3stim. Orgelsatz von Tallis.
Fol. 114a. Tres partes in una, Canon mit begleitendem Bass,
von Munday.
Darauf folgen leere Seiten und ein Memoranda in Smith's Hand-
schrift, der Piecen in Tabulatur folgen, die zum Teil ftir die „Sitherne w
(Citter) sind:
Fol. 118a. A Songne (Song).
FoL 118b. A Pavyn.
Fol. 122a, ohne Titel mit der Angabe „Sitherne".
Fol. 122b. Que passe.
Fol. 123 a. Was not good king Solomon.
Fol. 123 b. Queene of Scotts galliard to ye Sitherne, per T. M.
Fol. 125 a. I he frenche galliarde.
Fol. 126 b. Venetian galliarde, von Churchgarde. Wahrschein>
lich ist damit der Dichter Thomas Churchyard gemeint.
Additional Ms. 30 486 british Museum. In 4°. 22 beschriebene
Blatter mit Virginalmusik auf zwei 61inige Systeme; auf den letzten
BE. befinden sich Volkslieder. 8 Systeme auf der Seite. Geschrieben
68 Die ftltesten Mueik-Handschriften auf engliscben Bibliotheken.
urn 1600, stammt wahrscheinlich aus der Bibliothek J. S. Smith's
und wurde im Jahre 1877 mit dem vorhergehenden Ms. vom british
Museum erworben. Hin und wieder ist der Fingersatz notiert und
die linke Hand gebraucht ofter den Daumen.
Fol. 2. As I went to Walsingham, Mr. Birde. (Das bekannte
Volkslied mit 21 Variationen und 6 Takten Coda.)
Fol. 7. Passinge mesures pavea, anonym. (Mit 5 Variationen.)
Fol. 11. The Oalliard. Mr. Bird.
Foi 14. A Paven. Mr. Bird.
Fol. 16/17. A Galliard, anonym, unvollendet
Fol. 18b folgen noch 5 Takte in etwas spaterer Sehrift, vielleicht
bilden si© den fehlenden Schluss der Galliarde.
Fol. 19. The Carman's Whistle (JSyrd), mit Fingersatz in der
letzten Variation.
Fol. 20b. A Gigge, anonym, 16 Takte.
Fol. 21a. Mall Sim, Melodie verziert
Fol. 21a. Hoope do me no. 16 Takte im % Takt Wahr-
scheinlich ist dies das von Shakespeare erw&hnte „ Whoop do me
no harm, good man 14 in seiner Winter's Tale.
Fol. 21b. Tomboy, 32 Takte im 8 / 4 Takt
Fol. 22. Wanton Season. 10 Takte mit einem Da Capo (von
Takt 3 ab).
Fol. 22. Go no more a rushing.
Fol. 22 b. Coranto, mit schwierigen Figurationen und vielem
Fingersatz.
Additional Ms. 30485 im british Museum in 4° mit 117 be-
schriebenen Blattern , genannt „Lady Nevils Music - Book". Eine
spatere Hand (vielleicht der einstige Besitzer John Stafford Smith)
gab dem Ms. den Titel ^Extracts from Virginal Book Lady Nevills,
Tallis, Byrd, Bull etc. 14 Auch der Katalog des br. Mus. bezeichnet
das Ms. mit „taken principally from Lady Nevill's Virginal Book".
Allerdings haben die beiden Ms., das obige und Lady Nevells Booke
(siehe Grove's Diet IV, 311) einige Piecen gemein, doch besteht das
letztere Ms. nur aus Kompositionen von Byrd, w&hrend obiges Ms.
verschiedene Komponisten enthalt, darunter auch einige, die sonst
nicht bekannt sind. Smith veroffentlichte einige Piecen in seiner
Musica antiqua. Blatt 58 — 60 weisen eine eigenartige Handschrift
auf, die in einer sorgf<igen Nachahmung alterer Schriftzeichen be-
steht (Siehe Mulliner's Ms. fol. 90.) . Im ttbrigen weist das Ms. eine
schone Handschrift auf, die mutmalslich nach 1600 anzusetzen sein
Mitteilungen.
69
wird, obgleich die neueren Komponisten wie Tomkins und Gibbons
nicht vertreten sind. Die Seite enthalt durchweg vier Zeilen mit je
zwei sechslinigen Systemen.
Fol. 2 a. A Pavion, of Mr. Birdes.
lol. 3 a. The Galliard to . . . Mr. Birdes.
Fol. 4 a. Pavion, Mr. Bird.
Fol. Bb. The Galliard, Mr. Bird
fol 6b. Pavin ... Mr. Bird.
Fol. 7a. Galliard ... Mr. Bird.
Fol. 8 a. Quadran Paven.
Fol. lib. Quadran Galliard, Mr .William Bird. Als Taktzeichen
ist der Halbkreis mit Punkt vorgezeichnet
Fol. 13 b. Care for thy soule, Byrd.
Fol. 14a. If that a sinner sighs, Bird. (Forteetzung folgt)
Mttellungen.
* Johann Sebastian Bach. Ein Lebensbild von Hermann Barth, Pfarrer.
Mit elf Bildern. Berlin (1902), Alfr. SchalL 11. Jahrg. Bd. 3 des Vereins
der Bueherfreunde. kl. 8°. 383 Seiten. Ein auf das Quellenwerk Spitta's
fofsende mit Begeisterung geschriebene Biographic Bach's, die all denen
zu empiehlen ist, die eine gedrangte tTbersicht fiber Bach's Leben and
seine Werke suchen. Das beigegebene Portr&t Bach's nach dem OlgemSlde
▼on G. Hausmann in der Leipziger Thomasschole ist mit einem facsimi-
lierten Namensznge aus der Muhlhauser Zeit versehen, der da lautet „da
Gio: Bach-Bach. Org. Molhusino". Man kdnnte auch lesen: Gio. Bart[ho-
lom&us] Bach. Es scheint sehr fraglich Joh. Seb. Bach's Handschrift dar-
zustellen.
* Mitteilungen der Mozart - Gemeinde in Berlin. Herausgegeben von
"Rudolph Genee. 13. Heft. Februar 1902. BerUn, Mittler & Sohn. Ent-
hilt Die ersten Entwurfe Mozart's zn Figaro's Hochzeit mit Musikbeilage.
Es handelt sich hanptsachlich um das Recitativ and Arie der Susanne im
4. Akte: Giunse il moment© al fine and Non tardar amato bene. Das
Becitativ variiert uur zam Teil in der ersten Niederschrift , wahrend die
Arie anfanglich total anders als in der fertigen Partitur lautet. Man
sieht daraus, dass anch Mozart nicht stets die fertige Komposition im
Kopfe hatte, sondern sehr wohl verstand, das kritische Messer anzusetzen.
Auch am Schluss der Arie strich er in der fertigen Partitur 12 Takte.
Schon im vergangenen Jahrgange der Lessmann'schen Musikzeitung teilte
derselbe eine Beihe nachtragliche Anderungen mit, die Zeugnis ablegen
von der strengen Priifung, die Mozart an die ihm wertvollen Komposi-
tionen legte. Der zweite Artikel enthalt Mozarfs Opern und deren Texte.
Es handelt sich um den Don Juan und die irfiheren Bearbeitungen des
70
Mitteilungen.
Themas nebst da Ponte's Benutzung, dem dann der Text zu Cosi fan totte
folgt uod degaen geringer Wert beleuchtet wird. TTber Georg Friedrich
Handel und seine Familie handelt der n achate Artikel, der aach uber den
Vater Handel's berichtet und seine Geschicklichkeit als Operateur. A Is
Sohlus8artikel dient die Musikerfamilie Andre* nebst dem Portrat Anton
Andre°s dem Erwerber der Mozart'schen Handschrifben.
* Kleines Tonkiinstlerlexikon von Paul Frank 10. Ami. Leipzig
1902, C. Merseburger. kl. 8°. 404 Seiten. Preis 1,60, gebanden 2 M.
£s ist ein erfreuliches Zeichen, dass Jahr fur Jahr die kieinen bio-
graphischen Tonkiinstler-Lexika in neuer Auflage erscheinen nnd sich ihre
Anzahl stetig vermehrt. Das von Julias 8chubarth zahlt 11 Auflagen,
das vorliegende 10 Auflagen , Riemann 5 Auflagen, neu hinzu tritt das
von Georg Eggeling. Die von Musiol scheinen sich uberlebt zu haben.
Das Frank'sche ist reich vermehrt und ist besonders den jungeren Musikerxi
ein breiter Raum gewahrt, wahrend der ftlteren nur sp&rlich gedacht wird.
Die Reichhaltigkeit konnte bei dem beschrankten Raume ailerdings nur
erreicht werden, indem dem Einzelnen nur wenige Zeilen gewidmet aind,
doch umfassen dieselben Geburt, Tod und Leistungen in anerkennenswerter
i Weise. Zum tTberfluss folgen am Ende des Bandes noch folgende Zu-
gaben: 1. tJberblick uber die Gesohichte der deutschen Musik, 7 Seiten,
2. Bibliographischer Anhang. Kleine Auswahl neuerer lexikalischer, ge-
Bchichtlicher, biographischer u. a. Schriften uber Musik, 7 Seiten, und dies
alles fur 1 M 60 P£!
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enthalt 278 meist neuer© Bucher und Musikalien zu einem soliden Preise,
diesen folgen Bucher uber Theater und Operntexte.
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H. Benrath, Dr. Blemker, R. Bertling, Mr. Benson -London, Ed. Birn-
baum, Wilk Bitter, Pfarrer Dr. Bicker, Prof. Braune, Dr. DorflW, Pro£
Eickhoff, Dr. Fr. Xav. Haberl, Dr. A. Hammerich, Dr. Hartmann, Dr.
Haym, Dr. M. Hohenemser, Dr. R. Kade, Prof. Dr. Kostlin, ProL Em.
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So. 6.
Der gregorfailiche Choral; Entetohung and Ent-
wlckelmig der lotemschrlft.
(Vortrag, gehaiton von P. Bobn im Kanatverein m Trier gelegentlich einer
Ausateilung litargischer M&naskripte der Trier'schen Bibliotheken.)
Einleitung: Tristis est anima mea, 5stimmiger Chor von Kuhnau.
Nach diesem ernsten und stimmungsvollen Gesange mil seinem
kiigtlich verschlungenen Stimmengewebe wollen wir uns einmal im
Geiste ungef&hr zwei Jshrttuseiici© zuriiekversetzen, urn die Quelle
jenes Gesanges aufzusucben, an dessen Lebenskraft die abendlandiscbe
Musik erstarkte Bid an dessen Melodieen sie sich berangebildet hat
von den ersten diirftigen Versucben der Mebrstimmigkeit an Ms zur
Yollendung im Palestrina-Stil. — Ich meine den gregorianischen
Choral. — Dieser Choral datiert seines Ursprung nicht toe dem
grofsen Papste Gregor, mil dessen Namen er verkniipft ill; seise
Wurzeln reichen vielmehr in eine Zeit zurtick, welcbe noch ganz
von den Erinnerungen und im Modellen des klassischen Altertums
durchdrungen war. — Gestellt an den Zusaramenfluss zweier Civili-
sationen end zweier Kiinste , der jiidisehen und der griechiseh-
rSraischen Kunst, wablte die Kircbe aus diesen beiden Stromungen,
was ihr fir ibren gottesdienstlichen Gesang zusagte. Ben grofsten
Teil der Texte fiir ibren Gesang entnabm sie den Psalmen des alten
Testamentes, und bei der innigen Beziehung, welche der christliche
Kiltus zur Synagoge hat, lasst sich annehmen, dass man such eine
Erinnerung bewahrte an die Weise, wie im Psalmen in der Syria-
Monatoh. t Miuikgetoh. Jahrgftng XXXIV. Mo. 5. 5
72 Der gregoriftnisehe Choral; Entetehong u. Entwickeluag der Notenschrift
goge gesungen wurden; nur darf man nicht darauf ausgehen wollen,
die Melodieen iibereinstimmend Ton urn Ton hier und dort wieder-
zufinden. Die erwahnte Erinnerung ist in anderer Weise bemerkbar.
Bei den Alton war die Musik innig mit der Poeaie verbunden.
Der Gesangston diente ihnen hauptsachlich dazu, um ihre Sprache
energischer und klangvoller zu gestalten. Die jiidiscbe Poesie kannte
nicbt die kiinstliche Mischung der Silben m Verafulsen, wie die
griechisch-romische, und nicht den Reim, wie die deutsche Poesie;
sie stellte die Syraetrie des Textes durch den Parallelismus der
Glieder dar. Diese Textverteilang ist much in unserer lateinischen
tJbersetzung der Psalmen beacbtet worden. Jeder Vers zerfailt in
zwei Halbverse, welche sich dem Sinne und der Form nacb ent-
sprechen, und demgeraafs teilt sich auch die Melodie in zwei Site©
ab, die sich wie Hebung und Senkung zu einander verhalten und
durch kleine Stimmbeugungen gleichsam interpunktiert werden;
z. B. Dixit Dominus Domino meo: sede a dextris meis. — Auch in
der Verteilung der Wechselgesange zwischen Vore&nger und Chor
stimmt die Kirche mit dem mosaischen Kultus iiberein.
Der griechischen Musik entlehnte die Kirche das diatonische
Tongeschlecht, d. h., die nattirliche Tonleiter ohne Anwendang der
H und j^j; das chromatische und das enharmonische GescMecht liefe
sie sis unpassend beiseite. Ob und wie weit sie auch ihre Ges&nge
den griechischen Tonarten angepasst, und ob sie sich griechische
Melodieen angeeignet hat, lisst sich mit Bestimmtheit nicht sagen.
Die melodischen Pormeln der Orationen, der Prafation, der ein-
fachen Psalmodie beruhen auf einem gemeinsamen melodischen Grund-
typus, der sich sowohl bei den Juden als auch bei den Griechen
nachweisen lasst; es ist der antike Sprachgesang, bei welchem die
Stimme unbestimmte, teils sehr kleine, teils gro&e Intervalle durch-
lauft, welche auf keine Tonleiter zuriickgeftihrt werden konnen.
Die Griechen teilen der Stimme eine dreifache Bewegung zu;
sie sagen : „Die Stimme kann sich stetig bewegen; wenn wir sprechen ;
sie kann sich auch in Intervallen bewegen ; wenn wir singen; und sie
kann sich in einer Weise bewegen , welche die Mitte h< zwischen
den beiden vorgenannten Bewegungen, wenn wir heroische Gedichte
deklamieren." Diese dreifache Bewegung der Stimme laset uns den
Weg erkennen r welchen die Sprachmelodie genommen, um zu dem
wirklich diatonischen Gesange zu gelangen.
Bei den Griechen gait ferner als Kegel, dass der Redner sich
in seiner Stimmbewegung in dem Umfange eines Tetrachords (einer
Der gregorianische Choral; Entetehung u. Entwickelong der Notenschrift. 73
reinen Quart©) hielt. Hiermit diirfte auch in Beziehung stehen, dass
die Qriechen das Tetrachord als Grundlage ihres Tonsystems benutzten,
und dass sie den beweglichen El&ngen des Tetrachords Verfcnderungen
zuteilen, am moglichst verschiedene Ntiancen der Melodie hervor-
zubringen.
Auch die vorgenannten melodischen Formeln der Orationen, der
Prafation und der einfachen Psalmodie, besonders in ihrem ersten
Zustande, tiberschreiten hochst selten den Umfang einer Quarte. Zieht
man ferner in Erw&gung, dass die Notation der Sprachmelodie, die
grammatischen Accente, ausgereicht hat, nm jene Formeln zu notieren,
so darf man wohl annehmen, dass diese in ihrem primitiven Zustande
der Sprachmelodie angeh5rten und nach und nach auf die diatonische
Melodie hinstrebten.
Der hi. Augustinus und der hi. Hieronomus bezeugen, dass die
Psalmodie in der ersten Eirche nur leichte Stimmbeugungen ge-
stattete, und ein Autor des 5. Jahrhunderts fiigt bei, dass diese
leichten Stimmbeugungen durch die Accente acutus, gravis und
circumflexus hervorgebracht wurden, welche er als die Eeime der
Jfusik bezeichnet.*)
Wie die Psalmodie ihre Modulation der Sprache entnahm, so
entnahm sie ihre starken und schwachen Zeiten, ihre Abteilungen,
fiberhaupt ihren Rhythmus dem liturgischen Texte. Es ist dies der
prosaische oder freie Rhythmus, den die Alten den oratorischen
Humerus nannten.
Ton wohl zu beachtendem Einflusse auf den Choral-Rhythmus
iiberhaupt war eine [Tmbildung, welche sich in der lateinischen
Sprache zur Zeit der Einrichtung der Psalmodie vollzog. Die Quan-
titit, welche bis dahin in der lateinischen Poesie und zum Teil in
der Ciceronischen Prosa die alleinige Herrschaft besafs, musste nach
und nach der Accentuation weichen. Die langen und kurzen Silben
^alisierten sich nach und nach, und bald mafs man in der Poesie
und in der Prosa die Silben nicht mehr, sondern man zahite sie.
In der Praxis gab es weder lange noch kurze Silben, sondern alle
*) Ein Aator aus neuerer Zeit, Herr Professor Ed. Norden, sagt in
seiner „antiken Kunstprosa vom VI. Jahrhnndert vor Chr." etc.: „Der
alte Eircheogebang ist nichts anders gewesen als ein feierlicher mit modu*
lierter Stimme mehr recitatorisch gesprochener als gesimgener Vortrag.
Dm hat schon von Helmholtz, Lehre von den Tonempfindangeo , 375 ff.,
mit bewunderungswiirdiger Sch&rfe erkannt ; es ist jetzt durch die bahn-
brechenden Forscbimgen #er. Benediktiner endgdltig festgestellt"
5*
74 Der gregorianische Choral ; Entstehung u. Entwickelung der Notenschrift
Silben fast gleich in der Dauer waren starke oder schwache, je nach-
dem si© den Accent batten oder nicht „Litterarum sonus distat quod
in diversis locis babent acumen," sagt der hi. Augustinus. Der Accent
war ein wesentliches Element des Rhythmus geworden.
Nachdem die Kirche im 4. Jahrhundert frei geworden war,
bildete sich eine grofsere Gemeinsamkeit im Eultus und in der
Liturgie, und im Anschluss© hieran entwickelte und entfaltete sich
gleichmafsigerweise der Gesang. Als besondere Fflegestatten des litur-
gischen Gesanges erweisen sich die Kirchen von Jerusalem und von
Antiochien in Syrien. Das Abendland konnte dieser Bewegung nicht
lange fremd bleiben. In Rom, in Mailand unter dem Bischofe Am-
brosius, in Gallien und Spanien wird der Gesang im Anschluss© an
die daselbst gebrauehlichen Liturgieen eingerichtet, und derselbe ent-
wickelte und bereicherte sich unter demselben Einflusse, der um dies©
Zeit die bescheidenen Heiligtiimer und Krypten der Eatakomben in
grofse und prachtige Basiliken umwandelte. Bekanntlich war die
romische Kirche aus leicht erklarlichen Griinden die fruchtbarste an
liturgischen Anderungen ; das zeigt sich auch an ihrem Gesange.
Eine Reihe von Fapsten wird namhaft gemacht, welche den Gesang
ordneten, erweiterten und verbesserten. Der letzte ist Gregor d. Gr.,
dessen Thltigkeit sich kurz dahin zusammenfassen l&sst, dass er aus
den Gesangen, wie er sie im 6. Jahrhundert vorfand, den geeigneten
Stoff auswahlte und auf den von ihm festgesetzten Cyklus verteilte;
manches wird er umgestaltet, anderes weggelassen, und wieder anderes,
infolge der von ihm eingefiihrten Reformen neu komponiert haben.
Diese Gesange trug er in ein Buch ein, welches Antiphonarium ge-
nannt wurde. Auch griindete er eine Schule von Sangern, die er
selbst in den Gesang einfuhrte. Nach ihm erhielt der romische
Gesang den Beinamen „gregorianischer Gesang".
Von dem mozarabischen Gesange in Spanien und dem gallikani-
schen sind uns nur wenige Stuck© geblieben; von dem mail&ndischen
hingegen besitzen wir ausreichendes Material zur Vergleichung. Eine
von den Benediktinern von Solesmes sehr sorgfaltig vorgenoramene
Analyse dieser Denkmale hat ergeben, dass dieselben einer gemein-
samen Quelle entspringen und als vier verschiedene Dialekte zu be*
trachten sind. Tonalitat, Rhythm us und Notation sind dieselben.
Auch findet man gewisse gemeinsame Typen oder auch vollkommea
erkennbare Melodiesatze trotz der Verschiedenheit des jedem Dialekte
eigenen Stiles. Zwischen dem gregorianischen und mailandischeD
Gesange sind die Entlehnungen sehr haufig. Sogar dort, wo die Be-
Der gregorianische Choral; Entstehang u. Entwickelung der Notenschrift.
75
ziehungen weniger deutlich Bind, giebt es immer, wenn auch nicht
Gleichheit, imm doch wenigstens Ahnlichkeit der tonalen und rhyth-
mischen Formen. Jedoch man bemerkt auch sofort niter beiden
Verschiedenheiten , welche beweisen, dass sie nicht einer Zeit an-
gehSren, and dass im gregorianischen Qesange sowohl im Texte wie
in der Melodie eine Entwickelung und Entfaltung stattgefunden hat,
wlhrend der mailandische stationar geblieben war in den zwei Jabr-
hunderten, welche sie von einander trennen. Bern gregorianischen
Gesange merkt man es an, dass eine kundige Hand ihn geordnet
und die unbestimmten Formen entwickelt hat In der Fsalmodie
erweitert sich das melodische Element, es erscheinen mehrtonige
Eadenzen und der Fluss der Melodie und der Rhythm us erhalten
Fesigkeit und Bestimmtheit Der Text hat nicht mehr die Allein-
herrechaft, sondern Text und Melodie verbinden sich und jedem wird
sein Recht gewahrt. Alle diese Umbildungen lassen einen Fortschritt
zu einer vollendeteren und kiinstlicheren Form bemerken.
Es werden Ihnen jetzt zwei Antiphonen mit Psalm vorgetragen
werden, von welchen die erste dem ambrosianischen und die zweite
dem gregorianischen Chorale angehort. Die Antiphone leitet den Psalm
ein und schliefst ihn. Jeder Vers des Psalmes zerMlt in zwei Glieder.
welche Abteilung auch in der Melodie beachtet wird. In der grego-
rianischen Melodie des Psalmes leitet eine Intonation (Initium) auf
den Recitationston (Tenor) hin, und die beiden Halbverse werden
durch eine Stimmbeugung, eine Kadenz, interpunktiert Die mittlere
Kadenz heifet Mediante und die Schlusskadenz Finalis. In der am-
brosianischen Melodie des Psalmes fehlt die mittlere Eadenz und die
Finalkadenz besteht nur aus einer fallenden Sekunde.
Anbrosianlseke ABtlphoie mit Psalm.
^ u i » u-m * n „ Yy-w n n n ■ „ „ Eg
Ant. Beiii, de coe - lo re - spi - oe, su - per fi - M - os ho - mi-mum.
Finalis.
Ps. Di - xit Do - mi-mis Do - mi - no me - o : se - de a dex-tris meis.
Gregorlaiiseke A»tipho«e mit Psalm.
Ant. Tecum prin-oi - pi-um in di - e vir-tu-tis tn-ae, in splendo-ri-
76 Der gregorianiaobe Choral; Entstebnog n. Entwickeltrag der Notenscbrift.
bus sancto-rnm, ex m - te-zo an-te la - ci - fe-ram ge - nu • i to.
. Initium. Tenor. Mediant e. Finali*.
P#. Di -xit Do-mi - nus Do - mi - no me - o; sd - de a dex-tris meis.
Jeder von den drei Teiien der Psalmodie, Initium, Tenor und
Eadenzen, kann mebr oder weniger entwickelt sein, ohne dadurch
die Eonstruktion zu Indern. Wir unterscbeiden daher eine einfache,
eine verzierte und eine neumierte Form der Psalmodie. Dies© drei-
fache Form wird man Ihnen zu Gehor briogen.
Eiafache Psalnodle.
Initium. Tenor. Mediant*.
Con-i - te - bor ti - bi Do - mi-ne, in to - to oor - de me - o:
Fina ls.
-fe m n w w w n n w n w aTTi r^. -
in con - si - M - o ins - to -rum et con - gre - ga-ti-o-ne.
Verzierte Paalaoiie.
britinm. Tenor. Med ia nts.
Con-fi - te • bor ti - bi Do - mi - ne, in to - to cor - de me - o:
Initium. Tenor. Finals.
in con - ui - M - o ins - to - mm et oon-gre • ga - ti - o-ie.
■ Nennierto Psalnodle.
Initiam. Tenor. Mediante.
ti - bi Do-mi-ne, m to- to cor - de me - o:
FinaliB.
jfr , l^f#
in con-ai-li- o ius-to-rum et con-gre - ga - ti - o - ne.
Die s&mtlichen Ges&nge des gregorianischen Bepertoirs lassen
sich nach ihrer Eompositionsweise in zwei grofse Abteilungen bringeo.
Der gregorianisohe Choral; Entstehung u. Entwickeltrag der Kotensohrift. 77
Zu der einen Abteilung gehoren die Ges&nge psalmodischer Form,
die wir schon kennen gelernt haben, und zu der andern Abteilung
geh5ren die Gesange antiphonischer oder der freien Form. In letzterer
hat die Melodie mehr Freiheit. Initium, Recitation und Kadenzen
finden sich auch hier, aber die Teilungen, welche in der Psalmodie
so sauber abgesehnitten sind, finden sich hier mehr miteinander ver-
schmolzen, mehr schattiert Die Einwirkung des tonischen und ora-
torischen Accentes l&sst sich auch hier in den lebendigen und wellen-
formigen Bewegungen der Melodie bemerken. In der Wahl der Inter-
valle herrecht grofeere Abwechslung und der Komponist zogert nicht,
zuweilen der Melodie den Vorrang vor dem Texte zu gestatten,
welcher ihr zur Entwickelung und Schattierung des Ausdrucks zu-
kommt In dem antiphonischen Stile werden haufig mehrere S&tze
mit einer ganz gleichen Kadenz, gleich einem musikalischen Reime
abgeschlossen, welcher den Zweck hat die freien Gang© der Melodie
zu verbinden und Einheit herzustellen. Diese Eigenttimlichkeit er-
scheint auch in der Introitus - An tiphone , welche Ihnen jetzt vor-
getragen wird.
Introitus.
Lae-ta - re, Je-ru-sa-lem, et con - ven - turn fa - ci - to,
o - nines qui di - M - gi - tis
am: gau - de - to
stis: nt e - xal-te - tis, et sa - ti - e - mi
ab u - be - ri - bus con-so-la-ti - o
me
ve - strae.
Der gregorianisohe Choral ist wesentlich verschieden von der
modernen Mnsik, sowohl hinsichtlich der Tonalit&t wie auch rack-
sichtlich des Rhythmus.
In der modernen Tonalitat giebt es diatonische und chromatische
78 Der gregorianische Choral; Entstehung o. Entwickelung der NoteDsohrift.
Intervalle, Dur- nod Molltonarten , Dissonanzen, sensible Noten zur
Herbeiftthrung der Kadenz mittels des Unterhalbtons, Modulationen,
unaufhorliche tonale Unregelmafeigkeiten. Daraus entstehen iber-
mfi&ige Erregungen des empfindsamen Teiles der armen menschlichen
Maschine. .Die gregorianische TonalitSt scheint hingegen die Be-
stimraung zu haben, die heftigen Gemiitsbewegungen fern zu halten
uod cms mit Ruhe und Frieden zu umgeben. Schon dadurch, dass
die gregorianische Melodie homophon 1st, kennt sie eines der am
meisten leidenschaftlich wirkenden Elemente des Ausdrucks, die
Dissonanz, nicht Niemals schliefst sie eine Kadenz mittels chroma-
tischen Unterhalbtons. Die gregorianische Tonalit&t verwirft die weich-
lichen Tonfolgen des chromatischen Geschlechtes und lasst nur die
freien Intervalle des diatonischen Geschlechtes zu. Diese ordnet sie
in mindestens acht Tonleitern, Modi genannt, deren verschiedene
Charaktere in uns ebensoviele Eindriicke und Gemutsver&nderungen
bewirken. Sie verwirft ferner die ungestiimen und ktihnen Modu-
lationen aus einer Tonart in eine andere. Sie entbehrt nicht der
Ubergange aus einera Modus in einen anderen ; jedoch diese werden
ruhig hervorgebracht, ohne das Gemtit zu beunruhigen noch zu ver-
wirren; die einfache Vertauschung des Recitationstons reicht aus, um
den Eindruck einer wirklichen Modulation hervorzurufen. Die grego-
rianische Melodie nimmt nichts, oder so wenig als moglich von der
Sinnenwelt; sie hat nichts fur die Leidenschaft, nichts fur die Ein-
bildungskraii Ruhig und friedlich fliefst sie dahin ; sie kann schreck-
liche Wahrheiten iibersotzen oder energische GefUhle ausdrlicken,
ohne von ihrer Niichternheit, Reinheit und Einfachheit abzugehen.
Auch beztiglich des Rhythmus ist der Gegensatz zwischen den
beiden Musikarten nicht weniger auffallend. In der gregorianischen
Melodie folgen sich die starken und schwachen Zeiten, die Takte und
Perioden nicht mit derselben Gleichformigkeit, wie in unserer Musik.
Hier ist die Abwechslung Ausnahme, dort ist sie Regel. Nicht als
ob die gregorianische Melodie des Taktes und der regelmafsigen
Rhythmen entbehrte, sondern sie macbt es dem Ohre nicht zum Be-
dirfnis, die regelm&fsige Wiederkehr gleicher Gruppen zu erwarten,
wie dies in unserer Musik der Fall ist. Die einfachen und zusammen-
gesetzten Taktarten folgen sich im Verlauf der Melodie mit Leichtig-
keit und Freiheit. Hier giebt es keine Synkopen, Taktriickungen
und Bindungen, welche den regelmifsigei Marsch der Melodie unter-
brechen und Erregung und Leidenschaften einfiihren. Die wenn auch
unregelmafsig in das melodische Gewebe eingestreuten einen Nach-
Die ftltesten Musik-Handschriften anf englisclien Bibliotheken. 79
druck bezeichnenden Tone finden sich immer am Anfange des
Taktee. (Fortaetzang folgt)
lie Sltesten Mnsik-Handsehrlften anf engllsehen
Bibliotheken.
(Henry Davey.)
(Forteetzung.)
FoL 15. 0 God, but God how dare. I name that name Mr.
Bird.
FoL 16. Shall I despaire, anonym., figuriert
FoL 17 b. Quadran Paven.
FoL 19. The Galliard. Die rechte Hand hat viele Laufer.
FoL 20 b. A Pavion, Mr. Marchant.
FoL 21. The Galliard, Mr. Marchant
FoL 22. A Pavion of Kinlonghes (gedruckt in Smith's Musica
antiqua pag. 73).
FoL 23. The Galliard ... Mr. Kinhngke.
FoL 24 b. Ein reich figurierter unbenannter Sate im 8 /i Takt in G.
FoL 26. Praeludium, 4stimmig.
FoL 26. Felix namque, Tallis. Ein dreistimmiger Satz mit der
tJberschrift „Mr. Tho. tallis offetary". Im Tenor der Choral in langen
Noten, wahrend die iibrigen Stimmen lebhafte Figurationen haben.
FoL 31b. Preludium, Mr. Bird.
FoL 32. Mr. Birds upon a plain© song. Der Choral im Sopran
in ganzen Noten, wahrend die linke Hand in Achteln spielt Hin
und wieder ist der Fingersatz notiert.
FoL 33a. Unbenannte Piece von Mr. Bird.
FoL 33 b. Mr. Bird 2 partes.
FoL 34b. Mr. Bird upon a plaine songe, zu 3 Stimmen, der
Choral liegt im Sopran.
FoL 35. In nomine, Mr. Bird.
FoL 36. Ferra, anonym, mit lebhaften Tonleiterpassagen in
Sechzehnteln.
FoL 38b. Si je me plains, anonym. Ist in derselben Art ge-
schrieben.
FoL 41. Paven, Mr. Mekrell
FoL 42. A Fancy, Mr. Renold, 4st im strengen Stil geschrieben.
80 Die iltetten Mutik-Handsohriften auf engiisdhen Bibliotheken.
Fol. 43 b. A Fancy, Mr. Alfonso (Ferrabosco), 4st wie vorher.
Fol. 45 b. The queens newyeare gift (erinnert an OrL Gibbons'
The Queen's command).
Fol. 47. A Fancy, Mr. James Harden (scil. Harding\ 4stim.
Fol. 48. In nomine, Mr. Alwoode.
Fol. 49. A Fancy, Mr. Alfonso (Ferrabosco).
Fol. 50. Folgen 4 leere System©, darauf A Fancy, Mr. Jeams
Harden. Am Schlusse liest man „A fancie of Mr. James Harding.
Fol. 51b. Susanne ung ionr, Orlando (Lassus). Smith druckte
Takt 1—25 Seite 72 in seiner Mnsica antiqaa ab.
Foi 53 b. Galliard, TJb. WeeUces.
Fol. 54b. Flat Paven, Mr. Jonson.
Fol. 55 b. In Nomine, Mr. Alwood.
Fol. 56. Wakefild on a green, anonym, ein brillanter Satz.
Fol. 57. Lulaby, unvollendet, fehfen einige Blatter and scheinen
die folgenden Bll. nicht dazu zu gehoren.
Fol. 58 a. Die Seite ist unbeschrieben.
Fol. 58b. In Nomine, Mr. Blytheman, befindet sich auch in
Mnlliner's Ms. fol. 90, gedruckt in Rimbault's The Pianoforte.
Fol. 59. A Lesson of Mr. Tallis: two partes in one. Unvollendet,
schliefet mit dem Signum ab, fol. 60a b sind weilk Smith druckt
die Piece Seite 70 ab. Mir scheint es, dass die B1L 58 — 60 ein sp&teres
Eiischiebsel sind und ursprunglich dem Ms. nicht angehdrten.
Fol. 61. Mr. Bird's Grownd, ein Thema mit 10 Variationen.
Hin und wieder ist ein Fingersatz eingezeichnet
Fol. 65. Caimans Whistle (Byrd). In dem Sammelwerke Par-
thenia von 1611 abgedruckt.
Fol. 67. Walke the woods so wide, Mr. Bird. Am Schluss:
„Mr. Byrds wandringe the woodes, 44 12 Yariationen iber das bekannte
Voikslied.
Fol. 68 b a. 69 b, zwei Pavion ohne Autor, sowie Fol. 70 b u. 71
ein Preludium und ein Lacrimae.
Fol. 72b. Pavana, Mr. Ferdinando (Richardson?). Dies© 5 Piecen
sind samtlich sehr figuriert.
Fol. 74b. Galiard, Mr. Ferdinando.
Fol. 75 b. Pavana, Mr. Ferdinando Richardson.
Fol. 76 b. Galiarda. Diese letzten beiden Piecen kommen auch
im Fitzwilliam Virginal-Book Nr. 4 — 6 vor.
Fol. 77 b. Almaine, Mr. Ferdinando.
Fol 78a. A preladiiim^Dr. AiB. (Ball erMelt den Doktortitel 1592.)
Die ftltefteo MnBik-Handsohrifien auf engiischen Bibliotheken. 81
Fol. 78b. Riven, Mr. BML
Fol 79i. Galliard, Mr. Bird.
Fol 79 b. Paven, anonym.
Fol S§b. Oalliard, Mr. Bird.
Fol. 81b und 83b zwei anonyme Pavanen und fol. 82b n. 84b
zwei anonyme Galliard.
Fol. 85 b. A Fancy, Mr. Bird, auf das Thema der Fuge von
Peter Philipps im Fitzwilliam Virginal-Book. Der Stil ist aber
klavierm&feiger und freier als in den meisten Fancies.
Fol. 89. lii unbenanntes umfangreiches Klavierstiick nach Art
der Grounds. Der Bass ist grolstenteils im Dudelsackstil gebraucht.
Fol. 92 b. Eine unbenannte Piece von Bird.
FoL 95 b. Why aske you, Dr. Bull, Variationen tiber ein vier-
taktiges Thema von 8 ganzen Noten.
Fol. 96 b. Galinoe Gusturame, Mr. Bird. Im Fitzwilliam Vir-
ginalbook Nr. 156.
FoL 97 b. A Ground. Im Bass das Thema im Rhythmus & J>
Die rechte Hand geht ofter in Terzen- und Sexten-Tonleitern.
Fol. 101b bis 103 b, zwei Sstim. anonyme Piecen, die vielleicht
zusammen geh5ren. Auf Bl. 103 b bricht der Tonsatz ohne Ab-
schluss ab.
Fol. 103b, 105b bis 107, vier Piecen ohne Titel von Bird. Sie
beginnen im einfachen Satze, der darauf figuriert wiederholt wird.
Fol. 110, eine 4stim. anonyme Fancy. Folgen 2 wei&e Seiten.
Fol. 112 b, eine unbenannte Piece.
Fol. 113, ein 2stim. Kontrapunkt in der Form einer Etude far
die linke Hand, wahrend die rechte ganze Noten hat.
Fol. 115a ist Ihnlich behandelt, doch wechseln die H&nde in den
Passagen ab und schligt die rechte Hand mehrfach tiber die linke.
Hin und wieder ist der Fingersatz notiert.
FoL 115 b. The second strain of a neighbour so boxt Wahr-
scheinlich ein Volkslied ; mit vieler Figuration.
2 in one in the 5 upon Miserdte. Eine damals beliebte Art
tiber das Miserere einen Ganon zu schreiben.
Fol. 116 a, eine unbekannte Piece in Gmoll.
FoL 116 b. Jigg in F.
Addit Ms. 29488 brit Mm Yirginalbuch in 4°, 27 B1L be-
nutzt, am Ende des 16. Jhs. geschrieben. Auf der ersten 8eite steht
Susanne van Soldi, 1599; auch der sp&tere Besitzer J. Jones und
83
Die Ilteitai Masik-Handschri ften mi engluohen Bibliotheken.
Joseph Warren haben ihre Namen eingeschrieben. Das Ms. gehorte
8. Z. jedenfalls John Stafford Smith. Die beschriebenen Blatter
(auch die vielen iibrigen leeren Seiten) haben acht 61inige Systeme
auf jeder Seite.
Fol. 2 a-. Erkl&rung der Solmisation und Proportionen in eng-
lischer Sprache.
Fol. 2 b. Brande champanse (!). (Laufer fiir die rechte Hand,
Akkorde fiir die linke. Die ersten zwei Takte haben einen sehr
unbequemen Fingersatz, der vielleicht spater hinzugesetzt ist. Smith
71 im Neudruck.)
Fol. 3 b. Almande.
Fol. 4 a. Almande.
Fol. 4b. De frans galliard.
Fol. 5 a. Galiiarde qui passe. (Dabei in Smith's Handschrift,
steht „for my Lady Nevill w .)
Fol. 5 b. Psalm 103. 4st einfach harmonisiert, mit Verzierungen
in der Altstimme bei Schltissen.
Fol. 6 a. Psalm 42. (Einfach, nur ein Triller am Schlusse.)
Fol. 6 b. Psalm 23.
Fol. 7 a. Psalm 130. (Diese vier Stick© haben die Titel der
Psalmen auf hollandisch.)
Fol. 7 b. Susanna dung Jour . . . Orlando Lasso a 5. Gedruckt
in Smith 72, Ms Takt 25.)
Fol. 10. Pavane, Bassano.
Fol. 11. Galiiarde, Bassano.
Fol. 12 a. Almande. (Zweimal geschrieben, in */t und 6 / 4 Takt)
Fol. 12b. Almande (ebenso).
Fol. 13a. Almande d'amour.
Fol. 13b. Almande (wie diejenigen auf Blatt 12).
Fol. 14 a. La Reprise.
Fol. 14b. „Braban8cher rondey dans oste Brand." Zuerst 24 Takte,
dann 4taktige Perioden stets mit Beprisen.
Fol. 16b. Psalm 51. PsSlm 69 (mit einigen Verzierungen).
Fol. 17a. Pavane den Core.
Fol. 17 b. La Repryse.
Fol. 18a. Tobias om (?). (Ein 4stim. Choral.) Almande.
Fol. 18 b. De Quadro Pavanne (in Warren's Handschrift „John
Dowland").
Fol. 20 b. D© Quadro GaMard.
Fol. 21b Ms 23 b. Psalm 9, 100, 16, 36, 68, 50, 80.
Die ftltesten Musik-Handschriften auf englischen BibHotheken.
83
Fol. 24a (von hier ab eine neue Handschrift). Einige Takte im
6 / 4 -Takt und em Preludium im 4 / r Takt
Fol. 24 b. Pavaoe.
Fol. 25 a. Allemande L\
Fol. 25 b. Pavane Primero.
Fol. 26 b. Pavane (?).
Addit. Ms. 31392, brit. Mm Virginalbuch in qu. 8°, gehorte
einst der Konigin Mary. Auf dem gut erhaltenen Ledereinbande
liest man die Namen „Philip" und Marie". Blatt 1 bis 32 fehlen.
Bl. 1 bis 24 sind so knapp abgeschnitten, dass sich nicht erkennen
lasst ob sie beschrieben waren, wahrend Bl. 25 bis 32 Reste von
Musiknoten zeigen. Die vorhandenen Blatter haben auf der Seite
durchweg 8 secbslinige Systeme, docb sind davon nur wenige bentitzt
Die Schrift fallt urn 1600, jedenfalls aber nicht vor 1595.
Fol. 33. Ein Stick im 4 /rTaM (Pavane) von Mr. Byrd; der
Anfang fehlt ■ (Fortsetzung folgt.)
Mitteiliuigeii.
Die Jenaer Ltederhandschrift, herausgegeben von Holz - Saran - Bernoulli.
Leipzig - Hirschfeld 1901. — Bd. I. Getreuer Abdrack des Textes be-
sorgt von Georg Holz, VIII + 240 S. kl. fol. — Bd. II. tJber-
tragung, Bythmik and Meiodik bearbeitet von Eduard Bernouilli und
Franz Saran. 200 S. kl. fol. — Gebunden 36 M.
Jeder Musikforscher muss es mit Freuden begrfifsen, dass Paul
Runge's Vorgehen in der Herausgabe mittelhocbdeutacber Liederhand-
schriften („Die Sangesreihe der Colmarer Handschrift und die Liederhand-
schrift Donaueschingen, 1896" — „Die Lieder und Melodien der Geifsler",
1900") sobald wirksamen Anklang gefunden hat, nicht blofs in den Ereisen
der Musikhistoriker, sondern auch bei berufsmal&igen Sprachforschern.
Welch hohes Interesse gerade diese letzteren an derartigen Publikationen
haben konnen und wie sehr die Zuverlassigkeit solcher VerdftentHchungen
deren Mitarbeit erheischt, bedarf wohl keiner besonderen Erorterung mehr,
seitdem Liliencron, Bunge und Riemann das an und fur sich ganz selbst-
verstandliche Prinzip ausgesprochen haben, dass in Anbetracht der mensur-
losen Gestalt der Notation der Bythmus derartiger Lieder, wie der des
gregorianischen Chorals, lediglich durch den Textrythmus zu bestimmen sei.
Zwei Germanisten (Dr. Georg Holz, Professor in Leipzig und Dr.
Franz Saran, Privatdozent in Halle) und ein Muaikge?ehrter (Dr. Eduard
Bernouilli in Leipzig) haben sich nun neuerdings die hochst dankbaie
Aufgabe geetellt, auf dem genannten, fur alle Zukunft vorgezeichneten
Weg, die grdfste, reichhaltigste, schonste und wohl auch <este uns er-
haltene deutsche Liederhandschrift, die Jenaer, dem Verstandnis der modernen
84
Musikwelt iilher za bringen and im Anschluss an dies© ¥er§ffentlMmiig
die Errungenschaft der heutigen Mnsikforsohang aaf dem Geblete der
Rythmik and Melodik des m ittelhochdeutschen Minneliedes einer ein-
gebenden Betrachtung za anterzieben. Hit wabrbaft philologischer Akribie
bat Saran die Frage nacb dem eigentlicben Wesen des Rythmus, deesen
Integrierendem Bestandteilen, desseii Faktoren and verschiedenen Artea
angefasst, am dem Kythmas der in Frage stebenden Lieder one
scbarfe, anzweideatige Fonnaliermig geben und dezsen konsequente Berd-
fuhrung bis m den elementarsten Ordnangen, den erstem Qnmdfoiniiii
and kleinsten Bestandteilen berab nacbweisen za konnen. Mit Spanning
seben wir der ausfubrlicben Begrundong der dieeer Arbeit vorausgesetzten
allgemeinen Anscbauang dber Rythmus entgegen. Erst dann durfte es
moglicb b«d, das hier entwickelte System in seiner gmnien Bedeatong za
«rfaasen and nacb Gebuhr za wurdigen. Boch mim mdchten wir dem ▼«>
dienstvoUen Forscber jetzt scbon imhelegen: So sehr der Loser bei dir
AufBtellang mmm neaen Systems Prfciaon des Aasdracks and bis in die
kMnsten Details gehende Annfmbrnngen Hebt, so sebr perh«re«ia«rt ar die
Yerwendong von neaen Bezeichnangen da, wo solcbe ganz aberfloasig
oder ancb nor yon ontergeordneter Bedeatung sind.
Wie Saran den Rytbmas, so bat Bernonilli die Melodik der im
Jenaer Kodex enthaltenen Lieder anfe auafabrMcbite b eban delt. Anagehend
von der Beeprecbnng der mittelalterlicben Choraltonarten, deren Kadenzen,
Tonumfang, Transposition, Vermizchaiig, Alteration, Obariikteiistik mil
8ymbolik, (alles dies im Anscblnss an die Theoretiker, vornebmlicb des
XIII. and XIV. Jabrbanderts) zeigt «r, wie simtiicbe in der Bjmdsciiift
entbaltenen Lieder sicb diesen Tonarten eingliedern lassen and trotz mancberlei
Eigentumlichkeiten ibre Abknnft vom litorgiscben Gesange keineswegs ver-
leugnen.
Bei aller Ausfuhrliohkeit, mit der die beiden Forscber ibren Gegen-
stand bebandelt haben, sind sie dem Leser doob eines schuldig geblieban,
mud zwar, im Hinblick aof das spezielle Interesse derjenigwi Kjob©, fir
welcbe die gauze Pablikation in enter Linie bestimmt ist> nicbts weniger
als die Hauptsache. So lange Text and Melodie Scbritt far Scbritt za-
sammen fortschreiten, so lange der Gteemng syllabiseh mt, bietet der Vortnig
dieser Lieder, nachdem feststeht, dims der Rytbmas ausBoMaggebend ist,
noch kaam eine Schwierigkeit. Bafir bedarf m niobt einmal einer tief-
gebenden Textanalyse. Bei scblicbter deatlicber Beklamation drangt sicb
dem Singer der ricbtige Rytbmas ganz von selbst ami.
Ganz anders verbalt es sicb aber mit den in der Jenaer Iiederhandschrift
so baofigen Melismen, welcbe jeder Textanterlage entbehren. "Weder Saran
nocb Bernoulli haben diese Scbwierigkeit verkannt Sie ubergehen dieselbe
aber darcbweg mit dem Hinweis aaf eigene Gesetze, nacb denen sicb der
Vortrag dieser Stellen regek misse. Welches eigentlicb dies© Qeieta
sind, erfahren wir aber nirgendwo mit Bestimmtheit. Oder sollte vieUeicbt
der ganze InbegrifF dieser Gesetze aof Seite 140, Bd. II aasgesprocben
sein, w© es heifst: .,Man scbene sicb nicbt, Mm and da elm w«ag za
Mitteilungen.
85
dehnen oder zu kfiraen, zo ▼erweflen oder za eilen, je nachdem eg der
sinn wunscht mud der gtil (?) erlaubt Nur muss die allgemeine be-
wegung mf den borer den eindrnck des gleichmfifsigen und liederartigen
macheii. Bestimmungen im einzelnen konnen nicbt gegeben werden. Hi
bleibt dem gefuhl einee jeden uberlassen , das recbte zu treften." Dies
hinderte aber die Herausgeber keineswegs, bei der ttbertragung der Melodien
s&mtliche Melismen in den Takt einzuzwangen. Wenn sie sicb anch im
Text wiederbolt dagegen verwahren , biennit einen taktmafsigen Vortrag
dieeer Stellen nahelegen zu wollen, so muss man doch fragen, wozu dann
dieee Obertragung, wenn sie selbet wieder, und zwar nocb dringender als die
ursprunglicbe Schreibweise , einer ferneren tJbertragung bedarf. Dies gilt
ubrigens aucb von syllabischen Partien der Lieder. Mag man nocb so oft
von „8cblicbter" Taktierung oder „rythmischer Prazisierung" sprechen, die
ganze Obertragung ist fir den modernen Leser, der nun einmal gewobnt
1st taktierte Melodien aucb im Takte aufzufassen, eine irrefuhrende.
"Worauf m den Herausgebern ankam „durch sie (die rythmiscbe TTber-
tragung) das Wichtigste der rytbmiscben Gkederung, vor allem die Be-
schaffenheit und Yerbindung der Beihen und Ketten, in nicbt missverstand-
licber Form darzustellen", batte wobl viel zweckmafsiger naob Ranges
Beispiel darcb rytbmiBcbe Anordnung dee Testes nacb Versen, Stellen etc.,
mit Beibebaltung der Cboralnoten und Hinzufugung der notigen Pausen*
Oaesur-Zeichen etc. erreicbt werden konnen. Mutet man mit Bacht dem
modernen Leser die verstandnisvolle Lekture des mittelhochdeutschen Textes
zu, so durfte man bei ihm aucb die Kenntnis einer Notenschrift voraus-
setzen konnen , die nicbt nur durcbs ganze Mittelalter hindurcb alien
Kulturvdlkern gelaufig war, sondern aucb beute noch bei einem nicbt
gerade m ubersehenden Brucbteil der civihsierten Menscbbeit als liturgiscbe
Notenschrift im Gebraucb ist.
Dafur batte sicb der sebr verdienstvolle getreue Abdruck von Holz
obne wei teres geeignei £ine vom Original abweicbende Anordnung des
bandscbriftlicben Inbalts batte dessen kritiseber Gestalt urn so weniger ge-
schadet, als die phototypische Wiedergabe des Jenaer Eodex durcb Muller
(1896) jedem Interessenten zuganglich und auch durcb den Holzscben
Abdruck fur musik- und litterarbistoriscbe Spezialarbeiten nicbt uberflussig
gemacbt worden ist
Den Herausgebern muss aber jedenfalls in bobem Mafse das Verdienst
zugesprocben werden, die reicben Scbltz© der altesten bisber bekannten
deutscben Liederbandscbrift den weitesten Kreisen zuganglicb gemacbt und
den Geist der in der beutigen Kultur aufgewacbsenen Interessenten tiefer
als dies bisher gescbehen ist in das Wesen des mittelalterlicben deutscben
Minneliedes eingefuhrt zu baben. M. Vogeleis.
* Jabrbucb der Musikbibliotbek Peters fur 1901. Acbter Jabrgang.
Herausgegeben von Rudolf Schwartz. Leipzig 1902, C. P. Peters, gr. 8°.
118 Seiten. Der Jabresbericbt giebt die traurige Kunde, dass Dr. Emil
Vogel, der BibHothekar obiger Bibliothek, so erkrankt ist, dass ibn sein
Freund Dr. Schwartz vertreten musste und zwar nicbt vorubergehend,
86
Mitteilongen.
sondern wahrscheinlich auf linger© Zeit Der Jahresbericht zeigt wieder
ein belebtes Bild fleifeiger Benatzung and weiterer Vermehrang der Bibliothek,
die far Leipzig ein dringendes Bedurfhis war. An Artikeln bringt der
none Jahrgang: Neaere Bewegnngen auf dem Oebiete der evangelischen
Kirchenmnsik von Ffiedrich Spitta. Bin Thema, was vielfach besprochen
wird and docb za keiner wirklichen Erfullang gelangt, da die Geistlich-
keit einer Reform entgegen ist» aacb die Mittel zam Teil feblen einen gat
gescbulten Cbor za bilden and za besolden. Die Ausbildung der deutschen
Fachmusiker. £ine musikalisehe Zeitfraga Von Hermann Kretzschmar,
sowie ein zweiter Artikel : Aus Deutschlands italienischer Zeit. Letzterer
Artikel enthalt viel Interessantes and Gutbeobachtetes. Schliefslich spitzt
er sicb za einer £rbebang Masse s za, der als Fuhrer and Beberrsober der
italieniscben Oper erklart wird. Ein Anhang verzeichnet 40 Briefe von
Hasse an (iiov. Maria Ortee, einen leidenschaftlichen Opera freund bei
Bologna, der mit Hasse in stater Verbiiidwig stand. Der letzte Artikel
bringt Mozartiana von Ad. Sandberger. Die K. Hof- and Staatsbibliothek
in Muncben besitzt ein kleines Aatograpb am Mozart's 13. bis 14. Lebens-
jabre. Es amfasst 4 Seiten in 4° and entbalt in fiacbtiger Sebrift karze
Aaizeiohnungen von Namen, die er aof seiner ersten italieniscben Reise
1769 — 1773 in Innsbrack bis Neapel kennen gelernt bat Ein zweiter
Artikel bebandelt eine fragtiche Messe Mozart's, deren Stimmen von
Eopistenband die Stiftsbibliotbek in Einsiedeln besitzt and eine moderne
Partitur die Bibliotbek in Munchen. Der Verfasser gebt nan der Messe
stark m Leibe and erklart sie acMieliMcb als mnecbt Em daraaf folgen-
dm Benedictas aas derselben, was aMerdinp Moatrtsch© Ankl&nge seigt>
giebt dennocb den Beweis, dass es kein Mozart ist. Der Scbloss dee Jahr-
baches bestebt nacb alter Voglerscher Einrichtang aas einem Verzeicbnis
der im Jabre 1901 erschienenen Bucher and Schriften fiber Masik von
Badolf Schwartz verfasst.
* Das 87. and 88. historische Eonzert des Bohnschen Gesangvereins
in Breslaa hatte mm Thema: Die Lorelei in der Musik. Die erste Halfte
nmfasste das Lied, die Ballade and Bomanze and die zweite Halite die
Oper, beide Teile brachten in geschiokter Zosammenstellung nur moderne
Kompositionen fur Soli and Chor mit Begleitung.
* Mitteilungen der Musikalienhnndlung Breitkopf & Haertel in Leipzig.
Marz 1902, Nr. 69 mit einem wenig bekannten Portrat Beethoven's. Be-
achtenswert sind eineBiographie mber Georg Rauchenecker , Dr. A. Thierfelder's
Altgriecbiscbe Musik (Tons&tze) , Musik am sachsiscben Hofe im Klavier-
auszug, herausgegeben von Otto Schmid- Dresden , 8chriften fiber Hector
Berlioz, S. Jadassohn* musiktheoretische Bicher, Werke von Richard Scholz
nebst Urteilen aus der Presse.
* Anbei ein Beiblatt, Katalog einer kleinen- Sammlung alterer Moaik-
drucke im Priester - Seminar in Strafsburg.
Verantwortlicher Bedakteur Eobert Eitner, Ttmplii (Uokermark) .
Druok ▼on Hermann Beyer * SOhne (Beyer A Mann) in Langeaaalaa.
MUSIK- GESCHICHTE
herausgegeben
der Gesellschaft ftlr Mnsikf oreohmig.
liny. Janri.
1902.
Pruii dei Jahrgftnges § Mk. Monatlich •rioheint
tin* Nammw ▼on 1 Mi I Bogen. Inaertionsgebttbren
fur die Zeile Si Ft
KommisiiontT«rlag
▼on Breitkopf A H&rtel in Leipsig.
Beitellungen
nimmt jede Bueh- mil Matikhandlung entgegen.
No. 6.
Der gpegorianlsehe Choral; Entetohuiig nut Ent-
wiekelmig ier Ittenschrlft.
(Vortrag, gehalten von P. Bohn im Kunstverein zu Trier gelegentlich einer
Auwtellung liturgischer Manuskripte der Trierschen fiibliotheken.)
(Schlnss.)
In der modernen Musik 1st die als Einheit angenommene Zeit
teilbar bis mm l afserst en. So kann im f / 4 Takte fiir die J gesetzt
werden Jji JTg, J m m 4 u. s. w. In der gregorianischen Melodie ent-
spricht die als Einheit angenommene Zeit einer gewohnlichen Silbe,
and sie ist unteilbar, wie die Silbe selbst unteilbar ist; daher voll-
kommene Einheit und absolute Einfachheit Dem Ohre macht sioh
die Wirkung einer JEgalitat bemerkbar, weiche urn so strenger wird,
je mehr die Melodfe sich vom Texte losmacht Die Vokalisen, mit
welchen die gregorianische Melodie eine accentuierte oder Schluss-
8ilbe auszeichnet, sind wahre Yokalisen ; die Stimme fahrt fort zu
lesen, indem sie singt Die gregorianische Melodie nimmt ihren
ganzen Rhythmus von der lateinischen Prosa. Da die lateinischen
Worter den Accent auf der vorletzten oder drittletzten Silbe haben,
so sind alle Schlussfalle schwach oder weiblich. Nach der urspriing-
lichen Natur des lateinischen Accentes als tonale Hebung, als eine
Anfangsbewegung, weiche in der letzten Silbe des Wortes ihre Voll-
endung findet, war auch die accentuierte Silbe gehoben und Anfang
des Taktes, die schwache Silbe sinkend und Schluss des Taktes; da-
her arsis und thesis. Die moderne Musik nimmt ihren Rhythmus
von dem Rhythmus der romanischen Sprachen, weiche aus der lateini-
Monatah. f. Moaikgetoh. Jahrgang XXXIV. No. 6. 6
88 Der gregorianisohe Choral; Entstehung u. Entwickelung der Notenschrift
schen Sprache entstanden sind zur Zeit, als der lateinische Accent
mit Beibehaltung seiner Stelle niehr den urspriinglichen musikalischen
Charakter verlor und den Charakter der Starke und der Lange an-
nahm ; daher stammen in der modernen Musik die starken und m&nn-
lichen Kadenzen, welche in der lateinischen Sprache unbekannt sind,
und welche einen fortw&hrenden Widerstreit zwischen der Melodie
und dem lateinischen Texte herbeiftihren.
(Hierauf warden zwei Neumentabellen erklart, welche der Kunst-
verein hatte lithographisch herstellen lassen; daran kniipfte sich eiue
Auseinandersetzung iiber die Notation.)
Wie das griechische Musiksystem so blieb auch die bei den
Griechen tibliche Bezeichnung der Tone durch griechische Buchstaben
bei den lateinischen Theoretikern noch mehrere Jahrhunderte hin-
durch herrschend; erst spater wurden diese Buchstaben durch latei-
nische ersetzt Zuerst nahm man die kleinen Buchstaben des Alpha-
bets von a— p. Als sich die Obereinstimmung des 1. Tones mit dem
8. bemerkbar machte, reichten die Buchstaben von a— g aus, indem
man fur die zweioktavige Tonleiter die untere Oktave mit grofiaen und
die folgende Oktave mit kleinen Buchstaben bezeichnete; daher heute
noch die Unterscheidung „grofse Oktave", „kleine Oktave 44 . Weil
einige Gesange unten iiber das A noch einen Ton hinaus gehen, so
fugte man fur diesen Ton nicht den lateinischen Buchstaben G,
sondern den griechischen (F Gamma) bei; daher nennen die Fran-
zosen noch die Tonleiter gamme. Die mit dem kleinen b bezeichnete
Stufe in der kleinen Oktave konnte in zweifacher Gestalt vorkommen:
als unser h und als unser b; zur Unterscheidung schrieb man ersteres
mit einem gotischen S und letzteres mit einem lateinischen b. Aus
dem gotischen ^ ist durch Dmbildung unser h und unser Auflosungs-
zeichen l| entstanden. Die Silbenbenennungen ut, re, mi etc. sind
dem Hymnus w Ut queant laxis 44 entnommen, dessen Melodie auf der
ersten Silbe der Halbzeilen die Tone von c — a enthalt, und daher
von Guido von Arezzo zur Auffindung der Intervalle bei seinen
Gesangesschiilern benutzt wurde. Die Melodie ist folgende.
^ n M j^—^^ ^ Epr^ — w n f m—
c d e
Ut qae - ant la - xis re - so - na - re fi - bris Mi - ra
g© - Bio - mm fa - mu - li tu - o - ram, Sol - ve pol-
Der gregorianische Choral; Entstehang u. fkitwiokelang der Notenscbrift. 89
a
1m - ti la - bi - i re - a - torn, Smn - ote Jo - an - lies.
Fir die Praxis bediente man sich der Neumenschrift Die
Neumen sind aus den grammatischen Accenten entstanden. Auf die
musikalische Bedeutung dieser Accente weisen die Benennungen bin,
welche die Orammatiker ihnen beilegen ; sie nennen sie soni, toni,
tenores, voces, voculationes. Diese Accente, acutus, gravis, circum-
flexus, von welchen alle neumatiscben und modernen Notationen sich
herleiten Jassen, sind nicht durch tJbereinkunft der Musik der Sprache
zugeteilt worden, sondern sie sind gleichsam latttrHch von der Sprach-
melodie heretammende, nach ihrem Bilde gezeichnete und daher fir
ihre Rolle und ihre Bedeutung wunderbar passende Zeichen. Bekannt-
lich k6nnen die T6ne nicht direkt und unmittelbar dargestellt werden;
man kann sie nicht durch das Gesicht und nicht durch das Gefuhl, son-
dern nur durch das Gehor wahrnehmen und beurteilen. Wenn sich aber
etwas nicht direkt wiedergeben lasst, so sucht man es sinnbildlich
darzustellen. Diese Darstellung ist urn so vollkommener, je lebendiger
das gewahlte Sinnbild die Vorstellung der zu bezeichnenden Sache
weckt; manchmal ist die Verbindung des Sinnbildes mit der Sache
so innig, dass es sich von selbst ergiebt Nun ist mit den Stimm-
bewegungen nichts enger verbunden aJs die Handbewegungen des
Redners, die Gesten. Die Geste ist die plastische Darstellung, das
lebendige und naturliche Sinnbild der Gem (i tsbe wegungen des Redners,
die Zeichiung der rhythmischen und melodischen Welienbewegungen
der Stimme. In dem Feuer der Rede gehorchen gleichzeitig Hand und
Stimme denselben Bewegungen der Seele; daher ihre enge Verbindung.
Die grammatischen Accente, die Zeichen der Sprachmelodie, sind
ebenso wirkliche und lebendige Sinnbilder der Sprachmelodie, wie
die Gesten; sind selbst Gesten: sie haben von ihnen die Form, den
Charakter und die Bedeutung; sie haben mit der Stimme dieselben
innigen Beziehungen , und wie jene gehen sie freiwillig aus dem
Innersten der Natur hervor. Quintilian hat uns eine Beschreibung
der naturlichsten und gew5hnlichsten Gesten des Redners hinterlassen,
welche ganz genau auf die Accente passt „Optime autem manus,
sagt er, a sinistra parte incipit, in dextra deponitur" Man wird
richtiger den accentus acutus i schreiben, wenn man den Strich von
unten beginnt und ihn aufwSrts etwas nach rechts zieht, a sinistra
parte incipit; den accentus gravis \ beginnt man oben und zieht den
.Strich hinab etwas nach rechts, in dextra parte deponitur.
90 Der gregorianische Choral; Entetebang u. Entwickelang der Notenschrift.
Gesten und Accente haben inch dieselbe Bedeutung. Die Geste
acuta, wenn ich so sagen darf, und der accentus acutus sind beide
Zeichen fiir die Hebung der Stimme, wie die Geste gravis und der
accentus gravis ihrerseits Zeichen ftir die Senkung der Stimme sind.
„Es geschieht nicht nur im Feuer der Rede, sagt Westphal in seiner
Rhythmik und Harmonik der Griechen , dass die Hand die Rolle
ubernimmt, die Bewegungen der Seel© und der Stimme zu bezeich-
nen; das geschieht auch im Gesange." Es lasst sich hiernach die
Entstehung der Accente leicht erklaren : entweder hat der Gramma-
tiker beim Setzen dieser Zeichen sich die Gesten dee Redners ate
Torbild genommen, oder, was wahrscheinlicher ist, er ist derselben
inneren Gewalt gefolgt, welch© die Hand des Redners leitet
Mit den Accenten stimmen auch die Neumen im Charakter iiber-
ein: bei beiden ist die Hohe der Tone durch die Stellung der Zeichen
ausgedriickt; es ist wesentlich die Form und die dem Striche go-
gebene Richtung des Zeichens, welche melodischen Wert haben und
Hebung und Senkung der Stimme anzeigen ; nicht der Anfangs- oder
der Endpunkt sondern das ganze Zeichen bedeutet die Note; beide
geben ein unbestimmtes Auf- und Abwartssteigen aber keine Ton-
starke und keine Tondauer an.
Die leichten Modifikationen, welche man an der Darstellung der
zu Noten gewordenen Accenten bemerken kann, haben deren Natur
und Bedeutung nicht verandert; sie sind zum Teil durch die Schnel-
ligkeit der Kursivschrift herbeigefiihrt worden.
So lange die liturgischen Gesange ihre ursprttngliche Form be-
hielten, reichte die Anwendung der neumatischen Accente zur Be-
zeichnung der Melodiebewegung aus; das Gedachtnis erg&nzte leicht,
was der Genauigkeit der Zeichen fehlte. Als aber die Zahl der Ge-
s&nge sich vergrofserte, als das musikalische Element mehr und mehr
den Text durchdrang und infolgedessen die Silben mit Notengruppen
und Melismen verzierte, und die Sanger in der Ausfiihrung gewisser
Rhythmen, an gewissen mehr direkt der Musik als der Sprache ent-
behrten Eiinsten Gefallen fanden, da musste die Notation dieser Be-
wegung folgen und sich der Melodie parallel entwickeln. Die Gruppen
von zwei und drei Accenten reichten nicht mehr aus; man macbte
Verbindungen von vier, fiinf und mehr Accenten. Es wurden noch
einige Zeichen beigefigt um besondere Effekte der Stimme dm>
zustellen, und so entstand nach und nach ein vollstandigee System
der musikalischen Zeichenschrift Wahrscheinlich war zur Zeit des
hi. Ambrosius, sicher jedoch unter dem hi. Gregor (590 — 604) die
Der gregorhnische Choral ; Entstehang n. Entwickelang der Notenschrift. 91
parallele Entwickelung der Melodie und der Notation so weit fort-
geschritten, dass der groJfee Papst sein Antipbonar neumieren konnte.
Im 8. und 9. Jahrhundert zeigen una die Monumente des liturgischen
Geeanges, besonders diejenigen von St. Gailen mit ihren Buchstaben
und romanischen Zeichen, die traditionelle Notation der Accente in
einem Zustande der Entwickelung, welche hundertjahrige Arbeit
Yoraussetzt.
Jedoch dieser Notation fehlte ein wesentliches Moment: sie blieb
unbestimmt in der Angabe der Intervalle. Hat sie fiir den Sprach-
gesang und sogar fiir eigentliche Melodieen, so ling© sie einfach und
weniger zablreich waren, ausreichen konnen, so vermochte sie nicht
mehr die reicheren und verzierteren Melodien des neuen gregoriani-
schen Repertoire auszudriicken. Jede Hinzufiigung eines neuen
Stiickes, einer Verzierung, belastete immer mehr das GedSchtnis der
Singer. Die Praxis wurde immer schwieriger; zur Beherrechung
seines Antiphonars bedurfte der Singer jahrelanger Ausbildung.
Energie und Beharrlichkeit in der Arbeit uberwanden die Hinder-
nisse und die neumatische Accentuation, so unvollkommen und un-
bestimmt sie auch war, untersttitzte vortrefflich die tJbung und die
Ausfiihrung des liturgischen Oesanges.
Man darf hierbei nicht vergessen, dass unsere Stellung zu den
Neumen grundverschieden ist von der Stellung jener Singer, und
Menus erklfirt es sich, dass das, was uns schwierig, ja sogar un-
m5glich erecheint, ihnen leicht war. Wenn wir einen mit Neumen
notierten Gesang kennen lernen wollen, gehen wir von den Neumen
am Die Neume ist aber beziiglich des Intervalls mehrdeutig; z. B.
der Podatus / von zwei T5nen kann das Intervall einer gro&en oder
kleinen Sekunde, einer gro&en oder kleinen Terz u. s. w. angeben.
Es wird uns hierbei ergehen, wie jenem, der aus einer fremden
Sprache, die er nicht kennt, einen Satz tibersetzen will. Er geht
von den einzelnen Worten aus, ran den Sinn des Satzes zu erlangen.
Nun hat das Wort hier diese, dort jene Bedeutung. Wer aber die
fremde Sprache kennt, wird umgekehrt verfahren: er geht von dem
Sinne des Satzes aus, um die Bedeutung des einzelnen Wortes fest-
zustellen. So machten es jene Sanger; sie gingen von der in ihrem
Gedfichtnisse bewahrten Melodie aus, um die Neumen zu interpre-
tieren. Die Melodieen hatten sie von ihren Lehrern gelernt, und die
Neumen dienten ihnen nur zur Auffrischung ihres Gedachtnisses.
Im 9. und 10. Jahrhundert haben die Kopisten die in ihrem
Qedachtnisse bewahrten Melodieen in deutliche Notation mit Unien
92 Der gregorianische Choral; Entstehung n. Entwickelung der Notenschrift.
oder mit Buchstaben iibertragen, mit deren Hilfe wir auch die blois
neumierten Notationen interpretieren konnen.
Die ftbertragung der Neumen in eine wirklich musikalische
Notenschrift ging nicht so leicht und rasch vor sich; mannigfache
Versuche gingen voraus, bis man aof den Gedanken kam, die Neumen-
zeichen selbst h5her oder defer zu schreiben;*) damit war das Prinzip
der Obereinandersetzung der Noten gefunden und die Anwendung
der Linien zar Begelung der iibereinandergesetzten Noten, die Be-
zeichnong der Linien durch Buchstaben oder durch Farbe, war nur
noch ein Schritt Bei der tJbertragung der Neumen in die Linien
erlitten dieeeiben in ihrer Darstellung einige Ver&nderungen. Es war
n&mlich nicht mehr die Form des Zeichens, welche den tonalen Wert
des Auf- oder Absteigens angab, sondern seine Stelle auf dem Linien-
system; daher erhielten einige Striche eine krfiftigere Form. Die
Spitze der Virga 1 ward mit einem viereckigen Punkte versehen, mm
die Stellung auf dem Liniensysteme deutlich zu machen; dieser
wurde bald zur Hauptsache, indes der Strich nur zur Verbindung
diente. Wie ferner iiberhaupt die Schriftzeichen nach und nach eine
krSftigere und eckige Gestalt annahmen, wurden diesen parallel auch
die Neumen dicker und kantiger ohne hierdurch an ihrer Bedeutung
als Noten eine Anderung zu erleiden.
Im 12. und 13. Jahrhundert trefFen wir die Mehrstimmigkeit
so weit fortgeschritten, dass die auf die Linien geeetzte Neumenschrift,
welche beztiglich der Dauer der T6ne nichts angiebt, nicht mehr ge-
ntigte. Man entnahm der Quadratnotenschrift einige Notengattungen
und legte ihnen Dauerwerte bei, welche sowohl zwei- als auch drei-
teilig gemessen werden konnten ; beides wurde Mr jedc Notengattung
am Anfange des Stiickes durch ein besonderes Zeichen bemerkt So
wurde Mr eine Dreiteilung ein Kreis (Q) und fur eine Zweiteilung
ein Halbkreis (£) vorgezeichnet; letzterer ist uns im 4 / 4 Takt ge-
blieben. Ein senkrechter Strich durch den Halbkreis (J verminderte
den Wert der Noten um die H&lfte, beziehungsweise, er yerdoppelte
das Tempo (Allabrevetakt). Zuweilen war in demselben Stflcke die
Zweiteilung neben der Dreiteilung, dann machte man einen Unter-
schied in der Farbe der Noten. Hatte der Kopist nicht gerade rote
*) Diesee Yer&hreii findet merut sek© Attwendmig in den Pnnkt-
neamen, welche aus den Accentneumen entstanden dadarch, dass die Kopisten
bei raschem Schreiben die Striche verkurzten oder nur die Anfangsponkte
der Striche angiben. Diese Pttnktn©ttmen gaben der Qmadratnotensclirift
das ImBmih
Die ftlteaten Musik-Eandschriften auf englischen Bibliotheken.
93
Tinte bei der Hand, so liefs er die NotenkSpfe unausgefiillt Die
Kopisten macbten nlmlich erst den Dmriss der Noten a wi© sie m
auch sonst mit den Initialbuchstaben machten; das Ausfiillen geschah
nachher. Auf diese Weise entstand der Gebrauch der schwarzen und
wei&eii Noten. Als Grand fur die Einfiihrung der weiJaen Noten
wird aach geltend gemacht, dass das Fergament selten geworden sei,
und beim Ausfiillen der Noten auf Papier die Tinte durchdringe und
man gezwungen sei, nur auf eine Seite zu scbreiben. (cf. Seb. Vir-
dung, Basel 1511.) Je naher man der modernen Musikepoche kommt,
desto.mehr werden die Noten in niedere Gattungen zerlegt, und die
viereekigen Formen geetalten sich durch rascheres und bequemeree
Sohreiben in runde Formen, wie wir sie jetzt haben.
S. v. A.! Selbstverst&ndlich konnte es meine Aulgabe nicht sein,
Ihnen bier in kurzer Zeit ein vollstandiges Bild iiber das Entsteben
und die Entwickelung der behandelten Materie zu geben; ich musste
mich darauf beschr&nken, in einer kleinen Skizze den Weg zu zeichnen,
den der abendifindische Gesang von seinem Entstehen bis weit ins
Mittelalter genommen hat
Zum Schlus8e gestatten Sie mir noch eine kurze Bemerkung!
Noch vor wenigen Jabrzehnten waren unsere alten liturgischen
Manuskripte den Musikgelehrten mit vielen Siegeln verschlossene
Biicher. Das Verdienst, diese Siegel gelost, die musikalische Paleo-
graphie in ein wohibegrtindetes System gebracht und zum Gemein-
gut gemacht zu haben, gebuhrt zum groisten Teile den jetzt aus
Solesmes vertriebenen Benediktinern, deren Arbeiten ich in meinen
Au8f&hrungen gefolgt bin.
lie lltesten Maslk-lanlsclrlfleii auf ©mgMsclen
lltoMttletem.
(Henry Davey.)
(Fortsetzung.)
Fol. 34 b. A Galiard to the last precedent Pavyn ... Mr. Bird.
FoL 35 b. A Pavin. Mr. Bird.
Fol. 37 b. A Galiard to the last precedent Pavyn. Mr. Bird.
FoL 38b. A Pavin. Mr. Bird.
FoL 40 b. A Galiard to the last precedent Pavyn. Mr. Bird.
Fol. 41b. A Pavin. Mr. Bird.
FoL 43 b. A Galiard to the last precedent Pavyn. Mr. Bird.
94
Die filtesten Muuk-Handschriften anf englischen Bibliotheken.
Naoh vielen leeren Seiten folgt eine zweite Abteilung mit Lauten-
piecen in Tabulator und neuer Foliierung:
FoL 13b. A fantasie ... Maister Dowland.
FoL 14b. Solus cum sola. Mr. Dowland.
Fol. 16b. Passing measures Pavin.
Fol. 16 b. Militis Dumpe.
Fol 17b. A Pavin ... Mr. MoMmme.
FoL 18b. Medley.
Fol. 19b. A Pavin ... Mr. Lodtmck.
FoL 20b. Quadrant Pavyn.
FoL 21b. Galiard.
Fol. 22 b. Eine kurze Tanzweise (20 Takte) im % Takt; am
Schlusse „A treble", dann 4 Takte The ground to the treble
before.
Mrs. Marie Oldfield's galliard; by Fra. Pilkington, Bachi. of
Musick (Pilkington war Mm Bac. 1595).
FoL 23 a. Mrs. Winter's Jumpp.
FoL 23 b. A Paven . . . PUkingtan.
FoL 24a. Ungenanntes Stuck »/ 4 Takt
Fol. 24 b. A Paven . . . Pilkington.
FoL 25 a. Jolly Bobbin.
FoL 25b. The Spanish Paven ... PiUcingUm.
Fol. 26a. An Almayne ... Maister Outtinge.
FoL 26 b. Goe from my wyndowe. Maister Francis Pilkington.
FoL 27b. Maister Pypers Pavyn ... Maister Dowland.
FoL 28b. Maister Pypers Galiard ... Maister Dowland.
Fol. 29 a. Greenesleeves . . . Maister Outtinge.
FoL 29 b. A Pavyn. Maister Outtinge.
FoL 30b. A Pavyn. Maister Allison.
Fol. 31b. A Pavyn. Maister Richard Allison.
FoL 32 b. A Pavyn. Maister Richard Allison.
Fol. 33 b. A Pavyn. Maister Richard Allison.
Fol. 34 a. A Galiard. Mr. Outtinge.
FoL 34 b. A Pavyn. Alfonso Ferebasco.
FoL 35 b. Dowlands LachrimsB.
fol. 36b. A Pavyn.
FoL 37 b. Eine Piece im 8 / 8 Takt Folgen viele leere Seiten,
darauf „Bandora Lessons"; Bandora eine Art grofeere Laute von
Rose, 1562 erfunden.
Fol. 39 b. Fantasia of Alfonso (Ferrabosco).
Die ftltesten Musik-Handschriften auf englischen Bibltotheken.
96
FoL 40 b. Alfonso his fantasia
FoL 41b. A Fantasie by maister Vcdentyne.
FoL 42 b. Fantasia of maister Alfonso.
FoL 43 b. Fantasia of maister Alfonso.
Dies Ms. weist nur eine Hand in ziemlich grofeen und deut-
lichen Sciriflzlgei mi
Der Vollst&ndigkeit halber erwahne ich die vier Virginalbiicher
die von Wm. Barclay Squire in Grove's Dictionary of music Bd. IV
S. 308—13 beschrieben und der Inhalt verzeichnet ist Es sind dies
1. Lady Nevells Booke von 1591, zu Bridge Castle bei Tumbridge
Wells, enthaltend 42 Piecen von Byrd. — 2. Fitzwilliam Virginal
Book, neuerdings bei Breitkopf & Hlrtei im Druck erschienen. —
3. Forster's Book. — 4. Cosyns' Book, beide in der Kgl. Privat-
bibliothek in London vorhanden.
Addit Ms. 23623 im british Museum in London. Ein Virginal,
resp. Orgelbuch in 4°, 1628 geschrieben und zwar in den Nieder-
landen. Auf dem 1. BL liest man „Eigentum Carolinens von Anspach"
Oemahlin George IL von England. Nach einem alten Register ent-
hielt das Buch 233 Bll., jetzt fehlen am Anfange 15 B1L und 37 am
Schlusse. Die vorbandenen 181 Bll. haben auf der Seite je 6 sechs-
linige Systerae. Die Piecen sind von Dr. John Bull, wenn nicht
ein anderer Autor verzeichnet ist Man findet hier richtige Fugen,
die aber mit Fantasia ttberschrieben sind.
FoL 2a (friiher 16a). Fantazia sopra re re, re, sol, mi, fa, sol,
octavi toni. Dn. Jan Bull, Doct
(Eine komplizierte 4st Fuge; das Thema stets mit roter Tinte
geschrieben. FoL 8b liegt das Thema in ganzen Noten in der
Bassstimme, und in Achteln im Alt und Tenor.
FoL 9 b. Toccata di Roma, sexti Toni, von Hieronimo Ferabosco.
FoL 13b. Bonni well Robin, van Doct. Jan Bull. (Volkslied mit
3 Variationen.)
FoL 17b. Rose a solis. (Volkstanz mit 5 Var.)
Fol. 19b. Pweludium octavi Toni.
FoL 21b. Praeludium in solfaut.
FoL 22 b. Les Buffons (15mal gesetzt).
FoL 28. Die Lustelticken Meii, van Doct Jan Bull, quod fecit
30. Meii 1622.
FoL 33 a. 2. Vers von Alma Redemptoris, septLToni. (Mit finger
satz.) Anonym.
m
Die Iltestei Masik-Handachriften aaf englischen BibKotheken.
Fol 34 a. 3. Vera von Alma Redemptoris, sexti Toni (Mit linger-
satz. Im Bass nur die Noten 1, A, b, c, state mit 5, 4, 3, 2 be-
zeichnet) Anonym.
Fol. 35. Commute La Heine. Anonym.
Fol. 36. Canarie.
Fol. 37. Fantazia du Jan Bull, super Vestiva i colli
Fol. 40. Fantazia secanda super Vestiva i colli, Du Jan Bull,
Doct
Fol. 42 b. Fantazia du Jan Bull
Fol. 45 b. Pavana Sinfoni©. (Am Schlusse Jan Bull 1622.)
Fol. 48. Galiarde du Jan Bull, Doct.
Fol. 49 b. Het Juweel, van Doctor Jan BuU, quod fecit anno
1621, 12. December. (Auch im Fitzwilliam Virginal Book, 8. 255.)
Fol. 52. Fantazia of de fuge, van Mr. Jan Meters. Fecit Doct
Bull 1621, 15. December.
Fol. 54 b. Pavane Sinfonise, van Doctor Jan BuU.
Fol. 57. Galiarde voor de voorgaende Pavane. Van Doct BuU.
Fol. 58 b. Fantazia von Doct Bull, op de Fuge van La Guamina.
Fol. 61. Een kindeken ist uns geboren, van Jan BuU, Doct
(Am Schlusse: Finis hac 4. April 1628.) In Gdur.
FoL 63. Een kindeken is uns geboren, in D la sol re: van Jan
Bull, Doct (hac 5 R Aprils 1628). Weniger brillant als das vor-
hergehende Stuck. In nicht allzuentschiedenem Ddur.
Fol. 65 a. Prseludium voor Laet uns met herten Reyne, van Jan
BuU, Dr.
Fol. 65 b. Laet uns met herten Reyne. Orgelsatz anonym. FoL 67
steht „ Cornet"; 67b, erste Zeile, in der rechtei Handpartie
„Cromhore", in der linken „Cornet allee"; zweite Zeile, „voll
Register 41 .
Fol. 68. Het nieu Bergomasco, van Jan BuU, Doct (8mal gesetzt)
Bis zum Schlusse sind alle Stick©, wenn nicht als anonym be-
zeichnet, von Dr. Bull komponiert
Fol. 70 b. Courante JuweeL
FoL 75 b. Courante Battalia
Fol. 77 b. Courante Alarme.
Fol. 79. Courante Joyeuse.
FoL 81. Courante Brigante.
FoL 82 b. Courante The Princes.
FoL 83b. Courante Adieu: off the VaerweL
Fol. 84b. Courante A Round.
Die Ilteiten Musik-Handschriften aof englischen Bibliotheken. 97
Fol. 85 b. Courante Kingston (hac 13. Maii 1628).
Fol. 88. Courante prima in A la mi re.
Fol. 89. Courante secunda in A la mi re.
Fol. 90. Courante tertia in A la mi re.
Fol. 91. Courante quarta in A la mi re.
Fol. 92. Courante quinta in A la mi re.
Fol. 93. Boeren Dans (13. Julii 1628).
Fol. 96. Pavana Secundi Toni.
Fol. 100. Praeludium voor de Fantazia, octavi Toni, super sol,
ut, mi, Fa, sol, la.
Fol. 100 b. Fantasia. (Das Thema rubriziert) 4st Fuge.
Fol. 104. Preeludium voor la Fantasia sopra. Be, Be, Be, sol,
ut, mi, fa, sol.
Fol. 105 b. Fantasia. (4st. Fuge auf das Thema im ersten Stiicke
des Ms., auch hier mit gektinstelter Engfiihrung.)
Fol. 113. Fantasia sexti Toni, a 4.
Fol. 122 a. Fantasia sexti Toni, sopra A Leona.
(Die Fantasien sind auf kein bestimmtes Thema gebildet, sondern
die Themen wechseln fortwfihrend. Merkwiirdig sind die mehrstim-
migen Tremolo. Das letzte Thema auf Fol. 125b heifst
Fol. 126b. Bicerciar sexti Toni a 4 (nicht mit Bull gezeichnet).
Fol. 128b. PraBludium voor de Fantasia Quinti Toni, van Jan
Bull, Doct
Fol. 129 b. Fantasia Quinti Toni.
Fol. 133 b. Fantasia sopra Ut, re, mi, Fa, sol, la, a 5, van Jan
BuH, Doct.
(Eine 5st. Orgelfuge iiber das Hexachord von g— e', in Halben-
und Viertelnoten, ohne Laufer.)
FoL 144. Bicerciar primi Toni. Anonym.
Fol. 145 b. Bicerciar altra primi Toni. Anonym.
Fol. 149 b. Bicerciar quinti toni, anonym im 4st. Orgelsatze.
Von jetzt ab bis zum Schluss des Ms. Choralbearbeitungen von
John Bull.
Fol. 152b. Vexilla Eegis prodeunt, a 3. (Der Choral im Sopran.)
Fol. 154b— Fol. 158b. Drei Vexilla regis, a 4.
Fol. 161, Fol. 163. 2 Jam lucis orto sidere, a 3 et 4.
FoL 165. Te lucis ante, a 4.
fol 166b. Alleluia, a 4
98
Die altesten Musik-Handschrirlen auf englischen Bibliotheken.
Fol. 167. Veni redemptor gentium, a 4
FoL 169. Salvator mundi, a 4.
Fol. 170b, Fol. 172. Zwei Telluris ingens Conditor, a 4.
Fol. 173. Telluris ingens Conditor; Canon a 4 in Superdiateesa-
ron 2 in una.
FoL 174k Ebenso.
Fol. 175b. Telluris ingens Conditor; Canon a 4 in Subdiateesa-
ron, 2 in una.
Fol. 177. Telluris ingens Conditor, Canon a 4 in Superdiapason,
2 in una.
Fol. 178b. Ibenso in Subdiapason.
Fol. 179 b. Alleluia; Canon a 4. 2 in una in Diapente.
(Das Thema rubriziert. Unvollendet)
Nach dem vorhandenen Register befanden sich noch an 12 Piecen
in dem Ms., bestehend aus Praeludien und Fantasien, darunter eine
Fantasia cromatica. (Fortseteong folgt)
Mlttelmgei.
* Denkmftler flentseiier Tonkunst Zweite Folge Daikmiler der Ton-
kunst in Baiern. 1. Jahrgang. Leipzig, Breitkopf & HaerteL Fol. Der
©rate Jahrgang enthalt Evaristo Felice daW Abaco's ausgewahlte Instru-
mentiilwark© aus mkmm Bracken, Opus 1: sechs Sonmtai fir Violine mod
Bass, ebenao aus den Solosonaten opus 4 sechs Sonaten. Vier Trio-So-
naten mm opm 3 mnd Vier Conoerti da ohiesa opm 2, in Partltar nebst
aosgwetssteni Genemlbasi fir Klavier, der zam Teil von Br. Hog© Me-
mann, F. Benn&t and dan HeraiMgeber Br. Adolf Sandkergtr herrfibren.
Baa 59 Seiten in Fol. umfassende Vorwort ist von letzterem Herrn and
enthalt nioht nur eine bia ins kleinste aosgefuhrte Biographic Abaeo's,
sondern aach eine Barstellung der damaligen (17. Jahrhundert) Instru-
mentalmu8ik aof das sorgfaltigst begrundeta Qaellenstadiam. Ba die Bio-
graphie Abaco's nebst der Bibliographic seiner "Werke manches bisher Un-
bekannte bringt, so sei hier ein ubersichtlieher Auszog aas der breit an-
gelegten Mitteilmng gegeben. Abaco stammt aos Verona und worde dort
am 12. Jali 1675 geboren. Er starb in Monohen den 12. Jnli 1742
als Konzertmeister (Violoncellist) an der Hofkapelle in Munchen. Bern
Violoncellisten fiel damals zam Teil die hdhere Aufgabe des Accompagne-
ments za, die einen in der Masik grundlich gebildeten K nastier verlangte.
Bis zum Jahre 1695 lebte er in Verona and war Violinschdler Torelli's.
Im Jahre 1696 ging er nach Modena, trat aber nicht in das dortige
Mitteilungen.
99
Moforcheetar, sondern wurde nor gelegentlich zur Mitwirkang bei Auf-
iuhrungen herangezogen. Bis zum 5. August 1696 verzeichnen ihn die
Zahllisten dreizehn Mai, wofur er jedesmal 3 Lire 10 Ctro. erhieli In
Modena ist er bis zum 19. Sept 1701 zu verfolgen, doch erst im Marz
1704 taucht er in Munchen auf und wird am 1. April 1704 Kammer-
musikus an der Hofkapelle, „suonatore da camera di Violoncello' 4 nennen
ihn die Akten. Abaco kam zu einer unglucklichen Zeit nach Baiern.
Osterreich hatte Baiern besetzt und der Kuriurst, Max Emanuel, hatte
im Oktober 1704 in Brussel Zuflucht gesucht, mnjwte aber nach abermals
verlorenen Schlaohten nach Mons fliehen und im November 1709 sogar
nach Paris. Erst der Tod des Kaisers Joseph I. (f 17. April 1711)
brachte Euhe ins Land, dooh erst 1715 kehrt der Kirflrst mmh Munchen
zuruck. Abaco wurde schon im Jahre 1704 nach Brussel befohlen und
blieb von da in steter Begleitung des Kurfiirsten, der trotz aller Miss-
erfolge sein luxurioses Leben welter fiihrte und Diener, Beamte sowie
Musiker zu seiner TTnterhaltung mit sich fuhrte. 1717 erhielt Abaco den
Titel eines kurf. Bates. Auch die Biographie seines Sohnes Joseph Cle-
mens Abaco wird beruhrt und gesagt: Er studierte Musik in Italien, wurde
dann Violoncellist in Bonn am Hofe des Kurfiirsten von Koln und 1738
Kammermu8ikdirektor. In den 60 er Jahren siedelte er nach Verona fiber
und gab 1766 das Stabat mater des Kurfursten Max Joseph III. heraus.
1800 war er noch am Leben. Das nun folgende Verzeichnis der Drucke
des Vaters ist nach den Originalen selbst angefertigt, teilt aufser dem ge-
nauen Titel die Dedikationen mit und einige bisher unbekannte Fundorte
(siehe das Quellen-Lexikon von Eitner).
Opera 1. 12 Sonaten besitzt aufser der Egl. Bibliothek in Berlin
noch Dr. A. Sandberger in Munchen und in einer Kopie die Universitats-
bibliothek in Bostock,
Opera 2. Concerti a quatro da chiesa (wie im Quellen-Lexikon ver-
jwichnet ist).
Opera 3. XII Sonate da chiesa (aufser den im Quellen-Lexikon ver-
zeichneten besitzt den Brack auch Dr. Hugo Riemann in Leipzig, der bei
Augener & Co. in London die 7. Sonate herausgab).
Opera 4. Sonate da Camera a Violino e Violoncello. Amsterdam
chez Jeanne Roger. (B. Wagener in Giefsen. Nationalbibl. in Paris.)
— Davon edierte Chedeville le Cadet 7 Nrn. unter dem Titel: Abaco
opera quarta mis pour la musette, vielle, flute traversiere e hautbois aveo
la Baas coni par Mr. Chedeville le Cadet . . . Paris, chez Chedeville.
[Nationalbibl. zu Paris.
— Dieselbe Auswahl erschien unter dem Titel: Melange de Pieces
franpoises et italiennes. Avec la Be. Accomod6es pour la Fl&te traver-
siere, Hautbois, et Flftte douce. Le tout recueilly et mis en ordre par
Mr. *** La plus part de ces Pieces sont tiroes du IV e Oeuvre d'Abaco.
Gftmv6es Mile. Vandome. A Paris, chez Mdme. Boivin ... [B. Munchen.
Eine Nr. in Corrette's Sammelwerk.
100
Mitteilungen.
Opera 5. Concerti a piu Istrumenti . . . Befeitet nocli die BibL der
Hofmusik-Intendanz zu Munchen, defekt, die NationalbibL m Paris and
das british Museum, defekt.
Opera 6. Concerti a piu Istramenti . . . Amsterd., Carlo le Cane, but
in Upsala vorhanden.
Darauf unterwirft der Herr Heraosgeber die Kompositionen Abaoo's,
sowie der Solo-Sonate, der Trio-Sonate, dem Concerto and Concerto groeso
einer sorgf<igen Untersuchung aaf historischer Qrandlage, die von t&cb-
tigen Stadien zeagt. Was nun die Kompositionen selbst betrifft, so ver-
dient Abac© mnsere ganze Hochachtang: ThematiBoiie Erfindong verbniideQ
mit einer geschickten kontraponktiscben Behandlong geben denselben einen
boben Wert mid werdienen in jeglicber Hinsicht wieder am Licbt gengcn
m werden. Der aasgearbeitefe Qeneralbiiw Beogt von tiorg&tt^ doeh M
mehrfach des Gnten m viel gethan. Siebe Quants' Ytsnfoch die Mot© m
spielen, im Ausznge in Monatsbefte £ Masikgesch. 1902 Nr. 4.
Der zweite Band, reap. Jabrgang der baienehen Denfanller ist dem
KapeMmeister Johann /Caspar Kerl gewidmet, der dem 17. Jiibrhiuidert an-
gehort and rich besonders als Orgelspieler auszeiebnete. Die von Dr. Adolf
Sandberger beigegebene Einleitong von 93 Folioeeiten, enthalt wieder ein
reichee Material, sowoM iber Kerl selbst als mmm Zeit mid Zeitgenoasen.
Kerl befand sicb, ehe er nacb Munchen kam, bei dem Erzherzoge Leopold
Wilhelm, seit 1646 Statthalter der Niederlande, in Brossel residierend.
Im Jabre 1656 wurde der Erzherzog abberofen and Kerl warde im
Mincben am 27. Febraar 1656 als Vicekapelmeister angesteMt and nadi
Porro's Tode, der im September desselben Jabres starb, am 22. Sept. als
Kapellmeister. Kerl zahlte 28 Jabre ala er in Baieni eintral Br ist am
9. April 1627 in Adorf an der Elster im sachsischen Vogtlande, Re-
gierangBbezirk Zwickau, geboren. Hier war sein Vater Kaspar Kerl Or-
^janist. Der Sohn studierte aaf Kosten des Erzhensop Leopold WMbelm
in Wien bei Giovanni Valentini Musik, daraaf schickte ibn der Erzherzog
nach Mom, wo er Giacomo Carissimi's XJnterricbt genoss, wabrscbeinlich
aber aach im Orgelspiel den des Girolamo Frescobaldfs. Kerf s Th&tigkeit
in Miincben war eine vielseitig in Ansprach genommene, nicht nur be-
stand sie im Dirigieren und Einstadieren der Piecen, sondern aach im
XJnterrichten janger Leute, die sich zam Masiker aasbilden wollten, ferner
lag ibm die Verwaltung ob and masste aach die notwendigen Kompo-
sitionen liefern, denn man wollte scbon damals stets etwas Neaes horen;
aach die Aafsicht uber die Instramente lag ihm zeitweise ob. Trots seiner
bedeatenden Einnabmen befand er sich stets in Schalden, die mebrfach
vom Kurfiirsten gedeckt wurden. Ganz plotzlich kundigte er dem Kur-
furaten und zog nach Wien. Dr. Sandberger stellt verscbiedene Ver-
mutungen aaf, anter anderem: Zwist mit den Italienern der Kapelle, die
seine Kompositionen nicht mehr singen wollten, da sie absichtlioh unsang-
bare lntervalle enthalten, die sie zam Btolpern bringen sollen und anderes
mehr. Kerl verliefe Munchen im Herbste 1673. - Am 15. September
nennen ihn die Akten schon „gewester u Hof kapellmeister und am 12. No-
Mitteilungen.
101
▼ember 1673 befand er rich scbon in Wien (Seite XXXVI). Erst vom
1- Januar 1675 bezog er vom Kaiser eine Pension von 600 Old. nnd
sum Hoforganisten ward© er erst am 16. Mftrz 1677 ernfumt mit 50 Thlr.
manailichem Gehalte. Dr. Sandberger glaabt, dass Kerl Organist an
St Stepbaa war, nacb mebier Kenntnis waren der Hoforganist nnd der
Domorganist zwei getrennte Amter, die sicb nie in einer Person ver-
einigten. Kerl machte in Wien traurige Zeiten durch: 1679 bracb die
Pest aas and decimierte die Bevolkerung, dann verlor er seine Fran, das
Ditom ist nicbt feststellbar. Zwisofaen den Jahren 1682 — 83 ▼erheurmtwt
er rich znm zweiten Male mit Knnigunde Hilaris. Kaum batte man
■icfc van der Pestgefahr erbolt, so ni cMem die Tirken mit ibrem Heere
1683 vor Wien and bielten es 60 Tage nmseblossen. Oeldangelegenbeiten
rieftm Kerl nacb Minchun (siebe Seite XLI), die ibn zeitweise dort fes-
selten, so dass er linger in Munchen als in Wien sicb aufbieH. Erst im
Jabre 1692 erbielt er in Wien seinen definitiven Abscbied. 1689 gab
er m Mincfaeii 6 Measea heraos, die er dem Kaiser Leopold I. widmeta
Kerl starb am 13. Febroar 1693 und wnrde am 16. in der Klostergroft
der Aogostiner in Muncben begraben. Der nan folgenden Beschreibung
■einer nacbweiibaren Kompoeitionen nebst eingehendem Urteile widmet der
Heraaegeber einen breiten Baam (Seite XLVIII bis LXVI1I), Seite LV1II
verden die Tbemen der 4 Saiten mitgeteiJt Diesen folgt Seite LXV11I
ebi kritiscber Kommentar, der die Quellen verzeicbnet, dann die Editions-
tecbnik and den Bevisionsbericbt. Seite LXXX folgen die Beilagen mit
allerlei aktenm&fsigen Berkbten, denen eine kurze Biograpbie August
KiihiuTs folgt, geb. 3. Aog. 1645 za Delmenhorst in Oldenburg, von dem
nacb F. Bennafs Neoaasgabe folgende Daten mitgeteilt werden: Die
ScbulerBcbaft Ag. Steffani's ist nicbt haltbar, 1661 stand er in Diensten
dee Herzogs Moritz von Sacbsen-Zeitz, dem er uber 20 Jahre bis za
dessen Tode (Dez. 1681) diente. 1678 liefs er sicb in Dresden, 1680
vor Kurfurst Max Emannel in Muncben boron, 1682 ging er auf karze
Zeit nacb England, 1685 worde er an der Kasseler Hofkapelle Hof-
kapellmeister, 1686 za Darmstadt Yioladigambist und Direktor der In-
atrnmentalmusik, dann eine Zeit lang Vicekapellmeister des HerzogB Wil-
Mka Ernst von Sacbsen- Weimar, Ms er 1695 an den Hof in Kassel als
Kapellmeister znrackkebrte and am 1700 von Buggiero Fideli abgeldst
worde. Das Todesdatom ist nicht bekanni Diesen biograpbischen No-
tizen folgt der Abdruck von 4 Briefen aos dem Jabre 1682 als er in
Zeitz lebte. Seite LXXXTTT wird ein Verzeichnis von Kompositionen
Johann Jakob Porto's, dem baierscben Kapellmeister vor Kerl, mitgeteilt,
docb die Kompositionen selbst sind verscbollen. Seite 85 folgt Kerf's
aktenm&foigee Oebalt- und dergl. Bezuge von 1656—1673 und 1684
nebst einigen Eingaben Kerfs and Macciom's. Diesen scbliefsen sicb Titel,
Dedikationen and Vorreden von Kerfs Druckwerken an (siebe dm Quellen-
Lexikon), denen eine Prufung der theoretischen Arbeit „Compendiose Be-
lation von dem Gontraponct a folgt, die im Wiener Minoritenkonvent Po~
glietii zagescbrieben wird and in der BibL der Masikfreande in Wien
102
Mitteilangen.
Kerl. Den ScMuw bilden der Abdruck der Texte der nan verdffentlichtea
Kompositionen, die mn 22 Orgel- oder Klavierpiecen bestehen: Tocoaten,
Oanaonen, Capriccio, Ciaoonna n. a., dammf folgen 9 geisUiche Cbnoert©
Mr 2 Solostimmen and Generalbass and ein Begina coeli fur funfstimm.
Chor und Generalbass. Darauf folgt eine Sonata far 2 Violinen, Gambe
and Generslbfiss. Ben Sefaluss bilden 4 Piecen fir Orgel mm mod«m«i
Gebrauch von K Lerch eingerichtet Die Gesangswerke weisen eine recht
gesangreiche melodische Erfindungsgabe mf f wahrend die Instrumental-
kompositionen nit recht trockenen Motiven arbeiten and nor der Kontra-
punkt das Interesse wach erh&lk
Der 3. Bd., gezeichnet mit 2. Jahrgang 1. Bd. f enthalt Klavierwerke
von Johann Pachelbel nebat 3 Piecen von seinem Sohne Wilhelm Hieronymus
Pachelbel. Die Biographic von Dr. Ad. Sandberger gesohrieben, weioht
von den bisber bekannten darin ab, dags das Geburtsdatum mit dem
1. September 1653 angenommen wird, wahrend man biaber den 1. Septb.
als Taufdatum bezeichnete. Ebenso weicht der Todestag ab, den er naeh
mannigfachen Auseinandersetzungen nicht mit dem 3. Marz 1706, sondern
mit dem 7. oder 6* Marz annimmt. Die Kompositionen aind von Dr. Max
Seiffert ediert und bestehen aus 6 Nrn. mm dem Hezachordam von 1699,
4 Arien fur Klavier, 3 Chorale von 1683, 6 Ciaoonen, 4 Fantasien, 20
Suiten, 7 Fugen and 10 Piecen fur den modernen GebnmA emgwklilwi
Die 3 Piecen von Beinem 8olm© beatehen mm 2 Priiadien mit F ngen
and einer Fantasie. ttber letzteren wkd 8. XXII geaagt: Fast noA
Knabe, wmrde Hieronymus am 2. Sept. 1700 bereite Tom Niirtiberger
Bate „wegen seiner schon erlangten gro&en Fahigkeit im Klavierschlagea^
durch ein Ehrengeschenk von 10 Gld. ausgezeichnet; spater wurde er Or-
ganist in der YorefMltHwili© in Wohrd and ami vorletzten iMmismm dee
Vaters noch, wie dieser gewunscht hatte, Organist an der Jakobekirche,
In der Folge aber entwickelte sich Hieronymas zu einem wahrhaft be-
deutenden Komponisten. 1719 worde er Organist an dor Sebaldus-Kirbhe
und starb 1764. Wichtig sind noch die Namen der Scholer Pachelbel's
dee Vaters, die ans der Stadtrechnung geaogeii sind. Eaerst werdca er-
wfthnt der sp&tere wtrttemb«rgiBche Jfopellmeister and StiflBorgaoist
/ G. C. Storl 9 der am 22. Marz 1697 naoh Nurnberg kam. Das Bats-
protokoll berichtet an obigem Datum, dass Johann Georg Christian Stdrl
aus Gaildorff bei Pachelbel die Komposition erlerntn walk* Wwmm Jokmwm
Jakob de Neufville (Neuville), ein geborener Nurnberger und spaterer treff-
licher Suitenkomponist, gestorben 1712 im Alter von nur 28 Jahren.
/. W. Hdndeler, nacbmals furstbischofiich wurzburgischer Kapellmeister;
Maximilian Zcidler, spaterer Organist und Kapellmeister in Nurnberg.
Kara© Zeit nach PacbelbePs Eintreffen in Niratwg starb sein alter Lefarer
Heinrich Schwemmer, der Direktor der Batsmuiik. Es ecbeiiit aber naiercn
Meister nicht gelustet zu haben, die Leitung des damals aus 15 Mosikem
bentehenden Instituts am f bernehmai , dieselbe kam vielmehr an Or.
Gottlieb Sauer und B. Melkr. Obige 15 Musiker waren nach der Stadt-
rechnung von 1696: Jakob Lang, H. Chr. Barth, G. Schiitz, J. B. Schutz,
Mitteilungen.
103
<r. G. Schiilz, K Schu/z, J. A. Schneider, Jt G. Mayr, Z. Somtners/cin,
JT. Heller, S. Filzhofer, /. Schon, G. M. Drechsel, L. Wild und G. Pausslcr.
* Denkmftler der Tonkmnst in Osterreich , 9. Jahrgang 1. Teil.
Wien 1902 Artaria k Co. Enthalt Oswald von Wolkenstein's Liederbuch,
welches die HofbibHothek in Wien im Manuskript besitzt. Der Text be-
arbeitet von Josef Schatz, die Musik von Oswald Roller. Wolkenstein ist
in 2 Abbildnngen vertreten, nebst dem Denksteine am Dome zu Brixen,
dem facsimilierten Inhaltsverzeichnis nnd 3 Blatter Musik and Text Die
Einleitung von Jos. Schatz zam ersten Teile, den Texten, zahlt 3 Hand-
schriften des Liederbnches auf und giebt eine genaue Beschreibung nebst
Varianten derselben. Seite 14 werden die Texte von 127 Liedern
mitgeteilt. Daranf folgen Seite 85 ein Verzeichnis der Lesarten der
S Handscbriften. Seite 99 folgen „Anmerkungen" und „ AHgemeines",
•dem sich aach eine Biographie Oswald's anschlieist. Das Geburtsjahr
wird mit 1376 beziehungsweise 1378 angesetzt. Am 2. August 1445
*wird er als ein Verstorbener genannt, ob es auch sein Todestag ist, bleibt
fragEck Das Liederbuch tragt die Daten 1416 bis 1425. Von Seite 107
ab werden die einzelnen Oedichte nach ihrem Inhalte gepruft. Der 2. Teil
beginnt S. 129 mit dem Register und der Einleitung von Prof. Oswald
Roller fiber die Musik. Die Notation ist mit der schwarzen und roten
-Choralnote und mm Teil mit der Mensuralnote geschehen. Prof. Roller
hat die Originalnotierung beibehalten und dies mit Becht. All© Cber-
tragungen in die moderne Notierung stolpern uber den in Takte zwangenden
Hhythmus. Bis Seite 176 reichen die einstimmigen Lieder, sie geben nur
Fragwurdiges uber die ohne Text einleitenden Noten, deren Vorhandensein
man einem begleitenden Instrument zuschreiben mdchte, doch fehlt dariiber
-jegliche Anweisung. Die einstimmigen Lieder sind das Beste was Oswald
bietet. Die nun folgenden zwei- bis vierstimmigen Lieder zeigen den
Dilettanten in seiner vollen TJngeschiekliehkeit ; sie sind mit der Mensural-
note in Takte eingeteilt und fur unser modernes Ohr kaum geoiefsbar.
Die vierstimmigen sind nur in je 3 Stimmen brauchbar. Seite 206 folgen
„Entwurfe und Unvollstandiges, den Schluss bildet der Bevisionsbericht,
der gar Vieles zu berichten hat. Die beiden Herausgeber haben sich mit
der Veroffentlichung des Liederbuches ein grofses Verdienst erworben und
das oft erw&hnte Liederbuch, an dem sich schon Mancher die Finger ver-
brannt hat, Boweit zuganglich gemacht, dass der Historiker jederzeit ohne
Muhe Kenntnis davon nehmen kann und zugleich einen willkommenen
Kommentar findet, der ihm auf all© Fragen Ant wort erteilt.
Der 2. Teil des 9. Jahrganges enthalt Instrumentalwerke von Johann
Joseph Fux, dem Wiener Hof kapellmeister des 18. Jahrhunderts (f 1741).
Sie bestehen aus zwei Kirchensonaten, die erste fir Violine, Cornetto,
Trombone, Fagotto und Organo (beziffert) und die zweite fir 2 Violinen
und Basso e Fagotto mit einem bezifferten Basso continuo. Ferner aus
2 Suiten fur 2 Oboen, 2 Violinen, Bratsche, Fagott, Violone (Basageige)
•nnd Generalbaas. Die Sonaten bestehen aus je 4 Satzen: Adagio, Allegro,
Hmtoh. f. MmlkvMob. Jftfcrffan? XXXIV. No. 6 6
104
Mftteilungen.
Adagio Allegro trad die Soiten, mit Ouverture uberschrieben, mmn einer
Ouverture im langsamen Tempo, dona ©in Aligrosatz folgt, dann kommt ©in
Meouet obne Trio, eine Aria (Adagio), mm Fuge (Presto), ©in kurze*
Lentement, eine Gigue und als Schluas wieder eine Aria. Die zweite
Smite, rap. Ouverture 1st &hnlieh zusammengestellt. Man iit uberrascht,
den attviterkclien Fox auf so ansprecbenden und abwechsdnden TontStoen
anzutreffen. Bass seine Sitae kontrapunktisch bebandalt sind, setet man
voraus, dass er aber so lebhafte and melodische Tbemen aufstellt, ist da»
Ueberraechende and der Herausgeber Prof. Dr. Guido Adler bat gm»
recht, wenn er rat solche Kompoeitionen an den hoheren Bildungsanstalten
fur Musik fleifeig zu pflegen. Si© sind verstandlicher als Seb. Bach'*
Werke und bilden die beste Vorbereitung zu des letzteren Werken.
* Theodore Gouvy, Sein Leben und seine Werke. Von Otto Klau-
welL Harmonie Verlagsgesellschaft in Berlin W. 1902. 8°. 158 Sett mit
Portrat. Preis 3 M.
Geboren am 3. Juli 1819 zu Goffontaine bei Saarbrucken, gestorben
am 21. April 1898 zu Leipzig. Trotz der deutschen Ortsnamen als Ge-
burts- und Sterbeorte, war er docb mebr Franzose als Deutseher. Der
Vater war ein Wallone und die Mutter eine Franzdsin, seine 8chulbildung
erbielt er in Frankreicb, und Paris war der grolste Teil seines Lebens
sein Wohnort, jedoch lebte er mit Vorliebe in Deutscbland und Deutsch-
land schatzte ibn als Komponisten eber als Frankreich, und erst als Deutscb-
land seine Kompositionen aufhihrte und die Kritiken voller Lobes waren,
wurde erst Frankreich auf ibn aufmerksam und scbenkte seinen Kompo-
sitionen einige Beachtung, docb wie G. selbst klagt: der Franzoee bat Mr
eine solide Musik keinen Sinn und Gouvy's Muse neigte weit mehr dem
deutschen Empfindungsvermogen als dem franzdsischen „esprit u zu. Die
Biographie ist mit grofser Warme geschrieben, besonders beeinflusst lurch
eine Scbwagerin Gouvy's, die ihm im Leben als Beraterin und Kunst-
verstandige iehr nahe stand. Br selbst war nie ¥«rheunitot und seheint
auch eine Neigung zu einem weiblichen Wesen nie empfunden zu haben,
wenigstens wird diese Seite des menscblichen Empfindens mm Biographen
vollig negiert. G. war kein hervorragendes Musikgenie, zeichnete sich auch
nicht als Virtuose auf irgend einem Instrumente aus, begann uberhaupt
orst die Musikerlaufbahn als er im juristischen Examen durchfieL Seine
melodische Erfindungsgabe war nicht hervorsteohend, doch immerhin floasen
ihm die Gedanken leicht in die Feder und bei seiner strengen Selbstkritik
und einem tuchtigen Kdnnen, schuf er Werke in alien Fftchern der Musik,
die sich die allgemeine Anerkennung erwarben und eine bleibende Stfttte
in den Konzertprogram men fanden.
* Kirchenmu8ikalisches Jahrbuch fur das Jahr 1901. Herausgegeben
von Fr. X. Haberl. Begensburg bei Pustet. Preis 3 M. Im letztea
Jahrbuche war das weitere Erscheinen desselben gekundigt, doch der Oft-
cilienverein beschloss das Jahrbuch nicht eingehen zu lassen und so wurde
der Jahrgang nachtraglich hergestelli. der mehrere sehr wertvoDe Aufsaixe
enthalt. Eroffnet werden dieselben durch eine sehr sorgsame auf Quellen
Mitteilungen.
gestutzte Arbeit det Herrn Pfarrer Martin Vogeliis, eke Biographie uber
Franz Xaver Anton Murschhauser (1663 bis 1738), uber dessen Lebens-
lauf man biaber nor wenig untemchtet war. Der n&chste Artikel ist vom
Herausgeber and handelt uber Kirchenmusik vor hundert Jabren. Eine
umfiangreiche Arbeit, die manches interessante Tberoa bebandelte. Der
folgende Artikel beh&ndelt „Das Oratorium des heil. Pbilipp Neri", aus
dem litterarischen Nachlasse des Dr. Frz. X. Witt. Beitrage zur italieni-
aehen Litteratur des Oratoriums im 17. und 18. Jabrhundert von Fr. X.
Habtrl Nacb einer Einleitung, weicbe die Entstebung des Oratoriums be-
bandelt, folgt ein langes Verzeicbnis von Oratorien, die einst Pater Martini
besafs, nun aber nicbt mehr auffindbar sind aufser denen, die andere
Bibliotbeken beeitzen. Am Ende desselben werden die Autornamen alpha-
betisch zusammengestellt. Es ist eine stattlicbe Liste, von denen aber in
Wirklichkeit gar Mancber verschwindet, da seine Komposition wenigstens
bis beute als verloren gilt. Allerdings hofft man, wenn erst all die kleineren
Musikbibliotheken Italiens und Deutsehlands, inklusive das deutsche Oster-
reich, untersucbt und bekannt sind, dass noch mancber bisber unbekannte
Komponi8t mit seinen Werken ans Tagealicbt kommen wird. Wie viel
ist in dieser Hinakht seit Grundung der Monatshefte gescbehen und wie
viele sind ibnen nachgefolgt. Pater Utto Korntniiller bebandelt darauf das
jetzt vielfach ventilierte Thema: Giebt es noch echt gregorianische Melo-
dieen? Die Antwort fasst der Herr Verfasser in das vernichtende Wort
„nein" ! Ebenso vernichtend ist eine zweite Frage: Konnen wir die Neumen-
Notation sicher ubersetzen? Auch hier folgt ein „nein" ! Die alten Theo-
retiker, die zur Zeit der Neumen-Notation lebten, erklaren dieselbep mehr-
fach als ganz ungeniigend um die Tonscbritte zu erkennen, ja sie behaupten
sogar, dass der Gebrauch und die Verwendung einer Neumenschrift in
jedem Kloster eine andere gewesen ist, so dass selbst die Kloster unter-
einander ratios dastanden, denn jedes Kloster hatte seine eigene Schreib-
weise. Das sind allerdings traurige Beweisgrunde fur diejenigen, die ibr
games Leben an die Erkenntnis der Neumen gesetzt baben. Was nutzen
nun all die schonen Namen fir die Neumen, wenn sie eine ganz willkur-
liche Auslegung zulassen. Diesem Artikel folgen noch eine Anzahl kleinere
von allgemeinem Interesse und diesem schliefsen sich Kritiken und Refe-
rate an. Als praktische Beigabe folgen dann 7 Motetten zu 4 Stimmen
ohne Begleitung von Luca Marenzio,
* Die Madrigalvereinigung steht jetzt unter Leitung des Herrn
Dr. Hugo Goldschmidt* s und fuhrt nun ihren Namen mit Becht, wahrend
fruher der Verein nur nebensachlich das Madrigal pflegte. Am 26. April
gab der Verein im Bechsteinsaale zu Berlin ein Konzert, in dem er 11
alte dem 16. Jahrhundert angehdrende Madrigale, Canzonen und Vila-
Helen von Arcadelt, Gero, Donato, Meralo, Marenzio u. a. zu Gehor
brachte und nichts Neueres einmiscbte, welches den einheitlichen Charakter
gtdren konnte.
* Herr Organist Otto Dienel hat auch den vergangenen Winter die
alwochentlichen Orgelkonzerte mit Einmischung von geistlichen Alien,.
106
Mitteilungen.
Daetten mud aueh von Piecen fir Solo-Isstrnmaite in der M>rien»10f€he
za Berlin gegeben. Semen Orgelscbfilern fiel lie Aafgabe der Auafuhrung
I'll und diente zugleich zam Sporn hdherer LeifltnngBf&higkeit.
* Die Beilage zur Allgemeinen Zeitung Nr. 23 bringt einen inter-
eBsanten Artikel von Max Radlkofer fiber die Clara Haizlcrin, die man
bisher fir die Verfasserin der Liedersammlung im Besitz© des bohmiachen
Mu8enmB in Prag Melt und rich durch die TJntersuchnngeii des Herrn
Karl Geuther als eine bezahlte Abschreiberin entpnppt. Obiger Herr weist
ffinf Handschriften nach, die von ihr kopiert sind. Dr. Karl Haltaus gab
©bigee Liederbnch im Jahre 1840 im 8. Bande der Bibliotbek der ge-
samten deutschen Nationallitteratur heraus.
Am 1. Juni erscbien der
6. Band
von
Moll. Elmer's
Quellen-Lexikon
fiber die
Musiker uni Musikgelehrten
der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 19. Jahrh.
Subscriptionspreis a to M. Etnzelprets m M.
Der 7. Band erscheint am 15. November 1902.
Neu ©intretenden Subscribenten wird erne Teilzahlung gewfihrt, am
sich immAi and n&cb das Lexikon mmBchaMm.
Bnchh&ndleriBche BesteMtingen sind an Breitkopf & H&rtel in Leipzig
m richten.
Templin TJ.-M., 1. Nov. 1901.
Robert Eitner.
Venutwortlioher Bedakteur Bobert Eitner, TtnpJHl (Uckirmrk).
Dniek tou Hermann Beyer A 80hne (Beyer A Mmd) In Langensals*.
fir
MUSIK-GESCHICHTE
herausgegeben
von
der Gesellsohaft fflr Muaikforsehnng.
miv. jflDt
1902.
Preh des J&hrganget 9 Kk. Monatlioh «rsoheint
Nnrnmer Yon 1 Mi 2 Bogen. Intertionsgebnhren
ftLr die Zeile 80 P£
KommiiiioniYerlag
von Breitkopf m H&rtel in Leipslg.
BttteUungen
nimmt Jede Buoh- and Maiikhandlnng tntgegen.
No. 7.
Aufiseielinnngen iber L'Orfeo yob Lnigi lossl und
liber die italieilsclen Miislfeer In Paris nnter
Mnarli.
Herr Romain Holland veroifentlichte in dem Congres inter-
national, ediert von Jules Combarieu (Paris, Fischbacher 1901,) Seite
191 eine wertvolle Arbeit, die verdient weiteren Kreisen bekannt zu
werden. Er schreibt:
Die erste grofse Oper, welch© in Paris gespielt wurde, war wie
bekannt, L'Orfeo von Luigi Rossi. Dieses Vorrecht ist ofters be-
stritten worden; wie ich glaube, mit Unrecht: denn la Finta pazza,
welche 2 Jahre friiher gegeben wurde, ist ein Schauspiel, vermischt
mit Musikstiicken, aber kein fortlaufendes Gesangswerk.
Was man bisher vom Orfeo kannte, war nur sehr weniges:
einige Zeilen in Memoiren und Schriften von Zeitgenossen und eine
interessante Broschiire von M. Ademollo: I primi fasti della musica
italiana a Parigi. Zum Gliick ist die lange Zeit fir verloren ge-
baltene Partitur des Orfeo kurzlich wieder aufgefunden worden, nach-
dem sie zwei und ein halbes Jahrhundert scheinbar verloren war.
Die Geschichte des Ministeriums Maxarin bietet aufserordentlich
viele Anhaltepunkte, welche fur die Geschichte der Musik bisher nicht
verwertet worden sind. Ferner scheint es mir, als ob man die Ur-
kunden, welche bisher veroffentlicht worden sind, nicht vollstandig
ausgenutzt hat, weder in personlicher, nooh in geschichtlich zuver-
lassiger Weise.
Monatth. f. Muikgwoh. Jahrgang XXXIV. No. 7. 7
108
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
I. Mazartn's persSnliehe Beziehungen zar Hasik and za den
Masikern.
Die Entwickelung des musikalischen Italienertums in Fiankreich
faJlt so aufiallig mit dem Ministerium Mazarin zusammen, dass man
auf den Gedanken kommt einen Zusammenhang zwischen den
Neigungen des ersten Ministers und der Einfiihrung der Oper zu
sucben.
Mazarin war thatsachlich Musiker, Musikkenner, und er wend©
sebr friibzeitig in die melodramatische Bewegung zu Rom und Florenz
hineingezogen. Als Kind wurde er bei den Monchen des Oratoriums
des San Fi.Uppo Neri erzogen. Er verlebte die ersten Jahre an der
Wiege des 1 jligios musikalischen Schauspiels; sp&ter, vom 7. Lebens-
jahre ab, b%i den Jesuiten-Patres des Collegium romanum. Wenn
seine Erzieher zur Feier der Heiligsprechung des beiMgen Ignaz eine
grofse dramatische Auffiihrung veranstalteten, welcher ganz Bom bei-
wobnte, vertrauten sie die Hauptrolle (die des Heiligen) Mazarin
an, welcher das Kollegium schon verlassen batte und welcher diese
Rolle mit glanzendem Erfolge spielte.*) Er wird auch demnach an der
beriihmten Aufliihrung von Kapsberger teil genommen haben : l'apo-
th6ose de saint Ignace de Loyola et saint Fran<jois Xavier (1622),
welcbe eine Art Triumphzug des jesuitischen Julius Caesar war, mit
einem Umzuge der Volkerschaften, Tiere und exotischen Gegen-
standen etc.
Er hatte sich vom Kollegium her an Qirol. Colonna naher an-
geschlossen und stand seit 1626 in nahen Beziehungen zu den Barberinu
Aufeerdem war er befreundet mit dem Kardinal Antonio.**) Er konnte
daher sehr eingehend die ersten Erfolge der Oper beobachten, dessen
hauptsachlichste Mlcene in Rom wahrend des Papsttums Urbans VIII.
(1623/44), jene beiden beiiihmten Familien waren. In einem der
bosartigsten Spottgedichte, gescbrieben gegen Mazarin wabrend der
Fronde „Lettre d'un Religieux au Prince Cond6 u , ging man soweit, zu
behaupten, dass er sich durch Veimittlung einer Slngerin, einer Ge-
fallenen, die er in Rom verfiihrt hatte, in die Gunst des Kardinal
Antonio eingeschlichen habe. Dies let nur ein verleumderiscbes Ge-
riicht, aber es zeigt, dass er, wie so viele hohe GeistHche jener Zeit,
haufig mit der Oper und mit den Sangerinnen verkehrte.
*) Elfridio Benedetti etc. Die Jugend Mazarin 's, 1865.
**) Die Briefe des Nuntius Sacchetti zeigen, wie sehr Mazarin schon
1629 von Papst Urban und dem Kardinal Fr. Barberini gesch&tzt war.
Rossi f 8 Orfeo in Paris von Rolland.
109
Mazarin befand sich bei der franzosischen Gesandtschaft in Bom
(Gesandtar war Mar6chal d'Estr6es) als man 1639 ein musikalisches
Drama auffiihrte, gewidraet dem Kardinal Richelieu: U favorito del
principe; der Dichter war Ottaviano Castelli. — Mazarin war durch
Patent vom April 1639 Franzose geworden, und liefs sich in Paris
nieder. Richelieu starb den 3. Dezember 1642 und Ludwig XIII.
am 14. Mai 1643. Am 28. November 1843 teilt Teodoro Ameyden in
seinem „Avis de Rome" den Befehl des Kardinal Mazarin mit: „nach
Frankreich Musiker yon Rom und besonders solche von der papst-
lichen Kapelle zur Auffuhrung eines Schauspiels oder einer Musik-
auffiihruDg tiberzufiihren." — Im darauffolgendon Februar erging der
Befehl des Kardinals an den franzosischen Gesandten zu Rom, die
Sangerin Leonora nach Paris zu senden, welcher 1000 Pistolen (doppie)
Reisekosten und ebensoviel als jahrliche Pension zu zahlen sei.
Es handelte sich um die beriihmte Leonora Baroni, besungen
durch Maugars, welcher sie ein r Welt w under" nennt, „und wer si©
singen hort, vergisst ihre Sterblichkeit, glaubt sich schon untar den
Engeln und die Wonnen der Gliickseligen zu geniefsen . . um jene
Leonora, geliebt und besungen von Milton, der sie mit Tasso's Leonora
vergleieht, — geliebt und besungen von dem Papst Clemens IX. (da-
mals Mgr. Ruspigliosi), welcher sie eine S Irene nennt „dolce sirena"
und „ihre gliihenden Augen" verherrlicht — geliebt und besungen
von alien Dichtern ltaliens, welche ihren Ruhm in Banden ver-
herrlichten.
Es scheint, Mazarin war ebenfaPs nicht gefuhllos, weder gegen-
Qber ihrer Schonheit, die Maugars leugnet, noch gegeniiber der Macht
ihrer Reize. Auf sie zielt die Verleumdung des Religieux de St-Roch.
Mazarin hat durch die Eile, mit welcher er die Sangerin nach Paris
kommen und bei einem seiner Hausfreunde unterbringen liefs, neue
Nahrung gegeben. Das Hans stiefs an das seinige, und durch einen
seiner Hausangestellten wurde sie bedient. (Lottre de l'abb6 Scaglia
i Mme. royale Christine de France, r6gente de Savoie, le 10 mars
1645, citiert von Ademollo.) Sie liefs sich ubrigens iiberallhin durch
ihren Ehemann, Oiulio Cesare Castellani, begleiten und war personlich
bescheiden und zuruckhaltend. Sie war damals 33 Jahre alt, denn
im Dezember 1611 war sie zu Mantua geboren. Sie war keine
Theater - Sangerin, aber eine „virtuosa die musica da camera". Ihre
Art zu singen befremdete und verletzte anfanglicb, man sagte: ihre
Stimme sei mehr fiir das Theater und die Kirche, als Mr den Salon,
und ihre italienische Art zu singen klinge hart im Ohr. Alle diese
7*
110
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
Urteile fielen plotzlich, als die Konigin geaufsert hatte, man koine
nicht besser singen. — Abbe Scaglia schreibt: „Ich kann das Lob,
das ihr die Konigin gespendet hat, nur mit der Achtung vergleichen,
welche si© den Personen entgegenbringt, die die Gunst des Kardinals
besitzen." Der Eintritt in die Zimmer (der Konigin) war ihr zu
jeder Stunde gestattet; sie wurde mit Geld und Kostbarkeiten iiber-
bauft: 10 000 livres erhielt sie, urn sich auf franzosische Art zu kleiden,
ein Perlenhalsband, Ohrgehange, einige tausend Stficke Juwelen, eine
Pension von 1000 Thalern etc. Mme. de Motteville sagt, dass sie
dem Hofe folgte, als die Konigin 1644 zu der Herzogin d'Aiguillon
nach Ruel reiste, um der Sommerhitze zu entfliehen. Sie sang dort
oft und improvisierte ihre Arien iiber die Gedichte von Voiture. —
Sie blieb nur 1 Jahr in Frankreich und verliefe Paris am 10. April
1645.*)
Andere italienische Musiker waren zu gleicher Zeit mit ihr an-
gekommen oder folgten ihr bald nach Frankreich nach. Im November
1644 kam Atto Melani an, Sopransanger, Komponist, Impresario und
geheimer Agent. **)
In dieser Personlichkeit erkennen wit eine neue Art musikalischen
Dilettantismus von Mazarin: Die Politik. Der schiaue Minister machte
die Musik und die Musiker fir seine Begierung dienstbar. Schon
das Journal d'Ameyden hatte im Februar 1644, gelegentlich der An-
kunft Leonora's, die Absicht des Kardinals durchschaut: die Fran-
zosen durch Vergniigungen zu beschaftigen und hierdurch die Zu-
neigung derselben sowie der Konigin selbst -zu gewinnen.
Schon Kuhnau spricht sich in seinem Musikalischen Quacksalber
in ahnlichem Sinne aus, er schreibt: „Die Musik zieht von ernsten
Studien ab. Es 1st nicht ohne Grund, dass die Politiker sie be-
giinstigen, sie thun dies von Staatswegen. Das 1st eine Ablenkung
der Gedanken des Volkes; sie verhindert in die Karten der Regierung
einzusehen. Italien 1st hierftir ein Beispiel : seine Fursten und seine
Minister haben es durch Quacksalber und durch Musiker ablenken
lassen, damit sie nicht in ihren eigenen Angelegenheiten gestort
werden."
Der Minister, dessen Wahlspruch war: „Wer das Herz hat, hat
Alles* 1 kannte die Macht des Schauspiels und der Musik zu genau,
*) Lettre de Fabbe Scaglia 4 Mme. royale Christine de France, re-
gent© de Savoie, le 14 avril 1645.
**) Geboren zu Pistoja den 31. Marz 1626.
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
Ill
mm nicht davon Gebrauch m machen; und wenn auch das nationale
Temperament in Frankreich zu wenig musikalisch war, urn diese
Politik mit Erfolg bei dem 'franzdsischen Biirger und bei den Par-
lamentariem anzuwenden, so hatte sie doch einen vollkommenen Er-
folg am Hofe und besonders bei der Konigin, fir welche dieselbe
vorzugsweise bestimmt war.
Leonora Baroni hatte sie entziickt durch ihren Oesang. Atto
Melani war bald allmachtig. Sie (die Konigin) konnte ihn nicht mehr
entbehren. Von zwei Abenden musste ei stets einen bei ihr singen
und sie war derart versessen auf Musik, dass noch 4 Stunden lang
nachher man an nichts anderes denken durfte. Sie liebte besonders
die melancholischen Alien und der ganze Hof teilte selbstredend ihren
Geschmack.
So eingefiihrt und der koniglichen Gunst sicher, machte Atto
Melani, das geschickte, verscblagene Werkzeug Maxarin% die ersten
Yersuche mit einer musikalischen Auffuhrung. Ein Brief vom 10. MIrz
1645, den er an den Prinzen von Medici schrieb, spielt auf eine
Auffuhrung dieser Art an, dessen Titel er aber nicht nennt und das
nach Pfingsten wieder aufgenommen worden sei Es ist moglich,
dass es sich urn „La finta pazza" bandelt, deren erste Auffuhrung
die Geschichtsschreiber gewdhnlich einige Monate spater ansetzen,
den 14. Dezember 1645. Ich bestehe nicht ernstlich auf diesem
Werke, welches keine vollstSndige Opera war, sondern eine Handlung
gemischt mit Musik und Maschinerien. Ein Teil des Programms, von
Chouquet erwahnt, sagt: diese Scene wird ganz ohne Musik dar-
gestellt, aber so gut gesprochen, dass sie dieselbe fast vergessen lisst
— Der Versuch war nicht vollkommen gegliickt.
Man wagte das Stuck auch nur vor wenigen Personen auf-
zuf&hren, vor dem K6nig, der Konigin, dem Kardinal und der Hof-
geselschaft, und der Erfolg scheint nicht sehr bedeutend gewesen zu
sein. Man kennt den Bericht der Mme. de Motteville: Wir waren
nur 20 oder 30 Personen und wir glaubten zu sterben vor Langer-
weile und Kalte. — Nachdem reiste Atto Melani nach Italien zuriick
und die Opera italia schien ins Stocken gekommen zu sein.
Dem war indessen nicht so. Mazarin bestand auf einem zweiten
Versuche und wir werden Personen und Umst&nde in den Vorder-
grund treten sehen, welche man bisher zu nennen versfiumt hat;
aber deren Th&tigkeit entscheidend wurde fur die Begrdndung der
Oper in Frankreich : Es handelt sich um die Ankunft der Prinzen
Barberini in . Paris.
112
Rossi's Orfeo in Paris yon Holland.
II. Die Barberini In Paris mil die erste iifftlraiig der
italieni8ehen Oper in Paris.
Es gab 3 Neffen des Papstes Urlmn Till: Der al teste, der
Eardinal Francesco Barberini war Staatssekretar, — Don Taddeo
Barberini, First von Palestrina, Prafekt von Rom, Kirchen-General,
verra&hlt 1629 mit Donna Anna Colonna, Tochter des Connetable —
end der Kardinal Antonio Barberini, der Freund Mazarin'g, spaterer
Grof8almosenier von Frankreich, Biscbof von Poitier, Erzbischof von
Rheims, zur Zeit Protektor der franzosischen Krone in Rom, d. h.
beaufi .agt mit Wahrung iranzosischer Interessen am beiligen Stuhle.
Sie waren allmachtig in Rom von 1623—1644 und man weife,
welche Rolle sie in der Geschichte der Oper gespielt haben. Ihre
Vorliebe fir Musik war bekannt Filippo Vitali, der Verfasser der
„Aretnsa" von 1620, war Kammerviituose des Eardinals Francesco.
Stefano Landi, die beiden Maxxoccki, die beiden Bossi, Marco
Maraxxoli, schrieben fur sie. „La Diana schernita" von Gornach'oli
(1629) und die Dramen von Oltavio Tronsarelli (1629) sind Don
Taddeo gewidmet. Ibr Einfluss auf die dramatische Musik war
uberdies entscheidend nach der Erbauung des Palastes Barberini
mit einem Theatersaale, der mehr als 3000 Personen fassen konnte.
Die erste Oper, welche dort im Februar 1632 aufgeflihrt wurde,
war S. Alessio von Stefano Landi, Text von dem Eardinal Fran-
cesco, welchem die Partitur gewidmet ist. Sodann kam (1635)
„la vita di S. Teodora", Gedicht von Mgr. RuspigliosL — 1637 il
„Falcone 44 , Verfasser und Komponist unbekannt und „Erminia sol
Giordano 44 von Mickele Angelo Bossi, gewidmet der Donna Anna
Colonna Barberina. — 1639 „Chi sofre speri 44 , Gedicht von Mgr.
Bnspigliosi, Musik von Vergilio Maxxocchi und Marco Maraxxoli,
eine beruhmte Auffiihrung, welcher 3500 Personen beiwohnten,
darunter Milton; endlich in demselben Jahre „Galatea", Text and
Musik von dem beruhmten Singer Loreto Vittori, gewidmet dem
Kardinal Antonio Barberini. — Alle diese Auffuhrungen machten
aufeergewohnliches Aufsehen ausserhalb Italiens und Gabriel Naude,
der Bibliothekar und Vertraute Mazarin's, verschwieg licit, dass
der Kardinal nach deren Vorbilde in Frankreich musikalische Auf-
fFlihrungen veranstalteu wollte.
Die politischen Ereignisse begiinstigten dieses Vorhaben be-
sonders. Der Papst Barberini starb 1644. Die befremdend leicht-
fertige Politik seiner Neffen hatte sowohl dem Ansehen des papst-
Rossi's Orfeo in Paris von Rolland.
113
lichen Stahles geschadet, als den Feinden der Barberini Vorschub
geleistet Der Eardinal Panfili, ihr argster Feind, war zum Fapste
gew&hlt nnd nahm den Namen Innocenz X. an. Die Verfolgungen
begannen bald gegen diejenigen , welche an der vorigen Regierung
teil genommen batten. Innocenz X. verlangte von den Barberini 's
Rechenschaft ttber ihre finanziellen Erpressungen. Die Barberini,
schon self 1640 durch ihre H&ndel mit den italienischen F(irsten be-
dr&ngt und im Eriege mit dem Herzoge von Parma, mussten ihr
Theater schJieJjseu. Die Musiker und die rSmisehen Schauspieler
wanderten aus. Die Fiirsten Barberini selbst verlie&en Rom, wo
man ihre Besitzungen und ihr Leben bedrohte. Der Eardinal Antonio,
urn dem Prozess wegen Erpressung zu entgehen, welcher gegen im
angestrengt wurde, rettete sich zu Wasser aus den p&pstlichen Staaten
nnd kam im Oktober 1645 naoh Frankreich.
Eardinal Francesco und Don Taddeo folgten seinem. Beispiele;
nach 4 Sturmtagen, welche ihr Schiff urn Sardinien und Corsica
herumirren Hefe, landeten sie im Januar 1646 in Cannes in voll-
stfindiger Zerriittung. Maxarin, welcher mit ihnen w&hrend der
Wahl Innocens X. vollst&ndig gebrochen hatte, trug ihnen keinen
Qroll nach, fibernahm die Verteidigung der Ge&chteten und nahm sie
in seinen Scbutz. Er suchte den Eardinal Francesco im Pavilion
Charenton auf und fiihrte ihn in seinen Palast in Paris. Am 3. Ok-
tober 1646 gelangten ferner die Prinzessin Palestrina, Donna Anna
Colonna, Gemahlin des Don Taddeo, in Paris an und wurde von
der Eonigin freundlich empfangen. So war das gesamte m&chtige
Haus Barberini in Paris eingezogen und stand Ende 1646/47 in so
innigen Beziehungen zum Hofe, dass Mazarin (November 1647) daran
dachte, eine seiner Mazarinettes an einen Barberini zu verheiraten.
Gerade in diesem Jahre hatte die italinische Oper bedeutende
und entscheidende Erfolge in Paris im Palais-Royal unter den Augen
der Barberini erreicht Eein Zweifel, dass sie teil daran hatten.
Dies© Art Eunst war zum Teil ihr Werk; ihr Stolz war beteiligt bei
dem Erfolge, und wir wissen, welch thltig© und eingehende tJber-
wachung die Eardin&le Francesco und Antonio bei ibren Aufffthrungen
in Rom ausiibten.*) Die Sanger und italienische Maschinisten waren
in Paris ihre Hausgenossen und die Einfiihrung der italienischen
Oper in Paris war ohne Frage das alleinige Werk der Barberini.
*) . . . Eardinal Antonio fibernahm selbst die polizeiliche Aufmcht
in Saale mit iem Stock in der Hand.
114
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
Wir erkennen ihr Merkmal in der Auffiihrung am 2. M&rz 1647
im Palais -Royal des Orfeo. Von den beiden Verfassern des Orfeo
kam der eine, der Dichter, Abb6 Francesco Buii } ein Rechtsgelehrter
und apostoliseher Rat, 1645 mit dem Kardinal Antonio von Rom
nach Paris und der andere, der Musiker Luigi Rossi stand ebenfalls
in Rom im Dienste der Barberini und war ohne Zweifel mit ihnen
nach Paris gegangen. Nachdem nun die Barberini nebst ihrem
Dichter und Musiker in Paris sich niedergelassen batten, Hefe Maxarin
aus Florenz und Rom neue Schauspieler und Sanger kommen und
am 29. September 1646 empfahl er dem Intendanten der Armee in
Italien, die Riickkehr derselben zur See zu benutzen, um die Schau-
spieler und Sanger nach Frankreich iiberzufiihren. — Alio Melani
wurde von Florenz berufen, um die Auffiibrungen zu leiten. Er
kam im Januar 1647 nach einer 34tagigen Reise an und schrieb
an seinen Herrn, den Ftirsten Mattias, dass man in Paris eine sehr
schone Comedie einiibe, genannt POrfeo, deren Worte von Sgr. Butt
sind und die Musik von Sgr. Luigi, und dass selbst Seine Mqjestat
so viel Oefallen an dieser Art Comedie zeige, dass noch eine andere
vorbereitet werde, um sie sogleich nach dem Orfeo aufzufubren. Ein
Brief Qoberfs an Huygens, vermutlich vom Februar 1647, best&tigt
diese Nachricht. Es heifst dort: „Der Kardinal hat 4 Manner und
8 Kastraten kommen lassen. Sie fuhren eine Comedie am Karneval
auf, welche Herr Louygy eigens fiir den Karneval komponiert hat"
111. Luigi Rossi vor seiner Ankunft in Frankreich.
Wer war Luigi Rossi, so gefeiert zu seiner Zeit; jetzt so un-
bekannt? Man findet seinen Namen weder in den Buehern der Herren
H. Riemann, 6. Humbert, noch in den Aufzeichnungen von Villarosa
iiber die neapolitanischen Komponisten, und die Auskunft, welche die
Lexika von Fttis und Qrove geben, sind unbestimmt und ungenau.
Etwas wertvoller sind diejenigen von Burney. Weder Mme. da
MotteviUe, noch Ouy Joly, weder Ooulas, noch Montglat, noch Lefhre
d'Ormesson sprechen von ihm in ihren Mitteilungen iiber die Auf-
fiihrung im Palais-Royal, welche sie trotzdem sehr tiberrascht hat
Die Gazette von Renaudoc nennt nicht einmai seinen Namen in der
langen offiziellen Beschreibung des Orfeo. So weife man bald nicht
mehr, wem der Orfeo zuzuschreiben 1st. Ludovic Celler (L. Leclercq)
und C16ment sagen: dem Monteverde\ — Fournel, dem Abb6 Perrin;
— Arteaga, Ivanovich und andere dem Aurelio Aureli; — Francesco
Caffi und H. Riemann , in seiner Ausgabe von 1887, dem Qius.
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
116
Zarlino im 16. Jahrhundert, oder einfcm Musiker, der seinen Namen
angenommen hat; — Humbert, in der franzdsischen "Oberseteeig
des Buches von Riemann (erschienen 1899) scbreibt ihn wieder
Peri zu.
Der Name Luigi war indessen im 17. Jahrhundert in Frank-
reich bezeichnend geworden fir eine ganze Zeitfolge der italienischen
Musik und zwar deijenigen, welche Sebastian de Brossard in seinem
Eataloge „Le moyen aage" nennt (von 1640—1680 oder 1690) and
worin er Luigi den ersten Plate unter den Italienern zuweist Die
Vieville de Frtsneuse spricht oft von ihm in ihrem „Vergleich der
italienischen mit der franzdsischen Musik und scheint die ganze
italienische Musik auf seinen Namen zuruckzufuhren, sowie auf den
von Carissimi und Lully. — Bodily , der (nach Fresneuse) einer
derjenigen ist, welcher am meisten fir die Vervollkommnung dee
franzflsischen Qesanges gethan hat, fiihrt nur zwei Namen im Munde,
den des Ant. Boesset und den beruhmten Luigi. Der Ursprung aller
Auskunft ist jedoch Saint - Evremont, welcher fir Luigi eine ganz
besondere Vorliebe hat (ohne Zweifel, weil er ihn an die Jugend-
jahre am franzdsischen Hofe vor seiner Yerbannung erinnert) und
welcher ihn „den ersten Meister des Jahrhunderts" nennt. Man sieht,
dass Vieville von ihm (Evremont) alles das entnommen hat, was er
von Luigi in Beziehung zu den franzosischen Musikern sagt
Luigi Rossi war gegen End© des 16. Jahrhunderts in Neapel
geboren. Er war der Bruder von Carlo Eossi (nach Lady Morgan),
eines sehr reichen Kaufherrn und Bankier in Bom und aus-
gezeichneten Eunstkenners, der in Bom die Moll© eines Beschitzers
der Einstler spielte, so wie ein Jahrhundert splter der grofse Bankier
Chigi, der Patron Baphael's. Carlo Bossi betrieb selbst Litteratur
und Musik und gait in Bom nach seinem Bruder Luigi fur den
besten Harfenspieler. Beide liefsen sich als romische Burger
naturalisieren.
In Bom gab es zur Zeit der Barberini eine kleine neapolitanische
Kolonie, deren Seele Salvator Rosa war. Carlo Rossi war sein in-
timster Freund bis zu dessen f ode, nach welchem er ihm ein Denk-
mal setzte. Luigi verkehrte auch im Hause der Via del Babbuino,
wo er mit den berihmtesten Eunstlern Italiens, besonders mit
Oarissimi } Fertmri 3 Cesti und Cavalli zusammentraf. Salmtor war
auch Musiker und komponierte und beteiligte sich mit seinen Freunden
an ihren dramatischen Arbeiten. Burney sah seiner Zeit ein Buch
von ihm mit Arien und poetischen Eantaten, welche Rossi } Carissimi
IIS
Roffft Orfeo in Puns von BoHand.
und andere in Musik gesetzt batten.*) Vielleicht wiirde man eine
Erinnerung an diese gemeinschaftliche Arbeit in den „Satires w von
Salvator finden. In letzteren wird mit schonungsloser Hfirte der
sittliche Verfall der Kiinstler, die Sittenlosigkeit der Sanger, die Ein-
genommenheit der romischen Gesellschaft fir diese „canaglia a ge-
schildert und besonders der Niedergang der religiosen Kunst, der ver-
weltlichte Gesang in der Kirche, wo das Miserere eine Chaconne wird
und der Siil der Posse und Comedie. mit Gigue und Sarabanden
Eingang gefunden hat Carissimi eifert gegen diesen Sti in den
Schriften des deutschen Kollegiums (Collegium germanic.) in Bom,
wo er seit etwa 1630 angesteJlt war. Bolland citiert die Verse:
„Cantau su la ciaccona il miserere | e un stilo da farm e da com-
media | e gighe e sarabande alia distesa."
Was Luigi betriflEt, so fig derselbe an sieh mit der weltlichen
Musik eingebender zu besch&ftigen, obgleioh er 1640 (nacb Lady-
Morgan) eine opera spirituale : Giuseppe figlio di Giacobbe geechrieben
batte, die sich den Oratorien Carissimi's an die Seite stellt Seine
Canzonetten, von denen Metro della Valle in seinem Briefe vom
16. Januar 1640 spricht, haben ihn durch die Neuheit des Stils
popular gemacht Er ist zweifellos auch der Verfasser der Texte,
denn Atto Melani lobt in einem Briefe vom 4. Juni 1644 die Ge-
wandtheit seiner Ausdrucksweise. Nebenbei erwMhnt er auch im
Sanger Marc Antonio Pasqualini^ einen der besten Dareteller, der
voraussichtlich den Orfeo singen wird.
Eine Oper von Rossi wurde in Bom 1642 aufgefiihrt: 11 Palazzo
incantato, overo la Guerriere amante, manchmal auch il Palagio
d'Atlante genannt (Partitur und Textbuch besitzt das Liceo musicale
zu Bologna.) Dies Gedicht war ein Auszug des Orlando furioeo.
Es enthielt nicht weniger als . 50 Scenen mit 23 Peraonen, so dass
man gezwungen war, immer 2 Bollen einem Darsteller zu iibergeben.
Man erkennt hieraus schon den eigenartigen Geschmack der vene-
tianischen Oper und das was ihr aufgedrungen wurde durch ein
oberfl&chliches und neugieriges Publikum, welches bei der Musik die
Soli und in der Handlung die wechselnden Scenen bevorzugte. Zu
dieser Art Werke, welche in eine Menge Einzel- Scenen verkriimelt
sind, ohne Zusammenhang, ohne logische Folge, und bei welchen
die vielstimmigen Ensembles verbannt scheinen, gehdrt auch der
Orfeo, ebenso II Palagio d'Atlante. — Der Ver&sser des Gedichts
*) Burney, History IV, 152.
Rossi's Orfeo in Wmw von Holland.
11?
war Mgr. RospigUosi. Wmm mm sich oriaiert, dass dies der aristo-
kratischste Librettist par excellence war, der Freund der Barberini,
wenn mm zadem beachtet, dass die beiden ersten Rollen des Stiickes:
Angelica und Atlante, in der Hand von Loreto Vittori, des Fursten
des romischen Gesanges war, des Verfassers dor Galat3a von 1639,
so darf man glauben, dass Luigi m dieser Zeit der beliebteste Musiker
bei den Barberini und deren beriihmten Anhange war.
Die kleine Gesellschaft der via del Babbuino unterlag dem Ruck-
schlage der Palastrevolution, welche die Barberini 's m Fall braehte.
Im Jahre 1647 musste auch Saivator Rosa aus Rom fliehen ; er zog
nach Florenz, wohin ihn der First Mattias de Medici, der Patron
d'Atto Melani's berief. In demselben Jahre war Luigi Rossi mit den
Barberini'8 in Paris und dirigierte die Auffihrungen des Orfeo,
„welchen er besonders zur Auffihruig im Earneval geschrieben
hatte" (nach Gobert).
IV. Die AmffHrimg des Orfeo und die religiSse und politisehe
Opposition gegen die Oper.
Die Hauptdarsteller des Orfeo sind uns dutch einen Brief Atto
Melani's bekannt Atto selbst spielte den Orfeo; die Checha, die
frubere erst© Darstellerin der Finta pazza, sang die Eurydice; Marc
Antonio Pasqualini, der beriihmte romische Sopranist, hatte die Rolle
des Aristeo; ein Giinstling des Firsten Mattias, mit einem Em-
pfehlungsschreiben an Mazarin vereehen, la Signora Jtossina (Martini),
* spielte die Rolle der Venus und „der Eastrat des Seigneurs Bentivogli"
spielte die Amme der Eurydice. Wir kennen die Namen der an-
deren nicht Es ist moglicb, dass einer der Briider Melani's mitspielte.
Die erste AufifQhrung fand im Palais-Royal statt, am Ende des
Karnevals am Sonnabend den 2. Marz 1647. Man gab das Stick
noch einmal Sonntag den 3. Mire, Dienstag den 5. Mlra ; alsdann
wurden die Voratellungen durch die Fastenzeit unterbrochen und
begannen erst nach Pfingsten wieder, wo die Eonigin den Orfeo
noch mehrmals auffahren liefe: am 29. April zu Ehren der Gesandt-
schaft von D&nemark, den 6. und 8. Mai fir die Flirstin de Lon-
ffiieviUe, welche seit kurzem von Minster zurQckgekehrt war. Condt
wohnte der Erstaufftihrung bei, vor seiner Abreise zur katalonischen
Armee, die Ende Mlrz stattfand. Der First de Oalles, der zukiinftige
Karl n., war einer der Gist© am Hofe.
Mme. de Motteville gab zu der ersten Auffihruig einige in-
teressante Details. Diese Comedie, sagte sie, konnte nur an den letzten
118
Road's CM©© in Paris von Holland.
Tag en dee Karnevals dargeboten werden. Der Kardinal Mazarin und
der Herzog von Orleans drangen in die Konigin, in der Fastenzeit
spielen zu lassen; die&e aber, welehe in allem was ihr Gewissen be-
traf, den eigenen Willen hatte, wollte dem nicht zustimmen. Sie
war sogar dariiber verstimmt, dass die Komddie, die am Sonnabend
zum erstenmal aufgefiihrt wurde, erst spit beginnen konnte; weil
sie Sonntag zur Andacht gehen wollte und gewohnt war, am Tag©
zuvor frttier zur Buhe zu gehen, um sich am anderen Tage zeitiger
zu erheben. Sie wollte nicht voUst&ndig das Vergnugen verlieren,
um denjenigen zu ehren, der ihr dies verschafit hatte; da sie aber
auch nicht das vernachlfissigen wollte, was sie fiir Pflicht bielt, so
verliefs sie die Komddie nach der ersten BMfte der Voretellung und
zog sich zuriick um zu beten, um sich zur Buhe zu begeben und zu
speisen zu einer Zeit, die ihr zusagte, um nicht die Ordnung in ihrer
Lebensweise zu stdren. Der Kardinal Maxarin zeigte sich Member
verstimmt und obgleich dies nur ein geringftigiger Anlass war, der
einen ernsten Hintergrund kaum hatte, so bot es doch dem Hof-
klatsche eine ginstige Gelegenheit der Skandalsucht freien Lauf zu
lassen (Herr Bolland fasst diesen kaum erwfihnenswerten Zwischenfall
in einen breiten Wortschwall in der Wiedeigabe seiner Vorlage).
Ich fiirchte, fllhrt er fort, die andauernd schlechte Laune der
Mme. de Motieville gegentiber Mazarin, hat ihren klaren Blck getrubt;
ferner, dass die Kdnigin diesmal gegei die Ansichten und auch der
Zustimmung des Ministers entgegen gehandelt hat Diese fromme
Haltung war nicht nur Oewissenssache, sondern auch politische Klug-
heit. Die italienischen Schauspiele erregten einen Sturm der Ent-
riistung inter der Pariser Priesterschaft. Seit der Ankunft Leonora's
und besonders Melani's zeigte sich die KSnigin viel eifriger fur Musik
und Theater interessiert, als dies Maxarin selbst gewollt hatte.
AuffUhrungen wechselten mit Eonzerten ab und im Jahre 1647 be-
suchte die Konigin, die bisher der Trauer wegen sich beim An-
wohnen der Komddie verboigen hatte, dieselbe nunmehr jeden Abend
dfifentlicb. Die Feinde Mazarin's nutzten die Gelegenheit Skandai zu
schlagen und schoben einen Priester, den Pfarrer von Saint-Germain
vor. Dieser beklagte sich 5ffentlich. Die Konigin dartiber beunruhigt,
befragte die Bisch5fe; diese beschwichtigten* Der Pfarrer von Saint-
Germain aber gab sich nicht zufrieden. Er suchte 7 Gelehrte der
Sorbonne auf und liefSs sich bezeugen, dass der Besuch der Komddie
fir die Christ^i eine Slide sei und dass die Hasten die Schauspieler
aus ihren Staaten veqagen mtissten. Die Kdnigin wiea diese Behauptung
Eoosi's Orfeo in Paris von Holland.
119
zuriick und 1Mb durch 10 oder 12 under© Gelehrte der Sorbonne er-
klaren, dass die Eom5die gut sei and den Flirsten erlaabt Mazarin zog
m vor, nichts zu sagen, in der (Jberzeugung, dass er genug Gefallige
am Hofe habe und auch andere, die seine Interessen in dieser An-
gelegenheit wahraahmen. Aber, figt Ooulas hinzu, er erkannte, dass
die Unteiwiirfigkeit nicbt ihm gait and dass er die schlechten Elemeete,
die er gerufen hatte, nicbt bemeistern konne.
So entstand in Paris, zur Zeit des Orfeo, eine lufeerat beftige
Schilderhebung gegen das italienische Theater im Namen des Puri-
tanismus oder eigentlich der Scheinheiligkeit Der Kardinal beobachtete
seinerseits die gro&te Zurtickhaltung. Die K5nigin dagegen beharrte
auf ihrem Widerstande und trotz einiger Oewissensbisse verzichtete
sie nicht aaf ihre Vergniigungen. Sie war sogar unvorsiehtig in ihren
Beziehungen zu den italienischen EomSdianten. Mit Leonora stand
sie in stetem Verkehr und Melani prahlte, dass er ihr unentbehrlich
sei. Sie nahm ihn sogar auf der Beise nach Amiens mit, trotzdera
sein Eontrakt abgelaufen war und man ihn in Florenz erwartete.
Die Eonigin konnte sich nioht entschliefsen, ihn abreisen zu lassen
und schrieb selbst an Mattias von Medici unpassende Briefe
(lettres gauches, sagt Holland nach Ooulas), urn noch einige Zeit den
verfiihrerischen Eastraten bei sich behalten zu durfen. Sie erhielt
schliefelich eine derbe Mahnung von ihren Wirten in Amiens, der
stolzen Fiirstin von Palestrina, Donna Anna Colonna Barberina.
Eine der italienischen Sangerinnen, die im Orfeo mitwirkte und
welche im Rufe stand ihre Schdnheit in Italien verkauft zu haben,
wurde, wie Ooulas sagt, von der Eonigin empfiangen und oft auch
im Privatkabinet Man erzahlt, dass die Eonigin die Oemahlin des
Prafekten Barberini befragt habe, ob sie diese Sangerin nicht sehen
konne, wenn sie in Bom sei und ob sie diese nicht zu sich kommen
lassen dtirfe, da sie doch so schdn sange und so geistreich sei. Frau
Barberini antwortete zuerst nicht, und als die Ednigim dringender
frog, wich sie aus und rief: „Wenn dieselbe gekommen wire, hatte
ich sie zum Fenster hinauswerfen lassen." Die Eonigin war sehr
iberrascht und ging unter Erroten auf anderes fiber.
Man sieht, die Eonigin sftndigte nicht aus Priiderie — wenigstens
was die Musik betrifft — und die kleine Manifestation des 2. Marz
1647, bei der ersten Auff&hruig des Orfeo, konnten Mazarin nur
wenig gefallen, welchen die Unklugheit seiner Eonigin 5ftera in Un-
rah© vereetzte.
. Der gleiche Wunscb, die puritanische Opposition zu beruhigen
120
Rossi's Orfeo in Pkrii von Holland.
hat sicher den Schluss des Artikels von Renatidot beeinflusst, der
in seiner Gazette sich befindet und dessen Sinn allgemein missver-
standen worden war. Nach einem besonderen Lobe der Musik und
der Dichtung schliefst der Journalist folgendermafsen :
„Was aber das Stuck noch bedeutender erscheinen und das Lob
der strengen Censoren der Komodie erklarlich erscheinen Itat, ist
der Sieg der Tugend iiber das Laster, ungeachtet der Hindernisse,
welche sich entgegenstellen. Orpheus und £uridice bleiben nicht
nur fest in ihrer reinen Iiebe, trotz der Anstrengungen von Venus
und Bachus, der beiden m&chtigsten Urheber der Ausschweifungen t
sondern Amor selbst widersteht seiner Mutter, weil sie Euridice nicht
dazu verleiten wollte, die eheliche Treue zu brechen. Man durfte
auch nichts anderes als ehrbare Sittlichkeit und den Hinweis zum
Quten von einer Handlung erwarten, die durch die Anwesenhrit einer
so weisen und frommen Konigin, wie die unsere ist, geehrt wird. a
Die aufsergewohnlichen tugeudhaften Proteste wiirden keine Er-
klarung finden, wenn nicht eine ernste Gefahr zu beschwdren go-
wesen ware: Es handelto sich damals keineswegs urn vergebliche
Mahnungen im Namen der Moral, wie solche heute zeitweise von
Einzelnen ausgehen, die in der Wttste predigen und auf welche nie-
mand hort
Der damalige Furitanismus hatte schreckliche Vorrechte und
urn die Geschichte der Sitten und der Ktinste zur Zeit Luigi Rossi's
richtig zu beurteilen, muss man sich daran erinnern, dass zu der
gleichen Zeit der Puritanismus auch England erregte, und dass er
ein Jahr spater das Haupt Karl's I. fallen liefs, dessen Sohn der
Aufifiihrung des Orpheus beiwohnte.
Trotz alien Yorsichtsmafsregeln konnten Kirchenstrafen nicht
vermieden worden. Die Frommen murrten (sagt Mme. de MotteviUe)
und diejenigen, die ailes tadeln was geschieht, verfehlten nicht, dieee
Vergntigungen zu vergiften, weil sie die Luft nicht einatmen konnen
ohne Zorn und ohne Wut.
Aber es war schwierig fir die Moral sich durch Orfeo verletzt
zu fuhlen und schwierig fiir die Unzufriedenen, in einem Schaustiick
skandalose Dinge zu finden, in welchem Amor selbst sich weigert
Euridice von ihren ehelichen Pflichten abwendig zu machen und in
welchem Euridice selbst stirbt infolge eines tlbermafses von Scham-
haftigkeit Wahrhaft selten und der Bewohnerin des Salon Bleu
wiirdig. In das Bein gebissen von einer Schlange, weigert sie sich,
das Reptil durch Aristee entfemen m lassen, aus Soi^g© iawi Qe-
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
121
mahl dorch die Erlaabnis zu verletzen, wShiend sie dem Rivalen
erlaubt, sie zu beruhren (schreibt Renaudot).
£s musste wohl kommen, dass die Heuchelei unterlag; sie fand
jedoeh anderwarts ihre Vergeltung. — Sie konnte auch den Glanz
der Auffiihrung und den Erfolg des Stickes nicht bestreiten. Die
Parlamentarier, welche man eingeladen hatte, gr&mliche und trotzige
Geister, unermtidliche Feinde Mazarin's, thaten alles mogliche sich
zu langweilen, und es gelang ihnen. Aber sie mussten fiuchend den
Sieg der Italiener zugestehen und diejenigen, welche bei der ersten
Auffiihrung gahnten, wagten nicht bei dem Vorurteile hartn&ckig zu
beharren. Olivier Lefevre d'Ormesson^ welcher am 2. Marz sagt: Die
italienische Sprache, die man nicht leicht versteht, 1st langweilig;
sah trotzdem die Auffiihrung am 8. Mai und fand sie schoner als
das erste Mil, alles war besser im Einklange. Montght reg'striert
unfreundlich „die Komddie dauerte langer als 6 Stunden und die
L&nge langweilte ohne dass man dies zu zeigen wagte" — und jener
horte nur aus Artigkeit zu, muss aber zugestehen, dass das Stick
sehr schon zum einmaligen Ansehen sei, denn der Wechsel der De-
korationen sei uberraschend. Er deutet in seiner schlechten Laune
an, dass, wenn die Konigin keine Auffiihrung versaume, sie bier-
durch dem Eardinal zu gefallen wiinsche und in der fiesorgnis diesen
zu erztlrnen. In Wirklichkeit versaumte die K5nigin, welche das
Stick von Rossi am andern Tage und zwar vollstandig sah, keine
Voretellung, ohne sie iiberdrissig zu werden. Dies sagt uns Mme.
de MotteviUe und sie steht aufeer Verdacht der Freundschaft fur
Mazarin. — Der kleine Konig (le petit Roi) brachte so viel Auf-
merksamkeit mit f dass S. M. (Se. Majestat) ein drittesmal teilnehmen
wollte, ohne ein Zeichen von Langeweile zu geben; obgleich er von
dem Ball des letzten Tages sehr ermudet sein musste, auf welchem
er W under gethan hatte. Der Erfolg war vollstandig. Nicht nur
die ma8chinellen Einrfchtungen entzuckten die Zuschauer derart, dass
sie selbst die Platze nicht wechselten, wahrend sie die Musik ver-
wirrte (schreibt Renaudot). Besonders der Chor, welcher den Tod
der Euridice begleitete und die Nymphen sich bei Apollo beklagen
uber das Ungltick der armen Toten, lieis Thr&nen fliefsen. Die
Macht dieser Tokalmusik, verbunden mit derj^ ^en der Instrumente,
fawte die Seele der Zuhorer mfichtig und K' noch mehr gethan,
wenn nicht die Sonne ihrem Flammenwagen t?u^ wire, gleifsend
von Gold, Earfunkel und BriUanten und ein Beifallsmurmeln hervor-
gerufen h&tte.
122
Rossi's Orfeo in Paris von Holland.
Mnie. de MotteviUe nennt zwei Hoflinge, welche sich durch ihre
Begeisterung auszeichneten: Ben Mar6chal de Oramontj beredt, geist-
reich, prahlend und geneigt zuviel zu loben, setzte dies© Komodie
unter die Wunder der Welt und den Herzog de Mortemart, einen
grolsen Musikfreund und bevorzugten Hofling, war entzickt bis mm
Namen des letzten der Schauspieler, and alle zusammen , urn dem
Minister zu gefailen, strengten sich mit ftbertreibungen an, so dass
dies zu wiederholen langweilig wiirde.
NauM sagt: Am Schluss der Vorstellung horte man nur noch
Ausrufe von denen, die gewohnlich das loben, was auf ihren Ver-
stand am meisten Eindruck gemacht hat und flihrt einige lateiniscbe
Verse aus einem Werk an, das ein portugiesischer Franziskaner-Monch,
der M. P. Macedo, zum Lobe dieser Kom5die gedichtet hat
Man konnte also mit Recht den Erfolg des Stickes nicht herab-
setzen — wenigstens nicht sogleich. Aber die Gegner fanden sich auf
einem anderen Gebiete zusammen. Da sie dem Orfeo nicht den Vorwurf
machen konnten, er sei ein verfehltes Stick, so tadelte man ihn als
zu schon, zu reich ausgestattet und zu teuer. Die neue Form der
Feindseligkeit war nicht weniger gefahrlich als die religiose Opposition.
Die Ausgaben waren allerdings groJs und die Abgaben steigerten
sich: sie erreichten in diesem Jahre eine bisher unerreichte Hohe.*)
Die Parlamente warfen sich zu Verteidigern des Volkes auf gegen-
iiber den ruinierenden Ausgaben Mazarin's und seiner Italiener. Sie
konnten dem ausgehungerten Volke die (ibertriebenen Ausgaben des
Eardinals Mr die VergnOgungen des Hofes und die italienischen
Schauspiele nicht verheimlichen. Dieses Mai war der Vorwurf be-
grttndet; aber sie ubertrieben sehr und vergrofserten bedeutend die
fir Orfeo yerausgabten Summen. — Naud4 ereifert sich vergeblich
uber eine Ausgabe von 30 000 6cus. Diese 30000 Thaler warden
bei Montglas zu 400000 livres, und zu 600000 Thaler bei Guy
Joly. — Die Musik- Schauspiele sagt letzterer, ein Rat in (Mtelet,
kosten mehr als 600 000 Thaler, und er legte jedermann, besonders
den Mitgliedern der hoheren Verwaltungsstellen die tJberlegung nahe,
dass die Bediirfnisse des Staates nicht so dringend seien und dass
man wohl hltte sparen konnen, wenn man dies gewollt hatte. Man
sieht bei Goulas, dass diese perfiden Anklagen der Parlamentarier
ihren Zweck erreichten und das Volk aufregten. Er schreibt : Die
Kom5die des M. d. Eardinal verursachte so viel Unruhe und Aaf-
*) 142 Millionen Erancs.
Rossi's Orfeo in Paris von Roland.
123
regung unter dem Volke, dass es an gar nichts anderes mehr dachte,
denn ein jeder entriistete sich liber die unerhorten Ausgaben far
Maschinerien und fir italieniscbe Musiker, welche von Rom und
aiders woher mit grolsen Unkosten verschrieben worden waren und
nun auch die Unterhaltungskosten, Honorare und Abreise Frankreich
tragen musste.
Mazarin sah den Sturm kommen und er wurde besorgt. In
einem Briefe von Melani, der bereits oben angefuhrt ist, heifst es:
Wie man sich erinnert, liefe die Konigin eine zweite Komodie mit
Musik vorbereiten, welche alsbald nach dem Orfeo aufgefuhrt werden
sollte. Mazarin setzte sich aber dem entgegen. Naudt sagt wort-
lich: Er bekampfte das folgende Jahr die Absichten des ganzen Hofes
und verhinderte die Auffuhrung einer weiteren Komddie, welche keine
geringeren Ausgaben als die fur Orfeo verlangt haben wiirde.
Es geschah indes nichts und die Protest© (von welchen iter-
dies einige wenig glaubhaft waren), hielten weitere Verleumdungen
nicht ab. Die Ausgaben fir Orfeo blieben w&hrend des Biirger-
krieges der hauptsfcchlichste Anklagegrund ttber die Verschwendungs-
sucht des Eardinals. „Wenn man einen Vorwurf wider ihn finden
muss, so ist dieses Schauspiel hauptsachlich in Rechnung zu setzen
(schreibt Naud6) . . . Man hat ihm Veranlassung gegeben, mit Ovid
zu sagen: 0 nimis exitio nata theatra meo u .
Die Unbeliebtheit, welche Orfeo nunmehr erfuhr, zeigte sich in
den Verfolgungen, denen Torelli, der Maschinist, ausgesetzt war: der
eigentliche Autor des Stuckes in den Augen des Volkes. Er wurde
verhaftet, ruiniert wShrend der Fronde und sein Leben bedroht, wie
das Leben aller in Paris zunickgebliebenen Italienor, welche an den
AuflPiihrungen von 1645 und 1647 Anteil genommen hatten.
So war die italieniscbe Oper in einer hochst unerwarteten Weise
an der Erbebung der Fronde schuld, und dies erkl&rt auch, warum
dieselbe erst lange Jahre nach Orfeo dauernd in Paris Fu& fassen
konnte, trotz des grofsen Erfolges bei den ersten Versuchen.
Holland citiert folgende Werke aus denen er die Nachrichten zog:
Ademollo, I primi fasti della musica italiana a Parigi.
Benedetti, Elfrido: Raccolta di diverse memorie per scrivere la
vita del card. G. Mazarino Romano. Lyon. 4°.
Cousin, V: La jeunesse de Mazarin. 1865.
Lettre d'un religieux envoy6e a Mgr. le prince de Cond6 I St-
Germain - en - Laye , contenant la v6rit6 de la vie et de moeurs
Hoaatah. f. Matikgesoh. J»hrgang XXXIV. No. 7. 7
124 Die iltesten Musik-Handsohriften auf englischen Bibiiotheken.
da cardinal Mazarin. (Cimber & Danjou. — 2. Sine, t YII pag.
434). Ohne Zweifel ist der „rehgieux" Saint-Roch.
Gazette de Renaudot, 8 mars 1647 etc.
OoulaSy Nicolas: M6moires de. . . gentilhomme ordinaire de la
chambre da due d'OrI6ans. (Soc. de e'hist de France, t II, p. 203).
Montglat: M6moires du marqais de... (Petitot).
Mdaniy Atto: Lettre d' . . . (MM. nat. in Florenz).
Mottewik, Mtaioires Mme. de . . . (Petitot XXXYII p. 196).
11© lltestem Mmglk-laiisclriftea auf engUsehOt-
mbliotheken.
(Henry Davey.)
(Forteetzung.)
Addit Ms. 31403 br. Mas. Virginal resp. Oigelbuch in Folio,
Enth< 72 Blltter; auf jeder Seite 12 sechslinige Systeme. Die
meisten sind beschrieben, rtihren aber von verschiedenen Kopisten-
hftoden her, die dem 17. Jahrhundert angehoren; die litest© Hand-
schrift kann urn 1640 fallen. In neuerer Zeit sind ein Register und
Biographieen beigefigt.
Fol 4. Preludium. Dr. Bull (Mit Fingersatz nach der alten
Praxis, wo 1 den kleinen Finger in der linken Hand bedeutet)
Fol. 4b. Preludium. Edward Bevin.
Fol. 5 a. Preludium. Edward Bevin.
Preludium. Dr. Bull
Fol. 5 b. Preludium. Mr. Orlando Gibbons.
Fol. 6 a. Hier stebt eine Erkl&rung der Verzierungszeichen von
Edward Bevin.
Diese „Graces in play" sind in folgender Weise zn spielen,
„exprest in notes":
Die Utestem Musik-Handschriften auf engliscken Bibliotheken. 125
S 4^
4 i 8 I A 1 1
33
f F
(mo)
4 3 4 3 4 S
f 1 i ' p
FoL 6 b. Preludium. EmanueU Soncino fecit. 1633.
Fol. 7 b. Duo. Dr. Bull. (Bis zur letzten Seite zweistimmig,
dann voller gesetzt)
Fol. 8 b. In Nomine. Mr. Blithman.
Fol. 9 a. Ein 3stimmiges Stick.
Fol. 9 b. Salvator mundi. Dr. Bull. (Choral in der Mittel-
stunma)
Fol. 10b. A voluntary. Mr. Orlando Gibbons.
Fol. 11a. Doppelkanon. Dr. IMi.
FoL lib. A voluntary. Mr. Chlando Gibbons.
Fol. 12 a. Canon (im Bass der Choral Miserere). Edward Bevin.
Fol. 12b. A voluntary. Mr. Orlando Gibbons.
FoL 13a. A Touch. Mr. Bird.
Fol. 13 b. Fantazie (3st.). Mr. Orlando Gibbons.
FoL 14a. A short voluntary. Mr. Orlando Gibbons.
Fol. 14 b. Fantazie (4 si). Mr. Orlando Gibbons.
Fol. 15b— 18a. 7 kurze unbezeichnete Sticks; numeriert mit
Prime, Secundo etc.
FoL 18b. Canon. Edward Bevin.
Fol. 19a. Canon im subdiapente, mit freiem Basse. Dr. Bull.
FoL 21a. Doppelkanon. Mr. Eltmy Bevin.
FoL 21b. The wood soe wild© (Volkslied mit Variationen). Mr.
Orkmto Gibbons.
FoL 23 a. Duo. Edward Bevin.
Fol. 23b. The wood soe wilde. (Mit l m Variationen). Mr.
William Byrd.
FoL 25b. The Carters Whissell. (Das bekannte Stuck: Carmans
Whistle, in Parthenia 1611 gedruckt). Mr. Byrd.
Fol. 27 a. Duo. Edward Bevin.
FoL 27 b. Felix namque. Mr. TcUlis. (Sehr lang und komplizirt).
Fol. 31a. Miserere mei Deus. Mr. Byrd. (Ein Motet in Partitur).
Bis hierher ist das Buch wohl in einem Zuge geschrieben. Die Jahres-
zahl 1633 bei Soncino's Preludium 6b mag entweder das Datum
126 Die iltesten Musik-Handschriften auf engliscben Bibiiotheken.
dee Eitsteheos oder des Absehreibens bedeuten. Hier ist bemerkens-
wert, dass Tallis, Blithman , Byrd, Gibbons und El way Bevin,
Gentlemen of the Chapel Royal waren und stets mit „Mr." bezeichnet
werden, wahrend bei Edward Bevin die Anrede fehlt. Man scheint
die Anrede damals sehr genau genommen zu haben.
Die nun folgenden Piecen scheinen urn 1680—90 geschrieben
zu sein.
Fol. 32b. A Ground, 12mal variiert
Fol. 33 b. Sonata. CoreUi.
Fol. 34 b. Verse for ye Organ Voluntary.
Fol. 35 a. Prelude, Almain, Corant, Sarrabrand in GmolL
Fol. 36 b. For ye Trumpet Stop (Orgelsatz).
Fol 37 b. Prelude.
Fol. 38. Prelude.
Fol. 38 b. Overture (Introd. 4 / 4 ; Allegro fugato s / 4 aus Gmoll).
FF. 40—43 waren unbeschrieben, aulser einer Zeile; in neuerer
Zeit hat jemand Partituren von bekannten Anthems etc. teilweise
mit BMstift eingeschoben. Dann kommt wieder eine altera Hand-
schrift, der friihesten im Buche ahneind.
Fol. 44 a. Come Holy Ghost The spirit of Grace. (2 Chorale.)
Fol. 44 b. Service, und zwar Venite exultemus, Te Deum,
Benedictus, Magnificat, Nunc dimittte, im einfachen Contrapunkt
Vieileicht sind die Blatter 40—45 spater eingeschoben; jetzt erscheint
wieder die zweite Handschrift.
Fol. 46 a. Dr. Blow's Ground in E la mi.
Fol. 49 b. A Ground 18mal variirt. (Dabei eine Bemerknng
von splterer Hand: „In some Mss. said to be the Hays, by Dr. Blow*
Fol. 50 b. Unbezeichnetes JOavierstiick.
Fol. 51a. Prelude: Almain: Corant; Saraband (?). DmolL
Fol. 52b. Ground, 9mal variirt
Fol. 53 a. Jigg. Da diese Stick© alle aus Dmoll gehen, so ge-
horen sie vieileicht zu den vorangehenden als Suite.
Fol. 53b. 3 Stiieke. (Almain, Corant, Saraband ?) in A moll.
Fol 54b. Jigg in A moll. Dr. Blow.
Almand, Gavotte, Jigg in A moll. Mr. Forcer.
Fol. 55b. Prelude (?) Corrant, Gavotte in DmolL Mr. Fran.
Forcer.
Fol*. 56b. Prelude (?) Corant, Gavotte in Gdur. Dr. Bbw.
Fol. 57b. Prelude (?) Gdur. Mr. Lock
AJmand. Adur.
Mitteilungen.
127
Fol. 58 b. Almand. Ddur.
Pol. 59 b. Preludium, unvollendet.
Fol. 61b. Morelake's Ground. Dr. Blow.
Nun folgen einige kurze unbenannte Orgel-Piecen und leere Seiten.
Ein Komponist ist nicht genannt, nur die Wort© „ Verse" oder „Single
Organ", w Great Organ" liest man hin und wieder. Nach einer Piece
steht „nach dem Gebet zu spielen".
Fol. 70 und folgende enthalten Auszlige aus Morley's Introduction
▼on 1597.
Fol. 77b. ^Deliver me 0 God." Batten in Partitur.
(Fortsetzung folgt.)
Mittelmgei.
* Italienisehe Volksiieder aus der Sammlung Hermann JKestner's.
Mitgeteilt von Johannes Bolte in Zeitschrift des Vereins fur Yolkskunde
in Berlin, Heft 1, 1902. 8°. Es werden 2 italienische Lieder mit deutscher
tTbenetzung und Melodie in mehrfaeher Lesart mitgeteilt, 1. Liebesprobe,
Bom 1832 und 1836: Mio marito b andato in Francia. 2. Die Ver-
suchung, Palermo 1835: Chi e, chi buss 7 alia porta. Die Melodieen nahern
sich oft tauschend den deutschen Liedern des 18. Jahrhunderts. — In
demselben Hefte befindet sich noch ein Artikel: Zum deutschen Volks-
liede, welches die Text© von 1. Susanna, wilt du mit? 2. Das Madchen
and die Hasel. 3. Dat foehr ein Fischerinne so feren an einer Bee.
4. Das Wirtshaus am Rhein: Es steht ein Wirtshaus an dem Rhein.
5. Die Melodie des Schafflertanzes: esfg. as|bbj[|cdesc|b-H- etc.
Unter den citierten Abdrcicken der Melodie wird auch Tappert's Wan-
dernde Melodieen 1890, 16 — 18. erwahnt.
* Arthur Seidl, Wagneriana dritter Band, die Wagner-Nachfolge im
Musik-Drama. Berlin und Leipzig 1902, Verlag von Schuster & Loeffler.
8°. 524 Seiten. fine interessante Lekture fiber die Opern-Erscheinungen
der letzten Jahrzehnte.
* Gustav Eobert. La Musique a Paris 1898—1900. Etudes sur
les Concerts , Programmes, Bibliographie des ouvrages sur la Musique.
Index des Noms. Tomes V et VI rtunis. Paris, Libraire Ch. Delagrave.
kl. 8°. 431 Seiten. Eine Besprechung der offentlichen Konzerte und der
aufgefuhrten Piecen. Das Unternehmen besteht seit 1894 und ist dies
der 5. und 6. Band.
* Notes on the Construction of the Violin by W. B. Coventry, M.
Inst. C. E. ,,0'r Masarn vo geir Miwsig. 4 ' — Gruffydd ab Davydd ab
Hywel. London 1902, Dulau and Co. sehr klein 12°. 80 Seiten,
Wer sich fur die letzten Drucke interessiert dem stehen die Exemplare
zn Gebote.
128
Mitteilungen.
* fehlervcrbessctung, Darch ©in Versehen ging die Korrektar d«*
englischen Hds. von Nr. 4 verloren and sind darin folgende Drockfehler
stehen geblieben :
Seite 64 fol. 15b lies Bonnette statt Bounette.
„ 64 „ 29b lies you the statt youthe.
„ 65 „ 48b lies Allwrodde statt AUwoodde.
„ 66 „ 77b lies Dantes btatt Daintie.
„ 66 77b lies printed statt painted.
66 „ 90a fuge History of the Pfte. mm.
„ 67 „ 106 b. Die Bemerknng soil sich nor anf den Text
beziehen.
„ 67 „ 111a lies select Choral statt selected Church.
„ 67 „ 125a lies I be statt The.
„ 67 „ 126 b lies Churchgard statt Churchyard.
ggBBsasisaB^
e
EeriorrigeBle leileit if lei Belle ier MiMof aim,
Spanische Lautenmeister
des 16. Jahrhunderts
herausgegeben
von
G. MORPHY.
Mit einem Vorwort
von
Leipzig.
F. A. Gevaert
2 Bande je 15 31.
Breitkopf & HftrteL
Verantwortlicber Badakteur Bobert Bitner, Templin (Uckermark).
Draok Ton Hermann Beyer A SObne (Beyer * Kann) in Langaaaalsa.
1 1 u :
fttr
MUSIK- GESCHICHTE
haaiisgegebeii
▼on
der Gesellschaft fttr Musikforechuiig.
IIIIV. Jabri.
1902.
Prelf dei Jahrgangei 9 Mk. Monatlioh •rgoheint
•ln« Numm«r ron 1 tils 1 Bogen. Iniertionggebftbren
Hr die Zeile Si Pt
KomminloiiaTlKlag
▼on Breltkopf A Hllrtel in Leipiig.
B«steUang«n
nlmiiit Jed* Buob- und MmMMiMiilming •»%•§•«.
No. 8.
Tttenllste des Jalres 1901,
die Musik betreffend.
(Karl Iiftstner.)
Abkiirzung fir die citierten Musikzeitschriften :
Bihgem. = Deutsche Biihnen-Genossenschaft. Berlin.
Fl. fil. = Fliegende Bl&tter fir katb. Eirchenmusik. Regensburg, Pustet.
Guide = le Guide mas. Bruxelles, Schott
I. M. G. = Zeitschrift der Internationalen Musik-Gesellsohaft. Breitkopf & H&rtel.
E. a. Mubz. = Deutsche Eunst- a. Masikztg. Wien, Wiener Musik-Verlags-
baus.
Lessm. = Allgem. Deutsche Masikztg. Cbarlottenbarg.
Mfoestrel = le Mlnestrel. Journal da monde music. Paris, HeugeL
Mas. Tim. =» Musical Times. London, Novello.
Mus. sac. = Musioa sacra. Monatsschrift fir kath. Eirchenmusik. Begensburg,
Haberl.
N. Z. f. M. = Neue Zeitschr. £ Mus. Leipzig, Eahnt
Bicordi = Gazetta music, di Milano, Ricordi.
Sig. =» Signal© f. d. mus. Welt Leipzig, 8enff.
Wbl. = Musikal. Wochenblatt. Leipzig, Fritzsch.
Is wird gebeten falscbe Daten der Bedaktion gef&lligst anzuzeigen.
Aikei, Heiry 1., Oratoriens&nger, st 4. Nov. in Boston, 78 Jahr alt.
Wbl. 657.
Albert, Charles f ., bekannter Geigenbauer in Philadelphia, st das. im Jani.
Wbl. 398.
Albreeht, I., von 1854 — 1900 Musikdirektor und Organist in Zittau, st.
das. 76 Jahr alt, 1. Sept Wbl. 490. Lessm. 586.
Alegre, Igaacio Ptaor, Komponist, Musikschriftsteller und Professor am
Konservatorium zu Bio de Janeiro, st. das. 45 Jahr alt, Anfang des
Jahres. Sig. 187.
Aageleal, Carlo, Komponist von Opera und Kirohensachen, Kapellmeister
Monatoh. 1 Musikgetoh. Jahrgang XXXIV. No. 8. 8
130
Totenliste des Jahree 1901.
and Professor am Muaikinstitut zu Lucca, it. das. 66 Jahr alt, 13. Jan.
M4ees4rel 40. Wbl. 106. Ricordi 43.
Alger, Rlekard, Begrfimder and Direktor de§ Laiseostfidtiachen Theaters
in Berlin, st. das. 10. April, 55 Jahr alt Sig. 492.
Areker, Frederik, Organist, Musikdirektor, Grinder und Herausgeber der
MoaikzeitBchrifl „The Key note*' in New York, si das. 22 Okt; geb.
16. Juni 1838 m Oxford. Mas. Tim. 827.
Aadraa, Until, Operettenkomponist, st 17. Aug. zu Tierce ville, (Seine-
etrOwe); geb. 11. April 1840 in Lyon. Nekr. MSneetrel 272. Leans.
552.
lartiek, Dr. Edamd, Direktor des Kur-Orchesters zu Davos, st das.
29. Marz, 27 Jahr alt. Lessm. 340. Sig. 509.
lull, Miss Pearl i., Komponistin, st im Aug. in Chicago. Wbl. 534.
Barbedette, Hlppolyte, Musikschriftsteller, Recensent und Komponist in Paris,
st das. 1. Febr.; geb. 1827 zu Poitiers. Menestrel 40.
Baraier, Jtles, fruchtbarer Textdichter, st. 16. Jan. zu Paris; geb. 8. Marz
1825. Menestrel 24.
Bargbeer, Altlf, Konzertmeister der AUg. Musikgesellschaft za Basel, st
das. 10. Marz; geb. 21. Okt 1840 in Buckeburg, Biogr. in 8chwei-
zerische Musikztg. Nr. 12. WbL 178.
Baneti Edwia, Organist und Ghormeister an der Trinity Church in Lon-
don, st. das. 4. Dez. Mus. Tim. 1902, 52.
Baraett, Alice, Opernsangerin , Contraltistin , st. 14. April in London,
Mus. Tim. 338.
Bartay, Edaard, Direktor des National-Konservatoriums zu Budapest, anch
Komponist, st das. 31. Aug.; geb. 4. Okt 1825. Lessm. 586.
Bazieai, Carle, Sanger za Mailand, st im Aug. das. Ricordi.
Becker, Karl, Direktor des Stadttheaters zu Erfurt, st. das. 24. Aug.;
geb. 1860 zu Dessau. Buhgen. 351.
Beer, Cesar, fruherer Violoncellprofessor am Konservatorium zu Petersburg,
st 26. Aug., 79 Jahr alt zu Wiesbaden. Todes-Anzeige.
Beaiazii-Seeeki, Laisa, ehemalige Primadonna an den ersten Btihnen Italiens,
st im Marz zu Nizza; geb. 1833 in Ravenna. Menestrel 88.
Beaott, Plerre-Le'OBard-Le'epoli, Komponist und Direktor des flamiscben
Konservatoriums zu Antwerpen, st. das. 8. Marz; geb. 17. Aug. 1834
in Hearlebeeke (Westflandern). Nekr. Menestrel 80, Ricordi 179 und
Sig. 371.
Beraaa, siehe Gafflgaaai-Beraaa.
Berasdorf, Edaard, Komponist und langjahriger Kritiker der Leipziger
Signale, st 27. Juni zu Leipzig; geb. 25. Marz in Dessau. Nekr.
Sig. 673.
Bieraaeki, Nlctlas, siehe Redtc-Bleraacki.
Biggar, Alexander, Musikalienhandler in Glasgow, st das. 62 Jahr alt,
9. Aug. Mus. Tim. 621.
Biader, Adolf, Komponist und Dirigent des philharmonischen Verebs in
Marburg a. d. Donau, st. das. 13. Sept K. u. Muss. 179.
Totenliste des Jahres 1901.
131
Birch, CharMto All, ausgezeichnete Sopranistin, sang die Sopran-Soli in
der ersten Auffuhrung des Elias unter Mendelssohn am 16. April 1847,
st. 26. Jan., 85 Jabr alt. Hue. Tim. 195.
Bluner, Nartii Irtlfitt ffllleln, Professor, Vorsteber einer Meisterschule
der Eomposition an der Kdnigl. Hochschule far Musik, langjahriger
Dirigent der Berliner Singakademie und Komponist, si. 16. Nov. za
Berlin ; geb. 21. Nov. 1827 zu Furstenberg in Mecklenburg. Leesm. 762.
Bisth, Rudolf, Operasanger am Hoftheater am Karlsruhe, st. das. 3. Febr. ;
geb. 7. Okt. 1839 in Mahlberg in Baden. Bubgen. 66.
Btllaana, Brine, Operntenorist in Berlin, st. das. 17. Okt., 40 Jahr alt.
Buhgen. 428.
Btahear, Stella, S&ngerin, Gattin des Deputierten Montenovesi, st. 19. Bez.
zu Bom. Bicordi 742. Guide 990. WbL 1902, 43.
Btwll, Calbte, Komponist und Musikdirektor in Paris, st. das. Anfang
April; geb. 1833 in Italien. Menestrel 112.
Barghi-Mam, Adelaide, vielgefeierte Opernsangerin, st. in ihrer Vaterstadt
Bologna am 28. Sept.; geb. 9. Aug. 1826. Bicordi 576. 581 Biogr.
M&ieetrel 329. Big. 923 mit falschem Geburtsdatum.
Btraheiaer, Frlti, Direktor des Wilhelm-Theaters in Gorlitz, st das.
9. Febr. Buhgen. 80.
Btaioa, Gearges, GesangBprofessor am Pariser Konservatorium, st das.
23. April, 34 Jabr alt Leesm. 340.
Braades, Georg Wiliito, fruher Opernbariton, dann Theaterdirektor in
Breslau und Mainz, st 14. Aug. in Frankfort a. M.; geb. 29. Mans
1836 zu Hannover. Leesm. 586. Buhgen. 342.
Iftttr, Berafcard, Eonzertmeister des philharmonischen Orchesters in Ber-
lin, endete durch Selbstmord in Scheveningen 6. Juni. Lessm. 420.
Braastot, EdaeaN, Pianist, Komponist und Musikdirektor in Louchon, st.
das. im Bez.; geb. 29. April 1836 zu Toulouse. Menestrel 384.
Willi, frlfirlel Aagast, hervorragender Lehrer des Yiolinspiels in Beims,
(wo u. a. auch Henri Marteau sein Schuler war), st. das. im Juni;
geb. 5. Aug. 1820 in Enge bei Zurich. Menestrel 192.
litis, Karl, Kdnigl. Kammermusiker a. D. in Wiesbaden, st. das. 7. Jan. ;
geb. 11. Jan. 1823 zu Biebrich a. Rh. Buhgen. 18.
Ctlfiri-Wlitor, Giaseppe, Komponist, Dirigent und Gesanglehrer in Neapel,
st das. 84 Jahr alt im Sept. Wbl. 561.
Cariseh, Aadrea, Begrunder der Verlagsfirma Carisch & J&nichen in Mai-
land, st. das. im Aug., 67 Jabr alt N. Z. f. M. 428.
CATM1, Sllftslei, eigentlich Canaaaae, ehemaliger glanzender Opernbariton
am Monnaie-The&tre in Brussel, st 5. Marz in Luttich; geb. ebenda
1824. Guide 246.
Carealai, Carlo, Violinist in Triest, st. das. im Jan. Sig. 156.
Ceppi, Aataala. Buhnen tenor, st. 34 Jahr alt im April in Vicenza. M6-
nestrel 144.
Ckrysaader, Friedrieh , Musikschriftsteller und namentlich Handelforscher,
st 3. Sept in Bergedorf bei Hamburg; geb. 8. Juli 1826 zu Lub-
8*
132
Totenliste ice Jahrea 1901.
theen in Mecklenburg. Nekr. Hamburger Nachrichten Nr. 208; — I.
M. G. 111, 43. — Portr. und Nekr. Lessm. 582.
ClM siehe fiiilll.
Cohea, Jules, Komponist und langjahriger Chordirektor der grofeen Oper
zu Paris, si das. 13. Jan.; geb. 2. Nov. 1830 in Marseille. M6ne-
strel 24.
Ceabalet, Artkar, eigenilich Cobalet, ehemaliger Bariton an der Opera
comique in Paris, st. zu Joinville-le-Pont ; geb. 1854 in Bordeaux.
Monestrel 168.
Coned, Josef, Direktor des Stadttheaters in Libau in Ruf aland, at. das.
18. Jan. Buhgen. 80.
Costallat, . .., Muaikverleger in Paris, st. das. 11. Okt Guide 782.
Cfittl, Br. Prim, Bibliothekar und Professor am Konservatorium zu
Parma, si das. Mitt© Aug.; geb. 1825 ebenda. Ricordi 495. Mene-
strel 280.
Cfil, Aagasta, verehelichte ill Costa Ceraeira, Opernsangerin in Lissabon,
st. das. im Jan. Mdnestrel 40.
§«§■, Jaaes, Komponist und ehemaliger Musik-Professor an der Universi-
tat Virginia, si zu Baltimore im Mai; geb. 1818. M6nestrel 200.
li Gueyeaa, . . .» Operasangeriii, erlag ihren Bmndwunden im Ant-
werpen am 19. Dez. Buhgen. 535.
iiSisprtafille, Maurice, Klaviervirtuose in Paris, st. das. im Mai, 26 Jahr
alt Guide 477.
Devoyod, Jilts, Opernbariton am Moskauer Eremitage-Theater, st. das.
wahrend einer Vorstellung des Bigoletto am 21. Juni; geb. 1836 zu
Lyon. Menestrel 208.
lltt de la Pefia, Eagtae-Earile, Komponist, st zu Colleville, Departement
Calvados in Frankreich im Sept.; geb. 27. Febr. 1837 in Paris.
Nekr. M6uestrel 296.
Mbdla, Jm§s Caitoa, Konzertunternehmer, st. 44 Jahr alt im Juli zu
Edinburg. WW. 451.
Dietz, Kathlaka yob, siehe Maekeazie.
Dorn, Aleiaader, Professor, Konigl. Musikdirektor. Vokalkomponist und
Lehrer an der Konigl. Hochschule fur Musik in Berlin, st. das. 27. Nov.;
geb. 8. Juni 1833 zu Biga. Lessm. 803.
Doyle, Claries Wesley, Professor an der Guildhall School of Music und
Mitglied der Privatkapelle der verstorbenen Konigin, st. 12. Nov. zu
Kensington, 80 Jahr alt. Mus. Tim. 827.
Eberle, . . ., Violoncellvirtuose in Amsterdam, st. das. im Dez. WbL
1902, 12.
Ederer, Karl, Hofmusiker in Karlsruhe, st das. 4. April; geb. 21. Aug.
1855 zu Schdnthal in Osterr. Buhgen. 193.
llsiiintl, Wllbein, Musikdirektor und Komponist in Koln, st. das. 26. Jan.
geb. 3. Jan. 1829 zu Burrig, Kreis Solingen. Leipz. IUustr. Zt Nr. 3006.
Faleke, Hearl, auch in deutschen Konzerts&len bekannter Klaviervirtuose in
Paris, st das. 13. April; geb. ebenda 1 866. Guide 405.
Totenliste des Jahres 1901.
133
Mi*, Gaetaio, Lehrer fur Trompete am Verdi-Konservatorium in Mai-
land, st. das. 55 Jahr alt am 3. Sept. Ricordi 564. M6nestrel 319.
Faao, Iltssiiiw, Direktor der Musikzeitung „H mondo artistico" in Mai-
land, im Jahre 1867 von ihm gegrundet, st das. 58 Jahr alt, am
31. Jan. Ricordi 96. MSnestrel 48.
Parser, Joha, Organist, Kapellmeister nnd Komponist in Oxford, st. das.
17. Juli; geb. 16. Aug. 1836 zu Nottingham. Mas. Tim. 556.
ftssltr, Edaard, herzogl. sachs. Kammers&nger, Professor, st. 21. Nov. in
Berlin; geb. 5. Okt. 1841 zu Neubnrg a. d. Donau. Lessm. 803.
Foaquler, Heiri, Musikkritiker des „Figaro u in Paris, st das. 25. Dez.,
63 Jahr alt. M6nestrel 415.
frisw ell, geborne Geo If lift Hale Rogers, ehemals beruhmte Oratoriensangerin,
st. 88 Jahr alt, 7. April zu London. Mas. Tim. 338.
Fmt, Henry Frederick, Musikschriftsteller und Masikkritiker des „Standard"
in London, st. das. 3. Mai; geb. ebenda 15. Marz 1848. Mas. Tim.
411.
Flliagftll, ftmcesit, Mitglied einer zahlreicfcen Kunstlerfamilie, fctharer
Bohnen tenor, st. 72 Jahr alt im Jan. in Mailand. Menestrel 40.
itlittl-fiillill, Isabella, eine der beruhmtesten dramatischen Sangerinnen,
st in Mailand 31. Aug. ; geb. 11. Nov. 1835 zu Bologna. Mene-
strel 296.
Galligaaii-Bernaa, Cilart, Gattin d©s Direktora des MaiMnder Komer-
vatoriums, bedeatende Opernsangerin, st 11. Marz in Mailand. Biogr.
Ricordi 178. MSnestrel 96.
Gamier, Mil, Musikschriftsteller und Kritiker in Paris, st. das. Ende Mai,
64 Jahr alt. Menestrel 168.
fiille, Philippe, Musikkritiker und Librettist in Paris, st. das. 20. M&rz.
Menestrel 96.
©let, Laireat, Komponist und Violinist in Paris, st. das. im Nov., 51 Jahr
alt WW. 641.
€iielt, Josef, ehemaliger Kammermusiker am Hoftheater zu Karlsruhe, st
das. 26. Marz, geb. 1840 in Munchen. Buhgen. 184.
flmtaraa, siehe Weiiplerg.
Alfred, Klaviervirtuose und Direktor des Liceo musicale in San
Salvador (Sud-Amerika), st das. im Aug. Menestrel 288.
Gitze, lull, Biihnentenor, konigl. Preuls. Kammers&nger, st 28. Sept in
Charlottenbarg; geb. 19. Juli 1856 zu Leipzig. Nekr. und Portr.
Lessm. 640.
firazlani, Fraiceseo, Buhnenbariton, Freund Verdi's, st. 30. Juni auf seiner
Villa in Orottazzolina bei Fermo; geb. 26. April zu Fermo bei Bom.
Ricordi 424. Mtoestrel 232.
fireei, Charles W ., Pianist, Organist und Komponist, st. im Okt. in Newark.
Wbl. 610.
firlebel, Karl, ehemaliger Baritonist an den Hofbuhnen von Koburg und
Hannover, st 3. Juli in Lilienthal bei Baden-Baden ; geb. 5. Juni
1835 zu Koburg. Lessm. 511 und 552.
184
Totenliste des Jahres 1901.
flrillet, Lawcit, Violinist, Musikdirektor und Komponist, Verfasser einea
Werkes: „les Anc&res da Violon et da Violoncello!", st 51 Jahr alt,
5. Nov. in Paris. Mdnestrel 360.
Gros, Vietar-Atarf, Direktor des Konservatorioms and Begrunder der popu-
lftren Konzerte in Lyon, st. das. im Sept; geb. 11. M&rz 1837 ebenda.
M6nestrel 312.
Greaser, Jilln, Direktor des Stadttheaters m Aschaffenburg, st das.
8. Okt; geb. 1845 in Ohlau. Buhgen. 428.
firtsspittsel, Jekanies, Klavierfabrikant and Kommissionsrat in Brealau,
st. das. 4. Mai. Breslaaer Ztg.
Graves, Jill, Violoncellist und Orchesterdirigent in London, st das. 11. April;
geb. zu York 1839. Mas. Tim. 412.
Grandmani, Elisabath, geb. Itnllicl, gediegene Pianistin and Lehrerin in
Leipzig, st. das. 3. Sept 38 Jahr alt Wbi 504.
Grill Will, llilf, Violinplldagoge und Professor in Berlin, st das. 5. Jan.;
geb. 5. Ang. 1826 zu Brieg. Vossische Ztg.
flaaM, Gastav Adolf, Konigl. Saclis. Kammennasiker in Dresden, Kompo-
nist einer Anzahl Opern, wurde in einem Trambahnwagen ermordet
am 21. M&rz; geb. 1867 in Wien. Nekr. and Portr. Neae Macdk-
ztg. 121. Wbl. 193.
Girlitt, CiriilliS, Professor, Konigl. Musikdirektor, Komponist and wah*
rend 40 Jahren Organist an der Haaptkirche zu Alton*, st 17. Jani
zu Hamburg; geb. 10. Pebr. 1820 zu Altona. Lessm. 451.
Hallstrtin, Ivar Cbrlsllai, Opernkomponist in Stockholm, st das. 10. April;
geb. 5. Juni 1826 ebendort. I. M. G. 277. WbL 231.
Hiser, Karl, Hofmusikus a. D. in Stuttgart, st das. 83 Jahr alt, 19. Juni
Sig. 667.
ItwelSy lifl Regiiald, Musikschriftsteller and Instramentensammler in
London, st das. 29 Jan.; geb. 3. April 1838. Mas. Tim. 195.
Heiiriehshtfei, Theodor ¥•■, Musikverleger in Magdeburg, st. das. 17. Jan.,
86 Jahr alt. K. u. Musz. 31.
Heinze, Sarah, geb. Magnus, vortreffliche Pianistin in Dresden, st das.
27. Okt; geb. 1839 in Stockholm. WW. 641.
Heller, Julius, seit 1857 als Dirigent verschiedener Musikyereine in Triest
thitig, st. das. 62 Jahre alt, 26 Juni. Wbl. 386.
Heiriei, Paul, Komponist einer XJnzahl franzosischer Bomanzen in Paris,
st das. 24. Okt.; geb. 20. Juli 1819. Nekr. in Lee Annales do la
mm 221. Menestrel 344.
Haarlqaes, Arthar Hitter vta, Chonneister und Komponist in Wien, st das.
im Sept K u. Musz. 179.
Hensehel, Llliao, Konzertsftngerin, Gattin des Sangers und Komponisten
Georg H, st. zu London 5. Nov.; geb. 17. Jan. 1860 im Staate Ohio.
Mus. Tim. 827. Lessm. 803.
Unci, Professor Dr. Wilkeln, Mitbegrunder and langjahriger Leiter der
Thorner Liedertafel, Komponist) st 3, Febr. in Thorn; geb. 17. Dee.
Totenliste des Jahres 1901.
138
1814 m Ednigsberg. Nekr. Ednigsberger Hartung'sche Ztg. Nr. 58.
Le88m. 102.
Htpklas, Edward John, Komponist and Organist in London, at. das. 4. Febr. ;
geb. 30. Jnni 1818. I. M. G. 214.
■§¥§■, Fritz, Mnsikpadagoge in Berlin, st. das. 10. Mai, 42 Jahr alt.
Woche 870.
Imiaia, Aatoi, Eonigl. Eammers&nger and Gesanglehrer am Eonser-
vatorium m Stuttgart, st. das. 22. (23.) Jani; gob. 23. Dez. 1841 in
Kladno in Bdhmen. Wbl. 368.
HlBpirey, Charto, Operntenor, st. 40 Jahr alt im April sa Saint-Louis
(Ver. Si) durch 8elbstniord. MSnestrel 128.
■■mil, Lftflls, Kapellmeister an der Kirche Saint-Eustache and Chordirektor
am alten italienischen Theater m Paris, st. das. im Jan. MGnestrel 40.
JtCiiiii, Heiirieb, Violinist und Lehrer an der Eonigl. Hochschnle far
Musik za Berlin, Schuler Joachim's, si 20. Mai in Grofs-Lichterfelde
bei Berlin; geb. 1851 zu Hadersleben. Lessm. 393.
Jttee, Mill, eigentlioh Gen, Librettist, st. 4. Marz za Asnieres, 75 Jahr
alt. Guide 261.
Iffciitl, Mttaar, Violinvhrtuose and Eomponist in Britesel, st 8. Aag. im
Laisen-Hospital za Aachen; geb. 15. Nov. 1841 za Neastadt in
Schlesien. Nekr. Guide 676.
Illlscl, itmiiif Direktor der Akademie for Eonstgesang in Stettin, st
das. 57 Jahr alt, 9. Juli. Wbl. 398.
EMWt Fraiz, Pianofortefabrikant, Kommeraairmt, Grander des Eaim-Or-
chesters in Munchen, st. 78 Jahr alt, 1. Jan. in Kirchheim bei Man-
chen. Sig. 59.
KaduMa, ■««•■■, Ednigl. Esmmern rogik cr a. D. in Berlin, st das.
19. Sept Lessm. 640.
Ealdy, Julius, ehemals Mosikdirektor der konigl. Oper in Budapest, am
die Erforschang alter angarischer Volkslieder and Tanzweisen, nament-
lich der mm der Sakocziieit stammenden Euruczenlieder, die or mit
stilvoller Harmonisierung versah, verdient, st 63 Jahr alt, 6. Mans in
Budapest. Lessm. 202.
lAliniikftff, WmfHslliJ ffarptewiteci, Eomponist, st. 29. Dez. (11. Jan.) za
Jalta auf der Krim; geb. 31. Jan. 1866 im Dorfe Wolna, Gouvern.
Orlow. I. M. G. 214 and 380.
Illicit Josef, durch seine Lieder and Tanze in weiteren Ereisen bekannt
gewordener ehemaliger Eapellmeister der Wiener Hofoper, spater Chor-
direktor an der Pfarre St. Leopold in Wien, st. 73 Jahr alt im JuK
in W&hring bei Wien. Lessm. 552. Sig. 714.
Keller, Maarice H., Organist der Bloomingdale Reformed Church in New
York, st das. im Marz, 40 Jahre alt. Wbl. 210.
fill, Erast, Hornist, Lehrer am Eonservatorium zu Edln, st. das. 30. Juni,
48 Jahr alt. Lessm. 484.
Ilrehaer, Pail F., Chordirigent and Gesanglehrer in Philadelphia, st das.
im Juni; geb. 1857 in Munchen. WbL 410.
136
Totenliste des Jahres 1901.
Rlatt, Albert, Btfidtisoher Musikdirektor in Beuthen, Oberschlesien, st das.
71 Jahr ait, 3. Febr. Breslaaer Ztg. Nr. 91.
Hill, Alexaader, Buhnentenor, st. im Okt. in Zurich. 8ig. 972.
Rtolnlehel, Rlehlrt, Komponist, Pianist und Musikschriftsteller, st. 18. Aug.
in Gharlottenburg; geb. 31. Dez. 1846 zu Posen. Lessm. 552. Nekr.
Sig. 737.
Rafipfer, Willy, vielversprechender Komponist, si Ende Febr. in Berlin;
geb. 27. Juni 1875 zu Halle. Lessm. 163. Nekr. Sig. 1025.
Laldlaw, Abba, Raveaaa, spatere Irs. Thtauaa, Kkviemrtuosin, die mil
Mendelssohn und Sohumann in regem Freundschaflaverkehr stand, st
Mitte Juni in London ; geb. 1819 zu Bretton (Yorkshire). Lessm. 484.
Sig. 723.
Lais, Flllppo, Singer, Mitglied der Kgl. Akademie St. C&cilia in Rem,
st. den 3. Febr. daselbst im 81. Lebensjahre. Ricordi 111.
Lapta, Until, Viola-Lehrer am Konservatorium zu Briissel, st das. im
Sept Guide 759.
La Frti, Isabella, Harfenvirtuosin aus Osterreich, st im Jan. in Monte-
video durch Selbstmord. M6nestrel 40.
Ultalt, Jaaaaa Gears, KUviervirtuose and Komponist, Schuler Liszt's, st
in der Irrenheilanstalt Bubertusburg bei Dresden, 6. Sept; geb. in
Dresden 29. Sept 1852. WW. 518.
Lewy, finsttf, Hofmusikalienhandler in Wien, st 76 Jahr alt in Baden
bei Wien. Neue musikal. Presse 591.
Lherle, Gaston, hoflhungsvoller Pianist, st. 24. Sept in Ischl ; geb. 30. Juli
1880 zu Paris. Lessm. 640.
UMel, Emily, geb. Shlaaer, Violin virtuosin in London, st. das. 17. Aug.,
39 Jahr alt Mus. Tim. 556.
Llifito, Heary Joha, Musikkritiker in London, st 16. Aug. in Hamp-
stead; geb. 15. Okt 1814 zu London. Mus. Tim. 620.
Ltetaer, Anfisfi, Opernsangerin am Stadttheater zu Dusseldor£, st 6. Juni
das.; geb. 1877 in Wien. Buhgen. 268.
Loekey, Charles, Oratorien-Tenor und Mitglied der kdnigl. Kapelle in Lon-
don, sang miter Mendelssohn den Elias in der ersten Auffuhrung, st
3. Dez. in Hastings; geb. 23. Marz 1820 zu Thatcham bei Newborg.
Nekr. und Portr. Mus. Tim. 1902, 28.
Loeser, Reribard, Kommerzienrat, um die Forderung der Wagiitmiclie
hochverdienter Kunstmacen, st. 2. Mai in Berlin ; geb. 1835 zu Qued-
linburg. Lessm. 340.
Liwe, Rarellae, fruhere Opernsangerin und Gattin des Theaterdirektor
Wilhelm L. in New York, st das. 85 Jahr alt 10. Okt Buhgen. 459.
Lays, RiehanL Violoncellvirtuos in Paris, st 65 Jahr alt zu Saint-Remy-
lez-Chevreuse im Sept. M6nestrel 304.
Laeidl, Aehllle, Komponist und Klavierlehrer der Konigin Margherita yon
Italien, st. 2. Okt in Rom. Ricordi 588 ohne Daten. MSnestrel 344.
Litter, fleraiaBB, Kdnigl. Kammermusiker in Hannover, st. das. 28. Dez.;
geb. ebenda 1847. Buhgen. 1902, 26.
Totenliste dee Jahres 1901.
137
■ftckeizie, Katbllka, geb. ?•■ Ulttt, einst gefeierte Klaviervirtuosin, st
88 Jahr alt, 6. Dez. in Paris. AHgem. Ztg.
■llfitllli, Off till, Komponist von Opera and Kirchensachen, st 10. Febr.
in Beggio Emilia, 59 Jahr alt Schuler dee Konservatoriu ms zu Mai-
land. An Opera werden noch genannt: Giovanna di Cassiglia nnd
Oiorgione da Castelfranco. Bicordi 111. M6nestrel 64.
Half, Altai, Konzertmeister in Dresden, st. das. 25. Marz. Wbl. 210.
iaplfWi, J AlliS iiWf, ehemaliger Oberst, Direktor des Majesty-Theater
in London and Opern-Impressario, st. das. 14. Nov. 73 Jahr alt. Mas.
Tim. 827.
Marieelll, Eirieo, Komponist and Kontrabassist, st. im Nov. in Florenz.
Bicordi 682.
itfslei, Lolls, Komponist and wahrend 47 Jabren enter Violoncellist am
konigl. Theater za Lattich, st. das. im Aag. 58 Jahr alt. Guide 634.
MliriiPtfCliS, liifi, Violinist, seit 1874 Professor am Konservatorinm za
St. Petersburg, §t das. £nde Febr.; geb. 1822 in Sachsen. Lessm.
202.
itsctrii, GaeUao, Organist an der Kathedrale za Cremona, it im Okt
in hohem Alter daselbst. Bicordi 611.
■tsiliwstl, Rafael, seit 1890 Leiter der Konzerte des Breslauer Orchester-
vereins, st. 14. Marz za Breslaa; geb. 11. Juli 1838 in Lemberg.
Nekr. Bred. Ztg. und Sig. 356.
Mekriig, Theedor, Chronist der Hamburger Theatergeschichte, st. 3. Jan.
in Niendorf bei Hamburg; geb. 15. Sept 1839 za HaMurt in Franken.
Voss. Ztg.
iiistaf-ilriel, Frau, Opernsangerin und Gesanglehrerin in Aachen, st
das. 11. Jan. Lessm. 163.
Nercll-Porte, BP°, wahrend 40 Jahren Gesangsprofessorin am Konser*
vatorium zu Paris, st das. im Juli; geb. 1822 in Toulouse. M6ne-
strel 224.
Merelli, Entile, geb. iettlei, ehemalige Operosangerin , st. 68 Jahr alt,
12. Sept. in Wien. Wbl. 518.
Mortals, Joseph, flamischer Komponist, staatlicher Inspektor der belgischen
Musikschulen, ehemals Violinvirtuose, st. 30. Juni zu Brussel; geb.
17. Febr. 1834 in Antwerpen. Guide 561.
Mettaileitier, Berihard, konigl. Gymnasial-Musiklehrer, Kirchenkomponist,
st. 14. Jan. in Marktheidenfeld; geb. 25. April 1822 zu Wallerstein
in Baiern. Nekr. und Portr. Mus. sac. 29.
Mletzke, George A., Organist, Musikdirektor und Komponist in Hartford
(Connecticut), st im Dez. das. Wbl. 1902, 12.
■orlltf Rarl, Konigl. Hofmusiker a. D. in Munchen, st das. 65 Jahr alt,
23. Okt. Munchener Neueste Nachrichten.
Morsbaeh, Elisabeth, siehe GraidMun.
Mfiller, Adolt Opernkomponist und Kapellmeister am Theater an der Wien,
st. in Wien 14. Dez.; geb. das. 15. Okt 1839. Nekr. Neue musi-
kaliache Presae 672.
1S8
Totenliste des Jahras 1901.
Miller, Jakob, Openisanger, it. 4. Mini in Sun Franciaoo; geb. zu Frank-
fart a. M. 1845. Lessm. 276.
Mflller, Vlaeaas, ehemaliger Miislkproiiiisor ond Kompaniat m Wiao, st
22. Mai in Wahring bei Wien, 80 Jahr alt WbL 321.
■■sltll, llnsepp, in Italien and Amerika eines bedeatenden Eafee sich
erfreuender Operntenorist, it im Jan. in Bologna. Menestrel 40.
Neaaiaaa, Berahard, ein urn die deutsch-amerikanische Kirchenmusik hoch-
verdienter Lehrer in St Louis, ft. das. im Jali; geb. 1827 in der
Bheinpfalz. Voss. Ztg. vom 2. Aug.
lifli, Ethelbert, Komponist vieler in Amerika popolarer Lieder, it 20.
Febr. in New Haven (Conn.); geb. 1862 za Edgewater (Pan.). Leeam. 163.
Naavelll, itltfli, fruher Tenorist an der italienischen Oper, dann Gesang*
professor am Konservatoriam za Warschau, st das. 17. Jan., 46 Jahr
alt I. M. G. 214.
§€•■, Edaarda, Komponist, Musikschriftsteller and Direktor dee Causer-
vatorio Beale di Maria Christina za Malaga, st. das. End© M&rz; geb.
das. 12 Jan. 1834. MSnestrel 96.
Offeabaeh, Edaard, Opemsiiger am Stadtthaiter sa Ghemnita, st daa,
21. Jan. Buhgen. 56.
Orlaff, Wit. Hid., Chorregent, Komponist von Liedern and geistlichea
Werken, st. in Petersburg; geb. 1858. I. M. G. II, 381.
Oatali, Aagelo, Komponist, st im April m Desenzano (Italien). Bicordi
228 bezeichnet ihn benonders ala Scbopfer von aaageaeiohiietan Schnl-
werken (distinto coltore de discipline mosicali).
inwssiff, 6. §., Komponist von Kirchensachen, st 1900 in Petersburg;
geb. 1836. L M. G. II, 381.
# if If Carte, Theaterdirektor in London, st. 3. April in dem Badeorte
Tonbridge Wells. Lessm. 256.
Paechelll, OraxJt, Violonoellvirtuos, st am 27. Okt in Bom, 24 Jahr alt
Bicordi 637.
Pape, Willi, Komponist, st. in Mobile (Alabama). WbL 561.
Paradfes, Georg, Direktor des deatschen Theaters in Moskaa, st das.
18. Dez. Buhgen. 535.
Patey, Jeha (targe, Opernsanger |n London, st. 4. Dez. in Falmouth;
geb. 1835 zu Stonehouse (Devonshire). Mas. Tim. 1902, 52.
Patzlg-Waadersleb, Latse, Violoncellvirtnosin and Lehrerin am Konservato-
riam ihres Gatten za Gotha, st das. 31. Jan. Wbl. 93.
Pllll, Richard, lyrischer Tenor an der Hofoper za Budapest, st das.
Anfeng Jan., 65 Jahr alt Wbl. 66.
Perottt, Jills, recte Pratt, ehemaliger Heldentenor der konigl. Oper in
Budapest, st 27. Febr. in Mailand, 60 Jahr alt Wbl. 148.
Petrewa-Worebjewa, Aiaa Jaeewlewaa, in den 40er Jahren eine der be-
ruhmtesten kaiserl. Opernsangerinnen, st in Petersburg; geb 1816. 1.
M. G. II f 381.
Pfeiffer, Wllheha, Professor, ehedem Klaviervirtaose and gesachter Lehrer
in Berlin, st. das. 9. Joni; geb. ebenda 11. Nov. 1821. Lessm. 420.
Totenlifte det Jahrec 1901.
isi
Ffetfer ¥•■ Weisseaegg, Wilhelaiie, siehe Walter.
Miff if, Karl, Dirigent der „Orpheus Musical Society 4 ' in Boston, si das.
im Mai, 51 Jahr alt. Wbl 335.
fHlppsil, Karl, Kdnigl. Kammermusiker, enter Violoncellist der kdnigl.
Kapelle m Berlin, st. das. 57 Jahr alt, 16. April. Lessm. 292.
natti, Carta, Alfredo, Yioloncellvirtuos and Komponist for sein Instrument,
st 18. Juli nach Bicordi 447, die anderen schreiben den 19., in Ber-
gamo; geb. ebenda 8. Jan. 1822. Nekr. and Portr. Mus. Tim. 584,
and Sig. 675.
Plataw-PIatawttsek, Alexander Rtleslaw, fruherer herzogl. Hoftheaterdirektor,
st 63 Jahr alt, 5. Sept m Hannovench-Munden. Sig. 843.
fill, Entll, Posseiir mud Textdichter, ©hemiils Direktor dea Stadttheatera in
Bremen, st 17. Aog. zu Ems; geb. 7. Jnmi in Konigsberg. Sig. 729.
if Pellgiae, First £!■•■#, Komponist zahlreicher Lieder and Chdre, st
67 Jahr alt im Aug. zu Paris. M6nestrel 255. Lessm. 550.
Peertea, Arved, von 1860—1874 Violoncellprofessor am kaiserl. Konser*
vatorium m St. Petersburg, Komponist fur sein Instrument, st 20. Marz
in Riga; geb. ebenda 1835. Wbl. 193.
Praga, Eageale, italienischer Geigenbauer, st in Croc© Fieschi (Genua) im
Sept Bicordi 564. Menestrel 296.
VnjVf Gottfried ¥•■, kais. Bat, Bomkapeliiieiiter an St Stephan sm
Wien, Komponist, st das. 9. Mai; geb. 15. Marz 1807 in Hausbrunn
in Niedtrosterr. — Die Geburtsdaten in Wurzbach's Lexikon iind
falsch. K. n. Mmsz. 108.
Pre, lilltw Jeha, Pianist und Komponist, st 22. Sept. in Exmouth; geb.
9. Febr. 1812. Mus. Tim. 756.
Qiatermas, Perelval, Violinist und Musikdirektor, st 23. Jan. in Port
Elizabeth; geb. zu Worcester. Mus. Tim. 195.
Ranrteiseck, J. J., Lehrer far Kontrabaas am Moekauer Konaemtorioin,
st. das.; geb. 1846. I. M. G. n. 381.
Read, John Francis Htleoabe, Direktor der Boyal Academy of Music in
London, Komponist einer Anzahl Kantaten, st das. 6. April, 80 Jahr
alt. Mus. Tim. 338.
Reehtaaaa, Jeaa, ehemaliger Opernsftnger in Koln, st das. 12. Juli; geb.
ebenda 1838. Buhgen. 308.
Redhead, Richard, Organist, Chormeister und Komponist in Hellingly
(Sussex), st das. 27. April; geb. 1. Marz 1820 zu Harrow. Nekr.
und Portr. Mus. Tim. 411.
Regaer, . . ., Musikdirektor in Elsterberg in Sachs., st das. im Mai,
84 Jahr alt; fruher Kapellmeister in Greiz. Wbl. 335.
Relneias, Edward W., Violoncellist in New York, st. das. Anfang des Jahres.
Sig. 187.
Reineek, Friedrieh Karl, fruherer Stadt- und Kirchenmusikdirektor, st.
29. Aug., 75 Jahr alt in Rixdorf bei Berlin. Deutsche Mnsikerztg. 524.
Reitii Fraaz, Orgelvirtuos und Dirigent in Hekingfors, st das. 23. Febr.
Lessm. 163.
Mi
Toienliste des Jahrea 1901.
lattM, Enilli, steh© ■«•!!.
Rheiafcergor, Dr. Josef Gabriel vaa, kdnigl. Hofkapellmeister, Lehrer an
der Akademie der Tonkunst in Munchen, namhafter Komponist, st 25.
Nov. das.; geb. 17. Marz 1839 zu Vaduz in Lichtenstein. Nekr.
Lessm. 795.
Rleel, Ettore, Mosikchef im 94. Inf.-Reg. in Bom, Komponist einer An-
zahl Operetten, it. das. 46 Jabr ait im Okt Bioordi 600 ohne Da-
ten. MSnestrel 352.
Riehter, Theedor , Posannist an der kais. Oper and Professor am Kon*
servatorium za Moskau, st das.; geb. 1826. L M. G. II, 381.
RlgaMy, inrtii, eigentlich Rlgaat, Sangerin an der Opera-comique in
Paris, st 28 Jahr alt in Montpellier. Menestrel 256.
Rlganoite, Ylrglala, one aosgezeichnete Harfenistin am Scalatheater, st
im April za Mailand. Bioordi 240.
litter, Jillu, Tbeaterdirektor in Hannover, st das. 16. Aog. Bfihgeo. 342.
Rivers, Perey Edgar, Sanger and Gesanglehrer in London, st das.
31. Aug., 65 Jabr alt Mas. Tim. 685.
Redee-Bleraaeki, Kieelas, Cbannsoiiier, als solcher „der polnisohe Bo-anger 4 '
genannt, kompoaiortu aacb ©in© grolse Anzahl Geslnge, st in Sept in
Lemberg. Menestrel 344.
liscl, Feriiiftii, Opernsanger, st. in Basel 3. Jani; geb. 1833 za Bonn.
Bfihgeo. 262.
Roger, Victor, Klavierprofessor in Montpellier, st. das. im Sept, 90 Jabr
alt. Guide 969.
Rogers, siehe FrlsweN.
Robei, Hemy, Pianistin and Klavierlehrerin, st 9. April geistesgestdrt
durch Selbstmord in Friadenau bei Berlin. Lessm. 292.
Rabeisoo, Albert, Komponist and Violinist seit 1872 Direktor des Kon-
servatoriums zu Stockholm, st das. 8. Marz. I. M. G. 251.
Riggi, fraaeesco, Komponist von Opern and Kirchenmusik, st im Jan.
zu Neapel; geb. ebenda 1826. M6nestrel 40.
RflMiel, htm, Professor, Khviewirtooie and Jfomponiat, st 3. Mmi in
Berlin; geb. 11. Jan. 1853 za London. Lessm. 340.
Silt, Marco, Komponist and Masikschriftsteller st in der Naobt des
5. April in Nervi; geb. 19. Febr. 1842 za Mailand. Bioordi 240
Biographie.
Salaaao, Charles Reosiogtoi, Komponist and Pianist, Begrunder der
>f Bojal Society of musicians" in London, st das. 23. Jani; geb. 3. Man
1814 ebenda. Nekr. u. Portr. Mm Tim. 530. I. M. G. 410.
Sanglorgl, Fillppo, Kapellmeister and Komponist von Opern, geb. 1834 in
Bom, st am 4. Febr. ebenda. Bicordi 111.
Saezay, £■§§■•, Violinvirtuose, Professor am Konservatorium, Komponist
und Masikschriftsteller in Paris, st. das. 24. Jan.; geb. 14. Juli 1809
ebenda. Menestrel 40.
Searaiio, Oroizlo Mario, Opernkomponist st. im Dez. za Mottola (Prov.
Lecce); geb. 1845. M6nestrel 1902, 7.
Totenliste des Jahres 1901.
141
Scbadow, Pill, Operasanger in Eesen a. d. Ruhr, si das. 13. April; geb.
1864 in Berlin. Buhgen. 193.
Sflilli-irtmi, Marie, Konzerts&ngerin, st. im Aug. in Brooklyn. Wbl. 574.
Seiiii, litis David , Didzesenprases des Cacilien-Vereins der Didzese
Trient, st. 29. M&rz in Elansen; geb. 1839 zu Kaltern. fl. Ml 38.
Setali, Ernst, Oberlehrer und Ehrenchorm eister des Sch ubert-Bundes in
Wien, st. das. 20. Sept. K, a. Musz. 179.
Sclnlit, ■■§•, crater Trompcter der New- York Pbilharmonie Society, st.
das. im Jan. Wbl. 148.
Scllillt, Wlllilm, Kantor a. D., st. am 22. Mai in Dresden. Tonkunstler-
Vereins-Bericht S. 11.
Sflrlefcil, Else, Operos&ngerin, st. 8. JuK in Berlin; geb. in Weimar.
Buhgen. 293.
Sdltat-Stfiiltl, Ladwig, Professor mid Gesangspldfigcig©, Heransgeber der
Zeitschrift : „Der Kunstgesang", st. 45 Jahr alt in seiner Yaterstadt
Stargard in Mecklenburg. Wbl 210.
Scadellari, Giaseppe, Birektor der Mnnkachnle za Perugia, st. am 29. Mai
das. etwa 50 Jahr alt Bicordi 364.
String, Friedrieh Wilhete, Mosikdirektor und Gesangskomponist in Han-
nover, st das. 5. Nov.; geb. 26. Nov. 1822 zu Furstenwalde (Nieder-
lausitz). Les6m. 803.
Semis, Fraaeais-Mathiea, genannt Fraaz, Adoptivbruder des Yioloncellisten
Joseph S., Eomponist und Dirigent, st 14. Jan. zu Asnieres; geb. 1851
zu Hal. Guide 68.
Seyffart, Enst Heraaai, kdnigl. Musikdirektor, Gesanglehrer am kais.
Wilhelms-Bealgymnasium zu Berlin, st. das. 24. Nov., 77 Jahr alt.
Todes-Anz. in der Nordd. Allgem. Ztg. — Nicht Seyffert wie bei
Lessm. 803 steht
8hlaaer, Emily, siehe Liddel.
Hfiltfi, Annul, Librettist, st. im Pebr. in Paris. Guide 212. Nach
Bicordi it. er zu Tolosa, siehe Seite 164.
Sinus, Fraak H., Orgelvirtuose und Organist an der St. Paul's Kirche zu
New Orleans (Ver. St.), st das. 6. Nov. 48 Jahr alt. Mus. Tim. 827.
. Wbl. 657 falschlich Simons.
SIHFiel, Fritz, Inhaber des Musikverlags N. Simrock in Berlin, st 20. Aug.
in Lausanne, 65 Jahr alt. Wbl. 478.
Sinzig, Earl, ehemaliger Musikdirektor des Cacilien - Vereins in Wiesbaden,
st. 18. Juni zu Goblenz ; geb. 9. Mai 1831 in Trier. Todes-Anz.
Slidek, Wendells, Kontrabass virtuose und Professor am Prager Konser-
vatorium, st. 1. Juli zu Strichow. Wbl. 398.
Suit!, Jeremiah Oakeley, ehemaliger Organist zu London, gesuchter Lehrer,
st das. 81 Jahr alt, 16. April Mus. Tim. 338.
Stalner, Sir Jill, Musikprofessor in Oxford, Organist an der St. Paul's
- Kirche zu London, Kirchenkomponist und Musikschriftsteller , st auf
einer Beise in Verona 31. Marz; geb. 6. Juni 1840 zu London.
Nekr. u. Poitr. Mus. Tim. 297.
142
Totenliate des Jahres 1901.
Staaferd, Aatktay, Komponist, st im Aug. in New York, 31 Jahr nit
WbL 534.
Sttlpf, Dr. Ladwlg, Profeisor fir Hamoniekbre am. NaM«Mil-K©ii§er-
TitoriaiB zu Budapest, st. das. 39 Jahr alt, 14. Sept. Wbl. 549.
Steinberg, Albert, Masikkritiker mud als soldier eifriger Wagnerianer, at.
im April in New York. Wbl 283.
Sweet, Georg, Stadtk&pelmeister in Oblan in SeMesieii, si isi 45 Jahr
alt, 12. Jali. Detttsche Masiker Ztg. 425.
Swobtda, JUlli, Qwigskomiker am Moftheater zu liwitii, st das.
5. Aug., 64 Jahr alt Sig. 714.
Teja-Uala, Angela, Witwe dee Klavierkomponisten Oioseppe Unia, selbst
fflaviemrtnosin, st im hohen Alto* in Jani in Turin. Mdnestrel 183.
Die Sig. 972 sohreiben Tepa.
filii, Albert, Buhnentenorist, st 4. Nov. in Jena; geb. 1835 za Hermann-
atadt in Siebenburgan. BAhgen. 450. Lessm. 803.
Teapsky, Bene ¥•■, Kapellmeister am Hoftheater za Detmold and am
Stadttheater m Oanabrflek, st im Mai in Berlin. WbL 308.
Teadall, Geerge, Frederick, Komponiat and Organist an der Eathedrale za
Nea-Seeland, st das. 56 Jahr alt im Okt Mas. Tim. 1902, 52.
Terletlkl, Aagast, Orgelbaameister in Mbing, st das. 71 Jahr alt im April
Mmsik- and lnatramentenztg. 601.
Teruiack, Adelf, Professor, Flotenvirtaos and Komponiat, st 3. Okt in
Breslaa; geb. 6. April 1832 za Hermannstadt in Siebenbdrgen. Leipz.
Illostr. Ztg. Mr. 3041.
Tiller, Oskar, Bedaktoor der Wiener Zeifmmg, bedentondar Itoicher aaf
dem Gebiete der Theatergeschichte, st m Dombich im Juni, 48 Jahr
alt. Buhgen. 286.
fliti, lentlii, Hofpianist, Professor and Direktor des Konseryatoriams
in Gotha. it das. 8. April; geb. 8. M&rz 1844 za Driesen. Wbl 231.
Teaelll, Giuseppe, unter dem Namen Ctaa, ehemaliger Opernbariton, st im
Febr. in Mailand, 72 Jahr alt Bioordi 164. MSnestrel 72.
Teraaaer, Heiarfeh, Konigl. Eammermosiker a. D. in Berlin, st 29. Mara
in Charlottenburg; geb. 22. April 1817 za Potsdam. Lessm. 256.
Toossalat im Wast-Daprez, Gesanglehrerin in Paris, st das. im Dez., 48 •
Jahr alt M6nestrel 407.
TrUellii, Glevaial, Bedakteor der Mosikzeitsclirift ft i Itovatare" in Mai-
land, st. das. im Mai. Leant. 393.
Talllager, Merits, Opernbariton am Strafsborger Theater, st. 26. Febr. in
Lossinpiccola, 36 Jahr alt. Sig. 348.
Uala, siehe Teja-Uala.
Irian, iilirlil, Professor, Kompooiat, erster Marikrefewiit der Yosaiaelien
Ztg., st in Berlin 24. Nov.; geb. 23. Dez. 1838 ebenda. Nekr.
Leesm. 778 and Sig. 1075.
Verekea, flit pile, Gesangsproiessor am konigl. Eonservatoriam and Grfln-
der der Soci&4 royale de chant za Lattich, st das. im Sept, 78 Jahr
alt Goide 700.
Totenliste des Jahres 1901.
143
Verdi, filisipp, der bedeutendste Opernkomponist Italiens, st 27. Jan. in
Mailand; geb. 9. Okt. 1814 zu Roncole bei Busseto in Parma. Bicordi.
Viaaesl, Marie geb. Belval, Opernsangerin, st. im Febr. in New Orleans,
48 Jahr alt. MSnestrel 72.
fterilif, Cearg, Professor, Kdnigl. Musikdirektor, Komponist in Berlin,
st. 1. Juni in Wiesbaden; geb. 5. Sept. 1820 zu Frankenthal in der
Pfek. Nekr. Lessm. 420 nnd Sig. 621.
Vletlnghoff-Sebeel, Baron Btrls Alexaadrowltseh, Opernkomponist in Peters-
burg, it das. 11./24. 8ept.; geb. 1829. Nekr. St. Petersborger Ztg.
Nr. 259.
Vieaxtenps, Jeaa-Jeseph-Lielea, Klaviervirtuose and Komponist in Brussel,
Bruder des Violinisten Henri V., st. das. End© Jan.; geb. 5. Juli
1828 zu Verviers. Guide 117.
Viieeat, iillricl Jtiif (eigentlich Winzenhdrlein), Komponist, Theoretiker
and Musikschriftsteller, it 19. Mai in Wien; geb. 23. Febr. 1819 zu
Theilheim bei Wurzburg. Lessm. 393. Nekr. K. u. Musz. 107.
Vol eke, Charles, Komponist, Musikverleger und Professor an der Musik-
schule zu Lille, st. das. im Sept. M6nestrel 312.
Walfea, Aleiaader, Opernsanger, st 28. Jan. in Forst in der Lausitz.
Buhgen. 80. f
Walter, Wilhelniie, verebelichte Pfelffer voa Wetoeaegg, Openisangerin,
Tocbter des Kammersangers Gustay W., st. 24. Juli auf ibrem Gute
Ottensbeim bei Linz, 42 Jahr alt Lessm. 552. K. u. Musz. 162.
Walter, Beiio, kdnigl. Professor und Konzertmeister in Munchen. st 23.
Okt. zu Konstanz; geb. 17. Juni 1847 in Munchen. Lessm. 713.
Waltker, Oskar, Operetten-Librettist , st 7. Mai zu XJnterwassen (Baiern),
50 Jahr alt, Sig. 573.
im Wist-Iiprei, siehe ftussaiit !■ Wtst-Hnprei.
Weber, iihaiia, geb. Pabst, ehemalige Konzerts&ngerin, st. im Juni in
Kan sas City; geb. 1836 zu Darmstadt. Lessm. 511.
Weber, Ittistaitte Otte, Komponist, Organist und Chordirigent in New Or-
leans, st das. 54 Jahr alt im Nov. Wbl. 1902, 12.
Welit, Heinrleh, groisherzogl. hessischer Hofkapellmeister, Komponist gefal-
liger Lieder und Mannerchdre, st. 16. Sept in Graz; geb. 1828 zu
Koburg. Lessm. 640.
Weigiis, Bail, grofsherzoglicher Konzertmeister in Neustrelitz, st. das.
13. Nov. Nov.; geb. 17. Jan. 1841 zu Berlin. Buhgen. 473.
Wilsstnigg, siehe Walter, Wilhelmine.
Weaaerberg, fiaaaar, fruherer Minister, Dichter, motor dem Namen „€!■■•
tana" Komponist schwedischer Studentenlieder, st 22. Aug. zu Leckoe
(Schweden); geb. 2. Okt 1817 in Linkopping. Wbl. 478.
Wetxler, En., Musikverleger in Prag, st. das. 62 Jahr alt, 22. Jan.
Musik- und Instrumentenztg. 397.
Wlater, Jttepb, Opernkomponist, st im Okt, 84 Jahr alt zu Neapel .Wbl. 610.
Wttlbtase, Charles, Musikverleger in London, st. das. 11. Aug. 62 Jahr
alt Mus. Tim. 621.
144 Die altesten Musik-Handschriften auf englischen Bibliotheken.
Wraagel, Wiwll| iiiff ¥•■, Lieder- raid Operakomponist, it. 10. Mara in
Petersburg; geb. 1862. 1. M. G. II, 381.
ZMMUTft, Altea, Harfenvirtuoee end Komponist, st 11. Nov. in Hietzing
bei Wien; geb. 13. Juni 1829 in Mailand. Lessm. 803.
Zavadsky, Anatol, Kkviervirtuose and Komponist, it in Petersburg; geb.
1863. 1. M. G. H f 381.
Zetelg, Emit, kgl. Kammermusiker a. d. Hofkapelle in Dresden, st am
21. Marz ebenda. Tonkunstier-Vereins-Bericht B. 11.
Uiff-ilipiil, Tkekla, Konzert- und Oratoriens&ngerin, st 44 Jahr alt, im
Mai in Hamburg. WbL 335.
Ilnfltrli, G. F., Komponist und GeBanglehrer in Triest, st das. im Aug.
Ricordi 564 zeigt den Tod erst im Sept an. Lessm. 602.
Nachtrlge.
Blsflff, B., verdienstyolles Mitglied der kgl. ongar. Hofoper und Lehrer
fur Violine a. d. Ofener Musikakademie, st Ende Juli 1898 m Buda-
pest (Fromme's Mmsiksl. "Welt)
Elllipr, fksttf, gesch&tzt. Violinmeister, Nestor der Musikpadagogen der
ung. Hamptetadt, st im Mirz 1898 zu Budapest (Ebendaher.)
flcppaer, Frau Myra, gesuchte Gesanglehrerin in Wien, st das 25. Sept
"l898. (Ebendaher.)
Siielif , Jacob, hochgesch. Kantor der israelit Gemekdo in Budapest, at
das. 66 Jahr alt, Ende Okt 1898. (Ebendaher.)
11© Iltestem Mmslt-laiiisclrifteii aif emgHsclem
mbliotheken.
(Henry Davey.)
(Schlusg.)
Addit Ms. 29486 british Museum. Orgelbuch in quer 8°,
vielleicht in Italien geschrieben. Auf dem Deckel sind die Kom-
posltionen Giov. Gabrieli zugeschrieben. Sein Name ist im Ms. selbst
nicht zu finden, doch stimmt ©in Satz ziemlich mit einem Praludium
von ihm. Auf Blatt 81 stent „Finis Tonorum, 27 Septembris 1618/'
Der Orgelsatz in den Choralbearbeitungen ist ziemlich naiv, mitunter
derb mit Parallelquinten vereehen. Hie und da befinden sich Be-
merkuDgen auf franzosisch liber Orgelregister: „Registres couppez".
Fol. 2 — 6 b. Preludia pro singulis Tonis. (Manchmal „Dixit
Dominus etc. beigeschrieben.)
Fol. 6. Eyrie Paschal© ; bis Fol. 16b verschiedene Satze aus
der Meese.
Fol. 17— 19a. Te Deam.
Die ilteiten Musik-Handschriften aaf englisohen Bibliotheken. 145
Fol. 20 b. Hier ist eine 3st Fantasia eingeschoben.
Fol. 22 — 51a. Magnificats in den acht Eirchentonarten.
Fol. 52b— 53a. Preludia pro singulis Tonis. (Das letzte sfiramt
ziemlich mit demjenigen in A. G. litter's „Zur Geschichte des Orgel-
spiels" II, 17 nach B. Schmid's Tabulaturbach iiberein. Hier aber
steht das Stick eine Quint tiefer.
. Fol. 54. Fuga primi toni. (Folgen sieben nnbezeichnete fihnliche
Stick©.)
Vol 67. Fuga 2 m Toni etc. (Acht Stieke.)
Fol. 60 b— 73 ahnliche kurze unbezeichnete Sticks in verschie-
nen Tonarten ; 73b Fragmente; dann wie zuvor bis 81a, wo das
oben mitgeteilte Datum steht
Fol. 81b. Quarti Toni Fantasia. Jo. Petr. SweelUnck. (Ge-
drnckt von Seiffert in der Gesamtausgabe und in anderer Notierungs-
weise in Eitner's 3 Fantasien . . .).
Fol. 82 b. Piece iber das Hexachord.
FoL 83 b. Fantasia 2 m Toni.
Hiermit habe ich das Verzeichnis der mir bekannten Orgel- und
Klavierkompositionen in alten Handschrifken beendet > Es befindet sich
zwar ©in umfangreiches Orgelbuch von Adrian Butten in Tenbury,
wo Ouseley ein Collegium stiftete, doch liegt der Ort so weit entfernt
von meinem Wohnorte Brighton, dass mich meine Beisen noch nicht
in dessen N&he gefihrt haben. Aucb Dr. Cummings in London, der
woht die umfangreiehste Privat-Musikbibliothek in England besitzt
und besonders in alten Manuscripten, besitzt noch einige alte Orgel-
und Klavierbucher, die ich nicht kenne.
Mlttellnngen.
* Die neue Musikzeitung betitelt: Die Mnsik, bring! als 12. Heft
ein Beethoven-Heft. Einzelpreis 1 M. Verlag von Schuster & Loeffler
in Berlin und Leipzig, gr. 4°. Neben vielen Artikeln fiber Beethoven,
die naturlich nicht immer Neues Meten, befindet sich Seite 1059 ein
Artikel von Dr. Alb. Kopfermann-Berlin, der in der That eine ganz uber-
raschende Nenigkeit mitteilt. Die kgl. Bibliothek zu Berlin besitzt nam-
lich aus der Auktion des Nachlasses Beethoven's ein Querfolioheft mit 16
von Beethoven's Hand geschriebene 8eiten. Es enthalt ein auf 4 Noten-
systeme geschriebenes Adagio, ein Scherzo und ein Allegro (das Adagio
liegt der Zeitschrift in genaoer Kopie bei). Den ubrigen Raum nehmen
Yariationen (1. 2. 5. 6.) des Liedes „Ich denke dein" zu 4 Handen ein.
MoQAtoh. f. MutttcffMoh. Jahrganff XXXIV. No. 8. 8
146
Mitteilungen.
Bisher wusiBte man nicht, wai man ami den IngteomentaM^ maclieii
sollte: Mn Tierhftndiger Klaviersatz konnte m nicht mm, da daa 2. mid
3. NotensyBtem sich oft in derselben Tonlage befinden, fur Streichinstru-
mente konnte m much nicht beBtimmt sein, weil sich Stelen darin befin*
deu, die kein Streich- oder gar Blassinstrument im stand© ist zu spielen.
Herrn Dr. Kopfermann gebuhrt nan das Verdienst erkannt zu haben, dmas
die drei Site© nnr for em mechanisches Musikwerk bestimmt sein kdnnen.
Besonders bestimmend dafir ist das Fehlen jedes dynamischeii Vortrags-
zeichen. Im Muller'schen Kunstkabinet in Wien befand sich ein solches
Mechanisches Orgelwerk, fir welches sohon Mozart 1791 mehrere Kom-
positionen geschrieben hat, die in derselben Weise wie die Beethoven'sche
notiert sind, z. B. die Fantasie Fmoll (Kochel, themat. YerzeichniB 608)
von der ein Referent in der Allgem. musikaL Zeitung, Leipzig 1799
schreibt: „Diese Fantasie (in vierhandigem Arrangement) ist das in Wien
bekannte Orgelstuck fur 2 Klaviere, welches Mozart fur eine 8pieluhr in
dem vortreiflichen Mullerschen Kunstkabinet daselbst gesetzt hat." Beet-
hoven hat jedenfialls die Mozartsche Kom position, sowie die Spieluhr ge-
kannt. Mozart wurde durch den Ghwfea Deym in Wien veranlaast Mr
die Mullersche Spieluhr die Kompositionen zu schreiben und es ist viel-
leicht melir als Zufall, dass die vierMndigen oben erwihiten Yariationeii
an dem Autograph, den Grafinnen Josephine Deym und TTierese Brunswick
gewidmet sind. B. also wohl durch denselben Qrafen wie Mozart Teran-
lasst wurde for die Mullersche Spieluhr zu schreiben. Der Charakter der
Kompositionen weist auf die ersten Wiener Jahre die Beethoven daselbst
verlebte, hin. Er reiste Ende 1792 nach Wien.
* (Mies analytiques de L'anneiia du Nibetang De Richard Wagner.
Le Cr6puscule des Dieux, Analyse du livret par Ch.-A. Bertrand, Ana-
lyses de la Partition accompagn&e de nombreux exemples not6s par J.-
G. Prod 1 Homme. Editions de la Revue dart dramatique Libraire Mo-
liere a Paris, 1902. kl. 8°, 70 Seiten.
* Katolog Nr. 67 von Gilhofei & Rauschbutg in Wien L, Bogner-
gasse 2. Enth< 1069 Nrn. Oeschichte, Theorie, Biographie und prak-
tische Musik aus alien Jahrhunderten des Buchdruckes. Ferner kdrohliche
Musik und Orgelkompoaitionen, 3. Gesangskunst, Volks- und andere Lieder,
4. Theatralia, Geschichte und Wesen des Theaters. Am Schluss eine
Autographen-Sammlung von c. 170 Briefen.
Varantwortlioher Badaktaur Bobart Bitnar, Tftupffa (Uckarmark).
Drank tou Hermann Beyer * BObne Beyer * Ma&n) in Tf«genaala«
fir
MTJSIK - GESCHICHTE
herausgegeben
von
der Geseltechaft ffir Musiklorschnng.
imi jon.
1902.
Preit dei Jahrgangei 9 Mk. Monatlioh ericheint
•Inn Mummer won 1 bis 1 Bog on. Iniertionigebohren
Mr die Zeile SO P£
KommiisionarerUg
▼on Breitkopf * H&rtel in Lelpsig.
Beetellungen
nimmt jede Buoh- and Mutikh auditing entgegen.
Io.9.
Mm© AMtandlnng Joh. Kidman's.
(Bernh. Friedr. Bichter.)
Aus der Zeit von Johann Kuhnau's Eantorat an der Thomas-
schule (1701 — 1722) haben sick in Leipziger Bibliotheken einige
Kirehenmusiktexte erhalten. Altere Texte kennt man wenigstens bis
jetzt nicht und es ist iiberhaupt fraglich, ob zu Kniipfer's und
Schelle's Zeiten schon Texte zur Kirchenmusik gedruckt worden
sind. SonntSgliche Kirchenmusik*) mit Instrumenten gab es freiiieh
in Leipzig schon lange vor Kuhnau. Eingefiihrt hat sie wohl schon
Joh. Rosenmiiller. Die Mitteilung der Quellen, z. B. Walther's, dass
R. einen aparten Chor gehabt habe, lasst darauf schlie&en, dass er
ein Collegium Musicuni von Studenten gebildet haben wird, mit dem
er in der Nikolaikirche, an der er Organist war, seine Kirchennmsiken
aufgeflihrt hat Von Kniipfer und Schelle liegen eine Anzabl Kan-
taten vor, zum Teil mit reicher Instrumentenbegleitung, die zuver-
lassig fir die Leipziger Kirchen geschrieben wurden. Aber gedruckte
Texte dazu haben sich aufser zu einigen Oelegenheitsmusiken , wie
z. B. bei der Einweihung der Neuen Kirche (1699), bisher nicht
finden lassen, und es ist sehr leicht moglich, dass erst Kuhnau den
Brack derselben eingefiihrt hat. Die altere Zeit bentitzte Bibelwort
und Kirchenlied als Text fur die Kirchenmusik; die waren der Ge-
*) Wir nennen in Leipzig noch heutzutage die instrumentale Kirchen-
musik schlechtweg Kirchenmusik^ im Gegensatz dazu die Aufluhrungen der
berflhmten Sonnabend-Yesper Motcile.
KonaUh. f. Mntikgesoh. J»hrg*ng XXXIV. No. 9. 9
148
£ine Abhandlung J oh. KuhnaaV
meinde vertraut. Erst mit dem Aufkommen der Kantatendichtungen
warden gedruckte Texte zum Nachlesen fur die Gemeinde wiinschens-
wert. Sehr beach tet sind ubrigens, wle es scheint, diese Texte weiter
nicht worden. Man warf sle achtios beiseite. Weder die Thomas-
schele, noch eine der Kirchen hat sie gesammelt. Nur dnrch Zufall
siid einige erhalten geblieben. Erst vor einigen Jahren fand man
im Archiv der Nikolaikirche einige wenige Texte zu Bach'schen Kan-
taten; die einzigen die man bis jetzt kennt! Aus Barrels und
Doles' Zeit giebt es gar keine und erst von Adam ffiller an sind
sie etwas reichlicher, aber durchaus nicht etwa vollst&ndig vor-
handen.
Von Kuhnau'schen Texten haben sich im ganzen 6 Heftchen in
kl. 8° und ein Torso erhalten. Drei sind in der Stadtbibliothek, zwei
in der Bibliothek des Vereins fur die Geschichte Leipzigs, ein Heft-
chen und der Torso im Archiv der Nikolaikirche aufbewahrt Die
Textanfange der aufgefiihrten Kantaten , die doch wohl alle Kompo-
sitionen K.'s waren , sollen am Schluss dieses Aufeatzes angegeben
werden.
Das erste Heftchen der Stadtbibliothek, beginnend mit dem 1.
Advent 1709, enthalt eine Vorrede Kuhnau's, in der er seine An-
sichten iiber Kirchenmusik, theatralischen und kirchlichen Stil, tiber
sein Verfahren, den zu komponierenden Text zu durchdringen, in
einer Weise ausfuhrlich darlegt, die eine wdrtliche Wiedergabe wohl
rechtfertigt und als eine kleine Erganzung zu Rich. Mtinnich's vor-
trefflicher Arbeit iiber Kuhnau dienen mag.
(Die hebriischen Schriftzeichen der Vorlage sind hier in lateini-
sche umgewandelt, sonst ist nichts geandeit worden.)
Texte | zur Leipziger | Kirchen -Music, | auf das mit Gott an-
gefangene | Kirchen- Jahr, | vom ersten Advent-Sonntage | dieses zu
Ende lauffenden 1709ten Jahres, | bifs wieder dahin f Anno 1710. |
geliebt es Gott
Leipzig, I gedruckt bey Imanuel Tietzen.
Hier lege ich Dir, werthes Leipzig, diejenigen Texte vor Augen,
welche dieses Kirchen-Jahr iiber auff denen mir anvertrauten Choris
Musicis mit Gottes Httlffe sollen gehoret werden. Ich habe vor dieses
mahi versuchen wollen, wie sich die Biblischen Spruche in ihrer
eigenen Schonheit, und ohne einigen frembden Zierrath, da sie nehm-
lich mit keinen Arien oder andern Poetischen Paraphrasibus begleitet
sind, componiren lassen. Ich habe zu zweyen Texten, nemlich auff
Erne Abhandlang Joh. Kuhnan's.
149
den Ersten Advent-Sonntag, und auff das Michaeiis-Fest, die Dicta
selbst zusammengelesen, dabey aber dennoch einen und andern Vers
aus bekandten teutschen Liedern mit untergemenget, und, in Man-
gelung der Zeit auff solche Art zu continuiren, einen guten Freund
ersuchet, diese Muhe iiber sich zu nebmen.
lch mufs zwar bekennen , dafs die Arien, wenn Pathetische
Worte in artigen Metris und Rhythmis eingeschrancket sind, der
Music eine ungemeine Grace geben, welche bey denen in Prosa ge-
snngenen Worten so leichte sich nicht herfiir thut. Nichts desto
weniger bin ich doch bey der einmahl gefafsten Resolution geblieben,
und zwar ura so viei raefar, weil ich, indem ich ietzo von dem
Madrigalischen Stylo, der in Arien und Recitativ bestehet, nichts
sehen lasse, dem Verdachte der Theatralischen Music desto leichter
zu entgehen gedencke. Wiewohl auch noch zur Zeit denen wenigsten
die eigentliche Difference des Kirchen und Theatralischen Styli be-
kandt ist, und an beyden Orten die Madrigalien ohne Praejudiz eines
jeden Proprii stattfinden konnen. Zugeschweigen dafs in einem so
wohl als in dem andern was Pathetisches und das Gemiithe be-
wegendes vorkomen mufs. Doch aussert der Unterscheid sonderlich
hierinne, dafs man dort bey dem Zuhorer eine heilige Andacht,
Iiebe, Freude, Traurigkeit, Verwunderung, und dergleichen zu er-
wecken suchet, hier aber denen wahren und unschuldigen Liebhabern
der Music zwar eine unschuldige Vergntigung, denen meisten andern
und fleischlich gesinneten aber immer mehr und mehr Nahrung ihrer
Begierden giebet, und gar selten die unordentliche Hitze des auf-
siedenden G6blutes dampffet, wie ehemahls Pythagoras mit seiner Heb-
lichen Flote bey einigen jungen Leuten soil effectuiret haben. Denn
als er einsmahls in der Nacht oben aus seinem Fenster gewahr
worden, dafs diese Pursche, weil sie das bey einer seiner Nachbarin-
nen begehrte Nacht-Quartier nicht erlangen konnen, den Anschlag ge-
machet, ihr Haufs zu stiirmen, hat er auff erwehnten seinem Instru-
ment solche charmante Modulationes horen lassen, dafs sie dariiber
von ihrem Vorhaben abgestanden, und das ziichtige Weib in Ruhe
gelassen.
Dort erfodert der heilige Ort und Text alle Eunst, Pracht,
Modestie und Ehrbezeigung: Hier mogen in dem profanen Wercke
auch neben den guten Satzen schlechte, po&ierliche, lacherliche, ex-
cessiv hiipffendo und wider die Reguln der Eunst peccirende Melo-
dien mit unter lauffen.
Im iibrigen, da blosse Worte in Prosa, und keine Arien (wie-
9*
150
Eine Abhandlung Joh* Kahnaa's.
wohl die Lieder zu diesem Genere auch gehoren konnen, und ge-
meiniglich nur so weit von jenen unterschieden sind, dafs sie den
Caelum firmum, jene aber den figuratum ausmachen) zu componiren
sind, und dahero von der Grace, wie schon gedacht worden, viel ab-
gehet, so bat man um so viel mehr Ursache, aus den Worten a)le
Gelegenheit zur Invention und Variation, obne welche die Music
ihren Finem, nehmlich die Delectation und Bewegung der Gemiither,
schwerlich erreichet, zu arripiren. Zwar ist hier nicbt die Rede von
der Art und Weise zu variiren und inventiren, davon icb an einem
andern Orte gedacht, wie nehmlich, zum Exempel, vier Noten von
einerley Quantitat nach denen Praeceptis artis combinatoriae 24. mahl,
und 5. Noten 120. mahl, und so fort, da man das letzte Productum
mit dem in Progrefsione Arithmetica folgenden Numero Notarum
variandarum multipliciret, solcher gestalt konnen verwechselt werden,
dafs bald jede Combination einen andern Effect in dem Gemtithe der
Zuhdrer operire. Welche Variation fast unendlich seyn wiirde, wenn
man an der Quantitat der Noten zugleich etwas changiren wolte.
Anderer vieler Modorum der Variation zugeschweigen. Sondern es
ist vornehmlich darum zu thun, wie der rechte Verstand der Wort©
Gelegenheit zur Invention geben, und mit guter Raison durch die
Music denen Ohren zugebracht werden konne. Denn ausser dem,
dafs man sich auff das Artificium die Affectus zu moviren, und
sonsten alios geschicklich zu exprimiren wohl verstehen solte, m
hielte ich vor nothig, dais man in der Hermeneutica kein Frembd-
ling ware, und den rechten Sensum und Scopum der Worte allemahl
wohl capirte. Ich will noch mebr sagen, dafs es so ungereimt nicht
wire, wenn man im componiren der Teutschen Biblischen Spriiche,
im Fall die Worte in der Mutter-Sprache einen nicht gleich auff eine
geschickte Invention fuhrten, (wiewohl wir vor die nachdriickliche
tJbersetzung des Herrn Lutheri GOtt hertzlich zu dancken Ursache
haben) auch andere Versiones in andern uns bekandten Sprachen zur
Hand nahmen : massen es die Erfahrung lehret, dafs frembde Sprachen
uns immer mehr afficiren, wie man denn bey uns in der Fasten-Zeit
anmercket, dafs auch Ungelehrte das Credo in DEum Patrem, woraus
sie etwa einige Worte verstehen, mit grofeer Bewegung des Hertzens
mit zu singen pflegen. Vornehmlich aber kan die Grund-Sprache zur
Invention nicht wenig beytragen. Ich will eine kleine Probe an dem
Anfange des ersten Psalms weisen. Gesetzt, die ersten Worte: Wohl
dem, wolten meinen Geist noch zu keiner Erfindung auffmuntern, so
lese ich die Ebraischen Worte: Aschre haisch. Das kann mit einer
Eine Abhandlong Joh. Kuhnau'e.
1S1
Exclamation heissen: 0! beatudines huius viri, 0! der Gltickseeligkeit
dieses Mannes. Und so lautet auch fast die Frantzdsische Version
derer Prediger and Profefsoram za Qenff: 0 que bien heureux est
le pereonnage. Ja ich paraphrasire es bey Erwegung des Pluralis
feraer der gestalt: Welcher Redner, oder welche Zunge ist wohl ge-
sohlckt genung, diejenigen Gliickseeligkeiten mit nachdriicklichen
Worten zu exprirairen, die ein solcher Mann in der grosten Menge,
ja in der grtteten Vollkommenheit besitzet! Diese Meditation, ob ich
zwar wohl weils, dais das Aschre nicht aPemaM mit diesem Nach-
drncke gebraucht wird, (wie ich denn in der Italienischen Bibel die
Worte nicht anders als in der Lateinischen Vulgata: Beatos vir,
Beato Fhuomo tibersetzet finde) bringet mich dahin, dab ich das
Wohl dem durch eine force vieler Stimen, oder in etlichen Ch6ren,
oder aber, in Mangling derer Adjavanten, durch viele Passagien,
Coloraturen, und dergleichen in einer oder wenig Stimen exprimire.
Man konnte auch bei dem hltsch huios viri, oder huic viro, und
folgendlich bey dem Teutschen Worte, dem, einen sonderlichen Nach-
druck andeuten, indem man das dem wiederholte, in unvermuthete und
den Auditorem zur Attention bringende Tonos setzete, dafs also dieser
Verstand herauskame: Wohl dem, dem, sage ich, der, so zu reden,
auf dem Theatro der Welt (laut des aus der Frantzosischen Version
angefuhrten Wortes, personnage) eine grosse und ansehenliche Person
praesentiret, und mit Bestande der Wahrheit unter die Gliickseligsten
kan gerechnet werden, welcher nehmlich nicht wandelt asch6r 16 hl-
llk qui non ambulavit, ivit, incelsit Da gabe das Ebriische Verbum
halach, wandeln, wenn man es in sensu proprio nehmen wolte, Ge-
legenheit, es per gradus, und nicht per saltus, oder aber, wenn man
es recht, wie hier, in sensu figurato, und dadurch die krummen Um-
schweiffe der Gottlosen verst&nde, durch viel extra limites Modi sen
Toni vagirende Glnge auszudriicken. Ferner, der nicht wandelt
bSSz&th rgschatm in consilio impionum, im Rath der Gottlosen. Hier
ist nun zwar in dem Verstande der Worte des Originals und der
Version kein Unterscheid. Doch, weil man, wie gedacht, bey Lesung
einer frembden, sonderlich aber der H. Sprache, immer mehr attent
ist, man auch sonsten die radices vocum zu erwegen pfleget, so wird
einem bey dem Worte jaftz, welches so viel heisset, als consilium
iniit, concilium cepit, dedit, consuluit, so viel beyfallen, dafs im
Consultiren immer pro und contra disputiret, auch zum ifftern ein
gantz unvermutheter Schlufs gefasset wird. Bey welchem Gedancken
man die Auditores das Wort Bath in einem frembden und unver-
152
Eine Abhandhrog Job. KahnauV
sehenen Tono km horen lassen. Gehe ich weiter auff ins Wort
rUsehafni impioram, motornm, inquietorum, seditiosoram, ugusto-
rum etc. der Gottiosen, so solte m in einer harten Dissonantz vor
die Ohren komen. Denn, weil der Gottlose wie ein ungestiim Meer
ist, da seine Affecten von Frieden, oder einer guten Harmonie nichts
wissen, sondern continuirlich mit einander zu Felde liegen, will
sich auch dessen Nahme zur angenehmen Harmonie nicht reinien.
tbeddrik chlttaim Id araad Et in via peccatorum non stetit Da
attendirte ich das Wort: amad, stetit, Er stehet, (nach Lutheri Ver-
sion, er tritt) Und konte man viel Tonos in Unisono horen lassen,
und dadnrch etwa dergleichen Gedancken zu verstehen geben: Er
tritt den Weg der Sunder also, dais er davon nicht weichet noch
wancket, und vereinigen sich alle seine Affectus in solcher Bo&heit
Dieweil aber die Propositio negativa ist, und dadnrch angedeutet
wird, dais der From© also nicht zu thun pflege, so mob man die
particulam negandi empfindlich zu horen geben. Dahero ich denn
fast in alien Concerten der Itali&ner das Lateinische Non, und ihr
Welsches ohne Zusatz gebrauchtes No mit guter Baison vielmahl
repetiret finde. Zu der Expression der ubrigen Worte kan einem
dasjeoige, was kurtz vorher von dem ambulavit und denen impiis
gedacht worden, Anleitung geben. Man kan auch bey Betrachtung
des Wortes chattelm welches proprie errantes, deviantes heisset, aus
den rechten Modo fallen, und in frembden Tonis herum irren, doch
aber dabey nicht solche Dissonantien, wie bei dem Worte rgsch&im
horen lassen. fibgrnoschlb lezim 16 jaschab Et in cathedra derisorum
non sedit Noch sitzet da die Spotter sitzen. Ausser dem, dafs das
Sitzen in loco stabili et Unisono voi^gestellet werden konte, so w&ren
die lezim, derisores oder Spotter etwa durch die Instrumental-Music
zu vernehmen, und die Vocalisten zeigten an, dais sie mit denon-
selben keine Harmonie machen wolten. Ki Im bgthorath jShvdh chgphiS.
Sed in lege Domini desiderium, (voluntas, delectatio,) ejus. Sondom
hat Lust zum Gesetz des HErrn. Da soli es bey Erwegung der Con-
junctionis adversativae kt Im Sondern } gantz aus einem andern Tono
gehen, und das Mi in Fa, oder das Fa in Mi verwandelt werden.
Die Vergniigung an, oder die Lust zum Gesetze des HErrn aber
mufe sich mit aller ersinnlichen Anmuth dem Hertzen des Zuh5rers
insinuiren. Ib€thorlth6 jih ggh jomam vilijellh et in lege ejus me-
ditari solet die ac nocte, da konte das Meditiren (in Lutheri Version
heist es Beden) in einem tiefsinnigen und wohl ausstudirten Contra-
punct; oder in einem kiinstlichen so genandten Grave, das Tag und
Sine Abhandhmg Joh. Xnhnaa's.
163
Nacht aber, welches so viel als ohne Auffhoren bedeut, in einer
sonderlichen attendirten Repetition der Worte vorgestellet werden.
XJnd so waiter fort. Es kan auch die Betrachtang der unterschiedenen
Conjugationen in der Ebr&ischen Sprache nicht wenig zur Invention
beytragen. Zum Exempel, wenn in den Psalmen hin und wieder
stehet barSku sfh-j&hv&h benedicite Domino: Lobet den Herrn, so
find© ich das barecbu, benedicite, in Piel. Ob es nun zwar in Kal
eine andere Bedeutung hat, und so viel als die Knie beugen heisset,
imJs dahero, dem Ansehen nach, auff die Differenz der Conjugation
hier keine sonderliche Reflexion m machen sey; So wird mir doch
nichts desto weniger vergdnnet seyn, (denn ein Musicns mufs in
solohem Stick© alie Gelegenheit, so zu reden, vom Zaune brechen,
wie man denn an dem von so vielen Meistern vielffiltig componirten
Magnificat siehet, da man immer auf eine andere und noch nicht
gehorte Invention fallen will,) dieses Verbum, zumahl beyde Conju-
gationen der Bedeutung nach, wohl mit einander verwandt sind, als
ein Intensivum und Frequentativuni mit dem sonsten bey andern
Yerbis gewohnlichen Nachdrucke zu bedencken , und bey der in
mente concipirten Paraphrasi: Lobet den HErrn, thut es otters und
flei&ig, mit gebogenen Knien und aller Ehr-Bezeugung, fahret damit
fort, Mat seinen Ruhm weit und auff unterschiedene Art erschallen,
die Glausulen and Intervalla nicht allein zu repetiren, sondern urn*
zukehren, und auff unterschiedene Weise zu ver&ndem. Von denen
Accentibus will ich ietzo nichts gedencken, weil ohne dem mehr als
zu bekandt ist, dais zu der Erk&ndtnifs des rechten Yerstandes sie
ein grosses Licht geben, und folgentlich dem Componisten mit ihren
Distinctionibus und Conjunctionibus den weg zu vieler Invention
ero&en konnen.
Auff solche Art wfire auch mit denen Dicis, deren Qrund-
Sprache die Griechische ist, zu procediren. Ich mag kein Specimen
vorlegen, weil diese Praefation wider meinen Willen sich bereits zu
weit extendiret hat.
Ich hore schon etliche sagen: Das sind Speculationes, deren der
wenigste Theil von denen Auditoribus kan gewahr werden. Ich ge-
stehe dieses auch: Doch geben curieuse Kopffe schon auf dergleichen
Ding© mit Achtung, und der Componist hat zum wenigsten diese
A vantage davon, dafs ihm dadurch die Bahn zur Invention gebrochen
worden. — Bey solcher Bewandtniis nun, da er auff die projectirte
Art den rechten Sensum und das pondus der Worte zu heben suchet,
solte er eben so wohl, als ein Prediger Gottlichen Worts, der seinen
154 J. E. F. Fischer als Klavier- mml Orgelkomponist.
Text in alien StCicken zu exhauriren gedencket, wenn ihm etwa ein
wenig von der zur Music bestimten Zeit zu bald echappiret, einiger
massen zu entschuldigen seyn.
Du aber gro&er GOTT, dessen Lob zu besingen die Engel rich
freuen, lafe dir diese deinem hochheiligen Nahmen gewidmete Arbeit
in Gnaden gefallen. Ach! batten wir doch nova cantica der Engel,
acb! bitten wir Engel-Stimmen, sonderlich aber Engelreine Hertzen,
dafs, wie du alleine wirdig bist, Lob, Ebre und Preife zu nehmen,
wir auch wiirdig w&ren, dir solches recht zu geben. Lafe aber den-
noch diesen unsern Chorum Musicum, nach aller Hertzens-Lust, und
bey dem immer gesegneten Wohlstande des Leipzigischen Jerusalems,
von deinen Rubme bits an das Ende der Welt erschallen, und solche
Verherrlichung deines hochheiligen Nahmens in dem himlischen Jeru-
salem, mitten inter dem vollkommenen Chore der Engel und Aus-
erwehlten, in alle Ewigkeit fortsetzen. Amen.
Leipzig den 12. Dec. 1709.
J. Kuhnau.
MB. Das Verzeichnis der Kantaten folgt in nachster Nammer.
J. K. 1. Mscier als KlaTler- und Orgelktiif ©nisi
(Von Dr. Richard Hohenemaer-Frankfurt a. M.)
Je linger der Zeitraum ist, durch welchen die Gegenwart von
dem Wirken irgend eines wahrhaft grofsen Mannes getrennt wird,
um so einsamer erscheint ihr dieser in seiner Gro&e, xun so mehr
ist sie geneigt, in seinem Schaffen den einzigen Lichtpunkt seiner
Zeit und in allem, was neben und unmittelbar hinter ihm liegt,
eichte als ode Pinsternis zu erblicken. Was ist beispielsweise dem
Gebildeten von heute ein Marlow neben einem Shakespeare? Er und
seine Genossen werden kaum mehr genannt; und doch braucht man
nur etwa sein Faust-Drama aufzuscblagen, um mit Erstaunen zu ge-
wahren, wie Shakespearisch uns vieles darin anmutet, wie so man-
ches, was wir fur Shakespeare's Ureigentum hielten , seiner ganzen
Zeit angehort Erst das Studium der gesamten dramatischen Dicht-
kunst des Elisabet&nischen Zeitalters lasst uns ermessen, was das
Genie Shakesptare's selbstschopferisch hervorbrachte und was ihm
sein© Zeit zufuhrte. Eine solche Betrachtungsweise drickt die Be-
deutung eines genialen Mannes keineswegs herab, sondern lasst ihn
nur im rechten Lichte erscheinen, bringt ihn unserem Yerst&ndnis
J.* JL P. Fischer alfl Klavier- und Orgelkomponist.
186
nfiher und zeigt uis zugleich, was die Zeit, aus der er sich abhebt,
war und wollte, dass auch urn ibn her Leben und Streben herrschte.
Es 1st also Sache der Geschichtswissenschaft, jenem Irrtume, als
glichen die grofsen Manner einsam ragenden Felsen , die nach alien
Seiten schroff abfallen, entgegenzuarbeiten. Wie der Irrtum entsteht,
ist leicht einzusehen: naturgem&fe f&llt der ruckwftrts gerichtete Blick
zunachst auf das Grd&te und Gewaltigste, das ihm aus der Ver-
gangenheit entgegenleuchtet Erst wenn man sich eine Zeitlang mit
diesem besch&ftigt hat, wenn es einigermaTsen aufgenommen und ver-
arbeitet ist, gelangt man dazu, auch anderes m bemerken und zu
erforschen, das bis dahin der Qlanz des zuerst Oesehenen verdunkelt
hatte.
Der Eunsthistoriker erlebt bei dieser gleichsam in die Niede-
rungen yordringenden Arbeit nicht seiten die Freude, Geisteserzeug-
nisse zu entdecken, welche nicht nur bistorisches Interesse bean-
spruchen, sondern auch echten kfinstlerischen Wert besitzen. Urn
sich zu veranschaulichen, was eine solche Entdeckung unier Um-
st&nden bedeuten kann, stelle man sich beispielsweise vor, unsere in
zweihundei t Jabren lebenden Nachkommen kennten von der Konzert-
musik des neunzehnten Jahrhunderts nur noch die Werke von
Beethoven und Brahms, und nun wiirden, urn nur die allerwichtigsten
zu nennen, Schubert, Mendelssohn und Schumann neu entdeckt
Welch einen Zuwachs an kiinstlerischen Werten wiirde das ergeben I
Auf mu8?ka?'schem Gebiete herrechte bis vor nicht langer Zeit
die Auffassung, welche auch heute noch nicht vSllig verschwunden
ist, dass in der Period©, die der Epoche der Wiener Klassiker voraus-
ging, echte und wahrhaft bedeutende Musik nur bei Bach und Handel
zu finden gewesen sei Mit den unverganglichen Werken dieser
beiden Geistesriesen hatte man zunachst vollauf zu thun, nachdem
man sich ihnen — der romantischen , auf die deutsche Vergangen-
heit gerichteten Stroming folgend, die zu Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts herrschte — einmal ernstlich zngewandt hatte. Heute
dagegen sind zwar die Schopfungen beider Meister einem grofsen
Teile der Musiker und den musikalischen Laien noch lange nicht so
bekannt und vertraut, wie sie es sein soil ten, aber sie haben sich
doch in unserem Musikleben einen bedeutsamen Platz errungen und
sind durch authentische Gesamtausgaben leicht zuganglich geraacht
Zudem ist der Lebensgang und die kiinstlerische Entwickelung beider
Manner in den allermeisten Purkten klargelegt Gerade das Streben,
ihre Entwickelung verstehen zu lernen musste den Blick der Forscher
lii
J. JL f . Fischer als Klavier- mid Orgelkompooist.
notwendig auch auf ihre Vorg&nger und Zeilgenossen lenken. So
hauptsachlioh kam man dazu, die Musik dee siebzehaten Jahrbunderts
n&her ins Auge zu fatten, and hier fand man nicht nor eine Pulle
der verschiedensten Formen, welche dann bei Bach und Handel, ge-
sichtet, zasammengefasst und konsequent durchgefuhrt, in hdchster
ktinstlerischer Vollendung erscheinen, sondern auch eine Fiille ©chter
und also fir alle Zeiten gftl tiger Schonheit Selbst der bedeutendste
Meister dee siebzehnten Jahrbunderts, Heinrich Schiitz, miwte viel-
leicbt noch immer auf seine Auferstehung warten, wenn man in ihm
nicht einen Voig&nger Bach's und HandeVs gesehen hitte. So aber ver-
imstaltete der Bach-Biogr*ph Ph. Spitta, eine Gtesamtmusgabe seiner
Werke, zu welcher der SSmfel-Biograph und -Herausgeber Fr. Chry-
sander einen groJsen Teil der Vorarbeiten geliefert hatte. Ebenso
madite mis Spitta die Orgalkompositioiiei BuaDtdmde% Qwymmhr
einige Oratorien Carissimi\ die Yiolinsonaten Oorelli% die Klavier-
stflcke FY. Coupcrin's in ihrer Originalgestalt zuganglich, allee Werke,
welch©, abgesehen von ihrem eigenen oft sehr hohen Wert, zu Bach
oder Handel zu beiden in Beziehung stehen. Andere U n temehmungen
der neueren Forschung tragen zur Vervollstandigung des Bildes der
Periode bei, deren gl&nzenden H5hepunkt und Abschluss Bach und
Handel bilden. Ausdriicklich erwShnt seien hier nur die verechiede-
nen Neudrucke von Orgelwerken Pachelbel% der fur Bach ebenso
wichtig war wie Buxtehude, ferner die Geschichte des Orgelspiels
von A. O. Ritter, welche zahlreiche praktische Beispiele bringt,
die Pubiikationen der Gesellschaft fur Musikforschung in 26 Bfinden
und die „Denkmaler deutscher Tonkunst" sowie die „Denkmaler der
Tonkunst in Osterreich", beides fortlaufende Pubiikationen, welche
sich freilich nicht auf unseren Zeitabschnitt beschr&nken.
In neuester Zeit hat sich E. von Werra das Verdienst erworben,
uns mit den Klavier- mud Orgelwerken J. K F. Fischer's bekannt
gemacht zu haben,*) eines Mannes, welcher vollig der Yergessenheit
anheimgefallen war**) und der doch einerseits als Vorlaufer Bach?*
und Handel% andererseits als eigenartiger Kunster unsere voile Be-
*) Samtlicbe Werke fir Klavier und Orgel von Johann /Caspar Fer-
dinand Fischer. Herausgegeben von Ernst von Werra. Verlag von Breit-
kopf & Hartel.
**) "Em gedruckt wurdeii Kompositionen von ihm mm ersten Hal im
1. Orgelbnch von K v. Werra, 1887, naohdem Ritter in seiner „QeBchiehte
des Orgelspiels u 1884 nachdrutklich auf ihn hingewiesen hatte,
J. JL P. Fischer mh Klarier- nnd Orgelkompo&irt.
1S7
achtung verdient Ober seinen auJseren Lebensgang vermochte Werra
trotz jahrelanger Bemiihungen nichts weiteree zu ermitteln, als class
er nicht nach 1670 geboren wurde, nicbt vor 1738 starb und dass
er mindestens von 1695 bis zu diesem Jahre Kapellmeister am
Maikgr&flich - Badischen Hofe war. Das unruhige Wanderleben, zu
welchem dieeen die Kriegswirren zwangen, wird er mitgemacht und
daher bald in Baden-Baden, bald zu Schlackenwerth in Bohmen,
bald in Augsburg, Nttmberg oder Gunzburg etc. geweilt haben, bis
endlich (1707) die verwitwete Markgrafin ihre Besidenz endgtiltig in
Bastatt au&chlug. Zu Schlackenwerth erschien 1696 unter franzdsi-
schem Titel „ Pieces de Clavessin", sein erstes Klavierwerk; zwei
Jahre spater kam m in Augsburg unter deutschem Titel als „Blumen-
buschlein" heraus. Der „Musicalische Parnassus", sein zweitee Kla-
vierwerk, wurde wahrscheinlich erst 1738 verdffentlicht Von seinen
beiden Orgelwerken trfigt der „BlumenstrauiB w keine Jahreszahl,
w&hrend die „ Ariadne musica u nachweislich 1715 gedruckt wurde;
doch soli dies bereits die dritte Auflage gewesen sein. Dieser Um-
stand und die weite handschriftliche Verbreitung seiner Kompositionen
weisen darauf Mi, wie hoch ihn seine Zeitgenossen scbatzten. Ab-
geeehen von don Werken, die fiir uns in Betracht kommen, schrieb
er noch das sogenannte journal du printemps u ,*) das aus Tanzreihen
fiir fiinf Streichinstrumente besteht, und Psalmen fiir Chor mit In-
strumentalbegleitung.
In der Klavierkomposition schliefst sich Fischer entschieden der
franzflsischen Schule seiner Zeit an. Wie in der Periode der Wiener
lleister die Sonate, so war damals die Suite oder Partie die Haupt-
form der Klaviermusik. Sie ist bekanntlich eine Aneinanderreihung
verschiedener finze, welche in den weitaus meisten P&llen in der
gleichen Tonart stehen. Als man im sechzehnten Jahrhundert all-
malich begann, die Instrumentalmusik nicht mehr, wie frtiher, als
bloJfee Unterhaltung des niederen Volkes, sondern als wirklichen
Kunstzweig zu betrachten und zu behandeln , war fast die einzige
Form, die sie als aus ihrem eigensten Wesen herausgeboren aufzu-
weisen hatte, die des Tanzes, diese aber in den mannigfaltigsten Ge-
stalten. So wurde der Tanz der wichtigste GrundpfeUer der gesamten
modernen Instrumentalmusik. Ein sehr grofser Teil ihrer Entwicke-
*) K v. Werra wird es demnachst in den „Denkmalern dentscher Ton-
kunst" neu herausgeben nnd verspricht, bei dieser Gblegenheit anch nene
Daten fiber Fischer* Leben beizubringen. Vergl. Mitteilnngen von Breit-
kopi & Hartel, Nr. 68 8. 2570.
158 J. E. F. Mucker alt Khmer- nnd Oigelkomponiat
lug beruht auf der Weiterbildung, Veredelung und Kombination der
Tanzformen. Schon im sechzehnten Jahrhandert stellten sich gewisse,
dem naturlichen Bedtirfhisse nach Gliederung nnd Eontrast ent-
sprechende Eombinationen fest, z. B. In England die Aufeinanderfolge
von Pavane and Gaillarde, die eine Nebeneinanderstellung des zwei-
teiligen und dreiteiligen Taktee bedeutet, ahnlich in Deatschland die
Anfligong der sogenannten Proporz, die im dreiteiligen Takte stand,
an T&nze im zweiteiligen Takt In der franz5sischen Lautenmusik
bildeten sich gewisse, hftufig wiederkehrende Typen von Tanzreihen
heraus, w&brend sich in den altesten Sammlungen franzfisischer
Elavierkompositionen kein Prinzip der Anordnung erkennen lfisst
Die typischen Eombinationen der Lautenmusik waren jedenfallg fQr
Chambonnitores vorbildlich, welcher m der ersten HftUte des sieb-
zehnten Jahrhunderts lebte und, indent er, ft* Elavier schreibend, in
der Hegel je eine Allemande, Courante, Sarabande und Oigue zu
©kern gmmm suBammenfimte^ der Begrttnder der Elaviersuite wurda
Das Prinzip der Anordnung besteht hier darin, dass zweimal ein
schnellerer Satz auf eimm langsameren oder, wie wir vielleicht besser
sagen wfirden, ein bewegter Satz auf einen ruhigen folgt In Deutsch-
land wurde die soeben charakterisierte Form der Suite von Froberger
tibernommen und in alter Strenge durehgefiihrt*) In Frankreich da-
gegen lockerte sich das ohnehin nicht feste Geflige immer raehr, in-
dem man T&nze der verschiedensten Art einschob und schlie&lich
sogar, ganz oder teilweise, auf die vier Haupts&tze verzichtete.**)
Bieser neufranzdsischen Bichtung gehort Fischer im wesentlichen
an. Nur in drei seiner siebzehn Partien sind alle vier Hauptt&nze
vertreten und zwar in der iiblichen Reihenfolge; aber auch hier
bleibt er nicht bei dem Schema stehen, sondern in Nr. 6 des „Blumen-
biischlein" folgt auf die Qigue noch eine Bourr6e und ein Menuett,
w&hrend in Nr. 1 des „Parnas8US u zwischen Sarabande und Gigue
ein n Ballet anglois" und ein Menuett, in Nr. 9 an derselben Stele,
an der sich iibrigens alle Suitenkomponisten Freiheiten erlauben,
eine Gavotte eingeschoben ist In der letztgenannten Partie folgt
auf die Gigue noch eine ganze Reihe weiterer S&tze. Auch Nr. 1
des „Blu menb(ischlein u h&tte die typische Grundform, wenn nicht an
SteHe der Gigue eine Gavotte und ein Menuett st&nden. Alle iibrigen
*) VergL „Denkmaler der Tonkunst in Osterreich" Bd. 6.
) Vergl. fiber diese ganze Entwickelung M. Seifftrt* grundlegende
^Geachichte der Kkviermuaik" Leipzig 1899, 1. Bd., Buch 2u.3.
J. JL F. Fischer als Klavier- and Orgelkomponist. 159
Partien setzen sich einfach aus einer bun ten Reihe von Formen zu-
8ammen, wobei sogar Courante und Gigue an beliebigen Orten vor-
kommen, also jede Beziehung m ihrer fruheren Stellung verloren
haben. Dagegen nimmt die Allemande, so oft sie auftritt, stete den
ersten Plata unter den Tanzen ein, das heifet, sie folgt unmittelbar
aof das Praludium, mit welchem Fischer jede Parti© eroffnet und auf
das wir noch zurtickkommen Ihre unverriickte Stellung verdankt
die Allemande jedenfalls ihreni eigenartigen Charakter; denn mit
ihrem ruhigen zweiteiligen Rhythmus und in ihrer ernsten Haltung,
die nicht selten dem Marsch zuneigt, war sie zur feierlichen Ein-
leitung eines grofseren Oanzen besonders brauchbar.
Fur den engen Zusammenhang Fischer's mit Frankreich liegt
auch ein aufserlicher Beweis vor: im „Parnassus" 1st namlich jede
der neun Partien mit dem Namen einer Muse iiberschrieben. Die
Sitte, lanzsttck© mit Uberschriften zu vereehen, kam in Frankreich
auf, wo sie sich im Anschluss an das pantomimische Ballet ent-
wickelt hatte. Zwischen der Muse und der zugehorigen Partie lisst
sich nur in einem Falle eine Beziehung entdecken und zwar, wie
man sich leicht denken kann, nicht aus der Musik herans, sondern
aus den Untertiteln einzelner Teile. In der Partie n&mlich, welche
der Muse der Geschichte, Polyhymnia oder, wie Fischer schreibt ?
Polymnia, gewidmet ist, tragen die drei letzten S&tze die Bberschriffcen:
Marche, Combattement, Air des Triomphaiis. Sie gehdren nicht zu
Fischer's hervorragenden Leistungen. Der Marsch enth< nur in
seinem zweiten Teile eine schone Steigerung; das „Combattement" ist
sehr zahm und auch, rein musikalisch betrachtet, nicht bedeutend ;
das „Air" ist an sich sehr hibsch, aber seltsamer Weise macht es
eher den Eindruck einer Pastorale als den eines Siegeshymnus.
OflFenbar konnte sich die Phantasie Fischer's freier entfalten, wenn
ihr nicht bestimmte aufsermusikalische Vorstellungen vorechwebten;
sonst ware er wohl auch ofters der tranzosischen Mode gefolgt, die
ja in Deutschland auch andere, z. B. Kuhnau, vertraten.
Wis nun den Stil, die Schreibweise der Tanze betriflft, so ist
auch diese im wesentlichen franzosisch. Als die Elemente, welche
in der franzosischen Klaviersuite schliefslich, und zwar unter den
Handen d'Angleberfs, zu einer „musikalisch hoheren Einheit" ver-
schmolzen waren, bezeichnet Seiffert „die mannigfaltigen zierlichen
Agrlmeits der Laute, ihre Eigenart, alles akkordische Miteinander
in ein figurenhaftes Nacheinander aufzul5sen, dazu das imitatorische
Spiel mit kleinen Motiven, die doch nicht zu freien kontrapunktischen
160 J. K. P. Fischer als Klavier- and Orgelkomponist.
Gestalten heranwachsen, sondern einem gro&en melodischen und har-
monischen Zuge Unterthan bleiben". Er fBgt hinzu, diesen Weg
habe in Deutschland mit besonderem Eifer Fischer weiter verfolgt*)
In der That herrscht in seinen Tanzen die Melodie durchaus vor
und zwar die Melodie der Oberstimme auf fester harmonischer
Grundlage. Insofern ist also seine Schreibweise im Orande nicbt
polyphon, sondern bomopbon. Aber Melodie und Harmonie werden
durch reicbe Figuren und Verzierungen belebt, jedocb nie in der
iibertriebenen Weise mancher Franzosen, bei welchen zuweilen der
muaikalische Gedanken unter dem Zierrat kaum zu erkennen ist
Dazu kommen, wo es sich ungezwungen ergiebt, kleine Imitationen,
also Ansatze zur Polyphonie. Vieles ist direkt stimmenmafsig ge-
arbeitet, und uberall zeigt sich der gediegene Meister.
Diesem Creien und leichten Stil ist der Inhalt der Tanze durch-
aus entsprechend. Frische Natiirlichkeit und herzerfreuende Anmut
sind die Grundeigenschaften, durch welche sich die Erfindung Fischer's
auszeichnet; doch erhebt sie sich auch zu kraftvoller Energie und
zu innigster gesangreicher Melodik. Eine wahre Perle melodischer
Erfindung ist die Saraband© in der ersten Partie des „Parnassus^.
In ihrer fast volksliedm&Mgen Schlichtheit, mit ihren weitausholenden
Melodieschritten und ihrer gewahlten Harmonie erzeugt sie einen
wirklich iefgehenden Eindruck und verdiente entschieden, durch
Aufhahme in die beliebten Sammlungen kleinerer Vortragsstiicke
Gemeingut der musikalischen Welt zu werden. Auch die dbrigen
Sarabanden Fischer's haben etwas Liedhaftes an sich. Zwar kannte
die damalige Eunstmusik keine Lieder in unserem Sinne; aber man
schrieb doch im Anschluss an das franzdsische Air, das ein ein&ch
melodischer Gesang war und nicht mit der italienischen Opernarie
verwechselt werden darf, auch Arien fiir Instruments, und die6en
nfchert sich die Sarabande Fischer's in ihrem liedhaften Charakter,
wahrend die Sarabande Hack's mehr den Ton des freien, ungebunden
in alle Tiefen schweifenden Adagios anschlagt Weitere Stucke, in
welchen die Cantilene besonders schon ausgebildet ist, sind die Alle-
manden der 1. und 9., das Rondeau der 3. und die BourrGe der
6. Partie im „Parnassus w . Die Allemande der 8. Partie erfreut dureh
besonders melodische Figuren ; eine Schreibart, welche man nur bei
bedeutenden Meistern antriflt, da es sehr schwer ist, eine Figurierung
nicht nur fliefsend, sondern auch melodisch ausdrueksvoll zu ge-
*) A. a. 0. S. 289.
J. K. F. Fischer ale Klavier- and Orgelkomponist. 161
8talten. Uberhaupt hat es den Anschein, als komme in dem wahr-
8cheinlich spat entstandenen „Parnassu8" das gesangliche Element
mehr zur Geltung als im „BlumenbuschIein w . Wir hatten also in
diesem Umstand ein Anzeichen, dass Fischer eine kiinstlerische Ent-
wickelung durcbgemacht habe nnd welcher Art dieselbe gewesen sei;
doch wird sich bei der verhaltnismalsig geringen Zahl seiner Klavier-
kompositionen kauni ein ganz sicheres Urteil fallen lassen.
Wer sich iiberzeugen will, bis zu welcher Kraft nnd Energie
sich Fisciwr aufschwingen kann, der betrachte die Gavotte der 1.
und das Rondeau der 7. Partie des „Blumenbuschlein u , sowie das
Menaett der 6. Partie im „Parnassus a .
Mit zum frischesten, was Fischer geschrieben hat, gehoren seine
Giguen. Schon die Form der Gigue, die im 6 /s Takt steht und deren
Thema fast regelmafsig fugiert wird, drangt zur Aufserung sprudein-
den Lebens. Fiscfwr folgt meist dem Gebrauch seiner Zeit, dem
auch Bach treu blieb, im 2. Teile das Thema in der Umkehrung auf-
treten zu lassen, wodurch der tibermutige und neckische Charakter
noch gesteigert wird. Man vergleiche zum Beispiel die Gigue der
1. Partie im „Parna88U8 w , die mir als sein Vollendetstes in dieser
Gattung erecheint Die „Canaries'\ der wir in Nr. 2 des „Blumen-
biischlein" begegnen, ist, wie der Augenschein lehrt, und wie auch
Mattheson im „Vollkommenen Kapellmeister 44 angiebt, nur eine Ab-
art der Gigue.
Noch einer eigentumlichen Erscheinung mag hier gedacht werden,
bevor wir uns der Betrachtung der Formen zuwenden, welche Fischer
au&er den eigentlichen TMnzen pflegte. In der eben erwfthnten Partie
findet sich ein Menuett, das in seiner rbythmischen Struktur ent-
schieden schon an diejenige Form erinnert, welche uns seit Haydn
als Typus des Menuetts erscheint,*) wahrend die iibrigen Menuetts
Fischer's und ebenso die seiner Zeitgenossen und Bach's eine andere
Struktur zeigen, die si© von dem Menuett der Wiener Klassiker
deutlich unterscheidet. Moglich ist es, dass wir es hier mit einem
blo&en Zufall zu thun haben, moglich aber auch, dass eingehendere
Beobachtung noch andere Vor-Jia^dw'sche Menuetts mit Haydn'scher
Form auffinden wird, sodass man das Nebeneinanderbestehen zweier
verschiedener Menuett-Typen konstatieren infisste. Hier sollte nur
der Hinweis auf die seltsame Thatsache nicht unterlassen werden.
*) Bine ahnliche, ab«r nicht so deutlich ausgebOdete Steiktmr weist
das Menaett der 1. Partie im „Blumenbuschleui ( ' auf.
162 J- K. F. Fischer ills Klavier- End Orgelkompoxiist
Schon im sechzehnten Jahrhundert war das Variieren von Liedern
und T&nzen ein wichtiger Zweig der Instrumentalmusik. Durch die
engiischen Klavierkomponisten erhielt die Variationenform schon fruh
eine erstaunlich hohe Ausbildung und wurde dann, hauptsachlich
durch Vermittelung des Hollanders Sweelinck, nach Deutschland ver-
pflanzt, wo man sich aber zunlchst weit mehr der Choralbearbeitung
fir Orgel als der Klaviervariation zuwandte. Dann aber brachte
Froberger diese Form in enge Verbindung mit der franzosischen
Suite, indem er die Allemande und Gourante, zuweilen auch nodi
die Sarabande, aus dem gleichen Thema entwickelte, oder doch ein
gleiches Motiv verwendete. Dies© Schreibweise scheint auf Fischer
nicht ganz ohne Einfiuss geblieben zu sein; denn in der ersten
Partie des „Blum©nbiscMein c< bentitzt die Courante in ihrem ersten
Teil den Anfang der Allemande. Ahnliches findet sich auch soist
So scheint das Hauptthema des Rondeaus der 2. Partie aus dem
Anfange des vorangehenden Menuetts entstanden zu sein, und in dem
2. Menuett der letzten Partie des „Parnassus w wird der Anfang des
2. Toils des 1. Menuetts bentttzt.*) Es ist keineswegs unwahr-
scheinlich, dass Fischer die Werke Froberger's kannte; denn sie
wurden gegen Ende des siebzehnten Jahrhundeits verdffentlicht und
zwar, wie Seifferi glaubt, gerade im Zusammenhange mit der damals
in Deutschland nach einer Pause wieder m&chtiger werdenden fran-
zosischen Richtung, welcher ja auch Fischer angehorte. Doch finden
sich bei ihm auch Spuren von weit ilteren Gepflogenheiten der
Variierkunst So ist in der 4. Partie des „Blumenbfi8chlein u der
Schluss einer „Branle u mit „Gay* 4 bezeichnet, steht im 8 /* Takt,
wahrend die Branle selbst Allabreve-Takt aufweist, und benutzt ihren
Anfang. Dies erinnert an die Weise des sechzehnten Jahrhunderts,
den im ungeraden Takte stehenden Nachtanz als eine Variation des
Haupttanzes zu behandeln. Ein anderes Mai, in der 9. Partie des
„Parnassus w , schreibt Fischer einen „Gay u zu einem „Riguadon tt (sic!),
diesmal aber, wie den Haupttanz selbst, im Allabreve-Takt. Auch
hier wird das „Riguadon w verwertet, wahrend in einem dritten Fall,
in welchem gleichfalls beide Teile Allabreve-Takt haben, in der
7. Partie des „Parnassus", das „Gay w durchaus selbstandig erfunden
ist, worauf das „Riguadon w wiederholt wird.
Die eigentliche Variationenform , also die Variierung eines ge-
*) Die unmittelbare Aufeinanderfolge zweier Menuetts findet sioh bei
Fischer ofters.
Mitteilungen.
163
schlossenen Ganzen, mag dieses nun ein vollst&ndiger Satz oder nur
mm Thema sein, treffen wir bei Fischer in alien zu seiner Zeit ge-
br&ucblichen Arten an. Ein „Double", d. h. eine Variation liber
einen Tanz, die meist in Verzierungen der Melodie besteht, bringt
er nur einmal, in der 9. Partie des ^Parnassus", ebenso eine Aria
mit Variationen, in der 5. Partie des „Blumenbiischlein". Die ganze
Partie besteht nur aus einem Pr&ludium und der Aria mit acht Ver-
Snderungen. Bass Fischer nichts weiteres anfugte, war nur natiir-
lich und geschmackvolL In einem TeUe der Yariationen wird die
Melodie genau beibehalten, sodass die VerSnderungen nur in der
Begleitung liegen; in einem anderen Teile dagegen wird sie durch-
sichtig figuriert, und einmal tritt sie sogar, leicht abgeandert und
von schonen Begleitungsfiguren umspielt, aus der Oberstimme in den
Alt Die harmonische Grundlage wird, wie in alien friiheren und
damaligen Variationenwerken , streng festgehalten. Aber bis zu der
tiefsinnigen Weise Bach's, den Bass zum eigentlichen TrSger der
Variationen zu machen und iiber ibm immer neue Melodieen auf-
zubauen,*) ist Fischer nicht gelangt; dass er aber einerseits die
Melodie in eine andere Stimme versetzte, andererseits auch die Be-
gleitung variierte, beweist, dass er in das Wesen der Variationenform
einen mehr als oberflfichlichen Blick gethan hatte.
(Fortsetzung folgt.)
MtMMMgei.
* Die Hof- und Staats-Bibliothek in Munchen hat neuerdings an
Musikalien erworben:
Mus. Mas. 4486. Bacolta di Ario Canzonetti, Duetti, Duettini, Ter-
zetti, Terzettini di Gios. Aitemanetto ztuntz. 1823. Part. Autograph.
Mus. Mss. 4487. Fantaisie pour le Violonzelle par Jos. Menter.
Violonc. u. Klavierstim.
Mus. Mss. 4488. Laendler pour le Violonzello par Jos. Menter. Vcl.
u. Klavierstim.
Mus. Mss. 4489. Thema con Variationen par fos. Menter. Vcl. u.
fflav.
*) Vergl. die „Aria mit 30 Veranderungen". Cbrigens finden sich
Ansatze zu dieser Schreibweise schon bei Pachelbel\ vergl. seine Arien mit
Variationen in „Denkmaler deutscher Tonkunst" 2. Folge 2. Band.
MouaUh. f. Mniikgeaob. Jftbrpimg XXXIV. No. 9. 9
164
Mitteilungen.
Mas. Mss. 4490. Beatus ille. Ode van Horats, von Orlando di Lasso,
k 5 voc. Part.
Mus. Mss. 4491. Domine Deua mens a 6 voc.. von Giovanni Gabrieli y
1615. Part
Mas. Mss. 4492. Timor et tremor a 6 voc., von Giov. Gabrieliy
1615. Part.
Mis. Mss. 4493. Missa canonica a 4 voc. di Giov. Gioseffb Fux.
(1821. Kopie.) Part.
Mas. Mss. 4494. Fuga a 3 per il Clavicembalo o Piano-Forte del
Sigr. C Ph. C (?) Bach.
4494/1. Twelwe Voluntaries and Fugues for the Organ or Harpei*
chord with Ernies for Tuning by the celebrated Mr. Handel.
4494/2. Suites de Pieces pour le Clavecin composees par G. F Handel.
(Kopie.) (a Amsterdam aux Depens de Michel Charles le flene.)
Mus. Mss. 4495. Una Fuga (secondo il Tema del Sig. Millar &
Leipsic) dedicata all Signore Barone de Venningen ... e oomposta da
Filippo Candella.
4495/1. [Katzen-] Fuga del Sigre. Alesandro [richtig Domenioo
Scarlati. (sic!)
4495/2. Six Fugues or Voluntarys for the Organ or Harpeicord
Composed by G. F. Handel Troisieme Ouvrage.
4495/3. Fuga per tonas Do, re, mi, fa, sol, la, Authore Alexandra
Poglieltu
4495/4. Fugha per Clavicembalo o Organo del Sigr. Albrechsber^et.
(sic!) Opera 4 in Vienna presso Artaria et Comp. (Brack.)
4495/5. Fuga sopra il Thema Do, re, mi, fa, sol, la per il Clavi~
cembalo o l'Organo composta dal Sigr. Albrechtsberger. Op. 5 in Vienna
presso Artaria et Comp. (Druck.)
4495/6. Sei Fughe per L'Organo o Clavicembalo composte dal Sigr.
G. Albrechtsberger . . . Op. 7. In Vienna presso Artaria e Comp. (Druck.)
4495/7. Sei Fughe con una Toccata composte da Giovanni Ernest*
Merlin,
Sehr wunschenswert ware es, wenn die ubrigen 8taats - Bibliotheken.
diesem Beispiele des Herrn Dr. Schulz, Bibliothekar in Munchen, folgen
wollten. Die Monatshefte stehen ihnen stets zur Verfugung.
* Baldassare Galuppi, 1706 — 1785. Etude Bibliographique sur les
oeuvres dramatique par Alfred "Wotquenne. Bruxelles 1 902, Oscar 8chepens
& Co. — J. B. Katto. In 4°. 81 S. Wie d«r Titel schon aussagt, be-
steht die Arbeit in einem sehr sorgflltig angefertigten Verzeichniase aller
Opera, 112 an der Zahl und drei Kantaten, w&hrend dem Biographischen
nur wenige Zeilen gewidmet sind. Das erste Verzeichnis ist chronologiacL
geordnet und umfasst die Zeit von 1722 bis 1775 (die Kantaten tragen
die Jahreszahlen 1775, 1780 und 1782). Jeder Oper wird der Dichter
und die verschiedenen Aufifuhrungen nebst Bemerkungen fiber das Text-
buch beigefugt, eine Arbeit die nur mdglich war, indem dem Herrn Ver-
fasser eine reiche Sammlung alter Textbficher vorlag. Wo Waster© Quelle
Mitteilangen.
165
fehlt mfissen die Verzeicbnisse von Allacci, Groppo und Wiel ausbelfen.
Darauf folgt ein Abscbnitt ans Barney's History of Music fiber die in
London stattgefundenen Auffuhrungen Galuppischer Opera, die in die Zeit
▼on 1741 bis 1768 fallen, nebst einigen Nachrichten aus Venedig and
Rassland raid emer kmwen Berfifarraig seiner anderen Kompositionen in
geistlichen and Instrnmentalfacbe. Die ersten Opera, die von ihm amf-
geffihrt warden, sind nacb dem vorliegenden Veweiclmiaise under© als bis-
her angegeben word© nnd zwar iam zmerst zmr AaffUirang: La fede nell'
ineostanza ossia gli Amici rival, Vicenza, Teatro dele Grazie 1722, wurde
in demselben Jahre in Cbioggia, Nuova Teatro Boegan unter dem zweiten
Titel: Gli Amici rival gegeben, woraas Barney, History 4, 539, zwei
Opera macht. Als zweite Oper fuhrt Wotquenne an: OP Odj delusi dal
aangue, komponiert von Galappi and G. B. Pescetti, aufgeffibrt in Venedig
1728. Dorinda von 1729 ist erst die dritte Oper, die bisher far die
erste gait. Der nacbste Abscbnitt von Seite 71 bis 80 zablt dieselben
Opera nochmals in alpbabetiscber Ordnong aaf mil Hinzuffigang einiger
Bibliotbeken aaf denen die eine and andere Partitor za finden ist. Der
Artikel im QaeUen-Lexikon scbeint dem Herrn Verfasser nicbt bekannt
gewesen za sein, obgleicb er im Jani 1901 im Bacbhandel erscbien, sonst
w&r wobl das Verzeichnis der Bibliotbeken auf denen sicb Galappiscbe
Opera befndeo etwas reicbbaltiger aasgefalea Nur in ScMnasatee aeheint
iii mis worn er Xenntnis davon wimMmi h&tte, denn dort werden 3 Opera
angeffihrt, die in obigen Terzeichniiisen fehlen, sicb aber im Qnellen-Lexikon
befinden. Aaffallend ist die Anfabraiig vcm Opera, die sicb in der Biblio-
tbek des Kons«rvmtoriiiiis su Brfissel befinden sollen and im Katalog des*
selben Verfassers feblen. Nebenbei mdcbte icb mein Bedaoera aussprecben r
dass der Herr Verfasser mit der Fortsetzung, resp. mit der VoUendung
obigen Kataloges so lange zdgert. Der 1. Band, der die Gesangswerke
en thai t, dabei nocb nicbt vollstandig alles anffihrt was die Bibliotbek be-
sitzt, erscbien im Jabre 1898, also vor Jabren and nocb immer
warten wir auf die Fortsetzung and mussen ans mit dem Unicum von
Kataloge des Herrn van Lamperen begnugen. Eine gleiche Klage muss
man an die Herausgeber des Kataloges des Liceo musicale zn Bologna
ricbten , welcbe den 4. Band, der die Instrumentalwerke enthalten soil,
schon seit 9 Jabren zuruckhalten.
* Herr Dr. Jobannes Wolf bat in den Sammelbanden der I. M. G.
1902, 599, eine interessante Stndie fiber Tons&tze aos dem 14. Jahr-
bundert veroffentlicht and bringt aacb einige Baton fiber Komponisten
dieser Zeit, die bisber nicbt bekannt waren: Johannes de Floren/ia, fiber
den sein j lingerer Zeitgenosse Filippo Villani bericbtet, wird natfbweislicb
am 1346 gelebt baben, also am die Mitte des 14. Jahrbunderts. 28 Ton-
satze zu 2 and 3 Stimmen lassen sicb von ihm nacbweisen. tTber Ghirar-
dellus oder Gherardello da Firenze wird gesagt, dass er vor 1400 ge-
storben sein muss (S. 611). Dr. "Wolf Msst anfanglicb f&lscblicb das zweite
r des Namens weg. Laurentius oder Lorenzo da Firenze lebte zur Zeit
Franco Saccbetti's, der 1400 starb. Vielleicbt ist er identiscb mit
166
Mitteilungen.
Laurenlius Masint, wl© ibn obiger Villani erwabnt Dona/us, oder Donato,
Don Donato da Cascia und Donatus de florentia, war Presbyter im
B«6ciMMierHoster m Gmem bm Florenz; weiter ist nicbte bekannt Dan
er dem 14. Jabrbundert angebirt bewosen seine Tonsatze. Der lefate
und bedeutendste der itaUeniscben Komponisten des 14. Jbs. ist Francesco
Landino. Das Biograpbische ist dorcb Yillani bekannt, was scbon Baini,
Ambros, Lafage und nocbmals Dr. Wolf S. 613 mitteilt Neo ist die Fest-
stellung des Todesdatom, wie m in einem Dofameitt des Florentiner
Haupt-Staat&arcbivs sicb vornndet, wo es beifst: Er starb den 2. September
1397 and wmrde am 4. September in der Kirch© Bm Jjorenao beigewbi.
Die Kompcwitioneii ©ben genannter Meister skd im QaeUen-Lexikon w
ceichnet, sowie die Namnsgaben derselben. Dr. Wolf teilt His A whang
acht 2- mid 3stimmige Oesange mit and wwm von Zacharias 9 S. 618, 3stun.
Ghitardcllus de Florentia, S. 626, 3stim. Laurentius, S. 630, 2stim. Johannes
de Florentia (de Cascia), 8. 633, 2stim. Donatus de Florentia, S. 636, 2stun.
Magister Petrus, S. 639, 2stim. Franc. Landino, S. 641, 2stim. Paolo,
S. 644, 2stim. Aofserdem weist er nocb aaf die italienisohe Musikzeitong
„Nuova mosica" Anno VI Nr. 64 und Anno IV Nr. 46 bin, in der er
auch einige Tonsatze verdffentlicbt bat
* Die Kgl. Akademie der Tonkonst in Muncbeu versendet ibren
28. Jabresbericht. 328 Seteler und Schulerinnen haben die Anstalt be-
sucbt An 14 Vortragsabenden baben sich die Scbulerkrafte gepraft An
alteren Werken kam«n Bach, Handel, Leelair und Anerio mr AofEfihrong.
Bm Bibliotbekar ist zwar verzeicbnet, docb von der Bibliothek wird in
dem Bericbt nicbts erwabnt, ein Zeicben, dass es ein Stiefkind ist
* Anfrage: Was verstand das 18. Jahrhandert in einer Sympbonie
periodique ?
* """
3m Xsibsn null Sfetfrett
Bilbei ben glridtfam pfvdjtfdjen Qtitftergriinb bes mm
bet Krittf ols bas iefte IDerf bes gtofen hallentfdjen
Dieters §e§et«lfneiett Homans
jfener u#m ©^^it immmittitto
unb bie tparme Peretjrung btefes <8rogen, bie bnrd) bas
Bud) gefct, a>irb es ans Dentfd)en nod? tntereffanter
nnb toertooUer madjen. — Dnrd) alle BndjljanMungen
3U iejieffeii. prets bes elegant ausgeftotteten 8ua)es
geljeftet 5 TRaxt, elegant geBnnben 6 HTarf
Declag ©oil BHiirf Tattfftt bt lHitn|f tt-lm.
Verftntwortlicber Bedakteux Robert Bitner, Templli (Uekermark).
Drnok Ton Hermann Beyer A Sohne (Beyer * Mann) is Langentalsa.
Mr
MU8IK- GESCHICHTE
der Gesellsoh I lsikforschung.
IIH7. JUri.
1902.
Ftefi d«s JafargaagM 9 Mk. MonatUoh eriehelnt
«Jn» iisas? to a I Mi i B©§f»»„ I&amloasgeb&br**
mw die ZeU« SO Ft
KomiiiistionaTerlag
▼on Breitkopf 4 H&rttl in Leipsig.
B«tteilung«n
lrimmt Jede Bueh- and MualkhAndtang ©slg •pm.
lo. 10,
J. K. F. Mscier als KlaTler- and Orgelkompontet
(Von Dr. Biahard Hohenemger-Frankfurt a. M.)
(Fortsetzung.)
Nut den Bass m variieren war Ii bestimmten Formen zur Zeit
Fischer^ schon lfingst tiblich, namlich in dem Passacaglio (auch
Passacaglia, franzdsisch Passacaille) mad is der Ciacona (franzdsisch
Chaoonne). Im Passacaglio soil der Begel nach das Tier- oder acht-
taktige Thema, das state im ungeraden Takte steht, wahrend des
ganzen Stfickes im Bess erklingen. Bald wird as einfach wiederholt,
bald figuriert oder durch Passes unterbrochen, zuweiien auch in
eine aider© Tonart versetzt la der Ciacona dagegen kann das
fhema auch im gemdes Takte nUkm und auch in andern Stimmen
erklingen, wenngieich es vorzugsweise dem Bass iibertragen bieibt
t^brigens haben sich di© Eoispoiiistea im der Praxis verschiedene
Freiheiten eriaubt und nicht tamer scharf zwischen Passacaglia und
Ciacona unterschieden. *} Fischer pfiegte beide Forraen mil vielem
GlUck. Mm mum aber zwischen solchen Stticken dieser Art, die
er mitten unter andere Satze einreihte, und solchen, die er an den
Schluss einer Partie stellte, unterscheiden. Eretere sind, der Natur
der Sache entsprechend, nur kurz, aber auch verh<nismafsig nicht
bedeutend. Am besten 1st noch das ^Passacaille" im der 8. Parti©
*) fib tritt in BacK% gewaltiger Orgel - Passacaglia im Thenm auch
galegentlich in den hdheren Stimiiien auf.
MoqaUIu 1 Msifltf Meh. Jahrgaag XXXIV. No. 1©. 10
168 J. JL F. Fischer als Klavier- raid Orgelkomponiat
des „Blumenbuschlein" ; es hat freie Zwischensatze, d. h. solche, denen
das Theraa fehlt, und kehrt immer wieder in den Anfang zuriick
und zwar nicht nur im Bass, bondern aach in den (ibrigen Stimmen.
Die „Chaconne" der 3. Partie im )t Paraassus" bringt allerdings ibr
Tbema auch in der Umkehrung and in chromatischer Variierung,
macbt also formell Ansatze zu reicherer Ausgeetaltung, vennag aber
doch nicbt unser Interesse zu fesseln. Ebensowenig vennag dies die
Gbaconne der 5. Partie, in welcher ubrigens das Tbema teilweise
nur im Rhythmus festgehalten wird.
Giacona und Passacaglia sind Formen, welche ihrem Wesen nach
einen kraftvollen und grofsartigen Inbalt verlangen und welche sich
in engem Rahmen offenbar nicht oder nur schwer entfalten konnen.
Sie brauchen weite Dimensionen, und wo ihnen Fischer diese gonnen
konnte, also am Scbluss von Partien, da ist er ihnen durchaus ge-
recht geworden und hat das Wuchtigste und Glanzendste gegeben,
das er zu geben hatte. Es war ein feiner Zug der Zeit, dass man
es liebte, ganze Sammlungen mit einer Passacaglia oder einer Giacona
abscbliersen zu lassen. So verfuhr auch Fischer in seinen beiden
Klavierwerken. Das „Blumenbiiscblein" schliefst mit einer Chaconne,
welche zusammen mit einem Pr&ludium die 8. Partie . bildet, der
„Parna8SU8 u mit einer „Passacaglia", die am Ende einer viels&tzigen
Partie steht Au&erdem ist eine Chaconne das Finale der 6. Partie
im „Parnassu8 w . Beide Ghaconnen zerfallen in drei deutlich erkenn-
bare Hauptteile. Die erste, in G-dur, bringt in ihrem ersten lei
das Thema auch im Sopran; dann wird es nicht nur nach Gmoll
veraetzt, sondern auch chromatisch variiert und mit einem chro-
matischen, ganz eigenartigen, man mochte sagen romantischen Kontra-
p Un kt versehen. In dem neuen Durteile, welcher zu der Schwermut
des unmittelbar vorangehenden einen hochst wirksamen Kontrast
bildet, erscheint das Tbema zunachst in einer Achtelfigur versteckt,
schliefslich aber tritt es wieder in seiner urspriinglichen Gestalt mt
Man sieht: wir haben hier einen planvoll durchgetubrten Bau vor
una Der ernsten Schonheit dieses StUckes steht die mehr heitere
und glanzende Schonheit der andern Chaconne gegeniiber. Ihr An-
fang, Fdur, klingt wie festliches Trompetengeschmetter ; dann aber
erscheint das Thema gleicbsam als Kantilene, wenigstens ergiebt sich
diese Vortragsweise wie von selbst aus dem Verh<nis der figurierten
Oberstimmen zum Bass. Der zweite Teil, Cdur, verarbeitet haupt-
sachlich die Umkehrung des Themas; dann fihrt eine kurze ftbei-
leitung, die offenbar etwas langsamer zu nehmen ist, in die Haupt-
J. JL F. Fischer ab Kiavier- nnd Orgelkomponist. 169
tonart und den Schlussteil. Die Passacaglia zerfailt nicht in scharf
abgegrenzte Teile; aber um so merkwtirdiger ist die Planmafsigkeit,
welch© auch hier in der Anordnung der Tonarten hervortritt Das
Stuck steht in Dmoll. Nach einer Einleitung wird das Tbema in
der Haupttonart durchgearbeitet, splter auch seine nicht ganz genaue
Umkehrung; dann erscheint es in Fdur, hierauf nach kurzer tTber-
leitung in A moll, mm fiber Fdur nach Dmoll zuriickzukehren. Das
ganze ist eine Komposition voll mannlicher Kraft und den Ghaconnen
raindestens ebenbiirtig, vielleicht sogar tiberlegen.
In dieeen drei Werken lasst Fischer seine franzosischen Vor-
bilder ohne Zweifel weit hinter sich. Den handgreiflichsten Beweis
aber, dass er trotz des franzosischen Einflusses doch ein deutscher
Meister war, liefern seine Praludien. Zur ktinstlerisch selbstandigen
Behandlung freier Instrumentalstiicke waren die Deutschen viel friiher
gelangt als zu derjenigen der Tanzformen. Dies hangt damit zu-
sammen, dass wahrend des ganzen siebzehnten Jahrhunderts in
Deutschland die Orgelmusik die intensivste Pflege erfahren hatte,
dass sie aber von der Klaviermusik noch nicht streng geechieden
war, so dass sich die freien Instrumentalformen iiberhaupt, da sie
ihrem Wesen nach der Orgel viel n&her standen als die Tlnze,
machtig entwickelt hatten. gleichviel ob sie nun im einzelnen Fall
ffir im eine oder das andere Instrument bestimmt waren. Gerade
in Fischer's Pr&ludien tritt seine geistige Verwandtschaft mit Bach
Mar zu Tage. Was ihn hier von den Franzosen vor allem unter-
scheidet und Bach ilher rfickt, ist die Eiihnheit und Tiefe seiner
Harmonik. Er scheut weder scharfe Vorhalte noch verminderte
Septimen - Akkorde noch Alterationen. Das alles sind an sich nur
Ausdrucksmittel, welche ieicht zu dem Missbrauch, sie zum Zweck
zu machen und damit zur sogenannten Stimmungsmusik verleiten
Davon aber ist Fischer, wi© im allgemeinen seine ganze Zeit, weit
entfernt Seine harmonischen Kombinationen sind stets dem natiir*
lichen Melodiegange unter- oder doch beigeordnet; nur so sind in
aler Musik die tiefstehenden Wirkungen moglich.
Zu den Kompositionen, die sich durch weiche und kiihne
Harmonik auszeichnen, gehoren in erster Iinie vier Praludien, die
auch soist, obgleich jedes eine andere Bezeichnung hat, durchaus
die gleiche Form und einen sehr ahnlichen Stimmungsgehalt auf-
weisen. Es ist das Praludium der 2. Partie im „Blumenbuschlein u ,
die Toccatina der 4., die Tastada der 7. und die Toccata der 9. Partie
im ^Parnassus" Sie alle bestehen aus Akkordfolgen, wobei fast
10*
170 J- K. F. Fischer als Klavier- und Orgelkomponist.
jeder Akkord mehrmals nacheinander wiederholt wird. Die Ober-
stimme ergiebt eine weitgeschwungene, sich ohne Unterbrechung durch
das gauze Stick hinziehende Melodie. Dies© im Verein mit der
Harmonie, die an kiihnen Dissonanzen ebenso reich ist wie an be-
friedigenden Auflosungen derselben, veranlasst den Spieler wie von
selbst zu grofeen dynamiscben Steigerungen und Riickgangen. Es
liegt eine eigenartige, feierliche Grofse in diesen Stiicken. Den Tor-
rang mocbte ich dem Praludium im „Blumenbuschlein" geben, das
entschieden eines Bach wiirdig ware und auch in mancbcn Wendungen
stark an ibn erinnert Nur passt es in seinem tiefen Ernst nicbt zu
der leicbten Anmut der nachfolgenden Tanze, wie uberhaupt bei
Fischer von einer innern Einheit der zu einer Partie zusammen-
gefugten Satze noch kaum die Rede sein kann. Bach fand diese
Einheit, indem er, wie bereits erwahnt, die Sarabande zu einem
Adagio ausweitete und von hier aus gleichsam die ganze Stimmung
des Werkes bedingt sein Hefs. Die Form der vier Praiudien ist, wie
Seiffert angiebt,*) wenigstens in der Klaviermusik neu. Die ver-
schiedenen Bezeichnungen deuten darauf bin, dass Fischer urn einen
Namen fur die neue Form in Verlegenheit war. Die Benennungen
„Toccata iC und „Toccatina u sind aber, soweit wir urteilen konnen,
nicbt gliicklich gewahlt; denn fir die filtere Zeit und ebenso noch
fur Bach war die Toccata ein Orgei- oder Klavierstiick, in welchem
Folgen breiter Akkorde mit Lauf- oder Figurenwerk abwechseln.
Eine inhaltlich sehr bedeutende Toccata in diesem Sinn ist das
sechste Praludium im „Blumenbuschlein« Zeigt sich hier in den
gewaitigen Akkordmassen vor dem Schluss wieder kiihne, echt
Bach'sche Harmonik, so treffen wir in einer andern Toccata, im
achten Praludium des „Blumenbuschlein", das zweite wichtige Moment
an, das uns veranlasst, Fischer mit Bach in Vergleich zu setzen.
Es ist die Art des Figurierens in Fallen, in welchen die Figuren
nicht etwa eine Melodie umspielen, sondern selbstandige Bedeutung
haben, selbst zum Motiv werden. Man weife, wie oft uns Bach
durch die Melodik und den tiefen Ausdruck seiner Figuren zu immer
neuer Bewunderung hinreifst, und man darf wohl behaupten, dass ihm
Fischer zuweilen gleich gekommen ist. Um sich davon zu iiber-
zeugeu, betrachte man in dem genannten Praludium namentlich die
erste Figur, ferner das 1. und 5. Praludium der gleichen Sammlung,
welch letzteres, da es noch einen charakteristischen Septimensprung
*) A. a. 0. S. 228; ubrigens kannte Seiffert den „Parna88na a noch nicht
J. IL F. Fischer als Klavier- und Orgelkomponist.
171
des Basses und einen scbarfeD Nonenvorhait aufweist, ganz wie eine
Ifee&'sche Komposition erscheiit, und endlich das 5. Praludium im
„Parnas8us", vielleicht das innigste Stuck dieser Art, welches Fischer
geschrieben hat Die Figuren werden niemals zu eigentlichen Themen,
d. h. sie werden nicht wahrend des ganzen Sttickes festgehalten, sondern
nur eine Zeitlang imitierend, zuweilen auch kanonisch behandelt und
dann von andern abgeldst. Dabei versteht lischer die Kunst, liberal! den
strengsten Zusammenhang zu wahren und sich nirgends in Weit-
schweifigkeiten zu verlieren. Die Fahigkeit, abgerundete Satze zu
gestalten, keine Note mehr zu schreiben, als notig, die er an den
knappen Tanzformen tiben konnte, hat er in den Praludien glanzend
bewihrt
Neben den akkordischen und den figurierten Praludien findet
sich einmal in der 2. Partie des „Parnassus w , eine „Ouverture und
zwar in der Form, welche seit Lully in der franzosischen Oper
tjpisch war und aus einem fugierten Allegro besteht, das von einem
langsamen Satz in scharf punktiertem Rhythmus eingeleitet wird;
Mufig, aber nicht immer wird derselbe am Schluss wiederholt
Seiffert glaubte, dass die tJbertragung dieser Form aufe Klavier,
welche in den Suiten Bach's und HdndeVs eine wichtige Rolle spielt,
zum ersten Male von Oeorg Bohm vollzogen worden sei; Fischer
habe keine Ouverture geschrieben.*) Inzwischen hat uns das Be-
kanntwerden des „Parnassus u eines andern belehrt Ob aber Bohm
oder Fischer die Priori tSt zukommt, diirfte schwer zu entscheiden
sein. Jedenfalls ist die „Ouverture u Fischer\ deren langsamer Satz
thematisch gebaut ist und am Schlusse nicht wiederkehrt, ein Stuck
von grolser Schonheit
So hoch Seiffert auch Fischer als Klavierkomponisten stellt, so
halt er doch die Orgelpraludien und -Fugen der „Ariadne tt fur seine
besten und reifsten Leistungen. „Selbst das kleinste Satzchen 4 *, sagt
er,**) „verrfit den Meister der Form, den empfin d ungsreichen, gedanken-
tiefen Harmoniker, den gewandten Kontrapunktiker". Hit dieeem
Urteil kann ich mich nicht ganz einverstanden erklaren. Dass
Fischer die Formen und vorzugsweise die kleinen Formen meister-
haft beherrscht, dass er sie mit wertvollem lihalt zu erfiillen weils,
haben wir an seiner Klaviermusik zur Geniige gesehen. Denselben
♦) A. a. 0. S. 268.
**) A. a. 0. 8. 230.
172 J. K. F. Fischer als Klavier- und Orgelkomponiet.
Vorztigen begegnen wir auch In der „Ariaine w . Aber wenn man
deren Pr&ludien und Fugen einerseits, die Partien der beiden Klavier-
werke andererseits in ihrer Gesamtheit iiberschaut, so wird man doch
zu dem Ergebnis gelangen, dass in letzteren mehr Empfindungs-
reichtum, mehr Gedankentiefe, mehr naturliche Frische and Originalitat
zu finden ist, dass die „Ariadne" auch quantdtativ mehr S&tze enth<,
die uns nicbts Bedeutendes zu sagen wissen, als die Partien, obgleich
auch hier Einzelnes nicht auf roller Hohe steht*) Zieht man das
andere Orgelwerk, den „Blumenstraufs", mit in Betracht, so wird
man vollends den Eindruck gewinnen, dass Fischer durch seine Be-
gabung in erster Linie auf das Klavier hingewiesen war, dass ihm
dagegen die Kom position fir Orgel nicht so unmittelbar aus dem
Herzen loss. Daran andert auch die Thatsache nichts, dass er aller-
dings in den Fugen Gelegenheit fand, seine kontrapunktische Gewandt-
heit noch von einer anderen Seite zu zeigen als in den Partien.
E. von Werra macht auf zwei Punkte aufmerksam, die an
Fischer's Orgelwerken zun&chst befremden konnten: einmal auf den
seltenen Gebrauch des Pedals, das in den Fugen ganzlich fehlt, dann
auf die Kiirze der Stucke. Die erste Eigentiimlichkeit hat Fischer
mit alien siiddeutschen Orgelkomponisten seiner Zeit gemein ; das
zweite hat seinen Grund darin, dass die Stucke dazu bestimmt waren,
wahrend des katholischen Gottesdienstes gespielt zu werden. Instru-
mental-Einlagen an bestimmten Stellen der Liturgie, nicht nur fur
Orgel, sondern auch fir andere Instrumente, z. B. Violine, waren
damals allgemein Ublich.
Die „ Ariadne" besteht in ihrem Hauptteile aus 20 Fugen,
welchen je ein Praludium vorangeht und welche nach Tonarten
stufenweise au&teigend geordnet sind, also ganz nach dem gleichen
Prinzip wie Bach's „Wohltemperiertes Klavier", nur dass dieses
unsere 24 Tonarten durchschreitet, wahrend die „Ariadne" nur 19
und einmal die phrygische Tonart, also eine alte Kirchentonart, bringt
Fischer ist demnach hierin ein sehr direkter Vorlaufer Bach's. Der-
artig angeordnete Sammlungen von Musikstiicken, deren es vor Bach
bereits mehrere gab,**) verfolgten den Zweck, den Organisten und
*) Hierzu rechne ich aufser den bereits genannten: das Pr&ladiom
der 1., die beiden Menuetts der 3. und die Gavotte der 7. Partie im
„Parnassus u . •
**) Vergl. z. B.: Die Suiten von Pachelbel in „ DenkmAler deutscher
Tonkunst" 2. Folge, 2. Band, ferner W. Tapperi „Da8 wohltemperierte
Klavier" M. f. M. 1899, Nr. 8 u. 9.
J. K. F. Fischer als Elavier- und Orgeikomponist 173
Eiayierspielern zu zeigen, welche Tonarten man benutzen konne, und
sie aach in den entfernt liegenden Tonarten heimisch zu machen ;
denn damals war die gleichschwebende Stimmung der Tasten-Instru-
mente, die allein es ermSglicht, nach Darchlaufen von 24 Tonarten
zran Ansgangspunkte zuriickzukehren, und fur welche Bach mit dem
„Wohltemperierten Elavier" eintrat, noch keineswegs aUgemein ein-
gefiihrt Die verschiedenen ungleich schwebenden Temperaturen ge-
statteten nur den Gebrauch einer bald grofseren bald geringeren
Anzahl von Tonarten. Bass man bei dieser Verwirrung, bei diesem
Kampfe des Neuen mit dem Alten der musikalischen Anleitung be-
durfte, 1st begreiflich.*)
Merkwtirdig ist es, dass dieselben Manner, welche den Kreis der
modernen Bur- und Molltonarten nach Mflglichkeit zu erweitern
suchten, dennoch in Bezug auf gewisse Binge von den alten Eirchen-
tonarten nicht loskommen konnten. So setzt Fischer, wie auch noch
Bach, auch wenn er in reinem Bmoll schreibt, keine Vorzeichnung.
Man nahm eben theoretisch und gleichsam zum Scheine noch immer
an, es handele sich nicht um eine Molltonart, sondern um den ersten
Eirchenton oder die dorische Tonart, die von B zu de6sen h5herer
Oktave aufetieg und in der That keiner Vorzeichnung bedurfte, da
sie von der 8. zur 6. Stufe keinen Halbton-, sondern einen Ganzton-
Schritt machte. Konsequenterweise zeichnet Fischer in Gmoll ein
B vor, in Cmoll zwei etc. — A moll versah man nicht, wie es folge-
richtig gewesen ware, mit einem Kreuz; offenbar scheute man sich,
die reine Molltonart, die man hier ja schon ohne Vorzeichnung vor sich
hatte, ktnstich zu verderben, um sie dann in Wirklichkeit doch an-
zuwenden. Bagegen bezeichnete man, nun wieder im Anschluss an
die Theorie, Emoll mit 2, Hmoll mit 3 Ereuzen etc. Bie Bur-
Tonart hatte niemals zu den eigentlichen Eirchentonen geh5rt; erst
Olarean hatte sie, der Entwickelung der praktiscben Musik nach-
gebend, in seinem 1547 erschienenen „Bodekachordon" in sein neues
System der Eirchentonarten aufgenommen. Sobald man darauf ver-
fiel, eine Tonleiter um eine Quarte oder Quinte zu transponieren, —
und das geschah bereits im 16. Jahrhundert und frtther — mussten
sich die heute gebrauchlichen Vorzeichnungen der Bur-Tonarten von
selbst entwickeln. In der That begegnen wir ihnen bereits zur Zeit
Fischer's auf Schritt und Tritt; aber interessante Ausnahmen kamen
*) Vergl fiber diesen Gcgenstani i. a. K mm Werra: „Ein halb-
wgesseies Blatt in der MuaikgeBchichte u GregorioBblatt-BuBseldorf 1889.
174 J. E. F. Fischer als Klavier- und Orgelkomponi&t.
doch noch vor. So setzt Fischer in der „Ariadne" in Asdar nur
3 B, offenbar durch die Art, wie er Fmoll bezeichnet, verleitet
Sehr charakteristisch fur die Verwirrung, in der er sich hinsichtlich
der alten und nenen Tonarten befand, 1st der „Blumenstrauls w . Auf
dem Titel heifst es ausdriicklich: „in acht tonos ecclesiasticos oder
Kirchen-Thon eingetheilet 44 ; aber die acht vorkommenden Tonarten
lassen sich weder aus dem mittelalterlichen System der Kirchent5ne
noch aus demjenigen Olarean's erklaren. Beines Dur ist nicht
weniger als dreimal vertreten.
Jede der acht Qruppen im „Blumenstraufs u besteht aus einem
Pr&ludium, sechs Fugen und einem Finale in der gleichen Tonart
Ich glaube nicht, dass der Komponist beabsichtigte, mit dieser Zu-
sammenstellung jedesmal ein Ganzes zu geben, das, wie eine Suite,
hintereinander gespielt werden sollte; vielmehr wollte er wohl nur
den Organisten eine Auswahl von Stucken in verschiedenen Tonarten
darbieten. Gegen diese Annahme beweist es nichts, dass an zwei
Stellen zwei unmittelbar einander folgende Fugen in einer gewissen
Beziehung zu einander stehen, indem die zweite das Thema der
ersten in der Umkehrung durchfuhrt*) Auf solche Einf&lle kann ein
Komponist, der sich vorgenommen hat, nicht weniger als 48 Fugen
in einem Werke zu vereinigen, leicht geraten.
Nach Form und Inhalt gestatten die Stick© beider Orgelwerke
eine gemeinsame Betrachtung, wenn man zuyor erw&hnt hat, dass
die Finales im „Blumenstraufs u ganz einfache Nachspiele sind, wie
sie jeder Organist erfinden kann, also keinerlei Bedeutung bean-
spruchen. Im allgemeinen scheinen mir die Pr&ludien entschieden
den Vorzug vor den Fugen zu verdienen. Sie sind im wesentlichen
wie die figurierten Klavier-Praludien beschaffen und verdanken ihre
zum Teil hohe Schonheit den gleichen Eigenschaften. Stick© in echt
BaeMmhem Geiste sind z. B. in der „ Ariadne 44 das tiefernste Hmoll-,
das ausdrucksvoll figurierte Gmoll-Pr&ludium und das in der phrygi-
schen Tonart mit seinen scharfen Nonenvorhalten, im „Blumenstrauls u
das 8. Pr&ludium, in welchem charakteristische Springe imitierend
behandelt werden. und vor allem das fiinfte, dessen melodische, sich
in weiten Intervallen durchaus natirlich bewegende Figurierung
geradezu unubertrefflich genannt werden muss. Sehr bedeutend ist
auch das Cmoll-Praludium der „Ariadne w , dessen Schluss sich, was
*) VergL in der 1. Gruppe Fuge 3 und 4, in der 2. Grappe Fuge
1 und 2.
J. E. F. Fischer als Klavier- mid Orgelkomponist.
175
Intensit&t der Wirkung betrifft, mit der chromatischen Stelle der
Gdur-Chaconne vergleichen lisst Ganz unerwartet tritt statt des
Molldreiklanges der Tonika der Bur-Breiklang ein, aber zunSchst
noch als Dominant© von Fmoll behandelt; dann erst erscheint das
voile Cdur, mod dud folgt noch ein mehrmaliger Wechsel zwischen
Dur UDd Moll, bis das Stttck in Bur auskliogt.
Is ist nur selbstvers&odiich, dass die Orgel doch zu einigen
Stil&nderungen gegentiber den Klavierpraludien Anlass gab. Wie das
Klavier und namentlich das der damaligen Zeit mit seinem &u£serst
rasch verklingeDden Ton mehr auf Figurierung, die Orgel aber mehr
auf rein kontrapunktische Gebilde und auf langgezogene Melodieen
hindr&ngt, so finden sich auch unter Fischer's Orgelprfiludien solche
mit einem wirklichen Thema und andere mit einer etwas getragenen
Melodie in der Oberstimme. Thematisch ist das Cdur-Pr&ludium der
„Ariadne tt und das in Hdur, dessen Imitationen sich durch besondere
Weichheit auszeichnen; beide Stiicke beginnen Ubrigens kanonisch.
Von einer Melodie in der Oberstimme kann man bai dem wunderbar
milden Esdur-Pr&ludium und bei dem in As dur sprechen, dessen
Melodik stark an Htindel gemahnt. Auch zwei Pr&ludien mit pasto-
ralem Charakter, den man damals Orgelstiicken verschiedener Art zu
geben liebte, sind in der „ Ariadne" enthalten. Beide, das Gdur- und
das Adur-Pr&ludium, sind motivisch figuriert, bringen gegen Schluss
einen Orgelpunkt und kehren, was bei einem freien StUcke fur die
damalige Zeit sehr aufiallend ist, mit einer Coda in den Anfang
zurtick. Vom Orgelpuukte macht Fischer im gaozen nur selten Ge-
brauch, eirfmal noch sehr sch5n in dem glanzenden 7. Praludium des
„Blumen8trauss".
fir die Beurteilung der Fugen Fischer's kann man nur dann
den richtigen Standpunkt gewinnen, wenn man nicht den Malsstab
anlegt, an den uns Bach gew5hnt hat; dazu sind sie schon &ufeer-
lich viel zu kurz. Diejenigen des „Blumenstrauss u haben in der
Begel nur eine Burchfiihrung, der sich ofters noch einige Eng-
ftihrungen anschlie&en; die der „Ariadne u haben freilich meist die
gewShnliche Fugenform, sind aber auch nicht ausgedehnt Hier finden
sich auch solche, die gleich mit Engfiihrungen beginnen, wie Nr. 1
und 2, die also keine eigentlichen Fugen, sondern Fuggbetten sind.
Zuweilen wird das Thema nicht gleich auf der Dominant®, sondern
erst auf der Tonika beantwortet,*) ein Umstand, der auf eine Zeit
*) Vergl. in der „Ariadne a die Amoll-Fuge, im „BlumenstraaB8" die
1. Fuge der dritten und die 3. der aohten Gbruppe.
176 VeTzeichnis von Kirohenmosiken J ob. Kubnau's aus dea Jahren 1707— 1721 .
zurtickdeutet, in welcher die Fugenform noch in Entwicklung be-
griffen war. Auch die Freiheit, die erste Note des Themas bei
spfiteren Eins&tzen zu verkiirzen,*) bat sicb Bach nicht mehr erlaubt
(Schluas folgt)
Yeraelefcnls yon Klrehenmuslken J#Iamn Kidman's
aus den Jalrei 1707—1721.
(Bernh. Friedr. Biehtar.)
1. Text© | zur Leipziger | Kirchen - Music | Anff die Heiligen |
Oster-Feyertage ) 1707. | Leipzig | gedruckt bey Imanuel Tietzen.
kl. 8°, 15 S. Archiv der Nic-Kirche.
Andacht iiber die Aufferstehung Christi.
Erster Theil. | Auff \ dm ersten Osier -Fey er -Tag. (Frib in der
Kirchen zu Si Nicolai, und in der Vesper zu St ThomL)
Hiiter des Grabes I 3: Himel, bricht der Abgrund auflf?
Cbristus: Nun ist der Tod besiegt
Terzett der Maria Magd. Mar. Jacobi und Salome.
Engel: Warum weinest du?
Tutti: Es sieget der Heyland aus Juda gezeuget
Andrer Theil | auff den andern Oster-Feyertag. (Frfih in der
Kirchen zu St Thorn., in der Vesper zu St. Nic.)
Dm Oanze scheint ein voiles Oster-Oratorium gewesen zu win.
Auff | den dritten Oster-Feyer- Tag. (In der Kirchen zu St Nic.)
Der Tod ist verschlungen in den Sieg . . . Wohl eine Motette.
2. Text© zur Music | Bey dem am | Jubel-Fesie | Der | L6b-
lichen Universitat \ zu Leipzig \ In | der Kirche zu St Nicolai | Den
4. Decembr. An. 1709. gehaltenen Gottesdienste. | Leipzig, | Gedruckt
bey Imanuel Tietzen.
A 0 , 4 S. Archiv d. Nic-Kirche.
Zum Anfange: Diefs ist der Tag, den der Herr gemacht hat ...
(Ps. 118, 24.)
Vor der Predigt: Der Herr hat Zion erwehlet ... (Ps. 132,
13—18. UntermiscM mit 3 Strophen eines 8zeiligen Iiedes: Diefe
ist der Ort, den ich erlesen.)
Nach der Predigt: Halleluja. Lobet den Herrn in seinem
Heiligthum . . . (Ps. 150.)
*) Vergl. „ Ariadne" Nr. 8, 9 mud 14, ,31umengtrau8s" 5. Fnge der
8. Grmfpa
Verzeichnis von Kirchenmusiken Joh. Kahnau's mm den Jahren 1707 — 1721. 1 77
3. Texttorso, zerrissen, beginnend mit pag. 65, bis p. 80 gehend,
ohne Jahresangabe, jedenfalls aber Kuhnau'sche Kirchenmusiken.
kl. 8°. Archiv d. Nic.-Kirche.
An dern FesUTage St. MicJiaelis. (Friih zu St. Nic, nachm. zu
St. Thorn.)
Vor der Predigt: Michael, wer ist wie Gott? Lais die Holle
Lermen blasen . . .
Nach der Predigt: Ich bin noch auff Erden . . .
Am XVII. Sonntage nach Trinit. (In der Kirche zu St. Thoml.)
Du Arzt in Israel . . .
Nach der Predigt: Mein Gott, wie herrlich ist der Tag . . .
Am XVIII. Sonniag nach Trin. (St Nicolai.)
Leite mich in Iiebesseilen ...
Nach der Predigt: Ja, es ist keine Lieb im Lande
Am XIX. Sonntage nach Trin. (Si Thoma.)
Jesii, hier ist deine Stadt
Nach der Predigt: Die Welt weifet dir den Riicken ...
4. Texte zur Leipziger Kirchen-Music, . . . vom ersten Advent-
Sonntage dieses zu lode lauflFenden 1709ten Jahres bis wieder dahin
Anno 1710. (Stadtbibl. in Leipzig.)
£nthalt die in voriger Nuramer der M. f. M. abgedruckte Tor-
rede Kuhnau's.
Am ersten Advent- Sonntag. (St. Nicolai.)
• Thue mir auff, Hebe Freundin, meine Schwester . . .
Am 2., 3. und 4 Adventsonntage Men, wie noch heute, in
Leipzig die Kirchenmusiken am
Am Heiligen Weyhnachts-Feyertage. (Friih St Nicolai, Vesper
St Thoma.)
Ach dais die Htilffe aus Zion kame . . .
In der Kirche zu St. Pauli.
Vor der Oration: Verbum caro factum est
Nach der Oration: Hodie collaetantur coeli cives
Am andem Weyhnachts -Feyertage. (Friih St. Thoma, Vesper
St Nicolai.)
Fiirchtet euch nicht fur denen, die den Leib todten . . J
Am dritten Weyhnachts-Feyertage. (St Nicolai.)
Zeuch mich nach dir so laufen wir . . .
Sonntag nach Weyhnachten. (St. Thoma.)
Siehe da, ioh leg© einen auserwehlten, kostlichen Eckstein . . .
178 VerzeichniB von Kirchenmueiken Joh. Kuhnau's aus leu Jahren 1707—1721.
Auf dm Fest der Beschneidung Christi (1. Jan. 1710). (Friih
St Nicolai, Vesper St Thoma.)
Bis Alte ist vergangen, siehe es ist alles neu geworden.
Sonntag nach der Beschneidung Christi. (St Thom&.)
Fleuch, mein Freund, und sei gleich einem Reh . . .
Auff das Fest der H 3 Konige. (Frilh St Nicolai, Vesper St
Thom&.)
Mache dich auff, werde Licbt . . .
I. Sonntag nach dem Feste der Heil. 3 Konigen. (St ThomfL)
Ich will auflstehen und in der Stadt umhergehen
II. Sonntag nach dem Feste der Heil. 3 Konigen. (St Nicolai.)
Was betribst da dich, meine Seele
III. Sonntag nach dem Feste der Heil. 3 Kon. (St Thom&.)
Ist denn keine Salbe in Gilead?
Auff das Fest Mariti Beinigung. (Frtth St Nicolai, Vesper St
Thomfi.)
Siehe ich will meinen Engel senden
Am V. Sonntag nach d. Feste d. Heil. 3 Konige. (St ThomS.)
Siehe, es kommt ein Tag, der brennen soil
Sonntag SeptuagesimU. (St. Nicolai.)
Also werden die Letzten die Ersten . . .
Sonntag Sexagesimd. |St Thomi.)
Wer Ohren hat zu horen, der hore . . .
Sonntag Estomihi. (St Nicolai.)
Siehe, ich komme, im Buch ist von mir geschrieben.
Am Feste Mariae Verkiindigung. (Friih St Nicolai, Vesper St
Thomi.)
Das alte ist vergangen, siehe es ist alles neu geworden . . .
5. Texte . . . auff die heiligen Weyhnachts-Feyertage, 1710 und
einige darauff folgende Sonn- und Fest-Tage 1711. (Stadtbibl. in L)
Am I, Weyhnachts-Feyertage. (Friih St Nicolai, Vesper St Thomi)
0 mehr als Englisches Gesichte! Der Himmel tbeilet sich
entzwey ...
Am II. Weyhnachts - Feyertage . (Friih St Thoma, Vesper St. Nicolai.)
Wiltu, mein Gott, difs Hertz verla&en
Am III. Weyhnachts-Feyertage. (St Nicolai.)
Du wei&t, mein Gott dais ich dich liebe . . .
Am Smntag nach Weyhmochim. (St Thomi.)
Kommt her, und sehet an die Werke des Herrn . . .
Verzeichnis von Eirchenmusiken Joh. Enhnau's aos den Jahren 1707— 1721. 1 79
Am Feste der Beschneidung Christi (1. Jan. 1711). (Friih St
Nicolai, Vesper St Thoma)
Ich will dich erhdhen, mein Qott . . .
Sonntag nach dem Feste der Beschneidung Christi. (St. Thoml.)
Traum ich nicht, so spricht mein Jesus In dem Hertzen bey
mir ein ...
Auff das Fest der Heil 3 Konige. (Friih St Nicolai, Vesper
St Thoml.)
Um deines Tempels willen zn Jerusalem werden dir die
Eonige Oeschenke zufuhren . . .
J. Sonntag nach dem Feste der Heil. 3 Konige. (St Thoma.)
Gesprfich zwischen Jesu, der Seele, und der Mensch-
lichen Vernunft
Seele: FISfs mir von deinen siifsen Lehren
6. Texte . . . auff die heiligen Oster-Feyertage, ingleichen auff
Jubilate, Gantate und das Fest der Himmelfarth Christi, Anno 1711.
(Bibl. d. Vereins fur d. Geschichte Leipzigs.)
Am ersten Opter-Feyertage. (Friih St Nicolai, Vesper St Thoma.)
Sam rule dir, getreue Seele, Angenehme Specerey.
Am andern Oster-Feyertage. (Friih St Thoma, Vesper St. Nic.)
Der Herr, dein Gott, wird selber mit dir wandeln . . .
Am dritten Oster-Feyertage. (St. Nicolai.)
Ich unterrede mich mit deinem Hertzen . . .
Am Sonntage Jubilate. (St. Thoml.)
Vermischte Traurigkeit und Freude Regiert in der beklemmten
Brust . . .
Am Sonntag Cantate. (St. Nicolai.)
Wie grofs 1st deine Giite, Gott, die du verborgen hast . . .
Am Himmelfarths-Tage. (Friih St Nicolai, Vesper St. Thomfi.)
Du wirst, mein Heyiand auffgenommen und fahrest nunmehro
Himmel an . . .
(Aus welchem Grunde mogen wohl an den Sonntagen Quasimodo-
geniti und Bogate die Eirchenmusiken ausgefallen sein?)
7. Texte . . . auff die heiligen Pfingst-Feyertage, ingleichen auff
das Fest der Heil. Dreyfaltigkeit Anno 1711. (Stadtbibl. in Leipzig.)
Am ersten Pfingst-Feyertage. (Friih St. Nic, Vesper St Thoma.)
Sanffter Wind, beliebtes Brausen Aus des Himmels heiPger
Hih'l ...
180 Verzeichnis von Kirchenmnsiken Job. Kuhnau's ans den Jahren 1707 — 1721.
Am andem Pftiigst-Feyertage. (Friih St Thoma, Vesper St Nic.)
Also hat Gott die Welt geliebet . . .
Am dritten PfingsUFeyertage. (St Nicolai.)
Siehe ich will mich meiner Heerde selbst annehmen und si©
suchen . . .
Auff das West der Heiligen Dreyfaltigkeit. (Frith St ThornS,
Vesper St. Nicolai.)
Difs 1st der Tag Der heiligen Dreyfaltigkeit . . .
8. Texte ... auff das Andere Jubilaeum der Evangelischen
Kirche, Anno 1717.
(Archiv der Nicolaikirche. Ein Buch in 4°. Gedrucktee und
Geschriebenes iiber das Jubilaum enthaltend.)
Auff den ersten Feyeriag (31. October). (Fruh St Nicolai,
Vesper St Thoml)
Zion auf! ermuntre dich, Jauchze heut in deinen Thoren . . .
Auff den andern Feyeriag (I. November). (Friih St Thom&,
Vesper St Nicolai).
Tobet ihr Pforten der Hollen ...
Auff den dritten Feyeriag (2. Nov.). (St. Nicolai.)
Herr, der Feinde sind zu viel . . .
(Schriftliche Bemerkung des Kiisters der Nicolaikirche: Dies©
Music ist in denen beiden Hauptkirchen, als nehmlich zu St. Nicolai
und St. Thoma von dem Herrn Can tore Johann Kuhnauen gehalten
worden.)
In der Paulinerkirche (3. Nov.).
Tibi litamus rerum opifex pie, Grates sereno pectore maximas . . .
(Bemerkung des Kusters der Nicolaikirche: Diese Oda Secularis
ist Mittwoch als den 3 ten Novembris 1717. bey der solennen Oration
in Templo Paulino von Herrn Cantore Johann Kuhnauen unter drey
Cohren von denen Thomas Schulern gemacht worden.)
9. Texte . . . auff die Heiligen Wey h o achts-Feyertage, und den
Sonntag darauf, 1720. Ingleichen auf das Fest der Beschneidung
Christi, den drauf folgenden Sonntag, das Fest der Offenbahrung und
den Sonntag darauf, des 1721sten Jahres.
(Bibl. des Ver. f. d. Gescbichte Leipzigs.)
Auf dm I. Wcyhnachts-Feyertag. (Fruh St Nic, Vesper St. ThornS.)
Uns ist ein Kind gebohren, ein Sohn ist uns gegeben ...
Auf dm II. Weyhnachts - Feyeriag, (Friih St Thomfi, Vesper
St Nicolai.)
Mitteilungen.
181
Sey getreu bifs in den Tod, so will ich dir die Krone des
Lebens geben . . .
Auf den III. Weyhnachts-Feyertag. (St Nicolai.)
Fir uos ein Mensch gebohren, im letzten Theil der Zeit . . .
Auf den Sonntag nach Weyhiwchten. (St. Thoma.)
In dulci iubilo etc.
Auf den Neuen Jahrs-Tag. (Friih St Nic., Vesper St. Thoma.)
Kedet unter einander von Psalmen und Lobgesangen.
Auf den Sonntag nach dem Neuen Jakre. (St Thoma.)
Seyd willkommen, frobe Stunden, Hochst erwinscht© Gnadenzeit
Auf das hohe Neue Jahr. (Friih St Nic, Vesper St Thoma.)
Kundlich grofs ist das gottseeligo Geheimnifs . . .
Doni. post Epiphan. (St Thoma.)
0 Suisester Jesu, o freundliches Kind!
Mitteilungen.
* Julius Schaffet, eine Biographie von E. Bohn, Separatabdruck aus
der Ghronik der Universitat (Breslau's) fur 1901/02. 8°. 11 S. Eine
auf Grand sicherster Information mit ungeteilter Anerkennung seiner
Leistungen abgefasste Biographie, die sowohl den Menschen wie den Kunstler,
Dirigenten, Lehrer und Kritiker in seiner Bedeutung hervorhebt. Nur
gegen einen Ausspruch niochte ich Verwahrung einlegen , dass namlich
Schaffer auch die altere Musik-Literatur aus dem Grande kannte (S. 5).
Schaffer sandte mir im Jahre 1880 einen Band Duette mit auBgesetztem
Generalbass und wollte von mir den Koroponisten derselben erfahren, be-
hauptete auch nebenbei, dass der ausgesetzte Generalbass eine Arbeit des
17. Jahrhundert8 sei. Die Duette waren von Agostino Steffani und der
ausgesetzte Generalbass von August Ferdinand Haser, einem Musiker des
19. Jabrhunderts. Cber letztere Nachricht fuhlte sicb Schaffer so ent-
tauflchty dass er mir den ferneren Verkehr kundigte und aus der Gesell-
schaft fir Musikforschung austrat
* Herr Dr. Kurt Benndorf hat im Dresdner Auzeiger. Montags-
Beilage Nr. 33 8. 261 einen interessanten Artikel uber den Bests nd der
Kgl. offentlichen Bibliothek in Dresden in betreff des Besitzes an Musi-
kalien und Bucher uber Musik veroffentlicht, an dem man nur die An-
gaben vermisst, was bisher an Katalogen und Verzeichnissen gedruckt und
veroffentlicht ist. So brachten die Monatshefte als Beilage zu den Jahr-
gangen 1889 und 1890 ein Verzeichnis samtlicher Musikhandschriften und
der Druckwerke des 16. und 17. Jahrhunderts und das im £rscheinen
begriffene Quellen-Lezikon bringt den vollstandigwn Besitz, sowie den der
182
Mitteilungen
spater zugeteilten Bibliotheken, wie der KgL Musikalien - Sammlung, der
Bibliotheken yon Lobau, Grimma, Pima and Glashutte.
* Ee burgert sich seit einiger Zeit bei den Musikschriftstellex'n die
Unsitte ein die £igennamen im Genitiv mit angehangtem s ohne Apostropk
m schreiben, was bei wenig bekannten Antoren leicht za Intamern Ver-
anlassung geben kann. Ein Grand liegt nicht vor, nur eine am unrechten
Orte angebrachte Sparsamkeit kann bier der Grand dieeer Unterlaasung
sein. Icb erinnere nur an die Unsitte das 1 7. and 18. Jahrhanderts den
Eigennamen im Akkusatir ein „en" aazohangen, was ana heute oft in
Zweifel lasst wie der Name eigenttich geheiisen hat.
* Katabg von Wilhelm Jacobsohn & Co, in Brcslau, enthalt neben
Buchern ans allerlei Fachern auch S. 44 eine Sammlong Bucher fiber
Mosik aus neuerer Zeit, darunter auch die Monatahefte Jahrgang 3 — 9,
11, 12, wovon mehrere Jahrgange vergriffen sind.
Aufforderung.
Mit der Bearbeitcmg eines biograpbisch - bibliographischen
Lexikons der deutscben Komponisten and MasikscbriftBteller des
19. Jabrhanderts beschaftigt, als Fortsetzong za meinem Quelleu-
Lexikon, ersacbe icb diejenigen Herren am die Einsendang ibrer
Biographic, die in den bisber veroffentlichten Lexika ungenugend
oder gar nicht anfgenommen sind. Unter deutschen Komponisten
yerstehe ich neben den im deutschen Reiche geborenen, die in
Osterreich -Ungarn, Bohmen, M&hren (mit Ausschlass von Galisien)
and der Schweiz lebenden Musiker. Die Biographieen monen in
Kurze das Geburtsdatam and Ort, die Stadien (Lehrzeit), die
Lebensstellung, wie Amt oder Beschaftigung, den, oder die Wohn-
orte mit der Jahreszahl, Aaszeichnungen and ein Yerzeichnis der
Werke mit Daten, Opuszahl resp. Verleger bei Bracken enthalten.
Die geehrten Bedaktionen der Musikzeitungen warden hdflicbst
ersucht, obige Aufforderung in Ihre Spalten aufnehmen za wollen
und die Herren Yerleger ersuche ich die Ihnen bekannten Kompo-
nisten unrig 4 ^-W personlich auffordern zu wollen.
TciJI Ik pktober 1902.
Rob. Eitner.
V«raatwortlfch*r B*d*kteux Boi«rt Sitn«r, T««p§te (Ueksnnark).
Draok tou Hermann Bty«r a 80ha« (Beyer 4 Mm) la L*ag«
fdr
MUSIK- GESCHICHTE
der Ge8ell8chaft ftlr Musikforsohung.
IIB7. Ja&ri
1902.
Fruit dei Jahrgangei 9 Mc. Monatlioh ericheint
eine Nommer yon 1 Mi S Bogen. Lniertionigebabreit
tax die Ztile 30 Pt
Kommiitloni rerlag
▼on Breitkopf A H&rtel in Leipaig.
Bestellungen
nlnunt jede Baoh- mml MvilklMUidhuig
lb. 11.
J. K. F. Fiscler als KlaYler- mid Oigelkomponlst.
(Von Dr. Kichard Hohenemser-Frankfurt a. M.)
(ScMmss.)
Obgleich also die Pugen Fischer's durchaus keine Schopfungen
grofsen Stiles sind und zuweilen eine gewisse Unausgereiftheit der
Form bekunden, so sind sie doch durchweg mit grofeter Gewandtheit
und Geschicklichkeit gearbeitet, und wenn auch manche unter ihnen
mehr wohlklingend als gehaltvoll sind, so stehen ihnen doch aider©
von grofser, ja von vollendeter Schonheit gegentiber, und an geist-
vollen Ziigen im einzelnen 1st kein Mangel. Besonders zeichnen sich
die Themen fast immer durch ausgepragte Melodik aus und sind zur
polypbonen Behandlung gut geeignet*) Oft lassen sie an sich mehr
erwarten als der Eomponist aus ihnen gemacht hat Der geringe
Umfang der Fugen war eben ihrer vielseitigen Durcharbeitung hinder-
lich. Aber Fischer that doch wohl daran, bei der kleinen Form
stehen zu bleiben; denn wie wir aus der einzigen grofser angelegten
Fuge, die wir von ihm kennen,**) und aus seiner ganzen kiinstleri-
schen Eigenart wohl vermuten diirfen, fehlte ihm die Begabung fur
die grofse, wirklich durchgebildete Fuge, die sich hinsichtlich ihrer
*) Ausnahmen bilden nur einige rhythmisch oder melodisch monotone
Themen: vergl. in der „ Ariadne" die Gmoll- und die Hdur-Foge, im
„Blumen8trau88 u die 4. Fuge der dritten, die 4. der vierten, und die 6.
der 8echsten Gruppe.
**) ,,BlumenstraiiB8'' 5. Fuge der mefomten Gmppa
Mon»Uh. f. Mneikgeioh. Jfthrgang ZXHY. Mo. 11. 11
184
J. K. F. Fischer als Klavier- und Orgelkomponist.
Formvollendung und der Tiefe ihres Qehaltes mit dor klassischen
Symphonie vergleichen lisst Bei der Bearbeitung der Themen ver-
wendet Fischer die im speziellen so genannten kontrapunktischeii
Kiinste nur selten.*) Dagegen versteht er meisterhaft, das Thema
motivisch m behandeln , und erzielt dadurch namentlich sehr wirk-
same Schliisse. So wird im Schlussteil der Cismoll-Fuge der w Maiae tt ,
der iibrigeis mit der harmonischen und melodischen Verwendung
der verminderten Quart© stark an Bach erinnert, das Thema nur
angedeutet. In der Emoll-, Fismoll und Asdur-Fuge wird ganz am
Schlusse andeutungsweise auf das Thema zuriickgegriffen. £in anderes
Mai**) geht die Fuge in einen sehr schonen motivischen Nachsatz,
gleichsam in eine Coda aus. Motivische Behandlungsweise kann man
os auch nennen, dass Fischer einmal die beiden Perioden des Themas
vertauscht. Es ist in der Ddur-Fuge der „ Ariadne", deren Thema mit
der mehrmaligen Wiederholung eines Tones beginnt; am Schluss der
Fuge erscheint zunaehst der weitere Teil des Themas und dann erst
die Tonwiederholung, wodurch ein sehr naturliehes motivisches Aus-
klingen des Stuckes erreicht wird. Einmal***) wird auch zunaehst
nur das Anfangsmotiv eines Themas zu Engfuhrungen bentitzt und da-
nach erst dieses selbst
Es wurde bereits erwahnt, dass sich auch unter den Fugen
Fischer's wahrhaft vollendfite Stuck© finden. Ich mochte nur ganz
kurz auf diejenigen hinweisen, die mir als die wertvollsten erscheinen
Die Gdur-Fuge der „ Ariadne" und die 2. Fuge der 7. Gruppe im
„Blumenstraus8 w konnen uns lehren, welcher Anmut und Leichtigkeit
die Fugenform fShig ist. Solche Stiicke, deren Grundstimmung ubrigeos
in den Fugen Fischer's haufig anzutreflfen ist, sind besonders ge-
eignet, diejenigen zu bekehren, welche die Fuge noch immer fir ein
ktinstliches Produkt des kaltberechnenden Veretandes halten. Ein
stolzes, glanzendes Stuck, das in seinem Charakter an die Fdur-
Chaconne erinnert, ist die 4. Fuge der 8. Gruppe im „Blumenstrauss^,
ein Stick voll gehaltener Kraft die 3. Fuge der 2. Gruppe. Die ernste
Schonheit der beiden ersten Fugen dieser Gruppe beruht in erster
*) Vergl. „ Ariadne" Fismoll - Fuge, in welcher das Thema auch in
der Umkehrung erscheint und mit dieser enggefohrt wird, ferner 7r BlQmeih
8transs u 4. Fuge der 3. Gruppe, welche das Thema zum Schluss in der
Umkehrung bringt. Doppelfugen kommen nur zweimal vor: j^riadDe^
Adur, „Blumenstrauss" 3. Fuge der 6. Gruppe.
**) „Blumen8trauss" 5. Fuge der 6. Gruppe.
***) „Blumenstraus8 <t 3. Fuge der 8. Gruppe.
J. JL F. Fischer als Klavier- and Orgelkoraponist. 185
Linie auf ihren ausdrucksvollen Themen, die jenen Sprung in die
verminderte Septime aufweisen, der uns bei Bach so oft und jedes-
mal mit so tiefer. Wirkung begegnet. Von ahnlichem Charakter ist
die 5. Fuge der 1. Gruppe, die mit ihrem gesangreichen ebenmalsig
dahinfliefsenden Thema zweifellos zum Ergreifendsten gehort, was
Fischer geschrieben hat
Den Pr&ludien und Fugen der „Ariadne w sind noch fiinf Rieer-
care beigegeben. Urspriinglich, d. h. zur Zeit der beiden Gabrieli,
war das Ricercare ein Orgelstiick, in welchem nacheinander mehrere
Themen kontrapunktisch durchgearbeitet wurden. Bei Fischer aber
ist es diejenige Form, welche man in Italien urspriinglich mit fan-
tasia" bezeichnete; hier wird wShrend des ganzen Stiokes ein Thema
festgehalten. Fischer verwendet als solches jedesmal die erste Zeile
eines Chorales, dessen Textanfang er in der tJberschrift angiebt.
Nachdeni das Thema fugeimlMg durch alle Stimmen gegangen ist,
wird es stets polyphon, aber frei weitergefuhrt Z. B. wird ihm in
Nr. 1 eine Figur als Eontrapunkt beigefiigt, wlhrend in Nr. 3 fast
das ganze Material dem Thema entnommen ist
Die Melodie-Anfange selbst hat Fischer im wesentlichen in der
Gestalt beniitzt, in welcher sie ihm uberliefert waren. Zwar ist in
Nr. 2 „Der Dag der ist so freiidenreich 44 und in Nr. 3 „Da Jesus an
dem Creiitze stand" die erste Note doppelt so lang als in den ge-
sungenen Liedern, so dass beide Stick© statt mit dem Auftakt, mit
dem vollen Taktteil beginnen.*) Diese Eigentiimlichkeit, welche im
Gesange unmoglich ware, da sie zur Betonung einer sprachlich un-
betonten Silbe fuhren wurde, findet sich in instrumentalen tJber-
tragungen nicht selten. Wenn also Fischer nicht schon andere Be-
arbeitungen der erwahnten Lieder kannte, so that er doch sicher mit
der Dehnung der ersten Note nichts Ungewohnliches; im weiteren
Verlaufe der StUcke wird sie dann auch auf ihr urspriingliches Mafs
verkurzt. Ferner ist in Nr. 4 „Christ ist erstanden 44 der erste Ganz-
tonschritt in einen Halbtonschritt verwandelt**) Wir haben hierin
einen friihen Beleg fur jene Modernisierungen alter Kirchenlieder zu
erblicken, welche man bis zum £nde des achtzehnten Jahrhunderts
*) Vergl. die betreffenden Melodieeu in „W. Baumkcr, Das kath.
deutsche Kirchenlied". 1. Bd. 8. 286 u. 446.
**) Die Melodie steht bei Bdumker anter ^Chiistus ist auferetanden",
1. Bd. S. 510; die Melodie zu Nr. 5 „Kom Heiliger Geist mit deiner
genad u findet sich unter „lst das der Leib, Herr Jesu Christ 44 , 8. 561 ;
Text und Melodie zu Nr. 1 „Ave Maria Mare" stehen im 2. Bd. S. 86.
11*
186
J, K. F. Fischer als Klavier- and Orgelkomponist.
unci teilweise wohl auch noch im neunzehnten Jahrhundert vor-
nahm, um die Melodieon den modernen Tonarten und dem je-
weiligen Zeitgeschmack anzupassen ; dass si© dabei fast ausnahmslos
verwassert und verweichlicht warden, ist natiirlich. Auch in unserem
fall© wirkt der Ganztonschritt viei kraftiger und besser als der Halb-
tonschritt Im iibrigen aber ist das Stick, wie aach die andera
Ricercare, keineswegs unbedeutend. Kompositioneo von wirklich
grofser und echt orgelmafsiger Schdnheit sind Nr. 2 und namentlich
Nr. 3. In der Geschichte der Choralbearbeitungen nimmt Fischer
trotzdem keinen wichtigen Platz ©in, da er, indem er stets nur eine
Choralzeile bentitzte, sicb mehr nur zufallig an den Choral anlehnte,
ihn aber nicht mm Gertist seiner Kompositionen machte.
Nachdem wir im Vorstehenden versucht haben, uns von Fischer,
dem Klavier- und Oigelkomponisten, ein Bild zu maehen, fragt es
sich jetzt, in welchem Verhaltnis er zu seinen grofeen jungeren Zeit-
genossen Bach und Handel steht Wir besitzen keine ausdruckliche
tJberlieferung, dass sie seine Werke gekannt hatten. In der Sunn-
ing von Klavier- und Orgelkompositionen, die sich der altere Binder
Bach?* angelegt hatte und welche dieser als Knabe heimlich ab-
geschrieben haben soli, befanden sicb nach der Angabe ForkeTs*)
auch Stiicke von Fischer. Da Bach schon im Jahre 1700 von Ohr-
druf, wo er bei seinem Bruder gelebt hatte, nach Luneburg ging,
konnte es sich nur um Stiicke aus dem ,,Blumenbuschlein u handeln.**)
Bas ist das einzige historische Zeugnis, welches wir haben, und
dieses ist sehr unsicher. Auch die Zuge, welche, wie wir sahen,
namentlich Bach mit Fischer gemein hat, deuten nicht auf ui-
mittelbare Beeinflussung hin, sondern wir haben in ihnen nur
einen Teil dessen zu erkennen, was in der Schreibweise Bach's nicht
sein personliches Eigentum, sondern Stil seiner Zeit war. Es giebt
aber andere Ubereinstimraungen, welche es so gut wie sicher er-
scheinen lassen, dass Bach und Handel die "Werke Fischer's gekannt
und beniitzt haben. Solche herein s timm ungen werden sich natur-
gemafs vor allem auf die Verwendung eines gleichen Themas, eines
gleichen Motives, kurz einer gleichen charakteristischen Melodiephrase
beziehen mtissen. Viele der hierher gehorigen Parallelstellen hat
Seiffert angefiihrt. Es ist wohl kein Zufall, dass sich gerade die
entschiedensten Beweise dafiir, dass Bach und H&ndel von Fischer
*) VergL „tJber Joh. Sek Bach'z Leben, Kunst und Kunstwerke 1 '
(1802) 8. 5.
**) Vergl. £. von Werra, Vorrede zu Fischei* Werken, S. VII.
J. K. F. Fischer als Klavier- mud Orgelkomponisi 187
musikalische Gedaiken entlehnten, in dessen Orgelwerken finden;
denn, wie bereits erwlhnt, ist hier ofters den Themen nicht diejenige
Bearbeitung zu Teil geworden, • die sie ihrem musikalischen Werte
nach verdient h&tten, end die Meister der damaligen Zeit vor allem
Bach und Handel, besafsen die grofsartige echt kiinstlerische Objek-
tivit&t, jeden musikalischen Gedanken, der ihnen wertvoll, aber noch
nicht seiner Bedeutung entsprechend verwertet erschien, durch neue
Bearbeitung in eine hohere Sphare zu erheben , mochte er nun ur-
sprfinglich ihnen selbst oder einem anderen angehort haben. So
schuf Bach aus dem wenig veranderten Thema der Esdur-Fuge der
ff Ariadne" die Gmoli-Fuge ira ersten Teil des „wohltemperirten
JOaviers"; so benutzte er die erste Periode des Themas der Gmoll-
Fuge im „Blumenstrauss"*) notengetreu als Anfang des Themas einer
Orgelfuge in Cmoll.**) Ebensowenig ist zu verkennen, dass das
Thema der Fdur-Fuge der „ Ariadne" die Grundlage des Themas der
Fdur-Fuge im ersten Teil des „wohltemperirten Klavieres" abgab.
H&ndel hat aus dem umgebildeten Thema der Fismoll-Fuge der
„Ariadne" eine seiner schonsten und bekanntesten Fugen gemacht.***)
Es soil nicht verschwiegen werden, dass beim Aufsuchen der-
artiger Parallelstellen leicht Tauschungen mit unterlaufen kdnnen. So
ist die tJbereinstimmung zwischen dem Thema der Edur-Fuge der
^Ariadne" und dem der Edur-Fuge im zweiten Teil des „wohl-
temperirten Klaviers u zweifellos vorhanden ; aber, wie Seiffert gezeigt
hat,+) wurde die betreffende Melodiephrase schon lange vor iischer
h&ufig verwendet, kann also sehr wohl von einer anderen Seite Bach
zugekommen sein. Es kommt auch vor, dass die llbereinstimmung
zu wenig ausgeprSgt, zu wenig charaktervoll ist, um den Schluss
auf Entlehnung mit Sicherheit zu gestatten. So glaubt Seiffert, durch
das Hauptmotiv des phrygischen Praludiums der „Ariadne" sei Bach
zu dem Thema einer Orgelfuge in Bmoll,++) die er auch in der
1. Sonate fur Violino allein verwendete, angeregt worden.t++) Aber
die abgestofsenen Begleitakkorde, welche Seiffert, um seine Ansicht
zu stutzen, erwShnt, vermag ich zwar bei Bach, nicht aber bei
Fischer zu entdecken, und ohne diese ist die Stelle nicht individuell
*) 3. Fuge der 2. Gxuppe.
**) Back's Orgelwerke, Ausgabe Peters 3. Bd. S. 58.
***) In der F moll -Suite, Ausg. der deutsch. Handel-Gesellschaft, Bd. 2.
t) A. a. O. S. 38.
tt) Peters Bd. 3 S. 43.
ttt) Seiffert, a. a. 0. S. 230/31.
188
J. K. F. Fischer als Klavier- and Orgelkomponist
genug, urn als Vorbild des Bach'schen Themas angeeehen werden
zu kdnnen. Immerhin gentigen die vorhin angefuhrten Parallelstellen,
urn den Zusanimenhang zwischen Fischer einerseits, Bach und Handel
andererseits deutlich zu erweisen.
Aus allem Gesagten wird klar geworden sein, dass wir in Fischer
einen nicht unbedeutenden Orgelkomponisten und einen der besten
Vor-Bach'schen Klaviermeister Deutschlands vor uns haben. Der
enge Anschluss an die franzSsische Schule gereicht seiner Klavier-
komposition nur zum Vorteil; denn mit Recht weist Seiffert darauf
hin,*) wie steif und trocken sich beispieisweise die Tanze von
J. Krieger ausnehmen, der von der franzosischen Musik vollig un-
beriihrt war. Ebenso kann man aus den Suiten PachelbeVs den be-
deutenden Meister, der er doch auf dem Gebiete der Orgelmusik ent-
schieden war, nicht im Entferntesten ahnen. Indem Fischer den
Deutschen echte Kunstwerke im Gewande der franzosischen Tanz-
fonnen darbot, ebnete er, wie Seiffert sagt,**) einem Oottlieb Muffat
den Weg, dessen Kompositionen den Hohepunkt der franzosischen
Richtung in Deutschland bedeuten. Historisch betrachtet ist Fischer
also in zwei Hinsichten von Wichtigkeit: einmal als einer der wenigen
Deutschen vor Back und Handel, welche den Tanz und iiberhaupt
die franzdsische Art des Klaviersatzes kunstlerisch zu behandeln
wussten , sodann, weil seine Werke auf die unmittelbar vor Bach
und Handel liegende Zeit und damit zugleich auf diese selbst ein
helles Licht werfen. Mindestens ebenso wichtig sollte aber der
Kiinstler Fischer, abgesehen von seiner geschichtlichen Stellung, fur
die Gegenwart werden. Die Tanze einerseits, die Praludien anderer-
seits, sollte man als willkommene Bereicherung der hauslichen Klavier-
musik betrachten , und die beiden grofsen Chaconnen nebst dem
Passacaglio, aber nicht nur diese, sondern auch so manches Pralu-
dium, so mancher Tanz, auch so manches Orgelstiick konnten getrost
ihren Einzug in den Konzertsaal halten.***) Man thut den Partien
Fischer's, da sie, wie wir sahen, im allgemeinen keine geschlossenen
Einheiten bilden, kein Unrecht, wenn man einzelne Sltze aus ihnen
zum Vortrag auswahlt, und wem ernstlich daran gelegen ist, das
*) A. a. 0. 8. 227.
**) A. g. 0. S. 226.
***) Auf die Konzertfahigkeit der Gdur-Chaconne hat schon M. Bueh-
maver hingewiesen. (Saramelband der Internationalen Moaikgesellschait,
2. Jahrg. S. 270.)
Ambrosias Profe.
189
Publikum za Bach hinzufiihren, der kann kaum etwas Besseres thun,
als es zuerst mit Fischer bekannt zu machen. Freilich ware es sehr
winschenswert, dass sowohl fiir Klavier als auch fur Orgel eine Aus-
wahl der besten Stiicke Fischer^ veroffentlicht wiirde. Hoffen wir>
dass sich der verdienstvolle Herausgeber E. von Werra einmal dieser
Aufgabe uBterziehen wird.
AmbrosluB Profe.
(Reinhold Starke.)
Abkurznngen: K. A. E. = Kirchen Archiv von St. Elisabet zu Brealau.
K. A. M. M. = Kirchen Archiv von Maria Magdaleua in
Brealau.
St. B. Br. — - Stadtbibliothek Brealau.
Lib. Sig. Br. = Signaturbiicher der Stadt Breelau.
Nachdem ich zuerst den Aufeatz fiber Ambrosius Profe von
Prof. Dr. Ernil Bohn in der Allgem. deutschen Biographie gelesen
hatte und bedachte, dass Bohn stets mit besonderer Griindlichkeit
seine Arbeiten behandelt, wollte mir schier die Lust vergehen, roich
an einen Stoff zu wagen, ftir den aufser der Handschrift Nr. 1592
in der St. B. Br., welche Bohn hauptsachlich zur Abfassung seines
Artikels gedient hatte, keine Aussicht vorhanden schien ihn zu ver-
vollstandigen. Als ich jedoch im K. A. E. zunlchst seinen Todestag
eruiert hatte, wobei er als Burger und Handelsmann bezeichnet
wurde, war gleichzeitig der Fingerzeig gegeben, auch seinen Handels-
beziehungen nachzugehen, und das fiihrte mich in die St B. Br. zu
den Signaturbiichern der Stadt, in welchen ich neben den Kirchen-
archiven von St. Elisabet und Maria Magdalenen den reichen Stoff
fand, welcher mir jetzt zu Gebote steht Da doch sowohl die Trauungs-,
Tauf- und Totenregister, sowie die Kirchrechnungen, denen sich die
Signaturbiicher der Stadt anreihen, als unanfechtbare Quellen gelten,
so meine ich, dass alles, was ich durch diese Quellen belegen kann,
aof Wahrheit beruhen muss.
Das ganze Material lasst sich unter folgende Gesichtspunkte zu-
sammenfassen :
I. Vorgeschichte.
II. Ambrosius Profe's Lebensgeschichte.
III. Seine Werke.
190
Ambrenns Profe.
1.
Die Nachricbten fiber 'den Vater, Daniel Profe, ehe er nach
Breslai kam, sind sehr spaxlich. Er wurde geboren 1550 zu Jaaer.
Dort scheint er sich mm ereten Male verheiratet m haben; seine
ente Frau hiefs Dorothea and war jedenfalls frtther an einen ge-
wissen Stumpf in Braunau verheiratet, denn ihre zwei Sohne ereter
Ehe Hans nnd Tobias bekennen It Lib. Sig. Br. vom 2. April 1585
nnd 7. Mai 1588, dass Herr Daniel Profe, ihr Stiefvater, ihnen ihr
mtttterlich Erbe (wSrtlich heifet es da: „ihren volligen ererbten
Miitterlichen Zustand") nach Becht und Gerechtigkeit iibergeben habe.
— Mit dieser ereten Frau war er 12 Jahre von 1572— 1584 ver-
heiratet; Kinder waren ihrer Ehe nicht entsprossen. Diese letzte
Nachricht findet sich in der schon oben erwahnten Handschrift
Nr. 1592 der St B. Br. In dieser Handschrift wird iiber Damd
Profe gesagt, dass er ©in recht frommer, aufrichtiger, treuer nnd mit
einem Worte altdeutscher Biedermann gewesen sei. Deshalb ubertrug
ihm auch der Rat der Stadt Breslau einen sehr verantwortungsvollen
Posten, das Amt eines Rotebeschauere und Botezeichners; vordem
war er Tuchmacher in der alten Stadt Die Rdte, eine rote Farbe,
wurde in bedeutenden Mengen aus der urn Breslau herum, auch sonst
im Lande viel angebauten sogenannten Erapppftanze, Rubia tinctoria,
gewonnen, si© musste ohne Ausnahme auf den hiesigen Markt gebracht
und von den vereideten R6tebeschauern auf ihre Giite bin gepruit
werden. Die alsdann verschlossenen Slcke warden bezeichnet und auf
der grolsen Wage gewogen und zum Handel frei gegeben, nachdem
natiirlich Mr Besichtigung und Wiegen der tibliche Zoll erlegt war. Im
Jahre 1571 errichtete man auf dem Ringe an der Stelle der jetzigen
Reiteretatue Friedrichs des Qrofsen eine neue stattliche Wage mit einer
schonen Kuppel, auf welcher alle Waren iiber 10 Ztr. gewogen werden
mussten.*) Die Rote durfte nur auf dem hiesigen Markte von in-
UndischeE Gesch&ftsleuten eingekauft werden und mit ihr wurde ein
schwunghafter Handel fiber Hamburg, Stettin, Danzig und Thorn see-
wlrts und nach dem Osten, wie auch nach Osterreich und Italien
getrieben. In Spezerei-, Farbe- und Materialwaren war Breslau uber-
haupt der Sitz des Mlndischen und eines starken Speditionsgeschfiftes.
In der Breslauer Morgenzeitung vom 10. Mai 1902 ist ein Referat
iber einen Vortrag, den Prof. Dr. Markgraf im Verein ffir Geschichte
*) tTber die grofse Stadtwage siehe: Robert Becker, Federzeichnungai
ins der Bach-Mitzelsclieii Sammlang, Breslau 1900, pag. 49.
Ambrorins Prof©.
191
mad Altertum Schlesiens am 7. Mai „iiber Breslaus Handel nach
Polen in fclterer Zeit" hielt, in welchem derselbe die Wege mitteilt,
welch© die Handelsstrafsen sowohl nach Westen als nach Osten zu
einschlugen. Die Handelsstrafse nach Westen ging iiber Liegnitz,
Haynau, Bunzlau, Naumburg a. Quels, Gorlitz, Leipzig etc., nach
Ostem gab es nach Krakau sogar zwei Strafsen : die eine iiber Brieg,
Oppeln, Tost etc., die andere iiber Hundsfeld, Oels, Namslau und
Czenstochaa. Die Reise nach Westen aber sei ein Kinderspiel gegen-
iber einer Reise nach Osten gewesen. — Wie ausgebreitet der Handel
Breslaus ehemals gewesen sein muss, geht ferner aus einer Denktafel
in der Elisabetkirche hervor: dieselbe befindet sich in der Vorhalle
des mittleren Einganges von der Siidseite her. Auf derselben werden
die Eirchenbesucher in 12 Sprachen zur Wohlthatigkeit und zur
Einlage in den Ootteskasten ermuntert und zwar in: hebraischer,
griechischer, altrussischer, arabischer, lateinischer, italienischer, fran-
zdsischer, englischer, schwedischer, bohmischer, polnischer und deut-
scher Sprache.
tiber die Rote sind mehrfach Verordnungen erschienen; am
25. Novbr. 1574 verbrannte (nach Pohl) der Scharfrichter sogar et~
liche Sick© falscher Rote, „fiihrete und schiittete die andern lis
fliefsende Oderwasser". Coster, Brieg 1794, berichtet, dass zu dieser
Zeit der Handel mit Rote seit einigen Jahren sehr betr&ehtlich ge-
worden sei, denn es werden jahrlich bis 60000 Stein im Werte von
liber 240000 Rthlr. auf den Markt gebracht Die heutige Zeit hat
durch die Erfindung der Anilin-, wohl auch Alizarinfarben und einem
Extrakt aus Rote „Garancine" diesem Handel ein Ende bereitet
Die Nachrichten fiber die Mutter unsres Ambrosius Profe und
deren AngehSrige fiihren weiter zuriick. Im Jahre 1585 am zwei ten
Sonntage nach Trinitatis heiratete Daniel Profe, ein Tuchmacher in
der Alten Stadt nach dem Trauungsbuche der Elisabetkirche: Jungfer
Eua, Martin Sebaldefs, dels stecknadlerfs hinterlassene Tochter, welche
jetzt bei ihrem Stiefvater Hans Birke, lebte. — Dass ich im Stande
bin, auch wiederum die Mutter dieser Eva Sebaldt, also die Grofs-
mutter Ambrosius Profe's mit ihrem Namen zu nennen, ist ein Verdienst
des grofsen Reformators Breslaus, des Dr. Johann Hefs, Pfarrers bei
Maria Magdalena. — Er hat zuerst angeordnet, dass in den Kirchen
die Trauungsregister angelegt werden sollen.
So kommt es, dass Breslau eine der wenigen Stadte ist, deren
kirchliche Nachrichten bis weit ins 16. Jahrhundert zuriickreichen.
Sowohl bei Maria Magdalena wie auch bei St. Elisabet sind vom
192
Ambrains Profe.
Jahre 1542 an sfimtlicbe Trauungen verzeichnet worden. Die Tauf-
register beginnen mit 1670 und die Totenbiicher mit 1583.
Der Stecknadlergeselle Martin Sebaldt war also im Anfange der
Vierziger Jahre von Niirnberg, welches mit Breslau durch den so-
genannten Niirnberger Boten einen regen Verkehr und Handel unter-
hielt , eingewandert und heiratete It Trauungsregister der Maria
Magdalenen-Kirche jedenfalls die Tochter seines Meisters, Jungfrau
Eua meyster Baltazar (Thursen) defs stecknadlers Tochter. Martin
Sebaldt selbst ist nicht alt geworden, er hat ungefahr 20 Jahre mit
seiner Frau gelebt; ihre erste Tochter hiefs Magdalena; Eva, die
Mutter des Ambrosius Profe wurde erst im Jahre 1564 geboren. In
diesem Jahre d. 10. Octbr. kaufte Martin Sebaldt von Andres Wolf
ein Haus auf der Messergasse zwischen Valten Wildenstein und Bar-
bara George Krentzels verlassener Wittib Erben gelegen fir 600 Thlr.
Bald darauf ist er gestorben, denn schon im Jahre 1569 — Trauungs-
buch der Elisabetkirche fol. 259b — heiratet die Mutter an demselben
Tage, wo die altere Tochter Magdalena mit Lucas Engel Hochzeit
macht, Hans Birke. Dieser etattet die Tochter Magdalena aus, erlost
die Mutter aus schwierigen pekuniaren Sorgen und erzieht die fiinf-
jahrige Tochter Eva. Die Mutter starb am 24. Marz 1600 im Alter
von 74 Jahren, sie musste demnach 1526 geboren sein. Hans Birke,
welcher vor ihr schon mit Hedwigis Joseph Mischken's Tochter ver-
ehelicht gewesen war, ging noch eine drirte Ehe mit Frau Marta des
Herrn Magister Melchior Weiglerus, gewesenen Predigers zu St Bar-
bara hinterlassener Wittwe ein. Damals waren die beiden Schwieger-
sohne, Lucas Engel und Daniel Profe, der Ansicht gewesen, dass Hans
Birke ihren Ehefrauen ihr mutterliches Erbe vorenthielte und hatten
das auch offentlich ausgesprochen. Da aber weist Hans Birke auf
ein Abkommen vor dem Waisenamte vom Jahre 1576 hin, dass er
damals im Gegenteil der Gebende gewesen sei, worauf die zwei
Scbwiegersohne versprachen, ihn niemals wieder zu verd&chtigen. —
Lucas Engel war, als er 1569 Magdalena Sebaldt heiratete, ein Nadler-
gesell und hat wahrscheinlich das Geschfift seiner Schwiegermutter
iibernommen, als diese den Hans Birke ehelichte. Er war der Sohn
des „Tuchscherer8 Lucae EngeFs zu New Ruppin in der Margk w und
scheint seine Frau in ganz guten Verhaltnissen bei seinem Tode
zuriickgelassen zu haben, wenigstens findet sich in den Sig. lib. Br.
vom 14. April 1621 eine Notiz, welche darauf schlieJfeen l&sst
tjber Eva Profe berichtet die Handschrift Nr. 1592 ferner: Sie
hat durch Gottes Segen 8 Kinder — 5 Sohne und 3 Tochter ge-
Ambrosias Prof©.
193
zeaget und 30 Jahre in Einigkeit mit ihm (Daniel Profe) gelebet und
ist nach dessen Absterben im Jahre 1615 15 Jahre im Wittwenstande
verblieben. Sie litt spater heftig an Steinschmerzen und starb an
eineni hitzigen Fieber, wozu ein „Stickfluss kam am 6. Augusti des
Morgens umb 2 Uhr Ao. 1630 im Alter von 66 Jahren mit dem
Zeugnifs und wahrhaflten ruhm einer Gottesflirchtigen, keuschen, ein-
gezogenen, arbeitsamen, haufslichen und kreuzgeduldigen Matrone".
Von ihren 8 Kindern starben 3 in sehr jugendlichem Alter: Daniel I.
geboren d. 6. Decbr. 1587, starb den 7. Aug. 1589; Elias, geb. d.
16. Septbr. 1592 lebte einen Tag und Johannes, ein Z willing, war
geboren d. 3. Juli 1593 und lebte 4 Tage. Das alteste Kind, geb.
am 19. Maji 1586, war eine Tochter, Eva. Im Jahre 1604 heiratete
dieseib© It Trauungsbuch der Elisabetkirche den „Erbarn vnd Ge-
lehrten Jacobus Hammerlein, lateinisch Malleolus, Cantor bey der
kirchen zu St Barbara und Collega bej der Schulen zu St Bera-
hardin," von 1610 an Lehrer am EUsabeirGymnasium , des „Erbarn
Wolfgang Hftmmerleins Mitbiirgere und Schusters zum Jawer hinder-
lassenen Sohn". Malleolus ging im Jahre 1612 als Praeceptor und
Kantor nach Jauer, in welcher Stellung ihm 1617 Ambrosius Profe
folgte. Malleolus scheint von einer unheilbaren Erankheit befallen
worden zu sein, denn er starb It Totenbuch der Elisabetkirche schon
am 24. Decbr. 1619. Auf Wunsch seiner Breslauer Verwandten
wurde sein Ableben von der Eanzel zu St Elisabet verkiindet und
deshalb auch im Totenbuche aufgezeichnet Als Malleolus Kantor
bei Barbara war, wurde die Kantorstelle bei Elisabet von Michael
Strigelius verwaltet, welcher 1615 am 15. Januar im Alter von
47 Jahren starb. Wer bis zu dieser Zeit von 1612 an Kantor bei
St Barbara war, ist mir jetzt noch nicht bekannt, jedenfalls wurden
von 1615 an beide Kantorstellen in eine Hand gelegt, und zwar
wird als ©rater Kantor beider Kirchen Herr Gothofredus Wagner
genannt, welcher auch gleichzeitig in der Prima des Elisabetgymnasiums
unterrichtete. Diese Verschmelznng der beiden Amter zu erwahnen,
giebt mir der Umstand Gelegenheit, dass dieselbe nur erst in der
allerneuesten Zeit ihr Ende gefunden hat Erst am 1. April 1902
legte der letzte Kantor beider Kirchen, der Konigliche Musikdirektor
Professor Rudolf Thoma sein Amt bei St. Barbara nieder, das er
40 Jahre bekleidet hatte und behielt nur seine Stellung als Kantor
bei St Elisabet bei.
Der zweite am Leben gebliebene Sohn Daniel Profe's war unser
Ambrosius. Dann kam Daniel II., da Daniel I. gestorben war.
194
Ambroeius Prof©.
Dieser wurde geboren den 10. Januar 1591. Er verheiratete sich
mit „Jungfrawen Susanna, dels Erbaren Gregor Polckens Fleischers
vntter den kleinen Bancken naehgelassener Tochter". — Yon den
Zwillingen, welche am 4. Juli 1593 das Licht der Welt erblickten,
blieb Maria am Leben. Sie war verheiratet seit dem 13. Februar
1618 an Herrn Elias Major. Die letzte Tochter, Martha genannt,
wurde geboren d. 24. Septbr. 1597. Ein Weiteres iiber sie habe ich
nicht in Erfahrung bringen konnen.
n.
Ambrosius Profe wurde geboren am 12. Febr. 1589 und erhielt
die Taufe (siehe Taufregister der Elisabetkirche) am 13. Februar.
Seine Paten waren : Herr Senator Martinus Hanmann, Herr Diaconus
bei St. Elisabet, Ambrosius Moibanus (=» Mohnwagen) und Frau
Dorothea, Herrn Friedrich Schipfers Mercatoris uxor. Dass der Hen-
Senator Hanmann bei ihm Patenstelle vertrat, diirfte wohl ein Beweis
dafiir sein, dass sein Vater Daniel beim Magistrat gut angeschrieben
stand; dass ferner Herr Ambrosius Moibanus dem Kindlein semen
Taufhamen gab, weist darauf bin, dass der Vater Daniel jedenfalls
Verkehr mit den Oeistlichen seiner Kirche gesucht, vielleicht sogar
selbst eine gelebrte Bildung, soweit es in Jauer moglich gewesen
war, erhalten hatte. Dass Ambrosius das Gymnasium besuchte, darf
wohl als zweifellos angenommen werden, da er im Jahre 1812 nach
Wittenberg ging, urn daselbst Theologie zu studieren. Als Beleg
dafiir, dass er in Wittenberg studiert hat, liegen zun&chst zwei da-
selbst gedruckte und an seinen Vetter Joachim Profe, Pfarrer in
Merzdorf bei Jauer gerichtete Gratulationsschreiben vor, dann aber
bekam er auch dazu vom Bate der Stadt Breslau ein Stipendium.
Im Stipendienbuch des Breslauer Stadtarchivs heifet es: Hs. P. 31
pag. 131 und 132.
^Ambrosius Profius
Wratislaviensis soli haben :
Anno 1612: 3. May hat Ein Erbar Rath ihm weiland Frawen Ger-
trudis Kulmanin Stipendium von 44 kl. Mrk. und 1 7 Groschen ver-
liehen und auf 3 Jahre bewilligt, dass er zu Wittemberg Theologiam
vlei&ig studiren soli. Vnd soli ihme auff 2 Termine gegeben werden
als Ostern 19 Tal. 28 gr. 6 h.
und Michaelis wieder soviel: 19 „ 28 „ 6 „
Sa.: 39 Tal. 21 gr. —b.
«o 44 kl. Mark 17 gr/
Ambrosias Profe.
196
1615 am 16. Februar wurde das Stipendium vom Rat noch um
ein Jahr verlangert. In Wittenberg lehrten damals die beriihmten
Professoren : Friedrich Taubmain, Fr. Baldwin, Barth. Meisner, Leon-
bard Hutter u. a. Daselbst wird er wohl auch die Bekanntschaft
des spateren Eantors der Thomasschule za Leipzig gemacht haben,
welcher 1631 zum Nachfolger des beriihmten Johann Hermann
Schein berufen wurde. £s war dies Tobias Michael, welcher damals
in Wittenberg zu gleicher Zeit studierte, selbst aber sogar ein Colle-
gium musicum practicum gehalten hat
Schliefslich schrieb Ambrosius Profe seinem zukiinftigen Sch wager
Elias Major in sein Stammbuch pag. 422:
„Ut Rerun miserum Faciam
Solamine fallam
Sola Facit Mire vox hilaratque caput
Amicitia instar — p— pP^ 13
Praestantissimo Doctissimoque viro DOmino Ilia© Majori, fratri et
p. t Collegae Harmonia suavissimo, paucula haec scrib. Ambrosius
Profius Sympatriota Witenbergae pridie XI Martis 1615"
Es sind noch zwei Stammbiicher vorhanden, zu welchen A. Pr.
einen Beitrag geliefert hat, sie seien deshalb gleich hier mit erledigt.
In dem Stammbuche seines Tetters Esaias Major ist ein kleines
Gedicht, nebst einem dementsprechenden Bilde, worin er seinem
Neffen weise Mafsigung anempfiehlt:
„Ey hallt, haUt es gilt nicht lauffen,
Der Himmel fellt noch nicht vbr Hauffen :
Du wolltest dan gar aufs der welt lauffen.
Seinem lieben Tetter Esaiae Majori liefs dieses zu steter gedachtnufs
mahlen: Ambrosius Profe geschehen vnd geschrieben d. 29. August
Ac 1693 zum Brefslaw. u
In Herrn Christoph Bremer's Stammbuche, des spfiteren Rektors
der Schule zu Bernhardin, ist Ambrosius Profe auch mit einem Bei-
trage verzeichnet. Es heifst daselbst S. 818:
„Geh deinen Weg auff rechtem Steg
Fahr fortt vnd leid, trag keinen Neid,
Bett, hofif auff Gott in aller Noth
Sei still und traw, hab Acht und schaw
Grofs Wunder wirstu sehen.
Zu stetem Gedachtnufs schreib ich Dir es meinem geliebten Herrn
vnd Freunde (Titul) Herra M. Christophoro Bremero Hamburgensi
Ambrosius Profe den 4. Juni 1647 zum Breslaw."
196
Ambrosiiii Profe.
Dieser Stammbuchvers 1st mir ganz besonders lieb, weil er he-
reto von Gregor Lange in seinem I. Teil der Tricinia unter Nr. 2
komponiert und herausgegeben ist. Die Biographie von Gregor Lange
war meine erste musikgeschichtliche Arbeit und ich gebe heate loch
der 3stimmigen Komposition gerade dieses Liedes vor samtlichen 40
dreistim. Arbeiten Lange's den Vorzug. Profe kannte Lange sehr
gut, denn unter der Profe'schen Sammlung von Weihnachtsliedern
unter dem Titel: Cunis solemnibus vom Jahre 1646 befinden sic*
4 Kompositionen des Gregorius Langius.
Wo sich Profe wahrend des Jahres 1616, nachdem er seine
theologischen Studien in Wittenberg beendet hatte, aufgehalten hat,
babe ich nicht in Erfahrung bringen konnen. Nach Martin Hanke
wurde ihm am 8. Marz 1617 das Amt als Lehrer in der Quarta des
Elisabetgymnasiums iibertragen. Als ihm das Stipendium fur sein
Studium in Wittenberg verliehen worden war, hatte er sich ver-
pflichten miissen, in Breslau zu dienen, er musste deshalb, als ihm
noch in demselben Jahre die Kantorstelle mit dem Schuldienste in
Jauer angeboten wurde, am 16. Octbr. 1617 einen Revers unter*
schreiben. In dem oben genannten Stipendienbuche im Stadtarchiv
Breslau, Hs. P. 31 pag. 131 und 132 heifst es: „Am 16. Octbr. 1617
hat ihme Ein Hochweiser Bath begiinstigt, einen Cantor- und Schul-
dienst zum Jauer kegen eingestellten Bevers anzunehmen".
(Forteetzung folgt)
Mltteilnngen.
* Additions inedites de Bom Jumilhac a son traite' de 9 ,La science d
pratique dm plain chant" (1673) publieee d'apres ie manuscrit de la biblio-
theque nationale par Michel Brenet. Paris (1902) aux Bureaux de h
schola cantorum. Bue Saint-Jacques, 269. gr. 4°. 94 S. mit 1 Facaim.
Das Werk Jumilhac's erschien 1673 ohne Angabe des Anton in
Paris bei Louis Bilaine. Th. Nisard veranstaltete im Vereine mit Alexander
Le Clercq im Jahre 1847 ein© neue Ausgabe, in welcher er interessaote
Notizen und Beschreibungen alter Abhandlungen uber den Choral beifugte.
Die beiden Original - Exemplare , welche Nisard zu seiner Neuausgabe be-
nutzte, lieferten ihm auch eine Notiz uber den anonymen Autor der erstea
Ausgabe, uber den Benediktiner Pierre-Benoit de Jumilhac. Von dem in
der National-Bibliothek zu Paris, Manuskript Nr. 19096 befindlichen, von
dem Autor zum Zwecke einer Neuausgabe korrigierten und erweiterten
Mitteilungen.
197
Exemplare batte Nisard keine Kenntnia Diese bis dabin nocb nicht ver-
dfifentlicbten Zusatze zm Jumilbac's Werke liefert das una vorliegende
ziemlicb umfangreiche Werkchen. Die Zusatze sind nach deo §§ der
Originalausgabe ubersichtlich geordnet Fur die Besitzer einer der Aus-
gaben von 1673 und 1847 werden diese Zufugungen besonders wertvoll
sein. Wean auch die Forschungen auf d«m Oebiete des Chorals den
Standpunkt Jumilbac's in mancher Beziebung nicbt mehr als ricbtig gelten
laasen konnen, so 1st dessen Werk docb als ein bistoriscbes Dokument zu
schatzen, welches fiber den liturgischen Gesang zn seiner Zeit Aufscbluss
giebt. R Bohn,
* Die nachtridentinische Choral - Reform zu Rom. Ein Beitrag zur
Masikgescbicbte des XVI. end XVII. Jabrhunderts von P. Raphael Mo-
litor. II. Band. Verlag von F. £. C. Leuckart in Leipzig.
Der allseitig mit grofser 8pannung erwartete II. Band des P. Mo-
litor'schen Werkes fiber die nacbtridentinische Choral -Reform ubertrifil
binsicbtlich des dargebotenen Stoflfes die kuhnsten Erwartungen , welehe
man an denselben nach dem Inbalte des so beifallig aufgenommenen
I. Bandes glaubte begen zu dfirfen, und bezuglich der grundlichen und
gewissenbaften Bearbeitung des reicben und interessanten Materials stellt
derselbe rich dem I. Bande ebenburtig an die Seite.
Auf Grand von 37 beigefugten Originaltezten und dokumeniarischen
Belegen, welche hauptsachlich dem Arcbivo di Stato zu Florenz und dem
Koniglich-Spanischen Staatsarcbive zu Simanca eninommen sind, behandelt
der Alitor in diesem Bande die Choral-Reform in ihrer 2. und 3. Period©
unter den Papsten Clemens VIII. und Paul V.
So interessant und lehrreich ein Eingehen in den Inhalt des Bucbes
en detail auch wire, so mfissen wir una doch bei der zwar sehr uber-
sicbtlich geordneten jedoch so logisch verketteten Stoffmenge dieses ver-
sagen, indem wir den fur eine Besprechung gestatteten Raum tiberscbreiten
mussten , ohne dem Leeer einen vollstandigen Einbiick in den Inhalt des
Buches geben zu konnen. Zudem wird voraussichtlich das bier aufgeh&ufte
Material in besonderen Artikeln weiteren Kreuen zuganglich gemacht
werden.
"Wie der Herr Verfasser in der Einfubrung seines Werkes, I. Band,
8. IX sagt, bezweckt er, die unter Gregor VIII. begonnene und nach
zweimaliger mehrjahriger Ilnterbrecbung unter drei Plpsten angestrebte
Choral -Reform darzulegen, welche mit dem Erscheinen des in der Medi-
caischen Druckerei 1614 — 15 gedruckten Gradual©, genannt Editio Medi-
caea, ihren Abschluss erreichte.
Bekanntlich erschien bei Beginn des letzten Drittels vorigen Jahr-
bunderts in Regensburg eine Neuaufiage der Editio Medicaea, welche
seitens der Riten - Congregation mit offizielJem Charakter ausgezeichnet
wurde. Die Grind©, welche man zur Recbtfertigung der Wiederauflage
gerade dieses Graduale gegen die von Cboralkundigen hiergegen erhobenen
Widerspruche geltend machte, erweisen sich, insoweit sie dieses Graduale
(die Editio Medicaea), seine Veranlassung, Autorschaft, offiziellen Charakter
198
Mitteilangen.
und Ansefaen, sowie Beinen kunstieriBch-asthetiBchen raid praktischen Wert
betreffen , als binfallig. P. Molitor weist dokumentarisch nacb, dues eke
Anregung zor Choral - Befortn nach dem Tridentinum nicbt vom Papste
sondern von reformsucbtigen Musi kern mud gewinnsuchtigen Typograpben
ausgegangen ist. An der E. M. war Palestrina weder direkt nocb indirekt
beteiligt; die Autoren derseiben sind die beiden rdmiscben Muaiker Felice
Anerio und Francesco Soriani ; dies© baben die Melodien in derseiben obne
Rucksicht auf die Tradition nur nacb ibrem Gutdunken umgemodelt, ge-
stutzt, getrennt und wieder zusammengenabt. Im Gegensatze zu der
tridentinisch - bturgiscben Reform be wegung and obne Wunscb oder Befebl
von oben, nocb auf Grand evidenter Prinzipien von den traditionellen
Melcdien losgelost , und im Widerspruch mit den Melodien des offiziellen
Pontificate und des ofnziosen Rituale bildete die £. M. musikaliscb ein
Mittelding aus fremdartigen Elementen obne Klarbeit und Konsequenz.
Vom apostoliscben Stuhle preisgegeben, entbebrte sie selbst jener Art von
amtlicher Empfeblung, die derartige Ausgaben gewobnlicb yom Didzeean-
bischofe erbielten. In Rom war die E. M. nicbt raafsgebeid und im Aus-
lande fand si© wenig Beacbtung. — Fur die Verteidiger der E. ML wird
dieses Ergebma kein erfreuliches sein, und darf man auf erne weitere Dia-
kussion gespannt sein. Moge dieselbe mit derseiben TJnbefangenbeit und
Wabrbeitaliebe von der gegneriscben Seite gefnhrt warden, welcber man
uberall in dem von P. Molitor vollendeten Werke begegnet —
Die nacbtridentinischen Oboral-Reformversuobe, den wirklioben Anteil
Palestrina's an denselben und 4m Verhaltnis d«r Editio Medicaea klargelegt
zu baben, ist nicbt das einzige Verdienst, welobes P. Molitor durch sein
Werk beansprucben darf. Daaselbe bildet fur die Musik- und besonders
fur die Kirchen musikgescbichte des 16. und 17. Jahrbunderts eine Quelle,
welcbe nocb zu mancber Arbeit 8toflf liefern wird.
Fir die so mubevolle und aelbstloBe, so lebrreicbe mud godiegene
Arbeit dem Herrn P. Molitor hocbste Anerkennung und besten Dank!
P. Bohn.
* Max Mess/n Deutseber Mmsiker-Kiileudtr 1903 ist in bekannter
Anordnung soeben erscbienen und bietet neben einem bistoriBcben Artikel
von Prof. Dr. Hugo Riemann iber Stamitz allerlei Statistiscbes die Musik,
Musiker, Verleger und vieles andere b«treJfand dar. Ein eminent nit*-
liches Nachschlage-Buch fur beute und kunftige Zeiten.
* Wilh. Jacobsohn & Co. in Breslau, Antiquariats- Katalog Nr. 179
enthalt von Seite 44 ab aucb eine Reibe Bucber und Musikalien moist
aus neuerer Zeit.
* List S Franke in Leipzig, Katalog Nr. 346, Autograpbe entbaltend,
darunter auch eine Abteilung Tonkunstler.
Veraatwortlieher Redakteur Bobert Bitner, tanplta (UokcrmArk).
Drnok ron Hermann Beyer * 8ohne (B«jar 41 Mann) in fiang— tmln,
V
MUSIK- GESCHICHTE
y
herausgegeben 1 \<
der Getellschaft fttr Mnsikforsohnng.
IIB7. Jahrt
1902.
Pttto det Jahrgftnget 9 Mk. Monatlioh trteheint
Hint Nammir ▼om t bit 1 Bogen. InttrtiontgtbtLhrtn
ttat die Z«Ut Si P£
KommittiontvtTlftg
ron Brtitkopf A HIrtel in Ltiptig.
Bttteilaogta
nlmmt jedt Bnoh- and Mniikhtndlang tatgegtn.
So. 12.
AmbrosluB Prtfe.
(Beinhold Starke.)
(Schluss.)
In Jauer fand er in der Jungfrau Maria Dietmann seine Lebens-
gefchrtin, sie war die Tochter des reichen Jauerschen Kauftnanns
Jonas Dietmann. Die Hochzeit war am 28. Mai 1619 und wurde
festlicb begangen. Von seinen Wittenberger Freunden liefen zahl-
reiche Hochzeitsgedichte ein. Is werden gcnannt: Job. Blausus,
M. Paul Rossel, Georg Hilscher, Mich. Klett, Joachimas Pomarius,
Chrstn, Taubmann, Friedr. Hoeckelshoven, Florian Gerstmann, Mart
Neifse, Mart Heerfort, Chrstph. Reimann , Matthias Machner und
Balth. Thoma.
Ihrer Ehe entsprossten 4 Kinder, von denen die ersten drei
jedenfalls schon in Jauer geboren wurden. Die alteste Tochter
Susanna erblickte das Licht der Welt im Juli 1620, ihr folgten
Godofredus und dann Rosina. A Is viertes Kind steht im Taufbuche
zu St. Elisabet am 20. Dezember 1637, wo Profe schon Organist bei
St Elisabet war, getauft Maria.
Wie lange Ambrosius Profe in Jauer wirkte, ist nicht fest-
zustellen, sicher ist, dass er noch im Jahre 1628 in Jauer war, denn
am 11. November dieses Jahres wurde seinem Vetter, dem dortigen
Diakonus eine Tochter geboren, deren dritte Pate Fran Maria ge-
borene Dietmann, Herrn Ambrosii Profens, Organisten, seines Herra
Vettern Ehefrau verzeichnet steht Da es schlechtweg „Organisten"
Monstth. f. MatikgMoh. Jahrgaiig XXXIV. No. If 12
200
Ambrosias Profe.
heifst, so darf mm wohl mit Bestimmtbeit annehmen, dass er noch
Organist in Jauer war. Eantor und Organist waren damals in der
kleinen Stadt jedenfalls in einer Hand vereinigt, am so mehr, da
A. Pr. ein tuchtiger Organist gewesen sein muss. Der drei&igjahrige
Krieg, in dem besonders Schlesien hart bedr&ngt wurde, hat auch
sein© schwarzen Schatten auf das Leben unseres A. Pr. geworfen.
Da es als erwiesen gilt, dass im Jahre 1629 der protestantische
Gottesdienst in Jauer gfinzlich unterdruckt wurde, und dass die
evangelischen Pfarrer vertrieben wurden, so ist anzunehmen, dass
auch A. Pr. als Angestellter in der evangelischen Kirche nicht ver-
schont worden ist Er kam demnach hochstwahrscheinlich im Jahre
1629 nach Breslau zuriick ; denn dass es ihn nach Breslau zog, ware
kein Wunder gewesen, da 1629 die Mutter noch lebte. Er grundete
hier ein Handelsgeschaft, da augenblicklich keine Stellung seinen
Kenntnissen und Neigungen angemessen vorhanden war. Deshalb
hat er sich wahrscheinlich auch nicht 1631 bei den erledigten
Kirchenstellen bei Maria Magdalena, als sowohl Eantor wie auch
Organist starben, beworben, weil das junge Geschaft seine ganze
Kraft in Anspruch nahm. Etwas anderes war es, als im Jahr 1633
bei Maria Magdalena abermals Kan tor und Organist und bei Elisabet
der Organist mit Tode abgingen. Bei Magdalenen waren es : Kantor
Salomon Schoen und Organist Davidt Ladebach und bei Elisabet:
Oregorius Beck, welcher 21 Jahre Organist gewesen war und am
16. Septbr. 1633 starb. An Stelle des Gregorius Beck wurde nun
Ambrosius Profe als Organist zu Elisabet berufen. Es ist mir nicht
gelungen weder eine Berufungsurkunde noch ein Bittgesuch seiner-
seits aufzufinden, dass er aber bereits am 22. Decbr. dieses 1633 sten
Jahres die Stelle inne hatte, geht aus den Listen uber Ankauf, dort
„Verlegung" genannt, eines Platzes in den Kirchenstuhlen flir seine
Frau hervor.
Diese Notiz ist in mehreren Listen vorhanden ; hier geniige die-
selbe aus List© No. 2 vom Jahre 1627 — 1669 : „Im Jahre 1633 den
22. Decbr. (fol. 65 b) verlegte H. Ambrosius Profe Organist zue
St Elisabeth fur seine Haufsfraw Maria an der Langeseiten defs
Predigtstuhles in der Banck No. 28 die Vierde Stelle, so zuuor Er-
bare Anna Gregory Beckin Seel, gewesenen Organisten hinterlassene
Wittiben gewesen, zahlt der Kirchen 6 Thlr." Diesen Kirchenstuhl
bebielt Frau Maria bis zu ihrem Tode. In derseJben Liste heifst es:
„Am 1. Decbr. 1661 Verlegte die Wohl Edle V ielehrentugendtreiche
Frau Dorothea Burckhartin geborene Roberin, des Wohl Edlen Go-
Ambro8iu8 Profe.
201
strengen Herrn Johann Burckharts des Rahts alhier, Hochvielgeliebte
Ehfrau vor sicb, auf der Langeseiten des Predigstuhls in der Banck
No. 28 die Vierdte stelle, welche vorhin Frawe Maria, Herrn Ambrosy
Proffens, gewesenen Organistens allhier Hausfrawe gewesen, vndt diese
Stelle von ihren Erben guttwillig ihr abgetreten worden, zahlte der
Kirchen 8 Thaler."
Dass Ambrosius Profe als Organist und schon vorher ein Handels-
geschaft hatte, ist durch folgende Nachricht verbiirgt, die ich im
K. A. M. M. ebenfalls in doppeltem Exemplare in einem Schuldbuche
der Kirche vom Jahre 1604 fol. 72 land: „Anno 1634, d. 14. Novbr:
Von Herrn Ambrosij Proffen, Organisten zu St Elisabet vor 204 #.
frembden Zinn, das #. 3 gr. 9 heller Thut — 25 Taler. u Das Zinn
brauchte die Kirche zam Orgelbau; denn soeben, am 11. Novbr. 1634
hatten die Kirchenvater zu Maria Magdalenen Herr Rudolph John
und Albrecht Bieber mil dem Orgelsetzer WiUielm Haupt den Kon-
trakt zum Bau der neuen Orgel abgeschlossen, deren Prospekt in
der St. B. Br., im Schlesischen Konservatorium und im Museum fur
Schlesische Altertlimer vorhanden ist. An den Turmen sind die
Wappen der beiden Kirchvfiter ganz deutlich zu erkennen und den
Eontrakt selbst mit den beiden Petschaften John's und Bieber's,
welche dieselben gut erhaltenen Wappen zeigen, habe ich im K. A.
M. M. aufgefunden. Der Prospekt hat meines Erachtens nach einen
ganz wundervollen Anblick geboten, und die Orgel wurde damals
noch so wie bei Si Elisabet auf der Nordseite zwischen zwei Pfeilern
errichtet, denn sie ist in der Gegend des Spieltisches so eng zu-
sammengedr&ngt, dass man wohl annehmen kann, diese Partie der
Orgel habe zwischen den Pfeilern gestanden. Das Orgelchor mit
dem Ruckpositiv und die grofsen Pfeifen auf der Seite waren so an-
geordnet, dass alles sich an die Hauptpfeiler so wie bei St. Elisabet
anlebnen konnte. Hierzu mochte ich noch bemerken, dass die Nach-
richten und Urkunden bei Maria Magdalena reichlicher erhalten sind
als bei Elisabet, denn eine der wichtigsten Quellen fur die Zeit von
ungefahr 1660 bis 1644 versagt bei Elisabet fast ganzlich, da die
Kirchrechnungen unwiederbringlich fir diesen Zeitraum verloren zu
sein scheinen. Etliche Zwischen-Jahrgange habe ich noch im K. A. E.
aufgefunden, sie sind jedoch aufser den Rechnungen uber die Reno-
vation der Orgel vom Jahre 1627 fur meine diesmaligen Arbeiten
belanglos. — In seiner Eigenschaft als Organist bei St. Elisabet ent-
faltete Ambr. Profe eine reiche Thatigkeit, denn die Sammlung von
Motetten etc., wie wir sie in den 4 Teilen seiner geistlichen Con-
12*
202
Ambrosias Profe.
certen etc. noch jetzt besitzen , erheischt eine grofse Fulle voo
Lust und Liebe, besonders aber Kraft zur Arbeit Nebenbei aber
flihrte er sein Geschfift als „Handeir&mann" fort Von 1640 an
erecheint er in den Lib. Sig. Br. offers als Birge, 1643 kaufte er
das sogenannte Cratonische Haus, jetzt Karlstrafse 31. In einer
Rechnung zu St Elisabet vom Jahre 1645 „von Reminiscere an Mis
auf volgend Trinitatis steht: „Deni Herrn Arnbrosio Profe, Organist
zue St Elisabeth vor 3 Schock 6/4 ellige Leimet (Leinewand) in
Chor Oder Prister Kutteln 23 Re. Thai, zahlt 28 Thlr. 27 gr. 44 Dies
ist allerdings der einzige Beleg dafur, dass er auch Leinwandhaodler
gewesen ist, wogegen er in alien andern Urkunden entweder Mer-
cator oder Handelsmann genannt wird ; so lange er natiirlich Organist
war, liest man nieist „Organist bei St Elisabet 44 . Als solcher erhielt
er im Quartal It. Quartalsrechnung von 1644 an 25 Thlr. 28 Mrk.
4 gr. Oehalt, im Jahre also 100 Thlr., wahrend Bernhard Beyer,
Organist bei Maria Magdalenen, It Resolution des Rates vom
17. Augnpt 1634 nur jahrlich 72 Thlr. festes Gehalt erhielt und trotz
seines Bittens vom 21. Januar 1639 auch keine Erhohung seines
Gehaltes, §ondern nur in diesem Falle ein Gratial von xwolf Rthlr.
erzielte. Auch bei Elisabet haben Kan tor und Organist in den
Jahren 1646 und 1647 Extrahonorare erhalten. 1646, d. 27. Aug.
heifst es in der Rechnung: „Auf Anordnung eines Geetrengen Maths
vnd Herrn Vorsteher ist dem Herrn Can tori vnd Organist auf Ihre
Supplication wegen des verrichten Triumph Fests Aufsgezahlet It
Quittung No. 30 . . 10 Thlr. 1647 am 3. Aug. abermals an bade
fur die Musik beim Freudenfeste des Hungrischen Konigs ... 10 Thlr. 44
Die Kantoren iibrigens, mit welchen Profe zusammen amtierte, waren
der schon oben erwahnte Gothofredns Wagner, welcher am 27. Januar
1643 im Alter von 60 Jahren starb. Ihm folgte am 8. Mai des-
selben Jahres Joh. Balthamr Cargms Heilbrunensis Francus, Philo-
sophiae Mag., welcher erst am 24. Juli 1686 emeritiert wurde.
Wenn nun auch das Honorar, welches l^rofe bezog, fur die da-
malige Zeit ein ganz annehmbares war, so hatte er es doch sicher
als Organist allein nicht zu solchem Ansehen gebracht, wenn er
nicht auch zugleich Burger und Kaufmann gewesen ware. Es ist
wohl moglich, dass ihm die Herausgabe seiner Sammelbande etwas
eingebracht haben, aber den Grund zu seiner Wohlhabenheit, weldie
ihm sogar gestattete Besitzer eines Hauses zu werden, legte er sicher
als Kaufmann. Seine Frau war zwar aus einem vennogenden Hause,
Profe hatte sie aber aus Liebe geheiratet und ein Heiratsgut war,
Ambroeius Profe.
203
wie es in ihrem Testamente hei&t, nicht abgehandelt worden; daraus
geht hervor, dass ihr Vermogen abgesondert von seinem Erworbenen
verwaltet wurde. — Das letzte Quartalgehalt als Organist erhielt
Ambr. Profe an Michaelis 1649, dann ist er nicht mehr als Organist
aufgefiihrt Dr. Bohn zweifelt zwar, dass die Kirch vater ihren ver-
dienten Organisten so ohne Weiteres fortgeschickt haben, ich glaube
auch nicht, dass er entlassen worden ist, sondern ich halte dafiir,
dass er seiner ganzen Charakteranlage nach selbst sein Amt nieder-
gelegt hat, um der ohnehin durch den Einsturz der Kirche hart
mitgenommenen Gemeinde die Last zu erleichtern ; steuerte er docb
selbst nicht weniger als 15 Thlr. m dem Kirchbau. Ein armer
Organist hatte das nicht gekonnt. Die Tbatsache aber, dass er von
Michaelis 1649 an wirklich nicht mehr Organist war, kann nicht
angezweifelt werden, dafiir sprechen folgende Belege: Wahrend des
Banes der halb eingesturzten Kirche wurde Gottesdienst bei Barbara
abgehalten. Wenn nun Profe noch Organist gewesen ware, so wiirde
er doch sicher auch bei Barbara zum Gottesdienst die Orgel haben
spielen mussen, aus den Bechnungen aber geht hervor, dass der
dortige Organist Jakob Most das fiir ein Jahr verwilligte Gratial
wegen Aufwartung mit der Orgel beim Gottesdienste im Betrage
von 12 Thlr. 18 gr. erhielt. Den untriiglichsten Beweis aber, dass
Profe nur bis Michaelis 1649 Organist war, liefern die Bechnungen
von 1649—50, 1650—51 und 1656- 57. In der Rechnung von
1649 heiist es vorn, wo die Beamtenwohnungen angegeben sind:
Ein H&ufslein hinter dem Pfarrhofe gebuhret dem Cantori, itzo
H. Hannfs Balthasar Karcken (Cargius) zu bewohnen ohne Zinfs.
Ein Haufslein darneben, auch hinter dem Pfarrhofe, gebuhret
dem Organisten, itzo H. Ambrosio Profen, ohne Zinfs zu bewohnen.
Bei der Zusammenrechnung der Quartalsausgaben heifst es:
Kombt anf 8 / 4 Jahr & 36 gr. ....... 1U: 223, 24 gr.
Vndt auf dafs 4de Quartal, veil dem Organisten
seine gehabte 25 Thl. nicht mehrgegeben worden „ 49, 20 „
Thut auf dies ganze Jahr zusammen ..... Tal: 273, 8 gr.
1650 — 51 heifst es ebendaselbst: hinter dem Cantorhause, wo
B. Cargius weiter wohnt:
Ein Haufslein darneben, auch hinter dem Pfarrhofe, so zuvor
der Organist bewohnet hatt, vndt an itzo Matthes Rehnischen, unter
Glockenlautern von Michaeli vermi-etet worden vmb 20 Thaler.
Erst 1656 — 57 wird das Haus wieder von einem neuen Orga-
nisten: Bernhard Beyer bewohnt.
204
Ambrosias Profe.
Die Kirche zu St Elisabet und deren Orgeln waren waken!
der Amtsthatigkeit des Ambr. Profe vielfach vom Ungliick verfolgt
Si© litt ztra&chst, als am 29. Juni 1645 ein grofees Schlofsenwetter
samtliche Fenster der Westseite in der Stadt und auch in der
Elisabetkirche zertrtimmerte. Dieses Wetter und seine Folgen sind
beschrieben auf einem in die Wand auf der oberen H&lfte der Treppe
eingelassenen Stein beim sfidlichen Aufgange zum Konigschor. Die
Inschrift lautet: „2u st&te webrenden Gedachtnies und Nachricht den
Nachkommen : Dieses sampt den unteren Fenstern, welch© im Jahre
1645 den 29. Juni am Tage Petri und Pauli gleich in der Mittag-
stunde, durch ein pl5tzliches und bey Menschengedancken unerhortes
Hagel- und Schloofs- Wetter neben vielen andern durch die Stadt
gegen Abend stehenden Fenstern gantz zerschmettert und zerdriimert
worden, seyend im Augustmonat obgenannten Jahres als Ibr Gestr.
Herr Dietrich von Gartz, des Rahts und Titel: Herr Balthasar Schnabel
fQrnehmer Burger alhier Kirchv&ter und Fiirsteher waren, wieder er-
neuert worden. So hat sich gegen uns Gott wollen zornig stolen,
Wie er die Stind der Welt im Grimme werde fallen!" An den
4 Ecken sind folgende Wappen angebracht: Oben rechts das Breslauer
Stadtwappen, links des Dietrichs von Gartz (Greif mit Pfauenwedel),
unten rechts Heinrich Beichels (Lowe mit Sichel) und links Balth.
Schnabels Wappen (Mann mit Streitkolben). — Unter den Kostan-
rechnungen, die daraus erwachsen sind, finden sich folgende Posten:
1645, d. 15. July: Dem Adam Pusch Maurer vmb das er diese Wocbe
die Gerii8te am Fenster zwischen den Orgeln in der Kirche hat machen
lassen It. Aufszuges sub No. 11 zahlt: 5 Thlr. 32 gr. 6 heller. IMS,
d. 25. Aug: Vor Zwecken zur Orgel, die Leimet, so das Wetter von
dem einen Fliegel abgerissen damit anzuschlagen. 9 gr. 1646, d.
10. Martij: Frawen Maria Valentin Weinerin Stadt Glaserin vmb
was dies verwichene Jahr an den Kirch, Schuel und zugehdrigen
Kirchenwobnungsfenstern von dem grofsen Ungewitter ist Schaden
geschehen vnd sie solches wiederumben hat ergenzen und Arbeiten
lassen laut zweyen Aufszugen sub No. 3 u. 4 zu sehen, zahlt:
127 Thk. 16 gr.
Den Gesellen Trinkgeld: 1 „ 9 „
Sa: 128 Thlr. 25 gr.
A us der ersten Rechnung des Adam Pusch geht hervor, dass
die kleine Orgel der grofsen gegeniiber auf dem Singerchor auf der
Siidseite gestanden bat Die zweite Rechnung berichtet, dass diese
Ambrosias Profe.
206
Orgel, wie auch dann die spatere, mit Leinwand beschlagen und
drapiert war, was jedenfalls die Malerei zum Teil ereetzte. Vielleicht
diente die Leinwand auch mit zum Schutz der Pfeifen an Stelle
eines vollst&ndigen holzernen Gehluses, wie es die folgende Orgel
erhielt. — Das grofste Ungllick aber, welches die Elisabetkirche be-
troffen hat, geschah am 10. und 14. August 1649, als drei grofse
Pfeiler der Nordseite einsttirzten und die Orgel zerstdrten. Ambrosius
Profe verlor dadurch seine Stelle, wie schon oben berichtet, er ist
von dieser Zeit an nur noch Kaufmann gewesen, jedoch wird er
noch zweimal in den Rechnungen genannt, einmal beim Entwurf der
Disposition zur neuen Orgel und dann bei deren Abnahme, beide
Male wurde er als Sachverstandiger hinzugezogen.
Im Tode ging ihm zunachst seine treue Lebensgefahrtin Maria
voran, sie starb It Totenbuch von St. Elisabet: 1660: Den 12. Decbr.
Morgens zwischen 6 u. 7 Uhr und „ist in Gott dem Herrn Sanfft
vnd selig eingeschlafen, die Vielehrentugentreiche F ran Maria Profii,
defs Ehrenuesten Herrn Ambrosi Profens HandeLfsmannes alhier ge-
liebte Hau&frau Ihres Alters im 59. Jahre". Sie muss also geboren
sein im Jahre 1602. — Wie ich schon oben erw&hnt habe, hatte
Profe bei seiner Heirat sich nicht urn die Mitgift seiner Frau,
sondern urn die Frau selbst beworben, das Vermogen, welches sie
demnach von ihrem Vater geerbt hatte, war ihr Eigentum geblieben;
demgemlfs musste sie vor ihrem Ableben ihr Testament aufsetzen
lassen. Dasselbe ist aufbewahrt in den Testamentsbtichern des Staats-
archivs unter der Nummer: F. Breslau. Stadt Breslau 11 1. 10 L
No. 22. 1662: Maria Profe. Im nahmen der heiligen hochgelobten
Dreyeinigkeit hab ich Maria Profin geborene Dietmannin Herrn
Ambrosii Profes, Biirgers vnd Handelsmanns in Brelslau ehelige
Hausfrau, in betrachtung meiner sterblichkeit, bey gutter Vernunft
und sinnen, wolbedfichtig meinen letzten Willen au&etzen und zu
papier bringen lassen, wie folget:
Vohr alien Dingen befehle ich meine Seele in die gnadenhand
Jesu Christi, ihres Erlosers und Seligmachere; den leib in die Erden,
Christlichem branch nach zu bestatten. Was mein zeitlich Gutt und
vermogen anlangt, es bestehe dafselbe wo und worinnen es wolle,
itziges und ktinftiges, alhier und anderswo, da verordne ich, dass es
auf folgende Weise damit gehalten werden soil:
Dafern mein lieber Ehemann, Herr Ambrosino Profe, meinen
tod erleben solle, So darff es weder einziger Versiegelung, Inventar,
noch taxa, sondern weil ich demselben Zweytausend zwey und dreifsig
206
Amlwosiii Prof©.
Reichsthaler baar geld inferiret raid zugebracht, ingleichen was mir
an wenigen Pretiosis, Schmuck, Lelnwaid, Betten, Bettgewand, Leinen-
gerathe, Kleidern und an andern Mobilien eigentiimlich zusfeht, mmm
lieber Ehemann later seiner eigenen Handunterschrift und sigel eine
specification und attestation erteilet, so soil nach derselben sich ge-
richtet werden.
Nocbmals sol meinem lieben Ehemanne seine Sexta Statutaria,
nebens dem Ehebette, oder was ihm nach hiegischen Stataten ge-
buhret, von meinem obgemeldten vermogen vnd zugebrachten Gatte
vohr tiler theilung eigenthtimlich au&gefolget werden. Dabey m
mercken, dass weiter gar kein Hayratgutt abgebandelt oder mm
mir versprochen worden, ihm auch keines aus meinem Yermogen
folgen kan.
Aus dem tibrigen meinem ganzen Vermogen und yerlassenscbafifl
sol meiner tochter Maria Profin, Christoflf Wildehans Eheweibe mehr
nicht als die nach den Rechten und hiegischen Statuten au%esetzt©
Legitima eigenthtimlich zukommen und sonst nichts mehr getolget
werden, in welche Legitimam ich sie auch hiermit titulo honorabili
instituiren thue.
Aus dem Ubrigen meinem Vermogen nach Abzug gesagter
Legitima praelegire ich meines Sohns Sohne Hanfs George Profen,
zweihundert Reichsthaler: meines Sohns tochter funfeig Reichsthaler:
dann seinem jiingsten Sohnlein Gotfrieden funfeig Rthlr. ferner ver-
mache ich Herrn Hansen Binnersdorfs Tochterlein Anna Mariae Ein-
hundert Reichsthaler, dem gemeinen Almosen auf die Hand aufe-
zutheilen 18 Thaler Schlesisch.
Ueber das iibrige mein VermSgen setze ich zu wahren Erben
ein meinen lieben Sohn Gottfried Profen, Biirgern und Handelsmann
zum Jauer: meine liebe tochter Rosinam Herrn Hansen Bieneredorfe,
Burgers und Handelsmannes zum Jauer eheliche Haufsfrau, dann
weiland Frauen Susannam Pufeinfskin, meiner verstorbenen tochter
hinterlassenes tochterlein Rosinam PufeinCskin, dergestalt, dass itzt-
besagte meine iibrige Erbschafft inter sie drey in drey gleiche theile
eingetheilet werden soil. —
Is kommt jetzt die Verfiigung, wie es gehalten werden soli,
wenn sie erst nach ihrem Mane sterben wurde. Die Anordnungen
sind genau dieselben, nur sollen die notigen Zeugen dabei sein.
Dann folgt:
Hiermit beschlie&e ich diesen meinen letzten Willen und wil,
dass selbiger wo iiber verhoffen nicht als ein zierlich Testamwt,
Ambrosias Profe.
207
jedoch als ein Codicill, donatio, mortis causa, dispositio inter liberos
oder qvocunque alio de jure valido modo bestehen solle.
Einen Gestrengen Hochbenambten Rath, als meine hochgeehrte
Obrigkeit, gehorsaralich bietende, hieriiber steiff, fest und unverbriich-
lich zu halten und keinem Menschen niter was praetext es inimer
seyn kan und mag, dawider thuen zu lafsen.
Jedoch behalte ich mir vohr, diesen meinen letzten Willen zu
mindern, zu mehren und zum theil oder ganz zu andern und ab-
zuthun. Alles ganz treulich Zu Urkund defsen hab ich mich eigen-
hledig unterschrieben, und mit meinem gewohnlichen Petschaft be-
kraftiget: So geschehen in Brefslau den 31. Octbr. Anno 1659.
(L 8.)
Maria Profin geborene Bietmannin.
mein letzter Wile.
Ipsa deposuit d. 3. Novbr. A. 1659.
Publicat: und instant obenneldten, Ambrosii Profes, als Wittibers,
sowol der Ehr. Gottfried Profes und Hanfs Bienersdorfs mercatorum,
als Sohnes und Eydams.
d. 11. Januar A 0 1661.
Warum die jtingste Tochter Maria gleichsam enterbt worden 1st,
habe ich nicht in Erfahrung bringen konnen. Da bei ihrem ersten
Kinde, welches in der Elisabetkirche den 14. Januar 1661 getauft
wurde, der „Thomherr u Herr Johann Matthias Stepletius mit als Pate
aufgefuhrt ist, da ferner der Vater: Tit: Herr Christoph Wildehain
als Ihr hochfiirstl. Durchlaucht gewesener Waradin in Crembsier an-
gefuhrt wird, dies Kremsier aber als katholisch 1643 von den
Schweden ersturmt und verbrannt worden war, so darf man an-
nehmen, dass Herr Christoph Wildehain katholisch gewesen ist und
dass der Groll der jedenfalls strong evangelisch gesinnten Mutter
Maria Profe, die 1629 von den Kaiserlichen aus Jauer mit vertrieben
worden war, gegen die Tochter Maria seinen Grund darin gehabt
hat, dass Maria wahrscheinlich in Wildehain einen Eatholiken ge-
heiratet hat. Ich habe deshalb eine Anfrage an das hiesige Dora-
kapitel gerichtet, habe aber bis dato ebensowenig eine Antwort er-
halten wie von Jauer, wo ich beim Pfarramt angefragt habe, ob
vielleicht zufallig die Kirchenbticher gerettet oder dem dreifsigjahrigen
Kriege zum Opfer gefallen sind.
Das Begrabnis der Frau Maria, Gattin des H. Ambrosius Profe,
fand statt A 0 1660, d. 16. Decbr. vom Salz- Hinge aus auf den
Elisabet Kirchhoff M vnter den Stein No. 20, und es wurden
208
Ambrosias Prof©.
vor die Leichtficher
vor die Qrabstelle .
vor dais Geleute .
S ft
10 *
Sa: 22 Tk. tasahlt 1
Genau dieselben Formalit&ten fan den statt, als Ambrosias Profe,
nachdem er am 27. Decbr. 1661 Morgens umb 4 Dhr an einem
Streckfluss im Alter von 73 Jahren minus 7 Wochen gestorben war,
am 1. Januar 1662 gleichfalls vom Salz-Ringe aus auf den Elisabet-
Kirchhoff vnter den Stein No. 21 beerdigt wurde." — Von demHore
der Kirche ans, welches nordwestlich vom Ringe liegt, fuhrten gegen
30 Steinplatten bis zum Eingange an der Mittelthttr der Kircha
Dnter je einem der ersten 23 Steine von der Kirche aus waren der
Sage nach It. Typographische Chronik von Breslau von Menzei pag. 189
die am 6. Mlra 1420 enthaupteten 23 Aufrtihrer begraben, damit sie
als Siinder noch im Tode recht oft von den Kirchgangern mit Fufcen
getreten werden sollten. Diese Sage war jedenfalls schon 240 Jahre
darnach vollst&ndig verblasst and sollten Herr und Fran Profe wirk-
lich deswegen ihre Ruhest&tte unter diesen Steinen gewahlt haben,
damit die Kirchg&nger sie ihrer Stinden willen oft mit FiiXsen traten,
so folgten sie nur dem Beispiel des Herzogs Wenzel von Sagan,
welcher sich aus diesem Grande an der Kirchtiir zu St Barbara
begraben liefs.
Dass Ambr. Profe mit seiner Gattin Maria 4 Kinder hatte, ist
bereits erwahnt worden, iiber die jiingste Tochter Maria ' ist aach
schon das von mir Erkundete raitgfjteilt, es erubrigt nur noch, iiber
die drei alteren zu sprechen. Susanna verheiratete sich am 7. Novbr.
1639 It Trauungsregister der Elisabetkirche mit Hanfs Bufeinsky, —
auch Pufsiesky geschrieben, einem Reichkr&mer zu Breslau. Am
10. Decbr. 1640 wurde ihnen eine Tochter geboren, Susanna genannt,
welche aber schon in zartem Alter starb, die andere Tochter Rosina,
welche am 29. Januar 1647 das Licht der Welt erblickte, ist die
dritte Erbin der Grofsm utter, denn sowohl ihr Vater ist bereits am
23. Juni 1656 als Reich Kr&mer Eltester, an anderer Stelle auch
Befehligshaber genannt, im Alter von 65 Jahren 37 Wochen ge-
storben, auch die Mutter folgte ihm im Tode am 30. Mlrz 1658 im
Alter von 37 Jahren 39 Wochen. In seinem Testamente*) batte
Hanns Bufsinsky seine Haufsfrau als Universalerbin eingesetzt mit
dem Bemerken, dass sie der Tochter bei ihrer Verheiratung nicht
*) Testamentsbuoh No. 21: 1653—57 KonigL Staate-Archiv.
Ambroeras Profe.
209
mehr als 300 Thlr. zu 36 gr. mitzugeben tranche, denn er war
lange krank gewesen und Susanna hatte ihn jedenfalls so treu und
aufopfernd gepflegt, dass si© selbst sich dabei ihren friihen Tod holte.
So aucb verordnet er, dass seiner Kochin Ursula Hoffmannin, welche
10 Jahre treulich gedienet hat, aufser dem Lohne noch 20 Thlr.,
sowie ins gemeine Almosen 6 Thlr. zu 36 gr. gegeben werden sollen.
Die Tochter Bosina, welche nicht allein durch ihren Vater eine gate
Parti© als einzige Erbin wurde, sondern nun auch durch das grofs-
mutterliche Erbe noch reicher geworden war, wird bereits 1663
It Lib. Sig. Br. pag. 60 Frau Bosina Pufsnifskin, des Ehrb. Friedrich
Gephaiis mercat. uxor genannt.
Qotifried Profe, geboren in Jauer, wird im Testament der
Mutter als Handeismann bezeichnet, er scheint auch das Zeug zu
einem tiichtigen Eaufraann gehabt zu haben, denn er hat seinen
Schwager George Jauris*) oft mit gr5fseren Posten ausgeholfen, was
nach und nach auf 995 Thlr. zu 36 gr. aufgelaufen war. Dieser
cediert ihm dafiir eine Obligation fiber 1136 Thlr. 26 gr. 2 1 /, heller
und verkauft ferner seinen ihm von seiner 2 ten Frau zugebrachten
Reichkram**) am 31. Decbr. 1657 an Christoff Haller. 1661 kauft
er dem Vater in Breslau das Haus ab, sp&ter, nachdem er das Haus
wieder mit Profit verkauft hat, zieht er nach Polnisch Lissa, von da
an habe ich seine Lebensschicksale, sowie die der Familie Iiberhaupt
nicht weiter verfolgt. In der Jetztzeit tragt einer der beiden Herren
Kiister von Maria Magdalenen den Namen Profe, derselbe behauptet,
dass seine Vorfahren aus der Jauerschen Gegend stammen, es wire
also moglich, dass in ihm noch ein Abkommling des Profeschen
Stammes vorhanden ware. Meine Zeit erlaubte mir bisher noch
nicht, diese Angelegenheit zu verfolgen. — Nach dem Tode des
Ambrosius Profe hat sich die jiingste Tochter Maria sowie deren
Mann Christoff Wildehain mit der Zuriicksetzung im Testament der
Mutter nicht zufrieden gegeben, denn die Hilfe der Justiz wird nach
den Signaturbuchern mehrfach in Anspruch genommen; Gottfried
scheint aber ein guter Bruder gewesen zu sein, denn noch ehe der
NacMass des Vaters ganz geordnet ist, giebt er am 29. Decbr. 1663
It. Sig. lib. Br. seiner Schwester Maria 300 Thlr. zu 36 gr. weifs
auf Abschlag ihres vaterlichen Zustandes.
*) Lib. Sig. Br. 1656 pag. 78.
**) Lib. Sig. Br. 1657 pag. 168.
210
Ambrosias Prof©.
in.
Von Profe's Kompositionen sind uns drei vollstandig erhalten,
von einer 4 ten nur der Bassus con tin mis. Am der Motette: „Die
Giite des Herrn ist's, dass wir nicbt gar aus sind" wurde der dritte
Teil derselben bei dem Aktus im Schlesischen Konservatorium am
22. Juni zur Auffiihrung gebracht Dass ich den dritten und nicbt
den letzten Teil, welchen Dr. Bohn fiir den besten halt, gewahlt hatte,
geschah aus rein aufeerlichen Griinden, meine noch sehr jugendlichen
Sopranistinnen waren den Anforderungen, welche die Hohe des letzten
Teils an sie stellt, nicht gewachsen, urn denselben schon zu singen,
und wenn ich ihn tiefer hatte intonieren wollen, so wire die Lage
fiir die Bassisten zu tief geworden. Die Motette selbst ist kein
Eunstwerk ersten, nicbt einmal 2 ten Ranges, zeigt aber eine ganz
gute Stimmfuhrung und ist noch im Stile des 16. Jahrhunderts ge-
halten, jedoch schon mit einera Basso continuo versehen. Der Tripel-
takt ist durchgangig homophon geschrieben, wahrend der Allabreve-
takt in polyphoner Weise behandelt wird. Von der Motette, die
etlichen seiner Conner und guten Freunde gewidmet ist, hatte Prof©
ein Exemplar mit handschriftlicher Dedikation der Kirch© zu Maria
Magdalenen zum Neujahr 1634 verehrt Diesem Umstande ist es
zu danken, dass dieselbe erhalten ist, denn dort wurde sie der
Bibliothek einverleibt, die heute noch einen grofsen Teil der musi-
kalischen Schatze unserer Stadtbibliothek bildet.
Die beiden anderen 6 stimmigen Werke finden sich in der Samm-
lung: Cunis Solennibus Jesuli Recens-Nati Sacra Genethliaca aus
dem Jahre 1646. Es sind 2 Weihnachtslieder, von denen das erst©
ziemlich kurz als ein Zwiegesprach zwischen Cantus I und II und
dem Chore, bestehend aus Alt, 2 Tenoren und Bass behandelt ist
Demselben ist auch ein Basso continuo beigegeben. Der Schluss :
„ Jesus ist der Name sein u , ist ein sechsstimmiger Chor. Das Ganze
atmet die grofste Innigkeit und Frommigkeit Es wurde vom Chor
des Schlesischen Konservatoriums im Saale der neuen Borse beim
Jahresfest des evangelischen Schriftenvereins gesungen und fand
gerade seiner Einfachheit wegen ungeteilten Beifall. Cantus II musste
von mir erganzt werden. Desgleichen habe ich bei dem 2 ten
grofseren Weihnachtsliede: Gegriifset seist du, Jesulein, die fehlende
2 to Tenoretimme erganzt. Dieser Chor ist gleichfalls als Zwiegespr&ch
gedacht, ausgefiihrt von einem Cantus mit kontrapunktisch gefuhrter
VioEastimme und einem Chor, abermals bestehend aus Alt, 2 Tenoren
Ambrosiu8 Profe.
211
und Bass, welcher in gaiz kurzen Satzchen antwortet. Auch hier
ist ein besonderer Basso continuo von Profe beigegeben.
Der Nachwelt hat sich aber Profe durch die Herausgabe der
sechs Sammelwerke im Gedachtnis erhalten. Da sich bereits in
Eitner's Bibliographie der Musik-Sammelwerke des 16. und 17. Jahr-
hunderts und in den Monatsheften fir Musikgeschichte Band 14
Seite 12 dieselben verzeichnet sind, so kann ich niich hier kQrzer
f assen :
Erster Theil Geistlicher Concerten vnd Harmonien a 1. 2. 3. 4.
5. 6. 7. &c. vocibus, cura & sine Violin is, & Bassus ad organ um ...
Leipzig 1641 bei Henr. Koler, in Verlegung Chr. Jacob in Brefslaw.
9 Stb. in 4°, 25 Nrn. von 9 italienischen Komponisten und einem
Satze von J. P. Sweelinck.
Ander Theil ... In Yerlegung des Auctoris und Collectoris.
1641. 9 Stb. in 4° mit 25 Nrn. von 16 italienischen und deutschen
Komponisten.
Dritter Theil . . . Ibidem 1642. 9 Stb. 4°. 25 Nrn. von
14 italienischen und deutschen Komponisten.
Vierdter vnd letzter Teil . . . Ibidem 1646. 9 Stb. in 4° mit
45 Nrn. von 20 italienischen und deutschen Komponisten.
Alle 4 Teiie besitzt in einem kompletten Exemplare die Kgl.
Bibliothek zu Berlin.
Cunis solennib. Jesuli recens-nati sacra Genethliaca. Id est,
Psalmodiae epaeneticae edit studio et sumptib. Ambr. Prof. . . Exscript.
Typis Ligiis Sartorianis. Anno 1646. 7 Stb. in 4°. 31 Nrn. von
mehr deutschen als italienischen Komponisten. Exemplare in der
Stadtbibl. Breslau, fehlt die Quinta vox, die sich nebst der Alt-
Tenor- Bass- und Sexta vox in der Kgl. Bibl. zu Berlin befindet.
Das Breslauer Exemplar hat mehrfach vom Buchbinder verklebte
Stellen. Der Druck ist sehr mangelhaft.
Corollarium Geistlicher Collectaneorum, beruhmter Authorum,
so zu denen bishero unterschiedenen publicirten vier Theilen gehorig
und versprochen; Nunmehr sampt beygefugten Erraten ... Leipzig,
gedruckt und verlegt durch Thimotheum Ritzsch. 1649. 7 Stb. in
kl. 4° mit 17 Gesangen von 8 Autoren. Ein komplettes Exemplar
besitzt die Landesbibl. in Kassel, die Universitatsbibi. in Upsala und
die Stadtbibl. in Breslau.
Zwei friihere Sammelwerke, die aber nur durch Gerber's beide
Lexika bekannt sind, haben die Titel:
Auszug des musicalischen Interim, darin etlicher vornehmer und
212
Ambrosias Profe.
beriihmter Autorum Madrigalen uid anmuthige Cantionee, mit deutschen
geistlichen und politischen Texten (an Statt der italianischen) unter-
leget mit 3. 4. 5. 6. 7. Stimmen: alien Liebhabern der edlen Musica
in und aufser der Kirchen zu gebrauchen. Wittemberg 1627, in 4°.
Den Inhalt teilt Gerber 1 nicht mit, sowie von dem 2 ten Samrael-
werk, dessen Titel er sogar nur mit den wenigen Worten anfiihrt:
Musicalische Moralien.
Profe hat auch ein Compendium musicum geschrieben, betitelt:
Bus ist: Eurtze Anleitung wie ein junger Mensch in weniger Zeit,
leichtlich und mit geringer Miihe, ohne einige Mutation moge singen
lernen. A us eigener Erfahrung als auffgesetzet von Ambrosio Profio
Breslau 1641 Chr. Jacob (nach Eitner's bds. Quellen - Lexikon).
Exemplar© in der Kgl. Bibl. in Brussel fds. P6tis 5486 und in
moderner Kopie in der Kgl. Bibl. Berlins; auch im 1. Teile seiner
Geistlichen Concerte ist es im Vorwort auigenommen, doch nicht in
alien Exemplaren vorhanden, auch ich habe eine Abschrift genommen.
In diesem Compendium musicum zieht er gegen die Schwer-
falligkeit der alten Solmisations- Theorie zu Felde und vereucht, den
Singeknaben dieses schwierige Studium musikalisch zu erleichtern.
Gleichwohl sagt er selbst dabei, dass die alte Invention der Scalae
nach dem Ut, Re, Mi, Pa, Sol, La gar sehr gut und grtindlich sey,
auch wohl gut bleiben werde. In dem letzteren hat er sich nicht
geirrt; denn wenn auch das alte Guidonische System dem ver-
ntinftigen Denken hat weichen miissen, wozu nicht zum Geringsten
Mattheson beigetragen hat, der Profe's Bestrebungen in seinem „Be-
schttteten Orchester" lobt, weil ihm seine einfaltige und treuherzige
Schreibart gefallt, so ist doch in der allerneusten Zeit gerade aus
der Solmisation eine neue Methode hervorgegangen, das ist die
Eiiz'sche Methode, deren Einfiihrung wohl nur eine Sache der Zeit
ist Die denkenden Gesanglehrer werden sich ihr nicht entziehen
konnen. Dr. Lange in seiner Abhandlung iiber Solmisation in dem
1. Sammelbande der Internationalen Musikgesellschaft bespricht die-
selbe sehr lobend. Einer der eifrigsten Verfechter derselben ist der
Gesanglehrer Burkhardt am Nicolai-Gymnasium in Leipzig. Ich ge-
brauche dieselbe im Elisabet - Gymnasium in Breslau und habe den
11 Herren Kantoren und Organisten, welche voriges Jahr auf An-
ordnung des Konigl. Eonsistoriums bei mir einen Fortbildungskursus
durchmachten, eine Probelektion gehalten, welche den Herren derartig
zusagte, dass dieselben sich samtlich das Material zu dieser Methode
kommen liefsen. Leider miissen die Stunden im Gymnasium unter
Ambrosias Profe.
213
der wecbselnden Frequenz leiden, so dass ich die Methode bis jetzt
n ur in der Sexta, hier aber rait ausgezeichnetem Erfolge zur An-
wenduDg bringen kann. Aber auch das Hexachord: Ut, re, mi, fa,
sol, la wird nicbt aus der Welt zu schaffen sein, so lange wir unseren
Kontrapunktschiilern das Studium der Fuge vereinfachen und er-
leichtern wollen. Die Anwendung des Hexachords bei Biidung des
Gef&hrten, wie sie Heinrich Bellermann lehrt, muss den SchQler
unbedingt dabin fiihren, dass er ein Thema richtig beantworten lernt
Was das Compendium musicum sonst noch enth<, ist nicht
nur wisseiswert fiir die damalige Zeit gewesen, sondern fasst auch
fur uns alles in einfacher und klarer Weise zusammen. — Er be-
ginnt zunachst mit der Erklarung der Schliissel beim Choral- und
Figuralgesang, sodann ist ein Systema Compositum gegeben vom
Contra C bis zum dreigestrichenen c, welches nach seiner Ansicht
in damaliger Zeit „in sich alio Stimmen die so wol von den Menschen,
als von den Instrumenten konnen erreicht und beschwungen werden,
dannenher auch drunter oder driiber in Musicalischen Buchern selten
eine oder mehr Noten gesetzet angetroffen wird". Es folgt nun eine
kurze Auseinandersetzung iber den Wert der Noten und Pausen,
besonders auch iiber die Zeichen: jfr und EES Er schreibt:
Das Erste, und so durchstrichen ist, bedeutet, dass man einen kurtzen
Tact geben soil, das Andere, so nicht durchstrichen ist, bedeutet
einen gar langsamen Takt Wie er fruher bei den Schlusselgattungen
auf Orlandus Lassus und Hasler hingewiesen hat, so zieht er hier
ak Autor Johannes Eccard in seinen deutschen Kirchenges&ngen an.
— Beim Dirigieren eines Tripeltaktes entwickelt Profe allerdings
eigentiimliche Ansichteli; er meint: „Dor Takt wird gleichsam ver-
zucket, da ich mit dem niederschlagen des Taktes langsam und mit
dem aufbeben kurz verfahren muss.' 4 Auf diese Weise wiirde ein
2 tes Taktteil iiberhaupt niemals dirigiert werden. So wie beim
geraden Takte C langsamen und ffj schnelleren Takt bedeuten, so
ist beim Tripeltakt 3 langsam, % jedoch kurz. Auch hier bezeichnet
er wieder Johannes Eccard als Gewahrsmann und schliefst mit der
Erklarung etlicher Kunstausdriicke, indem er dazu auf Syntagma
IIL Teil von Michael Praetorius hinweist, „wo iiber dieselben weit-
leufftig gelesen werden kann".
Ich komme zu den Sammelwerken. Dr. Bohn bezeichnet diese
Sammlung als ein Stuck Eunstgeschichte, dem muss ich unbedingt
beipflichten , dabei will aber Dr. Bohn die Sammelarbeit einem
214
Ambrosias Profe.
anderen, Daniel Sartorius, zuweisen. Der Chronologie nach diirfte
aber gerade das Umgekehrte der Fall sein. Daniel Sartorius wurde
erst im Jahre 1647 am 29. Octbr. als Lehrer in Quarta and Tertia
des Elisabet-Gymnasiums, also fiber 30 Jahre spater wie Profe, an-
gestellt In der Vorrede zum vierten Teile der Konzerte betont
Profe sogar, dass er nicht schlechte Muhe und Eosten gebabt bat,
urn diese Werke herauszugeben, von denen auch etliche noch nicht
im Brack erschienen sind, ferner hat er unter etliche Italienische
Oesange „damit sie auch bei uns mochten gebraucht werden", Teutsche
und Lateinische Texte untergelegt, wohl ein Beweis, dass auch ihm
das Italienische nicht fremd gewesen ist.
Die Vorrede zu Cunis Solennibus, welche dem Herrn Johanni
Thiel, J. U. Candidato in Danzig gewidmet sind, diirfte auch einen
weiteren Beweis erbringen, dass Profe selbstandig gesammelt hat Is
heifst daselbst: „Es haben unsre lieben Vorfahren, wenn Sie ihre
Festa solennia gehalten, gar schone Andacht haben mQssen, wie zu
sehen, voter andern in dem Weihnacht Feste. Da Sie bey ihrer
Musici besondern schone Gesanglein, die Sie Rotulas, oder das Christ
Kind zu Wiegen genennet vnd zwischen das Magnificat immisciret,
auch noch zur Zeit billich von Vns vnd vnseren Nachkommen an-
dachtig gebrauchet werden. Welche, weil Sie wegen der antiquitat,
nur auff scartecken geschrieben und xuvor niemalfs Oedrueket, also
abgenommen, vnd endlich gar vergehen mochten. Alfs hab Ich
selbiger etliche zu offentlichem Druck vnd fortpflanzung solcher
schoner Andacht, auch noch andere annectiren und befordern wollen."
Hit dem Einsturz der Elisabetkirche und der Niederlegung seiner
Organistenstelle scheint auch Profe's Eifer, weitere Sammlungen
herauszugeben, erlahmt zu sein, nur noch einmal raft er sich dazu
auf, dem Drangen seiner Neffen nachgebend, um die Lieder Heinrich
Albert's, des beruhmten Konigsberger Organisten, in Taschenformat
herauszugeben, welche trotz mehrerer Aufiagen so gekauft wurden,
dass sie ganz vergriffen waren.
Das Gesamturteil iiber Profe, den Musiker und Organisten, lasst
sich demnach in folgender Weise zusammenfassen :
Profe verstand in kontrapunktischer Weise die Stimmen zu
fiihren, bevorzugte aber spater die Dialogform. Er selbst aber fuhlte,
dass das Komponieren nicht sein Hauptberuf sei, deshalb verlegte er
sich darauf, die besten Werke der damaligen Zeit zu sammeln und
im Druck erscheinen zu lassen. Er war dafur geeignet, da er, wie
aus seinem Compendium musicum hervorgeht, eine groJse Kenntnis
Rechnungslegung.
215
aller einschlagigen Werke besafs. Als Raufmann war er so gestellt,
dass er zunachst die grofsen Kosten der Herausgabe derartiger
Sammelwerke iibernehmen konnte. Hinwiederum machten ihm seine
kaufm&nnischen Verbindungen den Vertrieb der Werke leichter. Er
muss von Hause aus ein sehr fleifsiger Menscb gewesen sein, denn
die Herausgabe einer so grofsen Anzabl oft recht umfangreicher
Werke verlangte eine grofse Arbeitskraft, Lust und Liebe zur Sache.
Er muss aber auch ein sehr tiich tiger Organist gewesen sein, sonst
wiirde er nicht ohne weiteres Organist an der §rsten Haupt- und
Pfarrkirche geworden sein; man hatto ihn auch nach seiner Ab-
dankung jedenfalls weder zur Feststellung der Disposition der neuen
Orgel, noch zu deren Abnahme als Ersten hinzugezogen. Den Choral
zu begleiten hatte er ebensowenig notig als Zeutschner, erst gegen
1720, da Glettinger Organist war, kam das Choralspielen zum Ge-
meindegesange in Breslau auf.
Meclmmigslegiiiig
fiber die
Monatshefte fir Musikgeschichte
fiir das Jahr 1901.
Einnahme ..................... 985,60 M.
Ausgabe ..................... 986,62 M.
Spezialisierung:
a) Einnahme: Mitgliederbeitrage nebst den Extrabeitragen der
Herren Dr. Herm. Eichborn 51 M und S. A. E. Hagen 26 M 809,60 M.
Durch die Masikalienhandlting von Breitkopf & Hartel in
Leipzig .................. 176,00 M.
b) Aasgabe fir Bnchdruck und NotenbeUage ....... 589,10 M.
Papier .................... 240,50 M.
Verwaltung, Post, Feuerversicherung etc. ....... 157,02 M.
Defizit .................... 1,02 M.
Templin (U./M.), im Nov. 1902.
Robert Eitner,
Sekretar and Kassierer der Gesellschaft fur Musikforscbung-
Mon*tah. f. Mntikgeioh. latetmng XXXIV. No. If.
13
216
Mitteilungen.
Mlttellnngeii.
* Herr Leo Liepmannssohn in Berlin SW., Bernburgerstr. 14, bat
eine umfangreicbe Autographen-Sammlung von Musikern aus der Bibliotbek
de8 Herrn Alfred Bovet erworben, die am 24. — 27. November im Lokale
obiges Herren versteigert worden ist. Der Katalog umfaast 1241 Nrn.
und entbalt sehr wertvolle Stick© in Scbrift and Noten.
* Hit dieser Nummer schhefist der 34. Jabrgang der Monatahefte
fur Musikgescbichte und ist der neue Jahrgang bei buchbandlerisch be-
zogenen Exemplaren von neuem zu bestellen. Der Jabresbeitrag fur die
Mitglieder betragt .6 M und ist im Laufe des Januar an den Unter-
zeiebneten einzuBenden. Der 31. Jabrg. oder 27. Bd. der Publikation
alterer Musikwerke wird im Anfange des Januar 1903 versendet und
enthaJt Jean - Marie Leclair Vaine*% 2. Buch Sonaten fur Violine und
Generalbass nebst einem Trio fur Violine, Gambe (Violoncell) und General-
bass, der ausgesetzt ist. Ladenpreis 15 M (Nr. 1, 7 und 8 aind auch
einzeln zu baben). Der Subscriptionspreis betragt fur die ersten 2 Jabre
je 15 M, fur die nacbsten 2 Jahre je 12 M und fur die folgenden je
9 M. Die Auswabl stebt im Belieben der Subscribenten. Anmeldungen
80wie als Mitglied der Gesellschaft sind an den Unterzeicbneten oder an
die Musikalienhandlung von Breitkopf & Hartel in Leipzig, Nurnberger-
strafse 36, zu richten. Ebenso sind dort Verzeicbnisse der nocb vorratigen
Drucke zu erbalten.
Templin U./M., im Dez. 1902. Rob. Eitner.
Hierbei Titel und Register zum 34. Jahrgange. Der Katalog aus
Stuttgart wird 1903 fortgesetzt.
Am 15. November erscbicn der
7. Band
von
Eoli. Miner's
Quellen-Lexikoii
fiber die
Musiker und Musikg elehrten
der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 19. Jahrh.
M.— P.
Subscriptionspreis a to M. Einzelpreis m M.
Der 8. Band erscheint am 1. Juni 1903.
Neu eintretenden Subscribenten wird eine Teilzablung gewabrt, mm
sicb nacb und nach das Lexikon anzuschaffen.
Buchbandleriscbe Bestellungen sind an Breitkopf & Hartel in Leipzig
zu richten.
Templin U./M. ? im Dez. 1902. Robert Eitner.
Veraoiwortlicher Kedakteur Bobert Eitner, ftmplfi (Uokennark).
Druck worn Hermann Beyer A Sonne (Beyer A Mmm} in Lmgwwalmm*
Namen- und Sach- Register.
Aachen, Theater u. Musik, 53.
Abaco, Evaristo Felice dalf , Biogr. u.
Instrumentalsfttze, Neuausg. 98 ff.
Abbatini, Ant. Maria, Opernkomp. 36.
A ccompagnement des Claviristen 55.
Aiken, Henry M. f 129.
Albert, Charles F. f 129.
Alberto da Mantua, Lautenpiec. 38.
Albrecht, G. t 129.
Albrechtsberger : Fuga, op. 4. Vienna,
164, 4495/4. Fuga, op. 5. Vienna,
4495/5. Sei Fughe, op. 7. Vienna,
4495/6.
Albrici, Vine, biogr. Zusfttze 53.
Albutio, Jo. Jacobo, Lautenpiec. 38.
Alegre, ignazio Ptaor f 129.
Allison, Rich., Klaviersatze 94 fo. 30 ff.
Allwoode, Master, Klaviersatz 64 fol.
18. 19. 25. 27. — 65 fol. 48. — 80
fo. 48. 55.
Ambr08ianische Antiphone 75.
Andre\ Musikerfamilie 70.
Angeloni, Carlo f 129.
Annnario del R. Istituto musical e di
Firenze 37.
Apprys, Phelyppe, of Si Paul in Lond.
32, fol. 28. 33. — 33 fol. 41.
Archer, Frederik f 130.
Arie e Cantate, Ms. Samlwk. 38.
Aston, Hughe, Klaviersatz 49 fol. 40.
—50.
Audran, Edmond f 130.
Bach, C. Ph. Em: Fuga a 3 p. il
Clavic. 164, 4494.
— fiber Manieren u. a. 39; fibers
Accoinpagn. 55.
Bach, Seb., Birth's Biogr. 69.
B&rtlich, Dr. Edmund f 130.
Ball, Miss Pearl M. f 130.
Barbedette, Hippolyte f 130.
Barberini, Ant., Franc. ,Taddeo, 108. 1 12.
Barbier, Jules f 130.
Bargheer, Adolf f 130.
Bargonio statt Bargonis, 38.
Barnes, Edwin f 130.
Barnett, Alice f 130.
Baroni, Leonora, siehe Leonora.
Bartay, Eduard f 130.
Barth, Hera: Seb. Bach, Biogr. 69.
Barth, H. Chr., Stadtmusik. 102.
Batten, Klaviersatz 127 fo. 77.
Bazzoni, Carlo f 130.
Beck, Gregor, Organist 200.
Becker, Karl f 130.
Beer, USsar f 130.
Beethoven, Ludw. [van, der Grofevater
als Sanger 54.
Beethovenheft in „Musik u 145.
Beethoven, Autogr. 3 S&tze fur ein
mechanisches Orgelwerk 145.
Belval, siehe Vianesi.
Bendazzi-Secchi, Luisa f 130.
Benndorf, Dr. Kurt, Bestand der Musik-
abtlg. der Kgl. Bibl. in Dresden 181.
Benolt, Pierre-L&m.-Leop. f 130.
Bentivogli, Kastrat 117.
Bernau, siehe Gallignani.
Bernsdorf, Eduard f 130.
Bevin, Edward, Orgelsatze 124 fo. 5.
125 fo. 11 ff.
Bevin, Elway, Tonsatz 34 fo. 136. —
Klaviersatz 125 fo. 21.
Beyer, Bernhard, Organist 202. 203.
Bibliotheken, siehe Katalog.
Bickrell, Klaviersatz 79 fo. 41.
i Biernacki, Nicol., siehe Rodoc.
13*
218
Biggnr. — Deutsche Organfeten.
BIgftr, Alexander f 130.
Binder, Adolf f 130.
Birch, Charlotte Ann f 131.
Birde, siehe Byrd.
Blitheman, Elaviersatz 64 fol. 31. 35.
— 65 lol. 55. — 66 fol. 71. 88. —
80 fo. 50. — Orgelsatz 125 fo. 8.
Blow, John: Ground in 1. 126 fo. 46.
54. 56. — 127 fo. 61.
Biumner, Martin f 131.
Blytheman, siehe Blitheman.
BOsch, Rudolf f 131.
Bohn, Em: Biographic Jul. Schaffer's
181. Bohu'sche Gesangverein in
Breslau 37. 86.
Bohn, Peter: Der gregorianische Cho-
ral 71. 87. — Mich. Brenet's Jumii-
hac 196. Molitor'8 Choral -Reform
197. — Eritiken fiber Notker's Se-
quenzen 17. — Ueber Urspruch's
gregorian. Choral 19.
Bollmann, Bruno f 131.
Bolte, Joh., ital. Volkslieder 127.
Bonheur, Stella f 131.
Borelli, Caliste f 131.
Borghi-Mamo, Adelaide f 131.
Boris Alexandrowitsch, jiiehe Vieting-
hoff.
Bornheimer, Fritz f 131.
Boudon, Georges f 131.
Brandes, Georg Wilhelra f 131.
Brenet, Mich: Jumilhao's Zusatze 196.
Breuer, Bernhard f 131.
Brouatet, Edouard f 131.
Bfinzli, Friedr. August f 131.
Bull, Dr., Elaviersatz 80 fo. 78. — 81
fo. 95.
Bull, Dr. John, Klavier- reap. Orgel-
piecen 95 ff.
— Klavier- oder Orgelsatze 124 fo.
4 ff. — 125 fo. 7 ff.
Buths, Earl f 131.
Butten, Adrian, Orgelbuch 145.
Byrd, Wm., Tonsatze in Mss. 34 fol.
68 ff. — 47 fol. 153. 180. — 48 fol.
211. 213. - 68 fo. 2 ff. - 69. —
79 fo. 15 ff. — 80 fo. 61. 65. 67. —
81 fol. 78 ff. — 83 fo. 33.
Byrd, Wm., Elaviersatze 93 fo. 34 ff.
— 125 fo. 13 ff.
Caccini, Francesca, La Liberazione 34.
Cadenzen im 18. Jh. 44.
Calveri- Winter, Giuseppe f 131.
Candella, Filippo: UnaFuga 164, 4495.
Cargius, Joh. Balthasar, Eantor 202. 203
Carisch, Andrea f 131.
Carissimi, 7 Gesaoge 38.
Carleton, Nichol., Orgelsatz 48 fol. 196.
200. 202. — 63 foL 6.
Carman, Sebast. f 131.
Carmanne, siehe Carman.
Caroline von Anspach, Yirginalbook 95.
Caronini, Carlo f 131.
Casteliono: Intabul. de Leuto 1536. 38.
Coppi, Antonio f 131.
Chry8ander, Friedrich f 131.
Churchgarde, Thomas?, Dichter. eine
Galliarde 67 fol. 126.
Cima, siehe Tonelli.
Cobalet, siehe Combalet.
Cohen, Jules f 132.
Combalet, Arthur f 132.
Cornachioli, Giacinto, Opernkompon.
34 ff.
Corneck, Josef f 132.
Corelli, eine Sonata 126 fo. 33.
Corsun, Robert, Mss. 33 fol. 39. 43.
Costa Corneira, siehe Cruz.
Costallat, Musikverleger f 132.
Cosyn's Virginal-Book 95.
Coventry, W. B., Construction of Vio-
lin 127.
Crotti, Dr. Primo f 132.
Cruz, Augusta f 132.
Cummings, Dr. Bibliothek 145.
Cuttinge, Elaviersatz 94 fo. 26. 29.
Davey, Henry, Die altesten Musikhds.
auf eoglischen Bibliotheken 30. 47.
63. 79. 93. 124. 144.
Deem, James t 132.
de Gueyena, Sangerin f 132.
Delftsche Organisten 54.
Denkmftler. — Ooetze. 219
Denkmftler deutscher Tonkunst in
Baiern 98.
Denkmftler der Tonkunst in Oester-
reich 103.
Desespringalle, Maurice f 132.
Devoyod, Jules f 132.
Diaz de la Pefia, Eugene- Emile t 132.
Dibdin, James Caxton t 132.
Dienel's Orgelkonzerte 105.
Dietz, Kathinka von, siehe Mackenzie.
Donaio da Cascia |
Donato da Firenze f
Doni, Ant Franc, Dialogo 1544. 38.
Dorn, Alexander f 132.
Dowland, John, Klaviersatz 82 fo. 18.
— 94 fo. 13 ff. — 94 fo. 27. 28.
Doyle, Charles Wesley f 132.
Drechsel, G. M., Stadtmusik. 103.
Eberle, Violoncellist f 132.
Eberlin, Giov. Era: 6 Fughe c. 1 Toe-
cat© 164, 4495/7.
Ederer, Karl f 132.
Edwardes, 4stim. Gesangsfttze 66 fol.
76. 79. — 67 foL 108.
Eisenhuth, Wilhelm f 132.
Eitner's Queilen-Lexikon Bd. 6 u. 7.
106. 216.
— Auszige aus Bach's, Quantz 1 und
Leop. Mozart 39.
— Neuausgabe Orazio Vecchi's L'Amfi-
parnaso 22.
— Rolland's Luigi Rossi, deutsch 107.
Elischer, B. f 1898. 144.
Ellinger, Gustav f 1898. 144.
Eridge Castle, Klavierbuch 95.
Falcke, Henri f 132.
Falda, Gaetano f 133.
Fano, Alessandro f 133'.
Farina, Ant., 5 Gesge. 38.
Farmer, Tonsatz 34, fol. 138.
Farmer, John f 133.
Farrant, . . . Klaviersatz 64 fol. 20. 25.
Ferabosco, Alfonso, Orgelsatz 48 fol.
189. — Klaviersatz 80 fo. 43. 49. —
94 fo. 34. 39. — 95 fo. 40 ff.
Ferabosco, Hieronimo, Toccata 95.
Ferdinando (Richardson?), Klaviersatz
80 fo. 72 ff.
f easier, Eduard f 133.
Filzhofer, S., Stadtmusik. 103.
Fiorino, Gasparo, La nobilita 1571. 38.
Fischer, J. K. F., als Klavier- und
Orgelkomponist 154 ff.
Fitz william Virginal-Book 95.
Forcer, Francis, Mr. Klaviersatz 126.
fo. 54. 55.
Fouquier, Henri f 133.
Francesco da Milano, Lautenpiec. 38.
Francesco di Pariae, Lautenpiec. 1571.
38.
Frank's, Paul, klein. Tonkunstler-Lex.
70.
Franz, siehe Servais.
Friswell, Sftngertn f 133.
Fritz, Dr. Alfons: Theater u. Musik in
Aachen 53.
Frost, Henry Frederick f 133.
Fumagalli, Francesco f 133.
Fux, Giov. Gios., Missa canonica 4 voc.
164, 4493.
— Joh. Jos., Instrumentalwerke, Neu-
ausg. 103.
Gabrieli , Gios., Domine Deus 6 v.,
Timor et tremor 6 v. 164, 4491/92.
Galetti-Gianoli, Isabella f 133.
Gallignani - Bernau, Chiara f 133.
Galnppi, Baldas., Etude Bibliographique
164.
Gandolfi, Ric, Bibliothekar in Flo-
renz 38.
Gamier, L£on t 133.
Ghirardellus de Florentia, Tonsfttze
165. 166.
Gibbons, Orl., Orgelsatze 124 fo. 5 b.
— 125 fo. 10 ff. — eine Pavane 48
fol. 216.
Gille, Philippe f 133.
Gillet, Laurent f 133.
Glettinger, Joh., Organist 215.
GlQck, Josef t 133.
Gluntarna, siehe Wennerberg.
Goetze, Emil f 133.
22§
Goldschmidt — Kerl.
Goldschmidt, Hugo, Studien xur Ge-
schichte der ital. Oper im 17. Jh. 34.
Gor<S, Alfred f 133.
Gouvy, Theod., Biogr. von Klauwell
104.
Ghraziani, Francesco f 133.
Gregorianische Antiphone 75.
Gregorianische Choral 71.
Green, Charles W. f 133.
Griebei, Karl f 133.
Grillet, Laurent f 134.
Grot, Victor-Aim^ f 134.
Grosser, Julius f 134.
Grosgpietsoh, Johannes f 134.
Groves, John f 134.
Grfmwald, Adolf f 134.
Grundmann, Elisabeth f 134.
Gaeyena, siehe unter de.
Gunkel, Gustav Adolf f 134.
Gurlitt, Cornelius f 134.
Haberl's Kirchenmusikalisches Jahrb.
1901. 104.
Haeser, Earl f 134.
HallstrOm, Ivar Christian f 134.
H&mmerlein, Jakob, Kan tor 193.
Handel's, G. Fr., Vater 70.
Handel: 12 Volnntaries and Fugues
164, 4494. 1 — Suites de pieces p. le
Clavec. Amst. 164, 4494/2. — 6 Fugues
3. oeuv. 4495/2.
Handeler, J. W. 102.
Hatzlerin, Klara, Kopistin 106.
Handschriften auf englischen Biblio-
theken 30.
Hds. 29987 gleich 568 der National-
bibi. zu Paris nnd 8 1 ? der Lauren-
ziana zu Florenz 31, 3.
Harden (Harding), James, Klaviersatz
80 fo. 47. 50.
Harding, siehe Harden.
Harzen-Muller: plattdeutsche Lieder
53.
Haupt, Wilhelm, Orgelbauer 201.
Haweis, Hugh Reginald f 134.
Heinrich8hofen, Theodor von f 134.
Heinze, Sarah f 134.
Holer, B n Stadtmusik. 102. 1<&
Heller, Julius f 134.
Henrion, Paul f 134.
Henriques, Arthur, Ritter von f 134
Henschel, Lilian f 134.
Heppner, Fran Myra f 1898. 144
Bering, Alex., Organist 53.
Hess©, Max, Musiker-Kalender 198.
Hirsch, Prof. Dr. Wilhelm f 134.
Hoven, Fritz f 135.
Hohenemser, Dr. Richard: J. K. f.
Fischer als Klavier- u. Orgelkom-
ponist 15^ ff. ^
Holborne, Pavane 94 fol. 17.
Holzschnitt-Muaiknoten 25 ff.
Hopkins, Edward John f 135.
Hromada, Anton f 135.
Humphrey, Charles f 135.
Hurand, Louis f 135.
Intabulatura de Lento, Milano 1536. 38.
Introitus 77.
Jacobsen, Heinrich f 135.
Jaime, Adolf f 135.
Jenaer Liederhds. Neuausg. 83.
Johannes de Florentia, 28 Tons&ize
165. 166.
Johnson, Klaviersatz 65 fol. 52. — 66
fol. 7a 81. — 80 fo. 54.
Jokisch, Ottomar f 135.
Jumilhac's La science et pratique,
Zusatze 196,
Kabisch, Hermann f 135.
Kackstein, Hermann f 135.
Kaim, Franz f 135.
Kaldy, Julius f 135.
Kalinnikoff, Wasslly Sergeiew. f 135.
Karcken, siehe Cargius.
Katalog der Musikal. in Sorau, Blge.
Katalog der Musikbibl. des Strafr-
burger Prieater-Seininan, Beilage.
Katalog fiber die Musik - Codices in
Stuttgart, Beilage. Forts, in 1903.
Kaulich, Josef f 135.
Keller, Maurice H. f 135.
Kerl, Joh. Kaspar, Biogr. u. Tonsatzs
in Neuausg. 100.
Kestner. — Menter.
221
Kestner's iiai. Volkslieder 127.
Ketz, Ernst f 135.
Kialoughe, Klaviersatz 79 fo. 23.
Kirchner, Paul F. f 135.
Klatt, Albert f 136.
Klavierpiecen aus dem 16. u. 17. Jh. 48.
Klein, Alexander f 136.
Kleinmichal, Richard f 136.
Knebel, Konrad, Weber in Freiberg 53.
Knupfer, Seb. 9.
Knupfer, Willy f 136. [103.
Koller, Oswald, Wolkenstein's Liederb.
Kopfermann, Dr. Alb., Beethoven's
Autogr. f. ein mechan. Orgelwerk 145.
Kftrte, Dr. Oswald, Laate u. Lauten-
masik 20.
Kornmaller fib. echte gregor. Melod. 105.
Kratzer, Magist. Kan tor 53.
Eretzschmar, Herm., Ausbildang der
Fachmusiker and aas Deutschlands
italien. Zeit (Basse) 86.
Krflgner, Salom., Cornetist 53.
Kuhnau, Joh., Biogr. von Munnick 53.
Kuhnau's Nachruf auf Joh. Scheie 12.
— Eine Abhandlung 147. Texte zn
Kirchenmusiken 176.
Kyrtoo, Tonsatze in Mss. 31, 4 fol. 7.
Ladebach, David, Organist 200.
Laidlaw, Anna Ravenna f 136.
Lais, Filippo f 136.
Landi, Steffano, Opernkompon. 35.
Landino, Francesco, Tonsatz 166.
Lang, Jak., Stadtmusik. 102.
Lapon, Edmond f 136.
La Praz, Isabella f 136.
Lawns, Orl., Sasanna dang joar als
Klaviersatz, 80 fo. 51. — 82 fo. 7 b.
— Beatas ille, Ode 164, 4490.
Laarentias Maeini 166.
Lautenpiecen 50 fol. 51 ff.
Leitert, JohaDn Georg f 136.
Leonora Baroni, S&ngerin in Rom and
Paris 109 ff.
Lewy, Gastav f 136.
Lhe'rie, Gaston f 136.
Liddel, Emily f 136.
Lieder, plattdeatsche, 53.
Lincoln, Henry John f 136.
Listner, Auguste f 136.
Liturgische alteste Dracke in Frank-
furt a/M. 1 ff.
Lock, Mr., Orgelsatz 126 fo. 57.
Lockey, Charles f 136.
Lodwick, Pavane 94 fo. 19.
Loeser, Bernhard f 136.
L6we, Karoline f 136.
Lorenzo da Firenze, Tonsatze 165. 166.
Loys, Kichard f 136.
Lucidi, Achilla f 136.
L(i8tner, Earl, Totenliste 129.
Latter, Hermann f 136.
Mackenzie, Kathinka f 137.
Madrigalvereinigang and deren Kon-
zerte 105.
Magnanini, Giovanni f 137.
Magnus, siehe 7 Heinze.
Mahr, Anton f 137.
Malleolas = Hammerlein.
Maplesoh, James Henry f 137.
Marazzoli, Marco, Opernkompoo. 38.
Marchant, Klaviersatz 79 fo. 20. 21.
Marco da Laquila, Lantenpiec. 38.
Marenzio, Luca, 7 Motett. in Part 105.
Maraick, Loais f 137.
Martini, Signora Rossina 117.
Maracelli, Enrico f 137.
Marx -Marcus, Karl f 137.
Mascardi, Gaetano f 137.
Maszkowski, Rafael t 137.
Mayr, J. G., Stadtmusik. 103.
Mazarin, Minister in Paris und Ein-
fuhrer der italienischen Oper 1647.
107 ff.
Mazzocchi, Dom., Opernkomponist 34.
Mazzocchi, Vergilio, Opernkompon. 36.
Mehring, Theodor f 137.
Mehrstimmigkeit im 12./ 13. Jh. 92.
Melani, Atto, Sanger und Komponist
1644 in Paris 110 ff. 117.
Melani, Jacopo, Opernkompon. 36.
Mensing-Odrich, S&ngerin f 137.
Menter, Jos: Fantaisie p. le VcL 163,
222 Mercie-Porte.
4487. — Laendler p. le Vcl. 4488.
— Variat. p. le Vcl. 4489.
Mercie-Porte, Mile, f 137.
Merelli, Emilie f 137.
Mertens, Joseph f 137.
Mettenleitner, Berxihard f 137.
Mietzke, George A. f 137.
Missile Basilicas© 4.
Missale Coloniensis 23.
Missale Ffancofordia 1500. 5.
Missale Moguntinense 2 ff.
Molitor'8 Reform -Choral 18. — Die
nachtrident. Choral -Reform 197.
Moral t, Karl f 137.
Morley 8 Introduction 1597. 127 fo. 70.
Morphy, G., Spanische Lautenmeister
128.
Morsbach, Elisab., siehe Grundmann.
Motetten des 15. Jhs. 31, 2.
Mozart, Leopold, iber die Streich-
instrumente 60 ff.
— fiber Verzierungen 62.
Mozart-Gemeinde in Berlin, 13. Heft. 69.
Mozart's Lehrbucher 55 ff.
Mozarteum, Bericht von Engl 37.
Miller, Adolf f 137.
Mfiller, Jakob f 138.
Miller, Vincenz f 138.
Munch en, Akademie der Tonkunst 166.
Munnick, Rich., Biogr. Joh. Kuhnau'a
53.
Mulliner's, Thorn. Book 52.
Munday (Mundy), Wm., Canon 67
fo. 114.
Mur8chhauser, Frz. Xav. Ant., Biogr.
von Vogeleis 105.
Mnsiani, Giuseppe f 138.
Musik-Hds. auf englischen Bibliotheken
30. 47 etc.
Musik-Literatur von 1901. 86.
Mysterien 30, 1.
Neufville (Neuville), Jac. de 102.
Neumann, Bernhard f 138.
Neumenschrift 89.
Neumen-Notation in Uebersetzung 105.
Nevells, Lady, Klavierbuch 1591.' 95.
— Philippsen.
Nevils, Lady, Music- Book 68.
Nevin, Ethelbert f 138.
NewmaD(s), Master, Klaviersatz 64 fol.
13. — 67 fol. 110.
Notenschrift, Entwickelung 71.
Notker's Sequenzen, Anzeige 17.
Nouvelli, Ottavio f 138.
Oberschefflenzer Volkslieder, Neuausg.
37.
Ocon, Ednardo f 138.
Offenbach, Eduard f 138.
Oper in Italien im 17. Jh. 34
Oratorium, Beitrftge zur italien. litem!
105.
Orchester - Aufstellung und Besetzung
der Instrumente 45. 46.
Orgelpiecen aus dem 16. u. 17. Jh. 50.
Orloff, Was. Mich, f 138.
Ostalli, Angelo f 138.
Ourussoff, G. G. f 138.
d'Oyly Carte t 138.
Pabst, siehe Weber, Johanna.
Pacchelli, Orazio f 138.
Pachelbel, Joh. u. W. Hieron. Biogr.
u. Tonsatze in Neuausg. 102.
Paolo, ein 2stim. Tonsatz 166.
Pape, Willie f 138.
Paradies, Georg f 138.
Pasqualini, Marc 1 Ant, Sanger 1644.
116 ff.
Patey, John George f 138.
Patzig- Wandersleb, Luis© f 138.
Pauli, Richard f 138.
Paulo b. da Milano (1st Borrono),
Lautenpieo. 38.
Paussler, G., Stadtmusik. 103.
Perotti, Julius f 138.
Peters' Jahrbuch fur 1901. 85.
Petrowa-Worobjewa, Anna Jaco wlewna
t 138.
Petrus, Mag., ein 2stim. Tons. 166.
Pfeiffer, Wilheim f 138.
Pfeiffer von Weissenegg, Wilhelmine,
siehe Walter.
Pflager, Karl f 139.
Philippsen, Karl f 139.
Philips. — Sauzay.
223
Phillips, Arthur, Orgelsatz 48 foL 193.
Piatti, Carlo Alfredo f 139.
Pilkington, Francis, Klavieraatz 94 fo.
22. 23 ff.
Platow - Platowitsch, Alexander Boles-
law f 139.
Poglietfci, Alets., Fnga 164, 4495/3.
Poglietti, fftl8chlich ihm zugeschrie-
bener Traotat 101.
Pohl, Emil f 139.
de Polignac, First Edmond f 139.
Poorten, Arved f 139.
Porro's (Joh. Jak.) einstige Komposi-
tionen , die heute nioht mehr exi-
stieren 101.
Praga, Eagenio f 139.
Preston, Thomas, Tonsatze im Ms. 33
fol. 38 ff.
Preyer, Gottfried von f 139.
Prof©, Ambros., Biographie 189. 194 ff.
Profe's Eltern 190 ff.
— Tod 208, seine Werke 210.
Psalmodie 76.
Pye, Eellow John f 139.
Qnantz iiber die Manieren 43 ff. —
fiber Gadenzen 44. — Aufstellang
der Orchestermitglieder 45. — iber
Besetzung der verschiedenen Instru-
mente 46.
Qaaterman, Percival f 139.
Rambouseck, J. J. f 139.
Rami, Bartol., Musica practica, Neu-
ansg. 21.
Razzi, Serafino, Landi spirit. 1563. 38.
Head, John Francis Holcombe f 139.
Rechtmann, Jean f 139.
Bedforde, Tonsatze in Mss. 31, 4. 32
fol. 17 ff. 33 fol. 34 ff. 51 ein Drama
o. Orgelsatze ff. Klaviersatz 64, fol.
30. 31. 33 ff. 65 fol. 42 ff. — 68.
Redhead, Richard f 139.
Regner, Mnsikdirektor f 139.
Reincius, Edward W. f 139.
Rehieok, Friedrich Karl f 139.
Beitz, Franz f 139.
Renold, Klaviersatz 79 fo. 42.
Rettich, Ernie, siehe Merelli.
Rheinberger, Br. Josef Gabriel von
f 140.
Ricci, Ettore f 140.
Richter, Bernh. Friedr: Zwei Funeral-
programme auf die Thomaskantoren
Seb. Knupfer und Joh. Schelle 9.
— Joh. Kuhnaa 147. Texte m seinen
Kirchenmusiken 176.
Richter, Theodor f 140.
Riemann, Dr. Hugo, Grofse Komposi-
tionslehre 21.
Rigaldy, Martha f 140.
Rigamonte, Virginia f 140.
Rigaut, siehe Rigaldy.
Ritter, Julius f 140.
Rivers, Percy Edgar f 140.
Robert, Gustav, La mus. a Paris 127.
Rodoc-Biernacki, Nicolas f 140.
Rosch, Ferdinand f 140.
R6te, Breslauer Handels-Artikel 190 ff.
Roger, Victor 140.
Rogers, Georgina Hale, siehe Friswell.
Roland, Rom., fiber Rossi's Orfeo in
Paris 107 ff.
Rosa, Salvator, 117.
Rospigliosi, Textdichter 36. 117.
Rossi, Luigi, sein Orfeo 1647 in Paris
aufgefuhrt 114. — Biographie 115 ff.
Rossi, Michelangelo, Opernkompon. 35.
Rost, Jakob, Organist 203.
Ruben, Benny f 140.
Rnbenson, Albert f 140.
Ruggi, Francesco t 140.
Rummel, Franz f 140.
RuspigHosi, Giulio, siehe RospigHosi.
Sala, Marco f 140.
Salaman, Charles Kensington f 140.
Sandberger, Dr. Adolf, Herausgeber
der Denkmaler deutscher Tonkunst
in Baiern 98 ff.
— Mozart u. eine fragliohe Messe 86.
Sangiorgi, Filippo f 140.
Sartorius, Daniel, 214.
Saner, Chr. Gottlieb 102.
Sauzay, Eugene f 140.
224
Scarano. — Tonelli.
Scarano, Oronzio Mario t 140.
Scarlatti, Bom: Katzen-Fuge 164,
4495/1.
Schadow, Paul f 141.
Schaffer, Jul: Biographie 181.
Schelle's Leichensermon mil fiiogr. 9.
Schelle-Gramm, Marie f 141.
Schenk, Alois David f 141.
Scheurleer, D. F., 3 Artikel in Tijd-
schrift 54.
Schmid, Ernst f 141.
Schmidt, Hugo f 141.
Schmidt Dr. Leopold, Geschichte der
Mus. im 19. Jh. 21.
Schmidt, Wilhelm f 141.
Schneider, J. A., Stadtmusik. 103.
Schon, X, Stadtmusik. 103.
Schoen, Salomon, Kantor 200.
Schrickel, Elise f 141.
Schtttz, G., Stadtmusik. 102.
Schtttz, G. G., Stadtmusik. 103.
Schtttz, J. B. Stadtmusik. 102.
Schatz, V., Stadtmusik. 103.
Schulze, Karl, Stradivari's Geheim-
nisse 37.
Schulze-Strelitz, Ludwig f 141.
Schwartz, Rudolf, Peters 1 Jahrb. 85.
Schwemmer, Heinr. 102.
Scudellari, Giuseppe f 141.
Seidl, Arthur, Wagneriana 3. Bd. 127.
Seiffert, Max: J. Tollius' Biogr. 54. —
Neuausgabe, Tollius' Madrigale 20.
— Ausgabe Pachelbel's Klavierpiecen
102.
Sering, Friedrich Wilhelm f 141.
Servais, Francois-Matthieu f 141.
Severi, Francesco, Salmi 1615. 38.
Seyffart, Ernst Hermann f 141.
Shelbye, Win, Klaviersatz 64 fol. 37.
— 65 fol. 47.
Sheppard, Mast., Klaviersatz 64 fol.
28. 36. — 65 fol. 59.
Shinner, Emily, siehe Liddel.
Silvestre, Armand f 141.
Simms, Frank H. f 141.
Simrock, Fritz f 141.
Sinzig, Earl f 141.
Sladek, Wendelin f 141. v
Smith, Jeremiah Oakeley f 141.
Sommerstein, Z., Stadtmusik. 103.
Soncino, Emanuell, Orgelsatz 125 fo. 6.
Sorau, Musikkatalog, Blge. zu Nr. 2 etc,
Spitta, Friedr., Evang. Eirchenmus. 86.
Stainer, Sir John f 141.
Stanford, Anthony f 142.
Starke, Beinhold, Biograph. Ambr.
Profe's 189 ff.
Steiger, Dr. Ludwig f 142.
Steinberg, Albert f 142.
StOrl, J. G. C, 102.
Stuntz, Gios. Attemanetto, Arie, Autogr.
163, 4486.
Sureck, Georg f 142.
Suschny, Jacob f 1898. 144.
Swelinck, J. Pieter, Orgelstuck 145
fo. 81.
Swoboda, Albin f 142.
T. M. 4stim. Piece 52 fol. 1.
Tallis, Thorn., Klaviersatz 64 fol. 12.
29. — 65 fol. 49. 51. — 66 fol. 81.
84. 97 ff. — 67 fo. 113. — 80 fo. 59.
— 125 fo. 37.
Tavernor, Klaviersatz 65 fol. 41.
Teja-Unia, Angela f 142.
Telck, Albert f 142.
Tempsky, Benno von f 142.
Tenaglia, Ant. Franc , 3 Gesge. 38.
Tendall, George Frederick f 142.
Terletzki, August t 142.
Terschack, Adolf t 142.
Teuber, Oskar f 142.
Thomson, siehe Laidlaw.
Thome of York, Tonsatze in Msa. 33
fol. 37.
Tietz, Hermann f 142.
Tijdschrift, Deel VI. 54.
Tollius, Jan, Biograph. 54. — 6 stain.
Madrigale, Neuausg. 20.
Tomkins, John, Orgelsatz 48 fol. 206.
Tomkins, Thorn., Orgelsatz 47 foL 147.
179. — 48 fol. 204. 217.
Tonelli, Giuseppe f 142.
Tornauer. — Zingherle.
228
Tornauer, Heinrich f 142.
Totemliste fir 1901. 129 ff.
Toussaint da Wast-Duprez f 142.
Trisolini, Giovanni f 142.
Tullinger, Moritz f 142,
Tye, Chrystopher, Anthem 67 fol. 111.
Typendruck fur Masiknoten 24 ff.
Unia, siehe Teja-Unia.
Urban, Heinrich f 142. .
Urspruch, Ant., Gregorian. Choral 19.
Ut qneant laxis, Melod. 88.
Valentin, Karoline : Musikbibliographi-
sches in Frankfurt a/M. 1 ff.
Valentyne, Klaviersatz 95 fo. 41.
Valerius, Adrian., 14 Volkslieder, Neu-
ausg. 36.
Vecchi, Orazio, Neuausg. des L'Amfi-
parnaso 22.
Vercken, Theophile f 142.
Verdi, Giuseppe f 143.
Verzeichnis, siehe Katalog.
Verzierungen (Manieren) 43 ff.
Vianeai, Marie f 143.
Vierling, Georg f 143.
Vietinghoff-Scheel t 143.
Vieutemps, Jean-Joseph-Lucien f 143.
Vincent, Heinrich Josef f 143.
Vittori, Loreto, Opernkomponist 35.
— Singer 117.
Vogeleis, die Jenaer Liederhds. 83.
Volcke, Charles f 143.
Volkslieder, italienische, 127.
Wagner, Gottfried, Organist 202.
Walden, Alexander f 143.
Walter, fienno f 143.
Walter, Wilhelmine f 143.
Walther, Oskar f 143.
du Wast-Duprez, siehe Toussaint.
Weber, Johanna f 143.
Weber, K. M. v., in Freiberg 53.
Weber, Eonstantin Otto f 143.
Weelkes, Thorn., Klaviersatz 80 fo. 53.
Weidt, Heinrich f 143.
Weiglin, Emil f 143.
Weissenegg, siehe Walter, Wilh.
Wennerberg, Gunnar f 143.
Werner, Jakob: Notker's Sequenzen 17.
Wetzler, Em. f 143.
Wild, L., Stadtmusik. 103.
Winslate, Richard, in Ms. 32 fol. 19.
Winter, Joseph f 143.
Winzenh6rlein, siehe Vincent.
Wolf, Dr. Joh., Studie fiber Tons&tze
des 14. Jhs. 165. — Bartol. Rami's
Musica practica 21.
Wolkenstein, Oswald von, Liederb.
Neuausg. 103.
Woodson, Thorn., Orgelsatze 47 fol.
184.
Woolhouse, Charles f 143.
Wotquenne, Alfr: Bald. Galuppi 164.
Wrangel Wassilij Georg von f 144.
Zach arias, ein 3stim. Tonsatz 166.
Zamara, Anton f 144.
Zavadsky, Anatoi f 144.
Zeidler, Maxim. 102.
Zeisig, Ernst f 144.
Zeitmafee alter Tonsatze 58 ff.
Zingg-Gaymen, Thekla f 144.
Zingherle, G. F. f 144.
Fehlerverbesaerung 30, Anmkg. — Seite 109 Z. 7 lies 1643 statt 1843. —
Seite 128 in Davey's Artikel. — Seite 146 Z. 6 v. u. lies Ranschburg statt
Rauschburg. — In der Totenliste Nr. 8 Seite 139 fehlt Bruno Pohl, Ton-
kunstler in Dresden, gestorben am 23. Dei. 1901 ebendort (Bericht des Dresdner
Tonkflnstler-Vereins Seite 11.)