A;
— 4 A ati
Meu EUN 5 = |
E
Gr ER
hi
Art
SUR
S T ^" tor
STA ? N n dz t Wr 1 f dom wed. € r Rn
CR Sip MEO em NL ha an e julia ADM NN
: NUIT MCN : nu ih "s np
$ LATA TA i Som t "n
S cir
"-—
v.
et
Deu
AS
REN MIETE: >
* i
^
e
TRIN
jS
zs
*
a
ER
duit
Bi
Asi pee
: yë
Wi
»
csl
pu
Lj
vous
Dy
a t PTT = "Uwe xs AUFL Dabei ET > MAUS Y - :
wu - er * EEE et N 20m : VOU pee an E !
- E 4 i “> 3 x 7 ees wi *
1 Š pi E y x : EN Let à
$ " r: mi ( ; = : ; 2
E x i EAS i Ss dis i
BR: d x = » 2 $ ^ à
I um A $; ; ; :
E. n : |
E>
SEE
HOA
PS
(3 s
ER >
Y
:
* 5
J í
ZA. KERNER.
Innsbruck,
Verlag der Wagner schen Universitäts - Buchhandlung.
1864.
Druck der Wagner'schen Buchdruckerei.
Vorwort.
Es war im Sommer des Jahres 1846, als ich auf
einer Reise durch Steiermark zum ersten Male über die
Grenze der hochstämmigen Bäume in die Heimat der
Alpenpflanzen emporgelangte
ile Weg, Meer aus dem Thale von Aflenz
zur Höhe des .Hochschwab* hinaufführt, hatte damals
meine im Bergsteigen noch wenig eingeübten jungen Beine
gewaltig ermüdet, und ich glaubte auf. der halben Höhe
des Berges, fast darauf verzichten zu müssen, die höchste
Kuppe, welche hie und da mit ihren kleinen Schneefeldern
zwischen den dunklen Fichtenästen durchblickte, erreichen
zu können. Endlich aber war ich doch am oberen Wald-
saume angelangt, und vor mir lag im hellen Sonnenschein
eine üppige grasige Halde, an deren einem Rande. ein
langer Streifen dunkler Legföhren sich emporzog. Auf
der grünen Fläche wölbten sich unzählige, mit tausenden
von kleinen rothen Blüten bedeckte polsterförmige Rasen
der zierlichen Silene acaulis, und dazwischen hatten die
goldige Potentilla aurea, die azurblaue Gentiana pumila -
und der prachtvolle Dianthus alpinus ihre hellleuchtenden
Kronen geöffnet. Längs dem Legföhrendickichte zog ein
Saum von Alpenrosengebüschen hin, und einige Schritte
weiter sah ich aus den Ritzen der schroffen Kalkmauern
die reizende Potentilla Clusiana und das zottige Edelweiss
herabwinken. — Alle Müdigkeit war jetzt verschwunden
*
IV
und vergessen. Jeder Schritt brachte einen neuen Fund,
und von jeder Felswand blickten neue nie gesehene Pflanzen-
formen entgegen. . Als ich endlich die höchste Kuppe
erreicht hatte und bald darauf durch den hereinbrechenden
Abend gemahnt wurde, wieder den Rückweg anzutreten,
nahm ich nur mit schwerem Herzen Abschied von der
wunderbaren Pflanzenwelt. deren Anblick mich so sehr
entzückt und bezaubert hatte.
Wenige Tage später kam ich’ in den botanischen Garten
zu Lilienfeld im niederösterreichischen Traisenthale. Wie
erstaunte und erfreute ich mich da, auf netten kleinen
Felsterassen einen grossen Theil jener Pflanzen im culti-
virten Zustande wiederzufinden, welche mich auf der Höhe
des obersteirischen „Hochschwab“ so wunderbar angezo-
gen hatten. J. Gottwald ein Priester des Stiftes Lilienfeld
und mit ihm der Arzt Dr. Lorenz hatten dort mit unsäg-
licher Mühe und unverdrossenem Fleisse seit Jahren lebende
Pflanzen aus allen Theilen der ósterreichischen Alpen zu-
sammengebracht und es versucht, dem Besucher des Lilien-
felder Gartens auf engem Fiihié ein móglichst anschau-
liches Bild der Alpenflora zu verschaffen.
ass der Anblick dieser Alpenpflanzenanlage in mir
den Wunsch aufkeimen liess, eine ähnliche Anlage zu
schaffen, brauche ich wohl kaum zu sagen. Ich wandte
mich daher auch an Gottwald dem Schópfer des Lilienfelder
Alpengartens , um von ihm Andeutungen über die Cultur
der Alpinen zu erhalten. Seine Aufschlüsse waren aber
leider nicht sehr ermuthigend.. „Die erste Zeit des An-
pflanzens versprechen die meisten Alpinen viel, das nächste
Jahr treiben sie im ersten Frühling hoffnungsvoll an, im
Sommer aber schlafen die meisten ein, um nicht mehr zu
erwachen“, war der traurig klingende Schlusssatz der
Mittheilungen , welche er in einem an mich gerichteten
Briefe vor Jahren niederschrieb. — Das waren nun frei-
lich traurige Aussichten. Demungeachtet aber liess ich
mich nicht abschrecken, die Cultur der Alpinen in Angriff
y
zu nehmen. Jeder Sommer fand mich und meinen Bruder
in den Alpen, um von dort lebende Pflanzen in den heimat-
lichen Garten zu bringen, und schon in wenigen Jahren
hatten wir die Freude, dort mehrere der niedlichsten
kleinen Alpenpflanzen zur schönsten Blüte kommen zu
sehen. Freilich mussten wir nur zu oft auch die Wahrheit
des Ausspruches erfahren, welchen Gottwald gethan hatte;
aber gerade die Schwierigkeit manche Alpinen zu erhalten,
drängte zu Studien und Versuchen, und so gelang es nach
und nach dennoch einige Mittel ausfindig zu machen, mit
deren Hülfe den Pflanzen zum guten Gedeihen verholfen
werden konnte.
Als ich später die Heimat verliess und nach Ungarn
übersiedelte, nahm ich einen Theil der mir lieb gewor-
enen Alpinen nach Ofen mit und zog sie dort nicht ohne
Glück in Töpfen am Fenster. Ich lernte bei dieser Ge-
legenheit den nachtheiligen Einfluss kennen und bekämpfen,
welchen ein trockenes continentales Klima auf die Alpinen
ausübt, und danke meiner kleinen Fensterflora aus jener
Zeit manche wichtige Erkenntniss der Lebensbedingungen
der alpinen Pflanzenwelt
Vor einigen Jahren führte mich nun ein glückliches
Geschick in das Herz der Alpen, in die Berge des Tiroler-
landes. Ich übernahm die Leitung des botanischen Gartens
der Innsbrucker Universität und fand in dem botanischen
Gärtner Zimmeter einen Mann, der ganz mit derselben
Lust und Freude sich dem Studium der Alpenpflanzen
widmete, welche mich selbst von Jügend auf beseelt hatte.
Auch er hatte sich seit Jahren mit der Cultur der Alpinen
bescháftiget und war daher schnell zur Hand, als ich ihm
den Plan entwickelte, eine umfangreiche Anlage zur Pflege
der tirolischen Alpenflora aufzubauen. Viele Tausende
von Alpinen mussten jetzt in unsere Botanisirbüchsen und
Körbe wandern und mit uns von den hohen Zinnen der
Berge niedersteigen in das breite Innthal, um dert die
Anlage des botanischen Gartens zu schmücken. — Die
-
VI
Erfahrungen, welche ich und Zimmeter in früheren Jahren
gewonnen hatten, wurden ausgetauscht, neue zahlreiche
Culturversuche, die sich auf unbefangene Beobachtungen
des Vorkommens der Pflanzen in der freien Natur stützten,
durchgeführt und so nach und nach eine ziemlich reich-
haltige Reihe von Regeln festgestellt, welche man bei
der Cultur der Alpinen zu beobachten hat, wenn diese
von einem günstigen Erfolge gekrönt sein soll.
Diese Erfahrungen und Regeln- nun einem grösseren
Publicum zugänglich zu machen, ist die Aufgabe der
nachfolgenden Arbeit.
Möchte sie die Veranlassung sein, dass der Cultur der
Alpenpflanzen zu Nutz und Frommen der Wissenschaft
zahlreiche neue Freunde gewonnen werden.
Innsbruck im Februar 1864.
Kerner.
|
|
"Seren
e der
r der
schaft
Uebersicht.
Erstes Capitel.
Zweck und Bedeutung der Cultur der Alpenpflanzen.
Wichtigkeit der Cultur der Alpenpflanzen für die Morpho-
logie, Systematik und Geschichte der Pllanzenwelt.
Bedeutung derselben für phänologische, Planzengeogre
phische ‘und pflanzenphysiognomische Stud Die
Alpenpflanzen als Object der ee en
Zweites Capitel.
Auswahl der zu eultivirenden Pflanzen.
Schwierigkeiten einer consequenten en m Alpen-
en. — Versuch einer Definition. — wahl der
zu cultivirenden Alpinen je nach den dee Mo-
tiven, durch welche die Cultur veranlasst wird
Drittes Capitel.
Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in der
alpinen Region.
Climatische und phünologische Verhältnisse der Alpenregion.
— Ausmass und Vertheilung der Wärme, — Einfluss des
Lichtes auf die Form und auf die Ver biian der Alpen-
pflanzen. — Luftdruck. — Kleinbleiben der Alpenpflan-
Seite
- VII
— Resultat der Untersuchungen über. die Lebens-
bedingungen der Alpenpflanzen in der alpinen Region .
Viertes Capitel.
Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in.
niederen Gegenden.
Parallele zwischen der Alpenwelt und den polaren Gegenden.
— Auffallendes Vorkommen der Alpenpflanzen an ein-
zelnen Localitäten in niederen Gegenden und zwar: an
Rinnsalen kalter Quellen, an See- und Flussufern, in
tief eingeschnittenen felsigen Schluchten und engen To-
beln, in Torfmooren, im Geröll und Kies der Flüsse. —
Ex ced dieses tiefen Vorkommens der Alpenpflanzen.
Hoffnungen und Regeln, die sich hieraus in Betreff
dë ae der Alpine in niederen Gegenden ergeben .
Fünftes Capitel.
Lage und Form der Alpenpflanzenanlage.
des des Ortes, an welchem die Alpenpflanzen-
age errichtet werden soll. — Cultur der Alpenpflanzen
Paper am Fenster in Sandkästen. — Cultur in
Pe. Beeten. — Cultur in Gruben mit terassenförmig
aufgestuften a — Cultur auf Steinhügeln
Sechstes Capitel.
Boden.
ern, der pneri zu der Menge des anorgani-
en Materiales. — Chemische Verhältnisse des Bodens
ewinnung god incer uci zur Cultur der Alpinen
nöthigen Erdarten. — Tabelle zur BEER der Bo-
denbedürfnisse der Alpenpflanzen . . s
Siebentes Capitel.
Bewásserung.
Begiessen und Bespritzen. — Bewässerung der am Fenster
cultivirten Alpinen. Bewässerung der in Gruben culti-
or
Seite
u virten Alpinen. — Anwendung von Regenwasser. —
Apparat zur Entfernung des Kalkes aus hartem Quell-
und Brunnenwasser . . insi. 2 aea e a
Achtes Capitel.
Vertheilung der Alpenpfianzen auf der An age.
Systematische Gruppin lung. — V LM der Alpinen mit
Rü cksicht auf die Bodenbedürfni — Auswahl be-
stimmter Plätze für die Pflanzen En Schutthalde en, für
Meg Pflanzen der Felsen, für die alpinen Leguminosen,
Umbelliferen und Gentianen, für die alpinen Sumpf- und
e E an für die Pflanzen subalpiner moosiger
Wälder, alpinen Rhinantaceen und Orchideen. —
29 E ou der Alpinen nach poer
und pflanzenphysiognomischen Grundsátze s er IU
Neuntes Capitel.
Vermehrung der Alpenpfianzen.
a der Alpinen durch Samen. — Methoden von
Moe zur Anzucht der Ericineen, Vaccineen, Filices, e
4 UE, Orchideen und Pyrolaceen aus Samen
55 Vermehrung der alpinen Weiden und anderer alpinen
Sträucher durch Stecklinge. — Behandlung der Steck-
n
ei en. os ee
Zehntes Capitel.
Behandlung der Alpenpflanzen bei Excursionen
im Hochgebirge, beim Transporte in niedere
75 Gegenden und bei der Einpflanzung im Garten. `
Die beste Zeit zur Einsammlung lebender Pflanzen im Hoch-
gebirge und zur Versendung der in Gärten cultivirten
Alpinen. — Auswahl der Alpenpflanzen bei den Excur-
sionen. — Die mit sammt dem Erdballen auszuhebenden
und zu verschickenden Alpinen . s s > 42
Eilftes Capitel.
Behandlung der Alpinen auf der Anlage im
aufe des Jahres.
Winter. — Bedeckung der Alpinen. — Schneewälle. —
Frühling. — Umpflanzungen. — Revision der Arten. —
mer üsser |
Nachfüllen der Erde. Umpflanzung WM
Exemplare. — Käinhalling der Anlage. — inde der
Alpenpflanzen. — Herbst
— — gg ——
Seite
149
—
149
Die
v
Cultur der Alpenpflanzen.
Erstes Capitel
Zweck und Bedeutung der Cultur von
penpflanzen.
Die Motive, welche die Cultur von Alpenpflanzen ver-
anlassen können, sind sehr mannigfaltiger Art. Bei vielen
Freunden der ne dürfte der Wunsch, sich an dem
Anblicke der Pflanzenformen des ee zu erfreuen
und zu erquicken, das Entstehen einer Alpenanlage im
Gefolge haben. Wie mancher „botanische Invalide* möchte
sich in seinen alten Tagen, in welchen ihm die Beine den
Dienst versagen, und ihm nicht mehr gestatten, an Ort
und Stelle die Vegetationsdecke der hochgelegenen Berg-
rücken zu schauen, in seinem Garten oder vor seinen
Fenstern einen niedlichen Alpenflor hervorzaubern. Der
Anblick der aus den kalten Regionen stammenden Pygmäen
mahnt ihn vielleicht an längst vergangene Zeiten, in welchen
er zu den Kümmen und Spitzen der Alpen emporkletterte,
um dort die fremdartige Pflanzendecke zu schauen und den
Blick hinausschweifen zu lassen in die weite Welt der blau
und weiss schimmernden Eisberge. Auf den Flügeln der
Erinnerung getragen, sieht er sich vielleicht auch auf die
grünen Berghalden und an den Rand der Schneefelder
versetzt, an welchen er einst die violetten Glóckchen der
zierlichen Soldanella pflückte, und wo er aus den Ritzen
schroffer Felswánde sich die aromatisch duftenden, silber-
haarigen Rautenstócke herabholte, die ihm nal ferne von
Kerner, Alpenpflanzen.
2
dem ursprünglichen Boden in seinem Garten willig die
Blüten entfalten.
Der Botaniker von Fach dagegen vermag an den culti-
virien Alpinen, welche er an dem natürlichen Standorte
nur flüchtig zu beobachten in die Lage kommt, und die
er dort oben häufig nur in einer Phase der Entwicklung
erhascht, alle Stufen des jährlichen Lebenseyklus, vom
Keimen und Knospen bis zum Blätterfallen und Frucht-
reifen zu verfolgen. Er vermag mit ihnen Versuche in
Betreff der Umwandlung der Formverhältnisse anzustellen,
und wird nur zu bald finden, welch reiches Feld sich ihm
in dieser Richtung noch erschliesst. Ich darf hier nur
an die Versuche und Beobachtungen Regels erinnern,
unter dessen Händen sich Möhringia polygonoides in Móh-
ringia muscosa, Plantago alpina in Plantago montana, und
Sagina saxatilis in Sagina procumbens umwandelten, oder
an die Beobachtung Rochels, in dessen Garten zu Rownye
sich aus dem Juniperus nana allmälich Juniperus com-
munis entwickelte. Füge ich diesen Notizen noch bei,
dass ich in den letzten Jahren im Innsbrucker botanischen
Garten Artemisia nana in Artemisia campestris, Aster al-
pinus in Aster Amellus, Senecio incanus in Senecio carnio-
licus, Potentilla micrantha in Potentilla Fragariastrum und
Potentilla frigida in Potentilla grandiflora sich umwandeln
sah, so ist damit wohl genügend die Bedeutung von Cultur-
versuchen mit Alpenpflanzen dargethan. Wir werden durch
dieselben schliesslich eine sehr bedeutende Zahl jener Ge-
wächse, die gegenwärtig unsere Ebenen bevölkern, zu den
Pflanzen der benachbarten Hochgebirge in nähere Bezie-
hungen bringen können und wichtige Beiträge für die
Geschichte unserer modernen Pflanzenwelt zu liefern im
Stande sein. |
Neben dieser Perspektive auf Resultate für die Mor-
phologie, Systematik und Geschichte der Pflanzen-
welt eröffnet sich aber durch die Cultur der Alpinen auch
noch ein weiterer Ausblick auf reiche Ausbeute für phä-
Y
tandon,
3
nologische Studien. Bei der Vergleichung verschie-
dener Localitäten, an welchen phänolögische Beobach-
tungen ausgeführt werden, war es bisher immer eine
höchst missliche Sache, dass nur wenige Pflanzenarten
auch gleichzeitig an allen Stationen beobachtet werden
konnten. Der Flachländer hatte ganz andere Gewächse
als Beobachtungsobjekt vor sich, als der Bewohner hoch-
gelegener Berglandschaften, und ihre beiderseitigen Auf-
zeichnungen boten nur wenige Vergleichungspunkte dar.
In den meisten botanischen Gärten spielte zudem bis in
die letzte Zeit die Cultur von ‘Alpinen eine sehr unter-
geordnete Rolle, und so war daher die Phänologie bisher
nicht im Stande, die Verspütung der Vegetationsent-
wieklung mit zunehmender Seehóhe zu ermitteln und durch
Zahlen bestimmter auszudrücken. Eine sorgfültige Auf-
zeichnung der Entwicklungsphasen der Pflanzen eines Alpen-
gartens dürfte nun diesem Uebelstande- einigermassen Ab-
hilfe schaffen. Es wird jetzt eine wichtige Aufgabe für
Besucher von Bergspitzen werden, in genau gemessenen
Hóhen den Stand der Vegetationsentwicklung zu notiren
und diese Notizen mit den Aufschreibungen zu vergleichen,
welche aus dem Alpengarten in der Ebene herstammen.
Es wird sich weiterhin durch die phänotogischen Beob-
achtungen an den Pflanzen des Alpengartens und die gleich-
zeitige Beobachtung eines dort angebrachten Thermometers,
die Wärmesumme ermitteln lassen, welche jede Alpen-
pflanze von dem Erwachen der Vegetätionsthätigkeit bis
zum Reifen ihrer Samen bedarf, und endlich wird es
móglich sein, hieraus einen, wenn auch nur annähernden,
aber dennoch höchst wichtigen Rückschluss auf die Wärme-
mengen zu machen, welche den Pflanzen in verschiedenen
Seehöhen zu Gute kommen.
Eine hochwichtige Bedeutung besitzt die Cultur von
Alpenpflanzen auch für die Pflanzengeographie und
namentlich für die praktische Darstellung pflanzengeogra-
phischer Verhältnisse in botanischen Gärten. Auf engem
E
4
Raum lässt sich nämlich mit geringen Mitteln in jedem
Garten der Wechsel der Pflanzendecke in den verschie-
denen Höhenregionen darstellen und damit gleichzeitig
ein Abbild des analogen Wechsels in den verschiedenen
Zonen unserer Erdveste, von den heissen Länderstrichen
der Tropen bis hinauf zum eisstarrenden Norden, im Kleinen
entwickeln. Wenn man gerade aus dem feuchtwarmen
Raume eines Gewüchshauses getreten ist, in welchem das
Auge an der üppigen Fülle der tropischen Vegetation sich
ergötzt, und die colossalen Dimensionen der schón-
geschwungenen Palmenkronen bewundert hat, und nun etwa
zwischen Büumen und Gebüschgruppen, die sich über einen
grünen Wiesenteppich emporwölben, zu Felsengruppen
hinwandert, auf welchen die Pygmäengeschlechter der
pen und des hohen Nordens durch die bezeichnendsten
Formen vertreten sind, so hat man mit Hülfe weniger
Schritte die ausgeprágtesten Bilder, in welche sich die
Pflanzendecke unseres Erdballs abstuft, vorüberziehen ge-
sehen. Man baut mit unsüglichen Kosten Palmenhäuser,
um dem Publikum den Anblick eines Pflanzenlebens zu
verschaffen, das sich unter dem Strahle der tropischen
Sonne entwickelt, warum nicht auch Anlagen, auf welchen
die Besucher die charakteristischen Gewächse des hohen
Nordens und der hohen Alpen zu beschauen Gelegenheit
haben. Mich will doch bedünken, dass der Anblick jener
leizten Ausklänge des pflanzlichen Lebens, der Anblick
jener verzwergien zolllangen Gräser und Weiden, Gen-
tianen und Primeln, die mit einer an's Unglaubliche gren-
zenden Zähigkeit in den eisstarrenden Regionen ihr Leben
fristen und dort in wenigen Wochen ihren jährlichen
Lebenscyklus abschliessen, nicht weniger anziehend, an-
regend und belehrend sei, als das Bild culminirender Kraft-
fülle und strotzender Ueppigkeit, welches uns in den
riesenhaften Blättern tropischer Palmen, Aroideen und See-
rosen enigegentritt. Ja, gerade in der Darstellung des
Contrastes, welcher aus dem Anblick dieser beiden Ex-
tion Sich
Schön
nun etw
ber einen
5
treme organischer Entfaltung entspringt, liegt, wie mir
scheint, eine wichtige Aufgabe aller jener Gärten. welche
der Belehrung des Publikums gewidmet sein sollen, und es
kann darum die Anlage und Anzucht einer Alpenflora allen
derartigen Gärten nicht warm genng anempfohlen werden.
Es versteht sich von selbst, dass sich an diejenigen
Pflanzenzüchter, welche bloss aus ästhetischen Rücksichten
oder aus Liebhaberei Alpinen cultiviren, und an jene,
welche bei ihren Culturversuchen von wissenschaftlichen
Motiven geleitet werden, auch noch die Handelsgärtner
anreihen, die sich die Aufgabe stellen, dem einen oder
andern der eben früher Genannten das Materiale zu liefern
und für welche die Cultur von Alpenpflanzen eine einträg-
liche Quelle des Erwerbes werden kann.
Zweites Gapitel.
Auswahl der zu eultivirenden Pflanzen.
In einem Buche, welches die Cultur der Alpenpflanzen
behandelt, sollte wohl auch die Frage erörtert werden,
welche Gewächse man eigentlich unter dem Namen „Alpen-
flanzen“ zu verstehen hat und für welche Arten daher
das weiterhin zu entwickelnde Culturverfahren seine be-
sondere Geltung finden soll. Die Antwort anf diese Frage
ist aber, so. sonderbar diess auch für den ersten Augen-
blick klingen mag, nichts weniger als leicht zu lösen.
Der die Alpen besuchende Tourist denkt wohl bei dem
Namen „Alpenpflanzen“ zunächst an Alpenrosen und Edel-
weiss, an Speik und Raute, und hat auch vollkommen
recht, wenn er diese populärsten aller Alpengewächse mit
obigem Namen bezeichnet. Mancher Freund der Pflanzen-
welt verbindet wieder mit dem Namen Alpenpflanzen die Vor-
stellung von kleinen niedlichen Gewächsen mit kurzen Sten-
geln und grossen, lebhaft gefärbten Blumen, und erinnert
f
sich an die brennendrothen kleinen Nelken und azurblauen
Gentianen, an die goldenen und purpurnen Primeln und
zierlichen Steinbreche, welche er auf den grasigen Halden
und schroffen Felsklippen des Hochgebirges zu bewundern
Gelegenheit hatte, und die allerdings zu dem eigenthüm-
lichen Bilde der Hochalpen höchst wesentlich beitragen.
Es wäre aber jedenfalls theilweise irrig und fehlerhaft,
nur diese genannten Pflanzenformen, die dem Besucher der
alpinen Region vor allem andern in die Augen springen
und in ihm einen so unvergesslichen Eindruck hinter-
lassen, als Alpenpflanzen aufzufassen; denn neben diesen
kleinen zierlichen Pflänzehen trifft man in der Alpenregion
an hochgelegenen Punkten auch zahlreiche urwüchsige
Pflanzen an, welche sich weder durch Kleinheit, noch durch
lebhaft gefärbte grosse Blumen auszeichnen, und daher der
geläufigen Vorstellung von Alpenpflanzen nicht immer ent-
sprechen. Ueppige Stauden und hohe Gräser mit unschein-
baren Blüten, die in ihrer äusseren Erscheinung oft manchen
Pflanzen des ebenen Landes täuschend ähnlich sehen, ragen
dort in den feuchten Runsen und schattigen Schluchten,
oder zwischen dem dichten Strauchwerk der Buschweiden
und Legföhren empor und bilden namentlich im Schiefer-
gebirge einen eben so bedeutenden Bestandtheil der alpinen
Flora, wie die früher erwähnten niederen Gentianen, Pri-
meln und Steinbreche. Viele derselben haben dort oben
recht eigentlich ihr ursprüngliches unveräusserliches Hei-
malsrecht und sind Alpenpflanzen in des Wortes vollster
Bedeutung.
Wenn wir demnach die Grösse und äussere Tracht nicht
immer als massgebend bei der Feststellung des Begriffes
„Alpenpflanzen“ ansehen dürfen, so müssen wir uns wohl
um einen anderen Massstab bei der Erörterung dieser
Frage umsehen, und es scheint am nächsten liegend, von
der Verbreitung der Pflanzen auszugehen und alle jene
Gewächse als Alpinen zu bezeichnen, welche unter der
Grenze der alpinen Region, oder was dasselbe sagen will,
amer ent
unschein-
t manchen
len, rage
chluchten,
schweide
Schiefer-
er alpina
nen, Pii
dort obe
ches He-
s vollsle
vacht nidi
Begrillé
7
unter der oberen Grenze des Baumwuchses nicht weiter
nach Abwärts angetroffen werden. Wer aber auch nur ein-
mal Hochgebirgsgegenden botanisch durchforscht hat, wird
die Ueberzeugung gewonnen haben, dass unter gewissen
localen Einflüssen die Bewohner der höchsten Alpengipfel
bald in einzelnen Exemplaren, bald in grósseren Colonien
in die Region des hochstámmigen Fichten- und Buchenwaldes
sich verbreiten und sich dort oft dauernd ansiedeln und
erhalten. Ja, er wird sich vielleicht erinnern, nicht selten
in dem präalpinen Vorlande auf ebenem Boden, weit ent-
fernt vom eigentlichen Hochgebirge, im Kies der Flüsse,
an feuchten Uferfelsen und in der Mitte von Torfmooren
Pflanzen angetroffen zu haben, die in der Flora der al-
pinen Region als hóchst wegenkirche und charakteristische
Elemente auftreten, und denen man den Namen „Alpen-
pflanzen“ darum kaum würde abstreiten können, weil sie
von den Jöchern des Hochgebirges stellenweise in das
Tieflandsgebiet hinabgewandert sind. Eine scharfe Grenze
ist hier um so” schwieriger zu ziehen, als ja in letzter
Linie ein sehr bedeutender Theil der Flora unserer Hügel-
landschaften und Tiefländer von den hydrographisch damit
verbundenen Hochgebirgen herstammt, und viele Pflanzen,
die jetzt zu den verbreiteisten Arten der Flachlandsflora
gehören, ursprünglich von den höheren Bergen ausgegangen
sind. Wollten wir alle jene in der alpinen Region ur-
wüchsig einheimischen vobis welche stellenweise auch
unter die obere Baumgrenze herabgestiegen sind, aus-
schliessen, so würde uns endlich nur noch ein ganz kleines
Häufchen von Gewächsen übrig bleiben, und wir müssten
schliesslich sogar Pflanzen wie das Edelweiss, das in den
óstlichen Karpaten in der Buchenregion vorkommt, oder die
Ichemilla alpina und Oxyria digyna, welche in England in
der Hügelregion verbreitet sind, aus der Reihe der Alpen-
pflanzen ausstreichen.
Es dürfte nach allen dem am Besten sein, alle jene
durch eigenthümliche gemeinsame Lebens-
nn
8
bedingungen verbundenen Gewächse als Alpen-
pflanzen zu bezeichnen, welche ganz vorzüg-
lich über der Grenze der hochstämmmigen
Bäume ursprünglich. verbreitet sind und sich
dort oben fort und fort ohne Einfluss und Zu-
thun des Menschen in gleicher Form erhalten,
vermehren und ersetzen, ganz gleichgültig,
ob dieselben unter gewissen localen Bedingun-
gen auch unter die Grenze der alpinen Region
herabsteigen oder nicht. *
Wir verkennen durchaus nicht die Inconsequenzen,
welche auch diese Definition in ihrem Schoosse birgt,
glauben uns aber immerhin mit derselben begnügen zu
dürfen, da sie für den Zweck dieser Schrift jedenfalls als
zureichend betrachtet werden kann. — Schliesslich bleibt es
ja doch jedem Züchter von Alpenpflanzen überlassen, sich
aus der grossen Summe von Gewächsen, welche die obige
Definition umschliesst, dasjenige auszuwählen, was ihm ge-
rade zusagt, und jeder wird, entsprechend den Motiven,
welche ihn bei der Anlage eines Alpengartens leiten, seine
eigene Wahl zu treffen in der Lage sein. Der Freund der
Pflanzenwelt, welcher bei der Anlage seines Alpengartens
einzig und allein durch das ästhetische Interesse geleitet
wird, dürfte sich vorzüglich Gewächse mit grossen und
lebhaft gefärbten schönen Blüten oder winzige Formen,
die sich in die Steinritzen und Felsklüfte hineinschmiegen,
auswählen ; er dürfte insbesondere auch jene Alpinen wäh-
len, welche in der Poésie des Aelplers eine grosse Rolle
spielen und deren Name im Munde aller die Alpen be-
suchenden modernen Touristen so weit wiederhallt, als
die blauen Berge ihre Arme ausstrecken., Er wird sich
wohl auch nicht scheuen, stellenweise neben den Pflanzen
des Hochgebirges manche Pflünzchen tieferer Regionen
hinzupflanzen, wenn sie ihm dort leicht gedeihen und in
den harmonischen Eindruck seiner kleinen Pflanzenwelt
keinen Misston hineinbringen. So wird es seiner Alpen-
9
anlage gar nicht schlecht anstehen, wenn er die untersten
Absätze des ganzen Felsenbaues mit Linaria Cymbalaria,
Saponaria ocymoides, Gypsophila repens, Teucrium mon-
tanum und Selaginella helvetica überkleidet, die doch nichts
weniger als den Namen von Alpenpflanzen verdienen.
r wird die Nischen und Lücken seines Alpengartens etwa
mit dem duftenden Cyclamen europaeum und mit der zier-
lichen Linnaea borealis und Trientalis europaea schmücken,
oder hie und da die reizende Atragene alpina herum-
schlingen, obschon diese alle die obere Grenze des Fichten-
waldes nicht übersteigen und daher gleichfalls weit ent-
fernt sind, auf den Namen „Alpenpflanzen“ Anspruch
machen zu können. — Umgekehrt wird der Botaniker,
welcher in der Anlage die Vegetationsstufen verschiedener
Höhenregionen zur Anschauung bringen will, auf die
möglichst genaue Einhaltung der durch pflanzengeogra-
phische Forschungen festgestellten Sätze über die Verbrei-
tung der Gewächse Rücksicht zu nehmen haben. Er wird
sich über manche ästhetische Bedenken hinaussetzen müssen,
und insbesondere solche Pflanzen cultiviren, welche durch
ihr massenhaftes Auftreten für die einzelnen Regionen be-
sonders charakteristisch sind, wenn sie auch nicht immer
durch zierliche Formen und lebhaft "gefärbte Blüten sich
auszeichnen. Im Interesse des Phänologen und Syste-
matikers wird es liegen, möglichst viele Arten in gedeih-
licher Entwicklung verfolgen zu können, und der Handels-
gärtner endlich wird sich selbstverstándlich nach den
Wünschen des zahlenden Publikums richten und vor Allem
jene Alpinen in Cultur nehmen, welche er mit dem grössten
Vortheile auf den Markt zu bringen im Stande ist.
Es wird die Aufgabe späterer Capitel sein, in dieser
Beziehung noch so manche Winke zu geben, und so den
verschiedenen hier angedeuteten Interessen so viel als
möglich Rechnung zu tragen.
inınnnnnnn
Drittes Capitel
Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in der
alpinen Region.
Die erste Grundlage eines jeden Culturverfahrens ist
die möglichst genaue Kenntniss der Lebensbedingungen,
unter welchen die zu cultivirenden Gewächse in der freien
Natur vorkommmen. Ohne diese Kenntniss tappt jeder
Pflanzenzüchter im Dunklen herum und wird nur selten
ein erfolgreiches Resultat zu erzielen im Stande sein.
Wenn es ihm überhaupt gelingt, einen Erfolg zu gewinnen,
so ist dieser einzig und allein dem Zufall zuzuschreiben,
und somit einer Macht zu verdanken, der man sich schliess-
lich doch nicht immer gerne anvertraut.
ei der grossen Mehrzahl unserer Pflanzenzüchter war
leider diese Macht bisher sehr massgebend. Ein charakte-
ristisches Zeichen der jüngst vergangenen Perioden war
es, dass einerseits die Gärtner es verschmähten, sich um
die Resultate der wissenschaftlichen Forschungen zu be-
kümmern, und anderseits die Herren, »welche sich auf
dem gelehrten Kothurn bewegten, und die sich gar zu
gerne die Männer der Wissenschaft nennen hörten, es
unter ihrer Würde fanden, die Ergebnisse theoretischer
Forschung in das Leben einzuführen.
Wir sind in eine Zeit getreten, deren Schlagwort die
Anwenduug der Wissenschaft auf das praktische Leben
geworden ist und in welcher durch das gemeinsame Zu-
sammenwirken von Theorie und Praxis ein Umschwung
in allen bestandenen und bestehenden Verhältnissen theils
angebahnt, theils schon zur Wahrheit geworden ist: Auch
die glänzenden Erfolge, welche die Gartenkunst einerseits
und die Botanik anderseits in der letzten Zeit gewonnen
haben, sind ein Ausfluss jener glücklichen Verschmelzung
von Forschung und Arbeit, welche die Gegenwart auf
n d
fahr elig N
h schlieg,
. üchler wy
n Charakt-
ioden wi
n, sich w
ren zu be
e sich al
ch gar
örten, &
eoreliscit
agwort Ù
che Lee
nsame Dr
11
ihre Fahne geschrieben hat und aus welcher noch manches
wichtige Resultat in der Zukunft hervorgehen wird.
Die „praktischen Gärtner“ mögen es darum auch nicht
verschmähen, die im Nachfolgenden gegebenen theoreti-
schen Betrachtungen zu würdigen und zu berücksichtigen.
Sie werden in denselben keine um theures Geld aus Eng-
land oder Frankreich erworbenen Rezepte von Geheim-
mitteln, und auch keine neuen fremdklingenden imponirenden
Namen finden, wohl aber sollen sie durch die nachfol-
genden Zeilen in die Werkstatt der grössten Firma der
Welt, in die Werkstatt der Natur selbst, eingeführt wer-
den, und zusehen, wie dort diese einige aller
Lehrmeisterinen mit sehr einfachen Mitteln die zierlichen
Pflanzen der Alpenwelt züchtet.
Es liegt vor Allem nahe, den wichtigsten Factor des
Pflanzenlebens, nämlich die ärme, mit der unteren
Grenze der Alpengewächse in Verbindung zu bringen.
Da wir von den Gipfeln der Alpen gegen die Thalsohle
zu, geradeso wie von den Polen gegen den Aequator zu,
eine Zunahme der Wärme wahrnehmen und in der gleichen
Richtung hier und dort untere, beziehungsweise äqualo-
riale Grenzen auftreten. sehen, so móchte man zu dem
Gedanken verleitet werden, dass diese nordischen und Hoch-
gebirgspflanzen ein gewisses Uebermass von Wärme nicht
vertragen, und dass sie daher unterhalb der genannten
Grenze zu Grunde gehen. Es scheint diese Auffassung
für den ersten Augenblick um so annehmbarer, da ja be-
kanntlich auch das umgekehrte Verhältniss, nämlich die
Abnahme der Wärme gewissen Gewächsen, wie nament-
lich den hochstämmigen Bäumen, gegen die Hochgebirgs-
gipfel und Pole zu eine Grenze zu setzen vermag. Eine
solche Erklärung würde aber, so bequem sie auch wäre,
den wirklichen Verhältnissen durchaus nicht entsprechen.
s können wohl Pflanzen in Folge eines Mangels von
Wärme erfrieren oder es nicht zum Blühen und Samen-
bilden bringen, aber nicht unter dem Einflusse einer
12
grösseren Wärmemenge zu Grunde gehen. Wir sehen ja
viele Pflanzen auch in den Thälern und Ebenen der wär-
merem Climate, welche zum Abschlusse ihres jährlichen
Lebenscyklus die Wärmesumme, welche ihnen die Sonne
jührlich zur Disposition stellt, nicht verbrauchen, ohne
dass sie darum nachträglich zu Grunde gehen müssten.
Um nur ein paar Beispiele aus der Nühe zu nehmen, ver-
weisen wir auf Isopyrum, Galanthus und Crocus und die
andern Lenzverkünder unserer Zone, welche bei einem sehr
geringen Ausmass der Würme schon ihre Blüten ent-
falten und ihre Früchte reifen, dann aber ihre oberirdischen
Theile einziehen und nur mehr in ihren unterirdischen
Organen eine kaum merkbare Vegetationsthätigkeit unter-
halten. Sie scheinen dann oft spurlos verschwunden,
halten unter der Erde einen 3— 5monatlichen Sommer-
schlaf, dem sich unmittelbar der eben so lange dauernde
Winterschlaf anschliesst, und zeigen erst wieder mit dem
erwachenden Frühlinge eine erneuerte erhöhte Lebens-
thátigkeit. Ganz analog verhalten sich die Ranunkeln,
Lloydia, Primeln und Gentianen der Alpenregion, wenn
man sie im Thale oder in der Ebene nach dem später zu
entwickelnden Verfahren cultivirt. Sobald sie abgeblüht
und ihre Samen gereift haben, tritt ein anscheinend voll-
ständiger Stillstand ihres Lebens ein. Die oberirdischen
Organe verwelken oder bleiben unverändert, starr und wie
versteinert durch Sommer, Herbst und Winter über dem
Boden stehen, bis die ersten Lenztage plötzlich wieder
den langen Schlummer unterbrechen und in kurzer Frist
das frischeste Grün und den herrlichsten Blumenflor her-
vorrufen.
Das grössere Ausmass der Wärme ist es da-
her gewiss nicht, welches die Alpenpflanzen auf ihre Stand-
orte bannt. — Vielleicht ist es aber die eigenthümliche
Vertheilung der Wärme in der Alpenregion, v welche
den Alpenpflanzen Grenzen setzt, die sie ohne Nachtheil
für ihre Existenz nicht zu überschreiten vermögen?
kurzer Fi
yenflor W
ist © i
ihre St
enthümi”
jon. v
e yachi
gen?
13
Um hierüber in's Klare zu kommen, versuchen wir es,
uns ein Bild der. climatischen und phänologischen Ver-
hältnisse der Alpenregion zu entwerfen und dann diese
Verhältnisse mit jenen der tiefer gelegenen Landschaften
zu vergleichen.
Bis in die zweite Hälfte des Mai deckt die winterliche
Schneedecke das Gelände der Alpenregion. Die warmen
Winde und Regen, welche aus dem Süden und Südwesten
kommen, lösen endlich die eisige Rinde, und der Boden
wird jetzt zur angegebenen Zeit der directen Besonnung
zugünglich. Ende Mai überziehen sich die Halden ober
er Baumgrenze mit einem zarten Anflug jungen Grüns,
der namentlich in den schiefen Strahlen der untergehenden
Sonne vom Thale aus schón und deutlich sichtbar wird.
Aber noch immer treten einzelne Erniedrigungen der Tem-
peratur unter den Eispunkt ein und Reife und Schneefälle
sind bis Ende des Mai so häufig, dass sie die anderen me-
teorischen Niederschläge, nämlich Thau und Regen, sogar
an Zahl noch übertreffen. Ja selbst im Juni, Juli und
August, in welchen Monaten allerdings Regen und Thau
vorherrschen, sieht man nicht selten nach kalten hellen
Nächten den Boden dicht bereift oder nach einem Wetter-
sturz die schon ergrünten Halden wieder mit Schnee über-
streut. Kein Monat des Jahres ist vor Schneefällen sicher
und seit 25 Jahren weiss man in den nordtirolischen und
angrenzenden bairischen Alpen nur wenige Sommer, in
welchen die alpine Region durch ein ganzes Monat keinen
Schneefall erlebt hätte. Die Schneefälle im Juni, Juli und
August haben aber auf die Vegetation meist nur einen
sehr untergeordneten und nur selten nachtheiligen Einfluss.
Die Schneedecke ist in der Regel sehr dünn und zart, und
wird gewöhnlich schon am andern Tage durch den Ein-
fluss der Sonne und durch den aufsteigenden warmen Luft-
strom schnell wieder weggeleckt. Sie bedingt wohl einen
Stillstand in der Vegelationsentwicklung, aber selten eine
Zerstörung des pflanzlichen Lebens, und selbst die zar-
14
testen Blütentheile, wie die Korollen der Primeln und
Gentianen, zeigen bei langsamem Abschmelzen keinerlei
Nachtheil und Verunglimpfung. — Im Juni und Anfang
Juli erreicht die Thätigkeit des pflanzlichen Lebens in der
Alpenregion schon ihren Culminationspunkt. Zu dieser
Zeit stehen die Alpenrosen in der Seehöhe zwischen 5000
und 6000 Fuss in voller Blütenpracht, und mehr als die
Hälfte der Gewächse, die da oben ihre eigenthümliche Hei-
mat haben, wetteifern gleichzeitig mit ihnen an Pracht
und Schmelz der Blumenkronen. Anfang August haben
an den günstigen Stellen alle der Alpenregion eigenthüm-
lichen Pflanzenarten bereits abgeblüht und selbst die Korb-
blütler, Weidenróschen und Fettkräuter, welche sich dort
am meisten Zeit Isssen und den Herbstblüten unserer
Thäler entsprechen, haben zu dieser Zeit schon ihre Blumen
geüffnet. Mitte August und später entfalten nur noch
Nachzügler an den ungünstiger gelegenen Standorten, am
Rande der mit Schneemassen angefüllten Kessel und Tobel,
sowie an schattigen Felswänden und Abstürzen ihre Blumen-
kronen. An den halbwegs begünstigten Stellen aber haben
zu dieser Zeit schon alle Arten der alpinen Region ihte
Samen gereift und ihre Knospen für den nächsten Sommer
fertig gemacht. Die Vegetation hat abgeschlossen und
fängt an, sich herbstlich zu färben. Der jetzt einfallende
Frost trifft sie schon gerüstet zu dem langen Schlafe, den
sie mit den Murmelthieren und Schneemäusen unter dem
weissen Mantel des Winters durchzuschlafen haben, und
fällt jetzt auch ein tieferer, länger bleibender Schnee, so
wird die Alpenpflanzenwelt in ihrem Bestande nicht mehr
dadurch beeinträchtiget. Im October werden die Schnee-
fälle und Reife schon so häufig, dass sie über die Thau-
bildung und den Regen wieder das Uebergewicht erlangen.
Der Schnee bleibt zu dieser Zeit häufig schon 14 Tage
ununterbrochen liegen und wird stellenweise von der tiefer
stehenden Sonne gar nicht mehr weggeschmolzen. Frei-
lich kommen dann manchmal auch noch vereinzelte Süd-
E
: jetzt einfal
jusen unter!
t
15
winde, welche das Hochgebirge bis weit hinauf schneefrei
machen und dort selbst einzelne Frühlingsblüten hervor-
locken, aber solche Fälle gehören nur zu den Ausnahmen
und vermögen die Vegetationsdecke im grossen Ganzen
eben so wenig zum neuen Aufgrünen zu bringen, wie die
milden Tage, die oft im Dezember und Jünner ihren blauen
Himmel über unsere Thäler und Ebenen spannen.
Das Eintreten von Reifen ünd vereinzelten Schnee-
füllen in allen Monaten des Jahres macht es sehr schwierig.
die eigentliche Vegetationsperiode in der alpinen Region
festzustellen. Am besten gelingt es noch, wenn wir uns
an die Pflanzenwelt selbst halten und den Zeitraum vom
Aufgrünen und Erwachen der ersten Knospen bis zum
Reifen der zuletzt aufgeblühten Pflanzen festhalten. Es
ergiebt sich auf solche Art für die Region, welche nach
Abwärts durch die obere Grenze des hochstämmigen Holz-
wuchses und nach Aufwärts durch die obere Grenze der
Sträucher bezeichnet wird, eine Periode von beiläufig drei
Monaten, und für den schmalen Hochalpengürtel, der noch
über dem eben begrenzten Gebiete mit hóher organisirten
Pflanzen bekleidet ist, ein Zeitraum von zwei, ja selbst
nur von einem Monat.
Wenn wir nun die hier flüchtig skizzirten elimatischen
und phänologischen Verhältnisse der Alpenregion mit den
gleichnamigen Verhältnissen der angrenzenden Thäler und
Tiefländer vergleichen, so finden wir zunächst, dass die
eit des Lenzes in der Alpenregion im Vergleiche zur
Ebene um ein gutes Stück hinausgerückt ist. Die Frühlings-
pflanzen, welche von der Ebene bis hinauf in die Alpen
verbreitet sind, und welche im Thale ihre Blüten nach
dem Schmelzen des Schnees im März entfalten, *) blühen
oben erst Ende Mai auf, und man möchte hieraus wohl
*) Z. B. Daphne Mezereum, Erica camea, Polygala Chamae-
buxus, Sesleria coerulea, Gentiana verna, Crocus vernus, Primula
elatior, Aurieula, farinosa.
16
den Schluss ziehen, dass dort oben die climatischen Ver-
hältnisse im Mai dieselben sind, wie herunten im März,
Wenn aber auch einige ee in dieser Beziehung nicht
in Abrede gestellt werden kann, so ergiebt sich doch bei nä-
herem Eingehen ein shr wichtiger Unterschied zwischen den
climatischen’ Verhältnissen des Alpenfrühlings nnd Thal-
frühlings, der darin besteht, dass zur Zeit des Erwachens
der Vegetation aus dem Winterschlafe in der Alpenregion
die Länge der Tage schon eine sehr bedeutende ist, und
dass daher Wärme und Licht dort täglich durch viel
längere Zeit auf die erwachenden Pflanzen einwirken, als
auf die Frühlingspflanzen der Thäler in den correspon-
direnden Lenzmonaten. Die Frühlingstage der Alpen-
region, welche in das Ende des Monates Mai fallen, über-
treffen nämlich die correspondirenden Frühlingstage unserer
Thäler und Ebenen, welche auf den Monat März fallen,
um volle 4 Sudana und in der Hochalpenregion, in welcher
das Erwachen aus dem Winterschlafe erst im Juni erfolgt,
zeigen die Lenztage sogar eine relative Verlängerung um
5 Stunden. Hiezu kommt noch, dass auch die Seehöhe
eine Verlängerung der Tage bedingt, indem bekanntlich
auf Berghöhen die Sonne am Morgen früher eintrifft und
am Abend etwas länger femp als in den Thälern und
Ebenen der gleichen Breite. *
*) Die durch die Seehöhe bedingte Verlängerung des Tages
beträot für
^s Fuss hohe Gipfel 10 Minuten 13 Secunden,
600
0 » 1 » = »
7000 » » ” 12 » 5 *»
RE sU esie re paleis
9000 ? ?) 2 13 2) 42 »
10000 14 27
Freilich um er Ar eine BON nur
geringe, aber dasie sich Tag für Tag wiederholt, so summirt sich
durch sie am Ende dennoch ein Licht- und Wärmequantum ZU
sammen, welches für das vegetative Leben nicht ohne Einfluss
bleiben kann,
TE
schen)
en im LA
* eintrifft u
| Thälern u
rung des Ty
cunden.
> = Xx d
-
j
so S í
megunt
P ohne F
unissmäsit ”
omnit [
17
In dieser grossen Länge der Frühlingstage, welche
die Alpenregion mit den polaren Gegenden gemein hat,
liegt wohl ein wichtiger Gegensatz zur Tieflandsregion
und gleichzeitig eine der wichtigsten Lebensbedingungen
der Alpenpflanzen.
ie Wirkung, welche die grössere Tageslänge zur Zeit
des Erwachens der Vegetation auf die Pflanzen ausübt,
ist eine doppelte. Einerseits wird in langen Tagen die
den Pflanzen beim Beginn ihrer Entwieklnng täglich zu-
geführte Wärmemenge eine relativ viel grössere sein, als
die Wärmemenge, welche den aufknospenden Pflanzen in
kurzen, durch lange Nächte unterbrochenen Tagen zu Gute
kommen würde, anderseits wird auch der Lichtreiz, wel-
cher mit der Respiration und überhaupt mit dem ganzen Er-
nährungsprozesse der Pflanzen in so innigem Zusammen-
hange steht, an längeren Tagen natürlich auch um so länger
auf die Pflanzen Einfluss nehmen und dadurch auf die auf-
knospenden Alpinen eine tief eingreifende Wirkung hervor-
bringen. — Wir finden in der That auch nach beiden
Richtungen hin den Einfluss der grossen Tageslänge zur
Zeit des Erwachens der alpinen Vegetation ober der Baum-
grenze an den Alpenpflanzen ausgesprochen.
Entsprechend der verhältnissmässig grösseren Menge
der täglich zugeführten Wärme sehen wir die Pflanzen in
der alpinen Region sich viel rascher entwickeln, als die
Frühlingspflanzen in der Ebene und auf den flachen Thal-
sohlen. Wie in den Steppen folgt Knospen, Blühen und
Fruchten in unglaublich kurzen Zeiträumen auf einander,
und je höher wir in den Alpen hinansteigen und je grösser
daher die Tageslänge zur Zeit des Erwachens der Vege-
tation aus dem Winierschlafe ist, desto rascher schliessen
dort die Pflanzen ihren jährlichen Lebenscyclus ab.
Unstreitig hängt hiemit auch die Erscheinung zusammen,
dass die Verspätung der Vegetation mit zunehmender See-
höhe nicht gleichmässig anwächst, sondern an höheren
Orten verhältnissmässig geringer wird. Während nämlich
Kerner, Alpenpflanzen. 2
18
nach meinen Beobachtungen in den Alpen die Vegetations-
entwicklung unterhalb der Seehöhe von 3000 Fuss beim Auf-
würtssteigen um 500 Fuss eine Verspätung von 8—10 Tagen
erkennen lüsst, zeigt sich über dem Niveau von 3000 Fuss
auf je 500 Fuss Erhebung nur eine Verspätung von 4 pis
5 Tagen, was sich gewiss zum Theile dadurch erklärt,
dass die Pflanzen, welche in der Ebene im Márz erwachen,
zu dieser Zeit nur sehr geringe tügliche Portionen von
Wärme erhalten, während sie oben, wo das Erwachen
aus dem Winterschlaf im Mai oder Juni stattfindet, täg-
lich um 4 bis 5 Stunden länger dem Einflusse der Wärme
des Tages ausgesetzt sind, und daher an ihnen die durch die
Wärme des Tages begünstigten Lebensprozesse viel rascher
ablaufen müssen.
Zu dieser Begünstigung-in Beziehung auf Wärmezufuhr,
welche die Pflanzen der Alpenregion in Folge der grösseren
Tageslänge ihres Frühlings voraus haben, kommt nun auch
noch der länger dauernde Einfluss des Lichtes. - Wir wer-
den diese länger dauernde Beleuchtung, welcher die Alpen-
pflanzen an ihren natürlichen Standorten alsogleich nach
dem Abschmelzen des Schnees ausgesetzt sind, um so
weniger unterschätzen, wenn wir uns an den mächtigen
Einfluss erinnern, welchen das Licht auf die Pflanze aus-
übt. Die leuchtenden Sonnenstrahlen sind es ja, welche
alle Gestaltungsvorgänge in der Pflanze hervorrufen. Durch
sie wird die grosse chemische Verwandtschaft des Kohlen-
stoffes zum Sauerstoffe gelöst und so ein Theil des Sauer-
stoffes frei der Atmosphäre zurückgegeben, während ander-
seits durch sie der Kohlenstoff mit den Elementen des
Wassers in jene Verbindungen übergeführt wird, aus welchen
der Pflanzenkórper zum grössten Theile aufgebaut erscheint.
Im Lichte der Sonne formt sich der Pflanzenleib, im Dunkel
der Nacht oder an trüben wolkigen Tagen wird diese Ge-
staltung nur durch Auflösungsprozesse vorbereitet. Die
bildende Thätigkeit der Pflanze, die reproductive Sphäre
derselben wird durch vermehrtes Licht in vermehrte Thätig-
as Erma,
(finder, N
Värmezuf
ler grösser
amt nun ay
3. Wir e
jj] des Su
ementen kb
cive SPP
ehrle Ti
19
keit gesetzt, der Gang der Metamorphose wird abgekürzt,
die erhöhte Energie der Gestaltungsvorgünge führt die
vorhandenen Elemente rascher in jene Verbindungen ein,
aus welchen sich die Blüten und Früchte gestalten, wäh-
rend anderseits die Bildung der vegetativen Organe mehr
in den Hintergrund iritt. Mit einem Worte, die Blüten-
und Fruchtbildung erfolgt im Lichte rascher als in der
Dunkelheit, und der ganze jährliche Lebenseyclus der Pflanze
fliesst desto schneller vorüber, je länger und intensiver
das Licht seinen Einfluss geltend machen kann.
Die Alpenpflanzen sind nun aber ebenso wie die Ge-
wächse der polaren Zone rechte Kinder des Lichtes.
Lichtscheue Pilze und chlorophylllose Schmarotzerpflanzen
sind der Alpenregion fremd; ja man kann auch gerade-
zu behaupten, dass es in den Hochalpen fast keine Schatten-
pflanzen giebt. Schattige Stellen beherbergen dort ge-
wöhnlich die armseligste und artenärmste Vegetation, und
eine reiche Flora bieten dort nur die sonnigen Gräte und
Spitzen, die kleinen nach Süden sehenden Felsgesimse
und Terrassen, wo der Sonnenstrahl vom frühen Morgen
bis zur Tagesneige seinen Einfluss geltend zu machen im
Stande ist. Dort glühen die Nelken und Gentianen mit
dem brennendsten Roth und dem schmelzendsten Blau,
dort erzeugt sich der tiefe Purpur der fast stengellosen
Primeln, und dort bekommen auch die Frühlingspflanzen
des Thales, welche ihre vereinzelten Vorposten bis auf
die Berghóhen hinaufschieben, grössere und intensiver ge-
fárbte Blüten. Das Waldvergissmeinnicht des Thales
hat dort oben auf den sonnigen Halden seine Kronen um
das Doppelte vergrössert und seine duftenden Blüten mit
einem Blau geschmückt, welches mit dem dunkelsten
Himmel des Hochgebirges an Lieblichkeit wetteifert. Die
Goldruthe und der schmalblättrige Weiderich (Solidago
Virgaurea und Epilobium angustifolium), deren Samen
durch den aufsteigenden Luftstrom manchmal aus dem Wald-
lande zu den höchsten Felsklippen emporgeführt werden,
93
20
keimen und treiben dort oben neben den genuinen Alpen-
pflanzen, neben Raute und Edelweiss auf kleinen sonnigen
Felsterrassen nicht selten lustig empor. Die Internodien
ihres Leibes erscheinen aber dann gewaltig verkürzt, die
Zahl der Laubblätter ist um die Hälfte kleiner als an den
gleichen Pflanzen der Ebene, und die Blüten, deren Zahl
gleichfalls bedeutend abgenommen hat, haben nicht nur
ein grösseres Ausmass ihrer Kronen, sondern auch inten-
sivere Farben bekommen. Und ganz dieselben Umwand-
lungen lassen sich an Phyteuma orbiculare, Campanula
rotundifolia, Thymus Serpyllum, Gentiana germanica, ascle-
piadea, Hieracium Pilosella, Centaurea phrygia, Centaurea
Scabiosa, Knautia silvatica, Valeriana officinalis, Dianthus
Carthusianorum, Helianthemum vulgare, Parnassia palustris,
Linum catharticum, Viola tricolor, Trollius europaeus, An-
thyllis Vulneraria und noch vielen anderen beobachten,
Je höher man gegen die Gipfel emporsteigt, desto niederer
werden die Stengel, desto grösser werden die Blüten
und desto intensiver wird das Colorit der Korollen.
Manche Pflanzen, die im Thale weisse Blüten zeigen,
wie z. B. Pimpinella magna und Achillea Millefolium, be-
kommen oben sogar rothe Blüten. Dieselbe Erscheinung
wiederholt sich auch in den nordischen Gegenden. Die
zierliche Trientalis europaea, die in den Alpen, in den
sudetisch-herzinischen Bergen und in der baltischen Nie-
derung weisse Blumen besitzt, findet man dort auch mit
purpurnen Blütensternen. Göppert erzählt bei Gelegen-
heit einer Schilderung der Vegetationsverhältnisse Nor-
wegens: „Zuerst überraschten uns bei der Landung in
^hristiania, wie auch überhaupt im ganzen Verlaufe un-
serer Reise die merkwürdigen Farbenänderungen vieler
[m
el
Blüten, wie sie bei uns hohe alpine Lagen zu veranlassen
pflegen, unter denen ich als eine der bekanntesten auf die
in 3—4000 Fuss Höhe schon vorkommende Bergform der
gemeinen Schafgarbe hinweise, die mit schwärzlichen
grösseren Blütenhüllen und schön rothgefärbten Blüten
—————— EZ s.
21
erscheint. Die in Schlesien weissblühende Lychnis vesper-
tina sah ich häufig mit blassröthlichen, den Baldrian mit
dunkelrothen Blüten. die Wiesenscabiose, wie alle blau
blühenden Distelarten, die Kartoffel auffallend dunkler ge-
färbt, die fette Henne mit schwefelgelben Blumen und
röthlich gefärbten Kelehblüttern ; gelbe Blüten, wie An-
themis tinctoria und Senecio Jacobaea an der Westküste
bei Bergen, mit goldgelben, fast orangegelben Blüten,
auch unsere Gentiana der Ebene,. Gentiana Pneumonanthe
so veründert dunkelblau, dass ich sie kaum erkannte;
unsere blauen Gartenblumen, wie Pfefferkraut, Ysop, áhn-
lich verändert, die gelben Blüten von Impatiens noli
tangere mit braunem Anflug, das Bilsenkraut dunkler
purpurroth und dergleichen mehr.“
enau die umgekehrten Formänderungen sehen wir
eintreten, wenn irgend ein Naturereigniss die Pflanzen
sonniger Alpengipfel ihrer lichten Heimat entnimmt und
an dunkelschattige Standorte verschlägt, oder wenn der
Mensch die lichtfreundlichen Alpinen an schattige Plätze
der Gärten verpflanzt. Die Internodien verlängern sich
dann ganz ausserordentlich, die Zahl der Laubblätter wird
grösser, die Blumen werden kleiner und weniger lebhaft
gefärbt, und endlich kommt es gar nicht mehr zur Bil-
dung von Blüten und Früchten. Die Pflanzen vergeilen
und gehen gewöhnlich schon nach kurzer Frist zu Grunde.
Alle diese Erscheinungen weisen uns darauf hin, dass
das intensive Licht der langen Frühlingstage in der alpinen
Region und in den Polargegenden den Gang der Meta-
morphose verkürzt, die reproduetive Sphäre mehr anregt,
den Pflanzenkörper zur raschen Blüten- und Fruchtbildung
führt und seinen Blüten ein grösseres Ausmass und leb-
hafteres Colorit ertheilt.
Da nun aber gerade diese Gestaltungsvorgänge für die
Alpenpflanzen die normalen sind, da gerade die charakte-
ristische Form der meisten Alpenpflanzen in den wenigen
Blättern, kurzen Stengeln und wenigen aber grossen und
22
lebhaft gefärbten Blüten liegt, da wir endlich bei Mangel
des intensiven, lange dauernden Lichtreizes die Alpen-
pflanzen unkenntlich werden und absterben sehen, so kann
es keinem Zweifel uuterliegen, dass der plötzliche,
nach dem. Sehneeschmelzen eintretende, in
unsern Alpen täglich 15—16 Stunden einwir-
kende Lichtreiz, welcher auf viele Thalpflanzen zu
Zeit des Erwachens aus dem Winterschlafe eine höchst un-
günstige Wirkung hervorbringen würde, für die Alpen-
pflanzen eine höchst charakteristische und
wichtige Lebensbedingung ist.
Wo diese Lebensbedingung fehlt, erleiden die an sie
geknüpften Pflanzenformen entweder eine Formveränderung,
oder sie gehen zu Grunde, oder was dasselbe sagen will:
der Mangel des langdauern.den täglichen Licht-
einflusses und somit die Verlängerung der
Frühlingsnächte setzt den Alpenpflanzen und
den Pflanzen der polaren Landschaften eine
untere, beziehungsweise äquatoriale Grenze.
Nächst den Strahlen der Sonne braucht die Pflanze
zum Aufbau ihres Leibes das Wasser. — Wir sehen
hier zunächst ab von der Rolle, welche dieses Element
als Lösungs- und Transportmittel für die mineralischen
Bestandtheile des Bodens spielt, und untersuchen hier vor-
läufig nur das Verhältniss der Alpenpflanzen zu der Luft-
feuchtigkeit und zu den meteorischen Niederschlägen, welche
als Schnee, Regen und Thau dem Boden zu Gute kommen.
Die in der Luft enthaltene absolute Dampfmenge nimmt
mit der Höhe ab, die relative Luftfeuchtigkeit aber nimmt
in den Alpen mit der Höhe zu. Für Pflanzen kommt na-
türlich nur die letztere in Berücksichtigung, und es wäre
daher zunächst die Frage zu erörtern: welchen Einfluss
die grössere relative Luftfeuchtigkeit auf die ihr ausge-
setzten Gewächse auszuüben vermag. Da es nachgewiesen
ist, dass auch in einer mit Feuchtigkeit überladenen Luft
die Transpiration der Pflanzen unverändert vor sich geht
mi ©
T
len die "T
MVeränden,
)e Sagen y
chen Lig
erung i,
lanzenu
raften ei
e Grenz
t die Plu
- Wir s
jeses Ele
mineralisck
hen hier ve
1 zu der Li
lägen, welt
23
und sich gerade so, wie in einer an Feuchtigkeit armen
Luft nach dem wechselnden Einflusse der Tageszeiten, des
Lichtes und der Wärme richtet, und da es ferner jetzt
feststeht, dass- der oberirdische Theil der Pflanzen, ins-
besondere die Pflanzenblätter, kein dunstförmiges Wasser
aufnehmen, sondern im Gegentheile Wasser an die Atmo-
sphäre abgeben, so fällt die Annahme, dass die grössere
relative Feuchtigkeit direet auf die Pflanzen einwirken
könne, jedenfalls weg. Wohl aber wird eine feuchte
Luft indirect auf die Pflanzen Einfluss zu nehmen im Stande
sein, indem sie dieselben vor zu rascher Verdampfung des
Zellinhaltes und somit vor dem zu raschen Verwelken
schützt. Bedenkt man, wie sehr die Verdunstung in der
verdünnten Luft der Alpenregion begünstigt sein muss,
so wird man diesen Einfluss gerade nicht gering anschlagen
dürfen, und es würde demnach die Sache etwa so auf-
gefasst werden können, dass die grössere relative Luft-
feuchtigkeit in der Alpenregion gewissermassen ein Com-
pensationsmittel des Einflusses darstellt, welchen die ver-
dünnte Luft auf die Alpenpflanzen nothwendig ausüben
müsste. Eine viel bedeutendere Rolle spielt die grosse re-
lative Luftfeuchtigkeit übrigens insoferne, als sie in Be-
rührung mit dem porösen Humus und der porósen Erde
von diesen letzteren aufgenommen wird, und somit ohne
eine uns sichtbare Condensation zu erleiden, den Boden
durchfeuchtet und den Pflanzenwurzeln zu Gute kommt.
Auch wird begreiflicherweise durch die grosse relative
Luftfeuchtigkeit in der Alpenregion die Bildung von Nebel
und Thau sehr begünstigt. Da nämlich der Thaupunkt in
der alpinen Region von der dort herrschenden Temperatur
im Sommer nur wenig abweicht, so wird bei gleichzeitiger
grosser relativer Luftfeuchtigkeit der geringste Temperatur-
wechsel die Condensation der Dämpfe veranlassen können.
Der aus den Thälern aufsteigende warme Luftstrom, welcher
bei schweigenden Winden regelmässig längs dem Gehänge
der Berge emporfliesst, veranlasst eine fast ununterbrochene
24
Bethauung des kälteren Bodens und des den Boden be.
kleidenden Pflanzenwuchses. Zudem werden durch die
in den Alpen so gewöhnlichen Unregelmässigkeiten des
Terrains, durch den bunten Wechsel von beschatteten und
besonnten Felsen, von kleinen und grossen mit Schnee
ausgefüllten Mulden und steilen warmen Halden fortwährend
locale Schwankungen und Fluthungen in den verschieden
erwärmten Luftmassen herbeigeführt, deren Resultat in der
Regel die Bildung von Nebel und Thau ist, welcher das
Gestein, den Erdboden und die Pflanzen befeuchtet. Herrscht
trübes Wetter vor, so jagen die Nebel über den Boden
hin, um ihre Wassertröpfehen an die unersättliche Erde
abzugeben; wölbt sich ein klarer Himmel über das Hoch-
gebirge, so strotzt alles von überströmendem Thau. Die
Erdkrume ist darum in der Alpenregion fortwährend feucht.
Manche Felswände triefen oft den ganzen Tag von Wasser,
obschon an ihnen nirgend eine Fuge und Spalte zu sehen
ist, durch welche Wasser durchgesickert sein könnte. Die
zähe Erde und der feine Sand, welche regelmässig im
Grunde der Steingerölle und Schutthalden die Zwischen-
räume ausfüllen und in denen die Wurzeln der dort sich
ansiedelnden Pflanzen stecken, sind immer so feucht, dass
man sie wie plastischen Thon kneten und formen kann.
Der Humus ist dort fast immer wie ein Schwamm mit
Wasser getränkt, und aus den Moospolstern, die auf den
Gesimsen der Felsen wuchern, vermag man durch geringen
Druck mit der Hand tropfendes Wasser auszupressen.
Die eigenthümlichen Regenverhältnisse in der Alpenregion
wagen wohl gleichfalls wesentlich dazu bei, jene gleich-
mässige Durchfeuchtung des Bodens zu erhalten. Wir
legen hier ein geringeres Gewicht auf den Umstand, dass
die jährliche Regenmenge von den Ebenen gegen die Ge-
birge und von der Tiefe gegen die Höhe continuirlieh
zunimmt, als vielmehr auf die Thatsache, dass in unseren
pen die Zahl der Regen in der Vegetationsperiode (Juni,
Juli, August) so bedeutend ist, dass im Mittel auf jeden
EEE v
Lc h ä ~
l Un "m ~, e x44 " e.
n e ng —— D m e a D. o— -—-
m=i 0
'gelmissi i
ie Zwisde
der dort s
0 feucht, à
formen ku
Schwamm 1
. die au k
urch gering
auszuprtst
25
dritten Tag ein Regenfall kommt. Allerdings ist hiebei
wegen geringer Dichtigkeit der einzelnen Regen die nieder-
fallende Wassermenge verhältnissmässig geringer, als in
den tiefer liegenden Gegenden; aber gerade darin liegt
für das vegetative Leben der Alpen insoferne ein grosser
Vortheil, als bei dieser Vertheilung des atmosphärischen
Niederschlages die Alpenpflanzen niemals jenen grellen
Gegensätzen von anhaltender Dürre und übermässiger
Feuchtigkeit ausgesetzt sind, welche in den Niederungen
so häufig höchst nachtheilig auf das Pflanzenleben ein-
wirken.
Schalten wir noch ein, dass nach dem einstimmigen
Urtheile aller Züchter von Alpenpflanzen einer der ge-
fährlichsten Feinde des Gedeihens der Alpinen im Thale
der dort herrschende Wechsel in dem Feuchtigkeitszustande
des Bodens sei, so werden wir kaum mehr daran zwei-
feln, dass die ununterbrochene und gleichmässige
Durchfeuchtung des Bodens, wie sie in der
alpinen Region durch die grosse relative Luft-
feuchtigkeit, die häufige starke Thau- und
Nebelbildung und die eigenthümliche Regen-
vertheilung bewirkt wird, eine der wichtig-
sten Lebensbedingungen der Alpenpflanzen
ist und dass die Aenderung dieser Lebens-
bedingung den Pflanzen der Alpenregion auch
“eine untere Grenze zu setzen im Stande sein
wird.
Es bleibt uns nun von den wichtigeren Factoren des
Climas nur noch der Luftdruck zu besprechen übrig,
der mit zunehmender Höhe ein geringerer wird, und von
dem die meisten Forscher annehmen, dass seite Grösse
auf die Pflanzenwelt von dem wesentlichsten Einflusse sei.
Wir dürfen nun allerdings nicht ganz in Abrede stellen,
dass derselbe auf die Cirkulation der Säfte in den Pflanzen
einen Einfluss zu üben vermag, und dass er namentlich in-
direct durch Erhöhung oder Verminderung der Verdunstung
26
sich geltend machen wird. Zumal in einer Luft, die nur
geringe Grade relativer Feuchtigkeit enthält, müsste die Ver-
dunstung des Zellsaftes in dünner Luft eine sehr ener-
gische sein, und würde dort nothwendigerweise eine Be-
schleunigung der Cirkulation im Organismus der Pflanze
nach sich ziehen müssen.
In der dünnen Luft unserer Alpen aber wird diese
Anregung zur rascheren Verdunstung durch die dort herr-
schende grosse relative Luftfeuchtigkeit compensirt. Je
höher wir hinansteigen und je geringer daher der Luft-
druck wird, desto grósser ist auch gleichzeitig die rela-
tive Luftfeuchtigkeit. Die Gewächse, welche dort ihre
Blätter in eine Luftschichte emporstrecken, deren Tem-
peratur gewöhnlich von dem Thaupunkte nur wenig
entfernt ist, werden keine Anregung finden, mehr zu
verdunsten und ein grösseres Wasserquantum an die um-
gebende Luftschichte abzugeben, als die Pflanzen, welche
in der dichteren, aber auch relativ trockneren Luft im
Thale vegetiren.
Einige Bedeutung für die Pflanzen dürfte dagegen die
dünne Luft der alpinen Region insoferne haben, als durch
sie die Intensität der Licht- und Wärmestrahlen erhöht
wird. Wenn wir uns nämlich erinnern, dass gerade in
der intensiven, lange dauernden Einwirkung der Sonnen-
strahlen auf die aus dem Winterschlafe erwachenden Ge-
wächse eine der wichtigsten Lebensbedingungen der alpinen
Pflanzenwelt liegt, so kann der Verdünnung der Atmo-
sphäre, welche die Permeabilität für Wärme- und Licht-
strahlen und insoferne die Intensität derselben erhöht, der
indirecte Einfluss auf die Alpenpflanzen gewiss nim ab-
gesprochen werden.
Irgend ein directer Einfluss des Luftdruckes auf w-
sere Alpenpflanzen findet aber gewiss nicht statt, und die-
jenigen, welche sich die Pflanzen als eine Art Barometer
denken und sich vorstellen, dass der Luftdruck die Länger-
axe der Pflanzen in demselben Grade und in ähnliche
ineren Lufi
te dagega
aben. alsi
en erhöht!
wiss nich!
uckes "
27
Weise verkürzt und verlängert, wie etwa die Quecksilbersäule
in dem langen Schenkel des Barometerrohres , verweisen
wir einfach auf den hohen Norden, wo die Pflanzen un-
serer Alpen an den ebenen Küsten des Meeres ihre Heimat
haben und dort unter dem grossen Luftdruck dasselbe An-
sehen besitzen, wie auf den 8000 Fuss hohen Rücken
unserer Hochgebirge.
Die elimatischen Factoren, welche wir in dem Früheren
berührt haben, reichen auch ohne Zuhilfenahme eines di-
recten Einflusses der Luftschwere vollständig hin, das
Kleinbleiben der Alpenpflanzen zu erklären. Die
lang dauernde intensive Einwirkung der Sonnenstrahlen
des Alpenfrühlings, welche den Zellinhalt der Pflanzen in
der Weise umstimmt, dass er rascher in jene Verbindungen
eingeht, aus denen sich die Blüten aufbauen, und die
demnach, die Metamorphose beschleunigend, die Pflanzen
anregt, sich weniger mit der Bildung vegetativer Organe,
mit Erzeugung langer Axen und zahlreicher Blütter zu
befassen, als vielmehr der reproductiven Sphäre ihre
Thätigkeit zuzuwenden, ist wohl eine der wesentlichsten
Ursachen des Kleinbleibens der Alpenpflanzen. Zudem
steht der Umfang und die Masse des jührlich gebildeten
organischen Gewebes jedenfalls mit der Vegetationszeit
und mit der Wärmemenge, welche den Pflanzen jährlich
zu Gute kommt, in einem, wenn auch nicht genau ziffer-
mässig nachweisbaren, aber dennoch nicht wegzuleugnen-
den Zusammenhange. In unseren ebenen Landschaften,
welche sich durch eine 7- oder Smonatliche Vegetations-
zeit auszeichnen und wo die Moers in dieser Periode
über eine Wärmesumme von 200 00 Graden ver-
fügen, wird sich auf demselben es jedenfalls eine viel
rössere Masse von organischem Gewebe bilden können,
als in der Alpenregion, in welcher die Vegetationszeit
auf 3 bis 4 Monate eingeschránkt ist, und wo selbst jenen
Pflanzen, die durch diese ganze Vegetationszeit thätig sind,
nur eine Wärmesumme von 1000 bis 1500 Graden zur
28
Disposition steht. Die Wärmemenge, welche z. B. zu
Bildung der colossalen jährlichen Holzzilinder und dep
vielen tausend Blätter nothwendig ist, die eine hohe Eiche
jährlich erzeugt, und von deren bedeutender Menge wir
uns überzeugen könnten, wenn wir die in einem Jahre
zugewachsene organische Masse verbrennen, und so die
latent gewordene Wärme wieder aus ihren Fesseln erlösen
würden, beträgt von einem einzigen Baum gewiss doppelt
so viel, als die Wärmemenge, welche von den Legföhren
und Grünerlen verbraucht wird, die sich auf der Alpe unter
sonst gleich günstigen Verhältnissen über eine Bodenfläche
ausbreiten, welche jener gleichkommt, die der Eichenbaum
in der tieferen Region des Hügellandes beschattet. — In
der alpinen Region würde demnach den hochstámmigen
Bäumen weder die Zeit, noch die Wärmemenge genügen,
um alle jene Phasen durchlaufen zu kónnen, die ihren
eigenthümlichen jährlichen Lebenslauf charakterisiren, und
hierin liegt eine wichtige Ursache der oberen Baumgrenze
und des Kleinwerdens der Pflanzen mit zunehmender Höhe.
Berücksichtigen wir endlich noch den Umstand, dass
mit zunehmender Hóhe die Bodentemperatur nicht so rasch
abnimmt, als die Temperatur der Luft, und dass daher die
Triebe vieler Pflanzen sich nur dann erhalten können,
wenn sie sich an den relativ wärmeren Boden anschmiegen
und es bei ihrem „Kampfe um das Dasein“ vermeiden,
ihre Zweige und Blätter in die kalte Luft hinauszustrecken,
so haben wir wohl hinreichende Erklärungsgründe für das -
Kleinwerden und Kleinbleiben der Pflanzen in der Alpen-
region, und wir brauchen nicht erst zu kühnen Hypothesen
unsere Zuflucht zu nehmen.
Fassen wir zum Schlusse die im Früheren erörterten
Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in der alpinen Re-
gion unserer Gebirge kurz zusammen, so ergeben sich
als die wesentlichsten und für das Culturverfahren be-
achtenswerthesten Momente: die intensive und lang
dauernde Einwirkung der Sonnenstrahlen ZU!
Ae
un
[ul
un
ilinde
eine |
10
l UN
eSchattet, _
‚hochstänn;
menge gui,
nen, dij
akterisiren y
ren Baumm
ehmender Hi
Umstand. &
r nicht sor
dass daher!
halten kön
en anschmg
in“ vermek
nauszustre
sgründe fir
in der A
nen Hypo
29
Erwachens aus dem Winterschlafe,
gleichmässige Durchfeuch-
Thau-
Zeit des
und anderseits die
tung des Bodens dur
und Nebelbildung.
ch vermehrte Regen-,
Viertes Capitel.
Lebensbedingungen der Alpenpflanzen in
niederen Gegenden.
Es wird jedenfalls unsere weitere Aufgabe sein, die
in dem früheren Capitel entwickelten Sätze praktisch aus-
zubeuten und ein auf sie gegründetes Verfahren auszu-
mitteln, mit dessen Hülfe wir die genannten Lebensbedin-
gungen auch in der Ebene soweit als möglich herstellen,
um dann unter den nachgeahmten künstlich geschaffenen
Verhältnissen die Alpenpflanzen im Thale zu cultiviren.
Jedenfalls aber dürfte es früher noch gut sein, sich um-
zusehen, wie es die Natur anstellt, wenn sie Alpenpflanzen
in tieferen Lagen vorkommen lässt, und weiterhin zu unter-
suchen, wie es an den Localitäten aussieht, an denen wir
in der Ebene oder in der Hügelregion, weit entfernt vom
Hochgebirge, vereinzelte oder gruppenweise vereinte Al-
pinen anireffen.
Zunächst werden wir da auf die polaren Land-
schaften hingewiesen, welche mit unserer Alpenregion
im Typus der Gewächse die grösste Uebereinstimmung
zeigen, und zum grossen Theile sogar dieselben Arten be-
herbergen, die in unseren Hochgebirgen über der Grenze
des E agen Holzwuchses zu Hause sind. — Da
wir in diesen jenseits des Polarkreises liegenden Gebieten
schon in den flachen Küstengegenden mitten in der Alpen-
region stehen, und dort die Alpenpflanzen hart am Meeres-
strande in gedeihlicher Entwicklung vorkommen sehen, so
30
gewinnen wir dort zunächst die Ueberzeugung, dass es
nimmermehr der geringe Luftdruck sein kann, welche
als Lebensbedingung der Alpenpflanzen erscheint.
Wohl aber finden wir dort eine glänzende Bestätigung
der Ansicht, dass der lang dauernde Lichteinfluss für die
Alpenpflanzen ein wesentliches Lebensmoment ist. Gegen
Ende des Monats Juni schmilzt nämlich dort die Schnee-
und Eisdecke des Winters und „der Sommer bricht mit
einem Male herein. In wenigen Tagen ist die Landschaft
mit lebhaftem Grün .bekleidet. Die Sonne verschwindet
jetzt wochenlang nicht mehr vom Horizonte. Ihre un-
unterbrochen auf den Boden fallenden Strahlen lassen die
Temperatur nicht zum Abkühlen kommen, und so wird
trotz des geringen Hóhenstandes der Sonnenscheibe ein
Wärmegrad hervorgebracht, wie er unter anderen Ver-
hältnissen unmöglich wäre.“ Um die Mitte des Octobers
bricht endlich der lange Winter herein und begräbt die
Pflanzenwelt wieder auf 9 Monate unter seinen tiefen
Schneelasten. — Wir haben demnach hier Lebensbedin-
gungen, welche denjenigen der Alpenregion ganz analog
sind. Freilich ist hier der Lichteinfluss ein noch viel
länger dauernder, als im Hochgebirge, da das leuchtende
Gestirn wochenlang gar nicht unter den Horizont hinabsinkt.
Was aber die Polarlandschaft durch diese ununterbrochene
Insolation voraus hat, scheint in der alpinen Region un-
serer Gebirge durch den hohen Stand der Sonne und
die damit verbundene kräftigere Insolation im Laufe der
Vegetationszeit eingebracht zu werden, und so viel ist
jedenfalls gewiss, dass die polaren und alpinen Gelände
zur Zeit des Erwachens der Vegetation lang dauerndes
Tageslicht gemein haben.
Ueber die Feuchtigkeitsverhältnisse der polaren Ge-
genden liegen nur wenig benutzbare Angaben vor. Dem-
ungeachtet können wir wohl aus mehr als einem Grunde
voraussetzen, dass jenseits des Polarkreises der zweite
wichtige Lebensfactor, welchen wir im Früheren für die
*
ELLLLILLLLECLLLEI!LEULUÓXZLELLLLLLÉEQCOCOLCLKLULULULLIANAZAAMANGN
ZOnte, ls
rahlen lassa
"n. und 801
nnenseley
'T anderen
tte des (gj
und begrij
er Seinen j
er Leben)
ion ganz ai
s ein nod:
a das leudi
rizont hinabi
ununterbrot
inen Regit!
der Some!
n im Lait
und so Y
alpinen e
lang due
dm
ler polare!
31
alpinen Pflanzen unserer Hochgebirge ermittelten, nämlich
die ununterbrochene und gleichmässige Befeuchtung des
Bodens während der Vegetationszeit, an den mit Pflanzen-
wuchs bedeckten Orten zutreffen werde, und wir können
daher die oben aufgeworfene Frage, unter welchen Be-
dingungen die Alpenpflanzen in den polaren Ebenen wachsen,
dahin beantworten, dass diese Bedingungen im Allgemeinen
nur eine Wiederholung derjenigen sind, welche wir für
die alpine Region unserer Gebirge festgestellt haben.
Noch weit wichtiger als diese Erkenntniss der Ver-
hältnisse, unter welchen die Alpenpflanzenwelt in den po-
aren Ebenen gedeiht, ist übrigens für die Zwecke der
Cultur jedenfalls das Studium jener Localitäten unserer
one, an welchen Alpenpflanzen in einer See-
höhe, die tief unter der gewöhnlichen unteren
Grenze der alpinen Region zu liegen kommt,
im spontanen Zustande gefunden werden. —
Mitten im Waldlande, in der Region der Buchen und
Eichen, in den dem Hochgebirge vorgelagerten Berg- und
Hügellandschaften, und selbst in den weiten Niederungen
trifft man nämlich stellenweise vereinzelte oder gruppen-
weise vereinte Alpenpflanzen an, die dort blühen und
Früchte reifen, und häufig sogar ununterbrochen an den
einmal gewählten Punkten sich erhalten. Dort lernt uns
die Natur am besten die Mittel kennen, mit deren Hülfe
wir Alpenpflanzen in unseren niederen Gegenden zu züchten
im Stande sind, und dort werden wir auch hingehen müssen,
um der grossen Lehrmeisterin das Geheimniss der Cultur
der ee abzulauschen.
Orte, an denen aber in unseren Breiten die Alpen-
Eo auffallend tief herabgehen, sind zu bezeichnen:
ie Rinnsale von kalten Quellen ;
die Ufer von Gebirgsseen und Gebirgsbächen ;
enge Tobel und tief eingeschnittene felsige Schluchten ;
Torfmoore ;
Geróll und Kies der
PPer:
Flüsse.
T
32
1. Das Vorkommen und Gedeihen von Pflanzen höherer
Regionen an den Ursprungsstellen kalter tief
liegender Quellen ist eine in den Alpengegenden
sehr verbreitete Erscheinung. Um nur einige Beispiele
für dasselbe zu bringen, sei hier folgender Fälle gedacht,
In den niederösterreichischen Voralpenthälern irifft man
regelmässig in den Quellen, welche zwischen 6 und 80R,
schwanken, schon in einer Höhe von 1500 Fuss über dem
Meere: Saxifraga rotundifolia, Arabis alpina, Geum rivale
und Ranunculus aconitifolius an. Im tirolischen Unter-
innthale wuchern in einer Seehöhe von 1600 Fuss am Rande
der Quellen bei Maria-Stein, deren Temperatur sich zwischen
5 und 69 R. hält, Saxifraga aizoides und Viola biflora.
In den Quellen, welche ober der Achner Mauer am Göller
in Niederösterreich in einer Höhe von 3100 Fuss ent-
springen und eine Temperatur von 50.1 R. besitzen, wölben
sich riesige blühende Polster von Saxifraga stellaris und
Silene quadrifida, und auf dem Sattel zwischen Achen-
kirchen und Steinberg in Nordtirol, dessen Höhe ich mit
S0 Fuss bestimmte, sprudeln Quellen hervor, deren
Temperatur 5°. 3 bis 49. 5 beträgt, und an deren Rinnsale
neben den beiden zuletzt genannten Arten überdiess noch
Ranunculus alpestris, Soldanella alpina, Hutehinsia alpina
und Salix retusa gedeihen. An quelligen Stellen ober dem
Bärenbad im tirolischen Stubaithale finden sich in einer
Seehöhe von 3834 Fuss: Saxifraga aspera, Sibbaldia pro-
cumbens, Stellaria Frieseana und Cardamine resedifolia,
und an der Quelle, welche ober den Längenthaler Alpen-
hütten im Sellrainerthale bei Innsbruck in einer Höhe von
6274 Fuss entspringt, gedeiht Ranunculus glacialis in
grösster Fülle und Ueppigkeit. Es muss hier ausdrück-
lich hervorgehoben werden, dass alle diese Pflanzen a
anderen Localitäten derselben Regionen nicht beobachtet
werden, und dass sie in der Regel.erst um beiläulig
2000 Fuss höher oben ihre untere Grenze finden. be
merkenswerth ist auch, dass fast alle diese Pflanzen, die
UU UMS —.
mm SM MOL. X em É— (ee Cu —— ue Ua
einige *.
T Pile T
n überdies!
Hutchinsia d
| Stellen obe!
den sich int
a. Sibbaldia}
einer Quelle zu sehen ist,
33
in tieferen Lagen Quellenpflanzen sind, in hóheren Lagen
auch auf nicht quelligem Boden gedeihen. Saxifraga ro-
tundifolia, Arabis alpina, Geum rivale, Ranunculus aconiti-
folius, Viola biflora bevölkern höher oben in der alpinen
Region gewöhnlich den Grund junger Legföhrengehölze ;
Saxifraga stellaris und aizoides, Ranunculus alpestris, Sol-
danella alpina und Salix retusa blühen auf den Bergjóchern
auch in Runsen und felsigen Thälchen, in denen keine Spur
und Ranunculus glacialis ist
eine spezifische Pflanze des Morünenschuttes und der
Schutthalden der hóchsten Schieferberge.
as bewegt nun diese Alpenpflanzen, sich hier in viel
tieferen Lagen an den Quellen anzusiedeln, und welche
den Alpenpflanzen zusagende Eigenthümlichkeiten hat das
Quellenrinnsal vor anderen Localitäten voraus?
Dass der Boden, welcher unmittelbar die Ränder des
Quellenursprunges und Quellenrinnsales bildet, durch das
ununterbrochen fliessende Wasser ebenso ununterbrochen
und gleichmässig befeuchtet wird, wie die Erdkrume der
Alpenregion, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung.
Aber auch die etwas abseits von dem Rinnsale liegenden
Stellen, denen eine unmittelbare Berieselung nicht zu Gute
kommt, werden indirect durch das Quellwasser mit Feuch-
tigkeit versorgt. Die Atmosphäre, welche über der Quelle
lagert, besitzt nämlich immer eine grössere relative Feuch-
tigkeit, und da gleichzeitig durch das kalte Wasser der
Quelle eine fortwährende Abkühlung der angrenzenden
Luftschichten eingeleitet wird, so werden die Wasser-
dämpfe hier fast ununterbrochen verdichtet und dem Boden
und seinen Pflanzen zugeführt. Wie uns die Erfahrung
zeigt, sind auch die nächsten Umgebungen der Quellen
immer durch reichliche Nebel-, Thau- und Reifbildung
ausgezeichnet, und wohl jeder Leser dieser Zeilen erin-
nert sich, im Spätherbste die Ränder von Quellwässern
mit weissem starrendem Reife bedeckt gesehen zu haben,
während die weitere Umgebung der Quelle diese Erscheinung
Kerner, Alpenpflanzen. 3
34
noch nirgends wahrnehmen liess. Die Pflanzen, welche
in der Umgebung der Quellen ihre Wurzeln in den Boden
- senken, befinden sich demnach in Betreff der Befeuchtung
auch in tieferen Lagen unter ganz ähnlichen Verhält-
nissen, wie die Pflanzen der Alpenregion, und es liegt
wohl sehr nahe, diesen Umstand als eine der wichtigsten
Ursachen für das ausnahmsweis tiefe Herabgehen der
Alpenpflanzen in der Umgebung der Quellen anzusehen.
Auffallend ist, dass gerade jene Pflanzenarten, welche
herunten im Thale an den Quellen blühen, hoch oben in
der Alpenregion den Schatten aufsuchen und daher offen-
bar nicht jenen intensiven Lichtreiz nóthig haben, welcher
für die viel grössere Mehrzahl der anderen Alpinen einen so
wichtigen Lebensfactor bildet.*) Hiemit soll aber nur
gesagt sein, dass diese Pflanzen keine lang dauernde di-
recte pou bedürfen, nicht aber, dass sie auch das
lange dauernde Tageslicht entbehren (res Vielmehr
wird aus der nachfolgenden Betrachtung gerade hervor-
gehen, dass für die oben genannten Gewächse das lange
einwirkende Tageslicht allerdings eine wahre Lebens-
bedingung bildet und dass sich daher diese Gewächse auch
insoferne als rechte Alpenpflanzen manifestiren.
Es lässt sich nicht verkennen, dass bei gleichen Tem-
peraturen der Quellen gewóhnlich auch dieselben Pflanzen
auftreten und dass sich diese Pflanzen sogar in Gruppen
ordnen lassen, aus deren Vorhandensein mit ziemlicher
Sicherheit wieder auf die Temperatur der Quelle zurück-
geschlossen werden kann. Es giebt darunter Pflanzen-
gruppen, welche nicht in würmeren Quellen vorkommen,
und das muss überraschen, da die mässig höhere Quellen-
*) Es wurde ja schon früher erwähnt, dass z. B. Saxifraga
rotundifolia, Arabis alpina, Geum rivale u. dgl. oben in der Alpen-
region den Schatten der Legföhrengehölze jE, Saxifraga
stellaris, Viola biflora, Soldanella alpina finden sich oben vor
züglich in schattigen Schneethälchen und an schattigen Fels:
wänden
m
^i Ber
De
^ TA
der
SN
len "1 ki.
‚enarten, "
l, hoch %
und daher i
r haben, "i
Alpinen ei
soll aber,
ng dauern)
ISS sie auch)
inten. Vie
ei gleichen fi-
ieselben Plu
gar in Gry
| mil zieni
- Quelle zu
runter Plur
len vorko
höhere
35
temperatur ja doch nur auf die Schnelligkeit der Ent-
wicklung günstig einwirken, nicht aber das Zugrunde-
gehen der Pflanzen veranlassen kann. Die Erklärung
dieser Erscheinung ist nun folgende. Die verhältniss-
mässig niedere Temperatur des Quellwassers wirkt hier
offenbar als ein Mitiel, um die Vegetationsentwicklung zu
verzögern. Wenn auch das Quellenrinnsal fast das ganze
Jahr mehr oder weniger grün bleibt, so beobachtet man
doch im Frühlinge dort nicht nur keinen Vorsprung, son-
dern ein entschiedenes Zurückbleiben der vegetativen Ent-
wicklungsstadien im Vergleich zu dem angrenzenden, mehr
trockenen Gelände. Die Pflanzen, welche mit ihren Polstern
das Rinnsal der kalten Quellen. einfassen, blühen erst zu
einer Zeit auf, in welcher die Sonne schon hoch am
Himmel steht und in welcher das Licht bereits durch
15 Tagesstunden auf die Pflanzenwelt einwirkt. Die
Pflanzen finden daher an den kalten Quellen der Thäler
ganz ähnliche ‚Verhältnisse, wie sie ihnen höher oben in
der Alpenregion an nicht wem Stellen geboten werden,
und das ausnahmsweise tiefe Vorkommen von Alpenpflanzen
an den Quellenrinnsalen der Waldregion wird uns daher
nach dieser Erörterung nicht mehr Wunder nehmen.
2. In noch bei weitem grossarüigerer Weise, als an
den Quellenrändern, lässt sich die Erscheinung des auf-
fallend tiefen Herabgehens der Alpenpflanzen an den Ufern
der Seen und Flüsse beobachten.
Am Ufer des Bodensees findet sich z. B. Saxifraga
oppositifolia, eine Pflanze, die sonst nur die höchsten
Kämme der Alpen bewohnt, bis zur Seehöhe von 1200 Fuss
herab verbreitet. Am Rande des 1860 Fuss über dem
Meere liegenden Leopoldsteiner Sees in Obersteiermark
gedeiht und blüht wunderbarer Weise der überaus zierliche
Papaver Burseri, und am Ufer des 1880 Fuss hoch gele-
genen Kochelsees in Baiern finden sich Rhododendron hir-
sutum, Viola biflora und Carex tenuis. Noch viel reicher ist
der Alpenflor am Rande des in einer Seehöhe von 1906 Fuss
3^
36
liegenden Königssees und seines nur um 50 Fuss höheren
Nachbarn, des reizenden Obersees. In grösster Ueppig-
keit trifft man dort Rhododendron Chamaecistus, hirsutum,
Atragene alpina, Heracleum austriacum, Adenostyles albi-
frons, Betonica Alopecurus, Primula Auricula und Scolo-
pendrium officinarum an. Am Würmsee in Baiern finden
sich in der Höhe von 1900 Fuss Gentiana lutea und Lo-
nicera alpigena, und am Ufer des 2930 Fuss über dem
Meere gelegenen Achensees in Nordtirol glaubt man sich
stellenweise geradezu in die Knieholzregion versetzt. Dichte
Gehölze von Pinus Mughus und Betula pubescens um-
säumen dessen Ufer, und an den Halden, Gesimsen unl
Felswänden, die dort aus dem blauen Wasserspiegel auf-
ragen, beobachtete ich neben dem Buschwerke des Rhodo-
dendron Chamaecistus und hirsutum, Sorbus .Chamae-
mespilus, Daphne striata und Arctostaphylos officinalis al
besonders hervorhebenswerthe Arten: Bartsia alpina, Aster
alpinus, Arabis pumila, Saxifraga caesia, Alchemilla alpina,
Globularia nudicaulis, Rhamnus pumila, Salix retusa, Sol-
danella alpina, Pinguicula alpina, Sedum atratum, Pedicu-
laris foliosa und Jacquinii, Carex ferruginea und firma,
durchwegs Pflanzen, die sonst wohl nicht unter der Höhe
von 4—5000 Fuss Seehöhe angetroffen werden. Aelu-
liche Verhältnisse lassen sich auch noch an vielen andere
Gebirgsseen und ebenso auch an den Uferfelsen vieler
aus den Alpen in das Vorland strömenden Flüsse wahr-
nehmen. — Um aber nicht zu weitläufig zu werden, þe-
gnügen wir uns hier mit den oben angeführten Beispielen,
welche wohl schon hinreichend sind, um das tiefe Herd-
gehen der alpinen Flora an die Ufer jener Gewässe! n
constaliren.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass diesem Herab-
gehen im Ganzen dieselben Ursachen zu Grunde liegen,
welche an den Rändern der Quellen wirksam sind. e
Ufer der Seen und Flüsse sind ja vor Allem durch ihre
reichliche Thau- und Nebelbildung ausgezeichnet.
diesen k
ss
a Grunde Ë
u
rksam *
Allem ir
|
gereit"
37
relative Feuchtigkeit, welche der Seeatmosphäre zukommt,
ist in der Regel so gross, dass schon eine sehr geringe
Temperaturschwankung hinreicht, um eine Condensation
der Dämpfe zu veranlassen, die dann natürlich auch eine
Befeuchtung des Bodens nach sich zieht. Der Humus-
boden auf den Terrassen und Gesimsen der Uferfelsen ist
daher auch Jahr aus Jahr ein von Feuchtigkeit so durch-
tränkt, dass er sich ganz teigig anfühlt, und die Moos-
rasen, welche über die Steinleisten der Seeufer überwalien,
triefen von dem Wasser, das sie aus den reichlichen
Nebeln und Thauniederschlägen empfangen haben.
Da überdiess die Wassermasse des Sees im Sommer
als ein Kältereservoir aufgefasst werden muss, welches
auf die angrenzenden Schichten der Atmosphäre abkühlend
wirkt, und somit mittelbar die Entwicklung der Vegetation
am Seeufer im Frühling verzögert, so wird dort der Be-
ginn der Vegetationsthätigkeit ganz ähnlich wie in der
Alpenregion in eine Zeit hinausgeschoben, in welcher die
Länge der Tage schon eine bedeutende und daher der
Lichtreiz schon ein ziemlich lange andauernder ist.
Die Eigenthümlichkeiten des Climas an den Ufern tief
liegender Gebirgsseen sind demnach gerade in jenen Be-
ziehungen, welche für die Pflanzenwelt die grösste Be-
deutung haben, ein getreues Abbild der climatischen Ver-
hältnisse der Alpenregion, und es darf uns daher auch
nicht wundern, wenn wir Hand in Hand mit jenen clima-
tischen Factoren die Alpenpflanzenwelt bis an die Seeufer
herabwandern und sich dort eine tief gelegene Heimat
gründen sehen.
Um dem Leser auch das auffallend tiefe Herab-
gehen der Alpenpflanzen in engen feuchten Thal-
schluchten anschaulich zu machen, schalten wir im
Nachfolgenden eine Reihe von Pflanzenverzeichnissen ein,
durch welche die Flora mehrerer, gerade in dieser Be-
ziehung höchst interessanten Localitäten im Gebiete der tiro-
lischen, baierischen, steirischen und österreichischen Alpen
38
charakterisirt wird. Es finden sich nänlich in ganz aug.
nahmsweise tiefen Lagen:
Im Pfossenthale, einem tief eingehen Seiten-
arm des Schnalserthales in Tirol, in der Seehöhe vo
4900 Fuss:
Artemisia mutellina, Phyteuma hemisphaericum,
Arenaria laricifolia, Koleria hirsuta,
Saxifraga exarata, Potentilla grandiffora,
Juncus trifidus. Nigritella angustifolia,
Aster alpinus, ` Campanula barbata,
Gnaphalium Leontopodium, Gentiana nivalis,
Silene acaulis, Erigeron alpinus,
Saxifraga aspera, Trifolium saxatile.
Bei der Alpe Moosen im Hintergrunde des Unterau-
thales bei Achenkirchen in Nordtirol, in der Seehöhe von
3097 Fuss:
Anemone alpina, Cirsium spinosissimum,
Meum Mutellina, Bartsia alpina,
Arctostaphylos alpina, Carex ferruginea,
Ranunculus alpestris, . Sempervirens,
Salix arbuscula, s HEEL
» hastata, Homogyne alpina,
retusa, Achillea atrata,
reticulata, Soldanella alpina.
cda der Mae pi Klamm bei Innsbruck, in der See-
hóhe von 2950 Fuss
Avena distichophylla, Rhododendron hirsutum,
Lonicera alpigena, Pinus Mughus
Hieracium bupleuroides. Bellidiastrum Michelii,
pumilum, Gnaphalium Leontopodium.
Thlaspi rotundifolium. Carex firma,
Hutchinsia alpina, , "fenis
Linaria alpina, „mucronata,
Möhringia polygonoides, Rosa alpina,
?
Salix arbuscula, Gentiana acaulis,
lich in ù *
ite,
der EN
ML
Srandiflon,
Angrustifo
| barbata,
livalis.
ilpinus,
saxatile,
unde des ly
n der Seehih
pinosissimun,
npervirens,
na,
e alpina.
atrata,
| alpina.
bruck, in de
dron hirsi
ghus. —
um Michel
m Leon
na.
uis.
cronalà:
na. i
Salix glabra, Chrysantl
Adenostyles alpina,
Gentiana asclepiadea,
Geranium silvaticum.
Viola biflora,
Atragene alpina.
Heracleum asperum.
In der „Eiskapelle“
der Seehóhe von 2586 Fuss:
bei Berchtesgaden in Baiern i
—
—
Soldanella alpina,
Juncus Hostii,
Carex tenuis,
Ranunculus alpestris,
Saxifraga Burseriana,
caesia, :
Ächillen atrata, i Betonica Alòpecurus.
In der „Felz“ bei Aflenz in Ober- Steiermark in der
Seehöhe von 2498 Fuss:
Pinus Mughus,
Silene alpestris,
Saxifraga caesia,
izoon,
Papaver Burseri,
Alsine laricifolia,
Campanula pusilla,
Rhododendron hirsutum,
E octopetala, " Chamaecistus.
Coronilla vaginalis, Linum alpinum,
eracleum austriacum, Adenostyles alpina,
Betonica Alopecurus, Selaginella spinulosa.
In den Achner Mauern am Fusse des Nu in
Niederösterreich, in der Seehöhe von 2287 F
Achillea Clavenae,
Soldanella pusilla
Heracleum austriacum,
Primula Clusiana,
- Auricula,
Carex firma,
Thesium alpinum,
Rhododendron iii ina.
irsutum,
Pinus Micha;
Betonica Alopecurus,
Dryas octopetala,
Hieracium porrifolium,
Athamanta cretensis,
coronopifo-
Carex mucronata, lium,
Linum alpinum, Silene quadrifida,
Gentiana acaulis, Linaria alpina
Avena alpestris, Saxifraga rotundifolia,
Bellidiastrum Michelii, Petasites niveus.
Cochlearia saxatilis,
40
Am Lassingfall bei _— in Niederösterreich
einer Seehöhe von 2154 Fus
9 in
Pinus Mughus Arabis alpina,
Rhododendron Are » bellidifolia,
hamaecistus, Alsine laricifolia,
Doe alpigena, Linaria alpina,
Atragene alpina, Coronilla vaginalis,
Primula Clusiana, Dryas octopetala,
Achillea Clavenae. Heracleum austriacum,
Carex firma, Pleurospermum austriacum,
». lenuis, Valeriana saxatilis, |
mucronata, Gentiana acaulis,
Silene alpestris, is asclepiadea,
Senecio abrotanifolius, Veronica saxatilis,
Thlaspi alpinum, Betonica Alopecurus,
Saxifraga caesia, Pinguicula alpina,
= mutata, Thesium alpinum,
Campanula caespitosa. Juncus Hostii,
pusilla, Avena alpestris,
Salix glabra, Selaginella spinulosa,
». grandifolia, Crepis Jacquinii.
In der Felsenenge beim Fischerischen Kreuz nächst
Holoni in Niederösterreich, in einer Seehöhe von
1653 Fuss
Athamanta cretensis, Helleborus niger,
Senecio abrontanifolius. Salix grandifolia,
Rhinanthus alpinus, Aconitum Napellus,
Potentilla caulescens, Gentiana asclepiadea,
Campanula caeśpitosa, Adenostyles alpina,
Silene alpestris, Saxifraga Aizoon,
Carex tenuis, Euphrasia salisburgensis.
Lonicera alpigena, Valeriana saxatilis,
etasites niveus, Thesium alpinum,
Arenaria laricifolia, Juncus Hostii.
der;
"leti
Na,
fois"
na,
Aginalis,
etala,
n Kreuz mii
r Seehöhe!
dort die Pflanzen aus
4
In feuchten felsigen Schluchten bei Kufstein in Nord-
tirol, in einer Seehöhe von 1620 Fuss:
Valeriana saxatilis, Euphrasia salisburgensis.
tripteris, Helleborus niger,
Boos octopetala, Carex tenuis,
Rhododendron hirsatum, Bellidiastrum Michelii,
Potentilla caulescens, Carex firma.
us diesen Verzeichnissen wird wohl zur Genüge er-
sichtlich, dass die untere Grenze der meisten Alpenpflanzen
nicht als eine in derselben Seehóhe gleichmássig am Ge-
birge hinlaufende Linie gedacht werden darf, sondern dass
diese Grenze in den engen Tobeln und Schluchten des
Gebirges oft weit nach abwärts rückt und dort nicht sel-
len um ein paar tausend Fuss tiefer zu liegen kommt,
als die gleichnamige Grenze an den freien Bergabhängen.
Offenbar sind auch hier wieder ganz dieselben Ein-
flüsse thätig, welche an den Ufern der Seen und an den
Rändern der Quellen die untere Grenze der Alpenpflanzen
stellenweise so bedeutend deprimiren. Die engen Schluch-
ten bleiben oft bis in den Sommer mit Schnee angefüllt.
Erst zur Zeit der grössten Tageslänge vermögen daher
dem Winterschlafe zu erwachen
und ihre Blätter und Blüten zu entfalten. Gewöhnlich
durchziehen auch kleine Bäche diese Felsenengen, und
immer findet man die kühlen Wände der tief eingeschnit-
tenen Schluchten von reichlichen wässerigen Niederschlägen
befeuchtet. Ob die Alpenpflanzen, die man an solchen
Localitäten in so auffallend niederen Seehöhen findet, erst
‚in historischer Zeit aus grösseren Höhen herabgewandert
sind, oder ob dieselben als Sprösslinge von Gewächsen
angesehen werden müssen, die einst in der Diluvialzeit
unsere Thäler bevölkerten, und welche durch die zu-
sagenden Lebensbedingungen an einzelnen Localitäten ge-
fesselt, auch nachträglich der tieferen Region einverleibt
blieben, ist eine Frage, die nicht hieher gehört. Hier
genügt es uns, zu constaliren, dass in engen Felsschluchten
42
auch in geringer Seehöhe climatische Verhältnisse her
schen, welche mit jenen der Alpenregion eine grosse
Uebereinstimmung zeigen, und dass in diesen Schluchten
die grössere relative Feuchtigkeit der Atmosphäre, re.
spective die hiedurch veranlasste ununterbrochene und
gleichmässige Durchfeuchtung des Bodens, sowie ande
seits der Umstand, dass in jenen Schluchten der Beginn
der Vegetationsentwicklung möglichst weit gegen den
Sommer hinausgerückt ist, das Gedeihen von Pflanzen der
Alpenregion in verhältnissmässig geringer Seehöhe mög-
lich machen.
m ausgedehniesten Massstabe findet sich das
Phänomen des tiefen Herabgehens der Alpenpflanzen auf
den Geröllhalden des Gebirges und auf den Ge-
schiebablagerungen der aus dem Hochgebirge
herstammenden Gewässer. Pflanzen, die man nu
auf den hóchsten Grüten und Kümmen vermuthet, siedeln
sich nicht selten auf den Schutthalden und Schotterbünken
der Thäler und Niederungen an und gedeihen oft viele
Jahre lang, weit entfernt von der Hóhenzone, welche
man als Alpenregion zu bezeichnen übereingekommen isl.
Auf den Geröllablagerungen der Hlér in der Gegend von
Sonthofen und Immenstadt finden sich nach v. Mohl in
einer Seehöhe von 2846 Fuss noch Valeriana saxatilis,
Galium helveticum, Erigeron alpinus, Chrysanthemum co-
ronopifolium, - Veronica alpina, aphylla, Globularia nudi-
caulis, Plantago montana, Saxifraga caesia, patens, alz0l-
des, Silene quadrifida, alpestris, Möhringia polygonoides,
Cerastium alpinum, Potentilla aurea, Geum montanum;
Alchemilla alpina, Arabis pumila, bellidifolia und Ranun-
culus alpestris. Einzelne Alpinen, wie Linaria alpina
Salix glabra und Cerinthe alpina gehen sogar bis zur
Seehöhe von 1494 nach Ulm hinab. — Ganz ähnlich ver-
hält es sich mit der Verbreitung der Alpenpflanzen ent-
lang dem Flusslaufe der Isar. Bei dem Passe Scha mit
beobachtete ich auf den Kalkgeróllen des Isarbettes; "
findet i
Alpenpfay,
nd auf dy
m Hochge)
Zen. diem
vermuthet, ġ
ind Schotteri
redeihen qf
öhenzone, v^
ereingekom
| der Gegen
nach v. M
Valeriana sU
43
einer Seehöhe von 2948 Fuss, Silene quadrifida, Cher-
leria sedoides, Saxifraga aizoides, caesia, Achillea atrata,
Carex firma, tenuis, Adenostyles alpina, Arabis pumila,
Möhringia polygonoides, Arabis bellidifolia, Thesium al-
pinumi, Euphrasia salisburgensis. Weiter abwärts, bei
Freising und München, finden sich noch in einer Seehöhe
von 1612 Fuss; Dryas octopetala, Saxifraga mutata, Ga-
lium helveticum, Gentiana asclepiadea, Poa alpina, cenisia,
Valeriana montana, Petasites niveus, Chrysanthemum co-
ronopifolium, Crepis alpestris, Polygonum viviparum, Sela-
ginella spinulosa und Gypsophila repens, und selbst noch
bei Landshut, in einer Seehöhe von 1250 Fuss trifft man
in dem Isargerölle: Arabis alpina, Cochlearia saxatilis,
Huichinsia alpina, Aethionema saxatile, Bellidiastrum Mi-
chelii, Campanula pusilla und Linaria alpina an. — In
dem Flussbette des Lech werden von Sendiner bei Füssen
in einer Seehöhe von 2547 Fuss: Sedum atratum und Ce-
rinthe alpina, und bei Augsburg in der Höhe von 1559 Fuss:
Bellidiastrum Michelii, Euphrasia salisburgensis, Cortusa
Mathioli, Polygonum viviparum, Gentiana asclepiadea, Cam-
panula pusilla und Linaria alpina angegeben. Sauter fand
in den Geröllen der Enns bei Steier in Oesterreich, in
einer Seehöhe von 1400 Fuss noch Athamanta cretensis,
Cerastium ovatum, Linaria alpina, Arabis alpina, bellidi-
olia, Thesium alpinum, Hutchinsia alpina, Helleborus niger,
Petasites niveus, Primula Auricula und Silene alpestris.
n der Ibs bei Waidhofen in Niederösterreich, beobachtete
ich in den Ufergeröllen, bei einer Seehöhe von 980 Fuss:
Campanula caespitosa und pusilla, Anemone trifolia, Arabis
bellidifolia, Salix grandifolia, Bellidiastrum Michelii, Euphra-
sia salisburgensis und Hieracium porrifolium. Helleborus
niger lässt sich mit Erica carnea längs diesem Flusse
sogar bis gegen Amstetten, zu einer Seehöhe von 800 Fuss
hinab verfolgen.
n diese Beispiele könnten wir noch zahlreiche andere
anschliessen. — Sie alle beweisen, dass das Vorkommen
-
44
von Alpenpflanzen in den Kiesbetten der aus den Alpen
in das niedere Vorland ausgetretenen Flüsse eine weit Ver-
breitete und ganz allgemeine Erscheinung ist.
Ueberraschen muss es übrigens, wenn man im Wei-
teren Verfolgen dieser Erscheinung findet, dass die aus
den Alpen in das Vorland verschleppten Pflanzenarten im
Westen und Osten so ziemlich dieselben sind. Immer
finden wir die gleichen Cruciferen, Saxifragen, Caryo-
phylleen und Compositen, und es lässt diese Gleichmässig-
keit wohl schon im Vorhinein vermuthen, dass derselben
auch eine gewisse Gesetzmässigkeit zu Grunde liegen
müsse. Und in der That hat auch jene Gleich
ihren guten Grund.
Verfolgen wir einmal die in das Vorland strömenden
Gewässer. von den höchst gelegenen Ursprüngen in den
obersten Mulden und Runsen des Hochgebirges bis hinaus
in das niedere, den Alpen vorgelagerte Flachland. Beim
Schmelzen des Sabitas bringen Lawinen und Schneeabrut-
schungen massenhaftes Steingerölle, Erde, ja selbst ganze
Gesträuche und Wasenflecken und mit diesen unzählige
Pflanzensamen in die Mulden und Schluchten der tieferen
Regionen herab. Das abschmelzende Wasser bringt dam
die leichten Samen mit-raschem Gefälle in noch grössere
Tiefen hinab, und Regengüsse und Winde führen neuer-
dings im Sommer unglaubliche Mengen von Pflanzensamen
den abwärtsströmenden Gewässern zu. Die an tieferen
Stellen abgelagerten Schlamm-, Sand- und Geröllmassen
sind daher ganz durchspickt von Samen, die aus höheren
Regionen herstammen. — Die Samen keimen jetzt auf. —
Aber nur ein Theil derselben vermag sich auch weiter 7!
entwickeln. Am günstigsten gestalten sich die Chancen
für die weitere Entwicklung auf den Geröllhalden, un
mittelbar am Fusse der Bergrücken, von denen die Samen
herabgeführt worden sind; denn hier finden die aufkei-
menden Pflanzen noch einen Boden, der mit jenem ihres
heimatlichen Bergjoches übereinstimmt, und werden daher
land strip,
"Sprüngen i
birges bis h
Flachland. |
und Schnee
>, ja selbst
diesen un
hten der tik
sser bringt!
in noch gri
le führen x
on Pflanzas
Die an lé
ind. Geröllns
die aus N
men jet
h auch ye
ich die
eróllhalit:
i y
denen ' Ý
die
nden
mit jt
ind
45
in den chemischen Verhältnissen der neuen Unterlage kein
Hinderniss ihres Fortkommens finden. Je tiefer und ent-
fernter aber der neue Ansiedlungspunkt von dem ursprüng-
lichen Standorte liegt, je mehr Bäche und Flüsse bereits
zusammengeströmt sind, und je mehr sich daher die Ge-
schiebe des Flusses gemengt haben, desto mehr wird
auch die Möglichkeit des Gedeihens eingeschränkt. Alle
jene Pflanzen des Schiefergebirges, für welche der Kalk
ein tödtliches Gift ist, gehen in jenen Ufergebieten, wo
sich schon die Gerölle des Schiefergebietes mit den Ge-
röllen des Kalkgebirges gemengt haben, während des
Keimens oder kurz nach dem Aufsprossen zu Grunde.
Man kann diese Erscheinung sehr schön in allen jenen
Alpengegenden beobachten, wo Kalk- und Schiefergebirge
an einander grenzen. So weit die aus den centralen
Schieferalpen kommenden Bäche in einem Terrain ver-
laufen, welches kalklos ist, oder doch nur ausserordentlich
geringe Mengen von Kalk besitzt, finden sich auch in
tiefen Lagen im Ufersande zahlreiche Pflanzen der höheren
Gipfel vor. Geum reptans, Artemisia mutellina, Hieracium
albidum, Chrysanthemum alpinum, Achillea moschata, :
Oxyria digyna, Juncus trifidus, Trifolium badium, Hiera-
cium alpinum und Veronica fruticulosa sprossen dort oft
in grossen Mengen aus dem Quarzsande und zwischen
den Schiefergeröllen in der Region des cultivirten Landes
empor und kommen sogar zu ganz schönen und gut ent-
wickelten Blüten. Sobald aber der Bach ein kalkreiches
Terrain betritt oder Seitenbäche aufnimmt, welche aus
Kalkgebirgen herstammen und Kalkgeschiebe und kalk-
hältiges Wasser mitbringen, sind alle diese Pflanzen plötz-
lich wie spurlos verschwunden. Da nun aber unsere
centralen Schieferalpen ringsum von Kalkzügen einge-
schlossen sind, und die aus den Centralalpen kommenden
Gewässer die Querthäler des Kalkgebirges passiren müssen,
da endlich die Ufergeschiebe in dem alpinen Vorlande
zum grösseren Theile aus Kalksteinen und Kalksand þe-
46
stehen, so ist es erklärlich, dass alle jene kalkfeindlichen
Pflanzen, welche in den Centralalpen in so grosser Menge
verbreitet sind, nicht in den Ufergeschieben der präalpinen
Ebenen vorkommen.
Nebst diesen Gewächsen fehlen in den Ufergeschieben
der präalpinen Ebenen auch alle.jene Alpenpflanzen, welche
ihre langen Pfahlwurzeln in bündiges thoniges Erdreich
einsenken wollen. Namentlich die "alpinen Leguminosen,
die Phaca-, Oxytropis- und Astragalus-Arten, welche auf
der tieferündigen zühen Bodenkrume mancher Alpenjócher
so verbreitet sind, finden in dem Gerölle der Flussufer
keinen zusagenden Standort und gehen daher dort, wenn
sie auch aufgekeimt sind, bald wieder zu Grunde. Endlich
fehlen auf den Ufergeschieben der präalpinen Ebenen auch
alle jene Pflanzen, welche in den Alpen vorwaltend nur
auf tiefem Humus vorkommen. Die immergrünen Rhodo-
dendron-Arten, das Empetrum nigrum und die zwergige
Azalea procumbens gedeihen im Hochgebirge in der Regel
nur auf der Humusschichte, welche ihnen vorhergegangene
Pflanzengenerationen vorbereitet haben. Sie finden sich auch
dort oben nie in der ersten Generation, welche auf dem offe-
nen Boden sich entwickelt, sendern müssen immer ihre Vor-
männer haben, welche den Boden zu ihrer Aufnahme ge-
eignet machen. Da ist es wohl natürlich, dass sie auch
auf den humuslosen Geschieben der Flussufer nicht auf-
kommen und daher dort niemals in vollkommen entwickel-
ten Exemplaren angetroffen werden.
Wenn wir aber erstens die kalkfeindlichen Pflanzen der
Centralalpen, dann die Alpenpflanzen, welche thoniges Erd-
reich verlangen, und endlich diejenigen Gewächse, welche
erst über den vermoderten Resten vorhergegangener Gene-
rationen sich ansiedeln können, ausschliessen, so bleibt
uns ein verhältnissmässig nur kleines Häufchen von Alpen-
pflanzen übrig. Wir haben dann schliesslich nur mehr
jene Pflanzen, welche den Kalk vertragen, keines Humus
bedürfen und daher in den Alpen auf Kalkfelsen, Schutt-
|, dass st!
sufer nidi
mmen
l
Ikfelse":
47
halden und Grieslehnen vorkommen und dort die Rolle
der ersten Ansiedler spielen. Und merkwürdig, — alle
diese Pflanzen sind auch richtig schon hier oder dort in
niederen Gegenden in den Geschieben der Bach- und Fluss-
ufer aufgefunden worden.
Nach der allgemein verbreiteten Ansicht soll ihr Vor-
kommen auf den Kiesbänken der Alpenflüsse freilich nur
die Bedeutung eines Zufalles besitzen und als eine ephe-
mere Erscheinung aufzufassen sein. Wir können aber
auf Grundlage unserer Beobachtungen und Erfahrungen
diese Ansicht durchaus nicht theilen. Man kann aller-
dings häufig-sehen, dass durch Veränderungen im Flussbett
oder durch Ueberwuchern anderer Gewächse nachträglich
manche einmal auf dem Flusskies angesiedelte Pflanze ver-
schwindet. Diese Erscheinung kommt aber in ganz ana-
loger Weise auch an den hochgelegenen Stammsitzen der
Alpinen, nämlich auf den Felsen, Geröllen und Schutt-
halden des Hochgebirges vor. Auch dort vernichten ja
nicht selten Lawinengänge und Muhrbrüche die ersten
Ansiedler der Pflanzenwelt, und auch dort wird ja die
erste Generation früher oder später durch eine zweite
überwuchert und in den Hintergrund gedrängt. Zudem
lehrt uns ja die Erfahrung, dass das Auftreten der im
Früheren aufgezählten Pflanzen an ihren näher bezeich-
neten Standorten in Wirklichkeit kein ephemeres sei. Die
ngaben über das Vorkommen der oben genannten Alpinen
im Ufergeschiebe der Niederungen lassen sich in vielen
Fällen in der Literatur weit zurück verfolgen, und wir finden
manche fragliche Pflanze heute richtig noch in denselben
Gegenden, wo sie vor mehr als einem halben Jahrhundert
Schrank und Wulfen, oder noch früher Clusius und andere
Väter der Botanik angegeben haben. Auch spricht der Um-
stand, dass die Erscheinung sich an so vielen den Alpen
entströmenden Flüssen, von der Iller hinab bis zur nieder-
österreichischen Schwarza, so gleichmässig wiederholt,
ganz gegen die Annahme eines blossen Zufalles, und wir
48
glauben daher vielmehr die Behauptung aussprechen zu
dürfen, dass für alle jene Alpenpflanzen, welche die Rolle
erster Ansiedler spielen, und weder den Kalkboden scheuen.
noch einen tiefgründigen Lehmboden verlangen, das Vor-
kommen auf den Flussgeschieben der Niederungen ein ganz
natürliches sei. Die Linie, welche die Flachlandsgrenze die-
ser Gewüchse bildet, darf nicht, wie bei vielen anderen
Pflanzen, als eine gerade und gleichmássig fortziehende ge-
dacht werden, sondern verläuft mit unregelmässigen viel-
fachen Krümmungen, die sich als langgezogene schmale
Ausbuchtungen, entlang den Flussläufen, zungenförmig
gegen das Flachland vorstrecken.
Für unsere Zwecke ist das Vorkommen der Alpen-
pflanzen auf den Schotterbänken der präalpinen Flüsse
ganz besonders lehrreich. Im ersten Augenblick kann
man sich natürlich nicht vorstellen, wie die Alpinen auf den
dürren schattenlosen Schotterbänken, wo sie im Sommer
der grössten Sonnenhitze ausgesetzt sind, Lebensbedin-
gungen finden sollen, welche mit jenen der alpinen Re-
gion übereinstimmen oder wenigstens als ein Surrogat
jener alpinen climatischen Verhältnisse dienen sollen.
Und dennoch ist es so. Giebt man sich die Mühe, die .
Wurzeln der auf den Schotterbänken angesiedelten Alpen-
pflanzen bis zu ihren letzten Endigungen zu verfolgen, $0
staunt man über die verhältnissmässig grosse Tiefe, zu
der sie hinabsteigen. Immer findet man, dass sie in einen
feinen Sand eingebettet sind, welcher ununterbrochen
durchfeuchtet ist. Blickt uns auch die Schotterflüche an-
fänglich als ein dürres Land entgegen, so überzeugen WI!
uns doch schon nach Wegräumung der obersten Gerüll-
stücke, dass ihr permeabler Boden von dem angrenzenden
Flusswasser fort und fort befeuchtet wird. Selbst Jene
Stellen, welche über dem Niveau des Flusses liege
saugen in Folge der Hygroscopieität des Sandes ununter-
brochen Wasser auf, und haben an dem Flusswasse!
eine reichliche und ausgiebige unterirdische Quelle v0?
en. ZUNgeN,
nmen der
Präalpinen }
Augen |
49
Feuchtigkeit. Und auch die relativ feuchtere Atmosphäre.
welche über dem Flusse lastet, ist wohl für das Gedeihen
der Alpenpflanzen nicht gering anzuschlagen. Wir brauchen
nur an die Nebelbänke zu erinnern, welche sich über den
Flussbetten mit grósster Hartnäckigkeit noch stundenlang
halten, wenn von dem angrenzenden Lande schon längst
jede Spur des Nebels verschwunden ist, um damit die
reichlichere Condensation von Dämpfen im Gebiete der
Flussläufe zu constatiren. Auch auf die reichliche Thau-
bildung, welche man am besten auf den Dampfschiffen be-
obachten kann, wenn man Morgens aus der Cajüte auf das
Verdeck heraufgestiegen ist, mag noch hingewiesen wer-
den, um zu zeigen, dass die Feuchtigkeitsverhältnisse im
Bereiche des Flussrinnsales gerade diejenigen sind, welche
die Alpenpflanzen zu ihrem Gedeihen bedürfen. Die brennen-
den Sonnenstrahlen, welche auf die schattenlosen Schotter-
bänke fallen, und von denen man zu glauben versucht wird,
dass sie die Kinder der kalten Alpenregion über kurz oder
lang in dürres Heu umwandeln könnten, thuen in der That
nicht den geringsten Schaden. Im Gegentheile sind die-
selben gerade für die Alpenpflanzen . eine wahre Lebens-
bedingung und fórdern nur ihr frisches blühendes Aus-
sehen. — Dass dureh die Nühe des Flusses, der in der
Regel noch zu einer Zeit mit Eis bedeckt ist, wenn sich
anderwürts schon die ersten Frühlingsblüten zeigen, und
der auch nach dem Eisgange noch durch geraume Zeit
Schmelzwasser aus dem Gebirge mitbringt, welches sich
wenig über 1? erhebt, die Vegetationsentwicklung auf
den angrenzenden, nieht vom Hochwasser überfluteten
Schotterbünken verzögert werden kann. braucht wohl kaum
einer weiteren Auseinandersetzung , ebensowenig als es
einer weiteren Erörterung bedarf, dass die Entwicklung
jener Pflanzen, die erst nach Ablauf des Frühlingshoch-
wassers aus dem abgelagerten Gerölle aufwachsen, schon
in eine Zeit hinausfállt, in welcher die Länge der Tage
bereits eine sehr bedeutende ist. -— Es sind demnach auf
Kerner, Alpenpflanzen.
[mm
50
den Schoiterbänken der Flüsse in der Ebene gerade jene
Lebensbedingungen erfüllt, welche nach den im früheren
Capitel gegebenen Erörterungen für die Pflanzen der Alpen-
region von grósster Wichtigkeit sind, und es darf uns
daher durchaus nicht mehr befremden, wenn wir so viele
Alpinen ihren Verbreitungsbezirk bis auf die Flussgeschiehe
der Niederungen ausdehnen sehen.
5. Es erübrigt jetzt nur noch, das Vorkommen der
Alpenpílanzen in den Mooren der Niederungen zu
besprechen.
Das auífallendste Beispiel in dieser . Beziehung sind
wohl die Torfmoore der südbairischen Ebene. In einer
Seehöhe von 1800 — 2300 Fuss finden sich dort nach
Sendiner: Cerastium alpinum, Lonicera coerulea, Gentiana
lutea , acaulis, verna, Bartsia alpina, Pinguicula alpina,
Primula farinosa, Auricula, Polygonum viviparum und
Allium sibiricum. Die Legfóhre Pinus Mughus ist dort,
wie überhaupt in allen am Nordrande der Alpen liegenden
Hochmooren, eine der gewöhnlichsien Pflanzen. -An einigen
Orten, nämlich bei Rothenbuch, Ammergau und Kempten,
ist sogar das rostfarbige Alpenröschen Rhododendron fer-
rugineum in die Torfmoore herabgestiegen, und Zwanziger
fand auch das gewimperte Alpenróschen Rhododendron
hirsutum in einem Torfmoore, dem sogenannten Ursprung-
moore in der Gegend von Salzburg. — In den Torf-
mooren bei Seefeld in Nordtirol beobachtete ich in einer
Seehöhe von 3700 Fuss Carex capillaris und Gentiana
excisa, und in den Mooren südöstlich von Wien finden
sich in einer Seehöhe von 530 Fuss Pinguicula alpina,
Primula farinosa und Gymnadenia odoratissima vor. —
Noch viel bemerkenswerther als diese Fälle sind wohl die
Vorkommnisse von Alpenpflanzen in den weiten Flach-
ländern, welche sich an den Küsten der Nord- und Ost-
see ausbreiten. Wir sehen natürlich ab von den zahl-
reichen Gewächsen, die sich, wie z. B. Calluna vulgaris.
idaea und Nardus stricta, in einer une
Vaccinium Vitis
Vork
le d e ry p,
Bezie
Ebene. | y
sich
EP
Pinguicula à
n viviparım,
Mughus isi
Alpen lig
nzen. And
au und liar
Inododendrul
n und Zwan
Rhodode
imnten Urs
- In dal
ıtete ich à
"
51
unterbrochenen Kette von Standorten von den 8000 Fuss
hohen Rücken der Centralalpen und den höchsten Kuppen
der sudetisch-herzynischen Berge in die nördliche Niede-
rung und bis an den Saum des Belies ausgebreitet haben,
und weisen hier vielmehr nur auf vereinzelte Vorkomm-
nisse hin. So macht Boll auf den merkwürdigen Anblick
aufmerksam, den die Flora der Moorwiesen am Tolense-
fluss in Neubrandenburg und im nordöstlichen Meklenburg-
Strelitz zeigt, und erwähnt z. B. dass dort nebst meh-
reren anderen subalpinen Anklängen auch Primula fari-
nosa zu Tausenden den kaum 40 Fuss über dem Spiegel
der Ostsee erhabenen Boden bedeckt. Grisebach führt
unter den Pflanzen der Emsmoore Empeirum nigrum und
Lycopodium Selago auf, die in unseren Alpen kaum je-
mals unter der oberen Baumgrenze aufgefunden wurden.
Die Ursache aller dieser merkwürdigen Erscheinungen
liegt wohl unzweifelhaft wieder in dem Umstande, dass
die aufgezählten Pflanzen in den Mooren der Niederungen
Lebensbedingungen finden, welche jenen der Alpenregion
sich verähnlichen. Die gleichmässige ununterbrochene
Durchfeuchtung des Bodens findet sich ja nirgends vollkom-
mener, als in den Mooren, welche durch Torfbildung aus-
gezeichnet sind, und was das Hinausschieben des Beginnes
der Vegetationsentwicklung in die Zeit der langen Tage an-
belangt, so können wir uns an jedem Torfmoor von dem-
selben die genügende Ueberzeugung verschaffen. Wenn
ringsum auf dem trockeneren Lande schon alles grünt und
blüht, so liegt der durch stete Verdunstung abgekühlte Torf-
moor*) noch wie eine braungelbe Insel ausgebreitet. an
*) Gümbel hat gezeigt, dass die Quellen Mine aus Torf
nooren entspringen, entschieden kälter sind, als A
OH a aus nicht versumpftem Boden. S em Poe 8
asselbe beobachtete ich im oberösterrei-
ehischen en Vergl. Verhandl. des z. b. Vereins in
Wie pag. 214
4*
52
welcher der Lenz spurlos vorübergegangen zu sein scheint,
Erst zu Ende April beginnt auch dort ein junges frisches
Pflanzenleben zu erwachen. — Was noch insbesondere
die Torfmoore der nördlichen Küstengegenden anbelangt,
so darf uns dort das Vorkommen von Alpenpflanzen um
so weniger wundern, weil dort zu den in mehr südlich
und continental gelegenen Torfmooren wirksamen Ver-
hältnissen auch noch der Einfluss des feuchten Seeclimas
und der nördlicheren Lage kommt. Die feuchte Luft des
Küstenclimas und die durch die nördlichere Lage ver-
grösserte Länge der Sommertage sind ja auch die Ur-
sache, dass in jenen Landschaften die meisten unteren
Pflanzengrenzen viel tiefer herabrücken. und dass z. B
in den Niederungen an der Ostsee Pflanzen, wie Ane-
mone vernalis, Linnaea borealis, Arctostaphylos officinalis,
Ajuga pyramidalis, Trientalis europaea und Poa sudetica
vorkommen, die in dem Gebiete der Alpen nirgends unter
der Hóhe von 3000 Fuss Seehóhe angetroffen werden.
Zum Schlusse müssen wir hier noch einschalten, dass
zahlreiche Pflanzen, welche wohl nicht auf den Namen
Alpenpflanzen Anspruch machen können, wie z. B. Par-
nassia palustris, Succissa pratensis, Molinia coerulea, die
aber nichtsdestoweniger auch in der Alpenregion ange-
troffen werden, in Betreff ihres Standories die Eigen-
thümlichkeit zeigen, dass sie in der Ebene in den For-
mationen der Sümpfe, auf den Hochgebirgen dagegen auf
nicht sumpfigen Wiesen vorkommen. — Die Erklärungs-
weise dieser Erscheinung ist wohl ganz dieselbe. wie sie
gerade früher für das Vorkommen der Alpenpflanzen in
Torfmooren angegeben wurde, und wir erachten es daher
für überflüssig, dieselbe nochmals des Breiteren ausein-
anderzusetzen.
Wenn wir nun alle im Früheren mitgetheilten Be-
obachtungen und Erläuterungen über das spontane Vor-
|penregion &
orles die È
bene in da!
Breiteren #
night,
g spi
53
kommen der Alpenpflanzen in niederen Gegenden über-
blicken. so kommen wir zu folgenden Resaltaten:
Der Wechsel von Durchfeuchtung und Austrocknung
des Bodens ist für die Alpenpflanzen hóchst nach-
theilig und setzt in unseren Gegenden ihrer Ver-
breitung gegen das Tiefland zu in den meisten Fällen
eine untere Grenze.
Diese untere Grenze erscheint überall dort bedeutend
hinabgerückt, wo durch eigenthümliche locale Ver-
hältnisse der nachtheilige Wechsel in dem hygro-
scopischen Zustande des Bodens eliminirt und eine
gleichmässige und ununterbrochene Durchfeuchtung
des Substrates herbeigeführt wird. Dabei ist es im
Allgemeinen ziemlich gleichgültig, auf welche Art
die gleichmässige Befeuchtung zu Stande kommt.
Am günstigsten aber scheint doch jene zu sein, welche
durch grosse relative Luftfeuchtigkeit und durch ver-
mehrte Thau- und Nebelbildung eingeleitet wird.
Es ist für die Alpenpflanzen eine höchst wichtige
Lebensbedinguug, dass der Beginn ihrer Vegetations-
thätigkeit in eine Periode fällt, in welcher die Tages-
länge schon eine sehr bedeutende ist, und in welcher
daher das Tageslicht und die Tageswárme durch
móglichst lange Leitráume ununterbrochen auf die
Pflanzen einwirkt.
Standorte, an welchen durch was immer für einen
Einfluss im Frühling die Entwicklung verzógert
wird. zeigen daher bei gleichzeitigen günstigen
Feuchtigkeitsverhältnissen des Bodens auch in ge-
ringer Seehöhe Pflanzenarten. welche sonst nur in
hóheren Regionen vorkommen.
Directe Besonnung ist für das Gedeihen der meisten
Alpenpflanzen im Thale nicht nur ohne allen Nach-
theil, sondern geradezu förderlich, wenn anders die
im Früheren aufgezählten Lebensbedingungen erfüllt
sind.
w
2"
>
Q
54
6. Der grössere Luftdruck in den niederen Gegenden
ist für die Alpenpflanzen ohne nachtheiligen Einfluss,
T. Niedere Temperatur ist für die Alpenpflanzen keine
Lebensbedingung.
Diese Resultate sind nun für denjenigen, welcher sich
in niederen Gegenden mit der Cultur der Alpenpflanzen
abgeben will, gewiss nicht entmuthigend; denn sie zeigen,
dass wir jene Eigenthümlichkeiten der Alpenregion, welche
für das Gedeihen der Alpinen von grösster Wichtigkeit
sind, auch im Thale künstlich herstellen können, und dass
anderseits jene Verhältnisse, welche wir im Thale nicht
nachahmen könnten, für die Alpenpflanzen ohnedies ganz
gleichgiltig sind. Niedere Temperatursgrade und geringen
Luftdruck könnten wir den Alpenpflanzen in den niederen
Gegenden unsererer Breiten nicht bieten. ausgenommen,
wir würden sie unter den Rezipienten einer Luftpumpe
stellen und einen Eiskeller zu Hülfe nehmen, was wohl
wenig Anklang in der practischen Gärtnerei finden dürfte,
Zum Glücke bedürfen wir aber auch dieser Hülfsmittel
nicht, da uns die Erfahrung zeigt, dass die Alpenpflanzen
auch unter dem Gewichte einer höheren Luftsáüle noch
nicht den Athem verlieren und sich auch aus einer hohen
Sommertemperatur nicht viel machen, wenn nur für eine
möglichst lange Verzögerung der Vegetationsentwicklung
im Frühlinge, und für eine ununterbrochene und gleich-
mässige Befeuchtung des Bodens Sorge getragen ist. Und
diese letzteren Lebensbedingungen herzustellen, kostet in
der That eine im Verhältnisse zu dem Erfolge ansser-
ordentlich geringe Mühe.
ie Aufgabe der folgenden Zeilen wird es nuh sein.
das Verfahren anzugeben. welches sich zur Herstellung
der für das Gedeihen der Alpenpflanzen in niederen Ge-
genden nothwendigen Bedingungen am meisten empfiehlt.
und welches uns die umfangreichen Versuche im Innsbrucker
botanischen Garten als das zweckmässigste bewährt haben.
rei finden d
eser Hill
die Alpen
Luftsäule ı
| aus einer
enn nur fir:
itionsentwiti
vene und g
etragen ist |
stellen, Kost
Erfolge 1
(ird es pui *
zur
in m
yeisten y
im In
he IM m
jg Dew
Fünftes Capitel.
Lage und Form der Alpenpflanzenanlage.
Die Meinung. dass die Alpenpflanzen als Sprösslinge
einer kalten Heimat sich in der wärmeren Luft unserer
niederen Gegenden unbehaglich fühlen, hatte zur Folge,
dass man in früherer Zeit die Alpinen immer in die
kühlsten Winkel der Gärten setzen zu müssen glaubte.
Man wählte für sie Plätze aus, welche von mächtigen
Laubkronen überwölbt waren, und pflanzte, um den Schatten
recht dicht zu machen, noch überdiess rings um die An-
lage zahlreiche Sträucher und Bäume an. Die Kinder
des Lichtes wurden nun in diese kühlen, dunklen, dicht-
schattigen Winkel zwischen Steintrümmer in Haideerde
gepflanzt, und sollten in dieser Verbannung denselben
Schmelz der Blumenkronen zeigen, mit welchen sie an
den sonnigen Felsgräten des Hochgebirges prangen. Eben
erst von den Alpen mit ihren ganzen Wurzelballen ent-
nommen. schienen sie auch, an solche Stellen verpflanzt.
im ersten Jahre sich nicht ganz schlecht zu gefallen, ent-
wickelten sogar willig Knospen und Blüten und brachten
es mitunter sogar zum Reifen der Samen. Aber ge-
wühnlich schon im darauffolgenden Jahre wollte es mit
dem Blühen nicht mehr recht vorwärtsgehen. Die meisten
Pflanzen trieben nur mehr Blátter, vergilbten endlich mehr
und mehr und waren schliesslich nach einigen Sommern
spurlos verschwunden. An der Stelle der mit grosser
Mühe und grossen Kosten von den Berggipfeln eninom-
menen und in den Alpengarten verpflanzten Gewächse.
wucherte jetzt in dem schattigen Dunkel ganz lustig
die üppig grüne Marchantia polymorpha und verdrángte
schliesslich auch noch die wenigen standhafteren Arten,
die sich sonst aus schattigen Standorten eben nicht viel
daraus machen.
Noch gegenwärtig kann man in
solche mit Marchantien überwucherte
welche als Alpenpflanzenplantage gezei
die man, um den Schein zu retten ,
Erfahrungen früherer Jahre‘,
Bergen herabgeholte Opfer
Grunde gehen lässt.
Nach der aus den früheren Capiteln gewonnenen Er-
kenntniss der Lebensbedingungen der Alpenpflanzen giebt
es aber zu einer Anlage für diese Gewächse keine un-
geeigneteren Orte, als solche dichtschattige Winkel, von
denen jeder Sonnenstrahl durch die überwölbenden Baum-
kronen abgehalten wird. — Je mehr Licht die Alpen-
pflanzen während ihrer Vegetationszeit bekommen können,
desto besser. So lautet der Wahlspruch, den wir bei der
Anlage eines Alpenpflanzengartens festhalten müssen, und
der uns in der Weise leiten wird, dass wir freie Plätze, die
im Sommer von frühem Morgen bis zum späten Abend
Sonnenlicht haben und zu dieser Jahreszeit gar nicht oder
möglichst wenig beschattet sind. allen anderen Locali-
täten zur Anlage eines Alpengartens unbedingt vorziehen.
Aus unseren früheren Untersuchungen ging nun aber
auch weiter hervor, dass, wenn anders die Alpinen ein
gedeihliches Fortkommen zeigen sollen, ihr Erwachen
aus dem Winterschlafe erst in eine Zeit fallen dürfe, in
welcher die Tageslänge schon eine sehr bedeutende ist.
Dieser Bedingung in unseren ebenen Landschaften Rech-
nung zu tragen, ist nun allerdings etwas schwierig. Das
einzige Mittel. welches wir zur Verzógerung der Vege-
tationsentwicklung in Anwendung bringen können. besteht
darin, dass wir = Winter die Anlagen mit hohen Wällen
von zusammengeschaufeltem Schnee umgeben und über-
diess für den Fall, als die Alpenpflanzenanlage die Form
von Steinhügeln besitzt, auch jene Zwischenräume, welche
sich als Wege zwischen den Steingruppen durchziehen.
mit Schneemassen ausfüllen. Dieser Schnee wird fest
zahlreichen Gärten
Steinhaufen sehen.
gt werden und auf
trotz der traurigen
immer wieder neue von den
jährlich einpflanzt und zu
hlreją
leinha N
uf,
| We a
MHz der N
ler Neng
pa A
rect auf die Alpinen einfallen lässt.*)
^ 57
zusammengeballt, zusammengestampft und | zusammenge-
treten, und am Beginne kalter Nächte fleissig mit Wasser
überschüttet, so dass er sich schliesslich in eine körnige
Eismasse umwandelt. Ueberdiess bedeckt man diese Eis-
masse noch mit dürrem Laub und Tannenreisig oder mit
einer Schichte von Moos. Stroh oder Sägespähnen. und
kann dann sicher sein. dass dieselbe selbst den warmen
Regen des Frühlings eine geraume Weile zu widerstehen
vermag. — Die körnige Eismasse entzieht natürlich bei
ihrem langsamen Schmelzen der umgebenden Luft und
der umgebenden Erde fort und fort eine grosse Menge
von Wärme und erhält hiedurch die angepflanzten Alpinen
noch durch ziemlich lange Zeit im Winterschlafe. —
lóchst zweckmässig ist es auch. die Eismassen vor di-
reeter Insolation durch irgendeine schattengebende Wand
zu schützen. Man erreicht diess wohl am besten durch
eine Mauer, welche die ganze Alpenanlage gegen Süden
zu abgrenzt, und die gerade so hoch ist, dass sie bis
Ende April die Alpenplantage beschattet und erst bei dem
höheren Stande der Sonne im.Mai die Sonnenstrahlen di-
Durch eine solche
Mauer wird beiden im Früheren erörterten Lebensbedin-
gungen Genüge geleistet. In der Zeit unseres Thalfrühlings
wird nämlich dadurch auf der Alpenanlage das Erwachen
der Vegetation möglichst hintangehalten, und im Mai,
und Juli die für das Gedeihen der
Insolation doch nicht behindert.
Juni
Alpinen so wichtige
Es versteht sich wohl
*) Zur Bestimmung dieser Höhe diene folgende Tabelle:
Höhe der schattenwerfenden Wand, wenn die Breite des Mittags-
sch l werden soll:
chattens =
Geogr. Breite l. April 1. Mai 1. Juni
30 1. 1390. 15 67191. 2. 2602
47° 1. 1003. 1. 6149. 2. 1576.
48° 1. 0624. pow. 2::0625
49* 1. 0259. 1. 4956. 1. 9740
58
von selbst. dass eine solche Mauer auch durch die Front
eines Gebäudes, etwa eines Glashauses, ersetzt sein kann.
Ja es würde ein solcher Ersatz sogar insoferne sehr
zweckmüssig sein, als man dabei das auf die Bedachung
des Gebäudes niederfallende Regenwasser gewinnen und
in Bottichen, die neben der Alpenanlage zu stehen kommen,
tl
Ey
sammeln könnte. *)
Da wir endlich ermittelt haben, dass eine ununter-
brochene und gleichmässige Durchfeuchtung des Bodens
für das Gedeihen der Alpenpflanzen eine nicht zu um-
gehende Lebenshedingung ist, so wird bei der Anlage
des Alpenpflanzengartens auch wesentlich darauf gesehen
werden müssen, dass eine zur Bewässerung hinreichende
Wassermenge zu allen Zeiten vorräthig sei. — In einem
Garten, welcher den Vortheil eines durchfliessenden Baches
oder einer Quelle besitzt, oder der sich am Ufer eines
Sees, Teiches oder Stromes ausbreitet, bringe man die
Alpenpflanzenplantage in möglichster Nähe dieser Gewässer
an. Die glücklichste Localität wäre jedenfalls eine kleine
Insel in der Mitte eines Teiches oder fliessenden Was-
sers. — Dort aber, wo alle diese Vortheile nicht vor-
handen sind, sorge man wenigstens für ein paar Bassins
in der Mitte oder am Rande des Alpengartens, die stets
mit zugeleitetem oder gepumptem Wasser leicht versorgt
werden kön‘.en.
Auf dem mit Berücksichtigung der eben gegebenen
Vorschriften. gewählten Platz mag man nun getrost die
Alpenpflanzenanlage errichten.
ie Form, welche man nun der Alpen
pflanzenanlage giebt, und die Art und Weise,
wie man das Substrat für die anzupflanzenden Gewächse
zurechtlegt, richtet sich zum Theile nach dem Geschmacke
des Cultivateurs und nach den Zwecken, welche bei der
' : üsseruDg
Wir werden später bei Besprechung der Bewässerlfr
) 1
hierauf nochmals zurückkommen.
Del ipe
ef Dui
|
| duty,
e tse,
r
Lu
u ae n.
n
"ung hinreig
sel,
liessenda ]
ch am Ule,
. bringe m
e dieser (ni
enfalls eint
Niessenden |
theile idi:
ein paar lé
rartens, dei
er leicht và
eben ve
|j nun
der Al
Art und ý
T
dem 0%
p
zende
g der p^
— li .
59
Cultur verfolgt werden, zum Theile nacli den zur Dispo-
sition stehenden Räumlichkeiten und nach dem Baumate-
ridlien, welche man in der Umgebung eerade vorräthig
findet.
Wir wollen nun im Nachfolgenden versuchen, alle
bisher in Anwendung gebrachten Alpenpflanzenanlagen,
die sich als zweckmässig bewährten, zu besprechen, und
glauben, dass sich unter denselben wohl für jeden Ort.
für jeden Zweck und für jeden Geschmack eine passende
und zusagende Form werde finden lassen.
1. Cultur der Alpenpflanzen in Töpfen.
Will man Alpenpflanzen am Fenster ziehen, so eignet
sich hiezu nur eine Anlage, zu welcher Töpfe in Ver-
wendung gezogen werden. Am zweckmässigsien wird
eine solche Anlage in folgender Weise zugerichtet. Man
lässt sich 6 Zoll hohe Blechkisten anfertigen, deren Um-
fang dem Raume entspricht, welchen man am Fenster
zur Verfügung hat. Nahe dem Boden wird an jeder der
beiden gegenüberliegenden schmalen Seiten der Kiste ein
Loch angebracht, und entsprechend 'der hier eingeschal-
teten Durchschnitiszeichnung
in das eiue dieser Löcher eine unten knieförmig gebogene.
nach Aufwärts trichterförmig erweiterte Glasröhre, in das
andere eine kurze Röhre, welche durch einen Hahn ver-
schliessbar ist, eingekittet. Etwa einen Zoll über dem
Boden wird an der inneren Seite der vier Kistenwände
eine Leiste angebracht, welche als Stütze für einen zweiten
Böden (A) dient, der in die Kiste eingelegt wird. Dieser
zweite Boden besteht aus einem grossmaschigen Draht-
60
gitter und trägt die in die Kiste einzusetzenden Töpfe
mit Alpenpflanzen. Um die Krümmung dieses zweiten Bo.
dens, welche allenfalls durch die Schwere der Töpfe veran-
lasst werden könnte, unmöglich zu machen, wird das Gitter
mit einigen kreuzweise verlaufenden Stäben und einem festen
Rahmen aus Eisen versehen. Auf das Gitter, welches also
gewissermassen einen oberen Boden der Kiste bildet, wer-
den nun, wie schon erwähnt, die Töpfe gestellt, deren
Boden von 3 bis 4 ziemlich grossen Löchern durehbohrt
sein muss. Die zwischen den Töpfen sich ergebenden
Zwischenräume werden mit Moos (B) ausgestopft, welches
man am besten von den Arten der Gattung Sphagnum nimmt,
Auf welche Weise den am Fenster cultivirten Alpinen
mit Hülfe des eben geschilderten Apparates eine fort-
währende gleichmässige, aber nicht übertriebene Feuchti-
keit zugeführt werden kann. soll noch später bei Be-
sprechung der Bewässerung angeführt werden. Hier sei
nur soviel erwähnt, dass der untere Raum der Blechkiste
fortwährend mit einer Schichte von Wasser (C) gefüllt blei-
ben muss, und dass man den Wasserstand dieses unteren
Raumes, über dessen Höhe die Höhe der Wassersäule in
der Glasröhre Aufschluss giebt, durch Zugiessen in den
Glastrichter und Ablassen aus dem mit einem Hahne ver-
sehenen Abzugsrohre leicht regeln kann. Zu bemerken
kommt nur. noch, dass es auch zweckmässig ist, eine
etwa 5 Zoll lange Glasröhre, deren untere Oeffnung in
den theilweise mit Wasser gefüllten unteren Raum der
Kiste ausmündet, zwischen das Moss zu stecken. damit
die Luft, welche durch nachgegossenes Wasser aus dem
unteren Raume verdrüngt wird, leicht entweichen kann.
Wührend des Winters werden die in der eben ge-
schilderten Kiste enthaltenen Tópfe mit den Alpenpflanzen
in einen kühlen schattigen Winkel des Gartens. am besten
an der Nordseite einer Mauer. in Sand eingesenkt, auf
die später noch ausführlicher zu besprechende Weise zU-
gedeckt und ringsum mit einem mächtigen Wall von
61
Schnee umgeben. den man durch Uebergiessen mit Wasser
in eine Eismasse umzuwandeln sucht. Man lässt dort die
Töpfe solange, als sieh die Alpinen im Winterschlafe erhal-
ten. ruhig stehen, und erst dann, wenn man ein Aufbrechen
der Knospen und ein Hervordrängen der jungen Blätter und
Blütenstände bemerkt, was bei sorgsamer Einhaltung der
im Früheren gegeben Verhaltungsmassregeln kaum vor Ende
April oder Anfang Mai stattfindet, bringt man die Töpfe
wieder in die mit Moos gefüllte Kiste an das Fenster,
wo sie dann bis zum Herbsie verbleiben können.
Handelt es sich darum, mit möglichst einfachen Mitteln
und mit móglichster Sparung des Raumes viele Alpen-
flanzen das ganze Jahr über im Freien zu ziehen, so
ist gleichfalls die Cultur in Töpfen ganz zweckmässig,
und zwar würde sich in einem solchen Falle eine Anlage
als besonders geeignet empfehlen, von welcher wir hier
eine Durchschnittszeichnung einschalten.
|
Man füllt den Raum einer ringsum mit Brettern aus-
gekleideten Vertiefung mit einer zwei Zoll dicken Lage
groben Schotters und schichtet darüber etwa 6 Zoll hoch
Quarzsand (A) in der Weise auf, dass der Rand der Bretter-
verkleidung an der Nordseite 6 Zoll, an der Südseite
2 Zoll über die Oberfläche der Sandschichte emporragt.
In den Sand werden dann die mit Alpenpflanzen besetzten
Töpfe oder Tróge in der Weise eingesenkt, dass sie mit
ihrem Rande einen Zoll über die Oberflüche des Sandes
emporragen. Die Räume, welche sich zwischen den etwas
emporragenden Tópfen oder Trógen ergeben, stopft man
62
dann mit Moos (B) aus, und wählt dieses wieder am Zweck.
mässigsten von den Arten der Gattungen Sphagnum oder
Hypnum. Diese letztere Vorsicht ist darum unerlässlich,
weil sonst bei Gewitterregen der Sand durch die niederfallen-
den schweren Tropfen in die Töpfe geschlagen wird und
hiedurch die eultivirten Pflanzen Schaden leiden könnten,
Neben den Beeten hält man Bretier vorräthig, welche hei
argem Unwetter und im Winter auf die hölzerne Einfassun
des Beetes in schwach geneigter Stellung gelegt werden.
Die Töpfe müssen aus sehr hartem Töpfergut sein, um
dem Einflusse des Frosies widerstehen zu können. Immer
muss man aber bei der Anwendung von Thongeschirren
in den eben geschilderten Erdkisten darauf gefasst sein,
alljährlich einige derselben durch den Frost zersprengt
zu sehen und auf diese Weise zu verlieren. Hölzerne
Tröge sind dieser Gefahr nicht ausgesetzt, doch haben
diese wieder den Nachtheil, dass sie über kurz oder lang
morsch werden und diher ein . Umsetzen der cultivirten
Pflanzen nothwendig machen.
Da es übrigens nichts weniger als bequem ist, die in
flachen Beeten eingesenkten kleinen Alpinen von einem
Wege aus zu beobachten, der mit den Beeten in fast
gleicher Hóhe liegt, so hat man es auch versucht, zwischen
den mit Tópfen besetzten Beeten tief eingeschnittene Wege
anzubringen, in der Art, dass man dann, auf dem Wege
stehend, die zu pflegenden Pflanzen beiläufig in Brust-
höhe vor sich hat. Braucht man dabei einige Kosten
nicht zu scheuen, so lässt man die Sandbeete mit den
eingesenkten Töpfen auf gemauertem Untergrunde al
bringen und mit hölzernen Rahmen einfassen. Einer der-
arligen Anlage dürfte dann am zweckmässigsten die Form
gegeben werden, welche durch die hier folgende sche-
matische Zeichnung ersichtlich gemacht wird.
" Thon
auf gelas
Frost
lieren, li
etzi, dod |
er kurz ole
en der cli
»equem isti
\lpinen va:
en i
‚ersucht, s
yeschnittar!
i, auf den!
yeiláulig in?
ei einige !
andbeele 5
Unter" |
asse. ^.
—
er folg
wird.
63
^
EZ
Gr
7 WR
Zwei Wege führen der ganzen Länge nach durch den
Raum der Anlage und sind in der Mitte und an den beiden
Enden durch kleine Querwege mit einander in Verbindung
gebracht. An den beiden schmalen Seiten der Anlage
führen Stiegen zu den vertieften Wegen hinab. Die ge-
mauerten Untersätze, welche die Sandbeete tragen, dürfen
nicht zu breit'sein, um nicht die Pflege der zu culti-
virenden Pflanzen unbequem zu machen. Am besten eignei
sich für das mittlere Beet eine Breite von 3 Schuh, für
die beiden seitlichen Randbeeten eine Breite von 1 Y, Schuh.
Zur Bedachung können entweder Bretter oder Glasfenster
mit Schattendecken benützt werden, wobei sich wohl von
selbst versteht, dass diese nur im Winter, und nur bei
Hagelschlägen, heftigen Regengüssen u. dgl. auch im
Sommer in Verwendung gezogen werden. Am zweck-
mässigsien richtet man die Bedachung in der Art ein,
dass sich die Bretier oder Fenster von beiden langen
Seiten der Anlage emporheben und über dem mittleren
Beete in einen First vereinigen.
Die Cultur der Alpenpflanzen in Töpfen hat jedenfalls
einige nicht zu läugnende Vortheile. Sie ermöglicht näm-
lich eine sehr genaue Uebersicht und eine leichte Rein-
haltung der Anlage. Sie macht es auch leicht möglich,
die Alpinen nach ihrer systematischen Verwandtschaft zu
gruppiren, was bei keiner der anderen Culturen so con-
64
sequent durchgeführt werden kann, und endlich, was uns
das Wichtigste scheint, die Cultur in Tópfen gestattet zy
jeder Zeit, die Pflanzen mit ihrem Topfe auszuhehen,
dieselben in das Zimmer zu bringen, dort bequem zu
studiren, allenfalls nach dem Leben zu zeichnen und sie
endlich wieder ganz unversehrt in die Anlage zurück zu
versetzen. — Die Cultur der Alpenpflanzen in Töpfen
wird darum auch in mehreren Gärten allen anderen vor-
gezogen. Am grossarligsien und erfolgreichsten wird
dieselbe wohl von unserem ausgezeichneten Schott in
Schönbrunn ausgeführt. Im botanischen Garten zu Halle
werden die Alpinen gleichfalls in Tópfen cultivirt. Hampe
in Blankenburg am Harz, der sich seit vielen Jahren mit
ausgezeichnetem Erfolge der Cultur der Alpenpflanzen
widmet, hat gleichfalls neben seinen fünf Felsengruppen
eine Pflanzschule, in welcher er Alpinen in Töpfen zieht.
Ebenso haben wir im Innsbrucker botanischen Garten neben
dem für Alpinen bestimmten, noch später zu besprechen-
den Felsenbau eine Pflanzschule, in welcher viele Tausend
Doubletien in hölzernen, in Sand eingebetteten Trögen
culüvirt werden. Ueberhaupt wird jeder. der sich eine
der später zu schildernden Anlagen für Alpenpflanzen er-
richtet, immer gut thun, nebenbei auch eine Pflanzschule
mit Töpfen anzubringen, da es jedenfalls vortheilhaft sein
dürfte, Doubletten zum Tausche vorräthig zu halten und
anderseits nur zu häufig auch erwünscht ist, einzelne auf
der zweiten Anlage zu Grunde gegangene Exemplare aus
einem Reservefond zu ersetzen.
une
2. Cultur der Alpenpflanzen in flachen Beeten.
ohne Anwendune von Tö pfen.
An Orten, wo weit und breit kein Stein zu finden ist
und wo man aus was immer für Gründen die Cultur in
Töpfen vermeiden will. eignet sich für die Alpenpflanzen
am besten eine Anlage, welche auf folgende Art zuge-
ne Exempli
lachen Bi
i pfen
65
richtet wird. Man hebt an der Stelle, welche zur Auf-
nahme der Alpenpflanzen dienen soll, die gewöhnliche Erde
CA) in einer Tiefe von 6 bis 8 Zoll aus und verkleidet die
Ränder der hiedurch entstandenen Vertiefung mit Bretter-
wänden, welche durch eingeschlagene Pflöcke gefestiget
werden. Die Bretter, welche sich hiedurch zu einem
Rahmen für das herzustellende Beet vereinigen, lässt man
entsprechend dem hier eingeschalteten Durchschnitte ein
paar Zolle über den Rand der Vertiefung emporragen.
Den Grund der Vertiefung füllt man mit einer dünnen
Lage von Schotter (B) aus und versieht überdiess die
tiefste Stelle mit einer Drainageróhre (D), welche zur
Entfernung des überflüssigen Wassers dient. Ueber der
Schotterlage wird die Erde, welche die Alpenpflanzen
aufnehmen soll (C), aufgeschüttet und dann fest nieder-
gedrückt, so zwar, dass die Oberfläche der aufgeschütteten
Erde ein paar Zoll unter das Niveau des umgebenden
Erdreiches zu liegen kommt. Die aufgeschüttete Erde
wird je nach den Gewächsen, die man gerade an einer
Stelle anzupflanzen beabsichtiget, auch entsprechend ge-
wählt und wir verweisen in dieser Beziehung auf das
sechste Capitel, in welchem das Substrat der Alpen-
pflanzen einer ausführlichen Besprechung unterzogen wer-
den soll.
Die in der angegebenen Weise hergerichteten Beeten
werden am zweckmässigsten nach dem umstehend einge-
schalteten Plane gruppirt. Sie sollen die Breite von 4 Schuh
Kerner, Alpenpflanzen. 5
SN
SS
E E
Tj;
`
nicht überschreiten, damit man die angepflanzten Gewächse
immer von der einen oder anderen Seite leicht erreichen
kann. Die Länge der Beeten aber, so wie die Zahl der-
selben richtet sich natürlich ganz nach dem Raume und
Bedürfnisse, so wie nach dem Geschmacke des Pflanzen-
züchters.
Diese Art der Alpenpflanzenanlage wurde vor Jahren
in dem botanischen Garten zu Töien bei Christiania in's
Leben gerufen, und hat sich dort nach den Mittheilungen
des für sein Fach wahrhaft begeisterten Obergärtners
Moe*) auf das glänzendste bewährt. Sie ist ‚jedenfalls
unter allen Culturarten die einfachste und billigste, hat aber
das Unbequeme, dass man aufrechtstehend die Pygmäen
er Alpen in den flachen Beeten nur schlecht beobachten
kann, und daher jedesmal, so oft man die nähere Bekannt-
schaft mit einer der cultivirten zwergigen Arten machen
will, sich an den Rand des Beetes niederknien muss.
Aus diesem Grunde würden wir auch überall dort, wo €s
nicht an Steinen mangelt, einer der beiden nachfolgenden
Methoden vor der eben geschilderten entschieden den Vor-
zug geben.
7) Veiledning til Dyrkning af glaciale, alpinske og arctiske
Planter af N, Moe. Christiania 1862,
nachfol®
reden de :
insk® % n
67
3. Cultur der Alpenpflanzen in Gruben mit
terrassenförmig aufgestuften Steinwänden.
Um die hier in der Ueberschrift bezeichnete Art der
Alpenpflanzenanlage herzustellen, wird an jener Stelle des
Gartens. zu welcher fliessendes Wasser mittelst einer
Röhre am leichtesten zugeleitet werden kann, eine kreis-
förmige Grube gegraben, deren Tiefe etwa 6 Fuss beträgt
und deren Breite beiläufig 18 Fuss Ausmass zeigt. In
der Mitte dieser Grube wird, wie es in. dem hier ein-
geschalteten Durchschnitt der Anlage ersichtlich ist, ein
K^,
om eap A
Umm
Gl
222A
e 5 es »
I,
7. 7 r 7;
a 1
DIE
7
7A
7]
ED
kleines Bassin angebracht und dieses mit einem Spring-
brunnen versehen, dessen Wasserstrahl natürlich selbst
dort, wo das dem Garten zukommende Wasser ein kaum
merkbares Gefälle hat, ein paar Schuh hoch steigen wird,
da die Mündung des Leitungsrohres um 6 Schuh unter
der Oberfläche des Gartenterrains zu liegen kommt. Rings
um das Bassin (A) wird ein Kiesweg (B)*) angebracht,
von dem an zwei gegenüberliegenden Seiten der Grube
steinerne Stiegen (C) zum Rand der Grube hinaufführen.
Die Wände der Grube werden mit Bruchsteinen bekleidet
und zwar in der Weise, dass sich das Gestein (D) in
zwei oder drei Terrassen (E) gegen den oberen Rand der
Grube aufstuft. Dabei muss darauf Rücksicht genommen
*) Vergleiche die Zeichnung auf der nächsten Seite.
5%
68
werden, dass zwischen den Steinen zahlreiche Vertiefungen,
Nischen und Klüfte übrig bleiben, die man mit der Erde
ausfüllt, in welcher die Alpinen wurzeln sollen.
iese Art der Anlage, von welcher der hier ein-
geschaltete Plan eine richtige Vorstellung geben dürfte,
z SS
eignet sich vor allem für sehr trockene Gegenden, in
welchen es grossen Schwierigkeiten unterliegt, den Boden
gleichmässig und ununterbrochen feucht zu halten. Sie
wird im königlichen botanischen Garten zu München mit
gutem Erfolge angewendet.
SI
4. Cultur der Alpenpflanzen auf Steinhügeln.
Die Anzucht der Alpinen auf Steinhügeln ist unter
allen Culturarten die beliebteste und wohl auch verbrei-
tetste. — Entsprechend den Zielen, die man aber mit der
69
Cultur anstrebt, und entsprechend der Form des zur Ver-
fügung stehenden Raumes, unterliegt dieselbe manchen
nicht unwesentlichen Modilicationen. Hat man z. B. den
Raum längs einer niederen Mauer, einer Felswand oder
einer Erdscarpirung zur Anlage der Alpenplantage aus-
ersehen, so ist es am zweckmässigsten, die Steine in der
Art am Fusse der Mauer oder Felswand aufzustappeln,
dass durch dieselben schmale. langgestreckte Terrassen
gebildet werden, welche mit der Mauer oder Felswand
parallel laufen iid sich stiegenfórmig gegen dieselbe em-
porheben. Diese Methode findet sich z. B. im Parke des
Stiftes Lilienfeld, im Binder gsti oahiselian Fraisenthale
in Anwendung gebracht. *
at man dagegen die Wahl des Platzes ganz frei,
so ist es vorzuziehen, Steingruppen aufzubauen, welche
sich von allen Seiten terrassenfórmig aufstufen und daher
ringsum bequem zugänglich sind. Man gewinnt hiedurch
eine viel grössere Mannichfaltigkeit von Standorten und
kann die Pflanzen je nach ihrer Vorliebe für. südliche,
‚östliche, westliche oder nördliche Seiten auf den Stein-
hügeln entsprechend vertheilen. Dabei halte man den
Grundsatz fest, statt einigen grossen Steinhügeln lieber
recht viele kleine, dicht gedrängte, steil aufgeböschte
*) Neben vier kleineren Alpenpflanzen- "Anlagen, deren zwei
sich an Felsen anlehnen, findet sich dort auch ein Alpenpflanzen-
garten, der sich in einer Breite von 2 — 2!/, Schuh und in
bedeutenden Länge von 30 Klaftern längs der oberen Mauer des
Stiftsparkes hinzieht. Diese Anlage datirt vom Jahre 5 her
und bot seiner ia unter den sorgfältigen Händen der Herren
ick
Gottwald Dr. Lorenz einen prachtvollen Anblick, dar.
Leider hatte prr in spüteren Jahren durch die Beschattung
der in der Nähe angepflanzte dud inzwischen zu gewaltiger Hóhe
angewachsenen Bäume, sowie durch die Vernachlässigung von Seite’
des ps sehr gelitten. Erst in der neuesten Zeit, seitdem
Got wald wieder in das Stift Pics ist und dort das Amt
nes Kümmerers versieht, steht zu hoffen, dass sie den alten
Glanz und nes Bo erlangen werde.
70
Steingruppen zu errichten. Es. werden nämlich auf die el
letziere Weise zahlreiche Zwischenräume erzielt, welche $i
sich als Wege zwischen den Steinpartien durchwinden, y
und durch deren rechtzeitige Ausfüllung mit Schnee und yé
Eis das Erwachen der Alpenpflanzen aus dem Winter- E
schlafe durch ziemlich lange Zeit hinausgeschoben werden ke
kann. *) i sí
Die Höhe der Steinhügel soll nicht mehr, als 6 Schuh pl
erreichen und die Basis nicht über 4 Schuh breit sein; ei
denn nur bei diesem Ausmasse hat man den Vortheil, zu — U
jeder Stelle der Anlage ohne Turnerkünste bequem mit al
den Händen hingelangen und die einzelnen Pflänzchen D
ohne Rückenverkrümmung gut beobachten zu können — H
Der hier eingeschaltete Plan stellt eine Anlage dar, welche d
ap 7 is
in
Zi
w
er
80
de
lai
en
C
ge
in ihren Dimensionen den eben gestellten Anforderungen EM
entspricht und mit der Zweckmässigkeit auch eine ge- ze
fällige Form vereiniget. ka
In manchen Gärten, welche sich die Aufgabe stellen,
auf das Publicum belehrend und anregend zu wirken,
dürfte es gewiss auch recht zweckmässig sein, die Ver-
theilung der Steinhügel in der Art vorzunehmen. dass
sie den Gebirgsgruppen oder Bergzügen eines Landes i
*) Vergl. S. 56.
71
entsprechen. -Man kann dann auch die. Alpinen auf den
Steinhügeln: in ähnlicher Weise vertheilen, wie sie in
Wirklichkeit auf dem dargestellten Gebirge im Grossen
verbreitet sind; und wählt, man noch überdies zu den
einzelnen Sieinhügelu Gesteine aus, welche in Wirklich-
keit den Gesteinen des dargestellten Terrains entsprechen.
so bietet die Anlage dem Publicum gleichzeitig ein orogra-
phisches, geognostisches und pflanzengeographisches Bild
eines Gebirges oder ganzen Landes dar. | Im «botanischen
Universitätsgarten zu Innsbruck erscheint z. D. auf die
angegebene Weise das Land Tirol im Kleinen dargestellt.
Die dort errichteten acht Gesteinsgruppen stellen die
Haupigruppen der tirolischen Alpen dar. Die mittlere,
den Centralalpen entsprechende Partie der ganzen Anlage
ist aus kristallinischen Schiefern aufgebaut. und zerfällt
in vier getrennte Massivs. welche den Ortles-, Oetzthaler-.
Zillerthaler- und Glockner- Stock repräsentiren, und so
wie an der einen Seite dieser Stöcke die aus Kalksteinen
errichteten Steinhügel die nördlichen Kalkalpen darstellen,
so bilden die Steinpartien an der anderen Seite ein i
der Höhenzüge im südlichen Theile des- tirolischen Berg-
landes. Die unmittelbaren Einrahmungen der Wege wurden
entsprechend dem tertiären Mittelgebirge auch aus tertiärem
Conglomerat aufgebaut, und die Wege selbst verlaufen
genau in derselben: Weise, wie die tirolischen Hauptthäler.
Noch muss hier darauf aufmerksam gemacht werden,
dass es durchaus nicht gleichgültig ist, wie man die ein-
zelnen: Steingruppen der Anlage aufbaut. Im Allgemeinen
kann wohl die hier eingeschaltete Zeichnung. welche den
72
Durchschnitt zweier Steinhügel darstell t, als Vorbild dienen,
Immer muss man aber auch darauf achten, dass die up.
teren Schichten und das Innere des hügelförmigen Baueg
aus einem Materiale bestehen;. durch welches das Wasser
leicht durchsickern kann. Schotter, Ziegeltrümmer und
Sand im bunten Gemenge, abwechselnd geschichtet mit
grösseren und kleineren Steinen und mit Ballen von Torf-
moos, bilden am zweckmässigsten den Kern der einzelnen
Hügel, welchen man dann mit Bruchsteinen derart ver-
kleidet, dass möglichst viele kleine Nischen, Ritzen und
Terrassen entstehen.
Was die Steine anbelangt, welche man zu dem Baue
benützt, so wird man sich in der Regel wohl nach der
Gegend richten müssen, in welcher der Alpengarten in's
Leben gerufen werden soll. Mit Ausnahme von leicht
verwitterndem mürbem Kalktuff und lockerem Sandstein,
kann man auch alle Gesteine in Verwendung ziehen. Gut
wird es aber immer sein. darauf Rücksicht zu nehmen, -
dass einzelne Hügel bloss aus kalkhaltigen, andere da-
gegen ausschliesslich nur aus möglichst kalkfreien Ge-
steinen aufgebaut werden.
Die Cultur der Alpinen auf Steinhügeln erfordert eine
stete Ueberwachung und Pflege und insbesondere eine
unausgeseizie Sorgfalt in der Entfernung von anderen,
unberufen sich ansiedelnden Pflanzenarten. Stets rein
gehalten bietet sie aber auch unter allen Culturformen
den zierlichsten Anblick dar, und entspricht jedenfalls den
natürlichen Verhältnissen. unter welchen sich die Alpen-
pflanzen in ihrer Heimat befinden, am allermeisten. Sie
eignet sich vorzüglich für jene Pflanzenzüchter, welche
mit der Alpenpflanzenanlage ein Vegetationsbild der al-
pinen Region darzustellen beabsichtigen, und denen es
weniger um eine systematische Gruppirung der einzlenen
Arten zu thun ist. Ausserdem besitzt die Cultur der
Alpinen auf Steinhügeln den Vortheil leichter Zugänglich-
keit, den Vortheil einer grossen Mannichfaltigkeit von
andere i
73
Standorten, und insbesondere den Vortheil, dass man durch
rechtzeitiges Ausfüllen der engen Wege mit Schnee und
Eis das Erwachen der Vegetation im Frühlinge mit den
geringsten Schwierigkeiten auf geraume Zeit hinaus zu
verzögern im Stande ist.
Sechstes Capitel.
Boden.
Eine der wichtigsten Bedingungen für das gute Ge-
deihen der Alpinen in unseren Gärten ist die möglichst
sorgfältige Wahl der Bodenart.
Drei Dinge sind es insbesonders, welche in dieser
Beziehung bei der Cultur der Alpenpflanzen berücksich-
tiget werden müssen, nämlich 1. das Verhältniss der
Humusmenge zu der Menge des anorganischen Materiales,
2. die chemischen Verhältnisse, und 3. die physicalischen
Verhältnisse des Bodens.
1. Verhältniss der Humusmenge zu der
Menge des anorganischen Materiales.
Es lässt sich nicht verkennen, dass die Pflanzen un-
serer Alpen nach der Menge des in dem Boden enthal-
tenen Humus in drei Gruppen zerfallen. Die erste Gruppe
umfasst Pflanzen, welche die Colonisation eines öden,
früher voRetktiönslosän und humusleeren Bodens über-
nehmen und sich daher vorzüglich auf den Geröllen der
Bachufer, auf Schutthalden, Erdrissen. Felsen und Moränen
ansiedeln. Es gehören hieher meistens isolirt wachsende
Arten, deren Sporen und Samen in der Regel ausser-
ordentlich klein, geflügelt oder mit Haarkronen versehen
sind und daher durch den leisesten Luftzug zu den ent-
74
legensten Felsgesimsen und in die abgelegensten Thal:
winkel getragen werden kónnen. Auf dem durch diese
erste Generation zugerichteten und mit geringen Mengen
von Humus versehenen Boden siedeln sich dann Gewächse
an, von welchen die meisten die Tendenz besitzen, den
Boden mit geschlossener Vegetationsdecke zu überziehen,
Es sind dies meist rasige oder ausläufertreibende Arten.
insbesonders Gräser und Riedgräser, und neben diesen
alle jene Pflanzen, welche wie gewisse Rhinanthaceen und
Orchideen nur in der geschlossenen Grasnarbe gedeihen.
Von den Gewächsen dieser zweiten Generation wird nun
der Boden im Laufe der Zeit mit immer grösseren Mengen
von Humus versehen. Endlich wird der Humus über den
anorganischen Aniheil der Erde sogar vorwaltend. und
an die Stelle der zweiten Generation treten jetzt Pflanzen.
welche, selbst noch fort und fort den Humus durch ihre
absterbenden Theile vermehrend. schliesslich mit ihren
Wurzeln nur mehr in einer braunen torligen Masse stecken.
die verbrannt. fast keinen anorganischen Rückstand mehr
ergiebt.
Von diesem Euiwieklungsgange finden wir in den
Alpen nur dori eine theilweise Ausnahme. wo durch die
Verwitterung des unterliegenden Gesteins eine zähe, tho-
nige kalklose Erdkrume entstanden ist. Dieser tiefgründige
kalklose Thonboden, der sich in der feuchten Atmosphäre
der alpinen Region immer gleichmässig durchfeuchtet zeigt.
veriritt nämlich manchmal für gewisse Pflanzen. die über
felsigem oder sandigem Substrate nur in der dritten. Ge-
neration vorkommen. wie z. B. für Azalea procumbens,
Rhododendron ferrugineum und Lycopodium alpinum $0
vollständig den Humus, dass man auf ihm die genannten
Arten hie und da auch unmittelbar als erste Ansiedler -
auftreten sehen kann.
Aus dieser Betrachtung ergiebt sich natürlich für die
Cultur der Alpenpflanzen das Resultat. dass man alle
jene Gewächse, welche die Rolle ersier Ansiedler spielen,
75
in fast humuslosem Boden. die Arteır der zweiten Gene-
ration dagegen in einer etwa zur Hälfte mit Humus ge-
mengten Erde. und die Arten der dritten Generation in
reinem Humus oder in dem stellveriretenden zähen Thon-
boden zu cultiviren habe. Da aber nicht allen Pflanzen-
züchtern geläufig sein dürfte, welche Rolle jeder einzelnen
Pflanzenart in unseren Alpen zukommt. und. welche Ge-
wächse als erste, zweite und dritte Ansiedler auftreten,
so wird in der Tabelle, welche den Schluss dieses Ca-
pitels bilden soll, das Verhältniss der Humusmenge für
eine möglichst grosse Zahl von Alpenpilanzen ersichtlich
gemacht werden. In allen jenen Fällen aber. wo die
Tabelle keinen Aufschluss geben sollte. wird man nicht
viel fehlen, wenn man die fragliche auf die Alpenanlage
zu verselzende Pflanze. in Betreff der Bodenmischung ge-
rade so behandelt. wie die Mehrzahl der anderen in der
Tabelle enthaltenen Arten gleicher Gattung; denn es kann
als allgemeine Regel gelten, dass die Arten einer und
derselben Gattung sich in den verschiedenen Gegenden
gewissermassen erseizen und bei der Colonisation des
Bodens eine ganz analoge Rolle spielen. Vielleicht ist
es übrigens in dieser Beziehung noch zweckmässig, wenn
wir hier die Bemerkung einschalten, dass die Arten der
Gattungen Epilobium. Papaver, Salix, Valeriana. so wie
fast alle Compositen, Alsineen, Sileneen, Cruciferen un
Crassulaceen einen möglichst humusarmen Bo en. die
Arten der Gattungen Potentilla und Draba, sowie die meisten
Primulaceen Gentianeen. Rhinanthaceen, Orchideen, ` Legu-
minosen, Ranunculaceen. Umbelliferen. Gramineen und
Cyperaceen einen Boden, in welchem sich die Mengen des
Humus und der anorganischen Bestandiheile das Gleich
gewicht halten, und endlich die Arten der Gattungen Ly-
copodium, Luzula, Juncus, Eriophorum, Vaccinium, Em-
peirum, sowie die meisten Ericaceen, Lonicereen und
Filices einen an Humus möglichst reichen Boden ver-
langen.
76
2. Die chemischen Verhältnisse des Bodens.
Um sich in allen Fällen günstiger Culturerfolge erfreuen
zu können, ist es nothwendig, dass auch die chemische
Zusammensetzung des anorganischen Theiles der Erde
entsprechend berücksichtiget werde. Gerade die Alpen-
flanzen sind nämlich in. Beireff dieser Verhältnisse sehr
empfindlicher Natur und zeigen sich in der Regel bezüglich
der Bodenart bei weitem wählerischer, als die ‚Pflanzen
des niederen Landes. — In flachen niederen Gegenden
mit alluvialem und diluvialem Boden stellt das Erdreich
gewöhnlich ein Gemenge aus dem Detritus der verschie-
densten Gesteine dar. Die chemischen Gegensätze des
Bodens sind dort mehr nivellirt, und der Einfluss der
Unterlage auf die Verbreitung der Gewächse tritt daher
dort fast ganz in den Hintergrund. In reich abgestuften
Hochgebirgsgegenden aber, wo die geognostischen Sub-
strate in ihren chemischen Gegensätzen sich schroffer
gegenüberstehen, gliedert sich auch die Pflanzenwelt nicht
nur nach physicalischen Zuständen der Erdkrume in be-
stimmte zusammenhängende Gruppen. sondern auch nach
den chemischen Verhältnissen der unterliegenden Gesteine
und der aus ihnen hervorgegangenen Erdkrume.
Diese Gliederung und dieser Gegensatz der Pflanzen-
decke auf geognostisch und chemisch verschiedenen Sub-
straten ist auch den Botanikern längst aufgefallen, und
es ist schon geraume Zeit her, dass man die Namen
„Schieferflora* und „Kalkflora“, ,Schieferpflanzen, Ur-
gebirgspflanzen und Kalkpflanzen* u. dgl. in die Wissen-
schaft eingeführt hat. Vor allem ändern war nämlich der
Gegensatz zwischen der Flora des Kalkgebirges und jener
der kristallinischen Schiefer und Massengesteine, das ist
also jener geognostischen Bildungen, welche man einstens
als Urgebirge zusammenfasste, aufgefallen. Und da man
auf den Kalkbergen eine Erdkrume vorfand, die in der
Regel viel Kalkerde und wenig Kieselerde enthielt, und
| — ME u BR s eL — 38 — a oea
77
aus den Silicaten der Schiefer- und Massengesteine um-
gekehrt eine Erdkrume sich entwickeln sah, die- reich an
Kieselerde und sehr arm an Kalkerde war, so glaubten
die Pflanzengeographen, das Vorwalten oder Fehlen dieser
beiden Stoffe, nämlich des Kalkes und der Kieselerde, mit
dem Vorhandensein oder Fehlen gewisser Pflanzen in Ver-
bindung bringen zu können. Sie meinten, dass gewisse
Pflanzen des Kalkes, andere wieder der Kieselerde zum
Aufbau ihres Leibes nothwendig bedürfen, und dass diese.
Pflanzen daher überall dort fehlen, wo ihnen der be-
treffende Stoff von dem Boden nicht in hinreichender
Menge geboten wird. Die Pflanzengeographen hatten da-
rum auch später statt dem Namen .Urgebirgspflanzen*
und „Schieferpflanzen“ die Bezeichnung „Kieselpflanzen *
eingeführt und die mit diesem Namen belegten Gewächse
gewissermassen den „Kalkpflanzen“ gegenübergestellt. Sie
wurden in ihrer Ansicht, dass der Boden als Träger der
alk- und Kieselerde von der grössten Bedeutung für
die Vertheilung der Pflanzenwelt sei, noch insbesonders
dadurch bestärkt, dass -man in den Alpen überall dort,
wo thonige, an Kieselerde reiche Schichten zwischen
Kalksystemen eingeschlossen vorkommen, regelmässig auch
Oasen sogenannter Kieselpflanzen auftreten sah, von denen
man sich natürlich zu glauben berechtigt hielt, dass sie
nur darum auf der beschränkten Localität ihren Wohn-
‚sitz aufgeschlagen ‚haben, weil sie daselbst die zu ihrer
Entfaltung unumgänglich nothwendige Kieselerde in den
anstehenden thonigen Schichten vorfanden.
Wenn ich aber meine eigenen über den chemischen
Einfluss des Bodens auf die Gewächse in den Alpen ge-
machten Beobachtungen in Berücksichtigung ziehe, und
weiterhin die Resultate der eigens zur Lösung dieser
Frage angestellten Culturversuche erwäge, so muss ich
gestehen, dass ich mit der bisherigen Ansicht und der
bisherigen Eintheilung der Gewächse in Kiesel- und
Kalkpflanzen, oder in kalkstete, schieferstete, kalkholde,
78
kieselholde u. dgl. mich nicht ganz einverstanden eri
klären kann. Wohl ist der Boden als Träger abweichender
Nahrungsmittel für die Pflanzen von grosser Bedeutung
aber nicht ausschliesslich in dem Sinne, wie dies bisher
gewöhnlich aufgefasst wurde. Nur für wenige ist ein
bestimmter anorganischer Stoff der Bodenkrume “als un.
entbehrliches Nahrungsmittel und dessen Vorhandensein
als nothwendige Lebensbedingung anzusehen. Die meisten
Pflanzen, bei denen man eine Verschiedenheit in der Ver-
theilung nach der Unterlage beobachtet, werden vielmehr
von gewissen Localitäten entweder durch das Vorhanden-
sein eines anorganischen Stoffes ferne gehalten, oder sie
werden dort durch das Vorhandensein eines anorganischen
Stoffes in ihrer Gestalt umgewandelt und treten dann als
andere Arten (richtiger Parallelformen) in Erscheinung.
Der einfachste Culturversuch zeigt; dass die meisten
sogenannten Kalkpflanzen in vollständig kalklosem Boden
recht gut fortkommen, dass aber viele sogenannte Schiefer-
pflanzen in kalkhältigem Boden gebaut oder mit kalkhäl-
tigem Wasser begossen, rasch verkümmern und aussterben.
Schon Sendiner hatte auf diese Erscheinung mit den
Worten aufmerksam gemacht: „Wenn man ein Torfmoor
mit sogenannten Kieselzeigern oder Deutern, wie es im
Hoch- und Pangerfilz bei Rosenheim geschah, mit einem
Sande beschlämmt, der kalkreich ist, ferner, wenn man
dieselben mit ihrem ganzen Torfrasen, worauf sie wachsen,
in einen botinischek Garten versetzt, wo ihnen (wie z. B.
im Münchener Garten) kalkreiches Wasser zufliesst, s0
gehen sie alle sammt und sonders zu Grunde. Es
gibt also Pflanzen, werden wir schliessen dürfen, "welchen
ein gewisses Uebermass von Kalk, mit Berücksichtigung
anderer gleichzeitiger Bestandtheile im Boden schädlich
ist.“ — Lorenz’s Beobachtungen in den salzburgischen
Toktnanr haben neue Belege dafür gebracht, dass kalk-
hältiges Wasser dem Gedeihen zahlreicher Pflanzen un-
zuträglich ist und ihr Aussterben veranlasst, und je mehr
79
man jetzt von diesem Gesichtspunkte aus den Einfluss
des Bodens auf die Gewächse in der freien Natur ver-
folgt, desto mehr lósen sich die Widersprüche und zahl-
reichen Räthsel auf, welche bisher das Terrain der Boden-
frage so sehwankend und unsicher gemacht haben. Von
jeher hatten nämlich die Vorkämpfer der Ansicht, nach
welcher den sogenannten Kalkpflanzen eine gewisse Menge
Kalk, und den sogenannten Kieselpflanzen eine bestimmte
Menge vou Kieselerde unentbehrlich sein sollte, ihre schwere
Noth mit der Ungereimtheit und dem Mangel aller Ueber-
einstimmung in den Verzeichnissen von Kalk- und Kiesel-
pflanzen gehabt, weiche in verschiedenen Gegenden von
verschiedenen, sonst ganz zuverlässigen und gewissenhaften
Beobachtern angefertigt. worden waren. Geht man diese
Verzeichnisse durch und beobachtet man die Pflanzenwelt
auf unbefangene Weise in der freien Natur, so kommt man
in der That auch zu der Ueberzeugung, dass es verhältniss-
mässig nur ganz wenige Gewächse giebt, welche nur auf
kalkreichem und nicht hie und da auch auf kalklosem
Boden zu finden wären. Mit den sogenannten Kiesel-
oder Schieferpflanzen geht es nicht viel besser. Wohl
scheinen sie im Ganzen dem Boden, auf welchen ihr Name
‚hinweist, getreuer zu bleiben, als die Kalkpflanzen, aber
auch hier gibt es der Ausnahmefälle gar viele, und jedes
neue Verzeichniss bringt immer neue Berichtigungen und
Widersprüche. Es ist dies auch gar nicht zu wundern, weil
eben der Gesichtspunkt, von welchem aus man dieses
Verhältniss verfolgte, . ein unrichtiger war. Die Existenz
er meisten Pflanzen, welche man Kieselpflanzen nannte,
hängt eben nicht mit dem Vorhandensein einer gewissen
Menge von Kieselerde, sondern mit der Abwesenheit des
Kalkes zusammen, und überall dort, wo daher den Wur-
zeln kein Kalk geboten wird, werden solche Pflanzen auf-
wachsen können. Es ist hiebei ganz gleichgiltig, ob das
tiefer liegende geognostische Substrat noch kalkhältig ist
oder nicht. Der Lehm, welcher sich über den thonreichen
80
Kalksteinen in der Weise gebildet hat, dass das kohlen-
säurehältige atmosphärische Wasser im Laufe der Zeit an
der Oberfläche allen kohlensauren Kalk entführte, vermag
den Pflanzenwurzeln eben so wenig Kalk zu bieten, als
der Lehm, welcher durch Zersetzung von Silikaten aus
kristallinischen und nichtkristallinischen Schiefern ent-
standen ist. Ja selbst eine mächtige Humusmasse, welche
die Pflanzenwurzeln von dem unterliegenden kalkreichen
Boden trennt, vermag die Erscheiung zu bieten, dass sie
an ihrer Oberfläche sogenannte Kiesel- oder Schiefer-
pflanzen, oder richtiger kalkfeindliche Pflanzen trägt; denn
da nach den neuesten Erfahrungen der Humus die Fähig-
keit hat, aus wässrigen Lösungen die gelösten Stoffe so
vollständig zu absorbiren, dass beim Durchfiltriren einer
Lösung fast chemisch reines Wasser von dem als Filtrum
benützten Humus abfliesst, so ist es begreiflich, dass
dort, wo sich in einem Kalkrevier aus zahlreichen Pflanzen-
generationen vergangener Jahrhunderte eine gewaltige
Humusschichte aufgespeichert hat, der tieferliegende Kalk-
stein auf die Wurzeln der über dem Humus wachsenden
Pflanzen gar nicht mehr einzuwirken vermag. Die An-
siedlung von Sphagnumpolstern über Riedgrassümpfen,
deren Unterlage kalkhältig ist,” sowie über dem Humus.
in den Krummholzwäldern der Kalkalpen und überhaup!
das Auftreten von kalkfeindlichen Pflanzen auf tiefem
Humus im Kalkgebirge sind Erscheinungen, welche hier-
her gehören und die, so räthselhaft sie früher geschienen
haben mochten, sich jetzt ganz ungezwungen deuten
lassen. — Die chemische Seite der Bodenfrage ist auf
Grundlage dieser Anschauungen jedenfalls einer gründ-
lichen Reformation zu unterziehen; und wird sich nach
meiner Ueberzeugung nur von dem hier entwickelten Ge-
sichtspunkte aus, befriedigend lösen lassen.
Die Bezeichnung ,Kieselpflanzen* wird entweder gan
zu eliminiren oder nur auf sehr wenige Pflanzen einzu-
schränken sein, und die meisten der bisher mit den Namen:
81
Kieselpflanzen, Schieferpflanzen, Kieseldeuter u. s. f. be-
zeichneten Gewächse werden als Pflanzen aufzufassen sein,
für welche der Kalk ein tödtliches Gift ist, geradeso wie
für viele Gewächse grössere Mengen von kohlensauren
Alkalien, von Ammoniakverbindungen, von Kochsalz u. s. f.
die Rolle eines tödtlichen Giftes spielen. Man wird dem-
nach zunächst eine Abtheilung von Pflanzen fest-
stellen müssen, deren Gruppen man als kalk-
feindlich, alkalienfeindlich u. s. f. zu bezeichnen
hat, und welche nicht bestimmté mineralische
Stoffe verlangen, sondern durch xoc. de ferne
gehalten werden.
Aus dieser ersten Abtheilung interessiren uns hier zu-
nächst die kalkfeindlichen Alpinen, aus deren Reihe bei-
spielsweise: Ajuga pyramidalis L., Anemone vernalis L.,
Blechnum Spicant Roth, Cardamine alpina Willd., Carex
curvula All., Chrysanthemum alpinum L., Hieracium albi-
dum Vill., Linnaea borealis L., Oxyria digyna Cambd.,
Primula glutinosa Wulf., Salix helvetica Vill., Saxifraga
aspera L., Senecio carniolicus Willd., Sesleria disticha
Pers. angeführt werden mögen.
Dieser ersten Abtheilung von Gewächsen stellt sich
dann eine zweite Abtheilung gegenüber, für
welche das Vorhandensein gewisser anorgani-
scher Verbindungen im Boden allerdings eine
wahre Lebensbedingung ist, so zwar, dass mit
dem Fehlen dieser Stoffe im Boden auch die
Pflanzen unfühig werden, sich weiter zu ent-
wickeln und ihren Organismus weiter zu bilden.
Es scheint, dass bei diesen verhältnissmässig seltenen
Pflanzen iitéd ein in dem Boden enthaltener und in den
Pllanzenkórper aufgenommener mineralischer Stoff einen
wesentlichen Bestandtheil jener chemischen Verbindungen
bildet, welche eben für die bestimmte Pflanzenart charakte-
ristisch sind und ihre chemische Qualität bedingen. Wir
übergehen die Kochsalz, kohlensaures Natron u. dgl. ver-
Kerner, Alpenpflanzen. 6
82
langenden Halophyten, welche zum gróssten Theile i in diese
Abtheilung gehören, und führen als Beispiele für diese
Categorie aus der Reihe der uns zunächst interessirenden
Alpenpflanzen nur Aethionema saxatile R. Brwn., Ane-
mone trifolia L., Avena distichophylla Vill., Campis
caespitosa Scop., Cochlearia saxatilis, Bhim alpinum
acq., Petrocallis pyrenaica Brw., i Potentilla Clusiana Mrr.,
Rhododendron Chamaecistus L., Salix glabra Scop., Série
fraga caesia L. und Soyeria hyoseridifolia Koch als Kalk-
erde verlangende Gewächse, und Asplenium Selosii Leyb.
Androsace Hausmanni Leyb., Woodsia glabella R. Br. als
Bittererde verlangende Pflanzen auf.
Für eine dritte Abtheilung von Gewächsen.
scheint sich endlich das Verhältniss zum Bo-
den in der Weise zu gestalten, dass unter dem
Einflusse verschiedener von dem Boden gebo-
tener Nahrungsmittel ein Pflanzentypus ver-
schiedene üussere Merkmale annimmt und in
zwei oder mehrere Parallelformen gespalten
wird. Wenn z. B. der Same einer Pflanze, die früher
auf kalkreichem Boden gestanden hatte, auf einen kalk-
losen Boden gelangt und aufkeimt, so stirbt die junge
Pflanze in Folge des Mangels an Kalk noch nicht aus,
sondern bekommt nur eine etwas andere äussere Gestalt,
und stellt jetzt eine Parallelform der über dem kalkreichen
Boden aufgewachsenen Mutterpflanze dar. Es scheint,
dass sieh viele Pflanzen in dieser Beziehung analog den
anorganischen in einem bestimmten Formenkreis erschei-
nenden Kürpern verhalten. .So wie nümlich bei einer
anorganischen Verbindung eine fremdartige, zur Qualität
der Substanz nicht unumgünglich nóthige Beimengung
zwar nicht das Kristallsystem zu ändern, wohl aber das
Auftreten einer eigenthümlichen Kristallcombination, einer
besonderen Farbe u. dgl. zu bewirken vermag, ebenso
scheint bei manchen Gewächsen ein für die Existenz des
Pflanzenkörpers weder nothwendiger noch schädlicher
83
. mineralischer Grundstoff bestimmte Modificationen in der
äusseren Gestalt, in der Farbe u. dgl. veranlassen zu
können, und es würde demnach eine Pflanze, die an der
einen Stelle gewisse mineralische Stoffe in dem Boden
vorfindet und aufnimmt, an der andern Stelle hingegen
sie nicht vorfindet und entbehren muss, auch in den
äusseren Merkmalen an den beiden Standorten Verschie-
denheiten zeigen. In wie weit aber die Verschieden-
heit im Chemismus der Pflanzenkörper die Gestalt der
Pflanzen zu ändern vermag, ist bisher noch nicht fest-
gestellt. Nur soviel erscheint gewiss, dass der Grad
dieser Formänderung ein sehr verschiedener sein kann.
Von den unbedeutendsten Modificationen, welche sich
schwächere Behaarung, verschiedenes Ausmass der Blüten
oder Blätter oder Aenderung der Farbe beschränken,
bis zu einer durchgreifenden Gestaltungsänderung, welche
uns beide Parallelformen in fast allen Organen verschie-
den erscheinen lässt, scheinen alle möglichen Zwischen-
stufen zum Ausdruck kommen zu können. *) Viele
sogenannte „gute Arten“ der Systematiker werden sich
schliesslich als einfache, durch die Verschiedenheit der
chemischen Constitution erzeugte Parallelformen heraus-
*) Soweit sich auf Grundlage der bisherigen Beobachtungen
‘Schlüsse ziehen lassen, ergeben sich bei Betrachtung der Parallel-
formen folgende, die Formverhältnisse berührende Resultate:
-
Die Pflanzen des kalkreichen Bodens sind im Vergleich zu
ihren auf kalklosem Boden gewachsenen Parallelformen ge-
wöhnlich reichlicher und dichter behaart. Sie sind je
weiss oder graufilzig, während ihre Parallelformen — wen
sie überhaupt behaart sind — drüsig erscheinen
- Die Pflanzen des Baer Teen Bodens besitzen häufig bläulich-
grüne, ihre auf ka Vae Viae wachsenden Parallelformen
dagegen grasgrüne
; i Blütter der auf leen. Boden Rh enasi Pflanzen
ind meistens mehr und tiefer zertheilt, als jene der auf
illod Boden gewachsenen Parallelformen.
` 6
A
Iv
84
stellen. So ist es mir nach mehreren in letzter Zeit
in der freien Natur gemachten Beobachtungen unzweifel-
haft, dass sogar Rhododendron ferrugineum und hirsutum
nur als solche durch den Boden bedingte Parallelformen
aufzufassen sind. Ueberall dort, wo die Wurzeln der
Alpenrose mit kalkreichem Boden in entschiedene Be-
rührung kommen, trifft man in den nördlichen Kalkalpen
Rhododendron a an. Wird durch Aufspeicherung
von Humus der Einfluss des unterliegenden Kalkes all-
mälig verringert, so verlieren die Blätter mehr und mehr
ihre Wimperhaare, werden steifer und heller grün, die
Blüten bekommen ein intensiveres Roth und die Pflanze
entspricht jetzt der Diagnose des Rhododendron inter-
medium Tausch. Und wenn endlich die Humusschichte,
in welcher die Wurzeln stecken, so mächtig geworden
ist, dass sie allen Kalk des unterkiär ia Gesteins von
den Wurzeln der Alpenrose abhält, so wird diese schliess-
lich in Rhododendron ferrugineum umgewandelt. Diese
Beobachtung entspricht wohl auch vollständig der Er-
scheinung, dass auf dem kalklosen Boden, der Central-
alpen die wimperhaarige Alpenrose vollständig fehlt und
dort durch die rostfarbige Schwester ersetzt wird. Sie
steht ferner mit der Erscheinung im Einklang, dass die
Kalkgebirge immer eine reichere Flora zeigen, als die
4. Sind die Blätter der auf kalkreichem Boden gewachsenen
Pflanzen ganzrandig, so erscheinen jene der auf kalklosem
oden gewachsenen Parallelformen nicht selten drüsig gesägt.
. Die Pflanzen des kalkreichen Bodens zeigen im Vergleich
zu ihren auf kalklosem Boden gewachsenen Parallelformen
meistens ein grösseres Ausmass der Blumenkrone.
Die auf kalkreichem Boden gewachsenen Pflanzen besitzen
gewöhnlich matter und lichter gefärbte Blüten, als ihre auf
kalklosem Boden gewachsenen Parallelformen. Ist die
Blütenfarbe der greleren weiss, so erscheint die n letzteren
häufig roth, blau oder gelb.
Vergl. hiemit a > erh, d. z. b. Ges. 1863, p. 245.
o
eg
"E EE
À
À
R5
kalklosen Schieferberge, weil im Kalkgebirge nebst den
Formen des Kalkes auch die Formen der Schieferberge
an allen jenen Localitäten auftreten können, wo der
Einfluss des Kalkes auf die Pflanzen durch eine tiefe
Humusschichte oder kalklose Lehmschichte eliminirt wird.
Endlich vermag die oben entwickelte Ansicht manche
Aufklärung über den Wechsel der Vegetationsdecke
in historischer Zeit und über das Auftreten gewisser
Pflanzen an Punkten, wo man sie bisher nicht beob-
achtet hatte, zu geben. Das Auffinden von Rhododen-
dron intermedium und Rh. ferrugineum an Stellen, wo
man in früherer Zeit nur Rhododendron hirsutum beobach-
tete, wird z. B. nach dem Mitgetheilten nichts besonders
Auffallendes mehr an sich haben, und wenn es die Bo-
taniker nur erst einmal über sich gewinnen werden, die
Pflanzenwelt in ihrem Zusammenhang mit den Eigenthüm-
lichkeiten des Standortes in der freien Natur, und nicht
nur an den getrockneten Exemplaren der Herbarien zu
siudiren, so werden sich in dieser Richtung gewiss noch
zahlreiche interessante Resultate ergeben.
Fassen wir hier die bisher als muthmassliche Parallel-
formen angenommenen Alpenpflanzen zusammen, so er-
geben sie uns folgende Doppelreihe:
Auf kalkreichem Boden: Auf kalkfreiem Boden :
Achillea atrata L. Achillea moschata Wulf.
Achillea Clavenae L. > Achillea Clavenae 5. glabrata
oppe.
Alchemilla pubescens M. B. — Alchemilla fissa Schum.
Alyssum montanum L. Alyssum Wulfenianum Bernh.
Androsace lactea L. Androsace carnea L.
: Androsace helvetica Gaud. Androsace glacialis Hoppe.
Anemone alpina L. Anemone sulfurea L.
Arenaria ciliata L. Arenaria multicaulis L.
Artemisia lanata Willd. Artemisia mutellina Vill.
Astrantia alpina Schltz. Bip. Astrantia minor L.
86
Auf Eod cR Bd.
Betula alba L.
Dianthus alpinus L.
Draba aizoides L.
Draba tomentosa Wahl.
Epilobium Dodonaei Vill.
Erigeron alpinus L.
Gentiana Pneumonanthe L.
Gentiana angustifolia Vill.
Herniaria incana Lam.
Hieracium villosum L. -
Hutchinsia alpina R. Br.
Hypochoeris maculata L.
Juncus Hostii Tausch.
Luzula maxima D C.
Oxytropis montana D C.
Papaver Burseri Critz.
Pedicularis Jacquini Koch.
Phyteuma orbiculare L.
. Polypodium robertianum H.
Primula Auricula L.
Primula Clusiana Tausch.
Ranunculus alpestris L.
Ranunculus anemonoides Z.
Rhododendron hirsutum L.
Ribes alpinum L
Salix retusa L.
Salix Waldsteiniana Willd.
Salix Jacquiniana Host.
Salix glabra Scop.
Saussurea discolor D C.
Saxifraga muscoides Wulf.
Saxifraga rotundifolia L.
Scorzonera austriaca Willd.
Sempervivum hirtum L.
Auf kalkfreiem Boden:
Betula pubescens Ehrh.
Dianthus glacialis Haenk.
Draba Zahlbruckneri Host,
Draba frigida Saut.
Epilobium Fleischeri Hochst.
Erigeron uniflorus L
Gentiana frigida Haenke.
Gentiana excisa Presl.
Herniaria glabra L.
Hieracium alpinum L.
Hutchinsia brevicaulis Hoppe.
Hypochoeris helvetica Wulf.
Juncus trifidus L.
Luzula spadicea D C.
Oxytropis triflora Hoppe.
Papaver aurantiacum Lois.
Pedicularis rostrata L.
Phyteuma hemisphaericum L.
Polypodium Dryopteris L.
Primula villosa Jacq.
Primula integrifolia L.
Ranunculus crenatus Bert.
Ranunculus rutaefolius L.
Rhododendron ferrugineum L.
Ribes petraeum Wulf.
Salix serpyllifolia Scop.
Salix foetida Schleicher.
Salix Myrsinites L.
Salix hastata L. `
Saussurea alpina D C.
Saxifraga moschata Wulf.
Saxifraga fonticola Kerner.
Scorzonera rosea W. K.
Sempervivum arenarium Koch.
-— -— -3 in
un
te Do a m eu odo Uu"
un
87
Auf kalkreichem Boden: Auf kalkfreiem Boden:
Silene alpesiris Jacq. Silene rupesiris L.
Thlaspi montanum L. Thlaspi alpestre L.
Thlaspi rotundifolium Gd. Thlaspi cepeaefolium Koch.
Veronica saxatilis Jacq. Veronica frutieulosa L.
Für den Gärtner enthalten nun diese beiden Verzeich-
nisse, ebenso wie die früheren Bemerkungen zwar schon
sehr wichtige Anhaltspunkte für die Wahl der Bodenart
bei der Cultur der Alpenpflanzen. Um aber diese Wahl
demjenigen, der unser Buch praktisch ausbeuten will,
möglichst bequem zu machen, werden in der Tabelle,
welche am Schlusse dieses Capitels die Bodenverhältnisse
der Alpinen übersichtlich darstellen soll, auch die chemi-
schen Verhältnisse der Unterlage unter einer eigenen Ru-
brik für eine möglichst grosse Zahl von Alpinen noch
spezieller angegeben werden.
3. Die physicalischen Verhältnisse des
Bodens. `
Von den physicalischen Eigenschaften des Bodens
sind für uns von besonderem Interesse, einmal der Grad
der mechanischen Zertheilung des durch Verwitterung aus
dem unterliegenden Gestein entstandenen Detritus und die
damit zusammenhängende Festigkeit und Consistenz des
“Bodens, und dann zweitens die Hygroscopizität desselben,
das ist die Fähigkeit, das Wasser aus der Atmosphäre
zu absorbiren und zurück zu halten.
Was zunächst den Grad der mechanischen Zer-
theilung anbelangt, so können wir den Boden, welcher
in der freien Natur mit Pflanzen bewachsen erscheint, mit
Ausserachtlassung jener Modificationen, welche durch Bei-
mengung von Humus veranlasst werden, in drei Klassen
eintheilen.
Die erste Klasse umfasst jene Böden, welche aus ver-
hältnissmässig wenig zertrümmertem Gestein, also aus
88
Felsmassen, grobem Geröll und Schotter bestehen , die
zweite Klasse begreift die Böden mit fein zertheilter, aber
nur lose zusammenhängender Masse, die im Allgemeinen
als Sandböden bezeichnet werden können, und die dritte
Klasse endlich umschliesst alle jene aus ausserordentlich
fein zertheilter, gut zusammenhängender Masse bestehen-
en Bodenarten, welche man mit dem Namen Lehmböden
belegen kann.
Auf den Flächen der Felsmassen haften nur Flechten
und Moose. Wenn dort eine höher organisirte Pflanze
auf den ersten Augenblick auch in dem nackten Gestein
zu wurzeln scheint, so zeigt sich doch bei näherer Unter-
suchung, dass ihre Wurzeln nur in einem feinen Detritus
oder in einer Humusmasse stecken, welche die Nischen,
Risse und Klüfte des Felsens ausfüllt. ^ Aehnlich verhält
es sich auch auf den aus grossen Steintrümmern gebil-
deten Geróllhalden und Schotterbünken. Die hóher, organi-
sirten Pflanzen, welche dort aufwachsen, wurzeln eigent-
lich nicht in dem Gerólle, sondern nur in dem Schlamm,
Sand oder Lehm, welcher tief unten die Zwischenräume
der Geröllmassen ausfüllt. (Vergl. S. 48.) Wir können
darum auch die erste der drei oben aufgestellten Boden-
kategorien immer auf eine der beiden anderen Bodenarten
beziehen, und es genügt zu unseren Zwecken vollkommen,
wenn wir den Boden in Betreff seiner mechanischen Zer-
theilung in Sand- und Lehmboden eintheilen.
Bei der Cultur der Alpinen verwenden wir auch immer
nur die eine oder andere dieser Bodenarten, und sind bis
jetzt damit immer noch ganz gut ausgekommen. Die
Erfahrung hat uns aber auch gelehrt, dass bei einer un-
richtigen Anwendung des Sandes oder Lehmes viele Alpen-
pflanzen in kurzer Zeit zu Grunde gehen, und dass daher
auf die richtige Wahl des einen oder anderen die grösste
orsicht verwendet werden muss. Manche Lehm verlan-
gende Pflanzen, wie z. B. Saxifraga biflora und stenopetala
sterben, wenn man sie in sandigen Boden pflanzt schon
89
in wenigen Monaten ab und zwar selbst dann, wenn man
den Sandboden fortwährend feucht erhält, und dadurch
die gleichmässige Durchfeuchtung, welche der Lehm vor
dem Sande voraus hat, herstellt. Umgekehrt verlangen
manche Pflanzenarten, wie z. B. Herhiaria alpina, möglichst
losen Sandboden, und würden in Lehm gepflanzt rasch
vergilben und verdorren. Welche Ursachen hier wirk-
sam sind, ist uns noch völlig räthselhaft. Es ist daher
auch nicht möglich, auf Grundlage wissenschaftlich fest-
gestellter Sätze eine Regel für die praktische Cultur ab-
zuleiten, und wir müssen uns vorläufig ausschliesslich an
die Erfahrung halten. Aus diesem Grunde habe ich auch
-in der Tabelle, welche am Ende dieses Capitels das Ver-
halten der Alpinen zum Boden übersichtlich darstellt, alle in
der freien Natur und im Garten in der eben besprochenen
Richtung gewonnenen Erfahrungen benützt, und jedesmal,
so gut als ich es wusste, angegeben, welche Bodenart
für eine gegebene Pflanze zu wählen sei.
Welche grosse Bedeutung die zweite oben berührte
physicalische Eigenschaft des Bodens, nämlich die wasser-
haltende Kraft und die Fähigkeit, das Wasser
ausder Atmosphäre zuabsorbiren, für die Alpen-
pflanzen haben muss, geht wohl aus den in früheren Ca-
piteln erörterten Lebensbedingungen der Alpinen hinreichend
hervor. Es ist uns bekannt, dass die ungleichmässige
und zeitweilig verminderte oder unterdrückte Durchfeuch-
tung des die Wurzeln der Alpinen umgebenden Erdreiches
geradezu tödtlich auf die meisten Alpenpflanzen einwirkt,
und dass in der Hintanhaltung einer solchen Ungleichmäs-
sigkeit eine der wichtigsten Aufgaben der Alpenpflanzen-
cultur liegt. Nun weiss aber jeder . Pflanzenzüchter aus
der Erfahrung nur zu gut, wie ausserordentlich schwierig
es ist, das Substrat der Alpinen in unseren niederen Ge-
genden mit Erfolg in jenen gleichmässigen Feuchtigkeits-
zustand zu versetzen, welcher in der alpinen Region eine
so grosse Rolle spielt. — Der reine Humus hält wohl
90
die Feuchtigkeit eine gute Weile zurück. N
weise beobachtet man aber, dass derselbe in unseren Gärten
selbst jenen A isis sak die.in ihrer Heimat sich ganz
reinen tiefen Moder aufsuchen, nicht recht zusagt. Es
scheint, dass in der hóheren Temperatur unserer niederen
Gegenden der Humus ganz andere chemische Umwand-
lungen erleidet, als in der niederen Temperatur der alpinen
Region, und dass seine in hóherer Temperatur gebildeten
Zerseizungsproducte den alpinen Pflanzen nicht so gut be-
hagen. Man hat aus diesem Grunde auch den Humus so
weit als möglich bei der Cultur der Alpenpflanzen aus-
zuscheiden und ihn durch schweren Lehmboden zu er-
seizen gesucht. Allerdings hält nun der schwere Lehm-
boden die Feuchtigkeit recht gut durch lange Zeit zurück
und vermag durch diese seine Hygroscopieität in vielen
Füllen den Humus vollstándig zu vertreten, aber für viele
Alpenpflanzen ist derselbe geradezu tödtlich- und daher
für diese durchaus nicht anwendbar. Der lockere Sand-
boden endlich wird in unseren Gärten nur ausserordent-
lich schwierig in jenem gleichmässigen Feuchtigkeitszu-
stande erhalten, welchen die in ihm gepflanzten Alpinen
verlangen.
Diese Schwierigkeiten drängten mich zu Versuchen,
welche sich die Aufgabe stellten, für jede Bodenart einen
Feuchtigkeitsregulator zu finden, der mit dem Vortheile
grosser Hygroscopieität nicht die eben berührten Nach-
theile des Humus und der Thonerde verbindet. Nach
mannigfaltigen Experimenten kam ich dabei auf die Idee,
das Torfmoos (Sphagnum), welches bekanntlich durch
seinen ganz eigenthümlichen anatomischen Bau geeignet
ist, das Wasser wie ein Schwamm zurückzuhalten, welches
ferner der Fäulniss vollkommen widersteht, und welches
bei dem Umstande, als es fast aus reiner Cellulose be-
steht, auch durch anorganische Bestandtheile auf keine
Pflanzenart nachtheilig einwirken kann, in. Anwendung.
zu bringen. Es wurde zerhacktes Sphagnum mit Thon-
-
dep
91
erde, Sandboden u. dgl. gemengt, und siehe da, allé in
diese Gemenge gepflanzten Alpinen gediehen nun in aus-
gezeichneter Weise. Pflanzenarten, welche früher über
kurz oder lang regelmässig zu Grunde gegangen waren,
senkten jetzt in die durch das Sphagnum gleichmässig
feucht gehaltene Erde ihre tiefgehenden Wurzelfasern hinab
und brachten zu unserer grossen Freude die schönsten '
Blüten und Früchte hervor. — Der lockere Sand wird
durch die Beimengung von zerhacktem Sphagnum stets
feucht erhalten, der schwere Lehmboden wird durch Unter-
mischung des genannten Mooses locker und porós und
daher für die Pflanzenwurzeln viel leichter durchgängig,
und selbst der schwarze Humus mit Sphagnum gemengt,
zeigt nicht mehr jene nachtheiligen Einflüsse, deren wir
oben Erwühnung gethan haben. Viele Pflanzen, welche in
den Alpen in der Regel nur in tiefem Humus gedeihen,
wie z. B. Rhododendron ferrugineum, Empetrum nigrum,
Linnaea borealis, Lycopodium alpinum, Blechnum boreale,
Daphne striata, Lloydia serotina, Trientalis europaea u. dgl.
pflanzten wir geradezu mit dem besten Erfolge in ein
Gemenge aus schwarzem Humus und zerhacktem Spha-
gnum, und in der Anwendung dieses Mittels liegt daher
jedenfalls eines der gróssten und wichtigsten Geheimnisse
der Cultur der Alpenpflanzen.
Die Menge des der Erde zuzusetzenden Sphagnums ist
sehr ungleich. Gewöhnlich genügt der Zusatz von einem
Drittel Torfmoos. Nur bei den humusliebenden Pflanzen
wenden wir mit Erfolg auch eine grössere Quantität an,
und es kann wohl im Allgemeinen als Regel gelten, dass
man desto mehr Torfmoos nimmt, je mehr die Pflanze
an ihrem ursprünglichen Standorte den -Humus aufsucht.
Aus den bisherigen Erórterungen über die Zusammen-
setzung des bei der Cultur der Alpenpflanzen anzuwen-
denden Erdreiches geht hervor, dass man stets eine hin-
-
92
reichende Menge von Torfmoos, Humus, kalklosem und
kalkhältigem Lehm und Sand vorräthig halten muss. — Es
sind dies Materialien, die man wohl in den meisten Ge-
genden sich aus nächster Nähe verschaffen oder doch ge-
wiss mit geringen Kosten aus nicht grosser Ferne bringen
lassen. kann.
Da es manchem vielleicht erwünscht sein könnte,
über die Gewinnung dieser Materialien selbst noch einige
Winke zu erhalten, so möge hier tolgdadits beigefügt
werden.
Das Torfmoos aai man am besten aus irgend
einem Hochmoor. Besonders gut eignet sich Sphagnum
cymbifolium. In Ermanglung dieser Art kann aber auch
jede andere Sphagnumspezies mit Erfolg verwendet werden.
r beste Humus zur Cultur der Alpenpflanzen ist
jener, welcher aus Coniferenwaldungen herstammt. Auch
ausgelagerter Torf aus Hochmooren kann mit Vortheil
benützt werden. Am wenigsten eignet sich Torf aus
Grünlandsmooren und Humus aus Laubwäldern.
Was den kalkfreien Lehm anbelangt, so benützen
wir eine Lehmerde, welche durch Verwitterung des Thon-
schiefers entstanden ist. Lehm, welcher durch Verwit-
terung eines anderen, Thonsilicate enthaltenden Gesteins
(Granit, Gneis etc.) sich bildete, wird übrigens dieselben
Dienste thun. Man unterlasse aber ja nicht, den Lehm
vor seiner Benützung zu prüfen, ob er nicht etwa doch
kalkhältig ist, da bekanntlich selbst die aus gewissen
Graniten hervorgegangene Lehmerde manchmal etwas Kalk
enthält, und selbst eine noch so geringe Menge auf einige
Pflanzen ungünstig einwirken würde.
Der beste kalkreiche Lehm ist der Löss, d. i.
diluvialer Lehm, wie er sich im Stromgebiete des Rheins,
der Donau u. s. f. als mächtige Decke über anderen Ab-
lagerungen vorfindet. Ausserdem natürlich auch jede an-
dere durch Verwitterung aus thonhältigen Kalksteinen,
Mergelschiefern u. dergl. entstandene Lehmerde, wenn
s Thor- |
-
N
93
ihr durch das atmosphärische Wasser noch nicht aller
Kalk entführt worden ist.
Guten kalkfreien Sand liefert fast jedes Bachufer
in Granit-, Gneis- und Quadersandsteingebirgen. Auch
tertiäre und diluviale Sandhügel geben manchmal kalk-
freien Sandboden, der zum Zwecke der Cultur vortrefflich
benützt werden kann.
Was schliesslich den kalkhältigen Sand anbelangt,
so kann in Gegenden, wo Kalk ansteht, oder wo Flüsse
- und Bäche verlaufen, die aus Kalkgebirgen herkommen,
der gewöhnliche Flusssand benützt werden. Dort wo der
tertiäre oder diluviale Sand kalkhältig ist, kann auch
dieser mit Erfolg in Verwendung gezogen werden.
Zum Schlusse dieses Capitels schalten wir nun die
schon im Vorhergehenden erwähnte Tabelle ein, welche
in übersichtlicher Weise das Verhalten zahlreicher Alpen-
pflanzen zum Boden darstellt, und zu deren Erläuterung
wir hier nur noch beifügen, dass die Zahlen 1, 2, 3 in
der Rubrik „Generation“ anzeigen, ob die nebenbei ver-
zeichnete Pflanze in der freien Natur die Rolle einer
ersten Ansiedlerin spielt und daher auch bei der Cultur
keines Humus bedarf, oder ob.sie erst in der zweiten
Generation als Element einer geschlossenen Vegetations-
decke auftritt und eine beiläufig zur Hälfte mit Humus
versetzte Erde verlangt, oder ob sie endlich als Bestand-
theil der dritten Generation zum guten Gedeihen einen
fast auschliesslich aus Humus gebildeten Boden zum guten
Gedeihen nothwendig hat.
Tabelle
zur Erläuterung der Bodenbedürfnisse der Alpenpflanzen.*)
| FI
ANE : Mec
Name der Pflanzen. ck E a nische Qua-
Ws E Qualität. Vitát.
S
Achillea atrata L. PS | gleichg. | lehmig
" Clavenae L i | kalkh. |. ,
»„ . Clusiana Tsch ies > 2
„ macrophylla L. 2 | gleichg. | gleichg.
schata Wulf. | 1 kalkfrej | sandig
Aconitum Anthora L | 2 | gleiche. wi
j Napellus L. | 2 » gleichg.
& paniculatum Lmk. | 2 “
t Thelyphon. Rchb. | 2 kalkfrei sandig
2 Vulparia Rchb. 2 kalkh. | ,
» variegatum L. 2 | gleichg. z
Adenostyles albifrons Rchb. 2 kalkh. 3
" alpina h 2 gleichg. "
Aethionema saxatile . R. Br. 1 kalkh. "
Agrostis alpina Scop. 2 PP lehmig
" rupestris All. 2 ^
Aira montana L. 2 kalkfrei sandig
Ajuga pyramidalis L. o5 » lehmig
Alchemilla alpina L. |, 2 | gleichg. | gleichg.
a fissa Schum. | 4—2 | kalkfrei ; sandig
» pentaphylla L. 2 á »
*) Es wurden in die Tabelle auch einige Pflanzen, wie z. B
Arnica montana, Atragene alpina, Cyclamen europaeum, Linnaea
borealis etc. aufgen ee: rc streng genommen den Namen
Alpenpflanzen nicht erdienen, welche aber in Gärten doch
am zweckmässigsten ar ar Albenpil anzenanlage cultivirt werden.
Was die Abkürzungen in der Tabelle anbelangt, so bede utet
gleichg. dug kalkh. kalkhältig und dolom. dato
mitisch. — In B s der Bedeutung der "Zahlen lazo
weisen wir auf S.
Name der Pflanzen.
Allium re Willd.
Victorialis L.
Allosurus oris Bernh.
Alnus viridis L.
Alsine aretioides M. K.
„ laricifolia Whlbg.
recurva Whlbg.
Alyssum alpestre L.
ulfenianum Bernh.
Andromeda polifolia L.
Androsace carnea
3$
e
a
=
E
£2
e
£2
un
=
e
==
un
E
helvetica Gaud.
lactea Vill.
obtusifolia All. .
one alpina L.
baldensis L.
narcissiflora L.
Pry x
>.
=
©
EN
u
qos
=
"3 SE
i
[«7]
$5
Aniliemis dio ina L.
Aposeris'foetida Less.
Aquilegia alpina =
atrata
Bauhini Schott
Arabis alpina L.
» bellidifolia Jacq.
cher die Pflanze an-
getroffen wi wird.
Generation, in wel-
|| | ww
oo
NEST)
—
[iv]
—
w | D o o kk 4 29 — —
t2 i ;
[ov]
e
home RO RO RO UO C» RO RO tO tO ] vo
GAS
Qualität.
iege:
kalkfrei
N,
kalkh.
gléichg.
kalkfrei
kélkftei
kalkh.
»
?
kalkfrei
gleichg.
kalkh.
sandig
lehmig
»
sandig
lehmig
N
gleichg.
sandig
S S 3 3
Name der Pflanzen.
Arabis ciliata R. Br.
rul
„ coerulea Haenk.
» pumila Jacq.
» ir Vill.
sis Wulf.
Arctostaphylos alpina Spr.
officinalis W. e. G.
Arenaria ` biflora L
5 grandiflora All.
t multicaulis Wulf.
Marschlinsii Koch.
Arbüd Vitaliana L.
Armeria alpina Willd.
Arnica montana L.
Aronia rotundifolia Pers.
Aronicum Clusii Koch
gla ciale Rchb.
corpioides Koch
Artem janata Willd.
tellina Vill.
nana Gaud.
cata Wulf.
pu neuleatum Döll
achitis Sw.
Ürooht eris Sw.
Asplenium S nigr. L.
ynii Retz.
5 septentrion. Sw.
E Selosii Leyb.
» E Kit
= viri
Aster alpinus L.
ar
= E P Cheniliélid Mecha-
E z E | Qualität. nishi Qua-
KE E lität.
E55
og ho
š | pama lehmig
1. | kalkh. | sandig
1—2 | mi Eci
1 kalkfrei 3
3 | gleichg. | lehmig
2—3 » »
1 kalkfrei ^
1 kalkh. “
1 ?» N
1—2 | kalkfrei | gleichg.
1 " sandig
2 kalkh. | gleichg
2 gleichg. »
2 | kalkfrei | lehmig
2 kalkh. | gleichg.
: gleichg. | lehmig
1 $ ,
1 kalkh. "
1 kalkfrei 8
1 F sandig
1 ^ .ehmig |
2—3 | gleichg. | gleichg.
2—3 à lehmig
2—3 | kalkfrei >
2 gleichg. | sandig
2 kalkfrei | ©
^ 29 s *
2 | dolomit "
1—2 | kalkh. -
2—3 | gleichg. | gleichg.
1—2 y ?
97
Kerner, Alpenpflanzen.
an.
Tr
= a P ; :
Name der Pflanzen. EX De nische Qua-
So Z Qualität. Hah
B o e
SIC
. Astrantia € Schlz. Bip. 2 kalkh. gleichg.
- niolica Wulf. 2 > IT s
z^ major 4 2 gleichg.
mino 2 kalkfrei »
Athamanta ER i 129 kalkh. sandig
> Matthioli Wulf. 19 5 $3
Atragene alpina L. 2 chg. | gleichg.
Avena alpestris Host. 2 kalkh. sandig
» distichophylla Vill. 1 2 host
. sempervirens Vill. 2 5 lehmig
„ Subspicata Clairv 1—2 | kalkfrei á
versicolor Vill. 2 x 5
Azalea procumbens L. 3 F $
Bartsia alpina L. 2 | gleichg. »
Bellidiastrum Michelii Cass. | 1—2 | kalkh. sandig
Betonica Alopecurus L 2- x lehmig
etula pubescens Ehrh 3 | kalkfrei =
Biscutella laevigata L 1—2 | gleichg. | .sandi
Blechnum Spicant Roth 3 kalkfrei | lehmig
Braya qst Stbg 1—2 , kalkh. sandig
» pinnatifida L. 1 kalkfrei >
Nalak salicifol. 1—2 | kalkh. | gleichg.
Bupleurum i Vahl. 2 gleichg -
unculoides L. | 2 5 E
Gililügronis nella Hst. | 1—2 | kalkfrei | sandig
Calamintha alpina Lmk 1 gleichg. | gleichg.
Calluna vulgaris Salisb 1—3 | kalkfrei »
Campanula alpina Jacq. 2 kalkh. 5
$ barbata L. 2 kalkfrei | lehmig
» caespitosa Scop. 1 kalkh. | gleichg.
» Morettiana Rchb. 1 E sandig
" pulla L, 2 5 lehmig
? pusilla Haenk. 1 gleichg.
TH
BRE h
:S Chemische ar
Name der Pflanzen. 2E Qualität, [mische Qua
23 E lität
$$"
Campanula en L. 2 gleichg. | lehmig
i Wulf. 2 kalkh. | sandig
Cardamine ks Willd. 1 kalkfrei >
resedifolia L. 1 s :
Carex alba Scop., 2 |- kalkh. x
» aterrima Hoppe 2 | gleichg. s
». . alrata-L, 2 D "
» Capillaris L 2 | gleichg. á
, capitata L . 9. |.kalkfrei | lehmig
». curvula Al 2 E X
» ferruginea Scop 2 | gleichg. "
» firma Hos 2 kalkh. | gleichg.
» frigida All 2 | kalkfrei-| sandig
» fuliginosa Schk 2 į gleichg. | lehmig
» hispidula Gaud. 2 | kalkfrei | gleichg.
» -irrigua Sm. EE | lehmig
. lagopina Wahl. 1—2 sandig
„ membranacea Hoppe | 2—3 gleichg. indt
» mucronata All. 2 kalkh. is
„ nigra 2 | gleichg =
» Persoonii Sieb. 3 | kalkfrei | lehmig
» sempervirens Vill. 2 | gleichg. | sandig
ost. 2 |. kalkh. u
Centaurea Moss: L. 2 z gleichg.
» nervosa W. 2 * lehmig
phr = L. 2 kalkfrei i
Cerastium alpinum L. 1 gleichg. | sandig
latifolium L. 1 x »
ovatum Hoppe 1 kalkh. ?
Cerinthe A Kit. 1 5 x
Chamaeorchis alpina Rich. 2—3 | gleichg. | lehmig
Cherleria sedoides L 2 » »
Chrysanthemum alpinum L. 1 kalkfrei | sandig
i
Name der Pflanzen.
Chrys. coronopifolium Vill.
a Lk.
Circaea alpina
Cirsium acaule All.
* Taari. All.
pinosiss. Scop.
Codhlearià boc Lmk.
Crepis alpestris Tsch.
s blattarioides yill.
Crocus vernus All.
Cyclamen europaeum Mill.
Cypripedium Calceolus L.
Tie alpestris Stbg.
inus L.
" glacialis Haenke
silvestris Wulf.
Doronicum austriacum Jacq.
cordifolium Sternb.
Draba aizoides L
» frigida Saut.
Sauteri Hopp.
tomentosa Whlb
333
bruckneri Host.
Zahl
Drosera rotundifolia
» longifolia L.
5 obovata M. K.
Wahlenbergii Hartm.
5a
Tr
p x Chemische | Mecha-
$25 Guanti |" me Qua-
E38 lität.
E E Bb |
58
kalkh. lehmig
2—3 | gleichg. | sandig
2 kalkh. lehmig
2 kalfrei "
2 , gleichg. *
1 kalkh. sandig
1—2 x
2 gleichg. »
1 kalkh. | gleichg
2 gleichg. | lehmig
2 kalkh gleichg.
2 | kalkfrei | lehmig
1—2 | kalkh sandig
1—2 | gleichg ehmig
2 kalkh gleichg
2 * sandig
2—3 " lehmig
3 » »
2 * sandig
2 ? »
1 kalkfrei *
2 | gleichg. :
2 » »
2—3 | kalkh. »
2 » »
2 | kalkfrei ?
2 kalkh lehmig
2 » 39 x
2. | kalkfrei | sandig
2 » ?
3 » lehmig
3 ^ ^
3
N
Name der Pflanzen.
Dryas octopetala L.
Elyna spicata Schrad.
Empetrum nigrum L
un alpinum L.
5 odonäi Vill.
» dein Hochst.
anifol. Lmk.
Epimedium "alpin L.
Erica carnea L.
Erigeron alpinus L.
uniflorus L.
Erinus alpinus L.
en alpinum L.
euchzeri Hppe.
e T nanum Schrad.
Eryngium alpinum
' -Erysimum Cheiranthus Pers.
Euphrasia minima Rch
5 a ae Funk
cuspidata
Festuca Hallen Vill.
Scheuchzeri Gaud.
Vill.
Galium helveticum Weig.
Gentiana acaulis L.
" asclepiadea L.
: avarica L.
» brachyphylla Vill.
x excisa Presl.
Generation, in wel-
cher die Pflanze an-
getroffen wird.
Chemische
Qualität.
kalkh.
kalkfrei
N
gleichg.
kalkh.
kalkfrei
gleichg.
N
kalkh.
gleichg.
kalkfrei
gleichg.
kalkfrei
kalkh.
kalkfrei
gleichg.
kalkfrei
kalkh.
gleichg.
kalkfrei
Mecha-
lität.
——
gleichg.
! lehmig
».
sandig
gleichg.
”
sandig
»
”
?»
lehmig
lehmig
”
N
sandig
lehmig
sandig-
gleichg.
? *
sandig
lehmig
nische Qua-
FANE NS
=
=
-o
lehmig
sandig -
»
d
2E
L8 E | Chemische | Mecha-
Name der Pflanzen. Ebr & Qualität, nische Qua.
: FGE lität.
$3
Gentiana High Hke. 2—3 | kalkfrei | gleichg.
à mbricata Frl. 2 kalkh. | lehmig
2 leichg.
nana Wulf. 2 : $ = x
nivalis L. HEU F »
» . pannonica Scop. 2 $ $
» prosirata Hke, 2 » »
Y pumila Jacq 2 .| kalkh. "
" punctata L 2 kalkfrei x
purpurea L. 2 gleichg *
Mi tenella Rottb. 2 kalkfrei | - „
á verna L. 2 gleichg $
Geranium argenteum L. 2 alkh sandig
haeum L 2 | gleichg. | lehmig
silvaticum L. 2 » gleichg
Geum montanum L. 2 lehmig
pue L. 1:38 kalkfrei sandig
vale L. 2 | gleichg. | gleichg.
Globularia Merian L. 1—23 alkh. :
aulis L. 2 . lehmig
aan. carpat Whlbg. 2 kalkfrei »
» Leontopod. Scop. 2 gleichg sandig
5 ann Gun. 2 | kalkfrei | lehmig
» supinum L 1—2 | gleichg :
Gymnadenia odoratiss. Rich. 2 kalkh. | sandig
Gypsophila repens L. 1 | gleichg. | gleichg.
Hacquetia Epipactis DC. 2 7 »
Hedysarum obscurum L, 2 » lehmig
Helianthemum x di Rchb. 2 kalkh. | gleichg.
Helleborus niger L. 2 » »
Heracleum asperum M. B. | 1-2 ^ ».
ustri Li 2 m sandig
Herminium Monorchis R. Br. 2 lehmig
in wel-
102
Name der .Pflanzen.
. Herniaria alpina Vill.
Hieracium albidum Vill.
» alpinum
" angustifol. Hppe.
; urantiacum
5 bupleuroid. Gml
in dentatum VES
villosum dis
Hippocrepis comosa L.
Homogyne alpina Cass.
discolor Cass.
Horminum pyrenaicum L.
Hypericum alpinum W. K.
Hypochoeris helvetica Jacq.
Hutchinsia alpina R. Br.
br a: Hpp.
Iberis saxalilis L.
Imperatoria Me TERR L.
Juncus arctic
» igl
Juniperus nana Willd.
Knautia longifolia Koch
Kobresia caricina Willd.
Kóleria hirsuta Gd.
Laserpitium alpinum W.K.
sutum Lmk.
Lasiagrostis Ohahg: Lk.
cher die Pflanze an-
getroffen wird.
Generation, in wel-
Chemische
‚Qualität.
ar
[iv]
t2 C2
e c2
kalkfrei
»
»
»
gleichg.
kalkh.
»
gleichg.
kalkh. .
kalkfrei
*
kalkh.
kalkfrei
kalkh.
gleichg.
kalkfrei
alkh.
kalkfrei
”
gleichg.
kalkh.
| kalkfrei
»
”
» ?»
kalkh. | gleichg.
Mecha-
nische Qua-
lität,
sandig
lehmig
”
?»
sandig
lehmig
gleichg.
” LI
sandig
gleichg.
sandig
?»
lehmig
p
?
p)
?
»
?
N
ed
andig
leichg.
sandig
ehmig
l :
5A
EE:
E | E EP Chemische
Name der Pflanzen. | SA £ a. nische Qua-
SE lität.
TEE
58
Leontodon eet Roth. 1 kalkh. sandig
5 nus Schrk 1—2 $ 5
$ Esteneio. Gouan. | 1—2 | kalkfrei »
Taraxaci Lois 1 gleichg. | lehmig
Lilium bulbiferum L. m) £ *
Linaria alpina Mill 1 £ sandig
Li a borealis 3 kalkfrei -
Linum alpinum Jaeq. 2 kalkh. pac
Listera cordata R. Brwn. 3 | gleichg. ndig
Lloydia serotina Salisb. 3 | kalkfrei
Lonicera alpigena L. 2 kalkh. gleichg.
y coerulea L. 3 gleichg. | lehmig
|. nigra L. 2 | kalkfrei | gleichg.
Lomatogonium carinth. A. Br. 2 1 $ x
Luzula lute C. 25 > x
» abii DC. 3 kalkh. sandig
. nivea D C. 2 á »
. spadicea D C. 2 į kalkfrei "
spicata D € 2 = lehmig
Lyehnis alpina L. c9. | gleichg. | sandig
Lycopodium alpinum L. 3 | kalkfrei | lehmig
ela ago L. 3 » »
Malaxis monophyllos Sw. 3 | gleichg. | sandig
Meum athamanticum Jacq. 2 kalkh. Ep,
» Mutellina Gaertn. 2 | gleichg. | lehmig
Montia minor Gm 1 kalkfrei | sandig
Móhringia muscosa L. 1—2 | kalkh. »
». polygonoides M. K. 1 ER ?
Mulgedium alpinum Less. 2 gleichg. | gleichg.
Myosotis suaveolens Kit. 2 »
Myricaria ir ^uid Dw 1 » sandig
Nardus str 2 | kalkfrei | lehmig
Nigritella angustifolia Rich. 2 | gleichg. ^
2
$8 |e* imis
i |
A m Chemische — Mecha
Name der Pflanzen. SEG daiat ea
nn B lit
CES
58
Nothochlaena Marant. R.Br. | 2—3 | gleichg. sandig
Oxyria digyna Cambd. 1 kalkfrei »
E opis campestris D C. 2 5 lehmig
yanea 2 i -
^ foetida D C. 2 á "
T Halleri Bung. 2 x »
* lapponica Gd. 2 sh »
h moniana D C. 2 kalkh. "
triflora Hoppe 2 kalkfrei "
Paederota ceri L. 2 kalkh. | gleichg.
on 2 * »-
Papaver auraniacum Lois. 1 kalkfrei | sandig
Ts 1 kalkh. =
Pedicularis Jenni Koch 2 $ lehmig
x tuberosa L. 2 kalkfrei "
A versicolr Whg. 2 z »
rticillata L, 2 kalkh. *
Petasites ius Gaertn. 2 | gleichg. | sandig
s Baumg. 1 kalkh. z
Peata: DER Brw, 1—2 d »
Phaca alpina Jacq. ` 2 | gleichg. | lehmig
„ &siragalina D C. 2 kalfrei »
, australis 2 gleichg. "
» rigida L 2 » x
Phleum alpinum E » "
» Michelii All 2 = M
„Phyteuma comosum L. 1—2 | kalkh. sandig
» . Halleri All. 2 | gleichg. i lehmig
E hemisphaeric. L. 2 | kalkfrei
= humile Schlch. 2 sandig
» Michelii Bert. 2 $ lehmig
= orbiculare L. 2 kalkh. E
= pauciflorum L. 2 kalkfrei
I
8.
È og
BB : Mecha-
= 8 Chemische
Name der Pflanzen. SEQ UC nische Qua-
wg lität.
155
Os
— Scheuchzeri All. 2 kalkh. lehmig
a Si ca eRsepeng. 2 » Ed
spicatum L. 2 ” »
Pimpinella ae Retz. 1 " sandig
Pinguicula alpina L. 1—3,| gleichg. | gleichg
Pinus Cembra L 1—2 | kalkfrei | lehmig
Mughus Scop. 1—3 | gleichg. | gleichg
Plantago alpina L. 1—2 | kalkfrei | lehmig
A atrata Hoppe 2 gleichg. »
Br. austr. Hffm. | 4—2 | kalkh. sandig
Poa alpina L 4 E
». Cenisia All. 1452. s
„ laxa Haenke 1 kalkfrei »
„ minor Gaud. 1 gleichg »
» sudetica Haenke 2—3 | kalkfrei | lehmig
KR amara Jacq. 1-—2 |. akalki sandig
maebuxus L. 2—3 5 gleichg
Polygonum Bletorta 2 1—2 | gleichg. | lehmig
m L. : 2 »
Potentilla pesti H Hall. fil. 2 kalkfrei. »
^ 2 gleichg. | gleichg.
" RE ee b. 1—2 | *alkh. sandig
, Clusiana Mr 1—2 = »
" frigida Vill 2 kalkfrei | lehmig
" grandiflora L 2 o»
* micrantha Ram. 1—92 | kalki: gleichg.
á minima Hall. fil. 2 lehmig
» multifida 3 kalkfze:
» nitida L. 1—2 | kalkh. gleichg.
nivea L. 2 j kalkfrei ra
Primula poulie Jeq. 1—3 | kalkh. lehmig
5 Auric 2-4 A gleichg.
» cen Jeq. sandig
aa
; PE
Asp «he | Mecha
=S Chemische
Name der Pflanzen. Ef: Qualität, |mische Qua-
E E lität,
E”
Primula. Clusiana Tsch. 1—2 | kalkh. sandig
" rinosa L 1—2 | gleichg. | gleichg.
" glutinosa Wulf. 2 kalkfrei sandig `
e integrifolia 2 * »
» longiflora Alls 2 | gleichg. | lehmig
» Jaaminima L. 2 A&BoM 2
» Salisburg. Flörke 2 kalkfrei T
» venusta Hst. 1—2 | kalkh sandig
š 2 | kalkfrei | lehmig
Ranunculus aconitifolius L. 2 ı gleichg sandig
„ alpestris 2 kalkh. ^
> anemonoides Zahlb. 2 z =
„ crenatus W: K. 2 | kalkfrei
> glacialis L. 1—2 3 -
» hybridus Bir. 2 kalkh. | lehmig
. montanus W. 1—2 5 leichg.
„ parnassifolius L. 2 | gleichg. | lehmig
» pygmaeus Wahl 1 kalkfrei | sandig
» pyrenaeus L 2 | gleichg. | lehmig
„a rutaefolius L 2 kalkfrei 3
» Seguieri Vill. 2 kalkh. x
A es) Hoppe 2 x š
Villarsii DC. 1—2 | kalkfrei | sandig
Rhamnus Huth L 1—2 | kalkh. á
Rhinanthus alpinus Baumg. | 2—3 | gleichg. 5
Rhodiola rosea L. —2 5 >
Rhododend. Chamaecistus L. | 2—3 | kalkh. »
» b re L. 3 | kalkfrei | lehmig
sutum L. 3 kalkh. ?
Kinoni "ba Val. J | kalkfrei "
Ribes alpinum L. 2 kalkh. | gleichg.
E WIf. 2 | kalkfrei »
Rosa alpina L. 2 | gleichg. | sandig
107
(-H-
Bor
er Chemische
5 agaa
Name der Pflanzen. She Qualit&t.
BOB
EE
OS
Rosa rubrifolia Vill. 2 | gleichg.
omifera Hrm. 2 5
Rubus saxatilis L. 2 kalkh.
Rumex alpinus L. 1—2 | gleichg.
arifolius All. 2 -
atus L. 1 kalkh.
Sagina saxatilis Wimmer 1—2 | gleichg.
Salix arbuscula 1—2 Lir
» glabra Scop 1 kalkh.
» glauca L 1 kalkfrei
» hastata L 1 gp
" bacea L. 1—2 »
`» - helvetica Vill. 1. »
» Jaequiniana Willd. 1—2 | kalkh.
„ myrsinites L 1—2 | kalkfrei
» retusa 1—2 | gleichg.
» reticulata L, 1—2 5
» serpyllifolia Scop. 1—2 | kalkfrei
„ Silesiaca W. 42 2
Saponaria itd L. 1—2 A
ocymoides L. 1—2 | gleichg.
Saussurea alpina DC. 2 | kalkfrei
discolor DC. 2 kalkh.
pygmaea Spr. 2 | gleichg..
Saxifraga ne L. 1—2 , kalkh. "|
» des L. 2 | gleichg. |
» l'on Jaeq. 1 kalkh. |
» androsacea L. ə | gleichg.
» aspera L. 2 | kalkfrei
» biflora All. 1 n
» bryoides L. 2 >
» Burseriana L. 1 kalkh. |
s caesia L 1 $ |
Mecha-
nische Qua-
lehmig
”
gleichg.
?»
sandig
?»
gleichg. `
sandig
”
lehmig
»
gleichg.
sandig
»
gleichg.
”
+:
ys Chemische
Name der Pflanzen. EE: e Giai nische Qua-
Suus litát,
Sa”
Saxifraga controversa Stbg. 1 kalkfrei | sandig-
s stata Vest. 1 kalkh. | gleichg
5 cuneifolia L 3 | gleichg. | lehmig
n elatior M. K 14 i d
» exarrata Vill 2 kalkfrei | gleichg
» Facchinii Koch 1—2 alkh andig
» hieracifolia W. K. | 4—2 | kalkfrei »
muscoides Wulf. 2 kalkh B
= mutata L. 1 T lehmig
* oppositifolia L, 4—2 | gleichg. =
5 petraea L. 1—2 | kalkh sandig
^ planifolia Lapeyr. | 4—2 | kalkfrei 5
" rotundifolia L. 2 | gleichg 3
» sedoides L 1 kalkh lehmig
" Seguieri Spr 1—2 | kalkfrei *
= squarrosa Sb 1 kalkh. A
» stellaris L, 2 | gleichg. | sandig
» mm Gaud. 1 E lehmi
enella Wulf. 2 á sandig
Scabiosa lucida Vill. 2 kalkh. | gleichg.
Scheuchzeria palustris L. 3 kalkfrei | lehmig
Scirpus caespitosus L. 3 3 T
» pauciflorus Lightf. 3 4 »
Scolopendrium offic. Sw. 2—3 | kalkh. sandig
Scorzonera *rosea 2 kalkfrei | lehmig `
Sedum annuum L. 1 » sehr
» airatum L. 1 gleichg. | sandig
» dasyphylum L. 1 á »
, Fabaria Koch 1—2 » »
„ hispanicum L. 1—2 | kalkh. ^
» reflexum 1—2 | gleichg. ,
r s Schleich. 1 kalkfrei =
Selaginella heivakioa Spring. | | gleichg. | gleichg.
:
uH
Po
BERT. Mecha-
nS Chemische
Name der Pflanzen. E E ee nische Qua-
S B lität.
Selaginella spinulosa A. Br. | 2—3 g. | gleichg.
Sempervivum arachnoid. L. 1 kalkfrei sandig
U Braunii Funk 1 d >
^ Funkii Braun 1 z x
» montanum L. 1 » x
Wulfenii Hpp. 1 > 5
Senecio abrotanifolius L, 1—2 | gleichg. »
» carniolicus. Willd. 2 kalkfrei :
$ atu ch 2 | gleichg. | lehmig
" Doronicum L Ns. gleichg.
" incanus L. 1—2 kalkfrei sandig
) nebrodensis Guss. | 4—2 | gleichg. »
$ uniflorus All. 2 kalkfrei *
ubalpinus Koch. 1—2 | gleichg. | lehmig
Sesleria disticha Pers. 2—3 | kalkfrei »
» microcephala D C. 2 | gleichg "
sphaerocephala Ard. 2 kalkh m
Sibbaldia procumbens L 2 | kalkfrei | gleichg.
Silene acaulis L 2 leichg *
» alpestris Jacq. 1—2 | kalkh sandig
» Pumilio Wulf 2 | kalkfre -
» quadrifida L. 2 | gleichg b
5 uc L. 1 kalkfrei | gleichg.
axifraga L. 1—2 | kalkh. sandig
Sohtanella alpina L. 2 | gleichg. | gleichg.
: minima- Hopp. 2 5 2
2 montana W. 2—3 » sandig
pusilla Baumg. 2 ei gleichg.
Sorbus Chamaemespil. Crtz. 2 kalkh. | lehmig
Soyeria ni Koch 1 E $
montana 2 » u^
Spiraea Aruncus E 2 | gleichg. | sandig
Stachys alpina L. 2 » gleichg.
Si,
i
BRE
<2 q | Chemische echa-
Name der Pflanzen. EBE Qualität. nische Qua-
SE: lität
a & 5
Og
Stellaria cerastoides L 2—3 | kalkfrei | lehmig
rieseana Ser. 2—3 z sandig
Streptopus amplexifol. DC. 2 T gleichg.
Struthiopteris EAE WI ds »
Sturmia Loeselii Rb J. | gleichg. lehmig
Swertia ren L 3 š gleichg.
punctata Baumg. 2 -| kalkfrei | sandig
Teucrium montanum L. 1—2 kalkh 3
Thalictrum alpinum L. 2 j kalkfrei x
» aquilegifol. L. _ 2 | gleichg A
foetidum L. 2 kalkfrei á
Thesium alpinum L. 2 | gleichg. | lehmig
Thlaspi alpestre L. 2 | kalkfrei | sandig
» alpinum Je 1—2 | kalkh i
A cepeaefolium Koch 1 kalkfrei à
undifolium Gaud. 1 kalkh i
Tolieldia oral Wahlbg. 3 kalkfrei | lehmig
calyculata Wbg. 2 kalkh gleichg.
Trientalis europaea L. 3 | kalkfrei | lehmig
Trifolium alpinum L. 2 á »
» dium Schrb 1 2 sandig
» caespitosum Reyn 1 X =
pallescens Schrb S > ^
saxatile All 1 e >
Trollius europaeus L. 2 | gleichg. | lehmig
Vaccinium Oxycoccos È. 3 kalkfrei s
x uliginosum L. 3 » ^
Vitis Idaea L. Duci ` m
Valeriana celtica L. 2 | gleichg. | sandig
i elongata L. 2 kalkh. "
» montana L. 1—2 | gleichg. "
» saliunca All. 1 kalkh. »
x saxatilis L. 1 3 »
Valeriana wre L.
Veronica alpina L.
2
Vicia oroboides WIf.
Viola alpina Jacq.
i M L.
„ Ccalcarata L
x ind bei
2
*8
Ba
BRE i echa
: ns: Chemische
Name der Pflanzen. Ep TU nische Qua
RES E litát
tr
kalkh.- | sandig
iripteris L. 1—2 | gleichg. "
1—2 5 gleichg.
phylla L. 1—2 | kalkh. lehmig
^ bellidioides Wulf. 2 kalkfrei »
s fruticulosa L` 1 i sandig.
a saxatilis Jacq. 1 kalkh. 5
urticifolia Lmk. 2 | gleichg. | gleichg
* 2 kalkh. sandig
2 2 lehmig
iflora 1—2 | gleichg. | sandig
2 » ?
2 kalkfrei 5
pinnata L. 1—2 | kalkh. z
Woodsia Inperbore Koch | 2—3 ! kalkfrei x
abella R. Br. 2—3 | dolomit. | sandig
Wulfenia carinthiaca Jeq. 2 gleichg. | lehmig
Zahlbrucknera paradoxa Rb. 1, | kalkfrei | sandig
112
Siebentes Capitel.
Bewässerung.
Da die jährliche Menge des atmosphärischen Nieder-
schlages von der Ebene gegen das Gebirge und von der
Tiefe gegen die Höhe continuirlich zunimmt, so müssen
wir natürlich in unseren, in der Ebene oder im Thale ge-
legenen Gärten den cultivirten Alpinen durch fleissige
Bewässerung den Ausfall der Regenmenge zu ersetzen
suchen. Dabei ist es aber durchaus nicht gleichgültig,
ob die Alpenpflanzen die ihnen zugehörige Wassermenge
in wenigen grossen oder in zahlreichen kleinen Portionen
bekommen. Die grosse relative Luftfeuchtigkeit, die reich-
liche und ansserordentlich häufige Thaubildung und die
zahlreichen, wenn auch wenig dichten Regen bewirken
in der Alpenregion eine ununterbrochene Durchfeuchtung
des Bodens, und diese Erscheinung gibt uns den Finger-
zeig, dass wir auch bei der Cultur der Alpinen in nie-
deren Gegenden das zu verabreichende Wasserquantum
auf móglichst zahlreiche Portionen vertheilen und die
ausgabung dieser Portionen in sehr kurzen Zeiträumen
auf einander folgen lassen sollen.
Die Alpinen sollen also kurz gesagt, recht oft, aber
niemals stark begessen werden. .
Wollte man diese Art der Bewässerung mit einer
Giesskanne durchführen, so würde sie jedenfalls einen be-
deutenden Zeitaufwand veranlassen. Eine nur einiger-
massen umfangreichere Alpenpflanzenanlage würde fast
den ganzen Tag über ein Individuum beanspruchen, welches
mit der Giesskanne von Pflanze zu Pflanze geht und all-
sogleich wieder von vorne anfüngt, sobald es an der
einen Seite zu Ende gekommen ist. Wir halten darum
für das Beste und Zweckmässigste, nur Morgens und
113
Abends mit der Giesskanne nachzuhelfen und im Laufe
des Tages die Bewässerung der Alpenpflanzen mit Hülfe
einer Spritze auszuführen, deren Wasserstrahl die ganze
Alpenpflanzenanlage bestreicht.
Was insbesonders die Alpenpflanzen-Culturen anbe-
langt, welche man in flachen Beeten, in Sandkásten oder
auf Steinhügeln ins Werk gesetzt hat, so benützt man
zum Ueberbrausen derselben am besten eine Spritze, die
mit zwei aneinanderliegenden communicirenden Cylindern
versehen ist, von denen der eine als Saugpumpe, der an-
dere als Druckpumpe wirkt. Jeder Cylinder ist mit einem
Cautschukschlauche versehen. und am Ende des einen,
zur Saugpumpe führenden Cautschukschlauches, den man
bei der Benutzung in einen Wasserkübel einsenkt, ist ein
trichterfórmiger Messingansatz (mit einem feinen Draht-
gitter zur Abhaltung von Verunreinigungen) angebracht,
am Ende des zur Druckpumpe führenden Cautschuk-
schlauches dagegen eine messingene Brause befestiget. —
Die Spritze hat unten einen Eisenbügel mit einer breiten
Platte, welche gewissermassen die Basis des ganzen Appa-
rates: darstellt. Wenn man den Apparat benützt, fixirt
man denselben dadurch, dass man mit dem Fusse die
Platte fest an den Boden drückt, setzt mit der einen
Hand die Pumpen in Bewegung und dirigirt mit der an-
dern Hand die Richtung des Wasserstrahles über die
ganze Alpenpflanzenanlage.
An regenlosen Sommertagen nimmt man das Ueber-
brausen wenigstens alle drei Stunden vor. Uebrigens
richtet sich natürlich die Häufigkeit des Bespritzens nach
der Localität, nach dem Clima des jeweiligen Ortes und
nach den zeitweiligen Witterungsverhältnissen, so dass
sich in dieser Richtung nur schwer eine andere bestimm-
tere Regel aufstellen lässt, als jene, welche schon aus den
früheren Erörterungen hervortrat: dass nämlich das Erd-
reich, in welches die Alpinen ihre Wurzeln senken, nie-
mals einem grellen Wechsel von Trockenheit und 'ülber-
Kerner, Alpenpflanzen. S
114
mässiger Nässe ausgesetzt sein darf. Jeder Pflanzenzüchter
wird wohl selbst so viel Tact haben, um zu erkennen,
wie oft von ihm im Laufe eines Tages das Ueberbrausen
vorgenommen werden muss, damit jener Regel entsprochen
werde.
Hat man die Alpinen auf Steinhügel gepflanzt, so ist
es zur Erhaltung einer gleichmässigen Feuchtigkeit auch
recht zweckmássig, einzelne Nischen und Gruben zwischen
den Steinpartien mit dicken Ballen von Sphagnum auszu-
füllen und diese täglich mit einer Kanne voll Wasser
zu tränken. Diese Ballen saugen das Wasser wie ein
Schwamm auf und geben an die umgebende Luft nur
ganz allmählich die aufgenommene Flüssigkeit in Dampf-
form ab. Gerade hiedurch aber wird die Atmosphäre,
welche die cultivirten Alpinen unmittelbar umgibt, den
ganzen Tag über in einen relativ grösseren Feuchtigkeits-
zustand versetzt und hiedurch mittelbar auch den culti-
virten Pflanzen ein grosser Dienst "geleistet.
Dort, wo man die Alpinen in einer Grube mit ter-
rassenförmig aufgestuften Steinwänden gepflanzt und im
Centrum der Grube einen Springbrunnen angebracht hat,
kann man die Bewässerung sehr leicht dadurch vornehmen,
dass man an das Ende des Wasserleitungsrohres zeitweilig
eine Brause mit feinen Lóchelchen anschraubt, dure
weiche die zugeleitete Wassermenge in zahlreiche, nach
Seiten hin sprühende Wasserstrahlen aufgelöst wird.
den terrassenförmigen Seitenwänden der Grube
befindlichen Alpinen können auf diese Weise mehrmals
im Tage einem feinen Sprühregen ausgesetzt und das sie
umgebende Erdreich ohne grosse Mühe in einem gleich-
mässigen Feuchtigkeitszustand gebracht werden.
Hat man sich nach der auf Seite 59 geschilderten
Methode eine Alpenpflanzenanlage am Fenster zurecht-
gerichtet, so muss man dafür ‚Sorge tragen, ' dass der
untere Böden der verwendeten Kiste während der ganzen
Vegelaltionszeit der Alpinen mit einer beilüufig ?/, —1 Zoll
las sie
jid
derten
recht-
gs dr
yan
1 zoll
115
hohen Wasserschichte bedeckt ist. Zur Regulirung dieses
Wasserstandes ist an der einen Seite der Kiste ein glä-
sernes Zuleitungsrohr, und an der anderen Seite eine
durch einen Hahn verschliessbare Abzugsröhre angebracht.
Durch die Wasserschichte wird der untere Raum der
Blechkiste fortwährend mit Wasserdampf gesülligt, und
hiedurch auch das Torfmoos, mit welchem man die Räume
zwischen den Töpfen ausgestopft hat, fortwährend gleich-
mässig feucht erhalten. Auch die mit zerhacktem Sphagnum
gemengte. in den Töpfen .befindliche Erde zieht fort-
während Feuchtigkeit aus diesem unteren Raume an, da
die untere Fläche der Töpfe mit 3 bis 4 grossen Löchern
versehen ist und daher das verdunstete Wasser direct
auf das Erdreich einwirken und von dem zerhackten
Sphagnum absorbirt werden kann. — Die Wassermenge,
welche auf diese Art mittelbar den Pflanzen zugeführt
wird, wäre übrigens viel zu gering, und man muss daher
auch von oben her die in den Tópfen cultivirten Alpinen
täglich wenigstens einmal begiessen. Wie viel Wasser
man hiebei zugiesst, ist ziemlich gleichgültig; denn da
der Ueberschuss des zugegossenen Wassers durch die
Löcher der Töpfe nach abwärts in den. unteren, mit der
Wasserschichte erfüllten Raum der Blechkiste sickert, so
darf man sich niemals fürchten, etwa zu viel Wasser zu-
gegossen zu haben. :
Da das Wasser auch insoferne eine grosse Rolle
spielt, als durch dasselbe manche gelöste Salze den
Pflanzen zugeführt werden, so muss auch auf die chemi-
schen Verhältnisse des zum Begiessen und Bespritzen
verwendeten Wassers die entsprechende Rücksicht ge-
nommen werden. — Am besten ist man natürlich dort
daran, wo das Wasser fast chemisch rein ist oder doch
nur ausserordentlich geringe Spuren von Salzen aufge-
löst enthält. In Granit- und Schiefergebirgen ist das ge-
wöhnlich der Fall® und dort braucht man sich daher um
die chemischen Verhältnisse des Wassers in der Regel
gx
116
nicht viel zu kümmern. Anders ist dies in Kalkgebirgen,
in hügeligen tertiären Landschaften und in niederen flachen
Gegenden, deren Quell- und Grundwasser in der grossen
Mehrzahl der Fälle mit Salzen, namentlich mit Kalksalzen
reichlich geschwängert ist. Würde man dort auch mit
der grössten Sorgfalt für die im früheren Capitel als
kalkfeindlich bezeichneten Alpinen ein kalkfreies Erdreich
zugerichtet haben, so müssten die betreffenden, in dieses
Erdreich gesetzten Alpinen dennoch alsbald zu Grunde
gehen, wenn man beim Begiessen kalkhältiges Wasser in
Anwendung bringen wollte,
An solchen Orten gibt es nur zwei Mittel, um das
Gedeihen der kalkfeindlichen Pflanzen zu ermöglichen.
Das eine besteht darin, dass man zur Bewässerung jener
Stellen, auf welchen kalkfeindliche Alpinen gepflanzt
wurden, Regenwasser in Anwendung bringt. at
man die Alpenpflanzenplantage in der Nähe eines Gebäudes
angebracht, so kann das vom Dache abfliessende Regen-
wasser in zwei Bassins gesammelt werden, welche an
den Seiten der Anlage stehen und aus welchen man
jedesmal das zur Bewässerung der kalkfeindlichen Alpinen
bestimmte Wasser entnimmt. — Leider unterliegt aber
dieses Mittel den ausserordentlich schwankenden Witte-
rungsverhältnissen, und ist insoferne nur eine sehr un-
sichere Quelle kalklosen Wassers. Man wird daher in
der Regel noch auf eine andere Weise sich kalkfreies
Wasser zu verschaffen suchen müssen. — Zunächst drängt
sich da wohl der Gedanke auf, dass man vielleicht den
Kalk durch Zusatz von Soda niederschlagen und auf diese
Weise das anzuwendende Wasser früher entkalken könnte.
Da man nur sehr geringe Meugen von Soda bedürfen
würde, und dieses Salz überdies ausserordentlich billig
im Preise steht, so wäre das Mittel vielleicht nicht so
übel. So wie ich jedoch die practischen Gärtner kenne,
bin ich überzeugt, dass die Anwendufg der Soda nicht
viel Anklang finden würde, und ich glaube darum auch
117
die Aufmerksamkeit hier auf ein anderes, noch einfacheres
und gewiss auch noch viel billigeres Mittel lenken zu
sollen.
Mit Berücksichtigung. der Entdeckung, dass der Humus
im Stande ist, einer durch ihn sickernden wässerigen
Lösung die aufgelösten Salze zu entziehen, versuchten
wir es nämlich auf der Alpenpflanzenanlage des Inns-
brucker botanischen Gartens eine Vorrichtung in Anwen-
dung zu bringen, welche durch die hier eingeschaltete
Durchschnittszeichnung ersichtlich gemacht wird. Das kalk-
N
N
N
EIG,
v REES TONER
KIZELLA VIZTHTLLRLLIEZEIKT,
7 /
9; 4274/7)
P Z
GG EL GOCH,
GE
77
hältige Wasser wird durch eine Röhre in ein gemauertes
aussen mit rohen Bruchsteinen und innen mit Cement-
kalk verkleidetes Becken geleitet. Das Becken selbst ist
mit Hochmoortorf ausgefüllt und in zwei Abtheilungen
in der Art geschieden, dass das zufliessende Wasser erst
dann mit den Pflanzenwurzeln der einen grösseren Ab-
theilung von unten her in Berührung kommt, nachdem
es früher die Torfmasse der anderen kleineren Abtheilung
passirt hat. Während aber das Wasser durch diese Torf-
masse durchsickert, wird ihm der Kalk vollständig ent-
zogen, und die Wurzeln der in der äusseren grösseren
Abtheilung cultivirten Alpinen kommen daher nur mehr
mit kalkfreiem Wasser in Berührung. Die Torfmasse
in der kleineren Abtheilung, welche demnach als eine
Art Filtrum dient, und die natürlich nach einiger Zeit mit
Kalk- und anderen Salzen reichlich imprägnirt ist, wird
118
zeitweilig herausgenommen und durch neuen kalklosen
Hochmoortorf ersetzt. — Mit Hülfe dieser sehr einfachen
Vorrichtung gelang es uns, Pflanzen, wie Drosera rotundi-
folia, Vaccinium Oxycoccos u. dgl., welche gegen Kalk
ausserordentlich empfindlich sind, nicht nur zu erhalten,
sondern auch zur Blüten- und Fruchtbildung zu bringen,
und es kann darum dieses Verfahren jenen Pflanzenzüchtern,
welchen nur kalkhältiges Wasser zur Verfügung steht, und
welche dennoch kalkfeindliche Alpinen cultiviren möchten,
nicht warm genug empfohlen werden. ; -
zs kommt hier nur noch zu bemerken, dass die
"Wasserleitungsrühre mit einem Hahn versehen sein muss,
damit man den Zufluss des Wassers ganz nach Bedarf
zu regeln im Stande ist, sowie wir hier ausdrücklich be-
merken müssen, dass man an jenen Stellen, wo kalkfeind-
liche Pflanzen aus der ersten Generation, z. B. Carda-
mine alpina, Sedum repens u. dgl. cultivirt werden sollen,
die im Grunde des Beckens aufgeschichtete Torfmasse
mit Sand oder Lehm bedeckt und in diesen Sand oder
Lehm, der durch das entkalkte Wasser der unterliegenden
Torfmasse fortwührend feucht gehalten wird, die genannten
Alpinen ansäet oder einpflanzt.
Beiläufig dürfte hier in Betreff der Bewüsserung noch
bemerkt werden, dass man dort, wo die Wahl zwischen
Brunnenwasser und Quell-, Bach- oder Flusswasser frei-
steht, immer Wasser der letzteren Categorie zur Bewäs-
serung der Alpinen benutzen soll.
Zum Schlusse dieses Capitels fügen wir endlich noch
bei, dass die Zierlichkeit der Alpenpflanzenanlage wesent-
lich erhóht wird, wenn an irgend einer Stelle ein frischer
Wasserquell zwischen dem Gestein hervorsprudelt. Frei-
lich dürfte nicht jeder Pflanzenzüchter in der Lage sein,
als ein zweiter Moses an irgend einer beliebigen Stelle ein
Quellbächlein entspringen zu lassen; wo es aber nur halb-
wegs angeht und wo man einen, wenn auch noch so
schwachen fliessenden Wasserfaden zur Disposition hat,
LJ
no
versáume man ja nicht, diesen zur Alpenpflanzenanlage
zu leiten und denselben über das Gestein herabrieseln zu
lassen. Ein solches fliessendes Wasser, an dessen Rande
man mit leichter Mühe üppige Polster von Quellenpflanzen,
wie z. B. von Silene quadrifida, Arabis bellidifolia und
E stellaris erziehen kann, ist abgesehen davon,
dass durch dasselbe das physiognomische Bild der Flora
einer Gebirgsquelle geboten wird, auch insoferne von
grosser Bedeutung, als den Pflanzen, welche in der Um-
gebung der künstlichen Quelle cultivirt werden, das fort
und fort verdampfende Wasser mittelbar zu Wee kommt.
Achtes Gapitel.
Vertheilung der Alpenpflanzen auf der Anlage.
Aus den in früheren Capiteln gemachten Mittheilungen
geht hervor, dass die grosse Mehrzahl der Alpinen in
Betreff der mechanischen und chemischen Verhältnisse des
Bodens sehr empfindlich ist und dass man daher bei der
Cultur der Alpenpflanzen auf diese Verhältnisse die sorg-
samste Rücksicht nehmen müsse.
Zieht man die Alpinen in Töpfen, so kann man für
jede Art das Erdreich, entsprechend den in der Tabelle
des sechsten Capitels enthaltenen Angaben, zurichten, und
braucht daher bei der Gruppirung der Pflanzen nicht weiter
mehr auf die Bodenbedürfnisse zu sehen. Man kann die
Töpfe nach der natürlichen Verwandtschaft der
darin cultivirten Pflanzen systematisch an-
ordnen und hat etwa nur noch auf die Höhe der ein-
zelnen Arten Rücksicht zu nehmen. Die Regeln, welche
120
man’ hiebei befolgt, ergeben sich von selbst, und es wäre
wohl überflüssig, hier näher auf dieselben einzugehen.
Hat man flache Beeten, Gruben oder Steinhügel als
Substrat für die Alpinen hergerichtet, so kann man bei
der Vertheilung der einzelnen Arten auf, die systematische
Zusammengehörigkeit nicht mehr Rücksicht nehmen, son-
dern muss jedesmal jene Arten, welche durch
gleiche Lebensbedingungen in der freien Natur
zu Gruppen verbunden sind, auch auf der An-
lage gruppenweise vereinen, ganz gleichgültig, ob
dieselben einer und derselben Pflanzenfamilie angehören
oder nicht. Mit Rücksicht auf die Bodenbedürfnisse würden
sich zunächst vier Abtheilungen von Alpinen ergeben,
von welchen die erste die Pflanzen des kalkhältigen San-
des, die zweite die Pflanzen des kalkfreien Sandes, die
dritte die Pflanzen des kalkhältigen Lehmbodens, und end-
lich die vierte die Gewächse des kalkfreien Lehmbodens
umfasst. Jede dieser Abtheilungen zerfällt dann weiterhin
wieder in drei Gruppen, entsprechend der Rolle, welche
die Pflanzen bei der Colonisation des Bodens in der freien
Natur spielen; nämlich in eine Gruppe, welcher ein fast
humusloser Boden am besten zusagt, eine zweite Gruppe,
für welche der Boden beiläufig zur Hälfte aus Humus be-
stehen soll, und endlich eine dritte Gruppe, welche einen
Boden verlangt, der vorwaltend aus Humus besteht, und
in welehem die anorganische Masse fast ganz in den
Hintergrund getreten ist.
Neben diesen Verhältnissen ist bei der Vertheilung
der Alpinen auf der Anlage weiterhin auch noch der Um-
stand zu berücksichtigen, ob eine gegebene Pflanzenart
die directen Sonnenstrahlen verträgt, oder ob sie lieber
den Schatten aufsucht. Die eigentlichen Alpenpflanzen
sind mit wenigen Ausnahmen Kinder des hellen Sonnen-
lichtes. Im Allgemeinen kann man annehmen, dass sie
desto mehr die directen Sonnenstrahlen verlangen, je
dichter behaart sie erscheinen, je lebhafter ihre Blüten-
121
farben sind, und je mehr sich an ihnen die Blüten im
Vergleich zu den vegetativen Organen vergrössert zeigen.
Von solchen Alpenpflanzen, welche man auf der Anlage
an mehr schattige Standorte zu pflanzen hat, sind zu
nennen: Androsace obtusifolia, Cardamine resedifolia, Hel-
leborus niger, Homogyne alpina, Lloydia serotina, Möh-
ringia muscosa, Primula glutinosa, Ranunculus glacialis,
Saxifraga androsacea, biflora, stenopetala, Seguieri, Sesleria
disticha und Viola biflora. An diese reihen sich dann
noch mehrere alpine Farne und Bärlappe, wie Woodsia
hyperborea, Cystopteris regia, Asplenium viride und Ly-
copodium Selago und endlich einige Pflanzenformen, welche
freilich den Namen Alpenpflanzen nicht eigentlich ver-
dienen, die man aber in den Gärten dennoch am zweck-
mässigsten auf der Alpenpflanzenanlage cultivirt, nämlich:
Circaea alpina, Cortusa Matthioli, Galium rotundifolium,
Hacquetia Epipactis, Imperatoria Ostruthium, Linnaea bo-
realis, Listera cordata, Petasites albus, Saxifraga cunei-
folia, Stellaria Frieseana und Streptopus amplexifolius.
Berücksichtiget man alle bisher berührten Verhältnisse
bei der Einpflanzung der Alpinen in sorgfältiger Weise,
so kann man eines günstigen Culturerfolges wohl in den
meisten Fállen ganz gewiss sein. — Demungeachtet dürfen
wir aber nicht verhehlen, dass es einzelne Pflanzenarten
gibt, welche selbst dann, wenn wir uns auf das genaueste
an die bisher mitgetheilten Regeln halten, dennoch zu
kümmern anfangen und es nicht zum Blühen bringen.
Genaue Betrachtung des Standortes der Pflanzen in der
freien Natur und Versuche im Garten sind in solchen
Fällen die einzigen Anhaltspunkte, um das Culturverfahren
zu ermitteln, welches für derlei Pflanzen nothwendig ist,
und wir wollen es im Nachfolgenden versuchen, dasjenige,
Was wir selbst gesehen, erfahren und erprobt haben, in
Kürze mitzutheilen, wenn wir auch nicht immer im Stande
Sind, einen triftigen Erklärungsgrund für das Mitzuthei-
lende anzugeben.
122
Was zunächst gewisse Arten anbelangt, welche
als erste Ansiedler in der freien Natur die Ge-
rölle und Schutthalden aufsuchen, wie beispiels-
weise Thlaspi rotundifolium und cepeaefolium, Linaria
alpina, Saxifraga stenopetala und biflora, so wollen die-
selben eine ganz eigenthümliche Behandlung haben. Gräbt
man diese Pflanzen in der freien Natur auf dem Felsen-
schutte aus, so findet man, dass ihre Stämmchen sich
als lange Fäden durch das Gerölle durchspinnen, dass
aber ihre Wurzeln immer in einem zähen Lehm oder
feinen Sand eingebettet sind, der tiefer unten die Ráume
zwischen den Geröllstücken ausfüllt. Werden nun diese
Arten auf der Anlage auch in denselben zähen Lehm oder
feinen Sand gepflanzt, so entwickeln sie doch nur sehr
verlängerte Stämmchen,, bringen es aber nur selten zur
Blüten- und Fruchtbildung und zeigen immer ein kümmer-
liches krankes Aussehen. Um ihnen zum guten Gedeihen
zu verhelfen, ist es unumgänglich nothwendig, dass man.
ihre Stämmchen in dem Grade, als sie sich mehr und mehr
verlängern, mit zahlreichen kleinen Steinchen umgibt und
so gewissermassen eine künstliche kleine Geröllhalde er-
zeugt, welche eine Nachahmung des natürlichen Standortes
jener Pflanzen bildet.
Ganz analog muss man mit einigen Pflanzen ver-
fahren, welche in den Alpen am liebsten die
schroffen Felsgesimse aufsuchen. Man muss näm-
lich auch für sie einen Standort auf der Alpenpflanzenanlage
herrichten, welcher dem natürlichen Standorte möglichst
genau entspricht. Artemisia mutellina und spicata, Geum
reptans, Primula villosa, Potentilla caulescens und Clu-
siana, Phyteuma comosum, Eritrichium nanum, Petrocallis
pyrenaica, Draba tomentosa, frigida, Sauteri, Rhamnus
pumila, Senecio incanus und uniflorus, Silene Saxifraga,
Valeriana saxatilis, saliunca, Asplenium Selosii, Woodsia
hyperborea und glabella wollen einmal unter allen Um-
ständen in Felsritzen stehen. Pflanzt man mehrere Exem-
.
123
plare dieser Arten auf den Felsenhügeln im Garten in ein
kleines Beet, welches seitlich von Steinstücken eingefasst
ist, so kann man regelmässig ‚sehen, dass jene Exem-
plare, welche unmittelbar neben der Steineinfassung zu
stehen kommen, am besten gedeihen und die zahlreichsten
Blüten hervorbringen. Es lässt sich kein rechter Grund
angeben, warum diese Pflanzen sich durchaus an Stein-
flächen anlehnen wollen, aber dass es so ist, lehrt uns,
wie gesagt, jeder ganz einfache Culturversuch, und wir
müssen uns daher auch den Capricen dieser Pflanzen
möglichst anbequemen. :— Als die zweckmässigste Be-
handlungsmethode hat sich uns für diese Pflanzen die
folgende herausgestellt. Wir umgeben die Wurzeln mit
einer Handvoll der nach den Angaben der Tabelle zuge-
richteten Erde, befeuchten diese so weit, dass sie klumpig
zusammenhängt, und wickeln dann den Erdballen in eine
Hülle von Sphagnum ein. Der so gebildete Ballen wird
dann in eine Steinritze eingezwängt und eingepresst und
der noch übrige Hohlraum der Ritze mit Sphagnum dicht
ausgestopft. Am besten eignen sich für diese Pflanzen
solche Steinritzen, welche sich an einem fast senkrechten
Abfall der Felsenhügel befinden und in welche daher die
Pflanzen so einzuschieben sind, dass ihre Längsaxe eine
horizontale Lage bekommt. Beobachtet man noch die Vor-
Sicht, dass man am Fuss jener Böschung, in deren Ritzen
die obengenannten Pflanzen gesetzt wurden, mächtige
Ballen von Torfmoos aufhäuft und diese täglich tüchtig
begiesst , so kann man sicher sein, dass diese Felsen-
pflanzen, welche sonst nur ausserordentlich schwierig
fortzubringen wären, nicht blos gut gedeihen, sondern
auch ganz dieselbe Frische und ganz dieselbe Blütenfülle
zeigen, mit welcher sie uns von ihren natürlichen Stand-
orten im Hochgebirge entgegenblicken.
Was weiterhin die alpinen Leguminosen und
belliferen und die Gentianen aus der Gruppe
elanthe Fröl. beirifft, die fast durchgehends einen
Um
Co
D
4
124
zühen Lehmboden verlangen, so ist bei ihnen dafür Sorge
zu tragen, dass die Lehmschichte, in welche man sie ein-
pflanzt, möglichst mächtig sei. Manche dieser Pflanzen
entwickeln nämlich über einen Fuss lange Pfahlwurzeln.
Kommen nun diese schon in geringer Tiefe auf undurch-
dringliches Gestein, so fangen die Pflanzen alsbald an zu
kümmern und zu vergilben und gehen über kurz oder
lang zu Grunde. Bei gehórig tiefgründigem Boden aber
gelingt es ganz leicht alle hieher zu rechnenden Pflanzen-
arten: Athamanta cretensis und Maithioli, Gaya simplex,
Gentiana asclepiadea, lutea, pannonica, nimiae purpurea,
Heracleum austriacum, Laserpitium alpinum, hirsutum,
Meum Mutellina, Oxytropis campestris, foetida, Halleri,
lapponica, pilosa, Phaca alpina, astragalina, australis, fri-
gida, Trifolium alpinum "zur Blüte zu bringen.
Die alpinen Sumpfpflanzen: Carex irrigua, lago-
pina, Persoonii, capitata, chordorrhiza, Eriophorum alpinum,
Scheuchzeri, Juncus triglumis, Jacquini, arcticus, Scirpus
caespitosus, pauciflorus, Scheuchzeria palustris, alle Arten
Drosera, Malaxis monophyllos, Sturmia Loeselii, Primula
foh Trientalis europaea, Pinguicula alpina, Stellaria
cerastoides, Lycopodium inundatum, Vaccinium Oxycoccos,
uliginosum, Andromeda polifolia können nur -dort mit
Erfolg gezogen werden, wo man ein kleines Aquarium
oder stetig fliessendes Wasser zur Disposition hat. Wo
dies der Fall ist, gelingt es aber auch ausserordentlich
leicht, diese Arten.fortzubringen. Am zweckmässigsten
benützt man dann zur Cultur dieser Pflanzen ein mit
Cementkalk ausgekleidetes und mit Hochmoortorf ange-
fülltes Becken, welches der Zeichnung entspricht, welche
wir auf S. 117 eingeschaltet haben. Man pflanzt die be-
treffenden Arten, ohne irgend eine besondere Regel be-
obachten zu müssen, in die Torfmasse der äusseren Ab-
theilung, und kann sicher sein, dass sie ohne alle weitere
Pflege vorzüglich gedeihen.
ie alpinen Quellenpflanzen: Saxifraga Clusii,
Jusil,
125
stellaris, Arabis bellidifolia, Stellaria Frieseana, Silene qua-
drifida, Montia minor, Epilobium origanifolium, Carda-
mine resedifolia, Viola biflora werden in ein Gemenge
von ausgelagertem Torf, zerhacktem Sphagnum und Sand
gesetzt, mit einer Schichte von Sphagnum eingehüllt, und
der so gebildete Ballen zwischen eckige Steintrümmer
unmittelbar an den Rand des fliessenden Wassers ge-
pflanzt. — Ist es leicht möglich, so postire man zwischen
die so angeordneten Quellenpflanzen, die in kurzer Zeit
das Rinnsal mit üppigen grünen Polstern überziehen,
noch einige Steine, welche mit der für kühlfeuchte Ge-
birgsthäler so charakteristischen ziegelrothen Veilchenalge :
Chroolepus jolithus überzogen sind.
ie im Grunde subalpiner Wälder vorkom-
menden und dort regelmássig zwischen Moos-
polstern eingebetteten Pflanzen: Linnaea borealis,
Galium rotundifolium, Polypodium Phegopteris, Aspidium
Üreopteris, Blechnum Spicant u. dergl. werden auch im
Garten am besten zwischen Moos gepflanzt. Es gelingt
sehr leicht, die Moose, welche den Boden unserer sub-
alpinen Nadelwälder bedecken, nämlich Hypnum triquetrum,
splendens, Schreberi, cupressiforme im Garten anwachsen
zu machen, wenn man sie an einer schattigen Stelle der
Anlage auf eine mit halbvermoderten Fichtennadeln reich-
. lich gemengte Erde setzt und einige Zeit mässig begiesst.
Planzt man dann zwischen die so gebildeten Moospolster
die oben genannten Gewächse, so kann man schon im
nächsten Jahre die Freude erleben, die zierliche Linnaea
borealis zahlreiche Blütenglöckchen und die Farne die
üppigsten Wedel entwickeln zu sehen.
Am schwierigsten ist unstreitig die Cultur der al-
Pinen Rhinantaceen und Orchideen. Wir gestehen
offen, dass wir in dieser Beziehung bisher nicht sehr
glücklich waren. Am besten gelang uns noch die Cultur
von Bartsia alpina, von den Arten der Gattung Euphrasia,
Yon Gymnadenia odoratissima, Herminium Monorchis,
126
Listera cordata, Corallorrhiza innata, Sturmia Loeselii,
Malaxis monophyllos und Cypripedium Calceolus. Die-
selben blühten alljährlich und die Euphrasia- Arten ver-
mehrten sich sogar von selbst durch Samenbildung, ohne
unser Zuthun, und ohne dass wir eine besondere Pflege auf
sie anwendeten. Nicht so gut aber wollte es mit den
Arten der Gattung Pedicularis, mit Tozzia alpina, Melam-
pyrum silvaticum, Rhinanthus alpinus, Orchis globosa,
Gymnadenia albida, Coeloglossum viride, Nigritella angusti-
folia, Chamaeorchis alpina und Goodyera repens gehen.
Obschon wir ‚diese Pflanzen, in der Voraussetzung,
dass sie Halbschmarotzer seien, mit der geschlossenen
Rasendecke aushoben und in den Garten verpflanzten, so
gingen sie doch gewóhnlich in kurzer Zeit schon zu
Grunde oder brachten es doch niemals zum Blühen und
Fruchten. — Vielleicht, dass zukünftige Versuche das
Culturverfahren für diese Pflanzen treffen lassen.
In dem Bisherigen wurde die Vertheilung der Arten
auf der Alpenpflanzenanlage insoferne behandelt, als sie
durch die eigenthümlichen abweichenden Bodenbedürfnisse
der verschiedenen Alpinen bedingt ist, Es ist klar, dass
bei einer solchen Vertheilung die Pflanzen der verschie-
densten Familien kunterbunt durcheinander gewürfelt wer-
den, und dass die systematische Verwandtschaft der Arten
dabei gänzlich ignorirt werden muss. Dennoch drängt
es uns, in diesen bunten Pflanzenteppich Einheit und
Ordnung zu bringen und, wenn möglich, nebst den Lebens-
bedingungen der Pflanzen noch einen zweiten Eintheilungs-
grund zu berücksichtigen. i
Dieser Eintheilungsgrund liegt auch ganz nahe; ja,
wir werden sogar durch die Vertheilung der Pflanzen
nach Bodenbedürfnissen von selbst auf ihn hingeleitet.
Wenn wir nämlich im Garten die Pflanzen in Gruppen
zusammenfassen, welche durch gemeinsame Bodenbedürf-
Arten
als sie
rfnisse
127
nisse verkettet sind, so werden dadurch nur Gruppen
nachgebildet, welche sich auch in der freien Natur in
gleicher Zusammensetzung vorfinden. Wir werden da-
durch, ohne es vielleicht zu beabsichtigen, Pflanzen-
formationen erzeugen, und brauchen daher nur noch
die Vertheilung dieser Pflanzenformationen
nach der Seehöhe im Kleinen nachzuahmen, um durch
die Alpenanlage ein der Natur möglichst entsprechendes
Bild der alpinen Pflanzendecke zu liefern
er bei der Vertheilung der Alpinen auf
Steinhügeln festzuhaltende Eintheilungsgrund
wäre demnach kein anderer, als der pflanzen-
siognomische und pflanzengeographische;
also eigentlich derselbe Eintheilungsgrund, welcher für
die Pflanzenwelt unserer tiefer liegenden Regionen in den
nach den Prinzipien der „Landschaftsgärtnerei“ angelegten
arks — freilich meist in sehr plumper Weise — in An-
wendung gebracht erscheint. — Es braucht kaum erst
ausführlich begründet zu werden, wie sehr auch dieses
Eintheilungsprinzip berechtigt ist und wie sehr dasselbe
namentlich in Gärten am Platze wäre, welche anregend
und belehrend sowohl auf best. Kreise, wie auc
auf das Publicum überhaupt zu wirken die Aufgabe haben.
Professor Göppert, welcher sich um die Reformation
der botanischen Gärten so vielfache Verdienste erworben
hat, war wohl der erste, welcher diesem Eintheilungs-
Prinzipe im botanischen Garten zu Breslau die gebührende
Geltung verschaffte und sich die Aufgabe stellte, durch
mehrere nach pflanzengeographischen Prinzipien vorgenom-
mene Aufstellungen und Gruppirungen belehrend auf die
Besucher des unter seiner Leitung stehenden Gartens ein-
‚zuwirken. Was insbesonders die arctische und Alpen-
Nora anbelangt, so wurden von ihm zur Erläuterung der-
selben nachstehende Pflanzengruppen hergestellt.
„I. Pflanzen des höchsten Nordens über dem 80. Grad
oder der Polarzone, und ihnen entsprechend die
Pflanzen der Centralalpen auf Firn- oder Gletscher-
inseln über der Schneelinie, zwischen 10 bis
al
—
az]
=
£5
5
N
©
5
der Polar- und arctischen Zone, ent-
sprechend der Schnee- oder nivalen Region (von
— 8500) und subnivalen Region von 8500
bis 6000 Fuss der Centralalpen, in denen keine
Bäume, sondern, von Holzgewächsen nur niedrige
Sträucher vorkommen.
III. Pflanzen des höchsten Nordens, die in der dee
losen Region um den ganzen Pol gehen.
IV. Sträucher oder Bäume in Strauchform, die mit den
vorigen um den ganzen Pol wachsen.
V. Nadelhölzer verschiedener Art, die um den Pol
herum die Baumvegetation beginnen.
VI. Sträucher der Centralalpen, die nach dem Auf-
hören der Baumvegetation vorkommen.
VII. Pflanzen der Bergregion oder Pflanzen innerhalb des
Baumwuchses in verschiedenen Gegenden Deutsche
lands von 2— 6000 Fuss Seehöhe.
VIII. Zum Ver gleiche Repräsentanten der Alpenflora des
Himalaya. * *)
Wenn man nach dem Vorgange Góppert's die Alpinen
der mitteleuropäischen Hochgebirge in der Weise zu
gruppiren versucht, dass der Besucher der Alpenpflanzen-
anlage ein lebhaftes und richtiges Bild der Vegetations-
e Pflanzen, welche die arctische und Alpenflora reprä-
sentiren, sima sich im Breslauer botanischen Garten theils in
öpfen (an 2000), theils im freien Lande zwischen Gesteinen ver-
schiedener Art, zum Theil von dem schlesischen ipe ade mit
den den hóchsten Regionen en Flechten, wie Lecidea
geographica 15-23. Im. ie a 30 Fuss Ay und
Fuss lange, einen Raum von etw ı !/ preuss. Morgen ein-
nehmende Anlage erstreckt sich am Falke der palüontologischen
Partie lings einem Wassergraben, von welchem sie eines Theiles
ihrer Länge durch eine Reihe Basaltsäulen abgeschieden wird.
129
decke unserer Alpen bekommt, so tritt dabei zunächst
eine grosse Schwierigkeit hervor. Neben den für die
Alpenregion vorzugsweise bezeichnenden niederen Sträu-
chern, rasigen kurzhalmigen Gräsern und grossblumigen
zwergigen Kräutern finden sich nämlich über der Holz-
grenze unserer Hochgebirge auch noch manche üppige
Stauden und Gräser vor, die oft über eine Elle hoch
emporwachsen und mit ihrem umfangreichen Blatt- und
Zweigwerk einen bedeutenden Raum einnehmen. Ich er-
innere hier nur an die grossen Gentianen .und Cirsien, an
den breitblättrigen Petasites niveus, an die hohen alpinen
Senecio-, Adenostyles- und Aconitum-Arten, von denen
einige in üppiger Entwicklung fast die Brusthóhe er-
reichen und daher auch fast halb so hoch sind, als die
Steinhügel, welche uns im Kleinen ein Abbild der Alpen
geben sollen. Dass hiedurch die Illusion sehr gestört
und durch die Anlage der Zweck, welchen wir im Auge
haben, nicht erreicht wird, wenn zwischen den zwergigen
Nelken, Primeln, Gentianen und Steinbrechen ein hoch-
wüchsiger Sonchus alpinus, ein Aconitum Anthora oder
ein Cirsium spinosissimum aufragt, welches mit seinem
Blütenstande über die Gipfel der Bergepigonen hinaus-
lickt, darf wohl nicht geläugnet werden. Und dennoch
sind diese Staudengewächse höchst wesentliche Elemente
unserer Alpenpflanzenwelt und dürfen nicht übergangen
werden, wenn anders unsere Gartenanlage ein getreues
Abbild der Alpen sein soll.
m nun dieser Schwierigkeit zu begegnen, scheint es
das Zweckmässigste, die alpinen und subalpinen Stauden,
welche ohnedies in den Alpen meist in grosser Individuen-
zahl als Massenvegetation neben einander auftreten und dort
an den Rändern der Erlen- und Legföhrengehölze, oder
in feuchten quelligen Schluchten und Tobeln ein dichtes,
üppiges Gestrüppe bilden, auf einer eigenen Steingruppe
mit.den grossblätirigen subalpinen Farnen untermischt zu
eultiviren. Es wird dann durch diese Gruppe einerseits
Kerner, Alpenpflanzen. 9
130
jene so eigenthümliche Staudenformation dem Besucher
der Alpenanlage vor Augen geführt und anderseits doch
das Bild der anderen Gruppen, auf welchen man nur nie-
dere Alpinen und zwergige Sträucher cultivirt, nicht be-
einträchtiget.
Folgende Staudenpflanzen, Farne und hohen
Gräser wären demnach auf einer besonderen Stelle, die
nebenbei bemerkt, auch etwas Schatten haben soll, zu
cultiviren: Achillea macrophylla, alle Arten Aconitum,
alle Arten Adenostyles, alle Arten Aquilegia, alle Arten
Aspidium, Astrantia major, Avena sempervirens, Buph-
thalmum salicifolium, Campanula latifolia, Carduus deflo-
ratus, Personata, Centaurea montana, phrygia, Cirsium
carniolicum, Cervini, Erisithales, heterophyllum , spino-
sissimum, Convallaria verticillata, alle Arten Dentaria,
Digitalis lutea, alle Arten Doronicum, Epilobium rosma-
rinifolium, Eryngium alpinum, Gentiana asclepiadea, lutea,
pannonica, punctata, purpurea, Geranium phaeum, silvati-
cum, Geum rivale, Heracleum asperum, austriacum, Im-
— peratoria Ostruthium, Lasiagrostis Calamagrostis, Lilium
bulbiferum, Martagon, Luzula maxima, nivea, ‘Petasites
albus, niveus, Phyteuma Halleri, Michelii, Scheuchzeri,
spicatum, Pleurospermum austriacum, Poa sudetica, Poly-
gonum Bistorta, Polypodium alpestre, Prenanthes purpurea,
Ranunculus aconitifolius, Rumex alpinus, arifolius, Sene-
cio cordatus, lyratifolius, subalpinus, Sonchus. alpinus,
Spiraea Aruncus, Stachys alpina, Streptopus amplexifolius,
Struthiopteris germanica, Swertia perennis, punctata, Tha-
lietrum aquilegifolium, foetidum, Trollius europaeus, Va-
leriana tripteris, montana, Veratrum album.
Die subalpinen und alpinen Sträucher, von
denen man einige mit der reizenden Liane unserer Alpen,
nämlich mit Atragene alpina, überranken lässt, können
zum Theile wohl gleichfalls dieser Gruppe einverleibt wer-
den. Noch zweckmässiger aber dürfte es sein, die ganze
Alpenpflanzenanlage heckenförmig mit solchen Sträuchern
131
einzufassen, die entweder ausschliesslich im Gebiete der
Alpen zu Hause sind, oder welche doch bis weit hinauf
ins Hochgebirge angetroffen werden. Als solche würden
zu nennnen sein: Aronia rotundifolia, Berberis vulgaris,
Cotoneaster tomentosa, Daphne Mezereum, Evonymus lati-
folius, verrucosus , Hippbphät , Hiündididdg: Ilex Aqui-
folium, Juniperus communis, Sabina, Lonicera alpigena,
coerulea, nigra, Xylosteum, Myricaria germanica, Ribes
alpinum, petraeum, Rosa arvensis, rubiginosa, rubrifolia,
sepium, tomentosa, Salix grandifolia, incana, nigricans,
silesiaca, Sorbus Aria, aucuparia, Staphylea pinnata, Vi-
burnum Lantana. :
Was nun weiterhin die Anordnung jener Pflanzen àn-
belangt, welche nach Ausscheidung der höheren Stauden-
gewächse, Gräser, Farne und Sträucher noch übrig bleiben,
so muss darauf aufhören gemacht werden, dass vor
allem andern jene Arten besonders zu be-
rücksichtigen sind, welche sich in der Alpen-
welt durch massenhaftes Vorkommen aus-
zeichnen, und die dort das Grundgewebe eigener
Formationen bilden. Selbstverständlich müssen diese
Arten auf der Anlage, die ja ein möglichst getreues
planzenphysiognomisches und pflanzengeographisches Bild
der Alpenwelt geben soll, in grosser Individuenzahl ver-
treten sein und gewissermassen den Charakter der ein-
zelnen Gruppen und Regionen bestimmen. Es würde den
ahmen dieses Buches aber weit überschreiten, wenn wir
hier auf eine detaillirte Schilderung dieser Formationen
eingehen wollten, ° *) und wir bescheiden uns daher damit,
iêr nur in den allgemeinsten Umrissen anzugeben, in
welcher Weise die Gruppirung. nach Formationen auf der
*) Wir verweisen in THU Beziehung auf: Kerner r, Das
Planagnleben der x BR Innsbruck: 1863, welchem
01—278 und S. 204—31 iat nnie de Alpen
in ausführlicherer Weise bdo erscheinen
132
Alpenanlage vorzunehmen wäre, wenn durch sie ein rich-
tiges Abbild des alpinen Pflanzenteppichs geliefert wer-
den soll.
Auf den Steinhügeln, deren Gewächse die Pflanzen-
welt der Kalkalpen repräsentiren sollen, wären an den
tiefsten Stellen vor allen anderen Sesleria coerulea,
arex humilis und Erica carnea in grösserer In-
dividuenzahl zu cultiviren. Zwischen diesen Gewächsen,
welche gewissermassen den Ton in der Pflanzendecke der
untersten Etagen anzugeben hätten, würden dann Polygala
Chamaebuxus, Helleborus niger, Genista pilosa, Cyclamen
europaeum, Ariemone Hepatica, Calamintha alpina, Carex
alba, Cypripedium Calceolus, Epimedium alpinum, Hippo-
crepis comosa, -Potentilla Fragariastrum, micrantha, Pri-
mula acaulis, Auricula, farinosa und Bellidiastrum Michelii
Platz finden. Am Rande der einzelnen kleinen untersten
Terrassen pflanzt man Teucrium montanum, Gypsophila
repens, Globularia cordifolia, Saponaria ocymoides, Poten-
tilla caulescens und Selaginella helvetica, welche sich. wie
kleine Teppiche über die Steine herabhängen ; und an den
Bóschungen zwängt man in die Steinritzen zahlreiche
Farne, wie Scolopendrium officinarum, Asplenium Ruta
muraria, Trichomanes, viride, Adiantum nigrum und einige
Crassulaceen, wie etwa Sempervivum hirtum, Sedum album
und hispanicum. Hie und da, wo es nicht störend wirkt,
können sich allenfalls auch niedere Sträucher von Salix
grandifolia, Aronia rotundifolia, Rubus saxatilis, Coronilla
Emerus, Rosa alpina, Ribes alpinum und Cotoneaster to-
mentosa über die niederen Pflanzen emporböschen.
uf die nächst höheren Terrassen sind als tonan-.
gebende Arten Pinus Mughus, Rhododendron
hirsutum, Agrostis alpina und rupestris, Carex
firma, ferruginea und sempervirens anzupflanzen.
Die zwischen diese Gewächse einzuschaltenden Pflanzen
sind ausserordentlich zahlreich. Zunächst neben Rhodo-
dendron hirsutum und Pinus Mughus reiht man Rhodo-
gj alpina,
"T
-133
. dendron Chamaeeistus und Daphne striata. Zur Ueber-
kleidung der Steine, welche die Bóschung der Terrassen
piden, sind in dieser Region vor allem Dryas octopetala,
Avena distichophylla und Arciostaphyllos alpina zu ver-
wenden und aus der Reihe der niederen Sträucher sind
für diese Region als besonders bezeichnend Salix arbuscula
"und glabra, Rhamnus pumila, Juniperus nana und Sorbus
Chamaemespilus hervorzuheben. Die meisten den Kalk
vertragenden Primeln, Gentianen und Steinbreche, ferner
Dianthus alpinus, Silene alpestris, Alchemilla alpina, An-
drosace Chamaejasme und lactea, Aretia Vitaliana, Aster
alpinus, Silene acaulis, Coronilla vaginalis, Draba aizoides,
Gnaphalium Leontopodium, Soyeria hyoseridifolia, Hiera-
cium villosum, Homogyne discolor, Armeria alpina, Hut-
chinsia alpina, Linaria alpina, Linum alpinum, Pinguicula
alpina, Athamanta cretensis, Polygonum. viviparum, Carex
capillaris, mucronata, aliformis. Potentilla minima, nitida,
Ranunculus hybridus , alpestris , Soldanella alpina , ale-
riana celtica, saliunca, saxatilis, Veronica aphylla, saxa-
tilis, Viola pinnata, Anemone alpina, narcissiflora gehören
dieser Region als mehr oder weniger characteristische
Formen an und sind daher zwischen die Büsche der Alpen- .
rosen und Legfóhren und die Polster der Carex firma,
Agrostis alpina und anderen oben genannten tonangebenden
Gräser und Riedgräser einzuschalten.
uf die obersten Terrassen der aus Kalksteinem auf-
gebauten Hügel pflanzt man endlich als tonangebende
Arten noch einige Rasen von Carex firma und nebenan
zahlreiche Exemplare der Sesleria microcephala,
Primula minima und die niederliegenden viel-
zweigigen Sträuchelchen der Salix retusa, re-
lieulata, Jacquiniana und Azalea procumbens.
Die Steine, welche hier als Spitzen aufragen, sollen wo
möglich in Krustenflechten überzogen sein, und in die
Ritzen und Klüfte dieser den ganzen Felsenbau krónenden
obersten Steine fügt man Petrocallis pyrenaica, Saxifraga
134
oppositifolia, Valeriana supina, Draba tomentosa, Sauteri,
Potentilla nitida, Clusiana. :
In ganz analoger Weise vertheilt man die vorherr-
schend kalkfeindlichen Pflanzen auf den Felsenhügeln,
welche ein Abbild der Centralalpen geben sollen.
Auf die untersten Terrassen pflanzt man daselbst Nar-
dus siricta und Calluna vulgaris mit Vaccinium
Vitis idaea, Arctostaphyllos officinalis und Lycopodium
alpinum. Dazwischen Campanula barbata, Potentilla aurea,
Arnica montana, Silene rupestris, Achillea tomentosa und
Allosurus crispus. Die Felsritzen ziert man mit Semper-
vivum arachnoideum, Sedum reflexum, dasyphyllum und
annuum. In schattige moosige Winkel wird Linnaea bo-
realis gesetzt und hie und da mag wohl auch ein Strauch
von Alnus viridis und Juniperus Sabina und eine Wedel-
gruppe von Struthiopteris germanica aus einer Felskluft
sich emporheben.
Die nächst höheren Terrassen tragen als die bezeich-
nendsten Formen eine möglichst grosse Individuenzahl
von Rhododendron ferrugineum, Carex curvula,
Sesleria disticha und Juncus trifidus. An diese
reiht man dann Empetrum nigrum, Salix myrsinites, hel-
. vetica, hastata und überdies als charakteristische Pflanzen .
‚noch Achillea moschata, Alchemilla pentaphylla, Ane-
mone vernalis, Arenaria biflora, Artemisia nana und spi-
cata, -Astrantia minor, Avena versiċolor, Cardamine alpina,
Chrysanthemum alpinum, Dianthus glacialis, Erigeron uni-
florus, Gaya simplex, Gentiana excisa, Hieracium albidum
und alpinum, Hutchinsia brevicaulis, Köleria hirsuta, Lloy-
dia serotina, Oxyria digyna, Luzula lutea und spicata,
Phaca astragalina, Phyteuma hemisphaericum, Potentilla
grandiflora, Primula glutinosa, Ranunculus rutaefolius,
Saxifraga aspera, Senecio carniglicus, Sibbaldia procum-
bens, Silene Pumilio, Thalictrum alpinum, Tofjeldia bo-
realis, Trifolium alpinum und Veronica bellidioides. —
In die Felsritzen pflanzt man Geum reptans, Artemisia
135
utellina , Gnaphalium Leontopodium, Primula villosa,
Sempervivum montanum und Waulfenii.
% Die Felsstücke, welche die obersten Etagen und die
(c Spitzen der Hügel bilden, sollen wieder mit Krusten-
fechten, namentlich mit der so charakteristischen Leci-
lea geographica bedeckt sein, und auf die kleinen
hier befindlichen obersten Terrassen sind vor allem als -
lie bezeichnendsten Formen: Aretia glacialis und Sa-
lix herbacea und wieder Azalea procumbens und Carex
curvula anzubringen. Ausserdem können hier Senecio
icanus und uniflorus, Ranunculus glacialis , Saxifraga
hryoides, Seguieri und biflora , Primula glutinosa, Draba
fahlbruckneri und frigida und Potentilla frigida ein Plätz-
chen finden. .
Durch diese Gruppirungen ist dem natürlichen Vor-
kommen der Pflanzenformen in den Alpen die vollste
Rechnung getragen, und der Anblick der in der eben an-
gegebenen Weise bepflanzten Steinhügel gibt eine voll-
kommen richtige Vorstellung nicht nur von der Verthei-
lung der Alpinen, sondern auch von der Physiognomie,
mit welcher uns die Pflanzendecke in der Voralpen-, Alpen-
und Hochalpenregion der Kalk- und Schieferberge eni-
gegentritt.
ANAA
E
Neuntes Capitel.
Vermehrung der Alpenpflanzen.
Bei sorgfältiger Behandlung kann die Mehrzahl der
Alpinen aus Samen gezogen werden. Das Aussäen
der Samen darf jedoch nicht wie bei der Cultur der
meisten anderen Pflanzen im Frühlinge geschehen, son-
dem muss noch im Spätherbsie vorgenommen werden,
136
"
und zwar in der zweiten Hälfte October oder zu Anfang sid
des Monats November, also jedenfalls so spät, dass die À
Samen vor dem nächsten Frühling nicht mehr zum Keimen ferfa
kommen können. Die Töpfe oder Tröge, welche die oph
Samen aufnehmen sollen, werden nahe bis zum Rande T $
mit einer trockenen, lockeren, aus Humus, Sand und etwas E
zerhacktem Sphagnum gemengten Erde gefüllt, diese Erde "e
dann mit den Samen bestreut und über die Samen noch ` E
eine dünne, etwa '/, Zoll mächtige Schichte derselben "-
Erde gesiebt. Nachdem man die Erde fest angedrückt hat, im
bringt man die Töpfe oder Tróge an irgend eine luftige N
lichte Stelle des Gartens, wo sie weder der Sonne noch men
dem Gussregen ausgesetzt sein dürfen und lässt sie uddie
dort unbegossen bis zum ersten Frosie unberührt stehen. d. g
Nach dem ersten Froste deckt man die Töpfe oder Tröge iige
mit Tannenreisig oder dürrem Laubwerk zu und bringt slben
sie über Winter an einen möglichst schattigen Platz, an ferfahr
welchem man mächtige Schneewälle aufhäuft und hie- wren.
durch Sorge trägt, dass die Keimung der Samen im slglt
nächsten Frühling.móglichst weit in die Zeit der langen meise
Tage hinausgeschoben wird. — Beobachtet man endlich Virift
im Frühlinge einzelne die Erde durchbrechende Keime, „Un
so entfernt man die Laub- oder Reisigdecke, bringt die mod:
öpfe oder Tröge an eine Stelle des Gartens, welche durch t sh
Bäume oder Sträucher mässig beschattet ist, und begiesst T"
und überspritzt sie in dem Grade mehr und mehr, als die " "
Sämlinge kräftiger heranwachsen. à -
Nur wenige Arten entwickeln sich so rasch und üppig, N li
dass man sie schon im ersten Jahre auf die Anlage ver- ST
pflanzen oder im Tauschwege verschicken kann. Die pen
meisten derselben bleiben im ersten Sommer noch ziem- V nis
lich schwächlich und werden am zweckmässigsten bis zum * Tor
folgenden Frühlinge noch in den Tópfen oder Trógen ge- m
halten, in welchen sie aufgekeimt sind. Den Winter über "lem
bringt man sie in die Sandkästen, welche auf S. 61— 64 "ten
beschrieben wurden, und erst im kommenden Frühling
137
können sie dann aus den Töpfen genommen werden, in
welchen sie das Licht der Welt erblickt haben.
Am leichtesten keimen bei der Anwendung des obigen
Verfahrens die Cruciferen, Compositen, Umbelliferen, Ca-
ryophylleen, Rosaceen, Ranunculaceen und Papaveraceen,
am schwierigsten dagegen alle jene Alpinen, welche
peerenartige Früchte erzeugen, wie die Arien von Rubus,
Convallaria, Empetrum und Vaccinium, dann die Rhinan-
taceen, Orchideen, Gentianaceen, Primulaceen und endlich
die immergrünen Ericineen. i
oe in Christiania, welcher über die Anzucht der Al-
pinen aus Samen sehr reichhaltige Erfahrungen gewonnen
und diese in seiner auf Seite 66 zitirten Schrift niedergelegt
hat, gibt übrigens auch für diese letzteren Pflanzenarten
einige Regeln an und versichert, bei Beobachtung der-
selben die besten Erfolge gehabt zu haben. Da wir das
Verfahren Moe’s zu wiederholen bisher nicht in der Lage
waren, müssen wir uns des eigenen- Urtheils vorläufig
enthalten, glauben aber unseren Lesern einen Dienst zu
erweisen, wenn wir die betreffenden Stellen der Moe’schen
Schrift in der Ueberseizung hier mittheilen :
„Um die alpinen Ericineen, Vaccineen, Ly-
copodiaceen und Filices aus Samen zu ziehen, werden
aus schwarzer plastischer Torferde, welche man früher
durch geraume Zeit der Luft ausgesetzt hat, ziegelförmige
. zwei Zoll hohe und zwei Zoll breite Klumpen . geformt,
und die Samen dann an der Oberfläche und an den Seiten
dieser Torfklumpen eingerieben. Weiterhin werden diese
Klumpen beiläufig einen Zoll tief in Wasserkisten gesetzt
und mässig begossen. Ueber Winter bringt man dann
jene Torfklumpen, welche mit den Samen der Erieineen
und Vaceineen besäet wurden, in ein kühles Mistbeet, in
welchem sie auch unbeschadet der Sonne ausgesetzt bleiben
können, jene Torfklumpen hingegen, auf deren Oberfläche
die Sporen der Filices und Lycopodiaceen eingerieben
wurden, in ein warmes Mistbeet, in dem sie vor den
138
Sonnenstrahlen durch Schattendecken geschützt werden
müssen. ie aufgekeimien Pflanzen werden im ersten
Jahre nicht umgesetzt, sondern verbleiben auf den Torf-
klumpen bis zum darauffolgenden Jahr und werden zum
Theile (Ericineen und Vaccineen) in einem Kalthaus mit
ärme, zum Theile (Filices und Lycopodiaceen)
in einem Warmhaus überwintert.*
m die so ausserordentlich schwierig zu nn
alpinen Orchideen und Pyrolaceen aus Samen zu
ziehen, gibt Moe folgende Verhaltungsregeln an:
„Man füllt die Töpfe, welche zur Aufnahme der Samen
Destin. sind, “mit einem Gemenge aus einem Theil Haide-
erde, einem Theil Walderde, einem Theil vermoderten
grob zerpochten Fichtenholz, mit einem geringen Zusatz
von fein zerschnittenem Mose (am besten von Hypneen)
und etwas verwesten Tannennadeln. Dieses Gemenge wird
fest im Topfe angedrückt und in dasselbe kleine Moose, am
besten Dicranum-Arten, Bryum argenteum, Mnium u. dgl.
gepflanzt. Auf und zwischen diese Moose werden die
Samen gesäet und die Töpfe dann so weit in Wasser-
kisten gesetzt, dass das ganze Erdreich mässig durch-
feuchtet wird. Die Kiste bringt man dann durch 14 Tage
in ein Mistbeet, das mässig warm und mässig beschattet
sein soll und welches die ganze Zeit über nicht gelüftet
werden darf.“
Ob vielleicht auch die alpinen Rhinantaceen sich
in ähnlicher Weise durch Samen ziehen lassen, haben wir
noch nicht erprobt, doch wollen wir hier bemerken, dass
mehrere Arten dieser Familie, z. B. Euphrasia minima und
salisburgensis sich von selbst auf der Alpenpflanzenanlage
des InnSbrucker botanischen Gartens jährlich aussamen
und an einer und derselben Stelle erhalten.
Wir wollen bei dieser Gelegenheit einschalten, dass
es überhaupt das einfachste und zweckmässigste ist, die
einjährigen und zweijährigen Alpinen, rend
lich die eben genannten Euphrasia-Arten, dann die kleinen
139
Gentianeen: Lomatogonium carinthiacum, Gentiana pro-
strata, nivalis, tenella, nana, ferner einige Cruciferen:
Braya alpina und Aethionema saxatile, weiterhin mehrere
Corniculatae: Sedum repens, annuum, atralum, Saxifraga
adscendens, dann noch das winzige Gnaphalium supinum
der Selbstaussamung zu überlassen. Man hat hiebei nur
Rücksicht zu nehmen, dass der Boden, auf welchem man
diese Alpinen cultivirt, zur Zeit der Samenreife etwas ge-
lockert werde, und dass die aufkeimenden Pflünzchen nicht
durch Trockenheit leiden und nicht durch unberufene Ein-
dringlinge überwuchert werden.
Was die ungeschlechtliche Vermehrung der
Alpinen anbelangt, so kann darüber Folgendes bemerkt
werden.
Die alpenbewohnenden Weiden, insbesondere
Salix helvetica, Lapponum, pyrenaica, arbuscula, glabra,
hastata, glauca, myrsinites, Jacquiniana, retusa, reticulata,
grandifolia, silesiaca werden durchgehends ohne Schwierig-
keiten-durch Stecklinge vermehrt. Man schneidet die Steck-
reiser am zweckmässigsten zeitlich im Frühlinge, kurz vor
dem Sprengen der Knospenschuppen von zweijährigen
Zweigen und pflanzt. dieselben dann entweder in Töpfe in
ein Gemenge von lehmiger Erde und zerhacktem Sphagnum
oder noch zweckmässiger in einen Ballen von reinem
Sphagnum, mit dem man dann ein theilweise mit Wasser
gefülltes Glasgefäss so weit ausstopft, dass der Sphagnum-
ballen mit dem Wasser in Berührung kommt und von
diesem Feuchtigkeit ansaugen kann. Die so gefüllten
Glasgefässe bringt man in den Raum eines temperirten Glas-
hauses, stellt sie an einen beschatteten Ort und verpflanzt
dann, wenn man zwischen dem Sphagnum die Wurzelfasern
sich durchspinnen sieht, die Stecklinge ins Freiland.
Von anderen alpinen Sträuchern lassen sich die
Sommergrünen Arten: Rosa alpina, Ribes petraeum
140°
und alpinum, Rhamnus pumila, Alnus viridis und Arcto-
staphyllos afpina, sowie die Liane unserer Alpen, Atra-
gene alpina, gleichfalls ohne besondere Schwierigkeiten
durch Stecklinge vermehren. Man schneidet von ihnen
im Juni, Juli oder August die Reiser und- steckt sie in
feuchtgehaltenen Sand an mässig beschattete Plätze eines
Mistbeetes oder Treibkastens, wo sie sich gewöhnlich
schon nach kurzer Frist gut und reichlich bewurzeln.
Ohne Erfolg dagegen waren die im Innsbrucker bo-
tanischen Garten ausgeführten Versuche, welche sich das
Ziel steckten, auch die wintergrünen Sträucher
der Alpen, die Erica- und Rhododendron-Arten, das
Empetrum nigrum, die Azalea procumbens und Daphne
striata durch Stecklinge zu vermehren. Von den zahl-
reichen Stecklingen dieser Arten bewurzelten sich in der
Regel nur ganz wenige und selbst diese vermochten es
nicht zum kräftigen Wachsthum zu bringen, sondern
kümmerten eine Zeit lang’ und gingen endlich über kurz
oder lang ganz ein.
Von krautartigen Pflanzen eignen sich die Arten
der Gattungen Dianthus, Silene, Alsine, Arabis, Petrocallis,
Thlaspi, Erysimum, Phyteuma, Campanula, Valeriana, Sta-
tice, Aretia, Androsace, Veronica, Potentilla und Sibbaldia
am besten zur Vermehrung durch Stecklinge. Die im
Sommer nach Abschluss des ersten Triebes geschnittenen
krautartigen Stámmchen werden wieder ähnlich den früher
aufgezáhlten sommergrünen Sträuchern an einer etwas
schattigen Stelle des Mistbeetes oder Treibkastens in
feuchtgehaltenen Sand gesteckt und sind in der Regel
nach 44 Tagen schon mit Würzelchen versehen.
Zur Vermehrung durch schlichte Theilung
eignen sich vorzüglich jene alpinen und subalpinen Arten,
welche kriechende wurzelnde Stämmchen besitzen, wie z.
Linnaea borealis; Selaginella helvetica, Saxifraga oppositi-
folia und tenella. Ferner können durch Zertheilung der
Rhizome und Rasen die meisten kleinen Farne (Asplenium,
=
141
Woodsia, Nothochlaena) alle Carices und Gräser, sowie
alle Arten der Gattungen Juncus, Luzula und Tofieldia,
weiterhin alle Crassulaceen und von niederen krautartigen
Pflanzen Saxifraga Seguieri und androsacea, alle Arten
von Viola, Soldanella, Ranunculus und alle kleinen Com-
positen (Erigeron alpinus“ Gnaphalium Leontopodium,
Senecio incanus, carniolicus, Soyeria hyoseridifolia, Homo-
gyne discolor und alpina sehi werden. Fast ganz
erfolglos sind dagegen Theilungsversuche mit den alpinen
Leguminosen und Umbelliferen, welche durch dicke tief-
gehende, wenigästige Wurzeln ausgezeichnet sind. Ebenso
bleiben in der Regel die Theilungsversuche erfolglos,
die man mit jenen dichtrasigen polsterförmigen Pflanzen
ausführt, deren zahlreiche gedrängte kurze Stämmchen
von einer einzigen, verhältnissmässig schwachen Wurzel
ernährt werden, wie z. B. Cherleria sedoides, Silene
acaulis, Saxifraga caesia, Androsace helvetica und gla-
cialis, Arenaria ciliata, Alsine Gerardi und recurva. —
Im Allgemeinen kann man noch sagen, dass sowohl die
Vermehrung durch Theilung, wie auch jene durch Steck-
linge desto leichter gelingt, wenn die zu theilende Pflanze
eine Bewohnerin des sandigen Bodens ist, dass dagegen
der Erfolg ein sehr unsicherer wird, wenn die Pflanze
einen bündigen lehmigen Boden verlangt.
Schliesslich sei noch bemerkt, dass für die wenigen
alpinen und subalpinen ee und Knollengewächse,
2. B. Crocus vernus, Gagea Liottardi, Lloydia serotina,
Cyclamen europaeum, bei der Vermehrung ganz dieselben
Regeln gelten, welche man bei anderen in unseren Gärten
cultivirten Zwiebel- und Knollenpflanzen in Anwendung
bringt
Zehntes Capitel.
UI
Behandlung der Alpenpflanzen bei Excursionen
im Hochgebirge, beim. Transporte in niedere
Gegenden und bei der Einpflanzung im Garten.
Das vorhergehende Capitel hat unter anderm gezeigt,
dass sich gerade mehrere der schönsten, verbreitetsten
und bezeichnendsten Alpenpflanzen nur ausserordentlich
schwierig aus Samen oder Stecklingen heranziehen lassen.
Alle Versuche, die Zierden unserer Alpenflora, die un-
vergleichlichen Alpenröschen, nach einer oder der andern
Methode aufzubringen, haben nur ungünstige Resultate ge-
liefert. Und wenn es auch vielleicht noch gelingen dürfte,
ein Verfahren ausfindig zu machen, durch welches man
bessere Erfolge erzielt, so ist es doch gewiss recht lang-
weilig, ein Dezoriiztih zuzuwarten, bis die aus Samen
aufgekeimten Alpenrosenbüsche egune einmal so kräftig
werden, dass sie es auch zur Entwicklung von Blüten
bringen. Dasselbe gilt auch von mehreren anderen Al-
pinen, deren. Anzucht aus Samen weniger grossen Schwie-
rigkeiten unterliegt, als jene der früher genannten immer-
grünen Alpensträucher. Jeder, der sich einen Alpen-
pflanzengarten anlegt, möchte ja schon im nächsten Jahre
oder doch wenigstens in ein paar Jahren die gepflanzten
Gewächse im Schmucke ihrer vollen Blüte sehen und
wird verstimmt, wenn er an der Stelle üppiger Büsche
immerfort nur junge, kümmerliche blütenleere Sprossen
schauen muss. ;
Aus diesem Grunde ist es wohl in sehr vielen Fällen
vorzuziehen, sich die anzupflanzenden Alpinen in aus-
gewachsenen blühreifen Exemplaren aus anderen Gärten
oder aus den Alpen selbst zu verschaffen.
Die Alpenpflanzen müssen aber bei der Einsammlung
auf Excursionen im Hochgebirge, ebenso wie beim Ver-
143
packen und Verschicken eigenartig behandelt werden, und
wir wollen es nun im Nachfolgenden versuchen, dasjenige,
was uns in dieser Beziehung die Erfahrung gelehrt hat,
den Alpenpflanzenzüchtern und „jenen. die es werden
wollen * mitzutheilen.
ie beste Zeit zur Einsammlung lebender
Pflanzen in den Alpen ist der Monat September.
Die Alpinen haben da fast durchgehends ihre Samen ge-
reift und sind zu dieser Zeit bereits in eine Phase der
Ruhe getreten, welche sie gegen äussere Eingriffe ziem-
lieh widerstandsfähig macht. Auch ist im September die
Hitze schon so verringert, dass die Alpinen auf der Reise,
. welche sie aus dem Hochgebirge ins Thal oder ins Flach-
land zu machen gezwungeu werden, nicht mehr viel zu
leiden haben. Da, wie erwähnt, die grosse Mehrzahl der
Alpenpflanzen im September schon abgeblüht hat, so wird
freilich vorausgesetzt, dass derjenige, welcher in diesem
Monate aus den Alpen lebende Pflanzen holen will, die
Arten auch im nicht blühenden Zustande richtig erkennt
und leicht zu finden weiss. Diess vorausgesetzt, hat aber
der September auch noch den grossen Vortheil, dass
man nebst den lebenden Arten auch zahlreiche Samen
ausbeuten und mit nach Hause bringen kann” — Es ist
übrigens auch gerade kein Unglück, wenn man in einem
anderen früheren Monat in die Berge kommt; nur muss
man dann die Verpackung mit doppelter Vorsicht aus-
führen und auf den Gewinn der Samen in der Regel ver-
zichten
Zur Versendung der in Gärten cultivirtén
Alpinen wählt man entweder gleichfalls den Monat Sép-
tember oder den Vorfrühling, in welchem die Thätigkeit
der durch Schneewälle in ihrer Entwicklung zurückge-
haltenen Alpenpflanzen noch nicht begonnen hät. Sowohl
ie eine wie die andere Jahreszeit hat in Bezug auf den
Transport der bereits in Cultur befindlichen Alpinen ge-
Wisse Vortheile und Nachtheile. Steht aber die Auswähl
&
144
zwischen beiden Zeiten ganz frei, so würden wir doch
unbedingt immer den Vorfrühling vorziehen, weil zu die-
ser Zeit die Pflanzen unstreitig am ‚besten, schnellsten
und sichersten zur Bewurzlung gelangen.
Bei der Auswahl der aus den Alpen zu ent-
führenden Pflanzen ist nichts unvortheilhafter, als
wenn man sein Augenmerk auf recht grosse und alte
Exemplare richtet, da gerade diese bei der nachträglichen
Cultur im Garten am leichtesten zu Grunde gehen. Am
besten wählt man jüngere kräftige, eben blühreif gewor-
dene Stócke und zwar — wie sich wohl von selbst ver-
steht — von Stellen, an welchen man alle Wurzeln
müglichst unbeschüdigt herausbringt. Bei manchen Arten,
die nur in Felsritzen wachsen, wie z. B. bei Phyteuma
comosum, Campanula Morettiana, Rhamnus pumila u. dgl.
wird man freilich hierauf in der Regel verzichten müssen;
dort aber, wo die Wahl zwischen üppigen, in Felsritzen
eingezwüngten Stücken, und mageren, im lockeren Stein-
schutt wachsenden Exemplaren freisteht, gebe man sich
ja keine besondere Mühe, die ersteren heraussprengen zu :
wollen, und wähle lieber die letzteren, wenn sie auch
bei weitem weniger verlockend entgegenblicken. — Die
besten Plätze zur Einsammlung von Alpinen sind dem-
nach offenbar die Schutthalden, die sandigen Ufer der
Alpenbäche und der lockere Moränenschutt. Man macht
dort in der Regel die beste Ausbeute und findet dort
fast alle jene Pflanzen, welche Felsritzen und Felsgesimse
bewohnen und die von diesen Standorten oft nur mit grossen
Schwierigkeiten herabgeholt werden könnten, auf leicht
zugänglichem Boden im Sande eingebettet. *
inige Arten, nümlich die kleinen ausdauernden alpinen
Gentianen: G. verna, pumila, imbricata, dann alle Arten
von Euphrasia, Thesium, Saussurea, Lycopodium, weiters
die alpinen Orchideen und Pedicularis, endlich noch Crepis
aurea, grandiflora, Hypochoeris helvetica, Bartsia alpina,
Campanula barbata, alpina, Daphne striata und Nardus
145
strieta vertragen es nicht gut. wenn man ihre Wurzeln
gänzlich von der Erde entblösst. Diese müssen daher
mit sammt dem Erdballen, in welchem sie wurzeln, aus-
gehoben, allsogleich in Moos eingewickelt und eingebun-
den, in dieser Umhüllung verschickt und am Ziele an-
gekommen, mit sammt dem Erdballen eingepflanzt werden.
Da es bei diesem Verfahren fast unvermeidlich ist, dass
neben den ganz besonders in’s Auge gefassten Pflanzen
auch noch einige andere Arten mit ausgehoben werden
und diese letzteren selbst dann, wenn man sie gänzlich ent-
fernt zu haben glaubt, in einzelnen unterirdischen Theilen im
Erdballen erhalten bleiben, nachträglich emporwachsen und
vielleicht gerade diejenigen Arten, welche man eigentlich
zu eultiviren beabsichtigte, überwuchern und verdrängen,
so muss man die oben genannten Alpinen, die sammt
ihrem Ballen in den Garten verpflanzt wurden, mit ganz
besonderer Sorgfalt überwachen und jeden unberufen auf-
wachsenden Nachbarn allsogleich durch Ausziehen oder
.Ausschneiden unterdrücken.
Alle anderen Arten kann man dagegen unbesorgt von
der Erde entblössen und ohne Wurzelballen verschicken.
Ja es ist sogar für diese die sorgfältige Auslösung und Sor-
tirung an Ort und Stelle dringend anzurathen. Denn
thut man dies nicht und pflanzt man alle Alpinen mit
dem anhängenden Erdballen in den Garten, so kommen
auf der Anlage so zahlreiche unberufene Eindringlinge
zum Vorschein, und es entsteht ein solches Gewirre von
bunt durcheinander wachsenden Pflanzen, dass man bei
einer etwas umfangreicheren Alpenpflanzenplantage - die
einzelnen Gewächse nicht mehr gut zu überwachen, zu
eliquettiren und zu besorgen im Stande ist.
ie zum Transport bestimmten Arten werden auf der
Alpe allsogleich, nachdem sie ausgegraben wurden, in
feuchtes Moos eingehüllt und sobald als thunlich mit
‚frischem Quell- oder Bachwasser mässig bespritzt. —
Handelt es sich blos darum, die Alpinen vom eno d
Kerner, Alpenpflanzen.
,
146
zur Verpflanzung in den Garten eines nahen Thales zu
bringen, so kann man die abwechselnd zwischen feuchtem
Moos geschichteten Alpinen in einer Blechkapsel (Bota-
nisir-Büchse), einem Korb aus Flechtwerk, oder auch nur
zwischen Fichtenzweigen, die man mit festen Bindfäden
zusammenschnürt, ganz gut iransporliren. Sollen die
Alpinen dagegen eine grössere Reise machen, so ist es
am zweckmässigsten, das zu versendende Materiale früher
zu sortiren, und eben so viele kleine Päcke zu machen
als man Arten gesammelt hat. Die Exemplare jeder Art
werden dann nur bis zum Wurzelhalse in feuchtes Moos
eingehüllt und mit Bindfüden zusammengebunden; die
Blátter und Stengel dagegen müssen aus dem Moosballen
frei herausragen. Die so zugerichteten Pácke werden dann in
Kisten, Blechbüchsen oder geflochtenen Kórben, zwischen
trockenem Moos oder dürrem Buchenlaub in der Weise
geschichiet, dass die Blätter und Stengel des einen Packes
nicht unmittelbar auf die feuchten Moosballen der anderen
Päcke zu liegen kommen. Hat man Sphagnum zur Hand,
so ist dieses jeder anderen Moossorte als Verpackungs-
material unbedingt vorzuziehen, doch muss dann dafür
Sorge getragen werden, dass nur jene Sphagnumballen,
welche die: Wurzeln umgeben, durchfeuchtet sind, und dass
jene Partien des Mooses, welche als Zwischenlage der
einzelnen Packeie dienen, früher mit den Händen gut aus-
gepresst oder an der Sonne ausgeirocknet wurden
Ist die Menge der zu versendenden Alpenpflanzen eine
etwas grössere, so versäume man ja nicht, zwischen den
einzelnen Schichten ven Alpenpflanzenpacketen Fichten-
zweige einzulegen. Es wird dadurch der gegenseitige
Druck der Packete verhindert und das Verschimmeln der
Pflanzen am besten hintangehalten. — Noch kommt zu
bemerken, dass man die umfangreichen alpinen und sub-
alpinen Staudenpflanzen vor der Versendung entsprechend
zustutzen und von ihnen alle mastigen Blätter und Stengel
entfernen muss.
*
147
Bei dem eben mitgetheilten Verfahren, welches auch
bei Versendungen eultivirter Alpinen Geltung zu finden
hat, kann man sicher sein, dass die Alpenpflanzen eine
8 bis 14tägige Reise ohne wesentlichen Nachtheil ver-
tragen. Wir haben zu wiederholten Malen auf die an-
gegebene Art Pflanzen aus abgelegenen Theilen der stei-
rischen und österreichischen Alpen abgeschickt, welche
bis zu ihrer Ankunft in Innsbruck 14 Tage unterwegs
waren und dennoch beim Auspacken sich ganz gut er-
halten zeigten. Auch werden von uns Jährlich mehrere
tausend Exemplare Alpenpflanzen aus dem Innsbrucker
botanischen Garten nach allen Theilen Europas versendet,
die nach Mittheilung unserer Tauschfreunde mit wenigen
Ausnahmen ganz wohlbehalten an ihren oft ziemlich weit
entfernten Zielen anlangen.*) — Vereinzelte Verluste
wird man freilich immer gewärtigen müssen; am wenigsten
aber gewiss bei der Methode, welche oben erläutert wurde.
Die von einem längeren Transporte angelangten Alpen-
pflanzen werden so schnell als möglich aus ihren Um-
hüllungen gelöst, an einem schattigen Platze auf frischem
Moos ausgebreitet und dort mit kaltem Wasser tüchtig
bespritzt einen halben Tag oder eine Nacht über liegen
gelassen. Man schneidet dann die Wurzelspitzen mit
scharfem Messer ab und pflanzt die Exemplare nach den
auch für andere Pflanzen geltenden Regeln in Töpfe oder
Mein in die me nen Erdmischungen.
) w r kö önnen nicht umhin, hier folgendes Factum einzu-
schalten. Ende März 1863 wurde zu Innsbruck eine Kiste mit
Alpenpflanzen nach Marburg in Hessen aufgegeben, aber durch
Verwechslung von Seite der Postbediensteten nach Marburg in
Untersteiermark expedirt. Nach 10 Tagen gelangte die Kiste
wieder aus Steiermark nach Iunsbruck als no zurück,
und als wir dieselbe öffneten, waren die eingepackten Pflanzen
alle so wohl erhalten, dass wir keinen Anstand Be en, den
Deckel wieder aufzunageln und die Kiste nach Marburg in Hessen
Zu expediren, wo ihr Inhalt endlich 14 Tage nach der ersten Ab-
Sendung im besten Wohlsein ankam.
10*
148
Sollte die Einpflanzung schon spät im Herbst
vorgenommen worden sein, so müssten die Pflänzlinge
anfänglich zur Beförderung der Wurzelbildung in ein tem-
perirtes Haus gestellt und dort beschattet, nachträglich
aber in einem Kalthause überwintert werden. - Ist dagegen
die Einpflanzung noch vor dem Monat October
vorgenommen worden, so stellt man die Töpfe oder Tröge
anfänglich an einem gut beschatteten luftigen Platze im
Freien auf und sorgt für eine nicht übermässige aber
gleichmässige Durchfeuchtung des die Wurzeln umgeben-
den Erdreiches. Ist dann die Bewurzelung eingetreten, so
rückt man mit den Tópfen oder Trögen in die Sonne vor,
beschattet die Pflanzen dort noch durch einige Tage in
den Mittagsstunden und überlässt sie endlich dem Ein-
usse der direeten Sonnenstrahlen. Ihre weitere Be-
handlung unterliegt dann jenen Regeln, welche auf S. 61
bis für die in Tópfen oder Trógen cultivirten Alpinen
im Allgemeinen mitgetheilt wurden.
Die Alpinen im Hochsommer oder Herbst allsogleich
nach ihrer Ankunft aus dem Hochgebirge auf die Anlage
zu verpflanzen, ist bedenklich, und kann nur mit sehr
zühen Pfílanzennaturen erfolgreich durchgeführt werden.
Weniger schmiegsame Arten würden dort der grossen
Mehrzahl nach zu Grunde gehen und zwar vorzüglich
darum, weil es nicht móglich ist, sie dort so gut zu be-
schatten und doch gleichzeitig so luftig zu halten, dass
noch vor dem Eintritte des ersten Frostes eine gute Be-
wurzelung eingeleitet sein würde. — Man nimmt darum
die Transplantirung jener Alpinen, welche im Herbste
in Tópfe oder Tróge eingepllanzt wurden, erst im nächsten
oder noch besser im zweitnächsten Frühlinge, und zwar
möglichst zeitlich und wenn möglich noch vor dem Er-
wachen der Vegetationsthátigkeit , vor. Die inzwischen
in den Töpfen oder Trögen gut angewurzelten Exemplare
werden mit dem ganzen Wurzelballen und mit sammt der
Erde, welche diesen umgibt, sorgfältig ausgehoben und
149
an jene Plätze der Anlage übertragen, welche man nach
den im achten Capitel mitgetheilten Regeln ausgemittelt
hat. Gebraucht man hiebei noch die Vorsicht, sie dort
nach dem Eingiessen durch einige Tage mit Fichten- oder
‚Tannenzweigen zu beschatten, so wird man eines günstigen
Erfolges fast in allen Fällen sicher sein können.
Eilftes Ca pitel.
Behandlung der Alpinen auf der Anlage im
Laufe des Jahres.
Winter.
Sobald der erste Frost des Spátherbstes eingetreten
ist und mit ihm der Winter ernstlich an die Thüre ge-
klopft hat, ist vor Allem für eine gute und ausreichende
Bedeckung der Alpinen zu sorgen.
Wie sonderbar, wird hier mancher denken, wie sollte
es nothwendig sein, die Pflanzen der frostigen Hoch-
alpenreviere vor Frost zu -schützen! — Und dennoch
müssen wir wiederholen, dass die sorgfültige Bedeckung
der Alpinen über Winter eine der wichtigsten Massnahmen
ist und dass ihre Unterlassung unzweifelhaft die Pflanzen
zum wenigsten decimiren würde. — enn man näher
auf die winterlichen klimatischen Verhältnisse der Alpen-
region blickt, so ist übrigens die ganze Sache auch bei
weitem nicht mehr so sonderbar. Zu einer Zeit, in welcher
sich das die Pflanzenwurzeln umgebende Erdreich noch
einige Grade über dem Gefrierpunkt hält, fällt in der
Alpenregion schon die bleibende, mächtige winterliche
Schneehülle herab und schützt als ein schlechter Wärme-
150
leiter den Boden und die in demselben steckenden zwergigen
Pflanzen vor jenen bedeutenden Temperaturerniedrigungen,
welchen dort die Luft später im Laufe des Winters aus-
gesetzt ist. *) Der Boden der Alpenregion ist daher
auch niemals tief gefroren und zeigt selbst in der obersten
Schichte, wohl kaum jemals eine Temperatur, die unter
— 20 R. herabsinkt. Anders verhält sich dies in unseren
ebenen Gegenden. Wie häufig stellen sich da Erniedri-
gungen der Temperatur eiu, welche den Boden schon zu
einer Zeit gefrieren machen, wenn noch die schützende
winterliche Schneedecke fehlt. Die Kálte der Luft wirkt
dann unbehindert auf die offene Erde ein und bringt
n derselben Kültegrade hervor, welche den Tod zahlreicher
s acc Pflanzenarten zur Folge haben. —. Und dass
zu diesen empfindlichen Pflanseuarten auch die grosse
*) Um zu erfahren, inwieweit die- winterliche Schneedecke
den Boden vor dem Einflusse der Lufttemperatur zu sehützen
vermag, wurden von mir mehrfache Versuche angestellt
Reihe von Beobachtungen, welche ieh mit meinem Freunde
r. G. L. Mayr in Wien im Winter des Jahres 1855 ausführte,
scheint mir besonders eccles weil in jenem Winter die
Lufttemperatur ee grosse Schwankungen zeigte und
sich daher die Bedeutung der Schneedecke für die Temperaturs-
verbültnisse des Bodea gerade damals recht klar herausstellte
Die Kugel des einen Thermometers befand sich in Mayr's
Garten einen Zoll unter der Erdoberfläche, die Kugel des zweiten
Thermometers ebenda einen Zoll über der Schneeoberflüche.
Als Hauptresultat ergab sich am M usse des Winters:
óchste Temperatur des von einer E ebd hohen Schnee-
schichte bedeckten Bodens + 0*.
Tiefste Temperatur des von einer 1 e hohen Schnee-
schichte bedeckten Bodens — 1°. 6 R.
ährend demnach die Lufttemperatur eine Schwankung von
23 Graden zeigte, betrug die Schwankung der Bodentemperatur
kaum mehr als einen Grad,
.
0
h
(
(
f
151
Mehrzahl unserer Alpinen gehört, hievon kann sich jeder
überzeugen, der den sehr einfachen Versuch macht und
einige dieser Gewächse den Winter über ohne allen
Schutz gehörig durchfrieren lässt.
Dass die Alpinen über Winter geschützt werden müssen,
darüber kann demnach wohl kaum ein Zweifel herrschen,
und die Frage, welche zu beantworten kommt, ist nur die,
auf welche Art wir diesen Schutz zu gewähren haben.
Dass eine ausgiebige Schneedecke, wie sie sich im
Hochgebirge im Winter vorfindet, auch auf der Alpen-
pflanzenanlage das beste Schutzmittel gegen die Kälte des
Winters wäre, versteht sich wohl von selbst. Leider
liegt aber dieses Schutzmittel nicht in unserer Hand, son-
dern ist so sehr dem Zufalle unterworfen, dass wir auf
dasselbe in unseren niederen Gegenden niemals mit Sicher-
heit rechnen können. Die Jahre, in welchen ein so aus-
giebiger Schnee fällt, wie wir ihn hier brauchen würden,
gehören zu den grössten Seltenheiten; und wenn auch,
so ist die Schneedecke doch niemals von jener Dauer,
wie sie zu unserem Zwecke sein sollte. Wir werden
zwar in jedem Jahre so viel Schnee bekommen, um daraus
die im Früheren mehrfach besprochenen Eiswálle erzeu-
gen zu können, doch lassen sich solche Eiswälle ohne
Nachtheil für die Alpinen nur in den Zwischenräumen
und am Rande der Anlage aufrichten, und es wäre ge-
wiss sehr bedenklich, auch jene Stellen, an welchen Al-
pinen eingepflanzt sind, unmittelbar mit solchen Eismassen
u belasten. — Wir müssen darum unsere Zuflucht zu
einem anderen Schutzmittel nehmen.
. Nach mehrfachen Versuchen glauben wir nun als das
oder Tannenreisig empfehlen zu können. Nur muss man
bei der Wahl dieses Mittels die Vorsicht gebrauchen,
dass das Reisig erst im Spätherbste unmittelbar vor dem
Gebrauche von den Bäumen genommen werde, weil von
früher geschnittenen Zweigen die Nadeln gegen den Früh-
152
r
ling hin leicht abfallen und an manchen Punkten der
Anlage zurückbleiben, wo sie nachträglich nicht sehr
erwünscht sind und alıch nicht ohne Schwierigkeiten ent- d
fernt werden können. — Eine doppelte Schichte von f
Zweigen reicht wohl überall vollständig hin. Zweck- d
mässig ist es, die Zweige mit einigen faustgrossen Steinen
mässig zu beschweren und jedesmal, so oft Schnee fällt,
auf die Reisigdecke auch noch eine, wenn auch vergüng- i
liche, lockere Schichte von Schnee aufzuschaufeln. B
ürres Laub von Buchen, Birken, Ahornen, Haseln :
; und anderen sommergrünen Bäumen und Sträuchern steht f
; als Schutzmittel den Fichtenzweigen weit nach. Gegen |
den Frühling zu unterliegen nämlich die untersten un- i;
mittelbar dem Boden’ aufliegenden dürren. Laubpartien sehr e.
leicht der Fäulniss und dem Schimmel und „ersticken“ |
die Pflanzen, welchen sie zum Schutze dienen sollten. d
Für TERRA welchen Fichten und Tannen fehlen, wie ;
z. B. für die niederen Gegenden Ungarns, würden wir E
darum statt der Laubdecke eine Decke von Zweigen des F
überall verbreiteten Wachholders anempfehlen. b
ächst der Bedeckung der Alpinen ist im Laufe des u
Winters weiterhin für mächtige Schneewälle zu sorgen, fi
welche bei der Cultur auf Steinhügeln in den Zwischenräumen, ü
bei den anderen Culturformen- dagegen an den Rändern g
der Anlage anzubringen sind. Um nicht schon einmal N
Gesagtes hier zu wiederholen, verweisen wir in die- e
ser Beziehung auf Seite 56 und bemerken hier nur noch, a
dass wir im Innsbrucker botanischen Garlen die zwischen
den Steinhügeln sich durchschlängelnden Wege 3 bis
4 Schuh hoch mit festgestampftem Schnee ausfüllen, i
diesen am Beginn kalter Nächte tüchtig mit Wasser be-
giessen, ihn weiterhin gegen die warmen Regen durch
Stroh nnd Bretter schützen und auf diese Weise unseren
Zweck vollkommen erreichen,
153
Frühling.
Sobald der Boden vollkommen aufgethaut ist, wird
„die winterliche Decke von der Alpenpflanzenanlage ent-
fernt. Man wählt zu dieser Arbeit einen Tag, an welchem
der Himmel umwölkt ist, oder noch besser einen Tag.
an welchem ein sanfter Frühlingsregen auf den Boden
niederträufelt.
War es durch mächtige Schneewälle gelungen, den
Beginn der Vegetationsthätigkeit recht lange hinauszu-
schieben, so braucht man gegen die Spätfröste des Früh-
lings keine besonderen Vorkehrungen zu treffen. Sollte
aber auf einen fast schneelosen Winter ein sehr zeit-
licher Frühling gefolgt sein, so dass es in Folge dieser
Witterungsverhältnisse nicht möglich war, die Entwicklung
der Alpinen bedeutend zu verzögern, so muss man bei
eintretenden Spätfrösten die Alpinen jedesmal wieder sorg-
fällig bedecken. Man behält aus diesem Grunde das
Fichten- oder Tannenreisig, welches als winterliche Decke
‚benützt wurde, in der Nähe der Anlage aufgespeichert
und breitet dasselbe an hellen kalten Abenden , welche
für den kommenden Morgen einen Frost besorgen lassen,
über die Pflanzen der Anlage aus. Für die in Töpfen
gezogenen Alpinen, welche nach der auf Seite 61—64 be-
schriebenen Weise in Sandkästen gehalten werden, genügt
. es wohl zur Abhaltung des Frostes, wenn man Breiter
auf den Rahmen der Kästen in dichtem Schlusse neben-
einander legt.
Gut ist es auch,-in den ersten Tagen nach Entfernung
der Winterdecke in der Mittagszeit die von den Son-
nenstrahlen getroffenen Stellen der Anlage leicht zu-
zudecken. Nach drei- oder vier Tagen aber bedürfen die
meisten Alpinen gegen die Sonne keines weiteren Schutzes
mehr, und man hat jetzt nur Sorge zu tragen, dass der
Boden gleichmässig und regelmässig befeuchtet sei. Das
ganze Terrain, auf welchem sich die Anlage befindet, ist
154 >
natürlich durch das von den Schneewällen herrührende
Schmelzwasser ganz durchweicht, und die Atmosphäre,
welche über diesem Terrain lagert, findet in der reichlich
mit Wasser getränkten Erde eine ziemlich lange dauernde
Quelle von Feuchtigkeit. Diese grosse relative Luft-
feuchtigkeit in der Umgebung der Alpenanlage kommt
aber den Alpinen mittelbar zu statten, und man braucht
darum in dieser Zeit zur Erzielung einer gleichmässigen
Durchfeuchtung des die Pflanzenwurzeln umgebenden Erd-
reiches nur eine verhältnissmässig sehr geringe Wasser-
menge. |
Eine der wichtigsten Arbeiten, welche der Frühling
mit sich bringt, besteht jetzt darin, dass man Pflanze für
Pflanze durchgeht und nachsieht, ob nicht der Boden und
die Wurzeln im Laufe des Winters etwas gelockert wur-
den. Ist dies irgendwo der Fall, so drückt man die be-
treffenden Pflanzen sorgfältig an und füllt in ihrer Um-
gebung etwas Erde auf. Doch ‚hüte man sich einerseits,
diese Manipulation bei nassem Wetter auszuführen und
anderseits beim Nachfüllen der Erde die Köpfe der Pflanzen
mit Erde zu verkleben, weil sonst im ersten Falle die
Erde nachträglich klumpig und hart wird, und im zweiten
Falle bei nachfolgendem Regen leicht eine Erweichung
der Pflanzen eintreten könnte.
Der Vorfrühling ist auch die Zeit, in welcher die
Ueberpflanzung der vor anderthalb Jahren im Herbste vom
Hochgebirge gebrachten und anfänglich in Töpfen oder
Trögen gehaltenen Alpinen auf die Anlage, die Vermeh-
rung der alpinen Weiden durch Steckreiser, die Ueber-
setzung der aus Samen gezogenen zweijährigen Pflanzen
in andere Töpfe, in flache Beete oder auf Steinpartien
vorgenommen werden muss. (Vgl. S.136, 139, 148.) Auch
darf nicht übersehen werden, dass von den Töpfen oder Trö-
gen, in welche man im vorangegangenen Herbste Samen der
Alpenpflanzen gesüet hat, das Laub oder Reisig allso-
gleich entfernt wird, sobald man merkt, dass das Erdreich
gehoben, und wir beschränken uns daher hier darauf
155
vollkommen aufgethaut ist und sich aus demselben viel-
Jeicht schon hie und da ein paar junge Sämlinge her-
vordrängen. (Vergl. S. 139.)
as Ende des Frühlings, nämlich die zweite Hälfte
des Monats Mai, ist die Zeit, in welcher die grosse
Mehrzahl der Alpinen in unseren Gärten zur Blüte ge-
langt. Reichlicheres Ueberbrausen mit Wasser ist zu
dieser Zeit von grosser Wichtigkeit. — Ausserdem ist
diese Periode, in welcher die angepflanzten Alpinen am
leichtesten bestimmbar sind, auch diejenige, in welcher
man alle Arten revidirt und mit Etiquetten versieht,
Sommer.
. Dass die Bewässerung unter allen Zeiten des Jahres
im Sommer am reichlichsten sein müsse, wurde schon
mehrmals im Laufe der früheren Erórterungen hervor-
,
kurz zu wiederholen, dass von Mitte Mai angefangen, die
Zufuhr von Wasser bis Ende Juli im steten Wachsen
begriffen sein muss, dass man dann allmählich die Wasser-
menge restringirt und gegen den Herbst zu den Boden
wieder etwas trockener hält.
a der Hochsommer die Periode ist, in welcher die
meisten Alpinen in unseren Gärten die Früchte reifen,
so hat man in dieser Jahreszeit auch die Einheimsung
der Samen vorzunehmen. Man wählt hiezu trockene
warme Tage, schneidet die ganzen Fruchtstände vom
Stamme ab und breitet dieselben an luftigen trockenen
Plätzen aus, um sie dort etwas „nachreifen“ zu lassen.
Man kann sich in der Regel die Mühe ersparen, die Samen
noch von den Kapseln oder sonstigen Umhüllungen zu
befreien und bewahrt sie unbeschadet mit sammt ihren
Hüllen bis zum Herbste auf; ‘nur beim Aussäen hat man
dann natürlich für eine gleichmässige Vertheilung der
einzelnen Samenkörner Sorge zu tragen.
~
156
Eine der wichtigsten Arbeiten des Hochsommers ist
auch das Nachfüllen der Erde und das Umpflanzen
der überständig gewordenen Alpinen. — Alle
jene Alpenpflanzen, welche rasig gehäufte kurze Stämm-
chen besitzen, wie z. B. Cherleria sedoides, Gentiana
pumila, Primula minima, Saxifraga Burseriana und Silene
acaulis zeigen bei der Cultur die fatale Erscheinung, dass
sich ihre Rasen lockern und dass die Stämmchen sich
verhältnissmässig mehr verlängern, als dies auf dem Hoch-
gebirge der Fall ist. Würde man solche Arten auf der
Anlage sich selbst überlassen, so bilden sich in ihren
Rasen Lücken, welche durch Absterbei eines Theiles der
Stämmchen entstehen und allmählich immer grösser und
grösser werden. Die Pflanzen kommen dann nicht mehr
zum Blühen und gehen endlich ganz zu Grunde. — Um
dies nun zu verhüten, ist es unumgänglich nothwendig,
dass man zwischen die einzelnen Stämmchen des Rasens
mit grösster Sorgfalt sehr feine Erde rieseln lässt, so
dass nur mehr die obersten Enden der Stámmchen un-
bedeckt bleiben. Die "Rasen schliessen sich dann wieder
ganz gut durch Vermehrung der Stümmchen und eni-
wickeln im nächsten oder zweitnächsten Jahre gewöhnlich
wieder reichliche Blüten und Früchte. Bei jenen hieher
gehörigen Arten, welche gleichzeitig Felsenpflanzen sind,
wie namentlich Potentilla nitida und Clusiana, die Arten
der Gattung Draba, u. dgl. ist es auch sehr zweckmässig,
t
nebst der Erde kleine Steinchen’ zwischen die Stämmchen
einzuschieben, und auch rings um die ganze Pflanze eckige
leine Steintrimmer zu legen, so dass nur die Köpfe der
Stämmchen aus den Zwischenräumen eines sorgfältig zu-
rechtgelegten Steinmosaiks emporragen.
Am zweckmässigsten wird diese Arbeit dann vorge-
nommen, wenn der erste Trieb der Pflanzen vorüber ist
und die Früchte bereits zur vollen Reife gelangt sind.
In dieselbe Zeit fällt auch noch das Umpflanzen der
auf der Anlage überständig gewordenen Exemplare. Es
157
ist mir zwar nicht gelungen. die Ursache zu ermitteln,
"warum manche Pflanzen fast alljährlich ausgehoben , ge-
reinigt, zugestutzt und wieder in frisches Erdreich ein-
gepflanzt werden wollen; dass ein solches Verfahren
aber häufig nothwendig sei, davon habe ich mich aller-
dings mehrfach zu überzeugen Gelegenheit gehabt. Die
Procedur, die man in solchen Fällen in Anwendung bringt,
ist im Ganzen sehr einfach. Sobald man merkt, dass
eine Pflanze ohne irgend welchen nachweisbaren Grund
im Laufe des Sommers ein kränkliches Aussehen bekommt
und. vielleicht gar theilweise abstirbt, so wird sie an
einem kühlen trüben Tage ausgehoben, von Erde und
dürren abgestorbenen Blättern und Stengeln gereinigt, an
ihren Wurzelspitzen scharf abgeschnitten, wieder in frisch
aufgeschüttetes Erdreich gepflanzt, gut eingegossen und
durch einige Tage mit Fichtenreisig beschattet. Diese,
Arbeit ist womöglich noch vor Ende August vorzunehmen,
damit man sicher auf eine gute Bewurzelung der um-
gepflanzten Exemplare rechnen könne. Als Pflanzenarten,
welche diese Behandlung verlangen, sind anzuführen: alle
Juneus- und Luzula- Arten, zahlreiche Saxifragen, dann
insbesonders viele Compositen, namentlich alle peren-
nirenden Gnaphalium- und Saussurea-Arten, ferner noch
Erinus alpinus, Arabis alpina, Dianthus glacialis und dann
insbesonders alle jene Gräser, welche keine Ausläufer
entwickeln.
Dass auch die Umpflanzung oder Auspflanzung jener
Sämlinge, welche schen im Laufe des Frühlings sich
recht kräftig und üppig zeigen, noch vor Ende August
vorzunehmen sei und dass man auch zur Bildung von
Stecklingen krautartiger Pflanzen am besten die Sommer-
monate wählt, wurde bereits auf S.136 u. 140 mitgetheilt.
Nächst diesen Umpflanzungen hat man im Sommer
auch auf die Reinhaltung der Alpenpflanzen-
anlage zu sehen. Die unberufen sich eindrängenden
Pflanzen und Thiere zeigen sich nämlich vorzüglich im
158
Sommer in grösster Hülle und Fülle und die Entfernung
und Abhaltung derselben bildet daher zu dieser Zeit ein
Stück Arbeit, das mit grosser Sorgfalt durchgeführt sein
will. Von Bäanken sind es zunächst einjährige Gewächse,
eigenen hieher zu zählenden Arten. So keimen z. B.
im Innsbrucker botanischen Garten an allen Orten und
Enden, wo sich offenes Erdreich zeigt, die vor vielen
‘Jahren einmal zufällig eingeschleppten Oxalis stricta
und Veronica peregrina empor. Alljährlich werden tau-
sende derselben auf der Alpenpflanzenanlage noch vor
der Fruchtreife ausgejätet, und dennoch kommen diese
Arten auf eine fast unbegreifliche Weise im nächsten
Jahre immer wieder als ungebetene Gäste zum Vorschein.
Neben ihnen sprossen gewóhnlich noch mehrere andere
Pflanzen, deren Samen durch Winde herbeigeführt werden,
namentlich Espen und Weiden, Weidenróschen und ver-
schiedene Compositen in grosser Menge empor. Gegen
alle diese Eindringlinge gibt es kein anderes Mittel, als
sie mit grosser Geduld immer und immer wieder auszu-
jüten. Allerdings wird wohl die Zahl dieser angeflogenen
dass man jedes noch so kleine Stück offenen Bodens mit
Alpenpflanzen besetzt oder wenigstens mit Kies und dürrem
Moos belegt; — die zudringlichen Gäste aber ganz zu
eliminiren wird trotz allen diesen Massregeln kaum jemals
vollständig gelingen.
Es ist wohl hier am Platze, darauf aufmerksam zu
machen, dass auch von den absichtlich angepflanzten Ge-
wächsen sich manche in einer so zudringlichen Weise
vermehren, dass man sich derselben kaum mehr zu er-
wehren weiss. So z. B. hatten sich auf den Felsgruppen
des Innsbrucker botanischen Gartens, welche die süd-
tirolischen Bergzüge darstellen, Epilobium Dodonaei, Cen-
ee ruber und Polemonium coeruleum so rapid ver-
welche allerwärts in unseren Gegenden sich auf ae
Boden anzusiedeln versuchen. Jede Gegend hat ihre
Arten auch dadurch wesentlich verringert werden können, -
Pe A Ze u 0r
159
mehrt und in so weitem Umkreise mit hunderten von
Sämlingen verbreitet, dass. wir es gerathen fanden, diese
Arten mit sammt ihrer reichlichen Nachkommenschaft
lieber ganz zu entfernen.
Noch weit gefährlicher übrigens als das Aufkommen aller
dieser absichtlich oder unabsichtlich eingeschleppten und
durch Winde herbeigeführten: Sämlinge ist die Ueber-
‚ wucherung der Alpenpflanzenanlage durch Marchantia po-
lymorpha. — In früherer Zeit, wo man die Alpinen ge-
wöhnlich in die dichtschattigen Winkel der Gärten pflanzte,
konnte man sich dieser Pflanze überhaupt gar nicht er-
wehren. Sie drang Zoll für Zoll über die Anlage vor
und unterdrückte nach und nach die grosse Mehrzahl der
eultivirten Alpinen so ganz und gar, dass man schliess-
lich statt einer zierlichen Alpenflora nur mehr eine üppig
grüne Decke von Marchantien vor sich hatte. Ist die
Alpenpflanzenanlage an einer luftigen, der Sonne ausge-
setzten Stelle postirt, so hat man allerdings von den
Marchantien weniger zu leiden. Aber selbst auf der
sonnigsten Anlage finden sich ja immer einige mehr
beschatiete Plätze vor, und namentlich auf Steinhügeln
und in Gruben mit terrassenförmig aufgestuften Seiten- .
wänden bringt es schon die Form der Anlage mit sich,
dass die eine Hälfte wenig oder gar nicht von den Sonnen-
strahlen getroffen wird. Auf den zuletzt genannten An-
lagen, zumal auf dem lehmigen zähen Boden derselben,
wird man darum das Aufkommen der Marchantien auch
niemals ganz vermeiden kónnen und muss froh sein, wenn
man dort die schattigen Plätze wenigstens vor einer fórm-
lichen Ueberwucherung zu schützen im Stande ist. Die
besten Mittel in letzierer Beziehung sind: einmal das
Exemplare; dann die Bedeckung aller offenen Stellen der
Erde mit grobem losem Kies oder, lockerem Torfmoos,
vorzüglich aber das Aufstreuen einer lockeren Schichte
alb verwester Fichtennadeln. In jenen Fällen, wo die
*
*
160
Marchantien sich schon zwischen die angepflanzten Al-
pinen eingedrüngt und diese vielleicht schon so weit
überwuchert haben, dass ihre Entfernung ohne gleich-
zeitige bolo der unterdrückten Alpinen gar nicht
mehr möglich wäre, ergab sich mir das Beträufeln der
Marchantien mit Ammoniak oder irgend einem gelösten
Ammoniaksalz (kohlensaures Ammoniak, oxalsaures Am-
moniak) als ein ganz vorzügliches Vertilgungsmittel. Das
die Oberfläche des Erdreiches überziehende üppig grüne
Lebermoos wird durch dieses Beträufeln rasch gebräunt
und getódtet, ohne dass gleichzeitig auch die mit ihren
Wurzeln in tiefere Schichten der Erde hinabreichenden
Alpinen durch die flüchtigen ammoniakalischen Flüssig- .
keiten zerstórt würden.
on weit geringerer Bedeutung als die bisher erwähn-
ten, dem Pflanzenreich angehörigen Feinde der Alpen-
pflanzenanlage sind jene, welche der Thierwelt beizählen.
Maulwürfe dürften wohl kaum jemals Lust haben, zwischen
den Gesteinen hügelförmiger oder grubenförmiger Anlagen
oder zwischen den mit Töpfen durchspickten Sand der
Topfeulturen herumzuwühlen, und könnten höchstens in
flachen Beeien Verheerungen anrichten. Der Leser wird
uns aber verzeihen, wenn wir hier keine Episode über
den Maulwurfsfang einschalten und ihn auch in Betreff
der Vertilgung anderer Bestien, namentlich der Schnecken,
Maulwurfsgrillen, Engerlinge, Rüsselkäfer und Erdflöhe
— die leider vor den Alpinen ebensowenig Respect haben,
wie vor Salat- und Rettichpflanzen — auf andere Hand-
bücher verweisen.*) Nur auf das eine wollen wir hier
*) Moe l. c. pag. 13 empfiehlt zur Vertreibung der Rüssel-
käfer und Erdflóhe, von welchen die ersteren insbesondere den
holz, Auch soll es -— ihm sehr zweckmässig sein, flache Topf-
scherben, die man mit eere c füllt, Sie und da zwischen
s
161
noch aufmerksam machen, dass man immer gleich dazu-
sehen möge, Vertilgungsanstalten zu treffen, sobald man
irgendwo bemerkt, dass sich Ameisen ihre Gänge und Colo-
nien gründen wollen. Es wird nämlich durch die Wühl-
arbeiten dieser Thierchen das Erdreich stellenweise so
gelockert, dass die Wurzeln ihren Halt verlieren und end-
lich ebenso, wie die Pflanzen, welche sie ernähren sollen,
vertrocknen. Das beste Mittel zur Hintanhaltung dieses
Uebelstandes scheint uns, dass man jene Stellen; wo man
leine Ameisenstrassen bemerkt, zeitlich mit etwas Koch-
salz bestreut und die Erde dort möglichst fest andrückt.
och wäre vielleicht hier unter den Feinden der Alpen-
pflanzen auch „der schrecklichste der Schrecken, der.
Mensch in seinem Wahn“ anzuführen; doch überlasse
ich es der Weisheit eines jeden Alpenpflanzenzüchters
diesen Feind unschüdlich zu machen und jene Mittel zu
ersinnen, durch welche raublustige Herren und Damen,
die es nicht über sich bringen, an den blühenden Edel-
weiss- und Alpenrosengruppen vorbeizugehen ohne die-
selben wenigstens mit den Fingern betastet oder vielleicht
gar abgepflückt zu haben, im Zaume gehalten werden
kónnen.
Herbst.
Der Herbst ist die Zeit, in welcher die am Fenster
in Tópfen cultivirten Alpinen an einen kühlen schattigen
Platz des Gartens übertragen werden müssen, um sie dort
nach der S. 60 bespróchenen Methode im Sand einge-
senkt zu überwintern. Auch ist der Herbst die Periode, in
cr t Fe RN
die eultivirten Alpinen zu stellen und auch die holzigen Stämm
- gefährlich werden, vertreibt man nach ihm am besten dadurch,
dass man rings um die betreffenden Pflanzen feinen Sand, Russ
oder Asche aufstreut.
Kerner, Alpenpflanzen. 11
162
welcher auf die Vermehrung der Alpinen durch Samen,
auf die Besorgung der aus den Alpen oder aus ande-
ren Gärten bezogenen lebenden Exemplare, so wie auf
die Verschickung lebender Alpinen und Samen an Tausch-
freunde gedacht werden muss. Da hierüber schon im
9. und 10. Capitel das Wissenswertheste mitgetheilt wurde,
so können wir uns hier eine Wiederholung füglich ersparen,
und schliessen ‘daher mit dem freundlichen Wunsche,
dass diese Zeilen zur Entstehung recht zahlreicher Alpen-
pflanzenanlagen Veranlassung geben möchten und dass
die Freunde der Pflanzenwelt bei der Zucht der Alpinen
eben so viel Freude erleben möchten, wie sie uns durch
die Cultur dieser zierlichen Gewächse zu Theil gewor-
den ist. \
Im gleichen Verlage sind von demselben Herrn Ver-
fasser heao:
Das Pflanzenleben der Donauländer. 8°. br. 1863
fl. 3-8:W. — f 3. 30 südd, — Rihlr. 9:
er botanische Garten .der die zu Innsbruck. kl. 8°.
15 kr. 0. W 12 kr. südd. — 3 ngr.
Herbarium österreichischer d von A. und J. Kerner.
1. Decade. fol. 1863 \
; 50 6. ed im südd. — Rthlr. 1.
Das ganze Herbarium wird in 10 Decaden vollstündig sein.
Ferner ist we erschienen :
Hausmann, Fr. Flora von Tirol. Ein Verzeichniss der
in Tirol und a wild wachsenden und häufiger ge-
bauten Gefässpflanzen. Mit Ber bisce ies ihrer Ver
breitung und örtlichen Verhältnisse verfasst und nach Koch’s s
Synopsis der deutschen Flora ae 3 Bde, 8°. br.
1851—1853. fi. 8ö. W. — fi, 9 südd. — Rthlr, $; 12 ngr.
Daraus wurde vs abgedruckt :
Hóhenmessungen Tirol und Vorarlberg, mit Beifügung
der vor soi cr ium zum Gebrauche für Botaniker
Be > nach den vier Kreisen des Landes
eordnet, br. 1853,
eem — 15 kr. südd, — 5 ngr.
Schlüssel zum ER Bestimmen der Gattungen unserer
Flora. em ze Systeme. 89. br.
0 kr. 0, W. — 24 kr. südd, — 6 si.
Uebersicht der n c Gattungen und Arten der Flora
von Tirol, zugleich ihrer Verbreitung über die vier Kreise
des Landes und im Vergleiche zu den Floren der Nachbar-
länder, 8. 36 kr, 0, W. — 30 kr. südd. — 8 ngr.
MER
ir im nel
NC CUN MI,
us
Su Teu
Dre tcs
NR E
X aude. 3
bsec
mie at
jw
dn
z
ci
RE TU
DM |
EAEE E
airia
N e CR t cir [veio fpes
mu A Nt Aou a NRI s SU. N
M de er e DIETE
er ir rta M ein Dues
x
ie
har
E^
8 we
M
5 us
TRUER